Protokoll:
18025

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 25

  • date_rangeDatum: 2. April 2014

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:57 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/25 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 25. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Bericht zum Anerkennungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1947 A Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1947 A Cemile Giousouf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1948 B Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1948 C Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 1948 C Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1948 D Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 1949 B Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1949 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1949 D Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1950 A Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1950 B Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1950 C René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1950 D Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1950 D Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1951 A Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1951 A Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 1951 B Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1951 C Martin Rabanus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1951 D Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1951 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1952 B Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1952 D Dr. Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 1952 D Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1953 A Stephan Albani (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 1953 B Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1953 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1953 D Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1953 D Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/947 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1954 A Mündliche Frage 2 Herbert Behrens (DIE LINKE) Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen „Fluglärm reduzieren – Re- formbedarf bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten“ Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1954 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 1954 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 1954 D Mündliche Frage 11 Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulassung von Fracking-Pilotprojekten Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1955 A Zusatzfragen Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1955 C Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 1956 A Mündliche Fragen 14 und 15 Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) Geplanter Verkauf der RWE Dea AG an die Investmentgesellschaft Letter One Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1956 B Zusatzfragen Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 1956 D Mündliche Frage 16 Inge Höger (DIE LINKE) Rechtsstaatlichkeit Ägyptens angesichts der Verurteilung von 529 Menschen zum Tode am 24. März 2014 Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1957 D Zusatzfragen Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 1958 A Mündliche Frage 18 Annette Groth (DIE LINKE) Konsularischer Beistand für den in Bahrain per Ausreisesperre festgehaltenen deutschen Staatsbürger J. Z. Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1958 C Zusatzfragen Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1958 D Mündliche Frage 19 Annette Groth (DIE LINKE) Initiativen der Bundesregierung auf Ebene der Europäischen Union in Sachen Ausrei- sesperre Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1959 B Zusatzfragen Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1959 B Mündliche Frage 20 Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nichteinhaltung des Budapester Memoran- dums durch Russland Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1959 D Zusatzfrage Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1960 A Mündliche Frage 25 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Auf YouTube online gestellte Audioauf- nahme eines Gesprächs türkischer Regie- rungsmitglieder zu einem Angriffskrieg ge- gen Syrien Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1960 C Zusatzfragen Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 1960 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1961 B Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1961 D Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 1962 A Mündliche Frage 26 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Abschuss eines syrischen Kampfflugzeu- ges am 23. März 2014 Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1962 B Zusatzfragen Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 1962 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1963 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 III Mündliche Frage 27 Andrej Hunko (DIE LINKE) Einschränkung von YouTube und Twitter in der Türkei Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1963 C Zusatzfragen Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1963 D Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 1964 D Mündliche Frage 28 Andrej Hunko (DIE LINKE) Umgang mit den unzureichenden Antwor- ten von US-Repräsentanten auf Fragen zur Datenspionage Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1965 B Zusatzfragen Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1965 C Mündliche Frage 31 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anzahl der weiterhin von der Options- pflicht betroffenen Personen und Verhält- nismäßigkeit des Verwaltungsaufwandes Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1966 A Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1966 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 1967 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1967 B Mündliche Frage 33 Herbert Behrens (DIE LINKE) Neuregelung der Entschädigungsansprüche in der neuen Fluggastrechteverordnung Antwort Ulrich Kelber, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1967 D Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 1968 A Mündliche Frage 37 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Über den Bereich der Umsatzsteuer hi- nausgehende Regelungen zur Besteuerung von einzelnen steuerpflichtigen Personen Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1968 D Zusatzfragen Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1969 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1969 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1969 D Mündliche Frage 38 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Steuerhinterziehung durch mehrfachen Kindergeldbezug seit 2009 Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1970 A Zusatzfragen Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1970 C Mündliche Frage 39 Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzieller Schaden durch von Zuwande- rern aus EU-Staaten zu Unrecht in An- spruch genommenes Kindergeld Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1971 B Zusatzfragen Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1971 B Mündliche Frage 40 Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angabe einer Steueridentifikationsnummer für die Auszahlung des Kindergelds zur Vermeidung von Missbrauch und Betrug Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1971 D IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 Zusatzfragen Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1972 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Konsequen- zen der Bundesregierung aus dem IPCC- Weltklimabericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1972 D Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1972 D Andreas Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 1973 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 1974 D Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1975 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1977 D Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 1979 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 1980 B Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1981 A Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . 1982 B Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 1983 A Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 1984 B Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1985 A Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) 1986 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1987 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1989 A Anlage 2 Mündliche Frage 1 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Berücksichtigung gestiegener Haftpflicht- prämien im Bereich der Geburtshilfe im neuen Patientenrechtegesetz Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1989 C Anlage 3 Mündliche Frage 3 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abberufung eines leitenden Beamten im BMVI aufgrund des Verdachts der sexuel- len Belästigung am Arbeitsplatz Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1990 A Anlage 4 Mündliche Frage 4 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Speicherung und Auswertung einzelner Verbindungsdaten dienstlicher Telefonan- schlüsse im BMVI Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1990 A Anlage 5 Mündliche Frage 5 Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Höhe des kommunalen Eigenanteils für den Mittelabruf aus dem Programm „So- ziale Stadt“ Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1990 B Anlage 6 Mündliche Frage 6 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz der Bundesregierung für die Ab- schaltung der belgischen Atomkraftreakto- ren Tihange 2 und Doel 3 Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1990 C Anlage 7 Mündliche Frage 7 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Erst- und Weiterqualifizierung von Erzie- herinnen und Erziehern Antwort Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1990 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 V Anlage 8 Mündliche Frage 8 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung der Strategischen Umwelt- prüfung in Namibia für den nachhaltigen Abbau von Uran Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1991 A Anlage 9 Mündliche Frage 9 Dr. André Hahn (DIE LINKE) Beteiligung deutscher Unternehmen an Bau- und Investitionsmaßnahmen im Zu- sammenhang mit der Fußball-WM und den Olympischen Spielen in Brasilien Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1991 D Anlage 10 Mündliche Frage 10 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulassung eines Demonstrationsprojektes für die Fracking-Technologie in Deutsch- land Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1992 A Anlage 11 Mündliche Frage 12 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anfragen für Rüstungsexporte in die Ukraine Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1992 C Anlage 12 Mündliche Frage 13 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Übernahmen deutscher Unternehmen durch ausländische Unternehmen im Ener- giewirtschaftsbereich Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1992 D Anlage 13 Mündliche Frage 17 Inge Höger (DIE LINKE) Initiativen zur Freilassung des durch öster- reichische Behörden in Haft genommenen Deutschen J. S. Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1993 A Anlage 14 Mündliche Frage 21 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angriff einer Gruppe von ukrainischen Rechtsextremen unter Führung eines Ab- geordneten der Partei Swoboda auf den Chef des ukrainischen Staatsfernsehens Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1993 B Anlage 15 Mündliche Frage 22 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schlussfolgerungen der Bundesregierung aus der Resolution des Europäischen Par- laments vom 27. Februar 2014 zu tödlichen amerikanischen Drohnenangriffe Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1993 D Anlage 16 Mündliche Frage 23 Christine Buchholz (DIE LINKE) Schulung afrikanischer Soldaten im Frie- dens- und Stabilitätszentrum auf dem Ge- lände der Afrikanischen Union in Addis Abeba Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1994 A VI Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 Anlage 17 Mündliche Frage 24 Christine Buchholz (DIE LINKE) Länder mit afrikanischen Kräften in der Ausbildung des Polizeiprogramms Afrika seit 2008 und bisherige Missionen dieser Teilnehmer Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1994 B Anlage 18 Mündliche Frage 29 Dr. André Hahn (DIE LINKE) Gesundheitsgefährdende Zustände an den Sportstätten der Fußball-WM und den Olympischen Spielen in Brasilien Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1994 D Anlage 19 Mündliche Frage 30 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Vergabe unterschiedlicher Schutzstatus an syrische Asylsuchende Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1995 A Anlage 20 Mündliche Frage 32 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vollzug und Umsetzung der Empfehlungen des Bundes für den nuklearen Katastro- phenschutz Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1995 B Anlage 21 Mündliche Frage 34 Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vereinbarungen zwischen dem IWF und der Ukraine zur Kredithilfe Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1995 C Anlage 22 Mündliche Frage 35 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Wirksamkeit der steuerlichen Förderung für Handwerkerleistungen nach § 35 a EStG Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1996 A Anlage 23 Mündliche Frage 36 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Umstellung der Dokumentation in den Steuerfahndungsstatistiken Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1996 B Anlage 24 Mündliche Fragen 41 und 42 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kriterien des Aufenthaltsrechts für Arbeit suchende Unionsbürger in Deutschland Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1996 C Anlage 25 Mündliche Fragen 43 und 44 Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung der vom Zuzug Arbeit su- chender Unionsbürger besonders betroffe- nen Kommunen Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1997 A Anlage 26 Mündliche Frage 45 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Sozialleistungen nach SGB II beziehende selbstständig tätige Rumänen in Deutsch- land Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1997 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 VII Anlage 27 Mündliche Fragen 46 und 47 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Scheingewerbeanmeldungen durch Zu- wanderer aus EU-Ländern auf Anleitung gebietsansässiger Unternehmen sowie Be- ratungs- und Hilfsangebote für betroffene Arbeitnehmer Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1997 D Anlage 28 Mündliche Frage 48 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten der Großstädte im Ruhrgebiet Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1998 C Anlage 29 Mündliche Frage 49 Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anzahl der in diesem Jahr in Altersrente gehenden Frauen mit vor 1992 geborenen Kindern Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1998 D Anlage 30 Mündliche Frage 50 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Tötungen gesunder Tiere in Zoos, Tier- parks und Zirkussen Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1999 A Anlage 31 Mündliche Frage 51 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entwicklung und Reinheit der Honigim- porte aus Kanada Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1999 B Anlage 32 Mündliche Frage 52 Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verhandlungen über das Modernisierungs- programm der US-amerikanischen Atom- bomben Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2000 A Anlage 33 Mündliche Frage 53 Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Militärische Fähigkeiten der Atomwaffe B61-12 Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2000 B Anlage 34 Mündliche Frage 54 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gesetz zur Frauenquote Antwort Elke Ferner, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2000 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 1947 (A) (C) (D)(B) 25. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 Beginn: 13.00 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 1989 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 02.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 02.04.2014 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 02.04.2014 Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 02.04.2014 Bülow, Marco SPD 02.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 02.04.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 02.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 02.04.2014 Golze, Diana DIE LINKE 02.04.2014 Groß, Michael SPD 02.04.2014 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 02.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.04.2014 Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 02.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 02.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 02.04.2014 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 02.04.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 02.04.2014 Schiefner, Udo SPD 02.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 02.04.2014 Dr. Sieling, Carsten SPD 02.04.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 02.04.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 02.04.2014 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 02.04.2014 Dr. Verlinden, Julia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.04.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 02.04.2014 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.04.2014 Weiss (Wesel I), Sabine CDU/CSU 02.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 02.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 02.04.2014 Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Veronica Bellmann (CDU/ CSU) (Drucksache 18/947, Frage 1): Inwiefern soll beim neuen Patientenrechtegesetz die Pro- blematik der überdurchschnittlich gestiegenen Haftpflichtprä- mien für Kliniken, insbesondere für Belegärzte in der Ge- burtshilfe und für angestellte bzw. freiberuflich tätige Hebammen, Beachtung finden, bzw. welche Auswirkungen wird ein weiterentwickeltes Patientenrechtegesetz auf vorge- nannte Berufsgruppen haben? Die Problematik steigender Haftpflichtprämien fin- det in der Bundesregierung große Beachtung. Der Koali- tionsvertrag betont die Bedeutung der Sicherstellung ei- ner flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe. Die Geburtshilfe umfasst sowohl Leistungen von Kliniken, in der Geburtshilfe tätigen Belegärzten als auch von Hebammen. Derzeit werden bezogen auf die Hebammen verschie- dene Wege geprüft, um eine dauerhafte und nachhaltige Lösung der Haftpflichtproblematik zu erreichen. Hierzu finden auch Gespräche mit der Versicherungswirtschaft, dem GKV-Spitzenverband und Interessengruppen statt. Im Kern wird es darum gehen, zum einen kurzfristig freiberuflich tätige Hebammen für die zum Juli 2014 an- gekündigten Erhöhungen der Haftpflichtprämien zu ent- lasten, zum anderen soll eine tragfähige Lösung be- züglich der steigenden Haftpflichtprämien gefunden werden, um auch für die Zukunft eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfe sicherzustellen und den Hebammen Planungssicherheit zu verschaffen. Die Bundesregierung plant derzeit keine Änderung des Patientenrechtegesetzes. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 1990 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 3): Trifft es zu, dass ein leitender Beamter im Bundesministe- rium für Verkehr und digitale Infrastruktur, BMVI, im Zuge des Verdachts der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz von seiner Funktion in einem Referat abberufen wurde bzw. wer- den soll – vergleiche General-Anzeiger, Bonn, vom 22. März 2014 –, nicht aber von seiner Funktion in einem anderen Re- ferat und, wenn ja, warum nicht? Zu Personalthemen geben wir grundsätzlich keine Stellungnahme ab. Das Ministerium verfährt nach den beamtenrechtlichen Vorschriften. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 4): Trifft es zu, dass im BMVI einzelne Verbindungsdaten von dienstlichen Mobiltelefonen und Festnetzanschlüssen gespei- chert und ausgewertet werden – vergleiche General-Anzeiger, Bonn, vom 22. März 2014? Nein. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 5): Wie hoch wird der kommunale Eigenanteil für den Abruf der Mittel aus dem Programm „Soziale Stadt“ – Zwischenbe- richt des Staatssekretärsausschusses vom 18. März 2014, Seite 9 – sein, und wie soll sichergestellt werden, dass auch besonders finanzschwache Kommunen, beispielsweise solche im Haushaltssicherungsverfahren, diese Mittel abrufen kön- nen, wenn sie nicht ihren Eigenanteil leisten können? Die Koalitionsfraktionen haben sich im Koalitions- vertrag darauf verständigt, sicherzustellen, dass auch Kommunen in Haushaltsnotlage von der Städtebauförde- rung profitieren können. Für die Städtebauförderung und damit auch für das Programm „Soziale Stadt“ gilt grund- sätzlich, dass die Förderung auf der Grundlage einer jährlich abzuschließenden Verwaltungsvereinbarung, VV, Städtebauförderung erfolgt. Die Verhandlungen zur VV Städtebauförderung 2014 sind noch nicht abgeschlossen. Bei der Städtebauförderung beteiligen sich Bund, Länder und Kommunen in der Regel jeweils mit einem Drittel an den förderfähigen Kosten. Die Bundesregierung prüft derzeit gemeinsam mit den Ländern, ob und gegebenen- falls in welchem Umfang Kommunen in Haushaltsnot- lage einen niedrigeren Eigenanteil erbringen können und welche rechtsaufsichtlichen Rahmenbedingungen in den Ländern begleitend zu ändern sein könnten. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 6): Wird sich die Bundesregierung bei der belgischen Regie- rung für die endgültige Abschaltung der aufgrund von uner- warteten Ergebnissen bei den Sicherheitstests am 25. März 2014 erneut abgeschalteten Atomkraftreaktoren Tihange 2 und Doel 3 einsetzen – bitte begründen, und welche konkreten Schritte wird sie diesbezüglich unternehmen? Gemäß europäischem Primärrecht verbleibt die Ent- scheidung über die Nutzung der Energiequellen und die Sicherstellung der Energieversorgung bei den Mitglied- staaten. Ob Kernkraftwerke in Belgien betrieben oder abgeschaltet werden, ist daher die souveräne Entschei- dung des belgischen Staates. Für die nukleare Sicherheit gibt es innerhalb der Europäischen Union einen gemeinsamen Rechtsrahmen, der die Verantwortung für die Sicherheit von kerntechni- schen Anlagen vollständig bei den einzelnen Mitglied- staaten belässt. Das Bundesministerium für Umwelt, Na- turschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BMUB, erfüllt seinen Schutzauftrag in der Bundesrepublik Deutschland für die Sicherheit der Bevölkerung unter Achtung der al- leinigen Zuständigkeit der Nachbarstaaten für Anlagen in dortiger Verantwortung. Eine offizielle Stellungnahme zum Beispiel zur sicherheitstechnischen Bewertung von konkreten Sachverhalten und Ereignissen in Kernkraft- werken anderer Staaten oder eine Forderung nach kon- kreten Abhilfemaßnahmen käme nur dann in Betracht, wenn offenkundig ein Verstoß gegen diesen gemeinsa- men Rechtsrahmen der Union vorläge. Nachdem Wasserstoffanlagerungen – Wasserstoff- flocken – im Jahr 2012 in den belgischen Reaktordruck- behältern entdeckt wurden, hat sich die Bundesregierung im Rahmen internationaler Aktivitäten an der Untersu- chung der Hintergründe aktiv beteiligt. Auch die Reak- torsicherheitskommission, RSK, befasste sich mit dem Thema. Die belgische Aufsichtsbehörde, AFNC/FANC, kam letztendlich im Mai 2013 zu dem Ergebnis, dass beide Blöcke sicher weiterbetrieben werden können. Die Bundesregierung wird die weiteren Entwicklun- gen aktiv verfolgen und sich im Rahmen der internatio- nalen Zusammenarbeit mit der vorhandenen technischen Expertise einbringen. Eine Übertragbarkeit auf deutsche Anlagen ist nach jetzigem Stand der Kenntnisse nicht gegeben, da die Re- aktordruckbehälter, RDB, der in Deutschland in Betrieb befindlichen Anlagen keine derartigen beim Herstel- lungsprozess des RDB entstandenen Wasserstoffflocken enthalten. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stefan Müller auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU) (Drucksache 18/947, Frage 7): Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 1991 (A) (C) (D)(B) Welche zukünftigen Vorhaben bzw. laufenden Programme der Bundesregierung dienen der Unterstützung der Kinderbe- treuung in Kindertagesstätten, bei Tagesmüttern und anderen Betreuungsformen im Hinblick auf Erst- und Weiterqualifi- zierung der Erzieherinnen und Erzieher, und inwiefern könnte die Einführung einheitlicher Bildungsstandards oder einer einheitlichen Erzieherausbildung gegebenenfalls an staatli- chen Studienakademien im Turnuswechsel zwischen Theorie- und Praxisausbildung eine sinnvolle Perspektive sein? Der Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode setzt sich zum Ziel, die Qualität der Kindertagesbetreuung vo- ranzutreiben. Ein entscheidender Faktor der Qualität sind dabei gut qualifizierte Fachkräfte. Die Bundesregie- rung leistet mit diversen Programmen und Maßnahmen Beiträge zur Qualifizierung von Fachkräften und zur Qualitätsverbesserung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege: Die Bundesregierung fördert seit 2008 das Programm „Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF“. Seit 2011 werden zudem Forschungsprojekte zu Fra- gen der Qualifikationsanforderungen frühpädagogischer Fachkräfte gefördert. Mit den Programmen Offensive „Frühe Chancen: Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“ sowie „Lern- ort Praxis“ setzt das Bundesministerium für Familie, Se- nioren, Frauen und Jugend, BMFSFJ, auf die Qualifizie- rung von Kitateams zur alltagsintegrierten sprachlichen Bildung von Kindern insbesondere in den ersten drei Le- bensjahren. Basierend auf den Erfahrungen des Bundespro- gramms „MEHR Männer in Kitas“ plant das BMFSFJ ein voraussichtlich 2015 startendes ESF-Programm „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“. Das BMFSFJ hat eine Expertenarbeitsgruppe zur Fachkräftegewinnung für die Kindertagesbetreuung ini- tiiert, die unter anderem im Sommer 2014 ein Diskus- sionspapier veröffentlichen wird, das sich mit den zen- tralen Faktoren zur Bindung von Fachkräften in der Kindertagesbetreuung befasst. Das „Aktionsprogramm Kindertagespflege“ des BMFSFJ zielt auf die Qualitätsentwicklung und den Ausbau des Betreuungsangebotes sowie auf die Verbes- serung der Attraktivität und Existenzsicherung der Tä- tigkeit in der Kindertagespflege. Das BMFSFJ prüft der- zeit die Weiterentwicklung des Aktionsprogramms Kindertagespflege ab 2015. Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit leis- ten durch verstärkte Förderung beruflicher Nachqualifi- zierungen einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebe- darfs im Erzieherbereich. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 hat die Kultus- ministerkonferenz der Länder, KMK, ein „Kompetenz- orientiertes Qualifikationsprofil für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an Fachschulen/Fachaka- demien“ verabschiedet. Die Bildungspläne der Länder basieren auf diesem Profil. Für die Weiterentwicklung der Aus-, Fort- und Wei- terbildung von Erzieherinnen und Erziehern wurde 2010 ein Gemeinsamer Orientierungsrahmen „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ entwickelt. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 8): In welcher Höhe hat das Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Strategi- sche Umweltprüfung in Namibia für den nachhaltigen Abbau von Uran unterstützt, und wie sieht die Bundesregierung die- ses Projekt im Lichte des beschlossenen Atomausstiegs? Das BMZ unterstützte das namibische Ministerium für Minen und Energie von 2009 bis 2011 dabei, nega- tive Auswirkungen des Uranbergbaus in der Region Erongo durch eine Strategische Umweltprüfung zu ver- ringern. Die Unterstützung erfolgte über die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR, und belief sich auf circa 1 Million Euro für gutachterliche Leistungen. In den Kosten enthalten ist die Entwicklung von Um- weltstandards, die über den Uranbergbau hinaus zur An- wendung kommen. Die Strategische Umweltprüfung wurde im Januar 2011 abgeschlossen, vor der Nuklearkatastrophe von Fu- kushima vom 11. März 2011 und vor der Regierungs- erklärung der Bundeskanzlerin zur Energiewende vom 9. Juni 2011. Die Unterstützung der Strategischen Umweltprüfung mit dem Ziel, negative Auswirkungen des Uranbergbaus zu reduzieren, ist auch im Lichte des später beschlosse- nen Atomausstiegs eine sinnvolle Intervention der deut- schen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Dr. André Hahn (DIE LINKE) (Druck- sache 18/947, Frage 9): In welchem Umfang haben nach Kenntnis der Bundesre- gierung Unternehmen aus Deutschland Aufträge für Bau- und andere Investitionsvorhaben im Zusammenhang mit der Fuß- ballweltmeisterschaft im Jahr 2014 sowie mit den Olympi- schen und Paralympischen Sommerspielen im Jahr 2016 in Brasilien erhalten, und in welcher Weise nimmt die Bundesre- gierung Einfluss auf die Sicherung von deutschen Arbeits-, Umwelt- und Sicherheitsstandards bei diesen Unternehmen, sofern die deutschen Standards über den brasilianischen Stan- dards liegen? Der Bundesregierung liegen keine vollständigen Er- kenntnisse darüber vor, in welchem Umfang Aufträge für Bau- und andere Investitionsvorhaben im Zusam- menhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2014 oder mit den Olympischen und Paralympischen Sommerspie- len 2016 in Brasilien an deutsche Unternehmen verge- ben wurden. 1992 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 (A) (C) (D)(B) Die deutsche Wirtschaft bündelt ihre Akquisitionsak- tivitäten im Vorfeld der FIFA-Fußball-WM 2014 und der Olympischen Spiele 2016 unter dem Begriff WinWin 2014/2016. Diese Initiative wird durch das BrazilBoard des Bundesverbandes der Deutschen Wirtschaft, BDI, koordiniert. Der Bundesregierung liegen über Einzeltä- tigkeiten der Initiative keine Details vor. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist lediglich in der Planungsphase ein deutsches Architekturbüro, gmp, mit der Planung für Stadionneu- und -umbauten für folgende Städte beauftragt worden: Brasilia – Estádo Nacional –, Belo Horizonte – Mineirão – und Manaus – Arenada Amazonia. Die Bundesregierung wirbt bei Unternehmen für die Beachtung der OECD-Leitsätze für multinationale Un- ternehmen mit ihren Empfehlungen für verantwortliches unternehmerisches Engagement. Bei der Übernahme von Investitionsgarantien werden verantwortliches un- ternehmerisches Handeln einschließlich der Nachhaltig- keitsaspekte von Investitionsvorhaben bei der Prüfung der Förderungswürdigkeit eines Projekts berücksichtigt. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 10): Stimmt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Risiken für Umwelt und Gesundheit und der Zweifel an der tatsächlich wirtschaftlich förderbaren Gasmenge aus unkon- ventionellen Erdgaslagerstätten in Deutschland (Sachverstän- digenrat für Umweltfragen, Gutachten vom Mai 2013 zum Fracking) den unter anderem in der Rheinischen Post am 24. März 2014 geäußerten Ansichten des EU-Energiekom- missars Günther Oettinger zu, dass Deutschland ein Demon- strationsprojekt für die Fracking-Technologie zulassen sollte und perspektivisch seine Importabhängigkeit von Gasliefe- rungen durch Fracking „auf Jahrzehnte verringern könnte“, und wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung? Nach den Ergebnissen verschiedener Gutachten und Studien ist die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Quellen – insbesondere aus Schie- fergas- und Kohleflözgaslagerstätten – mithilfe von Ver- fahren zur hydraulischen Stimulierung des Gesteins – Fracking – mit erheblichen Risiken, insbesondere für das Grundwasser und damit auch für die Trinkwasserge- winnung, verbunden. Wie in der Koalitionsvereinbarung festgehalten, sollen zur Verbesserung des Trinkwasser- schutzes sowie zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbe- teiligung und Transparenz das Wasserhaushaltsgesetz sowie die Verordnung über die Umweltverträglichkeits- prüfung, UVP, bergbaulicher Vorhaben geändert werden. Erst wenn diese verbesserten rechtlichen Grundlagen ge- schaffen wurden und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu befürchten ist, kann über mögliche weitere Schritte gemeinsam mit den Ländern entschieden werden. Dies soll – so der Wortlaut der Koalitionsvereinbarung – in ei- nem transparenten Prozess im Dialog mit allen Beteilig- ten und mit Begleitung von wissenschaftlicher Expertise erfolgen. Anlage 11 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/947, Frage 12): Liegen der Bundesregierung Anfragen für Rüstungs- exporte in die Ukraine vor, und wie geht die Bundesregierung mit solchen Anfragen momentan und künftig um? Anträge für die Ausfuhr von Kriegswaffen in die Ukraine liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor. Für den Bereich der sonstigen Rüstungsgüter, die keine Kriegswaffen sind, liegen der Bundesregierung überwie- gend Anträge für Jagd- und Sportwaffen sowie dazuge- hörige Munition vor. Aufgrund der aktuellen politischen Lage werden derzeit weder Exportgenehmigungen für Kriegswaffen noch für sonstige Rüstungsgüter in die Ukraine erteilt. Generell entscheidet die Bundesregierung über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen auf Grundlage der einschlägigen Bestimmungen des Kriegswaffenkon- troll- und Außenwirtschaftsrechts sowie der „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000 und dem „Gemeinsamen Standpunkt des Ra- tes der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 be- treffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Aus- fuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 13): Wie oft hat die Bundesregierung in der Vergangenheit auf Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes Übernahmen deut- scher Unternehmen durch ausländische Unternehmen im Energiewirtschaftsbereich zurückgewiesen, und mit welcher konkreten Begründung hat sie im vergangenen Jahr ihre Ein- willigung zum Asset-Tausch zwischen der BASF-Tochter Wintershall und der russischen Gazprom gegeben? Die Bundesregierung hat bisher keine ausländischen Investitionsvorhaben im Energiewirtschaftsbereich auf Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes untersagt. Das Außenwirtschaftsgesetz ermöglicht die sektor- übergreifende Prüfung ausländischer Investitionen nur, soweit es sich um Erwerber handelt, die nicht in der EU ansässig sind. Treten als Erwerber unionsansässige Ge- sellschaften auf, kann eine Prüfung nur stattfinden, wenn dies als ein Umgehungsgeschäft anzusehen ist. Ein sol- ches Umgehungsgeschäft konnte im Fall des Asset- Tausches zwischen Wintershall und Gazprom nicht fest- gestellt werden. Als Erwerberin trat eine deutsche Ge- sellschaft des Gazprom-Konzerns auf, die seit vielen Jahren in der Energiebranche geschäftstätig war. Im Üb- rigen war Gazprom bereits vor dem Asset-Tausch über Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 1993 (A) (C) (D)(B) das Joint Venture mit Wintershall zu 50 Prozent an der Speichergesellschaft beteiligt. Die Speicher – in Rehden und Jemgum – unterliegen deutschem Recht, sodass durch die Übernahme die Versorgungssicherheit nicht beeinträchtigt wird. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abge- ordneten Inge Höger (DIE LINKE) (Drucksache 18/947, Frage 17): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Fall des anlässlich des Akademikerballs in Wien von österreichi- schen Behörden in Haft genommenen J. S. aus Jena hinsicht- lich der Tatvorwürfe, der Rechtmäßigkeit des Verfahrens und der Haftbedingungen, und gedenkt die Bundesregierung, gegenüber der österreichischen Regierung Initiativen zu sei- ner Freilassung zu ergreifen (http://m.taz.de/!134894;m/, www.vice.com/de/read/die-rache-der-wiener-polizei-an-den- deutschen-krawalltouristen)? Nach dem Wiener Übereinkommen über konsulari- sche Beziehungen ist es dem Inhaftierten freigestellt, ob er um die Unterrichtung der konsularischen Vertretung des Heimatlandes bittet. Im vorliegenden Fall hat J. S. keine konsularische Betreuung in Anspruch genommen. Die Bundesregierung verfügt über die in öffentlich zugänglichen Medien enthaltenen Informationen zu den Tatvorwürfen. Demnach ist J. S. anwaltlich vertreten. Die Bundesregierung respektiert die unabhängige ös- terreichische Justiz und hat keinen Anlass, an der Recht- mäßigkeit des Verfahrens oder der Haftbedingungen zu zweifeln. Sollte J. S. eine konsularische Betreuung wün- schen, so steht die Deutsche Botschaft in Wien dazu be- reit. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 21): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Fol- gen des Angriffs und der Schläge in Kiew durch eine Gruppe von Rechtsextremen unter Führung des Abgeordneten der Re- gierungspartei Swoboda, Igor Miroschnitschenko, auf den Chef des ukrainischen Staatsfernsehens, Alexander Pantelejmonow, um dessen Unterschrift unter eine Rücktrittserklärung zu er- zwingen, für dessen Verbleiben auf seinem Posten und für die Pressefreiheit in der Ukraine – vergleiche zeit.de vom 19. März 2014, und was unternimmt die Bundesregierung, um Alexander Pantelejmonow zu unterstützen, ihn in seiner Posi- tion zu halten und um zukünftig solche Angriffe von Rechts- extremisten auf die Pressefreiheit in der Ukraine zu unterbin- den? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde der Leiter des staatlichen ukrainischen Fernsehens am 18. März 2014 zur Unterzeichnung eines Rücktrittsgesuches ge- zwungen. Führend beteiligt an der Aktion war ein Abge- ordneter der Partei Swoboda, Ihor Miroschnitschenko, der bei der Aktion handgreiflich wurde. Journalisten de- monstrierten daraufhin vor der ukrainischen General- staatsanwaltschaft und forderten eine Bestrafung. Der ukrainische Ministerpräsident hat die Tat als „in- akzeptabel“ bezeichnet. Auch andere ukrainische Politi- ker haben die Tat verurteilt. Der Fraktionschef von Swo- boda kündigte an, dass Herr Miroschnitschenko seine parlamentarische Immunität aufgeben und sich einem Gerichtsverfahren stellen werde. Dies ist inzwischen ge- schehen. Der Generalstaatsanwalt hat ein Strafverfahren eröffnet. Das Ministerkabinett der Ukraine hat am 26. März 2014 Surab Alassanija zum neuen Leiter des Staatlichen ukrainischen Fernsehens ernannt. Dies erfolgte nach Kontakten der ukrainischen Regierung mit zivilgesell- schaftlichen Gruppen und Journalistenvertretern. Der Bundesregierung liegen keine Anzeichen dafür vor, dass die Ernennung von Herrn Alassanija in einem Zusam- menhang mit dem Übergriff vom 18. März 2014 steht. Vielmehr hat sich Herr Alassanija in den vergangenen Jahren eine hohe Reputation als unabhängiger Journalist erworben. Die Besetzung des Postens des Leiters des staatlichen ukrainischen Fernsehens ist Sache der ukrainischen Re- gierung. Die Bundesregierung hält die Pressefreiheit für ein hohes Gut. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass die Ver- urteilung des Vorgangs über alle Parteigrenzen in der Ukraine hinweg geht. Anlage 15 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 22): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Resolution des EU-Parlaments vom 27. Februar 2014, welche mit überwältigender Mehrheit die Tötung von Zivilis- ten mittels geheimer Drohnenangriffe verurteilte – vergleiche www.reprieve.org. uk/press/2014_02_27_PUB_MEPs_vote_ ban_drone_strikes/, für ihre völkerrechtliche und humanitäre Bewertung der berichteten gezielten Tötungen von Menschen durch Drohnen der US-Armee bzw. des US-Geheimdienstes CIA und für die Weitergabe von Daten deutscher Sicherheits- behörden an diese US-Stellen, und war danach die Ankündi- gung des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, in der gemeinsamen Pressekonferenz vom 27. Fe- bruar 2014 mit dem US-Kollegen John Kerry verantwortbar, die Geheimdienstarbeit zwischen den USA und Deutschland werde zukünftig vertieft, gerade unter Berücksichtigung von Meldungen über die Verstrickung von US-Einrichtungen in Ramstein und von AFRICOM in Deutschland in tödliche US- Drohnenangriffe in Pakistan und im Jemen? Die Bundesregierung hat die Resolution des EU-Par- laments zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung ist weiterhin der Auffassung, dass die Frage der Übereinstimmung militärischer Hand- lungen mit dem Völkerrecht immer nur in Bezug auf den konkreten Einzelfall beantwortet werden kann. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank- Walter Steinmeier, hat bei der gemeinsamen Pressekon- ferenz mit US-Außenminister John Kerry am 27. Fe- 1994 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 (A) (C) (D)(B) bruar 2014 die Einrichtung eines „Transatlantischen Cyber-Dialogs“ unter Beteiligung von Zivilgesellschaft und Privatsektor angekündigt. Das Ziel dieses Dialogs besteht darin, grundlegende digitale Fragestellungen und deren rechtliche, histori- sche und kulturelle Hintergründe transatlantisch und un- ter Einschluss von Zivilgesellschaft und Privatsektor zu beleuchten. Ziel dieses Dialogs ist insbesondere die Er- örterung einer ausgewogenen Balance zwischen Freiheit und Sicherheit im digitalen 21. Jahrhundert. Anlage 16 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Christine Buchholz (DIE LINKE) (Druck- sache 18/947, Frage 23): Kann das Auswärtige Amt, AA, die Agenturmeldung be- stätigen, wonach in dem vom Bundesminister Dr. Frank- Walter Steinmeier besuchten und aus Mitteln des AA finan- zierten sogenannten Friedens- und Stabilitätszentrum auf dem Gelände der Afrikanischen Union, AU, in Addis Abeba künf- tig auch afrikanische Soldaten geschult werden sollen – dpa vom 24. März 2014, und wenn ja, kann die Bundesregierung ausschließen, dass nach Fertigstellung des Zentrums dorthin Ausbilder der Bundeswehr entsandt werden? Bei dem in der Pressemeldung vom 24. März 2014 genannten „Friedens- und Stabilitätszentrum“ handelt es sich um das – aus Mitteln des Auswärtigen Amts finan- zierte – neue Gebäude für die Abteilung „Frieden und Sicherheit“ der Kommission der Afrikanischen Union, AU, in Addis Abeba. Dieses Gebäude ist ein Verwal- tungsgebäude zur Unterbringung aller Mitarbeiter der Abteilung „Frieden und Sicherheit“ der AU-Kommis- sion, das unter anderem Büroräume, einen Plenarsaal für die Sitzungen des Friedens- und Sicherheitsrats der AU und ein Lage- und Strategiezentrum umfasst. Mit dem Bau dieses neuen Gebäudes unterstützt die Bundesregierung die AU beim Kapazitätenaufbau im Rahmen der Afrikanischen Friedens- und Sicherheits- architektur, APSA, und stellt der AU Infrastruktur zur Findung von afrikanischen Lösungen für afrikanische Probleme im Bereich Frieden und Sicherheit zur Verfü- gung. Dadurch soll die AU befähigt werden, in Zukunft noch stärker ihre Rolle zur Schaffung und Wahrung von Frieden und Sicherheit auf dem afrikanischen Kontinent wahrnehmen zu können. Eine Entsendung von Ausbildern der Bundeswehr nach der Fertigstellung des Gebäudes ist derzeit nicht geplant. Anlage 17 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Christine Buchholz (DIE LINKE) (Druck- sache 18/947, Frage 24): In welchen Ländern werden seit 2008 afrikanische Kräfte im Rahmen des vom AA in Auftrag gegebenen Polizeipro- gramms Afrika ausgebildet, und im Rahmen welcher AU- Missionen sind Teilnehmer dieses Programms bislang zum Einsatz gekommen? Seit 2008 ist bzw. war eine Reihe von afrikanischen Ländern Teil des Polizeiprogramms Afrika, darunter ak- tuell die Republik Burundi, die Republik Côte d’lvoire, die Demokratische Republik Kongo, die heutige Repu- blik Südsudan, die Islamische Republik Mauretanien, die Republik Tschad und die Republik Niger. Das Poli- zeiprogramm unterstützt zum einen die Stärkung der Funktionsfähigkeit nationaler Polizeistrukturen – unter anderem Aufbau und Ausstattung von Polizeistationen, Anschaffung und Ausbildung an Spurensicherungstech- nik oder Kommunikationstechnik, Ausbildung und Trai- ning von Polizistinnen und Polizisten, Organisationsbe- ratung – und zum anderen Polizeikapazitätenaufbau an regionalen Ausbildungszentren in Afrika. Seit 2008 finanziert das Auswärtige Amt die Ausbil- dung von westafrikanischer Polizisten für ihren Einsatz bei von den Vereinten Nationen und/oder der Afrikani- schen Union geführten Friedensmissionen am Kofi Annan Internationa Peacekeeping Training Center, KAIPTC, in Accra/Republik Ghana. Dabei wurden westafrikani- sche Polizisten unter anderem für ihren Einsatz bei UNAMID, der VN-/AU-geführten Friedensmission in Darfur – Republik Sudan –, und AMISOM, der AU-ge- führten Friedensmission in Somalia, ausgebildet. Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden von den zwi- schen 2008 und 2013 mit Mitteln des Auswärtigen Amts ausgebildeten 1 819 Polizisten 960 eingesetzt. Darüber hinaus finanziert das Auswärtige Amt Trai- ningskurse für afrikanische Polizisten an der École de Maintien de la Paix, EMP, in Bamako/Republik Mali. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Dr. André Hahn (DIE LINKE) (Drucksache 18/947, Frage 29): Inwieweit kann die Bundesregierung Berichte über ge- sundheitsgefährdende Situationen an den künftigen Sportstät- ten der Olympischen und Paralympischen Sommerspiele in Brasilien im Jahr 2016 – siehe „Rio schwimmt in der Scheiße“ in Zeit Online vom 21. März 2014 sowie „Olympi- scher Alarm in Rio“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 24. März 2014 – bestätigen, und welche Konsequenzen ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung daraus für die weitere Vorbereitung der Sommerspiele? Der Bundesregierung liegen über die Berichterstat- tung in den Medien hinaus keine eigenen Erkenntnisse über den Grad der Verschmutzung insbesondere der Küstengewässer vor Rio de Janeiro vor. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die brasilia- nische Regierung und das Organisationskomitee für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2016 die ver- bleibende Zeit bis zum Start der Olympischen Spiele nutzen werden, um geeignete Maßnahmen zur Beseiti- gung von Gewässerverunreinigungen zu ergreifen und damit sportlich faire Wettkämpfe ohne vermeidbare Be- einträchtigungen und Gesundheitsgefährdungen zu ge- währleisten. Die Bundesregierung sieht es auch als die Aufgabe der zuständigen internationalen Sportorganisa- tionen – zum Beispiel IOC; Internationaler Seglerver- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 1995 (A) (C) (D)(B) band – an, vorhandene Mängel immer wieder deutlich gegenüber den brasilianischen Stellen zur Sprache zu bringen und Abhilfe einzufordern. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/947, Frage 30): Welche ermessensleitenden Vorgaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder einzelner Außenstellen gibt es dazu, in welchen Fällen bzw. nach welchen Kriterien syrische Asylsuchende einen internationalen Schutzstatus – Flüchtlingsanerkennung – oder aber nur einen subsidiären Schutzstatus – Abschiebungsschutz – erhalten – Dienstvor- schrift, Anweisungen, mündliche Vorgaben, etwa auch im Hinblick auf die unterschiedliche Rechtsprechung der Verwal- tungsgerichte in Deutschland usw., bitte ausführen, und wie wird es vor dem Hintergrund des allgemeinen Flüchtlings- schicksals der syrischen Flüchtlinge und des Gleichbehand- lungsgrundsatzes begründet, dass in vergleichbaren Fällen unterschiedliche Schutzstatus – mit unterschiedlichen Rechts- folgen etwa in Bezug auf den Familiennachzug, die Aufent- haltsverfestigung usw. – gewährt werden – vergleiche Ant- wort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke auf Bundestagsdrucksache 18/705? Ich danke Ihnen für die Frage, da sie mir die Gelegen- heit gibt, auf grundlegende Missverständnisse einzuge- hen. Entscheidungen über Asylanträge ergehen aus- schließlich als rechtlich gebundene Entscheidungen, es kann weder ein Ermessen noch ermessensleitende Vor- gaben im Sinne Ihrer Frage geben. Die Entscheidungen sind ferner gerichtlich voll nachprüfbar. Zudem basieren Entscheidungen über einen Asylantrag stets auf einer Prüfung im Einzelfall. Hierfür sind die in Betracht kom- menden unterschiedlichen Rechtsgrundlagen für eine Schutzgewährung heranzuziehen. Die von Ihnen angesprochenen unterschiedlichen Einzelfallentscheidungen in Asylverfahren bzw. durch die Verwaltungsgerichte sind Ergebnis dieser Einzelfall- prüfungen. Ihre Annahme, alle Fälle syrischer Asylbe- werber seien vergleichbar, ist vor diesem Hintergrund nicht haltbar. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 32): Welche Bundesländerregionen waren von der Schutzkom- mission beim Bundesminister des Innern in ihrer Stellung- nahme zum atomkraftwerkebezogenen Katastrophenschutz vom Februar 2014 konkret gemeint, bei denen der Vollzug und die Umsetzung der (Rahmen-)Empfehlungen des Bundes für den nuklearen Katastrophenschutz auf Ebene der Kreise und Städte hinsichtlich der Qualität stark verbesserungsbe- dürftig sei – diesmal bitte konkrete Angabe –, und welchen Bundesbehörden liegen die in der Antwort der Bundesregie- rung auf meine mündliche Frage 63, Plenarprotokoll 18/19 Anlage 34, aufgezählten Berichte/Vermerke von atomkraft- werkebezogenen Katastrophenschutzübungen vor? Die Aussagen in der aktuellen Stellungnahme der Schutzkommission „zur Umsetzung der Erfahrungen aus Fukushima für die Planung von Notfallmaßnahmen in Deutschland“ beruhen auf persönlichen Kenntnissen und Erfahrungen von Mitgliedern der Schutzkommission. Welche Bundesländerregionen zum atomkraftbezoge- nen Katastrophenschutz vom Februar 2014 konkret ge- meint waren, bei denen der Vollzug und die Umsetzung der (Rahmen-)Empfehlungen des Bundes für den nu- klearen Katastrophenschutz auf Ebene der Kreise und Städte hinsichtlich der Qualität stark verbesserungsbe- dürftig seien, gibt die – unabhängige – Schutzkommis- sion nicht bekannt. Wie bereits mitgeteilt, sind für den Katastrophen- schutz, auch in der Umgebung kerntechnischer Anlagen, allein die Länder verantwortlich. Mitarbeiter des Bun- desministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BMUB, und des Bundesamtes für Strahlenschutz, BfS, nehmen jedoch sporadisch als Be- obachter an Katastrophenschutzübungen in der Umge- bung von Kernkraftwerken teil. Die genannten Berichte zu Übungen um Kernkraftwerke – Krümmel, Gund- remmingen, Brokdorf – liegen daher im BMUB bzw. im BfS vor. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage34): Was für Bedingungen wurden zwischen dem Internationa- len Währungsfonds und der Ukraine in Verbindung mit den aktuellen Kredithilfen vereinbart, und ist es richtig, dass dabei auch die Privatisierung des Gastransportnetzes zugesagt wurde? Die IWF-Programm-Mission wurde am 25. März 2014 abgeschlossen und konnte ein grundsätzliches Ein- verständnis mit den Behörden über ein künftiges IWF- Programm mit der Ukraine erzielen. Das geplante IWF- Programm sieht nach jetzigen Informationen eine Lauf- zeit von 24 Monaten und ein Volumen von 14 bis 18 Milliarden US-Dollar vor. Der IWF bereitet aktuell ein Stabspapier mit genau festgelegten Programmkonditionen vor, das nach jetzi- ger Planung nach der Frühjahrstagung (11./12. April 2014) dem IWF-Exekutivdirektorium zugeleitet werden soll. Die vereinbarten Reformen beziehen sich auf die Bereiche Geld- und Wechselkurspolitik, den Finanz- sektor, die Fiskalpolitik, den Energiesektor sowie gute Regierungsführung und Rahmenbedingungen für Unter- nehmen. Genauere Informationen zur Programmkondi- tionalität liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor. Ob eine Privatisierung des Gastransportnetzes vereinbart wird, ist der Bundesregierung zurzeit nicht bekannt. Die Bundesregierung wird ihre Haltung zum Programm auf Basis der Vorschläge des IWF-Stabs festlegen. 1996 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/947, Frage 35): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Er- gebnissen des Forschungsvorhabens fe 14/11 „Evaluierung der Wirksamkeit der steuerlichen Förderung für Handwerker- leistungen nach § 35 a EStG“, und erachtet es die Bundesre- gierung für geboten, infolge der dort festgestellten nur sehr geringen positiven Auswirkung auf die wirtschaftliche Nach- frage von Dienstleistungen die Anspruchsvoraussetzungen für § 35 a des Einkommensteuergesetzes, EStG, einzuschränken? Die Steuerermäßigung nach § 35 a EStG wurde mit dem zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt eingeführt und sollte einen Anreiz für le- gale Beschäftigungsverhältnisse im Arbeitsmarkt geben und die Schwarzarbeit bekämpfen. Die Befragungsergebnisse der Studie zeigen, dass das Angebot an Schwarzarbeit durch Privathaushalte im Ver- gleich zu den Jahren vor Einführung der steuerlichen Förderung rückläufig ist. Die Evaluierung der Handwerkerleistungen nach § 35 a Einkommensteuergesetz ist ein Auftrag aus dem Gesetzentwurf des Maßnahmenpakets „Beschäftigungs- sicherung durch Wachstumsstärkung“ aus dem Jahr 2008. Dazu hat das Bundesministerium der Finanzen ei- nen entsprechenden Auftrag an Ernst & Young unter Be- teiligung von Professor Lars Feld aus dem Sachverstän- digenrat vergeben. Die Bundesregierung nimmt das Ergebnis des Gutachtens zur Kenntnis. Vor diesem Hin- tergrund ist derzeit kein dringender Handlungsbedarf er- kennbar. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/947, Frage 36): Inwiefern ist es zutreffend, dass nach meiner Information hinsichtlich der Steuerfahndungsstatistiken nicht mehr wie bisher die bestandskräftigen Mehrsteuern dokumentiert wer- den sollen, sondern lediglich die Mehrergebnisse gemäß dem Steuerfahndungsbericht, und inwieweit sieht die Bundesregie- rung durch eine derartige Umstellung eine Verzerrung in der statistischen Erfassung, da aus reinen Mehrergebnissen nur sehr unzureichend abgeleitet werden kann, in welcher Höhe tatsächlich kassenwirksame Einnahmen entstanden sind? In der Steuerfahndungsstatistik des Bundesministe- riums der Finanzen werden künftig – in Anlehnung an die Betriebsprüfungsstatistik – statt der bestandskräfti- gen Mehrsteuern die – vorläufig – festgestellten Mehr- ergebnisse ausgewiesen. Die Umstellung führt nicht zu einer Verzerrung der Statistik, sondern erhöht vielmehr deren Aussagekraft. Mit der Umstellung wird eine Zu- ordnung der vorläufig festgestellten Mehrsteuer zu den im Statistikjahr abgeschlossenen Fahndungsprüfungen möglich. Zuverlässige Aussagen zur Kassenwirksamkeit lassen sich weder aus den bislang erhobenen bestands- kräftigen noch aus den vorläufig festgestellten Mehr- ergebnissen ableiten. Anlage 24 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Fragen der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Fragen 41 und 42): Wie sollen nach Ansicht der Bundesregierung arbeitsu- chende Unionsbürgerinnen und -bürger künftig nachweisen, dass sie sich weiterhin mit Aussicht auf Erfolg um Arbeit be- mühen, um auch über die geplante generelle Befristung hinaus von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen zu kön- nen, wie dies im Zwischenbericht des Staatssekretärsausschus- ses „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruch- nahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ vorgeschlagen wird, und beabsichtigt die Bundesregierung, arbeitsuchenden Unionsbürgerinnen und -bürgern Zugang zu Arbeitsförderungsmaßnahmen zu ge- währen? Wer soll nach Ansicht der Bundesregierung künftig an- hand welcher Kriterien überprüfen, ob für Unionsbürgerinnen und -bürger die Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts zur Arbeitsuche nach Ablauf der geplanten generellen Befristung weiterhin bestehen oder nicht? Die Bundesregierung hat am 26. März 2014 den Zwi- schenbericht des Staatssekretärsausschusses zu „Rechts- fragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ beschlossen. Zu der in der Frage angesprochenen Thematik heißt es in diesem Zwischen- bericht unter der Überschrift „Maßnahmen im Bereich des Aufenthaltsrechts durch Änderung des Freizügig- keitsgesetztes/EU“ unter anderem „Präzisierung der Vo- raussetzungen des Aufenthalts zur Arbeitsuche durch grundsätzliche Befristung des Aufenthaltsrechts zur Ar- beitsuche“. Mit der Formulierung im Bericht wird deutlich, dass zur Umsetzung dieser Maßnahme eine Gesetzesänderung erforderlich ist. Konkret muss § 2 Abs. 2 Nummer 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU geändert werden. Zur Ausge- staltung dieser Regelung enthält der Zwischenbericht keine Aussagen. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich diesem Gesetzgebungsverfahren nicht vorgreifen kann. Ich gehe davon aus, dass der hierfür zuständige Bundes- minister des Innern zügig einen entsprechenden Gesetz- entwurf vorlegen wird. Arbeitsuchende Unionsbürgerinnen und Unionsbür- ger können bereits jetzt die Beratungs- und Vermitt- lungsdienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nehmen. Zugang zu weiteren Maßnahmen der Arbeitsförderung nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch bestehen bei Vorliegen der jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 1997 (A) (C) (D)(B) Anlage 25 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Fragen 43 und 44): Wie und mit welcher Summe auf die einzelnen Jahre ver- teilt will die Bundesregierung die 200 Millionen Euro, wie von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, anlässlich des Zwischenberichts des Staatssekretärs- ausschusses „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der In- anspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Ange- hörige der EU-Mitgliedstaaten“ verkündet, zur Unterstützung der besonders vom Zuzug aus anderen EU-Mitgliedstaaten betroffenen Kommunen zur Verfügung stellen, und mit wel- cher Summe beteiligt sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales konkret? Wie hoch wird der Eigenanteil der Kommunen und Länder sein, um die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung zur Wahrnehmung der Aufgaben der Daseinsvorsorge zu er- halten, und welche Kriterien müssen die Kommunen erfüllen, um zu den „besonders betroffenen Kommunen“ (Zwischenbe- richt des Staatssekretärsausschusses, Seite 8) gezählt zu wer- den, die bei den 200 Millionen Euro Berücksichtigung finden können? Zu Frage 43: Die Aufteilung der Finanzvolumina auf Maßnahmen des Bundes für die besonders betroffenen Kommunen findet sich auf Seite 10 des Zwischenberichts des Staats- sekretärsausschusses „Rechtsfragen und Herausforderun- gen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungs- systeme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“, dem das Kabinett am 26. März 2014 zugestimmt hat. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales be- teiligt sich vorbehaltlich der Genehmigung der Operatio- nellen Programme für den Europäischen Sozialfonds, ESF, und für den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen, EHAP, englisch: FEAD, durch die Europäische Kommission sowie vorbehaltlich der Beschlüsse des Haushaltsgesetzgebers mit einer Summe von insgesamt rund 108 Millionen Euro. Zu Frage 44: Die Festlegung des Eigenanteils potenzieller Antrag- steller an den vorgesehenen Maßnahmen liegt in der Ver- antwortung der jeweils zuständigen Ressorts. Im Rahmen der Förderprogramme des Europäischen Sozialfonds, ESF, und des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen, EHAP, ist keine Vorabfestlegung von Kriterien für besonders betroffene Kommunen vorgesehen. Mögliche Zuwen- dungsempfänger werden im Wege von Förderrichtlinien der zuständigen Ressorts über Ziele, Gegenstand und Fi- nanzierungsmodalitäten der Förderung informiert. Das Ausmaß der Betroffenheit von Problemen infolge der Zuwanderung aus EU-Mitgliedstaaten sowie entspre- chende Lösungsansätze sind im Rahmen der Förder- anträge möglicher Zuwendungsempfänger schlüssig dar- zulegen. Für die Städtebauförderung und damit auch für das Programm „Soziale Stadt“ gilt, dass die Förderung auf der Grundlage einer jährlich abzuschließenden Verwal- tungsvereinbarung, VV, Städtebauförderung erfolgt. Die Verhandlungen zur VV Städtebauförderung 2014 sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/947, Frage 45): Wie viele der rumänischen Selbstständigen in Deutschland bezogen zuletzt ergänzende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – bitte in absoluten und relativen Zah- len angeben –, und inwieweit lässt sich hieraus nach Ansicht der Bundesregierung der Verdacht eines missbräuchlichen So- zialhilfebezugs oder einer sogenannten Scheinselbstständig- keit in relevanter Größenordnung begründen – bitte darlegen? Im November 2013 bezogen 869 Selbstständige mit rumänischer Staatsangehörigkeit aufstockende Leistun- gen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Job- center prüfen bereits jetzt in jedem Einzelfall, ob die An- spruchsvoraussetzungen vorliegen. Dazu gehört auch, ob die betreffende Person tatsächlich eine Erwerbstätigkeit ausübt. Die bloße Anmeldung eines Gewerbes und die Vorlage des Gewerbescheines begründen noch keine Ei- genschaft als Selbstständiger. Um mögliche Missbrauchs- fälle auszuschließen, wird im Rahmen der Einzelfallprü- fung durch die Jobcenter noch stärkeres Augenmerk auf die Glaubhaftigkeit der Antragstellung gelegt. Dieser Sachverhalt ist grundlegend zu unterscheiden von der allgemeinen Problematik „Scheinselbstständig- keit“ im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. In letz- terem Fall werden Arbeitnehmer als Selbstständige aus- gegeben, um Arbeitnehmerrechte und Sozialabgaben zu umgehen. Die Bundesregierung wird, dem Vorschlag des Staats- sekretärsausschusses zu „Rechtsfragen und Heraus- forderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitglied- staaten“ entsprechend, zur Verbesserung der Bekämp- fung auch dieser Form der Scheinselbstständigkeit eine Änderung des Gewerberechts vorschlagen, die eine Ver- pflichtung der Gewerbeämter, Gewerbeanzeigen auf An- haltspunkte für Scheinselbstständigkeit zu prüfen und diese Verdachtsfälle der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in geeigneter Form zu übermitteln, vorsieht. Dies soll in Abstimmung mit den Ländern im Rahmen eines zustim- mungspflichtigen Rechtsetzungsvorhabens geregelt wer- den. Anlage 27 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/947, Fragen 46 und 47 ): Wie gestalten sich genau die Berichte aus betroffenen Kommunen, die die Bundesregierung in ihrem Zwischenbe- richt des Staatssekretärsausschusses „Rechtsfragen und He- 1998 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 (A) (C) (D)(B) rausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Siche- rungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ zur Annahme kommen lässt, dass der Trend zur Scheingewerbe- anmeldung „insbesondere im Transport-, Reinigungs- oder Baubereich häufig auf Anleitung von gebietsansässigen Un- ternehmen zurück[geht], die durch Beauftragung von formal selbständigen Subunternehmen im Vergleich zu regulären Be- schäftigungsverhältnissen Arbeitskosten einsparten“ (Seite 37 Nummer 8.3; bitte entsprechende exemplarische Fälle an- schaulicher beschreiben und wenn möglich auch Zahlen, Schätzungen zu den Betroffenen nennen), und was sind nach Ansicht der Bundesregierung die Ursachen dafür, dass dies in Deutschland möglich ist? Welche Beratungs- und Hilfsangebote stehen derzeit be- troffenen Arbeitnehmern zur Verfügung, um sich gegen eine solche Praxis zu wehren, und welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung, entsprechende Strukturen zu schaffen bzw. auszubauen und auch schon vorausschauend in den Her- kunftsländern potenzielle Zuwanderer aufzuklären? Zu Frage 46: Der Staatssekretärsausschuss hat sich intensiv mit der Situation in den Kommunen befasst, die in besonderer Weise durch einen verstärkten Zuzug aus anderen EU- Mitgliedstaaten betroffen sind. Um ein umfassendes Bild von den konkreten Herausforderungen und Proble- men vor Ort zu gewinnen, haben der Ausschuss sowie die von ihm eingesetzten Unterarbeitsgruppen Vertreter der besonders betroffenen Kommunen und der Kommu- nalen Spitzenverbände in ihre Arbeit einbezogen. Erste Berichte aus betroffenen Kommunen – Berlin- Neukölln, Hamburg – im Rahmen dieser Anhörungen deuten darauf hin, dass sich zumindest derzeit keine Än- derung des Trends zu Gewerbeanmeldungen in be- stimmten Branchen abzeichnet. Ob ein solcher Trend auch überregional besteht und sich im Zeitverlauf ver- festigt, ist derzeit nicht absehbar. Der Ausschuss hat hierzu, ebenso wie zu dem in der Frage genannten Sach- verhalt, keine eigenen Annahmen getroffen. Zu Frage 47: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Jahr 2011 das Projekt „Faire Mobilität – Arbeitneh- merfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“ im Rahmen einer deutsch-polnischen Regierungsinitiative initiiert. Hierbei handelt es sich um ein Beratungs- und Betreu- ungsprojekt, das die Beschäftigten aus den mittelost- europäischen Staaten bei der Ausübung der Arbeitneh- merfreizügigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt unterstützen soll. Mit dem Wegfall der letzten Beschrän- kungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleis- tungsfreiheit für die EU-8 zum 1. Mai 2011 und für Bul- garien und Rumänien zum 1. Januar 2014 ist der Bedarf nach einem flächendeckenden Informationsangebot zu den Arbeitsbedingungen und sozialen Fragestellungen in Deutschland gestiegen. Das Projekt verfügt bundesweit über sechs Bera- tungsstandorte: Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, München, Stuttgart und Dortmund. Neben der Bereit- stellung dieser Erstberatungsstrukturen strebt das Projekt eine Verzahnung des Informationsangebotes mit den in Deutschland bereits vorhandenen Dienstleistungen aus den Herkunftsländern der zuwandernden Beschäftigten an. Damit soll nicht nur eine adressatengerechte Bera- tung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutsch- land, sondern auch bereits in ihren Herkunftsländern selbst ermöglicht werden. Neben der auf Wunsch in der jeweiligen Landessprache in Deutschland angebotenen Erstberatung werden Informationsbroschüren in diesen Ländern bereitgestellt. Das Projekt soll einen Beitrag zu einer weiterentwickelten Willkommenskultur in Deutsch- land leisten. Ergänzend zum Projekt „Faire Mobilität“ wird darauf hingewiesen, dass nach der „EU-Richtlinie über Maß- nahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen“, die voraussichtlich in Kürze beschlossen wird, in allen Mitgliedstaaten Beratungsstellen für Wanderarbeitneh- mer und ihre Familien geschaffen werden, die grenz- überschreitend zusammenarbeiten sollen. Anlage 28 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 48): Wie viele der bei der Vorstellung des Zwischenberichts des Staatssekretärsausschusses zur Armutswanderung am 25. März 2014 angekündigten für die nächsten sieben Jahre zusätzlichen rund 60 Millionen Euro der Bundesregierung für die besonders betroffenen Kommunen erhalten voraussicht- lich die Großstädte im Ruhrgebiet, und über welche konkreten Maßnahmen wird die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten der Großstädte im Ruhrgebiet ausgestaltet? Der Höhe der Mittel für einzelne Städte kann derzeit nicht beziffert werden. Wie viele Mittel eine Kommune direkt als Zuwendungsempfängerin oder indirekt über die Förderung von Projektträgern in ihrem örtlichen Zu- ständigkeitsbereich erhält, hängt von der Antragstellung im Rahmen der Umsetzung der entsprechenden Förder- programme ab. Die finanzielle Beteiligung des Bundes und die Maßnahmebereiche sind in der Tabelle auf Seite 10 des Zwischenberichts des Staatssekretärsausschusses zu „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inan- spruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch An- gehörige der EU-Mitgliedstaaten“ dargestellt. Eine de- taillierte Beschreibung der Maßnahmen findet sich auf den Seiten 80 bis 85. Anlage 29 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage des Abgeordneten Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 49): Wie viele Frauen mit vor 1992 geborenen Kindern werden nach Berechnungen der Bundesregierung ab dem 1. Juli 2014 noch in diesem Jahr in Altersrente gehen, und wie viele dieser Frauen profitieren aufgrund der Verrechnung mit eigenem Ar- beitseinkommen nicht bzw. nur wenig von der geplanten Ver- besserung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten – bitte jeweils nach Ost- und Westdeutschland getrennt auswei- sen? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 1999 (A) (C) (D)(B) Die Anzahl der Frauen mit vor 1992 geborenen Kin- dern, die im Zeitraum 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2014 in eine Altersrente zugehen werden, beträgt schät- zungsweise etwa 150 000 Personen, von denen etwa 15 Prozent aus den neuen Ländern kommen dürften. An- gaben darüber, wie viele dieser Frauen aufgrund der Ver- rechnung mit eigenem Arbeitseinkommen nicht bezie- hungsweise nur wenig von der geplanten Verbesserung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten profitie- ren werden, liegen nicht vor. Dieser Effekt tritt im Übri- gen auch schon nach geltendem Recht auf. Da eine An- rechnung aber erst oberhalb einer Rentenanwartschaft in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erfolgt, dürften Anrechnungen in größerem Umfang eher die Ausnahme sein. Anlage 30 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 50): Wie viele gesunde Tiere sind nach Kenntnis der Bundes- regierung in den vergangenen drei Jahren aus Platzmangel oder wegen der Gefahr der Inzucht in deutschen Zoos, Tier- parks oder Zirkussen getötet worden, und in wie vielen Fällen haben Einrichtungen des Bundes hiervon für Forschungszwe- cke profitiert? Über die Anzahl der Tiere, die aus Platzmangel oder wegen der Gefahr von Inzucht in deutschen Zoos getötet wurden, liegen keine Informationen vor und können auch nicht kurzfristig ermittelt werden. Eine kurzfristige Anfrage in den Bundesministerien für Bildung und Forschung, für Gesundheit, der Verteidi- gung und für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor- sicherheit sowie bei den Forschungseinrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernäh- rung und Landwirtschaft führte zu keinen Erkenntnissen, dass in Zoos, Tierparks oder Zirkussen getötete Tiere in Einrichtungen des Bundes zu Forschungszwecken ver- wendet wurden. Auf Basis der vorliegenden Rückmeldungen der For- schungseinrichtungen kann davon ausgegangen werden, dass solche Tiere dort nicht verwendet werden. Anlage 31 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 51): Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Honigimporte aus Kanada in die Europäische Union bzw. nach Deutschland seit dem Jahr 2006 entwickelt – bitte auflis- ten nach Jahren sowie Menge in Tonnen bzw. Warenwert, und bei wie viel Prozent der kontrollierten Waren wurden Verun- reinigungen mit gentechnisch veränderten Organismen festge- stellt? Die Entwicklung der Honigimporte aus Kanada nach Deutschland seit dem Jahr 2006 zeigt die folgende Ta- belle: Importe von Honig aus Kanada nach Deutschland KN Nomen- klatur Jahr Einfuhr Tonnen Einfuhr 1 000 Euro 04090000 Honig, natürlich 2006 314,3 480 2007 401,9 711 2008 825,7 1 451 2009 561,8 1 283 2010 504,4 1 480 2011 225,4 700 2012 0,8 1 2013 vorl. 0,5 1 Quelle: Statistisches Bundesamt Die Entwicklung der Honigimporte aus Kanada in die EU zeigt die folgende Tabelle: Importe von Honig aus Kanada in die EU-27 KN Nomenklatur Jahr Einfuhr Tonnen Einfuhr 1 000 Euro 04090000 Honig, natürlich 2006 587 1 019 2007 551 1 014 2008 1 292 2 360 2009 775 1 848 2010 706 2 072 2011 433 1 459 2012 97 411 Quelle: Eurostat Für den EU-Handel liegen derzeit noch keine Daten für das Kalenderjahr 2013 vor. Zum Aspekt „Verunreinigung von Honig-Importen aus Kanada mit gentechnisch veränderten Organismen“ liegen folgende Angaben vor: In der Datenbank des Bundesamtes für Verbraucher- schutz und Lebensmittelsicherheit, BVL, liegen für den Zeitraum vom Jahr 2006 bis zum Jahr 2011 einschließ- lich Daten zu 34 Honigproben mit Herkunft Kanada vor, die in 146 Untersuchungen auf den Nachweis von gen- technisch veränderten DNA-Sequenzen in Honig unter- sucht wurden. 82 Untersuchungen davon waren mit 2000 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 2. April 2014 (A) (C) (D)(B) positivem Messergebnis (Messergebnis alpha = „posi- tiv“) bezogen auf den jeweiligen Parameter übermittelt worden. Sechs Proben (drei Planproben, drei Verdachts- proben) wurden mit der Bewertung „gentechnisch verän- derte Organismen, unzulässige Verwendung“ übermit- telt. In allen diesen Proben konnte – neben anderen Parametern – „Raps (GT73) gentechnisch veränderter“ identifiziert werden. Sechs Untersuchungsergebnisse der drei Verdachts- proben wurden zudem mit „> Höchstmenge (führt zur Beanstandung)“ bewertet. Meldungen zum Vorkommen von gentechnisch ver- änderten Organismen in Honig liegen im EU-Schnell- warnsystem für Lebensmittel und Futtermittel, RASFF- System, nicht vor. Die Kommission hat es abgelehnt, entsprechende Meldungen aus Deutschland an die ande- ren Mitgliedstaaten weiterzuleiten, weil kein Gesund- heitsrisiko bestand. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Agnieszka Brugger (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 52): Welche Verhandlungen hat es mit den USA über das Mo- dernisierungsprogramm der US-amerikanischen Atombom- ben gegeben – bitte mit Datum, Ort, Verhandlungsteilnehmern und -teilnehmerinnen angeben –, und wie sahen die dort ge- troffenen Vereinbarungen konkret aus? Das Lebensdauerverlängerungsprogramm der US- amerikanischen Atombomben ist ein nationales Pro- gramm der USA. Es beruht auf einer nationalen Ent- scheidung der US-Administration und folgt deren Vorga- ben. Daher hat es keine Verhandlungen mit den USA über das Lebensdauerverlängerungsprogramm der US- amerikanischen Atomwaffen gegeben. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Agnieszka Brugger (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 53): Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass es sich bei der B61-12 um eine Atomwaffe mit neuen militärischen Fähigkeiten handelt – bitte begründen? Das von den USA beabsichtigte Lebensdauerver- längerungsprogramm dient dazu, die Sicherheit und Zu- verlässigkeit aller von diesem Programm erfassten Nu- klearwaffen auch weiterhin auf höchstem Niveau sicherzustellen und damit die Glaubwürdigkeit der nu- klearen Abschreckung zu gewährleisten. Das Programm folgt den Vorgaben der US-Adminis- tration, keine neuen Waffen oder neue militärische Fä- higkeiten zu schaffen, das bestehende Dispositiv aber glaubwürdig und sicher zu halten, solange es benötigt wird. Anlage 34 Antwort der Parl. Staatssekretärin Elke Ferner auf die Frage der Abgeordneten Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/947, Frage 54): Warum hat die Bundesregierung entgegen ihrer Ankündi- gung, in den ersten 100 Tagen ein Gesetz zur Frauenquote „auf den Weg zu bringen“ – vergleiche Interviews mit dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, im Spiegel vom 6. Januar 2014, Bild am Sonntag vom 19. Januar 2014, Tagesspiegel vom 16. März 2014 –, keinen Referentenentwurf bzw. Gesetzentwurf vorgelegt, sondern nur Leitlinien für das Gesetzgebungsverfahren, die wiederum nur ankündigen, dass „das Gesetzgebungsvorhaben noch in die- sem Jahr auf den parlamentarischen Weg gebracht werden“ solle – Seite 14 der Leitlinien –, und warum will die Bundes- regierung die Geschlechterquote in Aufsichtsräten nur für Un- ternehmen gelten lassen, „welche börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen“ – Seite 3 der Leit- linien –, obwohl im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart wurde: „Wir werden börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen gesetzlich verpflich- ten, ab 2015 verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Management-Ebenen festzulegen und zu veröffentlichen und hierüber transparent zu berichten“ – Seite 72 des Koalitions- vertrages zwischen CDU, CSU und SPD? Die Bundesregierung hat bereits kurz nach Amtsüber- nahme angekündigt, zügig ein Gesetz zur gleichberech- tigten Teilhalbe von Frauen und Männern in Führungs- positionen auf den Weg zu bringen und in einem ersten Schritt Leitlinien für die weitere Diskussion vorzustel- len. Es ist wichtig, bei diesem Vorhaben zuerst mit den betroffenen gesellschaftlichen Gruppen in einen breiten Dialog zu treten. Die am 25. März 2014 von Bundes- ministerin Schwesig und Bundesminister Maas vorge- stellten Leitlinien bilden dazu den Auftakt. In einem zweiten Schritt ist vorgesehen, den Gesetzentwurf zügig zu erarbeiten und in das parlamentarische Verfahren ein- zubringen, damit das Gesetz 2015 in Kraft treten kann. Das entspricht den Vorgaben des Koalitionsvertrages. Dem Koalitionsvertrag wird ebenfalls in Bezug auf die zu beinhaltenden Regelungstatbestände entsprochen. Bei Aufsichtsräten wird unterschieden zwischen börsen- notierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unterneh- men einerseits und börsennotierten oder mitbestim- mungspflichtigen Unternehmen andererseits. Für börsennotierte und voll mitbestimmungspflich- tige Unternehmen ist ab 2016 für dann zu besetzende Aufsichtsräte eine gesetzliche Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent vorgesehen. Für börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen ist ab 2015 vorgesehen, dass diese Unter- nehmen gesetzlich verpflichtet werden, sich verbindli- che Zielvorgaben für den Frauenanteil im Aufsichtsrat zu geben, die nicht nachträglich nach unten korrigiert werden dürfen. Diese Pflicht zur Festlegung von Ziel- vorgaben gilt auch für Vorstände und die obersten Managementebenen für börsennotierte oder mitbe- stimmte Unternehmen, also für alle vorgenannten Unter- nehmen. 25. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Befragung der Bundesregierung TOP 2 Fragestunde ZP 1 Aktuelle Stunde zum IPCC-Weltklimabericht Anlagen
Gesamtes Protokol
Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802500000

Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Bericht zum Anerkennungs-
gesetz. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Be-
richt hat die Bundesministerin für Bildung und
Forschung, Frau Dr. Johanna Wanka. – Bitte schön, Frau
Ministerin.

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Danke schön. – Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Wir haben heute im Kabinett den Bericht zum
Anerkennungsgesetz vorgelegt. Das Anerkennungsge-
setz ist ein relativ junges Gesetz. Es ist vor zwei Jahren,
am 1. April 2012, in Kraft getreten. Es sorgt für etwas,
was in Europa ganz ungewöhnlich ist: Jeder, der ins
Land kommt, hat den Rechtsanspruch darauf, dass sein
Berufsabschluss bzw. akademischer Abschluss, den er
im Ausland erworben hat, auf Anerkennung überprüft
wird.

Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes haben
wir vereinbart, dass es nicht nur nach einer bestimmten
Frist evaluiert wird, sondern durch Monitoring begleitet
wird. Dieser Bericht enthält daher nicht nur statistische
Daten, sondern auch Befragungen und anderes.

Der ersten amtlichen Statistik zufolge wurden in dem
Dreivierteljahr von April 2012 bis Dezember 2012 be-
reits 11 000 Verfahren von den Ländern gemeldet. Der
überwiegende Teil – 82 Prozent – dieser Verfahren en-
dete mit der vollen Anerkennung der Gleichwertigkeit.
Man muss sagen, dass dabei in ganz starkem Maße die
medizinischen Gesundheitsberufe vertreten waren, also
die Berufe, bei denen wir einen hohen Bedarf an Fach-
kräften haben.

Wenn man sich die Altersstruktur derer, die einen An-
trag auf Anerkennung gestellt haben, anschaut, dann
stellt man fest, dass das vor allen Dingen junge Leute
zwischen 20 und 40 Jahren sind. Dehnt man den Zeit-
raum auf 20 bis 50 Jahre aus, dann zeigt sich, dass diese
Altersgruppe 92 Prozent all derjenigen ausmacht, die
den Wunsch haben, nach Deutschland zu kommen, in
Deutschland zu leben und hier entsprechend ihrer Quali-
fikation zu arbeiten.

Zwei Drittel der Antragstellenden kommen aus Eu-
ropa. Das Gesetz gilt aber auch für Drittstaaten. Die
größte Gruppe derer, die einen Antrag gestellt haben, hat
die deutsche Staatsangehörigkeit. Darauf folgen Men-
schen mit rumänischer, russischer, polnischer und unga-
rischer Staatsangehörigkeit.

Der Erfolg der Anerkennung – das zeigt sich bei die-
sem Gesetz ganz deutlich – hängt sehr stark davon ab,
wie man informiert und wie Informationen zu finden
sind. Es ist ein regelrechter Spagat. Einerseits will man
keinen großen Verwaltungsaufwand durch viele große
Zentralstellen betreiben. Andererseits muss man die Ver-
fahren natürlich optimieren. Man will aber vor allen
Dingen, dass die Menschen vor Ort die entsprechenden
Informationen bekommen, und zwar da, wo sie norma-
lerweise hingehen: zum Beispiel bei der Handwerks-
kammer oder der Industrie- und Handelskammer.

