Protokoll:
18013

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 13

  • date_rangeDatum: 12. Februar 2014

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:04 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/13 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: 17. Bericht der Bundesregierung zur auswärtigen Kul- tur- und Bildungspolitik; weitere Fragen . . . 903 A Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903 B Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 904 D Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905 A Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905 B Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905 D Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . 906 A Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 906 B Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 906 C Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 906 D Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 907 B Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 907 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 907 D Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 908 A René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 908 B Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 908 C Dr. Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 908 D Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 A Franz Thönnes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 B Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 C Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 909 C Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 D Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 910 A Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 910 B Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 910 C Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 910 D Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911 D Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912 A Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/458 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912 C Mündliche Fragen 1 und 2 Herbert Behrens (DIE LINKE) Entwurf eines Luftverkehrskonzeptes Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912 D Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 913 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 Mündliche Frage 3 Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verabschiedung eines Gesetzes zur Einfüh- rung einer Pkw-Maut im Verlauf des Jah- res 2014 Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913 D Zusatzfragen Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914 A Mündliche Frage 4 Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Mautbefreiung für Fahrzeuge zwi- schen 2,8 und 12 Tonnen Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914 D Zusatzfragen Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914 D Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 915 C Mündliche Fragen 6 und 7 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einführung verschiedener Tarife bzw. ei- nes Ökobonus bei der geplanten Pkw-Maut Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 915 D Zusatzfrage Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916 A Mündliche Fragen 8 und 9 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausgabe von Vignetten bei der Einführung einer Pkw-Maut Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916 C Zusatzfragen Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 916 C Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 917 B Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 917 C Mündliche Frage 10 Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen einer Pkw-Maut in Deutschland und Einführung einer ver- gleichbaren Maut in den Nachbarstaaten Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 917 D Zusatzfragen Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 918 B Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 918 C Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 918 D Mündliche Frage 11 Dr. André Hahn (DIE LINKE) Instandhaltung des Bahnnetzes Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919 A Zusatzfragen Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 919 C Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 920 A Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 920 B Mündliche Frage 12 Dr. André Hahn (DIE LINKE) Vom Schienenverkehr abgekoppelte Städte und Auswirkungen auf die Regionen Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 920 C Zusatzfrage Dr. André Hahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 920 D Mündliche Frage 17 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Auswirkungen des Richtlinienpaketes zur Modernisierung des EU-Vergaberechts auf die Vergabe von Rettungsdienstleistungen Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921 B Zusatzfragen Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 921 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 III Mündliche Frage 18 Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Besetzung der Leitung der Abteilung In- dustriepolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 922 B Mündliche Frage 19 Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen für einen schnellen Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen den USA und der Europäischen Union Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 922 B Zusatzfrage Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 922 B Mündliche Frage 20 Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Investitionsschutzklausel als Teil der ge- planten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923 B Zusatzfragen Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923 C Mündliche Frage 24 Heike Hänsel (DIE LINKE) Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 924 B Zusatzfragen Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 924 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 925 B Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 925 D Mündliche Frage 25 Heike Hänsel (DIE LINKE) Forderung des Außenministers Dr. Frank- Walter Steinmeier nach Sanktionen für Re- gierungsmitglieder in der Ukraine, aber nicht gegenüber der türkischen Regierung Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 926 B Zusatzfragen Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 926 B Mündliche Frage 29 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Außenpolitische Rede des Bundespräsiden- ten auf der 50. Münchner Sicherheitskon- ferenz Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 927 B Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 927 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 928 B Mündliche Frage 30 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Neue Ausrichtung der deutschen Außen- politik und Bereitschaft zu vermehrten Mi- litäreinsätzen auch im europäischen Rah- men Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 928 C Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 928 D Mündliche Frage 31 Nicole Gohlke (DIE LINKE) Einrichtung der Henry-Kissinger-Stiftungs- professur an der Universität in Bonn Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 929 C Zusatzfragen Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 929 D Mündliche Frage 32 Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Humanitäre Korridore im Zusammen- hang mit der Syrien-Krise Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 930 B Zusatzfragen Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 930 C IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 931 B Mündliche Frage 33 Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Stopp von Waffenexporten nach Ägypten Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 931 C Zusatzfragen Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 931 D Mündliche Frage 41 Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wartezeit von gefährdeten afghanischen Ortskräften bis zu einer Visumerteilung Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 932 B Zusatzfragen Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 932 C Mündliche Frage 42 Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufnahmeverfahren für afghanische Orts- kräfte Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933 B Zusatzfrage Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933 C Mündliche Frage 45 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gesetzentwurf zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner und Ratifikation des revidierten europäischen Adoptionsab- kommens Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 934 B Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 934 D Mündliche Frage 46 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Leitsätze bei strafrechtlichen Ermittlungen gegen Mitglieder der Bundesregierung Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935 A Zusatzfragen Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935 B Mündliche Frage 58 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung bei der Än- derung der EU-Honigrichtlinie Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 936 D Zusatzfragen Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 937 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Haltung der Bundesregierung zur strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 938 A Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 939 A Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 C Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 941 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 942 D Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 943 D Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 944 D Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 946 A Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . 947 A Margaret Horb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 948 B Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 949 A Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . 950 A Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU) . . . . . . . . 951 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 952 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 V Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 953 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Caren Marks (SPD) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- schaft zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Bärbel Höhn, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Vor- schlag für einen Beschluss des Rates über das Inverkehrbringen eines genetisch veränderten, gegen bestimmte Lepidopteren resistenten Maisprodukts (Zea mays L. Linie 1507) für den Anbau gemäß der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – KOM(2013) 758 endg.; Ratsdok. 16120/13 – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre- gierung gemäß Art. 23 Abs. 3 des Grundge- setzes – Keine Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 für den Anbau in der EU (11. Sitzung, Tagesordnungspunkt 6 b, Anlage 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953 C Anlage 3 Mündliche Frage 5 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Von Staatssekretär Rainer Bomba erwähnte Gutachten zu Mautlösungen Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954 B Anlage 4 Mündliche Frage 13 Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Umsetzung des angekündigten Sofortpro- gramms für Klimaschutz Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954 B Anlage 5 Mündliche Frage 14 Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abzug überschüssiger Emissionszertifi- kate vom Markt Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954 C Anlage 6 Mündliche Frage 15 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Standortunabhängige Prüfungen für Be- hälter mit verglasten radioaktiven Abfällen aus La Hague Antwort Florian Pronold, Parl. Staatssekretär BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954 D Anlage 7 Mündliche Frage 16 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verkaufsabsichten der Urenco-Gruppe und Treffen des Gemeinsamen Ausschusses der sogenannten Trilogstaaten des Vertrages von Almelo Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 955 B Anlage 8 Mündliche Frage 21 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Forderung nach einem Moratorium für den Ausbau der Höchstspannungsleitun- gen Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 955 C Anlage 9 Mündliche Frage 22 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erreichung der Ziele des Energiekonzepts aus dem Jahr 2010 Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 956 A VI Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 Anlage 10 Mündliche Frage 23 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Erreichung des EU-Ausbauziels für erneuer- bare Energien bis zum Jahr 2020 Antwort Uwe Beckmeyer, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 956 B Anlage 11 Mündliche Frage 26 Andrej Hunko (DIE LINKE) Geplante Hilfszahlungen der Europäischen Union an die Ukraine Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 956 D Anlage 12 Mündliche Frage 27 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Aufruf des ukrainischen Oppositionspoliti- kers Vitali Klitschko zur Bildung von Bür- gerwehren Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 957 B Anlage 13 Mündliche Frage 28 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Eröffnungsrede des Bundespräsidenten auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz und Einschränkung der Richtlinienkompe- tenz der Bundesregierung Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 957 C Anlage 14 Mündliche Fragen 34 und 35 Niema Movassat (DIE LINKE) Humanitäre Hilfsmaßnahmen in Mali und Südsudan Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 957 D Anlage 15 Mündliche Frage 36 Pia Zimmermann (DIE LINKE) Bürger ohne Krankenversicherung in Grie- chenland Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 958 D Anlage 16 Mündliche Frage 37 Pia Zimmermann (DIE LINKE) Abwerbung von griechischen Fachkräften aus dem Gesundheits- und Pflegebereich Antwort Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 B Anlage 17 Mündliche Frage 38 Halina Wawzyniak (DIE LINKE) Veröffentlichung von Dokumenten der Bundesregierung mit einer Creative-Com- mons-Lizenz Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 C Anlage 18 Mündliche Frage 39 Halina Wawzyniak (DIE LINKE) Bundeseinheitliche Durchführung von Bundestagswahlen Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 D Anlage 19 Mündliche Frage 40 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verschärfung des deutschen Waffenrechts aufgrund neuester Forschungserkenntnisse zum Schusswaffenbesitz Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 VII Anlage 20 Mündliche Fragen 43 und 44 Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufnahmeverfahren für gefährdete afgha- nische Ortskräfte Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960 C Anlage 21 Mündliche Frage 47 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Strafbefreiende Selbstanzeige und Mini- mierung des Risikos einer Bestrafung für begangene Steuerstraftaten Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 A Anlage 22 Mündliche Frage 48 Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Steuerliche Gleichstellung von steuerehr- lichen Bürgern und die Selbstanzeige nut- zenden Steuerhinterziehern Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 A Anlage 23 Mündliche Frage 49 Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschaffung des steuerlichen Bankgeheim- nisses und Verhandlungen über ein neues Steuerabkommen mit der Schweiz Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 B Anlage 24 Mündliche Frage 50 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschaffung der Möglichkeit strafbefrei- ender Selbstanzeige nach Steuerhinterzie- hung Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 D Anlage 25 Mündliche Frage 51 Richard Pitterle (DIE LINKE) Steuerliches Mehraufkommen durch die erweiterte beschränkte Steuerpflicht ge- mäß § 2 Außensteuergesetz in den Jahren 2008 bis 2010 Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 962 A Anlage 26 Mündliche Frage 52 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen bei Aufwendungen für Hoteleinkäufe durch Reiseveranstalter Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 962 C Anlage 27 Mündliche Frage 53 Dr. Axel Troost (DIE LINKE) Besteuerung von Vorteilen aus einer Bewir- tung Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 962 D Anlage 28 Mündliche Frage 54 Andrej Hunko (DIE LINKE) Kündigung des Kontos einer Münchner Kundin der Commerzbank Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963 A Anlage 29 Mündliche Frage 55 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vermittlungen von EU-Bürgern in ein Praktikum oder ein Ausbildungsverhältnis Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963 B VIII Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 Anlage 30 Mündliche Frage 57 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Enthaltung der Bundesregierung bei der Abstimmung im Rat der Europäischen Union über die Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963 D Anlage 31 Mündliche Frage 59 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verbraucherschutz im Zusammenhang mit der Änderung der EU-Honigrichtlinie Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 964 A Anlage 32 Mündliche Frage 60 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Positionierung der Bundesregierung be- züglich der Änderung der EU-Honigricht- linie Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 964 C Anlage 33 Mündliche Frage 61 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Technische Vermeidbarkeit des Eintrags von Pollen gentechnisch veränderter Pflan- zen in Honig Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 A Anlage 34 Mündliche Frage 62 Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vereinbarkeit der Änderung der EU- Honigrichtlinie mit dem Honigurteil des Europäischen Gerichtshofs Antwort Dr. Maria Flachsbarth, Parl. Staatssekretärin BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 C Anlage 35 Mündliche Frage 63 Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) Beendigung von Diskriminierungen gleich- geschlechtlicher Lebenspartnerschaften und aufgrund der sexuellen Identität Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 C Anlage 36 Mündliche Frage 64 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Übermittlung von Daten zur Begutach- tung von Krankenhausabrechnungen an den Medizinischen Dienst der Krankenver- sicherung Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . 966 A Anlage 37 Mündliche Frage 65 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Verschreibungspflicht für die Pille danach Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . 966 C Anlage 38 Mündliche Fragen 66 und 67 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Versorgung von an Druckgeschwüren lei- denden Menschen Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . 966 D Anlage 39 Mündliche Frage 68 Birgit Wöllert (DIE LINKE) Überlebenschancen von Krebspatienten Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . 967 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 IX Anlage 40 Mündliche Fragen 69 und 70 Harald Weinberg (DIE LINKE) Qualität der Gesundheitsversorgung und öffentlich finanzierte Leistungserbringung im griechischen Gesundheitssystem Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . 967 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 903 (A) (C) (D)(B) 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 Beginn: 13.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 953 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 12.02.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 12.02.2014 Berghegger, Dr. André CDU/CSU 12.02.2014 Durz, Hansjörg CDU/CSU 12.02.2014 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 12.02.2014 Golze, Diana DIE LINKE 12.02.2014 Heller, Uda CDU/CSU 12.02.2014 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 12.02.2014 Kaufmann, Dr. Stefan CDU/CSU 12.02.2014 Kipping, Katja DIE LINKE 12.02.2014 Korte, Jan DIE LINKE 12.02.2014 Lischka, Burkhard SPD 12.02.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.02.2014 Rabanus, Martin SPD 12.02.2014 Rüthrich, Susann SPD 12.02.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 12.02.2014 Schmidt (Wetzlar), Dagmar SPD 12.02.2014 Schmidt, Dr. Frithjof BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.02.2014 Schröder (Wiesbaden), Dr. Kristina CDU/CSU 12.02.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 12.02.2014 Terpe, Dr. Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.02.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.02.2014 Weber, Gabi SPD 12.02.2014 Zdebel, Hubertus DIE LINKE 12.02.2014 Zimmermann, Pia DIE LINKE 12.02.2014 Zypries, Brigitte SPD 12.02.2014 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Caren Marks (SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft zu dem Antrag der Abge- ordneten Harald Ebner, Bärbel Höhn, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Vor- schlag für einen Beschluss des Rates über das Inverkehrbringen eines genetisch veränderten, gegen bestimmte Lepidopteren resistenten Maisprodukts (Zea mays L. Linie 1507) für den Anbau gemäß der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates KOM(2013) 758 endg.; Ratsdok. 16120/13, hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregie- rung gemäß Art. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes Keine Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 für den Anbau in der EU (11. Sitzung, Tagesordnungspunkt 6 b, Anlage 3) Als Sozialdemokratin lehne ich den Anbau und Ein- satz von gentechnisch veränderten Pflanzen ab, da er nicht kontrollierbar ist, ein Verunreinigungsrisiko für Umwelt und gentechnikfreie Lebensmittelwirtschaft dar- stellt und von der Bevölkerung nicht akzeptiert wird. Viele Bürgerinnen und Bürger sehen keinen Nutzen, aber viele Nachteile, Unsicherheiten oder gar Gefahren. Die große Mehrheit will genveränderte Pflanzen weder auf dem Acker noch im Essen. Auch für eine Vielzahl deutscher Unternehmen in der Lebensmittelwirtschaft ist der Verzicht auf den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen ein Qualitätsmerkmal und existenzieller Wettbewerbsvorteil. Der internatio- nale Markt für gentechnikfreie Lebensmittel aus Europa, an welchem mittlerweile Hunderttausende von Arbeits- plätzen hängen, wächst stetig. Aktuell hat am 16. Januar 2014 auch das Europäische Parlament mit breiter Mehrheit quer durch alle Fraktio- nen eine Entschließung gegen grüne Gentechnik und die Zulassung des GVO-Mais 1507 verabschiedet. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 954 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) Die grüne Gentechnik darf den Menschen nicht auf- gezwungen werden. Deshalb haben wir Sozialdemokra- tinnen und Sozialdemokraten uns immer wieder in Ini- tiativen und Anträgen – zum Beispiel auf dem Parteitag am letzten Wochenende – gegen Zulassung, Anbau und Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen positio- niert. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten leh- nen auch die Zulassung des GVO-Mais 1507 ab. Wenn ich heute den Antrag der Grünen nicht unterstütze, dann tue ich dies aus Gründen der Koalitionsräson. Ich tue dies aber auch im Vertrauen darauf, dass diese Bundesre- gierung sich an den Koalitionsvertrag hält. Darin wurde vereinbart, die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik anzuerkennen. Zwei aktuelle Untersuchungen aus Dezember 2013 und Januar 2014 zeigen erneut die großen Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik: Laut Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung – im Auftrag von Greenpeace – lehnen 88 Prozent die grüne Gentechnik ab, und laut Umfrage des Meinungsfor- schungsinstituts EMNID – im Auftrag des Bundesland- wirtschaftsministeriums – wollen 83 Prozent keine Gen- technik in der Landwirtschaft. Ich erwarte – und ich vertraue darauf –, dass die Bun- desregierung die Koalitionsvereinbarung konsequent umsetzt, die Vorbehalte der Bevölkerung anerkennt und in Brüssel gegen die Zulassung des GVO-Mais 1507 stimmt. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dorothee Bär auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 5): Auf welche sieben Gutachten bezog sich der Staatssekre- tär Rainer Bomba, zu denen er im Tagesspiegel vom 3. De- zember 2013 zitiert wird, obwohl in der Antwort der Bundes- regierung zu Frage 38 der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 18/118 vom 2. Dezember 2013 nur eine Studie des Umweltbundes- amtes vom April 2010 genannt wird, und welchen Inhalt ha- ben diese sieben Gutachten? Die Frage 38 in der Kleinen Anfrage, Drucksache 18/50 vom 2. November 2013, bezog sich auf die Studien, die im Auftrag der Bundesregierung erstellt wurden. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 13): Was ist vonseiten der Bundesregierung derzeit konkret in Planung, um das von der Bundesministerin für Umwelt, Na- turschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 31. Januar 2014 angekündigte ressortübergreifende Sofortprogramm für Klimaschutz umzusetzen, und wann ist damit spätestens zu rechnen, nachdem die Bundesministerin in der genannten Rede angekündigt hat, sich umgehend darum kümmern zu wollen? Das von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks in der 12. Plenarsitzung des Bundestages er- wähnte ressortübergreifende Sofortprogramm für Klima- schutz soll bis Herbst 2014 beschlossen und dann in die- ser Legislaturperiode umgesetzt werden. Ziel ist es, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in Deutschland schneller zu drosseln. Konkret wird derzeit auf Arbeitsebene ein Fahrplan zur Erarbeitung des Programms erstellt. Wie im Koali- tionsvertrag vereinbart, werden wir unsere Klimaschutz- ziele in einem breiten Dialogprozess mit Maßnahmen unterlegen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 14): Was wird die Bundesregierung konkret unternehmen, um die von der Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks gegen- über der Stuttgarter Zeitung vom 4. Februar 2014 geäußerte Forderung, wonach „insgesamt … zwei Milliarden Emis- sionszertifikate dauerhaft aus dem Markt verschwinden“ müs- sen (www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-mit-umwelt- ministerin-hendricks-in-dieser-koalition-drueckt-keiner-den- anderen-an-die-wand-page1.770a2cd3-3ef3-4368-bf65-57247 48119b4.html), umzusetzen, und bis wann sollen nach Vor- stellung der Bundesregierung diese überschüssigen Zertifikate aus dem Markt genommen werden? Die neue Bundesregierung hat kurz nach ihrer Amts- übernahme vereinbart, das von der EU-Kommission als Sofortmaßnahme vorgeschlagene „Backloading“ zu un- terstützen. Des Weiteren begrüßt die Bundesregierung grundsätzlich den Legislativvorschlag der EU-Kommis- sion zur Einrichtung einer Marktstabilitätsreserve. Eine weitergehende Positionierung bereitet die Bundesregie- rung derzeit im Rahmen der Ressortabstimmung vor. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Florian Pronold auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 15): Welche standortunabhängigen Prüfungen werden konkret und im Detail bei dem dem Bundesamt für Strahlenschutz vorliegenden, auf das Zwischenlager Gorleben bezogenen Antrag für die fünf Behälter mit verglasten radioaktiven Ab- fällen aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague fortge- setzt (bitte zu allen Prüfungen eine ausführlichere Erläuterung als in der Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 108 auf Bundestagsdrucksache 18/459 angeben), und mit schätzungsweise welchem Aufwand und Zeitbedarf ist für die in der genannten Antwort angeführte Fertigungsbeglei- tung bei der Behälterherstellung zu rechnen (bitte zur besse- ren Nachvollziehbarkeit möglichst auch mit vergleichbaren früheren Erfahrungswerten erläutern)? Im Bundesamt für Strahlenschutz, BfS, werden fol- gende standortunabhängige Prüfungen, die sich auf den Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 955 (A) (C) (D)(B) Antrag der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH, GNS, für das Zwischenlager Gorleben bezüglich der Behälter mit verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung be- ziehen, fortgesetzt: Erstens. Der vorliegende Entwurf des Gutachtens über inventarspezifische Aspekte zur Aufbewahrung von verglasten mittelradioaktiven Abfällen aus Frankreich befindet sich derzeit in der Abnahme. Mit der Fertigstel- lung des Gutachtens wird in den nächsten drei Monaten gerechnet. Zweitens. Hinsichtlich der Deckungsvorsorge erfolgt derzeit die Ermittlung der in den Glaskokillen enthalte- nen Massen an Kernbrennstoffen sowie Aktivitäten zum Zweck der Berücksichtigung bei der Berechnung der Re- geldeckungssumme nach der Verordnung über die De- ckungsvorsorge nach dem Atomgesetz. Der Abschluss der Arbeiten ist im Februar 2014 geplant. Drittens. Im Rahmen der Fertigungsbegleitung wer- den für das Bundesamt für Strahlenschutz Sachverstän- dige bei den einzelnen Herstellungsprozessen auf der Grundlage festgelegter Prüfschritte tätig. Der Zeitpunkt, zu dem die Sachverständigen hinzuzuziehen sind, und der jeweils zu leistende Prüfungsumfang hängt von den betrieblichen Abläufen in der Fertigung ab. Die gutacht- liche Abnahme der Behälter verläuft parallel zur Behäl- terherstellung bis zur abschließenden Bewertung. Die Fertigungsbegleitung schafft die Voraussetzung, dass die Behälter zur Aufbewahrung auch in anderen Zwischen- lagern eingesetzt werden können und ist nur im Rahmen eines laufenden Genehmigungsverfahrens oder im Rah- men der atomrechtlichen Aufsicht bei einer bestehenden Genehmigung möglich. Damit werden die Voraussetzun- gen geschaffen, dass in weiteren Genehmigungsverfah- ren, für die noch die entsprechenden Anträge zu stellen sind, eine zügige Abwicklung erfolgen kann. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 16): Welche neuen Entwicklungen haben sich bezüglich den Verkaufsabsichten der Urenco-Gruppe ergeben, und wann genau gab bzw. gibt es Treffen des Gemeinsamen Ausschus- ses der sogenannten Trilogstaaten des Vertrags von Al- melo – Deutschland, Großbritannien und die Niederlande – zwischen dem dritten Quartal 2013 und dem zweiten Quartal 2014 (bitte mit genauer Angabe des aktuellen Sachstands so- wie der Tagesordnungspunkte und Protokolle der gemeinsa- men Sitzungen)? Die Bundesregierung steht zum Thema möglicher Anteilsveräußerungen bei Urenco in regelmäßigen Kon- takt mit Vertretern der Regierungen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und des Kö- nigreichs der Niederlande sowie mit den deutschen An- teilseigner RWE AG und Eon SE. Zweck der Gespräche ist es, auch in Zukunft zu gewährleisten, dass die drei Regierungen selbst bei einem Wechsel der Anteilseigner von Urenco in der Lage sind, die Regelungen des völker- rechtlichen Vertrages von Almelo auch weiterhin in rechtssicherer Weise gegenüber dem Unternehmen und deren Anteilseignern durchzusetzen. Nach dem aktuel- len Informationsstand der Bundesregierung sind sowohl die Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritan- nien und Nordirland als auch die Regierung des König- reichs der Niederlande und die deutschen Anteilseigner RWE AG und Eon SE weiterhin daran interessiert, ihre Anteile an Urenco zu veräußern. Auch im Rahmen des auf der Grundlage des 1970 von der Bundesrepublik Deutschland, dem Vereinigten Kö- nigreich Großbritannien und Nordirland und dem König- reich der Niederlande unterzeichneten völkerrechtlichen Vertrages von Almelo eingesetzten Regierungskontroll- gremiums für Urenco, des sogenannten Gemeinsamen Ausschusses, erfolgt ein kontinuierlicher Austausch zwi- schen den drei Regierungen. Die letzte ordentliche Sitzung des Gemeinsamen Aus- schusses der drei Regierungen hat am 16. Oktober 2013 in Großbritannien stattgefunden. Die nächste ordentliche Sitzung ist für den 1. April 2014 in den Niederlanden vorgesehen. Die Beratungen des Ausschusses sind ver- traulich. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 21): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer nach einem Moratorium für den Ausbau der Höchstspan- nungsleitungen (siehe Meldung der Süddeutschen Zeitung „Energiewende in Bayern – Kabinett zieht den Stecker“ vom 4. Februar 2014), und auf welcher rechtlichen Grundlage kön- nen Landesregierungen nach Auffassung der Bundesregie- rung ein Moratorium für den Ausbau der Höchstspannungs- leistungen aussprechen? Nach wie vor ist die Grundlage für den Netzausbau der Bundesbedarfsplan, der vom Gesetzgeber verab- schiedet und am 27. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Die geplanten Änderungen des Ausbaupfades für erneuer- bare Energien stellen weder die Dringlichkeit des Netz- ausbaus noch die gesetzliche Bedarfsfeststellung für die vordringlichen Vorhaben des Bundesbedarfsplans in- frage. Davon zu unterscheiden ist die im Gesetz vorge- sehene jährliche Fortschreibung von Szenariorahmen und Netzentwicklungsplan durch die Übertragungsnetz- betreiber. Diese prüfen derzeit etwaigen Anpassungsbe- darf. Den betroffenen Trägern öffentlicher Belange stehen im Verfahren der Bundesfachplanung und der anschlie- ßenden Planfeststellung gesetzliche Beteiligungsrechte nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz, NABEG, zu. Die Bundesländer, die von dem Ausbauvorhaben be- troffen sind, können eigene Vorschläge für Trassenkor- ridore machen und nach Abschluss der Bundesfach- planung Einwendungen gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur erheben. Diese gesetzlichen Bestim- mungen enthalten keine Ermächtigung für Landesregie- rungen, Moratorien für den Ausbau von Höchstspan- 956 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) nungsleitungen auszusprechen. Darüber hinaus kann die Verzögerung laufender Planungsverfahren dazu führen, dass weiterhin wichtige Projekte nicht zeitgerecht umge- setzt werden können. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 22): Hält die Bundesregierung an den Zielen des Energiekon- zeptes aus dem Jahr 2010, also den Zielen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen, zur Energieeffizienz und Energie- einsparung, bei der Reduktion des Wärmebedarfs und der Sa- nierungsrate im Gebäudebestand, bei der Reduktion des Ener- giebedarfs im Verkehrsbereich und der Umstellung auf Elektrofahrzeuge sowie beim Ausbau der erneuerbaren Ener- gien, fest, und wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen sollen diese Ziele erreicht werden? Die Bundesregierung bekennt sich klar zur Energie- wende und führt den eingeleiteten Umbau der Energiever- sorgung konsequent fort. Dabei gilt das Energiekonzept weiterhin. Der Koalitionsvertrag bekräftigt bestimmte Ziele des Energiekonzepts nochmals ausdrücklich, ins- besondere die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Ener- gien und zur Treibhausgasreduktion. Die Effizienz als zweite Säule einer nachhaltigen Energiewende soll mehr Gewicht erhalten. Jetzt geht es darum, die Beschlüsse der Energiewende durch konkrete Schritte und Maßnah- men in den Sektoren Energieversorgung, Gebäude und Verkehr umzusetzen. In der 18. Legislaturperiode stehen entsprechend dem Koalitionsvertrag viele energiepolitische Vorhaben auf der Agenda, zum Beispiel die grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und die Erstellung ei- nes nationalen Aktionsplans Energieeffizienz. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Uwe Beckmeyer auf die Frage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 23): Liegen der Bundesregierung Berechnungen darüber vor, ob das verpflichtende EU-Ausbauziel Deutschlands für erneu- erbare Energien bis zum Jahr 2020 noch erreicht werden kann, wenn die Eckdaten des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD zugrunde gelegt werden, und falls ja, ist die Bundesregierung dazu bereit, diese Berechnungen den Abge- ordneten des Deutschen Bundestages zur Verfügung zu stel- len? Die europäischen Ziele für den Ausbau der erneuerba- ren Energien und die nationalen Vereinbarungen stehen nicht im Widerspruch, sondern ergänzen sich gegenseitig. Bisher liegt Deutschland auf dem Zielerfüllungspfad für das verbindliche Ausbauziel für erneuerbare Energien im Jahr 2020 gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtli- nie 2009/28/EG. Dies hat die EU-Kommission in ihrem Fortschrittsbericht „Erneuerbare Energien“ vom 27. März 2013 festgestellt. Demnach lag der Anteil erneuer- barer Energien am Bruttoendenergieverbrauch in Deutschland insgesamt im Jahr 2012 bei 12,4 Prozent. Damit lag Deutschland über dem Zielpfad, den die Bun- desregierung in dem Nationalen Aktionsplan, NREAP, aus dem Jahr 2010 nach Brüssel gemeldet hat. Der NREAP sieht für 2012 einen Erneuerbaren-Anteil von 11,4 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch vor. Deutschland lag zudem deutlich über dem indikativen Zielpfad nach der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG, der für Deutschland einen Erneuerbaren- Anteil von 8,2 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch in 2012 vorsieht. Derzeit ist im Rahmen der EEG-Novelle die Umset- zung eines Ausbaukorridors von 40 bis 45 Prozent An- teil erneuerbarer Energien im Strombereich für das Jahr 2025 in der Diskussion, und dessen Umsetzung wird in- tensiv diskutiert. Neben dem kontinuierlichen Ausbau der erneuerbaren Energien im Strombereich ist die EU- Zielerfüllung auch von der Entwicklung der Erneuerba- ren im Wärme- und Verkehrssektor und vor allem von der Entwicklung der Energieeffizienz abhängig. Hierzu wird die Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz vorlegen. Sollten sich aus der Entwick- lung in den anderen Sektoren insgesamt ein Bedarf für Anpassungen mit Blick auf die Erreichung des EU-Er- neuerbaren-Ziels ergeben, wird die Bundesregierung rechtzeitig einen neuen Nationalen Aktionsplan gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG vorle- gen. Anlage 11 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/458, Frage 26): Warum unterstützt die Bundesregierung die geplanten Hilfszahlungen der Europäischen Union an die Ukraine unab- hängig von einer Vereinbarung mit dem Internationalen Wäh- rungsfonds, IWF, im Falle einer Beteiligung der Opposition an einer neuen Regierung mit der Begründung, man müsse dafür sorgen, „dass der schwierige Weg am Ende nicht in ei- nem wirtschaftlichen Desaster endet“ (www.zeit.de/news/ 2014-02/03/deutschland-europaeische-union-und-usa-arbeiten- an-hilfspaket-fuer-ukraine-03095008; www.handelsblatt.com/ politik/international/marshall-plan-eu-und-usa-bereiten-finanz spritze-fuer-ukraine-vor/9427138.html), während sie vor dem geplanten Assoziierungsabkommen mit der Ukraine zu keiner EU-Unterstützung bereit war, obwohl die Regierung von Nikolai Asarow zuvor deutlich gemacht hatte, dass sie einen ökonomischen und sozialen Kollaps befürchtet, der „den Kurs der europäischen Integration diskreditiert hätte“, wenn sie die IWF-Kreditbedingungen erfüllt und das Assoziierungsabkom- men unterzeichnet hätte (www.kmu.gov.ua/control/en/pub lish/article?art_id=246879282), und inwiefern kann die Bun- desregierung die Behauptung von Nikolai Asarow bestätigen, dass die EU-Partner keinen Versuch unternommen haben, Einfluss auf die Position des IWF zu nehmen, um akzepta- blere Kreditkonditionen für die Ukraine zu erreichen? Eine nachhaltige Lösung der politischen Krise in der Ukraine setzt auch eine wirtschaftliche Stabilisierung des Landes voraus. Daher gibt es derzeit Überlegungen für Maßnahmen im Wirtschafts- und Finanzbereich, mit denen eine neue, auch von der Opposition getragene Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 957 (A) (C) (D)(B) Regierung unterstützt werden kann. Unverzichtbare Vo- raussetzung dafür ist aber die Bereitschaft einer neuen ukrainischen Regierung, dringend notwendige Struktur- reformen durchzuführen. Die denkbaren Unterstützungs- maßnahmen im Rahmen der Europäischen Union sind dabei stets mit Bedingungen verbunden und nie unkon- ditioniert. Einige Instrumente – wie etwa die EU-Makro- finanzhilfe – setzen sogar zwingend ein neues Programm des Internationalen Währungsfonds voraus. Die Bundesregierung hat sich auch vor der geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens mit der Ukraine beim Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Vilnius am 28./29. November 2013 dafür ausgespro- chen, den Reformweg der Ukraine durch Einsatz geeig- neter EU-Instrumente zu unterstützen. Die Einschät- zung, wonach dieser Reformweg, das heißt ein neuer IWF-Kredit und die Unterzeichnung des EU-Assoziie- rungsabkommens, zu einem ökonomischen und sozialen Kollaps geführt hätte, teilt die Bundesregierung nicht. Die Bundesregierung hat ein neues IWF-Programm für die Ukraine als wichtiges Instrument für eine nachhal- tige Transformation der ukrainischen Volkswirtschaft, ins- besondere einen dauerhaften Abbau des Zwillingsdefizits in Leistungsbilanz und Haushalt, stets befürwortet. Die vom IWF als Voraussetzung für ein neues Programm ge- nannten Kriterien, so unter anderem die Reduzierung der Gaspreissubventionen und die Anpassung des Wechsel- kurses, sind notwendige Schritte auf diesem wirtschaftli- chen Reformweg. Die Verhandlung der konkreten Be- dingungen und Konditionen eines IWF-Programms ist Aufgabe der ukrainischen Regierung. Anlage 12 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- sache 18/458, Frage 27): Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Aufruf des ukrainischen Oppositionspolitikers Vitali Klitschko „Bildet Bürgerwehren in jedem Hof, in jedem Be- zirk, in jedem Haus … Alle demokratischen Kräfte müssen den Protest vor die Gebietsverwaltungen tragen“, den dieser einen Tag nach seiner Rückkehr von der 50. Münchner Si- cherheitskonferenz in Kiew am 2. Februar 2014 gegenüber den Demonstranten getätigt hat (www.fr-online.de/politik/ vitali-klitschko- -klitschko-fordert-buergerwehr,1472596,260 66596.html), und inwieweit widerspricht dieser Aufruf dem Anliegen, es dürfe keine gewaltsame Lösung geben, wie sie der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz for- muliert hat (www.tagesspiegel.de/politik/muenchner-sicher heitskonferenz-roettgen-fordert-neuwahlen-in-der-ukraine/94 18034.html)? Die Bundesregierung hat mehrfach deutlich gemacht, dass die innenpolitische Krise in der Ukraine nur gewalt- frei und im Rahmen eines politischen Dialogs beendet werden kann. Dies hat der Bundesminister des Auswärti- gen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, auch bei seinen zahl- reichen Gesprächen mit Vertretern der ukrainischen Re- gierung und der Opposition immer wieder betont. Der Aufruf, von Gewalt Abstand zu nehmen und be- ruhigend auf die aufgeheizte Debatte einzuwirken, gilt in der aktuellen Krise für alle Seiten. Unsere Solidarität gilt all jenen in der Ukraine, die sich friedlich für ihre Grundrechte einsetzen. Anlage 13 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Druck- sache 18/458, Frage 28): Inwieweit sieht sich die Bundesregierung durch den Bun- despräsidenten Joachim Gauck in ihrer Richtlinienkompetenz in Sachen Außenpolitik eingeschränkt angesichts der Eröff- nungsrede des Bundespräsidenten auf der 50. Münchner Si- cherheitskonferenz, in der er eine stärkere Rolle Deutschlands in der Europäischen Union und Nato gefordert hatte sowie dass man bei Militäreinsätzen nicht nur Nein sagen dürfe (www.zeit.de/politik/ausland/2014-01/muenchner-sicherheits konferenz-gauck-rede-deutsche-aussenpolitik), und inwie- weit teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesprä- sidenten, dass die Bundesrepublik Deutschland auf dem Weg sei „zu einer Form von Verantwortung, die wir noch wenig eingeübt haben“? Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner Eröff- nungsrede zur Münchner Sicherheitskonferenz die um- fassenden Beiträge Deutschlands zur internationalen Si- cherheit gewürdigt. Der Bundespräsident hat darüber hinaus Fragen zum künftigen deutschen Engagement, unter anderem bei der Stabilisierung unserer Nachbar- schaft und beim Umgang mit globalen Herausforderun- gen, gestellt und damit eine wichtige gesellschaftliche Debatte angeregt – einschließlich der damit verbundenen ethischen Dimension. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank- Walter Steinmeier, hat in seiner am Tag darauf gehalte- nen Rede bereits einige Thesen des Bundespräsidenten aufgegriffen und seine Vorstellungen von einer „tätigen Außenpolitik“, die die Bearbeitung von Konflikten „frü- her, entschiedener und substanzieller“ angeht und sich „nicht in Empörungsrhetorik oder der bloßen Benotung von Bemühungen und Aktivitäten anderer erschöpft“, erläutert. Anlage 14 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Fragen des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Fragen 34 und 35): Welche Hilfsmittel stellt die Bundesregierung derzeit be- reit, um der sich in Mali ausweitenden Hungersnot zu begeg- nen, und inwiefern hat sich die Bundesregierung seit dem ers- ten Alarm seitens des Welternährungsprogramms im Juli 2013 mit Hilfsmitteln daran beteiligt, um die aktuelle Hungersnot im Vorfeld präventiv zu verhindern (bitte die Hilfsmittel auf- schlüsseln in Geld- und Sachmittel sowie Maßnahmen)? Welche spezifischen Hilfsmittel stellt die Bundesregierung derzeit bereit, um der sich in Südsudan ausweitenden Hun- gersnot zu begegnen, und welche weiteren krisenbedingten humanitären Hilfsmaßnahmen, beispielsweise um die Flücht- linge und Binnenvertriebenen zu versorgen, hat die Bundesre- gierung beschlossen (bitte die Hilfsmittel aufschlüsseln in Geld- und Sachmittel sowie Maßnahmen)? 958 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) Zu Frage 34: Die humanitäre Lage in der Republik Mali seit den bewaffneten Auseinandersetzungen ist nicht einheitlich. Auf der einen Seite stabilisiert sich die Lage im Süden des Landes, auf der anderen Seite sind vor allem im Nor- den noch militante Gruppen aktiv. Insgesamt sind aktuell 283 000 Menschen intern im Land vertrieben, weitere 169 000 befinden sich in den Nachbarländern. Die Lage der Flüchtlinge wird dadurch verschärft, dass die Ernte der Anbausaison 2013 sehr schlecht ausfiel. Die deutsche humanitäre Hilfe setzt an zwei Punkten an: der Nahrungsmittelhilfe sowie der Verbesserung der Rückkehrsituation in den Norden Malis. Insgesamt hat das Auswärtige Amt Nichtregierungsorganisationen und internationalen Organisationen seit 2013 Mittel in Höhe von rund 9,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Hierdurch wurden und werden unter anderem Wasser-, Sanitär- und Hygienemaßnahmen, Cash-for-Work-Maß- nahmen, Nahrungsmittelhilfen und Saatgutverteilungen gefördert. Seit Juli 2013 hat das Auswärtige Amt zum Beispiel Projekte im Bereich Wasser-, Sanitär- und Hygienemaß- nahmen und Nahrungsmittelhilfe mit insgesamt 1,75 Millionen Euro unterstützt. Aufgrund der Ein- schränkungen der vorläufigen Haushaltsführung sind die Fördermöglichkeiten für neue Projekte aktuell be- schränkt. Weiteres humanitäres Engagement ist möglich, sobald im Haushaltsverfahren zusätzliche Mittel bereit- gestellt werden. Zur Prävention können zudem weite Teile der bilate- ralen Entwicklungszusammenarbeit des Bundesministe- riums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung in den Schwerpunkten nachhaltige und produktive Landwirtschaft und Wasser/Abwasser gezählt werden. Seit mehreren Jahren laufen Maßnahmen, die Basis für eine größere Resilienz gegenüber Ernährungskrisen sind. Im Bereich Landwirtschaft handelt es sich um Maßnahmen der klein- und großflächigen Bewässerung durch technische und finanzielle Zusammenarbeit, die mit 35,5 Millionen Euro im Bereich der finanziellen Zu- sammenarbeit und mit 15,4 Millionen Euro im Bereich der technischen Zusammenarbeit gefördert werden. Ab 2014 werden außerdem Maßnahmen der Kleinbewässe- rung umgesetzt. Diese werden mit 9 Millionen Euro im Bereich der finanziellen Zusammenarbeit und 7,6 Mil- lionen Euro im Bereich der technischen Zusammenarbeit gefördert. Im Bereich Wasserversorgung laufen Maß- nahmen der kleinstädtischen Wasserversorgung mit einer finanziellen Förderung in Höhe von 32,4 Millionen Euro. Zu Frage 35: Die Bundesregierung leistet in der Republik Südsu- dan seit vielen Jahren humanitäre Hilfe durch finanzielle Förderung von Hilfsprojekten der humanitären Organi- sationen der Vereinten Nationen, deutscher Nichtregie- rungsorganisationen und der Organisationen der Rot- kreuz- und Rothalbmond-Bewegung. Im laufenden Jahr 2014 fördert das Auswärtige Amt in Südsudan bisher neun Projekte der humanitären Hilfe in Höhe von 4,7 Millionen Euro. Dabei handelt es sich zum einen um fünf bereits im Vorjahr begonnene Pro- jekte, die in Höhe von 1,3 Millionen Euro weiter geför- dert werden. Diese Hilfsmaßnahmen werden von Nicht- regierungsorganisationen in den Bereichen Wasser-/ Sanitär-/Hygieneversorgung, Kapazitätsaufbau für Not- und Übergangshilfe, Gesundheitsversorgung, Katastro- phenvorsorge und Nahrungsmittelnothilfe durchgeführt. Zielgruppen sind Rückkehrer und die lokale Bevölke- rung. Angesichts der akuten, krisenbedingten humanitären Notlage wurden im Jahr 2014 Mittel in Höhe von 3,4 Millionen Euro für bisher vier weitere humanitäre Hilfsmaßnahmen in Südsudan zur Verfügung gestellt. Damit werden Nothilfeprojekte deutscher Nichtregie- rungsorganisationen und der internationalen humanitä- ren Hilfe der Vereinten Nationen sowie eine Einzahlung in den South Sudan Common Humanitarian Fund der Vereinten Nationen finanziert. Es handelt sich um Pro- jekte, deren Zielgruppen Flüchtlinge, Binnenvertriebene und die konfliktbetroffene Bevölkerung sind. Die Hilfs- maßnahmen erfolgen in den Bereichen Flüchtlingshilfe, Wasser-/Sanitär-/Hygieneversorgung, Notunterkünfte und lebensnotwendige Bedarfsgegenstände. Darüber hinaus wird momentan die Förderung von drei Hilfsprojekten für aus Südsudan in die Republik Uganda geflohene Menschen in Höhe von voraussichtlich 715 000 Euro vorbereitet. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung finanziert mit 1,4 Millionen Euro im Rahmen der entwicklungsfördernden und struk- turbildenden Übergangshilfe ein Vorhaben in Südsudan zur Anpassung landwirtschaftlicher Anbaumethoden an den Klimawandel und Stabilisierung der Lebensgrundla- gen. Darüber hinaus werden im Rahmen des Sonderpro- gramms „Flüchtlingsproblematik und Bekämpfung von Fluchtursachen“ kurzfristig Maßnahmen geplant, um die Nahrungsmittelproduktion in Gebieten Südsudans, die nicht von den Kämpfen betroffen sind, zu steigern und so die Versorgung der Flüchtlinge zu sichern. Über die finanzielle Ausstattung zur Umsetzung dieser Maßnah- men wurde noch nicht abschließend entschieden. Anlage 15 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Pia Zimmermann (DIE LINKE) (Druck- sache 18/458, Frage 36): Kann die Bundesregierung die Zahlen der Sendung aus- landsjournal, die am 15. Januar 2014 vom ZDF ausgestrahlt wurde, wonach fast ein Drittel (mehr als 3 Millionen) der Griechinnen und Griechen keine Krankenversicherung mehr haben, bestätigen oder korrigieren, und welche Einschätzung hat die Bundesregierung über die genauen Ursachen, dass so viele Menschen nicht krankenversichert sind, vor dem Hinter- grund der durch die Bundesregierung unterstützten Austeri- tätspolitik in Griechenland? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 959 (A) (C) (D)(B) Der Bundesregierung liegen keine Zahlen vor, die Aufschluss darüber geben, wie viele Menschen in der Hellenischen Republik krankenversichert sind. Ihr sind jedoch Schätzungen bekannt, die darauf hindeuten, dass der Anteil der Menschen ohne Krankenversicherung in Griechenland sehr hoch ist. In Griechenland herrscht keine allgemeine Krankenversicherungspflicht, jedoch wird die hohe Arbeitslosigkeit von 27,3 Prozent dazu beitragen, dass sich viele Menschen derzeit keine Kran- kenversicherung leisten können. Bereits vor der Staatsschuldenkrise bestanden struktu- relle Defizite im griechischen Gesundheitssystem, zu de- nen auch eine geringe Kosteneffizienz gehörte. Darauf hat die griechische Regierung wiederholt hingewiesen und daher umfassende Reformen eingeleitet. Das Ziel der griechischen Regierung ist, ein kosteneffizientes und leistungsstarkes Gesundheitssystem aufzubauen, das eine Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger sicherstellt. Die Bundesregierung unterstützt die griechische Re- gierung bei diesem Vorhaben. Sie berät die griechische Regierung beispielsweise bei der Novellierung der Arz- neimittelpreisgestaltung, der Verbesserung des Kranken- hausmanagements und der Einführung eines flächende- ckenden Abrechnungssystems im Krankenhausbereich. Dazu steht das Bundesministerium für Gesundheit be- reits seit dem Jahr 2012 in intensivem Kontakt mit den griechischen Behörden. Im Dezember 2013 hat die griechische Regierung mit der Umsetzungsphase des umfangreichen Reformpro- gramms „Health in Action“ begonnen, dessen Maßnah- men maßgeblich aus der Kooperation zwischen deut- schen und griechischen Experten hervorgegangen sind. Anlage 16 Antwort der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die Frage der Abgeordneten Pia Zimmermann (DIE LINKE) (Druck- sache 18/458, Frage 37): Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wel- che Veranstaltungen sie in Griechenland ausrichtet oder mit unterstützt, um Fachkräfte aus dem dortigen Gesundheits- und Pflegebereich für das deutsche Gesundheitssystem abzuwer- ben? Die Bundesregierung richtet keine Veranstaltungen in der Hellenischen Republik aus, die darauf ausgerichtet sind, Fachkräfte aus dem dortigen Gesundheits- und Pflegebereich für das deutsche Gesundheitssystem abzu- werben, und unterstützt solche Veranstaltungen auch nicht. Die zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bun- desagentur für Arbeit nimmt regelmäßig im Rahmen des Netzwerkes EURES, EURopean Employment Services, an Informations- und Beratungsveranstaltungen, zum Beispiel Jobmessen, teil. Dabei stimmt sie sich mit den jeweiligen EURES-Partnern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab. Die Informations- und Bera- tungsveranstaltungen dienen der Umsetzung des Rechts auf Arbeitnehmerfreizügigkeit. Personen, die innerhalb der EU arbeitslos sind, kön- nen eine Förderung im Rahmen des Sonderprogramms der Bundesregierung zur Förderung der beruflichen Mo- bilität junger Menschen in der EU, MobiPro-EU, erhal- ten. