Gesamtes Protokol
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist er-öffnet.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 1 a bis 1 e auf:a) Beratung des Antrags der Abgeordneten MemetKilic, Josef Philip Winkler, Ulrich Schneider,weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNENAbschaffung des Optionszwangs – Ausdruckeiner offenen Gesellschaft– Drucksache 17/13488 –b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-neten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, VolkerBeck , weiteren Abgeordneten und derFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach-ten Entwurfs eines Gesetzes zur Streichung desOptionszwangs aus dem Staatsangehörigkeits-recht– Drucksache 17/542 –Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-schusses
– Drucksache 17/13312 –Berichterstattung:Abgeordnete Stephan Mayer
Rüdiger VeitHartfrid Wolff
Ulla JelpkeMemet Kilicc) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Innenausschusses
– zu dem Antrag der Abgeordneten RüdigerVeit, Gabriele Fograscher, Petra Ernstberger,weiterer Abgeordneter und der Fraktion derSPDStaatsangehörigkeitsrecht modernisieren –Mehrfache bzw. doppelte Staatsbürgerschaftermöglichen
neten Memet Kilic, Josef Philip Winkler,Dr. Konstantin von Notz, weiteren Abgeordnetenund der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Klar-stellung des assoziationsrechtlichen RechtsstatusStaatsangehöriger der Türkei im Aufenthalts-,Beschäftigungserlaubnis- und Beamtenrecht– Drucksache 17/12193 –Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-schusses
– Drucksache 17/13299 –Berichterstattung:Abgeordnete Reinhard GrindelRüdiger VeitSerkan TörenSevim DağdelenMemet Kilice) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Innenausschusses zudem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen,Jan Korte, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion DIE LINKE50 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeabkom-men – Assoziationsrecht wirksam umsetzen– Drucksachen 17/7373, 17/13299 –
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30590 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Vizepräsident Eduard Oswald
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Berichterstattung:Abgeordnete Reinhard GrindelRüdiger VeitSerkan TörenSevim DağdelenMemet KilicÜber den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/DieGrünen zur Streichung des Optionszwangs aus demStaatsangehörigkeitsrecht werden wir später namentlichabstimmen.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die FraktionBündnis 90/Die Grünen zehn Minuten erhalten soll. – Sindalle damit einverstanden? – Dann haben wir das gemein-sam so beschlossen.Ich eröffne nun die Aussprache. Als Erste hat in unse-rer Aussprache unsere Kollegin Frau Renate Künast fürdie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitteschön, Frau Kollegin Renate Künast.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle redenimmer über Integrationspolitik. Schauen wir einmal, wasdarunter verstanden wird. Ich denke, nachhaltige Inte-grationspolitik sollte für eines sorgen, nämlich dass Zu-wanderer am Ende schnellstmöglich Deutsche werdenkönnen und werden wollen.
– Beides gehört dazu. Es wäre ja ein weißer Schimmel,wenn Integrationspolitik heißen würde, dass man inte-griert ist. Ich meine, das Ziel – man muss ja eine Vorstel-lung davon haben – von Integrationspolitik muss sein,diesen Weg zu eröffnen, dass man möglichst schnell dieStaatsangehörigkeit haben kann und auch den Wunschentwickelt, sie zu haben.
– Dann kommt er ja nicht zu Wort, wenn er nicht vonAnfang an dazwischenruft. Oder?Das grüne Motto ist jedenfalls, eine Perspektive aufdie Staatsangehörigkeit zu haben. Ich will klarstellen,dass das natürlich Verantwortung auf beiden Seiten her-vorruft: zum einen die Verantwortung von Staat und Ge-sellschaft, von denen, die schon hier sind und hier leben,jedem Menschen Teilhabe zu ermöglichen und ihn auf-zunehmen, jedem Menschen die Chance zu geben, Teilzu sein bzw. zu werden und die Chance auf sozialenAufstieg zu geben. Zum anderen haben die Zuwanderereine spiegelbildliche Aufgabe, nämlich einen eigenenBeitrag zu leisten, um tatsächlich teilzuhaben. Was ge-hört alles dazu? Was sind die Leitlinien?Dazu gehört die Förderung des Spracherwerbs bzw.der Nutzung solcher Maßnahmen. Es gehört dazu, dassdsSmsdsubrusdtefrahcstegndewMwShtiasdtihDWswdgdszzbtiMw
Was uns immer noch fehlt, ist, anzuerkennen, dass zuieser Vielfalt auch Mehrstaatigkeit gehört. Wir habenin komisches System: Auf der einen Seite akzeptierenir Mehrstaatigkeit bei US-Bürgern, wir akzeptierenehrstaatigkeit bei ungefähr 2 Millionen EU-Bürgern,ir akzeptieren Mehrstaatigkeit bei circa 3 Millionenpätaussiedlern und Spätaussiedlerinnen. Gleichzeitigaben wir ein Staatsangehörigkeitsgesetz, das Mehrstaa-gkeit bei vielen jungen Leuten, die hier geboren undufgewachsen sind, nicht zulässt. Dabei sind sie Deut-che und fühlen sich auch so, oder sie fühlen sich zumin-est wie die Mitglieder des Vereins DeuKische Genera-on, weil sie eben auch andere Wurzeln und Bezügeaben. Das „D“ steht aber vorne: DeuKische Generation.as ist doch eine Identifikation. Unsere Frage ist daher:arum zwingen wir diese jungen Deutschen eigentlich,ich zu entscheiden, ob sie diesen oder jenen Pass habenollen? Dieser Optionszwang ist ein politischer Fehler;arum geht es heute.
Wir machen Menschen, die zum Großteil sogar hiereboren sind, also geborene Deutsche sind, zu Auslän-ern in ihrem eigenen Land. Das ist doch Irrsinn. Derzeitind 300 000 junge Deutsche dem Optionszwang, sichwischen der einen und der anderen Staatsangehörigkeitu entscheiden, unterworfen. 70 Prozent von ihnen ha-en türkische Wurzeln. Das zeigt uns, dass dieser Op-onszwang zielgerichtet in eine Richtung ausgeübt wird.eine Damen und Herren, was für ein Bild vermittelnir eigentlich diesen jungen Leuten?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30591
Renate Künast
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Bis 2017 gibt es jährlich 3 000 bis 7 000 options-pflichtige Menschen. Ab 2018 werden es sogar nochdeutlich mehr sein. Zwei Drittel aller Optionspflichtigensagen, sie würden gerne den Doppelpass haben, undwarten auf eine neue Mehrheit im Deutschen Bundestag.Ich glaube, heute und hier ist der Tag gekommen –
– Dass Sie jetzt als weltläufige FDP hier einen Zwi-schenruf machen, ist putzig. Aber gut.
– Dass der Regierungswechsel erdacht ist – ja, den Zwi-schenruf verstehe ich angesichts der neuesten Umfragenfür die FDP. Ich stand ein bisschen auf der Leitung. Ent-schuldigen Sie bitte.
Wieder zum Thema: Es wäre richtig, meine Damenund Herren, dass wir jetzt aus dem jahrzehntelangenTiefschlaf erwachen; das gilt vor allem für die Konser-vativen. Wir müssen endlich Schluss machen mit derPolitik des erhobenen Zeigefingers und der Politik desStillstands. Fragen Sie doch einmal Leute wie NavidKermani oder Shermin Langhoff, die als Kulturschaf-fende hier hochgehalten und sozusagen beweihräuchertwerden, wie sie sich fühlen, wenn ihnen so entgegenge-treten wird. Fragen Sie doch einmal junge Leute inDeutschland, wie sie sich fühlen, wenn auf die Frage,woher sie kommen, und sie „aus Deutschland“ oder „ausBerlin“ antworten, geantwortet wird: Nein, so siehst dudoch gar nicht aus.Lassen Sie uns mit einem neuen Staatsangehörigkeits-recht den Leuten die Chance geben, ein Teil von uns zusein und sich in dieser Frage nicht mehr zwangsweiseentscheiden zu müssen. Ich glaube, zu einem modernenLand gehört der Respekt davor, dass Menschen, die hiergeboren und aufgewachsen sind, ihren Teil zur Strukturdes Landes beigetragen haben. Damit alle die gleichenChancen bekommen,
sollten wir am heutigen Tag – dazu fordere ich Sie auf –den Optionszwang abschaffen. Davon profitieren nichtnur die, die jetzt unter Druck stehen. Davon werden amEnde ganz Deutschland und Europa profitieren. Darumgeht es heute.
Nächster Redner in unserer Aussprache ist für die
Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär
Dr. Ole Schröder. Bitte schön, Herr Parlamentarischer
Staatssekretär.
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Ich finde es gut, dass wir gerade im Vorwahlkampfiese Anträge der Opposition zur Einbürgerung und zumptionsmodell diskutieren.
s ist wichtig im Vorwahlkampf, weil dadurch die Un-rschiede insbesondere zur Unionspolitik deutlich wer-en. Sie wollen die Voraussetzungen für die Einbürge-ng deutlich absenken. Sie wollen das Optionsmodellbschaffen.
nabhängig davon, ob sich jemand integriert hat und be-it ist, sich für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden,ill die linke Seite dieses Hauses die Staatsangehörig-eit vergeben.
re Vorschläge dazu lauten unter anderem: Sie wollenie Zeit, die man vor der Einbürgerung in Deutschlandelebt haben muss, reduzieren. Sie wollen auch diejeni-en einbürgern, die weder Deutsch lesen noch schreibenönnen.
icht zuletzt wollen Sie auch diejenigen einbürgern, die Deutschland von Sozialleistungen leben. Nach diesenorstellungen wäre es in Deutschland leichter, die deut-che Staatsangehörigkeit zu erhalten als eine Niederlas-ungserlaubnis. Das ist mit Sicherheit nicht das richtigeonzept.
ie wollen aus parteipolitischen Gründen – das ist hierben deutlich geworden, als Sie die möglichen Wähler-chichten angesprochen haben –
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30592 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder
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die deutsche Staatsbürgerschaft verramschen; um nichtsanderes geht es Ihnen.
Für uns, die Union, steht die Einbürgerung am Endeeines gelungenen Integrationsprozesses, und nicht, wieSie es eben gesagt haben, am Anfang,
nach dem Motto: Wenn ich jemandem die deutscheStaatsbürgerschaft schenke, dann ist er automatisch inte-griert. So funktioniert es eben nicht.Das geltende deutsche Staatsangehörigkeitsrecht er-öffnet jedem, der sich wirklich integrieren will, seinenWeg zum deutschen Pass. Wer nach acht Jahren bei unsDeutscher werden will, kann sich nicht nur einbürgernlassen, nein, er hat sogar einen Anspruch darauf. Das istim internationalen Vergleich die absolute Ausnahme.Voraussetzungen hierfür sind im Wesentlichen ausrei-chende Sprachkenntnisse, Integrationsbereitschaft unddie Bereitschaft, selbst für den Lebensunterhalt aufzu-kommen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist positiv, dassdie Zahl der Einbürgerungen unter dieser Regierungdeutlich gestiegen ist und heute 17 Prozent über dem Ni-veau von 2008 liegt,
und das eben ohne eine Absenkung der Einbürgerungs-voraussetzungen. Denn es zeigt sich, dass diese Voraus-setzungen akzeptiert sind, gerade bei denjenigen, die siebetreffen.Jetzt komme ich zum Optionsmodell. Aufgrund desJus Soli bekommen in Deutschland geborene Kinderausländischer Eltern bereits in der ersten Generation mitder Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit.
Das geht deutlich weiter als die Regelungen in den vie-len Ländern, die Sie als vermeintlich glorreiche Vorbil-der hinstellen. Über 450 000 Kinder ausländischer Elternhaben auf diesem Wege die deutsche Staatsangehörig-keit erhalten. Sie müssen sich allerdings nach Erreichender Volljährigkeit zwischen der deutschen und der aus-ländischen Staatsangehörigkeit entscheiden.
Jeder junge Mensch, der sich dabei für Deutschland ent-scheidet, kann seinen deutschen Pass behalten.
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prechen sich für die deutsche Staatsangehörigkeit aus.ieser Trend sollte uns doch optimistisch stimmen.enn wir sehen: Wer sich jahrelang in Deutschland auf-ält, wer hier geboren ist, wer Deutschland kennt, derält unser Land für so attraktiv, dass er hier seine Zu-unft sieht und sich für Deutschland entscheidet.Vor diesem Hintergrund ist es umso bedauerlicher,ass Sie von der Opposition gerade jetzt das Optionsmo-ell abschaffen wollen, das wir quasi in einer Großenoalition beschlossen haben.
ie wollen das Optionsmodell ohne fundierte Sach-rundlage abschaffen. Lassen Sie uns doch, bevor wiriesen Diskurs starten, zumindest den ersten Options-hrgang abwarten. Dann können wir uns gerne darübernterhalten. Aber momentan sieht es so aus, dass diesesptionsmodell eher ein Erfolgsmodell ist.Meine Damen und Herren, Sie wollen aber nicht nuras Optionsmodell abschaffen; Sie wollen Mehrstaatig-eit generell zulassen
nd es dem Einzelnen überlassen, wie viele Staatsange-örigkeiten er denn nun sammelt. Wir lehnen diese gene-lle Hinnahme der Mehrstaatigkeit ab,
a sie zu großen Problemen führen kann. Für uns ist esusdruck gelungener Integration, dass sich ein Menschositiv für Deutschland entscheidet und sich zu diesemand bekennt. Dies geschieht eben auch ganz wesentlichurch die Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft,
enn dies für den Betroffenen zumutbar ist. Wir müssenoch der Realität ins Auge sehen: Durch die Mehrstaa-gkeit wird eben auch die Gefahr erhöht, dass andere – –
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, gestatten Sie
ine Zwischenfrage?
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Ich möchte diesen Satz noch zu Ende führen. – Durchie Mehrstaatigkeit wird gerade die Gefahr erhöht, dassich andere Staaten als eine Art Nebenregierung fürenschen mit mehreren Staatsangehörigkeiten sehen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30593
Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder
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In der Vergangenheit haben wir Versuche gerade vonsei-ten der türkischen Regierung erlebt, sich in interne deut-sche Angelegenheiten einzumischen,
und sich geradezu als Parallelregierung für die Men-schen mit türkischer Staatsangehörigkeit in Deutschlandzu gerieren.
Herr Kollege Volker Beck, bitte schön.
Herr Kollege Schröder, Sie haben eben gesagt, die
Optionspflicht richte sich vor allen Dingen gegen die
Menschen, die aus der Türkei stammen. Das ist folge-
richtig. Wir dagegen sind wie die USA und andere Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union
der Auffassung, dass das Bekenntnis zu Deutschland
nicht dadurch infrage gestellt wird, dass die Menschen
ihren alten Pass, den ihrer Eltern und Großeltern, einfach
behalten.
Warum muten wir den Menschen, die aus der Türkei
zu uns eingewandert sind, und ihren Kindern, die hier
geboren sind, diese Entscheidung zwischen der Tradition
ihrer Familie und dem Land, in dem sie leben und leben
wollen und das sie als einziges richtig kennen, zu? Wa-
rum spalten Sie Familien und treiben die Kinder zu die-
ser Entscheidung?
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Lieber Kollege Beck, das Optionsmodell richtet sich
überhaupt nicht gegen ein bestimmtes Land oder gegen
Menschen mit einem bestimmten Migrationshinter-
grund.
Das ist schlichtweg falsch. Es ist doch so: Innerhalb
Europas, mit den gemeinsamen Institutionen, mit der
Idee der gemeinsamen europäischen Staatsbürgerschaft,
die sich entwickelt,
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s ist auch zu beobachten, dass sich Doppelstaatler zum
eispiel durch Flucht in das entsprechende Herkunfts-
nd einer Strafverfolgung entziehen.
iese Probleme müssen wir im Blick behalten.
Die Betroffenen, die einen deutschen Pass haben, ent-
cheiden sich nicht gegen ihre soziale und kulturelle
erkunft, wie Sie ihnen das immer einreden wollen, son-
ern für eine Zukunft in Deutschland. Sie können wei-
rhin ihre Muttersprache pflegen, Kontakt zu ihrer
amilie halten, und sie können immer wieder in das Her-
unftsland ihrer Eltern reisen. Durch die Einführung des
ptionsmodells ändert sich das doch nicht. Kulturelle
nd gesellschaftliche Vielfalt ist nicht abhängig von
ehrstaatigkeit.
Die Studie des Bundesamtes für Migration und
lüchtlinge hat auch ganz deutlich gemacht – anders als
ie es immer darstellen –, dass sich kein Riss durch die
amilien zieht, wenn sich die Kinder für Deutschland
ntscheiden. Im Gegenteil: Das wird akzeptiert, weil es
ls Ausdruck der Integration gesehen wird.
Sie achten auf Ihre Redezeit?
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Die Fakten zeigen: Wir sind ein weltoffenes Land.
ir haben eine Willkommenskultur.
in solches erfolgreiches System muss man nicht än-
ern.
Nächster Redner in unserer Aussprache ist für die
raktion der Sozialdemokraten unser Kollege Thomas
ppermann. Bitte schön, Kollege Thomas Oppermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebererr Schröder, wo immer Sie politisch herkommen,
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30594 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Thomas Oppermann
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Ihre Rede hat gezeigt: In Europa jedenfalls sind Sie poli-tisch noch nicht angekommen.
Nach Ihrer Vorstellung gibt es in der EuropäischenUnion 26 Nebenregierungen, die 2 Millionen EU-Bürgerin Deutschland dirigieren.
Das scheint ein Eingriff in unsere nationalstaatliche Sou-veränität zu sein. So haben Sie eben sinngemäß argu-mentiert.Ich kann Ihnen nur sagen: Mit Ihrem Festklammernan der doppelten Staatsangehörigkeit befinden Sie sichmental immer noch auf der Höhe des nationalistischenDenkens aus der Kaiserzeit.
Ihr Standpunkt ist aus dem letzten bzw. vorletzten Jahr-hundert. Kommen Sie endlich aus Ihrer Ecke heraus, undgestalten Sie mit uns zusammen ein modernes Staats-angehörigkeitsrecht für ein modernes Deutschland!
Rot-Grün und Bundeskanzler Schröder haben vor14 Jahren die erste große Modernisierung unseres Staats-angehörigkeitsrechtes auf den Weg gebracht. Erstmalswurde geregelt, dass die Kinder von längerfristig inDeutschland lebenden Einwohnern automatisch diedeutsche Staatsangehörigkeit bekommen. Das war einefundamentale Abkehr vom Reichs- und Staatsangehörig-keitsrecht der Kaiserzeit, und es stellte eine klare Zäsurin der Einwanderungspolitik dar mit einer klaren Absagean nationalistische Deutschtümelei, meine Damen undHerren.
Endlich haben wir der Tatsache Rechnung getragen,dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind.
In diesem Land leben 15 Millionen Menschen, HerrKauder, die entweder Einwanderer sind oder direkt vonEinwanderern abstammen. Diese Menschen dürfen nichtlänger Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse sein.
Sie leben ganz überwiegend dauerhaft bei uns. Sie arbei-ten hier, zahlen ihre Steuern, zahlen Sozialversiche-rungsbeiträge. Deshalb brauchen wir faire Regeln beimZugang zur vollen Staatsbürgerschaft. Wir wollen dieEinbürgerung erleichtern, wir wollen die doppelteStaatsangehörigkeit ermöglichen, und wir wollen end-litidbfüSesreddArifeSksliainhnmshwmvWbhihaUFLShmsGleDg
Fast eine halbe Million junger Menschen muss sich inen nächsten 15 Jahren entscheiden, ob sie Deutscheleiben wollen oder Ausländer werden müssen. Dabei istr zwei Drittel von ihnen völlig klar, dass sie beidetaatsangehörigkeiten behalten wollen. Was ist das fürin Signal an junge Menschen, die 23 Jahre lang Deut-che sind und sich jetzt gegen die Staatsangehörigkeit ih-r Eltern und Großeltern, gegen ihre Herkunft entschei-en müssen, um Deutsche bleiben zu können? Was istas für ein Staatsangehörigkeitsrecht, das aus Deutschenusländer macht? – Das ist ein absurdes Staatsangehö-gkeitsrecht, meine Damen und Herren.
Frau Merkel hat sich auf dem jüngsten Integrationsgip-l für eine Willkommenskultur ausgesprochen. Diesestaatsangehörigkeitsrecht ist keine Willkommensgeste,ein Angebot zur Integration, sondern eine Aufforderung,ich gegen die eigene Herkunft, gegen die eigenen fami-ären und kulturellen Wurzeln abzugrenzen. Das mussufhören, das müssen wir schnell ändern; denn wir sind Deutschland auf Einwanderer angewiesen.Deutschland wird in Europa und der Welt nur beste-en, wenn wir junge Menschen dafür begeistern können,ach Deutschland zu kommen und hier zu bleiben. Esag ja sein, dass in Zeiten strukturell hoher Arbeitslo-igkeit viele die Einwanderung als Belastung gesehenaben. In Zeiten des Fachkräftemangels aber ist die Ein-anderung keine Belastung, sondern eine Chance. Dasüssen Sie endlich begreifen, meine Damen und Herrenon der Union.
ir müssen den jungen Menschen dafür das Gefühl ge-en: Ihr seid willkommen, ihr gehört zu uns. Ihr könntier in unserer Gesellschaft Verantwortung übernehmen,r könnt hier arbeiten und Staatsbürger sein.Deutschland muss endlich auch auf Augenhöhe mitnderen modernen Demokratien dieser Welt – wie denSA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Schweden,innland und Dänemark – kommen. Die Mehrheit deränder auf dieser Welt akzeptiert bereits die doppeltetaatsangehörigkeit. In diesen Ländern gibt es viel hö-ere Einbürgerungsquoten. In ihnen können Menschenit Migrationshintergrund die Gesellschaft aktiv mitge-talten. Sie können mitbestimmen, wofür der Staat seineld ausgeben soll. Sie haben volle Rechte bei den Wah-n, und sie können den Kurs des Landes beeinflussen.eshalb, meine Damen und Herren: Statt Ausbürgerun-en brauchen wir mehr Einbürgerungen in Deutschland!
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30595
Thomas Oppermann
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Damit diejenigen, die einen Anspruch auf Einbürge-rung haben, sich auch einbürgern lassen, müssen wir da-rum werben. Olaf Scholz als Erster Bürgermeister inHamburg verschickt jeden Monat – wenn ich das zumSchluss noch berichten darf – 4 000 Briefe an solche Zu-wanderer, die die Voraussetzungen für eine Einwande-rung erfüllen. Er lädt sie ein, Deutsche zu werden.
Olaf Scholz versteht das als große Einladung, weil derZusammenhalt der Gesellschaft davon abhängt, dass wiruns als Bürgerschaft verstehen. Diejenigen, die sich fürdie deutsche Staatsbürgerschaft entscheiden und einge-bürgert werden, werden zu einer Einbürgerungsfeier ein-geladen. Die Folge ist, dass die Zahl der Einbürgerungenin Hamburg innerhalb eines Jahres um 40 Prozent ge-stiegen ist. So müssen wir es machen, meine Damen undHerren, damit unsere Einwanderungsgesellschaft zu ei-ner Bürgergesellschaft wird, zu einer Gesellschaftgleichberechtigter Bürger.Vielen Dank.
Nächster Redner in unserer Aussprache ist für dieFraktion der FDP unser Kollege Hartfrid Wolff. Bitteschön, Kollege Wolff.
Hartfrid Wolff (FDP):Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wiedereinmal fordert die SPD die Abschaffung des Optionsmo-dells. Dieses Modell hat sie selbst – das gilt übrigensauch für die Grünen – vor gut zehn Jahren mit beschlos-sen. Im Herbst 2012 überraschte die SPD die Nation mitihrer angeblich neuen Forderung nach Hinnahme derMehrstaatsangehörigkeit.
Kurz danach haben wir über einen Antrag der SPD ausdem Jahr 2010, mit dem das gleiche Ziel verfolgt wurde,diskutiert. Ohne die heutige Bundestagsdebatte abzu-warten, hat die baden-württembergische Integrations-ministerin, natürlich von der SPD, angekündigt, eineweitere Bundesratsinitiative zum selben Thema zu star-ten.
Ich glaube, deutlicher kann ich nicht zum Ausdruck zubringen, dass dieser Opposition nichts wirklich Neueseinfällt.
Das ist Oppermann’sche Schaumschlägerei und nichtsanderes.EtuisuDHdDbAGZisdevKesEWRzWgHdwdBsn
Meine Damen und Herren, die FDP schätzt die freientscheidung des Individuums und die Integrationsleis-ng jedes einzelnen Menschen, der zu uns gekomment, weitaus höher ein als die Beschwörung von Herkunftnd ethnischen Milieus.
abei ist die FDP durchaus bereit, über die vermehrteinnahme der doppelten Staatsangehörigkeit nachzu-enken und in diese Richtung zu gehen.
afür haben wir uns auf dem Bundesparteitag in Nürn-erg ausdrücklich ausgesprochen.
ber wir sind uns auch bewusst, liebe Kollegen von denrünen, dass die Staatsangehörigkeit für den Erfolg vonuwanderung und Integration nicht primär entscheidendt, sondern die persönliche und berufliche Perspektiveer Menschen, die nach Deutschland kommen. Das istntscheidend, damit sie hierbleiben wollen.
Ausländer- und zuwanderungsrechtlich waren dieergangenen vier Jahre gute Jahre für Deutschland. Alsoalition haben wir hier Maßstäbe gesetzt. Ich will nurinige Beispiele nennen:
Erstmals gibt es für minderjährige und heranwach-ende geduldete Ausländer ein vom Aufenthaltsrecht derltern unabhängiges Bleiberecht in einem Bundesgesetz.ir haben zwangsverheirateten Frauen in Not durch einückkehrrecht die Chance gegeben, sich zu befreien undurückzukommen.
as haben SPD und Grüne in ihrer Regierungszeit ei-entlich diesbezüglich unternommen? Die rechtlichenürden für die Zuwanderung von Fachkräften wurdenurch uns deutlich gesenkt und entbürokratisiert, undir haben zusätzliche Integrationsanreize geschaffen.Eine zukunftsgerichtete Zuwanderungspolitik gibten Menschen Perspektiven. Bereits 2011 haben wir imund das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Ab-chlüsse verabschiedet. 2011 wurde dieses Anerken-ungsgesetz verabschiedet. Herr Oppermann, ich muss
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30596 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Hartfrid Wolff
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zugeben, dass Hamburg Vorreiter ist. Aus meiner Sichtist es aber trotzdem peinlich, dass gerade SPD-regierteLänder und das von den Grünen geführte BundeslandBaden-Württemberg in der Folge noch immer kein An-erkennungsgesetz für ausländische Abschlüsse geschaf-fen haben, zum Beispiel in Bezug auf Pflegeberufe, In-genieure und Fachausbildungsabschlüsse.
– Frau Kollegin, ich habe es ja gerade gesagt: Hamburgwar Vorreiter. Baden-Württemberg steht leider hintan.
Schaffen Sie doch endlich Perspektiven, und stellen Siediese Anerkennungsgesetze nicht immer hintan, liebeKollegen von den Grünen.Der erste Schritt ist nun einmal tatsächlich gelungeneIntegration. Geben Sie den Menschen Perspektiven! DenMenschen etwas zuzutrauen und ihnen neue Chancen zugeben, ist auch Ausdruck einer aktiven Integrationspoli-tik. Das bedeutet Fordern und Fördern. Hier müssen wiransetzen.
Forderungen aufzustellen, liebe Kollegen von der Oppo-sition, ist leicht. Diese Koalition aus CDU/CSU undFDP hat gehandelt.
Es ist richtig, auch darüber nachzudenken, weitereAnreize zu geben, damit sich die Menschen stärker inunsere Gesellschaft einbringen. Die Vereinfachung derErlangung der deutschen Staatsangehörigkeit kann dazu-gehören, zum Beispiel durch eine Verkürzung der ent-sprechenden Frist. Aus meiner Sicht ist es aber entschei-dend, eine Willkommenskultur zu schaffen.
– Nachher, Herr Beck.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Hartfrid Wolff (FDP):
Nachher, Herr Präsident. Von mir aus auch nach mei-
ner Rede als Kurzintervention. Meine Stimme ist etwas
angeschlagen. Deshalb gerne nachher.
Also auch mögliche weitere Zwischenfragen nicht?
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rst einmal Erfahrungen zu sammeln, wie sich diese Re-
elungen auswirken, und danach zu schauen, wie wir da-
it umgehen. Alles andere wäre wohlfeiler Aktionismus
ewesen.
Jetzt erst kommen die ersten Jahrgänge tatsächlich in
ie Entscheidungsphase. Die bisher gesammelten Daten
der Herr Staatssekretär hat sie vorgetragen – bestätigen
nser Vorgehen. Gleichwohl heißt es, nicht wegzusehen
nd die Augen nicht vor der Realität zu verschließen.
eshalb wollen die Liberalen eine Modernisierung des
taatsangehörigkeitsrechts. Aber wir bestehen darauf
anders als es sich zum Teil bei Vorschlägen der Oppo-
ition darstellt –,
ies nicht gedankenlos, nicht ohne Augenmaß und nicht
eologisch anzugehen.
Für die FDP gilt: Jeder, der dauerhaft in Deutschland
ben und hier dazugehören will, soll die Chance haben,
leichberechtigter Deutscher zu werden.
ieses Vorhaben wollen wir aber – anders als die Oppo-
ition – nicht aktionistisch oder ideologisch angehen,
ondern mit Sachverstand und auf der Basis der notwen-
igen Erfahrungen.
Vielen Dank.
Nächste Rednerin in unserer Aussprache ist für dieraktion Die Linke unsere Kollegin Frau Sevimağdelen. Bitte schön, Frau Kollegin.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30597
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Lieber Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damenund Herren! Herr Wolff, wer an Ideologie leidet, siehtman an den Aussagen Ihres Herrn StaatssekretärsSchröder
und an Ihrer unentwegten Abneigung gegenüber Men-schen mit Migrationshintergrund, die sich eine erleich-terte Einbürgerung in Deutschland wünschen. Das istIdeologie!
Den Sachverstand besitzen die Oppositionsfraktionen,die Ihnen hier auf Grundlage der Fakten, der Zahlen undder Statistiken aufzeigen, dass diese Bundesregierungnicht im Interesse der Migrantinnen und Migranten undvor allen Dingen nicht im Interesse der Jugendlichen mitMigrationshintergrund in Deutschland handelt. Das soll-ten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben.