Wie wichtig eine gute Information ist, zeigt sich
schon an den Besucherzahlen des Internetportals „Aner-
kennung in Deutschland“. Im ersten Jahr, also 2012, gab
es auf dieser Seite 260 000 Besucher. Im letzten Jahr hat
sich diese Zahl verdoppelt: Da waren es 500 000. Im
ersten Monat des Jahres 2014 waren es schon über
100 000 Besucher. Die Kurve geht also nach oben. Wo
Informationen zu finden sind, muss sich eben erst ein
Stück weit herumsprechen. Deshalb haben wir im letzten
Jahr für diese Möglichkeit der Information geworben.
Wir werden ab Mitte dieses Jahres außerdem eine inter-
nationale Kampagne starten, um darauf aufmerksam zu
machen, was in Deutschland jetzt möglich ist.

Wir haben im Bereich der Kammern bundesweit eine
gute Versorgung und Arbeitsteilung. Bei den IHKs ha-
ben wir die zentrale IHK in Nürnberg, die für derartige
Fragen zuständig ist. Im Bereich der Handwerkskam-
mern gibt es sogenannte Leitkammern. Die Handwerks-
kammer in Frankfurt/Oder beispielsweise ist für alle Ab-
schlüsse zuständig, die in Polen gemacht wurden.





Bundesministerin Dr. Johanna Wanka


(A) (C)



(D)(B)

Es gibt einen weiteren Erfolg, den es im letzten Jahr
noch nicht gab: Das Anerkennungsgesetz gilt für die Be-
rufe, bei denen der Bund die Kompetenz hat. Es gibt
aber viele Berufe, bei denen die Kompetenz bei den Län-
dern liegt. Dafür müssen die Länder Gesetze machen.
Heute können wir sagen, dass bereits 13 Länder Gesetze
in Kraft gesetzt haben. Die drei noch ausstehenden Län-
der befinden sich im Gesetzgebungsverfahren.

Kritisch zu sehen ist die Zentralisierung der Verfahren
insbesondere im Bereich der Gesundheitsberufe, bei de-
nen es den größten Andrang gibt. Es gibt den Beschluss,
dass man bei der KMK eine zentrale Stelle einrichten
will. Das ist aber finanziell noch nicht geregelt. Aus
Sicht des Bundes ist dies sehr wichtig.

Wenn eine Anerkennung nicht voll gewährleistet wer-
den kann, dann ist es bei den reglementierten Berufen
Pflicht, entsprechende Berufsqualifizierungen anzubie-
ten. Dazu gab es in der letzten Zeit gemeinsame Bemü-
hungen des Arbeitsministeriums, unseres Ministeriums
und der BA. Wir werden das Angebot von Ausgleichs-
maßnahmen zum Erwerb der entsprechenden Qualifika-
tion in dieser neuen Förderperiode zusätzlich mit ESF-
Mitteln finanzieren, und zwar in einer Größenordnung,
die dies flächendeckend ermöglicht.

Insgesamt kann man sagen, dass das Anerkennungs-
gesetz national, aber auch international gut wahrgenom-
men wird. Sie wissen, dass man bei Einschätzungen der
OECD den Background immer sehr genau anschauen
muss. Hier sagte die OECD, dass Deutschland zu den
Ländern gehört, in denen die Schwelle, aus dem Ausland
zu kommen und eine Arbeit anzunehmen, am niedrigs-
ten ist. Wir haben also ganz wenig Hindernisgründe. Wir
sind ein sehr liberales Land. Ich denke, das macht die
Einschätzung des Anerkennungsgesetzes deutlich.

Danke.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802500100

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. – Als Erste hat

sich die Kollegin Cemile Giousouf, CDU/CSU-Fraktion,
gemeldet. Danach Frau Dr. Rosemarie Hein, Fraktion
Die Linke.


Cemile Giousouf (CDU):
Rede ID: ID1802500200

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich habe zwei Fra-

gen. Die erste betrifft die statistischen Zahlen des Be-
richtes. Der Bericht legt die Zahlen für das Jahr 2012
vor. Gibt es aktuellere Zahlen? Können Sie sagen, ob die
Zahlen für eine Anerkennung der beruflichen Qualifika-
tion aus dem Ausland steigen oder fallen?

Die zweite Frage bezieht sich auf die Form der Bera-
tung. Sie haben gerade das Internetportal „Anerkennung
in Deutschland“ erwähnt. Darüber hinaus gibt es das Be-
ratungsnetzwerk des Förderprogramms „Integration
durch Qualifizierung“. Beim BAMF gibt es eine Hotline,
die ebenfalls informiert. Ist dies nicht etwas zersplittert?
Wäre es nicht sinnvoller, diese Beratungsstrukturen zu
bündeln?

Vielen Dank.
Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Zu den Zahlen. Im Herbst dieses Jahres werden wir in
einer amtlichen Statistik die Zahlen für das Jahr 2013 ha-
ben.

Zur Resonanz. Ich habe die Zahlen des Anerken-
nungsportals genannt. Dazu muss man sagen, dass
40 Prozent der Besucher aus dem Ausland sind, mit stei-
gender Tendenz. Auch bei der Telefonhotline, die beim
BAMF angesiedelt ist, stieg die Zahl der Anrufer von
Monat zu Monat. Ferner zeigen die 11 000 Verfahren,
dass die unterschiedlichen Angebote in Anspruch ge-
nommen werden und die Antragsteller entsprechende In-
formationen vor Ort finden. In diesem Zusammenhang
ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge natür-
lich eine wichtige Adresse. Wir sind also auf Bundes-
ebene sehr gut koordiniert, glauben aber, dass man im
Bereich der Länder die Informationen noch stärker bün-
deln kann. Die Anerkennung ist aber ein komplizierter
und komplexer Vorgang. Dort geht es nicht nur um die
formalrechtliche Bewertung, sondern um Zuwande-
rungsrechte, Sprachkenntnisse und vieles mehr. Deswe-
gen glauben wir, dass eine komplexe Beratung auch in
Zukunft notwendig ist.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802500300

Schönen Dank. – Als Nächste hat das Wort die Kolle-

gin Dr. Rosemarie Hein, die Linke.


Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802500400

Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau

Ministerin, für den Bericht. Auch ich habe zwei Fragen:

Erstens. Sie hatten erwähnt, dass der größte Teil der
Antragstellungen und auch der überaus größte Teil der
Bewilligungen aus dem Gesundheitsbereich stammen.
Meine Frage ist: Warum sind die Berufe mit dualer Aus-
bildung, bei denen wir auch ein erhebliches Fachkräfte-
problem haben, so stark unterrepräsentiert?

Die zweite Frage bezieht sich auf die Ländergesetze.
Sie haben gesagt: 13 Länder haben schon entsprechende
Gesetze. Wie schätzen Sie das ein: Deutet sich im Hin-
blick auf die Ländergesetze, ähnlich wie in anderen Be-
reichen der Bildungspolitik, eine Spreizung an? Sind die
Gesetze dort auch so unterschiedlich, oder sind sie eher
in der Substanz vergleichbar?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Das Antragsaufkommen konzentriert sich, wie schon
gesagt, sehr stark auf den Bereich der reglementierten
Berufe. Das ist logisch, weil man diese Berufe in
Deutschland ohne Anerkennung nicht ausüben kann.

Zu den Handwerkskammern. Wir haben mit den
Handwerkskammern gesprochen und festgestellt, dass
wir hier verstärkt informieren und werben müssen, weil
es weniger bekannt ist, dass auch im nicht reglementier-
ten Bereich gleichwertige Qualifikationen anerkannt
werden können. Im Bereich der Handwerkskammern ha-
ben wir sehr viele Verfahren, in denen es gar nicht zur





Bundesministerin Dr. Johanna Wanka


(A) (C)



(D)(B)

Anerkennung der Gleichwertigkeit kommt, weil es nicht
notwendig ist; denn schon im Laufe der Beratung ergibt
sich, dass Qualifikationen vorliegen, die ausreichen, um
den Betreffenden zu vermitteln. Das ist im Handwerk
nach Aussage des früheren Präsidenten des Zentralver-
bandes des Deutschen Handwerks, Herrn Kentzler, in
sehr vielen Fällen geschehen.

Wir wollen aber mit der Kampagne, die wir Mitte des
Jahres starten, international gerade auch für diese Berufe
stärker werben. Wir haben auch ein Projekt mit dem
DGB, bei dem wir versuchen, über Information und Sen-
sibilisierung der Personalräte, aber auch der betriebli-
chen Seite dafür zu sorgen, dass dies noch stärker ge-
nutzt und propagiert wird. Dass die reglementierten
Berufe automatisch besonders stark nachgefragt sind,
liegt aber in der Natur der Sache.

Zu den Ländergesetzen. Man muss sagen, dass es in
der Praxis gemäß dem Bericht leider eine ganze Reihe
von Unterschieden bei der Wahrnehmung und Beurtei-
lung gibt. Wir wollen keinen Anerkennungstourismus,
bei dem man in einem Land einen Antrag auf Anerken-
nung von Qualifikationen stellt, um den entsprechenden
Beruf in einem anderen Land ausüben zu können. Des-
wegen ist uns eine gewisse Zentralisierung sehr wichtig.
Die Anträge müssen nicht an einer Stelle bearbeitet wer-
den, aber die Bearbeitung soll vergleichbar sein.

Ich nenne das Beispiel der Gesundheitsberufe. Da hat
die Kultusministerkonferenz schon vor vielen Jahren
eine Zentralstelle zur Anerkennung der schulischen und
akademischen Qualifikationen eingerichtet. Das heißt:
Wenn sich jemand mit einem Abitur aus dem Kongo be-
wirbt, dann muss man nicht in dem entsprechenden Bun-
desland wissen, wie das einzuschätzen ist. Die Kultus-
ministerkonferenz hat eine Stelle eingerichtet, die diese
Einschätzung als Service anbietet. Genau so sollte das
im Bereich der Gesundheitsberufe gemacht werden. Da-
mit hätte man dann auch ein einheitlicheres Verfahren.
Es ist jedenfalls ein Problem, das im Bericht dokumen-
tiert ist.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802500500

Bevor ich die nächsten Wortmeldungen aufrufe,

möchte ich liebevoll darauf hinweisen: Jeder darf eine
Frage stellen. Ich hatte aber bei der CDU/CSU zwei Fra-
gen zugelassen. Deswegen habe ich bei der Linken auch
friedlich zwei Fragen zugelassen. Wir müssen ja fair
miteinander umgehen. Da es aber eine ganze Flut von
Fragen gibt, was sehr erfreulich ist, bitte ich die kom-
menden Fragesteller, sich jeweils an unsere Eine-Frage-
Regel zu halten.

Die nächsten Fragesteller sind Rudolf Henke, CDU/
CSU-Fraktion, und Volker Beck, Bündnis 90/Die Grü-
nen.


Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1802500600

Frau Ministerin, meine Damen und Herren, ich

komme noch einmal auf die reglementierten Berufe, ins-
besondere im Gesundheitsbereich, zu sprechen. Die Re-
gierungschefs und Regierungschefinnen der Länder ha-
ben sich mehrfach dafür ausgesprochen, dass es
einheitliche, unbürokratische Regelungen zu den Aner-
kennungsverfahren von Bund und Ländern geben soll.
Jetzt scheint der Bericht darauf hinzudeuten, dass es so-
wohl zwischen dem Anerkennungsverfahren des Bundes
auf der einen Seite und der Länder auf der anderen Seite
als auch hinsichtlich der Anerkennungsverfahren unter-
schiedlicher Bundesländer Differenzen gibt. Die Frage
ist: Zeichnet sich dort zumindest ein Diskussionsprozess
ab, der darauf zielt, für Einheitlichkeit zu sorgen? Das
dürfte nicht nur die KMK betreffen; im Bereich der Ge-
sundheitsberufe müsste die GMK sicherlich mit einbezo-
gen werden. Die Sprachprüfungen und die Anerkennung
der Qualifikationen in den reglementierten Berufen wer-
den in den Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt. Die
Frage ist also: Ist da ein Prozess der Vereinheitlichung
im Gange?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Ja, es ist ein Diskussionsprozess mit dem Ziel einer
Vereinheitlichung im Gange. Was die Gesundheitsberufe
anbetrifft, muss nicht nur die KMK, sondern auch die
GMK die entsprechenden Beschlüsse fassen. Da wird in
Bezug auf die Struktur genau überlegt: Wie viel Personal
braucht man? Das alles befindet sich noch in der Umset-
zung. Vonseiten der Finanzminister muss jetzt noch die
Frage geklärt werden, woher die Stellen kommen. Aber
das ist eine überschaubare Größenordnung.

Was die Gesundheitsminister betrifft: Der Bund hat
seinen Beitrag zur Vereinheitlichung erbracht. Es gibt
jetzt eine neue Rechtsverordnung des Bundesgesund-
heitsministeriums zur Durchführung und zum Inhalt von
Anpassungsmaßnahmen in den Heilberufen des Bundes,
die am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Das
ist sozusagen die Basis.

Insgesamt lässt sich feststellen: Der Diskussionspro-
zess ist im Gange. Es war richtig, ein Monitoring durch-
zuführen und in diesem Bericht nicht nur zu rekapitu-
lieren, was gut und was schlecht ist, sondern auch
Hinweise darauf zu geben, wo Handlungsbedarf besteht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802500700

Schönen Dank, Frau Ministerin. – Als Nächster hat

das Wort Kollege Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802500800

Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihren Bericht. Ich

erlaube mir, für meine Fraktion zwei Fragen zu stellen,
wie das die ersten beiden Fragesteller aus den anderen
Fraktionen getan haben.

Zu meiner ersten Frage. Der Sachverständigenrat
deutscher Stiftungen für Integration und Migration kriti-
siert, dass wir die Antragsberechtigten nicht ausreichend
erreichen. Deshalb möchte ich von Ihnen wissen: Wie
viele Antragsberechtigte gibt es in Deutschland? Wie
viele Anträge wurden bis zum heutigen Tag bzw. bis
zum Datum Ihrer Berichterstellung tatsächlich einge-
reicht? Das wäre gut zu wissen, um abschätzen zu kön-
nen, inwiefern wir überhaupt die relevanten Teile der
Bevölkerung ansprechen.





Volker Beck (Köln)



(A) (C)



(D)(B)

Zu meiner zweiten Frage. Was wollen Sie tun, damit
das Vorgehen in anderen Bereichen, zum Beispiel im
technischen Bereich, bei den Ingenieurberufen, ähnlich
gut funktioniert wie im Gesundheitsbereich? Das ist ja
ein Bereich, in dem wir Fachkräftemangel haben. Wenn
das Gesetz in diesem Bereich nicht funktioniert, dann
muss es Gründe dafür geben. Was machen Sie, um diese
Gründe zu beseitigen?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Die Zahl derer, die antragsberechtigt sind, ist sehr
schwierig abzuschätzen. Im Mikrozensus – darauf heben
Sie wahrscheinlich ab – wird die Zahl 280 000 genannt.
Das bezog sich aber vor allem auf alle in Deutschland
lebenden Personen mit ausländischem Abschluss, die
nicht in dem Bereich arbeiten, in dem sie ihren Ab-
schluss gemacht haben. Jeder – zum Beispiel auch der
türkische Gemüsehändler, der trotz Qualifikation in sei-
nem Heimatland in Deutschland schon seit 20 Jahren in
einem anderem Tätigkeitsfeld arbeitet – wurde dazuge-
rechnet. Das heißt, wir haben keine belastbaren Zahlen.

Wenn Sie sich die Altersverteilung ansehen, dann
stellen Sie fest, dass es vor allen Dingen viele Jüngere
betrifft und nicht diejenigen, die schon viele Jahre in
Deutschland eine Tätigkeit für sich gefunden haben und
bei denen nicht der Anspruch besteht: Jetzt will ich mir
meinen alten Beruf anerkennen lassen, um in diesem
vielleicht wieder tätig zu sein.

11 000 Antragsteller – das ist die belastbare Zahl, die
uns für 2012 vorliegt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 11 000?)


– 11 000, definitiv. Wobei selbst die Statistischen Lan-
desämter sagen, dass die Zahlen wahrscheinlich höher
sind, weil viele Anerkennungsstellen noch nicht gemel-
det haben oder nicht wissen, dass sie meldepflichtig
sind. Hier ist also noch ein Lernprozess im Gange.

Für den Bereich der Ingenieure gibt es keine Bundes-
kompetenz. In dem Anerkennungsgesetz des Bundes
wird alles für die Berufe geregelt, für die der Bund die
Kompetenz hat. Es gibt aber viele Berufe, für die die
Kompetenz bei den Ländern liegt, dazu gehören die In-
genieure. Wenn Sie sich die Ländergesetze anschauen,
dann stellen Sie fest, dass in nicht wenigen Gesetzen
diese Gruppe gar nicht betrachtet wird, dass sie ausge-
schlossen wird. Das gilt auch für Architekten oder an-
dere Berufe. Über dieses Thema wird derzeit diskutiert.
Das haben wir vonseiten des Bundes angeregt; denn ge-
rade in diesem Bereich sind wir interessiert daran, quali-
fizierte Zuwanderung zu ermöglichen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802500900

Schönen Dank. – Kollege Dr. Thomas Feist, CDU/

CSU-Fraktion.


Dr. Thomas Feist (CDU):
Rede ID: ID1802501000

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin, Sie

haben gesagt, dass die Nachfrage in den reglementierten
Berufen besonders hoch ist und dass die Zahl derer, die
über das entsprechende Internetportal Anfragen stellen,
sprunghaft wächst. Die Zahlen, die Sie genannt haben,
verdeutlichen das.

Meine Frage zielt in folgende Richtung: Im Auswär-
tigen Ausschuss beschäftigen wir uns gegenwärtig mit
der Frage, ob die deutschen Auslandsschulen ihr Profil
nicht in Richtung Berufsschulen erweitern sollten. Da-
mit würden wir schon vor Ort die Voraussetzung für eine
leichtere Anerkennung jener Berufe schaffen, die in
Deutschland reglementiert sind. Wie beurteilen Sie diese
Überlegungen? Würden Sie eine solche Profilerweite-
rung unterstützen? Das Modell der dualen Berufsausbil-
dung erfährt nicht nur in Deutschland eine hohe Nach-
frage. Dem sollten wir nachkommen.

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Im Moment haben wir die erfreuliche Situation, dass
das Interesse an der deutschen Sprache weltweit gestie-
gen ist. Es gibt jetzt zum Beispiel circa 1 000 Schulen in
Indien, an denen die deutsche Sprache vermittelt wird.
Das war vor einigen Jahren noch ganz anders. Außerdem
besteht, auch bedingt durch die wirtschaftliche Situation
in Frankreich, Spanien und anderen Ländern, ein großes
Interesse an der dualen Ausbildung. Wir werben in den
entsprechenden Ländern für die duale Ausbildung und
geben Geld aus, um Wege zu finden, wie das System der
dualen Ausbildung in Ländern wie Spanien oder Grie-
chenland organisiert werden könnte, wenn die betreffen-
den Stellen vor Ort dieses System einführen wollen.

Zum Beispiel in Bezug auf Indien halte ich es gerade
vor dem Hintergrund des großen Interesses an der deut-
schen Sprache nicht für schlecht, die Frage zu themati-
sieren, ob man neben den deutschen Auslandsschulen
noch andere Institutionen unterhalten sollte. Bei diesem
Export der dualen Ausbildung – das sage ich in Anfüh-
rungsstrichen – sind wir immer sehr behutsam. Es geht
nicht darum, etwas von Deutschland eins zu eins wo-
andershin zu verpflanzen, sondern darum, zu schauen,
wie die positiven Elemente der dualen Ausbildung vor
dem Hintergrund der Bedingungen des entsprechenden
Landes zum Tragen kommen können, wenn vor Ort ein
Interesse daran besteht. Ich finde die Idee nicht schlecht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802501100

Die nächsten beiden Fragesteller sind Kollege René

Röspel, SPD-Fraktion, und Özcan Mutlu, Bündnis 90/
Die Grünen. – Kollege Röspel, bitte.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1802501200

Sehr verehrte Frau Ministerin, im Koalitionsvertrag

ist vereinbart, Nachqualifizierungsmaßnahmen finan-
ziell zu unterstützen. Was plant die Bundesregierung,
und wie will sie das umsetzen?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Wie schon angedeutet, haben wir im Rahmen des IQ-
Programms, Integration durch Qualifizierung, in 50 Mo-





Bundesministerin Dr. Johanna Wanka


(A) (C)



(D)(B)

dellprojekten einige Erfahrungen gesammelt. Dieses
Programm werden wir jetzt in beträchtlichem Maße aus-
weiten, mit über 200 Millionen Euro einschließlich ESF-
Mitteln, gemeinsam mit dem Arbeitsministerium und
der BA. Wir glauben – das wird deutlich, wenn wir uns
die Zahlen ansehen –, dass man damit in großem Maße
bundesweit etwas leisten kann. Das ist eine ganz hand-
feste und millionenschwere Investition in diesem Be-
reich.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802501300

Danke schön, Frau Ministerin. – Kollege Özcan

Mutlu, Bündnis 90/Die Grünen.


Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802501400

Frau Ministerin, meine Frage lautet wie folgt: Ist nach

Auffassung der Bundesregierung die arbeitsmarktliche
Beratung nach § 29 SGB III sichergestellt, und besteht
nach Auffassung der Bundesregierung tatsächlich ein
flächendeckendes und ausreichendes Netz von Erstan-
laufstellen, Beratungsstellen, die die notwendige fachli-
che Qualifikation aufweisen, um erfolgreich beraten zu
können? Welche Qualitätsstandards gelten für diese
Erstanlaufstellen, und wird die Arbeit der Erstanlaufstel-
len evaluiert?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

In diesem Bericht befinden sich auch Informationen
über die Arbeit der Anlaufstellen und eine sehr positive
Einschätzung dessen, was im gesamten Kammerbereich,
also bei den Handwerkskammern und den Industrie- und
Handelskammern geleistet wird, aber auch im Bereich
der BA, wenn es um Auskünfte zur Sozialgesetzgebung
geht. Das Monitoring, das vonseiten des Bundes freiwil-
lig durchgeführt wird, zeigt im Einzelnen auf, wo es
noch Schwachstellen gibt, wo man noch mehr machen
muss. Nach dem Gesetz ist eine Evaluation geplant, die
auch diesen Bereich erfasst; denn die Erstberatung ist
ganz entscheidend. Die Erstberatung ist, wie eben schon
gesagt, ein komplexes Geschäft. Die ersten gesammelten
Erfahrungen sind in vielen Bereichen erfreulich.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802501500

Die nächsten beiden Fragen sind vom Kollegen

Dr. Ernst Dieter Rossmann und vom Kollegen Martin
Rabanus, beide SPD-Fraktion. – Herr Kollege
Dr. Rossmann, bitte.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1802501600

Frau Ministerin, der Bericht enthält umfangreiche

Analysen in Bezug auf die Spreizung der Gebühren, die
sich je nach Landes-, Bundes- und Kammerregelungen
zwischen 100 und 1 000 Euro bewegen. Es findet sich
die Passage, dass Sie es für sinnvoll halten könnten, in
diesem Bereich zu einer Harmonisierung zu kommen. In
welcher Weise und mit welcher Zielrichtung wollen Sie
sich als Ministerin in Bezug auf die Gebührenfrage ein-
bringen? Ich frage auch nach den Vor- und Nachteilen.
Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Dass der Beratungsaufwand zum Teil sehr groß ist,
zeigen zum Beispiel die Erfahrungen der Handwerks-
kammern. In vielen Fällen geht es um 400 Euro. Diese
Gebühren decken bei weitem nicht die Kosten für das
Engagement der Kammern ab. Nach den ersten Erfah-
rungen diskutieren wir jetzt über die Frage, ob sich die
Größenordnung der Gebühren bewährt hat. Dann müs-
sen wir über Vorschläge nachdenken. Veränderungen
kann und will der Bund nicht erzwingen. Aber er hat die
Möglichkeit, unter anderem über die Sozialleistungen
Unterstützung zu leisten, wenn es um Antragsteller geht,
die die Gebühren nicht bezahlen können. In den Gesund-
heitsberufen, zum Beispiel bei den Apothekern oder bei
den Ärzten, ist die Bildungsrendite, die man erzielt,
wenn man in Deutschland eine Anstellung findet, natür-
lich sehr hoch. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, dass wir
diese oder jene Größenordnung anstreben; denn auch
dieses Thema ist Teil des komplizierten Prozesses. Es
muss sich einspielen, und man sollte dann auch in der
Diskussion mit den Ländern versuchen, besser harmoni-
sierte Möglichkeiten zu finden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802501700

Danke schön. – Als Nächster Herr Kollege Martin

Rabanus, SPD-Fraktion, dann noch einmal Volker Beck,
Bündnis 90/Die Grünen. Herr Rabanus, bitte.


Martin Rabanus (SPD):
Rede ID: ID1802501800

Vielen Dank. – Frau Ministerin, Sie haben ausgeführt,

dass 82 Prozent der Anträge zur Anerkennung geführt
haben. Das ist eine sehr erfreuliche Zahl. Dies heißt im
Umkehrschluss aber auch, dass 18 Prozent der Anträge
nicht dazu geführt haben. Mich würde interessieren, was
mit diesem Rest, mit diesen 18 Prozent ist. Sind das An-
träge, die bis zum Stichtag schlicht nicht abgearbeitet
waren? Gibt es dort vielleicht Hinweise auf notwendige
Nachqualifizierungen, also sind es vielleicht zurückge-
stellte Anträge, und befinden sich darunter auch abge-
lehnte Anträge? Ich fände es spannend, zu erfahren, ob
es Hauptgründe für das Versagen der Anerkennung gibt,
die man sozusagen systematisch einordnen kann, oder
muss man sich da tatsächlich jeden Einzelfall gesondert
anschauen?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Im Bericht steht, dass im Durchschnitt insgesamt
82 Prozent der Anträge zur Anerkennung führen; diese
Zahl wurde eben genannt. Bei den reglementierten Beru-
fen liegt die Bestätigung der vollen Gleichwertigkeit so-
gar noch höher, nämlich bei fast 84 Prozent. Sie fragten
nach dem Rest. Fast 13 Prozent der Antragsteller wird
zum Beispiel vorgeschlagen, noch eine Ausgleichsmaß-
nahme zu machen oder mehr Berufserfahrung zu sam-
meln. Direkte Ablehnungen gibt es bei nur 3,5 Prozent
der Anträge; dies ist also ein geringer Prozentsatz. Über
die Ausgleichsmaßnahmen hatten wir ja gerade kurz ge-
sprochen.





Bundesministerin Dr. Johanna Wanka


(A) (C)



(D)(B)

Bei den nichtreglementierten Berufen, zum Beispiel
bei ganz vielen Handwerksberufen, ist der Anteil gerin-
ger: Bei 66 Prozent wird die volle Gleichwertigkeit und
bei ungefähr 10 Prozent die teilweise Gleichwertigkeit
anerkannt. Die Erfahrung der Handwerkskammern ist,
dass das oft sehr nützlich ist und schon ausreicht, um den
Betreffenden zu vermitteln. Eine Ausgleichsmaßnahme,
um noch eine Qualifikation nachzuholen, ist also oft we-
niger sinnvoll als eine Bestätigung der Handwerkskam-
mer, dass jemand über bestimmte Qualifikationen ver-
fügt und wie diese einzuschätzen sind, um eine Arbeit zu
finden. Die Zahl der Ablehnungen liegt hier bei 21 Pro-
zent.

Das Gesetz, das wir haben, ist eigentlich sehr weitge-
hend. Wenn zum Beispiel Unterlagen nicht vollständig
sind oder wenn man den Sachverhalt schlecht einschät-
zen oder nicht aufklären kann, dann sind auch praktische
Nachweise eine Möglichkeit, um die entsprechende An-
erkennung in Deutschland zu erhalten. Das wird natür-
lich noch nicht in dem Umfang genutzt, wie es möglich
wäre. Da sehen wir einen wichtigen Bereich, in dem wir
handeln müssen.

Im Bericht finden sich auch systematische Hinweise,
zum Beispiel – auch mir war das nicht bekannt – dass es
den Beruf des Altenpflegers – diese suchen wir in
Deutschland besonders – nur bei uns als Ausbildungsbe-
ruf gibt und sonst nirgendwo in Europa. Deswegen kom-
men sehr viele gar nicht auf die Idee, hier in diesem Be-
ruf zu arbeiten, oder sie versuchen, wenn sie in einem
anderen Land als Krankenpfleger gearbeitet haben, ei-
nen entsprechenden Nachweis darüber hier anerkennen
zu lassen. Unter Umständen wäre es in solchen Fällen
viel sinnvoller, von vornherein zu versuchen, in die Al-
tenpflege zu gehen. Aufgrund des Berichtes sind wir
jetzt daran interessiert, nicht nur individuelle Lösungen
der einzelnen Kammern oder wo auch immer zu finden,
sondern auch zu überlegen, wie man das von unserer
Seite durch Aufklärung systematisch unterstützen kann.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802501900

Danke schön. – Als Nächstem erteile ich das Wort

Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen, danach
Dr. Karamba Diaby, SPD-Fraktion, und Stephan Albani,
CDU/CSU-Fraktion. Kollege Beck, bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802502000

Frau Ministerin, wie viel Prozent der 11 000 Antrag-

steller – dies ist eine fulminante Zahl – waren denn
Flüchtlinge oder Geduldete? Was macht die Bundesre-
gierung, damit auch Flüchtlinge und Geduldete von die-
sem Anerkennungsgesetz erfahren und davon Gebrauch
machen? Das ist ja vor allen Dingen im Hinblick auf die
von der Bundesregierung geplante Bleiberechtsregelung
nicht ganz ohne Belang.

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Daten darüber, wie viele davon Flüchtlinge oder Ge-
duldete waren, liegen uns nicht vor. Das wird auch nicht
abgefragt. Was die Informationen gerade für diese
Gruppe von Menschen anbetrifft, gilt das vorhin Ge-
sagte. Die systematische Ausweitung der Informationen,
zum Beispiel beim Bundesamt für Migration und Flücht-
linge, wo die Telefonhotline angesiedelt ist, halten wir
für den richtigen Weg. Aber wir haben im Moment kei-
nen speziellen Plan, eine besondere Informationskampa-
gne für diese Gruppe aufzulegen. Vielmehr haben wir
ein breit angelegtes Informationsangebot, das wir noch
ausbauen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie glauben Sie denn, dass ein Flüchtling oder Geduldeter von dieser Informationshotline erfährt?)


– Ich habe es jetzt akustisch nicht verstanden. Entschul-
digung.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802502100

Ja, das ist auch verständlich, weil das Mikrofon nicht

angeschaltet ist.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie glauben Sie denn, dass ein Flüchtling oder ein Geduldeter von dieser Informationshotline erfahren soll? Also, wenn Sie sich mal die Bedingungen der Unterbringung usw. anschauen, erscheint mir das, wenn wir da nichts machen, ein bisschen lebensfremd! – Okay, Schulterzucken bei der Ministerin!)


Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Nein, nein! Ich habe Sie überhaupt nicht verstanden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802502200

Ich schlage vor, wir machen das so: Herr Beck hat

sich nicht ganz an die Geschäftsordnung gehalten. Er er-
klärt es Ihnen hinterher noch einmal genau, und Sie ge-
hen dem Sachverhalt nach, Frau Ministerin.

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Ja. – Also, ein Schulterzucken nicht als Antwort, son-
dern weil ich Sie akustisch nicht verstanden habe.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802502300

Ein Versuch der mimischen Fragestellung. – Nächster

ist Dr. Karamba Diaby, SPD-Fraktion.


Dr. Karamba Diaby (SPD):
Rede ID: ID1802502400

Vielen Dank. – Frau Ministerin, ich habe zwei Fra-

gen. Die erste Frage bezieht sich auf das IQ Netzwerk;
Sie haben es mehrfach erwähnt. Im Rahmen des IQ
Netzwerks gab es eine Fachgruppe Migration. Menschen
mit Migrationshintergrund haben sich hier engagiert, um
einen Beitrag zur effektiven Umsetzung des BQFG zu
leisten. Wie bewerten Sie diesen Beitrag der Menschen
mit Migrationshintergrund in diesem Bereich?





Dr. Karamba Diaby


(A) (C)



(D)(B)

Meine zweite Frage ist: Welche Möglichkeiten sieht
die Bundesregierung, Sozialpartner und Betriebe bei der
Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zu unter-
stützen, um auch in diesem Bereich potenzielle Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen? Wenn wir
gemeinsam mehrere gesellschaftliche Kräfte bündeln,
haben wir mehr Erfolg; deshalb diese Frage.

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Zu der ersten Frage. Die Mitarbeit derer, die den
Länderhintergrund kennen oder die spezielle Situation in
Deutschland erfahren haben, ist sehr wertvoll. Das ist in
die Überlegungen, das IQ-Förderprogramm finanziell
beträchtlich auszuweiten, mit eingeflossen. Jetzt weiß
man noch sehr viel mehr als anfangs: Welche sind die
richtigen Wege und Möglichkeiten? An dieser Stelle also
vielen Dank speziell für die Mitarbeit der Menschen mit
Migrationshintergrund in den entsprechenden Arbeits-
gruppen!

Was die Sozialpartner anbetrifft, wird im Bericht
deutlich, dass die Betriebe davon noch viel zu wenig
wissen und es viel zu wenig nutzen. Deswegen brauchen
wir eine Sensibilisierung der Betriebe über die Kam-
mern. Es gibt Einzelfälle, die zeigen – meine Mitarbeiter
haben mir das erzählt –: Wenn das geschehen ist, hat
man sehr gute Lösungen gefunden, Menschen gut ver-
mittelt, ihre Lebensleistung anerkannt und auch den ent-
sprechenden Betrieben geholfen.

Da wir der Meinung sind, dass auch die Personalräte
bzw. die Betriebsräte ganz wichtig sind, haben wir ein
Projekt mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund auf den
Weg gebracht, bei dem es darum geht, diesen Personen
Informationen zu geben und sie für dieses Thema zu sen-
sibilisieren, sodass sie ihre Kenntnisse in das betriebli-
che Geschehen einbringen können. Ende April dieses
Jahres werden wir eine große Fachtagung durchführen.
Alle, die in diesem Bereich zu tun haben und an diesem
Thema interessiert sind, werden dort vertreten sein, na-
türlich auch die Sozialpartner und die Arbeitgeber. In
diesem Rahmen werden wir detaillierter besprechen,
was gut läuft und was verändert werden sollte, und es
werden Best-Practice-Beispiele vorgestellt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802502500

Danke schön. – Als Nächstem erteile ich Stephan

Albani, CDU/CSU-Fraktion, das Wort, danach Frau Kol-
legin Corinna Rüffer, Bündnis 90/Die Grünen.


Stephan Albani (CDU):
Rede ID: ID1802502600

Herzlichen Dank. – Frau Ministerin, was tut die Bun-

desregierung jenseits des Anerkennungsgesetzes, um die
Anerkennung ausländischer Fachkräfte in Deutschland
zu erleichtern und sie bei der Antragstellung zu unter-
stützen und zu begleiten?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Ich würde gern noch einmal auf das schon Genannte
hinweisen. Die OECD bescheinigt Deutschland im all-
gemeinen Sinne ein im Vergleich zu anderen Industrie-
staaten sehr liberales Zuwanderungsrecht. Rechtlich ist
das alles zwar sehr gut angelaufen, aber wir sind trotz-
dem der Meinung: Die Willkommenskultur sollte noch
ausgebaut werden. Deswegen gibt es in den entsprechen-
den Ländern Bemühungen, die Anlauf- und Beratungs-
stellen und die Begrüßungsstellen, die dort vorhanden
sind, noch sehr viel stärker zu unterstützen. Das Image,
das Deutschland viele Jahre hatte – dass wir an Zuwan-
derung nicht so interessiert sind –, können wir natürlich
nur gesamtgesellschaftlich verändern.

Darüber hinaus gibt es die Bluecard für Hochqualifi-
zierte, und es werden Informations- und Werbemaßnah-
men im Ausland durchgeführt. Das geschieht nicht nur
über das Anerkennungsportal, sondern auch im Rahmen
von Messen und auf vielfältigen anderen Wegen. Wir ha-
ben die Berufsbildungszusammenarbeit durch das Inte-
resse an der dualen Ausbildung. Darüber wollen wir in
verstärktem Maße Menschen gewinnen, gerade junge
Menschen. Zu denken ist etwa an das EU-Programm
oder an das Programm, mit dem die Mobilität von jun-
gen Auszubildenden gefördert wird. Das alles sind Maß-
nahmen, die zu dem Anerkennungsgesetz und dem, was
sich darum rankt, dazukommen.

Insgesamt muss man hier vor allen Dingen ein ande-
res Image gewinnen. Das dauert ein bisschen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802502700

Als Letzter in der Runde erteile ich Kollegin Frau

Corinna Rüffer, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802502800

Vielen Dank. – Ich nutze die Gelegenheit, die Frage

von Volker Beck noch einmal aufzugreifen, die Sie, Frau
Wanka, leider nicht gehört haben, weil das Mikro abge-
stellt war. Ich finde, diese Frage hat eine hohe Berechti-
gung.

Es geht noch einmal um die Gruppe der Geduldeten
und/oder Asylbegehrenden. Diese Personen sind viel-
fach, gerade in den ersten Monaten, in Sammelunter-
künften, sogenannten Landeseinrichtungen, unterge-
bracht. Da ist die Frage: Ist es tatsächlich lebensnah,
anzunehmen, dass Personen dieser Gruppe, die zum Teil,
und zwar zu einem nicht geringen Teil, sehr qualifiziert
sind, Kenntnis davon haben können, dass es eine solche
Hotline gibt? Haben sie wirklich die Möglichkeit, an
diese Information zu kommen? Wäre es nicht sinnvoll,
da noch ein bisschen nachzuhelfen?

Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Das Letzte kann ich bejahen. Es ist immer sinnvoll,
noch etwas zu verstärken. Insgesamt ist dieser Bera-
tungsprozess ein sehr komplexer, und der Ansatz, die
Vergleichbarkeitseinschätzung zentral, aber Sonstiges
individuell vor Ort zu regeln, ist der richtige.