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 38): Wird die Bundesregierung in Konsequenz aus der Ab- mahnung der Website www.fragdenstaat.de durch das Bun- desministerium des Innern, mit der Begründung, dass die Veröffentlichung einer internen Stellungnahme eine Urheber- rechtsverletzung darstelle, künftig Dokumente der Bundes- regierung unter Creative-Commons-Lizenz stellen, um deren Veröffentlichung zu ermöglichen (bitte begründen)? Nach § 5 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes, UrhG, ge- nießen Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Be- kanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfasste Leitsätze zu Entscheidungen keinen urheber- rechtlichen Schutz. Sofern die Verwaltung nach § 5 Abs. 2 UrhG andere amtliche Werke „im amtlichen Inte- resse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht“, können diese von jedermann genutzt werden, solange die Quelle angegeben und der Text nicht verändert wird. Die Bundesregierung sieht keinen Zusammenhang zwischen den lizenzrechtlichen Bedingungen, unter de- nen veröffentlichte amtliche Dokumente genutzt werden können, und der unberechtigten Veröffentlichung von in- ternen Dokumenten im Falle von fragdenstaat.de. Bei den letztgenannten handelt es sich gerade nicht um ver- öffentlichte amtliche Dokumente, sondern um nach dem Informationsfreiheitsgesetz, IFG, an individuelle Antrag- steller herausgegebene interne Dokumente. Das Bundesministerium des Innern, BMI, hat die mehreren Antragstellern zugänglich gemachte Leitungs- vorlage vom 16. November 2011 zur Sperrklausel im Europawahlgesetz nicht veröffentlicht. In der Heraus- gabe nach dem IFG sieht das BMI keine Veröffentli- chung „im öffentlichen Interesse zur allgemeinen Kennt- nisnahme“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 39): Wie will die Bundesregierung die bundeseinheitliche Durchführung von Bundestagswahlen sichern, soweit sie der Ansicht ist, dass die Auslegung und Anwendung der Normen der §§ 8 und 13 der Bundeswahlordnung den Gemeindebe- hörden obliegt? 960 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) Die eigenverantwortliche Auslegung und Anwendung der Gesetze und Verordnungen durch die zuständigen Verwaltungsbehörden der Länder und der Kommunen stellt in der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgeset- zes, GG, in der die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit, Art. 84 GG, der Regelfall ist, die bundeseinheitliche Durchführung der Gesetze nicht infrage. Dass dadurch im Verwaltungs- vollzug die konkreten Verhältnisse vor Ort berücksich- tigt werden können, ist eine erwünschte Folge und Stärke der bundesstaatlichen Ordnung. Das erforderliche Maß an Einheitlichkeit im Verwaltungsvollzug wird im kooperativen Bundesstaat durch horizontale und verti- kale Koordinierung der Fachbehörden und vereinheitli- chende Entscheidungen der Gerichte hergestellt. Das gilt auch im Wahlrechtsbereich, der durch den Erfahrungsaustausch der Wahlbehörden und der Wahl- organe des Bundes und der Länder sowie die Entschei- dungen des Deutschen Bundestages und des Bundesver- fassungsgerichts im Rahmen der Wahlprüfung geprägt ist. Dass über die Bildung von beweglichen Wahlvor- ständen und Sonderwahlbezirken die Gemeindebehör- den nach den Verhältnissen und Bedürfnissen vor Ort entscheiden, stellt die bundeseinheitliche Durchführung der Bundestagswahlen nicht infrage, sondern ist sachge- recht. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 40): Welche Verschärfungen des deutschen Waffenrechts hält die Bundesregierung nach den wissenschaftlichen For- schungserkenntnissen (zuletzt der University of California aufgrund von 15 Einzelstudien, vergleiche Süddeutsche.de vom 21. Januar 2014) für notwendig, wonach allein die reine Verfügbarkeit von Schusswaffen in Haushalten die Gefahr ei- nes gewaltsamen Todes des jeweiligen Besitzers verdoppelt, dessen weiblichen Umfelds verdreifacht sowie die Suizidrate verdrei- bis vervierfacht, und wird die Bundesregierung als Konsequenz daraus einen Gesetzentwurf vorlegen, um die bisherige Möglichkeit zur Aufbewahrung von Schusswaffen sowie von Munition in Privathaushalten durch die Pflicht zu gesicherter externer Aufbewahrung zu ersetzen? Die Studie war der Bundesregierung bislang nicht be- kannt. Es wird davon ausgegangen, dass dieser überwie- gend Untersuchungen aus den USA zugrunde liegen. Dort besteht eine von der in Deutschland gänzlich ver- schiedene Ausgangssituation. Deutschland verfügt über eines der strengsten Waffengesetze Europas. Insbeson- dere wird der Kreis der Personen, denen der Umgang mit Waffen erlaubt wird, einer genauen Prüfung unterzogen. Zudem gelten hierzulande strenge Regelungen für die Aufbewahrung von Waffen. Die Bundesregierung be- zweifelt vor diesem Hintergrund, dass die Ergebnisse der Studie auf Deutschland übertragen werden können. Sie sieht insoweit keinen Bedarf einer Verschärfung des Waffenrechts, überprüft aber selbstverständlich fortlau- fend die relevanten Entwicklungen. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine Pflicht zur zentralen Aufbewahrung von Waffen einzuführen. Sie ist der Auffassung, dass eine sichere dezentrale Auf- bewahrung – wie sie derzeit gesetzlich geregelt ist – vor- zugswürdig ist. Mit einer zentralen Lagerung wäre kein wesentlicher Sicherheitszuwachs verbunden. Denn die Aufbewahrung großer Mengen von Waffen an einem Ort schafft Anreize für Kriminelle, die dort ein ganzes Waf- fenarsenal erbeuten könnten. Zudem wären Personen, die Waffen in einem Lager abgeben oder abholen, als Waffenbesitzer und somit als lohnendes Ziel für krimi- nelle Waffenbeschaffer zu erkennen. Aus diesen Grün- den wären der mit einer zentralen Lagerung verbundene Mehraufwand für die Sicherung von Aufbewahrungs- stätten und die Belastungen für die Waffenbesitzer aus Sicht der Bundesregierung unangemessen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Fra- gen der Abgeordneten Agnieszka Brugger (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Fragen 43 und 44): Was machen die Bundeswehr, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern proaktiv, um afghanischen Ortskräften die Möglichkeit des Aufnahmeverfahrens bei Ge- fährdung zu vermitteln, und wie wird die Fürsorgepflicht Deutschlands nach Abzug der ISAF-Truppen weiter gewähr- leistet werden? Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung gefähr- dete afghanische Ortskräfte der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums des Innern unterstützt, de- ren Ausreise sich aufgrund finanzieller Engpässe bei der Fi- nanzierung der Flugkosten verzögert? Zu Frage 43: Die in Afghanistan tätigen Ressorts sind sich der Für- sorgepflicht gegenüber ihren afghanischen Mitarbeitern bewusst. Dies gilt insbesondere für all diejenigen, deren Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Reduzierung der deutschen Präsenz in Afghanistan endet. Alle Ortskräfte, die sich gefährdet fühlen, können sich jederzeit an ihre Beschäftigungsstelle, insbesondere den hierfür eigens bestellten Ortskräftebeauftragten der jeweiligen Ressorts („Ressortbeauftragte“), oder an die Deutsche Botschaft wenden. Dieses Verfahren ist unter den Ortskräften gut bekannt, unter anderem durch ein Informationsblatt für Ortskräfte, das in den gebräuchlichen Landessprachen über das Verfahren und die Anlaufstellen für gefährdete Ortskräfte informiert. Zahlreiche Ortskräfte der Bundeswehr werden vo- raussichtlich im Rahmen der ISAF-Nachfolgemission „Resolute Support“ weiterbeschäftigt werden und kön- nen somit den Status quo beibehalten. Zu Frage 44: Die Ortskräfte erhalten bei der Beendigung des Be- schäftigungsverhältnisses eine großzügige Abfindung, von der die Kosten der Ausreise für gewöhnlich bestrit- ten werden können. Sollte die Abfindung ausnahms- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 961 (A) (C) (D)(B) weise nicht ausreichen, um die Ausreise zu finanzieren, und die Ortskraft auch sonst über keine ausreichenden Mittel verfügen, trägt derzeit das zuständige Ressort die Reisekosten. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 47): Inwiefern teilt die Bundesregierung meine Annahme, dass die strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 371 der Abgaben- ordnung aufgrund der ihr inneliegenden Minimierung des Ri- sikos einer Bestrafung für begangene Steuerstraftaten bei Vorliegen der Voraussetzungen dazu beitrage, das Risiko ei- ner Steuerstraftat überhaupt erst einzugehen (bitte begrün- den)? Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die in der Frage implizierte Aussage zutrifft, dass die strafbefrei- ende Selbstanzeige überhaupt erst zu dem Entschluss führt, das Risiko einer Steuerstraftat überhaupt einzuge- hen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Thomas Gambke (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 48): Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Nut- zung der strafbefreienden Selbstanzeige für Steuerhinterzie- her nicht dazu führen kann, dass Hinterzieher bessergestellt werden als steuerehrliche Bürgerinnen und Bürger? Hinterzieher werden durch die Abgabe einer Selbst- anzeige nicht bessergestellt als steuerehrliche Bürgerin- nen und Bürger. Steuerhinterzieher haben die hinterzogenen Steuern nach § 371 Abgabenordnung vollständig zu erklären und nachzuentrichten. Bei einer Steuerhinterziehung von einem Betrag über 50 000 Euro tritt an die Stelle der Straffreiheit nach § 371 Abgabenordnung ein Absehen von Strafverfol- gung (§ 398 a Abgabenordnung). Dies gilt aber nur, wenn in diesen Fällen zusätzlich zu den hinterzogenen Steuern weitere 5 Prozent der Hinterziehungssumme ge- zahlt werden. Damit steht der Steuerhinterzieher schlechter als der Steuerehrliche. Zusätzlich sind die Steuern mit 6 Prozent zu verzin- sen (§ 235 Abgabenordnung). Die Verzinsung beginnt grundsätzlich bereits mit Eintritt der Steuerverkürzung. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Thomas Gambke (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 49): Inwiefern zieht die Bundesregierung die Abschaffung des steuerlichen Bankgeheimnisses in Deutschland zur Bekämp- fung von Steuerhinterziehung in Betracht, und inwiefern ver- folgt die Bundesregierung bei Verhandlungen über ein neues Steuerabkommen mit der Schweiz diesmal die Strategie, das System des automatischen Informationsaustausches hier um- zusetzen? Das zivilrechtliche Bankgeheimnis gilt in Deutsch- land nicht gegenüber den Finanzbehörden. Nach § 93 Abgabenordnung sind auch Banken gegenüber Finanz- behörden zur Auskunft verpflichtet. Zur Überprüfung der Angaben der Steuerpflichtigen steht den Finanz- behörden im Übrigen noch das Instrument des Kon- tenabrufs zur Verfügung. Im Ergebnis können die Fi- nanzbehörden in Deutschland angelegte Kapitalerträge, soweit sie steuererheblich sind, verifizieren. Die Frage der zukünftigen Besteuerung von Kapital- erträgen deutscher Steuerpflichtiger, die in der Schweiz zufließen, ist Gegenstand der im Januar 2014 aufge- nommenen Verhandlungen der EU mit der Schweiz zur Anpassung des geltenden gemeinsamen Zinsbesteue- rungsabkommens. Bilaterale Verhandlungen über ein neues Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz gibt es derzeit nicht. Die Europäische Kommission führt Verhandlungen mit der Schweiz über die Revision des Zinsbesteue- rungsabkommens mit der EU. Ziel ist es, dieses Abkom- men an den künftigen Anwendungsbereich der Zins- richtline anzupassen. In die Verhandlungen werden auch die Entwicklungen auf Ebene der OECD und EU hin- sichtlich der Schaffung eines neuen Standards für einen umfassenden steuerlichen Informationsaustausch einbe- zogen. Die Schweiz hat bereits ihre grundsätzliche Ge- sprächsbereitschaft hierzu signalisiert. Ziel der Bundes- regierung ist es, auch die europäischen Drittstaaten zu einem umfassenden automatischen steuerlichen Infor- mationsaustausch zu bewegen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 50): Will die Bundesregierung – den früheren Gesetzentwurf der SPD-Fraktion (Bundestagsdrucksache 17/1411) aufgrei- fend – die Möglichkeit strafbefreiender Selbstanzeige nach Steuerhinterziehung (§ 371 der Abgabenordnung) nun kom- plett abschaffen oder nur, sofern die Finanzministerkonferenz anders als binnen bisher achtmonatiger Prüfung „hierfür Handlungsbedarf“ aufzeigt (so der Koalitionsvertrag zwi- schen CDU, CSU und SPD, Seite 92), und gegen wie viele Leitungspersonen von Bundesministerien und nachgeordne- ten Dienststellen, die während der letzten fünf Jahre mögli- cherweise wegen Steuerhinterziehung bzw. -verkürzung straf- verfolgt wurden oder nur wegen einer Selbstanzeige nicht, hat die Bundesregierung daraufhin kein Disziplinarverfahren (etwa wegen Verstoßes gegen die außerdienstliche Wohlverhaltens- pflicht, § 61 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes) einge- leitet bzw. einleiten lassen, so wie solches Unterlassen am Bei- spielsfall gegenüber dem Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz gerade der Bundesminister für Wirtschaft und Ener- gie, Sigmar Gabriel, guthieß (Spiegel Online vom 6. Februar 2014: „Kein Fall Wowereit“)? 962 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, den ge- nannten Gesetzentwurf aus dem Jahre 2010 aufzugrei- fen. Dies ergibt sich bereits aus der von Ihnen selbst zi- tierten Passage des Koalitionsvertrages. Im Anwendungsbereich des Bundesdisziplinargeset- zes, BDG, sind die Dienstvorgesetzten grundsätzlich ver- pflichtet, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zu- reichende Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines – inner- oder außerdienstlichen – Dienstvergehens gegen einen Beamten oder eine Beamtin rechtfertigen, vergleiche § 17 Abs. 1 BDG. Nur wenn zu erwarten ist, dass nach § 14 und 15 BDG eine Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht kommt, ist gemäß § 17 Abs. 2 BDG von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens abzuse- hen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge- richts ist die Disziplinarmaßnahme für außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbe- sondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterzie- hungsbeträge, grundsätzlich nach den Umständen des jeweiligen Falles festzulegen; so hat es das Bundesver- waltungsgericht in seinem Urteil vom 28. Juli 2011, 2 C 16/10, entschieden. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Richard Pitterle (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 51): Warum ist es laut der Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 55 auf Bundestagsdrucksache 18/459 nicht möglich, das steuerliche Mehraufkommen, welches durch die erweiterte beschränkte Steuerpflicht gemäß § 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen er- zielt wurde, jeweils für die Jahre 2008 bis 2010 zu beziffern, und warum war im Gegensatz dazu die Bezifferung dieses Mehraufkommens für die Jahre 2003 bis 2007 noch möglich, wie es in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 54 auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke auf Bundestags- drucksache 17/4653 vom 3. Februar 2011 erfolgt ist? Die Daten, die ich Ihnen in meiner Antwort auf Ihre schriftliche Frage mitgeteilt habe, werden durch statisti- sche Anschreibungen der Finanzämter ermittelt, weil es für die Durchführung der erweitert beschränkten Steuer- pflicht nach § 2 Außensteuergesetz, AStG, wegen der be- grenzten Anzahl der Fälle kein maschinelles Veranla- gungsverfahren gibt. Auf Wunsch der Bundesländer ist im Jahr 2005 mit Wirkung ab 2008 das System der sta- tistischen Anschreibungen neu geordnet worden. Die Anschreibungen für die Finanzämter sollten weniger aufwendig, dafür aber aussagekräftiger werden. Aus die- sen Gründen werden die aus Sicht der obersten Finanz- behörden des Bundes und der Länder aussagekräftigeren Beträge der Einkommenshöhe, die der erweitert be- schränkten Steuerpflicht unterliegen, erfasst und nicht mehr die der Mehrsteuern. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 52): Inwieweit sind Aufwendungen für Hoteleinkäufe durch Reiseveranstalter bei den gewerblichen Hinzurechnungen zu berücksichtigen, und inwieweit sieht die Bundesregierung eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung in diesen Fällen als sachgemäß an? Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e Gewerbesteuergesetz müssen Gewerbetreibende bei der Ermittlung ihres Ge- werbeertrags die zunächst in voller Höhe als Betriebs- ausgaben abgezogenen Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des An- lagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, dem Gewinn im Ergebnis zu 12,5 Prozent wieder hinzu- rechnen. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben in ei- nem gleichlautenden Ländererlass zu Anwendungsfra- gen zu dieser seit 2008 geltenden Regelung Stellung genommen. Sie gehen davon aus, dass auch Reiseveran- stalter unter diese Regelung fallen. Die Hinzurechnung wird bei Reiseveranstaltern allerdings nicht aus sämtli- chen an einen Hotelbetreiber zu entrichtenden Aufwen- dungen berechnet. In die Bemessungsgrundlage fließen nur die eng mit der Raumnutzung verbundenen Aufwen- dungen ein. Auch Aufwendungen, die aus der bloßen Reservierung von Zimmerkontingenten entstehen, fal- len komplett aus der Hinzurechnung. Die Bundesregierung geht davon aus, dass diese Ge- setzesauslegung auch bei Reiseveranstaltern der gelten- den Rechtsalge entspricht. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Dr. Axel Troost (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 53): Hält die Bundesregierung angesichts der neuen Rechtspre- chung des Bundesfinanzhofs (vergleiche Urteil vom 16. Okto- ber 2013, VI R 52/11) zur Pauschalierung von Sachzuwen- dungen nach § 37 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) weiterhin an der Verwaltungsauffassung der Steuerfreiheit von Vorteilen aus einer Bewirtung im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG gemäß R 4.7 Abs. 3 der Einkommensteuer- Richtlinien fest, und welche Erkenntnisse hat die Bundesre- gierung über Fallzahlen von Steuerpflichtigen, die die Rege- lung des § 37 b EStG in Anspruch nehmen? Im Urteil vom 16. Oktober 2013 hat der Bundes- finanzhof ausschließlich über die Bemessungsgrundlage bei der Pauschalbesteuerung nach § 37 b Einkommen- steuergesetz, EStG, entschieden. Wie Vorteile aus einer geschäftlich veranlassten Bewirtung bei der bewirteten Person zu behandeln sind, war nicht Streitgegenstand dieses Urteils. Für eine Änderung der R 4.7 Abs. 3 Ein- kommensteuer-Richtlinien, EStR, besteht keine Veran- lassung. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 963 (A) (C) (D)(B) Es ist nicht richtig, dass Vorteile aus einer geschäftlich veranlassten Bewirtung im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG „steuerfrei“ sind. Richtig ist, dass bei einer Bewirtung aus geschäftlichem Anlass der bewirteten Person ein Vorteil zufließt, der grundsätzlich im ersten Schritt als Be-triebseinnahme zu erfassen wäre. Dieser Betriebseinnahme stehen aber im zweiten Schritt gleich hohe Betriebsausgaben gegenüber, da die bewirtete Per- son ihrerseits aus betrieblichem Anlass an der Bewirtung teilnimmt. Da sich Einnahme und Ausgabe im Ergebnis komplett neutralisieren, wird aus Vereinfachungsgrün- den auf die Erfassung des Vorteils als Betriebseinnahme bei gleichzeitiger gleich hoher Betriebsausgabe bei einer geschäftlich veranlassten Bewirtung verzichtet. Der Bundesregierung liegen keine Fallzahlen vor von Steuerpflichtigen, die die Regelung des § 37 b EStG in Anspruch nehmen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 53): Haben Stellen oder Behörden des Bundes gefragt oder un- gefragt Erkenntnisse an die Commerzbank AG übermittelt, die zur Kündigung des Kontos einer Kundin in München führ- ten (www.stern.de/wirtschaft/geld/sohn-ist-kommunist-com merzbank-kuendigt-rentnerin-das-konto-2086766.html), und sind der Bundesregierung auch angesichts der Tatsache, dass der Bund größter Anteilseigner der Commerzbank AG ist die Gründe für die Kündigung bekannt, die nach Angaben der be- troffenen Kundin mit „Erkenntnisse(Nachhaltigkeit) über Ih- ren Sohn“ begründet wurde, die der Bank übermittelt worden seien? Der Umgang mit Kundenbeziehungen fällt unter die unternehmerische Eigenverantwortung der Commerz- bank AG und liegt außerhalb des Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiches der Bundesregierung. Anlage 29 Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 55): Wie viele weitere Fälle misslungener Vermittlung in ein Praktikum oder ein Ausbildungsverhältnis von EU-Bürgern wie der von jungen Spanierinnen und Spaniern nach Thürin- gen (vergleiche zum Beispiel www.thueringer-allgemeine.de/ web/zgt/leben/detail/-/specific/63-junge-Spanier-sind-noch- ohne-Praktikum-oder-Lehrvertrag-802832783) sind der Bun- desregierung aus dem gesamten Bundesgebiet bekannt (auch im Rahmen des Programms MobiPro-EU), und welche Kon- sequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Erfahrungen, beispielsweise hinsichtlich der Standards für die europäische Arbeitsvermittlung? Im Oktober 2013 sind 128 junge Spanierinnen und Spaniern über eine private Arbeitsvermittlerin nach Thü- ringen gekommen. An dieser Vermittlung waren weder die Bundesagentur für Arbeit bzw. ihre Zentrale Aus- lands- und Fachvermittlung beteiligt noch fand die Ver- mittlung im Rahmen von MobiPro-EU statt. Trotzdem wurde schnell auf die prekäre Lage der jun- gen Menschen reagiert und unter der Leitung des Thü- ringer Wirtschaftsministers eine Taskforce und ein Här- tefonds eingerichtet, um schnellstmöglich Lösungen für diese jungen Menschen zu finden. In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurden die meisten Spanierinnen und Spanier aus dieser miss- glückten privaten Vermittlung nachträglich im Rahmen einer Härtefallregelung in die Förderung von MobiPro- EU aufgenommen. Zurzeit befinden sich noch 119 Be- troffene in Betreuung des Welcome Center Thüringen, einer Einrichtung des Thüringer Ministeriums für Ar- beit, Wirtschaft und Technologie. Von den 119 Spanie- rinnen und Spaniern haben zwischenzeitlich 71 eine Be- rufsausbildung aufgenommen, 27 befinden sich noch im Praktikum, und 17 haben einen Arbeitsvertrag erhalten und sind somit nicht mehr in der Programmförderung. Lediglich 4 sind weiterhin unversorgt. Weitere Fälle wie in Thüringen sind dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen von MobiPro-EU nicht be- kannt. Konsequenzen hinsichtlich der Standards für die eu- ropäische Arbeitsvermittlung ergeben sich aus diesem Fall nicht, da die Spanierinnen und Spanier lediglich von ihrem Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union Gebrauch gemacht haben und hierzu die Dienstleistung einer privaten Arbeitsvermitt- lung in Anspruch genommen haben. Es war weder eine staatliche Arbeitsagentur noch das EuroES-Netzwerk an der Arbeitsvermittlung beteiligt. Anlage 30 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage der Abgeordneten Renate Künast (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 57): Mit welchen übergeordneten Gründen erklärt die Bundes- regierung ihre laut dem Regierungssprecher Steffen Seibert (Zeit Online, 5. Februar 2014) – trotz der klaren Ablehnung des federführenden Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), des Bundesministeriums für Wirt- schaft und Energie und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Spiegel Online, 31. Januar 2014) – angekündigte Enthaltung bei der Abstim- mung über die Zulassung der gentechnisch veränderten Mais- linie 1507 am 11. Februar 2014 im Rat der Europäischen Union, und wie rechtfertigt sie ihre Position vor dem Hinter- grund einer Ablehnung von über 80 Prozent in der Bevölke- rung (Umfragen im Auftrag des BMEL und von Greenpeace, Dezember 2013), der Aussage im Koalitionsvertrag (An- erkennung der „Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung“) und des Einflusses, den die deutsche Positionierung auf das Abstimmungsverhalten der anderen Mitgliedstaaten der Euro- päischen Union hat (siehe Reuters UK, 5. Februar 2013)? Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, sich bei der Abstimmung über die Zulassung der gentech- nisch veränderten Maislinie 1507 der Stimme zu enthal- ten. Dies entspricht dem üblichen Verfahren, falls zu einem Kommissionsvorschlag innerhalb der betroffenen Ressorts unterschiedliche Meinungen bestehen. Dies 964 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) sieht die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundes- regierung so vor. Im Übrigen hatte die Europäische Behörde für Le- bensmittelsicherheit, EFSA, insgesamt sechs befürwor- tende Stellungnahmen zu diesem Antrag abgegeben. Die letzte konsolidierte Stellungnahme am 18. Oktober 2012 enthält auch Empfehlungen zum Risikomanagement zur Vermeidung einer möglichen Entwicklung von Resisten- zen in den Zielorganismen. In ihrer Stellungnahmen stellt die EFSA fest, dass die gentechnisch veränderte Maissorte 1507 nach den Maßgaben der Freisetzungs- richtlinie 2001/18/EG so sicher ist wie herkömmlicher Mais und es unwahrscheinlich ist, dass diese Sorte nega- tive Auswirkungen auf die menschliche oder tierische Gesundheit oder die Umwelt haben werde. Auch die na- tionale Zentrale Kommission für biologische Sicherheit, ZKBS, kam in ihrer Bewertung im Jahr 2003 zu dem Er- gebnis, dass nach damaligem Kenntnisstand keine schädlichen Auswirkungen auf Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen zu erwarten seien. Anlage 31 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage des Abgeordneten Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 59): Befürwortet die Bundesregierung nach wie vor den Vor- schlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Honigrichtlinie mit der Konsequenz, dass Verbraucher auf- grund fehlender Kennzeichnung nicht erkennen können, ob Honig ganz oder teilweise auf Grundlage gentechnisch verän- derter Pflanzen erzeugt wurde, was selbst für den Fall gelten würde, dass es sich um sortenreinen Rapshonig aus Nordame- rika handelt, wo dieser standardmäßig auf Grundlage von gentechnisch verändertem Raps erzeugt wird, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung vor diesem Hinter- grund aus der Aussage der EU-Kommissare Tonio Borg und Dacian Ciolos in einem Antwortbrief an Foodwatch (laut dpa- Meldung vom 4. Februar 2014), die EU-Kommission betrachte „es als notwendig, die Verbraucher exakt über das Vorhandensein zugelassener genveränderter Organismen in Lebensmittel und Tierfutter zu informieren, um ihnen sach- kundige Kaufentscheidungen zu ermöglichen“? Die Bundesregierung befürwortet den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Honigrichtlinie, mit dem klargestellt wird, dass der Pollen ein natürlicher Be- standteil des Honigs und keine Zutat ist. Die wesentli- chen Gründe: Die Kommission hat eine Änderung der Honigrichtli- nie vorgeschlagen, die klarstellt, dass der Pollen ein na- türlicher Bestandteil des Honigs und keine Zutat ist. Da- mit wird sichergestellt, dass zum einen die gegenwärtige Praxis in allen EU-Mitgliedstaaten, wonach Pollen nicht als Zutat gekennzeichnet wird, fortbestehen kann, und zum anderen der Honig keine Nährwertkennzeichnung braucht. Folglich werden nicht nur zusätzliche Kenn- zeichnungspflichten, sondern zudem hohe Analysekos- ten und bürokratischer Kontrollaufwand auch für die Im- ker vermieden. Der Verzicht auf eine Kennzeichnung ist weiterhin im Hinblick darauf sachgerecht, dass minimale Spuren an zugelassenem gentechnisch veränderten Material auch in Lebensmitteln mit dem Fair-Trade- und dem Ökosiegel sowie in Lebensmitteln mit dem Ohne-Gentechnik-Sie- gel enthalten sein können und ebenfalls nicht gekenn- zeichnet werden. Der Anteil des Pollens im Honig be- trägt im Normalfall nur ungefähr 0,03 Gramm je Kilogramm Honig. Zum Vergleich: Bei konventionellen Fair-Trade- und bei Ökoprodukten beträgt der Kenn- zeichnungsschwellenwert, bei dessen Überschreiten in jedem Fall gentechnisch verändertes Material zu kenn- zeichnen ist, 9 Gramm je Kilogramm, bei der Ohne- Gentechnik-Kennzeichnung 1 Gramm je Kilogramm. Schließlich gibt es für die Bestimmung der sehr gerin- gen Anteile des gentechnisch veränderten Pollens am Gesamtpollen im Honig keine verlässliche Analyseme- thode. Das hat eine schriftliche Abfrage des Bundes- ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bei den Bundesländern bestätigt. Anlage 32 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage des Abgeordneten Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 60): Wie gedenkt die Bundesregierung, das Ziel im Koalitions- vertrag zwischen CDU, CSU und SPD, in Brüssel „für eine EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden“ einzutreten, kon- kret umzusetzen, und wie begründet die Bundesregierung vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung und der Tatsache, dass in oben genannten Produkten allenfalls gentechnisch verän- derte Genfragmente, in Pollen dagegen das gesamte Genom einschließlich sämtlicher gentechnischer Veränderungen ent- halten ist, ihre Positionierung bezüglich der Änderung der Honigrichtlinie? Um die Verbrauchertransparenz zu verbessern, ist die Bundesregierung während der 17. Legislaturperiode für eine umfassende Positivkennzeichnung (Prozesskenn- zeichnung) auf europäischer Ebene eingetreten. Diese Prozesskennzeichnung sollte die verpflichtende Kenn- zeichnung von Lebensmitteln, die im Laufe ihres Pro- duktionsprozesses mit Gentechnik in Berührung gekom- men sind, umfassen. Für das deutsche Anliegen einer umfassenden Pro- zesskennzeichnung gab es jedoch keine ausreichende Unterstützung seitens der EU-Kommission und anderer Mitgliedstaaten. Daher wurde im Koalitionsvertrag eine im Vergleich zu der umfassenden Prozesskennzeichnung eingeschränkte EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden, festgelegt. Diese angestrebte Prozesskennzeichnung trägt dem Umstand Rechnung, dass an Nutztiere in Deutschland und in der EU große Mengen gentechnisch verändertes Futtermittel verfüttert werden. Bei den gentechnisch veränderten Pollen im Honig handelt es sich dagegen um kleinste Anteile. So beträgt der Anteil des Pollens im Honig lediglich ungefähr 0,01 bis 0,5 Gramm je Kilogramm Honig und im Nor- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 965 (A) (C) (D)(B) malfall ungefähr 0,03 Gramm je Kilogramm Honig. Würde man gentechnisch veränderten Pollen als Zutat einstufen und den Gesamtpollengehalt im Honig als Bezugsgröße heranziehen, wäre demnach der gentech- nisch veränderte Pollen ab einer Menge von circa 0,00027 Gramm je Kilogramm Honig zu kennzeichnen. Zum Vergleich: bei konventionellen, Fair-Trade- und Ökoprodukten beträgt der Kennzeichnungsschwellen- wert, bei dessen Überschreiten in jedem Fall gentech- nisch verändertes Material zu kennzeichnen ist, 9 Gramm je Kilogramm, eine Menge, die also in be- stimmten Fällen (zum Beispiel Tofuprodukte aus Soja) über 30 000-mal höher liegen würde. Anlage 33 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 61): Wie begründet die Bundesregierung ihre unter anderem in der Sitzung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 17. April 2013 anlässlich der Dis- kussion des Antrags auf Bundestagsdrucksache 17/12839 vor- getragene Auffassung, der Eintrag von Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen in Honig sei „technisch nicht zu vermei- den“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 (Kenn- zeichnungsverordnung), und warum sieht sie eine technische Vermeidbarkeit nicht dadurch gegeben, dass ausreichende Mindestabstände zwischen Bienenstöcken und Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen definiert werden? Nach Art. 12 Abs. 2 der EU-Verordnung Nr. 1829/ 2003 ist ein Lebensmittel von Kennzeichnungsanforde- rungen ausgenommen, wenn der Anteil des gentechnisch veränderten Materials in dem Lebensmittel nicht höher als 0,9 Prozent liegt und das Vorhandensein des gentech- nisch veränderten Materials zufällig oder technisch un- vermeidbar ist. Nach Art. 12 Abs. 3 der EU-Verordnung Nr. 1829/ 2003 ist es Sache der Unternehmer, im vorliegenden Fall also der Imker, nachzuweisen, dass sie geeignete Schritte unternommen haben, um das Vorhandensein der gen- technisch veränderten Pollen zu vermeiden. Der Schwellenwert von 0,9 Prozent wird bei Pollen als natürlicher Bestandteil im Honig nicht erreicht, weil der Gehalt an wasserunlöslichen Stoffen, zu denen auch Pollen gehören, gemäß der Honigrichtlinie maximal 0,1 Prozent (bei Presshonig 0,5 Prozent) betragen darf. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, zu prüfen, ob gen- technisch veränderter Pollen im Honig zufällig oder technisch unvermeidbar ist. Hierzu führt der Juristische Dienst des Rates in seinem Gutachten vom 27. März 2013 aus, dass das Vorhandensein von gentechnisch ver- ändertem Pollen in Honig als zufällig betrachtet werden kann. Denn nach dem Urteil des Europäischen Gerichts- hofs sei Pollen ein „normaler Bestandteil (des Honigs), der nach dem Willen des Unionsgesetzgebers grundsätz- lich nicht entzogen werden darf, auch wenn die Regel- mäßigkeit seiner Aufnahme und die Mengen, in denen er im Honig vorhanden ist, von einigen Unwägbarkeiten während der Erzeugung abhängen“; somit sei die Bedin- gung der Verordnung Nr. 1829/2003, was das zufällige Vorhandensein des gentechnisch veränderten Materials betreffe, erfüllt. Anlage 34 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth auf die Frage des Abgeordneten Friedrich Ostendorff (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/458, Frage 62): Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus Bedenken des Rechtsdienstes des Rates (13957/12 - COM(2012) 530 final) im Hinblick auf die Ver- einbarkeit der vorgesehenen Änderung der EU-Honigricht- linie mit dem „Honigurteil“ des Europäischen Gerichtshofs (C-442/09), und in welcher Weise sieht die Bundesregierung diese Bedenken durch die im Rahmen des EU-Trilogs disku- tierten Änderungen berücksichtigt? Der Juristische Dienst des Rates hatte in seinem Gut- achten vom 27. März 2013 zunächst Bedenken geäußert, weil die Einstufung des Pollens als natürlicher Bestand- teil des Honigs nicht ausreichend begründet sei. Diesen Bedenken konnte im Laufe der Verhandlungen insbeson- dere durch eine Anpassung der Erwägungsgründe Rech- nung getragen werden. Der Juristische Dienst hat deswe- gen seine Bedenken nicht mehr aufrechterhalten. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage des Abgeordneten Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 63): In welchen Schritten und zu welchen Zeitpunkten plant die Bundesregierung die Umsetzung des Vorhabens aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, „dass be- stehende Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Le- benspartnerschaften und von Menschen aufgrund ihrer sexu- ellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen beendet werden“? Im Rahmen ihrer Zuständigkeit verfolgt die Bundes- regierung in erster Linie durch gesetzgeberische Maß- nahmen das Ziel, Diskriminierungen abzubauen bzw. zu beenden. In diesem Zusammenhang wird auf die Ant- wort der Bundesregierung zur schriftlichen Frage 27 in der Woche vom 9. Dezember 2013 (Bundestagsdruck- sache 18/166) verwiesen. Mit seiner Entscheidung vom 19. Februar 2013 hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufge- geben, eine verfassungsgemäße Regelung zur Sukzes- sivadoption durch Lebenspartner bis zum 30. Juni 2014 zu treffen. Der entsprechende Referentenentwurf wurde bereits auf den Weg gebracht und ist auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucher- schutz einsehbar. Die Beendigung von Diskriminierungen ist eine ge- samtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich alle gesell- schaftlichen Gruppen beteiligen müssen und die auch Bereiche betrifft, die nicht unmittelbar durch Maßnah- men der Bundesregierung beeinflussbar sind. Hier wirkt 966 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) die Bundesregierung deshalb, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, durch vielfältige Maßnahmen darauf hin, dass Diskriminierungen abgebaut werden. Diese sind zum Beispiel: Seit Dezember 2013 führt das Deutsche Jugendinsti- tut, DJI, eine Studie mit dem Titel „Coming-out – und dann…?! – Coming-Out Verläufe und Diskriminierungs- erfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland“ durch. Die seit 1990 bestehende Förderung des bundesweit agierenden Jugendnetzwerks Lambda e. V. wird aus Mit- teln des Kinder- und Jugendplans, KJP, fortgesetzt. Das Jugendnetzwerk richtet sich vor allem an junge homo-, bisexuelle und Transgender-Menschen. Die seit nunmehr über zehn Jahren andauernde Zu- sammenarbeit unter anderem mit dem Familien- und So- zialverein des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland, LSVD, e. V., die im Kern auf die Beseiti- gung bestehender Diskriminierungen zielt, welche gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und Men- schen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erfahren, soll fortgesetzt werden. Anlage 36 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 64): Dürfen Krankenhäuser im Rahmen der Begutachtung von Krankenhausabrechnungen nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 des Fünf- ten Buches Sozialgesetzbuch in der Regel von einer Übermitt- lung der Daten an den Medizinischen Dienst der Krankenver- sicherung, MDK, in speicher- oder vervielfältigbarer Form absehen, wenn ihnen stattdessen Verfahren zur Verfügung ste- hen, dem MDK die Daten in einem verschlüsselten Format zu übersenden, das zwar das Lesen für einen eingeschränkten Zeitraum erlaubt, jedoch Speichern, Drucken oder Vervielfäl- tigen ausschließt (vor dem Hintergrund, dass keine gesetzli- che Vorgabe für die Form der Übermittlung oder für eine Min- destdauer besteht und der MDK Sozialdaten, die ihm in diesem Zusammenhang bekannt wurden, im Sinne des Spar- samkeitsprinzips zum Schutz von Sozialdaten ausschließlich für diesen Zweck verarbeiten oder nutzen darf – vergleiche die Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 90 auf Bundestagsdrucksache 18/459)? Die Krankenhäuser sind nach § 276 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, SGB V, verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu über- mitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist. Dies beinhaltet, dass die Sozialdaten nicht nur in dem für die gutachtliche Stel- lungnahme und Prüfung erforderlichen Umfang, sondern auch für den für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlichen Zeitraum zu übermitteln sind. Eine Übermittlung der Daten in einem Format mit zeit- lich eingeschränkter Lesbarkeit könnte dazu führen, dass der MDK die Daten erneut anfordern müsste, sofern er sie für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung noch benötigt, und das Krankenhaus verpflichtet wäre, sie er- neut zu übermitteln. Die gesetzliche Vorgabe trägt dem Grundsatz der Datensparsamkeit bereits durch die aus- drückliche Zweckbindung Rechnung. Zu den genannten Zwecken darf der Medizinische Dienst die Sozialdaten verarbeiten und nutzen, also auch speichern. Für das Speichern gelten weitere gesetzliche Vorgaben, die den Schutz der Sozialdaten beim Medizinischen Dienst si- cherstellen. Anlage 37 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Kathrin Vogler (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 65): Hat die Bundesregierung inzwischen die Bewertung des zuständigen Sachverständigenausschusses für Verschrei- bungspflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medi- zinprodukte geprüft, der zufolge es keine medizinischen Ar- gumente gibt, die zwingend gegen eine Entlassung der Pille danach aus der Rezeptpflicht sprechen, und beabsichtigt die Bundesregierung, dieser Empfehlung folgend, zeitnah eine entsprechende Verordnung zu erlassen, die den betroffenen Frauen im Notfall einen schnellen Zugang zu diesem Medika- ment bietet? Die nach dem Votum des Sachverständigenausschus- ses für Verschreibungspflicht begonnene Prüfung der Frage der Entlassung von Notfallkontrazeptiva mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aus der Verschreibungspflicht erfolgt unter Einbeziehung aller Aspekte und in einem angemessenen Zeitrahmen. Anlage 38 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Fragen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Fra- gen 66 und 67): Welche Daten liegen der Bundesregierung zur Anzahl der jährlich an Dekubitus-Druckgeschwüren leidenden Men- schen und den damit verbundenen Kosten der nachträglichen Versorgung vor, und kann sie die in der ARD-Sendung plus- minus vom 5. Februar 2014 genannten Fallzahlen von jährlich mehr als 400 000 und Behandlungskosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bestätigen? Worin sieht die Bundesregierung die Ursachen, zum Bei- spiel eine zu geringe Personalausstattung im Pflegebereich, für diese nachträgliche Versorgung von Dekubitus-Fällen, und plant sie Initiativen, diesem Missstand Abhilfe zu verschaf- fen? Zu Frage 66: Auf der Grundlage der amtlichen Krankenhausstatis- tik lässt sich die genannte Fallzahl von Menschen, die an Dekubitusdruckgeschwüren leiden, nicht nachvollziehen. Zwar lag die summierte Zahl der kodierten Haupt- und Nebendiagnosen, die bei einzelnen Krankenhausfällen do- kumentiert werden, im Jahr 2012 bei 401 941 Nennungen. Diese Angaben enthalten jedoch Doppelzählungen (Haupt- und Nebendiagnosen). Im Jahr 2012 wurde le- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 967 (A) (C) (D)(B) diglich bei 12 957 Fällen die Hauptdiagnose Dekubital- geschwür und Druckzone verzeichnet. Die von der ARD-Sendung plusminus quantifizierten Behandlungskosten von 2,5 Milliarden Euro können für den Krankenhausbereich nicht bestätigt werden. Viel- mehr scheint es sich dabei um eine Schätzung zu han- deln, die nicht nur den Aufwand für die Versorgung von Menschen mit Dekubitus berücksichtigt, sondern in die auch die Kosten des eigentlichen Behandlungsanlasses, wie zum Beispiel Organtransplantationen, Beatmungs- patienten, intensivmedizinische Versorgung, einfließen. Angesichts des hohen Anteils, in dem Dekubitus nur als Nebendiagnose vorliegt, dürfte diese Schätzung den tat- sächlichen Aufwand für die Behandlung des Dekubitus überbewerten. Mangels klarer Abgrenzungsmöglichkei- ten zwischen den Kosten der Dekubitusbehandlung und den Kosten weiterer medizinischer Maßnahmen im Rah- men der Behandlung ist eine belastbare Quantifizierung der Kosten für die Dekubitusbehandlung spekulativ. Dies gilt in noch höherem Maße für die Schätzung von Kosten der „nachträglichen Versorgung“. Zu Frage 67: Eine angemessene Personalausstattung in Krankenhäu- sern gehört aus Sicht der Bundesregierung zu den Voraus- setzungen einer guten und qualitativ hochwertigen Ver- sorgung von Patientinnen und Patienten. Entscheidungen über die Personalausstattung liegen in der Eigenverant- wortung der Einrichtungen, weil ein angemessener Be- darf am besten vor Ort, unter Berücksichtigung des lokal unterschiedlichen Versorgungsaufwands, eingeschätzt werden kann. Die in der Fragestellung beispielhaft vor- genommene Verengung der Entstehung eines Dekubitus auf eine mutmaßlich zu geringe Personalausstattung sta- tionärer Einrichtungen ist nicht sachgerecht. Nach den vorliegenden medizinischen Erkenntnissen kann ein Dekubitus Folge eines komplexen Krankheits- geschehens oder jahrelanger Pflegedauer bei zum Teil nahezu vollständig immobilen Patientinnen und Patien- ten sein und dürfte auch bei qualitativ hochwertiger und personalintensiver Pflege nicht in allen Fällen vermeid- bar sein. Im Rahmen des pauschalierenden Entgeltsys- tems im Krankenhaus fließen die Kosten für die Vermei- dung (Prophylaxe) oder Behandlung eines Dekubitus in die Entgeltkalkulation ein. Um einem nicht bedarfsgerechten Personalabbau ins- besondere in der Pflege entgegenzuwirken und poten- ziell negative Auswirkungen auf die Versorgung zu ver- hindern, hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren sowohl Maßnahmen zur Schaffung zusätzlicher Pflegestellen ergriffen als auch zusätzliche Finanzmittel zur Finanzierung von Pflegepersonal bereitgestellt. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist vorge- sehen, umfassende Maßnahmen zur Förderung der Qua- lität bei der Versorgung zu ergreifen. Hierbei werden auch Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Pflegesi- tuation eine Rolle spielen, die mit den Beteiligten und relevanten Organisationen im Einzelnen in den kom- menden Wochen und Monaten zu erörtern sind. Anlage 39 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Frage der Abgeordneten Birgit Wöllert (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Frage 68): Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Ergebnis der von Lina Jansen vom Deutschen Krebsfor- schungszentrum und anderen Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftlern veröffentlichen Studie, der zufolge Krebspatien- tinnen und Krebspatienten in den ärmsten Regionen Deutschlands schlechtere Überlebenschancen haben als in den anderen Regionen in Deutschland (http://onlinelibrary.wiley. com/doi/10.1002/ijc.28624/abstract;jsessionid=BA88AA108 23B6887320CF263DB9145FB.f01t01)? Die Auswertung der Daten von circa einer Million Krebspatientinnen und -patienten für den Zeitraum 1997 bis 2006 durch das Deutsche Krebsforschungszentrum ergab, dass in wirtschaftlich schwächeren Regionen an Krebs erkrankte Menschen schlechtere Überlebenschan- cen haben. Die Ursachen für regionale Unterschiede in der Gesundheit der Bevölkerung sind komplex. Sie kön- nen zum Beispiel im Zusammenhang mit der jeweiligen demografischen und sozioökonomischen Bevölkerungs- struktur und -dichte stehen sowie mit der bestehenden Versorgungsqualität und Versorgungsstruktur, die unter anderem durch die Arztpraxis- und Krankenhausdichte und Zugangsmöglichkeiten gekennzeichnet ist. Bei Krebserkrankungen ist die Klärung der Ursachen für regionale Unterschiede besonders schwierig, da Krebs zum einen ein heterogenes Spektrum an Krank- heitsbildern und -verläufen aufweist. Zum anderen sind Krebserkrankungen multifaktoriell bedingt. Neben gene- tischen Einflüssen spielt eine Vielzahl weiterer Faktoren bei der Krankheitsentstehung und dem Krankheitsverlauf eine Rolle. Hierzu zählen Umweltfaktoren, individuelles Gesundheitsverhalten, wie Rauchen, Alkoholkonsum und die Wahrnehmung von Krebsfrüherkennungsange- boten, sowie sozioökonomische Einflüsse, wie Bildung und Einkommen. In welchem Maße diese einzelnen Fak- toren, insbesondere der sozioökonomische Status, ins Gewicht fallen, ist bislang nicht hinreichend erklärbar. Die Ergebnisse der Studie des Deutschen Krebsfor- schungszentrums belegen die Komplexität des oben dar- gelegten Sachverhaltes. Sie erlauben jedoch keine ein- deutige Zuordnung von möglichen verursachenden Faktoren. Es bedarf weitergehender Untersuchungen, um belastbare Rückschlüsse für mögliche konkrete Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Anlage 40 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Fragen des Abgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE) (Drucksache 18/458, Fragen 69 und 70): Ist es richtig, dass der Anteil der Ausgaben für öffentlich finanzierte Leistungserbringung im griechischen Gesund- heitssystem nach den Vereinbarungen der Troika mit der grie- chischen Regierung seit Jahren sinkt, und welche Zahlen lie- gen der Bundesregierung hierzu vor? 968 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Februar 2014 (A) (C) (B) In welchem Maße hat die Bundesregierung angesichts dessen, dass das Bundesministerium für Gesundheit als „Domain Leader“ für Strukturreformen des griechischen Ge- sundheitssystems verantwortlich ist, ihre Ziele erreicht, die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern und Un- gleichheiten in der Gesundheitsversorgung entgegenzuwir- ken, und wie hat sich beispielsweise die Zahl der Unversi- cherten in Griechenland seit Beginn der Aktivitäten der Bundesregierung entwickelt? Zu Frage 69: Der Bundesregierung liegen zur Entwicklung der Ge- sundheitsausgaben einschlägig bekannte und publizierte Daten, unter anderem der OECD, vor. Bereits vor der Staatsschuldenkrise bestanden strukturelle Defizite im Gesundheitsbereich, zu denen auch eine geringe Kosten- effizienz gehörte. Darauf hat die griechische Regierung wiederholt hingewiesen und daher umfassende Refor- men eingeleitet, um das Gesundheitssystem bezahlbar und zugleich leistungsfähig zu gestalten. Auf ihrem Weg dorthin wird die griechische Regierung durch die Bun- desregierung intensiv unterstützt. Zu Frage 70: Die Leistungsfähigkeit des griechischen Gesundheits- wesens kann angesichts der Notwendigkeit grundlegen- der struktureller Veränderungen nicht kurzfristig wirk- sam verbessert werden. Die griechische Regierung hat von sich aus wiederholt darauf hingewiesen, dass die bereits vor der Staatsschuldenkrise bestehenden struk- Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K turellen Defizite nur durch ein umfassendes Reform- programm nachhaltig gelöst werden können. Dieses Re- formprogramm ist in enger Zusammenarbeit zwischen der griechischen Regierung, der Task Force für Grie- chenland der Europäischen Kommission, TFGR, und der Bundesregierung ausgearbeitet und im Dezember 2013 vorgestellt worden. Die Umsetzung hat begonnen. Die Verabschiedung eines Gesetzentwurfs zur Umstrukturie- rung des nationalen Trägers für Gesundheitsleistungen, EOPPY, am 6. Februar 2014 ist ein Beispiel dafür. Bei der weiteren Umsetzung vereinbarter Reformschritte wird die griechische Regierung auch intensiv durch die Weltgesundheitsorganisation, WHO, und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ, unterstützt, de- ren Expertinnen und Experten sich seit Dezember 2013 längerfristig in Athen aufhalten. Die Finanzierung der Beratungsmaßnahmen ist zunächst bis 2015 aus griechi- schen EU-Strukturfondsmitteln gesichert. Die Planungen für weitere umfassende Strukturveränderungen, zu de- nen auch die Einführung einer obligatorischen Kranken- versicherung zählt, reichen bis 2020. Weder der Bundesregierung noch der griechischen Regierung oder der TFGR liegen valide Daten über die Zahl Nicht- oder Unterversicherter vor. Die griechische Regierung schätzt den Anteil der Menschen ohne Kran- kenversicherungsschutz auf circa 1,5 Millionen. Die griechische Regierung hat bereits angekündigt, diesem Problem zeitnah abhelfen zu wollen. (D) kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 13. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Befragung der Bundesregierung TOP 2 Fragestunde ZP 1 Aktuelle Stunde zur strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung Anlagen
Gesamtes Protokol
Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801300000

Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: 17. Bericht der Bundesregie-
rung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Frau
Dr. Maria Böhmer.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801300100


Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kollegin-
nen und Kollegen! Der 17. Bericht der Bundesregierung
zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik stand heute
zur Beratung im Bundeskabinett an. Bevor ich darüber
berichte, möchte ich eine kurze Vorbemerkung machen,
die Sie alle sicherlich nicht überrascht. Ich habe das Amt
neu übernommen und freue mich auf eine gute Zusam-
menarbeit. Mir wurde von vielen berichtet, wie intensiv
die Zusammenarbeit gerade im Bereich der Auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik ist. Vor diesem Hintergrund
habe ich mit besonderer Neugierde diesen Bericht gele-
sen. Ich muss sagen, ich fand ihn nicht nur spannend,
sondern ich bin begeistert. Sie sehen, ich freue mich, mit
Ihnen, und zwar nicht nur mit den Personen, die ich gut
kenne, zusammenzuarbeiten. Ich glaube nämlich, dieser
Bericht ist eine gute Grundlage für die weitere Zusam-
menarbeit.