Wir sprechen heute über zwei Themen, die meinesErachtens zusammenpassen und sehr viele Gemeinsam-keiten haben: zum einen über das Staatsangehörigkeits-recht – Stichwort „Optionszwang“ –, zum anderen überdas deutsch-türkische Assoziationsrecht. Auf den erstenBlick sind dies verschiedene Themen, aber beide verbin-det meines Erachtens der Aspekt der gezielten Ungleich-behandlung von Migrantinnen und Migranten und ganzbesonders von türkischen Staatsangehörigen in Deutsch-land. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Welt-meister im Einfordern von Integration, aber Sie schaffennicht die Rahmenbedingungen, die es Menschen inDeutschland ermöglichen, sich zu integrieren.Schlimmer noch: Sie bzw. die Bundesregierung neh-men bewusst, sehenden Auges Rechtsbrüche in Kaufund verbinden das sozusagen mit Ihrer bisherigen Pra-xis. Es geht nicht nur um die Diskriminierung von Mi-grantinnen und Migranten, sondern es geht auch um dieTürkenfeindlichkeit dieser Bundesregierung.
– Ja, Sie haben es richtig gehört: Es geht um die türken-feindlichen Aspekte in den entsprechenden Debatten.Denn es werden insbesondere die Rechte von türkischenStaatsangehörigen verletzt; bei der Optionspflicht sindes sogar 70 Prozent.
Ich sage Ihnen: Hören Sie endlich damit auf, durchIhre Türkenfeindlichkeit der autoritären AKP undErdogan die Migrantinnen und Migranten in Deutsch-land in die Arme zu treiben! Sie fördern diese Parallel-regierung in Deutschland in Gestalt der Außenpolitik derAbdEhgtiDtüJtedMwEfeDDshruGssmEluAbzsSVdEhhrudRRIh
Die Quote für die Akzeptanz der Mehrstaatigkeit beiinbürgerungen beträgt bei nicht türkischen Staatsange-örigen etwa 59 Prozent, bei türkischen Staatsangehöri-en liegt sie bei nur 27 Prozent. Das heißt, die Mehrstaa-gkeit bei nicht türkischen Staatsangehörigen ineutschland wird doppelt so häufig akzeptiert wie beirkischen Staatsangehörigen.Wie wollen Sie den hier in Deutschland geborenenugendlichen erklären, dass sie, nur weil sie zufällig El-rn haben, die aus der Türkei kommen, anders behan-elt werden als Kinder, die von Eltern stammen, die ausitgliedstaaten der Europäischen Union kommen? Wieollen Sie ihnen diese diskriminierende Praxis erklären?s gibt dafür keine Erklärung, außer dass Sie türken-indlich sind und deshalb auf diesen Gesetzen beharren.arum geht es Ihnen eigentlich im Kern.
Sagen Sie den türkischen Jugendlichen, die hier ineutschland geboren und aufgewachsen sind, doch: Ihreid hier nicht willkommen; ihr werdet hier anders be-andelt, weil eure Eltern aus der Türkei kommen. – Da-m geht es doch. Sagen Sie den Jugendlichen offen insesicht, dass Sie nur an ihrer Diskriminierung interes-iert sind. Ich kann Ihnen sagen: So treiben Sie die Ha-en in die Küche der türkischen Nationalisten und Isla-isten. Das ist wirklich unverantwortlich.
rklären Sie den Jugendlichen diese Ungleichbehand-ng! Haben Sie den Mut dazu!Eines kann man sehen: Ab 2018 werden von Ihrenusgrenzungen pro Jahr etwa 40 000 junge Menschenetroffen sein. In diesem Jahr sind es 3 300. Mehr alswei Drittel von ihnen besitzen derzeit neben der deut-chen Staatsangehörigkeit eben auch die türkischetaatsangehörigkeit; darum geht es Ihnen doch im Kern.ersuchen Sie, diesen Menschen einmal zu erklären,ass sie nicht aufgrund der Tatsache, dass sie türkischeltern haben, diskriminiert werden. Ich finde, Ihr Ver-alten in diesem Zusammenhang ist nicht nachzuvollzie-en.
Ihr Rechtsstaatsverständnis sollte die Bundesregie-ng auch an anderer Stelle überprüfen. Was daseutsch-türkische Assoziationsrecht betrifft, finden nurechtsbrüche statt. Auch hier zeigt sich das komischeechtsstaatsverständnis dieser Bundesregierung. Ob esnen passt oder nicht: Mit dem 1963 zwischen der Eu-
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30598 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Sevim Dağdelen
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ropäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei ge-schlossenen Assoziationsabkommen und den nachfol-genden Vereinbarungen wurde eine Reihe besondererRechte für türkische Arbeitsmigranten festgeschrieben,darunter auch das sogenannte Verschlechterungsverbot.Es ist kein Gebot, sondern ein Verbot; Sie verstehen dasnämlich die ganze Zeit falsch.
Das Verschlechterungsverbot besagt, dass der einmal er-reichte Stand der Rechtsstellung türkischer Staatsange-höriger in der Europäischen Union nicht verschlechtertwerden darf. Die Bundesregierung ignoriert das Ver-schlechterungsverbot systematisch. Von den Migrantin-nen und Migranten, die in Deutschland leben, fordernSie immer wieder Rechtstreue. Aber Sie als Bundesre-gierung sind das schlechteste Vorbild, das man sich inSachen Rechtstreue vorstellen kann.
Würden Sie die einschlägige Rechtsprechung des Eu-ropäischen Gerichtshofes zum Assoziationsrecht umset-zen, wäre dies das Eingeständnis, mit allen maßgebli-chen aufenthaltsrechtlichen Verschärfungen der letztenJahre faktisch gescheitert zu sein.
Ein Beispiel ist Ihre diskriminierende Praxis, was dieSprachanforderungen beim Ehegattennachzug angeht.Diese Regelung ist wegen des Assoziationsrechts auftürkische Staatsangehörige in keiner Weise anwendbar.Im Hinblick auf Drittstaaten höre ich von Ihnen immerwieder Forderungen nach Rechtsstaatlichkeit. Aberwenn es Sie selbst betrifft, scheren Sie sich einen Dreckdarum.
Diese Heuchelei fällt inzwischen immer mehr Menschenauf; Herr Kauder, das müssen Sie einsehen.
Während Österreich, Dänemark und die NiederlandeKonsequenzen gezogen haben und zum Beispiel bei tür-kischen Staatsangehörigen beim Ehegattennachzug aufSprachanforderungen im Aufenthaltsrecht und auf hoheGebühren längst verzichten, ignoriert die Bundesregie-rung konsequent die Urteile des Europäischen Gerichts-hofes. Während man gar nicht so schnell schauen kann,wie Sie die arbeitnehmerfeindlichen Urteile des Europäi-schen Gerichtshofes – ich erinnere an die Fälle Laval,Rüffert oder Viking Line – in nationales Recht umset-zen, wird die Notwendigkeit für verbesserte RegelungenfüigzGS–vmzdaredßAeSSBFBFSdwDuAshreSJgis
ie Realität sieht völlig anders aus,
nd Politik beginnt mit der Betrachtung der Realität:uch von den Kindern, die hier in Deutschland geborenind, haben viele nicht die Sprachkompetenz, die manaben muss, um zum Beispiel in der Grundschule erfolg-ich zu sein. Zu viele Schüler verlassen die Schule ohnechulabschluss.
ugendliche mit Migrationshintergrund kommen weni-er oft in Ausbildung, als das im Durchschnitt der Fallt. Es gibt Parallelgesellschaften.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30599
Reinhard Grindel
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Darauf die Antwort zu geben: „Ihr bekommt aber diedeutsche Staatsbürgerschaft“, das ist Steine statt Brot.
Diese Menschen brauchen Arbeit, sie brauchen Ausbil-dung, sie müssen die deutsche Sprache lernen, sie brau-chen Förderung für ihre Kinder; das würde helfen. Diedeutsche Staatsbürgerschaft allein hilft da wenig.
Herr Kollege Grindel, es gibt einige Zwischenfragen.
Lassen Sie Zwischenfragen zu?
Was ist das für eine Debattenkultur – ich sage das in
Richtung einer Partei, die behauptet, es gehe ihr um To-
leranz und Offenheit –, dass, wenn jemand seine Mei-
nung vorträgt, nur noch herumgeschrien wird? Das ist
doch keine Art des Umgangs miteinander!
Ich lasse jetzt gerne Fragen zu, wenn wir zu einer or-
dentlichen Debattenkultur kommen und ich dann meine
Argumente so vortragen kann, wie Sie das auch konnten.
Wir sollten uns zumindest gegenseitig ertragen.
Frau Kollegin Deligöz.
Vielen Dank für die Gelegenheit, Ihnen eine Frage zu
stellen, Herr Kollege. – Nur damit ich das richtig ver-
stehe: Stimmen Sie mir zu, dass das jetzige Optionsrecht
es zulässt, dass Schülerinnen und Schüler mit Migra-
tionshintergrund unabhängig von ihren Schulnoten die
deutsche Staatsangehörigkeit behalten können, auch
wenn sie nicht so ganz in das Schema der Personen pas-
sen, die Sie gerne einbürgern würden?
Frau Deligöz, Sie haben mir nicht richtig zugehört.
Es geht doch gar nicht um die Frage, ob Schülerinnenund Schüler deutsche Staatsbürger werden können.
Eg„leEdfomDdleWDcshA–StuhDgtüDmcteSsfeKsug
ine erfolgreiche Integration hängt davon ab, dass manie deutsche Sprache spricht, dass man in der Schule Er-lg hat, dass man eine Ausbildung machen kann, dassan arbeiten kann, dass man eine Firma gründen kann.arum geht es mir: Integration umfasst viel mehr als nurie Staatsbürgerschaft.
Wenn die Grünen die Staatsbürgerschaft unter er-ichterten Bedingungen anbieten wollen, dann ist dasahlkampftaktik; damit will man Stimmen gewinnen.ass die Menschen hier in Deutschland ihr Glück ma-hen können, wird mit der Verleihung der Staatsbürger-chaft allein nicht erreicht.Ich will Ihnen noch etwas sagen – Sie können sich ru-ig hinsetzen, Frau Deligöz; aber es gehört noch zurntwort auf Ihre Frage –: Es ist in der Tat so gewesen Sie haben das richtig beschrieben –, dass man bei derchaffung des Optionsmodells vor allen Dingen die Si-ation der Kinder in den Schulen im Blick hatte. Manat – frei nach der Position von Frau Künast – gesagt:ie integrieren sich sowieso, und es kann doch nicht an-ehen, dass bei einer Klassenfahrt ins Ausland die dreirkischstämmigen Kinder ein Visum benötigen.
as Problem ist aber, Frau Künast, dass heute zwar alleitfahren können, viele aber – gerade türkische Mäd-hen – nicht mitfahren dürfen, weil ihre Eltern es verbie-n.
olange wir solche Parallelstrukturen haben, die dafürorgen, dass Kinder nicht gemeinsam Sport machen dür-n – Herr Steinbrück findet das auch noch gut –, dassinder nicht gemeinsam auf Klassenfahrt gehen dürfen,o lange zementieren wir Parallelgesellschaften
nd erreichen trotz Verleihung der deutschen Staatsbür-erschaft keine echte Integration. Das ist – dies wollte
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30600 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Reinhard Grindel
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ich deutlich machen – der eigentliche Kern des Pro-blems.
Herr Oppermann, Sie haben den Kollegen Schröderhier in einer Weise behandelt, die ich nicht in Ordnungfinde.
Es ist doch in der Tat richtig, dass Herr Erdogan mit sei-nen Forderungen bei seinen Auftritten hier in Deutsch-land und auch mit der Gründung eines Ministeriums fürAuslandstürken bestimmte Absichten verfolgt. Es wirddurch das Handeln dieses Ministeriums und auch durchErdogans Auftritte hier in Deutschland gezielt versucht,türkische Staatsbürger zur Einbürgerung mit der Argu-mentation zu drängen, dann könne man in Deutschlandtürkische Interessen besser verwirklichen. Als Beweisdafür gibt es zig Zitate von seinen Auftritten in Köln, inDüsseldorf und in anderen Städten.Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Die Einbürgerungdarf kein Instrument der türkischen Politik sein, Einflussin Deutschland zu gewinnen. Vielmehr ist die Einbürge-rung der Schlussstein eines gelungen Integrationsprozes-ses. Die Regierungschefin für diese Mitbürger ist AngelaMerkel und nicht Herr Erdogan; auch das müssen wireinmal deutlich machen.
Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie trotz deraktuellen Situation in der Türkei Anträge präsentieren,die der derzeitigen türkischen Regierung im Grunde ge-nommen in die Hände spielen. Auch der Fakt, dass Sie,Herr Oppermann, als Innenminister in spe kein einzigesWort der Distanzierung zum wirklich demokratiefeindli-chen Verhalten der Erdogan-Regierung gesagt haben, istbemerkenswert und muss festgehalten werden.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin
Özoğuz?
Ja.
Bitte schön, Frau Kollegin.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Ich möchte das Ganze
einfach verstehen. Es ist doch so, dass hier junge Men-
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Zunächst einmal will ich deutlich machen, dass dernsatz, beim Thema Integration einzig und allein auf dietaatsbürgerschaft zu schauen, zu kurz greift.
ier müssen wir wesentlich größere Anstrengungen un-rnehmen. Vor allen Dingen müssen wir immer wiederas Signal senden, dass wir kein Nebeneinander habenollen. Wir leben in unterschiedlichen Stadtquartieren.ir kommunizieren in unterschiedlichen Sprachen. Un-ere Kinder gehen – Sie sind doch vom Fach; Sie wissenas – zu unterschiedlichen Zeiten in die Kitas: morgensehr Deutsche, nachmittags mehr Migrantenkinder.
Natürlich ist das so. Schauen Sie sich doch einmal dieituation in den einzelnen Kindertagesstätten an; Frauzoğuz weiß es ebenfalls.
Wir haben in unserer Gesellschaft zu viel Nebenei-ander. Wir brauchen auf allen Ebenen ein Miteinander.eswegen sage ich: Wenn wir auf Dauer zulassen, dasss auch bei der Staatsbürgerschaft ein Nebeneinanderibt, sogar mit unterschiedlichen Loyalitäten – ich erin-ere an ein entsprechendes Zitat von Erdogan –, dannhrt das in die Irre.
Wer Ja zu Deutschland sagt, wer gerne bei uns lebenill, von dem kann ich auch die Entscheidung für die
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30601
Reinhard Grindel
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deutsche Staatsbürgerschaft unter Ablegung seiner altenStaatsbürgerschaft erwarten.
Herr Kollege Grindel, habe ich Sie richtig verstanden,
dass Sie jetzt keine weiteren Fragen mehr zulassen?
Ich habe die Zwischenfrage beantwortet. Wenn aber
noch andere das Bedürfnis haben, zu fragen, dann bitte.
Eine weitere Zwischenfrage wird vom Kollegen
Grindel zugelassen. Bitte schön, Herr Kollege Röspel.
Vielen Dank, dass das möglich ist. – Ich habe jetzt
verstanden, dass Sie eine doppelte Staatsbürgerschaft für
integrationshemmend oder -feindlich halten
und Sie der Auffassung sind, dass man, wenn man in
einem anderen Land lebt, seine alte Staatsbürgerschaft
abgeben muss. Jetzt frage ich Sie in der Konsequenz die-
ser Logik, ob wir dann auch anraten müssten, dass im
Ausland lebende Deutsche, die zusätzlich die Staatsbür-
gerschaft des neues Landes annehmen, die deutsche
Staatsbürgerschaft abgeben müssen.
Muss mein Schwager, der mit seiner Frau und seinen
Kindern in Schweden lebt und der die schwedische
Staatsbürgerschaft angenommen hat, auf die deutsche
Staatsbürgerschaft verzichten, die er behalten will, weil
Deutschland sein Heimatland ist?
Das Klatschen zeugt leider nicht von großer rechtli-
cher Kenntnis und auch, so glaube ich, von einem
falschen Staatsverständnis. Herr Röspel, wenn Sie die
Situation im Verhältnis zwischen Deutschland und
Schweden, also zwischen zwei EU-Staaten, mit der
Situation zwischen Deutschland und der Türkei verglei-
chen und sagen: „Das verstehe ich nicht“, dann verstehe
ich Sie nicht.
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eshalb ist es in Ordnung, eine doppelte Staatsbürger-
chaft im Zusammenhang mit Schweden zu haben, aber
icht, schon gar nicht in der aktuellen Situation, mit der
ürkei.
ie Türkei gehört nicht zur EU.
as ist ein gewaltiger staatsrechtlicher und völkerrecht-
cher Unterschied. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!
Als Nächstes hat sich die Frau Kollegin Künast zu ei-
er Zwischenfrage gemeldet. – Bitte schön.
Was wollten Sie jetzt eigentlich gerade sagen, Herr
rindel?
Ziehen Sie die Dinge nicht ins Lächerliche! Setzen
ie sich mit der Argumentation auseinander! Diesen Stil
aben Sie früher im Studentenparlament pflegen kön-
en; das gilt aber nicht für den Deutschen Bundestag.
Jetzt erst die Frage und dann die Antwort.
Ich war noch nicht fertig mit meiner Frage, will aber
r das Protokoll darauf hinweisen, dass ich nie im
tudentenparlament war.
Weil Sie nicht gewählt worden sind!
Herr Kollege Grindel, geben Sie ihr die Chance zurrage.
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30602 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
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Was wollten Sie uns eigentlich damit sagen, als Sie
im Hinblick auf die Türkei feststellten, sie gehöre nicht
zu Europa, und einen Zusammenhang zur Staatsbürger-
schaft herstellten? Ich muss ehrlich sagen: Ich bin
gerührt von dem, was gerade in der Türkei – am Taksim-
Platz und in vielen anderen Orten in der Türkei – pas-
siert; nennen wir es Revolte, Demonstration oder Kampf
um Meinungsfreiheit.
Wäre nicht eigentlich jetzt der richtige Zeitpunkt,
dem Mut der Menschen Respekt zu zollen,
Mitgefühl für die Verletzten oder auch für die Angehöri-
gen der Toten zu haben und der Türkei klar zu sagen:
„Toll, dass ihr so engagierte Bürger habt! Der Weg in die
EU ist zwar offen, aber nur über den Kopenhagen-
Acquis und über die Verwirklichung demokratischer
Rechte!“?
Was sagen Sie dazu?
Frau Künast, darin stimme ich Ihnen selbstverständ-
lich hundertprozentig zu. Das, was wir in der Türkei zur-
zeit an demokratischem Einsatz und Engagement von
vielen erleben, und zwar für ihre zutiefst berechtigten
Forderungen, erfüllt uns mit Respekt und Anerkennung,
und wir bedauern das unverhältnismäßige Vorgehen der
türkischen Staatsorgane. Das ist gerade das entschei-
dende Problem, dass es bei dem EU-Beitritt der Türkei
auf die realen Verhältnisse in diesem Land ankommt. Es
zeigt doch, wie richtig unsere Position als CDU/CSU im
Gegensatz zur Position der Grünen ist. Die Realität in
der Türkei dieser Tage zeigt, dass sie sehr weit von der
EU entfernt ist.
Deshalb gibt es keine Grundlage, Staatsbürger der
Türkei – das war die Frage von Herrn Röspel – so zu be-
handeln wie Staatsbürger aus EU-Staaten. Das ist der
Unterschied. Das habe ich, glaube ich, sehr deutlich ge-
sagt.
Wir sind in einer Wertegemeinschaft mit Schweden,
Österreich und allen anderen EU-Ländern. Deswegen
sagen wir: Deren Staatsbürger können, wenn sie es wol-
len, beide Staatsbürgerschaften beibehalten. Aber von
der Türkei sind wir meilenwert entfernt.
Deswegen vergleicht Herr Röspel Äpfel mit Birnen,
wenn er mit dem Beispiel Schweden kommt und mich
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Nächste Rednerin ist für die Fraktion der Sozialdemo-
kraten unsere Kollegin Frau Daniela Kolbe. Bitte schön,
Frau Kollegin Daniela Kolbe.
Zumindest von der Größe her ist mir der Kollege vonder Union überlegen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen undKollegen! Es fällt selbst Konservativen schwer, plausi-bel zu erklären, was das Optionsmodell konkret bringensoll. Da helfen auch allerlei Verrenkungen nicht. Es gehthier um die Frage, warum junge Menschen, die qua Ge-burt die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen – dashaben wir gemeinsam beschlossen –, im Alter zwischen18 und 23 Jahren erklären müssen, ob sie Deutsche blei-ben wollen oder nicht. Was ist der Sinn dieses erneutenBekenntnisses?Wir haben jetzt allerlei gehört, was nicht zum Themagehört hat und eher Ausdruck von Ressentiments bis hinzum Anklang von Rassismen war.
Ich meine auch, es war Ausdruck einer merkwürdigenGrundhaltung gegenüber türkeistämmigen Menschen,die in unserem Land leben.
Welche Argumente aber gibt es denn nun tatsächlichvon Ihrer Seite für das Optionsmodell? Damit solleMehrstaatigkeit verhindert werden. Dabei wird gegen-wärtig bei mehr als der Hälfte der Einbürgerungen inDeutschland Mehrstaatigkeit akzeptiert. Im Moment le-ben – geschätzt – 4,5 Millionen Mehrstaatler in unseremLand. Meines Wissens ist der Untergang des Abendlan-des trotzdem ausgeblieben.
Sie sagen, die deutsche Staatsangehörigkeit stehe amEnde eines Integrationsprozesses. Damit erkennen auchviele Konservative an, dass es natürlich auch Teil einesgelingenden Integrationsprozesses sein kann, irgend-wann deutscher Staatsangehöriger zu sein. Schauen wiruns doch einmal die Realität an, die das Optionsmodellhervorruft: Für manche junge Menschen steht im Mo-ment am Ende eines gelungenen Integrationsprozessesder Rausschmiss aus der deutschen Staatsangehörigkeit.Das ist doch verkehrte Welt.
Sehr konservative Menschen – Herr Schröder möchteauch sehr konservativ sein; so ist zumindest heute meinEwSsdunwMisrissdnvaawnZsdewLbAbJnSsZgfudsJindlasbfüdleatiz
Ich möchte zwei Punkte aus der Anhörung, die wir zuiesem Thema durchgeführt haben, aufgreifen: zum ei-en die Bürokratie und zum anderen den Rausschmisson gut integrierten Menschen aus der deutschen Staats-ngehörigkeit. Der Praktiker Herr Jungnickel, den wirls Sachverständigen geladen hatten, hat uns berichtet,as im Moment passiert. Derzeit sind die Fallzahlenoch niedrig. Er hat uns berichtet, dass er in seinemuständigkeitsbereich elf jungen Leuten – das ist nacheinen Angaben etwa 1 Prozent der Fälle in Gesamt-eutschland – die deutsche Staatsangehörigkeit hat ab-rkennen müssen, und zwar nicht, weil diese zu dummaren, sich zu melden. Diese jungen deutsch-türkischeneute haben sich gemeldet und wollten Deutsche blei-en. Sie haben sich recht spät gemeldet und haben einenntrag gestellt, um ihre türkische Staatsbürgerschaft zuehalten. Das kann ich nachvollziehen. Aber Herrungnickel und seine Beamten mussten diese Anträgeach geltendem Recht ablehnen.Dann hatten diese jungen Leute folgendes Problem:ie mussten einen Antrag auf Entlassung aus ihrer türki-chen Staatsangehörigkeit stellen. Das dauerte aber.wischenzeitlich sind diese jungen Leute 23 Jahre alteworden. Damit war ihre deutsche Staatsangehörigkeittsch. Wie gesagt, diese elf Leute stellen etwa 1 Prozenter Fälle dar. Die Fallzahlen werden aber dramatischteigen. 2018 wird es etwa 40 000 Fälle pro Jahr geben.Damit komme ich zum abschließenden Punkt. Herrungnickel meint, dass die hier in Rede stehenden Fälle etwa mit Einbürgerungsfällen vergleichbar sind, wasen bürokratischen Aufwand angeht. Die Frage an Sieutet also: Was macht es im Hinblick auf den bürokrati-chen Aufwand für einen Sinn, 40 000 zusätzliche Ein-ürgerungsverfahren durchzuführen? Wenn Sie wirklichr Bürokratieabbau sorgen und etwas für Integration iniesem Land tun wollen, dann nutzen Sie doch diese Ge-genheit und schaffen Sie endlich das Optionsmodellb. Es ist bürokratischer Wahnsinn und unter integra-onspolitischen Aspekten Unsinn.
Sie haben heute die Möglichkeit, unserem Vorschlagu folgen. Es wird auch noch eine Bundesratsinitiative
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30604 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Daniela Kolbe
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geben. Nutzen Sie die Gelegenheit! Wenn Sie es nichttun, dann werden wir das nach dem 22. September fürSie erledigen.
Nächster Redner für die Fraktion der FDP: unser Kol-
lege Serkan Tören. Bitte schön, Kollege Serkan Tören.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau
Kolbe, ich finde es geradezu unverschämt, dass Sie dem
Kollegen Grindel Rassismus vorwerfen.
Ich kann nur sagen: Sorgen Sie erst einmal in Ihren eige-
nen Reihen dafür, dass es keinen Rassismus gibt. Ich
brauche nur den Namen Thilo Sarrazin zu nennen,
der sieben Jahre eine verantwortliche Position hier in
Berlin bekleidet hat und seine Gentheorien im ganzen
Land verkündet. Sorgen Sie erst einmal in Ihren eigenen
Reihen dafür, dass es keinen Rassismus gibt, bevor Sie
andere angreifen. Es ist unverschämt, was Sie hier ma-
chen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin
Rawert?
Nein, das gestatte ich jetzt nicht; schließlich habe ichgerade erst angefangen. Vielleicht lasse ich nachher einezu.
Bei der Optionspflicht geht es für die betreffendenjungen Menschen gar nicht so sehr um eine Loyalitäts-entscheidung, also für welches Land sie eintreten, son-dern oft um die Frage, ob es Brüche im Lebenslauf gibt;das ist manchmal eine sehr schwierige Entscheidung.Eine Studie des BAMF zeigt: 66 Prozent der Betroffenenwünschen sich tatsächlich die Beibehaltung der Her-kunftsstaatsangehörigkeit. Meine Damen und Herrenvon der Opposition, darauf sollten wir Antworten finden.
Wir haben auf unserem letzten Parteitag die grund-sätzliche Anerkennung der doppelten Staatsangehörig-keit in unser Wahlprogramm aufgenommen.WvdF4EdTEgSShtedGbmgicwLdk–WmfüwdemekmsmEdkcdvhbW
ir hatten im Jahre 2011 107 000 Einbürgerungen zuerzeichnen, davon rund 51 Prozent unter Inkaufnahmeer doppelten Staatsangehörigkeit. Für mich ist es einerage der Gerechtigkeit, wie wir mit den anderen9 Prozent verfahren.
s geht dabei nicht nur um Bürger aus EU-Staaten, son-ern auch um Menschen aus vielen anderen Nationen.Ich glaube, dass die doppelte Staatsbürgerschaft dieeilhabe und die Integration vieler Menschen fördert.in Beispiel: Ich bin mit Anfang 20 seinerzeit eingebür-ert worden, und zwar unter Inkaufnahme der doppeltentaatsangehörigkeit, weil ich nicht aus der türkischentaatsangehörigkeit entlassen werden konnte; denn ichatte meinen Militärdienst in der Türkei nicht abgeleis-t. Der nächste Schritt, nachdem ich eingebürgert wor-en bin – das war für mich ein Signal dafür, dass dieesellschaft mich will und ich Teil dieser Gesellschaftin –, war einer der besten Schritte überhaupt, die manachen kann: Ich bin einige Monate später zur FDP ge-angen und bin Mitglied dieser Partei geworden, weilh selbst etwas gestalten und in dieser Gesellschaft mit-irken wollte.
Gegner der doppelten Staatsangehörigkeit reden vonoyalitätskonflikten. Ich frage dann manchmal, wieiese Loyalitätskonflikte eigentlich aussehen. So richtigonkrete Antworten bekomme ich selten. Ein Problem darüber kann man durchaus diskutieren – war derehrdienst; aber den haben wir – auch dank der FDP –ittlerweile nicht mehr. Insofern ist ein wichtiger Grundr einen Loyalitätskonflikt, wie man ihn sonst kannte,eggefallen.Die Anhörung im Ausschuss ist vorhin erwähnt wor-en. Einige Sachverständige haben uns gesagt, dass esine aktive Staatsangehörigkeit da gibt, wo man lebt, woan Grundrechte ausüben kann und wo man Pflichtenrfüllt, dass es aber auch eine passive Staatsangehörig-eit gibt, und zwar da, wo man nicht lebt. Das ist fürich sehr einleuchtend. Auch an meinem Beispiel zeigtich, dass ich die Grundrechte in der Türkei nie geltendachen konnte, weil ich dort eben nicht gelebt habe. Dasinzige, was gestört hat, war die Pflicht zum Militär-ienst. Deswegen habe ich vor einigen Jahren meine tür-ische Staatsangehörigkeit aufgegeben.Wir sind ein Land, das um Fachkräfte ringt. Wir brau-hen Hochqualifizierte. Diese Regierung hat deswegenie Einführung der Bluecard beschlossen, etwas, was Sieon der Opposition jahrelang nicht geschafft haben. Sieaben nur darüber geredet, aber nichts geleistet. Wir ha-en das hinbekommen. Wir kämpfen jetzt im weltweitenettbewerb um die besten Köpfe.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30605
Serkan Tören
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Dazu gehört auch, dass man Anreize schafft. Die an-gelsächsischen Staaten erlauben im Grundsatz die dop-pelte Staatsangehörigkeit. Im Wettbewerb mit diesenStaaten müssen wir Anreize schaffen und ebenfalls überdie doppelte Staatsangehörigkeit nachdenken. Auchsonst gibt es kaum noch rechtliche Probleme. Im Zivil-recht bzw. internationalen Privatrecht werden diese Pro-bleme gelöst.
Lasen Sie mich noch ganz kurz etwas zur SPD undzur Scheinheiligkeit sagen. Einen Namen habe ich hierschon genannt. Ich möchte dazu aus der Bild-Zeitungvon vor einigen Monaten zitieren: „Mehrstaatlichkeit er-leichtert Kriminalität und dient denen, die Unrechtes imSchilde führen.“ Sie wissen, wer das gesagt hat: einSPD-Bürgermeister hier in Berlin. Daran erkennt mandie Scheinheiligkeit.