Wenn Sie jetzt speziell an diese Gruppe von Men-
schen denken: Es gibt in den einschlägigen Stellen ein
großes Arsenal an entsprechenden Flyern in unterschied-





Bundesministerin Dr. Johanna Wanka


(A) (C)



(D)(B)

lichen Landessprachen, in denen darauf aufmerksam
gemacht wird, was in Deutschland möglich ist. Im Zu-
sammenhang mit dem Thema „Sensibilisierung der Ar-
beitgeber und der Betriebsräte“ müssen wir vielleicht
noch einmal stärker darüber nachdenken: Über welche
Kanäle können wir die Ansprechpartner für diese Men-
schen in noch stärkerem Maße dafür gewinnen, entspre-
chend zu informieren? Das nehmen wir gern mit. Das
kann man sicher noch besser machen. Aber es ist schon
mit bedacht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802502900

Schönen Dank.

Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen Ka-
binettssitzung? – Das ist nicht der Fall.

Gibt es jetzt sonstige Fragen an die Bundesregierung? –
Das ist auch nicht der Fall. Dann schließen wir die Re-
gierungsbefragung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde
Drucksache 18/947

Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ge-
sundheit. Die Frage 1 der Abgeordneten Veronika
Bellmann wird schriftlich beantwortet.

Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ver-
kehr und digitale Infrastruktur. Zur Beantwortung steht
der Staatssekretär Enak Ferlemann bereit.

Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Herbert
Behrens, Fraktion Die Linke, auf:

Welchen Stellenwert misst die Bundesregierung dem am
26. März 2014 vorgestellten Gutachten des Sachverständigen-
rates für Umweltfragen (SRU) „Fluglärm reduzieren: Reform-
bedarf bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten“ bei der
Erarbeitung ihres im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
und SPD angekündigten Luftverkehrskonzeptes bei, und wie
wird der SRU konkret in diesen Arbeitsprozess eingebunden?

Herr Staatssekretär, bitte.

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1802503000


Sehr geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Ich beantworte die Frage wie folgt: Die
Bundesregierung wird die umfangreichen Vorschläge
des sogenannten Gutachtens des Sachverständigenrates
sorgfältig prüfen. Dies gilt auch für die geforderte ver-
besserte Transparenz und die Beteiligung der Kommu-
nen und der Öffentlichkeit bei der Festlegung von Flug-
routen. Insofern werden die Handlungsempfehlungen in
die Ausarbeitung eines Luftverkehrskonzepts mit ein-
fließen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802503100

Haben Sie dazu eine Nachfrage, Herr Kollege? –

Bitte.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802503200

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,

Sie haben gesagt, Sie würden auf jeden Fall diese Hand-
lungsempfehlungen des Sondergutachtens aufnehmen.
Sie haben also noch keine Teilbereiche aus diesem Gut-
achten identifiziert, die Ihnen dabei helfen, das Luftver-
kehrskonzept in der Frage der Fluglärmreduzierung zu
qualifizieren. Ist es ein Gutachten unter mehreren, oder
ist es das Gutachten, das Sie heranziehen werden?

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1802503300


Herr Kollege, ich beantworte das gerne. Es ist ein
Gutachten unter mehreren. Ein Luftverkehrskonzept be-
steht aus vielen Bestandteilen. Dieses Gutachten gibt für
einige Bestandteile eine Anregung. Es ist ein Gutachten,
das vor allem sehr juristische Empfehlungen enthält. In-
sofern werden wir es in die Erstellung des Luftverkehrs-
konzepts einbauen. Aber es wird nicht die einzige
Grundlage sein.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802503400

Herzlichen Dank. – Haben Sie noch eine Frage, Herr

Kollege?


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802503500

Ja, ich habe noch eine zweite Frage dazu. – In dem

Gutachten wird darauf hingewiesen, dass es bezüglich
der Normierung von Fluglärm dazu kommen muss, dass
es verlässliche Werte gibt, die bereits in der Planfeststel-
lung berücksichtigt werden sollen. Ist das ein Punkt, den
Sie bei der Entwicklung eines Luftverkehrskonzeptes
auf jeden Fall aufnehmen werden?

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1802503600


Herr Kollege, ob wir das in das Luftverkehrskonzept
so aufnehmen werden, kann ich derzeit noch nicht beur-
teilen. Auf jeden Fall werden wir die Anregung mitbe-
denken.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802503700

Schönen Dank. – Als Nächstes eine Frage des Kolle-

gen Petzold, Fraktion Die Linke. Bitte.


Harald Petzold (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802503800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich würde gerne wis-

sen, in welchem Zeitrahmen Sie die entsprechenden
konzeptionellen Überlegungen vorlegen werden.

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1802503900


Dazu kann ich noch keine konkrete Angabe machen,
weil wir eine Fülle von Themen haben. Auch die Bun-
desländer reichen uns eine große Anzahl an Anregungen
ein. Die Bundesländer müssen ja gerade beim Thema
„Luftverkehrskonzept im Hinblick auf Flughäfen“ in ho-
hem Maße beteiligt werden. Das, was geregelt werden
muss, fällt größtenteils in die Kompetenz der Bundeslän-
der. Insofern kann ich noch nicht abschließend sagen,
wann wir dieses Konzept vorlegen werden.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802504000

Schönen Dank. – Die Fragen 3 und 4 des Abgeordne-

ten Stephan Kühn werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher-
heit. Die Frage 5 der Abgeordneten Britta Haßelmann
und die Frage 6 des Abgeordneten Oliver Krischer wer-
den schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung. Die Frage 7
der Abgeordneten Veronika Bellmann wird schriftlich
beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung. Die Frage 8 der Abgeordneten Sylvia
Kotting-Uhl wird schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Energie. Zur Beantwor-
tung steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Iris
Gleicke bereit.

Die Frage 9 des Abgeordneten Dr. André Hahn und
die Frage 10 der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden wer-
den schriftlich beantwortet.

Ich rufe Frage 11 des Abgeordneten Dr. Thomas
Gambke, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Inwieweit teilt die Bundesregierung öffentlich erhobene
Forderungen (Rheinische Post vom 27. März 2014) nach
mehr deutschen Fracking-Pilotprojekten, und inwiefern zieht
die Bundesregierung in Betracht, das Verfahren zur Regulie-
rung der Fracking-Technologie in Anbetracht der weiterhin
erfolgenden Vergabe von Lizenzen, zum Beispiel in der Ober-
pfalz, zu beschleunigen?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802504100


Schönen Dank, Herr Präsident. – Lieber Kollege
Gambke, nach den Ergebnissen verschiedener Gutachten
und Studien ist die Aufsuchung und Gewinnung von
Erdgas aus unkonventionellen Quellen, insbesondere aus
Schiefergas und Kohleflözgas, an Lagerstätten mithilfe
von Verfahren zur hydraulischen Stimulierung des Ge-
steins, Fracking, mit erheblichen Risiken, insbesondere
für das Grundwasser und damit auch für die Trinkwas-
sergewinnung, verbunden.

Wie in der Koalitionsvereinbarung festgehalten, sol-
len zur Verbesserung des Trinkwasserschutzes sowie zur
Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Trans-
parenz das Wasserhaushaltsgesetz sowie die Verordnung
über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher
Vorhaben, UVP-V Bergbau, geändert werden.

Erst wenn diese verbesserten rechtlichen Grundlagen
geschaffen wurden und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine
nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht
zu befürchten ist, kann über mögliche weitere Schritte
gemeinsam mit den Ländern entschieden werden. Dies
soll, so der Wortlaut der Koalitionsvereinbarung, in ei-
nem transparenten Prozess im Dialog mit allen Beteilig-
ten und mit Begleitung von wissenschaftlicher Expertise
erfolgen.

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802504200

Eine Nachfrage, Herr Kollege.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau
Staatssekretärin, für Ihre Erläuterungen. Nun muss man
das aber im Lichte der jüngsten Äußerungen aus der Union
bewerten. Ich möchte Sie explizit bitten, die Äußerung zu
kommentieren, die Herr Fuchs, der stellvertretende Frak-
tionsvorsitzende der Union, und der Vorsitzende des Wirt-
schaftsausschusses, also zwei Persönlichkeiten, die sich
mit diesem Thema intensiv befassen, gemacht haben. Sie
deuten an, dass eine Änderung der Haltung der Bundes-
regierung bevorstehen könnte. Dies erscheint auch auf-
grund der Aussage der Kanzlerin möglich, vermehrt
Energie aus Nordamerika, die durch Fracking gewonnen
wird, zu importieren. Insofern meine Nachfrage: Halten
Sie die Äußerungen vonseiten der Union für gegen-
standslos?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802504300


Wir haben einen Koalitionsvertrag. Wir haben die
Maßnahmen verabredet, die ich Ihnen gerade erläutert
habe, und wir halten den Koalitionsvertrag ein.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802504400

Herr Kollege, Sie haben das Wort zu einer zweiten

Nachfrage. Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Herr Präsident. – Es ist in der Tat so,
wie Sie es beschrieben haben: Das Ganze ist von der
Umweltministerin praktisch als ein Moratorium be-
schrieben worden. Dennoch gab es Meldungen – Sie
wissen möglicherweise, dass ich bayerischer Abgeord-
neter bin –, die die Vermutung nahelegen, dass sehr
kurzfristig Pilotprojekte in Gang gesetzt werden. Ange-
sichts des von Ihnen beschriebenen, erst einmal relativ
umfänglichen Weges – ihn zu beschreiten, dürfte ein bis
zwei Jahre dauern – möchte ich fragen: Teilen Sie die
Auffassung, dass Pilotprojekte für die nächsten zwei
Jahre auszuschließen sind?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802504500


Kollege Gambke, im Koalitionsvertrag steht, dass wir
die verbesserten Bedingungen, was den Schutz des
Trinkwassers und die UVP angeht, unverzüglich umset-
zen wollen. Das heißt, es kann nicht von Jahren die Rede
sein. Wir streben den Sommer dieses Jahres an. Sie wis-
sen, dass unser Haus gerade mit der EEG-Novelle und
anderem heftig belastet ist. Was unseren Anteil an der
UVP angeht, streben wir dennoch eine schnelle Lösung
an. Wir sind mit dem Bundesumweltministerium natür-
lich in Kontakt, was das Wasserhaushaltsgesetz angeht.
Insofern werden wir zügig arbeiten.





Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke


(A) (C)



(D)(B)

Das Problem ist – das sprachen Sie indirekt an – die
Lizenzvergabe. Sie fällt unter das Länderrecht: Die Län-
der können Lizenzen vergeben. Aber aus dieser Lizenz-
vergabe entsteht noch nicht das Recht für eine Betriebs-
erlaubnis; das will ich noch einmal ausdrücklich sagen.
Sie wissen, dass zum Beispiel die Länder Niedersachsen
und Hessen ein klares Moratorium beschlossen haben.
Wir werden jedenfalls zügig unsere Arbeit erledigen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802504600

Eine Frage der Kollegin Kerstin Kassner, Fraktion

Die Linke. Bitte.


Kerstin Kassner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802504700

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Gleicke, ist es

nicht so, dass die gegenwärtig laufenden Veränderungen
der Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich des
Bergrechts sozusagen Anlass dafür sind, die Möglichkeit
des Frackings auch vorzubereiten, und können Sie sich
vorstellen, dass das bei den Betroffenen gerade in touris-
tischen Regionen sehr große Verunsicherung auslöst?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802504800


Über Fracking wird schon seit vielen Jahren disku-
tiert. Wir kennen die Hinweise darauf, dass die einge-
brachten Chemikalien unter Umständen das Trinkwasser
gefährden können, und wissen, dass Fracking in touristi-
schen Regionen nicht gerade Beifallsstürme auslöst. Das
wissen wir beide, weil wir auch im Tourismusausschuss
miteinander arbeiten. Insofern nehme ich, nimmt die
Bundesregierung die Bedenken sehr ernst. Wir bleiben
aber dabei, dass das, was wir im Koalitionsvertrag mitei-
nander vereinbart haben – diese beiden Gesetzesände-
rungen zur Verbesserung der Situation der Betroffenen,
was Anhörungsverfahren usw. angeht –, abgearbeitet
werden muss. Dann haben wir eine gute Rechtsgrund-
lage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802504900

Danke schön.

Dann kommen wir zu den Fragen des Kollegen
Andreas Mattfeldt, CDU/CSU-Fraktion, zunächst zu
Frage 14:

Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund der aktuel-
len politischen Lage im Verhältnis zu Russland den geplanten
Verkauf der RWE Dea AG an die Investmentgesellschaft Let-
ter One – hinter der der russische Oligarch Michail Fridman
steht; vergleiche Handelsblatt vom 16. März 2014: „RWE
gibt Dea-Zuschlag an russischen Oligarchen“ – mit den ver-
hängten und eventuell noch zu erwartenden weiteren Sanktio-

(Stichwort „Versorgungssicherheit“)


Frau Staatssekretärin, bitte.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802505000


Schönen Dank. – Herr Präsident, lieber Kollege
Mattfeldt, ich würde beide Fragen, weil sie im Zusam-
menhang stehen, gerne gemeinsam beantworten.

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802505100

Dann rufe ich noch die Frage 15 des Kollegen

Andreas Mattfeldt auf:
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung

hieraus, bzw. welche Möglichkeiten sieht die Bundesregie-
rung, zu handeln?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802505200


Die Bundesrepublik Deutschland ist offen für Investi-
tionen aus dem Ausland, auch im Energiebereich. Die
Versorgungssicherheit in Deutschland wird durch den
geplanten Verkauf nicht gefährdet, da RWE Dea ein glo-
bal, auf dem Weltmarkt agierendes Unternehmen ist.
Auch steht nicht zu befürchten, dass die deutsche Förde-
rung durch den Verkauf beeinträchtigt wird. Da durch
das Erwerbsvorhaben die Versorgungssicherheit in
Deutschland nicht tangiert wird, kann in dieser Hinsicht
auch keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und
Sicherheit im Sinne des Außenwirtschaftsgesetzes ange-
nommen werden.

Im Übrigen ermöglicht das Außenwirtschaftsgesetz
die sektorenübergreifende Prüfung ausländischer Inves-
toren nur, soweit es sich um Erwerber handelt, die nicht
in der EU ansässig sind. Treten als Erwerber unionsan-
sässige Gesellschaften auf, kann eine Prüfung nur statt-
finden, wenn das Geschäft als Umgehungsgeschäft an-
zusehen ist. Ob ein solches Umgehungsgeschäft beim
Erwerb von RWE Dea vorliegt, kann erst beurteilt wer-
den, wenn vertraglich feststeht, welche juristische Per-
son letztendlich als Erwerber auftreten wird.

Die von der EU vor dem Hintergrund der Ukraine-
Krise bislang beschlossenen Sanktionsmaßnahmen ste-
hen einem eventuellen Verkauf nicht entgegen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802505300

Zusatzfrage? – Kollege Mattfeldt.


Andreas Mattfeldt (CDU):
Rede ID: ID1802505400

Herzlichen Dank. – Frau Staatssekretärin, Sie können

sich vorstellen, dass sich in der Region, aus der ich
komme, wo bislang die RWE Dea Konzessionär des Ge-
bietes war, in der Bevölkerung, ich sage jetzt mal, eine
gewisse Angst breitmacht. Wir haben eben über den Be-
reich Fracking gesprochen. Die Erdgasförderung geht
aber in vielen Bereichen, liebe Kollegen von den Grü-
nen, sehr viel weiter.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich habe schon ein
wenig meine Probleme damit, wenn wir Sanktionen ge-
gen Russland auch in den Medien immer wieder hand-
fest verbal äußern, aber dann, wenn es um Detailfragen
geht, wo Handeln gefragt ist, das Handeln doch ein we-
nig anders aussieht bzw. es keine Sanktionen gibt. Des-
halb meine Frage: Ist Ihnen bekannt, welche Mengen an
Gas die RWE Dea sich weltweit gesichert hat, nicht nur
in Deutschland, sondern auch in Nordafrika, in Libyen
und in Ägypten?






(A) (C)



(D)(B)

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802505500


Herr Mattfeldt, die genauen Zahlen kann ich Ihnen
jetzt so nicht nennen. Ich würde sie Ihnen gerne, so wir
die im Haus zur Verfügung haben, zukommen lassen.

Ich möchte aber noch einmal auf den Bereich Sank-
tionen zurückkommen. Sie wissen, dass die Sanktionen,
die in der EU beschlossen worden sind, sehr vorsichtige
Sanktionen sind. Es handelt sich nicht um Wirtschafts-
sanktionen; die sind ja die dritte Stufe, die erst dann dis-
kutiert wird, wenn Russland zur weiteren Destabilisie-
rung der Ukraine – zum Beispiel im Süden und im Osten
der Ukraine mit vornehmlich russisch sprechender Be-
völkerungsmehrheit – beiträgt. Wir raten hier allerdings
auch zu großer Vorsicht und Sorgfalt.

Demzufolge will ich noch einmal deutlich machen,
dass die Sanktionen, die jetzt beschlossen wurden, ganz
gezielt gegen Leute gerichtet sind, die persönlich Verant-
wortung für die Abspaltung der Krim haben. Zu diesen
Leuten gehört der Investor, der hinter dieser Gesellschaft
steht, nicht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802505600

Haben Sie noch eine Zusatzfrage? – Bitte schön, Kol-

lege Mattfeldt.


Andreas Mattfeldt (CDU):
Rede ID: ID1802505700

Ich habe noch eine Zusatzfrage, weil es viele Teile der

Bevölkerung nicht verstehen, dass wir in diesen Tagen
über den Ersatz von russischem Gas sprechen, während
es gleichzeitig noch einen weiteren Fall eines Tauschge-
schäftes gibt, nämlich die Übernahme des größten Erd-
gasspeichers in Deutschland durch die Firma Gazprom.
Es ist der Bevölkerung nur schwerlich zu erklären, wa-
rum wir verbal Ersatz für russisches Gas suchen, gleich-
zeitig aber dem zweitreichsten russischen Mann, dem
Oligarchen Fridman, unsere Energiespeicher verkaufen.

Deshalb lautet meine Frage ganz konkret: Wie viele
Erdgasspeicher sind derzeit betroffen, und wie lange
– vielleicht können Sie die Antwort auch schriftlich
nachreichen – könnte mit diesen Erdgasspeichern eine
Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet
werden?

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1802505800


Herr Kollege Mattfeldt, ich will noch einmal darauf
hinweisen: Bei dem Verkauf der RWE Dea handelt es
sich um den Verkauf eines Unternehmens, das Erdgas
fördert.


(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Auch speichert!)


Die Letter-One-Gruppe, um die es hier geht, ist ein
luxemburgisches Unternehmen. Sie gehört Herrn
Fridman, aber Herr Fridman steht nicht auf der Liste der
von Sanktionen Betroffenen. Das Außenwirtschaftsge-
setz gibt uns keine Handhabe, dieses in Europa ansässige
Unternehmen Letter One zu überprüfen.
Zum Asset-Tausch und zu den Gasspeichern will ich
noch einmal deutlich sagen, dass es sich hierbei um ein
Joint Venture handelt. Daran ist Gazprom Germania,
also auch ein in Europa ansässiges Unternehmen, betei-
ligt, und insofern gibt uns das Außenwirtschaftsrecht
auch dort keine Handhabe, Investitionen zu versagen.
Das wäre nur möglich, wenn die öffentliche Ordnung
und Sicherheit gefährdet wären.

Da diese Gasspeicher deutschem Recht unterliegen
und diskriminierungsfrei zugänglich sein müssen – die
Speicherunternehmen stellen zwar die Speicher zur Ver-
fügung, befüllt werden diese aber über Handelsgesell-
schaften –, sehen wir an dieser Stelle keine Gefahr hin-
sichtlich der Versorgungssicherheit.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802505900

Schönen Dank.

Damit verlassen wir den Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Wirtschaft und Energie und kom-
men zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Zur
Beantwortung steht Staatsminister Michael Roth bereit.

Ich rufe die Frage 16 der Kollegin Inge Höger, Frak-
tion Die Linke, auf:

Wie beurteilt die Bundesregierung angesichts der Verurtei-
lung von 529 Menschen zum Tode in einem einzigen Ge-
richtsprozess am 24. März 2014 die Rechtsstaatlichkeit Ägyp-
tens, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung
hinsichtlich ihrer Beziehungen zum ägyptischen Staat?

Bitte, Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802506000

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin Höger,

die Bundesregierung ist angesichts der Nachrichten über
die Todesurteile gegen Hunderte von Muslimbrüdern
bzw. Anhängern der Muslimbruderschaft in der Arabi-
schen Republik Ägypten außerordentlich beunruhigt.
Sowohl die Urteile selbst als auch die Verfahren wider-
sprechen nach dem Verständnis der Bundesregierung in-
ternationalen rechtsstaatlichen Standards und menschen-
rechtlichen Grundsätzen, zu denen sich auch Ägypten
verpflichtet hat. Diese Urteile sind zudem dazu geeignet,
Ägypten in einer an sich schon schwierigen Phase, in der
ein inklusiver politischer Prozess und eine Politik der na-
tionalen Verständigung und der Versöhnung notwendig
wären, weiter zu destabilisieren.

Im Übrigen ist die Bundesregierung der Auffassung:
Die Todesstrafe ist eine unmenschliche Form der Bestra-
fung. Wir lehnen sie ausdrücklich ab, und wir haben die
ägyptischen Instanzen aufgefordert, das Urteil aufzuhe-
ben, den Angeklagten faire Verfahren zu ermöglichen
und weitere Massenverfahren auszusetzen. Hierzu
wurde der ägyptische Botschafter am 26. März 2014 zu
einem ausführlichen Gespräch ins Auswärtige Amt ge-
beten.

Die Bundesregierung weiß sich in ihrer Position im
Einklang mit den europäischen Partnern und auch mit
den Vereinten Nationen.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802506100

Zusatzfrage, Frau Kollegin?


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802506200

Herr Staatsminister Roth, gibt es vonseiten der Bun-

desregierung Konsequenzen, zum Beispiel in Sachen Si-
cherheitskooperation, der Zusammenarbeit bei der Poli-
zei, mit dem Militär und mit dem Geheimdienst, um die
ägyptische Regierung zu veranlassen, die Todesstrafen
auszusetzen und in Zukunft keine mehr zu verhängen?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802506300

Frau Kollegin Höger, die Zusammenarbeit mit Ägyp-

ten im gesamten Sicherheitsbereich inklusive der Polizei
ist bereits seit August 2013 vor dem Hintergrund der in-
nenpolitischen Lage, die wir genauso wie Sie kritisch
bewerten, ausgesetzt. Darüber hinaus achtet die Bundes-
regierung selbstverständlich die Schlussfolgerungen des
Rats für auswärtige Beziehungen.

Wir haben dazu seitens der Europäischen Union am
21. August 2013 eindeutig reagiert und entsprechende
Maßnahmen beschlossen. Diese setzen wir als Bundes-
regierung konsequent um. Das heißt, es gibt seitdem
keine Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter sowie
genehmigungspflichtige Dual-Use-Güter, die zum Zwe-
cke der internen Repression verwendet werden könnten.
Darüber hinaus werden solche Güter nicht von Deutsch-
land aus in Richtung Ägypten zollamtlich abgefertigt. Es
gibt auch keinerlei Zusammenarbeit mehr im Bereich
der Terrorismusbekämpfung. Der einzige Bereich, in
dem wir noch Kontakte haben, ist der des nachrichten-
dienstlichen Informationsaustausches.

Ich will noch kurz darauf hinweisen, dass wir im Be-
reich der militärischen Ausbildungshilfe für dieses Jahr
13 Projekte geplant hatten. Es geht hier um die Spra-
chenfertigkeit. Zwei wurden abgebrochen, vier Maßnah-
men wurden beendet, und sieben Maßnahmen stehen
noch aus.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802506400

Noch eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Höger?


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802506500

Unterstützt die Bundesregierung die Forderung von

Amnesty International nach einem Moratorium für
Ägypten?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802506600

Es wäre zu fragen, um welche Art des Moratoriums es

sich handelt. Ich habe ja schon darauf hingewiesen, dass
es im Bereich der gesamten Sicherheit keinerlei Koope-
ration mehr gibt. Ich gehe nicht davon aus, dass sich das
auch auf die entwicklungspolitische Kooperation, die
politische oder die rechtsstaatliche Kooperation bezieht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802506700

Schönen Dank.

Die Frage 17 der Abgeordneten Inge Höger wird
schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 18 der Abgeordneten Annette
Groth, Fraktion Die Linke, auf:

Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung unter-
nommen, um dem seit über 500 Tagen per Ausreisesperre in
Bahrain festgehaltenen deutschen Staatsbürger J. Z. konsula-
risch beizustehen?

Herr Staatsminister.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802506800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin Groth,

der deutsche Staatsangehörige wird seit September 2012
von der deutschen Botschaft in Manama konsularisch
betreut. Der Bürger beantragte, da er im Zuge der
Ausreisesperre über keinerlei eigene Einkünfte mehr
verfügte, zunächst Auslandssozialhilfe. Diese wurde
durch den zuständigen Sozialhilfeträger in Hamburg-
Wandsbek im September 2012 zugesagt. Wir haben das
über unsere Botschaft ausgezahlt. Im Februar dieses Jah-
res teilte der Bürger uns bzw. dem Sozialhilfeträger, aber
auch der deutschen Botschaft mit, dass er aufgrund einer
neuen beruflichen Tätigkeit im Königreich Bahrain
keine weiteren Sozialhilfezahlungen mehr benötige.

Wir haben uns über unsere Botschaft wiederholt mit
dem Verfahren vertraut gemacht. Wir haben uns mit dem
bestellten amtlichen Rechtsbeistand ausgetauscht, um
die Möglichkeiten einer möglichst raschen Entscheidung
und Aufhebung der Ausreisesperre zu klären. Die Bun-
desregierung hat sich auch in politischen Gesprächen für
die Aufhebung der Ausreisesperre eingesetzt. Im Sep-
tember 2013 fand dazu im Auswärtigen Amt ein Ge-
spräch mit dem Botschafter von Bahrain zur Lage des
Bürgers statt.

Die deutsche Botschafterin und der Beauftragte des
Auswärtigen Amts für Nah- und Mittelost und Maghreb
haben sich in zahlreichen bilateralen Gesprächen gegen-
über hochrangigen bahrainischen Regierungsmitgliedern
für eine baldige und umfassende Lösung eingesetzt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802506900

Danke schön. – Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin

Groth? – Bitte.


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802507000

Das ist ein ganz komplizierter und merkwürdiger Fall,

ehrlich gesagt. Vielleicht können Sie mir Folgendes er-
klären, was ich nicht verstehe: Mir liegen Informationen
vor, dass die deutsche Botschaft dem Bürger die nach
dem Konsulargesetz mögliche Rechtshilfe nicht erteilt
hat. Er kann das Land Bahrain immer noch nicht verlas-
sen. Wieso dauert das so lange? Was ist der Grund da-
für?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802507100

Das waren zwei Fragen in einer. Ich will sie Ihnen

kurz beantworten. In Bahrain gibt es – wie im Übrigen
auch in anderen Staaten der Golfregion – das Instrument
des Travel Ban. Das ist eine ganz gängige Praxis in ge-
richtlichen Streitverfahren aller Art, in die Ausländer
einbezogen sind. Das heißt, es werden für die Dauer des





Staatsminister Michael Roth


(A) (C)



(D)(B)

jeweiligen Verfahrens Ausreisesperren zur Sicherung
möglicher Ansprüche vollzogen.

Ihre zweite Frage war: Wie steht es um die Konsular-
hilfe? Dem Bürger wurde in dem von ihm angestrengten
Eilverfahren gegen die Ausreisesperre ein Rechtsbei-
stand zur Seite gestellt. Die Kosten für diesen Rechtsbei-
stand wurden vom bahrainischen Staat übernommen.
Wir haben selbstverständlich den Antrag auf Konsular-
hilfe geprüft. Aber die Voraussetzungen zur Kostenüber-
nahme für die Bestellung des amtlichen Rechtsbeistan-
des waren nicht gegeben, weil die Kosten vom Staat
Bahrain übernommen worden sind.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802507200

Sie haben noch eine zweite Zusatzfrage. Bitte.


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802507300

Ich habe noch eine Frage zu den Kosten. Bahrain hat

in der Tat die Prozesskosten für das Eilverfahren gegen
den Travel Ban übernommen, aber nicht für das Haupt-
verfahren, in dem es um den Streit zwischen den beiden
Firmen geht. Deswegen darf er nämlich nicht ausreisen.
Insofern habe ich mich gefragt, was dahintersteckt.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802507400

Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. So be-

dauerlich das aus Ihrer Sicht und aus der Sicht der Bun-
desregierung ist: Dieser Fall des deutschen Bürgers ist in
Bahrain zwar ein Einzelfall, auch was die Dauer angeht,
aber es ist eine nicht nur in Bahrain übliche Praxis in den
Golfstaaten, die unserem Rechtsverständnis nicht ent-
spricht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802507500

Wir kommen zu der damit im Zusammenhang stehen-

den Frage 19 der Kollegin Annette Groth:
Was hat die Bundesregierung in Sachen Ausreisesperren

auf Ebene der Europäischen Union unternommen?

Herr Staatsminister, bitte.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802507600

Ich habe eben bereits darauf hingewiesen, dass der

Bürger seit September 2012 von unserer Botschaft in
Manama konsularisch betreut wird. Das ist der erste
Punkt.

Der zweite Punkt: Das Thema Ausreisesperren wird
derzeit auf Ebene der Europäischen Union nicht ver-
folgt.


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802507700

Warum wird das auf EU-Ebene nicht weiter verfolgt?

Mich interessiert, wie viele Bürgerinnen und Bürger der
EU-Mitgliedstaaten davon betroffen sind. Mir ist zum
Beispiel noch der Fall einer deutschen Journalistin be-
kannt, die zwei Jahre lang nicht aus Katar ausreisen
durfte.

Es ist in der Tat eine sehr schwierige und, für mich je-
denfalls, nicht nachvollziehbare Regelung, die Katar,
Bahrain und andere arabische Staaten verabschiedet ha-
ben. Ich denke, es ist im Interesse von uns allen, in die-
sem Zusammenhang etwas Licht ins Dunkel zu bringen,
wenn ich das so sagen darf.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802507800

Frau Kollegin Groth, ich kann Ihnen nur etwas zu den

Fällen deutscher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in
Bahrain sagen, und dieser Fall ist in Bahrain ein Einzel-
fall. Sie können sich sicher sein, dass sich die Bundes-
regierung in dem von Ihnen genannten Fall durch eine
Vielzahl politischer Kontakte mit der bahrainischen Re-
gierung dafür einsetzt, dass es zu einem möglichst ra-
schen Verfahrensabschluss kommt, um den Eingriff in
das Recht des Betroffenen auf Freizügigkeit unverzüg-
lich zu beenden.


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802507900

Ich habe aber eben auch von einer Journalistin ge-

sprochen, die in Katar festgehalten wurde. Es mag sein,
dass der Betroffene in Bahrain ein Einzelfall ist. Das
weiß ich nicht genau. Aber es scheinen durchaus meh-
rere Bürgerinnen und Bürger von Travel Bans in diesen
Ländern betroffen zu sein.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802508000

Ich hatte Ihnen schon geschildert, dass dies ein übli-

ches Verfahren in den Golfanrainerstaaten ist. In der
Vorbereitung auf Ihre Fragen habe ich mich ausschließ-
lich mit dem Fall Bahrain beschäftigt. Dort ist dies
glücklicherweise ein Einzelfall. Wenn Sie weitere Fra-
gen zu anderen Staaten haben, steht es Ihnen frei, die
Bundesregierung noch einmal zu fragen.


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802508100

Okay, danke schön.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802508200

Schönen Dank.

Damit kommen wir zur Frage 20 der Kollegin
Marieluise Beck von den Grünen:

Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
Vertragsbruch des Budapester Memorandums durch Anne-
xion der Krim durch die Russische Förderation, und was be-
deutet nach Ansicht der Bundesregierung der Bruch dieses
Vertrags für die zukünftige atomare Abrüstungspolitik?

Herr Staatsminister, bitte.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802508300

Vielen Dank, Herr Präsident. – Die Bundesregierung

hat keinerlei Zweifel daran gelassen, dass das Vorgehen
Russlands auf der Krim völkerrechtswidrig und politisch
inakzeptabel ist. Die Europäische Union hat in dieser Si-
tuation geschlossen, deutlich und rasch reagiert. Die
Bundesregierung hat sich zugleich gemeinsam mit ihren
Partnern in den letzten Wochen beharrlich um eine poli-
tische Lösung bemüht. Sie können sich darauf verlassen:
Das werden wir auch weiter tun.

Russland missachtet seine Verpflichtungen sowohl
aus dem allgemeinen Völkerrecht als auch aus dem 1994
am Rande des Gipfels der Organisation für Sicherheit





Staatsminister Michael Roth


(A) (C)



(D)(B)

und Zusammenarbeit in Europa von den Vereinigten
Staaten von Amerika, dem Vereinigten Königreich von
Großbritannien und Nordirland und der Russischen Fö-
deration unterzeichneten sogenannten Budapester Me-
morandum. Das russische Vorgehen schwächt auch den
Nichtverbreitungsvertrag. Sowohl die Bundeskanzlerin
als auch andere Vertreter der Bundesregierung haben
dies beim Gipfel für Nukleare Sicherheit am 24./
25. März in Den Haag sehr deutlich angesprochen.

Künftig – das ist unsere Sorge – könnten aus Sicht der
Bundesregierung Nichtkernwaffenstaaten somit begrün-
deten Anlass haben, derartigen Erklärungen Russlands
zu misstrauen. Dies könnte Rückwirkungen auch auf un-
sere Bemühungen haben, zu konkreten Abrüstungsfort-
schritten zu kommen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802508400

Zusatzfrage, Frau Kollegin.

Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Herr Staatsminister, nun ist Russland, das den von
ihm selbst unterzeichneten Vertrag nicht achtet, auch
Partner in den Verhandlungen mit dem Iran, in denen es
darum geht, die Nachbarländer und die Staatengemein-
schaft davor zu bewahren, dass es dem Iran gelingt, eine
atomare Bombe zu erlangen. Wie kann ein Partner, der
so offensichtlich vertragsbrüchig geworden ist, ein hilf-
reicher Partner in diesen Verhandlungen sein?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802508500

In der Vergangenheit hat Russland sowohl bezogen

auf Syrien und die dortige Vernichtung der Chemiewaf-
fen als auch bezogen auf die massiven Probleme im Iran
eine konstruktive und verantwortungsvolle Rolle ge-
spielt. Wir erwarten auch zukünftig, dass Russland einen
Beitrag im Iran zu leisten versucht. Nichtsdestotrotz ist
das natürlich ein Vertrauensbruch und erleichtert die
Verhandlungen mit dem Iran sicherlich nicht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802508600

Herzlichen Dank. – Die Fragen 21 und 22 des Abge-

ordneten Hans-Christian Ströbele und die Fragen 23 und 24
der Abgeordneten Christine Buchholz werden schriftlich
beantwortet.

Wir kommen zur Frage 25 der Abgeordneten Sevim
Dağdelen, Fraktion Die Linke:

Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über eine
auf YouTube online gestellte Audioaufnahme vor, bei der der
Außenminister Ahmet Davutoglu, Geheimdienstchef Hakan
Fidan, Unterstaatssekretär Feridun Hadi Sinirlioglu und Vize-
armeechef Yasar Güler über einen völkerrechtswidrigen An-
griffskrieg gegen Syrien und einen notfalls zu schaffenden
rechtfertigenden Grund für den Angriffskrieg beraten, wie
beispielsweise einen selbst vorgetäuschten Raketenbeschuss

(www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-erdogan-laesst-youtube-sperren-a-961163.html)

die Bundesregierung vor dem Hintergrund der möglichen Vor-
bereitung eines Angriffskrieges aus völkerrechtlicher Sicht
auch für den Bundeswehreinsatz in der Türkei im Rahmen der
Patriot-Stationierung?

Bitte, Herr Staatsminister.

Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802508700

Vielen Dank, Herr Präsident. – Die Bundesregierung

kann die Vollständigkeit, aber auch die Authentizität der
im Internet eingestellten Audioaufnahmen nicht ein-
schätzen. Wir nehmen grundsätzlich zu offensichtlich il-
legal beschafften Aufnahmen nicht Stellung.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802508800

Haben Sie zu dieser Antwort noch eine Zusatzfrage,

Frau Kollegin?


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802508900

Herr Staatsminister, das ist vor dem Hintergrund, dass

die türkische Regierung selbst schon Teile dieses Videos
bestätigt hat, auch wenn es illegal erworben wurde, be-
merkenswert. Vor dem Hintergrund, dass sich deutsche
Bundeswehrsoldaten im Rahmen der Stationierung von
Patriot-Abwehrraketensystemen an der türkisch-syrischen
Grenze befinden, ist es auch bemerkenswert, dass die
deutsche Bundesregierung keine Stellung beziehen
möchte und sich hinter der Aussage versteckt, sie könne
die Authentizität nicht feststellen.

Deshalb meine Frage: Stimmen Sie mir zu, dass je-
mand, der die Vorbereitung für die Entfesselung eines
Angriffskrieges mit Vorwänden wie die für den Tonkin-
Zwischenfall 1964 oder das Racak-Massaker 1999 be-
treibt, vor den Strafgerichtshof gehört? Wird die Bun-
desregierung daher eine audioforensische Untersuchung,
die der Bestätigung der Authentizität dieses Videos
dient, in die Wege leiten, was übrigens nicht allzu viel
kostet?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802509000

Frau Kollegin, lassen Sie mich anführen, dass die

Türkei durch die Nachbarschaft zum Bürgerkriegsland
Syrien direkt von den Folgen des Konflikts betroffen ist.
Die Türkei hat sich in den vergangenen Monaten und
Jahren sehr besonnen verhalten, und das, obwohl 72 Zi-
vilisten durch syrische Angriffe zu Tode gekommen
sind. Auf Beschuss grenznahen türkischen Territoriums
hat sie immer nur reagiert.