Dieser Bericht zeigt in der Tat gerade angesichts gro-
ßer Konfliktsituationen und Krisen, wie wichtig die Bei-
träge der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sind:
Denn die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik kann
zur Bewältigung von Krisen- und Konfliktsituationen
beitragen. Es geht uns dabei um eine langfristige und
nachhaltige Partnerschaft.

Natürlich ist es auch wichtig, den Bildungs- und Wis-
senschaftsstandort Deutschland zu fördern. Denn damit
wird unsere wichtigste Ressource, nämlich Bildung, ge-
sichert.

Wir haben – das dürfte uns alle sehr freuen – jüngst
durch mehrere Studien erneut erfahren, dass Deutsch-
land in der Welt sehr angesehen ist. Dieses Ansehen
müssen wir weiter stärken. Vertrauenswürdigkeit, Ver-
lässlichkeit und Zukunftsorientierung, aber auch Innova-
tionsfreundlichkeit werden uns zugeschrieben.

Ich lege ein besonderes Augenmerk auf die Willkom-
menskultur. Nachdem wir in der letzten Legislaturpe-
riode die Weichen dafür hier im Land gestellt haben, ist
es auch sehr sinnvoll, mit aller Kraft und Kreativität die
Möglichkeiten der Auswärtigen Kultur- und Bildungs-
politik auszuloten und zu nutzen, um die Willkommens-
kultur weiter voranzubringen. Für die Arbeit im Bundes-
tag ist eines entscheidend: Manch einer hat mir gesagt:
Es gibt hier eine sogenannte Große Koalition, wenn es
um Kultur- und Bildungspolitik geht. – Ich würde sagen:
Es gibt hierbei eine Allparteienkoalition. Ich sage rück-
blickend herzlichen Dank an alle, die sich so intensiv
eingebracht haben.

Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zielt auf
nachhaltige Netzwerke und langfristige Partnerschaften.
Gerade wenn es um Globalisierung geht, ist dies beson-
ders wichtig.

Für mich war der Ausbau der Schulen im Ausland
sehr beeindruckend. Die Partnerschulinitiative PASCH
gibt es seit 2007. Sie wurde damals von der Großen Ko-
alition ins Leben gerufen und hat sich sehr gut weiterent-
wickelt. Sie nimmt eine wichtige Brückenfunktion ein.
Dazu gehört auch die Verabschiedung des Auslands-
schulgesetzes in der letzten Legislaturperiode. Hier erin-
nere ich an meine Vorgängerin, Cornelia Pieper, die mir
dieses Thema noch einmal in den Blick gerückt hat. Ich
weiß, dass sie hier viel Unterstützung erfahren hat.

Eine Brückenfunktion nimmt auch der Studentenaus-
tausch ein. Jetzt richte ich den Blick ganz besonders auf
die Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament. Es
geht ja darum, dass wir ausreichende finanzielle Mittel
zur Verfügung haben. Es sollte – das hat sich ja sehr be-
währt – alles darangesetzt werden, dass es hier nicht zu






(A) (C)



(D)(B)

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer

den Kürzungen kommt, die bisher im Haushaltsentwurf
vorgesehen sind.

Die Anziehungskraft des Wissenschaftsstandorts
Deutschland weiter zu erhöhen, ist ein Ziel unserer Ar-
beit. Wir stehen im globalen Wettbewerb um die klugen
Köpfe. Ich finde, wir müssen alle Anstrengungen unter-
nehmen, um in diesem Wettbewerb gut abzuschneiden.
Dazu gehört auch die von Bund und Ländern entwickelte
Strategie für die Internationalisierung der Hochschulen
in Deutschland, die darauf zielt, diese Internationalisie-
rung weiter zu stärken.

Was mich immer wieder freut, ist die starke Nach-
frage nach Deutsch als Fremdsprache. Die Goethe-Insti-
tute setzen sich mit viel Begeisterung und viel Kraft da-
für ein. Ich selbst habe es an etlichen Goethe-Instituten
hautnah verfolgen können und war sehr angetan von der
Initiative „DEUTSCH 3.0“, die jetzt ergriffen worden
ist. Ob es um Asien, um Lateinamerika oder aktuell um
die Vorbereitung des deutsch-russischen Jahres der Spra-
che und Literatur geht: All das hat, wie ich glaube, eine
große Bedeutung.

Die größte Zahl der Deutschlerner findet sich, wenn
wir den Blick auf die europäischen Nachbarländer rich-
ten, in Polen. Russland und Frankreich folgen in harter
Konkurrenz. In Südeuropa ist die Nachfrage wirklich
überschäumend: Die Goethe-Institute in Madrid und
Barcelona platzen aus allen Nähten. Das relativiert viel-
leicht auch so manche Deutschland-Kritik, die wir in den
Medien wahrnehmen. Die Menschen wenden sich in der
Tat Deutschland zu, setzen auf uns als starken Partner.
Das halte ich für eine ganz wichtige Botschaft. Das be-
deutet natürlich auch, dass wir gerade in Zeiten, in denen
in Europa eine Finanzkrise herrscht und man sich fragt,
wie es weitergeht, die europäische Idee immer weiter
tragen müssen. Dazu dient auch die Auswärtige Kultur-
und Bildungspolitik, die wir entsprechend mit Leben fül-
len müssen.

Ich halte es für spannend, wenn man die Perspektiven
der anderen kennenlernt, sie einbindet und damit ein
größeres Verständnis erzeugt. Ich würde gerne den Satz,
den ich in der deutschen Integrationspolitik gesetzt habe:
„Wir reden miteinander und nicht übereinander“, auf die
Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik übertragen, bei
der es schließlich darum geht, die Willkommenskultur
zu festigen.

Wir haben 2014 ein wichtiges Gedenkjahr vor uns.
Wir sollten es zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg,
den Zweiten Weltkrieg und den Mauerfall vor 25 Jahren
nutzen; denn Europa ist in der Tat die Antwort auf die
damaligen Konflikte.

Wir sollten auch den arabischen Transformationspro-
zess weiter mit aller Kraft unterstützen.

Ich komme zu einem Thema, das gerade gestern im
Gespräch mit dem marokkanischen Kulturminister noch
einmal eine Rolle gespielt hat, nämlich die berufliche
Bildung. Die Einrichtung der Zentralstelle für internatio-
nale Berufsbildungskooperation ist gelungen. Ich glaube,
wir sollten offensiv unterstützen, dass berufliche Bil-
dung in anderen Ländern zu einem Exportschlager wird,
aber nicht im Sinne eines Überstülpens. Vielmehr sollten
wir nach den jeweiligen Bedingungen fragen und daran
anknüpfen.

Ich will auch hier im Deutschen Bundestag einen
herzlichen Dank an alle Mittlerorganisationen sagen.
Dazu gehören die sogenannten Flaggschiffe, das Goethe-
Institut und der DAAD.

Weil wir in die Haushaltsberatungen gehen, zum
Schluss dazu noch ein Wort: Die Haushaltseckwerte für
2013 wiesen den stolzen Betrag von 1,65 Milliarden
Euro für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
aus. Das Auswärtige Amt verfügte über einen Anteil von
787 Millionen Euro. Das sind Rekordwerte! Wir wissen,
dass die Ansätze im ersten Entwurf des Haushalts 2014
jetzt nicht mehr so hoch sind. Das sollte uns gemeinsam
herausfordern, genau hinzuschauen und zu einer ver-
nünftigen, wirklich guten Grundlage für die Auswärtige
Kultur- und Bildungspolitik zu kommen. Ich sage noch
einmal: Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Jetzt
bin ich gespannt auf die Diskussion.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801300200

Danke. – Da die Auswärtige Kulturpolitik manchmal

etwas zu kurz kommt, haben wir drei Minuten Redezeit
dazugegeben, damit sie im Zusammenhang dargestellt
werden konnte.


(Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin: Danke! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für alle!)


Wir haben schon eine ganze Reihe von Wortmeldun-
gen von sehr engagierten Kolleginnen und Kollegen:
Dr. Dehm, Claudia Roth, Ulla Schmidt, Ernst Dieter
Rossmann und Dr. Thomas Feist.

Das Wort hat jetzt also Kollege Dr. Dehm.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801300300

Herr Präsident! Frau Staatsministerin, 2011 ist ein Pa-

radigmenwechsel in der Auswärtigen Kulturpolitik ein-
getreten. Es geht nun weniger um einen ergebnisoffenen
Austausch als um eine Eingliederung in die Ziele der
Außenpolitik. Gegen diesen Paradigmenwechsel gab es
kritische Einlassungen, auch von der von Ihnen so ge-
schätzten Kollegin Schmidt. Von Ihnen, Frau Staatsmi-
nisterin, würde ich gerne wissen: Wie wollen Sie das mit
der Idee Europas – wobei ich hinzufügen möchte: Es
gibt mehrere Ideen Europas – verbinden? Wie würden
Sie das näher eingrenzen? Ich frage das insbesondere vor
dem Hintergrund, dass die Idee Europas hier am Mikro-
fon schon einmal so vertreten wurde: „Man spricht wie-
der deutsch in Europa.“ – Im Grunde ja weniger eine tas-
tende, sondern mehr eine brachial-expansive Idee. Mich
würde also sehr interessieren, wie Sie dazu stehen.

Im Koalitionsvertrag steht, dass Auswärtige Kultur-
und Bildungspolitik auch als Instrument der Krisenprä-






(A) (C)



(D)(B)

Dr. Diether Dehm

vention im weiteren Sinne zu verstehen ist – das ist für
uns als Linke etwas alarmierend – und dass es um die
Vermittlung der Werte Freiheit, Demokratie und Men-
schenrechte geht. Ich hätte ich mich gefreut, wenn im
100. Jahr nach Beginn des Ersten Weltkriegs im Koali-
tionsvertrag auch der Begriff „Frieden“ gestanden hätte.

Das war meine erste Frage. Ich habe danach hoffent-
lich noch einmal die Gelegenheit, eine zweite zu stellen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801300400

Lassen wir aber zunächst einmal die anderen Kolle-

ginnen und Kollegen zu Wort kommen. Wir haben be-
reits einen Zuschlag von 39 Sekunden auf die Redezeit
gegeben, um für ein bisschen Ausgleich zu sorgen. –
Frau Staatsministerin, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801300500


Herr Präsident! – Herr Kollege Dehm, auch ich habe
immer wieder von diesem Paradigmenwechsel gehört
und versucht, dem nachzuspüren. In zahlreichen Gesprä-
chen ist mir jedoch versichert worden, dass die Auswär-
tige Kultur- und Bildungspolitik von einer sehr großen
Kontinuität gekennzeichnet ist. Was Sie mit Paradigmen-
wechsel meinen, ist – so verstehe ich Sie – das Indienst-
nehmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.
Ich glaube, die Mittler, ob das die Goethe-Institute sind,
die deutschen Auslandsschulen, der DAAD oder die
Alexander-von-Humboldt-Stiftung, würden das weit zu-
rückweisen. Sie machen vielmehr eine sehr eigenstän-
dige Arbeit. Das halte ich auch für wichtig.

Auch den Brückenschlag, den man macht, indem man
sich mit den Ländern austauscht, ist wichtig. Ich habe
eben ja sehr bewusst gesagt: Wir reden nicht übereinan-
der, sondern miteinander. Dieser Austausch und das
Aufeinanderzugehen ist für mich entscheidend in der
Kulturpolitik.

Lassen Sie mich als Beispiel das gestrige Gespräch
mit dem Kulturminister aus Marokko anführen. Es
zeigte sich, wie wichtig es ist, wechselseitig die Wurzeln
auszuloten, sich besser kennenzulernen, auch dort das
jüdische Erbe in den Blick zu rücken und dann nach
Möglichkeiten zu suchen, wie man es sowohl in
Deutschland, aber auch in Marokko über Wertediskussi-
onen, über den Austausch von Künstlern und über den
Jugendaustausch wieder fruchtbarer macht. Das ist ein
wichtiger Ansatzpunkt; an diesem sollten wir gemein-
sam weiterarbeiten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801300600

Schönen Dank. – Das Wort hat jetzt Claudia Roth.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Böhmer, im Namen unserer Fraktion möchte ich
Ihnen sagen: Wir freuen uns auf eine gute und konstruk-
tive Zusammenarbeit.

Ich habe drei kurze Fragen. Erstens. Sie haben vom
Gedenkjahr 2014 gesprochen. Es wäre gut, wenn wir
eine Aufstellung darüber bekommen könnten, welche
konkreten Projekte es gibt. Ich möchte erwähnen, dass es
noch weitere Jahrestage gibt: vor 70 Jahren der Aufstand
im Warschauer Getto, vor 20 Jahren der Völkermord in
Ruanda, vor 25 Jahren der Aufstand auf dem Tianan-
men-Platz. Es gibt also viel, was uns interessiert.

Zweitens. Russland spielt nicht nur, aber auch wegen
Sotschi eine zentrale Rolle in diesem Jahr. In diesem
Sommer beginnt das deutsch-russische Jahr. Was ist ge-
plant? In der Vergangenheit waren solche Jahre, sei es
das deutsch-brasilianische oder das deutsch-indische
Jahr, immer Thema in unserem Ausschuss. Wir würden
uns wünschen, dass es nicht nur Wirtschaftsausstellun-
gen gibt, sondern dass solche Jahre tatsächlich mit Aus-
wärtiger Kulturpolitik angereichert sind. Was passiert
also im Zusammenhang mit dem deutsch-russischen
Jahr?

Dritte Frage: Herr Gauweiler hat immer gesagt: Wenn
gar nichts mehr geht, dann geht – vielleicht – Kulturpoli-
tik. Gibt es Überlegungen, in Syrien und den Nachbar-
staaten, also in einer Region, die im Moment von einer
grauenhaften Katastrophe heimgesucht wird, den Men-
schen mit Auswärtiger Kulturpolitik so etwas wie ein an-
deres Grundnahrungsmittel zu geben?

Muss ich jetzt stehen bleiben?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801300700

Frau Kollegin, das wäre freundlich und parlamenta-

risch üblich. – Die Frau Staatsministerin wird jetzt ant-
worten und dabei ab und zu einen Blick auf die Ampel
werfen.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801300800


Ich achte auf die Ampel und bemühe mich, zu ant-
worten, solange es grün ist. Ich beeile mich.

Ich fange mit dem letzten Punkt an. Uns treibt natür-
lich die Frage um, wie wir den Menschen in Syrien in
dieser katastrophalen Not, in dieser Ausweglosigkeit
helfen können. Es geht um Nahrungsmittel, um Hilfe-
stellungen für Flüchtlinge, die das Land verlassen wol-
len, und es geht um die medizinische Versorgung.
Nichtsdestotrotz müssen wir uns auch um den Kultur-
gütererhalt kümmern. Ich habe darüber mit der General-
direktorin der UNESCO gesprochen. Ich nehme an, dass
dieses Thema auch Ihnen am Herzen liegt. Man muss
auch in diese Richtung denken, denn wir haben erlebt,
wie in anderen Ländern Kulturgüter zerstört worden sind
und nun unwiederbringlich verloren sind. Wir wollen
Hilfestellung leisten, zum Beispiel bei der Registrierung,
bei der Aufnahme dieser Güter. Das wird der erste
Schritt sein. Darüber können wir uns gerne noch einmal
austauschen. Ich glaube, das ist abgesehen von der ak-
tuellen Nothilfe ein sehr wichtiger Punkt.

Zum Zweiten haben Sie nach dem deutsch-russischen
Sprachenjahr gefragt. Der Deutschunterricht genießt in
Russland offenbar einen sehr hohen Stellenwert. Es gibt
dort 2,3 Millionen Schülerinnen und Schüler, die
Deutsch lernen; davon bin ich begeistert. Das bedeutet






(A) (C)



(D)(B)

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer

aber auch, dass man die Deutschlehrer in Russland un-
terstützt, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern.
Es gibt dort jetzt auch einen eigenen Verband. Das an-
dere ist, dass die russische Seite ein Interesse daran hat,
dass die russische Sprache hier in Deutschland einen gu-
ten Stellenwert hat.

Damit kommen wir zum Punkt Jugendaustausch. Das
war mir ganz wichtig. Ich finde Begegnungen von Ju-
gendlichen mit Politikern und insbesondere, dass sie bei
ihnen zur Sprache kommen und Gehör finden, sehr
wichtig. Das habe ich bei Gesprächen mit Kollegen aus
Russland sehr in den Blick gerückt.

Wenn es um Sotschi geht, sollten wir uns nicht nur
über die Goldmedaillen freuen – ich finde es klasse, wie
gerade die Frauen abgeschnitten haben –, sondern wir
sollten auch sehen, wie es mit den Menschenrechten und
den Rechten sexueller Minderheiten aussieht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801300900

Danke schön. – Als Nächste hat das Wort die Kolle-

gin Ulla Schmidt, SPD-Fraktion.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1801301000

Vielen Dank. – Frau Staatsministerin, auch von mei-

ner Fraktion die besten Wünsche. Auch wir freuen uns
auf eine gute Zusammenarbeit. Wir sind froh, dass mit
Außenminister Frank-Walter Steinmeier wieder jemand
an der Spitze des Ministeriums steht, für den die Aus-
wärtige Kultur- und Bildungspolitik eine wirkliche Her-
zensangelegenheit ist; das haben wir alle ja in den Jahren
2005 bis 2009 auch erlebt.

Meine Frage: Derzeit führen wir eine große Debatte
über die neue Verantwortung, die Deutschland in der
Welt wahrnehmen muss. Für uns alle hier ist klar, dass
militärische Einsätze nur die Ultima Ratio sein können.
Da wir stark auf die Krisenprävention setzen, ist die
Frage: Wie will das Auswärtige Amt der Auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik im Zusammenhang mit der
Krisenprävention einen noch stärkeren Stellenwert ge-
ben? Was wollen Sie tun, damit wir in Konfliktsitua-
tionen – Stichwort: Sender und Empfänger – frühzeitig
eingreifen können? Wie gedenken Sie, die Mittlerorgani-
sationen, die übrigens alle auf eine sichere finanzielle
Basis gestellt werden müssen – diesbezüglich haben wir
in den letzten vier Jahren große Verwerfungen miterle-
ben müssen –, einzubeziehen, damit sie nicht am Ende
vor fertige Konzepte gestellt werden?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801301100


An der Stelle halte ich es für wichtig, voneinander zu
lernen. Viele der Mittlerorganisationen sind hautnah vor
Ort. Mir ist vonseiten der Goethe-Institute berichtet wor-
den, welche Erfahrungen sie gerade in Ägypten gesam-
melt haben. Dort sind sie nach wie vor sozusagen die
Anlaufstelle. Das ist wichtig, weil unsere politischen
Stiftungen dort leider andere Erfahrungen machen muss-
ten. So kommen die Menschen zu ihnen, wenn es um
Fragen der Demokratisierung geht: Wie bauen wir ein
rechtsstaatliches System auf?
Mit Blick auf den Transformationscharakter ist aber
auch die Unterstützung des universitären Bereichs in
Ägypten wichtig. Das gilt übrigens auch für Tunesien.
Ein entscheidender Gesichtspunkt wird sein, jungen
Menschen eine Perspektive zu geben. Sie müssen wis-
sen, dass sie auch in ihrem Land eine Chance haben, und
sie müssen die Möglichkeit bekommen, diese zu nutzen.
Deshalb ist der Austausch, den wir über Stipendien für
junge Wissenschaftler fördern können, wichtig. Aber
wenn die jungen Leute in ihr Land zurückkehren, müs-
sen sie sehen, dass sich dort Strukturen aufbauen.

Außerdem wichtig für mich ist der Dialog der Kultu-
ren. Denn viele der Konflikte – das sehen wir, wenn wir
in die arabische Welt schauen – haben auch kulturelle
und historische Hintergründe. Diesen Dialog müssen wir
fortführen und intensivieren. Auch damit leisten wir ei-
nen Beitrag in den Transformationsländern, geben wir
jungen Menschen eine Chance.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801301200

Herzlichen Dank. – Als Nächster hat das Wort der

Kollege Dr. Ernst Dieter Rossmann, SPD-Fraktion.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1801301300

Frau Staatsministerin, Sie waren so ehrlich, anzuspre-

chen, dass der Regierungsentwurf des Haushalts, den
Schwarz-Gelb vorgelegt hatte, leider Kürzungen in Be-
zug auf den DAAD und andere Organisationen enthielt
und dass Ihnen das Sorge macht. Gleichzeitig drückten
Sie die Hoffnung aus, dass Schwarz-Rot dies ändern
wird. Vielleicht können Sie mit Blick auf die internatio-
nale Studienförderung, auf die Austauschförderung und
speziell auch auf das Programm bzw. die Strategie
„DAAD 2020“, die sich der DAAD im Jahr 2013 vorge-
nommen hat, noch einmal besonders herausarbeiten,
weshalb es so wichtig ist, dass es Änderungen gibt ge-
genüber der Richtung, in die es gemäß dem Entwurf von
Schwarz-Gelb laufen sollte.

Als Nachfrage darf ich anschließen: Kann man wirk-
lich guter Hoffnung sein, dass diese Regierung die Kraft
findet, das ressortübergreifend so zu ändern, dass Sie bei
Gelegenheit eine sehr gute Botschaft in Bezug auf den
DAAD und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung ver-
künden können?


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Goethe-Institute!)


– Natürlich auch bezüglich Goethe-Institute und andere.
Ich wollte es aber gerne auf diesen Punkt zuspitzen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801301400

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801301500


Ich glaube, jeder hat eine besondere Nähe zu der ei-
nen oder anderen Mittlerorganisation. Ich sehe es so, wie
es Kollegin Schmidt gesagt hat, dass alle wichtig sind.
Denn sie haben auch unterschiedliche Funktionen.






(A) (C)



(D)(B)

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer

Mir wurde berichtet, dass es sozusagen eine klassi-
sche – ich will jetzt nicht sagen gute – Tradition ist, dass
sich die Haushälter, aber auch diejenigen Kolleginnen
und Kollegen, die im Unterausschuss Auswärtige Kul-
tur- und Bildungspolitik sind, bei den Haushaltberatun-
gen dafür starkmachen, dass der Haushaltstitel später
entsprechend ausfällt. Darauf setze ich. Das war wohl
nicht nur in der letzten Legislaturperiode so, sondern
auch in vorausgehenden. Ich registriere jetzt, dass es,
wenn wir vom ersten Regierungsentwurf 2014 ausgehen,
in absoluten Zahlen gesehen immerhin der dritthöchste
Titel ist. Aber ich sage auch: Da ist Luft nach oben, und
diese wollen wir gemeinsam nutzen.

Ich habe gesehen, dass es drei Bereiche gibt, wo wir
besonders hinschauen sollten. Einer ist die deutsche
Sprache. Momentan besteht dort auch noch finanzieller
Handlungsbedarf. Wenn die Nachfrage so groß ist, sollte
man sie auch befriedigen können. Das Stipendienpro-
gramm liegt uns allen, glaube ich, sehr am Herzen. Das
habe ich auch am Kopfnicken gemerkt. Denn gerade
wenn es um Fachkräfte geht, um die Brückenfunktion,
ist dieses Thema wichtig. Wir sollten auch ein Auge auf
den Schulfonds haben, damit sich die gute Entwicklung
im Bereich der PASCH-Schulen fortsetzen kann.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801301600

Herzlichen Dank. – Als Nächster hat Kollege

Dr. Thomas Feist von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Dr. Thomas Feist (CDU):
Rede ID: ID1801301700

Vielen Dank. – Frau Staatsministerin, es wird Sie

nicht überraschen, dass sich auch unsere Fraktion auf die
Zusammenarbeit in ganz besonderer Art und Weise
freut. Mit dem voraussichtlichen Unterausschussvorsit-
zenden Peter Gauweiler werden wir einen Mitstreiter ha-
ben, dem die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
sehr am Herzen liegt.

Ich bin dankbar für die Frage meines Kollegen
Rossmann. Sie, Frau Staatsministerin, haben in der Ant-
wort zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der Haus-
halt der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sehen
lassen kann. Wenn Sie, Frau Kollegin Schmidt, sagen,
dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ein
Herzensanliegen des neuen Bundesaußenministers
Frank-Walter Steinmeier ist, dann bin ich mir ganz si-
cher, dass es mit vereinten Kräften und der Unterstüt-
zung auch solcher Kollegen wie Herrn Dr. Rossmann ge-
lingen wird, gerade im Bereich der Flaggschiffe – dazu
haben Sie auch den DAAD gezählt – Verbesserungen zu
erreichen. Wir werden Sie dabei unterstützen.

Meine Frage zielt auf einen Bereich, der in der letzten
Legislaturperiode erfreulicherweise hinzugekommen ist.
Sie haben die berufliche Bildung erwähnt. Die Zentral-
stelle für internationale Berufsbildungskooperation, die
beim BIBB eingerichtet worden ist, ist da ein zentraler
Ansprechpartner. Was ist Ihre Vision, wenn es darum
geht, die wirtschaftliche und soziale Lage in Europa
nachhaltig zum Guten zu wenden? Ein Ziel war ja auch,
die grassierende Jugendarbeitslosigkeit in Europa mit
Berufsbildungsmaßnahmen nach deutscher Machart zu
fördern. Was können wir in dieser Legislaturperiode in
der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Bereich
der beruflichen Bildung gestalten?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801301800

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801301900


Ich will das an drei Punkten verdeutlichen:

Erster Punkt. Wir haben ein großes Netz von Aus-
landsschulen. Diese Schulen sind in der Regel allge-
meinbildende Schulen, auf denen man Abitur macht,
auch das internationale Abitur. Dieses Netz verstärkt um
berufliche Qualifizierung zu ergänzen, wäre sehr sinn-
voll. Das müssen wir mit den Partnerschulen aushan-
deln, aber auch mit den entsprechenden Ländern. Das In-
teresse daran ist allerdings, so sage ich es einmal, sehr
unterschiedlich ausgeprägt.

Damit komme ich zum zweiten Punkt: Wir müssen
auch in Ländern, die nicht mit unserem dualen System
vertraut sind, für unsere Art der beruflichen Bildung
– auch ein duales Studium kann dabei ein spannender
Ansatz sein – und dafür, dass man auch dort diesen Weg
gehen kann, werben. Das heißt, wir müssen die Eltern
stärker einbinden. Die Goethe-Institute haben dabei
schon einige Erfahrung. Diese Erfahrung sollte ausge-
baut werden.

Dritter Punkt. Wir müssen vor Ort alle Kräfte bün-
deln. Deutsche Unternehmen, die im Ausland tätig sind
und die Ausbildung dort entsprechend dem deutschen
Ansatz dual organisieren – auch im Austausch mit den
Unternehmen vor Ort –, zeigen, dass man damit erfolg-
reich sein kann, dass das eine Perspektive ist. Das zu
konzentrieren, indem man vor Ort Netzwerke aufbaut
und Runde Tische organisiert, scheint mir ein guter Weg
zu sein. Wir können ja nicht von heute auf morgen das
duale System sozusagen in Reinkultur exportieren – das
wollen wir auch nicht. Es geht jedoch um den Geist, der
sich damit verbindet: Erfahrungen in der Schule und Er-
fahrungen im Unternehmen miteinander zu kombinie-
ren, um damit bessere Chancen zu haben. Das scheint
mir ein guter Weg zu sein.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801302000

Danke schön. – Als Nächster hat das Wort der Kol-

lege Harald Petzold, Fraktion Die Linke.


Harald Petzold (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801302100

Frau Staatsministerin, ich möchte gerne noch einmal

das Stichwort „Auslandsschulen“ aufgreifen und mich
natürlich Ihrem Lob für die Arbeit, die dort geleistet
wird, anschließen. Wenn man allerdings die Einrichtun-
gen vor Ort besucht – ich hatte letztens die Gelegenheit
dazu –, gewinnt man manchmal den Eindruck, dass die
Lösung, die gewählt wurde, also dass diese Schulen
mehr oder weniger frei in der Luft hängen, nicht die
günstigste ist. Das betrifft vor allem ihre Ausstattung,
die teilweise doch schon in die Jahre gekommen ist. Das
führt dann jedoch nicht wie bei Schulen in den jeweili-






(A) (C)



(D)(B)

Harald Petzold (Havelland)


gen Bundesländern dazu, dass Modernisierungsmaßnah-
men und bauliche Ergänzungen usw. stattfinden – von
inhaltlichen Dingen will ich dabei gar nicht sprechen.
Vielleicht könnten Sie ein paar Ausführungen dazu ma-
chen, wie Ihrer Vorstellung nach zum einen diese Schu-
len in die inhaltliche Debatte in Deutschland integriert
werden können und wie zum anderen für eine bessere
Ausstattung gesorgt werden kann.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801302200

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801302300


Die Erfahrungen mit der Ausstattung der Auslands-
schulen dürften sehr unterschiedlich sein. Sie haben von
einem schwierigen baulichen Zustand gesprochen, viel-
leicht verbunden mit Schwierigkeiten, den Unterricht so
zu gestalten, wie wir uns das vorstellen. Ich habe vor
einiger Zeit eine Auslandsschule in Istanbul besucht. Da
muss ich sagen: Was die Ausstattung dieser Schule an-
geht, würde manche Schule in Deutschland vor Neid er-
blassen. Ich will damit sagen: Die Unterschiede sind
groß.

Von entscheidender Bedeutung für uns ist die Qualität
des Unterrichts. Unser Ansatz ist deshalb, Möglichkeiten
der Lehrerfortbildung zu eröffnen und auch moderne
Formen des Lehrens und Lernens zu unterstützen, zum
Beispiel die neuen Technologien sehr viel stärker zu nut-
zen. Manche Schulen in Deutschland setzen begeistert
Whiteboards ein, auch wenn nicht jede Lehrkraft davon
begeistert ist. Das sind Möglichkeiten, die man nutzen
muss. Wir sollten das schwerpunktmäßig voranbringen,
und zwar über die Exzellenzinitiative.

Mit dem Auslandsschulgesetz haben wir jetzt schließ-
lich eine sicherere Grundlage für die Finanzierung so-
wohl baulicher Art als auch, was den Unterricht anbe-
trifft. Da muss man jetzt genau schauen. Gerne können
wir Einzelfälle, die Ihnen aufgefallen sind, in den Blick
nehmen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801302400

Danke schön. – Als Nächster hat das Wort der Kol-

lege René Röspel, SPD-Fraktion.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1801302500

Frau Staatsministerin, Sie erwähnten den glücklichen

Umstand, dass in Russland offenbar 3,3 Millionen Men-
schen


(Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin: 2,3!)


Deutsch lernen. Es gibt ja die Imagekampagne „Study in
Germany“. Ich habe dahin gehend eine Frage an die
Bundesregierung: Wäre ein Programm namens „Study in
German“ nicht eine gute Idee? Dadurch könnte man den
Menschen, die im Ausland Deutsch lernen, das Angebot
machen, in deutscher Sprache zu studieren und einen
deutschen Abschluss zu machen, zum Beispiel über
Fernstudiengänge; das hat es bereits gegeben. Das Ange-
bot würde folgendermaßen lauten: Studiert auf Deutsch,
bleibt aber zu Hause und arbeitet dort weiter.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801302600

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801302700


Danke. – Ich finde die Idee gut. Ich glaube, man sollte
beides tun. Ein Klassiker in Deutschland ist die Fernuni-
versität Hagen. Es gibt an dieser Stelle aber noch viele
andere Angebote.

Was ich auch für wichtig halte, ist der unmittelbare
Kontakt hier in Deutschland. Denn wer in Deutschland
studiert, macht sich nicht nur in einem Fach fit, sondern
erfährt hoffentlich durch den Kontakt zu Kommilitonen,
wie das Leben in Deutschland läuft und wie wir ticken,
und kann dann umgekehrt seine Erfahrungen einbringen.
Ich selbst habe diese Erfahrung in meiner Studentenzeit
gemacht. Damals habe ich in einem Studentenwohnheim
zusammen mit einer Studienkollegin aus Afrika und mit
einer Studienkollegin aus Persien – heute Iran – ge-
wohnt. Das hat mich sehr geprägt, muss ich sagen. Des-
halb finde ich, dass man beide Wege beschreiten sollte.

Ich bin sehr gespannt, ob Sie noch weiter gehende
Ideen diesbezüglich haben und auch Vorschläge, wie
man das umsetzen könnte. Wir sollten einmal die Köpfe
zusammenstecken.


(René Röspel [SPD]: Ja! Wunderbar!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801302800

Danke schön. – Die nächste Wortmeldung kommt

vom Kollegen Dr. Karamba Diaby von der SPD-Frak-
tion.


Dr. Karamba Diaby (SPD):
Rede ID: ID1801302900

Frau Staatsministerin, ich bedanke mich für Ihr

Engagement – wir kennen uns ja durch Ihre früheren Tä-
tigkeiten – und wünsche Ihnen viel Erfolg im neuen
Amt!

Meine Frage bezieht sich auf Ihre Aussage: Wir wol-
len eine Willkommenskultur entwickeln. – Das wird im
Koalitionsvertrag an vielen Stellen erwähnt. Gerade in
Bezug auf Ihren Bereich würde mich interessieren: An
welchen konkreten Projekten machen Sie das fest?

Meine zweite Frage bezieht sich auf die Goethe-Insti-
tute im Ausland. Wir wissen, dass der Nachweis von
Deutschkenntnissen für die Familienzusammenführung
erforderlich ist und daher viele Menschen den Deutsch-
unterricht in den Goethe-Instituten im Ausland besu-
chen. Es gibt aber nicht in allen Ländern dieser Welt
Goethe-Institute. Können Sie uns bitte sagen, welche Er-
kenntnisse Ihnen für diese Länder vorliegen, also wie
groß der Bedarf nach Deutschkursen in Ländern ohne
Goethe-Institut ist?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801303000

Danke schön. – Frau Staatsministerin, bitte.






(A) (C)



(D)(B)

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801303100


Der Zuspruch zu den Deutschkursen an den Goethe-
Instituten ist in der Tat sehr gut. Ich glaube, sie haben
nicht nur das Ziel, Deutsch als Alltagssprache zu vermit-
teln. Was zunehmend in den Blick rückt, ist auch die be-
rufsbezogene Sprache. Wenn unser Land für Menschen
attraktiv sein soll, die herkommen, um hier ihren Le-
bensmittelpunkt zu finden und ihren beruflichen Weg zu
gehen, dann ist dieser Ansatz natürlich wichtig. Das
Netzwerk der Goethe-Institute sichert außerdem auch
den Sprachenaustausch.

Es gibt einen Punkt, an dem ich gerne gemeinsam mit
Ihnen arbeiten würde – es handelt sich um ein Thema,
das uns beiden wie auch vielen Kolleginnen und Kolle-
gen sehr vertraut ist –: der Ehegattennachzug und der
Spracherwerb im Herkunftsland. Hier brauchen wir ei-
nen schnelleren Übergang von den guten Sprachkursen,
die man im Herkunftsland besucht, zu dem dann an-
schließenden Sprachangebot hier in Deutschland, damit
die erworbenen Kenntnisse in der Zwischenzeit – nur
weil es so lange dauert, bis man ein Visum bekommt –
nicht verschwinden.

Sie haben nach der Willkommenskultur gefragt. Ein
Umsteuern allein reicht nicht. Man muss das Ganze mit
Leben erfüllen. Ein Bereich, den das betrifft, ist der
Hochschulbereich. Wenn ausländische Studierende zu
uns kommen, dann ist die Situation nicht immer die,
dass man Tür an Tür lebt, so wie ich es erlebt habe. Es
ist daher wichtig, dass man an den Hochschulen ein Netz
des Willkommens und des Miteinanders aufbaut. Dies
wollen wir hier in Deutschland entsprechend unterstüt-
zen.

Ein weiterer Gedanke, den ich mit der Willkommens-
kultur verbinde, lautet: Willkommenskultur beginnt
nicht erst, wenn man in Deutschland einreist, sondern
schon im Ausland. – Wir haben mit dem Gesetz zur An-
erkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen in
der letzten Legislaturperiode einen Meilenstein gesetzt.
Das muss aber im Ausland entsprechend vermittelt wer-
den. Diese Einladung muss daher vonseiten der deut-
schen Botschaften, der Goethe-Institute und aller Betei-
ligten gestaltet werden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801303200

Als Nächster hat der Kollege Franz Thönnes von der

SPD-Fraktion das Wort.


Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1801303300

Frau Staatsministerin, ich knüpfe an die Frage des Kol-

legen Röspel an. – Stellt sich bei der in Europa wirklich
einmaligen Größenordnung von 2,3 Millionen Deutsch-
lernern in Russland nicht auch die Frage, ob es aus euro-
päischer und deutscher Sicht nicht sinnvoll wäre, mit
dazu beizutragen, dass die EU-Bildungsprogramme
– COMENIUS für die Schulbildung, ERASMUS für die
Hochschulbildung, LEONARDO für die berufliche Bil-
dung und GRUNDTVIG für die allgemeine Erwachse-
nenbildung – auch für diese russischen Deutschlerner
geöffnet werden, um den Austausch zwischen unseren
Ländern auch in diesem kulturellen Bereich zu erwei-
tern? Wie steht die Bundesregierung dazu?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801303400

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801303500


Ich finde, diesen Gedanken müssen wir einfach ein-
mal ausloten. Es gibt viele junge Frauen und Männer aus
dem Ausland, die hier in Deutschland mit großer Begeis-
terung studieren. Der Spracherwerb hilft dabei eine
ganze Menge. Sie haben jetzt den wichtigen Punkt ange-
sprochen, wie es finanziell aussieht, und das würde ich
gerne ausloten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801303600

Herzlichen Dank. – Jetzt folgen noch zwei Fragen zu

diesem Themenkomplex – eine zweite Frage von Herrn
Dr. Dehm und eine zweite Frage von Herrn
Dr. Rossmann – und danach noch zwei sonstige Fragen.
Herr Dr. Dehm.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801303700

Frau Staatsministerin, Sie haben eben Sotschi und die

Menschenrechte in einen Zusammenhang mit den Me-
daillen gerückt. Vergessen Sie aber bei den hoffentlich
zu erwartenden Toren in Katar bitte auch nicht die Ar-
beitssklaven dort.

Frau Kollegin Schmidt, Willy Brandt sagte nicht, die
Militäreinsätze seien die Ultima Ratio, sondern sie seien
die Ultima Irratio. Da das so ist, sind der Dialog der Kul-
turen und die Verständigung über Sprachförderung be-
sonders wichtig.

Deshalb frage ich nach den Budgets der Goethe-Insti-
tute. Diese sind in der letzten Legislaturperiode konti-
nuierlich gekürzt worden. Im Koalitionsvertrag steht der
windelweiche Begriff, dass sie „adäquat ausgestattet“
würden. Mir reicht hier Ja oder Nein als sehr kurze Ant-
wort. Während der Kollege Rossmann seine Frage groß-
koalitionär verblümt hat,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


frage ich ganz präzise: Können Sie ausschließen, dass
die Budgets der Goethe-Institute gekürzt werden? Ist
möglicherweise eine Aufstockung um den Inflationsaus-
gleich, der nicht im Haushaltsentwurf steht, möglich?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801303800

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801303900


Die Frage muss ich eigentlich an das Parlament zu-
rückgeben; denn die Budgethoheit liegt beim Parlament.
Selbst wenn die Bundesregierung das so machen wollte,
wie Sie es jetzt unterstellen, träfe das Parlament die
letzte Entscheidung.