Sie machen andauernd Wahlkampf mit diesem Thema,sprechen bestimmte Gruppen an, agieren dort und sen-den eine bestimmte Botschaft aus. Aber auf der anderenSeite wird die Botschaft an die Mehrheitsgesellschaftgesendet: Wir sind gegen die doppelte Staatsangehörig-keit. – Deshalb kann man Ihnen Scheinheiligkeit vor-werfen. Sie lassen andere für sich in der Öffentlichkeitreden
und merkwürdige Thesen und Argumente verbreiten.Das gehört sich einfach nicht.
Noch etwas.
Sie müssen zum Schluss kommen, Herr Kollege.
Was die Regelung nach dem Jahr 2000 angeht – vor-
hin kam von einem Fragesteller die Frage, die einen
deutschen Staatsangehörigen betraf, der die Staatsange-
hörigkeit eines fremden Landes haben möchte –, muss
ich sagen: Wer hat denn das Gesetz geschaffen, wonach
nach dem Jahr 2000 ein Betroffener automatisch die
deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wenn er der Op-
tionspflicht nicht nachkommt? Das ist übrigens ein Rie-
senschaden, den viele türkische Staatsangehörige erlitten
haben. Dafür sind Sie verantwortlich. Von doppelter
Staatsangehörigkeit reden, aber so etwas einführen!
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ir haben die Integrationskurse qualitativ verbessert.
ir haben das Anerkennungsgesetz für ausländische Be-
fsabschlüsse verabschiedet. Die vergangenen vier
ahre waren für Deutschland als Einwanderungsland vier
ute Jahre.
Vielen Dank.
Nächster Redner in unserer Aussprache ist für die
raktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Memet
ilic. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-
n! Lieber Herr Kollege Serkan Tören, Sie haben ge-
agt, wer denn verantwortlich für die Optionsregelung
ei. Ich kann die Frage beantworten: Ihre Partei. Sie ha-
en diese unsinnige Optionspflicht eingeführt. Ohne
iese hätte Herr Rainer Brüderle diesem Gesetz nicht zu-
estimmt. Wir haben das in Kauf genommen, damit die
inder von Immigranten in ihrem Geburtsland nicht län-
er als Ausländerinnen und Ausländer geboren werden.
ir haben gerettet, was zu retten war; sonst nichts.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
olff?
Immer, Herr Präsident. – Bitte, Herr Kollege.
Bitte schön, Herr Wolff.Hartfrid Wolff (FDP):Herr Kollege Kilic, wir sind uns doch einig, dass Sieiesem Staatsangehörigkeitsrecht, das hier mit großenrokodilstränen seitens Ihrer Fraktion und auch seitenser SPD als etwas sehr Problematisches dargestellt wird,ugestimmt haben. Herr Röspel, Mitglied des Deutschenundestages, und ebenfalls Frau Künast waren anwe-end, als damals das Staatsangehörigkeitsrecht mit demptionsmodell eingeführt worden ist. Sie haben dem zu-
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30606 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Hartfrid Wolff
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gestimmt – vielleicht nicht Sie persönlich, aber die großeMehrheit der beiden damaligen Regierungsfraktionen.Sind wir uns darin einig?
Herr Wolff, ich bin sehr dankbar für diese Frage. Ich
war damals sogar ein Lobbyist der Immigranten. Als
Vorsitzender des Bundesausländerbeirates habe ich die-
ser Regelung sogar zugestimmt.
Rot-Grün hat es damals geschafft, eine Jahrhundert-
reform durchzuführen: Die Kinder von Immigranten in
der dritten oder vierten Generation werden seitdem in ih-
rem Geburtsland nicht mehr als Ausländer geboren. Da-
für haben wir die von Ihnen für Ihre Zustimmung zur
Bedingung gemachte Optionspflicht in Kauf genommen.
Zuvor hatten die Unionsparteien unselige Unterschrif-
tenkampagnen gegen Ausländer geführt. Insofern bin ich
dankbar, dass SPD und Grüne diese Reform durchge-
führt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mich hat vor zehn
Minuten die Meldung erreicht, dass ein dritter Demons-
trant in Istanbul an seinen Kopfverletzungen gestorben
ist. Herr Kollege Grindel, es ist nicht angemessen, wenn
Sie ein ganzes Volk mit einem breitbeinigen despoti-
schen Islamisten identifizieren
und alles über einen Kamm scheren. Täglich gehen in Is-
tanbul über 1 Million Menschen auf die Straße. Sie tre-
ten ein für ihre Freiheit, für die Werte der Europäischen
Union, aber auch für die universellen Menschenrechte.
Sie sind bereit, dafür ihre Gesundheit und ihr Leben zu
opfern. Das muss man anerkennen.
Man muss sagen: Diese Leute gehören zu Europa, und
auch die Türkei gehört zu Europa. – Sie werden solche
breitbeinigen Islamisten abschütteln; davon sind wir
überzeugt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Deutschland ge-
borene Kinder nichtdeutscher Eltern müssen sich bis
zum 23. Geburtsjahr für eine ihrer Staatsbürgerschaften
entscheiden. Wer den Stichtag verpasst, verliert die
deutsche Staatsangehörigkeit. Insgesamt unterliegen
300 000 Deutsche der Optionspflicht.
Schon 2009 hat die Bundesregierung angekündigt, die
Optionspflicht zu prüfen. Während die Bundesregierung
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Der Optionszwang setzt die Betroffenen einem erheb-
chen und unnötigen Entscheidungsdruck aus. Der
ptionszwang besagt: Ihr seid lediglich Deutsche unter
orbehalt. – Das ist ein fatales Signal. Es darf keine
eutschen erster und zweiter Klasse geben.
Weltweit ist Deutschland das einzige Land, in dem es
inen solchen Optionszwang gibt. In der globalen
esellschaft ist die Mehrstaatigkeit nicht mehr die Aus-
ahme, sondern die Regel. Außerdem ist diese Options-
gelung willkürlich. Denn neben Jugendlichen aus bi-
ationalen Familien sind Jugendliche aus der EU und
us der Schweiz vom Optionszwang praktisch ausge-
ommen. Diese Ungleichbehandlung ist im Hinblick auf
en Gleichbehandlungsgrundsatz in unserer Verfassung
roblematisch. Hinzu kommt der bürokratische Auf-
and für unsere eh schon überlasteten Behörden und
erichte. Deshalb appelliere ich vor allem an die Bun-
esregierung: Unterstützen Sie unseren Gesetzentwurf
nd beenden Sie endlich Ihre strikte Dagegen-Politik.
Ein Doppelpass à la Mesut Özil und Ilkay Gündogan
orgt im Fußballstadion für großen Jubel.
h bin mir sicher, dass ein Doppelpass im Staatsangehö-
gkeitsrecht für einen noch größeren Jubel sorgen wird.
eshalb: Geben Sie Ihre strikte Dagegen-Politik auf und
timmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, liebe Kolle-
innen und Kollegen.
Nächster Redner für die Fraktion von CDU und CSU:
nser Kollege Stephan Mayer. Bitte schön, Kollege
tephan Mayer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegin-en! Sehr geehrte Kollegen! Es ist Vorwahlkampfzeit.nd was macht die Opposition? Sie holt stereotyp ihre
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30607
Stephan Mayer
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alten Anträge zum Staatsangehörigkeitsrecht bzw. zurAbschaffung des Optionsmodells aus der Mottenkisteund versucht hier, plump Wahlkampf zu machen.
Das ist ja durchaus legitim. Meines Erachtens wirklichunanständig ist aber, dass Sie, Frau Kollegin Kolbe, mei-nem Kollegen Grindel unterstellen, er sei ein Rassist, erhabe Tendenzen zum Rassismus,
und dass Sie, Frau Kollegin Dağdelen, behaupten, diedeutsche Regierung würde eine Antitürkeipolitik betrei-ben und sei türkeifeindlich.
Das gehört sich hier nicht. Man kann bei diesem Themaja durchaus unterschiedlicher Auffassung sein; aber ichfinde es wirklich ungehörig, dass die Debatte mit dieserVerve und teilweise auch mit dieser Wortwahl geführtwird.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, waswill die Opposition? Sie will mit diesen Vorlagen dochnur davon ablenken, dass sie zwischen 1998 und 2005integrationspolitisch versagt hat. Erst seit 2005, seitdemdie CDU/CSU in Berlin an der Regierung ist, steht dasThema Integration wirklich ganz oben auf der bundes-politischen Agenda.
Seit 2005 haben wir seitens des Bundes über 1 MilliardeEuro zum Beispiel für Integrations- und Sprachkurseausgegeben. Über 1 Million Bürgerinnen und Bürgerhaben mittlerweile diese Integrations- und Sprachkursebesuchen können. Wir haben eine Staatsministerin, dieeigens für das wichtige Thema Integration zuständig ist.Es gibt einen Nationalen Integrationsplan. Es gibt in je-dem Jahr einen Integrationsgipfel. Dies alles gibt es erst,seitdem die CDU/CSU in Berlin in der Regierung ist.
Dies zeigt auch: Tatsächliche Integration wird nichtmit dem Erwerb einer Staatsangehörigkeit erreicht;
tatsächliche Integration wird dadurch erreicht, dass denMigrantinnen und Migranten in Deutschland ganz kon-krete Unterstützungsmaßnahmen und Angebote zuteil-werden.
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s gibt verschiedene Fälle, die eindrucksvoll beweisen,ass Mehrstaatigkeit zu Loyalitätskonflikten führt. Dieosinenpickerei führt in vielen Fällen zu großen Dilem-ata, sei es im Strafrecht, sei es im Wahlrecht. Es kannicht sein, dass jemand in zwei Ländern gleichermaßenefugt ist, das nationale Parlament zu wählen.Auch was den Bezug von Sozialleistungen anbelangt,ibt es erwiesenermaßen schwere Konfliktsituationen,enn die Gefahr besteht, dass aus zwei Ländern Sozial-istungen in Anspruch genommen werden und keinbgleich zwischen diesen beiden Ländern und damit na-rlich auch keine Missbrauchskontrolle erfolgt.Auch was das Thema Grundstückserwerb oder dashema Erbrecht anbelangt, gibt es ganz konkrete Kon-iktfälle. Nicht zuletzt die Ausübung diplomatischenchutzes sei hier genannt. Zum Beispiel gibt es den Fall,ass Doppelstaatlern die deutsche Staatsangehörigkeit Konfliktfall nichts bringt, dann nämlich, wenn andereänder diese nicht akzeptieren.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ichöchte einmal aktuelle Zahlen aus Bayern vortragen,ie im Mai veröffentlicht wurden. Es geht um die bisheringebürgerten. Aus dem Geburtsjahrgang 1990 zumeispiel haben sich von 637 Optionspflichtigen 626 fürie deutsche Staatsangehörigkeit entschieden. Das sind8,3 Prozent. Aus dem Geburtsjahrgang 1991 haben sichon 717 Optionspflichtigen 708 für die deutsche Staats-ngehörigkeit entschieden. Das sind 98,7 Prozent. Ausem Geburtsjahrgang 1992 haben sich von 597 Options-flichtigen 594 für die deutsche Staatsangehörigkeit ent-chieden. Das sind sage und schreibe 99,5 Prozent.Dieser Prozentsatz liegt sogar noch deutlich über demundesdurchschnitt – das mag daran liegen, dass dieptionspflichtigen davon ausgehen, dass sie neben dereutschen Staatsangehörigkeit die bayerische Staatsan-ehörigkeit mit dazubekommen –;
ber auch bundesweit liegt der Anteil mittlerweile beiber 98 Prozent. Das zeigt doch sehr eindrucksvoll, dasser überwiegende Teil derjenigen, die bisher aufgefor-ert worden sind, sich zu erklären, in Deutschland ange-ommen ist. Sie empfinden Deutschland als ihre neueeimat und haben sich dann auch mit vollem Herzen fürie deutsche Staatsangehörigkeit entschieden.Es ist auch interessant, sich einmal die Einbürge-ngsstudie des Bundesamts für Migration und Flücht-nge aus dem Jahr 2011 anzusehen: 70 Prozent der Ein-ebürgerten haben erklärt, dass sie Deutschland jetzt als
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30608 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Stephan Mayer
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ihre neue Heimat sehen und dass sie in Deutschland ver-wurzelt sind. Das ist doch ein wirklich beredtes Zeichendafür, dass Integration erfolgreich ist.
Das zeigt meines Erachtens auch, dass das Ausrei-chen der deutschen Staatsangehörigkeit am Ende einererfolgreichen Integration stehen kann. Die Ergebnissesind deutlich. Jene, die die deutsche Staatsangehörigkeitangenommen haben, weisen, was die Schulleistungenanbelangt, bessere Ergebnisse auf
und sind in geringerem Maße arbeitslos. Das ist eine er-folgreiche Integration und, meine sehr verehrten Kolle-ginnen und Kollegen von der Opposition, das lassen wiruns auch nicht nehmen.
Eine offene und tolerante Gesellschaft, wie es sie inDeutschland gibt – ich stehe zu dieser Willkommenskul-tur; ich glaube, wir haben sie in Deutschland mittler-weile implementiert –, zeichnet sich nicht dadurch aus,dass wir die doppelte Staatsangehörigkeit akzeptieren.Wir haben insbesondere in den vergangenen vier Jahrenein modernes und zeitgemäßes Zuwanderungsrecht ge-schaffen, das wirklich jedem, der nach Deutschlandkommen will, der sich in Deutschland integrieren und inDeutschland arbeiten will, die Chance gibt, hierherzu-kommen.
Das ist ein Zeichen und der Erfolg einer guten Integra-tionsleistung, nicht aber plumpe und publikumswirk-same Anträge, die sich nur vordergründig auf Integrationbeziehen, dies tatsächlich aber gar nicht zum Inhalt ha-ben.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt
noch zwei Redner bis zu unseren Abstimmungen. Ich
würde mich freuen, wenn wir den Rednern die notwen-
dige Aufmerksamkeit schenken könnten.
Bitte, Kollege Rüdiger Veit für die Fraktion der So-
zialdemokraten.
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Zunächst einmal: Sie brauchen uns im Zusammen-ang mit den Namen Sarrazin und Buschkowsky keinecheinheiligkeit vorzuwerfen. Ich sage Ihnen dazu ganzlar meine Position, die vielleicht nicht in der Härte und der Formulierung, wohl aber im Inhalt von weiteneilen meiner Partei geteilt wird: Ich persönlich bin deruffassung, dass viele der Thesen von Herrn Sarrazinurch das Wesen eines menschenverachtenden Psycho-athen gekennzeichnet sind – und damit Ende der Dis-ussion.
Nachdem Herr Buschkowsky – ähnlich wie leideruch Herr Staatssekretär Dr. Schröder – in der Bild-eitung hat verlautbaren lassen, die doppelte Staatsbür-erschaft sei etwas, um sich am einfachsten strafrechtli-her Verfolgung zu entziehen, musste ich leider auchffentlich, in einer Tageszeitung, meine Auffassung dazuußern. Ich wiederhole sie hier und sehe allen juristi-chen Auseinandersetzungen, die da kommen könnten,it Gelassenheit entgegen: Ich bin der Überzeugung,ass Heinz Buschkowsky mit dieser Auffassung endgül-g von allen guten Geistern verlassen ist. Sie sollten sichlso an ihm kein Beispiel nehmen. Sonst müsste ich überie genauso sprechen.
Es geht hier und heute auch nicht um Wahlkampf,obei es schon interessant ist: Der eine von Ihnen be-lagt, dass die Vorlagen der Opposition überraschendommen, der andere beklagt sich darüber, dass sie im-er wieder eingebracht würden, der Dritte schließlichehauptet, er beispielsweise habe das Ganze genau soewollt und er bzw. seine Fraktion, die FDP, wasche dieände in Unschuld. Alles das ist verkehrt.Aber wenn Sie Wahlkampf haben wollen, dann geheh gern noch einmal auf die Frage ein, wie es zu diesemesetz gekommen ist. Das fällt mir aus meiner Erinne-ng deshalb relativ leicht, weil es das erste wichtige Ge-etz war, an dem ich 1998 im Bundestag mitarbeitenurfte. Ich kann Ihnen definitiv sagen, dass es die Ab-icht und der Kern der sozialdemokratischen Politik war,llen in Deutschland geborenen Kindern, deren Elternich bereits langfristig hier aufhalten, endlich die deut-che Staatsbürgerschaft zu geben.
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Rüdiger Veit
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Wir mussten erleben, dass im damaligen Landtags-wahlkampf der spätere Ministerpräsident Roland Kochund seine Landes-CDU eine Unterschriftenkampagnegegen die doppelte Staatsbürgerschaft losgetreten hatten,um sich auf diese Art und Weise einer drohenden Wahl-niederlage zu entziehen. Leider haben bei dieser Land-tagswahl im Februar 1999 die Grünen so viele Stimmenverloren, dass wir Sozialdemokraten diesen Verlust nichtkompensieren konnten.Ich will Ihnen jetzt sagen, was an dieser Kampagne somaßlos verlogen war. Bevor wir dieses Thema endlichangepackt haben, war die Rechtslage folgendermaßengekennzeichnet: Der vormalige Bundeskanzler HelmutKohl – das war vor meiner Zeit als Bundestagsabgeord-neter – hat bei seinem türkischen Amtskollegen dringenddarum gebeten, dass die türkischen Konsulate und Bot-schaften davon Abstand nehmen mögen, offensiv fürfolgende Praxis zu werben: Die Türken gehen zu ihremKonsulat oder ihrer Botschaft, beantragen die Entlas-sung aus der türkischen Staatsbürgerschaft und bekom-men gleichzeitig gesagt: Wenn ihr die deutsche Staats-bürgerschaft habt, dann kommt ihr bitte wieder und dannerhaltet ihr die türkische Staatsbürgerschaft ebenfalls. –Das war damals die Rechtslage, bevor wir dieses Themain Angriff genommen haben.
Wir mussten uns leider von der generellen Hinnahmeder doppelten Staatsbürgerschaft verabschieden undmussten die Optionsregelung deswegen mitmachen, weildies die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat erzwungenhaben. Wir wollten das nie. Wir wollten eine andere Re-gelung und haben deshalb entsprechende Anläufe unter-nommen. Es war niemand anders – auch daran kann ichmich gut erinnern – als der vormalige Justizminister vonRheinland-Pfalz Caesar, der die Idee des Optionsmodellshatte. Werfen Sie uns das heute also bitte nicht vor. Wirwaren seit 1998 immer klar in unserer Auffassung; dasbetrifft jedenfalls Rot-Grün.
Wer in einer Zeit, in der die Ausnahme zur Regel ge-worden ist, dass nämlich 53 Prozent der Einbürgerungennach heute geltendem Recht unter Hinnahme der doppel-ten Staatsbürgerschaft erfolgen, noch der Auffassung ist,man solle dieses Modell beibehalten, dem sage ich ganzklar und deutlich: Wir Sozialdemokraten – die anderenAntragsteller nehmen das auch für sich in Anspruch –sind der Überzeugung, dass die Einbürgerung nicht derendgültige Schlusspunkt jedweder Integration ist, son-dern ein ganz wichtiger Zwischenschritt.Wer demgegenüber der Meinung ist, es möge mög-lichst wenig Einbürgerungen und möglichst viele Hinder-nisse geben, der kann die Auffassung weiterhin vertreten,dass man gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sei. DerVerlust der ausländischen Staatsbürgerschaft bei zweiDritteln derjenigen, die in Deutschland eingebürgert wer-dnwwUduCKLtrndIntegIhmDraZelidmfetiRggsdSegmdnugdHMpe
Liebe Kolleginnen und Kollegen, letzter Redner in
nserer Aussprache ist für die Fraktion von CDU und
SU unser Kollege Ingo Wellenreuther. Bitte schön,
ollege Ingo Wellenreuther.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!iebe Kollegen! Zur Abstimmung stehen mehrere An-äge und Gesetzentwürfe, die die Abschaffung der soge-annten Optionspflicht und im Kern die Zulassung vonoppelten und mehrfachen Staatsangehörigkeiten zumhalt haben. Kollege Veit, Sie beklagen, dass die Debat-nkultur knapp über der Grasnarbe angekommen ist,leichzeitig bezeichnen Sie aber einen Parteifreund vonnen als menschenverachtenden Psychopathen. Ichuss sagen: Das spricht für sich.Die Opposition hat schon mehrfach dieses Thema zurebatte gestellt, und zwar – der Kollege Mayer hat da-uf hingewiesen – meistens kurz vor Wahlen, mit demiel, hieraus Kapital zu schlagen.Ich komme auf die Fakten zurück. Im März haben wirine Sachverständigenanhörung durchgeführt, und esegen die Ergebnisse zweier Studien des BAMF vor, dieie Koalition in Auftrag gegeben hatte, um das Options-odell bzw. das Staatsangehörigkeitsrecht zu überprü-n. Zum einen handelt es sich um eine nicht repräsenta-ve qualitative Studie zur Optionspflicht, in derenahmen ausführliche Interviews mit 27 betroffenen jun-en Menschen geführt wurden. Zum Zweiten gibt es Er-ebnisse einer repräsentativen Studie. Im Rahmen dieserogenannten Einbürgerungsstudie 2011 wurden unter an-erem 401 Optionspflichtige befragt.Unsere Auffassung war immer, die Anhörung und dietudien abzuwarten. Das war auch genau richtig; denns wurden klare und bemerkenswerte Ergebnisse zutageefördert. Die Sachverständigen haben deutlich ge-acht: Das Optionsmodell und das Prinzip der Vermei-ung mehrfacher Staatsangehörigkeiten sind rechtlichicht zu beanstanden. Sie sind vor allem verfassungs-nd europarechtskonform. Die zugrunde liegenden Fra-en sind deswegen vor allem eine politische Entschei-ung. Wir von der Union haben dazu eine ganz klarealtung: Für uns gilt der Grundsatz der Vermeidung vonehrstaatigkeit. Deshalb halten wir an der Options-flicht fest.Unsere Position wird durch die Studienergebnisseindeutig gestützt. Der Kollege Mayer hat bereits darauf
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Ingo Wellenreuther
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hingewiesen; ich werde nachher darauf zurückkommen.Die Studien widerlegen nämlich die Argumentation derOpposition, die immer wieder vorgebracht wird. Ein be-liebtes Argument ist, dass es die jungen Menschen inschwere Konflikte bringe und verunsichere, sich zwi-schen einer der Staatsangehörigkeiten entscheiden zumüssen. Nun wurde bestätigt: Diese Behauptungen tref-fen weitestgehend nicht zu. Über 70 Prozent der betrof-fenen jungen Menschen bestreiten, dass das Aufgebender anderen Staatsangehörigkeit Gewissenskonflikteverursacht. Nur 6 Prozent der Befragten geben an, dassdie Verpflichtung, sich für eine Staatsangehörigkeit zuentscheiden, sie hinsichtlich ihrer familiären oder beruf-lichen Lebensplanung verunsichert. Das zeigt: SPD,Grüne und Linke haben jahrelang einen Popanz aufge-baut und Ängste geschürt, die sich nun in Luft auflösen.Auch die zweite immer wieder vorgebrachte Behaup-tung ist schlichtweg falsch, dass die jungen Options-pflichtigen sich von Deutschland abwenden würden;auch das hat der Kollege Mayer angesprochen. 98 Pro-zent der jungen Menschen, die sich aufgrund der Op-tionspflicht zu entscheiden hatten, haben sich für diedeutsche Staatsangehörigkeit entschieden. Fast alle be-kennen sich also zu unserem Land. Das ist ein eindeuti-ges Votum für Deutschland und zeigt: SPD, Grüne undLinke haben ein vollkommen falsches Bild von den jun-gen Menschen ausländischer Herkunft in unserem Land.
Die Gründe der optionspflichtigen jungen Menschen,sich für die deutsche Staatsangehörigkeit zu entscheiden,sind ganz pragmatisch. Sie entscheiden sich auch des-halb für uns und für die deutsche Staatsangehörigkeit,weil sie in Deutschland bessere Zukunftsperspektivensehen, der Arbeitsmarkt für sie erfolgversprechend ist,die Qualität von Bildung und Ausbildung in unseremLand überzeugt, aber auch weil sie der hohe Standardunseres Rechtssystems beeindruckt. Bemerkenswert ist,dass gerade junge Frauen als Motiv für die Wahl derdeutschen Staatsbürgerschaft angegeben haben, dass siedas Frauenbild in ihrem Herkunftsland als problematischempfinden.Die wichtigste Erkenntnis aus der Studie ist für michaber noch eine ganz andere: Fast durchgängig geben diejungen Menschen an, sich mit Deutschland emotionalverbunden zu fühlen. Das entspricht doch gerade dem,was wir immer gesagt haben: Integration ist eine Sachedes Herzens. Ein Zugehörigkeitsgefühl kann nicht mitder Aushändigung von Papieren geschaffen werden.Deshalb bleibt es für uns dabei: Der Erwerb der Staats-angehörigkeit sollte nicht am Anfang eines Integrations-prozesses stehen,
sondern die Folge sein, wenn der Prozess gelingt.Ich sage ganz klar: Wir wollen, dass dieser Prozessbei uns möglichst vielen gelingt. Wir tun auch einigesdafür. Ich möchte nur die Stichworte „Integrationskurse“und „Sprachlehrgänge“ nennen. Für uns, für die Union,steht eine gute Integration im Vordergrund. Dafür ist dasErlernen der deutschen Sprache der entscheidendeSliaZEtiwvliDhlegBdgDahggsdMwleinAD„feAmdntifraAnae
Das lässt sich heute aufgrund der Studienergebnisseagen, auch wenn die Ausübung der Optionspflicht fürie ganz überwiegende Zahl der betroffenen jungenenschen erst noch bevorsteht. Aus diesem Grund so-ie aus all den weiteren von mir genannten Gründenhnen wir Ihre Anträge ab.
Danke schön.
Der Kollege Ingo Wellenreuther war der letzte Redner unserer Aussprache.Wir kommen nun unter Tagesordnungspunkt 1 a zurbstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ie Grünen auf Drucksache 17/13488 mit dem TitelAbschaffung des Optionszwangs – Ausdruck einer of-nen Gesellschaft“. Das ist noch nicht die namentlichebstimmung, sodass wir hier jetzt zunächst so abstim-en, wie wir es regulär immer machen. Wer stimmt füriesen Antrag? – Das sind die Fraktionen von Bünd-is 90/Die Grünen, Sozialdemokraten und Linksfrak-on. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Koalitions-aktionen. Enthaltungen? – Keine. Der Antrag istbgelehnt.Wir kommen nun unter Tagesordnungspunkt 1 b zurbstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion Bünd-is 90/Die Grünen zur Streichung des Optionszwangsus dem Staatsangehörigkeitsrecht. Der Innenausschussmpfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30611
Vizepräsident Eduard Oswald
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lung auf Drucksache 17/13312, den Gesetzentwurf derFraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/542abzulehnen. Wir stimmen nun auf Verlangen der Frak-tion Bündnis 90/Die Grünen namentlich über den Ge-setzentwurf ab.Bevor wir zur Abstimmung kommen, darf ich be-kannt geben, dass mehrere Erklärungen zur Abstimmungvorliegen.1)Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer,die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Darf ich fragen,ob die Plätze an den Urnen überall besetzt sind? – Dasist der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es noch jeman-den, der seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat?Hat jemand jemanden gesehen, der noch mit Stimmkartein der Hand herumläuft und dem droht, die Abstimmungzu verpassen? – Auch dazu sehe ich kein Signal. Dannschließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführe-rinnen und Schriftführer, die Auszählung durchzuführen.Das Ergebnis der Abstimmung geben wir Ihnen – wieimmer – bekannt, sobald es vorliegt.2)Wir haben jetzt noch eine Reihe einfacher Abstim-mungen. Dazu bitte ich Sie, sich wieder auf die Plätze zubegeben.Wir setzen unter Tagesordnungspunkt 1 c die Abstim-mung zu der Beschlussempfehlung des Innenausschus-ses auf der Drucksache 17/13312 fort. Unter Buch-stabe b seiner Beschlussempfehlung empfiehlt derAusschuss die Ablehnung des Antrags der SPD-Fraktionauf Drucksache 17/7654 mit dem Titel „Staatsangehörig-keitsrecht modernisieren – Mehrfache bzw. doppelteStaatsbürgerschaft ermöglichen“. Wer stimmt für dieseBeschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Werenthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit Mehr-heit angenommen.Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe cseiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antragsder Fraktion Die Linke auf der Drucksache 17/12185 mitdem Titel „Für gleiche Rechte – Einbürgerungen erleich-tern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –Wer stimmt dagegen? – Die Beschlussempfehlung ist of-fenkundig mit Mehrheit angenommen gegen die geball-ten Stimmen der Fraktion Die Linke.