Die Bundesregierung ist im ständigen Gespräch mit
der Türkei. Wir haben derzeit keinen Grund zu der An-
nahme, dass die Türkei diese Politik zu ändern beab-
sichtigt. Wir haben von Anfang an zu Besonnenheit
aufgerufen. Wir erwarten, dass sich die Türkei als
NATO-Mitgliedsland verantwortungsbewusst und be-
sonnen verhält, dass alle bündnisrelevanten Fragen mit
der NATO beratschlagt werden und dass die NATO bzw.
die Alliierten konsultiert werden. Dies haben wir in allen
Gesprächen mit der türkischen Seite immer wieder deut-
lich gemacht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802509100

Haben Sie noch eine Zusatzfrage dazu?


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802509200

Ja, das habe ich, Herr Präsident.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802509300

Bitte.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802509400

Ich möchte das kurz Revue passieren lassen. Herr

Minister, der türkische Außenminister, der türkische Ge-
heimdienstchef Fidan und der Vizegeneralstabschef tref-
fen sich, und der Geheimdienstchef sagt: Wenn es nötig
ist, kann ich vier Männer nach Syrien schicken. Ich
würde sie acht Granaten auf die türkische Seite abfeuern
lassen und so einen Vorwand für einen Krieg schaffen.
Wenn nötig, kann auch ein Angriff auf die Grabstätte er-
folgen. – Vor dem Hintergrund, dass Bundeswehrsolda-
ten im Rahmen der Stationierung der Patriot-Abwehrra-
ketensysteme und die NATO vor Ort sind, möchte ich
Sie gerne fragen – auch weil das Erdogan-Regime wie-
derholt versucht, einen Einmarsch nach Syrien zu legiti-
mieren, und weil die Bundesregierung aufgrund von
NATO-Berichten weiß, dass alle Vorwände der türki-
schen Regierung einschließlich der Grundlage für die
Stationierung der Patriot-Abwehrraketensysteme erlo-
gen sind –: Welche Konsequenzen könnte ein Krieg, der
von der türkischen Seite vom Zaun gebrochen wird, für
die Stationierung der Bundeswehr haben, und ist die
Bundesregierung dann gewillt, in diesen Krieg zu zie-
hen, der unter konstruierten Vorwänden von der türki-
schen Regierung ausgelöst wurde?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802509500

Ich hatte Ihnen schon mitgeteilt, dass die derzeitigen

Reaktionen der türkischen Regierung rein reaktiv und
defensiv sind, dass das NATO-Engagement – auch mit
Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland – rein
defensiv ist, dass wir bislang keinen Zweifel an Politik
und Ausrichtung der Türkei hatten und dass wir in allen
Gesprächen mit der türkischen Regierung darauf hinge-
wiesen haben, dass wir erwarten, dass die Politik, die
rein defensiv ausgerichtet ist, auch so fortgesetzt wird.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802509600

Kollege Beck hat dazu eine Frage. Bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802509700

Ich habe zwar Ihren Eingangsdiskurs nicht gehört,


(Michael Roth, Staatsminister: Das ist schade!)


aber Ihren Antworten entnehme ich, dass Sie noch keine
Bewertung zu dem abgegeben haben, was im Internet
veröffentlicht wurde. Unabhängig davon, dass ich den
Einsatz unterstütze und dass es sich um eine NATO-Ver-
pflichtung handelt, bei der die grundsätzliche defensive
Ausrichtung nicht infrage steht, frage ich Sie: Wie be-
wertet denn die Bundesregierung die Information, dass
es in der türkischen Regierung Gespräche gab, in denen
zumindest erörtert wurde, ob sich ein Angriff auf Syrien
von der Türkei sozusagen inszenieren ließe, um so, wenn
nicht klar wird, dass das gefaket ist, den Bündnisfall her-
vorzurufen? Kann die Bundesregierung sagen, dass
diese Information falsch ist, und wenn nicht, welchen
Stellenwert der Bewertung hat diese Information nach
Erkenntnissen unserer Dienste und der Bundesregie-
rung?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802509800

Herr Präsident, lieber Kollege Beck, ich hatte schon

in meinem Eingangsstatement darauf hingewiesen, dass
sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht zu illegal
beschafften Aufnahmen äußert.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann doch nicht sein! Wenn ich frage, wie Sie Informationen bewertet haben, dann können Sie doch nicht sagen, dass Sie sich grundsätzlich nicht dazu äußern! Damit schneiden Sie uns das Fragerecht ab!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802509900

Es ist etwas komplizierter.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben schon einmal eine Organklage gegen die Bundesregierung zu diesen Themen gewonnen!)


– Alles recht. Der Punkt ist nur: Es dient der Frage-
stunde, wenn alle Beteiligten den Fragenkomplex, zu
dem gefragt wird, auch von Anfang bis Ende verfolgen.


(Volker Beck GRÜNEN]: Stets bemüht! Es dient aber auch, wenn die Bundesregierung auf Fragen wahrheitsgemäß und umfassend antwortet! Das ist unser verfassungsrechtliches Recht, Herr Präsident! Und Sie haben das eigentlich zu verteidigen!)


– Wir verteidigen alle Parlamentsrechte freudig und kon-
sequent. Deswegen geben wir jetzt dem Kollegen
Hunko, der sich gemeldet hat, gemäß dem Parlaments-
recht das Wort zu einer weiteren Frage.


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802510000

Herr Staatsminister, wenn ein solcher Fall eintreten

würde, wie die – Sie sagen: illegal beschaffte – Tonband-
aufnahme vermuten lässt, wenn also ein Kriegsgrund in-
szeniert würde und Sie darüber Informationen hätten:
Welche Konsequenzen würden Sie daraus für die Statio-
nierung der „Patriot-Soldaten“ an der türkischen Grenze
ziehen? Es würde sich schließlich um einen ganz klaren
Fall von Völkerrechtsbruch handeln.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802510100

Herr Kollege Hunko, ich will noch einmal in Erinne-

rung rufen, wie die derzeitige Situation in der Türkei
aussieht. Die Türkei ist ein unmittelbares Nachbarland
des Bürgerkriegslandes Syrien. Bei den bisherigen
Grenzzwischenfällen sind 72 türkische Zivilisten durch
Angriffe aus Syrien umgekommen. Über 800 000 syri-
sche Flüchtlinge leben derzeit auf dem türkischen Staats-
gebiet und sind dort untergebracht. Die bisherige türki-
sche Politik war auf eine rein defensive Reaktion
ausgerichtet. Die NATO hat die Verteidigung der Türkei
entsprechend unterstützt und flankiert, unter anderem
auch durch den Patriot-Einsatz. Wir weisen in allen Ge-





Staatsminister Michael Roth


(A) (C)



(D)(B)

sprächen mit der Türkei darauf hin, dass wir davon aus-
gehen, dass es keinerlei Änderungen an der bisherigen
Politik gibt, die von uns als besonnen, verantwortungs-
voll und verantwortungsbewusst eingestuft wird.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802510200

Schönen Dank. – Als Nächstes hat die Kollegin

Höger, Fraktion Die Linke, das Wort zu einer Nachfrage.


Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802510300

Herr Staatsminister Roth, ist Ihnen nicht bekannt,

dass die türkische Regierung schon seit längerem jiha-
distische Gruppen unterstützt, Waffenlieferungen über
die Grenze zulässt und ihnen die Türkei als Rückzugsge-
biet zur Verfügung stellt? Wie kann man da noch von ei-
ner neutralen Rolle der Türkei sprechen?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802510400

Ich habe nicht von einer neutralen Rolle der Türkei

gesprochen. Das ist auch schlechterdings nicht möglich,
weil die Türkei mehrfach und wiederholt vom syrischen
Staatsgebiet aus angegriffen wurde. Sie hat darauf re-
agiert, sie hat sich verteidigt, und sie wird im Rahmen
der Bündnisverpflichtungen auch dabei von NATO-Ein-
heiten unterstützt. Aber auch diese haben einen rein de-
fensiven Charakter.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802510500

Wir kommen zur Frage 26 der Abgeordneten Sevim

Dağdelen, die Linke:

(Anzahl, Kurs, Geschwin digkeit, Flughöhe, Abschussort)

aktuell über den Abschuss eines syrischen Kampfflugzeuges
am 23. März 2014 vor, das nach Angaben türkischer Behör-
den den türkischen Luftraum verletzt haben soll und auf syri-

(Provinz Latakia)

die Bundesregierung analog zum vermeintlichen Abschuss ei-
nes türkischen Kampfflugzeuges vom Typ F-4 Phantom am
22. Juni 2012 auf die Angaben der türkischen Regierung ver-

(www.fr-online.de/aegypten-syrien-revolution/syrienkrieg-luegen-und-fehler-tuerkischer-geheimdienste-,7151782, 22788970.html)

deren ursprüngliche Darstellung des Zwischenfalls unzutref-
fend war (SWP-Aktuell 1/2013), und in welcher Form war die
Integrierte Luftverteidigung der NATO – NATINADS – in
den Abschuss des syrischen Kampfflugzeuges involviert?

Herr Staatsminister, bitte.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802510600

Danke, Herr Präsident. – Frau Kollegin Dağdelen, am

23. März 2014 kam es zum Abschuss eines syrischen
Kampfflugzeuges durch türkische Luftverteidigungs-
kräfte unter nationaler türkischer Führung. Dazu liegen
der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor.
Der in den Erklärungen des türkischen Außenministe-
riums bzw. des türkischen Generalstabs benannte Luft-
raum liegt außerhalb der Bereiche, die durch die Radar-
systeme der in Kahramanmaras stationierten deutschen
Patriot-Systeme erfasst werden können.

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802510700

Schönen Dank. – Erste Nachfrage. Bitte schön, Frau

Kollegin Dağdelen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802510800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister,

die integrierte Luftverteidigung der NATO beinhaltet
nicht nur die Stationierung deutscher Patriot-Einheiten.
Sie haben gesagt, dass Sie keine eigenen Erkenntnisse
haben. Normalerweise liegen auch geheimdienstliche In-
formationen vor, die die Bundesregierung, wenn sie In-
teresse hat, abrufen kann, was normalerweise der Fall
ist. Insofern möchte ich gerne wissen, inwieweit die inte-
grierte Luftverteidigung der NATO vorausgegangene
Flugbewegungen verfolgt hat und wem sie diese gemel-
det hat. Sie können mir gerne die Antworten nachrei-
chen, wenn Sie diese im Moment nicht geben können.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802510900

Herr Staatsminister, bitte.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802511000

Ich möchte versuchen, Ihnen zu antworten, Frau Kol-

legin Dağdelen. Für die Kolleginnen und Kollegen, die
mit dem Vorgang nicht so intensiv betraut sind, wieder-
hole ich: Eingangs hatte ich geschildert, dass am 23. März
die türkische Luftwaffe ein syrisches Kampfflugzeug ab-
geschossen hat. Nach offiziellen türkischen Angaben ha-
ben sich zwei syrische Kampfjets aus Richtung Mittel-
meer kommend dem türkischen Luftraum genähert. Die
türkische Luftwaffe habe die beiden Kampfjets viermal
gewarnt, in den Luftraum der Türkei einzudringen. Eine
der beiden Maschinen ist abgedreht. Die zweite Ma-
schine ist in den türkischen Luftraum vorgedrungen und
dabei abgeschossen worden. In meiner Beantwortung
kann ich mich nur auf die Informationen beziehen, die
die deutsche Bundeswehr durch ihr Engagement im Rah-
men des Patriot-Einsatzes vor Ort hat. Dort liegen uns
keine eigenen Erkenntnisse vor, weil unsere Radarsys-
teme darauf nicht ausgerichtet sind.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802511100

Haben Sie noch eine Zusatzfrage?


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802511200

Ja.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802511300

Bitte.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802511400

Da man hier keine Antworten bekommt, wird man

wieder gezwungen, Kleine Anfragen zu stellen. Damit
gibt man der Bundesregierung etwas mehr Zeit, sich die
Informationen, nach denen ich gefragt habe, zu beschaf-
fen.

Ich habe nicht nach den deutschen Erkenntnissen ge-
fragt, sondern nach denen der integrierten Luftverteidi-
gung der NATO. Meines Wissens müsste es Berichte der
NATO geben wie bei dem Zwischenfall im Juni 2012,





Sevim Dağdelen


(A) (C)



(D)(B)

als die Türken behauptet haben, ein türkisches Militär-
flugzeug sei von Syrern abgeschossen worden. Das
wurde von der NATO nicht bestätigt. Durch den Bericht
der NATO wurden die Syrer entlastet. Deshalb trifft auch
Ihre Behauptung nicht zu, dass die Türken neben der Be-
waffnung der Al-Qaida-Milizen bisher defensiv agieren
würden. Ich frage Sie noch einmal: Kann die Bundesre-
gierung bezüglich des Zwischenfalls vom 23. März die
Berichte der NATO und dazu noch zusätzliche Geheim-
dienstinformationen den Abgeordneten des Bundestages
zur Verfügung stellen?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802511500

Ich habe Sie über den derzeitigen Kenntnisstand der

Bundesregierung informiert. Wenn Sie noch weitere Fra-
gen haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich uneinge-
schränkt zur Verfügung. Wir werden dann andere Wege
finden, um Ihr Informationsbedürfnis zu stillen. Das tun
wir selbstverständlich gerne.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802511600

Es gibt eine Zusatzfrage des Kollegen Volker Beck,

Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802511700

Herr Präsident! Herr Staatsminister! Die beiden Fra-

gen der Kollegin Dağdelen stehen in einem inneren Zu-
sammenhang. Wenn Sie hier keine eigenen Erkenntnisse
haben und Ihre Einschätzung auf den Informationen un-
seres Bündnispartners Türkei beruhen, dann ist die
Frage: Als wie glaubwürdig ist diese Information vor
dem Hintergrund der Frage 25 der Kollegin Dağdelen
einzuschätzen? Deshalb frage ich Sie noch einmal, und
zwar eindeutig – ich bitte, das mit einem Ja oder Nein zu
beantworten; denn bei der Frage sind keine Geheim-
schutzinteressen vorzuschieben –: Liegen der Bundesre-
gierung von unseren oder befreundeten Diensten Infor-
mationen über die Echtheit oder Nichtechtheit der
veröffentlichten Tonbandausschnitte vor? Ich frage Sie
nicht nach der Einschätzung; ich frage Sie: Liegen Ihnen
Erkenntnisse vor?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802511800

Ich habe die Frage schon mehrfach beantwortet,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


und ich kann der bisherigen Beantwortung nichts weiter
hinzufügen, Herr Kollege Beck.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen Ja oder Nein sagen!)


– Sie können mir, bei aller Wertschätzung Ihnen persön-
lich und dem Deutschen Bundestag gegenüber, gar nicht
vorschreiben, wie ich eine Frage zu beantworten habe.
Das müssen Sie dann schon mir selber überlassen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder gegebenenfalls Karlsruhe!)


Ich bitte um Nachsicht.

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802511900

Lieber Kollege Beck, ich bitte zu beachten: Erstens

haben Sie eine Nachfrage zu Frage 25 gestellt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe die Verbindung hergestellt!)


Die Nachfrage war damit nicht zulässig. Wir sind schon
seit längerem bei Frage 26, bei der es gar nicht um ein
Audiodokument ging. Zweitens hat der Staatsminister
die Freiheit der Bundesregierung, was die Art der Beant-
wortung angeht, zutreffend angesprochen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident, sie ist nicht frei!)


Ich rufe jetzt die Frage 27 des Abgeordneten Andrej
Hunko auf:

Wie hat sich die Bundesregierung gegenüber der türki-
schen Regierung zur Einschränkung von Twitter und YouTube
geäußert, mit der die türkische Regierung auf die Veröffentli-
chung von Vorwürfen über Korruption und die Beratung über
einen Militäreinsatz in Syrien und mögliche Rechtfertigungs-
gründe reagiert hat, und wie bewertet sie die Lage der Mei-
nungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit in der Türkei?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802512000

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Hunko,

die Bundesregierung hat bezüglich der Sperrung des In-
ternetdienstes Twitter in der Türkei unmissverständlich
klargestellt, dass es nicht ihrer Vorstellung von Mei-
nungsfreiheit entspricht, Kommunikationswege zu ver-
bieten oder auszuschließen. Ebenso hält die Bundesre-
gierung die Sperrung des Videoportals YouTube für eine
inakzeptable Reaktion. Dies gilt auch vor dem Hinter-
grund, dass die Europäische Union derzeit mit der Repu-
blik Türkei Beitrittsverhandlungen führt.

Die Bundesregierung stellt in der Türkei seit einiger
Zeit erhebliche Defizite bei der Presse- und Meinungs-
freiheit sowie der Versammlungsfreiheit fest. Aktuell be-
obachtet die Bundesregierung mit großer Sorge, dass die
innenpolitische Auseinandersetzung in der Türkei auf
Kosten der Medienfreiheit geht. Diese Defizite werden
von der Bundesregierung im Rahmen ihres politischen
Dialogs mit der Türkei angesprochen, unter anderem
auch bei Besuchen hochrangiger Vertreter, die in den
nächsten Wochen und Monaten anstehen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802512100

Gibt es dazu eine Zusatzfrage? – Bitte schön, Herr

Hunko.


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802512200

Vielen Dank. – Herr Kollege Roth, auch diese Frage

steht im Zusammenhang mit dem, was wir vorher disku-
tiert hatten. Die YouTube-Sperrung war ja zum Beispiel
eine direkte Reaktion auf die Veröffentlichung des ge-
nannten Tondokuments auf YouTube.

Meine Frage: Glauben Sie, dass es das richtige Signal
war, das damit ausgesendet wurde, dass ziemlich bald
nach der brutalen Niederschlagung der Gezi-Proteste im
Juli letzten Jahres neue Kapitel in den Beitrittsverhand-





Andrej Hunko


(A) (C)



(D)(B)

lungen der EU mit der Türkei eröffnet wurden? Vor dem
Hintergrund der neuen Vorfälle, also zum Beispiel der
Sperrung von Twitter und YouTube und auch der Re-
aktionen der türkischen Regierung auf den Wahlaus-
gang, frage ich Sie: Glauben Sie, dass es das richtige Si-
gnal ist, das Sie damit aussenden, dass Sie jetzt sagen:
„Wir führen hochrangige Gespräche“? Sie stellen diese
Gespräche mit der Türkei auf höchster Ebene nicht in-
frage. Glauben Sie wirklich, dass das angesichts der
drastischen Einschränkung der Meinungsfreiheit in der
Türkei das richtige Signal ist?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802512300

Herr Kollege Hunko, es geht hier nicht um Glauben,

es geht hier um Wissen, und eines weiß ich: Die Ent-
wicklungen, die es derzeit in der Türkei gibt, erschweren
die Beitrittsverhandlungen. Wir als Bundesregierung set-
zen uns derzeit sehr engagiert dafür ein, die Europäische
Union nicht nur als einen funktionierenden Binnenmarkt
zu positionieren, sondern vor allem als eine Werteunion.
Hier gehören die Freiheitsrechte, die Grundrechte zum
essenziellen Kerngehalt unseres Werteverständnisses.
Insofern deckt sich das, was sich derzeit in der Türkei er-
eignet, nicht mit unseren Vorstellungen.

Wir wollen aber auch hier die türkische Regierung
nicht aus der Verantwortung nehmen. Deshalb drängt die
Bundesregierung darauf, dass wir jetzt gerade die Kapi-
tel eröffnen – nämlich Kapitel 23 und 24 –, in denen es
um Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Korruptionsbe-
kämpfung geht. Wir wollen hier gerade jetzt, am Anfang
der Verhandlungen – wobei man ja bei der Türkei nicht
mehr vom Anfang der Verhandlungen sprechen kann –,
deutlich machen, dass diese zentralen Fragen in Gesprä-
chen mit der Türkei geklärt werden müssen, um die
größten Steine auf dem Weg zu einem möglichen Beitritt
der Türkei zur EU aus dem Weg räumen zu können. Ob
dies geschehen kann, ist derzeit noch ungewiss.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802512400

Haben Sie noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege

Hunko? – Bitte.


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802512500

Vielen Dank. – Ich will klarstellen, dass wir grund-

sätzlich dafür sind, dass Beitrittsverhandlungen mit der
Türkei geführt werden, aber eben nach Maßgabe klarer
Kriterien. Die Frage ist, ob diese Kriterien gegenwärtig
gegeben sind.

Meine Frage an Sie lautet: Wo wäre Ihre rote Linie?
Was müsste in der Türkei passieren, dass Sie sagen: „Es
macht jetzt keinen Sinn, neue Kapitel zu eröffnen?“
Wann wären für Sie die Voraussetzungen in der Türkei
in puncto Menschenrechte und Meinungsfreiheit nicht
gegeben?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802512600

Herr Kollege Hunko, Sie haben eben davon gespro-

chen, dass eine Reihe von Kapiteln geöffnet wurde, es
gleichwohl keine substanziellen Fortschritte gegeben
habe. Deshalb will ich die Kolleginnen und Kollegen
noch einmal daran erinnern, dass es dreieinhalb Jahre
formal zu einem Verhandlungsstillstand gekommen ist
und dass es über das Kapitel 22 zur Regionalpolitik, das
Ende 2013 geöffnet wurde, hinaus keine weiteren
Öffnungen gegeben hat. Die Bundesregierung ist aber
nach wie vor davon überzeugt, dass es zur Klärung der
auch von Ihnen zu Recht angesprochenen Fragen essen-
ziell wäre, wenn wir über diese Fragen auch im Rahmen
von Beitrittsverhandlungen sprechen. Dazu gehört eben
die Öffnung der Kapitel 23 und 24.

Es gibt für die Türkei keinerlei politischen Rabatt.
Die Verhandlungen, die sich entlang der Kopenhagener
Kriterien bewegen, sind da, um zu prüfen, ob ein Land
überhaupt die Voraussetzungen mit sich bringt, der Eu-
ropäischen Union mit ihrem Wertefundament beizutre-
ten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802512700

Danke schön. – Kollegin Dağdelen hat eine Frage

dazu.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802512800

Herr Staatsminister Roth, es ist ja nicht so, dass die

Kopenhagener Kriterien bei Abschluss eines Beitritts-
prozesses zu bewerten sind. Vielmehr müssen die Ko-
penhagener Kriterien bereits während der Beitrittsver-
handlungen erfüllt werden, was im Fall der Türkei auf
lange Zeit nicht absehbar ist.

Sie haben dann davon gesprochen, dass es über drei-
einhalb Jahre einen Stillstand gegeben hat. Dieser Still-
stand war ja berechtigt, und er ist es immer noch, weil
die Türkei zum Beispiel einen Mitgliedstaat, nämlich die
Republik Zypern, bis heute nicht anerkannt hat. Für die
Europäische Union ist das ja eigentlich nicht akzeptabel.

Eigentlich möchte ich Sie aber fragen: Wie bewerten
Sie den Beschluss der EU-Außenminister vom Oktober
letzten Jahres, neue Beitrittskapitel zu eröffnen und den
Beitrittsprozess zu intensivieren – übrigens war die
Linksfraktion die einzige Fraktion, die hierzu Kritik ge-
äußert hat –, vor dem Hintergrund, dass der türkische
Premier nach der blutigen Niederschlagung der Proteste
vor eine Polizeiakademie getreten ist und hat gesagt:
„Ihr seid die Helden der türkischen Demokratie!“? Au-
ßerdem möchte ich gerne von Ihnen wissen: Was, glau-
ben Sie, wird Erdogan machen, wenn die Beitrittsver-
handlungen noch intensiver geführt werden, nachdem er
schon jetzt angekündigt hat, dass er nach der Kommu-
nalwahl einen Rachefeldzug gegen die Opposition be-
ginnen möchte?


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1802512900

Ich will noch einmal darauf hinweisen: Kapitel, über

die verhandelt wird, können erst dann geschlossen wer-
den, wenn die Kriterien, die diesem Kapitel zugrunde
liegen, vollumfänglich erfüllt worden sind. Da zu Recht
nicht nur Mitglieder des Deutschen Bundestages, son-
dern auch Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesell-
schaft, aber auch die Bundesregierung als Ganzes den
Menschenrechten, den Grundrechten und den Freiheits-
rechten eine herausragende Bedeutung beimessen, legen





Staatsminister Michael Roth


(A) (C)



(D)(B)

wir allergrößten Wert darauf, gerade jetzt über diese zen-
tralen Fragen zu verhandeln.

Leider wird die Öffnung der Verhandlungskapitel 23
und 24 von Zypern blockiert. Wir haben in Bezug darauf
eine andere Auffassung. Wir hoffen, im Zuge der Ge-
spräche mit der zyprischen Regierung einen Beitrag
dazu leisten zu können, damit die Frage der Menschen-
rechte und der Werte stärker in den Mittelpunkt der der-
zeitigen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ge-
rückt wird, als das bislang der Fall ist.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802513000

Schönen Dank. – Wir kommen jetzt zum Geschäfts-

bereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beant-
wortung steht bereit der Parlamentarische Staatssekretär
Dr. Ole Schröder.

Ich rufe die Frage 28 des Abgeordneten Andrej
Hunko auf:

Inwieweit teilt die Bundesregierung meine Ansicht, dass
die Nichtbeantwortung ihrer Eingaben vom 11. Juni 2013 an
die USA zu den ausufernden NSA-Spionageprogrammen so-
wie die Ergebnislosigkeit der zahlreichen weiteren Nach-

(beispielhaft: Bundestagsdrucksache 17/14833, Die Welt vom 24. März 2014)

Bereitschaft geschuldet sein könnten, mehr Druck gegenüber
US-Repräsentanten auszuüben und aus meiner Sicht stattdes-
sen zu signalisieren, man sei letztlich einverstanden mit den

(beispielhaft: „Friedrich erhebt Sicherheit zum,Supergrundrecht’“, www.heise.de vom 17. Juli 2013; „Friedrich: Speichern von Daten dient einem, edlen Zweck’“, Der Tagesspiegel vom 14. Juli 2013)

glaubt sie weiterhin daran, jemals Antworten auf die besagten

(bitte auch darlegen, aus welchen Fakten die Bundesregierung diese Schlussfolgerung zieht)


Herr Staatssekretär, bitte.

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802513100


Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Vertreter der Bundesregierung haben sich in zahl-
reichen Gesprächen mit Vertretern der amerikanischen
Regierung für eine zeitnahe Beantwortung der übermit-
telten Fragenkataloge eingesetzt und im Rahmen dieser
Gespräche auch Sachverhalte erörtert, die Gegenstand
der Fragenkataloge waren. Entsprechende Gespräche
werden weiterhin geführt. Bei diesen Gesprächen und
sonstigen Begegnungen mit Vertretern der US-Regie-
rung wurde seitens der Bundesregierung die kritische
Haltung zu Umfang und Ausmaß der öffentlich bekannt
gewordenen Spionageaktivitäten der NSA deutlich zum
Ausdruck gebracht. So hatte der Bundesminister des In-
nern, Thomas de Maizière, am Rande der Münchener
Sicherheitskonferenz Anfang 2014 die Spionageaktivitä-
ten der NSA als maßlos und die Aufklärung seitens der
USA als unzureichend bezeichnet.

Die Verhandlungen über eine Kooperationsvereinba-
rung zwischen Deutschland und den USA werden in ver-
trauensvollen Gesprächen fortgeführt. Die Bundesregie-
rung hält die Sachverhaltsaufklärung weiterhin für eine
notwendige Konsequenz aus den Vorwürfen unverhält-
nismäßiger Datenerhebung durch ausländische Nach-
richtendienste. Daneben konzentriert sich die Bundesre-
gierung darauf, die richtigen Lehren für die Zukunft zu
ziehen und das Vertrauen in die globale elektronische
Kommunikation wiederherzustellen.

Letztlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass
der Austausch von nachrichtendienstlichen Informatio-
nen mit ausländischen Diensten, insbesondere mit den
Sicherheitsbehörden der USA, für die Gewährleistung
der Sicherheit in Deutschland von großer Bedeutung ist.
Insoweit ist es besonders wichtig, gemeinsam zukünftige
Lösungen zu finden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802513200

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hunko? –

Bitte.


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802513300

Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die Auskünfte

der US-Seite als unzureichend bezeichnet bzw. Herrn de
Maizière zitiert, der das so bezeichnet hat. Die Frage
ging ja auch dahin, inwieweit nach dem Bekanntwerden
dieses unglaublichen Überwachungsskandals Ihrer Mei-
nung nach ausreichend Druck ausgeübt wurde. Sind Sie
wirklich der Meinung, dass von deutscher Seite genü-
gend Druck ausgeübt wird, um zur Aufklärung zu kom-
men? Es geht ja erst einmal nur um die Aufklärung. Die
Fragen, auch die Fragen der Bundesregierung, sind ja
von der US-Seite offensichtlich nicht beantwortet wor-
den.

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802513400


Ja.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802513500

Noch eine Zusatzfrage?


Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802513600

Wenn Sie selbst jetzt schon sagen, dass das unzurei-

chend ist, frage ich Sie: Gehen Sie davon aus, dass Sie
jemals Antworten auf die gestellten Fragen bekommen
werden, oder glauben Sie, dass Sie die Antworten nicht
bekommen werden?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802513700

Herr Staatssekretär.

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802513800


Ich bin eher skeptisch, dass wir unmittelbar von den
USA sämtliche Antworten bekommen und dass wir sie
dann auch dem Parlament öffentlich bekannt geben kön-
nen. Nichtsdestotrotz müssen wir dafür sorgen und alles
dafür tun, unsere Informations- und Kommunikations-
systeme so auszustatten, dass sie vor Spionage geschützt
sind.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802513900

Danke schön. – Dazu gibt es jetzt keine weiteren Fra-

gen.





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Die Frage 29 des Abgeordneten Dr. Hahn und die
Frage 30 der Abgeordneten Jelpke werden schriftlich be-
antwortet.

Wir kommen dann zur Frage 31 des Abgeordneten
Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen:

Wie viele Personen unterliegen jeweils in den kommenden
Jahren nach der Einigung zum Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung (bezüglich der Optionspflicht) weiterhin der Options-
pflicht, und inwiefern ist die Höhe des Verwaltungsaufwandes
angesichts der Zahl derjenigen, die aufgrund der Options-
pflicht die Staatsangehörigkeit verlieren würden, verhältnis-

(bitte hierzu Zahl der prognostizierten Entzugsentscheidungen und den Verwaltungsaufwand beziffern)


Herr Staatssekretär, bitte.

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802514000


Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Absicht der
Bundesregierung ist es, dass in Deutschland geborene
und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern in Zu-
kunft nicht mehr der Optionspflicht unterliegen. Damit
wird der Kreis derjenigen, die sich zwischen der deut-
schen Staatsangehörigkeit und der Staatsangehörigkeit
ihrer Eltern entscheiden müssen, wesentlich kleiner. Wie
viele Personen zukünftig von der Optionspflicht befreit
sein werden, lässt sich nicht zuverlässig sagen, da der
Bundesregierung keine entsprechenden statistischen Er-
hebungen vorliegen.

Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, dass
sich der Verwaltungsaufwand im Vergleich zur derzeiti-
gen Rechtslage erheblich verringern dürfte, weil in Zu-
kunft nicht mehr jedes Jus-Soli-Kind angeschrieben und
ausführlich informiert werden muss. Die Prüfung, ob die
ausländische Staatsangehörigkeit aufgegeben worden ist
oder ob eine Beibehaltungsgenehmigung erteilt werden
muss, obliegt der Verwaltung künftig nur noch für eine
kleinere Gruppe von Jus-Soli-Kindern, die nicht in
Deutschland aufgewachsen sind. Die Prüfung, ob ein
Jus-Soli-Kind im Ausland aufgewachsen ist, wird regel-
mäßig durch das Abgleichen mit den bereits vorhande-
nen Meldedaten erfolgen können.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802514100

Zusatzfrage, Herr Kollege Beck?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802514200

Ja. – Ich muss jetzt vermuten, dass Ihre Kompromiss-

bildung sozusagen im luftleeren Raum stattgefunden hat
und Sie gar nicht wissen, also nicht empirisch erhoben
haben, ob es das Problem gibt, das Sie mit Ihrer kompli-
zierten Regelung lösen wollen. Es bleibt aber auch in
Zukunft dabei, dass Sie, wenn wir von 40 000 potenziell
Optionspflichtigen ausgehen, 40 000 Mal die melde-
rechtlichen Daten dahin gehend überprüfen müssen, ob
Sie den Fall näher anschauen müssen oder nicht. Auch
das ist ein Verwaltungsvorgang. Es kommt also weiter-
hin zu 40 000 Verwaltungsvorgängen.

Ich würde angesichts dieser Zahl schon erwarten, dass
Sie eine ungefähre Hausnummer nennen, wie viele Per-
sonen Ihrer neuen Regelung des Abs. 4 unterfallen, auf
die dann die Bestimmung, dass sie nicht in Deutschland
aufgewachsen seien, zutrifft. Mir scheint diese Regelung
bislang völlig willkürlich gegriffen. Deshalb möchte ich
für uns im Parlament ein Bild davon haben, damit wir
uns zu Ihrem Vorschlag eine Meinung bilden können.
Wie viele Optionspflichtige entstehen, und wie viel Pro-
zent von diesen Optionspflichtigen werden tatsächlich
mit einem Verlust der Staatsangehörigkeit bestraft? Mein
Verdacht ist – vielleicht können Sie ihn empirisch wider-
legen –, dass es bei 40 000 Fällen pro Jahrgang vielleicht
zu 50 Entziehungen der Staatsangehörigkeit kommt. Da
darf man schon einmal aus der Perspektive der Effizienz
fragen: Lohnen sich 40 000 Verwaltungsvorgänge für
diese schwarze Pädagogik der Unionsfraktion im Staats-
angehörigkeitsrecht?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802514300

Herr Staatssekretär, bitte.

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802514400


Zunächst einmal bleibt die Optionspflicht bestehen.
Sie entfällt aber für die Kinder, die hier in Deutschland
aufgewachsen sind. Das haben wir entsprechend tatbe-
standlich gefasst. Wir gehen nicht von 40 000 Jus-Soli-
Kindern aus, wie Sie es gesagt haben, sondern eher von
30 000. Es ist zurzeit so, dass schätzungsweise 10 Pro-
zent der Jus-Soli-Kinder, die in Deutschland geboren
wurden, ins Ausland gehen. Damit haben Sie eine unge-
fähre Einschätzung, aber das ist, wie gesagt, nur eine
Einschätzung. Dazu haben wir keine statistisch belegten
Zahlen oder Erhebungen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802514500

Sie müssen doch trotzdem einen Begriff davon haben.

Jemand, der für ein Jahr ins Ausland geht, der vielleicht
ein Auslandsschuljahr macht, erfüllt ja nicht per se die
Kriterien Ihrer Regelung. Wie viel von diesen 10 Prozent
reißen denn die Achtjahresgrenze?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802514600


Es ist unsere Einschätzung, dass etwa 10 Prozent ins
Ausland verziehen. Das wissen wir, weil wir schon jetzt
alle Jus-Soli-Kinder anschreiben müssen. Wenn diese ins
Ausland verzogen sind – das können wir aus den Melde-
daten erfassen –, dann werden sie ja im Ausland ange-
schrieben. Das sind also keine Personen, die nur einmal
ein Auslandsjahr gemacht haben, sondern diese Perso-
nen sind wirklich ins Ausland gezogen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit diesen Meldedaten müssen Sie meine Frage doch heute schon beantworten können!)


– Das habe ich doch gerade schon eingeschätzt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802514700

Bitte keine Dialoge außerhalb unseres geschäftsord-

nungsmäßig vorgezeichneten klugen Wegs.





Vizepräsident Peter Hintze


(A) (C)



(D)(B)

Jetzt erst einmal Frau Dağdelen und dann Frau Kolle-
gin Haßelmann.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802514800

Herr Schröder, ich habe eine Nachfrage zu der Frage

meines Kollegen Herrn Beck. Ich würde gerne wissen,
ob es Bestrebungen gibt, den bisher ausgebürgerten ur-
sprünglich deutschen Optionskindern – laut Auskunft
der Bundesregierung wurden 268 Deutsche aufgrund der
Optionspflicht zu Ausländern gemacht – wieder ihre
deutsche Staatsangehörigkeit zuteilwerden zu lassen,
und wenn ja, wie gedenken Sie das zu tun?

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802514900


Die Personen, von denen Sie reden, sind nicht zu
Ausländern gemacht worden, sondern sie haben sich
nicht zugunsten der deutschen Staatsbürgerschaft ent-
schieden oder sich schlichtweg nicht gemeldet.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das stimmt nicht! Sie haben die ausgebürgert! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie entziehen! Sie wissen doch gar nicht, wie die sich entschieden haben! Die haben den Brief nicht abgeschickt!)


Aber sie sind nicht durch Nichtstun zu Ausländern ge-
macht worden. Denn niemandem kann die deutsche
Staatsbürgerschaft aufgrund von Nichtstun einfach ent-
zogen werden,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Bei der Optionspflicht gibt es genau das! Die tun nichts, und Sie entziehen! Sie kennen ja noch nicht mal Ihr Gesetz! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Bleiben Sie lieber einmal beim Gesetz!)


sondern sie müssten dann zumindest nicht erreichbar ge-
wesen sein.