(A) (C)



(D)(B)

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer

Ich wünsche mir, dass die Mittel für die Goethe-Insti-
tute stimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801304000

Danke schön. – Als Nächster hat der Kollege

Dr. Rossmann, SPD-Fraktion, noch einmal das Wort.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1801304100

Als Abgeordnete im Bildungsausschuss konnten wir

vor einiger Zeit eine Fahrt nach Chile machen, und wir
haben dabei natürlich auch die deutschen Auslandsschu-
len in Santiago de Chile und in Concepción besucht. Es
gibt in diesem Zusammenhang eine doppelte Wahrneh-
mung: Einerseits ist es gut, dass es überall deutsche Aus-
landsschulen gibt, andererseits sind sie manchmal auch
notleidend, weil das klassische Modell der Auslands-
schulen nicht mehr der Zahl der Menschen, die sich dort-
hin begeben können, gerecht wird.

Deshalb habe ich eine Rückfrage: Ist es vorstellbar,
dass man deutsche Auslandsschulen zwar behält, aber
auch eine Entwicklung in Richtung europäischer Aus-
landsschulen zulässt? Europäische Partner – deutsche,
französische und andere – könnten diese Lücke dann
nämlich mit schließen helfen, und gleichzeitig wäre man
in der Fläche besser vertreten. Dadurch würde auch ein
Mehrwert erreicht, da Europa in der Welt intensiver
wahrgenommen wird als jedes einzelne europäische
Land für sich.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801304200

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801304300


Nach meiner Kenntnis gibt es in Santiago de Chile
drei deutsche Auslandsschulen in unterschiedlicher Trä-
gerschaft. Ich frage einmal zurück: Sind es mehr?


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1801304400

Sie haben recht: In der Stadt Santiago de Chile sind es

drei deutsche Auslandsschulen. In Concepción gibt es
aber natürlich keine drei, sondern dort fragt man sich
eher, ob man die eine, die es dort gibt, halten kann.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801304500


Daran erkennen wir auch den Unterschied, den ich
eben schon bei der Beantwortung der vorherigen Frage
angesprochen habe. In der Tat ist die Situation unter-
schiedlich: Eine Schule in Santiago hat, glaube ich, weit
über 2 000 Schüler, eine andere Schule über 1 000 Schü-
ler. Die kleinere Schule ist die der Ursulinen, die dem
Thema Inklusion besonders verbunden sind. An Schulen
in anderen Orten sieht es wiederum anders aus.

Da muss man sehr genau hinschauen. Ich bitte um ein
bisschen Zeit, um mir das genauer ansehen zu können,
um dann auch gerne mit Ihnen zu überlegen: Wie finden
wir einen sinnvollen Weg, um ein solches Schulangebot
aufrechtzuerhalten?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801304600

Herzlichen Dank. – Zu anderen Themenbereichen der

heutigen Kabinettssitzung liegen mir im Moment keine
Wortmeldungen vor. Gibt es sonstige Fragen an die Bun-
desregierung? – Dazu sind zwei Fragen angemeldet wor-
den, eine von der Kollegin Renate Künast, Bündnis 90/
Die Grünen, und eine von dem Kollegen Harald Ebner,
Bündnis 90/Die Grünen. Wir beginnen mit der Frage der
Kollegin Renate Künast und machen dann mit der Frage
des Kollegen Ebner weiter.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801304700

Ich frage die Bundesregierung: Wie erklärt die Bun-

desregierung ihre Enthaltung bei der Abstimmung über
die Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie
1507 gestern im Europäischen Rat? Diese Enthaltung ist
dafür verantwortlich, dass es am Ende keinen Stopp des
Zulassungsverfahrens geben wird.


(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Quatsch! Das stimmt nicht!)


– Da Sie gerade dazwischenrufen: Die Bundesregierung
hätte problemlos andere Mitgliedstaaten überzeugen
können, anders abzustimmen.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, so macht man das. Ich
habe es schon einmal gemacht.

Vor allen Dingen: Wir erklärt uns die Bundesregie-
rung ihre Enthaltung angesichts der Tatsache, dass im
Koalitionsvertrag steht: „Wir erkennen die Vorbehalte
des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen
Gentechnik an“ – 80 Prozent der Bevölkerung sind da-
gegen –, und – last, but not least – angesichts der klaren
Ablehnung verschiedener Ressorts, vor allem des feder-
führenden Bundesministeriums für Ernährung und Land-
wirtschaft, und auch der Bundesländer an dieser Stelle?
Was sind eigentlich die tragenden Gründe für dieses Ab-
stimmungsverhalten? Was soll nun passieren: ein natio-
nales Anbauverbot? Sollen Abstandsregeln mit anderen
Mitgliedstaaten vereinbart werden, weil ansonsten der
Wind das Saatgut zu uns herüberwehen könnte?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801304800

Für die Bundesregierung wird die Parlamentarische

Staatssekretärin Maria Flachsbarth antworten. Bitte.

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801304900


Sehr geehrte Frau Kollegin Künast, die Bundesregie-
rung hat sich darauf verständigt, sich bei der Abstim-
mung über die Zulassung der gentechnisch veränderten
Maislinie 1507 der Stimme zu enthalten. Dieses ent-
spricht dem üblichen Verfahren, falls es innerhalb der
betroffenen Ressorts verschiedene Meinungen zu einem
Kommissionsvorschlag gibt. Dies sieht die Gemeinsame






(A) (C)



(D)(B)

Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth

Geschäftsordnung der Bundesministerien so vor. Ich
glaube auch, dass das nicht erst bei dieser Bundesregie-
rung so in der Geschäftsordnung fixiert ist.

Im Übrigen hatte die Europäische Behörde für Le-
bensmittelsicherheit, die EFSA, insgesamt sechs befür-
wortende Stellungnahmen zu diesem Antrag abgegeben.
Die letzte konsolidierte Stellungnahme vom 18. Oktober
2012 enthält auch Empfehlungen zum Risikomanage-
ment und zur Vermeidung einer möglichen Entwicklung
von Resistenzen in Zielorganismen.

In ihrer Stellungnahme stellt die EFSA fest, dass die
gentechnisch veränderte Maissorte 1507 nach den Maß-
gaben der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG so sicher
ist wie herkömmlicher Mais und es unwahrscheinlich ist,
dass diese Sorte negative Auswirkungen auf die mensch-
liche oder tierische Gesundheit oder die Umwelt haben
werde. Auch die nationale Zentrale Kommission für
Biologische Sicherheit, die ZKBS, kam in ihrer Bewer-
tung im Jahr 2003 zu dem Ergebnis, dass nach damali-
gem Kenntnisstand keine schädlichen Auswirkungen auf
Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflan-
zen zu erwarten seien.

Nun fragen Sie mich: Was wird die Bundesregierung
an weiteren Maßnahmen ergreifen? Da muss man zu-
nächst einmal schauen, wie das Verfahren von Brüssel
aus weitergehen wird. Nach Angaben der Kommission
wird diese nämlich gemäß Art. 5 der Komitologiever-
ordnung von 1999 eine positive Entscheidung treffen,
sofern denn im Rat keine qualifizierte Mehrheit gegen
den Vorschlag erreicht wird, und das ist in diesem Zu-
sammenhang der Fall.

In diesem Fall wird es aber dennoch eine ganze Weile
dauern, bis der Mais 1507 effektiv auf dem Markt wäre.


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ist es wohl kein Problem, wenn es noch ein bisschen dauert?)


Hierzu erläuterte die Kommission nämlich folgende
Schritte: erstens die Annahme des Durchführungsrechts-
aktes durch die Kommission, zweitens die Anpassung
des Überwachungsplanes durch das antragstellende Un-
ternehmen, nämlich Pioneer, drittens die Information
und Konsultation der Mitgliedstaaten zum neuen Über-
wachungsplan im Ständigen Ausschuss, viertens die an-
schließende Entscheidung durch Spanien, fünftens der
Antrag auf Eintragung des Mais in den spanischen Saat-
gutkatalog und sechstens die Übermittlung dieser Infor-
mationen durch Spanien an die anderen Mitgliedstaaten
und die Kommission zur Veröffentlichung im europäi-
schen Saatgutkatalog für landwirtschaftliche Nutzpflan-
zen.

Wie man unschwer erkennen kann, wird deshalb in
dieser Vegetationsperiode, also im Jahr 2014, kein Mais
der Linie 1507 angebaut werden, sodass die Bundesre-
gierung noch genügend Zeit hat, weitere Maßnahmen zu
bedenken.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801305000

Herzlichen Dank.

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801305100

Eine Nachfrage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801305200

Nur in freundlicher Interpretation der Oppositions-

rechte können Sie noch eine Zusatzfrage stellen. Eigent-
lich wäre der nächste Fragesteller an der Reihe.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801305300

Kurze Nachfrage: Ich hatte nicht gefragt, was die

EFSA oder die ZKBS alles schreiben. Sie haben gerade
eine Stellungnahme aus dem Jahr 2003 zitiert und die
Zusammensetzung der ZKBS angesprochen. Ob sie
wirklich ausgeglichen mit Befürwortern und Gegnern
besetzt ist, könnte man an anderer Stelle diskutieren.

Aber ich wollte gar nicht wissen, was die anderen ge-
sagt haben. Ich weiß nämlich, dass das Landwirtschafts-
ministerium Nein gesagt hat. Was waren die Gründe des
Landwirtschaftsministeriums, Nein zu sagen? Diese
Gründe sind schließlich nicht ausgeräumt, nur weil die
EFSA oder sonst wer Stellungnahmen zu diesem Thema
abgibt. Der entscheidende Punkt ist – er ist unabhängig
davon, wann oder ob der Mais jemals angebaut wird –,
dass das Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium
offensichtlich Sicherheitsbedenken hat, was Mensch und
Umwelt betreffende Aspekte angeht. Was ist aus diesen
Aspekten geworden?

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801305400


Sehr geehrte Frau Kollegin Künast, das Landwirt-
schaftsministerium hat sehr eng auf das rekurriert, was
im Koalitionsvertrag niedergelegt worden ist und was
Sie eben richtig zitiert haben. Dennoch verweise ich auf
die Geschäftsordnung der Bundesministerien,


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Geschäftsordnung schützt jetzt die Leute vor Genmais? Die Geschäftsordnung schützt doch die Leute nicht!)


die aussagt: Wenn zwischen den Ressorts Uneinigkeit in
Fragen der Europäischen Union besteht, dann enthält
sich die Bundesrepublik Deutschland. Genau das war in
diesem Zusammenhang der Fall.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801305500

Herzlichen Dank. – Als Nächstem erteile ich das Wort

dem Kollegen Harald Ebner, Bündnis 90/Die Grünen.


Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801305600

Danke, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, Sie

haben auf die Stellungnahme der EFSA hingewiesen.
Selbst die EFSA hatte aber in ihren Stellungnahmen un-
ter anderem auch Risiken identifiziert. Deshalb hatte sie
ein Risikomanagement vorgeschlagen, das aber von der
Kommission nicht in den Zulassungsvorschlag aufge-
nommen wurde. Es gäbe also genügend Gründe, den
Vorschlag abzulehnen, statt sich auf die EFSA zu bezie-
hen und zu sagen: Es ist alles gut.






(A) (C)



(D)(B)

Harald Ebner

Wenn jetzt aber Minister Friedrich mit der Schein-
lösung nationaler Anbauverbote auf den Bildschirmen
erscheint, dann frage ich Sie, wie Sie das begründen
wollen. Welche Daten haben Sie? Welche wissenschaft-
lichen Erkenntnisse gibt es, um ein nationales Anbauver-
bot zu begründen? Haben Sie begonnen, eigene Daten zu
den möglichen Risiken zu erheben? Sie brauchen diese
Grundlage. Denn: Wenn der Minister jetzt sagt: „Liebe
Bevölkerung, wir stehen zu unserem Versprechen,
Deutschland gentechnikfrei zu halten“, dann muss man
das auch unterfüttern. Man kann nicht einfach Behaup-
tungen in den Raum stellen. Deshalb frage ich Sie: Wel-
che Daten haben Sie schon, und welche Daten sammeln
Sie dazu?

Danke schön.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801305700

Frau Staatssekretärin.

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801305800


Sehr geehrter Herr Kollege Ebner, zunächst möchte
ich darauf hinweisen, dass gestern von der Kommission
noch einmal deutlich darauf hingewiesen worden ist,
dass es sechs positive Stellungnahmen der EFSA, zuletzt
aus dem Jahr 2012, und darüber hinaus zwei Gerichtsur-
teile gebe, und dass die Erarbeitung des Vorschlags der
Kommission sehr vorsichtig und umsichtig erfolgt sei
und darüber hinaus der Antragsteller nun ein Recht auf
die Bewertung und Bescheidung seines Antrages habe.

Darüber hinaus ist es aber so, dass die Kommission
vor dem Hintergrund der ablehnenden Haltung einer
Reihe von Mitgliedstaaten zur Zulassung der Maislinie
1507 angekündigt hat, ihren Vorschlag wieder aufzugrei-
fen, für die Mitgliedstaaten eine Opt-out-Möglichkeit zu
schaffen. Dies würde bedeuten, dass die Mitgliedstaaten
auf ihrem Hoheitsgebiet oder Teilen ihres Hoheitsgebiets
auch den Anbau des gentechnisch veränderten Mais be-
schränken oder verbieten können, allerdings aus anderen
Gründen als aus Gründen des Gesundheits- und Umwelt-
schutzes, die bereits von der EFSA bewertet wurden. In
Betracht kommen laut Kommissionsvorschlag hier zum
Beispiel kleinstrukturierte Landwirtschaft, Landschafts-
pläne oder sozioökonomische Gründe. Ob und in wel-
cher Form dieser Vorschlag behandelt wird, bedarf noch
eingehender Prüfung und Diskussion auf nationaler und
europäischer Ebene.

In den zurückliegenden Diskussionen und Abstim-
mungen hatte die alte Bundesregierung die Möglichkeit
des Opt-out wegen europarechtlicher und welthandels-
rechtlicher Bedenken stets abgelehnt. Sollte die griechi-
sche Präsidentschaft den Kommissionsvorschlag aller-
dings erneut zur Beratung vorlegen, wird sich die
Bundesregierung erneut damit befassen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801305900

Herzlichen Dank. – Wir sind damit am Ende der Be-

fragung der Bundesregierung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 18/458


(Havelland)

Verbraucherschutz beantwortet und nach Frage 46 auf-
gerufen.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Zur Beantwortung steht uns die Parlamentarische Staats-
sekretärin Dorothee Bär zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Herbert
Behrens, Fraktion Die Linke, auf:

Wann soll der erste Entwurf des laut dem Koalitionsver-
trag zwischen CDU, CSU und SPD geplanten Luftverkehrs-
konzeptes veröffentlicht werden, und für wann strebt die Bun-
desregierung dessen endgültige Verabschiedung an?

Ich bitte Sie, Frau Staatssekretärin, die Frage 1 zu be-
antworten.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801306000


Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Kollege
Behrens, ich darf mich einleitend den Vorworten der
Kollegin Böhmer anschließen. Ich fand das sehr ange-
nehm. Auch ich möchte eine gute Zusammenarbeit an-
bieten. Ich kann Ihnen sagen, dass es nach zwölf Jahren
etwas anderes ist, nun auf der Regierungsbank zu sitzen
und Fragen zu beantworten. In meiner ersten Frage-
stunde als Parlamentarische Staatssekretärin will ich
jetzt nicht um Gnade bitten, wohl aber um gute Zusam-
menarbeit. Vielen herzlichen Dank.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Herr Kollege Behrens, darf ich Ihre beiden Fragen
aufgrund des Sachzusammenhangs zusammenhängend
beantworten?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801306100

Herr Behrens scheint damit einverstanden zu sein.

Dann rufe ich auch die Frage 2 des Kollegen Behrens
auf:

Wann wird die Bundesregierung in Umsetzung des Koali-
tionsvertrages die Länder und die interessierte Öffentlichkeit
erstmals über das geplante Luftverkehrskonzept informieren,
und wie genau soll die Beteiligung der Länder und der Öffent-
lichkeit „im Dialog“ (Koalitionsvertrag, Seite 33) ausgestaltet
werden?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801306200


Wir haben, wie Sie wissen, im Koalitionsvertrag eine
Stärkung und Sicherung des Luftverkehrsstandortes
Deutschland vorgesehen. Mit der Ausarbeitung eines
Luftverkehrskonzepts wollen wir uns in dieser Legisla-
turperiode befassen. Das Konzept soll gemeinsam mit
den Ländern und der interessierten Öffentlichkeit erar-






(A) (C)



(D)(B)

Parl. Staatssekretärin Dorothee Bär

beitet werden. Von ganz besonderer Bedeutung soll die
Rolle des Bundes bei der Planung eines deutschlandwei-
ten Flughafennetzes sein. Wir sind im Bundesministe-
rium dabei, die Eckpunkte eines solchen Konzepts zu er-
arbeiten. Ich kann Ihnen aber momentan zur zeitlichen
Dimension – weil es sich um ein sehr umfangreiches Un-
terfangen handelt – noch keine Auskunft geben.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801306300

Herr Kollege Behrens, Ihre erste Nachfrage, bitte

schön.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801306400

Frau Staatssekretärin, Sie können versichert sein, dass

ich nicht gnadenlos vorgehe. Gleichwohl habe ich als
Parlamentarier Anspruch darauf, Einblick in die Planung
der Bundesregierung nehmen zu dürfen.

Sie weisen in der Koalitionsvereinbarung eindeutig
darauf hin, dass es darum geht, frühzeitig einen Dialog
in Gang zu setzen. Vor diesem Hintergrund möchte ich
wissen, wann gemäß Ihren Planungen ein Status erreicht
ist, ab dem die interessierte Öffentlichkeit beteiligt wer-
den kann. Es gibt hin und wieder Diskussionen darüber,
wann das sein könnte. Ihre erste Antwort deutet darauf
hin, dass wir im April 2014 noch keine näheren Informa-
tionen zum Luftverkehrskonzept bekommen werden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801306500

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801306600


Dazu kann ich Ihnen sagen, dass das zeitnah gesche-
hen wird. Ich kann allerdings keinen konkreten Monat
nennen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801306700

Kollege Behrens, Sie dürfen noch dreimal nachfra-

gen, wenn Sie mögen. Aber Sie müssen Ihr Kontingent
nicht ausschöpfen.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801306800

Ich vermute, dass ich selbst nach drei weiteren Fragen

keine konkreten Antworten bekommen werde. Ich ver-
suche es trotzdem noch einmal anders.

Können Sie versuchen, den Prozess darzustellen? Ich
erinnere an die Vorlage des Bürgerbeteiligungspapiers
des damaligen Verkehrsministers Ramsauer und der ent-
sprechenden Broschüre dazu, in dem es auch um ein
Dialogverfahren bei der Planung von großen Verkehrs-
investitions- und anderen Infrastrukturvorhaben ging.
Auch wenn Sie die Konzeption noch erarbeiten: Ab wel-
chem Zeitpunkt des Prozesses können Sie sagen: „Wir
haben einen entsprechenden Zwischenstand erreicht und
gehen nun in die Phase des öffentlichen Dialogs“?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801306900

Frau Staatssekretärin.
D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801307000


Wie ich Ihnen gesagt habe: Wir wollen das mit der
Öffentlichkeit gemeinsam machen, wir wollen es ge-
meinsam in unserem Haus machen, wir wollen es ge-
meinsam mit Verbänden machen. Aber ich bitte einfach
um Verständnis, dass es aufgrund des Umfangs noch ei-
nen internen Abstimmungsbedarf gibt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801307100

Möchten Sie noch eine Frage stellen? – Kollege

Behrens zum Dritten.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801307200

Zum Dritten, gleiches Thema und gleiche Problema-

tik.

Wir haben gelesen, dass eine Stellungnahme des Bun-
desverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, des
BDL, eins zu eins Eingang in die Koalitionsvereinba-
rung gefunden hat. Kann ich dieser Tatsache entnehmen,
dass Sie bei der Erarbeitung dieses Konzepts insbeson-
dere die Verkehrsunternehmen bevorzugt in Ihre Pla-
nung einbeziehen im Unterschied zu dem, was wir hier
als frühzeitigen Dialog mit der Öffentlichkeit bezeich-
nen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801307300

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801307400


Es ist so, dass uns Mitte Januar 2014 nach Anforde-
rung ein nationales Luftverkehrskonzept vom BDL über-
mittelt wurde.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801307500

Recht herzlichen Dank. – Dazu liegen keine weiteren

Nachfragen vor.

Damit kommen wir zum Thema Pkw-Maut mit einer
ganzen Reihe von Fragen.

Wir kommen jetzt zur Frage 3 der Abgeordneten
Dr. Valerie Wilms:

Inwiefern fühlt sich die Bundesregierung an den Koali-
tionsvertrag gebunden, laut dem im Verlauf des Jahres 2014
ein Gesetz verabschiedet werden soll, um Halter von nicht in
Deutschland zugelassenen Pkw am Erhalt und Ausbau des
Autobahnnetzes zu beteiligen, und welche Konsequenzen
werden erwartet, wenn diese Festlegung nicht eingehalten
wird?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801307600


Liebe Frau Kollegin Dr. Wilms, zu dieser Frage kann
ich Ihnen sagen, dass die Bundesregierung die im Koali-
tionsvertrag vereinbarten Vorgaben umsetzen wird.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801307700

Haben Sie zu dieser Antwort noch eine Nachfrage,

Frau Dr. Wilms?


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801307800

Aber natürlich, Herr Präsident. So einfach kommt

auch die neue Staatssekretärin nicht aus der Sache he-
raus. – Bis zur Wahl haben wir von dem heutigen Ver-
kehrsminister Dobrindt oft genug Aussagen über die
Maut gehört. Er konnte über die Maut nicht genug reden.
Jetzt gibt es auf einmal auf unsere Fragen – wir haben
auch eine ganze Reihe von schriftlichen Fragen gestellt,
und wir haben eine Kleine Anfrage eingereicht – keine
Antworten. Angeblich ist das alles nicht da.

Wenn ich mich umschaue und beobachte, was in Ihrer
Koalition los ist, dann stelle ich fest, dass es verschie-
dene Aussagen gibt. So gibt es ein Zitat von Herrn Kol-
legen Fischer: Pkw-Maut nur für Ausländer ist undenk-
bar, weil sie das EU-Diskriminierungsverbot missachten
würde. – Ein ähnliches Zitat gibt es auch vom Kollegen
Storjohann. Irgendwie scheint in dem ganzen System der
Wurm zu sein. Wie sicher sind Sie sich eigentlich im
BMVI, dass die Kanzlerin und die Koalition wirklich
noch hinter der von der CSU gewünschten Maut stehen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801307900

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801308000


Sehr.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801308100

Sehr sicher?

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801308200


Ja.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Ist das ernst gemeint?)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801308300

Das war wahrscheinlich die kürzeste Antwort in die-

ser Wahlperiode.


(Heiterkeit)


Mögen Sie noch eine Frage stellen, Frau Dr. Wilms?


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801308400

Aber gerne, ich habe ja noch eine weitere Nachfrage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801308500

Bitte.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801308600

Vielen Dank, Herr Präsident. – Das ist ja wirklich

eine beeindruckende Antworttechnik. Vielleicht können
wir das noch ein paarmal so machen.
Jetzt habe ich eine ganz aktuelle Information aus der
Kommission. Ein Kollege hat nämlich an die Kommis-
sion schriftliche Fragen gestellt. Die Kommission ant-
wortete darauf, sie könne zu einem Vignettenmodell
– denn das steckt hinter der CSU-Maut – noch keine
konkreten Aussagen machen, weil kein Modell vorliege.
Das ist eine offizielle Antwort der Kommission. Es gab
aber eine anderslautende Aussage des Kollegen
Ramsauer, der jetzt auch da ist.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das trifft jetzt zu! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Er hat nach seinem Treffen mit Herrn Kallas behauptet,
mit der EU sei alles klar. Meine Frage lautet also: Gibt es
ein von der Kommission geprüftes Vignettenmodell?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801308700

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801308800


Ich habe keinen Anlass, an den Aussagen von
Dr. Peter Ramsauer zu zweifeln.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801308900

Danke schön. – Gibt es zu dieser Frage Nachfragen? –

Das ist nicht der Fall.

Ich rufe Frage 4 der Abgeordneten Dr. Wilms auf:
Inwiefern ist es Absicht der Bundesregierung, zukünftig

– nach Einführung einer Maut für Halter von nicht in
Deutschland zugelassenen Pkw – Fahrzeuge zwischen 2,8 und
12 Tonnen weiterhin von einer Maut auszunehmen, da die
Lkw-Maut erst ab 12 Tonnen erhoben wird, und welche Ef-
fekte erwartet die Bundesregierung von einer solchen generel-
len Mautbefreiung?

Frau Staatssekretärin Bär beantwortet diese Frage.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801309000


Frau Kollegin, Ihre Frage beantworte ich wie folgt:
Der Koalitionsvertrag enthält die Aussage, dass die
Lkw-Maut weiterentwickelt werden soll. Die Tonnage
wird in diesem Zusammenhang als ein möglicher Orien-
tierungspunkt genannt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801309100

Haben Sie eine Nachfrage, Frau Dr. Wilms? – Bitte.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801309200

Wenn ich mir diese CSU-Maut anschaue


(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Was heißt denn hier „CSU-Maut“?)


– das CSU-Pickerl –, stelle ich fest, dass die Maut für
Fahrzeuge bis 2,8 Tonnen gelten soll. Für Lkw ab
12 Tonnen soll die bisherige Mautregelung gelten, wobei
diese Gebühr vom Unternehmen Toll Collect eingesam-
melt wird. Für Fahrzeuge zwischen 2,8 und 12 Tonnen
gäbe es im Prinzip nichts, was in irgendeiner Form einer
Nutzermitfinanzierung entspräche. Warum sollen die
Halter von Fahrzeugen zwischen 2,8 und 12 Tonnen,






(A) (C)



(D)(B)

Dr. Valerie Wilms

insbesondere von Omnibussen, nicht wie die Halter aller
anderen Fahrzeuge zur Finanzierung der Straßen beitra-
gen, sich also an den Kosten zur Deckung des Verschlei-
ßes, den sie erzeugen, beteiligen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801309300

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801309400


Ich kann Ihnen nochmals sagen, dass wir an einem
neuen Modell arbeiten. Ich kann aus dem Koalitionsver-
trag zitieren:

Die LKW-Maut wird – unter Berücksichtigung der
Ergebnisse des neuen Wegekostengutachtens – wei-
terentwickelt. Orientierungspunkte hierbei können
sein: die Tonnage, das Netz, externe Kosten. Wir
stellen sicher, dass die Netto-Einnahmen aus der
Nutzerfinanzierung ohne Abstriche in die Verkehrs-
infrastruktur investiert werden.


(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Mehr ist dazu nicht zu sagen, weil das vollständig war!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801309500

Haben Sie noch eine Nachfrage, Frau Dr. Wilms?


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801309600

Aber gerne, Herr Präsident.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801309700

Bitte.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801309800

Wenn ich das interpretiere, was Sie mir eben gesagt

haben, dann nehmen Sie es also sehenden Auges in
Kauf, dass die Lücke zwischen 2,8 und 12 Tonnen, die
wir jetzt schon haben, auch weiterhin genutzt wird, dass
wir es also mit einem noch größeren Verdrängungswett-
bewerb in diesem Bereich zu tun haben werden. Insofern
noch eine ganz gezielte Nachfrage – da würde ich gerne
um eine Antwort bitten –: Ist die Bundesregierung der
Ansicht, dass die Fahrzeuge zwischen 2,8 und 12 Ton-
nen die Straßen nicht ebenfalls verschleißen, genauso
wie alle anderen Pkw und Lkw? Glaubt man, dass diese
Fahrzeuge irgendwie über den Straßen schweben und
daher keinen Schaden anrichten? Wie sieht das die Bun-
desregierung?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801309900

Frau Staatssekretärin, bitte.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801310000


Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir auch die Lkw-
Maut weiterentwickeln wollen. Selbstverständlich wird
alles, was sich auf einer Straße bewegt, eine Straße auch
verschleißen, selbst hochhackige Schuhe.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801310100

Kollege Behrens, Fraktion Die Linke, hat das Wort zu

einer weiteren Nachfrage.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801310200

Frau Staatssekretärin, ich habe die Frage 4 von Frau

Dr. Wilms etwas konkreter verstanden, als es in Ihrer
Antwort zum Ausdruck kam. Es wurde explizit danach
gefragt, welche Effekte Sie erwarten, das heißt, um wel-
che Summen es eigentlich geht, wenn man diesen Teil
des Straßenverkehrs nicht berücksichtigt. Daraus ergibt
sich meine Frage: Gibt es Berechnungen zur Anzahl und
zu den geschätzten Kilometerleistungen dieser Fahr-
zeuge im Hinblick auf eine mögliche Einbeziehung in
die Maut?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801310300

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801310400


Wir sind gerade dabei, die Lkw-Maut weiterzuentwi-
ckeln.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801310500

Danke schön. – Dann sind wir am Ende der Beant-

wortung der Frage 4.

Frage 5 des Abgeordneten Oliver Krischer wird
schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Matthias
Gastel, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass für jeden der be-
stehenden 17 Steuersätze eine gesonderte Pkw-Maut-Vignette
eingeführt werden muss, um keinen Fahrzeughalter in
Deutschland stärker zu belasten?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801310600


Lieber Herr Gastel, ich darf Ihre Fragen 6 und 7 auch
wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwor-
ten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801310700

Wie ich sehe, ist Herr Gastel damit einverstanden.

Dann rufe ich auch Frage 7 des Abgeordneten Matthias
Gastel auf:

Inwiefern sind die Meldungen aus dem Magazin Der Spie-
gel Nr. 2/2014 – „Maut-Bonus für Kleinwagen“ – zutreffend,
dass es einen Ökobonus innerhalb der Pkw-Maut für schad-
stoffarme Fahrzeuge geben soll und dass es neben diesem
Mautrabatt eine Senkung der Kfz-Steuer für Fahrzeuge geben
soll, deren Halter heute weniger Kfz-Steuer zahlen, als eine
Vignette kosten soll?

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801310800


Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Kon-
zept zur Einführung einer mit EU-Recht in Einklang
stehenden Pkw-Maut. Nach den im Koalitionsvertrag






(A) (C)



(D)(B)

Parl. Staatssekretärin Dorothee Bär

festgelegten Maßgaben über spezifische Ausgestaltungs-
merkmale kann ich derzeit noch keine Aussagen ma-
chen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801310900

Danke schön. – Da die Fragen 6 und 7 zusammen be-

antwortet wurden, haben Sie vier Nachfragen, Herr
Gastel – was Sie nicht ausschöpfen müssen; das ist klar.


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801311000

Sie haben mich gerade noch rechtzeitig darauf hinge-

wiesen, Herr Präsident.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801311100

Gut. – Ihre erste Nachfrage.


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801311200

Auch wenn Sie gerade sehr vage geblieben sind, Frau

Staatssekretärin, versuche ich trotzdem, noch ein paar
Dinge herauszufinden. Von wie vielen Vignetten, die
aufgrund der verschiedenen Steuersätze bei der heutigen
Kfz-Steuer notwendig sind, gehen Sie für die Zukunft
aus?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801311300

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801311400


Wir werden die Pkw-Maut in Einklang mit dem EU-
Recht auf den Weg bringen.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Frau Bär, bitte schön!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801311500

Noch eine Nachfrage, Herr Kollege Gastel? – Das ist

nicht der Fall. Danke schön.

Gibt es zu den Fragen 6 oder 7 von einem anderen
Mitglied des Hauses Nachfragen? – Das ist nicht der
Fall.

Damit kommen wir zur Frage 8 des Abgeordneten
Stephan Kühn (Dresden), Bündnis 90/Die Grünen:

Wie soll gewährleistet werden, dass jedem Halter von
nicht in Deutschland zugelassenen Pkw der Erwerb einer sei-
nem Fahrzeugtyp entsprechenden Vignette ermöglicht wird,
und inwiefern ist vorgesehen, ein neues Vertriebssystem hier-
für aufzubauen?

Frau Staatssekretärin, bitte.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801311600


Lieber Herr Kollege Kühn, ich darf auch die Fragen 8
und 9 im Zusammenhang beantworten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801311700

Dann rufe ich auch die Frage 9 des Abgeordneten

Stephan Kühn auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, damit
bei Einführung der Pkw-Maut kein Fahrzeughalter in
Deutschland stärker belastet wird als heute, und wie will die
Bundesregierung sicherstellen, dass ein Fahrzeughalter in
Deutschland nicht selbst aktiv werden muss, um die gezahlte
Pkw-Maut erstattet zu bekommen?

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801311800


Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem Kon-
zept zur Einführung einer mit dem EU-Recht in Ein-
klang stehenden Pkw-Maut


(Heiterkeit bei der SPD)


nach den im Koalitionsvertrag festgelegten Maßgaben.
Über spezifische Ausgestaltungsmerkmale kann ich der-
zeit noch keine Angaben machen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801311900

Eine Nachfrage des Kollegen Kühn.

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Staatssekretärin, vielen Dank für die präzise
Auskunft.


(Heiterkeit bei der SPD)


Ich nehme einmal Bezug auf eine Sitzung, auf der wir
heute gemeinsam waren, nämlich auf die Sitzung zur
Verkehrsinfrastrukturfinanzierung, an der der ehemalige
Bundesverkehrsminister Bodewig und der ehemalige
Landesverkehrsminister Daehre teilgenommen haben.
Da ist auch zum Thema „Pkw-Maut für Ausländer“ ge-
fragt worden. Zu der Frage „Kann man da eigentlich in
relevanter Höhe Zusatzeinnahmen für die Infrastruktur
gewinnen?“ wurde auf den Aspekt hingewiesen – da
geht es um die Frage des demografischen Wandels –,
dass immer mehr Fahrzeughalterinnen und -halter, ge-
rade ältere Menschen, immer kürzere Wege zurücklegen
und gerade die Autobahnen meiden, also eher auf Land-
straßen und nachgeordnete Straßen ausweichen, also von
da sozusagen keine Einnahmen generiert werden kön-
nen. Durch den Verlagerungsverkehr werden sich die
Einnahmen aus einer möglichen Pkw-Maut für Auslän-
der reduzieren. Wie ist das in den Gutachten, die Ihrem
Hause vorliegen, berücksichtigt worden, und wie kalku-
lieren Sie diesen Aspekt bei der Frage ein, in welcher
Höhe man zusätzliche Einnahmen aus der Pkw-Maut für
Ausländer generieren kann?

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801312000


Ich gebe Ihnen recht: Das war heute ein interessantes
Expertengespräch im Ausschuss. Selbstverständlich
werden die Ergebnisse der Daehre- und der Bodewig-
Kommission Eingang finden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801312100

Haben Sie weitere Fragen, Kollege Kühn?






(A) (C)



(D)(B)

Vizepräsident Peter Hintze


(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Es ist immer gut, wenn die Frage länger dauert als die Antwort!)


Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Ja, die habe ich. – Bei dem, was Sie schon mehrfach
vorgetragen haben und was auch Ihr Minister vorgetra-
gen hat, ging es darum, dass die deutschen Fahrzeughal-
ter nicht nur keine zusätzlichen Ausgaben, sondern auch
keinen zusätzlichen Aufwand haben sollen. Insofern ist
die Frage, wie die Rückerstattung der Kosten der Vi-
gnette – damit das Ganze für die deutschen Fahrzeughal-
ter kostenneutral ist – gestaltet werden soll, damit kein
zeitlicher oder sonstiger Aufwand entsteht. Welche
Überlegungen gibt es seitens der Bundesregierung, wie
man das – neben der Frage Europarecht – operativ aus-
gestaltet?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801312200

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801312300


Auch mit Blick auf den zuständigen Staatsminister im
Kanzleramt ist es für uns natürlich wichtig, dass wir das
Ganze auch möglichst bürokratiearm ausgestalten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801312400

Herr Kollege Kühn, haben Sie eine weitere Nach-

frage? – Das ist nicht der Fall.

Gibt es sonst noch Nachfragen? – Frau Dr. Wilms,
eine Nachfrage.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801312500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte jetzt, wo

wir uns langsam dem Vignettensystem annähern, doch
etwas genauer werden.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Welchen Zeitraum veranschlagt die Bundesregierung
eigentlich für den Aufbau eines Vertriebssystems? Sie
müssen dafür ja eine ganze Reihe von Punkten prüfen.
Sie wollen verschiedene Klassen bilden, je nach Schad-
stoffausstoß. Sie müssen relativ intensive Prüfungsver-
fahren durchführen, bevor Sie die Vignette aushändigen
können. Welche Kosten werden dafür erwartet? Ist schon
untersucht worden, ob das ganze Vorhaben angesichts
dessen überhaupt noch wirtschaftlich ist oder ob nachher
die Kosten für die Durchführung höher sind als die tat-
sächlichen Einnahmen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801312600

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801312700


Liebe Frau Kollegin, Sie machen das sehr geschickt,
aber ich möchte für das Protokoll festhalten, dass ich
persönlich das Wort „Vignette“ heute noch nicht in den
Mund genommen habe – außer gerade eben. Sie können
sich sicher sein, dass wir, was die Ausgestaltung betrifft,
auch Ihre Überlegungen selbstverständlich im Hinter-
kopf haben.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801312800

Keine weiteren Nachfragen? – Doch. Bitte schön,

Herr Kollege.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801312900

Frau Staatssekretärin, die angekündigte Komplexität

einer möglichen Ausländermaut macht es schon erfor-
derlich, dass Sie gründlich arbeiten. Insofern habe ich
Nachsicht, dass Sie sich darauf zurückziehen müssen,
dass Sie noch an einem Konzept arbeiten. Aber auch ein
Konzepterarbeitungsprozess ist immer von bestimmten
Zwischenschritten geprägt. Ich vermute einmal, Ihr
Ministerium arbeitet ähnlich, hoffe ich zumindest. Es
muss doch so sein, dass Sie die unterschiedlichen Ein-
wände, die Sie bislang bekommen haben, nämlich zu der
Frage, was möglicherweise zulässig ist und was mögli-
cherweise nicht zulässig ist, zumindest zwischengeprüft
haben. Darauf zielte, glaube ich, auch die Frage, inwie-
weit eine europarechtskonforme Vignettenlösung über-
haupt schon einmal auf Ihrem Tisch gelegen hat und mit
welchem Ergebnis sie geprüft wurde.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801313000

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801313100


Alle Vorschläge, die ins Haus kommen, werden
selbstverständlich auch geprüft, und dann soll eine EU-
konforme Pkw-Maut erarbeitet werden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801313200

Ich sehe keine weitere Nachfrage zu diesem Kom-

plex.

Dann kommen wir zur Frage 10 des Abgeordneten
Markus Tressel, Bündnis 90/Die Grünen:

Wie versteht die Bundesregierung das im Koalitionsver-
trag zwischen CDU, CSU und SPD auf Seite 8 zu findende
Versprechen „ohne im Inland zugelassene Fahrzeuge höher
als heute zu belasten“ unter dem möglichen Effekt der Einfüh-
rung einer Vignette in unseren Nachbarstaaten, und inwiefern
gibt es Abschätzungen, welche Kosten auf Fahrzeughalter
von in Deutschland zugelassenen Pkw zukommen, wenn die
Nachbarstaaten eine vergleichbare Maut einführen?

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801313300


Entschuldigung, ich habe bei Frage 10 einen anderen
Kollegen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801313400

Wenn sich die Frage inhaltlich deckt, wäre das ja viel-

leicht verkraftbar.






(A) (C)



(D)(B)

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801313500


Das weiß ich nicht, ob sich das inhaltlich deckt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801313600

Die Frage 10 lautet: „Wie versteht die Bundesregie-

rung das im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und
SPD auf Seite 8 zu findende Versprechen …“

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801313700


Ja. Dann ist es nur der falsche Kollege.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801313800

Nein, das ist der richtige Kollege. Aber Sie haben den

falschen Namen auf dem Zettel.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801313900


Und die falsche Fraktion. Aber ich beantworte die
Frage.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das ist Konzepterarbeitung der Bundesregierung!)


Es tut mir leid.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801314000

Frau Staatssekretärin, ich bitte, das Parlament nicht zu

irritieren. Jetzt beantworten Sie die Frage 10.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801314100


Die Antwort lautet: Die Aussage im Koalitionsver-
trag, keinen Fahrzeughalter in Deutschland stärker zu
belasten als heute, bezieht sich ausschließlich auf die
Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Bundesfern-
straßen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801314200

Kollege Tressel, haben Sie eine Nachfrage?


Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801314300

Selbstverständlich, auch wenn ich nach dem bisheri-

gen Verlauf der Fragestunde keine Hoffnung auf eine
gute Antwort habe. – Ich gehe davon aus, dass Sie das
schon mit ins Kalkül gezogen haben. Nordrhein-Westfa-
len grenzt an Belgien und Luxemburg; Ähnliches gilt für
Rheinland-Pfalz und das Saarland. Insofern wäre es,
glaube ich, klug gewesen, mit ins Kalkül zu ziehen, dass
die dortigen Regierungen sich animiert fühlen könnten,
eine vergleichbare Maut einzuführen. Deswegen frage
ich Sie: Welche Rolle spielen solche möglichen negati-
ven Folgen bei den politischen Entscheidungen hinsicht-
lich der Einführung einer Vignette, und welche Risiko-
abschätzung haben Sie da vorgenommen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801314400

Frau Staatssekretärin.
D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801314500


Lieber Herr Kollege Tressel, wir haben in den folgen-
den Nachbarländern eine Pkw-Maut: in Frankreich eine
streckenbezogene Maut sowie eine Sondermaut, in Ös-
terreich eine Vignettenpflicht und eine Sondermaut, in
der Schweiz eine Vignettenpflicht und eine Sondermaut,
in der Tschechischen Republik eine Vignettenpflicht, in
Belgien eine Sondermaut, in Dänemark eine Son-
dermaut, in den Niederlanden eine Sondermaut und in
Polen eine örtliche Mautpflicht und eine streckenbezo-
gene Maut. Bezüglich der anderen Länder, die Sie ange-
sprochen haben, wären nur Spekulationen möglich, und
deshalb kann sich die Bundesregierung nicht dazu äu-
ßern.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801314600

Kollege Tressel? – Keine weitere Nachfrage. Gibt es

sonst noch Nachfragen? – Kollege Behrens und Frau
Dr. Wilms haben jeweils eine Nachfrage. Erst einmal
Kollege Behrens, Fraktion Die Linke. Bitte schön.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801314700

Frau Staatssekretärin, haben Sie bei der Recherche zu

der Frage, wo überall es eine Pkw-Maut gibt, auch unter-
sucht, inwieweit es ein mit Ihren Planungen vergleichba-
res System gibt, nämlich eine Unterscheidung zwischen
ausländischen Fahrzeugführern und inländischen Fahr-
zeugführern, und wenn ja, in welchen Ländern gibt es
ein solches Modell?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801314800

Frau Staatssekretärin, bitte.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801314900


Wir haben jetzt erst einmal die Aufgabe, in Deutsch-
land eine Maut so einzuführen, wie wir es auf der Basis
unseres Koalitionsvertrages und des EU-Rechts für rich-
tig erachten, und das wird auch sehr zeitnah geschehen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801315000

Danke schön. – Die nächste Frage hat Frau Kollegin

Dr. Wilms.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801315100

Vielen Dank, Herr Präsident. – Die Aussage eben hat

mich echt erstaunt. Ich bin öfter in Dänemark, weil ich
dort mit den Nordschleswigern, also den Deutschen in
Dänemark, zu tun habe. Für die Nutzung der dortigen
Autobahnen habe ich noch keine Maut bezahlt. Das
Gleiche gilt für Belgien. Sie sagen aber, da gebe es an-
geblich eine Maut. Das ist sehr erstaunlich. Meine Frage:
Es gibt ja zum Beispiel Pendler, die in der Nähe von Aa-
chen hinter der deutschen Grenze wohnen und nach
Deutschland pendeln bzw. umgekehrt. Inwiefern haben
Sie mit den angrenzenden Staaten schon ernsthaft Kon-
takt aufgenommen, um überhaupt einmal über ein sol-
ches Thema zu sprechen?






(C)



(D)(B)


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801315200

Liebe Frau Kollegin, ich habe von einer Sondermaut

in Dänemark und Belgien gesprochen. Diese bezieht
sich in Belgien auf einen bestimmten Tunnel und in Dä-
nemark auf Tunnel und Brücken.


(Daniela Ludwig [CDU/CSU], an die Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Vielleicht sind Sie nie über Brücken gefahren!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801315300

Schönen Dank. – Gibt es zur Frage 10 weitere Nach-

fragen? – Die gibt es nicht.

Dann kommen wir zur Bahn. Ich rufe Frage 11 des
Abgeordneten Dr. André Hahn, die Linke, auf:

Wie viele Stellen bzw. Kilometer des Schienennetzes in
Deutschland sind nach Kenntnis der Bundesregierung in ei-
nem dringend renovierungsbedürftigen Zustand, und was tut
die Bundesregierung in der 18. Wahlperiode, um das Bahn-
netz instand zu halten?

Frau Staatssekretärin, bitte.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801315400


Frage 11, lieber Herr Kollege Dr. Hahn, beantworte
ich wie folgt: Dem Bund obliegt nach Art. 87 e Abs. 4
Grundgesetz die Verantwortung für Ausbau und Erhal-
tung des Schienennetzes der Eisenbahninfrastrukturun-
ternehmen des Bundes. Eigentümer der Schieneninfra-
struktur sind die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des
Bundes.

Zur Finanzierung von Ersatzinvestitionen in das be-
stehende Netz haben der Bund und die Eisenbahninfra-
strukturunternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 2009
die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die
LuFV I, abgeschlossen. In dieser wird die bisherige In-
putkontrolle durch eine Outputkontrolle ersetzt. Die
Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben sich in der
LuFV als Gegenleistung für den jährlichen Infrastruktur-
beitrag des Bundes in Höhe von 2,5 Milliarden Euro
sanktionsbewehrt zur Einhaltung der vereinbarten Netz-
qualität, die mit Qualitätskennzahlen gemessen wird, so-
wie zur Leistung eines bestimmten Ersatzinvestitionsvo-
lumens und eines bestimmten Instandhaltungsbeitrages
verpflichtet. Im Gegenzug erhalten sie durch die fünfjäh-
rige Laufzeit der LuFV Planungs- und Investitionssi-
cherheit über einen längerfristigen Zeitraum und können
selbst über ihre Investitionstätigkeiten und Schwer-
punkte im Bestandsnetz entscheiden. Über den konkre-
ten Zustand des Netzes berichten sie jährlich in einem
Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbericht, der
veröffentlicht wird.