– Entschuldigung. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünenlegt Wert darauf, mit der Enthaltung im Protokoll ver-merkt zu sein. Das ist hiermit sichergestellt.Tagesordnungspunkt 1 d. Hier geht es um die Abstim-mung über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Klarstellung des assoziationsrechtlichenRechtsstatus Staatsangehöriger der Türkei im Aufent-halts-, Beschäftigungserlaubnis- und Beamtenrecht. DerInnenausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-schlussempfehlung auf der Drucksache 17/13299, denGzzdemLDtenBLdreshapbüaSkdztr2wuAInfrvaVLBpSdBtusGE1) Anlage 32) Ergebnis Seite 30612 D
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30612 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Staatsminister Bernd Neumann
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dert. All dies ist im Bericht im Einzelnen nachzulesen. und auch für das Zusammenwachsen in Europa. DasKulturerbe der Deutschen im östlichen Europa hat sichdern mit der Evaluation von Forschung in Deutschlandbeauftrage Wissenschaftsrat die gute Qualität der auf-grund von § 96 Bundesvertriebenengesetz stattfindendenForschung ausdrücklich gewürdigt. Unsere Aktivitätenbzw. die Aktivitäten der genannten Einrichtungen wer-den, meine Damen und Herren, auch vor Ort in den ost-europäischen Ländern durchgehend begrüßt. Ich habedas selbst in Siebenbürgen – in Rumänien – erlebt, woich ein gemeinsames Projekt mit der Stiftung von PeterMaffay ins Leben gerufen habe. Das habe ich auch inmeiner eigenen Heimat Westpreußen erlebt, wo unserLandesmuseum eine Dependance hat. Die Leute vor Ort– also in dem Fall die Polen – sind dankbar und froh,dass wir uns gemeinsam der europäischen Vergangenheitwidmen.Dies alles bereichert den europäischen Kulturraumund dient der Entfaltung einer offenen Erinnerungskul-msteroinwütig2sEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 574;davonja: 267nein: 307JaSPDIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHeinz-Joachim BarchmannDr. Hans-Peter BartelsKlaus BarthelBärbel BasSabine Bätzing-LichtenthälerDirk BeckerUwe BeckmeyerLothar Binding
Gerd BollmannKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann
Edelgard BulmahnMarco BülowUlla BurchardtMartin BurkertPetra CroneDr. Peter DanckertMartin DörmannElvira Drobinski-WeißSebastian EdathyIngo EgloffSiegmund EhrmannDr. h.c. Gernot ErlerPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerEGDDMMIrGUAKGMWHBKMH
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30613
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Christine LambrechtChristian Lange
Dr. Karl LauterbachSteffen-Claudio LemmeBurkhard LischkaGabriele Lösekrug-MöllerKirsten LühmannCaren MarksKatja MastHilde MattheisPetra Merkel
Ullrich MeßmerDr. Matthias MierschFranz MünteferingDr. Rolf MützenichAndrea NahlesThomas OppermannHolger OrtelAydan ÖzoğuzHeinz PaulaJohannes PflugJoachim PoßDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeMechthild RawertStefan RebmannGerold ReichenbachDr. Carola ReimannSönke RixRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth
Michael Roth
Marlene Rupprecht
Annette SawadeAnton SchaafAxel Schäfer
Bernd ScheelenMarianne Schieder
Werner Schieder
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Carsten Schneider
Swen Schulz
Ewald SchurerRolf SchwanitzStefan SchwartzeRita Schwarzelühr-SutterDr. Carsten SielingSonja SteffenPeer SteinbrückDr. Frank-Walter SteinmeierChristoph SträsserKerstin TackDr. h.c. Wolfgang ThierseFranz ThönnesWolfgang TiefenseeRüdiger VeitUte VogtDr. Marlies VolkmerAndrea WickleinHeidemarie Wieczorek-ZeulDr. Dieter WiefelspützUta ZapfDagmar ZieglerMBFMJoDJaDHKMHSCEDRSDHWDKWDADHInDAUDKJuCRMSUDTUDCNTPJeYInPMKRKSADFDAKJoanfred Zöllmerrigitte ZypriesDParco Buschmannhannes Vogel
IE LINKEn van Akenr. Dietmar Bartscherbert Behrensarin Binderatthias W. Birkwaldeidrun Bluhmteffen Bockhahnhristine Buchholzva Bulling-Schröterr. Martina Bungeoland Clausevim Dağdelenr. Diether Dehmeidrun Dittricherner Dreibusr. Dagmar Enkelmannlaus Ernstolfgang Gehrckeiana Golzennette Grothr. Gregor Gysieike Hänselge Högerr. Barbara Höllndrej Hunkolla Jelpker. Lukrezia Jochimsenatja Kippingtta Krellmannaren Layalph Lenkertichael Leuterttefan Liebichlla Lötzerr. Gesine Lötzschhomas Lutzelrich Maurerorothée Menznerornelia Möhringiema Movassathomas Nordetra Pauns Petermannvonne Ploetzgrid Remmersaul Schäfer
ichael Schlechtathrin Senger-Schäferaju Sharmaersten Steinkeabine Stüberlexander Süßmairr. Kirsten Tackmannrank Tempelr. Axel Troostlexander Ulrichathrin Voglerhanna VoßHHKJöSBDKVCBAVEKHHDKKBBPDBInTUKSMSMUTSOASRUMDNJeKBDOFDLBTCKMEDDUDDHDMalina Wawzyniakarald Weinbergatrin Wernerrn Wunderlichabine ZimmermannÜNDNIS 90/IE GRÜNENerstin Andreaeolker Beck
ornelia Behmirgitt Bendergnes Bruggeriola von Cramon-Taubadelkin Deligözatja Dörnerarald Ebnerans-Josef Fellr. Thomas Gambkeai Gehringatrin Göring-Eckardtritta Haßelmannettina Herlitziusriska Hinz
r. Anton Hofreiterärbel Höhngrid Hönlingerhilo Hoppewe Kekeritzatja Keulusanne Kieckbuschemet Kilicven-Christian Kindleraria Klein-Schmeinkte Koczyom Koenigsylvia Kotting-Uhlliver Krischergnes Krumwiedetephan Kühnenate Künastndine Kurth
onika Lazarr. Tobias Lindnericole Maischrzy Montagerstin Müller
eate Müller-Gemmeker. Konstantin von Notzmid Nouripourriedrich Ostendorffr. Hermann E. Ottisa Pausrigitte Pothmerabea Rößnerlaudia Roth
rista Sageranuel Sarrazinlisabeth Scharfenbergr. Gerhard Schickr. Frithjof Schmidtlrich Schneiderorothea Steinerr. Wolfgang Strengmann-Kuhnans-Christian Ströbeler. Harald Terpearkus TresselJüDBAWDJofrAWNCPTNGEMVDPSCPDWKMDHDDHRCGATMDEInHDADKHDMEDHAInDNAEJoP
r. Maria Flachsbarthlaus-Peter Flosbacherbert Frankenhauserr. Hans-Peter Friedrich
ichael Frieserrich G. Fritzr. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtellexander Funkgo Gädechensr. Thomas Gebhartorbert Geislois Gerigberhard Giengersef Göppeleter Götz
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30614 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Präsident Dr. Norbert Lammert
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Dr. Wolfgang GötzerUte GranoldReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundMonika GrüttersOlav GuttingFlorian HahnDr. Stephan HarbarthJürgen HardtGerda HasselfeldtDr. Matthias HeiderHelmut HeiderichMechthild HeilUrsula Heinen-EsserFrank HeinrichRudolf HenkeMichael HennrichAnsgar HevelingErnst HinskenChristian HirteRobert HochbaumKarl HolmeierFranz-Josef HolzenkampAnette HübingerHubert HüppeThomas JarzombekDieter JasperDr. Franz Josef JungAndreas Jung
Dr. Egon JüttnerBartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KampeterAlois KarlBernhard Kaster
Volker KauderDr. Stefan KaufmannRoderich KiesewetterEckart von KlaedenEwa KlamtVolkmar KleinJürgen KlimkeAxel KnoerigJens KoeppenManfred KolbeDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Günter KringsRüdiger KruseBettina KudlaDr. Hermann KuesGünter LachDr. Karl A. Lamers
Andreas G. LämmelDr. Norbert LammertKatharina LandgrafUlrich LangeDr. Max LehmerPaul LehriederDInMDPDDDKHASDMDPDMDSDBMDFEHDRUDSBRCRETDEKLJoKDJoDDEAADKNTGPDNDDBUADJor. Ursula von der Leyengbert Liebingatthias Lietzr. Carsten Linnemannatricia Lipsr. Jan-Marco Luczakaniela Ludwigr. Michael Lutherarin Maagans-Georg von der Marwitzndreas Mattfeldttephan Mayer
r. Michael Meisteraria Michalkr. Mathias Middelberghilipp Mißfelderietrich Monstadtarlene Mortlerr. Gerd Müllertefan Müller
r. Philipp Murmannernd Neumann
ichaela Nollr. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldenning Otter. Michael Paulita Pawelskilrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeiffereatrix Philipponald Pofallahristoph Polanduprecht Polenzckhard Polshomas Rachelr. Peter Ramsauerckhardt Rehbergatherina Reiche
othar Riebsamensef Rieflaus Riegertr. Heinz Riesenhuberhannes Röringr. Norbert Röttgenr. Christian Ruckrwin Rüddellbert Rupprecht
nita Schäfer
r. Annette Schavanarl Schiewerlingorbert Schindlerankred Schipanskieorg Schirmbeckatrick Schniederr. Andreas Schockenhoffadine Schön
r. Kristina Schröder
r. Ole Schröderernhard Schulte-Drüggeltewe Schummer
etlef Seifhannes SelleRDBTJoJeCDECDGSMKTLMDADVSADMKMPSInKPAKEDDWWFJeCFSCNKRAESHRBPGMHRJöUODHeinhold Sendkerr. Patrick Sensburgernd Sieberthomas Silberhornhannes Singhammerns Spahnarola Staucher. Frank Steffelrika Steinbachhristian Freiherr von Stettenieter Stierero Storjohanntephan Strackeax Straubingerarin Strenzhomas Strobl
ena Strothmannichael Stübgenr. Peter Tauberntje Tillmannr. Hans-Peter Uhlolkmar Vogel
tefanie Vogelsangndrea Astrid Voßhoffr. Johann Wadephularco Wanderwitzai Wegnerarcus Weinberg
eter Weiß
abine Weiss
go Wellenreutherarl-Georg Wellmanneter Wichtelnnette Widmann-Mauzlaus-Peter Willschlisabeth Winkelmeier-Beckeragmar G. Wöhrlr. Matthias Zimmerolfgang Zöllerilli ZylajewDPns Ackermannhristine Aschenberg-Dugnuslorian Bernschneiderebastian Blumenthallaudia Bögelicole Bracht-Bendtlaus Breilainer Brüderlengelika Brunkhorstrnst Burgbacherylvia Canelelga Daubeiner Deutschmannijan Djir-Saraiatrick Döringerhard Drexlerechthild Dyckmansans-Werner Ehrenbergainer Erdelrg van Essenlrike Flachtto Fricker. Edmund Peter Geisenans-Michael GoldmannHMJoDHMEBHMDDGDSHPHSHSLDMDOPJaPBDDHCGJöDDHDDBFCJiMDWJuDJoTDSMDSDDDDH
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30615
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Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung ab-gelehnt, womit nach unserer Geschäftsordnung die dritteBeratung entfällt.Wir kommen jetzt zu den Fragen zum Bericht derBundesregierung. Ich erteile das Wort zunächst der Kol-legin Krumwiede.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr
Kulturstaatsminister, ich bin ein bisschen verwundert
über Ihr Eingangsstatement; denn eigentlich sollte die
Kulturarbeit in den Jahren 2011 und 2012 im Zentrum
Ihrer Ausführungen stehen.
Ich möchte zu einem Gebiet, das Sie angesprochen
haben, eine Frage stellen, zur Kulturförderung auf der
Grundlage des § 96 Bundesvertriebenengesetz; denn
dazu haben wir viele offene Fragen. Auch die Menschen
jüdischen Glaubens in den ehemals von Deutschen be-
siedelten Gebieten in Osteuropa sind Deutsche. Wir sind
der Überzeugung, dass Sie bei Ihrer Förderarbeit auf
Grundlage des § 96 BVFG der Geschichte der Vertrei-
bung und Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens
und von Sinti und Roma zu wenig Beachtung schenken.
Jetzt erst einmal meine Frage: Warum sind bei der För-
derung des Substanzerhalts auf Grundlage des § 96
BVFG keine Synagogen dabei?
Nächste Nachfrage: Nach welchen Maßstäben sind
Sie vorgegangen, als Sie in der Bereinigungssitzung ak-
tuell 10 Millionen Euro an das Sudetendeutsche Mu-
seum in München gegeben haben? Sie haben die 16 Mil-
lionen Euro jährlich erwähnt, die auf Grundlage von
§ 96 BVFG fließen. Das ist ja eine ganz schöne Summe.
Nach welchen Förderkriterien haben Sie die Förderung
des Sudetendeutschen Hauses in München mit 10 Mil-
lionen Euro bewilligt?
B
Ich will mit Ihrer letzten Frage beginnen: Ich bitte
Sie, diese Frage an die Mitglieder des Haushaltsaus-
schusses zu stellen; denn dies wurde in der Bereini-
gungssitzung beschlossen. Ich sage Ihnen, damit ich
nicht missverstanden werde: Ich begrüße dies durchaus.
Es gibt viele Landesmuseen zum Thema Vertreibung aus
ehemaligen deutschen Ostgebieten. Es gibt ein West-
preußisches Landesmuseum, ein Schlesisches Museum
und ein Ostpreußisches Landesmuseum. Es gibt bisher
aber kein Sudetendeutsches Landesmuseum. Solche Mu-
seen sind eine Bereicherung für den Kontakt und den
Kulturaustausch mit den verantwortlichen Leuten in die-
sen Gebieten.
Das hat der Haushaltsausschuss beschlossen. Ich weiß
nicht, ob er dazu besondere Kriterien braucht. Er wollte
diese Lücke schließen. Ich begrüße dies. Weitere Aspekte
sind mir nicht bekannt, die von mir genannten Aspekte
reichen aus meiner Sicht aber für einen Beschluss aus.
Eingangs hatten Sie formuliert, mein Beitrag habe Sie
etwas überrascht. Wenn das gelungen ist, bin ich erst
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30616 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
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vorgesehen, dass sich die Bundesländer finanziell betei-ligen. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?Ich bin übrigens auch der festen Überzeugung, dassdie Förderung des jetzt geplanten Sudetendeutschen Mu-seums in München ein ähnlich nachhaltiger Einsatz vonSteuergeldern sein wird wie die Förderung der Bundes-stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung hier in Berlin.B
Die Zusammenarbeit mit den Ländern ist gut. Das En-
gagement der Länder in diesem Bereich ist unterschied-
lich ausgeprägt. Eine Reihe von Einrichtungen finanzie-
ren wir gemeinsam mit den Ländern, zum Beispiel das
Pommersche Landesmuseum in Greifswald, das Schlesi-
sche Museum zu Görlitz und das Herder-Institut in Mar-
burg. Darüber hinaus werden in den Ländern zum Teil
wirklich innovative Projekte auf den Weg gebracht. Ich
erwähne das 2012 eröffnete Zentrum zur Erforschung
deutscher Geschichte und Kultur in Südosteuropa an der
Universität Tübingen.
Wir sind also mit den Ländern in Kontakt. In man-
chen Ländern geschieht nichts. Ich bedaure sehr, dass
Berlin da sehr zögerlich ist, was ja nicht der Art Berlins
entspricht, die wir kennen. In dem Punkt verhält sich
Berlin so; das muss ich akzeptieren. Prinzipiell arbeiten
wir mit vielen Bundesländern in diesem Bereich ausge-
zeichnet zusammen.
Frau Jochimsen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister,
die Kollegin Krumwiede hat ja schon darauf hingewie-
sen, dass es zu diesem Förderungsbereich vonseiten der
Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Medien im-
mer wieder viele verschiedene Fragen gibt. Ich möchte
von Ihnen Folgendes wissen: Wir befinden uns hier in
der Befragung der Bundesregierung. Um 14 Uhr, also
vor einer Stunde, habe ich den 44-seitigen Bericht der
Bundesregierung auf meinen Schreibtisch bekommen.
Nun soll ich Sie zu den in diesem Bericht neu zusam-
mengetragenen Fakten und Erkenntnissen befragen.
Können Sie mir sagen, wie ich das machen soll? Ist das
hier eine Showveranstaltung, die man besser „Erklärung
des Staatsministers zum heute im Kabinett verabschiede-
ten Bericht“ nennen sollte?
Bevor der Staatsminister dazu Stellung nimmt, muss
ich mit Blick auf unsere Geschäftslage darauf aufmerk-
sam machen, dass sich, wenn wir Wert darauf legen, dass
Themen, die im Kabinett behandelt werden, am gleichen
Tag anschließend in der Befragung der Bundesregierung
zum Thema gemacht werden, aus logischen Gründen
nicht vermeiden lässt, dass umfangreiche Berichte noch
nicht von den Mitgliedern gelesen sein können. Die
Konsequenz wäre, dass wir darauf verzichten, die Befra-
gung am gleichen Tag durchzuführen, und sagen: Wir
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nd dennoch darauf bestanden, dass wir sie am gleichen
ag zum Gegenstand der Befragung machen.
Herr Staatsminister.
B
Ich muss sagen: Ich bin überrascht. Ich hätte es mei-
er Verwaltung gar nicht zugetraut, dafür zu sorgen, dass
nen dieser Bericht, obwohl wir erst vor drei Stunden
etagt haben, schon vorliegt.
Ja, manchmal traut das Parlament der Regierung mehr
u als diese sich selbst, Herr Minister. – Nun hat der
ollege Lindemann das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister,
ürden Sie als Erstes vielleicht noch einige Ausführun-
en dazu machen, wie es um das kulturelle Erbe der
usslanddeutschen und Spätaussiedler steht und wie sie
die Förderung einbezogen werden? Würden Sie uns
ls Zweites bitte erläutern, wie sich das, was in Ihrer
mtszeit auf diesem Gebiet getan worden ist, finanziell
uswirkt?
B
Was die finanziellen Auswirkungen in der Zeit deregierung Merkel anbetrifft – sie ist ja gleichbedeutendit meiner Amtszeit –, kann ich sagen, dass wir die Mit-l für diesen Bereich deutlich erhöht haben, nämlich um0 Prozent. Mittlerweile sind es sogar mehr als 30 Pro-ent. Einstmals wurden dafür 12 Millionen Euro ausge-eben, jetzt sind es 20 Millionen Euro. Aber ich fügeinzu: für besondere Aufgaben wie die wissenschaftli-he Erarbeitung.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30617
Staatsminister Bernd Neumann
)
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Wir wollen junge Leute in die kulturelle Bildung ein-beziehen. Es ging also nicht nur um die Fortsetzung dervorangegangenen Arbeit, sondern wir haben auch ver-sucht, zeitgemäß weitere Akzente zu setzen. Wir wolltendies nicht nur zum Thema einer Vertriebenengenerationmachen, sondern auch zum Thema der jungen Genera-tion. Wir wollten dafür sorgen, dass diejenigen, die ausehemals deutschen osteuropäischen Gebieten stammen,wissen, woher sie kommen, und dass die Leute vor Ortwissen, wie ihre Geschichte ist. Diese Bemühungen ha-ben wir gemeinsam verstärkt. Ich glaube, einen besserenBeitrag zur Versöhnung in Europa kann man nicht leis-ten.Was die Russlanddeutschen angeht, ist zu sagen: Esleben derzeit 3,2 Millionen – –
Herr Staatsminister.
B
Ach so, das war die eine Minute.
Das war schon wieder der Sympathiezuschlag des
Präsidenten. – Als Nächste ist Frau Zypries dran.
Herr Minister, ich möchte gerne wissen, ob Sie die
Einrichtungen, die Sie fördern, auch evaluieren. Gibt es
also eine Erhebung, wie viele Menschen die geförderten
Einrichtungen pro Jahr jeweils besuchen?
B
Ja. Zunächst einmal sind sie vom Wissenschaftsrat
evaluiert worden – darauf hatte ich schon hingewiesen –,
und zwar im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Prove-
nienz und Qualität; das Ergebnis war exzellent. Natür-
lich liegen für jede Einrichtung auch Verlaufskurven,
was die Besucherzahlen betrifft, vor. Wenn diese nicht
im Bericht enthalten sein sollten – ich vermute das –, bin
ich gern bereit, sie Ihnen im Hinblick auf eine bestimmte
Einrichtung oder, wenn Sie mir etwas Zeit geben, auch
im Hinblick auf alle Einrichtungen zuzustellen.
Herr Kollege Poland.
Herr Staatsminister, würden Sie bitte erläutern, wel-
che finanziellen Aufwendungen gerade für Einrichtun-
gen im Bereich Flucht und Vertreibung und zur Förde-
rung der Russlanddeutschen getätigt werden?
B
Wie schon gesagt: Im Haushalt stehen insgesamt
20,2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Mittel wurden
in den letzten Jahren deutlich erhöht, insbesondere die
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30618 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
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die KZ-Gedenkstätten in Polen zu ergreifen? Ich meinezum Beispiel das ehemalige Konzentrations- und Ver-nichtungslager in Sobibor, das, wie Sie wahrscheinlichwissen, unter akutem Finanzierungsmangel leidet undvon Substanzverlust bedroht ist. Die Bundesregierunghat sich hier bisher gesträubt, Verhandlungen aufzuneh-men und sich an der Finanzierung zu beteiligen.B
Jetzt habe ich wieder nur eine Minute. – Frau
Krumwiede, Ihre Vermutung, dass ich den Bericht nicht
gelesen hätte, ist falsch. Ich habe ihn vor einiger Zeit ge-
lesen, muss mich nur noch daran erinnern können.
Wir sind den Bericht heute noch einmal durchgegangen
und haben festgestellt: Die Besucherzahlen sind darin
nicht enthalten. Ich hatte das etwas unter Vorbehalt ge-
stellt; aber es ist wohl so.
Das Zweite: Sie haben, wenn ich Sie richtig verstan-
den habe, gesagt, dass mit diesen Fördermaßnahmen
keine Synagogen gefördert werden. Im Rahmen von
§ 96 werden im Normalfall auch keine Kirchen gefördert
– dafür gibt es das Denkmalschutzprogramm –, sondern
es wird über Kulturpflege nachgedacht. Dazu gehören
sicherlich die Arbeit der Kirchen und manchmal auch
das, was bei der Förderung des Denkmalschutzes übrig
geblieben ist. Ich bin ganz sicher: In einem vergleichba-
ren Fall würde eine Synagoge genauso gefördert. Mir ist
jetzt nicht in Erinnerung, dass es bei diesen Fördermaß-
nahmen direkt um Kirchen ginge. Die Kirchen gelten le-
diglich als Beispiel für Einrichtungen, die bei der kultu-
rellen Entwicklung eine Rolle gespielt haben. Dazu
gehören – uneingeschränkt natürlich – auch die Synago-
gen. Der jüdische Einfluss auf die Kultur Deutschlands
und Europas war ja beträchtlich, und das ist gut so.
Jetzt habe ich die dritte Frage vergessen;
aber ich habe auch gar keine Zeit mehr, sie zu beantwor-
ten.
Richtig. Deswegen hilft jetzt Frau Jochimsen.
Vielen herzlichen Dank. – Wie steht es unter diesem
Fördergesichtspunkt eigentlich um die Gründung und
Finanzierung von multinationalen Stiftungen zur Förde-
rung von Kultur und Wissenschaft in multiethnischen
Regionen Europas? Diese Forderung hat die Enquete-
Kommission „Kultur in Deutschland“ schon 2005 aufge-
stellt. Jetzt schreiben wir das Jahr 2013. Meine Frage ist:
Kommen wir irgendwann aus der Kulturförderung nach
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30619
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europa und auch die ehemals deutschen Gebiete mit ih-rer Kultur, spürbar ist, als das noch vor 10 oder 15Jahren der Fall war. Deshalb haben auch die Regelungendes § 96 Bundesvertriebenengesetz Zukunft. Sie sindeben nicht nur eine Reminiszenz, eine Erinnerung anfrühere deutsche Gebiete, sondern sie sind ein wichtigerBeitrag für die Zukunft der jungen Generation. Die jun-gen Menschen müssen wissen, was früher war, sie müs-sen wissen, woher sie kommen. Nur so können sie sichaustauschen und ein Identitätsgefühl in Europa schaffen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Wir schließen da-
mit die Fragen zu diesem angemeldeten Themenbereich
ab. Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen Ka-
binettssitzung? – Bitte schön.
Danke, Herr Präsident. – Vor dem Hintergrund der
sich gerade weiter verschärfenden aktuellen Hochwas-
serkatastrophe, die bereits gestern vonseiten der Regie-
rung thematisiert worden ist und die, soweit wir wissen,
heute Thema im Kabinett war, frage ich als Erstes – es
sind schon Hilfen zugesagt worden; wir wissen aber,
dass nun ein ganz anderes Ausmaß an Hilfen vonseiten
des Bundes für die betroffene Bevölkerung erforderlich
sein wird –: Welche Hilfs- und Unterstützungsmaßnah-
men plant jetzt die Bundesregierung in der Eile bei den
Aufräumarbeiten nach der Flut für die betroffene Bevöl-
kerung?
Herr Staatsminister.
E
Frau Kollegin, das Thema hat in der Tat heute im Ka-
binett eine Rolle gespielt. Die verschiedenen Minister
haben dazu auch berichtet. Welche Aufräumarbeiten er-
forderlich sein werden – das betrifft sowohl Fragen der
Verkehrsinfrastruktur, aber zum Beispiel auch der Land-
wirtschaft und der Kultur –, werden wir allerdings erst
dann abschließend beurteilen können, wenn das Wasser
wieder zurückgegangen ist und wir das ganze Ausmaß
der Schäden erkennen können. Selbstverständlich ist
aber, dass wir die Bürgerinnen und Bürger, die Kommu-
nen und die Länder in diesen Fragen nicht alleinlassen.
Frau Kipping.
In diesem Zusammenhang sind seitens der Bundes-
regierung unbürokratische Hilfen zugesagt worden.
Mich interessiert, was mit „unbürokratisch“ konkret ge-
meint ist, und ob die betroffenen Kommunen, die teil-
weise jetzt schon wissen, dass durch die Schäden Kosten
in Höhe von über 50 Millionen Euro auf sie zurollen,
schon eine schriftliche Bestätigung bekommen haben,
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ass man jetzt den Menschen, die Hab und Gut verloren
aben, unbürokratisch mit Geld helfen kann und sie da-
r die Rückendeckung der Bundesregierung haben.
urzum, liegt den Kommunen bereits etwas schriftlich
or, damit sie schnell agieren können?
E
Frau Kollegin, die Bundesregierung ist in einem stän-
igen Dialog sowohl mit den Ländern als auch mit den
etroffenen Kommunen, um so schnell wie möglich hel-
n zu können. Was die genauen Maßnahmen angeht und
elche Maßnahmen ergriffen werden, kann man in der
at erst beurteilen, wenn man einen Überblick über das
usmaß der Schäden hat. Sie können aber davon ausge-
en, dass diese Maßnahmen so schnell wie möglich er-
riffen werden.
Was stellen Sie sich denn vor?
Die nächste Frage hat die Kollegin Herlitzius.
Herr Präsident! Vielen Dank, dass wir das Thema auf
ie Tagesordnung setzen können.
Einen Augenblick. – Wir haben im Augenblick nicht
en Tagesordnungspunkt Debatte, Frau Kollegin Künast,
ondern den Tagesordnungspunkt Befragung der Bun-
esregierung.
h notiere Sie auch gerne für eine Frage, falls es eine
ibt. – Frau Herlitzius.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gut, dassir dieses Thema noch auf die Tagesordnung setzenönnen. Aktuell betrifft es viele Wahlkreise. Viele Men-chen sind vom Hochwasser betroffen. Insofern haben
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30620 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Bettina Herlitzius
)
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Sie Nachsicht, dass wir ein drängendes Interesse haben,wie die Maßnahmen der Bundesregierung aussehen. Ichglaube, wir alle sind uns darüber im Klaren, dass die100 Millionen Euro nur ein Auftakt sind und dass we-sentlich mehr folgen müssen.Weil die Berichterstattung zu den Hochwasserschutz-maßnahmen, die in den letzten Jahren nicht ausgeführtworden sind, in den Medien zum Teil durchaus sehr kri-tisch ist, möchte ich gerne nachfragen: Haben Sie einenÜberblick darüber, wie die Länder die geplanten Maß-nahmen der letzten Jahre umgesetzt haben? Was ist lie-gen geblieben? Können Sie uns das ein bisschen aus-führlicher sagen, damit uns das dann nicht seitens derMedien auf die Füße fällt?E
Frau Kollegin, zunächst einmal müssen wir auch hier
trotz der schwierigen Situation natürlich an die verfas-
sungsmäßige Aufgabenverteilung denken und uns an sie
halten. Dazu gehört zunächst einmal, dass für die Hoch-
wasserschutzmaßnahmen die Länder – mit finanzieller
Unterstützung des Bundes – zuständig sind.
Dafür, dass bestimmte Maßnahmen möglicherweise
nicht ausgeführt worden sind, kann es unterschiedliche
Gründe geben. Ich habe zum Beispiel heute im Deutsch-
landfunk ein Interview mit dem thüringischen Wirt-
schaftsminister Machnig zu diesem Thema gehört, der
darauf hingewiesen hat, dass auch Einsprüche von Bür-
gern dazu geführt haben, dass bestimmte Maßnahmen
nicht umgesetzt werden konnten. Ich will daraus nicht
die Konsequenz ableiten, dass man deswegen in Zukunft
auf solche Einsprüche verzichten sollte, sondern das nur
mit dem Hinweis verbinden, dass wir die Dinge sehr
sorgfältig untersuchen und im Rahmen unserer Zustän-
digkeiten so schnell wie möglich helfen werden. Dann
werden wir natürlich auch die Frage erörtern müssen,
was beim nächsten Mal besser gemacht werden kann.
Kollege Brähmig.
Herr Präsident! Herr Staatsminister, als Abgeordneter
eines außerordentlich betroffenen Wahlkreises, an der
Elbe liegend, wo eventuell in der Nacht oder sogar erst
am morgigen Tag der Höhepunkt des Hochwassers er-
reicht wird und wir mit Pegelständen des Jahres 2002
rechnen, will ich mich zuallererst einmal ganz herzlich
bei der Bundesregierung bedanken. Ich hatte gestern die
Möglichkeit, mit Frau Bundeskanzlerin im Wahlkreis
unterwegs zu sein. Ich denke, die 100 Millionen Euro
Soforthilfe seitens der Bundesregierung, die durch die
Bundesländer ergänzt werden, sind eine gute Geste.
Ich möchte Sie gerne fragen, ob dann, wenn das Was-
ser wieder abgeflossen sein wird, eine konzertierte Ak-
tion seitens des Kanzleramtes und der Ministerien statt-
finden wird, damit wir so schnell wie möglich wieder
den Zustand erreichen, der vor dem Hochwasser ge-
herrscht hat, was ja ganz wichtig ist.