Die vorgesehene Regelung – das sagt ja auch der Ko-
alitionsvertrag eindeutig aus – gilt für die Zukunft. Wie-
dereinbürgerungen können durch das bisherige Staats-
angehörigkeitsrecht dennoch vollzogen werden.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Aha! Die müssen sich jetzt noch mal einbürgern lassen als ehemalige Deutsche! Das ist ja witzig!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802515000

Die nächste Frage stellt die Kollegin Haßelmann,

Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802515100

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,

weil Sie sich ja auf die schriftlichen Fragen vorbereiten
konnten, finde ich es sehr unbefriedigend, dass Sie so
schwammig geantwortet haben, nach dem Motto „circa
10 Prozent“, „vielleicht“, „wenn“, „doch“ und „aber“.
Deshalb würde ich Sie im Namen meiner Fraktion bit-
ten, uns die Zahlen schriftlich en détail vorzulegen.
D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1802515200


Noch einmal: Wir haben dazu keine statistischen Er-
hebungen im Sinne der Fragestellung des Kollegen
Beck. Ich habe lediglich ausgeführt, wie viele der bishe-
rigen Optionspflichtigen ins Ausland verzogen sind. Das
ist eine andere Fragestellung als die des Kollegen Beck.
Ich habe das dennoch erwähnt, weil das für die nachge-
fragte Einschätzung von Relevanz ist.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802515300

Schönen Dank. – Die Frage 32 der Kollegin Kotting-

Uhl wird schriftlich beantwortet.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.

Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Ulrich Kelber bereit.

Ich rufe die Frage 33 des Kollegen Abgeordneten
Herbert Behrens, Fraktion Die Linke, auf:

Wird sich die Bundesregierung im Sinne des Koalitionsver-
trages zwischen CDU, CSU und SPD, in dem es heißt, dass sich
Deutschland bei „der Neuregelung der Fluggastrechteverord-
nung … für den Erhalt des bestehenden Schutzniveaus“ ein-
setzt, bei den Beratungen des Rates der Europäischen Union
über den Kommissionsvorschlag KOM(2013) 130 eindeutig
gegen das darin – im Vergleich zur geltenden Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes zur bestehenden Fluggast-
rechteverordnung – vorgesehene Hochsetzen der Schwellen-
werte um – je nach Distanz – mindestens zwei Stunden für
Entschädigungsansprüche einsetzen (bitte mit Begründung)?

Herr Staatssekretär, bitte.

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1802515400


Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Behrens,
Sie mussten die Fragestunde in der letzten Sitzungswo-
che ja für eine Ausschusssitzung verlassen. Deswegen
habe ich die Gelegenheit, Ihre Frage nach der schriftli-
chen Beantwortung heute noch einmal mündlich zu be-
antworten.

Die EU-Kommission hat am 13. März des letzten Jah-
res einen Vorschlag zur Änderung der Fluggastrechte-
verordnungen vorgelegt. Das Europäische Parlament hat
am 5. Februar dieses Jahres seine Stellungnahme zu die-
sem Vorschlag beschlossen. Die Beratungen des Rates
der Europäischen Union zu dem Vorschlag dauern noch
an. Die griechische Ratspräsidentschaft strebt eine allge-
meine Ausrichtung im Ministerrat im Juni dieses Jahres
an. Daran anschließen wird sich, vermutlich im Herbst,
der Trilog zwischen EU-Kommission, Europäischem
Parlament und Europäischem Rat.

Bei der Beratung des Kommissionsvorschlags setzt
sich die Bundesregierung für einen Ausgleich der Inte-
ressen von Fluggästen und Luftfahrtunternehmen ein,
weil wir auf der einen Seite das erreichte Schutzniveau
für die Fluggäste sicherstellen, auf der anderen Seite
aber unzumutbare Belastungen für die Luftfahrtunter-
nehmen vermeiden wollen, die auch zu unerwünschten
Leistungseinschränkungen oder Preisaufschlägen für die
Passagiere und damit die Verbraucherinnen und Verbrau-





Parl. Staatssekretär Ulrich Kelber


(A) (C)



(D)(B)

cher führen könnten. Der Erhalt des Schutzniveaus be-
stimmt sich dabei jedoch nicht nach der Regelung einer
einzigen Bestimmung, sondern nach einer Gesamtschau
aller mit der Änderungsverordnung geschaffenen Novel-
lierungen.

In der bisherigen Beratung des Rates wurden auch die
zeitlichen Schwellenwerte für die Ankunftsverspätung
thematisiert. Der Rechtsdienst des Rates hat in einer gut-
achterlichen Stellungnahme vor dem Hintergrund der
Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union
von 2009 eine kohärente Regelung der Anspruchsvo-
raussetzungen von Ankunftsverspätung und Annullie-
rung empfohlen. Dem von der EU-Kommission mit dem
Entwurf der Änderungsverordnung vorgelegten Vor-
schlag, die Zeitschwellen für die Ankunftsverspätung
entfernungsabhängig auf fünf, neun und zwölf Stunden
zu setzen, hat die Bundesregierung widersprochen. Sie
hat sich für die Herabsetzung dieser Zeitschwellen und
eine ergebnisoffene Prüfung des Vorschlags des Europäi-
schen Parlaments eingesetzt, der eine Stufung nach drei,
fünf und sieben Stunden vorsieht. Ob sich diese Position
durchsetzt, ist allerdings zweifelhaft, da eine deutliche
Mehrheit der Mitgliedstaaten den Kommissionsvor-
schlag unterstützt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802515500

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Kollege? – Bitte

schön.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802515600

Vielen Dank, Herr Kelber. – Die Zusatzfrage bezieht

sich darauf, dass in der Presse zu lesen war, dass es of-
fenbar Unstimmigkeiten zwischen dem Staatssekretär im
Verbraucherschutzministerium, Herrn Billen, und dem
Verkehrsminister, Herrn Dobrindt, gibt. Herr Dobrindt
soll, was den gerechten Ausgleich zwischen den Interes-
sen der Luftverkehrsgesellschaften und den Passagier-
rechten anbetrifft, eine andere Auffassung vertreten. Sie
sagten gerade, die Position, die Stufung bei drei Stunden
Verspätung beginnen zu lassen, sei Gegenstand der Stel-
lungnahme der Bundesregierung. Habe ich das so richtig
verstanden? Gibt es keine Differenz zwischen Verkehrs-
ministerium und Verbraucherschutzministerium?

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1802515700


Herr Behrens, ich hatte Ihnen die gemeinsame Posi-
tion der Bundesregierung vorgetragen. Auch schon in
der letzten Sitzungswoche war die gemeinsame Position:
Widerspruch zu dem Vorschlag der Kommission, Vor-
schlag einer ergebnisoffenen Überprüfung und natürlich
Verfolgung einer Verhandlungsstrategie, mit der ver-
sucht werden sollte, für den deutschen Vorschlag eine
Mehrheit zu organisieren; es ging also nicht darum, ei-
nen Schaufenstervorschlag zu machen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802515800

Noch eine Zusatzfrage? – Bitte schön, Herr Kollege

Behrens.

Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802515900

Herr Kelber, die Auffassung der Bundesregierung

wird gestützt von der europäischen Rechtsprechung. Der
EuGH hat sich ja zu den Passagierrechten geäußert.
Inwieweit ist da nicht auch eine rechtlich kritisch zu
bewertende Entwicklung möglich? Halten Sie es für aus-
geschlossen, dass sich die EU-Kommission gegen ent-
sprechende Urteile des EuGH, was Passagierrechte an-
betrifft, wendet? Will man eigenes neues Recht setzen?

U
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1802516000


Die bisherige Fluggastrechteverordnung sieht keine
Entschädigung für den Fall von Ankunftsverspätungen
vor. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat eine
Kohärenz empfohlen zwischen den Regelungen für eine
Annullierung – in dem Fall muss eine Entschädigung ge-
zahlt werden, wenn der Start des Ersatzfluges um drei
Stunden von der ursprünglich vorgesehenen Flugzeit ab-
weicht – und den für Ankunftsverspätungen vorgesehe-
nen Lösungen. Auf Bitte auch der Bundesregierung ist
der juristische Dienst des Europäischen Rates tätig ge-
worden und hat geprüft, inwieweit solche Regelungen
mit Regelungen wie dem Montrealer Abkommen verein-
bar sind.

In der Tat würde es erstmalig auf Basis einer Verord-
nung und damit leicht durchsetzbar eine Entschädigung
bei einer Ankunftsverspätung geben. Deswegen hat sich
die Bundesregierung entschieden, einer deutlichen Ab-
weichung von dem, was bisher durch europäische Recht-
sprechung geschaffen wurde, zu widersprechen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802516100

Herzlichen Dank.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht
Herr Staatssekretär Dr. Michael Meister bereit.

Die Frage 34 der Abgeordneten Katja Keul sowie die
Fragen 35 und 36 des Abgeordneten Dr. Axel Troost
werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen zur Frage 37 der Abgeordneten Lisa
Paus, Bündnis 90/Die Grünen:

Welche die Finanzverwaltung bindenden veröffentlichten
Regelungen – gemeint sind nicht unter das Steuergeheimnis
fallende Verwaltungsanweisungen wie Erlasse, BMF-Schrei-
ben etc. – sind der Bundesregierung bekannt, die sich auf die
Besteuerung von einzelnen steuerpflichtigen Personen, ver-
gleichbar dem Erlass des Niedersächsischen Finanzministe-
riums „Erlass betr. Umsatzsteuer; hier: Mitgliederbeiträge des

(FM Niedersachsen S 7100 – 107 – 32 1)

hinausgehen (bitte einzeln auflisten)?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802516200


Herr Präsident! Frau Kollegin Paus, bei dem Erlass
des Niedersächsischen Finanzministeriums vom
19. März 1981, auf den Sie sich in Ihrer Frage beziehen,
handelt es sich um eine verwaltungsinterne Anweisung





Parl. Staatssekretär Dr. Michael Meister


(A) (C)



(D)(B)

an die nachgeordneten Behörden des Landes Nieder-
sachsen, mit der eine bundeseinheitlich abgestimmte
Verwaltungsauffassung in einem steuerlichen Einzelfall
umgesetzt wurde.

Im Bereich der Umsatzsteuer gibt es keine zur amtli-
chen Veröffentlichung bestimmten bundeseinheitlich ab-
gestimmten Verwaltungsanweisungen, die die Besteue-
rung einzelner Steuerpflichtiger regeln. Dies gilt auch
für die übrigen Besitz- und Verkehrsteuern.

Am 5. September 2001 erging ein BMF-Schreiben zur
steuerlichen Behandlung von Zuwendungen – sprich:
Spenden – an die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung
und Zukunft“ mit Sitz in Berlin. Dieses BMF-Schreiben
sollte aber lediglich die Bedeutung der Stiftung verdeut-
lichen und einen reibungslosen Ablauf des Spendenab-
zugs innerhalb der Verwaltung sicherstellen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802516300

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Paus? – Bitte.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802516400

Herr Staatssekretär, es ist sozusagen das vierte Mal,

dass ich zu diesem Komplex nachfrage. Jetzt haben Sie
weitere Details genannt, aber nicht grundsätzlich geant-
wortet.

Meine Frage ist: Gibt es einen Einzelerlass für ein
Unternehmen, für einen Konzern oder für einen Verein –
jenseits des Erlasses, der für den ADAC gemacht wor-
den ist? Darauf haben Sie gesagt: im Umsatzsteuerrecht
nicht. Heute haben Sie neu gesagt: Für die genannte Stif-
tung hier in Berlin gibt es das. – Sie haben es damit für
eine weitere Steuer benannt. Sie haben aber immer noch
Steuern ausgespart.

Meine Frage ist grundsätzlich: Gibt es Einzelerlasse
– jenseits des Erlasses, der für den ADAC gemacht wor-
den ist – bezüglich sämtlicher Steuerarten für Unterneh-
men, Vereine oder Konzerne in Deutschland? Das war
von Anfang an meine Frage. Darauf möchte ich nach
wie vor eine Antwort.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802516500


Sie haben gehört, dass es für den speziellen Fall, auf
den Sie Bezug genommen haben, vom zuständigen Lan-
desministerium eine nicht zur Veröffentlichung bestimmte
Anweisung zur einheitlichen Verwaltungshandhabung ge-
geben hat. Da es sich um Landesbehörden handelt, die
solche Anweisungen verwaltungsintern und damit nicht
zur Veröffentlichung bestimmt erteilen, kann ich dazu
– Sie haben ja nach einzelnen Steuerpflichtigen gefragt –
keine weiteren Auskünfte geben.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802516600

Das ist nicht richtig. Ich habe nicht nach einzelnen

Steuerpflichtigen gefragt. Ich habe gefragt: Gibt es Ein-
zelerlasse? Ich habe nicht gefragt: „Für wen?“, sondern:
Gibt es in Deutschland grundsätzlich – jenseits des Fal-
les ADAC – einen Einzelerlass dieser Art? Ich will kei-
nen Namen von einem Unternehmen, Verein oder Kon-
zern wissen. Ich möchte nur wissen: Gibt es zu dieser
Praxis, dass es einen Einzelerlass zu einer Steuer gibt,
egal welcher, weitere Fälle in Deutschland?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802516700


Es gibt vom Bundesministerium der Finanzen die üb-
lichen Schreiben, sogenannte BMF-Schreiben, die der
einheitlichen Verwaltungspraxis und Verwaltungsausle-
gung von Steuergesetzen dienen. Diese beziehen sich al-
lerdings nicht auf einzelne Steuerpflichtige.

Darüber hinaus gibt es die Rechtspraxis, dass sich un-
terschiedliche Länderverwaltungen, die mit demselben
Steuerpflichtigen zu tun haben, auf eine einheitliche Ver-
waltungspraxis verständigen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802516800

Frau Kollegin Haßelmann, Sie haben das Wort zu ei-

ner Nachfrage.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802516900

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,

können Sie für die Bundesregierung und das Bundes-
ministerium der Finanzen ausschließen, dass es in Bezug
auf sämtliche Steuerarten für einzelne Unternehmen Ein-
zelerlasse gibt?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802517000


Ich habe darauf hingewiesen, dass es zur Auslegung
von einzelnen Steuergesetzen BMF-Schreiben gibt.
Diese BMF-Schreiben werden auf der Basis von § 21 a
Finanzverwaltungsgesetz herausgegeben; darin enthal-
ten sind allgemeine Weisungen. Diese allgemeinen Wei-
sungen dienen der Vollzugsgleichheit bei den von den
Ländern im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern.
Dies ist über Art. 3 des Grundgesetzes in Verbindung mit
§ 85 und § 88 der Abgabenordnung so gehalten, um eine
gleichmäßige Besteuerung vorzunehmen.

Die BMF-Schreiben sind seitens der Steuerverwal-
tung im Vollzug zu beachten. Sie werden im Übrigen im
Bundessteuerblatt, Teil I, veröffentlicht. Sie binden nur
die Finanzbehörden, nicht allerdings die Gerichte. Län-
dererlasse können demgegenüber eine zwischen Bund
und Ländern abgestimmte allgemeine Verwaltungsauf-
fassung in einem Einzelfall umsetzen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802517100

Frau Dr. Brantner hat sich als Nächste zu einer Nach-

frage gemeldet.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herzlichen Dank. – Wie bewertet die Bundesregie-
rung den ADAC-Erlass aus fachlicher Sicht, zumal die-
ser Erlass seit über 30 Jahren offenkundig unverändert
und womöglich auch ungeprüft eine Besteuerungsbasis
für einen Multimilliardenkonzern darstellt? Wann wird
der ADAC-Erlass überprüft?






(A) (C)



(D)(B)

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802517200


Ich sehe mich aufgrund des Steuergeheimnisses au-
ßerstande, zu einzelnen Steuervorgängen hier öffentliche
Ausführungen zu tätigen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident, das ist kein Steuervorgang! Das ist eine Frage zur Erlasslage! Ich bitte, dass sie beantwortet wird!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1802517300

Der Staatssekretär Dr. Meister hat nach meiner Emp-

findung die Fragen ausführlich beantwortet. Weitere Fra-
gewünsche liegen nicht vor.


(Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu Wort)


– Sie haben sich schon einmal zu einer Nachfrage ge-
meldet, Frau Kollegin.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann komme ich nach vorne! Ich bin Parlamentarische Geschäftsführerin!)


– Ja, das weiß ich doch. Dann kommen Sie zum Präsi-
dium!

Ich bitte die nächsten Fragesteller der Grünen, ihrer
Parlamentarischen Geschäftsführerin kurz die Gelegen-
heit zu geben, hier oben vorzusprechen. Wir machen
also eine kleine Pause.


(Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] begibt sich zum Präsidium)


So, herzlichen Dank für das Warten. – Ich rufe jetzt
die Frage 38 der Kollegin Lisa Paus, Bündnis 90/Die
Grünen, auf:

Wie viele Fälle von Steuerhinterziehung durch mehrfa-
chen Kindergeldbezug, zum Beispiel durch doppelte Kinder-
geldzahlungen verschiedener Bundesfamilienkassen, sind seit

(bitte nach Jahren und betroffenen Bundesfamilienkassen gesondert ausweisen)

welcher Höhe sind in diesen Fällen Steuern durch unrechtmä-
ßigen Mehrfachbezug von Kindergeld verkürzt worden?

Bitte, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802517400


Herr Präsident, vielen Dank. – Frau Kollegin Paus,
für die Bearbeitung von Doppelzahlungsfällen sind die
jeweiligen Familienkassen zuständig. Das Bundeszen-
tralamt für Steuern führt darüber keine gesonderte Statistik.
Aus den vom Bundesrechnungshof und den Prüfungs-
ämtern des Bundes zum Themenfeld des mehrfachen
Kindergeldbezuges durchgeführten Erhebungen im Zeit-
raum 2009 bis 2011 hat das Bundeszentralamt für Steu-
ern die Rückabwicklung sowie die straf- und bußgeld-
rechtliche Aufarbeitung der aufgedeckten Fälle bei
37 Familienkassen fachaufsichtlich begleitet. Die Höhe
des Hinterziehungsbetrages schwankt zwischen mehre-
ren Hundert und mehreren Tausend Euro. Der Bundes-
rechnungshof und die Prüfungsämter des Bundes haben
bei ihren Erhebungen aber auch Hinterziehungszeit-
räume von bis zu 15 Jahren ermittelt.

Die Namen der 37 betroffenen Familienkassen nebst
Zeitraum und jeweiliger Höhe der verkürzten Steuern
leite ich Ihnen, wenn Sie einverstanden sind, Frau Paus,
zu. Dabei handelt es sich um die im Einzelnen bekannt
gewordenen Fälle. Wenn Sie wünschen, trage ich sie Ih-
nen gerne vor; das dauert dann allerdings ein bisschen.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802517500

Frau Kollegin Paus, haben Sie eine Nachfrage?


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802517600

Ja. Danke, Frau Präsidentin. – Es reicht mir, Herr

Meister, wenn Sie mir das zuleiten.

Ich wollte aber trotzdem noch einmal nachfragen;
denn es geht ja nicht nur um das Problem im Zusammen-
hang mit den Bundesfamilienkassen, sondern auch um
den fehlenden Datenabgleich mit der Bundesagentur für
Arbeit. Der Bundesrechnungshof hat ja vor fünf Jahren
aufgedeckt, dass es hier ein strukturelles Problem gibt.
Es geht hier auch nicht – wie Sie es gerade ein bisschen
suggeriert haben – um 37 Fälle, sondern um Tausende
deutsche Beamte. Deswegen noch einmal meine Nach-
frage: Was hat die Bundesregierung unternommen, um
diese Betrugsfälle zu bekämpfen, und welcher finan-
zielle Schaden ist seither insgesamt entstanden?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802517700


Zunächst einmal, Frau Kollegin Paus: Ich habe nicht
von 37 Fällen, sondern von 37 Familienkassen gespro-
chen.

Wir haben lediglich Kenntnis über die Fälle, die bei
diesen einzelnen Kassen nachverfolgt worden sind. Inso-
fern kann ich Ihnen keine Zahlen nennen, die über diese
einzelnen nachverfolgten, überprüften Fälle hinausge-
hen.

Eine Ursache, dass es zu Problemen kommen kann,
ist aus unserer Sicht: Ist das Kind zur jeweils zustän-
digen Familienkasse richtig zugeordnet, oder kommt es
gegebenenfalls zu Mehrfachzuordnungen? Das kann eine
Ursache sein, dass es zu falschen Zahlungen kommt.

Zum Zweiten haben wir im Regelfall zwei Antragsbe-
rechtigte, nämlich beide Elternteile; es kann allerdings
nur ein Antragsberechtigter rechtmäßig das Kindergeld
beziehen. Wenn jetzt, ohne dass das den zuständigen
Stellen auffällt, beide Antragsberechtigte unabhängig
voneinander bei unterschiedlichen Stellen den Antrag
stellen, kann es zu Mehrfachzahlungen kommen.

Die Bundesregierung beabsichtigt, die Zuordnung
von Kindergeldzahlungen für ein bestimmtes Kind in
Zukunft grundsätzlich an einer Steueridentifikations-
nummer festzumachen und damit einen Beitrag zu leis-
ten, dass Doppelzahlungen weniger wahrscheinlich wer-
den.






(A) (C)



(D)(B)


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802517800

Frau Kollegin Paus.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1802517900

Ich entnehme Ihrer Beschreibung, dass Sie im Hin-

blick auf die bisherigen Betrugsfälle nichts unternom-
men haben und dass Sie auch keine Zahlen darüber ha-
ben. Ich frage trotzdem nach: In wie vielen Fällen haben
nach Informationen der Bundesregierung Beamte der
Leitungsebene in einer obersten Bundesbehörde seit
2009 unberechtigt mehrfach Kindergeld bezogen?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802518000


Wir haben Zahlen vorliegen – das habe ich mehrfach
erwähnt, und die gebe ich Ihnen nachher – zu den Fällen
bei den 37 Familienkassen, wo für uns sozusagen offen-
kundig wurde, dass es da tatsächlich zu Mehrfachleis-
tungen gekommen ist. Ob es auch andere Fälle gibt, ist
der Bundesregierung nicht bekannt; dazu gibt es auch
keine Statistik. Deshalb kann ich zu dieser Frage auch
nichts sagen.

Eine gesonderte Statistik über Mitarbeiter der obers-
ten Bundesbehörden, bei denen solche Mehrfachzahlun-
gen von Kindergeld stattgefunden haben, liegt uns nicht
vor.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802518100

Gibt es weitere Fragen zu diesem Themenbereich? –

Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Dann komme ich jetzt zur Frage 39 der Kollegin
Dr. Franziska Brantner:

Auf welche genaue Höhe beläuft sich der finanzielle Scha-

(bitte jeweils exakt aufschlüsseln)

Kindergeld von Zuwanderern aus EU-Staaten, und was unter-
nimmt die Bundesregierung, um diesen Schaden beziffern zu
können?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802518200


Frau Präsidentin! Frau Kollegin Dr. Brantner, mögli-
cherweise zu Unrecht ausgezahltes Kindergeld wird von
den Familienkassen von Amts wegen zurückgefordert.
Der Anteil, der auf Zahlungen an Zuwanderer aus EU-
Staaten entfällt, wird statistisch nicht gesondert erfasst.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802518300

Frau Kollegin Brantner.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie berechnen Sie denn dann den Schaden? Wie wol-
len Sie das genau beziffern, wenn Sie den Unterschied
gar nicht erfassen können? Sie sagen, es werde keine
Unterscheidung zwischen Deutschen und EU-Auslän-
dern gemacht. Dann hätten Sie eigentlich gar keine Zah-
len liefern können.
D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802518400


Ich habe nach meiner Erinnerung eben auch keine
Zahlen genannt.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nein, aber in dem Zwischenbericht wurden Zahlen
zum Kindergeld genannt. Mich würde interessieren, wie
Sie auf diese Zahlen kamen.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802518500


Dazu, woraus diese Zahlen abgeleitet sind, kann ich
Ihnen hier aus dem Stegreif keine Auskunft geben. Das
kann ich aber gerne recherchieren und nachreichen.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802518600

Vielen Dank. – Gibt es andere Fragen zu diesem The-

menbereich? – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe Frage 40 der Abgeordneten Dr. Franziska
Brantner auf:

Wie hoch beziffert die Bundesregierung die Kosten für ihr
Vorhaben, zur Vermeidung von Missbrauch Antragstellern
künftig Kindergeld nur noch unter Angabe einer Steueridenti-
fikationsnummer auszuzahlen, und welche Berechnungen hat
die Bundesregierung angestellt, um zu klären, ob diese Kosten
auch in einem angemessenen Verhältnis zum beabsichtigten
Ziel der Missbrauchs- und Betrugsbekämpfung stehen?

Der Herr Kollege Meister wird wieder antworten.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802518700


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin
Dr. Brantner, eine Umsetzung des Vorhabens wird vo-
raussichtlich einen Aufwand von rund 3,4 Millionen
Euro erzeugen. Die Bundesregierung hat keine eigenen
Berechnungen verlangt. Wir gehen davon aus, dass sich
der Aufwand von 3,4 Millionen Euro mittelfristig rentie-
ren wird.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802518800

Frau Kollegin Brantner.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Woher können Sie denn wissen, dass sich dieser Auf-
wand mittelfristig rentieren wird, wenn Sie keinerlei Ah-
nung über die wirklichen Schäden haben? In Ihrer Ant-
wort auf meine Frage 39 haben Sie vorhin gesagt, Sie
wüssten gar nicht, wie hoch der Schaden ist. Es ist inte-
ressant, dass Sie jetzt sagen können, dass sich das ren-
tiert.

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802518900


Frau Kollegin Brantner, wir gehen davon aus, dass es
bei Kindergeldfällen mit Auslandsbezug deshalb beson-
ders schwierig ist, die Korrektheit nachzuweisen, weil es
eben besonders schwierig ist, die korrekte Erfüllung der





Parl. Staatssekretär Dr. Michael Meister


(A) (C)



(D)(B)

Anspruchsgrundlagen für eine Kindergeldzahlung nach-
zuweisen. Deshalb ist natürlich das Risiko, dass es hier
zu nicht korrekten Zahlungen kommt, höher als bei ei-
nem Inlandssachverhalt, bei dem das Kind hier am Ort
lebt und die Zahlungen eindeutig dem Kind zugeordnet
werden können.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Trotzdem möchte ich noch einmal nachfragen: Es gibt
natürlich immer viele Risiken, aber nicht jedes Risiko
muss man durch einen Verwaltungsaufwand in Höhe von
mindestens 3,4 Millionen Euro absichern. Können Sie
vielleicht noch einmal schriftlich darlegen, wie hoch Sie
das Risiko einschätzen, wie groß der Schaden ist, der
wirklich entsteht, und ob er in einem angemessenen Ver-
hältnis zu dem Generalverdacht gegen EU-Ausländer
hinsichtlich eines Kindergeldbetrugs steht, warum er bei
Fällen mit einem Auslandsbezug höher liegen soll und
worauf sich Ihre Annahme stützt, dass europäische Aus-
länder generell eher betrügen als Deutsche?

D
Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1802519000


Wir unterstellen weder bei Inländern noch bei Aus-
ländern Betrug. Wir werden auch keine Sonderregeln für
Menschen, die im Ausland leben, schaffen, sondern wir
werden allgemeine Regeln aufstellen, die für alle Kinder
und den Kindergeldbezug anzuwenden sind.

Vornehmlich versuchen wir dort, wo es möglich ist,
anhand der vorhin angesprochenen Steueridentifikations-
nummer vorzugehen, weil wir dann einen Fall eindeutig
einer Nummer zuordnen können. Sollten also mehrere
Kindergeldzahlungen derselben Steueridentifikations-
nummer zugeordnet werden, dann kann man das relativ
leicht aufklären.

Wenn das nicht möglich ist, weil das Kind im Aus-
land lebt, der Antrag aber von einem im Inland an-
spruchsberechtigten Elternteil gestellt wird, werden wir
Unterlagen verlangen, die denen gleichgestellt sind, die
sie benötigen, wenn sie eine Steueridentifikationsnum-
mer beantragen.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802519100

Vielen Dank. – Gibt es weitere Fragen zu diesem The-

menschwerpunkt? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des
Bundesministeriums der Finanzen.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales.

Die Fragen 41 und 42 der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, die Fragen 43 und 44 des Abgeordneten
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, die Frage 45 der Abge-
ordneten Ulla Jelpke, die Fragen 46 und 47 der Abgeord-
neten Sabine Zimmermann und die Fragen 48 und 49 des
Abgeordneten Markus Kurth werden schriftlich beant-
wortet.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Die Fragen 50 und 51 der Abgeordneten Bärbel Höhn
werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung.

Die Fragen 52 und 53 der Abgeordneten Agnieszka
Brugger werden schriftlich beantwortet.

Schließlich kommen wir zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend.

Die Frage 54 der Abgeordneten Renate Künast wird
schriftlich beantwortet.

Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde an-
gelangt.

Ich unterbreche die Sitzung bis zur Aktuellen Stunde
um 15.35 Uhr, die dann aufgerufen wird.


(Unterbrechung von 15.08 bis 15.35 Uhr)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802519200

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene

Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Konsequenzen der Bundesregierung aus dem
IPCC-Weltklimabericht

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Der IPCC-Bericht lässt an Deutlichkeit nichts
vermissen. Die Wissenschaft ist sich inzwischen voll-
kommen einig: Die Szenarien sind dramatisch. Wir brau-
chen rasches und entschlossenes Handeln, um die Kli-
makatastrophe – es geht schon gar nicht mehr darum, sie
zu verhindern – zumindest zu verzögern, sie abzumil-
dern, sodass wir eine Chance haben, wenigstens einiger-
maßen erträglich mit den Folgen umzugehen.

Die Klimakatastrophe – es wirkt oft harmlos, wenn
man hört, es wird etwas wärmer – hat massive Auswir-
kungen auf viele Menschen und auf viele Ökosysteme.
Viele Menschen werden durch die Klimakatastrophe ihre
Heimat verlassen müssen. Sie werden zur Flucht ge-
zwungen werden. Es wird Wassermangel geben. Es wird
Dürren geben. Die Zahl der Bürgerkriege wird zuneh-
men. Das alles wird insbesondere in südlichen Regionen
der Fall sein. Das wird besonders Afrika und Ozeanien
betreffen, aber auch Australien. Aber auch wir hier in
Europa, in Deutschland, müssen damit rechnen, dass die
Anzahl der Hochwasserereignisse, die Anzahl der Dür-





Dr. Anton Hofreiter


(A) (C)



(D)(B)

ren und die Anzahl instabiler Wetterlagen zunimmt und
wir deshalb vor großen Problemen stehen.

Wenn man den IPCC-Bericht genau liest, dann er-
kennt man darin auch eine ermutigende Botschaft, eine
Hoffnung; denn noch haben wir die Chance, das 2-Grad-
Ziel einzuhalten. Das wird nicht einfach, und dann ist
auch nicht alles gut, aber es wird zumindest nicht kata-
strophal werden. Wir müssen jetzt handeln. Die Bundes-
republik muss jetzt dringend handeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Frank Schwabe [SPD]: Tut sie ja auch!)


Was macht Merkel bei diesem schönen Thema?
Merkel sitzt da und legt die Hände in den Schoß. Sie legt
sie rautenförmig in den Schoß. Aus der Raute ist so eine
Art Flaute geworden, was das Thema Klimaschutz an-
geht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber witzig!)


Deutschland war einmal Vorreiter beim Thema Klima-
schutz. Unter Schwarz-Gelb ist Deutschland dann zu-
rückgefallen. Unter Schwarz-Rot laufen die Kohlekraft-
werke auf Hochtouren. Der CO2-Ausstoß steigt. Wir sind
nicht nur nicht mehr Vorreiter, wir sind auch nicht zu-
rückgefallen, sondern wir sind inzwischen leider einer
der Bremser beim Klimaschutz. Das darf so nicht sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Man hat oft den Eindruck: Je stärker der Handlungs-
druck wird, desto ruhiger, entspannter und zurückhalten-
der wird die Politik. Je notwendiger es wird, rasch zu
handeln, je alarmistischer, je besorgter die Prognosen der
Wissenschaft werden, desto handlungsärmer wird die
Politik, desto ruhiger sitzt Frau Merkel auf ihrem Stuhl.
Aber wenn Realität und Politik miteinander in Konflikt
geraten, dann wird es am Ende für die Politik schwierig
werden. Der Klimawandel, die Klimakatastrophe ist
Realität. Sie wird nicht durch Aussitzen verschwinden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir bräuchten also eine Kanzlerin, die sich wirklich
um den Klimaschutz kümmert, eine Regierung, die sich
um den Klimaschutz kümmert, und Regierungsfraktio-
nen, die dafür sorgen, dass Klimaschutz Realität wird.
Stattdessen haben wir eine Bundesumweltministerin, die
davon spricht, dass man die Kohle nicht verteufeln solle.
Hat sie nicht verstanden, dass das Problem nicht im Ver-
teufeln liegt, sondern dass das Problem das Verbrennen
der Kohle ist? Da fragt man sich: Warum ist sie dann
Bundesumweltministerin?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was wir deshalb dringend brauchen, ist eine Regie-
rung, die handelt. Wir brauchen dringend eine Regie-
rung, die ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz erlässt,
das dafür sorgt, dass das Klima auch wirklich geschützt
wird.
Wir bräuchten eine Bundesregierung, die auf die EU
Druck ausübt, damit diese wieder Vorreiter wird. Drin-
gend notwendig sind drei Ziele: Wir brauchen ein Effi-
zienzziel; denn die beste Energie ist immer noch die ge-
sparte Energie. Wir brauchen ein Erneuerbare-Energien-
Ziel. Wir brauchen ein ambitioniertes CO2-Reduk-
tionsziel und eine Reparatur des Emissionshandels.

Bei all dem hat man das Gefühl, dass die Bundesre-
gierung im Bremserhäuschen sitzt und auf europäischer
Ebene eher ein Teil des Problems als ein Teil der Lösung
ist. Unterstützen Sie die Klimakommissarin, und hören
Sie auf, auf Herrn Oettinger zu hören! Denn er hat die
grundlegenden Probleme nicht verstanden. Seien Sie
Teil der Lösung statt Teil des Problems!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802519300

Herr Kollege, bitte denken Sie an die Redezeit.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was wir brauchen, ist Klimaschutz, eine EEG-No-
velle, die für Klimaschutz sorgt, und Mobilität ohne Öl.
Es ist höchste Zeit, zu handeln, und es wird höchste Zeit,
dass wir eine Bundesregierung haben, die diese Heraus-
forderung endlich annimmt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802519400

Vielen Dank. – Es spricht jetzt für die CDU/CSU-

Fraktion der Kollege Andreas Jung.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1802519500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bevor ich zu den unterschiedlichen politischen Wertun-
gen komme, die wir ohne Zweifel haben, lieber Kollege
Hofreiter, möchte ich zunächst einmal die Gemeinsam-
keiten und die gemeinsame Wahrnehmung in den Mittel-
punkt stellen. Die gemeinsame Wahrnehmung ist, dass
der IPCC-Bericht hilfreich ist. Er knüpft an viele Be-
richte an, die ihm vorausgegangen sind, und er führt uns
vor Augen: Ja, der Klimawandel findet statt. Ja, es gibt
eine ganz reale Bedrohung, und ja, es gibt ganz erhebli-
che Risiken, die von dieser Entwicklung ausgehen. Es ist
dringend Zeit, zu handeln, und wir müssen etwas tun.

Wenn es uns nicht gelingt, dann werden die Auswir-
kungen auf Mensch und Arten, auf die Natur insgesamt
im wahrsten Sinne des Wortes fatal sein. Deshalb kann
man nach meiner Überzeugung auch ohne Übertreibung
sagen: Die Herausforderung des Klimawandels ist global
gesehen in diesem Jahrhundert die größte ökologische,
ökonomische, soziale und humanitäre Herausforderung
und hat im Übrigen auch sicherheitspolitische Dimensio-
nen.

Deshalb müssen wir handeln. Deshalb muss auf den
UN-Konferenzen die Zeit des Redens in eine Ära des
Handelns übergehen. Deshalb brauchen wir endlich ein





Andreas Jung


(A) (C)



(D)(B)

internationales und effizientes Klimaschutzabkommen,
an dem alle Staaten beteiligt sind und bei dem alle mit-
machen. Darum geht es in Lima als Weichenstellung.
Darum geht es nächstes Jahr bei der Konferenz in Paris.

Wir ermuntern die Bundesregierung und Sie, Frau
Umweltministerin: Tun Sie alles, damit dieser Gipfel
zum Erfolg wird! Ich bin sicher: Dabei haben Sie die
Unterstützung des ganzen Parlaments.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wissen: Ob es am Ende gelingt, liegt nicht nur an
uns. Das liegt maßgeblich daran, ob die großen Emitten-
ten, die USA und China, ihre gegenseitige Blockade
überwinden und tatsächlich bereit sind, sich ausgehend
von Maßnahmen, die sie schon durchführen, gegenüber
der Staatengemeinschaft in einem internationalen Ab-
kommen zu verpflichten. Es gibt Meldungen, die uns
optimistisch sein lassen. Aber es ist noch eine weite
Strecke zurückzulegen. Wir müssen beide, die USA und
China, in die Verantwortung nehmen. Ohne sie geht es
nicht.

Aber uns, der Europäischen Union und Deutschland,
kommt in diesem Prozess eine wichtige Rolle zu. Wo-
rum geht es? Wir müssen glaubwürdig die Vorreiterrolle
ausfüllen. Da, lieber Kollege Hofreiter, beginnt die un-
terschiedliche Wertung. Deutschland und Europa werden
nach wie vor als Vorreiter in diesem Prozess und als
Staaten wahrgenommen, die auf einen Erfolg drängen.
Aber ich sage dazu auch: Jetzt müssen die Weichen ge-
stellt werden, um diese Glaubwürdigkeit zu bewahren.
Das gilt innerhalb der Europäischen Union. Es geht um
ehrgeizige Ziele und wirkungsvolle Instrumente.