Die Laufzeit der LuFV wurde am 6. September 2013
um zwei Jahre, längstens bis 2015, verlängert. In den
Jahren 2013 und 2014 ist die LuFV jeweils mit 2,75 Mil-
liarden Euro an Bundesmitteln ausgestattet. Bund und
Bahn verhandeln derzeit über eine Nachfolgevereinba-
rung, die sogenannte LuFV II.

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801315500

Danke schön. – Kollege Dr. Hahn mit einer Nach-

frage. Bitte schön.


Dr. André Hahn (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801315600

Frau Staatssekretärin, dem Verkehrsausschuss des

Bundestages wurde im September 2012 ein Bericht des
Bundesrechnungshofes zum Zustand des Schienennetzes
vorgelegt. Ich habe nach dem gegenwärtigen Zustand
gefragt. In dem genannten Bericht des Rechnungshofes
heißt es auf Seite 21:

Der Infrastrukturzustands- und -entwicklungsbe-
richt, IZB,

– den haben Sie eben angesprochen –

blendet einen Teil der Infrastrukturmängel systema-
tisch aus. So werden insbesondere Langsamfahr-
stellen und vollständige Streckensperrungen nicht
erfasst, wenn sie höchstens 180 Tage bestanden ha-
ben.

Das heißt, in der Statistik tauchen sie nur dann auf, wenn
sie länger als sechs Monate existiert haben. Weiter heißt
es in dem Bericht:

Das Bundesministerium hat die vom Parlament ge-
forderte Transparenz des Infrastrukturzustandes
herzustellen.

Deshalb frage ich Sie: Was hat die Bundesregierung
bislang getan, um den vom Bundesrechnungshof be-
nannten Missstand zu beheben?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801315700

Frau Staatssekretärin, bitte.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801315800


Ihre Anmerkungen sind interessant und werden si-
cherlich in die Nachfolgevereinbarung von Bund und
Bahn aufgenommen werden.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801315900

Herr Kollege Dr. Hahn, haben Sie noch eine Nach-

frage?


Dr. André Hahn (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801316000

Es ist etwas schwierig. Herr Präsident, es gehört zum

Respekt gegenüber dem Parlament, die Fragen, die ge-
wählte Abgeordnete stellen, auch sachgerecht zu beant-
worten.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage lautete: Was hat die Bundesregierung seit die-
sem Bericht getan? Auf diese Frage hat die Staatssekre-
tärin leider nicht geantwortet.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Vielleicht weiß sie das nicht!)


(A)







(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801316100

Danke schön. – Herr Behrens hat sich gemeldet, dann

Frau Dr. Wilms.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801316200

Sie haben gesagt, dass Sie derzeit keine Kenntnisse

darüber haben und in der LuFV vereinbart ist, was die
Bahn renoviert und was nicht. Gleichwohl hat der Ver-
kehrsminister offenbar festgestellt, dass es bestimmte
Aussagen der Bahn gibt, die nicht zutreffend sind. Da-
raufhin hat Herr Dobrindt gesagt: Dann ist es offenbar
notwendig, sich nicht nur auf die Prüfergebnisse der
Bahn zu verlassen, sondern selber Testfahrten zu unter-
nehmen. – Ich gehe davon aus, dass der Bundesminister
das nicht nur aus Jux und Tollerei gemacht hat, sondern
weil ihm entsprechende Erkenntnisse zugetragen worden
sind. Können Sie zu diesen Erkenntnissen etwas sagen?
Wo sind tatsächlich schwere Mängel oder zumindest
Mängel aufgetreten, die ihn zu dieser Entscheidung ge-
bracht haben?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801316300

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801316400


Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass der Bundes-
minister die Ankündigung, die er gemacht hat, auch um-
setzen wird.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801316500

Eine Nachfrage von Frau Dr. Wilms, Bündnis 90/Die

Grünen. – Bitte schön.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801316600

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin,

es ist eben schon einmal darauf hingewiesen worden,
wie man mit der Beantwortung von Fragen umgehen
sollte. Das, was wir eben gehört haben, war ein bisschen
wenig.

Wir haben Ihren Äußerungen entnommen, dass diese
Testfahrten jetzt tatsächlich stattfinden, dass der erste
Zug, mit dem die Bundesregierung den Zustand der
Schienen prüfen und erfassen lassen möchte, in Gang
gesetzt worden ist. Wenn Sie das jetzt schon machen,
also der DB AG im Hinblick auf die LuFV misstrauen
– die Schlussfolgerung daraus ist ja mehr oder weniger,
dass uns die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des
Bundes mit dem Infrastrukturzustands- und -entwick-
lungsbericht etwas vorlegen, das vielleicht doch nicht so
ganz zutreffend ist –, dann frage ich mich: Wie gehen
Sie eigentlich mit dem Problem um, dass wir, wie der
Bahnchef, Herr Grube, sagt, bei den Brücken einen ganz
hohen Investitionsbedarf haben und es soundso viele
Brücken gibt – die genaue Zahl habe ich jetzt nicht im
Kopf –, die erneuerungs- oder nachbesserungsbedürftig
sind? Wollen Sie da jetzt auch noch ein entsprechendes
Brückenüberprüfungsprogramm vonseiten des Bundes
in Gang setzen? Dann hätten wir mit der Fortschreibung
der LuFV, wie sie bisher vorgesehen ist, wenig Erfolg.

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801316700

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801316800


Sie können sich sicher sein, dass diese Fragen sehr
ernst genommen werden. Das ist auch der Grund, warum
es dem Minister wichtig war, selber Nachforschungen
anzustellen. Das gilt nicht nur für den Schienenbereich,
sondern selbstverständlich auch für den Brückenbereich.
Der Minister hat darüber hinaus angekündigt, dass er
sich, auch was die digitale Infrastruktur betrifft, mehr
Engagement bei der DB AG wünscht.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801316900

Danke schön. – Es gibt jetzt keine weiteren Nachfra-

gen zu Frage 11.

Dann kommen wir zur Frage 12 des Abgeordneten
Dr. André Hahn, die Linke:

Wie viele Städte in Deutschland sind nach Kenntnis der
Bundesregierung vom Schienenverkehr abgekoppelt, und
welche Auswirkungen hat dies für die Mobilität der Bevölke-
rung sowie die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen?

Frau Staatssekretärin, bitte.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801317000


Herr Kollege, Frage 12 beantworte ich wie folgt: Der
Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor,
welche Städte nicht durch ein Eisenbahnverkehrsunter-
nehmen bedient werden. Im Übrigen darf ich auf die
Entscheidungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Im-
munität und Geschäftsordnung zur Abgrenzung der Zu-
ständigkeiten von Bund, Deutscher Bahn AG und Län-
dern infolge der Bahnreform sowie zur Stärkung des
parlamentarischen Fragerechts, Drucksache 16/8467
vom 10. März 2008, verweisen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801317100

Eine Nachfrage von Herrn Kollegen Dr. Hahn.


Dr. André Hahn (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801317200

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin,

ich denke, die Bundesregierung wird doch Kenntnis vom
Streckennetz haben. Die entsprechenden Informationen
stehen ja auch über den Aufsichtsrat der DB AG zur Ver-
fügung. Auch der von Ihnen genannte Beschluss des Ge-
schäftsordnungsausschusses setzt nicht außer Kraft, dass
die Bundesregierung auf solche Fragen Auskunft geben
kann und aus meiner Sicht auch geben muss. Ich möchte
deshalb konkret nachfragen: Wie viele Städte in
Deutschland mit mehr als 10 000 Einwohnern – und
welche ganz konkret – sind derzeit vom Schienenver-
kehr abgekoppelt? Ich bitte um eine genaue Auflistung
und wäre deshalb auch mit einer schriftlichen Beantwor-
tung einverstanden. Aber ich bitte Sie einfach, sich kun-
dig zu machen und dem Parlament die Auskunft zu ge-
ben.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801317300

Frau Staatssekretärin.

D
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1801317400


Dann wird es schriftlich beantwortet.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801317500

Die Frage wird schriftlich beantwortet. Nachfragen

gibt es hierzu nicht.

Dann haben wir den Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gut
bewältigt. Die Staatssekretärin hat die erste Fragestunde
gut überstanden.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na ja!)


Es ist heute ihr Hochzeitstag. Deswegen wollen wir ihr
dazu gratulieren und ihr wünschen, dass der Rest des Ta-
ges gut verläuft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit.

Die Fragen 13 und 14 der Kollegin Baerbock sowie
Frage 15 der Kollegin Kotting-Uhl werden schriftlich
beantwortet.

Wir kommen deshalb direkt zum Geschäftsbereich
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Uwe Beckmeyer zur Verfügung.

Die Frage 16 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
wird schriftlich beantwortet.

Wir kommen zur Frage 17 der Abgeordneten
Veronika Bellmann, CDU/CSU:

Welche Auswirkungen für die Vergabe von Rettungs-
dienstleistungen hat nach Auffassung der Bundesregierung
das vom Europäischen Parlament am 15. Januar 2014 be-
schlossene Richtlinienpaket zur Modernisierung des EU-Ver-
gaberechts für die Bundesländer, die die Vergütung der
Dienstleistungserbringer und die entsprechende Vergabe nicht
durch das „Konzessionsmodell“, sondern durch das „Submis-
sionsmodell“ durchführen?

Herr Staatssekretär, bitte.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801317600


Sehr verehrte Frau Bellmann, die Vergabe von Ret-
tungsdienstleistungen an gemeinnützige Organisationen
fällt nach den neuen EU-Vergaberichtlinien nicht in den
Anwendungsbereich der EU-Richtlinien. Dies betrifft
sowohl das Konzessionsmodell als auch das Submis-
sionsmodell. Die EU-Vergaberichtlinien finden insofern
keine Anwendung.
Ist die Vergabe für den Binnenmarkt relevant, muss
sich das Vergabeverfahren aber an Grundsätzen des EU-
Primärrechtes – Transparenzgebot, Gebot der Nichtdis-
kriminierung, Gebot der Verhältnismäßigkeit – ausrich-
ten. Dagegen wird der Einsatz von Krankenwagen zur
Patientenbeförderung und die Vergabe an nichtgemein-
nützige Organisationen von den neuen EU-Richtlinien
erfasst. Für diese Vergaben greift ein vereinfachtes Ver-
fahren, sofern der relevante Schwellenwert überschritten
wird. Die Einheiten sind im Rahmen der Umsetzung der
EU-Richtlinien in nationales Recht festzulegen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801317700

Nachfrage, Frau Kollegin Bellmann?


Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1801317800

Ich habe noch zwei Nachfragen. – Es ist natürlich zu

begrüßen, dass anhand dieses Richtlinienpakets der Sinn
und Unsinn der Liberalisierung, von Wettbewerbsregeln
und des Binnenmarktes im Zusammenhang mit den Prin-
zipien der Daseinsvorsorge in den einzelnen Mitglied-
staaten diskutiert worden ist und auch im Hinblick auf
die Subsidiarität entsprechende Schlussfolgerungen ge-
zogen wurden.

Nun wissen wir, dass das Europäische Parlament die-
ses Richtlinienpaket beschlossen hat. Die EU-Kommis-
sion muss noch ein Wörtchen dazu sagen, und – Sie ha-
ben es angesprochen – die Umsetzung in nationales
Recht wird noch erfolgen. Das dauert in der Regel zwei
Jahre. Meine erste Frage lautet daher: Wann ist damit zu
rechnen, dass wir hier in der Bundesrepublik damit be-
ginnen, die Umsetzung in nationales Recht vorzuneh-
men?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801317900

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801318000


Liebe Kollegin, Sie haben es eben ausgeführt: Das
Europäische Parlament hat die EU-Richtlinien am
15. Januar dieses Jahres verabschiedet. Der Rat hat die
Richtlinien am 11. Februar 2014 beschlossen.

Die Umsetzungsfrist beläuft sich auf zwei Jahre nach
Inkrafttreten. Die Richtlinien werden voraussichtlich im
März 2014 in Kraft treten. Das BMWi wird als federfüh-
rendes Ministerium innerhalb der Bundesregierung Vor-
schläge für die Umsetzung des Richtlinienpaketes in das
nationale Vergaberecht erarbeiten.

Bei der Frage der Bereichsausnahme für Rettungs-
dienste handelt es sich um eine wesentliche Frage, deren
Umsetzung der Bundesgesetzgeber selbst in die Hand
nehmen sollte. Daher ist eine Umsetzung im Rahmen
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ge-
plant.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801318100

Weitere Nachfrage, Frau Kollegin Bellmann?






(A) (C)



(B)


Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1801318200

Raten Sie den Kommunen bzw. den Landkreisen, die

sich bereits im Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren
befinden, das Verfahren auszusetzen, bis die Umsetzung
in nationales Recht stattgefunden hat, oder ist den Kom-
munen anzuraten, das Verfahren nach bisherigem Recht
und Gesetz weiterzuführen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801318300

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801318400


Gestatten Sie mir, dass ich darauf persönlich ant-
worte: Ich würde das nicht aussetzen, sondern im weite-
ren Verfahren anpassen. Ich glaube, das ist die sinnvol-
lere Vorgehensweise.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801318500

Danke schön. – Weitere Nachfragen liegen dazu nicht

vor.

Ich rufe die Fragen 18 und 19 des Kollegen Dieter
Janecek, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Wie gewährleistet die Bundesregierung in persona des
Bundesministers Sigmar Gabriel bei der neu zu besetzenden
Stelle des Abteilungsleiters der Industriepolitikabteilung des
Bundeswirtschaftsministeriums – Abteilung IV –, dass die
ökologische Ausrichtung der Industriepolitik im Sinne eines
Wandels hin zu konsequenter Ressourcenschonung und Nach-
haltigkeit Vorrang erhält, und welche konkreten Maßnahmen
sollen von der Abteilung in diesem Sinne im ersten Halbjahr
2014 ergriffen werden?

Welchen Inhalt hatten die entsprechenden Maßnahmen,
die die Bundesregierung in persona des Bundesministers für
Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, in Brüssel ergriffen
hat, damit die Verhandlungen des Freihandelsabkommens
zwischen den USA und der Europäischen Union so schnell
wie möglich vorankommen, für die sich der Abgeordnete

(Plenarprotokoll 18/11 zur Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. Januar 2014, Seite 674)

Maßnahmen ausgestaltet, sodass ein schneller Abschluss des
Abkommens unter Beibehaltung der europäischen Ökologie-,
Verbraucher- und Sozialstandards forciert wird?

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801318600


Lieber Herr Janecek, die Bundesregierung setzt sich
für eine zügige Verhandlung des Abkommens ein, insbe-
sondere in den dafür vorgesehenen Gremien in Brüssel,
etwa im Handelspolitischen Ausschuss. Daneben steht
das Ministerium in engem Kontakt mit der Europäischen
Kommission, um die Verhandlungen auch im Sinne der
Wahrung der sogenannten Schutzstandards voranzutrei-
ben.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801318700

Danke schön. – Herr Kollege Janecek, bitte.


Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801318800

Ich glaube, Sie haben jetzt die Frage 19 beantwortet.

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801318900

Das ist mir auch schon aufgefallen.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801319000


Ich bitte um Entschuldigung.


Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801319100

Wir können das aber gerne umdrehen: Ich stelle Ihnen

eine Nachfrage zu Frage 19, und danach beantworten Sie
die Frage 18.

Zu meiner Nachfrage. Herr Gabriel hat sich für ein er-
folgreiches Freihandelsabkommen, TTIP, eingesetzt.
Dazu gab es widersprüchliche Aussagen, insbesondere
aus dem Bundesumweltministerium. Was konkret be-
inhaltet dieser Einsatz für ein erfolgreiches Freihandels-
abkommen, den Herr Dr. Fuchs so gelobt hat?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801319200

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801319300


Lassen Sie es mich so formulieren: In Bezug auf
TTIP ist festzustellen, dass seitens der Bundesregierung
im vergangenen Jahr, 2013, umfangreich informiert wor-
den ist und in diesem Zusammenhang auch klargestellt
wurde, in welcher Art und Weise Informationen seitens
der Europäischen Union über die Bundesregierung in
Richtung des Parlamentes geflossen sind.

Dazu gibt es diverse Beispiele. Sie wissen auch auf-
grund der zu Beginn dieser Woche durchgeführten An-
hörung, dass die Dokumentation betreffend TTIP sehr
umfassend ist, auch bei der Dokumentationsabteilung
des Deutschen Bundestages. Sie können dort in sämtli-
chen Unterlagen, auch in sämtlichen Kabelberichten
nachlesen. Sie haben einen umfassenden Eindruck ge-
winnen können. Ich kann Ihnen das alles in Form einer
Übersicht noch einmal schriftlich zur Verfügung stellen,
damit Sie sehen können, welche verschiedenen Informa-
tionen seit Beginn des letzten Jahres, seit 2013, gegeben
worden sind. Ich würde Ihnen das gerne schriftlich über-
mitteln.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801319400

Danke schön. – Gibt es zu Frage 19 noch eine Nach-

frage? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zurück zu Frage 18. Darin fragt
der Kollege Dieter Janecek, Bündnis 90/Die Grünen,
nach der Besetzung der Leitung der Abteilung Industrie-
politik im BMWi. – Herr Staatssekretär, wir bitten um
Ihre Antwort zu Frage 18.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801319500


Bundesminister Sigmar Gabriel hat in seinem Be-
gleitschreiben zur Einleitung der Ressortabstimmung
zum Jahreswirtschaftsbericht 2014 einige wirtschafts-
politische Zielvorstellungen kommuniziert. Er führte un-

(D)







(A) (C)



(D)(B)

Parl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer

ter anderem aus, dass es um ein Industriemodell geht,
das auf Nachhaltigkeit, Energie- und Ressourceneffi-
zienz ausgerichtet ist. Die von Bundesminister Gabriel
kommunizierten Zielvorstellungen werden bei allen per-
sonalpolitischen Entscheidungen mitbedacht.

Mit Wirkung vom 1. Februar 2014 wurde Herr Minis-
terialdirektor Dr. Sven Halldorn zum Leiter der Abtei-
lung IV, Industriepolitik, bestellt. Herr Dr. Halldorn ver-
fügt über langjährige Erfahrung im Verbände- und
Verwaltungsbereich. Er hat als Leiter der Technologie-
abteilung fachliche und Führungsqualität bewiesen, die
er nun nach Zusammenlegung des Bereichs Industriepo-
litik mit Teilen des Bereichs Technologiepolitik in seine
neue Aufgabe als Leiter der industriepolitischen Abtei-
lung einbringen wird. Ressourcenschonung und Nach-
haltigkeit werden dabei eine wichtige Rolle spielen.

Entsprechend dem heute veröffentlichten Jahreswirt-
schaftsbericht 2014 setzt die Bundesregierung darauf,
die gesellschaftliche Akzeptanz, das innovative Poten-
zial und die besonderen Kernkompetenzen der deutschen
Industrie zu fördern und zu entwickeln. Sie tragen nicht
zuletzt maßgeblich dazu bei, die großen Herausforderun-
gen, unter anderem der Energiewende, des Klimaschut-
zes, der Ressourceneffizienz, der Gesundheitsversorgung,
der globalen Kommunikation und der zunehmenden Mo-
bilität der Menschen und des Wachsens der Warenströme
zu meistern. Die Bundesregierung wird deshalb die
Hightech-Strategie zu einer umfassenden, ressortüber-
greifenden Innovationsstrategie weiterentwickeln und
ausbauen. Dabei werden auch Deutschlands industrielle
Kernkompetenzen einbezogen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801319600

Danke schön. – Nachfragen vom Kollegen Janecek? –

Das ist nicht der Fall. Sonstige Nachfragen gibt es auch
nicht.

Ich rufe die Frage 20 der Abgeordneten Katharina
Dröge, Bündnis 90/Die Grünen, auf:

Wenn der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel der
Meinung ist, dass es im Rahmen der geplanten Transatlanti-
schen Handels- und Investitionspartnerschaft, TTIP, „keiner-
lei Standardabsenkungen bei Löhnen, Kultur und sozialen Si-

(www.deutschlandfunk.de vom 3. Februar 2014, „SPD vertagt die Vorbereitung von RotRot-Grün“)

schätzung der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, wonach
eine Investitionsschutzklausel als Teil der TTIP „die Errun-
genschaften von 150 Jahren Arbeiterbewegung, hundert Jah-
ren Frauenbewegung und 50 Jahren Umweltbewegung mit ei-
nem Federstrich zerstören“ würde, und, falls ja, was plant die
Bundesregierung zu unternehmen, um dies zu verhindern

(Quelle: www.spiegel.de/politik/deutschland/grosse-koalitionminister-warnen-vor-freihandelsabkommen-a-950444.html)


Herr Staatssekretär, bitte.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801319700


Liebe Kollegin Frau Dröge, die Position der Bundes-
regierung zur Einbeziehung des Investitionsschutzes und
von Investor-Staat-Schiedsverfahren in TTIP ist bekannt
und mehrfach gegenüber dem Bundestag dargelegt wor-
den. Danach gehört Investitionsschutz in den Verhand-
lungen über TTIP nicht zu den offensiv vertretenen Inte-
ressen der Bundesregierung, da die USA hinreichend
Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewähren und
US-Investoren in Deutschland hinreichende Rechts-
schutzmöglichkeiten vor nationalen Gerichten besitzen.
Dies hat die Bundesregierung auch wiederholt gegen-
über der Europäischen Kommission zum Ausdruck ge-
bracht. Besorgnisse über grundlegende Veränderungen
der Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards in Europa
durch die transatlantischen Verhandlungen sind unbe-
gründet. Die endgültige Entscheidung über die Auf-
nahme von Investitionsschutzbestimmungen und Inves-
tor-Staat-Schiedsverfahren in das Abkommen wird nach
Evaluierung des Verhandlungsergebnisses zum Investi-
tionsschutz durch die Mitgliedstaaten erfolgen.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801319800

Danke schön. – Kollegin Dröge, noch eine Nach-

frage? – Bitte.


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801319900

Wir hatten am Montag den Chefunterhändler der EU,

Herrn Bercero, im Wirtschaftsausschuss zu Gast und ha-
ben ihm dort auch Fragen zum Investitionsschutzabkom-
men stellen können. Er hat dargelegt, dass über das
Thema Investitionsschutzabkommen weiterhin zwischen
der EU und den USA verhandelt wird. Er hat uns gleich-
zeitig berichtet, dass es im Rahmen bestehender Freihan-
delsabkommen zwischen der EU und anderen Ländern
durchaus Probleme im Bereich des Investitionsschutzes
gibt. Er konnte die Frage, warum der Weg des Investi-
tionsschutzabkommens vor dem Hintergrund realer Pro-
bleme mit Investitionsschutzabkommen weiter beschritten
wird, aus meiner Sicht nicht befriedigend beantworten.
Sie haben ja selber gesagt, dass TTIP am Ende auch von
diesem Parlament ratifiziert wird. Deswegen frage ich:
Was unternimmt die Bundesregierung, um im Rahmen
ihrer Möglichkeiten Einfluss auf die Europäische Kom-
mission und die Verhandler zu nehmen, dass dieses In-
vestitionsschutzabkommen nicht weiter verhandelt
wird?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801320000

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801320100


Wie Sie sicher wissen, ist der gesamte Handelskom-
plex sehr stark bei der Europäischen Union und der
Kommission verortet. Die Nationalstaaten haben in die-
sem Bereich durchaus ein, ich sage einmal, Mitsprache-
recht, aber das Führen der Verhandlungen zu diesem
Thema ist in erster Linie ein Recht der Kommission;
dies ist auch durch die Verträge so bestimmt. Insofern
geht es jetzt darum, diese Verhandlungen weiter auch ak-
tiv zu begleiten.

Ich habe eben zum Ausdruck gebracht, dass wir uns
die Ergebnisse sehr wohl prüfend anschauen werden. Ich
habe auch zum Ausdruck gebracht, dass es nicht unser
erstes Interesse ist, dass eine solche Klausel bezüglich
Investor-Staat-Schiedsverfahren dort aufgenommen wird;






(A) (C)



(D)(B)

Parl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer

denn wir sind der Meinung, dass Rechtsetzung und die
rechtsstaatlichen Verfahren so sowohl in den USA als
auch hier in Europa ausreichend sind.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801320200

Weitere Nachfrage, Frau Kollegin Dröge? – Bitte

schön.


Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801320300

Heißt das, dass die Bundesregierung, wenn wir am

Ende hier im Parlament einen Entwurf vorliegen haben,
in dem eine solche Investitionsschutzklausel enthalten
ist, die keine Sicherung der Standards gewährleisten
kann, Nein sagen wird?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801320400

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801320500


Liebe Frau Kollegin, grundsätzlich gilt, dass von der
Bundesregierung abgeschlossene Investitionsschutzver-
träge nur solchen Investitionen Schutz einräumen, die im
Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Anla-
gelandes getätigt wurden. Gesetze des Anlagelandes, die
den Schutz der Menschenrechte konkretisieren, Sozial-
und Umweltstandards festlegen oder völkerrechtlich ver-
bindliche Beschlüsse umsetzen, müssen daher vom In-
vestor eingehalten werden. Kernpunkte des Investitions-
schutzes sind der Schutz gegen Diskriminierung
gegenüber inländischen Investoren sowie gegen unver-
hältnismäßige oder willkürliche Eingriffe in Investitio-
nen oder den Bruch staatlicher Zusagen. Gesetzliche
Regelungen können keine Verletzung eines Investitions-
schutzvertrages begründen, wenn sie dessen Schutzvor-
schriften nicht verletzen. Dies gilt auch im Hinblick auf
die Gesetzgebung. Ich mache diese grundsätzlichen
Aussagen, weil immer wieder die Furcht artikuliert wird,
es sei anders. Weil es eben nicht anders ist, sondern wie
von mir eben beschrieben, haben wir, denke ich, eine
sehr souveräne und gute Position in diesem Verfahren.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801320600

Schönen Dank. – Weitere Nachfragen zur Frage 20

sehe ich nicht.
Die Frage 21 des Kollegen Oliver Krischer sowie die

Fragen 22 und 23 der Kollegin Dr. Julia Verlinden wer-
den schriftlich beantwortet.

Wir kommen zur Frage 24 der Kollegin Heike
Hänsel, Die Linke:

Wie rechtfertigt die Bundesregierung Hermesbürgschaften

(Spiegel Online vom 2. Februar 2014)

CDU, CSU und SPD eine „zurückhaltende Rüstungsexport-
politik“ genannt ist?

Bitte, Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801320700


Liebe Kollegin Frau Hänsel, für die Bundesregierung
beantworte ich die Frage wie folgt: Die Bundesregierung
betreibt eine zurückhaltende und verantwortungsvolle
Rüstungsexportpolitik, indem Deutschland keine Waffen
an Länder liefert, in denen Bürgerkrieg herrscht. Auch
Unrechtsregime erhalten keine Waffen, die zu internen
Repressionen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt
werden könnten.

Zur Exportkreditgarantie des Bundes, den Hermes-
deckungen, für die geplante Lieferung von Patrouillen-
booten nach Saudi-Arabien ist zu sagen, dass das
Geschäft nach den einschlägigen Kriterien förderungs-
würdig ist. Der Auftrag trägt in erheblichem Maße zum
Erhalt von Arbeitsplätzen an den Standorten der Werft
und bei ihren Zulieferern bei. Die positiven Arbeitsplatz-
effekte betreffen insbesondere strukturschwache Ge-
biete.

Auch mit Blick auf den Einsatzzweck der Schiffe er-
geben sich keine Bedenken gegen die Förderungswür-
digkeit. Das saudi-arabische Innenministerium beabsich-
tigt, Patrouillenboote von einem deutschen Hersteller zu
erwerben, um sie zum Schutz seiner Küsten im Roten
Meer und Arabischen Golf einzusetzen. Saudi-Arabien
benötigt Patrouillenboote, um seine Küstenlinien zu
überwachen, Hoheitsgewässer, internationale Seewege,
Offshoreöl- und -gasfelder sowie Hafenanlagen zu
schützen und Piraterie, Sabotage sowie Terrorismus zu
unterbinden. Hierbei handelt es sich um legitime staatli-
che Aufgaben Saudi-Arabiens, die auch im deutschen
Interesse sind. Das Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie hat aus Gründen der Transparenz Informa-
tionen zu diesem hermesgedeckten Geschäft im Internet-
auftritt des Ministeriums eingestellt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801320800

Danke schön. – Frau Kollegin Hänsel, eine Nach-

frage?


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801320900

Danke schön, Herr Präsident. – Es geht hier um die

grundsätzliche Frage, ob man ein milliardenschweres
Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien abschließen sollte.
Saudi-Arabien – da sind wir uns wohl einig – ist eine ab-
solute Monarchie: Es gibt kein Parlament, Parteien sind
verboten, von Frauenrechten kann man nicht sprechen.
Ich frage mich, wie Sie angesichts der vielen Menschen-
rechtsdiskurse, die Sie führen – zum Beispiel mit der
Ukraine oder mit Russland –, ein milliardenschweres
Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien legitimieren wol-
len. Wie wollen Sie argumentieren, dass Sie dieses Land
dadurch nicht politisch aufwerten?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801321000

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801321100


Liebe Frau Hänsel, wenn Sie so in diese Region
schauen, werden Sie feststellen, dass vor der Küste So-
malias, einem zurzeit völlig unregierbaren Land, Pirate-
rie ein beträchtliches Problem darstellt, wodurch die in-
ternationalen Seewege massiv beeinträchtigt wurden und






(A) (C)



(D)(B)

Parl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer

beeinträchtigt werden. Wir, die NATO, aber auch andere
Länder dieser Welt haben daraufhin in größerem Stile
Fregatten und anderes Kriegsgerät dorthin geschickt. Ich
glaube, einen weiteren Einsatz dieser Größenordnung
kann kein Mitglied der internationalen Gemeinschaft in
diesem Bereich leisten. Insofern müssen wir hier fest-
stellen: Saudi-Arabien ist ein souveräner Staat, der mit
den Patrouillenbooten, die angeschafft werden sollen,
seine Küsten schützen möchte, um Piraterie und Terro-
rismus dort Einhalt zu gebieten. Das ist die aktuelle Si-
tuation. Daher glaube ich, dass man diesen Rüstungs-
export vertreten kann.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801321200

Noch eine Nachfrage, Frau Kollegin Hänsel? – Bitte

schön.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801321300

Wenn es jetzt um die Bekämpfung von Piraterie geht,

dann sind wir schon bei einer militärischen Auseinander-
setzung – weil Sie sagten, es sei ja in dem Sinne kein
Rüstungsexport zum Zwecke einer militärischen An-
wendung.

Mit diesem Rüstungsexport stärken Sie Saudi-Ara-
bien politisch; so ist das mit Militärgeschäften.

Sie haben gerade eben auch gesagt, ein Kriterium sei,
keine Waffen in Bürgerkriegsregionen zu liefern. Aber
es gibt ja auch indirekte Waffenlieferungen, zum Bei-
spiel die Unterstützung von Rebellen in Syrien. Saudi-
Arabien ist ein Player in vielen Konflikten und unter-
stützt Rebellen und Milizen in anderen Ländern. Daher
noch einmal die konkrete Nachfrage: Wie können Sie es
verantworten, mit solch einem Land Rüstungsgeschäfte
zu machen?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801321400

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801321500


Liebe Frau Hänsel, die Einschätzung, die Sie eben ge-
äußert haben, teile ich persönlich nicht. Diese Geräte,
denke ich, werden nicht im syrischen Konflikt einge-
setzt,


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ich sprach von der Bekämpfung von Piraterie!)


sie dienen ausschließlich zur Ausrüstung des Küsten-
schutzes des souveränen Staates Saudi-Arabien.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801321600

Danke schön. – Jetzt haben wir eine Nachfrage vom

Kollegen Gehrcke, Die Linke, und danach vom Kollegen
van Aken, Die Linke.

Herr Kollege Gehrcke, bitte.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801321700

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekre-

tär, Sie haben in Ihrer ersten Antwort markant formuliert
– ich habe mir das mitgeschrieben –: „Unrechtsregime
erhalten keine Waffen“. Darf ich daraus im Umkehr-
schluss folgern, dass die Bundesregierung der Auffas-
sung ist, dass Saudi-Arabien ein Rechtsstaat ist, dass Ka-
tar ein Rechtsstaat ist? Ich könnte Ihnen da noch eine
ganze Menge Länder aufzählen. Entweder stimmt Ihre
Aussage nicht, oder die Haltung der Bundesregierung
stimmt nicht. Würden Sie mir das beantworten?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801321800

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801321900


Gerne. Lieber Herr Abgeordneter, ich habe die Ant-
wort wie folgt formuliert: Die Bundesregierung betreibt
eine zurückhaltende und verantwortungsvolle Rüstungs-
exportpolitik, indem Deutschland keine Waffen an Län-
der liefert, in denen Bürgerkrieg herrscht. Auch Un-
rechtsregime –


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Genau!)


erhalten keine Waffen, die zu internen Repressionen ge-
gen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden können. –
Das war meine Antwort.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801322000

Danke schön. – Kollege van Aken stellt die nächste

Frage.


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801322100

Vielen Dank. – Schönen guten Tag, Herr Beckmeyer!

Meine erste Frage ist, ob sich auch die neue Bundes-
regierung an die politischen Grundsätze für den Export
von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern halten
wird, so wie es die letzten zwölf Jahre gewesen ist. In
diesen politischen Grundsätzen heißt es wörtlich – mich
würde einmal interessieren, ob Sie das als neue Bundes-
regierung eigentlich genauso unterschreiben würden –:

Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüs-
tungsgütern …

– in sonstige Länder –

wird restriktiv gehandhabt.

Jetzt kommt es – weil Sie über Arbeitsplätze geredet ha-
ben –:

Er darf insbesondere nicht zum Aufbau zusätzli-
cher, exportspezifischer Kapazitäten führen.

Sie haben in Ihrer ersten Antwort auf diese Frage lang
und breit erklärt, dass der Export dieser Patrouillenboote
benötigt wird, weil dadurch Arbeitsplätze insbesondere
in Werften geschaffen oder erhalten werden, die sonst
möglicherweise dicht machen müssen. Das widerspricht
aber den bisherigen politischen Grundsätzen der Bun-
desregierung. Meine Frage an Sie lautet also: Werfen Sie
Ihre Grundsätze über Bord, oder wollen Sie sich tatsäch-
lich daran halten? Im zweiten Fall dürften Sie die Pa-
trouillenboote nicht exportieren.






(A) (C)



(D)(B)


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801322200

Herr Staatssekretär.

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1801322300


Lieber Abgeordneter van Aken, wir halten uns an die
Regeln; da gibt es kein Vertun. Das, was Sie Ihrerseits
als Interpretation vorgetragen haben, teile ich auch aus-
drücklich nicht.


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801322400

Gut. – Ich habe noch eine Nachfrage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801322500

Nein, haben Sie nicht. Da hätten Sie das Wort vorher

blitzschnell einer Kollegin oder einem Kollegen geben
müssen. Wir sind auch schon ziemlich in Verzug.

Ich schließe den Geschäftsbereich Wirtschaft und
Energie.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amtes. Ich rufe die Frage 25 der Abgeordneten
Heike Hänsel auf:

Weshalb fordert der Bundesminister des Auswärtigen,
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Sanktionen für Regierungsmit-
glieder in der Ukraine, während gegenüber der türkischen Re-
gierung trotz massiver Gewalt gegen friedliche Demonstran-
ten der Taksim-Bewegung mit mindestens fünf Toten im
letzten Jahr (N24 vom 13. Juni 2013) und zahlreicher Korrup-
tionsvorwürfe gegen Regierungsmitglieder Sanktionen kein
Thema sind?

Zur Beantwortung ist Frau Staatsministerin Dr. Maria
Böhmer bei uns. – Frau Dr. Böhmer, Frage 25, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801322600


Gerne, Herr Präsident. – Frau Kollegin Hänsel, der
Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter
Steinmeier, hat keine Sanktionen gegen Regierungsmit-
glieder in der Ukraine gefordert. Es besteht jedoch aus
Sicht der Bundesregierung die Notwendigkeit, gegen-
über der ukrainischen Führung entschieden aufzutreten.
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesaußenminister in
seinem Interview in den Tagesthemen am 3. Februar
2014 die Möglichkeit erwähnt, Sanktionen anzudrohen.
Dies entspricht auch der gegenwärtigen Diskussion im
Rahmen der Europäischen Union.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801322700

Danke schön. – Haben Sie dazu eine Nachfrage, Frau

Kollegin Hänsel? – Bitte schön.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801322800

Danke schön, Herr Präsident. – Die Kanzlerin hat

auch Sanktionen in Erwägung gezogen bzw. den Begriff
erwähnt. Ich frage mich: Warum wird gegenüber ande-
ren Staaten das Wort „Sanktion“ nicht erwähnt? Ich habe
konkret nachgefragt, weswegen zum Beispiel der Tür-
kei, in der jetzt seit über einem Jahr eine Demokratiebe-
wegung brutal unterdrückt wird – ich habe das selbst er-
lebt, als ich im Gezi-Park war –, nicht Sanktionen
angedroht werden. Wir haben mittlerweile sieben tote
Demonstranten zu verzeichnen. Die Regierung Erdogan
ist von einem extremen Korruptionsfall erschüttert.
Viele Regierungsmitglieder sind zurückgetreten. Warum
wird in Bezug auf die Türkei nicht in gleicher Weise wie
in Bezug auf die Ukraine über Sanktionen gesprochen?
Im Gegenteil: Es werden weitere Kapitel für die Ver-
handlungen über einen Beitritt zur Europäischen Union
eröffnet. Wie legitimieren Sie diese Doppelstandards?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801322900

Frau Staatsministerin, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801323000


Frau Kollegin, Sie haben in der Tat in Ihrer Frage ei-
nen Zusammenhang hergestellt. Ich habe klar erklärt,
dass der Bundesaußenminister keine Sanktionen gefor-
dert hat. Der Zusammenhang, den Sie herstellen wollten,
ist daher so nicht gegeben. Deshalb konnte ich darauf
nicht eingehen.

Ich will Ihnen aber, damit Sie eine Antwort auf Ihre
Frage bezüglich der Türkei erhalten, sagen: Vielleicht
erinnern Sie sich daran, dass die für Ende Juni 2013 vor-
gesehene EU-Beitrittskonferenz extra verschoben
wurde. Die Lage in der Türkei ist auch immer wieder an-
gesprochen worden. Wir haben es hier insofern mit zwei
verschiedenen Sachverhalten zu tun, die auch unter-
schiedlich behandelt worden sind.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801323100

Haben Sie noch eine Nachfrage, Frau Kollegin

Hänsel?


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801323200

Ja.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801323300

Bitte schön.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801323400

Danke schön. – Ich habe gesagt, dass Sanktionen in

Erwägung gezogen worden sind. Der Begriff ist also ge-
fallen. Ich möchte deshalb noch einmal in Bezug auf
meine Frage zu den Rüstungsgeschäften in Saudi-Ara-
bien nachhaken: Wie können Sie eigentlich mit derarti-
gen Doppelstandards eine glaubwürdige Außenpolitik
verfolgen? Sie rüsten ein absolutistisches System in
Saudi-Arabien auf. Währenddessen ziehen Sie in Bezug
auf die Ukraine Sanktionen in Erwägung – das ist hier
sehr populär –, sprechen von einer Übergangsregierung
und sagen, dass die UNO eingeschaltet werden muss.
Das heißt: In einem Land intervenieren Sie, ein anderes
Land unterstützen Sie mit Waffen, und bei noch einem
anderen Land schauen Sie nur zu. Was ist das eigentlich
für eine Außenpolitik?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801323500

Frau Staatsministerin.






(A) (C)



(D)(B)

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801323600


Frau Kollegin Hänsel, ich verstehe, dass Sie das, was
man sagt, gerne überhören. Deshalb wiederhole ich es,
damit es nicht falsch im Raum stehen bleibt; denn Sie in-
terpretieren es falsch: Ich habe ganz klar gesagt, dass
vonseiten des Bundesaußenministers – und das sage ich
auch für die Bundeskanzlerin – keine Sanktionen gegen-
über der Ukraine gefordert worden sind. Damit ist die
Voraussetzung, die Sie setzen wollen, nicht gegeben.


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das ist sehr schwach!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801323700

Danke schön. – Weitere Zusatzfragen dazu liegen

nicht vor.

Die Frage 26 des Abgeordneten Andrej Hunko, Frak-
tion Die Linke, wird schriftlich beantwortet. Die Fra-
gen 27 und 28 der Abgeordneten Dağdelen werden
ebenfalls schriftlich beantwortet.

Wir kommen damit zur Frage 29 des Kollegen Abge-
ordneten Wolfgang Gehrcke, die Linke:

Welche konkreten Schlussfolgerungen zieht die Bundesre-
gierung aus der außenpolitischen Rede des Bundespräsidenten
Joachim Gauck auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz
2014?

Bitte, Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801323800


Gerne. – Bundespräsident Joachim Gauck hat in sei-
ner Eröffnungsrede zur Münchner Sicherheitskonferenz
die umfassenden Beiträge Deutschlands zur internatio-
nalen Sicherheit gewürdigt. Der Bundespräsident hat da-
rüber hinaus Fragen zum künftigen deutschen Engage-
ment, unter anderem bei der Stabilisierung unserer
Nachbarschaft und beim Umgang mit globalen Heraus-
forderungen, gestellt und damit eine wichtige gesell-
schaftliche Debatte angeregt – einschließlich der damit
verbundenen ethischen Dimension.

Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-
Walter Steinmeier, hat in seiner am Tag darauf ebenfalls
bei der Münchner Sicherheitskonferenz gehaltenen Rede
bereits einige Thesen des Bundespräsidenten aufgegrif-
fen und seine Vorstellungen von einer tätigen Außen-
politik, die die Bearbeitung von Konflikten – ich zi-
tiere – „früher, entschiedener und substanzieller“ angeht
und sich – ich zitiere erneut – „nicht in Empörungsrheto-
rik oder der bloßen Benotung von Bemühungen und Ak-
tivitäten anderer erschöpfen“ darf, erläutert.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801323900

Danke schön. – Eine Nachfrage, Kollege Gehrcke? –

Bitte schön.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801324000

Herzlichen Dank, Frau Staatsministerin, für diese Er-

läuterung der Reden des Bundespräsidenten und des
Bundesaußenministers. Da ich in München war, sind mir
beide durchaus geläufig. Darüber können wir uns ja
noch austauschen.

Ich will aber zuerst eine Frage stellen. – Die Presse
kommentiert die Reden von Herrn Gauck, von Frau von
der Leyen und von Herrn Steinmeier fast einhellig als
eine Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik. Halten
Sie es eigentlich für angemessen, dass, nachdem wir uns
hier im Bundestag eine ganze Woche lang Regierungser-
klärungen zur Außenpolitik, zur Verteidigungspolitik
und zur Entwicklungspolitik angehört und darüber de-
battiert haben, die handelnden Personen nach München
auf eine nichtstaatliche Konferenz ziehen und dort eine
Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik verkünden?
Geht man so mit einem Parlament um?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801324100

Frau Staatsministerin, bitte.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801324200


Herr Kollege, ich weiß, dass es intensive Kontakte
und auch einen intensiven Austausch gibt. So hat das
Auswärtige Amt in Person des Staatssekretärs heute
Morgen im Auswärtigen Ausschuss, dem Sie angehören,
Stellung dazu genommen, und es finden regelmäßige
Unterrichtungen statt.

Sie haben ja selbst an der Münchner Sicherheitskon-
ferenz teilgenommen und sind auch Mitglied dieses Ho-
hen Hauses. Insofern haben Sie auch sozusagen hautnah
und unmittelbar an den Diskussionen teilnehmen kön-
nen – wenn auch an einem anderen Ort.

Ich glaube, der Bundespräsident hat mit seiner Rede
einen wichtigen Anstoß für eine breit angelegte öffentli-
che Diskussion gegeben, die weit über das Parlament hi-
nausgeht; denn es geht um unser Selbstverständnis, um
die Einbettung unserer Positionen in Europa und um die
Abstimmung mit anderen Staaten. Dass wir hier im Par-
lament darüber debattieren, merken wir jetzt an den Fra-
gen – genauso wie das heute im Ausschuss der Fall war.

Wir müssen aber auch die Öffentlichkeit mitnehmen.
Ich glaube, dass das viele Menschen in Deutschland in
der Tat sehr berührt. Von daher fand ich es gut und rich-
tig, dass ein solcher Anstoß gegeben worden ist.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801324300

Eine weitere Nachfrage des Kollegen Gehrcke.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801324400

Es würde mich ja fast begeistern, wenn ich einmal der

Vertreter des ganzen Hohen Hauses auf solchen Konfe-
renzen wäre. Sie könnten ja mit Ihren Kollegen einmal
verhandeln, ob man das in dieser Art und Weise arran-
gieren kann.

Mit geht es auch um die inhaltliche Bestimmung.
Man sagt, man wolle früher, substanzieller und entschie-
dener handeln. Das verstehe ich erst einmal als Kritik an
vorangegangenen Regierungen, denen man ja auch an-
gehört hat, dass die all das unterlassen haben, und jetzt
will man alles ganz anders und ganz neu machen.






(A) (C)



(D)(B)

Wolfgang Gehrcke

Ich hätte erwartet, dass der Außenminister diese
Überlegungen in seiner Regierungserklärung in der letz-
ten Sitzungswoche vor der Münchner Sicherheitskonfe-
renz hier in diesem Hause präsentiert, dort, wo die Abge-
ordneten dieses Hauses versammelt sind, statt sie auf
einer Konferenz darzustellen, wo man nichts beschließt,
sondern nur zuhören kann. Ich finde, das ist ein unparla-
mentarisches Verhalten.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801324500

War das als Frage gemeint? Es war ja eigentlich eine

Kommentierung.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801324600

Stimmen Sie mir zu, dass ich das so empfinden darf?