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Herr Staatsminister, natürlich wird den Hilfskräften,en vielen Tausend Ehrenamtlichen, die in den Hoch-assergebieten Tag und Nacht Leib und Leben rettennd den größten Schaden abwenden, auch von unserereite aller Respekt gezollt. Das ist völlig klar. Trotzdemleiben Fragen.Wir haben jetzt schon die zweite Jahrhundertflut, ob-ohl dieses Jahrhundert noch gar nicht so alt ist. Viel-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30621
Friedrich Ostendorff
)
)
leicht sind es Jahrzehntfluten, vielleicht ist aber auch derBegriff falsch.Aus Sicht der Landwirtschaft, auf die ich mich kapri-zieren möchte, stellen sich konkrete Fragen. Ein Bei-spiel: An der Elbe, in Torgau, sollte ja ein großer Reten-tionsraum geschaffen werden. Es war zwischen allenBeteiligten abgestimmt, dass dort etwas passieren sollte,Herr Brähmig. Wie weit ist das denn gediehen? Ich habenoch vor wenigen Wochen gesehen, dass dort nichts pas-siert ist. In dem festgelegten Raum hat es Widerstand ge-geben. Der Bauernverband und die betroffenen Land-wirte, vor allem einer, wollen das nicht. So etwas ist jaüblich.Aber wie kommen wir weiter? Was machen wir, umdas in den Griff zu bekommen? Allein das, was heuteMorgen die Ministerin verkündete – Sicherung und Er-höhung der Deiche –, verhindert nach unserer Einschät-zung in Hitzacker oder in Passau noch kein Hochwasser.Vielleicht wird die Situation dadurch sogar noch ver-schlimmert, wie auch ich meine. Wie kommen wir in derFrage der Überflutungsräume weiter? Uns ist ja allenklar, dass keiner freiwillig Flächen hergibt. Was gedenktdie Bundesregierung insoweit zu tun?E
Herr Kollege, was die konkreten Beispiele Hitzacker
oder Passau angeht, kann ich Ihnen jetzt keine konkrete
Antwort geben. Auch in diesen Fällen gilt aber das, was
ich zuvor gesagt habe. Auch die Schaffung von Überflu-
tungsräumen wird von den entsprechenden verwaltungs-
rechtlichen Verfahren begleitet werden. Ob man einen
solchen Widerspruch in der konkreten Situation für rich-
tig und die Verzögerung für hinnehmbar hält oder ob
man den Widerspruch und die Verzögerung für falsch
hält, hängt nach meiner Auffassung im Wesentlichen
nicht so sehr von dem einzelnen verwaltungsrechtlichen
Verfahren ab, sondern von dem politischen Standpunkt,
den man zu der jeweiligen Infrastrukturmaßnahme hat.
Da ist die Bandbreite relativ groß.
Wie gesagt, spätestens wenn das Wasser abgeflossen
ist, beginnen Überlegungen, was möglicherweise ge-
macht werden muss. Aber jetzt stehen die konkrete Hilfe
und die Bewältigung der Katastrophenfälle im Vorder-
grund.
Kollegin Wilms.
Vielen Dank. – Herr Staatsminister, dem, was Herr
Ostendorff eben gesagt hat, schließe ich mich voll an.
Ich glaube, das ist Meinung des ganzen Hauses. Es gibt
sicherlich noch genug zu tun. Aber wir sehen jetzt auch,
in welche Zwangslage wir durch das gekommen sind,
was wir an vielen Stellen mit unseren Flüssen gemacht
haben. Wir haben bislang nur Schnelligkeit und Sicher-
heit des Schiffsverkehrs in den Vordergrund gestellt und
den gesamtökologischen Zustand als Nebenschauplatz
abgetan.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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30622 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
)
Was ich sehr gut finde, ist, dass die Bundesregierungsofort reagiert und gesagt hat: Wir werden 100 MillionenEuro als Hochwasserhilfe zur Verfügung stellen. – Ichmöchte gerne wissen – das interessiert auch die meistenBetroffenen –, auf welche Art und Weise diese 100 Mil-lionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wie sie ver-teilt werden und wer diese Hochwasserhilfe in Anspruchnehmen kann. Ich glaube, das ist das Wichtigste, was diebetroffenen Menschen erst einmal beruhigt.E
Frau Kollegin, es ist richtig, dass dieses Geld zur Ver-
fügung gestellt wird. Es muss dorthin gehen, wo es ers-
tens nach den rechtlichen Voraussetzungen eingesetzt
werden kann und wo zweitens die Not am größten ist.
Angesichts der derzeitigen Situation kann man dazu
nicht viel mehr sagen.
Was die Bürgerinitiativen angeht, so finde ich, dass
jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist, pauschale
Schuldzuweisungen vorzunehmen, aber auch nicht, pau-
schale Entschuldigungen auszusprechen. Deswegen
bleibt das, was ich jetzt schon mehrfach gesagt habe,
gültig, nämlich dass wir uns die Dinge in Ruhe ansehen
müssen, wenn das Wasser wieder zurückgegangen ist,
aber es jetzt zunächst einmal darum geht, die Katastro-
phenfälle zu bewältigen und den Menschen so gut wie
möglich zu helfen.
Jetzt will ich eine Mitteilung zum Verfahren machen
und dazu Ihr Einvernehmen herbeiführen. Wir sind er-
kennbar über der Zeit, die üblicherweise für die Regie-
rungsbefragung vorgesehen ist. Das scheint mir unter
Berücksichtigung des jetzt aktuell diskutierten Themas
mindestens plausibel, wenn nicht zwingend.
Mein Vorschlag ist, dass ich jedenfalls die notierten
Kolleginnen und Kollegen – Frau Zypries, Frau
Herlitzius, Herrn Drexler und Frau Kipping – noch auf-
rufe. Dann kommt die Kollegin Enkelmann, die sich
schon früh zu einer Frage an die Bundesregierung zu ei-
nem anderen Themenbereich als diesem gemeldet hat.
Besteht Einvernehmen, dass wir mit dem Aufrufen die-
ser Frage die Regierungsbefragung komplettieren? –
Dann verfahren wir so.
Frau Zypries.
Herr Staatsminister, ich habe eben verstanden, dass
Sie sagten, das Kabinett habe heute beschlossen, dass die
Ressorts koordinieren. Ich habe immer gedacht, dass das
Kanzleramt die Ressorts koordiniert und nicht die Res-
sorts sich selber. Wie soll denn jetzt die Organisations-
struktur sein? Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage ist: Habe ich Sie tatsächlich richtig
verstanden, dass Sie die 100 Millionen Euro erst dann
ausgeben werden, wenn alle Schäden festgestellt sind?
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Frau Herlitzius.
Herr Staatsminister, Sie haben mich jetzt zu dieser
achfrage veranlasst, und zwar mit Ihrer Aussage, die
änder seien zuständig. Das ist natürlich nicht so, weil
ie Flüsse nicht an den Ländergrenzen haltmachen. Sie
ießen vielmehr weiter. Insofern ist eine Koordination
ber die Ländergrenzen hinweg notwendig, sowohl bei
en Hilfsmaßnahmen, nach denen Frau Zypries gerade
efragt hat, als auch bei den vorbeugenden Maßnahmen.
ir hatten die Debatte darüber im Ausschuss für Ver-
ehr, Bau und Stadtentwicklung. Vielleicht kann Ihnen
err Ferlemann helfen.
Im Raumordnungsbericht wird der Bundesregierung
esagt, wie sie es machen soll und dass länderübergrei-
nde Abstimmungen erforderlich sind. Die Frage ist:
as ist in dieser Hinsicht passiert? Haben Sie das heute
der Kabinettsrunde thematisiert? Wie wollen Sie die
oordinierende Aufgabe, die Sie als Bund haben, zu-
ünftig wahrnehmen?
E
Ich glaube, die Katastrophe ändert nichts an der Zu-tändigkeit der Länder für den Hochwasserschutz. Wenniner der anderen Kollegen das ergänzen möchte, kannr das selbstverständlich gerne tun.Noch einmal: Die Frage der Kompetenzordnung hatngesichts der aktuellen Krisensituation für uns nicht dieauptrolle gespielt, sondern die Hauptrolle hat die Hilfer die Menschen gespielt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30623
)
)
Herr Drexler.
Herr Staatsminister, ich komme aus Passau, mein
Wahlkreis ist Deggendorf. Wir sind selber betroffen. Ich
war gestern mit der Kanzlerin vor Ort. Da wurde die
Summe von 100 Millionen Euro – Bayern soll die Hälfte
erhalten – genannt. Oberbürgermeister Dupper hat ges-
tern vor Ort kurz eine Grobschätzung vorgenommen.
Wir in Passau kennen uns mit Hochwasser aus; denn das
haben wir öfter. Dieses Mal allerdings ist es dramatisch.
Wird die Summe ausreichen? Kann sie erhöht wer-
den? Allein in Passau beträgt der geschätzte Schaden
20 Millionen Euro. Dann kommt noch Deggendorf
hinzu. Passau hat 50 000 Einwohner. Wenn man das
hochrechnet: Reichen dann die 100 Millionen Euro aus,
oder gibt es noch andere Planungen?
E
Diese 100 Millionen Euro, Herr Kollege, sind ja nicht
die einzige finanzielle Unterstützung, die zur Verfügung
stehen wird. Zum Beispiel ist es möglich, für provisori-
sche Hilfsmaßnahmen Mittel der Europäischen Union in
Anspruch zu nehmen.
Wir müssen der Frage nachgehen, ob und inwieweit
Gelder von Versicherungen zur Verfügung stehen. Es ist
unser Ziel, so schnell wie möglich, aber eben auch so ef-
fizient wie möglich zu helfen. Effizient helfen wir dann,
wenn wir einerseits einen Überblick über das Ausmaß
der Schäden haben und andererseits darüber, welche
Mittel für den jeweiligen Schaden zur Verfügung stehen.
Dass das alles so schnell wie möglich geschieht, das
ist eine Selbstverständlichkeit.
Frau Kipping.
Unser Dank und Respekt sollte allen Helfern, vor al-
len Dingen den ehrenamtlichen, gelten, die meist nicht
vor den Kameras aktiv sind.
Ich möchte jetzt noch einmal nachfragen: Ist der Bun-
desregierung bekannt, dass betroffene Kommunalpoliti-
ker auf eine schriftliche Information warten? Ich habe
erst gestern mit einer betroffenen Landrätin telefoniert.
Ergebnis: Man wartet auf eine solche Information. Denn
Fakt ist: Viele Menschen haben Hab und Gut verloren.
Die Kommunen müssen in die Vorhand gehen. Das be-
trifft auch Kommunen, die wirklich eine knappe Haus-
haltslage haben.
In dem Zusammenhang möchte ich fragen: Hat die
Bundesregierung in Erwägung gezogen, dass man an die
Versicherungsgesetze herangeht? Denn es ist so, dass
nach der Flut 2002 gerade die Hauseigentümer in den
Risikogebieten von den Versicherern im Stich gelassen
wurden.
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30624 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
)
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Weitere Fragen an die Bundesregierung gibt es im
Augenblick nicht. Dann schließen wir damit die Regie-
rungsbefragung.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 3:
Fragestunde
– Drucksachen 17/13667, 17/13697 –
Nachdem die Fragen gemäß Nr. 15 der Richtlinien für
die Fragestunde und für die schriftlichen Einzelfragen
– das sind die Fragen auf Drucksache 17/13697, die auf-
grund der Fristüberschreitung bei der Beantwortung zur
mündlichen Beantwortung aufgerufen werden sollten –
zurückgezogen worden sind, rufe ich die Fragen auf der
Drucksache 17/13667 in der üblichen Reihenfolge auf.
– Kann es sein, dass Ihre Frage vorgesehen ist, aber nicht
als erste aufgerufen wird, weil es nach der üblichen Rei-
henfolge geht? – Wir müssen das noch klären. Ich be-
komme gerade die Auskunft, wir hätten über Ihre Frak-
tion den Hinweis erhalten, die Frage sei zurückgezogen.
Wenn Sie einverstanden sind, rufe ich jetzt zunächst
den Geschäftsbereich des Umweltministeriums auf. Hier
steht die Kollegin Parlamentarische Staatssekretärin
Reiche für die Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Ostendorff auf:
Was sind die Gründe für den Anstieg des Ammoniakwertes
in 2011 gegenüber 2010 und die erneute Überschreitung des
Grenzwertes der NEC-Richtlinie von 550 Kilotonnen pro Jahr
und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung im Bereich
der Landwirtschaft, um den Grenzwert dauerhaft einzuhalten?
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Herr Präsident! Herr Kollege Ostendorff, der Anstieg
der deutschen Ammoniakemissionen im Jahr 2011 ge-
genüber denen im Jahr 2010 ist bedingt durch die erhöh-
ten Emissionen aus landwirtschaftlichen Böden. Diese
vorläufigen Berechnungen beruhen auf den statistischen
Angaben zu den Mineraldüngermengen, die im Bilanz-
zeitraum abgesetzt wurden. Diese stiegen durch marktbe-
dingte Preiseffekte 2011 an – 2010 waren sie im langjäh-
rigen Vergleich niedrig –, dies bedingt eine entsprechend
höhere Überschreitung der derzeit geltenden nationalen
Emissionshöchstmenge von 550 Kilotonnen pro Jahr im
Jahr 2011.
Zur Verminderung der Ammoniakemissionen hat die
Bundesregierung verschiedene Maßnahmen ergriffen
bzw. eingeleitet, zum Beispiel die Konkretisierung der
Vollzugshinweise zur unverzüglichen Einarbeitung von
Rinder- und Schweinegülle auf unbestelltem Ackerland,
die Erarbeitung eines Entwurfs für die Änderung der
Düngeverordnung unter Berücksichtigung verschiedener
Elemente, zum Beispiel Maßnahmen zur Erhöhung der
Stickstoffeffizienz oder die Verwendung emissionsarmer
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Frau Staatssekretärin, schönen Dank für die Beant-
ortung. – Sie haben sehr geschickt zwei Fragen ver-
unden, sodass mir die Rückfrage erschwert wird. Ich
öchte – ich bitte auch darum, das so festzuhalten –,
ass wir uns zunächst der ersten Frage widmen.
Sie haben verschiedene Maßnahmen aufgeführt. Ich
abe diese Frage auch schon in den Vorjahren gestellt.
enn mich mein Gedächtnis nicht trügt, haben Sie als
undesregierung – nicht Sie als Person – diese Frage in
en Vorjahren genauso beantwortet. Da frage ich mich
atürlich: Wieso sind diese wenigen kleinen Maßnah-
en, die relativ schnell zu ergreifen sind, auch nach drei
ahren noch nicht umgesetzt?
Ka
Sie wissen, Herr Kollege Ostendorff, dass in der Zwi-
chenzeit zweierlei passiert ist: Zum einen ist das Göte-
org-Protokoll, das von den Parteien der Luftreinhalte-
onvention beschlossen worden war, novelliert worden.
um anderen wird die NEC-Richtlinie gerade auf euro-
äischer Ebene novelliert. Ich nehme an, dass Sie sich
uf das Düngermanagement und die Düngemittelverord-
ung beziehen. In der Tat gab es hier nach intensiven
erhandlungen, auch unter Einbeziehung der beteiligten
reise, zum Beispiel des Deutschen Bauernverbands, ei-
en Strauß von Maßnahmen. Sie wissen möglicherweise
uch, dass dieser ganze Strauß jetzt im Bundesrat hängt,
eil er im Agrar- und Umweltausschuss keine Mehrheit
nd. Insofern warten wir ab, ob der Bundesrat den Maß-
ahmen seine Zustimmung erteilt.
Zweite Frage?
Ja, zweite Rückfrage zur ersten Frage. – Frau Staats-ekretärin, Sie haben darauf hingewiesen, dass es in dentzten beiden Jahren gerade noch so geschafft wurde,ie Grenzwerte irgendwie einzuhalten, weil der Verkaufon mineralischen Düngemitteln, der immer schwer ab-chätzbar ist – das richtet sich nach dem Preis –, etwasurückgegangen ist; ein Zufallsprinzip, so würde ich das
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30625
Friedrich Ostendorff
)
)
nennen. Wollen Sie weiterhin die Ammoniakrichtlinieeinhalten, indem Sie den Zufall bemühen? Glauben Sie,dass das immer funktionieren wird?Ka
Wir bemühen hier nicht den Zufall, sondern beteili-
gen uns aktiv an der Erarbeitung der Novelle, so wie wir
uns auch aktiv an der Novellierung des Göteborg-Proto-
kolls beteiligt haben. Ich glaube auch, dass sehr exakte
Vorhersagen über den Düngemittelverbrauch nicht mög-
lich sind. In Deutschland werden ja weder der Verbrauch
von Mineralöldünger noch die Ausbringung statistisch
erfasst. Sie wissen auch, dass die Emissionsberechnun-
gen auf Bilanzzeiträumen und verkauften Düngermen-
gen beruhen. Welche Kultur angebaut und wie viel Dün-
ger dementsprechend am Ende des Tages ausgebracht
wird, ist vorher nicht zu sagen.
Wir streben, wie gesagt, an, die Grenzwerte einzuhal-
ten. Ich möchte sie noch einmal ganz kurz referieren.
Das Soll von 550 Kilotonnen pro Jahr habe ich ange-
sprochen. Im Jahr 2010 waren es 552 Kilotonnen, und
im Jahr 2011 waren es 563 Kilotonnen. Das ist eine Ab-
weichung von 0,4 Prozent bzw. von etwa 2 Prozent. Mir
scheint, das liegt noch in einem vertretbaren Rahmen.
Wir wissen allerdings, dass wir in der Zukunft weitere
Maßnahmen ergreifen müssen. Das liegt, wie gesagt, im
Bundesrat. Wir werden schauen, wie weit wir dort kom-
men.
Die nächste Frage, bitte.
Jetzt müssen wir zunächst das Verfahren klären.
Wenn Sie eine Zusatzfrage haben, können Sie sie
gerne stellen.
Ich frage, weil die Frau Staatssekretärin beide Fragen
zusammengefasst hatte.
Ka
Herr Kollege, ich habe eine gesonderte Antwort für
Sie auf Frage 2.
Wir sind jetzt bei den Rückfragen zur Antwort auf
Frage 1. Nachdem Sie, Herr Ostendorff, Ihre beiden Zu-
satzfragen gestellt haben, können jetzt weitere Zusatz-
fragen gestellt werden. – Wenn Sie fragen möchten, Frau
Kollegin, haben Sie jetzt das Wort.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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30626 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
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nemastanlagen nach dem Stand der Technik. Die Län-derarbeitsgemeinschaft „Immissionsschutz“ hat zudemauf ihrer 125. Sitzung im März 2013 festgestellt, dass fürgroße Anlagen zur Haltung von Schweinen Abluftreini-gungsanlagen als Stand der Technik anzusehen sind.Auch im Rahmen der Erarbeitung der Merkblätter zurBesten Verfügbaren Technik, BVT, auf Grundlage derRichtlinie über industrielle Immissionen wird geprüft,ob es sich bei der Abluftreinigung in Tierhaltungsanla-gen, bei Wasch- und Filtersystemen, inzwischen umBVT handelt. Durch diese Weiterentwicklung dürfte zu-künftig eine Ergänzung des in der TA Luft dokumentier-ten Standes der Technik für bestimmte Tierkategorienund -haltungsformen nötig werden. Die Bundesregie-rung wird den diesbezüglichen Überarbeitungsbedarf derTA Luft unter anderem im Rahmen der Umsetzungneuer BVT zur Intensivtierhaltung sorgfältig evaluieren.Dazu gehört auch die Berücksichtigung der Wirtschaft-lichkeit und der Anlagengrößen.
Bitte schön, Nachfrage.
Schönen Dank. – Es führt zur Verwirrung in der poli-
tischen Auseinandersetzung, da wir im Agrarbereich
immer beinharten Widerstand vonseiten der Bundes-
ministerin erleben. Sie haben betont, dass mithilfe von
Abluftreinigungsanlagen sehr wohl die Hauptemissionen
durch Filteranlagen wirksame Minderungen erfahren.
Für uns wäre wichtig, zu wissen – um auf der sachlichen
Ebene zu bleiben; eine Auseinandersetzung über die
Politik von Bundesländern in dieser Frage würde zu
nichts führen –: Wie schätzen Sie das Einsparpotenzial
ein, wenn wir die Schweineställe – es gibt genügend An-
lagen – mit Filteranlagen nachrüsten oder aufrüsten? Im
Hühnerbereich ist es anders. Hier gibt es nur eine zuge-
lassene Anlage. Wir müssen unsere Anstrengungen drin-
gend erhöhen, um mehr Anlagen zu bekommen, die die
Anforderungen erfüllen.
Ka
Herr Kollege Ostendorff, konkrete Zahlen in Kiloton-
nen pro Jahr und pro Anlage kann ich Ihnen nicht sagen;
mir fehlen Informationen und Zahlen. Wenn Sie das
wünschen und wir sie haben, reiche ich sie nach.
Wünsche ich.
Ka
Gut.
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Danke schön. – Die zweite Frage ist: Wird das Bundes-
mweltministerium die Initiative übernehmen? Sie haben
arauf hingewiesen, dass zwei Bundesländer vorange-
en. Ich habe gerade von dem „beinharten Widerstand“
esprochen. Wird sich die Bundesregierung dafür einset-
en – es wäre hilfreich, wenn das Bundesumweltministe-
um das machen würde –, dass wir einen bundesweiten
tandard bekommen, damit es keine Wettbewerbsverzer-
ng zwischen einzelnen Bundesländern gibt?
Ka
So wie ich es aus der Amtschefkonferenz der Agrar-
inister verstanden habe, hat man sich dort geeinigt,
ass diese Abluftanlagen Stand der Technik sind und
obwohl sie noch nicht vollständig abgebildet sind – in
er TA Luft als Stand der Technik definiert und verlangt
erden können. Der Bund muss nicht nachziehen, aber
ir wissen, dass wir die TA Luft novellieren müssen,
ollen dies aber im Zuge zweier in Rede stehender Maß-
ahmen tun. Wir müssen zum einen die IED umsetzen.
ies diskutieren wir derzeit intensiv mit den Ländern.
um Zweiten gilt es, die BVT-Merkblätter, die ebenfalls
uf europäischer Ebene erarbeitet werden, in die TA Luft
inzufügen. Dieser Prozess wird seitens der Kommission
r das Jahr 2014 angesetzt. Wir meinen, dass dieser aus
rer Sicht sicherlich kritikwürdig lange Zeitraum zu
ntschuldigen und zu rechtfertigen ist, weil die Amts-
hefs festgelegt haben, dass bereits jetzt die Vorausset-
ungen dafür vorliegen, eine solche Anlage einbauen zu
ssen. Der Bund wird die TA Luft im Zuge der BVT-
iskussion auf europäischer Ebene erweitern.
Frau Steiner.
Frau Staatssekretärin, das ist fast die Antwort auf
eine Frage. Ich frage unter Umweltgesichtspunkten:
as unternimmt das Bundesumweltministerium in sei-
er Politik, wenn man weiß, dass die Grenzwerte bei der
uftbelastung ohne den Einsatz von Filteranlagen über-
chritten werden? Durch eine bundesweite Festlegung
uf den Einbau von Filtern könnte man die Luftreinhal-
ng beeinflussen. Ich gehe noch weiter und frage: Den-
en Sie darüber nach, nicht nur – wie von Ihnen gerade
Aussicht gestellt – eine bundesweite Regelung zu ver-
nlassen, sondern auch die Werte zu verschärfen?
Ka
Noch einmal: Wir haben zwei Verhandlungsstränge.er eine ist das Arbeitsprogramm für den Abschluss deruropäischen Arbeiten am BVT-Merkblatt zur Intensiv-erhaltung. Der zweite Arbeitsstrang ist die Industrie-issionsrichtlinie; da geht es in diesem Zusammenhangm die Differenzierung von Kapazitätsschwellen für
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30627
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
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)
verschiedene Tierarten usw. usf. Diese beiden Dingewerden 2014 so weit sein, dass wir sie bei der Umset-zung in nationales Recht in die TA Luft einarbeiten kön-nen. Bis dahin meinen wir, dass die jetzige bestehendeRegelung, abgesprochen auf der Agrarministerkonferenzvom März 2013, ausreichend ist. Danach planen wir einekompakte Weiterentwicklung der TA Luft.
Vielen Dank. – Die Fragen 3 und 4 der Abgeordneten
Sylvia Kotting-Uhl werden schriftlich beantwortet. Die
Fragen 5 und 6 des Abgeordneten Marco Bülow hätten
beantwortet werden können, wenn der Kollege Bülow
anwesend wäre. Es wird verfahren, wie in der Geschäfts-
ordnung vorgesehen. Die Fragen 7 und 8 des Kollegen
Schwabe werden ebenso wie die Fragen 9 und 10 des
Kollegen Krischer schriftlich beantwortet. Die Fragen 11
und 12 des Kollegen Ott, die Fragen 13 und 14 der Kol-
legin Vogt sowie die Frage 15 des Kollegen Fell werden
schriftlich beantwortet.
Damit haben wir den Geschäftsbereich des Umwelt-
ministeriums abgearbeitet. Ich bedanke mich bei Frau
Reiche.
Nach nicht wortgenauer, aber sinngemäßer Umset-
zung unserer vereinbarten Verfahrensabläufe kommen
wir jetzt vereinbarungsgemäß zu den Fragen 12 bis 15
des Kollegen Schwanitz auf Drucksache 17/13697, bei
denen es erkennbar ein Missverständnis gegeben hat, das
wir durch freundliches Einvernehmen mit dem Kollegen
Kossendey klären können, der zur Beantwortung dieser
Fragen zur Verfügung steht:
12. Welche Baumaßnahmen sind beim Aufklärungsge-
schwader 51 „Immelmann“ zur Aufnahme der Euro Hawk
und Global Hawk realisiert worden, und welche Kosten sind
dabei entstanden?
13. Welche Nutzung ist für die für den Euro Hawk gebau-
ten Hallen nach dem Scheitern des Projekts vorgesehen, und
welche Betriebskosten entstehen?
14. Welche Verpflichtungen ist die Bundesregierung ge-
genüber der NATO beim Beschaffungsprojekt AGS eingegan-
gen?
15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung bezüg-
lich einer regulären Musterzulassung für die beabsichtigte Be-
schaffung von vier Global Hawk?
Bitte schön.
Nach unserer Geschäftsordnung – hier geht es ja um
schriftliche Fragen, die nicht fristgemäß beantwortet
worden sind – stelle ich jetzt die Frage, warum diese
Fragen nicht fristgemäß beantwortet worden sind.
T
Lieber Kollege Schwanitz, Sie wissen, dass aufgrund
der Entscheidung des Ministers all die Dinge, die mit
Euro Hawk zusammenhängen, in einem zusammenfas-
senden Bericht für die heutige Sitzung des Verteidigungs-
ausschusses aufgearbeitet wurden. Weil bei uns Sorgfalt
vor Eile geht, haben wir gesagt: Lasst uns alle schriftli-
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30628 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
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T
Ich weiß nicht, was Herr Paris in der Pressekonferenz
gesagt hat; das liegt mir im Augenblick auch nicht vor.
Wir haben durch Anschreiben der Abgeordneten ver-
sucht, den ganz normalen, üblichen Weg, den wir sonst
auch immer gehen, einzuhalten. Der Kollegen Christian
Schmidt hat das in Ihrem Falle, meine ich, auch getan.
Na gut. – Das Thema wird heute und morgen ja auch
an anderer Stelle weiter verfolgt.
Ich will nur, weil wir darüber ja offenkundig auch gar
keine Meinungsverschiedenheit haben und hoffentlich
auch keine bekommen werden, noch einmal festhalten,
dass die Regierung für die in der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages festgelegten Fristen kein eige-
nes Dispositionsrecht hat.
Wenn es denn – was übrigens im Einzelfall vorkommt –
entweder zwingende Gründe gibt, die die Einhaltung der
Frist nicht ermöglichen, oder jedenfalls nachvollzieh-
bare Überlegungen, die zu einer anderen Handhabung
Anlass geben, ist in jedem Fall ein Benehmen mit den
Fragestellern bzw. den Fraktionen herbeizuführen. Je-
denfalls kann die Regierung das nicht anstelle des Parla-
ments entscheiden.
Damit haben wir diesen Fragenkomplex abgearbeitet.
Ich danke nochmals für die Bereitschaft auf beiden
Seiten, das jetzt ein bisschen in die Fragestunde einzufä-
deln.
Wir fahren in der Reihenfolge der Fragestunde mit
dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bil-
dung und Forschung fort. Hier steht der Kollege Rachel
für die Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Die Fragen 16 und 17 des Kollegen Brase sowie die
Fragen 18 und 19 des Kollegen Gerdes werden schrift-
lich beantwortet. Die Kollegin Burchardt, die die Fragen
20 und 21 gestellt hat, sehe ich nicht. Es wird verfahren,
wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die
Fragen 22 und 23 des Kollegen Schulz sollen ebenfalls
schriftlich beantwortet werden.
– Das setzt voraus, dass die Regierung flexibel genug ist,
eine Frage, die gar nicht mehr für die mündliche Beant-
wortung vorgesehen war, zu beantworten. – Geht das?
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Ja.
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Ich rufe also Frage 22 auf:
Handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung um
einen Zufall, dass der „nanoTruck“ bis zur Bundestagswahl
unter anderem die Wahlkreise von drei Parlamentarischen
Staatssekretären – Bundesministerium für Bildung und For-
schung, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz, Bundesministerium für Gesundheit –,
von dem im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages
für das Bundesministerium für Bildung und Forschung zu-
ständigen Berichterstatter der Fraktion der CDU/CSU, von
dem für Bildung und Forschung zuständigen stellvertretenden
Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, von drei Mit-
gliedern der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Deutschen
Bundestages, von zwei stellvertretenden Mitgliedern der
CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages so-
wie den Wahlkreis der Bundeskanzlerin besucht?
T
Danke, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Kollege
chulz, es wird so geplant, dass der „nanoTruck“ in allen
egionen des Landes – in großen Städten, in kleinen
tädten, in ländlichen Gebieten – zum Einsatz kommen
ann. Anfragen zum Einsatz des „nanoTrucks“ erfolgen
ber die Internetseite www.nanotruck.de. Die ganz über-
iegende Zahl der Anträge kommt von Schulen und öf-
ntlichen Einrichtungen, die ein Interesse daran haben,
it dem „nanoTruck“ das Thema Nanotechnologie
ichtbar zu machen sowie die Chancen und Risiken zu
iskutieren. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von
erminen, die das Bundesforschungsministerium mit
em „nanoTruck“ wahrnimmt, beispielsweise den Tag
er offenen Tür im Bundesforschungsministerium, aber
uch Präsenzen des Bundesforschungsministeriums auf
essen wie der CeBIT oder der Hannover Messe.
chließlich – das sind allerdings nur ganz wenige Fälle –
ibt es auch Anfragen, die darauf beruhen, dass Abge-
rdnete angesprochen werden, bei denen also Standorte
ber Abgeordnete vermittelt werden. Diese Anfragen
erden selbstverständlich unabhängig von der Parteizu-
ehörigkeit der Abgeordneten bearbeitet und umgesetzt.