Wir bekennen uns als Regierungskoalition zu der
Zieltrias, also zu ehrgeizigen Zielen bei den erneuerba-
ren Energien und bei der Energieeffizienz. Das hat die
EU noch zurückgestellt. Da brauchen wir ein ambitio-
niertes Ziel. Ich finde es richtig, dass am Ende das he-
rauskommt, was das Europaparlament befürwortet hat,
nämlich ein Ziel von 40 Prozent im Bereich der Energie-
effizienz. Das sollte Deutschland unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bei den Klimazielen ist der aktuelle Stand in der Eu-
ropäischen Union: Minus 40 Prozent bis 2030 werden
als Ziel angestrebt. Dazu will ich sagen: Das ist die un-
tere Grenze. Da ist Spielraum nach oben. Das sieht man
schon im Koalitionsvertrag. Dort ist nämlich von einem
Ziel von mindestens minus 40 Prozent die Rede. Wenn
wir wollen, dass die Verhandlungen am Ende erfolgreich
sind, dann bedarf es einer Dynamik. Dann müssen alle
ein Stück weit über das hinausgehen, was sie bisher ge-
macht und vereinbart haben. Wenn ich „alle“ sage, dann
meine ich damit auch die Europäische Union. Wir soll-
ten mit Offenheit in diesen Prozess gehen. Das bedeutet
auch, dass er mit sich bringen kann, diese Zielvorgabe in
einem solchen Prozess und im Rahmen eines Klimaab-
kommens noch einmal zu erhöhen. Das verstehe ich un-
ter der Aussage „mindestens minus 40 Prozent“ im
Koalitionsvertrag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ferner geht es darum, den Emissionshandel zu „repa-
rieren“. Da sind wir uns in der Analyse einig. Wahr ist
im Übrigen, dass es diese Regierungskoalition war, die
mit dem Backloading, also der Verknappung der Zertifi-
kate, den ersten Schritt gemacht hat, um mehr Druck auf
Kohlekraftwerke und zugunsten des Klimaschutzes zu
erzeugen. Wahr ist aber auch: Das reicht nicht. Wir brau-
chen darüber hinaus eine strukturelle Reform. Das muss
in der EU passieren. Bei uns in Deutschland geht es da-
rum, dass wir unser ehrgeiziges Ziel von minus 40 Pro-
zent bis 2020 erreichen. Die Bundesumweltministerin
will dafür Sofortmaßnahmen vorschlagen. Sie wird
nachher sicherlich dazu sprechen. Diese Diskussion wer-
den wir als Union konstruktiv angehen. Wir wollen sie
zum Erfolg bringen. Das gilt für die gesamte Energie-
wende. Wir setzen nicht auf Kernenergie, Fracking und
Kohle, sondern auf Erneuerbare, auf Energieeffizienz
und auf Klimaschutz. Das ist unser Weg. Wir wollen ge-
meinsam daran arbeiten, das zum Erfolg zu führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802519600

Vielen Dank. – Es spricht jetzt Eva Bulling-Schröter,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802519700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als Klimapolitikerin weiß ich, wie schwer vermittelbar
globale Erwärmung, Klimawandel sowie Folgen für
Mensch und Natur sind. Ich sage „schwer vermittelbar“,
weil spürbare Folgen verfehlter Energie- und Klimapoli-
tik hierzulande nicht morgen oder übermorgen auftreten,
sondern erst in 20, 30 oder gar 100 Jahren und weil Er-
gebnisse guter Energie- und Klimapolitik eben nicht
über Niederlage und Sieg bei der nächsten Wahl ent-
scheiden, sondern erst später, etwa im Jahr 2040, wenn
Schulkinder über diese Große Koalition, die bei der
Energiewende weiter auf die Bremse tritt, verständnislos
den Kopf schütteln werden. So sieht es heute aus. Ge-
rade wegen der Langfristigkeit ist es mir ein Anliegen,
dass heute wirklich jedem hier im Haus und im Land, ob
in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg oder
Mecklenburg-Vorpommern, deutlich wird, warum es uns
etwas angeht, wenn vom Klimawandel die Rede ist, und
auf welcher Grundlage die Warnungen von uns Klima-
politikern überhaupt fußen.

Zur empirischen Datenlage. Noch nie war ein Bericht
des Weltklimarates sowohl bei Auswahl als auch bei
Bewertung von Datenmaterial, Studien und Modellie-
rungen so sorgfältig, so detailliert und damit wissen-
schaftlich so unangreifbar wie dieser Fünfte Sachstands-
bericht. Allen Klimawandelskeptikern und Kohlefans
bei Union, SPD und anderswo, denen es nur um Ver-
harmlosung geht, sage ich deshalb: Noch nie in der Wis-
senschaftsgeschichte der Menschheit haben Forscherin-





Eva Bulling-Schröter


(A) (C)



(D)(B)

nen und Forscher aller fünf Kontinente in gemeinsamer
Arbeit, Abstimmung und Fachdiskussion ein derart um-
fangreiches Projekt in die Tat umgesetzt. Ihr For-
schungsinteresse ist für uns alle von entscheidender Be-
deutung,


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nämlich der Erde eine verlässliche Diagnose über das ins
Taumeln geratene Weltklima abzuringen.

Ja, die Klimaforscher sind Überbringer schlechter
Nachrichten, und sie sehen sich aus diesem Grund im-
mer wieder öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt.
Selbst die wissenschaftliche Seriosität wird ihnen abge-
sprochen. Ich finde, das geht überhaupt nicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Linke will der Klimaforschung an dieser Stelle ganz
klar ihren Respekt und ausdrücklichen Dank ausspre-
chen. Es geht immerhin um die Lebensgrundlage aller
Menschen. Das, meine Damen und Herren, geht uns alle
an.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der neueste Bericht des Weltklimarates zeigt wieder
einmal, wie tiefgreifend die Folgen des menschenge-
machten Klimawandels wirklich sind. Ich will an dieser
Stelle nicht wieder die bekannten Bilder von Wirbelstür-
men, Dürren, Überschwemmungen und Flüchtlingsströ-
men bemühen. So viel aber ist klar: Die 2-Grad-Marke
der Erderwärmung ist in der aktuellen Tendenz nicht zu
schaffen. Die Forscher rechnen in Worst-Case-Szenarien
gar mit einer möglichen Erwärmung von 6,8 Grad Tem-
peraturanstieg. Das ist einfach eine Katastrophe. Bald ist
es 4 Grad wärmer als vor der Industrialisierung. Die Kli-
maerwärmung ist also Realität. Nun heißt es, sich an die
Folgen anzupassen, ohne aber die CO2-Reduktion aus
den Augen zu verlieren. Auch das sage ich ganz klar.

Wie erklärte gestern ein IPCC-Leitautor von der Ar-
beitsgruppe 2 zu „Folgen, Anpassung und Verwundbar-
keit“ so schön? Wir wissen nicht, ob bei einem vollge-
laufenen Keller 50 Prozent vom Klimawandel kommen
und 50 Prozent ganz normales Wetter ist. – Ganz richtig.
Aber wenn das Haus unter Wasser steht oder das Dach
weggeflogen ist, dann ist es den Bürgern eigentlich
wurscht. Diese Zahlenspiele sind völlig egal. Da ist die
Politik gefragt.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wissen um die Notwendigkeit der Anpassung.
2009 wurde hier im Haus die deutsche Anpassungsstra-
tegie verabschiedet. Alle Reden gingen zu Protokoll. Ein
dringendes Interesse in Öffentlichkeit und Politik fehlt
weiter. Darum finde ich diese Aktuelle Stunde so wich-
tig, auch wenn wir den nächsten IPCC-Bericht noch hät-
ten abwarten können. Ich finde es aber trotzdem gut,
dass wir das diskutieren.
Die größten Risiken des Klimawandels tragen – das
kann man an dieser Stelle noch einmal sagen – Arme,
Fischer, Bauern, Kleinsthändler. Die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit kann Schaden nehmen, überall, auch
die Gesundheit. Dann frage ich mich: Warum erkennen
Versicherungen klimawandelinduzierte Schäden nicht
an? Was ist mit der medizinischen Forschung zu Ge-
sundheitsschäden durch Klimawandel? Warum gibt es in
der UN-Flüchtlingskonvention keinen Status für Klima-
flüchtlinge? Und warum rühmen sich Forschungs- und
Umweltministerium? 250 Millionen Euro stehen für die
Anpassung in den Entwicklungsländern bereit.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802519800

Denken Sie an die Redezeit, bitte.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802519900

Letzter Satz. – Wissen Sie, was ein Deich kostet? Die

250 Millionen sind viel zu wenig. Allein auf den Philip-
pinen gibt es 36 000 Kilometer Küste. Der Betrag ist lä-
cherlich.

Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie in
vielerlei Hinsicht etwas tut. Wir haben die Themen ge-
nannt. Es muss jetzt wirklich etwas passieren. Es ist ei-
gentlich schon fünf nach zwölf.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802520000

Für die Bundesregierung spricht jetzt Bundesministe-

rin Dr. Barbara Hendricks.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Bericht des Weltklimarates IPCC ist erneut ein
Weckruf an uns alle, an die gesamte Menschheit, wenn
man so will. Wir wissen alle: Die Folgen des Klimawan-
dels sind bereits heute mehr als deutlich zu beobachten.
In den kommenden Jahrzehnten drohen durch Zunahme
von Hitze und Extremereignissen immer stärkere Nach-
teile für Menschen und Ökosysteme. Ohne raschen und
ambitionierten Klimaschutz wäre ein globaler Tempera-
turanstieg um durchschnittlich 4 Grad Celsius oder mehr
wahrscheinlich. Das wäre eine Welt, in der wir uns gar
nicht vorstellen können zu leben. Deswegen ist natürlich
das Ziel, den Anstieg auf maximal 2 Grad zu begrenzen,
das größte Ziel, das wir in diesem Zusammenhang ha-
ben. Die Möglichkeiten zur Anpassung an den Klima-
wandel würden bei einem Anstieg von 4 Grad nämlich
schwinden oder sehr viel teurer werden. Es steigt auch
die Gefahr von abrupten, unumkehrbaren Klimaände-
rungen, sogenannten Kipppunkten. Der IPCC betont
auch, dass angesichts des zu erwartenden Klimawandels
die gegenwärtigen Anpassungsmaßnahmen schon nicht
mehr ausreichen.





Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks


(A) (C)



(D)(B)

Für mich sind die politischen Konsequenzen aus den
neuen IPCC-Berichten – einen Teilbericht haben wir
heute vorliegen, und schon in anderthalb Wochen be-
kommen wir hier in Berlin einen weiteren Teilbericht
überreicht – vollkommen klar: Eine verantwortungsvolle
Klimapolitik muss immer auf zwei Säulen stehen: Sie
muss erstens dafür sorgen, dass die Erderwärmung die
2-Grad-Marke nicht übersteigt. Sie muss aber zweitens
auch Risiken erkennen und sich auf die nicht vermeidba-
ren Folgen von Klimaveränderungen vorbereiten und
einstellen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Anpassung ist jedenfalls weder leichter noch billiger als
Vermeidung. Trotzdem müssen wir auch an Anpassungs-
strategien denken. Wir wissen aber, wie gesagt, dass An-
passung ganz gewiss nicht leichter oder billiger ist als
Vermeidung, im Gegenteil: Je zögerlicher die Staatenge-
meinschaft bei der Minderung der Treibhausgase ist,
desto mehr wird schließlich für Anpassungen zu zahlen
sein.

Die IPCC-Ergebnisse sind eine Bestätigung für die
ehrgeizigen Klimaschutzziele der Bundesregierung. Bis
zum Jahr 2050 wollen wir in der EU die Emissionen um
80 bis 95 Prozent absenken, und wir in der Bundesrepu-
blik Deutschland haben schon den Ehrgeiz, bei der Ab-
senkung eher am oberen als am unteren Rand zu liegen,
also eher an 95 Prozent zu kommen, als bei 80 Prozent
zu verbleiben.

Unser nächstes Etappenziel ist es, die Treibhausgas-
emissionen hier in Deutschland bis 2020 um mindestens
40 Prozent gegenüber 1990 zu senken.


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht gerade in die andere Richtung!)


Ich habe mir nach meinem Amtsantritt aufarbeiten las-
sen, wo wir mit den bisher von der Bundesregierung be-
schlossenen Maßnahmen stehen. Die nüchterne Eröff-
nungsbilanz zu Beginn dieser Legislaturperiode ist, dass
wir mit den Maßnahmen, die wir bislang ergriffen ha-
ben, eine Minderung der Treibhausgase um etwa 33 bis
35 Prozent bis zum Jahr 2020 erreichen können. Da ich
mir eine verhältnismäßig schlechte Wirtschaftsentwick-
lung, die dazu führen würde, dass wir die Reduzierung
um 35 Prozent erreichen, nicht wünschen kann und ich
nicht glaube, dass wir damit zu rechnen haben, müssen
wir davon ausgehen, dass tatsächlich bis zum Jahr 2020
eine Lücke von 7 Prozentpunkten verbleibt, die wir mit
den bisher ergriffenen Maßnahmen nicht schließen kön-
nen. Ich werde deswegen, wie schon angekündigt wurde
– es wurde eben angesprochen –, auf der Basis dieser
Ausgangsanalyse, nach der wir noch 7 Prozentpunkte
mehr erreichen müssen, mit den Ressorts der Bundesre-
gierung ein Sofortprogramm abstimmen, mit dem wir
die Politiklücke, die wir bisher offenbar haben, schließen
können. Dabei ist klar:

Erstens. Das Umwelt- und Bauministerium kann,
auch wenn es einen großen Teil erbringen kann, die zu-
sätzlichen Minderungen nicht alleine erbringen. Wir
brauchen das Mittun aller Ressorts, die ihre Verantwor-
tung für die jeweiligen Sektoren, für die sie zuständig
sind, übernehmen müssen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Jeder muss also zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen er-
bringen.

Zweitens. Wir dürfen uns und auch der Öffentlichkeit
nichts schönrechnen. Die Minderungsmaßnahmen müs-
sen geeignet sein, die notwendigen Erfolge zu bringen.

Drittens. Auch ein Sofortprogramm gelingt leider
nicht im Hauruckverfahren, sondern muss sorgfältig mit
den betroffenen Ministerien ausgearbeitet werden.

Ich werde noch vor Ostern erste Eckpunkte des Pro-
gramms an die Ressorts versenden. In einer ressortüber-
greifenden Arbeitsgruppe werden wir auf der Basis die-
ser Eckpunkte die konkreten Maßnahmen verabreden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Im Herbst sollten wir das Programm im Kabinett verab-
schieden können. Ich glaube, dass wir dann endlich wie-
der die Vorreiterrolle zurückerobert haben, die uns in der
Vergangenheit etwas abhandengekommen ist. Aber es ist
schon richtig: Wir gelten immer noch als beispielhaft.
Nur, der Ehrgeiz hat in Europa insgesamt etwas nachge-
lassen. Dann muss es unser Ziel sein, nicht nur selber
wieder ehrgeiziger zu werden, sondern auch den Ehrgeiz
der anderen gleichsam mitzuziehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir gehen aber in eine andere Richtung!)


Ich will dem skizzierten Prozess nicht vorgreifen;
aber es ist völlig klar – das haben der Bundeswirtschafts-
minister und ich in den letzten Wochen immer wieder
gesagt –, dass eine Reform des Emissionshandels einen
bedeutenden Teil der zusätzlichen Minderungen ermög-
lichen muss. Denn dieses Instrument steuert ja die Emis-
sionsminderungen im gesamten Bereich der Energie-
wirtschaft und der Industrie.

Kollege Hofreiter, Sie machen es sich ein bisschen zu
leicht, wenn Sie so tun, als würden alle Menschen, die
aus Nordrhein-Westfalen kommen, nicht begreifen, dass
beim Verbrennen von Kohle CO2 entsteht. Das wissen
wir sehr wohl, keine Sorge.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich komme zum Beispiel aus Nordrhein-Westfalen! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt sogar: Herr Krischer weiß das sehr wohl, nur bei Ihnen haben wir da eher Zweifel!)


– Herr Krischer kommt sogar aus dem Aachener Kohle-
revier, ich nicht.


(Frank Schwabe [SPD]: Er ist von Braunkohle geboren, der Kollege!)






Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks


(A) (C)



(D)(B)

Die Energiewende mit dem Ausbau der erneuerbaren
Energien und mehr Energieeffizienz kann nur in Kombi-
nation mit einer solchen Reform des Emissionshandels
ihre volle Wirksamkeit für den Klimaschutz erbringen.
Selbstverständlich muss auch der Verkehrssektor seinen
Beitrag für mehr Klimaschutz leisten. Und im Gebäude-
bereich werden wir gemeinsam mit dem Energieminister
unter anderem dafür sorgen, dass die bereitstehenden
Fördermittel eine maximale Wirksamkeit für den Klima-
schutz erreichen. Im Übrigen ist dies auch die vernünf-
tigste Strategie, um unsere Abhängigkeit von Gasimpor-
ten zu mindern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was kommt da konkret?)


Ich bin in den letzten Tagen häufiger auf ein Inter-
view angesprochen worden, das ich gegeben habe. Ich
will dazu nur so viel sagen: Ich weiß auch, dass wir das
Klima nicht dadurch retten, dass wir Pullover anziehen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Aber ich weiß – und das wollte ich zum Ausdruck brin-
gen; ich hoffe, dass das die meisten auch so verstanden
haben –, dass auch wir in Mitteleuropa unsere Lebens-
weise überprüfen müssen. Es geht hier nicht allein um
staatliche Maßnahmen, die wir selbstverständlich brau-
chen: Vorgaben im Ordnungsrecht, Fördermaßnahmen
und vieles andere mehr. Es geht auch darum, dass wir
unsere eigene Lebensweise überprüfen. Wir sollten nicht
vergessen, dass die Menschen in den Tropen oder in den
Subtropen ihr Leben sozusagen total auf den Kopf stel-
len – oder es sogar verlieren. Im Gegensatz dazu sind die
Anpassungsmaßnahmen, die von uns erwartet werden,
verhältnismäßig überschaubar.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der EU setzen wir uns dafür ein, dass ehrgeizige
Ziele für das Jahr 2030 beschlossen werden; das ist heute
schon angesprochen worden. Selbstverständlich setzen
wir uns für die Zieltrias ein: 40 Prozent Emissionsmin-
derung, Zunahme des Anteils der erneuerbaren Energien
an der Stromversorgung um 30 Prozent und ein wirklich
spürbares Ziel bei der Energieeffizienz.

Es ist nicht so einfach, das in der Europäischen Union
zum Gemeingut zu machen, aber – Kollege Jung und
andere haben darauf hingewiesen – dies ist unser ge-
meinsames Ziel. Nur auf diese Weise können wir bei den
Vereinbarungen, die auf uns zukommen werden, voran-
schreiten. Wir wissen ja, dass wir die Ziele auf europäi-
scher Ebene erreichen müssen; denn nur durch unser ent-
schlossenes Handeln auf europäischer Ebene können wir
wiederum auf internationaler Ebene voranschreiten.

Wir haben die Verantwortung, die Klimakonferenz
Ende des Jahres 2015 zu einem Erfolg zu bringen. Dafür
arbeiten wir auf allen Ebenen. Wir haben zum Beispiel
so etwas wie eine „Klimaaußenpolitik“ angestoßen. Ich
bin meinem Kollegen Frank-Walter Steinmeier außeror-
dentlich dankbar, dass er dafür gesorgt hat, dass sich die-
jenigen, die sowieso für uns im Ausland tätig sind, näm-
lich im Diplomatischen Dienst, dieses zu ihrer Aufgabe
gemacht haben und viele notwendige Gespräche führen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Selbstverständlich geschieht das auch auf der Lei-
tungsebene meines Ministeriums. Aber wir können na-
türlich nicht in der ganzen Welt unterwegs sein; denn ir-
gendwie müssen wir die Arbeit zu Hause auch noch
erledigen. Diese Klimaaußenpolitik ist gerade im Hin-
blick auf 2015 von hoher Bedeutung; denn die Interes-
senlagen in der Welt sind nun mal außerordentlich unter-
schiedlich.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802520100

Frau Ministerin, Sie haben eine ganz besondere Ver-

antwortung.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Um-
welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:

Danke. – Im Juli werden wir zum Petersberger Klima-
dialog einladen. Wir tun alles, um voranzuschreiten. Wir
wissen, dass wir das nicht alleine können. Wir sind da-
rauf angewiesen, dass die Weltgemeinschaft das ebenso
sieht wie wir. Wir sind auch auf das Verständnis und das
Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger angewie-
sen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802520200

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt die Kollegin

Annalena Baerbock, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Meine Vorrednerinnen und -redner haben es
schon erwähnt: Der IPCC-Bericht hat deutlich gemacht:
Auch in Europa leben wir nicht auf einer Insel der
Glückseligen. Dass jetzt alle drei bis fünf Jahre Jahrhun-
derthochwasser mit Milliardenschäden kommen, hat
dazu geführt, dass selbst in den Reihen der CDU/CSU
gesagt wird, dass der Klimawandel ernsthaft angegangen
werden muss.

Das Problem ist nur, dass die Maßnahmen aufgescho-
ben werden. Der IPCC-Bericht richtet sich an all jene,
die sagen: Erst einmal müssen wir an unsere Wirtschaft
denken, dann tun wir etwas für das Klima. – Der Bericht
macht deutlich: Je später wir handeln, desto teurer wird
es auch für die gesamte Wirtschaft in Europa und welt-
weit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen reicht es halt nicht, wenn man sagt: Wir er-
greifen ein paar Maßnahmen, und irgendwann kommt





Annalena Baerbock


(A) (C)



(D)(B)

auch unser Sofortprogramm. – Vielmehr muss Klima-
schutz in der Bundesrepublik Deutschland wieder
Toppriorität erhalten.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und
Union, müssen sich jetzt entscheiden: Wollen Sie Ihre
internationalen Klimaschutzverpflichtungen einhalten
– CO2-Reduktion um mindestens 80 Prozent bis zur
Mitte des Jahrhunderts –, oder wollen Sie sagen: „Die
Energiewende ist viel zu teuer, wir können das unserer
Wirtschaft nicht antun, und sowieso müssen wir mal ein
Stück langsamer fahren“? Das passt alles nicht zusam-
men.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie sich dafür entscheiden, in der Debatte allein
auf die Kostenfrage zu setzen und zu sagen: „Wir dürfen
der Industrie nicht so viel aufbürden“, dann fahren Sie
bitte zusammen mit Frau Hendricks zum nächsten Welt-
klimagipfel und sagen dort: Wir haben das mit unseren
internationalen Verpflichtungen nicht so gemeint; wir ar-
beiten nicht mehr an einer Minderung des CO2-Aussto-
ßes. – Dieses Sowohl-als-auch geht nun einmal nicht.
Die Energiewende ist wie eine Schwangerschaft: Ein
bisschen Energiewende geht eben nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Liebe Frau Hendricks, wir Grüne mögen Strickpullis
sehr gerne. Wir ziehen sie auch gerne an; im Sommer
vielleicht einen etwas dünneren. Diese Lebensstilfrage
ist aber keine Rechtfertigung dafür, dass man sich aus
der politischen Verantwortung zurückzieht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Matthias Ilgen [SPD]: Hat sie doch gar nicht gemacht!)


Wenn man sagt, dass die Menschen ihren Beitrag zum
Klimaschutz leisten müssen, dann muss die Politik in ei-
nem solchen Fall eben noch mehr tun. Das bedeutet ganz
konkret: Wenn Klimaschutz wieder Toppriorität erhalten
soll, dann müssen wir den Klimaschutz gesetzlich veran-
kern. Wir brauchen ein Klimaschutzgesetz – wie es etli-
che Länder vorgemacht haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wenn Klimaschutz wieder Toppriorität erhalten soll,
dann reicht ein Herumfrickeln am EEG eben nicht, son-
dern dann muss man über das Strommarktdesign reden,
und man muss den Bestandsschutz von Kohle infrage
stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])


Wenn wir über Klimaschutz reden und das Toppriorität
erhalten soll, dann darf man nicht bei einem Frühjahrs-
gipfel der EU sagen: „Aufgrund der Ukraine verschieben
wir das Thema Klimaschutz auf die nächsten Ratssitzun-
gen“; denn – das wurde zu Recht betont – wir müssen
uns unabhängiger machen von Energieimporten. Was
hätte die Antwort auf dem Frühjahrsgipfel sein müssen?
Sie hätte lauten müssen: Deswegen arbeiten wir noch
ambitionierter an den Klima- und Energiezielen für das
Jahr 2030; deswegen arbeiten wir noch härter für eine
bessere Energieeffizienz. – Die Energieeffizienz ist doch
der Schlüssel zu einer größeren Unabhängigkeit von Gas-
importen aus aller Welt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn darauf verwiesen wird: „Die anderen europäi-
schen Länder wollten nicht“, dann antworte ich mit dem
schönen Spruch von früher: Frieden fängt zu Hause an. –
Das gilt auch für den Klimaschutz: Klimaschutz fängt zu
Hause an. Schauen wir einmal hin, was Deutschland
beim Thema Energieeffizienz gemacht hat: Seit 2012
sollte die Energieeffizienz-Richtlinie umgesetzt werden.
Das ist sie bis heute nicht. Wir hatten uns dazu verpflich-
tet, bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Stand von 2008
20 Prozent Energie einzusparen. Wo stehen wir? Nach
Zahlen von 2012 stehen wir bei 2,7 Prozent. Inwiefern
ist man da Vorreiter?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wenn Klimaschutz Priorität haben soll, dann kommen
Sie auch um die Frage der Nutzung fossiler Energien
nicht herum. So ist das halt: Wenn ein Drittel der welt-
weiten CO2-Emissionen von fossilen Energieträgern ver-
ursacht wird, dann müssen wir das angehen. Heute
wurde bekannt, dass die Emissionen der 30 größten
Kohlekraftwerke in Deutschland um 5 Prozent gestiegen
sind. Da kann man doch nicht einfach wegsehen, son-
dern man muss wie NRW sagen: Ja, wir ziehen die Kon-
sequenzen, wir überdenken unsere Braunkohlepläne,
und wir steigen sukzessive aus. – Es redet niemand von
einem Sofortausstieg, auch nicht wir Grünen. Wir sagen:
Wir dürfen nicht mit einer Braunkohlestrategie weiter-
machen, nach der auch in den Jahren 2040 und 2050
Kohle verstromt wird; denn dann erreichen wir die inter-
nationalen Ziele definitiv nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Linke, reden Sie bitte mit Ihren Kollegen in
Brandenburg. Dort stellen Sie den Wirtschaftsminister.
Just an dem Tag, an dem in NRW parlamentarisch ent-
schieden werden soll, dass man den dritten Teilabschnitt
von Garzweiler II nicht angeht, am 28. April 2014, will
Ihr Wirtschaftsminister in Cottbus die neuen Tagebau-
pläne für Welzow-Süd II genehmigen. Das kann nicht
sein, die Kohle muss bleiben, wo sie ist. Sie muss unter
der Erde bleiben. Dafür müssen wir sorgen.

Eine letzte Bemerkung zum ETS. Wir begrüßen es,
dass der Emissionshandel reformiert werden soll. Aber
dann stellen Sie das bitte auch im Haushalt entsprechend
dar. Wir diskutieren in den nächsten Wochen über den
Haushalt. Sie bezuschussen mit 655 Millionen Euro den
Energie- und Klimafonds, weil es keine Zahlungen aus
dem ETS gibt. Zusätzlich stellen Sie 350 Millionen Euro
Steuergeld für stromintensive Unternehmen bereit, die
vom ETS nicht belastet werden, weil ohnehin zu viele
Zertifikate im Markt sind und man damit sogar noch Ge-
winne machen kann. Die Unternehmen, die von den
niedrigen Börsenstrompreisen profitieren, bekommen





Annalena Baerbock


(A) (C)



(D)(B)

also 350 Millionen Euro als Strompreiskompensations-
geld obendrauf. So machen diese Unternehmen sogar
noch einen Gewinn damit, dass sie mehr CO2 ausgesto-
ßen haben. So geht Klimaschutz definitiv nicht.

Freuen Sie sich auf unsere Änderungsanträge zum
Haushalt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802520300

Vielen Dank. – Ich möchte nur darum bitten, dass die

letzten Sätze nicht ganze Bücher werden. Dann kommen
wir auch mit der Redezeit hin. – Nächste Rednerin in der
Debatte ist Frau Dr. Anja Weisgerber, CDU/CSU-Frak-
tion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Anja Weisgerber (CSU):
Rede ID: ID1802520400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

und Kollegen! Ob an Land oder im Meer, ob an den Po-
len oder in der Wüste, die Auswirkungen des vom Men-
schen verursachten Klimawandels sind überall zu spü-
ren. Das ist unbestritten. Dennoch ist zu sagen: Die
Wissenschaftler sind mit ihren Aussagen deutlich vor-
sichtiger geworden. Sie sehen die Auswirkungen diffe-
renzierter, und sie nehmen sogar manche frühere Pro-
gnose zurück oder schränken sie ein.


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie den Bericht gelesen?)


Und sie stellen fest, dass es auch erstmals Fortschritte in
vielen Ländern zu verzeichnen gibt. Deshalb dürfen wir
jetzt den Kopf nicht in den Sand stecken und alles nur
negativ sehen, sondern wir müssen ganz deutlich sagen:
Wir Deutsche müssen auch weiterhin weltweit eine Vor-
reiterrolle beim Klimaschutz und bei der Nutzung der er-
neuerbaren Energien einnehmen. – Und wir nehmen sie
auch ein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deutschland allein kann das Klima nicht retten.

Grenzüberschreitende Herausforderungen wie der Kli-
maschutz lassen sich einfach nicht rein national lösen.
Wir brauchen dafür auch die anderen Staaten in der Welt.
Wir fordern daher ganz klar: Auch Länder wie die USA
und China müssen bei der Verhandlung um die Fortset-
zung des Kioto-Protokolls ihrer Verantwortung gerecht
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Um unserer Verantwortung in der Welt gerecht zu
werden, gibt es jetzt neue Vorschläge der EU zu den eu-
ropaweiten Klimazielen. Die Kommission schlägt vor,
die CO2-Emissionen bis 2030 um 40 Prozent zu reduzie-
ren und den Anteil der erneuerbaren Energien EU-weit
auf mindestens 27 Prozent zu erhöhen. Für die einzelnen
Mitgliedstaaten gibt es zu den erneuerbaren Energien
aber keine verbindlichen Ziele mehr. Da sage ich ganz
klar: Wir müssen uns jetzt dafür einsetzen, dass wir zu
einer gemeinsamen ehrgeizigen Position auf EU-Ebene
kommen. Dann können wir als Europäer beim Weltkli-
magipfel in Lima und beim dann entscheidenden Gipfel
in Paris geschlossen und, basierend auf unseren Zielen,
auch selbstbewusst auftreten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Deswegen sage ich insbesondere mit Bezug auf das
Ziel bei den erneuerbaren Energien: Die Vorschläge der
EU-Kommission gehen mir als Klimapolitikerin und
vielen von uns nicht weit genug.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen als Bundesrepublik Deutschland einfordern,
dass auf EU-Ebene an der bewährten Zieltrias festgehal-
ten wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darin möchten wir auch unsere Klimakanzlerin Angela
Merkel bestärken, die, Herr Hofreiter, nicht ihre Hände
in den Schoß legt, wie Sie es gerade formuliert haben,
sondern auf EU-Ebene aktiv für diese Zieltrias einsteht.
Wir sollten, statt uns ständig gegenseitig zu beschimp-
fen, an dieser Stelle einfach einmal an einem Strang zie-
hen. Dann können wir das vielleicht auch EU-weit
durchsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es reicht eben nicht, dass nur das CO2-Ziel verbind-
lich ist. Wir wollen nämlich nicht, dass einige Mitglied-
staaten vor allem auf die Kernenergie setzen und so
durch die Hintertür zur CO2-Reduktion beitragen, ohne
dabei die erneuerbaren Energien auszubauen. Denn dann
müssten einige Musterschüler wie Deutschland – wir
sind beim Thema erneuerbare Energien Musterschüler;
denn wir werden hier unsere Ziele übererfüllen – im Be-
reich der erneuerbaren Energien die Arbeit der anderen
Mitgliedstaaten mitmachen. Das kann so auch nicht sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir brauchen auch klare Ziele beim Thema Energie-
effizienz. Denn gerade im Gebäudebereich steckt viel
Einsparpotenzial. Daher ist es unumgänglich, dass wir in
Deutschland das Thema „steuerliche Absetzbarkeit von
Investitionen bei der Gebäudesanierung“ angehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir Klimapolitiker sollten in der Diskussion mit den
Haushalts- und Finanzpolitikern geeint und gestärkt auf-
treten, damit wir das gemeinsam durchsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Und die Länder sollten da mitmachen!)


– Auch die Länder sollten mitmachen, genau.





Dr. Anja Weisgerber


(A) (C)



(D)(B)

Ein weiteres Instrument im Kampf gegen den Klima-
wandel ist der Emissionshandel. Auch hier sind wir Eu-
ropäer weltweit führend. Wir müssen einen funktionie-
renden Emissionshandel als Chance sehen, und zwar
nicht nur für die Klimapolitik, sondern auch für die
Energiewende. Denn steigt der Preis für die Emissions-
rechte, dann wird der derzeit günstige, aber klimaun-
freundliche Kohlestrom teurer und weniger attraktiv als
der umweltfreundlichere Strom aus Gas und die erneuer-
baren Energien. Deshalb brauchen wir eine nachhaltige
Reform des Emissionshandels. Ein funktionierender
Emissionshandel steigert nämlich nicht nur die Energie-
effizienz, sondern fördert auch die Innovationskraft der
Unternehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ein Satz noch: Trotz allem muss der Emissionshandel
ein marktwirtschaftliches Instrument bleiben, und der
Preis der Emissionsrechte darf nicht politisch verordnet
werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802520500

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt die Kollegin Heike

Hänsel, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1802520600

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Frau Baerbock, ich fand es ja richtig, die Linke
für das, was in Sachen Braunkohle in Brandenburg ge-
schieht, zu kritisieren. Das kritisieren auch wir. Ich finde
es wichtig, sich da an die eigene Nase zu fassen. Ich
kann Ihnen aber sagen: Vor 14 Tagen habe ich in Baden-
Württemberg, am AKW Neckarwestheim, demonstriert.
Da ist Rot-Grün an der Regierung. Auch da fordern wir
natürlich, dass die Atomkraftwerke schneller vom Netz
gehen. Auch die Politik von EnBW kann man in vielerlei
Hinsicht kritisieren.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber ein merkwürdiger Vergleich!)


Es ist wichtig, dass alle, die an Umweltpolitik und Kli-
mapolitik interessiert sind, immer auch in ihren eigenen
Reihen kritisieren. Das gilt aber für alle.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt möchte ich gerne zum Bericht des Klimarates
kommen, der schon vielfach erwähnt wurde. Er zeigt
deutlich, dass das exzessive und unsoziale Wachstum der
Industriestaaten vor allem zulasten der Menschen im Sü-
den geht; denn die Zerstörung der Ökosysteme betrifft
direkt die Welternährung und die Existenzgrundlagen
von Millionen von Menschen. Eine Erhöhung der globa-
len Temperatur um mehr als nur 2 Grad Celsius wird
diese Risiken für Mensch und Natur weiterhin überpro-
portional steigern. Der Bericht zeigt meines Erachtens
auch ganz eindeutig, dass das existierende Weltwirt-
schaftssystem Armut und Hunger produziert und unsere
natürlichen Lebensgrundlagen zerstört. Genau deswegen
müssen wir uns auch fragen: In welchem Weltwirt-
schaftssystem leben wir eigentlich?


(Beifall bei der LINKEN)


Diese Diskussion haben wir jetzt; denn die Welt will
sich nach 2015 neue global geltende Nachhaltigkeits-
ziele geben, die sogenannten SDGs, die Sustainable De-
velopment Goals. In der UNO werden diese Vorhaben
mittlerweile in vielen Kreisen diskutiert; es wird viel
entworfen. Aber gleichzeitig werden zum Beispiel in der
Europäischen Union wirtschafts- und handelspolitisch
Weichen gestellt und Fakten geschaffen, die den hehren
Zielen von nachhaltiger Entwicklung und Wirtschafts-
weise zuwiderlaufen, wodurch all diese Ziele unterlau-
fen werden. Es geht um den nach wie vor stark gepush-
ten Freihandel, um den sogenannten freien Markt, der
grenzenloses Wachstum und neue Wachstumsschübe
verspricht, auch für die Europäische Union, und da vor
allem aber natürlich für global agierende Konzerne, und
das auf Kosten von Millionen von Existenzen in den
Ländern des Südens und auf Kosten der Umwelt und des
Klimaschutzes. Genau deswegen thematisieren wir die
größte geplante Freihandelszone der Welt zwischen der
EU und den USA, TTIP, aber auch alle anderen Freihan-
delsabkommen mit den Ländern des Südens, ob in La-
teinamerika, Afrika oder Asien. Wer ernsthaft Klima-
politik machen will, der muss diese neoliberale
Handelspolitik grundsätzlich infrage stellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wie wir gesehen haben, wurden Klimawandel und
Umweltzerstörung trotz zahlreicher Entwicklungsgipfel
in den letzten 20 Jahren, zum Beispiel in Rio 1992 und
2012, nicht zurückgedrängt oder gestoppt, sondern – im
Gegenteil – sogar verstärkt. Der Anspruch einer nach-
haltigen wirtschaftlichen Entwicklung vor allem in den
Ländern des Südens wurde dadurch ganz massiv gefähr-
det.