(Heiterkeit)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801324700

Ich ahnte, dass Sie das als Frage gemeint haben.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801324800

Entschuldigung.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801324900

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801325000


Über Ihre Gefühle urteile ich hier nicht.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Schade, okay!)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801325100

Gut. – Als Nächste hat Frau Kollegin Hänsel, Frak-

tion Die Linke, eine Frage. Bitte schön.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801325200

Danke schön. – Frau Staatsministerin, Sie sind auf

das allgemeine Interesse der Bevölkerung zu sprechen
gekommen. Wie bewerten Sie dann die Ergebnisse der
letzten Umfragen direkt nach der Sicherheitskonferenz,
wonach 75 Prozent der Bevölkerung Auslandseinsätze
der Bundeswehr ablehnen? Würden Sie sagen, dass der
Präsident hier im allgemeinen Interesse oder nur für eine
ganz kleine Minderheit spricht?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801325300

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801325400


Frau Kollegin Hänsel, das, was der Bundespräsident
angesprochen hat, hat eine zutiefst ethische Dimension.
Ich erinnere an den Völkermord in Ruanda. Dadurch,
dass damals nicht eingegriffen worden ist, mussten viele
Menschen – es waren über 1 Million – ihr Leben lassen.
Bei den Ereignissen auf dem Balkan wurde damals an-
ders gehandelt. Wir wissen: Das war keine einfache Ent-
scheidung, aber sie hat Menschenleben gerettet.

Ihre Schlussfolgerung, dass die Rede des Bundesprä-
sidenten mit der Forderung nach militärischen Einsätzen
gleichzusetzen ist, und auch die Tatsache, dass Sie nach
meinem Eindruck bestimmte militärische Einsätze mei-
nen, ist angesichts der Rede des Bundespräsidenten nicht
gerechtfertigt.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801325500

Danke schön.

Als Nächstes kommen wir zur Frage 30 des Abgeord-
neten Wolfgang Gehrcke:

Versteht die Bundesregierung unter einer grundsätzlich
neuen Ausrichtung der deutschen Außenpolitik ebenfalls die
Bereitschaft zu vermehrten Militäreinsätzen auch im europäi-
schen Rahmen?

Antwort auf Frage 30, Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801325600


Herr Kollege Gehrcke, die Bundesregierung nimmt
ihre Verantwortung für das gemeinsame europäische
Engagement für Frieden und Sicherheit ernst. Die Bun-
desregierung hat den Anspruch, nicht nur auf Anfragen
zu reagieren, sondern vielmehr Impulsgeber einer ge-
meinsamen europäischen Außen-, Sicherheits- und
Verteidigungspolitik zu sein. Unverändert vertritt die
Bundesregierung dabei die Auffassung, dass es bei der
Übernahme von mehr Verantwortung und einer aktive-
ren Rolle zunächst darum gehen muss, unsere diplomati-
schen Mittel früher, entschiedener und substanzieller zur
Wirkung zu bringen.

Die Bundesregierung setzt grundsätzlich auf politi-
sche Konfliktlösungsansätze. Einsätze des Militärs, wie-
wohl zum Inventar des außenpolitischen Werkzeugkas-
tens gehörend, können stets nur das äußerste Mittel sein.
Sie dürfen nur mit Bedacht und Zurückhaltung einge-
setzt werden, eingebettet in einen umfassenden Ansatz
auch politischer und entwicklungspolitischer Instru-
mente. An diesem Grundsatz hält die Bundesregierung
weiterhin fest.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801325700

Eine Nachfrage, Kollege Gehrcke? – Bitte schön.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801325800

Das alles höre ich sehr gerne. Aber ich muss das nicht

alles glauben. Der Bundesaußenminister hat auf der
Münchner Sicherheitskonferenz seine Positionen sehr
pointiert vorgetragen. Ich beziehe mich auf das etwas
schräge Bild, dass man nicht an der Außenlinie sitzen
bleiben will, während andere handeln.

Darf ich dieses Nicht-an-der-Außenlinie-sitzen-Blei-
ben auch darauf beziehen, Militär einzusetzen? Ich frage
dies vor dem Hintergrund, dass in dieser Woche über
verschiedene Einsätze diskutiert wird, etwa in Somalia,
in Mali, in der Zentralafrikanischen Republik. Es geht
darum, ob die Soldaten in Afghanistan bleiben sollen.






(A) (C)



(D)(B)

Wolfgang Gehrcke

Auch Mittelmeereinsätze sind geplant. Das ist der Hin-
tergrund. Können Sie deswegen verstehen, dass auch die
Presse der Auffassung ist, dass der Bundesaußenminister
für mehr Einsätze geworben hat?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1801325900

Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801326000


Ich glaube, Herr Gehrcke, man darf das nicht auf die
militärischen Einsätze verkürzen, wobei militärische
Einsätze, wenn es etwa um die Ausbildung der Truppen
in Mali geht, etwas anderes sind als ein Kampfeinsatz.
Sie wissen auch sehr wohl, dass wir nur in sehr geringem
Maße an Kampfeinsätzen beteiligt waren und beteiligt
sind.

Insofern muss bei dem Begriff „militärische Einsätze“
immer präzisiert werden, um was es sich handelt. Wir
überlegen derzeit, ein Flugzeug, das mit einer medizini-
schen Intensivstation ausgestattet ist, zur Verfügung zu
stellen. Das fällt zwar auch unter das Stichwort „militäri-
scher Einsatz“, aber damit ist eine große Hilfsaktion ver-
bunden. Insofern muss man sehr viel differenzierter an
die Begriffe herangehen.

Aber ich glaube, ich kann mit Fug und Recht sagen,
dass der Bundesaußenminister und auch die Bundesver-
teidigungsministerin – das kann man in den jüngsten In-
terviews nachlesen – sehr dezidiert darauf abheben, dass
man die diplomatischen Möglichkeiten früher nutzen
muss, damit es gar nicht erst zur Eskalation kommt. Man
muss im Vorfeld wirksam arbeiten. Das bedeutet bei-
spielsweise, Möglichkeiten der Entwicklungshilfe einzu-
setzen. Ich habe vorhin in der Regierungsbefragung zu
dem Stellenwert der auswärtigen Kultur- und Bildungs-
politik im Zusammenhang mit der zunehmenden Zahl an
Krisen und Konflikten in dieser Welt Stellung genom-
men.

Wir haben ein vielfältiges Instrumentarium zur Verfü-
gung, das wir in dieser Diskussion in der ganzen Palette
und Bandbreite sehen müssen, statt es auf einen einzigen
Punkt zu verkürzen und damit auch ein bestimmtes Bild
zu malen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801326100

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801326200

Ich bin gar nicht so scharf darauf, dass dieses Bild an

Deutschland hängen bleibt. Ich möchte ganz im Gegen-
teil ein anderes Bild von Deutschland real und in der
Welt gezeichnet haben.

Ich habe eine Frage, die Sie bitte möglicherweise an
den Herrn Außenminister, der auch Gegenstand meiner
Fragen ist, weiterreichen. Sie haben die Formulierung
benutzt, dass für die Bundesregierung der Einsatz von
Militär immer die „Ultima Ratio“, also das letzte Mittel
der Vernunft, sein sollte. Ob das immer so ist, bestreite
ich.
Der Außenminister hat bei Helmut Ridder in Gießen
Völkerrecht studiert, der der renommierteste linke Völ-
kerrechtler in Deutschland war. Würden Sie ihm die Er-
klärung von Willy Brandt bei der Verleihung des Frie-
densnobelpreises noch einmal vortragen, dass der
Einsatz von Militär nicht Ultima Ratio, sondern Ultima
Irratio ist, gerade bei seiner Tradition?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801326300


Sie haben gefragt, ob ich das an den Bundesaußen-
minister weitergebe. Sie wissen: All das, was wir hier
austauschen, wird im Stenografischen Bericht des Bun-
destages festgehalten. Es ist sogar nachzulesen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801326400

Dann kommen wir zur Frage 31 der Kollegin Nicole

Gohlke:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den

Protesten gegen die Einrichtung der Henry-Kissinger-Stif-
tungsprofessur für Internationale Beziehungen und Völker-
rechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung sicherheits-
politischer Aspekte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-
Universität Bonn?

Zur Beantwortung steht weiter Frau Staatsministerin
Böhmer zur Verfügung.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801326500


Frau Kollegin Gohlke, die Bundesregierung teilt die
vorgebrachten Bedenken gegen die Benennung der Pro-
fessur nicht. Mit der Einrichtung der Professur sollen die
herausragenden Leistungen des Friedensnobelpreisträ-
gers Henry Kissinger als Wissenschaftler sowie als ehe-
maliger Nationaler Sicherheitsberater und Außenminis-
ter der Vereinigten Staaten von Amerika gewürdigt
werden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801326600

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Nicole Gohlke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801326700

Vielen Dank. – Frau Staatsministerin, Henry

Kissinger wird die mehrfache Beteiligung an Kriegs-
und Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen, unter an-
derem die Mitverantwortung für die Bombardements in
Laos und Kambodscha, die Unterstützung des indonesi-
schen Überfalls auf Osttimor oder auch seine Beteili-
gung am Militärputsch in Chile. Jetzt wird von vielfa-
cher Seite gerade auch aus dem Bonner Umfeld und
auch aus Bonner Universitätskreisen angemahnt: So-
lange diese Vorwürfe nicht restlos ausgeräumt sind, kann
diese beabsichtigte akademische Ehrung nicht zulässig
sein, vor allem weil es sich um einen Lehrstuhl für Völ-
kerrecht handelt. Insbesondere das wird als Provokation
aufgefasst.

Wie stehen Sie dazu, dass Kissinger als Vorbild für
Wissenschaft und Lehre des Völkerrechts nicht taugt
und auch ungeeignet ist, solange diese Vorwürfe nicht
ausgeräumt sind?






(A) (C)



(D)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801326800

Sie haben das Wort.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801326900


Ich wiederhole gerne, dass die Bundesregierung diese
Bedenken nicht teilt, und rücke auch noch einmal in den
Blick – nicht umsonst habe ich die Betonung auf dieses
Wort gelegt –: Henry Kissinger ist Friedensnobelpreis-
träger.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801327000

Sie haben die Möglichkeit zu einer zweiten Nach-

frage.


Nicole Gohlke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801327100

Unter diversen Völkerrechtlern sowie in der Friedens-

forschung ist es unbestritten, dass die Vorwürfe gegen
Kissinger nie ausgeräumt werden konnten. Die Bundes-
regierung hebt bislang darauf ab, dass Kissinger für
Deutschland positiv gewirkt habe. Meinen Sie nicht,
dass dies ungeachtet dessen, ob man diese Auffassung
teilt, die Zahl getöteter und verstümmelter Nichtdeut-
scher, die infolge seiner Mitwirkung zustande gekom-
men ist, nicht rechtfertigen kann?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801327200

Sie haben das Wort zur Beantwortung, Frau Staatsmi-

nisterin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801327300


Frau Kollegin, man kann sagen, dass Henry Kissinger
in der Welt ein außerordentlich geachteter Außen- und
Sicherheitspolitiker war.


(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist!)


Dafür, dass ihm der Friedensnobelpreis zuerkannt
wurde, dürfte es gute Gründe gegeben haben. Ich sehe
die Einrichtung dieser Stiftungsprofessur gerade unter
diesem Gesichtspunkt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801327400

Wir kommen damit zu Frage 32 der Kollegin

Dr. Franziska Brantner:
Was genau versteht die Bundesregierung darunter, wenn

sie im Zusammenhang mit der Syrien-Krise humanitäre Kor-
ridore einfordert, wie jüngst die Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel beim Besuch des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon
am 30. Januar 2014 in Berlin, und mit welchen Mitteln will
sie sich zu deren Einrichtung einsetzen?

Bitte, Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801327500


Frau Kollegin Brantner, vorrangiges Ziel der deut-
schen und der internationalen humanitären Hilfe für Sy-
rien ist die Sicherstellung eines ungehinderten Zugangs
zu allen bedürftigen Menschen in Syrien, insbesondere
in belagerten und umkämpften Gebieten. Diese Gebiete
verteilen sich oft kleinteilig über ganz Syrien. Notwen-
dig wären lokal und auch zeitlich begrenzte Maßnah-
men, unter anderem die Aushandlung lokaler Waffen-
stillstände, die Ermöglichung von Hilfslieferungen über
Frontlinien hinweg, die Evakuierung von Zivilisten aus
belagerten Gebieten, die freie Passage für medizinische
Güter und Impfstoffe, der Zugang zu Gefangenen sowie
die Ausweitung grenzüberschreitender humanitärer
Maßnahmen. Die Ausweitung des humanitären Zugangs
kann nur über Vereinbarungen zwischen den beteiligten
Konfliktparteien erfolgen.

Die Bundesregierung setzt sich in enger Abstimmung
mit wichtigen humanitären Akteuren für die genannten
Maßnahmen zur Verbesserung des humanitären Zugangs
ein. Dabei werden einerseits eigene Kontakte zur gemä-
ßigten syrischen Opposition genutzt. Andererseits wird
im Dialog mit der Russischen Föderation und der Islami-
schen Republik Iran versucht, den Druck auf das syri-
sche Regime zu verstärken. Wir engagieren uns sowohl
im Rahmen des Genf-II-Prozesses als auch in relevanten
Foren der Vereinten Nationen, um humanitäre Fort-
schritte zu erwirken.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801327600

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke schön. – Sie haben nicht genau gesagt, was mit
dem Wort „Korridor“ gemeint ist. Ich weiß, dass Sie das
wahrscheinlich nicht wollen. Erlauben Sie mir aber fol-
gende Nachfrage. Da Sie sich für einen verstärkten hu-
manitären Zugang einsetzen – zumindest das haben Sie
bestätigt –: Wird die Bundesregierung dann auch die fi-
nanziellen Mittel für die humanitäre Hilfe im Haushalt
erhöhen?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801327700


Frau Kollegin, ich darf zunächst einmal etwas zu dem
Begriff „humanitäre Korridore“ sagen. Sie haben völlig
recht: Wir befinden uns bei der Begrifflichkeit in einer
schwierigen Situation. Man muss über die Bedeutung
humanitärer Korridore nachdenken. Da sind vielfältige
Interpretationsmöglichkeiten wohl gegeben. In unserem
Sinne handelt es sich um definierte Routen für Fahrten
humanitärer Konvois. In dieser Region ist alles schwie-
rig. Wer die heutige Presseberichterstattung über Homs
verfolgt hat, kann nur erschauern. Wir müssen ausloten,
wie wir den Menschen dort helfen können.

Jeder von uns hat wahrscheinlich große Hoffnungen
auf den Genf-II-Prozess gesetzt. Aber wir haben gese-
hen, dass es schon dort schwierig war, die Parteien an ei-
nen Tisch zu bekommen. Die Möglichkeiten, die nun
ausgelotet wurden, um den Menschen in Homs zu hel-
fen, sind auf andere Art und Weise zustande gekommen.

Sie haben nach den finanziellen Mitteln gefragt. Der
Haushalt ist vorläufig. Ich hoffe, dass wir schnell Klar-
heit über den Einsatz der Mittel haben werden. Wie Sie
wissen, hat die Bundesregierung ein großes Interesse da-






(A) (C)



(D)(B)

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer

ran, den Menschen zu helfen, die sich in einer außeror-
dentlich bedrückenden Situation befinden.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann hoffen wir einmal auf eine Erhöhung der Gel-
der. – Ich habe eine zweite Nachfrage. Wie Sie gerade
erwähnt haben, ist die Situation in Homs mehr als
furchtbar. Mehr als 300 Jungen und Männer werden
noch immer von Regierungstruppen festgehalten.

Was macht die Bundesregierung, um Russland im Si-
cherheitsrat umzustimmen, damit endlich die Resolution
über den humanitären Zugang im Sicherheitsrat ange-
nommen wird?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801327800


Wir würden es sehr gerne sehen, wenn eine solche
Resolution zustande kommt. Sie sprechen direkt Russ-
land an. Sie könnten noch ein weiteres Land nennen. Wir
wissen, dass es schwierig ist. Wir werden alles daranset-
zen, durch Gespräche und Kontakte einen Weg zu er-
möglichen. Aber wir haben in der Vergangenheit auch
die Erfahrung machen müssen, dass dieser Weg ein sehr
langwieriger und schwieriger ist. In einem Fall haben die
Bemühungen geholfen. Ich hoffe, dass wir auch in die-
sem Fall zumindest ein Stück weiterkommen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801327900

Zu einer Nachfrage hat der Kollege Volker Beck das

Wort.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801328000

Frau Staatsministerin, wir haben in Syrien einen Bür-

gerkrieg, einen asymmetrischen Bürgerkrieg. Inwiefern
ist denn zu erwarten, dass auf dem Vereinbarungswege
Korridore entstehen können, die auch sicher sind und
nicht dadurch gefährdet werden, dass sich eine Teilpartei
des Konfliktes nicht an die Vereinbarungen hält? Denken
Sie darüber nach, wenn es eine Verhandlungslösung gibt,
dass diese humanitären Korridore über die Vereinten Na-
tionen militärisch gesichert werden?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801328100


Herr Kollege, Sie haben genauso wie wir im Falle von
Homs gesehen, dass es eine Vereinbarung gab. Die Lage
in Homs ist sehr fragil, was zulasten der Menschen geht.
Das Leid ist – ich glaube, das kann man wirklich sagen –
unermesslich. Ich glaube, dieses in Zukunft abschätzen
zu wollen, ist ein sehr kühner Anspruch. Sie können die
Frage nicht beantworten, und ich kann sie auch nicht be-
antworten. Ich würde das auch nicht wagen. Es verbindet
sich viel Hoffnung damit, und es verbindet sich viel Ein-
satz damit, alles daranzusetzen, den Menschen zu helfen
und wirklich gesicherte Wege zu schaffen.

Herr Brahimi macht immer wieder Anläufe, um die
Konfliktparteien an einen Tisch zu bekommen. Dafür
muss er unsere volle Unterstützung haben. Es handelt
sich aber, was die Einschätzung anbetrifft, um mehr als
einen Bürgerkrieg.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss aber doch eine Antwort auf diese Frage haben, konzeptionell, wenn man so etwas erzählt!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801328200

Wir kommen nun zur Frage 33 der Kollegin

Dr. Franziska Brantner:
Welche konkreten Maßnahmen – bitte aufschlüsseln – hat

die Bundesregierung ergriffen, um den Beschluss der EU-Au-
ßenminister zum Stopp von Waffenexporten nach Ägypten,
den sie am 21. August 2013 auf einem Sondertreffen verab-
schiedet hatten, umzusetzen?

Bitte, Frau Staatsministerin.

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801328300


Die Außenminister der Europäischen Union sind hin-
sichtlich der Arabischen Republik Ägypten am 21. Au-
gust 2013 übereingekommen, die Genehmigungen für
die Ausfuhr von Gütern, die zur internen Repression ge-
nutzt werden könnten, auszusetzen und die Genehmi-
gung für die Ausfuhr von Rüstungsgütern zu überprüfen.
Dies gilt auch weiterhin.

Die deutschen Zollbehörden wurden bereits vor dem
Beschluss der EU-Außenminister angewiesen, keine
Ausfuhren von Rüstungsgütern sowie von Gütern, die
zum Zwecke der internen Repression verwendet werden
können, nach Ägypten abzufertigen und alle Ausfuhr-
sendungen mit Bestimmungsland Ägypten verstärkten
Kontrollmaßnahmen zu unterziehen.

Ab dem 14. August 2013 wurden die Inhaber gültiger
Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter nach Ägyp-
ten kontaktiert und gebeten, von den Genehmigungen
einstweilen keinen Gebrauch zu machen. Dieser Bitte
sind die Unternehmen gefolgt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801328400

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein Teil der Vereinbarung im August war es, die Ko-
operation auch in Sicherheitsfragen zu überprüfen. Da-
her die Frage: Gibt es noch laufende Projekte der Sicher-
heitszusammenarbeit mit Ägypten, welche sind das, und
mit welcher Begründung werden sie fortgesetzt?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801328500


Frau Kollegin, wenn Sie damit einverstanden sind,
würde ich Ihnen das gerne schriftlich geben.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801328600

Haben Sie eine zweite Nachfrage?






(A) (C)



(D)(B)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja. – Ganz konkret: Soweit wir wissen, liegen gerade
im Hamburger Hafen Armored Vehicles, also gepanzerte
Fahrzeuge, für die ägyptische Marine. Die aktuelle ägyp-
tische Regierung arbeitet stark daran, dass diese ausge-
liefert werden und den Hamburger Hafen passieren dür-
fen. Sind Sie sich dieses Falles bewusst, und tun Sie
alles, damit diese Armored Vehicles nicht nach Ägypten
gelangen?

D
Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1801328700


Dieser Fall ist mir nicht bekannt; ich bitte um Nach-
sicht. Ich kann Ihnen nur sagen: Jede Ausfuhr bedarf ei-
nes Antrages. Es muss also ein entsprechender Antrag
vorliegen. Ich wiederhole: Mir ist dieser Fall nicht be-
kannt. Aber ich lasse das Ganze gern überprüfen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801328800

Die Fragen 34 und 35 des Kollegen Movassat wie

auch die Fragen 36 und 37 der Kollegin Pia Zimmermann
werden schriftlich beantwortet.

Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereiches des
Auswärtigen Amtes. Vielen Dank, Frau Staatsministerin,
für die Beantwortung der Fragen.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Fragen
steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Günter
Krings zur Verfügung.

Die Fragen 38 und 39 der Kollegin Wawzyniak wie
auch die Frage 40 des Kollegen Hans-Christian Ströbele
werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen zur Frage 41 der Kollegin Luise
Amtsberg:

In wie vielen Fällen mussten gefährdete afghanische Orts-
kräfte der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts und des Bun-
desministeriums des Innern, die eine Aufnahmezusage erhal-
ten haben, länger als zwei Wochen auf eine Visumerteilung

(vergleiche die Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 21 auf Bundestagsdrucksache 18/459)

in wie vielen Fällen warten gefährdete afghanische Ortskräfte
derzeit noch auf eine Visumerteilung – bitte jeweils einzeln
mit Wartezeit aufschlüsseln –?

Bitte, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1801328900


Ich darf mich zunächst bei Frau Amtsberg bedanken.
Ihre Fragen zu diesem Geschäftsbereich sind die einzi-
gen, die mündlich beantwortet werden. Das ist meine
Premiere als Parlamentarischer Staatssekretär in der Fra-
gestunde. Insofern freue ich mich, zumindest diese bei-
den Fragen mündlich beantworten zu dürfen.

Zu Frage 41 – es geht um die Dauer der Visumertei-
lung –: Das Visumverfahren an der Botschaft Kabul wird
erst mit der Visumantragstellung eingeleitet. Mit Stand
7. Februar 2014 haben 56 afghanische Ortskräfte Visum-
anträge für sich und ihre Familien gestellt. Davon haben
bislang 49 Ortskräfte mit insgesamt 111 Familienange-
hörigen Visa erteilt bekommen. Sieben Visumanträge
werden von der Botschaft Kabul derzeit noch bearbeitet.
Insgesamt haben 243 afghanische Ortskräfte eine Auf-
nahmezusage des Bundesministeriums des Innern – eine
solche Zusage ist die Stufe, bevor das Visumverfahren
beginnt – erhalten. Ihnen steht es mit dieser Aufnahme-
zusage frei, ein Visum bei der Botschaft zu beantragen.

Vielleicht möchten Sie jetzt entgegnen: Das ist keine
Antwort auf die Frage im engeren Sinne. – Zu der kon-
kreten Dauer kann ich nur sagen: Eine Statistik über die
Dauer der Bearbeitung der Visa wird in unserer Bot-
schaft in Kabul nicht geführt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801329000

Frau Amtsberg, Sie haben das Wort zur ersten Nach-

frage.


Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801329100

Vielen Dank. – Dass die Gefährdung für afghanische

Ortskräfte konkret ist, hat uns die Ermordung des Dol-
metschers Dschawad Wafa am 24. November 2013 ver-
deutlicht. Die Bundesregierung sagt, dass es auszu-
schließen ist, dass es sich hierbei um eine Tat der Taliban
handelt, und das, obwohl die Sprecher der Polizeibe-
hörde in Kunduz etwas Gegenteiliges behaupten. Meine
Frage: Wie kommen Sie zu dieser Beurteilung? Wird
überlegt, die Tathintergründe noch einmal zu überprü-
fen?

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1801329200


Die Beurteilung ist so, wie Sie sie eben dargestellt ha-
ben. Unsere Behörden haben das geprüft und sind zu ih-
ren Erkenntnissen gekommen. Ich habe bisher keinen
Anlass, anzunehmen, dass die nationalen Polizeikräfte in
Afghanistan das besser recherchieren konnten und kön-
nen als die Vertreter unserer Behörden vor Ort. Insofern
ist das Ganze in einem Verfahren geprüft worden.

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen,
dass es sehr wohl Vorkehrungen gibt, da, wo wir von
konkreten Gefährdungslagen wissen, wirklich sehr schnell
zu helfen, notfalls in wenigen Stunden. Es gibt beispiels-
weise Möglichkeiten, Personen unterzubringen, etwa in
Hotels oder in deutschen Polizeieinrichtungen. Ich wie-
derhole: Da gibt es Möglichkeiten, zu helfen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801329300

Frau Amtsberg, Sie haben das Wort zu einer zweiten

Nachfrage.


Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801329400

Es gibt natürlich auch Probleme, so kommt es zu Ver-

zögerungen bei der Ausreise, oder es ist ungeklärt, wie
die Ausreise finanziert wird. Es werden auch Vermutun-
gen darüber angestellt, dass viele nicht ausreisen, weil es
finanzielle Schwierigkeiten gibt. Bezüglich der konkre-
ten Hilfe stelle ich die Fragen: Gibt es irgendwelche
Überlegungen, zu unterstützen? Wie wird bereits unter-
stützt, wenn beispielsweise jemand kommt, der sagt, er
wolle ausreisen, aber er habe die nötigen finanziellen
Mittel nicht? Gibt es irgendeine Struktur, wie wir diesen






(A) (C)



(D)(B)

Luise Amtsberg

Leuten helfen können, was zum Beispiel die Ausreise
per Flugzeug angeht?

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1801329500


Ja, da gibt es eine vielfältige Struktur. Es ist so, dass
die Kräfte, die für deutsche Einrichtungen wie die Bun-
despolizei, das Auswärtige Amt oder das Verteidigungs-
ministerium gearbeitet haben, eine recht großzügige Ab-
findung erhalten, die in aller Regel ausreicht, um das
Ticket für den Flug nach Deutschland zu bezahlen. Da,
wo das im Einzelfall nicht ausreichend ist, helfen die
Ressorts weiter. Insofern gibt es diese Möglichkeiten
und ist meines Erachtens sichergestellt, dass da, wo je-
mand ausreisen möchte, das auch möglich ist.

Man muss allerdings auch sagen, dass die Aufnahme-
zusage sozusagen erst einmal der erste Schritt ist und
dass nicht jeder, der eine solche Zusage in der Tasche
hat, auch wirklich unmittelbar ausreisen möchte. Eine
solche Zusage ist für manche – ich sage es einmal etwas
untechnisch – eine Art Rückversicherung, dass man im
Falle, in dem man als Betroffener annimmt, die Bedro-
hung nehme zu, relativ schnell ein Visum beantragen
und nach Deutschland kommen kann. Es ist also ganz
natürlich, zumindest nachvollziehbar, dass die Anzahl
der Aufnahmezusagen viel höher ist als die Anzahl der
gestellten Visumanträge.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801329600

Wir kommen damit zur Frage 42 der Kollegin Luise

Amtsberg:
In welchen Bundesländern wurden afghanische Ortskräfte

der Bundeswehr, des Auswärtigen Amts und des Bundesminis-
teriums des Innern bisher aufgenommen, und in Absprache mit
welchen Bundesländern werden derzeit noch Aufnahmever-
fahren vorbereitet – bitte jeweils einzeln aufschlüsseln –?

Bitte, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1801329700


Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das
hier zuständig ist, bemüht sich um eine faire Verteilung
nach dem berühmten Königsteiner Schlüssel, nach dem
ja so viel in unserer schönen Bundesrepublik verteilt
wird. Bislang wurden 96 Ortskräfte und ihre Familienan-
gehörigen einem Bundesland zugewiesen. Das sind ins-
gesamt 299 Personen; in der Statistik, in der Tabelle,
glaube ich, sind es sogar etwas mehr. Die Verteilung
kann ich Ihnen, wenn Sie das möchten, im Einzelnen
gern nennen:

Baden-Württemberg: Anzahl der eingereisten Perso-
nen – das sind immer Ortskräfte und Familienangehö-
rige –: 9; Anzahl der Personen, die noch nicht eingereist,
aber zugewiesen sind: 26.

Bayern: Anzahl der Personen, die eingereist sind: 17;
Anzahl der Personen, die zugewiesen, aber noch nicht
eingereist sind: 17.

Berlin: 7 Personen bereits eingereist, 5 zugewiesen.

Brandenburg: 7 eingereist, 8 zugewiesen.
Bremen: 3 eingereist, 2 zugewiesen.

Hamburg: 3 eingereist, 5 zugewiesen.

Hessen: bisher keiner eingereist, aber 19 zugewiesen.

Mecklenburg-Vorpommern: 8 Eingereiste, 4 Zuge-
wiesene.

Niedersachsen: 5 Eingereiste, 14 Zugewiesene.

Nordrhein-Westfalen: 16 Personen bereits eingereist,
67 zugewiesen.

Rheinland-Pfalz: bisher niemand eingereist, aber
14 Zuweisungen.

Saarland: 1 Person eingereist, 1 Zuweisung.

Sachsen: 6 Personen eingereist, 7 Personen zugewie-
sen.

Sachsen-Anhalt: 11 Eingereiste, 1 Person zugewie-
sen.

Schleswig-Holstein: 4 eingereiste Personen, 4 weitere
zugewiesen.

Thüringen: 3 eingereiste Personen, 5 zugewiesen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801329800

Sie haben das Wort zur Nachfrage.


Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801329900

Vielen Dank. – Man hörte ja schon, dass es unter den

Ländern sehr unterschiedlich ist und das wahrscheinlich
auch nicht ganz genau mit dem Königsteiner Schlüssel
übereinstimmt; ich habe das einmal grob geschätzt, was
Bundesland und Zuweisungszahl angeht.

Wie auch immer, die Frage ist: Sind Sie vonseiten des
Ministeriums zufrieden mit der Bereitschaft der Bundes-
länder zur Aufnahme? Funktioniert das nach Ihrer Auf-
fassung gut, oder muss da noch etwas geändert werden?
Das ist ja durchaus etwas, das man vorantreiben könnte.
Unser Eindruck ist nämlich, dass es da doch deutlich
hakt.

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1801330000


Das ist bisher nicht unser Eindruck. Wir können uns
ja gelegentlich einmal austauschen, wenn Sie da kon-
krete Anhaltspunkte haben. Jedenfalls haben wir vom
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine Anhalts-
punkte genannt bekommen.

Ich glaube, das Verfahren wird auch dadurch erleich-
tert, dass wir schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt die
Zuweisung vornehmen. Insofern ist das doch nicht so
ganz weit weg vom Königsteiner Schlüssel. Wenn eine
Zusage gegeben worden ist, können wir natürlich nicht
sagen, wie viele von den Personen dann auch kommen.
Manche warten Monate, manche kommen sehr schnell,
manche kommen gar nicht, weil sie sich vielleicht Hoff-
nungen machen, dass die Sicherheitslage für sie persön-
lich wieder besser wird; niemand verlässt sein Heimat-
land ja gern oder leichtfertig. Insofern: Wir weisen
relativ schnell zu. Wenn wir dann merken, dass in einzel-
nen Bundesländern die Einreisen faktisch nicht stattfin-






(A) (C)



(D)(B)

Parl. Staatssekretär Dr. Günter Krings

den, kann man bei der weiteren Zuweisung wieder ein
wenig nachsteuern; das macht das Bundesamt für Migra-
tion und Flüchtlinge.

Wenn man relativ schnell einen Platz braucht, muss
man natürlich auch relativ schnell etwas finden. Nach
meinem Kenntnisstand scheint das bisher gut funktio-
niert zu haben. Insofern habe ich keinen Anlass, an der
Stelle nachzuhaken.

Wie gesagt, das Verfahren der Zweistufigkeit – Auf-
nahmezusage und dann erst dieses Verfahren – führt
dazu, dass man sich schon relativ zeitig darum bemühen
kann, dass das Bundesamt entsprechende Aufnahmeka-
pazitäten in den Bundesländern bereitgestellt bekommt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801330100

Danke, Herr Staatssekretär. – Sie bemerkten schon,

dass bei Ihrer Premiere noch zwei Fragen für Sie übrig
waren.

D
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1801330200


Vielen Dank.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801330300

Die Fragen 43 und 44 der Kollegin Brugger werden

schriftlich beantwortet.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.
Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Staatssekre-
tär Christian Lange zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 45 des Kollegen Volker Beck auf:
Aus welchen Gründen wurde im Vergleich zum ersten Re-

ferentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für
Verbraucherschutz für ein Gesetz zur Umsetzung der Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadop-

(Bearbeitungsstand: 18. Dezember 2013, 8.19 Uhr)

Bundestages zugeleiteten Fassung (Bearbeitungsstand: 30. Ja-
nuar 2014, 8.32 Uhr) auf Seite 6 in Abschnitt „IV. Vereinbar-
keit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrecht-
lichen Verträgen“ der auf die revidierte Fassung des
Europäischen Adoptionsabkommens bezogene Halbsatz „des-
sen Ratifikation durch Deutschland beabsichtigt ist“ ersatzlos
gestrichen, und was bedeutet dies für die Haltung der Bundes-
regierung zur Ratifikation des revidierten europäischen Adop-
tionsabkommens durch die Bundesrepublik Deutschland?

Bitte schön.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1801330400


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Kollege
Beck, das ist auch meine erste Antwortrunde. Ich möchte
Ihre Frage wie folgt beantworten: Es handelt sich um ein
Redaktionsversehen. Die Bundesregierung prüft derzeit
die Unterzeichnung des revidierten europäischen Über-
einkommens vom 27. November 2008 über die Adop-
tion von Kindern.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801330500

Das deutet darauf hin, dass es da offensichtlich einen

Konflikt zwischen den Ressorts gibt. Denn in der Ver-
sion, die Sie dem Rechtsausschuss am 18. Dezember
2013 um 8.19 Uhr übersandt haben, stand noch die For-
mulierung: „dessen Ratifikation durch Deutschland be-
absichtigt ist“. Um 8.32 Uhr hat das Justizministerium
eine neue Version verschickt, in der genau diese Formu-
lierung gestrichen war. Beabsichtigt die Bundesregie-
rung nun die Unterzeichnung des revidierten europäi-
schen Adoptionsabkommens, oder prüft sie es nur?
Prüfen hatten wir in der letzten Wahlperiode unter
Schwarz-Gelb schon. Vier Jahre wurde geprüft, aber es
wurde nicht ratifiziert. Deshalb würde ich gerne wissen,
ob Sie an der ideologischen alten Version von 1969 wei-
ter festhalten wollen oder ob Sie sich endlich für die von
der damaligen Justizministerin – das war übrigens die
Vorgängerin im Amt Frau Zypries – mit verhandelten
Version entscheiden können.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1801330600


Vielen Dank, Herr Beck. Ich möchte den ersten Teil
meiner Antwort wiederholen, nämlich dass es sich ledig-
lich um ein Redaktionsversehen handelt. Zu Ihrer mate-
riellen Frage will ich sagen: Die Frage der Unterzeich-
nung des revidierten europäischen Übereinkommens
vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern
wird derzeit innerhalb der Bundesregierung und damit
auch im Bundesministerium der Justiz und für Verbrau-
cherschutz geprüft. Deshalb ist derzeit noch keine Aus-
sage möglich.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801330700

Dann handelt es sich nicht um ein Redaktionsverse-

hen, sondern der ursprüngliche Wille des Bundesjustiz-
ministeriums stand offensichtlich in der ersten Version,
und Sie wurden dann in der Ressortabstimmung auf die
Prüfung zurückgeworfen, wenn ich das richtig verstehe.
Wann wird denn die Prüfung durch die Bundesregierung
abgeschlossen sein, sodass wir vielleicht darauf hoffen
können, dass es tatsächlich zu einer Ratifikation kommt,
oder Sie uns mitteilen können, dass Sie niemals ratifizie-
ren wollen?

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1801330800


Ersteres, die Unterstellung, teile ich nicht. Zum Zwei-
ten: Die Unterzeichnung des revidierten europäischen
Adoptionsabkommens ist eine der Möglichkeiten, mit
denen wir die völkerrechtlichen Hindernisse bezüglich
der Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsge-
richts vom 19. Februar 2013 beseitigen können, und das
werden wir unverzüglich tun.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801330900

Was werden Sie jetzt unverzüglich tun?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801331000

Moment, Kollege Beck. Sie haben sich zwar eben

selbst das Wort erteilt, aber noch ordnen wir hier vorne
die Geschäfte.






(A) (C)



(D)(B)

Vizepräsidentin Petra Pau


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darf ich?)


– Ja, bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801331100

Sie sagten, Sie werden etwas unverzüglich tun. Jetzt

wollte ich wissen, was Sie unverzüglich tun wollen.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1801331200


Die von Ihnen nachgefragte Prüfung.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801331300

Damit kommen wir zur Frage 46 der Kollegin Lisa

Paus:
Nach welchen Leitsätzen verfährt die Bundesregierung,

wenn ihr strafrechtliche Ermittlungen gegen einzelne Mitglie-
der der Bundesregierung – vergleichbar mit dem Fall des ehe-
maligen Bundeswirtschaftsministers Otto Friedrich Wilhelm
Freiherr von der Wenge Graf von Lambsdorff – zur Kenntnis
gelangen?

Auch hier steht der Parlamentarische Staatssekretär
Christian Lange zur Beantwortung zur Verfügung.

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1801331400


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin, auch
hier kann ich es ganz kurz machen: Es gibt dazu keine
Leitsätze.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801331500

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801331600

Können Sie mir denn etwas dazu sagen, in wie vielen

Fällen bisher wegen Steuervergehens gegen Mitglieder
dieser oder früherer Bundesregierungen Ihrer Kenntnis
nach strafrechtlich ermittelt und disziplinarrechtlich vor-
gegangen worden ist?

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1801331700


Eine strafrechtliche Ermittlung gegen Mitglieder der
Bundesregierung, Frau Kollegin, ist in den vergangenen
17 Wahlperioden ein sehr seltenes Ereignis gewesen,
Gott sei Dank und erfreulicherweise. Die Bundesregie-
rung ist jederzeit in der Lage – um noch einmal auf Ihre
Kernfrage zurückzukommen –, auf angemessene Weise
zu reagieren. Konkrete Zahlen kann ich Ihnen jetzt nicht
liefern. Aber wenn Sie das wünschen, können wir das
gerne nachliefern.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801331800

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801331900

Der Formulierung „sehr selten“ entnehme ich, dass es

durchaus Fälle gegeben hat. In der Tat bin ich da an einer
schriftlichen konkreteren Antwort interessiert.
Mich würde aus aktuellem Berliner Anlass auch inte-
ressieren, wie die Bundesregierung den Fall Lambsdorff
beurteilt. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister ist ja
nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen ihn 1983
bis zur Eröffnung des Gerichtsverfahrens im Juni 1984
noch über sechs Monate im Amt geblieben. Wie würden
Sie dieses Vorgehen aus heutiger Sicht beurteilen?

C
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1801332000


Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich auf dieses
Ereignis, an das ich mich – ich war da Kind – kaum erin-
nere, hier nicht spontan antworten kann. – Ich höre ge-
rade: Der Herr Bundesminister der Finanzen hilft Ihnen
gerne dabei.


(Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: Aber nur privat!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801332100

Gut, dann können Sie das vielleicht nachträglich mit-

einander klären. Ich gestehe: Die Präsidentin wäre eben-
falls durchaus an einer solchen Nachhilfe interessiert,
weil auch ich das nicht so richtig in Erinnerung habe.

Ich müsste jetzt eigentlich die Frage 63 des Kollegen
Harald Petzold aufrufen; diese wurde nachträglich dem
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und
für Verbraucherschutz zugeordnet. Diese Frage soll aber
nun schriftlich beantwortet werden. – Deshalb herzli-
chen Dank, Herr Staatssekretär.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Finanzen. Die Fragen 47 der Kolle-
gin Paus, 48 und 49 des Kollegen Dr. Gambke, 50 des
Kollegen Ströbele, 51 des Kollegen Pitterle, 52 und 53
des Kollegen Dr. Troost und 54 des Kollegen Hunko
werden ausnahmslos schriftlich beantwortet. Dies ge-
schieht aufgrund unserer Richtlinien. Für diejenigen, die
noch nicht so lange im Parlament dabei sind: Das heißt
in diesem Fall: Der Gegenstand, auf den sich diese Fra-
gen beziehen, ist Bestandteil unserer Tagesordnung,
nämlich konkret: der nachfolgenden Aktuellen Stunde.
Deshalb werden diese Fragen in der Fragestunde nicht
behandelt.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwortung
der Fragen steht die Parlamentarische Staatssekretärin
Anette Kramme zur Verfügung.

Die Frage 55 der Kollegin Pothmer wird schriftlich
beantwortet.

Eine Beantwortung der Frage 56 der Kollegin
Wöllert, in der es um die Einhaltung der Pausenzeiten
während der Arbeitszeit geht, entfällt nach unseren Re-
geln, weil die fragende Kollegin nicht im Saal ist. –
Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin. Denn wir sind
damit schon am Ende Ihres Geschäftsbereiches.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Zur Be-
antwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staats-
sekretärin Dr. Maria Flachsbarth zur Verfügung.






(A) (C)



(D)(B)

Vizepräsidentin Petra Pau

Ich rufe die Frage 57 der Kollegin Renate Künast auf:
Mit welchen übergeordneten Gründen erklärt die Bundes-

regierung ihre laut dem Regierungssprecher Steffen Seibert

(Zeit Online, 5. Februar 2014) – trotz der klaren Ablehnung

des federführenden Bundesministeriums für Ernährung und
Landwirtschaft, BMEL, des Bundesministeriums für Wirt-
schaft und Energie und des Bundesministeriums für Umwelt,

(Spiegel Online, 31. Januar 2014)

mung über die Zulassung der gentechnisch veränderten Mais-
linie 1507 am 11. Februar 2014 im Rat der Europäischen
Union, und wie rechtfertigt sie ihre Position vor dem Hinter-
grund einer Ablehnung von über 80 Prozent in der Bevölke-

(Umfragen im Auftrag des BMEL und von Greenpeace, Dezember 2013)

kennung der „Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung“ –
und des Einflusses, den die deutsche Positionierung auf das
Abstimmungsverhalten der anderen Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union hat (siehe Reuters UK, 5. Februar 2013)?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801332200


Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin
Künast, wir haben vor ungefähr einer Stunde über diesen
Sachverhalt gesprochen. Wenn Sie es wünschen, würde
ich die Beantwortung der Frage wiederholen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801332300

Die Kollegin Künast wünscht die Beantwortung der

Frage. Davon gehe ich aus.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801332400

Es geht um die Honigrichtlinie. Über die hatten wir

vorhin nicht gesprochen. Vorhin sprachen wir über den
Mais.

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801332500


Die Frage, die gerade aufgerufen worden ist, ist die
Frage 57. Die behandelt die Maislinie 1507.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801332600

Das haben wir ja gerade besprochen.

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801332700


Genau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801332800

Also, die Kollegin Künast verzichtet auf die Beant-

wortung der Frage.

Vielleicht können wir uns so einigen, Kollegin
Flachsbarth, dass Sie die vorbereitete Antwort dem Pro-
tokoll beifügen,1) damit alle Interessierten die Antwort
lesen können und die Beantwortung nicht zu einem pri-
vaten Austausch wird. Somit ist dies auch ein Bestand-
teil der Fragestunde.

1) siehe Anlage 30
D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801332900


Herzlich gerne, Frau Präsidentin. – Die Beantwortung
der Frage ist nicht nur privat, zwischen uns beiden, er-
folgt, sondern im Rahmen der Fragen an die Bundes-
regierung.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801333000

Aha. Entschuldigung, da war ich noch nicht im Saal.

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801333100


Ich habe mir erlaubt, diese Frage unter dem vorheri-
gen Tagesordnungspunkt zu beantworten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801333200

Gut.

Dann kommen wir zur Frage 58 der Kollegin Künast:
Welche Position vertritt die Bundesregierung heute im

Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel bezüglich des
Trilogs zur von der Europäischen Kommission vorgeschlage-
nen Änderung der EU-Honigrichtlinie, die klarstellen soll,
dass Honig, der Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen ent-
hält, nicht gekennzeichnet werden muss, und wie verhält sich
die Bundesregierung bei der Erteilung des Verhandlungsman-
dats an die Ratspräsidentschaft insbesondere bezüglich der
vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Erwägungs-
gründe 1 a – Verbraucherinformation – und 1 c – Koexistenz –,
welche die Ratspräsidentschaft als „nicht akzeptabel“ bewer-
tet?

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801333300


Gerne beantworte ich nun die Frage der Frau Kollegin
zur EU-Honigrichtlinie, Frage 58. – Frau Kollegin, mit
der vorgeschlagenen Änderung der Honigrichtlinie soll
klargestellt werden, dass es sich bei Pollen um einen na-
türlichen Bestandteil von Honig und eben nicht um eine
Zutat handelt. Das Europäische Parlament hat ebenso
wie die Mehrheit des Rates dieser klarstellenden Ände-
rung der Honigrichtlinie zugestimmt. Auch die Bundes-
regierung unterstützt diese Klarstellung. Dementspre-
chend hat die Bundesregierung auch dem Vorschlag der
Ratspräsidentschaft zu einem Verhandlungsmandat für
den informellen Trilog zugestimmt.

Der Vorschlag der Präsidentschaft basiert auf dem Er-
gebnis der Abstimmung über den Richtlinienvorschlag
im Europäischen Parlament und dem Ergebnis der Bera-
tungen in den Gremien des Rates. Die Bundesregierung
teilt die Bedenken der Ratspräsidentschaft gegenüber
den vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen
neuen Erwägungsgründen 1 a und 1 c. Die Erwägungs-
gründe korrespondieren nicht mit dem verfügenden Teil
der Richtlinienänderung. Fragen der Koexistenz werden
nicht in der Honigrichtlinie geregelt, sondern im Gen-
technikrecht. Erwägungsgründe, die sich nicht auf die
Erläuterung der eigentlichen Regelungsinhalte der
Richtlinie beziehen, können nicht berücksichtigt werden.
Auch der Juristische Dienst des Rates hat deswegen Be-
denken gegen den Erwägungsgrund der Koexistenz er-
hoben.