Wir sind insgesamt sehr froh, dass es ein breites Inte-
sse gibt, das Angebot des „nanoTrucks“ wahrzuneh-
en. Alle sind herzlich eingeladen, ihr Interesse zu be-
unden.
Sie haben eine Nachfrage? – Bitte schön.
Danke schön, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herrarlamentarischer Staatssekretär. Nach meinen Informa-onen ist es so, dass der „nanoTruck“ bis zur Bundes-gswahl noch 18 Standorte besucht. 17 dieser 18 Stand-rte liegen in Wahlkreisen, in denen Abgeordnete voner CDU/CSU direkt gewählt worden sind. Nur bei ei-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30629
Swen Schulz
)
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nem Standort ist das anders; das ist der Wahlkreis derKollegin Rosemarie Hein von den Linken. Aufgrund derzufälligen Häufung, wie Sie sagen, stellt sich die Frage– es gibt doch sicherlich sehr viel mehr Anfragen nachdem „nanoTruck“, als Besuche durchgeführt werdenkönnen –: Nach welchen Kriterien werden die Anfragenaussortiert? Wie und von wem wird entschieden, wo der„nanoTruck“ tatsächlich hält? Ich frage das auch vordem Hintergrund – wenn ich das sagen darf, Herr Staats-sekretär –, dass der „nanoTruck“ ausgerechnet in IhremWahlkreis zweimal hält.T
Herr Schulz, Ihrer Frage liegt ein Missverständnis zu-
grunde, nämlich das Missverständnis, dass der „na-
noTruck“ zu Abgeordneten kommt. Das tut er nicht.
Vielmehr kommt er zu denen, die ihn anfragen, zu Ein-
richtungen und Schulen, die das Informationsangebot
des „nanoTrucks“ wahrnehmen wollen.
Wenn Sie bedauern, dass es nicht so viele direkt ge-
wählte Abgeordnete der SPD gibt, so kann ich das nach-
vollziehen – es gibt 63 direkt gewählte Abgeordnete der
SPD und 211 direkt gewählte Bundestagsabgeordnete
der CDU/CSU; das sei nur der Vollständigkeit halber ge-
sagt –, aber das ist für die Frage völlig irrelevant; denn
Antragsteller sind die Einrichtungen und die Schulen,
die sich um den „nanoTruck“ bemühen.
Sie haben nach den Kriterien gefragt. Selbstverständ-
lich freuen wir uns über jede Anfrage. Bei der Planung
geht es unter anderem auch um Logistik; Norden und
Süden müssen in eine Reihenfolge gebracht werden.
Selbstverständlich sind alle Anfragen – von SPD, Grü-
nen, Linkspartei, FDP und CDU/CSU-Fraktion, soweit
sie vorgelegen haben – beantwortet und positiv beschie-
den worden.
Sie haben eine weitere Nachfrage? – Bitte.
Danke schön. – Herr Staatssekretär Rachel, Sie sagen,
der „nanoTruck“ komme nicht zu den Abgeordneten,
sondern zu den Schulen. Da dieser Truck zwei Standorte
in Ihrem Wahlkreis besuchen wird, frage ich Sie: Planen
Sie, an den Veranstaltungen des „nanoTrucks“ in Ihrem
Wahlkreis teilzunehmen?
T
Herr Kollege Schulz, ich freue mich sehr darüber,
dass es möglich ist, dass der „nanoTruck“ innerhalb der
gesamten Legislaturperiode an zwei Tagen hintereinan-
der an zwei Schulen in meinem heimatlichen Kreis hält.
Selbstverständlich werde ich den Schülerinnen und
Schülern als Staatssekretär im Bundesforschungsminis-
terium Rede und Antwort stehen, so wie ich das auch an
anderen Standorten des „nanoTrucks“, soweit mir das
zeitlich möglich war, getan habe.
Der „nanoTruck“ bietet eine gute Möglichkeit, sich
mit den Chancen und Risiken der Nanotechnologie
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
h weise darauf hin, dass keine Fraktion in irgendeiner
eise eine Extrainformation über den „nanoTruck“ be-
ommen hat. Die Abgeordneten – Sie gehören dem
orschungsausschuss seit vielen Jahren an –, aber auch
iele andere wissen selbstverständlich, dass sie sich über
en „nanoTruck“ informieren können. Ich habe die
omepage bereits angegeben. Sie können sich den „na-
oTruck“ im Übrigen auch über die Homepage des
MBF zu eigen machen und dort Ihre Wünsche äußern.
Wir freuen uns sehr darüber, dass sich Abgeordnete
afür interessieren. Es handelt sich aber um eine kleine
inderheit; nur 5 Prozent aller Anfragen zu dem
nanoTruck“ kommen über Abgeordnete. Sie werden
enauso bearbeitet wie die Anfragen der verschiedenen
ffentlichen Einrichtungen und Schulen. Ausgangspunkt
t eine vorliegende Anfrage. Alle Anfragen werden be-
rbeitet und umgesetzt. Dieses Angebot ist präsent; es ist
Internet abrufbar. Man kann seinen Wunsch äußern.
ir freuen uns, dass das in der Vergangenheit viele
ahrgenommen haben.
Jetzt muss ich Herrn Schulz fragen, ob er auchrage 23 mündlich beantwortet haben möchte.
Metadaten/Kopzeile:
30630 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
)
– Sie soll schriftlich beantwortet werden.Dann rufe ich Frage 24 des Kollegen Rossmann auf:In welcher Höhe plant das Bundesministerium für Bildungund Forschung Haushaltsmittel im Haushalt für die kommuni-kative Begleitung der Hightech-Strategie, HTS, für 2014 vor-zusehen, und welche Verbesserungen in der kommunikativenBegleitung der HTS plant das BMBF angesichts der Kritikdes Deutschen Industrie- und Handelskammertages, DIHK
hat, dass nur ein Drittel der Unternehmen die Zukunftspro-jekte der HTS kennt?Herr Staatssekretär.T
Herr Kollege Dr. Rossmann, Sie haben in Ihrer Frage
zwei Themen angesprochen. Das Verfahren zur Aufstel-
lung des Regierungsentwurfs zum Bundeshaushalt 2014
ist noch nicht abgeschlossen. Insofern kann ich Ihnen
noch keine genauen Auskünfte zur kommunikativen Be-
gleitung der Hightech-Strategie geben.
Was die DIHK-Einschätzung angeht, möchte ich auf
Folgendes hinweisen: Die in der DIHK-Publikation ge-
nannte Umfrage erfolgte im Oktober 2012, sieben
Monate nach der Verabschiedung des Aktionsplans der
Bundesregierung zu den Zukunftsprojekten der High-
tech-Strategie im März 2012. Der Aktionsplan markiert
den Übergang von der konzeptionellen Entwicklung der
Zukunftsprojekte zur konkreten Umsetzung durch alle
Innovationsakteure in Deutschland. Wenn nach dieser
relativ kurzen Zeit bereits ein Drittel der befragten
Unternehmen die Zukunftsprojekte kennt, ist dies nach
Einschätzung der Bundesregierung eher ein Beleg für
die Sichtbarkeit und Akzeptanz als für das Gegenteil. In
der Zwischenzeit sind Zukunftsprojekte wie „Indus-
trie 4.0“ zum Beispiel durch die Hannover Messe auch
den interessierten Zeitungslesern bekannt.
Es gibt eine Nachfrage? – Bitte schön.
Herr Staatssekretär, da Sie sagen, dass erst ab 2012 der
Begriff der Hightech-Strategie im Bereich der Wirtschaft
aufgenommen werden konnte, muss ich Sie fragen, ob
dies tatsächlich das Datum ist, an dem das erste Mal sei-
tens einer Regierung davon gesprochen worden ist. Ich
erinnere mich daran, dass die Ministerin Schavan, die
2012 schon eine gewisse Zeit im Amt war, viel länger da-
von gesprochen hat, dass in Deutschland endlich eine
Hightech-Strategie mit allen programmatischen Zuspit-
zungen aufgebaut worden sei. Darauf bezieht sich natür-
lich auch die Umfrage des DIHK. Von daher noch einmal
die Frage: Wie kann man diese Hightech-Strategie, die
vernünftig ist, parteiübergreifend so profilieren, dass sie
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30631
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)
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Herr Kollege Dr. Rossmann fragt nach dem Zusam-
menhang zwischen der Hightech-Strategie und der Zu-
nahme der Beschäftigtenzahlen im Forschungs- und Ent-
wicklungsbereich. Es ist tatsächlich so: In Deutschland
hat es einen Personalaufwuchs im Bereich Forschung
und Entwicklung gegeben. Rund 92 000 Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter zusätzlich haben im Bereich „For-
schung und Entwicklung“ in den Jahren 2005 bis 2011
Arbeit gefunden, stehen seitdem in Lohn und Brot. Diese
Steigerung setzt sich zusammen aus einer Steigerung der
Beschäftigtenzahlen in Hochschulen und Forschungsein-
richtungen – das macht rund 47 000 Stellen aus – sowie
einer Steigerung der Beschäftigtenzahlen in Unterneh-
men um rund 45 000.
Die Zusammenhänge zwischen einem Ausbau der öf-
fentlichen Förderung von Forschung und Entwicklung
und einem Aufwuchs der Kapazitäten in der Wirtschaft
werden in einer Reihe von Studien und Gutachten aus-
führlich erläutert. Ich werde Ihnen gerne im Nachgang
zu der heutigen Sitzung eine Liste dieser Studien zukom-
men lassen.
Vielleicht noch eine Bemerkung zu der Hebelwirkung
der staatlichen Forschungs- und Innovationspolitik. Nach
unserem Eindruck geschieht das auf verschiedenen We-
gen. Hier ist zunächst die direkte Wirkung der FuE-För-
derprogramme in der Wirtschaft selber zu nennen, welche
für Deutschland positiv evaluiert wurde. Zweitens ist die
Impulswirkung eines Ausbaus der öffentlichen Grundla-
genforschung für die im FuE-Bereich tätigen Unterneh-
men zu nennen, für die Partner im Wissens- und Techno-
logietransfer insgesamt. Schließlich ist auch die Signal-
und Impulswirkung staatlicher FuE-Politik zu nennen.
Denken Sie nur an das klare Commitment der Bundesre-
gierung, an Aktivitäten und Förderung im Bereich der
Elektromobilität oder die Förderung von Spitzenclustern.
Dies alles dient auch als Leitplanke, als Orientierung für
private FuE-Investitionen.
Wahr ist natürlich auch, dass Investitionen im Bereich
Forschung und Entwicklung letztlich Folge unternehme-
rischer Entscheidungen sind, die einer Vielzahl von Fak-
toren unterliegen. Nach der Untersuchung des DIW sind
hier unter anderem die Situation auf den Technologie-
märkten, aber auch konjunkturelle Faktoren und schließ-
lich Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung von Rah-
menbedingungen zu nennen. Insgesamt kommt man zu
dem Ergebnis, dass die innovationsfreundlichen Rah-
menbedingungen, die wir in den letzten Jahren mithilfe
der Bundesregierung in Deutschland geschaffen haben,
für den Bereich Forschung und Entwicklung eine stimu-
lierende Wirkung haben, auch was die Beschäftigung
von F-und-E-Personal angeht.
Herr Rossmann, bitte.
Das, was Sie eben gesagt haben, ist alles wohlfeil.
Niemand bezweifelt, dass es Zusammenhänge gibt. Hier
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über Journalisten nun eingestand, dass 2012 die Zahl „sicher-heitsrelevanter Zwischenfälle“ allein in der Nordregion ge-genüber dem Vorjahr um 25 Prozent auf 1 228 rapideangestiegen sei , und ob-wohl der Generalinspekteur Volker Wieker einige Bundes-tagsabgeordnete vertraulich darüber unterrichtete, bei demtödlichen Angriff auf deutsche KSK-Soldaten am 4. Mai 2013seien die zuvor von Deutschen ausgebildeten begleitenden 25afghanischen Elitepolizisten, PRC, zweimal „unkoordiniert“geflüchtet , was zuvor das Bundes-ministerium der Verteidigung in seiner offiziellen Unterrich-tung des Parlaments 19/13 vom 7. Mai 2013 dem DeutschenBundestag verschwiegen hatte, und ist die Bundesregierungendlich bereit, der deutschen Öffentlichkeit nun die volleWahrheit über die Sicherheitsentwicklung in Afghanistan da-hin gehend einzugestehen, dass vermeintliche Fortschritte inder Nordregion zumindest nicht mehr bestehen, die Bemü-hungen darum während der letzten Jahre alles in allem ver-geblich waren und die ausgebildeten afghanischen Sicher-heitskräfte nun in „Absetzbewegungen“ zu den Talibanüberlaufen ?Bitte schön, Herr Staatsminister.
Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Kollege
Ströbele, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Die Si-
cherheitslage in Afghanistan muss nach wie vor sehr
differenziert betrachtet werden. Sie bietet weiterhin ein
extrem heterogenes Bild, das sich in jedem Regional-
kommando von Provinz zu Provinz und von Distrikt zu
Distrikt unterschiedlich darstellt. Deshalb ist eine lan-
desweit einheitliche Bewertung kaum möglich. Maßgeb-
lich ist aber: Trotz der Neuzählung der sicherheitsrele-
vanten Zwischenfälle und der daraus resultierenden
Ergebnisse ergibt sich für uns keine Änderung der Ein-
schätzung der Gesamtlage in Afghanistan.
Herr Ströbele, eine Nachfrage? – Bitte schön.
Danke, Frau Präsidentin. – Ich bin ja Kummer ge-
wöhnt. Ich hatte schon heute Morgen im Auswärtigen
Ausschuss das zweifelhafte Vergnügen, eine ähnliche
Antwort zu bekommen. Ich habe aber ziemlich konkret
gefragt. Deshalb frage ich Sie hier noch einmal: Will die
Bundesregierung nach wie vor behaupten, dass es sich
bei den von der deutschen Polizei ausgebildeten Einhei-
ten der Sicherheitskräfte in Afghanistan um zuverlässige
Verteidiger der Sicherheit der Bevölkerung handelt? Was
schließt die Bundesregierung aus dem Vorfall vom
4. Mai 2013 – auf diesen nehme ich hier Bezug –, bei
dem 25 Elitepolizisten, die von Deutschen ausgebildet
worden sind, beim Beginn eines Schusswechsels flucht-
artig das Gelände verlassen und sich etwa 700 Meter ent-
fernt haben und die deutschen Soldaten offenbar allein-
gelassen haben? Später soll sich ein ähnlicher Vorfall
ereignet haben.
Nehmen Sie doch konkret Stellung dazu! Erstens.
Stimmt das so? Zweitens. Was schließt die Bundesregie-
rung hinsichtlich der Ausbildung und der Zuverlässig-
keit der afghanischen Sicherheitskräfte daraus?
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Herr Staatssekretär, Sie haben meine Frage in der Sa-
he immer noch nicht beantwortet. Stimmt der Vorfall,
o wie ich ihn in meiner Frage schildere, und hat die
undesregierung daraus konkrete Schlussfolgerungen
ezogen?
Ich will das erweitern – auch das steht in der Frage;
uch dazu habe ich noch keine Silbe von Ihnen gehört –:
timmt es, dass von den afghanischen Sicherheitsbehör-
en erhebliche Verluste, viel größere als früher, zu tra-
en sind und dass sich die Zahl der Getöteten im Jahr
012 von vier auf sechs pro Tag, also um 50 Prozent, er-
öht hat? Will die Bundesregierung daraus nicht endlich
chlussfolgerungen ziehen?
Herr Kollege Ströbele, einer der Hauptgründe für dieunahme der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle ist ausnserer Sicht in der Zunahme der Tätigkeit der afghani-chen Sicherheitskräfte im Regionalkommando Nord zuehen. Wenn man die ersten zwei Monate der Jahre 2012nd 2011 vergleicht, stellt man fest, dass sich die Opera-onstätigkeit erheblich erhöht hat, insbesondere in derrovinz Faryab. Insofern ist der Anstieg der sicherheits-levanten Zwischenfälle für uns eine direkte Folge derrweiterten Stabilisierungsbemühungen und der aktivenewaffneten Einsätze der afghanischen Sicherheits-räfte. Diese verstärkte Einsatzzahl kommt bedauerli-herweise auch in einer messbaren Zunahme von Zwi-chenfällen zum Ausdruck. Ich möchte aber sagen: Dasser Zwischenfall so, wie Sie ihn in Ihrer Frage beschrei-en, stattfand, bestreiten wir.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30633
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Die Fragen 40 und 41 des Kollegen Dr. Rolf
Mützenich werden schriftlich beantwortet.
Wir kommen zur Frage 42 der Kollegin Heike
Hänsel:
Wie erklärt die Bundesregierung ihre Unkenntnis in Bezug
auf die US-Drohnen-Kriegsführung von deutschem Boden
aus, das heißt von der US-Militärbasis Ramstein und dem
Bitte schön.
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin Hänsel,
diese Frage beantworte ich wie folgt: Der Bundesregie-
rung sind aus den vergangenen Jahren Medienberichte
über Einsätze unter anderem von bewaffneten unbe-
mannten Luftfahrzeugsystemen – „US-Drohnen“, wie
Sie sie in Ihrer Frage nennen –, in der Republik Somalia,
die den Vereinigten Staaten von Amerika zugeschrieben
wurden, bekannt. Darüber hinausgehende eigene gesi-
cherte Erkenntnisse zu von US-Streitkräften in der Bun-
desrepublik Deutschland angeblich geplanten oder ge-
führten Einsätzen liegen der Bundesregierung jedoch
nicht vor. Gemäß Art. II des NATO-Truppenstatuts ha-
ben Streitkräfte aus NATO-Staaten „das Recht des Auf-
nahmestaates zu beachten und sich jeder mit dem Geiste
des NATO-Truppenstatuts nicht zu vereinbarenden Tä-
tigkeit zu enthalten“.
Frau Hänsel, haben Sie eine Nachfrage?
Ja.
Bitte.
Danke für die Antwort. Aber wollen Sie damit uns
und der Bevölkerung sagen, dass Sie nicht wissen, was
in den US-Militärstützpunkten in Deutschland passiert,
was dort geplant wird, und dass Sie keinen Zugang zu
Informationen haben, während Journalisten der Süddeut-
schen Zeitung und von Panorama Zugang zu Informa-
tionen bekommen haben? Wollen Sie der Bevölkerung
allen Ernstes erklären, dass Sie keine Ahnung haben,
was in den US-Militärstützpunkten in Deutschland pas-
siert?
Frau Kollegin, ein regelmäßiger Informationsaus-
tausch bezüglich der konkret laufenden aktuellen bzw.
täglichen Aktivitäten der US-Streitkräfte in Deutschland
findet nicht statt. Die Bundesregierung führt mit den US-
amerikanischen Partnern allerdings einen kontinuierli-
chen, sehr vertrauensvollen und offenen Dialog darüber,
auch zuletzt beim Besuch des Bundesministers des Aus-
wärtigen in Washington.
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30634 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
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Herr Kollege Gehrcke, der Grundsatz, dass von deut-
schem Staatsgebiet aus keine völkerrechtswidrigen mili-
tärischen Einsätze ausgehen dürfen, gilt ohne Wenn und
Aber. Deshalb hat die Bundesregierung auf verschiede-
nen Ebenen – das hat Ihnen Herr Lucas berichtet; ge-
nauso wie ich es hier dem Plenum berichte – noch ein-
mal klar mit den amerikanischen Partnern gesprochen.
Ich wiederhole aber: Die Bundesregierung hat keine An-
haltspunkte dafür, dass dieser Grundsatz nicht eingehal-
ten wird.
Herr Schäfer, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatsminister,
noch einmal zu Ihrer Antwort, dass der Bundesregierung
dazu gegenwärtig keine Erkenntnisse vorlägen. Meiner
Kenntnis nach sind im AFRICOM-Kommando in Stutt-
gart Verbindungsoffiziere der Bundeswehr tätig. Nun
gibt es drei Möglichkeiten: a) Die haben Erkenntnisse,
müssen aber schweigen. b) Die haben keine Erkennt-
nisse, weil sie bei solchen heiklen Fragen außen vor ge-
lassen werden. c) Die haben Erkenntnisse und haben
diese Erkenntnisse auch an die Bundesregierung weiter-
gegeben, aber Sie sagen nichts darüber. Was gilt nun, a),
b) oder c)?
Ich wiederhole noch einmal, was ich gesagt habe: Der
Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über völker-
rechtswidrige Aktionen vor.
Herr Ströbele.
Herr Staatsminister, die Bundesregierung hat sich
heute Morgen im Auswärtigen Ausschuss genauso um
Angaben gedrückt, wie Sie das jetzt wieder praktizieren.
Die Berichte in Panorama und in der Süddeutschen
Zeitung waren mit konkreten Anhaltspunkten unterlegt;
ich will sie nicht im Einzelnen aufzählen, weil ich nicht
so viel Zeit habe. Es handelt sich hierbei um mögliche
Beihilfe zum Mord, um mögliche Beihilfe zur Führung
eines Angriffskrieges. Beides sind Straftaten, die in
Deutschland mit der höchsten Strafe bedroht sind: mit
lebenslänglicher Freiheitsstrafe. Deshalb frage ich Sie
ganz klar: Hat die Bundesregierung die US-Behörden
– insbesondere den US-Außenminister – ganz konkret
gefragt, ob AFRICOM oder AOC an mit Drohnen
durchgeführten Kill-Aktionen in Somalia in irgendeiner
Weise beteiligt ist, ja oder nein? Das können Sie doch
beantworten. Und wie war die Antwort der amerikani-
schen Stellen?
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rung zur Ausführung ihrer Berichtspflicht nach § 10 des Re-
gelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zur Weiterentwicklung der
Methode zur Ermittlung von Regelbedarfen nach § 28 des
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch aktuell vor, und wann
wird die Bundesregierung ihre politischen Schlussfolgerun-
gen aus den vorliegenden Vorarbeiten dem Deutschen Bun-
destag zur Debatte vorlegen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
D
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin
ipping, Ihr Einverständnis voraussetzend, beantworte
h Ihre beiden Fragen aufgrund des Sachzusammen-
angs gemeinsam.
Dann rufe ich auch die Frage 57 der Kollegin Kipping
uf:
Welche Vorschläge werden in diesen Vorarbeiten gemacht,
um die spezifischen Bedarfe von weiteren volljährigen Perso-
nen in einer Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln, und wie be-
werten diese Vorarbeiten den Status quo?
D
Die beiden Fragen beantworte ich Ihnen wie folgt:as Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat füren nach § 10 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbe-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30635
Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe
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)
darfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuchzu erstellenden Bericht über die Weiterentwicklung derfür die Ermittlung von Regelbedarfen anzuwendendenMethodik zwei Forschungsprojekte im Rahmen vonnationalen freihändigen Vergaben mit öffentlichemTeilnahmewettbewerb in Auftrag gegeben. Ein For-schungsprojekt bezieht sich auf eine mikroanalytischeUntersuchung zur Abgrenzung und Struktur von Refe-renzgruppen für die Ermittlung von Regelbedarfen aufBasis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008.Dieser Forschungsauftrag wird vom Institut für Arbeits-markt- und Berufsforschung durchgeführt. Im zweitenForschungsprojekt befassen sich Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum mitder Überprüfung der bestehenden und Entwicklungneuer Verteilungsschlüssel zur Ermittlung von Regelbe-darfen auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstich-probe 2008.Die zur Durchführung der Forschungsprojekte benö-tigten Daten und verschiedene Berechnungen wurdenvom Statistischen Bundesamt bereitgestellt. Die Ergeb-nisse werden derzeit aufbereitet und gehen in den Be-richt ein. Der Bericht wird dem Deutschen Bundestagrechtzeitig bis zum 1. Juli 2013 vorgelegt. Im Zuge derBerichtslegung werden auch die erstellten Forschungs-berichte veröffentlicht.
Frau Kipping, Sie können jetzt insgesamt vier Nach-
fragen stellen, weil beide Fragen zusammen beantwortet
worden sind. – Bitte schön, Ihre erste Nachfrage.
Weil es ein sehr komplexer Themenbereich ist,
möchte ich mich gerne auf einen Schwerpunkt konzen-
trieren. Im Zuge all dieser Beratungen, auch über die
Höhe der Hartz-IV-Regelsätze, hat es im Vermittlungs-
ausschuss zu Hartz IV eine Protokollnotiz gegeben. Ich
zitiere aus der Protokollnotiz:
Der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 3 wird mit
dem Ziel, Menschen mit Behinderungen ab dem
25. Lebensjahr den vollen Regelsatz zu ermögli-
chen, überprüft.
Das Ziel war, sicherzustellen, dass der Regelsatz für
Menschen mit Behinderung, die mit den Eltern zusam-
menleben, nicht gekürzt wird.
Meine Frage ist, ob das in diesem Forschungsprojekt
eine Rolle gespielt hat, und wenn ja, welcher Weg der
Bundesregierung gewiesen wird, damit diese Protokoll-
notiz, die jetzt schon länger auf ihre Umsetzung wartet,
wirklich umgesetzt wird.
D
Frau Kollegin Kipping, selbstverständlich ist auch
diese Frage Gegenstand dessen, was hier zu erforschen
ist, wobei ich hier noch einmal darauf hinweise – Sie ha-
ben korrekt zitiert –: Es geht um eine Überprüfung mit
einem Ziel, in der Tat, aber es geht um eine Überprüfung
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Frau Kollegin Kipping, die von Ihnen gemachte Sach-erhaltsdarstellung entspricht nicht der Wahrnehmunger Bundesregierung und auch nicht der Rechtslage.
h bitte dafür um Verständnis.Es gab schon nach früherer Rechtslage und es gibtach heutiger Rechtslage drei Unterscheidungsstufen fürrwachsene, die hier Leistungen bekommen. Das sindum einen diejenigen, die einen Haushalt alleine führennd einen Anspruch auf 100 Prozent des entsprechendenegelsatzes haben. Es gibt zum anderen diejenigen, dieinen Haushalt gemeinsam führen und jeweils Anspruchuf 90 Prozent haben, und es gibt diejenigen, die als Er-achsene in einem Haushalt wohnen, ohne ihn alleinder mit jemand anderem zu führen. Das sind die dreiegelsätze, die es auch schon vor den entsprechendenesetzgeberischen Entscheidungen gegeben hat. Es gabeine Lex specialis für Menschen mit Behinderungen,ondern es hat diese Unterscheidung gegeben.Es hat dann verschiedene Urteile gegeben, die Men-chen mit Behinderungen erstritten haben. Sie habencht bekommen, weil das Gericht gesagt hat: Dieründe für die Unterscheidung, ob 80, 90 oder 100 Pro-ent des Regelsatzes zu zahlen sind, hat der Gesetzgeberoch nicht ausreichend deutlich gemacht.
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30636 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe
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Das sind Gerichtsentscheidungen, die zu akzeptierensind. Es war aber vorher schon die Absicht des Gesetz-gebers, bei Erwachsenen genau diese Unterscheidungvorzunehmen: Führt ein Erwachsener einen Haushalt al-lein, führt er ihn gemeinsam mit jemand anderem, oderlebt er mit in einem Haushalt, ohne ihn zu führen? ImZuge der gesetzlichen Änderungen ist dann genau diesegerichtlich geforderte Klarstellung, worin der politischeWille des Gesetzgebers besteht, auch eingefordert wor-den.Von daher war das aus Sicht des Gesetzgebers undaus Sicht der Bundesregierung die gerichtlich ge-wünschte erforderliche Klarstellung. Die Bundesregie-rung hält grundsätzlich eine solche Unterscheidung da-nach, ob jemand einen Haushalt alleine führt, ob er ihnmit jemandem zusammen führt oder ob er in einemHaushalt lebt, ohne ihn zu führen, für sachgerecht, weildamit, wie, denke ich, unmittelbar einleuchtend ist, auchunterschiedliche Kostenbelastungen verbunden sind.
Frau Kipping, Sie haben noch eine weitere Frage,
bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Angesichts Ihrer
Ausführungen steht die Frage im Raum, warum sich die
Bundesregierung überhaupt auf eine Protokollnotiz ein-
gelassen hat, die das klare Ziel formuliert, sicherzustel-
len, dass Menschen mit Behinderung, die älter als
25 Jahre sind, tatsächlich den vollen Regelsatz bekom-
men. Deswegen ist meine Frage: Was sollte dann über-
haupt die Protokollnotiz? Diente sie womöglich nur
dazu, die SPD mit einer vollkommen folgenlosen Notiz
zur Zustimmung zu bringen?
D
Frau Kollegin Kipping, gemäß unserer verfassungs-
mäßigen Ordnung in dem demokratischen Rechtsstaat,
in dem wir leben, gehören dem Vermittlungsausschuss
Vertreter des Bundestages und des Bundesrates an. Die
Bundesregierung respektiert selbstverständlich das Er-
gebnis des Vermittlungsverfahrens und die entsprechen-
den Beschlüsse in den gesetzgebenden Körperschaften,
die nach unserer verfassungsmäßigen rechtsstaatlichen
Ordnung genau für die Fassung solcher Beschlüsse zu-
ständig sind.
Wir haben gemäß § 10 des Regelbedarfs-Ermittlungs-
gesetzes einen klaren Auftrag bekommen. Der sieht vor,
dass wir einen entsprechenden Bericht vorlegen. Darin
werden selbstverständlich alle im Vermittlungsverfahren
von den Verfassungsorganen Bundestag und Bundesrat
getroffenen Vereinbarungen berücksichtigt. Den Auf-
trag, den wir vom Gesetzgeber bekommen haben, setzen
wir um.
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ber selbstverständlich ist die Bundesregierung im Ver-
ittlungsverfahren dienstleistend tätig. Ich kann nur
iederholen: Alles das, was im Vermittlungsverfahren
ereinbart worden ist und was in Gesetzesform gegossen
ird, wird umgesetzt. Ich schlage vor, dass Sie in aller
uhe und Gelassenheit abwarten, bis die Bundesregie-
ng ihren Bericht vorlegt und die Forschungsergebnisse
eröffentlicht werden. Ich bin fest davon überzeugt, es
hnt sich, sie dann sehr genau zu studieren.