Die Menschen, die in den ärmsten Ländern dieser
Erde leben, haben die größten Risiken und Konsequen-
zen zu tragen. Wir diskutieren das immer in unseren Ent-
wicklungskreisen, aber es folgen nicht die entsprechen-
den Konsequenzen für die Industriestaaten, für die
Länder des Nordens. Es braucht sehr viel Geld für An-
passungsmaßnahmen. Ohne solche Maßnahmen – das
steht auch im Bericht – wird in vielen Regionen ein
Rückgang der Erträge von Weizen, Reis und Soja um bis
zu einem Fünftel im Laufe des Jahrhunderts zu erwarten
sein. Deswegen sind wir hier in der Verantwortung. Es
geht um die Existenz von vielen Menschen.

Wir müssen die Standards und die selbst formulierten
Ziele zur CO2-Reduzierung einhalten. Wir müssen aber
auch ganz konkret viel mehr Geld für die Finanzierung
bereitstellen. 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr werden
allein für die Anpassungsmaßnahmen in den Ländern
des Südens benötigt. Die Bundesregierung macht hier





Heike Hänsel


(A) (C)



(D)(B)

sehr wenig. Wir haben gefordert, dass bei den Vereinten
Nationen ein Fonds für Anpassungsmaßnahmen, aber
auch für Wiedergutmachung eingerichtet wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Das soll kein Geld sein, das für die Entwicklungszusam-
menarbeit bereitsteht; es muss extra Geld bereitgestellt
werden, weil es um eine Art der Kompensation, der Wie-
dergutmachung geht. Das brauchen die Menschen in den
Ländern des Südens. Hier sind wir in der Verantwortung.

Es gibt eine Initiative von Nobelpreisträgern, die for-
dert: Wir müssen die Billionen von Rüstungsgeldern
endlich umwidmen für Klimaschutz, für soziale Ent-
wicklung weltweit. Das wäre dann auch eine gerechte
Klimapolitik.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802520700

Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist

Frank Schwabe, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1802520800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der Tat, mit dem neuen Weltklimabericht ist noch ein-
mal deutlich geworden: Erstens. Der Klimawandel ist
existent. Zweitens. Er ist menschengemacht. Drittens. Er
hat gravierende Auswirkungen auf Mensch und Natur.
Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir den Kampf
gegen den Klimawandel intensivieren und das machen,
was auch die Ministerin betont hat, nämlich Anpas-
sungsmaßnahmen im Land vornehmen, aber auch inter-
national finanzieren.

Alle, die hier gesagt haben: „Es geht am Ende nur
global; es geht nur weltweit“, haben vollkommen recht.
Um das klarzumachen, reden gleich für uns auch noch
eine Außenpolitikerin und eine Entwicklungspolitike-
rin. Aber ich sage gleichzeitig: Hinter einer solchen Aus-
sage kann man sich nicht verstecken.


(Beifall bei der SPD)


Am Ende geht es darum, dass Länder und Regionen ihre
Beiträge leisten.

Ich will dazu deutlich sagen: Ich sehe mit etwas Sorge
die Debatte, die zurzeit innerhalb der Europäischen
Union geführt wird. Ich will die Bundesregierung aus-
drücklich loben – ich glaube, so wird das auch interna-
tional und europäisch wahrgenommen –: Wir sind da am
guten Ende der Debatte. Das, was ich ansonsten höre,
halte ich eher für bedenklich. Wenn es wirklich so sein
sollte, dass die Europäische Union ihre Ziele für ein
weltweites Klimaabkommen 2015 erst im Frühjahr des
nächsten Jahres vorlegt, dann ist das definitiv zu spät.
Ich denke, das ganze Haus erwartet von der Bundesre-
gierung, von der Europäischen Union, dass wir durchset-
zen, dass das eher geschieht, um eine entsprechende Dy-
namik in die internationalen Verhandlungen zu bringen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt geht es darum, Bilanz zu ziehen – das wollen ja
die Grünen mit der von ihnen beantragten Aktuellen
Stunde heute – über das, was in Deutschland gelaufen
ist. Da komme ich nicht umhin, zu sagen – ich habe das
in der letzten Debatte schon betont –: Aus meiner Sicht
hat es für den Klimaschutz in Deutschland leider vier
verlorene Jahre gegeben. Ich habe das schon beim letz-
ten Mal der hier nur noch imaginären FDP zugeschrie-
ben, in der es einen „Mister No“ gab, der am Ende gegen
jede Maßnahme in Deutschland, aber auch in Europa
vorgegangen ist. Wir haben hier ein nationales Hickhack
erlebt. Wir waren zwischenzeitlich leider die europäi-
schen Bremser und haben letztendlich wichtige Vorha-
ben im Bereich des Emissionshandels, im Bereich der
Kraftstoffqualitätsrichtlinie blockiert.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Minister heißt jetzt Gabriel!)


Das kann man in den Zahlen auch nachlesen, Herr
Krischer. Nachdem wir fast 20 Jahre Fortschritte ge-
macht und die CO2-Emissionen in Deutschland abge-
senkt haben, sind sie in den letzten zwei Jahren wieder
gestiegen. Das ist eine falsche Entwicklung; dagegen
müssen wir angehen.


(Beifall bei der SPD)


Ich betone noch einmal: Die neue Bundesregierung
wird auch innerhalb der Europäischen Union als wohl-
tuend wahrgenommen. Endlich sprechen die Umweltmi-
nisterin und der Wirtschaftsminister mit einer Stimme;
das war nicht immer selbstverständlich. Dass das jetzt so
ist, ist ein Riesenerfolg. Dass Umweltministerin, Wirt-
schaftsminister und die Koalitionspartner mit einer
Stimme sprechen, hat unter anderem dazu geführt, dass
wir beim Backloading richtige Signale gegeben haben
und hinsichtlich der bis 2030 zu erreichenden Ziele der
Europäische Union gut aufgestellt sind; die Kolleginnen
und Kollegen haben das schon betont. Es ist unsere feste
Erwartung, dass sich die ganze Bundesregierung, also
auch die Bundeskanzlerin, in den entscheidenden Ver-
handlungen auf europäischer Ebene entsprechend durch-
setzt.

Was brauchen wir in Deutschland? Auch das ist schon
vom Kollegen Jung und anderen betont worden: Wir ha-
ben die wohltuende Übereinkunft erzielt, die Treibhaus-
gasemissionen in Deutschland um 40 Prozent reduzieren
zu wollen. Es ist aber auch notwendig – das hat die
Ministerin gesagt –, dass wir uns ehrlich machen und
klarstellen, wo wir eigentlich stehen. Wir dürfen uns
nicht in die eigene Tasche lügen. Genau das war, glaube
ich, in den letzten Jahren zu häufig der Fall. Da gab es
das eine und das andere Gutachten. So richtig war aber
nicht klar, inwieweit wir unsere Ziele erreicht haben.
Heute müssen wir leider feststellen: Wir sind noch nicht
auf dem richtigen Weg; wir müssen dringend umsteuern.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sylvia KottingUhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])






Frank Schwabe


(A) (C)



(D)(B)

Das gilt auf der einen Seite für den Bereich der Ener-
giewirtschaft, insbesondere für den Bereich des Emis-
sionshandels, den wir flottmachen wollen und zu dem es
aus Deutschland jetzt ambitionierte Vorschläge gibt. Für
mich persönlich möchte ich aber sagen: Der europäische
Emissionshandel muss gelingen. Wenn er nicht gelingt,
weiß ich jedenfalls nicht, wie wir zu einem weniger
CO2-intensiven Energiemix kommen sollen. Womög-
lich müssten wir auch noch über andere Maßnahmen dis-
kutieren; es hilft nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der Bereich Emissionshandel ist die eine Seite der Me-
daille.

Die zweite Seite der Medaille ist das, was wir auf na-
tionaler Ebene umsetzen müssen; darauf hat die Ministe-
rin gerade hingewiesen. Es ist richtig, ein Programm auf-
zustellen, und zwar so, dass alle Ministerien in die
Verantwortung genommen werden. Klimaschutz ist eben
nicht nur in der Verantwortung des Umweltministeri-
ums. Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe, bei der
alle gefordert sind. Ich glaube, auch da hat die Ministerin
die Unterstützung des gesamten Hauses.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Energieeffizienzrichtlinie wird im Übrigen, Frau
Kollegin Baerbock, in Kürze umgesetzt. Dass dies erst
jetzt geschieht, kann man vielleicht ebenfalls dem ehe-
maligen Bundeswirtschaftsminister in die Schuhe schie-
ben. Herr Gabriel und Frau Hendricks haben schon deut-
lich gemacht, dass diese Richtlinie in Kürze umgesetzt
wird.

Ich glaube, dass wir, wie im Koalitionsvertrag veran-
kert, einen langfristigen Klimaschutzplan mit gesetzge-
berischen Komponenten, so will ich es einmal formulie-
ren, brauchen. Wir haben die letzten Jahre erlebt, dass
wir uns durchaus sehr gute, ambitionierte Ziele gesteckt
haben, aber auf dem Weg der Zielerreichung eben nicht
so weit gekommen sind, wie es nötig ist, weil die Über-
prüfungsmechanismen nicht ordentlich funktioniert ha-
ben. Insofern sage ich, an die Grünen gerichtet: Wir
haben eine neue Bundesregierung mit neuer Ernsthaftig-
keit, neuen Ambitionen und neuem Schwung im Klima-
schutz, und das sollte uns alle freuen.

Ein herzliches Glückauf!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802520900

Vielen Dank. – Für die CDU/CSU hat jetzt

Dr. Thomas Gebhart das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Thomas Gebhart (CDU):
Rede ID: ID1802521000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der

Weltklimarat hat seinen jüngsten Bericht vorgelegt. Er
hat sehr anschaulich beschrieben, was die Auswirkungen
des Klimawandels sind und sein werden. Die Risiken
sind enorm hoch, und es ist völlig klar: Der Klimawan-
del ist und bleibt eine der größten Herausforderungen
dieser Zeit. Dieser Bericht mahnt uns, zwei Dinge zu
tun: auf der einen Seite Klimaschutz zu betreiben und
auf der anderen Seite uns an die Folgen des Klimawan-
dels anzupassen – hier in Deutschland, in Europa und
insbesondere in jenen Ländern, die schon heute in star-
kem Maße von diesen Auswirkungen betroffen sind.

Zum Klimaschutz. Wir wissen, er ist eine globale He-
rausforderung. Ein einzelnes Land für sich kann dieses
Problem nicht lösen. Deswegen ist es so wichtig, dass
die Welt kooperiert, dass wir eine gemeinsame Antwort
finden, und deswegen ist es so wichtig, dass es im nächs-
ten Jahr, 2015, in Paris gelingt, endlich ein weltweites,
möglichst ambitioniertes Abkommen über den Klima-
schutz zu erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich habe als Teil der deutschen Delegation an mehre-
ren Klimakonferenzen der letzten Jahre teilgenommen.
Ich habe erlebt, wie unglaublich zäh dieser Verhand-
lungsprozess ist. Ich habe erlebt, wie schwierig es ist, die
unterschiedlichen Interessen von 195 Ländern unter ei-
nen Hut zu bringen, zumal bei diesen Verhandlungen das
Einstimmigkeitsprinzip gilt. Deswegen lautet meine Pro-
gnose: So wichtig diese Verhandlungen sind und so
wichtig es ist, dass wir daran arbeiten, ein möglichst gu-
tes Abkommen zustande zu bringen, so sehr werden
diese Konferenzen und die Abkommen allein die Pro-
bleme nicht lösen können. Es muss ein Zweites hinzu-
kommen: Forschung, Entwicklung, technologische Inno-
vation, die es ermöglicht, Wohlstand und Wachstum auf
der einen Seite und Umwelt- und Klimaschutz auf der
anderen Seite vernünftig in Einklang zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Technologie wird am Ende ein Schlüssel sein – Effi-
zienztechnologien, erneuerbare Energien, neue Antriebs-
technologien und vieles mehr –, Technologie, die es er-
möglicht, Wohlstand zu schaffen auf der einen Seite und
den CO2-Ausstoß zu verringern auf der anderen Seite.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deutschland hat sich mit der Energiewende auf den
Weg gemacht. Es ist höchst interessant, zu beobachten
– auch bei diesen Weltklimakonferenzen –, wie interna-
tional auf Deutschland geschaut wird. Man beobachtet
sehr genau, wie wir diese Energiewende angehen. Man
spricht international von „the German Energiewende“;
schon dies ist aussagekräftig. Das Interesse an dieser
Energiewende ist riesig. Genauso klar ist aber – das wird
in allen Diskussionen auf dieser Ebene deutlich –: Die
deutsche Energiewende wird nur dann zu einem Modell,
das für andere Länder in der Zukunft attraktiv ist, wenn
wir es in Deutschland schaffen, diesen Umbau so zu or-
ganisieren, dass die Energieversorgung sicher bleibt,
dass auch die Preise bezahlbar bleiben und dass die In-
dustrie eben nicht abwandert, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn uns dies nicht gelingt, dann wird die Energie-
wende mit Sicherheit nicht zu einem Modell für andere





Dr. Thomas Gebhart


(A) (C)



(D)(B)

Länder werden und dann werden wir dem Klimaschutz
international einen Bärendienst erweisen. Je besser die
Energiewende gelingt, desto größer wird am Ende die
Chance sein, dass sich Nachahmer finden, und desto
eher können wir es schaffen, tatsächlich einen echten, ei-
nen wichtigen Beitrag zum internationalen Klimaschutz
zu leisten.

Es geht heute um die Frage: Welche Konsequenzen
sind für unser Land aus dem Weltklimabericht zu zie-
hen? Ich bin überzeugt, die wichtigste Konsequenz ist:
Wir müssen die deutsche Energiewende zum Erfolg
bringen. Erfolg bedeutet in diesem Fall: Wir müssen es
schaffen, dass die Energiewende gelingt, unter Umwelt-
schutzgesichtspunkten, genauso aber unter wirtschaftli-
chen und sozialen Gesichtspunkten. Daran müssen wir
arbeiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802521100

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin

Edelgard Bulmahn, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1802521200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der Klimawandel findet statt – es gibt keine
ernsthaften wissenschaftlichen Zweifel mehr –, und er
betrifft uns alle. Er findet auf allen Kontinenten statt,
und er findet auf allen Weltmeeren statt. – Das ist, in
Kurzfassung, die Kernaussage aus dem Bericht des
Weltklimarates.

Der Bericht enthält eine zweite Kernaussage: Es gibt
erfolgversprechende Gegenstrategien, um den Klima-
wandel einzudämmen und um die dramatischen Auswir-
kungen zu verringern. Genau darüber diskutieren wir
heute. Acht Schlüsselrisiken hat der IPCC identifiziert.
Angesichts dieser Dimension der Herausforderung, die
in dem Bericht deutlich wird, fragen sich viele Men-
schen: Kann Deutschland überhaupt etwas tun? Ist
Deutschland nicht viel zu klein, um tatsächlich spürbare
Veränderungen zu bewirken, damit künftige Generatio-
nen noch gute Lebensbedingungen vorfinden? Ja, es
stimmt; Deutschland allein kann den Klimawandel nicht
stoppen. Die Schlussfolgerung, dann könne sich
Deutschland eine anspruchsvolle Klimaschutzpolitik
sparen, wäre aber grundfalsch.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Josef Göppel [CDU/CSU])


Deutschland verfügt wie nur wenige andere Nationen
über eine leistungsfähige industrielle Basis, über hervor-
ragende Wissenschaftseinrichtungen und Forschungsein-
richtungen, über erfolgversprechende Technologiestrate-
gien, über erfolgversprechende ökonomische Strategien,
um den Wechsel von einer ressourcenvernichtenden
Wirtschaftsweise zu einer ressourcenschonenden Wirt-
schaftsweise zu vollziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das ist die eigentliche Herausforderung, vor der wir ste-
hen. Die Bundesumweltministerin hat recht, wenn sie
sagt, das sei nicht allein ihre Aufgabe. Es ist eine Quer-
schnittsaufgabe der ganzen Bundesregierung, es ist eine
Querschnittsaufgabe der Wirtschaft, und es ist eine
Querschnittsaufgabe eines jeden Menschen in unserem
Land. Nur gemeinsam werden wir diese Herausforde-
rung bewältigen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dreh- und Angelpunkt aller Klimaschutzstrategien ist
die Begrenzung des Klimawandels und damit auch die
drastische Absenkung der anthropogen verursachten
Treibhausgasemissionen. Energieeinsparung und Res-
sourcenwechsel sind die zentralen Elemente des Um-
baus, den ich beschrieben habe, eines Umbaus, der sich
im Übrigen nicht allein auf Stromerzeugung und Strom-
verbrauch beschränken darf, sondern sich auf das ge-
samte Energiesystem und auf unsere gesamte Volkswirt-
schaft beziehen muss.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich ist es am besten – das ist klar –, Energie gar
nicht erst zu verbrauchen. Bereits die absehbaren und re-
alisierbaren Einsparpotenziale sind enorm. Ich will es
einmal konkret machen: Rund zwei Drittel des Energie-
verbrauchs in Gebäuden dienen der Warmwasserzube-
reitung und der Raumtemperierung. Wir wollen deshalb
die Gebäudedämmung und die energetische Sanierung
des Altbaubestandes massiv vorantreiben. Ich bin sehr
froh, dass sich auch die Bundesumweltministerin das
Ziel gesetzt hat, hier zu anspruchsvollen Programmen
und Ergebnissen zu kommen. Passiv- oder Plusenergie-
häuser sind keine technische Utopie; sie sind realisier-
bar. Wir brauchen klare Zielmarken und auch Anreize,
um gerade beim Altbaubestand voranzukommen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die Steigerung der Energieeffizienz ist ebenfalls eine
große Aufgabe, und zwar auf allen Ebenen: in unseren
Haushalten durch verbrauchsärmere Geräte, bei unseren
Kraftfahrzeugen durch effizientere Motoren und andere
Antriebskonzepte, durch ein verändertes Produktdesign,
in der Industrie durch effizientere Produktionsverfahren
und die Rückgewinnung von Prozesswärme, in den Ge-
bäuden durch die Verbindung von Energie- und Wär-
meerzeugung, durch den Einsatz von neuen Materialien
und durch den Einsatz einer modernen, effizienten Steu-
erungstechnik. All das zeigt: Die Möglichkeiten sind
groß und bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Das zeigt
wiederum: Es ist eine Querschnittsaufgabe. Nur auf den
Klimaschutz und nicht auf die ganzen anderen Bereiche
zu schauen, würde uns nicht wirklich weiterführen.
Dann kämen wir nicht zu dem gewünschten Ziel und
dem angestrebten Ergebnis.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)






Edelgard Bulmahn


(A) (C)



(D)(B)

Es gehört auch dazu, dass wir die teilweise wider-
sprüchlichen internationalen Vertrags- und Regelwerke
zu einem kohärenten Regelsystem weiterentwickeln.
Das gilt nicht nur in Bezug auf den Emissionshandel,
sondern für viele Regelwerke wie WTO- und andere in-
ternationale Verträge. Wir müssen immer wieder dafür
werben, dass sie kohärent auf Klimaschutzziele ausge-
richtet werden.

Gleiches gilt für die Energiewende. Die Vorredner ha-
ben recht: Für das Gelingen der Energiewende ist ent-
scheidend, ob wir es hier schaffen, einen spürbaren und
wirksamen Beitrag zur Reduzierung des Klimawandels
zu leisten. Ich bin sehr froh, dass die Koalition diese
Aufgabe mit Nachdruck angeht, dass sie sich ambitio-
nierte Ziele setzt, dass sie die Stellschrauben beschreibt,
dass sie eine gezielte Technologieförderung betreiben
will, dass sie sich die Koordinierung der verschiedenen
Politikfelder vorgenommen hat und dass sie Überprü-
fungsmechanismen einführen will, die wir tatsächlich
brauchen.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir gesell-
schaftliche und technologische Innovationen und nicht
den Verzicht darauf brauchen und dass wir feststellen
werden, dass ein schonender und effizienter Umgang mit
Ressourcen die Schlüsselkompetenz zukunftsfähiger Ge-
sellschaften sein wird. Wenn es Deutschland gelingt, zu
zeigen, dass eine energieeffiziente, ressourcenschonende
Volkswirtschaft auch eine erfolgreiche Volkswirtschaft
sein kann und dass eine Energiewende ohne drastische
Wohlstandsverluste gelingen kann, dann ist das ein Mo-
dell, das vielen anderen Ländern Mut machen wird und
dem, so glaube ich, viele folgen werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802521300

Danke, Frau Bulmahn. – Herr Kollege Göppel, Sie

haben jetzt das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1802521400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wie glaubwürdig ist das europäische Klimaziel einer
Senkung der Treibhausgase um 40 Prozent? Das war
gestern die Frage im Entwicklungsministerium bei dem
Kongress „Zukunftscharta“ mit starker internationaler
Beteiligung.

Viele Länder des Südens haben mitbekommen, dass
der europäische Emissionshandel nicht richtig funktio-
niert. Von ihm geht kein Anreiz mehr zum Klimaschutz
aus. Grund ist der Konstruktionsfehler, dass reale Sen-
kungen des Klimagasausstoßes durch Innovationen oder
auch durch langsamere wirtschaftliche Tätigkeit nicht
automatisch zu einer Verringerung der Zahl der Emis-
sionszertifikate führen. Die entscheidende Frage ist jetzt:
Werden wir bis zur Klimakonferenz in Paris die viel ver-
langte Reform des Emissionshandels schaffen? Wenn
wir das nicht schaffen, dann werden wir als Europäer in
Paris nicht glaubwürdig auftreten können und sich an-
dere mit Verweis auf das Versagen bei der Erreichung
des europäischen Klimaziels in ihren Anstrengungen zu-
rückhalten. Letztlich würde auch diese Konferenz wie-
der scheitern.

Ich bin deswegen der Meinung, dass wir über Alter-
nativen nachdenken müssen. Die konservative britische
Regierung hat vor ziemlich genau einem Jahr, am 1. April
2013, einen Mindestpreis für Zertifikate eingezogen, der
bei 16 Pfund je Tonne CO2 liegt; das wären 19,20 Euro.
Solange der europäische Emissionshandel die
19,20 Euro nicht erreicht, gilt der Basispreis. Ich meine,
wir müssen die Idee einer Untergrenze ins Spiel bringen,
um Deutschland und die deutsche Wirtschaft auf dem
Innovationspfad zu halten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Es wird in der Tat viel für unsere Wettbewerbsfähig-
keit getan; ich unterstütze das. Heute Abend wird Herr
Gabriel nach dem Treffen mit Herrn Almunia aus Brüs-
sel heimkommen mit der Zusicherung für mehr Befrei-
ungen für die Industrie statt mit weniger Befreiungen.
Wir haben also sehr wohl ein Auge auf die Wettbewerbs-
fähigkeit der Industrie. Aber da, wo die Gefahr besteht,
dass unsere technologische Spitzenstellung in der Welt
bedroht ist, müssen wir politisch handeln; denn letztlich
ist der Erfolg Deutschlands auf den Weltmärkten von der
Glaubwürdigkeit unserer Technologien abhängig. Das
wird langfristig auch Wohlstand und Arbeitsplätze in
Deutschland sichern. Frau Hendricks, man spürt Ihr
Engagement als Umweltministerin. Sie sind eine Frau,
die weiß, wie man Mehrheiten organisiert.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Darauf setzen wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir haben die Aussage der Kanzlerin bei der Entge-
gennahme des Berichtes gehört. Sie hat gesagt: Wir
brauchen einen neuen Anlauf. – Liebe Kolleginnen und
Kollegen, daran möchte ich anknüpfen: Wir müssen ei-
nen neuen Anlauf aus den Fraktionen heraus unterneh-
men. Das betrifft die Union auf der Basis der Verantwor-
tungsethik der sozialen Marktwirtschaft; das betrifft die
Sozialdemokraten aufgrund ihrer ordnungspolitischen
Traditionen. Gemeinsam müssen wir einen neuen politi-
schen Anlauf bewirken; denn das ist notwendig, damit
wir glaubwürdig bleiben. Nur so können wir die Klima-
probleme lösen.

Ich komme noch einmal auf die Konferenz gestern
bei Minister Gerd Müller zu sprechen. Wer die Erwar-
tungen und Hoffnungen der Menschen aus Afrika und
Südamerika auf die Hilfe durch deutsche Technik ge-
spürt hat, der kann nur mit größter Energie daran arbei-
ten, dass wir auf diesem Innovationspfad schneller vo-
rangehen und die Zaghaftigkeit, die sich in den letzten
Monaten eingeschlichen hat, überwinden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) (C)



(D)(B)


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802521500

Vielen Dank. – Frau Dr. Bärbel Kofler ist jetzt die

nächste Rednerin für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1802521600

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich bin froh, dass wir die Gelegenheit haben, über
den Weltklimabericht zu diskutieren, weil er – viele Vor-
redner haben es gesagt – eine sehr deutliche Sprache
spricht. Es gibt zwei Themenstränge. Das eine Thema
– es ist mehrfach angesprochen worden – ist die Vermei-
dung des CO2-Ausstoßes bei uns im eigenen Land mit
allen Strategien zur Energiewende und zum Emissions-
handel, wie meine Vorredner gerade ausgeführt haben.
Aber es geht auch um Vermeidungsstrategien weltweit.

Ich habe es in verschiedenen Reden betont und
möchte es auch heute noch einmal betonen: Wir leben in
einer Welt, in der weit mehr als 1 Milliarde Menschen
keinen Zugang zu Energie hat, mit allen Folgen für ihre
persönliche Entwicklung, für die Entwicklungschancen,
für die Bekämpfung von Armut und für die Industriali-
sierung und Entwicklung dieser Länder.

Wenn wir CO2-Ausstoß zukünftig vermeiden und
nachhaltig handeln wollen, dann ist es unabdingbar, dass
wir uns einer fossilfreien und CO2-mindernden Energie-
strategie zuwenden und eine nachholende Entwicklung
in den Entwicklungsländern ohne dieselben Fehler mög-
lich machen, die wir selbst bei unserer Industrialisierung
gemacht haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zurzeit findet der EU-Afrika-Gipfel statt. Ich finde es
in diesem Zusammenhang wichtig, dass wir zum Bei-
spiel auch über die Energiepartnerschaft mit Afrika dis-
kutieren. Wenn versprochen wird, bis zum Jahr 2020 für
100 Millionen Afrikaner Zugang zu Energie zu schaffen,
dann kann das nur mit erneuerbaren Energien und einer
Verstärkung der Energieeffizienz geschehen. Denn nur
so trägt das zu einer nachhaltigen Entwicklung in diesen
Ländern bei.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der Weltklimabericht spricht auch eine deutliche
Sprache, was Anpassungsmaßnahmen anbelangt. Das ist
die zweite Seite der Medaille: Dort, wo wir nicht mehr
umhinkönnen, müssen wir das, was bereits kaputt ist und
wo wir bereits versagt haben, an Schäden beheben.

Ich möchte ein paar Beispiele nennen, damit man sich
vorstellen kann, worum es geht. Es gibt deutliche Aussa-
gen, dass zum Beispiel schon bei einer Klimaerwärmung
um 1,5 Grad Celsius bis 2030 40 Prozent der Anbauflä-
chen dieser Erde für Mais vernichtet werden. Schon bei
einer so „geringen“ Erhöhung um 1,5 Grad Celsius wäre
es dann nicht mehr möglich, dort Mais anzubauen.

Wir alle wissen, was das für Folgen für die Menschen
in den Entwicklungsländern und für die Nahrungsmittel-
und Ernährungssicherheit hätte und was für eine un-
glaubliche Hungerkatastrophe auf uns zukommen wird,
wenn wir hier nicht rechtzeitig handeln.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ähnliches gilt für die Trinkwasserversorgung und den
Zugang zu sauberem Wasser. Wer jemals in einem Land
war, das besonders vom Klimawandel betroffen ist, und
gesehen hat, was es bedeutet, wenn Böden versalzen und
das, was früher angebaut wurde, nicht mehr angebaut
werden kann, aber auch das Trinkwasser nicht mehr dort
zu finden ist, wo es früher geholt wurde, sodass man
– meistens im Übrigen die Frauen – stundenlang auf der
Suche nach Wasser durch die Gegend laufen muss, das
dann beileibe nicht sauber ist, der kann ermessen, was
das für eine Katastrophe für diese Länder und die Men-
schen dort ist.

Wenn wir dem entgegenwirken wollen, dann ist es,
finde ich – auch wenn es um die Nachhaltigkeitsziele
und die Verhandlungen darüber in der UN geht –, die
erste Voraussetzung, dass wir anerkennen: Es gibt eine
gemeinsame Verantwortung für den Klimawandel der
Länder dieser Erde, aber es gibt eine unterschiedliche
Verantwortung. Die historische Verantwortung für die,
die den Klimawandel verursacht haben, liegt bei den In-
dustrieländern und künftig auch bei den Schwellenlän-
dern, aber nicht bei den Entwicklungsländern, die jetzt
unter den Folgen des Klimawandels leiden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Diese Anerkennung ist im Übrigen die Voraussetzung
dafür, dass wir Vertrauen auf den Klimakonferenzen der
nächsten Jahre gewinnen und hier Allianzen schmieden
können, die zu wirklich fortschrittlichen Klimaschutzab-
kommen weltweit führen.

Das hat auch Konsequenzen für die Finanzierung; das
muss man sehr deutlich sagen. Anpassungsmaßnahmen
haben – ich habe nur einen Teil dessen geschildert, was
notwendig sein wird – einen hohen Finanzierungsbedarf;
darüber müssen wir uns klar sein. Diesen Bedarf können
wir nicht mit den Ressourcen bewältigen, die bisher in
den Haushalt eingestellt sind.


(Beifall bei der SPD)


Das betrifft nicht nur uns. In jedem nationalen Haushalt
sind weltweit zu wenige Mittel eingestellt, um die Ziele,
die wir anstreben, zu erreichen oder zumindest die Fol-
gen des Klimawandels abzumildern. Ein Satz der Hilfs-
organisation CARE beschreibt alles, was man dazu in
finanzieller Hinsicht sagen kann – ich finde ihn absolut
richtig –: „Bekämpfung des Klimawandels und Unter-
stützung bei Anpassungsmaßnahmen“ sind „kein Akt
der Barmherzigkeit, sondern eine Frage der Gerechtig-
keit“.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802521700

Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist der

Kollege Carsten Müller, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Carsten Müller (CDU):
Rede ID: ID1802521800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Richtig ist: Der Klimawandel hat nicht nur diese
Debatte fest im Griff, sondern auch unseren gesamten
Planeten. Das sehen wir an einer Anzahl dramatischer
Naturereignisse gerade in jüngerer Vergangenheit.
Schmelzende Gletscher, dramatische Hochwassersitua-
tionen, ungewöhnlich lang anhaltende Dürreperioden in
einigen Teilen der Welt und Wetterextreme im Allgemei-
nen beschäftigen uns und die Öffentlichkeit. Deutsch-
land nimmt – das ist allerdings genauso wichtig – beim
Klimaschutz ohne Zweifel eine Vorreiterposition ein.
Mein Kollege Andreas Jung hat gleich eingangs der De-
batte richtigerweise darauf hingewiesen. Eine Vielzahl
von Rednern in der Debatte hat auf den weiteren wichti-
gen Punkt hingewiesen, dass eine ambitionierte Klima-
schutzpolitik auch eine große Chance für unsere heimi-
sche Industrie darstellt.


(Beifall der Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Ich freue mich, dass die Kollegin Baerbock klatscht.
Ich werde im weiteren Verlauf meiner Rede auf Sie viel-
leicht noch zu sprechen kommen.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich wollte es auch gerade tun!)


Ambitionierte Klimaschutzpolitik schafft Spitzen-
technologie, und diese sichert Ausbildungs- und Arbeits-
plätze sowie Steuerkraft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist für uns, die Union, eine sehr wichtige Gleichung.

Ich persönlich freue mich sehr, dass sich diese Bun-
desregierung unzweifelhaft zur Zieltrias bekannt hat,
nämlich zu ambitionierten Zielen im Bereich des Aus-
baus der erneuerbaren Energien genauso wie zu ambitio-
nierten Zielen im Bereich der Treibhausgasreduktion
und bei der Energieeffizienz. Nur so kann Klimaschutz
wirksam umgesetzt werden. Das kann aber nur klappen,
wenn wir mit großer Gestaltungskraft vorangehen.

Ich will einen einzelnen Bereich besonders beleuch-
ten, nämlich den Verkehrssektor. In den bisherigen Aus-
führungen ist er kurz gestreift worden. Ich will uns ei-
nige Zahlen, die wir im Verkehrssektor zu verzeichnen
haben, noch einmal vor Augen führen. Im Jahr 2012 kam
es durch den Verkehrssektor zu einem CO2-Ausstoß in
der Größenordnung von 151 Millionen Tonnen. Das wa-
ren rund 16 Prozent der gesamten Treibhausgasemissio-
nen in Deutschland. Einen großen Anteil hat dabei der
Pkw- und Lkw-Verkehr. Aber richtig ist auch, dass die
Gesamtemissionen im Zeitraum zwischen 1999 und
2012 um insgesamt 31 Millionen Tonnen reduziert wer-
den konnten. Es gibt also eine gewisse Aufteilung. Das
zeigt uns, dass wir im Grundsatz auf dem richtigen Weg
sind, dass aber noch eine Menge zu tun bleibt.

Wir haben beim Pkw-Verkehr 9 Prozent weniger
Treibhausgase und Luftschadstoffe, die ausgestoßen
werden, im Vergleich zum Jahre 1995 zu verzeichnen.
Wenn wir auf das Jahr 2006 blicken, stellen wir die gute
Entwicklung fest, dass der Kohlendioxidausstoß beim
Pkw-Verkehr von im Durchschnitt rund 175 Gramm pro
Kilometer auf 136 Gramm und damit um über 20 Pro-
zent zurückgegangen ist. Ich habe die deutsche Industrie
bereits an anderer Stelle angesprochen. Über 500 Fahr-
zeuge deutscher Automobilhersteller unterschreiten
schon heute die Grenze von 120 Gramm CO2-Ausstoß
pro Kilometer.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Beim Lkw-Verkehr haben wir bezogen auf die Fahr-
zeuge sogar etwas bessere Ergebnisse, nämlich eine
Minderung um rund 28 Prozent im selben Zeitraum.
Aber wir haben folgendes Problem: Durch die Zunahme
des Transportvolumens und der Fahrleistung haben wir
bedauerlicherweise eine Steigerung des CO2-Ausstoßes
per saldo um 11 Prozent in den letzten 20 Jahren.

Ich will etwas konkreter werden. Für uns gibt es einen
sehr konkreten Handlungsauftrag. Den haben wir als Re-
gierungskoalition angenommen. Im Koalitionsvertrag
haben wir uns dazu verpflichtet, künftig mehr Verkehr
auf Schienen und Wasserstraßen zu verlagern. Ich per-
sönlich halte das für den richtigen Weg. Als Koalitions-
fraktionen werden wir unseren Beitrag bei der Diskus-
sion des Bundesverkehrswegeplans 2015 leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Frau Kollegin Baerbock, an dieser Stelle wollte ich
etwas intensiver auf Sie eingehen. In Anbetracht der Zeit
setze ich darauf,


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schade!)


dass die Frau Präsidentin besondere Großzügigkeit wal-
ten lässt, weil ich der letzte Redner bin.

Meine Damen und Herren, uns kommt es auf Folgen-
des an: Wie müssen eine sorgfältig austarierte Balance
zwischen industriepolitischen Zielen und Klimaschutz-
zielen finden. Es geht darum, dass wir ambitionierte
Ziele formulieren und diese dann erreichen. Aber wir
dürfen diese Ziele nicht utopisch formulieren und damit
die Bevölkerung auf diesem wichtigen Weg zurücklas-
sen. Das kann nicht richtig sein. Insofern, meine Damen
und Herren, ist die Koalition auf dem richtigen Weg. Wir
haben einige wichtige Weichen gestellt.

Abschließend nenne ich den Bereich der Elektromo-
bilität. Gestatten Sie mir: Ich freue mich ganz besonders,
dass in der vergangenen Woche ein Meilenstein im Be-
reich der Elektromobilität erreicht worden ist. Induktiv
aufgeladene Linienbusse fahren in meiner Heimatstadt
Braunschweig im Regelverkehr. Das ist ein besonderer
Beitrag. Wir freuen uns darüber, dass dies international
Beachtung findet.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ein letzter Satz – dies gestattet die Frau Präsidentin
mit Sicherheit –: Ich habe etwas zu den Emissionen ge-
sagt. Meine Damen und Herren, beim Durchblättern des
Entwurfs des Haushaltsplans habe ich festgestellt, dass
der Ansatz für die Nachrüstung von Rußpartikelfiltern





Carsten Müller (Braunschweig)



(A) (C)



(B)

wahrscheinlich infolge eines bedauerlichen Versehens
auf 0 Euro herabgesetzt wurde. Das ist deutlich zu we-
nig. Wir als Unionsfraktion wollen kräftig Mittel nach-
führen, damit wir mindestens den Stand der Vorjahre er-
reichen.

Ich freue mich unter anderem auf Ihre Unterstützung
bei diesem wichtigen Vorhaben und bedanke mich für
die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1802521900

Vielen Dank.

Die Aktuelle Stunde ist beendet. Wir sind damit am
Schluss der heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 3. April 2014,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.