(A) (C)



(D)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801333400

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801333500

Ich hätte gerne hinsichtlich der beiden vom Europäi-

schen Parlament vorgeschlagenen Erwägungsgründe 1 a
– Verbraucherinformation – und 1 c – Koexistenz – et-
was Genaueres gehört, also mehr als das, was Sie jetzt
gesagt haben, nämlich dass es woanders geregelt werde.
Hintergrund ist dabei die Tatsache, dass sich das Ge-
werbe der Imker – auch das sind Unternehmen – Gedan-
ken über die Verkehrsfähigkeit und die Verkaufsmög-
lichkeiten des Honigs und dementsprechend über die
Gesundheit der Kunden macht. Wie und wo soll denn
dann die Koexistenz – falls Sie glauben, dass sie her-
stellbar ist – geregelt werden? Es kann ja nicht sein, dass
man einfach die Flügel streckt und sagt: Dann können
halt die Imker ihr Produkt am Ende nicht mehr verkau-
fen. – Dieses Produkt steht vom Ansehen her so hoch
wie weiße Ware, wie Joghurt und Milch, bei denen man
ja auch Sauberkeit verlangt. Die Reinheitsvorstellungen
beim Honig sind mindestens so hoch wie beim deut-
schen Bier.

Sie haben materiell auch nichts zur Verbraucherinfor-
mation gesagt. Wie soll denn eine Kennzeichnung in Zu-
kunft erfolgen?

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801333600


Frau Kollegin Künast, zum einen müssen natürlich
die formal-rechtlichen Voraussetzungen beachtet wer-
den. Man kann also nicht einfach etwas in einer Richt-
linie, in der Honigrichtlinie, regeln, was formal-rechtlich
ins Gentechnikrecht gehört. Das geht nicht; das wissen
Sie mindestens so gut wie ich, vielleicht noch ein wenig
besser.

Darüber hinaus ist die Frage des Nachweises von gen-
technisch verändertem Pollen in Honig in diesem Zu-
sammenhang materiell, inhaltlich relevant. Da darf ich
vielleicht ausführen, dass der Anteil des Pollens im Ho-
nig im Normalfall nur ungefähr 0,03 Gramm je Kilo-
gramm Honig beträgt. Das ist übrigens weit unter dem
Level von Schwellenwerten, bei deren Überschreitung
bei den üblichen Labeln, zum Beispiel bei Fair Trade
und bei Ökoprodukten, gentechnisch verändertes Mate-
rial in jedem Fall zu kennzeichnen ist. Die Schwellen-
werte sind nämlich 1 Gramm je Kilogramm bei der Ana-
lyse zur Kennzeichnung mit dem Siegel „Ohne
Gentechnik“ und 9 Gramm pro Kilogramm bei der
Kennzeichnung als „Fair Trade“.

Darüber hinaus haben wir in diesem Zusammenhang
die Problematik zu beachten, dass es für die Bestim-
mung der sehr geringen Anteile des gentechnisch verän-
derten Pollens im Gesamtpollen des Honigs keine ver-
lässlichen Analysemethoden gibt. Das hat auch eine
schriftliche Abfrage des Bundesministeriums für Ernäh-
rung und Landwirtschaft bei den Bundesländern bestä-
tigt.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801333700

Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Ich bitte

in diesem Fall, die Signale, die die Kollegin von hier
vorne sendet – was die Einhaltung der Frage- und der
Antwortzeit angeht –, zu beachten, weil wir dann am
Ende der Fragestunde sind.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801333800

Danke. Ich kann es kurz machen. – Sie haben zwei

Kriterien angeführt. Sie haben angegeben, dass der
Kennzeichnungsschwellenwert bisher 0,03 Gramm je
Kilogramm beträgt. Der Schwellenwert für die Ver-
pflichtung zur Kennzeichnung liegt ja mit 0,9 Prozent
höher. Jetzt muss ich darauf hinweisen, dass dieser
Schwellenwert von 0,03 Gramm auf Basis der Tatsache
festgelegt wurde, dass es in der Vergangenheit so gut wie
keinen Gentechnikanbau in Deutschland gegeben hat.
Was soll denn nach Auffassung der Bundesregierung ei-
gentlich aus diesem Wirtschaftszweig werden, wenn es
einen solchen Anbau gibt? Gerade eben hat die Bundes-
regierung mit ihrer Enthaltung im Zusammenhang mit
der Zulassung von Genmais 1507 einen Beitrag dazu ge-
leistet, dass es einen entsprechenden Anbau in Europa
gibt. Wir müssen schauen, wie in Zukunft die Situation
der Imker und ihres Honigs sein wird, wenn dieser
Schwellenwert etwa erreicht wird – was oft nebenher ge-
schieht. Es kann durchaus sein, dass das für sie unzumut-
bare finanzielle Belastungen zur Folge hätte.

D
Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1801333900


Liebe Frau Kollegin Künast, ich verstehe Ihre Sorge.
Allerdings haben wir uns, was den Sachverhalt angeht,
falsch verstanden. Die 0,03 Gramm sind keineswegs ein
Grenzwert oder ein Schwellenwert.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe das richtig verstanden!)


Vielmehr ist es so, dass der Anteil des Pollens im Honig
im Normalfall ungefähr nur 0,03 Gramm je Kilogramm
Honig beträgt. Das ist ein Fakt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt auch Leute, die Pollen verkaufen!)


– Ja, das ist so. Wir sprachen im Zusammenhang mit der
Honigrichtlinie aber über Honig und nicht über reinen
Pollen, der verkauft werden soll. In Bezug darauf hatte
ich Ihnen die relevanten Grenzwerte genannt. Diese
Grenzwerte sind durch die verfügbare Analysetechnik
nicht nachweisbar. Von daher stehen wir vor einer Pro-
blematik, die nicht ausschließlich politisch, sondern
auch materiell begründet ist.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334000

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Wir sind damit

am Ende der Fragestunde. Die übrigen Fragen werden
entsprechend unseren Regeln schriftlich beantwortet.






(A)



(D)(B)

Vizepräsidentin Petra Pau

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Haltung der Bundesregierung zur strafbefrei-
enden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Es geht uns um die Frage, wie wir die strafbe-
freiende Selbstanzeige künftig regeln wollen. Wollen wir
als Staat solche Straftaten nicht mehr ahnden? Damit
entsteht sogar der Eindruck, als würde der Staat alles
tun, um insbesondere Vermögende vor einer Strafverfol-
gung zu schützen. Das ist jedenfalls der Eindruck, der
draußen im Land entsteht.

Wie sonst ist es erklärbar, dass man bei vorsätzlicher
Steuerhinterziehung, Beispiele Alice Schwarzer und
Hoeneß, durch Selbstanzeige einer eindeutigen Straftat
– zu der man sich selbst auch noch bekannt hat – einer
Strafe entgehen kann? Wie sonst ist es erklärbar, dass
eine Strafverfolgung unterbleibt, selbst dann, wenn der
hinterzogene Betrag 50 000 Euro übersteigt und damit
nach dem Gesetz eigentlich eine Straffreiheit ausge-
schlossen wäre – wenn der Betrüger nach § 398 a der
Abgabenordnung doch noch seine Steuern zahlt plus, sa-
gen wir, 5 Prozent Freikaufgebühr? Bei den Bürgern
muss doch der Eindruck entstehen: Aha, wer Kohle hat,
der kann sich irgendwie freikaufen.

Stellen Sie sich vor: Jemand knackt einen Geldauto-
maten und holt sich 10 000 Euro raus. Auf dem Nach-
hauseweg fällt ihm ein: Hoppla, ich könnte vielleicht ge-
filmt worden sein. – Nun bringt er die 10 000 Euro
zurück und sagt: Das war zwar eine Straftat; ich zahle
aber 500 Euro. – Bleibt er dann auch straffrei? Wo ist ei-
gentlich der Unterschied zwischen demjenigen, der sich
Geld aus einem manipulierten Geldautomaten holt, und
demjenigen, der Steuern hinterzogen hat? Ich kann kei-
nen erkennen.


(Beifall bei der LINKEN)


Warum ist Ladendiebstahl eine Straftat und hat gegebe-
nenfalls gravierende Folgen, während ein Steuerhinter-
zieher oft nicht einmal vorbestraft ist, obwohl er zigtau-
send Euro hinterzogen hat?

Meine Damen und Herren, die Argumente des Fi-
nanzministers sind mir bekannt. Herr Schäuble, Sie sa-
gen: Durch die Selbstanzeige wird dem Staat letztend-
lich die Möglichkeit gegeben, Millionen in seine Kassen
zu bekommen, die er sonst nicht erhalten würde. – Aber,
Herr Schäuble, ist es wirklich die Möglichkeit der
Selbstanzeige, die zu Steuerehrlichkeit führt, oder ist es
nicht vielmehr die Angst desjenigen, der die Steuern hin-
terzogen hat, entdeckt zu werden, weil der Staat inzwi-
schen, jedenfalls einige Länder, Gott sei Dank und rich-
tigerweise Steuer-CDs kauft?


(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann Ihr Argument nicht ernst nehmen, weil Sie auf
der einen Seite sagen, dass der Staat Geld einnehmen
soll, sich auf der anderen Seite aber immer vehement da-
gegen gewehrt haben, dass der Staat Steuer-CDs auf-
kauft. Herr Schäuble, Sie müssen sich entscheiden, was
Sie wollen: Wenn Sie die Kohle wollen, dann müssen
Sie auch dafür sorgen, dass die Kohle reinkommen kann.
Mit dem Ankauf von Steuer-CDs erreichen wir bei wei-
tem mehr als durch die strafbefreiende Selbstanzeige bei
Steuerhinterziehung, die Sie gegenwärtig verteidigen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ähnlich ist es mit dem Steuerabkommen mit der
Schweiz; Herr Schäuble, auch das muss ich sagen. Man
konnte den Eindruck gewinnen, dass Sie wirklich an das
Geld herankommen wollten. Bei dem Steuerabkommen
mit der Schweiz ging es aber um nichts anderes als da-
rum, die Anonymität der Straftäter zu wahren. Wir unter-
scheiden offensichtlich Straftäter im Steuersystem mit
entsprechenden Einkommen von allen anderen Straftä-
tern. Das ist nicht akzeptabel, Herr Schäuble.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb möchte ich hier noch einmal eindeutig sagen:
Die strafbefreiende Selbstanzeige gehört abgeschafft.
Gleichzeitig muss geregelt werden, dass Bagatelldelikte
– die gibt es ja auch; die sind jetzt auch in dieser Rege-
lung enthalten – ausgenommen bleiben, sodass wir nicht
den Kleinen erwischen, sondern die Großen, die von der
strafbefreienden Selbstanzeige Gebrauch machen.

Der Bundesrepublik gehen nach Angaben der Deut-
schen Steuer-Gewerkschaft jährlich circa 50 Milliar-
den Euro durch Steuerhinterziehung verloren. Das ist ein
Sechstel des Bundeshaushalts. Eine Klimaveränderung
ist notwendig: Es muss klar sein, dass Steuerhinterzie-
hung kein Bagatelldelikt ist. Das wird insbesondere da-
durch erreicht, dass man den Straftatbestand der Steuer-
hinterziehung als solchen wertet und die Steuerbetrüger
nicht mit allen möglichen Tricks letztendlich straffrei
stellt. Das kann nicht sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Steuergerechtigkeit ist notwendig: Wer betrügt, wird
bestraft. Auch wenn dieser Grundsatz gilt, sieht das
Strafrecht die Möglichkeit zur Unterscheidung vor. Ein
Richter kann natürlich unterscheiden: Ist der Täter ge-
ständig? Macht er freiwillig Angaben? Das kann der
Richter beim Strafmaß berücksichtigen. Aber rechtlich
festzulegen, dass ein solcher Täter prinzipiell straffrei
bleibt, obwohl er den Straftatbestand erfüllt hat, das geht
meines Erachtens überhaupt nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Was wir brauchen, sind mehr Steuerfahnder, Herr
Schäuble. Wir wissen, dass jeder Steuerfahnder ungefähr
das Zwanzigfache von dem hereinbringt, was er kostet.
Wo bleibt die Initiative dieser Bundesregierung, damit
wir durch mehr Steuerfahnder ein wenig von den
50 Milliarden Euro hereinholen, die uns jährlich verlo-
ren gehen?

(C)







(A) (C)



(D)(B)

Klaus Ernst


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Kein Steuerflüchtling soll sich sicher fühlen. Deshalb
brauchen wir mehr Steuer-CDs. Das ist besser als jede
Befreiung von der Strafverfolgung.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334200

Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen,

Dr. Wolfgang Schäuble.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Kollege Ernst, im Strafrecht gilt generell:
Sie hängen keinen, Sie hätten ihn denn. Die erste Vo-
raussetzung, um jemanden, der ein strafbares Verhalten
begangen hat, bestrafen zu können, ist, dass man seine
Straftat erkennt und ihn ertappt. Daraus ergibt sich der
Unterschied, nach dem Sie gefragt haben. Es geht gar
nicht nur um die fiskalischen Interessen des Staates.

Zunächst einmal ist das Problem, dass im Steuerrecht
etwas ganz anderes gilt als in der sonstigen Rechtsord-
nung. In Steuerverfahren verlangen wir von allen Steuer-
pflichtigen eine umfassende Auskunft. Ansonsten gibt es
in unserem Rechtsstaat das grundlegende Prinzip, dass
niemand sich selbst belasten muss. Daraus ergibt sich
ein gewisser Konflikt, der übrigens auch die Debatte um
die strafbefreiende Selbstanzeige unter Verfassungsge-
sichtspunkten ziemlich kompliziert macht. Wenn Sie
dieses Problem nicht für Zwecke einer nachvollziehba-
ren, auch relativ einfachen Polemik nutzen, sondern an
einer ernsthaften Sacherörterung interessiert sind, dann
müssen Sie sich zunächst mit der folgenden Frage aus-
einandersetzen: Gesetzt den Fall, wir würden abschaf-
fen, was vor etwa 100 Jahren in den Erzberger’schen
Steuerreformen eingeführt worden ist, was wäre dann?
Das ist ein bewährtes Rechtsinstitut – das ist ja nicht
neu –, und es gab dafür gute Gründe. Ich könnte Ihnen
zu Matthias Erzberger viel erzählen. Es hat lange gedau-
ert, bis man seine Verdienste in Berlin einigermaßen ge-
würdigt hat. Wir haben einen Saal im Bundesfinanz-
ministerium nach ihm benannt. Dies hat er wirklich
verdient. – Seitdem gilt das Prinzip, dass man sich nicht
selbst belasten muss, im Steuerrecht nicht; denn sonst
kann man die steuerlichen Pflichten nicht erfüllen, und
Vergehen werden auch nicht entdeckt.

Daraus ergibt sich das Problem: Wir verlangen vom
Steuerpflichtigen, dass er seine Verhältnisse vollständig
offenbart, damit wir ihn entsprechend den Steuergeset-
zen besteuern können. Er muss sich also, wenn Sie so
wollen, selbst belasten. Im Strafrecht muss er das aus-
drücklich nicht. Wenn wir Ihrer Forderung nachkämen,
die strafbefreiende Selbstanzeige ersatzlos abzuschaffen,
dann, so wette ich, hätten wir in der Mehrzahl der Steu-
erverfahren folgendes Problem: Die Verteidiger der An-
geklagten würden geltend machen, dass das Belastungs-
material durch Steuererklärungen des Beschuldigten, des
Angeklagten erlangt wurde und deswegen strafprozes-
sual nicht verwertbar ist. So würden dann weniger be-
straft werden als bisher. Dieses Problem beschäftigt Sie
bei Ihrer Polemik nicht. Dies ist ein sachliches Argu-
ment; Sie sollten es trotzdem ernst nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Und Steuer-CDs? Was ist mit den SteuerCDs?)


– Bei Steuer-CDs, Herr Kollege Ernst, sind Sie bei mir
nicht an der richtigen Adresse.

Ich habe im Frühjahr 2010 – da war ich erst relativ
kurze Zeit Finanzminister – nach einer sorgfältigen Ab-
wägung – der erste Antrag kam vom Land Nordrhein-
Westfalen – entschieden, dass wir einem solchen Ankauf
von Steuer-CDs zustimmen und die Hälfte der Kosten
übernehmen. Wir machen das regelmäßig in einem be-
währten Verfahren. Es war eine schwierige Abwägung,
weil natürlich diejenigen, die Steuer-CDs verkaufen,
nicht zum erfreulichsten Teil der menschlichen Gesell-
schaft gehören. Sie handeln anonym und mit allen mög-
lichen Tricks. Im Übrigen ist ihr Handeln nach der
Rechtsordnung anderer Länder strafbar.

Wir haben unsere Vorstellungen von Datenschutz und
Datenmissbrauch bzw. vom Verstoß gegen Datenschutz-
bestimmungen, und wir müssen Respekt davor haben,
dass auch andere derartige Vorstellungen haben. Trotz-
dem haben wir uns in der Abwägung dafür entschieden.
Denn die Globalisierung schafft sehr viele neue Mög-
lichkeiten der Steuerhinterziehung, und solange wir
nicht den vollen Informationsaustausch zwischen den
einzelnen Ländern haben, ist der Ankauf von Steuer-
CDs, von solchen Datensammlungen in der Güterabwä-
gung richtig.

Wir haben diese Entscheidung also getroffen. Wir
haben jetzt gerade wieder so entschieden. Der Bund be-
teiligt sich immer mit 50 Prozent an den Ankaufkosten,
obwohl er an dem Mehraufkommen bei der Einkom-
mensteuer nur zu 42,5 Prozent partizipiert. Übrigens tra-
gen nicht alle Länder die restlichen Kosten. Gucken Sie
mal nach, ob das Land, in dem Ihre Partei an der Regie-
rung beteiligt ist, sich an den Kosten des Ankaufs betei-
ligt. Ich bin nicht ganz sicher. Sie können das ja parteiin-
tern klären, Herr Kollege Ernst.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Da gibt es nicht so viele Millionäre!)


– Ja, gut. Bei Ihnen darf man nicht so genau hinschauen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der entscheidende Punkt bei der strafbefreienden
Selbstanzeige ist natürlich – das müssen wir bedenken;
wir haben es mit dem hohen Gut der Steuergerechtigkeit
zu tun –: Steuerhinterziehung ist strafbares Unrecht und
muss bestraft werden. Nichts anderes gilt. Daran gibt es
überhaupt keinen Zweifel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) (C)



(D)(B)

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble

Über die Ausreden, die ich zum Teil höre, muss ich
schon fast mit einer gewissen Milde sagen: Na ja, wenn
man in einer blöden Lage ist, sagt man manchmal viele
dumme Sachen. – Die meisten haben öffentlich Ausre-
den gebraucht, die ihre Lage nicht besser, sondern
schlechter gemacht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch das ist wahr. Aber das will ich hier nicht kommen-
tieren.

Wir müssen uns ernsthaft damit beschäftigen. Wir
müssen immer wieder das Rechtsinstitut, das wir haben,
prüfen. Aber wenn wir Steuergerechtigkeit verwirkli-
chen wollen, müssen wir einen Anreiz geben für die
Menschen, die Steuern hinterzogen haben und deren Tat
nicht entdeckt ist und mit einer hohen Wahrscheinlich-
keit unentdeckt verjähren würde. Wenn es unentdeckt
verjährt, würden sie nie zahlen; das wäre auch nicht
Steuergerechtigkeit. Deswegen müssen wir ihnen ein
Angebot machen, unter Zahlung einer Strafe nicht straf-
verfolgt zu werden. Sie müssen Strafe zahlen; das bleibt
strafbares Unrecht. Es ist nach der Systematik der Geset-
zesänderung, die wir 2011 gemacht haben, nur ein Straf-
verfolgungshinderungsgrund. Sie müssen mehr zahlen –
als eine Art pauschalierte Strafe. Wir machen ihnen das
Angebot, sich zu stellen, obwohl sie nicht entdeckt sind.

Wenn sie bereits entdeckt sind, können sie von der
Vergünstigung der strafbefreienden Selbstanzeige keinen
Gebrauch mehr machen. Die Frage ist: Was ist mit de-
nen, die sich nicht stellen oder nicht kooperieren wollen?
Ich habe gerade an einer Fernsehsendung teilgenommen,
in der auch eine Staatsanwältin zugegen war, die gesagt
hat: Wenn die nicht kooperieren, dann wird es schwer,
sie zu kriegen. – Deswegen müssen wir schauen, wie wir
sie dazu kriegen.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Beugehaft!)


Aber das ist eine andere Debatte, die ich hier nicht füh-
ren will.

Und dann muss man immer wieder prüfen, ob ange-
sichts der Entwicklung der Verhältnisse die Regelung
noch dem Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung
entspricht. Deswegen haben wir das Gesetz im Jahre
2011 verschärft. Es ist komplizierter geworden: Wer die
strafbefreiende Wirkung will, muss jetzt vollständig al-
les aufdecken.

Nachdem im vergangenen Jahr einige Fälle von
Steuerhinterziehung die Öffentlichkeit wieder sehr be-
schäftigt hatten, haben wir uns in der Finanzminister-
konferenz der Bundesländer – Steuerverwaltung ist Län-
dersache – mit dieser Frage beschäftigt. Es ging unter
anderem darum, wie viele Steuerfahnder die Länder be-
schäftigen. Der Einzige, der sich dazu vernünftigerweise
nicht äußern sollte, ist der Bundesfinanzminister: weil
ihm die Länder sonst unkollegiales Verhalten vorwerfen.
Steuerverwaltung ist Ländersache; das ist so, Herr Kol-
lege Ernst. Ich bin nicht der Aufseher der Bundesländer
– das entspricht nicht unserem föderalen Verständnis –,
vielmehr haben die Länder ihre eigene, ihnen vom
Grundgesetz zugewiesene Verantwortung. Wir haben da-
mals verabredet, dass die Fachleute – die Steuerabtei-
lungsleiter – einen Bericht darüber erstellen sollen, wel-
che zusätzlichen Maßnahmen man vernünftigerweise
ergreifen kann, ohne das Kind mit dem Bade auszu-
schütten. Der Bericht der Fachleute liegt vor, und die
Staatssekretäre bzw. die Finanzminister werden sich
demnächst damit beschäftigen. Ich gehe davon aus, dass
wir einvernehmlich vorschlagen werden, den Strafzu-
schlag entsprechend zu verschärfen, und vielleicht, die
Frist entsprechend zu verlängern: auf zehn Jahre.

Aber es ist eine gemeinsame Haltung der Finanz-
ministerien von Bund und Ländern, dass man insgesamt
an dem bewährten Rechtsinstitut der strafbefreienden
Selbstanzeige – mit den Einschränkungen, die ich ge-
nannt habe – festhalten sollte. Sonst werden wir weniger
Straftäter entdecken. Damit würden wir auch nicht der
Gerechtigkeit helfen, allenfalls polemischen Bedürfnis-
sen – aber das ist nicht unsere Verantwortung.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334300

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Lisa Paus das Wort.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1801334400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Schäuble, auch wenn Sie es gerne verdrängen und es
jetzt mit keinem Wort erwähnt haben: Wir führen die
heutige Debatte nur aus einem einzigen Grund, und zwar
weil die rot-grünen Bundesländer im Bundesrat das
deutsch-schweizerische Steuerabkommen gestoppt ha-
ben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Weder der Fall Hoeneß noch der Fall Schwarzer wären
bekannt geworden, wenn das Abkommen mit der
Schweiz im Sinne von Finanzminister Schäuble bzw. der
Bundesregierung in Kraft getreten wäre. Mit seiner Ab-
lehnung des Steuerabkommens hat der Bundesrat den
Weg frei gemacht für einen automatischen Informations-
austausch, europäisch und international.


(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Jetzt zahlen beide weniger!)


Das deutsche Recht kennt die strafbefreiende Selbst-
anzeige schon seit dem 19. Jahrhundert. Sie hat nicht zu
einer nennenswerten Zahl von Selbstanzeigen geführt


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: 70 000!)


und auch nicht zu Milliardenbeträgen an Steuern, die
nachgezahlt worden wären. Erst seitdem deutsche Be-
hörden Steuer-CDs ankaufen und der Bundesrat das
Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt und damit
den Weg für einen automatischen Informationsaustausch
frei gemacht hat, ist die Zahl der Selbstanzeigen gestie-






(A) (C)



(D)(B)

Lisa Paus

gen: 2013 gab es mit 25 000 Selbstanzeigen fast dreimal
so viele wie 2012. Das zeigt: Mehr Transparenz ist ent-
scheidend für einen erfolgreichen Kampf gegen Steuer-
betrug.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zu einem erfolgreichen Kampf gegen Steuerhinterzie-
hung gehören allerdings auch staatliche Amtsträger, de-
nen man abnimmt, dass sie bereit sind, sich selbst an die
Gesetze zu halten. Der Fall Linssen und der Fall Schmitz
– vor allen Dingen der Umgang mit diesen Fällen – zei-
gen, dass es auch in Teilen der politischen Elite dieses
Landes offenbar nach wie vor eine Doppelmoral gibt,
die nicht mehr geduldet werden kann. Damit muss end-
lich Schluss sein, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Bis vor einem halben Jahr hätte ich vorwegnehmen
können, wie eine solche Debatte in diesem Hause ver-
laufen würde und welche Positionen die Union auf der
einen und die SPD auf der anderen Seite vertreten wür-
den. Stellen Sie sich vor, es wäre damals bekannt gewor-
den, dass der Regierende Bürgermeister von Berlin, ein
Sozialdemokrat, einen überführten Steuerhinterzieher in
seiner Regierungsmannschaft hält. Herr Schmitz hat sich
übrigens nicht selbst angezeigt, sondern ist durch eine
Steuer-CD überführt worden. Dennoch hielt Klaus
Wowereit es nicht für nötig, ein Disziplinarverfahren
einzuleiten. Wenn das vor einem halben Jahr bekannt ge-
worden wäre, wären hier die Fetzen geflogen. Was ist
heute? Nichts. Ich sage Ihnen: Ich als Berlinerin schäme
mich dafür, dass die SPD die Affäre Wowereit in
Pofalla-Manier für beendet erklärt und zur Tagesord-
nung übergehen will. Das werden wir nicht durchgehen
lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Wir sind hier ja nicht im Abgeordnetenhaus!)


Das zeigt eben leider, dass trotz aller Lippenbekennt-
nisse und starken Worte relevante Teile der SPD Steuer-
betrug immer noch für ein Kavaliersdelikt halten.


(Zuruf von der SPD: Unfug!)


Es ist aber eben eine Straftat.

Meine Damen und Herren von der Union, bevor Sie
sich hier genüsslich zurücklehnen, möchte ich Ihnen sa-
gen: Auch Sie müssen sich ehrlich machen. Ich habe ge-
rade in der Fragestunde erfahren, dass es auch bei der
Bundesregierung keine Leitlinien gibt, die besagen, wie
man mit solchen Fällen umzugehen gedenkt, und dass es
offenbar in der 17. Legislaturperiode in der Bundesre-
gierung einen strafrelevanten Fall gegeben haben soll; es
war von „seltenen Fällen“ die Rede. Mich interessiert
wirklich – es wurde zugesagt, dass darüber schriftlich in-
formiert wird –, welche disziplinarrechtlichen Folgen
das gehabt hat. Vor allen Dingen interessiert mich aber,
wie die jetzige Bundesregierung damit umgehen wird.
Die neue Amtszeit hat eben erst begonnen. Von der
einen oder anderen Seite wurden durchaus starke Worte
gewählt. Sie sind jetzt in der Regierung. Deswegen wer-
den wir Sie nicht an Ihren Worten, sondern an Ihren
Taten messen. Sie haben es in der Hand, für mehr Trans-
parenz und eine entsprechende Verfolgung von Steuer-
betrügern zu sorgen. Es ist Ihr Job, die Steuerfahndung
auf Länder- und Bundesebene mit ausreichend Personal
auszustatten und dafür zu sorgen, dass es endlich wieder
Steuerehrlichkeit in diesem Lande gibt. Packen Sie es
an! Die Zeit ist knapp. Sie wissen, was für das Land auf
dem Spiel steht.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334500

Das Wort hat der Kollege Andreas Schwarz für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Andreas Schwarz (SPD):
Rede ID: ID1801334600

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Bis zu meiner Wahl in den Deutschen Bundestag
im letzten Jahr war ich Bürgermeister im Bamberger
Land. In diesen fast 18 Jahren standen meine Gemeinde
und ich allzu oft vor der Frage, was wir uns leisten kön-
nen und was nicht. Häufig hieß es angesichts knapper
Kassen „entweder oder“. Die Kommunen, aber auch alle
anderen staatlichen Ebenen im Land können nicht auf
das Geld verzichten, das durch Steuerhinterziehung ver-
loren geht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber ich bin auch Unternehmer. Als dieser bin ich über-
zeugt, dass die meisten Unternehmerinnen und Unter-
nehmer in unserem Land ehrliche Steuerzahler sind.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Steuerhinterziehung bestraft die Ehrlichen unter uns.
Vor allem bin ich aber auch Bürger unseres Landes.
Meine Nachbarn in meinem Ort wollen von uns allen
wissen, wie wir dafür Sorge tragen, dass Steuerhinterzie-
hung nicht nur verhindert, sondern auch konsequent ver-
folgt und bestraft wird.

Ich finde es verharmlosend und es ärgert mich, wenn
Menschen, die unserem Staat Steuern vorenthalten,
„Steuersünder“ genannt oder ihre Taten gar als Kava-
liersdelikte bezeichnet werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nein, diese Menschen sind keine Sünder; sie sind Betrü-
ger.


(Beifall bei der SPD)


Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Publizistin-
nen, Fußballmanager, ehemalige DAX-Vorstände oder
Staatssekretäre handelt. Wollen wir den Zusammenhalt






(A) (C)



(D)(B)

Andreas Schwarz

in unserer Gesellschaft erhalten, müssen wir nicht nur
Steuerhinterziehung konsequent verfolgen, sondern auch
über eine Verschärfung der Rechtslage nachdenken.


(Beifall bei der SPD)


Dabei gilt es, auch darauf zu achten, dass uns die rechts-
staatlichen Prinzipien gewisse Grenzen bei der Weiter-
entwicklung unserer Werkzeuge vorgeben.

Aufgrund der aktuellen Steuerfälle sehen wir als
SPD-Fraktion hier weiteren Handlungsbedarf. Wir wün-
schen uns weitere Verschärfungen; denn wir müssen un-
bedingt den Eindruck vermeiden, dass jemand, der Steu-
ern hinterzieht und zum Instrument der Selbstanzeige
greift, am Ende noch besser dasteht als der ehrliche
Steuerzahler oder die ehrliche Steuerzahlerin.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Über die Höhe des aktuell formulierten Hinterziehungs-
volumens von 50 000 Euro muss deshalb mit Sicherheit
diskutiert werden.

Wir halten es jedoch auch für geboten, zu hinterfra-
gen, wie lange wir es noch zulassen wollen, dass sich
Steuerhinterzieher über die aktuell gültige Regelung
freikaufen können. Denkbar wäre etwa eine Übergangs-
frist, die ein Auslaufen der aktuell gültigen Regelung
klar festsetzt. Steuerhinterzieher hätten dann ausreichend
Zeit, daheim reinen Tisch zu machen und zur Steuerehr-
lichkeit zurückzukehren. Dies haben wir als SPD-Bun-
destagsfraktion bereits im Jahre 2010 in einem Gesetz-
entwurf gefordert. Wer trotz der aktuellen Debatte
künftig Steuern hinterzieht und somit den Bürgerinnen
und Bürgern in unserem Land Schaden zufügt, der sollte
sich nicht mehr auf Strafbefreiung verlassen dürfen.


(Beifall bei der SPD)


Auch die Ablehnung des Steuerabkommens mit der
Schweiz durch die Sozialdemokratie hat sich als absolut
richtig erwiesen. Der Fall Hoeneß und der Ankauf von
Steuer-CDs – übrigens nicht nur durch sozialdemokrati-
sche Finanzminister – haben den Druck auf die Nicht-
steuerzahler so erhöht, dass die Zahl der Selbstanzeigen
massiv angestiegen ist und weiter ansteigt. Der Staat hat
Milliarden an Mehreinnahmen erzielen können. Nie-
mand kann sich mehr sicher sein, dass Steuerhinterzie-
hung im Verborgenen bleibt. Das Steuergeheimnis gilt
ohne Wenn und Aber. Genauso gilt aber: Das Steuerge-
heimnis ist zum Schutz der ehrlichen Steuerzahler einge-
führt worden und nicht als Deckmantel für Steuerhinter-
ziehung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auf Betreiben der SPD haben wir uns im Koalitionsver-
trag darauf verständigt, weiterhin entschlossen gegen die
Steuerhinterziehung vorzugehen und die Regelungen zur
strafbefreienden Selbstanzeige weiterzuentwickeln.

Auch auf europäischer Ebene öffnet sich jetzt ein
Fenster, das wir nutzen müssen. Die aktuellen Äußerun-
gen des luxemburgischen Ministerpräsidenten lassen den
Schluss zu, dass endlich Bewegung in die Verhandlun-
gen über den automatischen Datenaustausch kommt.
Bisher haben sich die Schweiz, Österreich und Luxem-
burg gekonnt stets gegenseitig den Schwarzen Peter des
Blockierers zugeschoben. Für die weiteren Verhandlun-
gen mit der Schweiz und Österreich wünschen wir der
Bundesregierung viel Erfolg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber auch wir haben unsere Hausaufgaben zu erledi-
gen. Bereits heute könnten wir deutlich mehr Steuerein-
nahmen erzielen, wenn wir unsere Finanzverwaltungen
in den Ländern mit mehr Personal ausstatten würden.
Manche Bundesländer sind diesen Weg bereits gegan-
gen. Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat Hunderte
neue Kräfte eingestellt. Ich will aber nicht verhehlen,
dass hier vor allem in meinem Heimatbundesland Bay-
ern noch erheblicher Nachholbedarf besteht. Hier muss
dringend nachgebessert werden.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Na, na, na!)


Sie sehen, wir haben auf allen Ebenen Handlungsbe-
darf: in Europa, auf Bundes- und auf Länderebene. Nur
in einem Dreiklang stellen wir sicher, dass sich Steuer-
hinterziehung künftig nicht mehr lohnt.

Ich komme zum Schluss. – Gemeinsam fiebern wir
gerade mit unseren Sportlerinnen und Sportlern in Sot-
schi. Da gerade Olympische Spiele stattfinden: Auch
beim Steuerzahlen gilt der olympische Gedanke „Dabei
sein ist alles“.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334700

Kollege Schwarz, das war Ihre erste Rede im Hohen

Hause. Wir wünschen Ihnen fraktionsübergreifend viel
Erfolg für Ihre weitere Arbeit im Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat der Kollege Richard Pitterle für die
Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Richard Pitterle (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334800

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle-

ginnen und Kollegen! Nach den Steuerskandalen begann
am Montag die Zeitung mit den vier Buchstaben, die
sich selbst zur einzigen außerparlamentarischen Opposi-
tion ausgerufen hat, eine große Diskussion um die Ehr-
lichkeit der Deutschen. Da durfte ein Geistlicher geste-
hen, er habe sich in der Schule Mathematikformeln auf
die Manschette geschrieben. Eine Julia wird mit dem
Geständnis zitiert, ihrem Mann verschwiegen zu haben,
dass sie keine Jungfrau mehr ist; und Kevin schließlich
hat seine Freundin betrogen. Mit dieser Art der Diskus-
sion und diesen Geständnissen soll der Eindruck erzeugt
werden: Irgendwie betrügen doch alle. Also, warum die
Aufregung um die kürzlich veröffentlichten Fälle von






(A) (C)



(D)(B)

Richard Pitterle

Steuertourismus? – Eine solche Diskussion ist ein
Schlag ins Gesicht aller Menschen, die morgens früh zur
Arbeit gehen und denen Monat für Monat, Jahr für Jahr
die Steuer vom Lohn abgezogen wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber auch die meisten Selbstständigen und die Mittel-
ständler, die ehrlich ihre Steuern zahlen, müssen sich bei
diesen Beispielen der Bild-Zeitung veralbert vorkom-
men.

Mit der strafbefreienden Selbstanzeige können sich
reiche und superreiche Steuertouristen, die ihr Geld in
die Schweiz oder in andere Steueroasen gebracht und die
Zinseinkünfte beim Finanzamt verschwiegen haben, von
einer Strafverfolgung freikaufen. Sie zahlen nur die in
den letzten fünf oder zehn Jahren – je nach Höhe – hin-
terzogenen Steuern zurück. Wenn sie 30 Jahre lang den
Staat belogen und betrogen haben, brauchen sie für
20 oder 25 Jahre nichts zu zahlen. Meine Damen und
Herren von der Koalition, finden Sie das gerecht?


(Beifall bei der LINKEN)


Zwar sind im Nachgang auch die angefallenen Zinsen zu
überweisen. Das gilt aber für jeden, der seine Steuern zu
spät zahlt.

Wenn man mehr als 50 000 Euro hinterzogen hat, le-
gen die Steuertouristen noch einmal 5 Prozent der hin-
terzogenen Steuern drauf und kaufen sich frei. Es gibt
kein Strafverfahren, und sie sind auch nicht vorbestraft.
Meine Damen und Herren von der Koalition, finden Sie
das gerecht?


(Beifall bei der LINKEN)


Fast alle Menschen im Land und auch ich sind der Mei-
nung, dass es an der Zeit ist, die Selbstanzeige für sol-
chen Steuertourismus endlich abzuschaffen.


(Beifall bei der LINKEN)


Nehmen wir einmal die Summe von 50 000 Euro an
hinterzogenen Steuern. Das ist der Betrag, ab dem man
eine Strafsteuer von 5 Prozent zu zahlen hat. Das durch-
schnittliche Nettoeinkommen – wohlgemerkt: Netto-
einkommen – eines Arbeitnehmers beträgt rund
24 000 Euro im Jahr. Bis ein durchschnittlicher Arbeitneh-
mer 50 000 Euro zusammengespart hat, dauert es rund
zehn Jahre. Da braucht man sich doch nicht zu wundern,
wenn die Leute im Land sagen: Die da oben interessiert
nicht das Allgemeinwohl; die wollen sich nur die Ta-
schen füllen.


(Beifall bei der LINKEN)


Diese Situation können wir nicht so belassen.

Nun zur SPD. Ich habe den Sprecher der Bundestags-
fraktion, Herrn Oppermann, so verstanden, dass Sie für
die Abschaffung der Selbstanzeige sind. Sie haben ja
selbst erwähnt, dass Sie in der letzten Legislaturperiode
einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Ihre Fi-
nanzminister in den Ländern haben ziemlich gebremst
und hervorgehoben, lieber von der Selbstanzeige profi-
tieren zu wollen. Ich frage Sie: Wären Sie wenigstens
bereit, für die Abschaffung der Selbstanzeige im Hin-
blick auf den Steuertourismus die Hand zu heben? Ich
bin mir sicher, dafür gäbe es in diesem Parlament eine
Mehrheit. Warum nutzen wir sie nicht?


(Beifall bei der LINKEN)


Der Gedanke der Selbstanzeige wird mit dem Verhal-
ten der aktuell bekannt gewordenen Fälle ins Gegenteil
verkehrt. Nicht etwa tätige Reue, die Rückkehr in die
Steuerehrlichkeit ist die Motivation für die Selbstan-
zeige. Es sind vielmehr immer äußere Umstände wie das
Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz oder
das Auftauchen der Steuer-CDs, die viele zur Selbstan-
zeige in diesem Bereich treiben. Erst wenn das Entde-
ckungsrisiko steigt, halten viele die Zeit für gekommen,
sich zu offenbaren. Zu guter Letzt interessiert mich, Herr
Schäuble: Was will die Bundesregierung konkret gegen
diesen Steuertourismus unternehmen?

Meine Damen und Herren, der beste Weg, Steuerhin-
terziehung zu verhindern, ist, über eine ausreichende
Personalausstattung der Finanzämter und genügend Be-
triebsprüfungen dafür zu sorgen, dass die Einkommen in
der Steuererklärung vollständig angegeben und die an-
fallenden Steuern gezahlt werden. Aber es geht nicht nur
um Geld. Es geht auch um Steuergerechtigkeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801334900

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin

Antje Tillmann das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1801335000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Es ist noch gar nicht
so lange her, dass wir im Rahmen der Regierungserklä-
rung der Kanzlerin hier die Gelegenheit hatten, uns über
die Finanz- und Steuerpolitik dieser Regierung auszutau-
schen. Ich kann mich gut erinnern, dass ich die Einzige
war, die für unsere Fraktion gesagt hat, dass wir sicher-
stellen müssen, dass wir mit den Steuern, die heute fest-
gesetzt werden, auskommen, dass wir den Haushalt so
aufstellen müssen, dass wir die Steuern nicht erhöhen
müssen. Alle anderen Fraktionen waren anderer Mei-
nung. Aber weil wir dieses Versprechen gegeben haben
und beabsichtigen, diese Zusage, Steuern nicht zu erhö-
hen, auch einzuhalten, erwarten wir, dass jeder die gegen
ihn festgesetzte Steuer auch zahlt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Gegenleistungen des Gemeinwesens, an das die
Steuern zu zahlen sind, können sich sehen lassen: kos-
tenlose Bildung, befahrbare Straßen oder allein die Tat-
sache, dass wir unsere Kinder ohne Beaufsichtigung
bzw. Bewachung in die Schule schicken können, wie es
in anderen Ländern nötig ist. Diese Gegenleistung be-
kommt jeder, der Steuern zahlt, und ich behaupte, dass
es in Deutschland niemanden gibt, der mehr Steuern
zahlen muss, als er an solchen Gegenleistungen zurück-






(A) (C)



(D)(B)

Antje Tillmann

bekommt. Weil das so ist, erwarten wir, dass die festge-
setzten Steuern abgeführt werden.

Herr Kollege Ernst, es trifft nicht zu, dass die strafbe-
freiende Selbstanzeige dem Schutz der Steuerhinterzie-
her dient; sie ist vielmehr dafür gedacht, die Steuern ein-
zutreiben, die der Gemeinschaft zustehen. Wir brauchen
die strafbefreiende Selbstanzeige aus unterschiedlichen
Gründen. Derjenige, der nach einer begangenen Steuer-
hinterziehung vollumfänglich steuerehrlich werden möchte,
soll diesen Weg gehen können. Das kann der Steuer-
pflichtige selbst sein, der einen alten Fehler wiedergut-
machen will – und das ist eben nicht nur der reiche Steu-
erhinterzieher, wie Herr Kollege Pitterle gerade gesagt
hat, sondern auch die Rentnerin, die über Jahre gedacht
hat, ihre Rente sei steuerfrei; auch sie profitiert von der
strafbefreienden Selbstanzeige –; das kann aber auch die
Erbengeneration sein. Was soll denn die Tochter eines
Steuerhinterziehers machen, die im Rahmen einer vor-
weggenommenen Erbfolge das Bankkonto in der Schweiz
von ihrem Vater übertragen bekommt und die anfallen-
den Zinsen ordnungsgemäß erklären will? Sie kann doch
sicher sein, dass die Finanzbehörde sofort nach der Ka-
pitalquelle fragt. Wenn sie verhindern will, dass sie ihren
Vater wegen Steuerhinterziehung dranbekommen, dann
hilft nur die strafbefreiende Selbstanzeige, die der Vater
rechtzeitig vor dieser vorweggenommenen Erbfolge ein-
reicht.

Aber auch die Finanzbehörden brauchen die strafbe-
freiende Selbstanzeige. Sie benötigen die Mitwirkung
der Steuerpflichtigen bei der Steuerfestsetzung; denn der
Weg von einer Zahl auf einer CD bis zum klagefähigen
Steuerbescheid ist sehr weit, wenn der Steuerpflichtige
nicht mitwirken muss. Das muss er nicht, wenn gegen
ihn ermittelt wird; denn er hat ein Aussageverweige-
rungsrecht.

Aber noch viel wichtiger finde ich, dass wir die Aus-
sage des Steuerpflichtigen für die Gruppe von Menschen
brauchen, die bei Steuerhinterziehung helfen. Banker
und Anlageberater haben sich in der Vergangenheit – na-
türlich in Einzelfällen, aber doch immer wieder – dazu
hinreißen lassen, zu Steuerhinterziehung zu raten. Wir
brauchen im Verfahren gegen diese Berater die Aussage
des Steuerpflichtigen, die er aber nie machen würde,
wenn er sich dadurch selbst belastet. Also brauchen wir
auch hier die strafbefreiende Selbstanzeige, um dem Be-
ratungsmissbrauch einen Riegel vorzuschieben.


(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)


Ich gebe gerne zu, dass wir in der Vergangenheit auch
unbefriedigende Fälle hatten. Wir hatten Fälle, in denen
sehr berechnend mit der Selbstanzeige umgegangen
worden ist; wir alle kennen sie. Wir werden uns – das ist
auch richtig – mit einer Verschärfung der strafbefreien-
den Selbstanzeige anhand der Liste der Vorschläge der
Bund-Länder-Kommission beschäftigen, die über ziem-
lich viele Seiten dargestellt hat, wo Verschärfungen sinn-
voll und wo Verschärfungen nicht sinnvoll sind. Finanz-
minister Schäuble hat einige Beispiele genannt. Ja,
natürlich können wir über den Zeitraum nachdenken, da-
rüber, ob es richtig ist, fünf Jahre zu erklären und das
sechste hinterzogene Jahr weiter zu verschweigen. Wir
können darüber diskutieren, ob es richtig ist, dass derje-
nige, der sich selbst anzeigt, hinterher wirtschaftlich
günstiger dasteht, als wenn er von Anfang an die Steuern
richtig gezahlt hätte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


All diese Fälle wollen wir nicht. Für all diese Fälle ist
die Selbstanzeige auch nicht geschaffen worden, sondern
nur für den, der tatsächlich steuerehrlich in die Zukunft
gehen möchte. Ihm möchten wir diesen Weg ebnen, weil
es im Sinne unserer Gemeinschaft ist, dass die Steuern
eingenommen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die strafbefreiende Selbstanzeige muss aber für den

Steuerpflichtigen berechenbar sein. Das heißt, er muss
wissen, was auf ihn zukommt. Seine Steuerberater und
Anwälte müssen wissen, was sie ihrem Mandanten raten.
Sie müssen auch sicher sein, dass das, was wir von ihm
verlangen, möglich ist. Kontoauszüge der letzten
20 Jahre zu verlangen, ist ganz sicher nicht möglich. Die
Frage, wie weit man steuerehrlich sein kann, wird man
im Einzelfall beurteilen müssen. Wir müssen darauf ach-
ten, dass die betreffenden Mandanten das, was wir be-
schließen, auch erfüllen können, um das Instrument der
Selbstanzeige nicht kaputtzumachen.