Wir kommen jetzt zur Frage 58 des Kollegen
irkwald:
Welche Vorschläge werden in Vorarbeiten zur Ausführung
der Berichtspflicht der Bundesregierung nach § 10 des
Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zur Weiterentwicklung der
Methode zur Ermittlung von Regelbedarfen nach § 28 des
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Studien, Gutachten, Be-
rechnungen etc. – gemacht, um aus der statistischen Referenz-
gruppe diejenigen Haushalte verlässlich auszuschließen, de-
ren „eigene Mittel nicht zur Deckung des jeweils zu
unterstellenden Bedarfs nach dem Zweiten oder Zwölften
lichen Vorgabe, Zirkelschlüsse bei der Festlegung der Regel-
bedarfe zu vermeiden, gerecht zu werden?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
D
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollegeirkwald, da es sich um ähnliche Sachverhalte handeltnd auch hier beide Fragen in einem Sachzusammen-ang stehen, bitte ich auch um Ihr Einverständnis, dassh beide Fragen gemeinsam beantworte. Ich möchte
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30637
Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe
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auch für die Zuschauer erläutern: Die Fragen sind sehrähnlich, und konsequenterweise kann für die Antwortnichts anderes gelten.
Dann rufe ich auch Frage 59 des Kollegen Birkwald
auf:
Wie bewerten die vorliegenden Vorarbeiten die von der
Bundesregierung ermittelten Regelbedarfe von Kindern und
Jugendlichen, und welche Vorschläge werden für die zukünf-
tige eigenständige Ermittlung der Bedarfe von Kindern und
Jugendlichen vorgelegt?
D
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat
für den nach § 10 des Gesetzes zur Ermittlung der Regel-
bedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
zu erstellenden Bericht über die Weiterentwicklung der
für die Ermittlung von Regelbedarfen anzuwendenden
Methodik zwei Forschungsprojekte im Rahmen von na-
tionalen freihändigen Vergaben mit öffentlichem Teilnah-
mewettbewerb in Auftrag gegeben. Ein Forschungspro-
jekt bezieht sich auf eine mikroanalytische Untersuchung
zur Abgrenzung und Struktur von Referenzgruppen für
die Ermittlung von Regelbedarfen auf Basis der Einkom-
mens- und Verbrauchsstichprobe 2008. Dieser Forschungs-
auftrag wird vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs-
forschung durchgeführt. Im zweiten Forschungsprojekt
befassen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
der Ruhr-Universität Bochum mit der Überprüfung der
bestehenden und Entwicklung neuer Verteilungsschlüssel
zur Ermittlung von Regelbedarfen auf Basis der Einkom-
mens- und Verbrauchsstichprobe 2008. Dabei geht es
zum einen darum, die regelbedarfsrelevanten Verbrauchs-
ausgaben in Mehrpersonenhaushalten gemäß § 10 Abs. 2
Nr. 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes sachgerecht
auf Eltern und Kinder aufzuteilen, und zum anderen da-
rum, eine begründbare Abstufung der Regelbedarfe bei
mehreren Erwachsenen im Haushalt in die Regelbedarfs-
stufen 2 und 3 zu entwickeln.
Die zur Durchführung der Forschungsprojekte benö-
tigten Daten und verschiedene Berechnungen wurden
vom Statistischen Bundesamt bereitgestellt. Die Ergeb-
nisse werden derzeit aufbereitet und gehen in den Be-
richt ein. Der Bericht wird dem Deutschen Bundestag
rechtzeitig bis zum 1. Juli 2013 vorgelegt. Im Zuge der
Berichtslegung werden auch die erstellten Forschungs-
berichte veröffentlicht.
Der Zwischenruf der Kollegin Enkelmann gibt mir
Gelegenheit, noch einmal die Bitte zu äußern, dieses
zwischen den Verfassungsorganen Bundestag und Bun-
desrat gefundene Ergebnis zu akzeptieren
und bitte auch die Tatsache zu akzeptieren, dass der
1. Juli 2013 noch nicht eingetreten ist und Sie deswegen
so lange warten, weil dies so lange zwischen den Verfas-
sungsorganen vereinbart worden ist.
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erte künstlich niedrig zu rechnen. Die von uns ermit-
lten Werte wie auch die Verfahren haben jeder gericht-
chen Prüfung standgehalten, wie Sie wissen.
Ich bitte um Verständnis, dass das Institut für Arbeits-
arkt und Berufsforschung und die Wissenschaftler der
uhr-Universität Bochum den Zuschlag für die For-
chungsaufträge erhalten haben und nicht die Fraktion
ie Linke. Ich kann Ihnen von daher zu diesem Zeit-
unkt kein überlegenes statistisches Verfahren nennen
der gar ein entsprechendes Ergebnis mitteilen.
Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: Wir haben ei-
en Auftrag erhalten. Er ist in den Endzügen der Aus-
hrung. Wir müssen das Ergebnis bis zum 1. Juli ablie-
rn, und das werden wir tun. Daraus wird sich alles
eitere ergeben. Die Forschungsergebnisse werden zu-
ammen mit dem Bericht veröffentlicht.
Sie haben eine weitere Nachfrage, bitte schön.
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Ich nehme die Chance wahr. – Herr Staatssekretär, es
gibt Vorarbeiten, und Sie kennen sie. Wir hatten eine
ähnliche Situation schon im Ausschuss. Deshalb frage
ich Sie noch einmal: Zu welchen Ergebnissen kommen
die Ihnen vorliegenden Vorarbeiten in Bezug auf die
Zahl der verdeckt armen Haushalte in der Referenz-
gruppe, und welche Auswirkungen hat das auf die ermit-
telte Höhe des Regelbedarfs? Mit anderen Worten, um
Ihrer Erwartungshaltung Genüge zu tun: Um wie viel
Euro wurde der Regelbedarf einer allein lebenden Per-
son aufgrund dieser Unterlassung der Bundesregierung
kleingerechnet? Falls diese Fragen nicht Teil des Auf-
trags an das Statistische Bundesamt oder andere Sach-
verständige waren: Warum waren sie das nicht?
D
Noch einmal, Herr Kollege Birkwald: Das Thema
„verdeckt Arme“ und wie man damit statistisch umgeht,
vor dem Hintergrund des politisch völlig unstreitigen
Ziels, Zirkelschlüsse zu vermeiden, ist Gegenstand des-
sen, worüber geforscht wird. Das ist Teil des Arbeitsauf-
trags. Ich sage Ihnen noch einmal: Wir sind dabei, diesen
Arbeitsauftrag zu erfüllen. Zum jetzigen Zeitpunkt, wo
das Verfahren noch läuft, kann ich Ihnen nur sagen, dass
die Bundesregierung und diejenigen, die sich auf dieses
Verfahren verständigt haben, den Ergebnissen sehr zu-
versichtlich entgegensehen können. Es ist bisher jeder
Versuch gescheitert, der Bundesregierung, dem Deut-
schen Bundestag oder dem Bundesrat in ihren Beschlüs-
sen in irgendeiner Weise nachzuweisen, dass geltendes
Recht verletzt worden ist. Das Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts bezieht sich auf die Rechtslage, wie sie seit
dem Jahr 2005 bestanden hat. Wir haben darauf mit den
gesetzgeberischen Maßnahmen reagiert, die ergriffen
worden sind. Die Bundesregierung ist sehr zuversicht-
lich, dass diese Regelungen genauso wie in der Vergan-
genheit einer gerichtlichen Überprüfung in der Zukunft
standhalten.
Herr Birkwald, Sie haben eine weitere Frage, bitte.
Dass mich diese Antwort nicht befriedigt, werden Sie
sich vorstellen können, Herr Dr. Brauksiepe. Aber ich will
zu einem anderen Thema nachfragen. Inwieweit ist die im
Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz vorgesehene Überprü-
fung und Weiterentwicklung der Verteilungsschlüssel
hinsichtlich der Verbrauchsausgaben für Kinder und Ju-
gendliche nach Ansicht der Bundesregierung und der vor-
liegenden Vorarbeiten ausreichend, um den Bedarf von
Kindern und Jugendlichen eigenständig zu ermitteln, und
welche alternativen Ermittlungsverfahren wurden mit
welchem Ergebnis geprüft? Das ist doch das, was in der
jetzigen Phase interessiert.
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ber das kann ich gegebenenfalls nicht ändern. Ich sage
nen noch einmal: Der Bericht ist noch nicht fertig. Er
ird in einem geordneten Verfahren erstellt und wird Ih-
en dann gemeinsam mit den Forschungsergebnissen zur
erfügung gestellt. Ich jedenfalls sehe dem Tag der Ver-
ffentlichung dieser Ergebnisse sehr ruhig und gelassen
ntgegen.
Herr Birkwald, eine weitere Frage.
Meine vierte Nachfrage würden Sie mir genauso un-
efriedigend beantworten, Herr Staatssekretär. Deswe-
en verzichte ich auf sie. Herzlichen Dank.
Die Fragen 60 und 61 der Kollegin Sabineimmermann werden schriftlich beantwortet.Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-esministeriums der Verteidigung. Der Fragesteller derrage 62, der Kollege Fritz Rudolf Körper, ist nicht an-esend, wie ich sehe. Es wird verfahren, wie in der Ge-chäftsordnung vorgesehen.Ich rufe die Frage 63 des Kollegen Ströbele auf:Inwieweit trifft es zu, dass die Koblenzer Staatsanwalt-schaft gegen Mitarbeiter der Bundeswehr-Beschaffungsbe-hörde, BAAINBw, und den Ministerialrat G. C. wegen Untreuesowie wegen Anstiftung hierzu gegen Verantwortliche der
deswehr Anfang 2012 mehr als 12 000 Gewehre G 36 ankaufte
, obwohl die Bundeswehr-Materialprüfer der
Wehrtechnischen Dienststelle 91 sowie der Bundesrechnungs-hof 2011 ungenügende Treffgenauigkeit der Gewehre, sicher-heitsgefährdende Überhitzung etwa im Afghanistan-Einsatz
ministerium der Verteidigung dies in seiner Antwort vom
am Gewehr G 36 festgestellt. [Es] ist zuverlässig und … taug-lich … in den laufenden Einsätzen.“) und angegeben, gegen dieEignung des Herstellers Heckler & Koch gebe es „keine Be-denken“?Herr Kossendey steht zur Beantwortung bereit.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30639
)
)
T
Herr Kollege Ströbele, dem Ministerium ist durchaus
bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Koblenz im Zusam-
menhang mit dem Ankauf von Gewehren G 36 gegen ei-
nen Mitarbeiter des Ministeriums ermittelt. Das zum ers-
ten Teil der Frage.
Über mögliche Mängel beim G 36 haben wir im Ver-
teidigungsausschuss lange gesprochen. Wir haben dem
Verteidigungsausschuss dazu einen Bericht vorgelegt,
den der Verteidigungsausschuss in der 123. Sitzung am
17. Oktober erbeten hat. Der Bericht wurde dann dem
Ausschuss gegeben. Als Ergebnis dieses Berichtes haben
wir festgestellt, dass das G 36 keinen Mangel hat, dass
die technischen Lieferbedingungen eingehalten worden
sind und dass die festgestellten Effekte, nämlich das
Nachlassen der Treffergenauigkeit bei heißgeschossener
Waffe, letztendlich auf physikalischen Gesetzmäßigkei-
ten basieren.
Der Kollege Schmidt hat auf Grundlage dieses Be-
richts an den Verteidigungsausschuss Ihre Frage am
12. Dezember 2012 hier von dieser Stelle aus beantwor-
tet.
Herr Ströbele, eine Nachfrage, bitte.
Danke. – Der Kollege Schmidt hat aber behauptet
– so steht es im zweiten Teil meiner Frage –, es bestün-
den keine Bedenken, diese Waffe sei zuverlässig und
tauglich. Er hat mit keinem Wort erwähnt, wie auch Sie
das hier nicht erwähnen, obwohl auch das in der Frage
steht, dass immerhin der Bundesrechnungshof und die
Bundeswehr-Materialprüfer der Wehrtechnischen Dienst-
stelle 91 sehr wohl festgestellt haben, dass es sich um er-
hebliche Mängel handelt.
Offenbar sind diese Argumente so gravierend – die
Staatsanwaltschaft marschiert ja nicht gleich los –, dass
die Staatsanwaltschaft nicht nur ein Ermittlungsverfah-
ren eingeleitet, sondern auch im Rahmen dieses Ermitt-
lungsverfahrens gegen die Verdächtigen – darunter auch
einen Ministerialrat, einen Mitarbeiter Ihres Ministe-
riums – strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen durch-
geführt hat.
Halten Sie das alles für Quatsch, und halten Sie das
Tätigwerden der Staatsanwaltschaft für übertrieben oder
für falsch? Wie stellen Sie sich dazu?
T
Ich gehe davon aus, dass das zwei verschiedene Sach-
verhalte sind. Zum einen gibt es die Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft gegen den Mitarbeiter unseres Hau-
ses, zum anderen geht es um die Frage, wie verlässlich
das G 36 ist.
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Danke. – Es ist mir bekannt, dass die Bundeswehr
uch über Panzer verfügt, aber hier geht es um ein be-
timmtes Gewehr. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft
t, dass dieses Gewehr beschafft und offensichtlich be-
ahlt worden ist, obwohl bekannt war, dass es mit erheb-
chen Mängeln behaftet ist. Sie haben die Materialprü-
r angesprochen, die offenbar keine Ahnung haben.
ind Sie der Auffassung, dass auch der Bundesrech-
ungshof, der die Beschaffung bereits 2011 gerügt hat,
icht über die notwendige Sachkunde verfügt, sondern
ur die Spitze des Ministeriums?
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Ich könnte mir die Antwort jetzt leicht machen und Ja
agen, aber ich tue es nicht, weil wir den Bericht, den
ir dem Verteidigungsausschuss gegeben haben, natür-
ch mit allen verantwortlichen Stellen bei uns im Hause
nd in den nachgeordneten Behörden besprochen haben.
h wiederhole: Es ist nichts zutage getreten, was an ei-
en grundsätzlichen Mangel des G 36 erinnert. Ich bin
icher, dass, wenn sich die staatsanwaltschaftlichen Er-
ittlungen auf diesen Punkt beziehen sollten, ein ähnli-
hes Ergebnis dabei herauskommen wird.
Alle übrigen Fragen werden schriftlich beantwortet.
Wir sind somit am Ende der Fragestunde angekom-
en.
Ich unterbreche die Sitzung kurz bis zum Beginn der
ktuellen Stunde. Die Unterbrechung wird einige Minu-
n dauern. Der Haushaltsausschuss hat seine Sitzung
nterbrochen. Insofern können wir hier fortfahren, wenn
ie Kolleginnen und Kollegen aus diesem Ausschuss
en Weg hierhin geschafft haben.
Ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder.
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30640 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
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Wir kommen zum Zusatzpunkt 1:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU undFDPVerwendung von Drohnentechnologie durchdie Bundeswehr Als Erstes gebe ich das Wort für die CDU/CSU-Frak-tion dem Kollegen Dr. Andreas Schockenhoff. Bitteschön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Drohnentechnologie ist aus der militärischenEntwicklung nicht mehr wegzudenken. Künftig wirdjede gut und modern ausgestattete Armee diese Techno-logie besitzen und einsetzen. Die Zukunft der militäri-schen Luftfahrt ist unbemannt.
Die Stiftung Wissenschaft und Politik kommt hin-sichtlich einer Beschaffung von Drohnen zu dem Ergeb-nis – ich zitiere –:Ihre militärischen Vorteile können in legitimen, par-lamentarisch kontrollierten Einsätzen der Bundes-wehr zum Schutz eigener Truppen genutzt werden.Sie reduzieren die Gefährdung des Einsatzpersonalsund bündeln die Fähigkeiten zur intrusiven Aufklä-rung und zum präzisen Waffeneinsatz. Damit ver-bessern sie die technischen Möglichkeiten, dieWirksamkeit militärischer Einsätze im Einklang mitden Geboten des humanitären Völkerrechts zu ge-währleisten.Aus diesen guten Gründen hat bereits die rot-grüne Bun-desregierung die Entwicklung der Euro-Hawk-Drohneauf den Weg gebracht. SPD und Grüne haben dann imHaushaltsausschuss im Jahr 2007 der Beschaffung zuge-stimmt.Der Vorsitzende des sogenannten SPD-Kompetenz-teams dreht sein Fähnchen nun in den Wahlkampfwindund will überhaupt keine Drohnen mehr anschaffen.
Wörtlich hat er gestern in seiner Rede an der FU gesagt:Die Bundesrepublik Deutschland bedarf keiner Droh-nen.
Was denn nun, Herr Steinbrück? So billig kommen Sienicht von der Mitverantwortung von SPD und Grünen ander Entwicklung der Drohnen weg.OsWfubwdwloFFHtrdwdsBuvevwes2dTw
Im Fall der Aufklärungsdrohne Euro Hawk hält diepposition dem Minister vor, er hätte das Projekt frühertoppen müssen.
enn wir komplizierte Entwicklungs- und Beschaf-ngsvorhaben hektisch beenden würden, sobald Pro-leme auftauchen, statt erst einmal zu prüfen und abzu-ägen,
ann hätten wir keine moderne Ausrüstung der Bundes-ehr; dann würden wir uns schon heute von Techno-gien der Zukunft verabschieden und unverzichtbareähigkeiten aufgeben.
Meine Kolleginnen und Kollegen, es geht um dierage, ob die Probleme, die mit dem Trägersystem Euroawk aufgetreten sind, lösbar sind. Wenn das mit ver-etbarem Aufwand nicht möglich ist, kann man nicht inie Beschaffung einsteigen. Aus dieser nüchternen Er-ägung heraus hat Minister de Maizière sich entschie-en, die Euro-Hawk-Drohne nicht zu beschaffen. Hin-ichtlich der Vorhaltungen der Opposition entlastet derundesrechnungshof den Minister ohne Wenn und Aber.
Der Bericht an den Haushaltsausschuss stellt erstensnmissverständlich klar, dass die Fehler bei Euro Hawkor der Zeit von Minister de Maizière gemacht wurden.
Der Bundesrechnungshof kommt zweitens zu demindeutigen Ergebnis: Sobald die Leitung des Hauseson den Problemen Kenntnis hatte, wurde gehandelt, umeitere Kosten zu vermeiden.
Und drittens kommt der Bundesrechnungshof auch zuinem klaren Urteil hinsichtlich der Frage, was die Kon-equenzen gewesen wären, wenn das Projekt bereits011 oder 2012 abgebrochen worden wäre: Dann hätteie Sensorik, also das Aufklärungssystem, nicht auf demräger selbst, also unter Einsatzbedingungen, getesteterden können.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30641
Dr. Andreas Schockenhoff
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Auch diesbezüglich war der Zeitpunkt der Entscheidungschadensbegrenzend. Die Aufklärungsfähigkeit wäresonst nicht weiterentwickelt worden. 232 MillionenEuro Entwicklungskosten wären umsonst ausgegebenworden.Es ging Minister de Maizière also nicht darum, wieSie von der Opposition behaupten, etwas zu vertuschen.Der Bericht des Bundesrechnungshofs lässt keinenZweifel. Minister de Maizière hat vielmehr weiterenSchaden abgewendet und eine unverzichtbare Entwick-lung für die Bundeswehr gesichert.
Die Opposition muss also spätestens heute erkennen,dass sie einen Popanz aufgebaut hat.
Der Verteidigungsminister hat aus den richtigen Er-wägungen heraus zum richtigen Zeitpunkt, nicht früher,aber auch nicht später, gehandelt. Das ist nicht Taktik,sondern in einer schwierigen Entscheidungssituation dieWahrnehmung politischer Verantwortung bei einem Pro-jekt, das lange vor Amtsantritt des Ministers begonnenwurde.
Dafür gebührt Ihnen, Herr Minister, Respekt, und dafürhaben Sie unsere volle Unterstützung.
Die Opposition reagiert auf eine konsequente undsachgerechte Entscheidung mit durchsichtigen Wahl-kampfmanövern. Herr Steinbrück und Herr Trittin ste-hen nicht dazu, was ihre eigene rot-grüne Regierung be-schlossen hat und was die Fachpolitiker aus ihreneigenen Reihen seither stets als richtige Grundsatzent-scheidung verteidigt haben.
Minister de Maizière hingegen schreckt vor schwieri-gen Entscheidungen nicht zurück, auch wenn es unge-mütlich wird. Durch die Entscheidungen des Ministersist kein zusätzlicher Schaden entstanden,
sondern größerer Schaden verhindert worden, und essind wichtige Fähigkeiten für die Bundeswehr gesichertworden. Nochmals, Herr Minister: Respekt!
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ntschuldigung. Doch, etwas Neues ist herausgekom-en: Mit all dem hat der Minister überhaupt nichts zun. Herr Schockenhoff erzählt hier: Der Minister hat ab-ewogen. Herr Schockenhoff, Ihr Minister hat jahrelangichts gewusst, weil er wahrscheinlich auch nichts wis-en wollte. Da kann er doch nicht wirklich abwägen.
Herr Minister, es werden über 500 Millionen Euroerpulvert,
nd Sie weisen jede Verantwortung von sich. Sie über-agen die Verantwortung für das Debakel Ihren beamte-n Staatssekretären, den nachgeordneten Ämtern unden nachgeordneten Behörden und Abteilungen. Herrinister, dies ist ein schäbiges Verhalten, gerade für ei-en Mann, der die ganze Zeit von Verantwortung redet.
Sie haben eingestanden, dass Sie von Ihrem Staats-ekretär, Ihrem langjährigen Weggefährten, persönlichberhaupt nicht unterrichtet wurden. Es gab keine Mi-istervorlage zu Euro Hawk. Sie haben dieses Projektngeblich nie in der Leitungsbesprechung Ihres Ressortsehabt.
h frage mich: Worüber reden Sie eigentlich, wenn Sieffentlich ankündigen, alle Großvorhaben stünden aufem Prüfstand, Sie würden die Prioritäten neu überden-en? Worüber reden Sie eigentlich in den Leitungs-esprechungen miteinander? Reden Sie überhaupt nochiteinander in Ihrem Ressort, oder regiert statt früheras Gespräch heute das Diktat des Aktendeckels in Ih-m Haus? Diesen Eindruck gewinnt man ja.
Herr Minister, Sie haben heute nichts aufgeklärt. Sieezeichnen ein finanzielles Fiasko – Herr Schockenhoffnterstützt das noch – als „angemessen“ und den Ab-
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Rainer Arnold
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bruch zu dem Zeitpunkt, als es eigentlich schon am Endewar, als „zeitgerecht“. Sie bemängeln, dass die beamte-ten Staatssekretäre 15 Monate vorher von dem voraus-sichtlichen Scheitern gewusst hätten und Sie nicht einge-bunden haben.Sie haben heute erklärt – das ärgert mich als Parla-mentarier am meisten –, Sie fänden es ganz normal, dassdas Parlament bei solchen Problemen nicht eingebundenwird, und es wäre in der Vergangenheit auch so gewesen.Das ist einfach falsch. Das stimmt nicht. Ich kann Ihnendie Aktenberge zum Eurofighter, zu den Hubschraubern,zu den Korvetten und den Fregatten usw. zeigen. Hierhat uns das Ministerium mit allen Problemen betraut.
Nicht einmal die Berichterstatter im Haushaltsausschusswurden von Ihren Gesprächen in Kenntnis gesetzt. Siesagen heute immer noch, das sei in Ordnung. Das findeich ganz schlimm. Das zeigt ein wenig, wie Sie Politikmachen. Hierbei handelt es sich nämlich um kein lern-fähiges System.Die Probleme liegen auf dem Tisch, und Sie fahrennach Chicago und erklären bei der NATO: Wir zahlenweitere 83 Millionen Euro für ein Projekt, von dem wirnicht wissen, ob es überhaupt fliegen darf.
Die Probleme liegen auf Ihrem Schreibtisch, und Sie er-klären jahrelang weiter: Wir brauchen auch eine Kampf-drohne, und möglicherweise kaufen wir auch die ameri-kanische. – Und unsere Warnungen, dass sie hier nichtzugelassen werden, schlagen Sie ziemlich arrogant inden Wind. Wir haben es Ihnen gesagt. Trotzdem haltenSie an solchen Debatten tatsächlich fest.Herr Minister, das einzig Vernünftige, das Sie heutegesagt haben, ist, dass jetzt tatsächlich Verantwortungübernommen werden muss und Konsequenzen gezogenwerden müssen. Welche Konsequenzen sind zu ziehen,Herr Minister, und zwar nicht bei Nachgeordneten?Denn wenn Informationen bei Ihrem Staatssekretär an-langen, sind sie politisch in Ihrem Verantwortungsbe-reich angekommen.
Diese Verantwortung dafür kann man, wenn man nocheinen Funken Respekt für seine Aufgabe hat, niemandanderem auf die Schulter legen.
Herr Minister, ich rate Ihnen: Halten Sie es mit HelgaSchäferling, die gesagt hat: „Auch derjenige, der zuläßt,trägt seinen Teil der Verantwortung.“
– Ja, es mag sein, dass Ihnen die Soziologin zu popeligist. Das merke ich an Ihrem Zuruf. Dann nehmen wirdoch Winston Churchill, der Ihnen sicherlich nicht zukhKisBgIhfewzbdszHdmgbdmährasVbuwDLSd–mgk
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ieber Kollege Arnold, so viel Selbstgerechtigkeit, wieie hier präsentiert haben, habe ich in vielen Jahren Bun-estag noch nicht erlebt.
Ich komme gleich darauf zurück. – Denn Sie zeigenit einem Finger auf den Minister, und viele Finger zei-en auf Sie.Warum sprechen Sie nicht davon, dass Sozialdemo-raten in dieses ganze Projekt von Anfang an voll einge-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30643
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
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bunden waren? Der Minister Scharping hat die Entschei-dung getroffen.
Sie haben dann dem Minister gesagt, die Sozialdemokra-ten hätten hinsichtlich der Zulassung dieses und jenesgesagt. Wissen Sie, warum sie ihm das sagen konnten?Das konnten sie, weil sie genau wussten, dass die Zulas-sung unter ihrer Verantwortung überhaupt nicht geregeltwar. Das wussten sie. Deswegen konnten sie dem Minis-ter das auch sagen.Ich zeige Ihnen einmal etwas, was Sie wahrscheinlichgar nicht mehr kennen, nämlich die Drucksache 2782des Haushaltsausschusses aus der 16. Wahlperiode.Schauen Sie sich das hier einmal an.
– Ja, das sage ich Ihnen: Das ist eine Vorlage vom22. Dezember 2006 aus dem Bundesministerium der Fi-nanzen. Wissen Sie, wer das geschrieben hat? Das warder sozialdemokratische Staatssekretär Gatzer aus demMinisterium von Herrn Steinbrück. Er hat das demHaushaltsausschuss zugeleitet.
Das mussten wir beschließen. Haben Sie das denn nichtgelesen?
Das Nächste: Staatssekretär Karl Diller, Sozialdemo-krat, im Finanzministerium unter Steinbrück, hat demHaushaltsausschuss einen weiteren Vertrag zugeleitet.Wir haben ihm zugestimmt. Tun Sie aber doch nicht so,als hätten Sie damit nie etwas zu tun gehabt. Tun Siedoch nicht so! Sie sind diejenigen!
Herr Kollege Oppermann, ich schätze Sie ja sonstsehr, aber das muss ich doch loswerden: Sie haben hierein Theater aufgeführt, weil Fragen aus dem Ministe-rium nicht in der entsprechenden Frist beantwortet wur-den. Darüber kann man sich beklagen. Soll ich Ihnen et-was sagen? Mit all den Fragen, die, wie ich erlebenmusste, von Ihrer Regierung in meiner Oppositionszeitnicht beantwortet wurden, kann ich mir die Wände tape-zieren.
Leider hatten wir zu der Zeit einen Bundestagspräsiden-ten, der den Abgeordneten nicht geholfen hat. Das willich hier auch einmal sehr deutlich machen. Kommen Siein mein Büro und schauen Sie sich das an.
Ich muss jetzt auch einmal etwas in Richtung derGrünen sagen: Sie stellen jetzt den Antrag, dass wir wie-dtehDrüdddimaBBhsdKAEdGsu–zeEisAEdnwDSb
iesen Vorschlag der Grünen halte ich für vernünftig. Da-ber werden wir uns unterhalten. Nur, Herr Trittin – auchen anderen muss ich das einmal sagen –, bis Rot-Grün anie Regierung kam, hatten wir so ein Gremium. Das lagaran, dass einem Verteidigungsminister Apel, den ichmer sehr geschätzt habe, die Kosten für den Tornadous dem Ruder gelaufen sind. Deshalb hat der Deutscheundestag beschlossen: Wir schaffen einen sogenanntenewilligungsausschuss mit dem Vorsitzenden des Haus-altsausschusses. Kaum war Rot-Grün dran, wurde die-es Kontrollgremium, das einmal im Monat tagte undem das Ministerium alles vorlegen musste – Zeitpläne,ostenpläne –, von Rot-Grün abgeschafft.
n der Spitze war jemand von den Grünen. Die einzigentschuldigung, die ich Ihnen heute anbieten kann, ist,ass dieser Grüne, der Herr Metzger, nicht mehr bei denrünen, sondern bei der CDU ist.
Herr Bundesverteidigungsminister, ich finde die Kon-equenzen, die Sie, wie Sie im Verteidigungsausschussnd eben im Haushaltsausschuss vorgetragen haben der Kollege Arnold hat anscheinend überhaupt nichtugehört –, ziehen wollen, schon beeindruckend. So istin Minister noch nie in einem Ausschuss aufgetreten.r hat ganz ehrlich gesagt, wie schwierig die Situationt – auch für ihn ganz persönlich. Aber, Herr Kollegernold, Sie haben ihm wohl überhaupt nicht zugehört.ben im Haushaltsausschuss hätten Sie erleben können,ass der Minister ausdrücklich gesagt hat: Ich schiebeicht einem Staatssekretär, einem Beamten die Verant-ortung in die Schuhe; ich trage die Verantwortung.
as war schon sehr, sehr beeindruckend. Dafür habenie, Herr Minister, meinen ganz großen Respekt.