In diesem Zusammenhang müssen wir auch über das
Steuergeheimnis sprechen; denn es steht nirgendwo in
der Abgabenordnung, dass das Steuergeheimnis für Pro-
minente und Politiker nicht gilt. Wir müssen die Mög-
lichkeiten bieten, mit der strafbefreienden Selbstanzeige
das Leben zu regeln, ohne jeden Tag in den Zeitungen
dieser Republik durch den Dreck gezogen zu werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das mag vielleicht zu Recht geschehen. Dennoch ist es
nicht richtig. Die Strafe, an den Pranger zu stellen, sieht
die Abgabenordnung nicht vor.

Abschließend: Wir haben auch andere Möglichkeiten.
Wir sollten Steuerhinterziehung direkt verhindern. Wir
haben heute Morgen im Finanzausschuss über den auto-
matischen Informationsaustausch gesprochen. Wir disku-
tieren über BEPS, mit dem wir wirtschaftlich unvernünf-
tige Steuergestaltungen verhindern wollen. Wir wollen
also zukünftig Wege der Steuerhinterziehung erst gar
nicht ermöglichen. Verhinderte Steuerhinterziehung ver-
hindert auch eine strafbefreiende Selbstanzeige. Das
werden wir in dieser Legislaturperiode auf jeden Fall
weiter forcieren, und zwar auf allen Ebenen. Ich freue
mich über jeden, der dabei ist.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801335100

Das Wort hat der Kollege Dr. Thomas Gambke für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über das






(A) (C)



(D)(B)

Dr. Thomas Gambke

Thema „strafbefreiende Selbstanzeige“ ist in der Repu-
blik, in Talkshows und Presseklubs intensiv diskutiert
worden. Ich will das wiederholen, was ich in den letzten
drei Jahren bei drei Gelegenheiten zum Steuerabkom-
men mit der Schweiz sagen durfte. Herr Schäuble, ich
kann Ihnen nicht ersparen, Ihnen zu sagen, dass ich ein
bisschen enttäuscht darüber bin, dass der automatische
Informationsaustausch im Steuerabkommen explizit aus-
geschlossen wurde, um so zu versuchen, dieses Abkom-
men – Sie haben darauf hingewiesen, wie wichtig es sei,
weil sonst Verjährungsfristen eintreten würden und so
dem Staat Geld entgehe – zu retten. Wenn dieses Steuer-
abkommen verabschiedet worden wäre, dann hätte es
keinen Fall Hoeneß und keinen Fall Schwarzer gegeben,
und dann würden wir über den Umgang mit der strafbe-
freienden Selbstanzeige überhaupt nicht diskutieren. Ich
finde, da wäre ein bisschen mehr Ehrlichkeit angebracht
gewesen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will die Debatte etwas erweitern. Wir tun so, als
ob es ausschließlich um die strafbefreiende Selbstan-
zeige ginge. Wir sollten auch einmal vor der eigenen Tür
kehren. In der EU-Zinsrichtlinie und ihrer Erweiterung
wird gefordert, Informationen über Steuerpflichtige wei-
terzugeben. Was machen wir in Deutschland? In
Deutschland machen wir das nicht. Eine Möglichkeit,
das zu beheben – wir Grüne fordern das –, wäre, die Ab-
geltungsteuer wieder abzuschaffen, sodass sich jeder er-
klären muss. Zumindest muss aber den Banken – das ha-
ben wir schon vor drei Jahren gefordert – die Pflicht
auferlegt werden, eine Kontrollmitteilung über Kapital-
einkünfte an die Finanzämter zu geben. Machen Sie das,
damit wir uns auch in Deutschland endlich ehrlich ma-
chen und hier Transparenz schaffen! Das ist Vorausset-
zung für Steuerehrlichkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ich denke, dass das Instrument der strafbefreienden
Selbstanzeige, dessen Schwierigkeiten der Herr Bundes-
minister dargelegt hat, nach wie vor seine Berechtigung
hat; ich möchte das gar nicht wiederholen. Aber wir
müssen genauer hinschauen; denn die Tatsache, dass die
strafbefreiende Selbstanzeige dazu führen kann, dass
sich derjenige, der sie nutzt, besserstellt als der ehrliche
Steuerzahler, existiert nicht erst seit heute, Frau
Tillmann. Wenn Sie unseren Antrag vor drei Jahren tat-
sächlich gelesen


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wir haben alles gelesen!)


und nicht nur gegen ihn gestimmt hätten, dann hätten Sie
mitbekommen, dass wir eine Erhöhung des Strafzu-
schlags gefordert haben. Die Bund-Länder-Kommission
fordert das nun. Wir müssen aber auch über die Fristig-
keit, mit der sie fällig wird, reden. Das alles steht darin.
Ich vertraue sehr auf die Kollegen der SPD, die hoffent-
lich unvoreingenommener an das Thema herangehen
und sich endlich damit beschäftigen, die strafbefreiende
Selbstanzeige auch in Deutschland zu einem Instrument
zu machen, das fair und richtig ist und nicht den belohnt,
der die Steuern nicht zahlt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn!)


– Das ist kein Unsinn, sondern genau das, was wir ma-
chen müssen und was ich im Übrigen Gott sei Dank
auch höre.

Dazu gehört aber auch, dass wir den Abstand zu dem,
der straffällig wird, weil er sich nicht erklärt, im Auge
behalten. Auch daran muss man denken. Es macht kei-
nen Sinn, bei strafbefreienden Selbstanzeigen Fristen,
den Strafzuschlag oder andere Details zu korrigieren,
aber denjenigen, der eine strafbefreiende Selbstanzeige
einreicht, schlechter zu stellen als den, der erwischt
wird. Ich bitte Sie, doch sehr darauf zu achten, ein ver-
nünftiges Instrument vorzulegen, und nichts zu unter-
nehmen, was nur der momentanen Debatte geschuldet
ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme auf das Thema Transparenz zurück, weil
das der kritische Punkt ist. Das betrifft die CD-Ankäufe
und den automatischen Informationsaustausch. Ich bitte,
noch einmal darüber nachzudenken, ob wir nicht mit
mehr Nachdruck in die Doppelbesteuerungsabkommen
und in die Steuerinformationsaustauschabkommen ent-
sprechende Regelungen aufnehmen sollten. Da vermisse
ich – Sie kennen meine Nachfragen im Finanzaus-
schuss – ein wirkliches Bekenntnis dazu, kein einziges
Doppelbesteuerungsabkommen abzuschließen, wenn nicht
ein automatischer Informationsaustausch vereinbart ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein letztes Wort dazu: Dazu gehört auch, dass wir uns
endlich damit befassen, dass es nicht nur steuerpflichtige
Personen gibt, sondern auch steuerpflichtige Trusts und
Stiftungen. Wir müssen im Auge behalten, dass es einige
gibt, die sich verstecken. Wir haben das lange gehabt.
Ich will jetzt nichts zitieren, weil das in die Vergangen-
heit reicht. Wir müssen endlich Transparenz bei Stiftun-
gen und Trusts herstellen. Das sollten Sie mit betrachten,
wenn Sie Änderungen vornehmen. Wir sollten darauf
achten, dass auch die unpersönlichen Organisationen
transparent werden.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801335200

Ein kleiner Hinweis an die Kolleginnen und Kolle-

gen, die wie Sie zu den Erfahrenen gehören: Die Ankün-
digung des letzten Wortes ersetzt nicht das Ende der
Rede, möglichst dann auch in der angegebenen Redezeit.

Das Wort hat der Kollege Bernhard Daldrup für die
SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Bernhard Daldrup (SPD):
Rede ID: ID1801335300

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Gleichviel ob man sich über die Anzahl von
Selbstanzeigen und den Umfang von Steuerhinterzie-
hungen empört oder ob man erschrocken ist, in jedem
Fall ist schon einmal richtig, dass das Gerechtigkeitsge-
fühl der Menschen in unserem Land zutiefst verletzt ist.
Deshalb ist die Empörung, die wir in weiten Teilen der
Bevölkerung über diesen Sachverhalt spüren, auch be-
rechtigt.


(Beifall bei der SPD)


Richtig ist auch, dass vor allem die Angst vor Straf-
verfolgung die Selbstanzeigen ausgelöst hat. Es ist nicht
Einsicht oder Reue als Motiv, sondern es ist in Wirklich-
keit die Erwartung, qua strafbefreiender Selbstanzeige
mit einem blauen Auge davonzukommen, auch wenn die
vielen Einzelfälle deshalb nicht falsch sind, die Sie, Frau
Tillmann, angesprochen haben. Deswegen ist es zu-
nächst einmal gut, sich daran zu erinnern, dass seinerzeit
der Weg eines quasi amnestierenden Steuerabkommens
mit der Schweiz gescheitert ist.

Lassen Sie mich als Neuling jenseits der steuer- und
auch strafrechtlichen Betrachtung eine Bemerkung ma-
chen. Es ist schon mein Eindruck, dass die Selbstanzei-
gen die politische Kultur, also das Verhältnis der Bevöl-
kerung zum Rechtsstaat oder, wie Carlo Schmid das
einmal genannt hat, das Verhältnis zur sittlichen Idee
von Gerechtigkeit, auf das Schwerste belasten. Ich halte
es in der Tat für ein Problem, das jenseits von Fragen zu-
sätzlicher finanzieller Einkünfte besteht und das eine
schwere Belastung der politischen Kultur darstellt. Die-
ses Problem darf und kann in unserem Land perspekti-
visch nicht bestehen bleiben.


(Beifall bei der SPD)


Die prominenten Fälle der jüngsten Vergangenheit
stehen meines Erachtens pars pro toto für eine vermeint-
lich gesellschaftliche Elite, die das Vertrauen in und den
Glauben an den Rechtsstaat bedroht. Aber es sind nicht
nur wenige Promis; wir reden in Wirklichkeit über
46 000 Selbstanzeigen mit einem Volumen an zusätzlich
nachgezahlten Steuern von round about 3 Milliarden
Euro. Das sind also schon ganz erhebliche Summen.
Deswegen ist es gut, dass die Länderfinanzminister – wenn
ich es flapsig sagen darf – die Kavallerie haben ausreiten
lassen.

Was sollen wir also tun angesichts eines unterfinan-
zierten Staates, der auf seine Einnahmen angewiesen ist,
und der unzweifelhaften Notwendigkeit, dem Rechts-
staat Geltung zu verschaffen? Was ist eigentlich erfor-
derlich? Empörung, Herr Ernst, ist ein guter Ansporn für
politisches Handeln, aber kein hinreichender. Wir müs-
sen konkret werden. Wenn vor der perspektivischen Ab-
schaffung der strafbefreienden Selbstanzeige Schritte
zur deutlichen Verschärfung gegangen werden sollen,
dann will ich einige Anforderungen nennen, fünf an der
Zahl.

Erstens. Das Netz zur Vermeidung von Steuerhinter-
ziehung muss engmaschig sein. Das heißt, Steuerprü-
fung und Steuerfahndung müssen wirksam werden. Ihre
Ausdünnung ist jedenfalls kein Instrument regionaler
Wirtschaftsförderung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Zweitens. Der automatische Informationsaustausch,
auch mit Ländern wie der Schweiz, Luxemburg oder
weiteren, muss schnellstens internationaler Standard
werden.

Drittens. Das Angebot des Staates, durch die Nach-
zahlung der Steuern zur Steuerehrlichkeit zurückzukeh-
ren, sollte endlich sein oder allenfalls auf Bagatellfälle
begrenzt werden. Es gibt jedenfalls gute Gründe, die
strafbefreiende Selbstanzeige perspektivisch abzuschaf-
fen. Steuerhinterziehung war und ist kein Kavaliers-
delikt, und das sollte auch so bleiben. Frau Paus, die So-
zialdemokraten haben dazu keinerlei Belehrungen nötig.


(Beifall bei der SPD)


Viertens. Die strafbefreiende Selbstanzeige muss so
präzise sein, dass Nachzahlungen und Zuschläge über
der Höhe der Steuerhinterziehung liegen. Sie darf weder
eine faktische Einladung zu Steuerhinterziehung noch
ein Angebot zum Ablasshandel sein. Keine Regelung
sollte den Steuerhinterzieher besser stellen als den ehrli-
chen Steuerzahler. Die Stichworte dazu, wie es zu einer
solchen Verschärfung kommen kann, lauten beispiels-
weise „Entrichtung von Hinterziehungszinsen“, „Erhö-
hung des Zuschlages“, „Synchronisierung von Verjäh-
rungsfristen zwischen Steuerrecht und Steuerstrafrecht“.
Das sind Punkte, die zuletzt beispielsweise von Norbert
Walter-Borjans angesprochen worden sind. Ich glaube
auch, dass die Schwelle für schwere Steuerhinterziehung
von 50 000 Euro pro Tat relativ hoch angesetzt ist.
50 000 Euro sind, jedenfalls nach dem Verständnis des
überwiegenden Teils der Gesellschaft, nicht gerade eine
Bagatelle.

Vor der Abschaffung einer strafbefreienden Selbstan-
zeige hat sich die Koalition darauf verständigt, dieses In-
strument zu verschärfen und möglichst viel Geld aus il-
legalen Steuerverstecken in die staatlichen Haushalte
fließen zu lassen, was ansonsten eben gar nicht erzielbar
wäre. Diesen Weg sollten wir weiter beschreiten. Wir
werden sicher schon bald die Neuregelungen bekom-
men, die aus der entsprechenden Bund-Länder-Fach-
arbeitsgruppe stammen. Darüber hinaus benötigen wir
aber auch eine entsprechende internationale Synchroni-
sierung des Steuerrechts, um berechtigte Ansprüche
durchsetzen zu können. Es liegt also eine ganze Menge
an praktischer Arbeit vor uns, die wir in der nächsten
Zeit intensiv verrichten sollten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801335400

Kollege Daldrup, das war Ihre erste Rede im Hohen

Hause. Ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass Sie
nicht nur Ihre erste Rede erfolgreich gehalten haben,
sondern dass Ihnen auch etwas gelungen ist, was den






(A) (C)



(D)(B)

Vizepräsidentin Petra Pau

wenigsten Rednerinnen und Rednern bei der ersten, bei
der zweiten, manchmal auch bei der hundertsten gelingt:
Sie sind in der Redezeit geblieben.


(Beifall)


Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für Ihr weiteres
Wirken!

Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege
Dr. h. c. Hans Michelbach das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1801335500

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Angesichts der Debattenbeiträge der Opposition
ein paar klarstellende Bemerkungen vorweg:

Erstens. Es ist nicht verboten, Geld im Ausland anzu-
legen.

Zweitens. Ein Freispruch ist ein Freispruch, und Steu-
ergeheimnis muss Steuergeheimnis bleiben. Steuerhin-
terziehung muss bestraft werden. Das scheint sich noch
nicht überall herumgesprochen zu haben.

Drittens. Wer durch Geldanlage im Ausland Gewinne
macht, muss sie ordnungsgemäß versteuern.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Genau!)


Viertens. Auch heute ist festzustellen, dass das leider
nicht alle tun.

Damit wären wir beim eigentlichen Thema der heuti-
gen Aktuellen Stunde. Diese Debatte mit der Attitüde
des Klassenkampfes zu führen,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: So ein Schmarrn!)


wie das heute hier wieder einmal zu erleben war, bringt
uns allerdings nicht weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Gehen Sie auf den Inhalt ein!)


Was wir brauchen, ist eine sachliche Debatte mit dem
Ziel, Wege zu finden, wie der Staat an die ihm zustehen-
den Steuern kommt. Deshalb geht es natürlich um Steu-
erhinterziehung, aber nicht nur um Steuerhinterziehung;
es geht auch um falsche grenzüberschreitende Steuerge-
staltung, Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage,
Gewinnverschiebung internationaler Konzerne usw. usf.

Es ist nämlich nicht hinnehmbar, dass einige Kon-
zerne hier kaum Steuern zahlen, aber gleichzeitig die
steuerzahlenden Mittelständler das Wasser abgegraben
bekommen. Das vernichtet Arbeitsplätze vor Ort. Das ist
unfaire Konkurrenz. Das bedeutet letzten Endes Wettbe-
werbsverzerrung. Auch das gehört zum Thema, meine
Damen und Herren, über das hier zu reden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


Weil das so ist, hat diese Koalition vereinbart, die in-
ternationale Zusammenarbeit in Steuersachen Schritt für
Schritt gänzlich zu verbessern. Natürlich gehört dazu
insbesondere die Bekämpfung der Steuerhinterziehung.
Wir, die Union, haben in den vergangenen Jahren We-
sentliches dazu beigetragen, um unlauteren Machen-
schaften einen Riegel vorzuschieben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Legalisieren wollten Sie!)


Wir haben 36 bilaterale Abkommen unter dem Bundes-
minister Dr. Wolfgang Schäuble beschlossen. Unter Rot-
Grün waren es leider nur 6 Abkommen. Das sind die
Tatsachen, meine Damen und Herren.

Wir haben das Instrument der strafbefreienden Selbst-
anzeige durch die Verlängerung der Verjährungsfrist auf
zehn Jahre und die Verpflichtung zur vollständigen Of-
fenbarung der hinterzogenen Steuern sinnvoll verschärft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich glaube, es ist auch hier nicht überall bekannt, dass
Zuschläge von 6 Prozent pro Jahr von dem bezahlt wer-
den müssen, der sich endlich ehrlich macht. Auch das
gehört zur Wahrheit und gehört in der Öffentlichkeit
deutlich gesagt.


(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und den Säumniszuschlag! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Er ist nicht vorbestraft!)


Aus verschiedenen Gründen sind wir aber in einigen
Punkten bei der Sicherstellung der Steuern nicht so weit
gekommen, wie es möglich gewesen wäre – ich stehe
dazu –; zum Schaden übrigens der Haushalte von Bund,
Ländern und Kommunen. Ich will da nicht nachkarten
mit dem Hinweis darauf, was wir mit dem Abkommen
mit der Schweiz erreicht hätten, aber Sie müssen sich
immer wieder dafür verantworten, was in die Verjährung
gegangen ist, meine Damen und Herren. Was wir einge-
nommen hätten, das verschweigen Sie nämlich, wenn
Sie über dieses Abkommen sprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Straftäter schützen wollt ihr!)


Der Versuch, die Meinungsführerschaft bei der Be-
kämpfung der Steuerhinterziehung zu behaupten, darf
nicht zu blankem Populismus führen. Den Kollegen sage
ich immer wieder nur: In Nordrhein-Westfalen wurden
570 Ermittlungsverfahren begonnen. Bisher sind 19 Steuer-
hinterzieher bestraft worden. Auch das gehört zur Wahr-
heit, meine Damen und Herren. Also: Jeder kehre vor
seiner eigenen Tür.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es geht jetzt darum, dass wir sachbezogen prüfen, ob
und, wenn ja, inwieweit eine weitere Reform der strafbe-
freienden Selbstanzeige notwendig ist. Klar ist: Ohne die
strafbefreiende Selbstanzeige wären die vielen Fälle gar
nicht erst ans Licht gekommen; denn bei der strafbefrei-
enden Selbstanzeige erklärt der Steuersünder sein Verge-
hen umfassend; hingegen hätte er im Strafverfahren
selbst – der Minister hat es gesagt – ein Auskunftsver-
weigerungsrecht. Deshalb warne ich davor, das Instru-
ment der strafbefreienden Selbstanzeige abzuschaffen.






(A) (C)



(D)(B)

Dr. h. c. Hans Michelbach

Im Rechtsstaat gilt nun einmal der Grundsatz: Niemand
darf gezwungen werden, sich selbst zu belasten. – Das
heißt aber auch: Die Steuerquellen bleiben weiterhin im
Dunkeln, und es gibt auch keine Einnahmen; denn Men-
schen zeigen sich nicht selber an, wenn die Strafe so
oder so identisch ausfällt.

Die Vergangenheit lehrt zudem: Das Institut der straf-
befreienden Selbstanzeige hat funktioniert, meine Da-
men und Herren. Es hat 70 000 strafbefreiende Selbst-
anzeigen gegeben, die über 3 Milliarden Euro an
Einnahmen erbracht haben. Das ist nicht die Priorität,
aber das zeigt auch die Funktionsfähigkeit des Instru-
ments.

Unser Ziel muss sein, Steuerhinterziehung erst gar
nicht zu ermöglichen. Wir haben vor, den automatischen
Informationsaustausch mit allen Ländern jetzt auf den
Weg zu bringen. Lassen Sie uns gemeinsam mit Sachbe-
zogenheit und Vernunft für mehr Steuergerechtigkeit
und mehr Steuerehrlichkeit in diesem Land kämpfen.
Dann haben wir viel erreicht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801335600

Das Wort hat die Kollegin Margaret Horb für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Margaret Horb (CDU):
Rede ID: ID1801335700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Strafbefreiende Selbstanzeige – unter diesem Titel wer-
den hochmoralische Debatten geführt gemäß dem
Kennedy-Motto: Frage nicht, was der Staat für dich tun
kann, sondern frage, was du für den Staat tun kannst. –
Die Antwort lautet: Das Mindeste ist doch, Steuern zu
zahlen. Und jetzt soll man sich Straffreiheit von Steuer-
hinterziehung einfach erkaufen können. Ist das gerecht?

Hier muss man ganz klar sagen: Die meisten, die wir
durch Selbstanzeige erwischen, wären unentdeckt ge-
blieben. Der Gerechtigkeit wäre also nicht mehr,
sondern eher weniger Genüge getan, wenn wir die
Selbstanzeige nicht hätten. Wirklich straffrei ist die
Selbstanzeige ja ohnehin nicht.

Ich sehe diese Debatte aber auch pragmatisch: Die
strafbefreiende Selbstanzeige bedeutet unter anderem
eine erhebliche Entlastung für unsere Finanz- und Justiz-
behörden. Fragen Sie doch einmal die Fachpolitiker Ih-
rer Fraktion. Wenden Sie sich an die Fachleute in der
Finanzverwaltung oder der Justiz, auch und gerade auf
Landesebene. Ob in Berlin, Hamburg, Mannheim oder
Mosbach, überall werden Sie dieselbe Antwort bekom-
men. Eine Antwort übrigens, die Sie selber – mit Aus-
nahme der Fraktion der Linken – im vergangenen Jahr
hier im Bundestag gegeben haben: ein klares Ja zur straf-
befreienden Selbstanzeige.
Warum? Weil die hinterzogenen Steuern sofort be-
zahlt werden, vollständig, mit Hinterziehungszinsen und
gegebenenfalls mit Zuschlag.

Die Alternative zu einer Selbstanzeige kenne ich aus
meiner Arbeit in der Finanzverwaltung sehr gut. Bei
Steuerhinterziehung liegt die Beweislast bei den Behör-
den. Aufgrund einer bloßen Vermutung kann die Steuer-
fahndung nicht anrücken. Zunächst braucht es erste Hin-
weise, zum Beispiel aufgrund einer Anzeige oder
aufgrund von Daten auf einer Steuer-CD. Erst wenn ein
konkreter Anfangsverdacht besteht, wird der Richter das
Okay für eine Hausdurchsuchung geben. Bis es so weit
ist, muss eine Menge Vorarbeit geleistet werden: Daten
müssen recherchiert, aufgearbeitet und mit den Daten in
der Steuererklärung abgeglichen werden. Wir reden hier
aber nicht von einer Nullachtfünfzehn-Steuererklärung
mit zwölf Seiten. In so einem Fall geht es um Aktenord-
ner mit Belegen und Unterlagen, und zwar kistenweise.
Die Fahnder müssen die Einkünfte selbst zusammenstel-
len, aus Unterlagen, die teilweise in verschiedenen Spra-
chen verfasst sind, die mehrere Jahre übergreifen, und
das alles ohne die Mithilfe des Steuerpflichtigen. Steuer-
hinterzieher und Steuerbehörde verfolgen entgegen-
gesetzte Ziele. Während der eine versucht, möglichst
wenig preiszugeben, arbeiten die anderen an einer um-
fassenden Aufklärung. Mit der Änderung der Steuerbe-
scheide ist es da noch lange nicht getan. Einspruchs-
oder gar Klageverfahren sind zu erwarten, und es verge-
hen oft Jahre, in denen nicht nur die zuständigen Finanz-
behörden, sondern auch die Justiz weiter an dem Fall ar-
beiten. Dann bleibt oft fraglich, ob und wann die
geschuldeten Steuern fließen. Die Erhebung hierzu bin-
det weitere enorme Kapazitäten. Parallel dazu läuft das
Strafverfahren. Fakt ist: Das braucht viel Zeit und Perso-
nal, und es kostet den Steuerzahler viel Geld.

Bei der strafbefreienden Selbstanzeige hingegen ar-
beiten Steuerpflichtiger und Finanzbehörde zusammen,
sodass aufwendige Recherche und Beweisführung ent-
fallen. Der Steuerpflichtige legt seine Steuererklärungen
und alle notwendigen Belege in geordneter Art und
Weise bei der Finanzbehörde vor. Die Unterlagen müs-
sen lediglich noch geprüft werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht bei
der strafbefreienden Selbstanzeige nicht darum, eine be-
stimmte Gruppe von Straftätern zu bevorzugen. Es geht
nicht darum, sie ihrer gesellschaftlichen Pflicht zu enthe-
ben. Es geht vielmehr darum, dem Staat bisher verheim-
lichte Geldmittel und Steuerquellen zu erschließen –
Geld, an das wir ohne die strafbefreiende Selbstanzeige
nicht gekommen wären.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


Ich frage Sie: Können wir auf dieses Geld verzichten?
Nein. Denn wir brauchen es für unsere Schulen, unsere
Krankenhäuser und unsere Kommunen. Auch das ist
eine Frage der Gerechtigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) (C)



(D)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801335800

Kollegin Horb, das war Ihre erste Rede im Hohen

Hause. Ich gratuliere Ihnen dazu und wünsche Ihnen im
Namen des gesamten Hauses viel Erfolg für Ihre weitere
Arbeit.


(Beifall – Margaret Horb [CDU/CSU]: Danke!)


Das Wort hat der Kollege Dr. Carsten Sieling für die
SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1801335900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Zu Beginn will ich noch ein-
mal ausdrücklich sagen, dass wir in dieser Koalition die
Vereinbarung haben, dass wir in der Steuerpolitik einen
Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Steuerhinterzie-
hung und Steuerumgehung setzen. Dafür haben wir ver-
einbart, dass wir die Regelungen zur Selbstanzeige wei-
terentwickeln. Dazu konnten wir nur kommen – ich
muss das an dieser Stelle sagen –, weil für mich Vergan-
genheit Vergangenheit ist. Kollege Michelbach, Sie
haben das deutsch-schweizerische Steuerabkommen an-
gesprochen. Die Wahrheit ist doch: Wenn dieses Ab-
kommen damals abgeschlossen und nicht von Rot-Grün
verhindert worden wäre,


(Zuruf von der CDU/CSU: Ein paar Milliarden!)


bräuchten und würden wir heute über dieses Thema
nicht sprechen. Wir haben gerade deshalb so viele CDs
bekommen. Es gibt einen prominenten Steuerhinterzie-
her aus Bayern, der etwas mit Fußball und Wurst zu tun
hat. Er hat deutlich gemacht, dass er in die Falle gegan-
gen ist, weil er geglaubt hat, es komme zu dem deutsch-
schweizerischen Steuerabkommen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Den habt ihr reingelegt!)


Lassen Sie uns bei der Wahrheit bleiben, meine Damen
und Herren. Es war gut, dass dieses Abkommen nicht
beschlossen wurde, und das war die Grundlage für das,
was wir heute haben.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte betonen, dass wir die Debatte über die
Frage der Selbstanzeige sehr sensibel führen, weil es na-
türlich eine Belastung – verschiedene Rednerinnen und
Redner haben es angesprochen – für das Gerechtigkeits-
gefühl vieler Menschen ist. Ich darf hier sagen: Das be-
trifft alle Parteien hier im Raum. In einer gestrigen Pres-
semitteilung heißt es:

Die Selbstanzeige ist ein Handel mit der Gerechtig-
keit zugunsten der ökonomischen Eliten.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau so ist es!)

Das hat der Vizevorsitzende der CDA, der Christlich-
Demokratischen Arbeitnehmerschaft – einer Organisa-
tion der CDU – erklärt.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Recht hat er!)


Ich sage das hier nicht, Kollege Ernst, um mit Fingern zu
zeigen,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Recht hat er!)


sondern um darauf hinzuweisen, dass wir sehr sensibel
argumentieren und arbeiten müssen. Es muss das Prinzip
sein, dass wir auch bei den Fällen der Selbstanzeige eine
große Härte an den Tag legen, um mit diesem Instrument
eine Glaubwürdigkeit zu erreichen, sonst schlägt es fehl
in der politischen Öffentlichkeit und in der Gesellschaft.


(Beifall bei der SPD)


Wenn wir bei diesem Thema sind, will ich auch sa-
gen, dass wir auf der Grundlage der Ergebnisse einer
Kommission aus Bund und Ländern arbeiten werden.
Die Kolleginnen und Kollegen der Grünen haben deut-
lich gemacht, dass das auch unter der Mitwirkung von
grünen Landesregierungen – in Nordrhein-Westfalen, in
Schleswig-Holstein, in Baden-Württemberg, in Bremen
und in vielen anderen Bundesländern – geschieht. Aber
dies geschieht auch unter Beteiligung des Bundeslandes
Brandenburg, in dem die Linke mitregiert. Deswegen
verstehe ich Ihr Herangehen heute nicht. Machen Sie
dort Klarschiff, und machen Sie deutlich, worum es
geht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bezüglich der Glaubwürdigkeit möchte ich zwei The-
men ansprechen, die wir sehr sorgsam diskutieren müs-
sen. Uns geht es nicht darum, die Gefängnisse zu füllen,
wie der Finanzminister aus Rheinland-Pfalz gesagt hat,
sondern wir wollen unser Geld haben.

Wir erwarten Kooperation, aber wir sind nicht doof.
Wir wollen unser Geld zurückhaben. Ein Debattenpunkt
betrifft dabei die Verjährungsfristen. Es ist richtig – das
ist verschiedentlich gesagt worden –, dass wir den Weg
in Richtung einer Verjährungsfrist von zehn Jahren ge-
hen. Ich möchte aber dazu aufrufen, offen darüber zu
diskutieren. Der bayerische Finanzminister, Herr Söder,
empfiehlt eine Verjährungsfrist von 15 Jahren. Norbert
Walter-Borjans, nordrhein-westfälischer Finanzminis-
ter, spricht davon, den Zeitpunkt, an dem die Verjäh-
rungsfrist beginnt, zu verschieben, weg vom Zeitpunkt
der Tat selber, hin zum Zeitpunkt der Entdeckung der
Tat. Das wäre eine weitgehende Veränderung des Sach-
verhalts. Da geht es darum, dass wir das Geld wieder-
bekommen; es geht nicht um den strafrechtlichen Sach-
verhalt. Ich möchte gerne, dass wir darüber offen
diskutieren und es weiterentwickeln.

Zweiter Punkt: die Bagatellgrenze. Bei einer Steuer-
schuld von bis zu 50 000 Euro spricht man jetzt von ei-
ner Bagatelle. Das will ich hier auch vor dem Hinter-
grund der jüngsten Fälle ansprechen. Bei einer
Steuerschuld von 50 000 Euro kann man bei einem an-
genommenen durchschnittlichen Steuersatz von 30 bis






(A) (C)



(D)(B)

Dr. Carsten Sieling

35 Prozent – davon geht man bei Frau Schwarzer aus –
auf ein Einkommen von 150 000 Euro schließen, das die
entsprechende Person hatte, ohne es zur Versteuerung zu
bringen. Wie erzielt man ein solches Einkommen von
150 000 Euro? Wenn die Einnahmen aus Zinseinkünften
aus Vermögen stammen und man einen Zinssatz von
4 Prozent zugrunde legt, reden wir über ein Vermögen
von 6 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, ich
finde, da wird der Begriff Bagatelle überdehnt.


(Beifall bei der SPD)


Deshalb bitte ich sehr darum, die Frage der Stufung und
diese Dinge in unsere weiteren Beratungen aufzuneh-
men.

Die Finanzminister werden einen Vorschlag machen.
Vorschläge kommen ins Parlament, und häufig kommen
sie verändert wieder heraus. Vielleicht sollten wir in
diese Richtung arbeiten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801336000

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege

Philipp Graf Lerchenfeld das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Graf Philipp Lerchenfeld (CSU):
Rede ID: ID1801336100

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Hohes Haus! Sehr

geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, Kollege
Ernst, bei Ihrer Rede habe ich mich ein bisschen an ein
Bonmot erinnert gefühlt:

Wissen ist Macht. Nichts wissen macht nichts.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie haben anscheinend nicht nur keine Ahnung von der
Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Eine fürstliche Einführung war das! – Gegenruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gräflich!)


sondern Sie haben selbstverständlich auch nichts von ei-
nem – –


(Zuruf von der LINKEN: Die erste Rede!)


Sie sollten die richtigen Titel nehmen, lieber Kollege
Ernst. Auch bei Ihnen ist der Titel sicherlich falsch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Entschuldigung! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Man soll in seiner ersten Rede aber nicht frech werden!)


– Gewöhnen Sie sich bitte daran. Ich versuche, das wei-
ter aufrechtzuerhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie haben keine Ahnung von der Finanzverfassung
der Bundesrepublik Deutschland. Sie haben auch be-
hauptet, dass es ein einmaliger Fall im deutschen Straf-
recht ist, dass man bei einer Selbstanzeige der Strafe ent-
gehen kann. Hier kann ich Ihnen nur empfehlen, den
alten juristischen Satz zu nutzen:

Ein Blick ins Gesetzbuch erleichtert die Rechtsfin-
dung.

Wenn ein Brandstifter ein von ihm gelegtes Feuer
wieder löscht, kann das Gericht nach § 306 e Strafge-
setzbuch von einer Bestrafung absehen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Aber er bleibt nicht definitiv straffrei!)


Sogar im Fall einer schweren Brandstiftung, die zu den
gemeingefährlichen Straftaten gehört, reicht schon sein
freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, das von ihm ge-
legte Feuer zu löschen, damit ihm Straffreiheit gewährt
wird.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Vom Gericht!)


Das ist nicht der einzige Fall, in dem tätige Reue zur
Straffreiheit führt. Es gibt zahlreiche andere Bestimmun-
gen, die in gleicher Art und Weise zur Straffreiheit
führen: Bei Hinterziehung von Sozialbeiträgen gibt es
strafbefreiende Regelungen der Selbstanzeige. Bei Geld-
wäsche, bei Geldfälschung, bei Subventionsbetrug kann
der Täter auch auf Straffreiheit hoffen, wenn er sich
selbst bezichtigt. Und, Kollege Ernst, sogar im Parteien-
gesetz gibt es eine echte strafbefreiende Selbstanzeige.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Warum eigentlich? Habt ihr darüber mal nachgedacht?)


Im Fall der Selbstanzeige bei der Steuerhinterziehung
allerdings kann man von einer echten Straffreiheit über-
haupt nicht sprechen. Wer sich selbst anzeigt, muss die
Steuern nachzahlen und hat dazu eine Verzinsung von
6 Prozent pro Jahr zu entrichten. Außerdem ist, wie vor-
hin schon von vielen angedeutet wurde, ein Strafzu-
schlag von 5 Prozent zu zahlen.

In der letzten Legislaturperiode wurden erhebliche
Verschärfungen im Bereich der Selbstanzeige vorge-
nommen. Es sei hier erwähnt, dass die Straffreiheit nur
noch bei umfassender Selbstanzeige aller Hinterzie-
hungssachverhalte gewährt wird. Der Zeitraum der
Selbstanzeige wurde zudem verkürzt auf den Zeitpunkt
der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung. Darüber hi-
naus werden, wie erwähnt, zusätzliche Strafzuschläge in
Höhe von 5 Prozent bei einer Steuerhinterziehung von
über 50 000 Euro erhoben.

Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir
Steuerhinterziehung noch stärker verfolgen werden. Wir
haben dazu viele Möglichkeiten; das ist von den Vorred-
nern auch aufgezeigt worden. Aber wir sollten den reui-
gen Steuerhinterziehern den Weg zurück zur Steuerehr-
lichkeit nicht verbauen, weil dadurch die Aufdeckung
aller Sachverhalte im Zusammenhang mit der Steuerhin-
terziehung durch die Mitwirkung der Steuerpflichtigen
gewährleistet wird. Die Zahl der Selbstanzeigen hat in
den letzten Jahren deutlich zugenommen. Allein im Jahr
2013 gab es fast 26 000 Selbstanzeigen. Dem deutschen
Fiskus sind so immerhin 3,5 Milliarden Euro zugeflos-
sen.






(A) (C)



(D)(B)

Philipp Graf Lerchenfeld

Wissen Sie, ein Aspekt kommt mir in der Diskussion,
die wir in den letzten Tagen geführt haben, erheblich zu
kurz: Wer sich den Finanzbehörden offenbart, hat selbst-
verständlich auch das Recht, auf das Steuergeheimnis
vertrauen zu können.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Richtig!)


Ich finde es unerträglich, wenn Einzelne in Finanzbehör-
den oder Strafverfolgungsbehörden in unglaublicher Art
und Weise gegen den § 30 AO verstoßen und Steuerge-
heimnisse an die Öffentlichkeit bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das sind Straftaten, die ebenso ernsthaft verfolgt werden
müssen wie Steuerhinterziehung. Die Weitergabe von
Informationen an Medien verletzt nicht nur das Steuer-
geheimnis, sondern ist im Zweifel auch noch kontrapro-
duktiv hinsichtlich der Ziele der Selbstanzeige; denn der
eine oder andere wird sich sicherlich überlegen, ob er
den Schritt zurück in die Steuerehrlichkeit wagt, wenn er
sich nicht sicher sein kann, dass er in den Medien nicht
durch den Dreck gezogen wird, wie meine Kollegin vor-
hin gesagt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die permanente Verletzung des Steuergeheimnisses
kann nicht einfach so hingenommen werden. Das Bun-
desverfassungsgericht umschreibt das so – ich zitiere
mit Erlaubnis des Präsidiums –: Mit der Vorschrift
– § 30 AO Steuergeheimnis – wird „der Zweck verfolgt,
durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsver-
schwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung steuerli-
cher Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren
zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen
und eine gesetzmäßige, d. h. insbesondere auch eine
gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen“.

Durch die permanente Verletzung des Steuergeheim-
nisses werden die Grundsätze des Bundesverfassungsge-
richtes, die ich eben zitiert habe, in sträflicher Art und
Weise missachtet.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801336200

Kollege Graf Lerchenfeld, auch für Sie war das heute

die erste Rede im Hohen Hause. Ich wünsche Ihnen viel
Erfolg für Ihre weitere Arbeit.


(Beifall)


Nun hat der Kollege Klaus-Dieter Gröhler für die
CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Klaus-Dieter Gröhler (CDU):
Rede ID: ID1801336300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Letzter Redner zum letzten Tagesordnungspunkt
zu sein, ist eine Herausforderung. Aber ich will die He-
rausforderung als Chance begreifen, eine Zusammenfas-
sung vorzunehmen.
Ich will mit dem Kollegen Ernst beginnen, dem es
nicht wirklich um eine ernsthafte – Sie sehen mir bitte
dieses Wortspiel nach – Auseinandersetzung mit den
Vor- und Nachteilen der Abschaffung ging. Vielmehr
ging es ihm um eine ganz andere Frage, auf die ich
gleich eingehen will.

Auch bei meiner lieben Kollegin Paus habe ich eine
ernsthafte Auseinandersetzung mit der Fragestellung
vermisst:


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Jetzt müssen Sie aber auch ernst werden!)


Was würde denn passieren, wenn man dieses Rechtsin-
stitut tatsächlich aufgeben würde? Wo wären für den
Staat die Vor- und die Nachteile? Das ist völlig ausge-
blendet worden.


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich gesagt, dass wir das abschaffen sollen?)


Dem Kollegen Ernst und seiner Fraktion ging es um
etwas ganz anderes, und zwar zum einen offensichtlich
um ein Warmlaufen für beginnende Wahlkämpfe


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Worum geht es Ihnen denn?)


in diesem Jahr und zum anderen um die Frage der ideo-
logischen Selbstbestimmung: auf der einen Seite diejeni-
gen, die mit den Kleinen Seit’ an Seit’ schreiten, und auf
der anderen Seite diejenigen, die die großen Steuerbetrü-
ger vor dem Zugriff des Staates schützen. Das werden
Ihnen die Leute aber nicht durchgehen lassen. Sie wer-
den nämlich sehr wohl merken, dass Sie sich mit den ei-
gentlichen Problemen in keiner Weise wirklich ausei-
nandergesetzt haben.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dafür haben wir ja Sie!)


Diese Probleme hat der Bundesfinanzminister übrigens
sehr deutlich benannt.

Wo sind denn Ihre Stellungnahmen zu den folgenden
Fragen: Wie gehen wir damit um, wenn die Menschen in
Zukunft im Strafverfolgungsprozess von ihrem Aussage-
verweigerungsrecht Gebrauch machen? Wie gehen wir
damit um, dass die Steuerbehörden teilweise erst durch
Selbstanzeigen Zinsquellen im Ausland entdeckt haben,
von denen sie gar keine Kenntnis hatten? Wie gehen wir
damit um, wenn während des langen Ermittlungsverfah-
rens – die Kollegin hat darauf hingewiesen – die Verjäh-
rung eintritt?

Der Kollege Pitterle hat eben gesagt, es sei überhaupt
nicht in Ordnung, dass für 20 oder 25 Jahre Verjährung
eintritt, wenn man 30 Jahre lang Steuern hinterzogen hat.
Meine Damen und Herren, Verjährung ist in diesem
Rechtsstaat ein ganz normales Instrument. Das gibt es
nur in zwei Fällen nicht: bei Mord und bei Völkermord.
Selbst Sie werden nicht so weit gehen, diese beiden
Straftaten mit Steuerhinterziehung auf eine Stufe stellen
zu wollen.






(A) (C)



(D)(B)

Klaus-Dieter Gröhler

Insofern unterstelle ich Ihnen, dass es Ihnen in Wirk-
lichkeit gar nicht um eine sachgerechte Auseinanderset-
zung mit dem Thema geht. Sonst hätten Sie auch auf die
Frage geantwortet, wie der Staat, wenn er jetzt den Ver-
folgungsdruck erhöht, die Einnahmen erreichen will, die
er in den letzten Jahren tatsächlich generiert hat. Der
Kollege hat darauf hingewiesen, dass durch Tausende
von Selbstanzeigen 3 Milliarden Euro eingenommen
wurden. Das müssen Sie durch Steuerfahnder erst ein-
mal hereinbekommen.

Sie erwecken auch den Eindruck, man könne, wenn
die Steuerfahndung an die Tür klopft und „Steuerfahn-
dung!“ sagt, einfach „Selbstanzeige!“ brüllen und alles
sei gut. Das ist mitnichten so, meine Damen und Herren!
In der Tat ist es so, dass man von der Möglichkeit der
strafbefreienden Selbstanzeige nicht mehr Gebrauch ma-
chen kann, wenn die Steuerfahndung schon unterwegs
ist. Insofern haben Sie hier einen völlig falschen Ein-
druck erweckt. Das finde ich schade.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich glaube, lieber Herr Kollege von Lerchenfeld, dass
Herr Ernst sehr wohl weiß, dass es im Strafgesetzbuch
auch an anderen Stellen den Verzicht des Staates auf
Strafe gibt. Das ist übrigens auch beim Besitz geringer
Mengen Rauschgift der Fall. An der Stelle finden Sie es
offensichtlich gar nicht schlimm, dass der Staat auf
Strafe verzichtet. Ihnen, lieber Herr Ernst, ging es aber
darum, hier darzustellen, dass der Staat nur dann auf
Strafe verzichtet, wenn es um wichtige und reiche Leute
geht.

Sie haben sich auch nicht mit der Frage auseinander-
gesetzt, dass beim Wegfall dieses Rechtsinstrumentari-
ums zum Beispiel der Mittelständler, der bei seiner Um-
satzsteuervoranmeldung einen Fehler gemacht hat, weil
er mehr Einnahmen hat und somit mehr Steuern abfüh-
ren müsste, sich strafbar machen würde, wenn er dem
Finanzamt nachmeldet, dass er in Wirklichkeit mehr
Steuern zu zahlen hat. Das können wir doch nicht wol-
len.

(Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])


Ich bitte insofern darum, meine Damen und Herren,
dass wir uns ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen
und diese Thematik nicht nutzen, um ideologische
Schlachten zu schlagen. Wir sagen ganz klar: Ja, an der
einen oder anderen Stellschraube muss man drehen. Ja,
wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt,
dass dies ein Schwerpunkt der Arbeit sein soll. Ja, es
muss für Steuergerechtigkeit gesorgt werden. – Wir soll-
ten aber das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Wir
sollten das Instrument nicht verteufeln. Wir sollten es
nicht über Bord gehen lassen. Das nützt weder dem Staat
noch den Sündern.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1801336400

Lieber Kollege Gröhler, als fünfter Erstredner in der

heutigen Debatte ist es Ihnen gelungen, das Kunststück
des SPD-Kollegen, der heute das erste Mal geredet hat,
zu wiederholen: Auch Sie sind innerhalb der Redezeit
geblieben; Sie haben sie sogar unterboten. Auch dazu
gratuliere ich Ihnen. Ansonsten wünsche ich Ihnen na-
türlich viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit.


(Beifall)


Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 13. Februar 2014,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.