Wenn Sie sich aufseiten der Opposition alle wieder einisschen beruhigt haben, auch der Kollege Oppermann,
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30644 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
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dann sollten wir uns wirklich zusammensetzen und über-legen, was wir aus dieser Situation machen. Ich glaubenämlich, dass jede Krise, auch diese, die unglaublicheChance bietet, dass wir alle daraus lernen. Auch das Par-lament insgesamt, egal ob Regierungskoalition oder Op-position, sollte daraus lernen, stärker seine Kontrollfunk-tion wahrzunehmen. Zugleich sollten wir vernünftig undanständig miteinander umgehen, auch mit einem Minis-ter, der die Verantwortung trägt. Sie können ihn politischkritisieren; aber was Sie, Herr Kollege Arnold, hier ge-boten haben, wie Sie hier mit dem Minister umgegangensind, das war menschlich unanständig.
Das Wort hat der Kollege Dr. Gregor Gysi für die
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ichglaube, dass Union, SPD, FDP und die Grünen eine gra-vierende und in einem negativen Sinne leider auch sehrgelungene Reform zustande gebracht haben, nämlich dieUmstellung der Bundeswehr: Aus einer Armee zur Lan-desverteidigung wurde eine Armee zur weltweitenKriegsführung und Intervention. Ich finde, das ist nichtnur eine Fehlentwicklung, sondern eine Katastrophe.
Spionage- und Kampfdrohnen sind Waffen der mo-dernsten Kriegsführung. Sie dienen erst der Aufklärungund Spionage und dann dem gezielten Töten von Men-schen. Eine große Mehrheit von Völkerrechtlerinnen undVölkerrechtlern hält Kampfdrohnen für völkerrechtswi-drig. Aber ich muss sagen: Das hat die vier Fraktionennicht interessiert. Denn SPD, Grüne, Union und FDP ha-ben – anders als die Linken – am 31. Januar 2007 imHaushaltsausschuss die Beschaffung der Euro Hawks
– Moment, Moment! – und die Bereitstellung von Mit-teln in Höhe von 431 Millionen Euro beschlossen, ob-wohl sie schon wussten oder hätten wissen müssen, dassKampfdrohnen folgen werden und folgen sollen.
Wozu brauchen wir eigentlich diese Spionagedroh-nen? Wozu brauchen wir eigentlich die Kampfdrohnen?Wer soll eigentlich getötet werden? Glauben Sie wirk-lich, die Probleme der Menschheit mit gezieltem Tötenlösen zu können? Ich glaube, dass gezieltes Töten zuHass und Hass zu mehr Terrorismus führt. Die ganze Lo-gik ist falsch.
nugdfoPsmumsisateskeEnswwDGtemsgRRkkdLdwDräKtüsSsbsSsD
nd zwar, weil er sie für völkerrechtswidrig hält. Ichuss natürlich sagen: Schon als Sie die Anschaffung be-chlossen haben, stand fest, dass es völkerrechtswidrigt. Aber immerhin hat er sich korrigiert, und das will ichnerkennen.Nun wurde das Projekt Euro Hawk vom Bundesver-idigungsminister gestoppt, und zwar, weil eine Zulas-ung nicht zu erreichen ist. Spionageflugzeuge soll jaeiner erkennen. Deshalb wird es keine Antikollisions-inrichtungen geben. Nun hatte man sich überlegt, eineinrichtung zu schaffen, die dafür sorgt, dass die Droh-en selbst den anderen Flugzeugen ausweichen. Wer sollich denn darauf verlassen? Wer soll denn derart verant-ortungslos eine Zulassung erteilen? Meines Erachtensar von Anfang an klar, dass das muntere Fliegen derrohnen zwischen den Linienflugzeugen niemals eineenehmigung erhalten wird.Der Bundesrechnungshof hat nun ermittelt, dass spä-stens seit Februar 2012, Herr Bundesverteidigungs-inister, klar war, dass es keine Zulassung geben wird,odass das Jahr 2012 hinsichtlich des Geldes der neural-ische Punkt ist. Damals wäre nämlich der europäischeüstungskonzern EADS noch verpflichtet gewesen, imahmen der Gewährleistung zu zahlen. Dieser Rüstungs-onzern hatte sich definitiv verpflichtet, die Drohneomplett mit Zulassung zu liefern.Sie behaupten nun, Herr Bundesminister, ein Abbruchamals wäre teurer geworden. Sie erklären das in ersterinie damit, dass Ihnen die gesamten Spionagegeräte,ie der Konzern entwickelt und herstellt, so wichtig ge-esen seien und dass, wenn man die Entwicklung derrohne gestoppt hätte, die Entwicklung der Spionagege-te entweder hätte eingestellt oder vom europäischenonzern selbst finanziert werden müssen, was dieser na-rlich nicht wollte. Das bedeutet aber – überlegen Sieich das einmal –, dass wir über 100 Millionen Euro derteuerzahlerinnen und Steuerzahler für ein völlig sinnlo-es Projekt ausgeben, nur um Spionagegeräte, also daserühmte ISIS-System, zu entwickeln.Mit anderen Worten: Der Konzern verfügt durch dieinnlosen Zahlungen unserer Steuerzahlerinnen undteuerzahler in den Euro Hawk über ein Topspionage-ystem, das er weltweit verkaufen kann. Es tut mir leid:as ist Rüstungslobbyismus hoch zehn.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30645
Dr. Gregor Gysi
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Abenteuerlich ist, dass Sie jetzt ein neues Trägersys-tem für die Spionagegeräte suchen und noch mehr Steu-ergelder verschleudern wollen. Abenteuerlich ist auch,dass Sie an der Planung der NATO-Drohnen festhaltenund dafür weiteres Geld ausgeben wollen, obwohl auchdiese keine Zulassung erhalten dürften.Herr Bundesverteidigungsminister, weshalb habenSie es eigentlich unterlassen, die zuständigen Aus-schüsse des Bundestages zu unterrichten? Das ist eineVerletzung der Prinzipien unserer parlamentarischen De-mokratie.
Herr Minister, Sie erklären, welche anderen Personenin Ihrem Bundesministerium verantwortlich waren. AberSie wissen doch auch, dass Sie die politische Verantwor-tung tragen, und das sagen Sie ja auch. Werden Sie nichtzu einem Bundesminister auf der Flucht, auf der Fluchtvor Ihrer eigenen Verantwortung.Die USA starten von deutschem Boden aus – auchwenn Sie erklären, es nicht genau zu wissen; es ändertsich nichts daran – Drohnen zum gezielten Töten nachSomalia und Jemen. Das Ganze ist völkerrechtswidrig.Wenn Deutschland ein souveräner Staat ist, ist dieBundesregierung verpflichtet, diese Nutzung unseresTerritoriums durch die USA unverzüglich zu unterbin-den.
Herr Gysi.
Ich bin gleich fertig. – Sie machen uns sonst alle mit-
schuldig an der Tötung von Menschen.
Wir sollten Dänemark und Kanada folgen, die gesagt
haben, sie machen bei diesem Milliardengrab nicht mehr
mit. Sie steigen aus dem Drohnenprojekt aus. Es geht
aber um mehr als nur um Geld. Es geht darum, dass wir
das Drohnenprojekt stoppen müssen, weil es ein kriegs-
politischer Irrweg ist. Kampfdrohnen gehören verboten
und nicht angeschafft!
Das Wort für die Bundesregierung hat der Bundes-minister Dr. Thomas de Maizière.
Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Ver-teidigung:Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen undKollegen! Herr Kollege Gysi, auch ich habe eine Weilegebraucht, um die verschiedenen Drohnenarten unter-scheiden zu können.
AvaisSDnAkmhmnd–zhdmeDwlehvligAmodteU
t weit weg von der Wirklichkeit.
ie hätten sich besser auf Ihre Rede vorbereiten müssen.as machen Sie doch sonst auch.
Ich will die Aktuelle Stunde gerne nutzen, um – in ei-em etwas anderen Tonfall, wie er vielleicht sonst inktuellen Stunden üblich ist – zu versuchen, einiges zulären. Die Rede des Kollegen Arnold hat mich dazu er-untert.Ich möchte zunächst auf die Frage eingehen: Warumabe ich mir so lange Zeit genommen? Das hat natürlichit dem Fakt zu tun – auf den komme ich gleich nochäher zu sprechen –, dass ich in die Entscheidungsfin-ung nicht eingebunden war.
Tun Sie mir den Gefallen und hören Sie einen Momentu. – Der Vorgang liegt zehn, zwölf Jahre zurück. Ichabe mir – auch wenn das Kommunikationsberater hun-ertmal anders sagen würden – die Freiheit genommen,ich mit dem Sachverhalt zu beschäftigen, weil ich mirin eigenes, gründliches Urteil bilden wollte.
as brauchte Zeit; jedenfalls brauchte ich die Zeit. Des-egen fand ich das richtig.
Zur Entscheidung selbst. Als die Entscheidung gefal-n war – ich will das im Einzelnen nicht erläutern –aben viele gesagt, das amerikanische Unternehmenorneweg: Die Entscheidung ist falsch. – Ich war, ehr-ch gesagt, ein bisschen erstaunt, wie viele diesen Ar-umenten blitzschnell geglaubt haben. Ich halte vieleussagen von Rüstungsunternehmen in diesem Zusam-enhang im Prinzip für interessegeleitet. Das ist auchkay, aber man muss ihnen nicht gleich glauben.
Nach dem heutigen Tag steht fest, dass die Entschei-ung selbst richtig war.Erstens. Die Musterzulassung für die Serie wäre zuuer gewesen.Zweitens. Die Missionsplanung ging nur von denSA aus. Bis 2017 hätten wir nicht einmal bei Erpro-
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30646 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
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bungsflügen von Deutschland aus bestimmen können,ob dieses unbemannte Flugzeug von A nach B fliegt.Drittens hatten die Amerikaner den dem Euro Hawkzugrunde liegenden älteren Typ des Global Hawk einge-stellt, weshalb die Versorgung viel teurer als geplant ge-wesen wäre. Ich habe heute im Laufe des Tages – dasmöchte ich gerne festhalten – keine einzige Kritik mehran der Entscheidung selbst gehört.
Viertens. In Bezug darauf, was wir in den letzten dreiWochen diskutiert haben – ohne mich; aber heute mitmir –, stellt sich die Frage: War das zu spät? Hätte mandas nicht im Oktober 2011 oder im Frühjahr 2012 ent-scheiden können?
– Oder müssen. – Was wäre die Folge gewesen? Ich sageIhnen – das hat Herr Schockenhoff schon vorgetragen –:Wenn Probleme auftreten, dann versucht man, sie zu lö-sen, und bricht nicht gleich ab.
Ich sage noch eines: Es gibt nahezu kein großes Rüs-tungsprojekt ohne Probleme. Wenn wir jedes Mal beiKenntnis von Problemen aus Projekten ausgestiegenwären, hätte die Bundeswehr heute überhaupt keineAusrüstung – zumindest keine moderne.
Es kommt also – wenn man eine solche Entscheidungtrifft – nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis von Proble-men, sondern auf den Zeitpunkt der Kenntnis von unlös-baren Problemen an.
Ich komme zum nächsten Argument. Hätte eigentlicheine frühere Entscheidung die Geldausgaben verhindert?Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Auch das haben wirheute in den verschiedenen Ausschüssen erörtert. Als ichmein Amt angetreten habe, war das meiste Geld schonweg. Das heißt, es ging nicht darum, zusätzliche Geld-ausgaben zu vermeiden, sondern darum, alles dafür zutun, mit dem Geld, das ausgegeben worden war, noch et-was Vernünftiges hinzukriegen. Das bestand darin, dasAufklärungssystem, welches nicht zu Ende getestet war,in einen Stand zu bringen, dass es gegebenenfalls für einanderes Trägersystem genutzt werden kann. Ein Ab-bruch früher hätte diese Investition in der Größenord-nung von 360 Millionen Euro sinnlos gemacht. Deswe-gen war die späte Entscheidung genau richtig. Sie hatSchaden vermindert und nicht vergrößert.
Herr Abgeordneter Arnold, ich möchte Sie gerne zudem Punkt, der mich persönlich betrifft, ansprechen. IchhsgJgadndVbPDhDz–zBotuePkdwePLb–LwegoRzdoggdlewD
as schiebe ich niemandem in die Schuhe, sondern ichätte das früher so machen sollen.
as bedaure ich, und daraus werden Konsequenzen ge-ogen, Herr Oppermann.
Die Konsequenz ist die – das war eine der Konsequen-en, über die wir gesprochen haben –, dass ich mir alsundesverteidigungsminister in Zukunft periodisch,hne dass es einen Anlass gibt, über alle größere Rüs-ngsvorhaben vortragen lasse: Welche Probleme gibts? Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?Herr Arnold hat gesagt: Wir haben aber doch überrobleme geredet. – Das ist auf den ersten Blick ein star-es Argument. Haben wir nicht über den A400M gere-et? Haben wir nicht über den Eurofighter geredet? Ja,ir haben über die Rüstungsprojekte geredet, bei denens offenkundig Probleme gab. Hier hatten wir aber dasroblem – und das müssen wir lösen –: Wie werden dereitungsebene und dem Minister die Dinge vorgetragen,ei denen es scheinbar kein Problem gibt?
Herr Trittin, es ist, glaube ich, unstreitig, dass dieeitung erst am 8. Februar 2012 in Kenntnis gesetztorden ist. Das war zu spät. Deswegen brauchen wirinen Mechanismus, dass die Leitung – der Minister ein-eschlossen –, ohne dass es scheinbar Probleme gibt undhne dass es einen Anlass gibt, regelmäßig alle großenüstungsprojekte auf solche Probleme – verdeckt, ver-ögert oder verschleppt – hin prüft und dann Entschei-ungen trifft. Wir haben auch gesagt – das hat es früherffenbar gegeben –: Das soll gerne mit dem Parlamenteschehen, indem wir periodisch entsprechende Vorla-en erstellen.Herr Arnold, für mich besteht Verantwortung darin,ass ich selber einen Beitrag dazu leiste, dass aus Feh-rn gelernt wird und die Fehler in der Zukunft abgestellterden. Das ist mein Verständnis von Verantwortung.as ist übrigens hier leichter, weil es ja nicht darum
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30647
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
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geht, eine falsche Entscheidung zu einem falschen Zeit-punkt im Nachhinein irgendwie schönzureden, sondernes war so, dass es eine richtige Entscheidung zum richti-gen Zeitpunkt war, die aber auf dem falschen Wegzustande gekommen ist. Die Verfahren dafür kann manändern, was nicht ausschließt – das habe ich gesagt –,dass nach Erledigung von allerlei Prüfaufträgen, die ichaus Zeitgründen hier jetzt nicht wiederholt nennen will,gegebenenfalls personelle Konsequenzen zu ziehen sind,die ich mir vorbehalte. Sie sind zu einem Zeitpunkt zutreffen, den ich für richtig halte. Wir müssen eine Reihevon Dingen abwarten: die Fehleranalyse im Detail, dieKlärung der Rechtsansprüche und vieles andere mehr.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein bisschen in dieZukunft schauen. An die Adresse der SPD sage ich: Ichkenne den genauen Wortlaut, den Herr Steinbrück ver-wendet hat, nicht. Sie haben heute bestritten, dass er dasso gesagt hat. Ich weiß nur eines: Die Bundeswehr hatlängst Drohnen, auch kleine Drohnen, die Aufklärungs-drohne LUNA, und sie nutzt Drohnen, darunter Drohnenfür den Einsatz in mittlerer Höhe, die Heron, die wir mitbreiter Zustimmung der Sozialdemokraten geleast ha-ben.
Diese Heron schützt jeden Tag das Leben deutscher Sol-daten in Afghanistan.
Auch ein Euro Hawk würde das Leben deutscher Pilotenbei einem Einsatz, den sie gegebenenfalls auf Basis ei-nes UNO-Mandats absolvieren – einen solchen Einsatzhalten Sie für falsch, Herr Gysi –, schützen.
Das ist auch eine Aufgabe, die ich als Teil meiner Ver-antwortung sehe. Dazu gehören viele Fragen europäi-scher Art. Aber den Kopf in den Sand zu stecken und zusagen: „Deutschland braucht keine Drohnen“, ist falsch.
– Es wäre falsch, wenn er es denn gesagt hätte. Einver-standen.Es geht darum, dass wir eine seriöse, vernünftige De-batte über die ethischen, über die technischen, über dierechtlichen, über die finanziellen und über die europäi-schen Aspekte aller Drohnenarten führen. Dazu lade ichuns ein. Das verdient eine große Diskussion – vielleichtnicht heute.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Omid Nouripour für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
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ie werden an anderer Stelle gefragt:Würden Sie sich heute manchmal eine Tarnkappewünschen?ntwort:Nicht für Streiche. Aber ansonsten: Ja.h kann nur feststellen: Thomas Bockenheimer ist wie-er da.
Wir haben heute in den Ausschüssen beraten. Sie ha-en viele, viele Fehler eingeräumt – die meisten sollenndere begangen haben. Sie haben heute gesagt, dasstzt alles anders werden muss. Ich erinnere mich, dassie sich, als Sie das Amt und die sogenannte Bundes-ehrreform von Ihrem Vorgänger übernommen haben,ier hingestellt haben und verkündet haben, dass alleufenden und geplanten Projekte überprüft werden wür-en. Das haben Sie doch gemacht? Oder haben Sie esicht gemacht? Ich weiß es nicht. Das Ergebnis, das wirier heute vorliegen haben, zeugt jedenfalls davon, dassie Überprüfungen rein gar nichts gebracht haben. Des-alb ist es wahnsinnig schwierig, Ihnen zu glauben,enn Sie sagen: Jetzt werde ich alles besser machen undie Fehler wieder ausbügeln.
Sie haben völlig recht. Ihr Hauptversagen liegt darin,ass Sie bei der Bundeswehrreform die Beschaffungicht neu strukturiert haben. Sie hatten damals dieeise-Kommission, die Ihnen vorgeschlagen hat – ichitiere –:Eine nur graduelle Anpassung der bestehenden Be-schaffungsorganisation der Bundeswehr ist auf-grund der Komplexität des Veränderungsbedarfsnicht ausreichend.ie Kommission wies auch darauf hin, dass ein „radikalereränderungsansatz erforderlich“ ist. Das alles haben Sieicht gemacht. Sich zwei Jahre und viele Hunderte Mil-onen Euro später hier hinzustellen und vorzuschlagen,
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30648 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013
Omid Nouripour
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jetzt eine Taskforce – das Wort haben Sie nicht benutzt –einzurichten und eine Analyse, was eigentlich in der Struk-tur falsch ist, durchzuführen, zeigt: In den letzten zwei Jah-ren haben Sie eigentlich nur für einen Trümmerhaufen ge-sorgt. Jetzt geht es nur noch darum, dass Sie über die Wahlkommen, statt darum, die Probleme zu lösen. Das werdenwir uns nicht gefallen lassen, Herr Minister.
Sie haben in Ihrer Dresdener Rede gesagt – ich zi-tiere –:Wir brauchen wieder eine Organisationskultur, diediejenigen belohnt, die Mut beweisen und Verant-wortung übernehmen.Wem in Ihrem Hause machen Sie eigentlich Mut, wennSie sich hier hinstellen und sagen, dass es einen HaufenFehler von anderen gab, wenn Sie sich personelle Kon-sequenzen vorbehalten und dann noch einen Arbeitskreismachen wollen, weil Ihnen sonst nichts anderes einfällt?Glauben Sie, so fördern Sie Verantwortung in IhremHaus? Ich nicht.
Wir werden am Montag in der Sondersitzung desAusschusses, die jetzt notwendig geworden ist, drei Fra-gen ins Zentrum stellen, die Sie zu beantworten haben.Der Rechnungshof hat gesagt, 2009, spätestens 2011hätte das Ganze komplett neu bewertet werden müssen.Warum ist das nicht geschehen? Sie sagen, Sie seien vonniemandem informiert worden. Sie sagen, Sie seien erstim März 2012 überhaupt darüber informiert worden,dass es Probleme gibt.Damit bin ich bei der zweiten Frage. Ab März 2012wussten Sie, dass es ein Problem gibt. Zwei Monate spä-ter fand in Chicago der NATO-Gipfel statt. Sie gingendorthin und sprachen über Global Hawk, über dasNATO-Projekt AGS, bei dem sehr ähnliche Problemedrohen. Aber Sie sprachen nicht an, dass es Problemegeben kann. Noch viel gravierender ist: Am 23. Mai2012 sind Sie in die Ausschüsse gegangen, haben482 Millionen Euro für Global Hawk bewilligen lassenund mit keinem einzigen Wort gesagt, dass es ein Pro-blem gibt, durch das das Risiko besteht, dass es keineZulassung geben wird.
Herr Kollege Koppelin, das hätte er in den Ausschüs-sen machen müssen. Dafür braucht man kein Geheim-gremium und keinen Bewilligungsausschuss. Es war gut,dass der Bewilligungsausschuss abgeschafft wurde.Diese Informationen gehören in die normalen Aus-schüsse. Das ist schlichtweg nicht geschehen. Das istdas, was wir dem Minister jetzt vorwerfen.
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Herr Minister, die dritte Frage ist: Wie kommt es ei-entlich, dass es in Ihren Ausführungen eklatante Wider-prüche zum Vertragswerk gibt? Sie sagen, die Muster-ulassung sei von der Industrie vertraglich gar nichteschuldet, und Sie sagen, die Bemühungsklausel, wo-ach die Industrie für ihre Unfähigkeit nicht haftbar ge-acht werden könne, wäre darin enthalten. Das ist nichtchtig. Das steht im Widerspruch zu dem, was der Rech-ungshof festgestellt hat, und auch im Widerspruch zuem, was in den Verträgen steht.Mein Eindruck ist: Hier geht es nicht darum, dass dieenschen, die Steuern zahlen, geschützt werden. Viel-ehr arbeiten Sie so, dass der Staat der Industrie dient.ir werden alles dafür tun, dass wir von Ihnen Antwor-n auf diese Fragen bekommen. Wenn dies nicht ge-chieht, müssen wir einen Untersuchungsausschuss be-ntragen.
ann werden wir sehen, ob wir uns selbst die Antwortenrganisieren können, die wir von Ihnen nicht bekommenonnten.
Herr Kollege.
Ich komme zum Schluss.
Frau Bundeskanzlerin, Sie müssen der Öffentlichkeit
ines Tages Ihre Personalentscheidungen erklären. Ich
eine jetzt damit nicht ehemalige Bundespräsidenten;
ber diese sollte man aber auch einmal reden. Warum
ir nach Felix Krull einen Thomas Bockenheimer be-
ommen, das müssen Sie der Öffentlichkeit einmal er-
lären.
Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege
r. Hans-Peter Bartels.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Minister, viele Fragen sind heute noch offen:
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Dr. Hans-Peter Bartels
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Verheimlichung von Informationen, Kosten, Verantwor-tung, Konsequenzen. Aber eines ist heute doch schonganz klar geworden: Dieser Minister ist entzaubert.
Von großer Regierungskunst kann bei Minister deMaizière nun wirklich keine Rede sein.
Dieses angeblich so Preußische, dieses Vornehm-Hugenottische, dieses besonders Korrekte und Akkurate,
das steckt in seinen großen Reservekanzler-Interviews.Damit kokettiert er in seinem Buch. Aber dieses Preu-ßisch-Korrekte gibt es in Wirklichkeit gar nicht.
Dieser Minister kennt sein Ministerium nicht, und er willes nicht kennen. Dieser Minister kennt seine Rüstungs-projekte nicht, und er will sie nicht kennen. DieserMinister ist weder stark im Überblick über die Akten-lage, noch überblickt er den Gesamtzusammenhang.Aber im Reden über sein Büroklammerimage, über seineAkkuratesse, über Pflicht und Verantwortung, da ist erstark.Herr Minister, wie können Sie, Monate nachdem dieEuro-Hawk-Probleme Ihre Hausspitze erreichten, beider NATO für genau so ein neues Projekt werben– NATO-AGS – und eine halbe Milliarde Euro deutscherHaushaltsmittel dafür zusagen? Warum sagen Sie derNATO nichts von den Problemen?
Weil man Sie angeblich selbst nicht informiert hat? Dasist nicht akkurat, Herr Minister. Das ist fahrlässiges Vor-enthalten von Informationen.Warum legen Sie Ihren Kabinettskollegen einenSchönwetterbericht vor, in dem unter den 30 strukturbe-stimmenden Hauptwaffensystemen der Bundeswehrauch Euro Hawk und Global Hawk stehen? Am Tag die-ser Kabinettssitzung entscheidet Ihr Staatssekretär: Wirstoppen das. – Warum haben Sie das nicht selbst ge-stoppt, Herr Minister? War es nicht wichtig genug? Undwarum nicht vorher? Was heißt überhaupt „gestoppt“?Bisher ist überhaupt kein Vertrag gekündigt. Das Haus-haltsgeld fließt weiter an die Firmen, oder? Das ist nichtakkurat. Das ist Vortäuschung falscher Tatsachen. HerrMinister, Ihr preußisches Image steht heute nicht für Ge-nauigkeit und Gewissenhaftigkeit. Es steht für einen ob-rigkeitlichen Stil, den Sie pflegen, und der ist nicht gutfür die Bundeswehr.
Bei der Vorstellung Ihrer Bundeswehrreform sagtenSie wörtlich:WKuwgDsGfeaswgssSDwawSZSdDferen
as ist zum Schaden der Bundeswehr und zu Ihrem per-önlichen Schaden; denn Sie sind verantwortlich für deneist, in dem das Ministerium arbeitet. Das ist ganz of-nsichtlich kein guter Geist.
Ihre obrigkeitlich bestimmte Bundeswehrreform undll die Übergangsschmerzen, die sie macht, sind Bei-piele für schlechtes Regieren. Die Drohnenaffäre ist eineiteres Beispiel für den unguten Geist, in dem Sie re-ieren.
Sie haben gesagt, Sie behielten sich personelle Kon-equenzen vor. Was ist das für ein Satz: „Sie behaltenich vor“? Wissen Sie nicht, was Sie tun sollen? Wissenie immer noch nicht, wer was zu verantworten hat?ann, Herr Minister, sage ich Ihnen, wer dafür verant-ortlich ist, wem er im Verteidigungsministerium Ver-ntwortung überträgt, wer etwas zu entscheiden hat undie Ihr Ministerium arbeitet. Die Verantwortung tragenie, und Sie werden ihr nicht gerecht.
iehen Sie die Konsequenzen, Herr Minister, und ziehenie sie für sich selbst!Vielen Dank.
Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Rainer Erdel
as Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!as Thema Drohnen beschäftigt die Medien und die Öf-ntlichkeit seit Monaten. Da wir jetzt über Euro Hawkden, ist es um eine Facette reicher. Euro Hawk ist abericht an der gesellschaftlichen Diskussion über den wer-
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Rainer Erdel
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teorientierten Einsatz solcher Waffen gescheitert, son-dern Euro Hawk ist an anderen Dingen gescheitert. Ichbin Ihnen sehr dankbar, Herr Minister, dass Sie heuteMorgen im Ausschuss die Zusammenhänge und die Ab-läufe sehr deutlich, sehr nüchtern und sachlich darge-stellt haben.Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns als Ab-geordneten des Deutschen Bundestages obliegt die Auf-gabe, unseren Soldaten das beste, das technisch an-spruchsvollste Material für ihre Einsätze zur Verfügungzu stellen.
Deswegen war es für mich und meine Fraktion immerwichtig, vor jeder Beschaffung eine sicherheitspolitischeBegründung zu geben. Diesem Anspruch, Herr Arnold,sind auch Sie damals im Jahr 2002 nachgekommen, in-dem Sie eine Fähigkeitsanalyse durchgeführt haben.Es erstaunt mich, wenn Sie – Sie sind seit dem Jahr2002 der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion – sich heute hier an dieses Redner-pult stellen und so tun, als wüssten Sie über die Pro-bleme, die mit Euro Hawk bzw. mit der Beschaffungverbunden sind, gerade erst seit einigen Wochen und alswäre dieses Problem erst virulent geworden, seitdemThomas de Maizière als Minister Verantwortung trägt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen eines:Rüstungsprozesse sind komplex. Die entsprechendenBeschaffungen sind technisch anspruchsvoll, und sie be-ruhen auf Kooperationen von Firmen. Ich gebe Ihnensehr recht, Herr Kollege Arnold, wenn Sie in dieser Wo-che in einer militärtechnischen Zeitschrift feststellen,dass sich Deutschland zukünftig Rüstung nur noch in in-ternationalen Kooperationen leisten kann. Rüstungspro-jekte sind sehr anspruchsvoll. Deswegen haben sichdiese Projekte in den letzten Jahrzehnten nicht auf eineLegislaturperiode beschränkt, sondern waren immer le-gislaturperiodenübergreifend. Es gab immer einen Kon-sens in diesem Haus, das versucht wird, Rüstungspro-jekte über das Ende von Legislaturperioden hinwegfortzusetzen. Ich erwarte von der Opposition, dass sieauch in diesem Fall diesen Konsens mit uns sucht.Wir haben ein System entwickelt, das, wie sich zeigt,viel Geld kostet. Wir müssen jetzt feststellen: Es istschwierig, für die Plattform Euro Hawk eine flugrechtli-che Zulassung zu bekommen. – Mit der Riesensumme,die investiert wurde, wurde aber auch eine Fähigkeit ent-wickelt, die in ganz besonderer Weise dem Schutz unse-rer Soldaten dient. Ich glaube, wir sollten uns Gedankendarüber machen, wie wir das Aufklärungssystem, dasentwickelt wurde, in den Einsatz bringen können, wiewir aus dem Geld, das ausgegeben wurde, Nutzen ziehenkönnen.Da sind Äußerungen, dass Deutschland keine Droh-nen brauche, wenig hilfreich. Ganz im Gegenteil: Siezeigen sogar, dass sich maßgebliche und wichtige Politi-knEddisweriSainssrikbninmElitiFHdbwkdasureElinKngM
Ich glaube, wir sollten uns zusammensetzen und ge-einsam nach einem Weg suchen, wie wir das Systemuro Hawk mit seiner hervorragenden Fähigkeit, näm-ch dem Integrierten Signal-Intelligence-System, künf-g einsetzen können.Vielen herzlichen Dank.
Bernhard Brinkmann hat jetzt das Wort für die SPD-
raktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habeurchaus Verständnis dafür, dass bei diesem sehr sensi-len Thema von den Regierungsfraktionen versuchtird, Nebelkerzen zu werfen. Nur, diese Nebelkerzenommen letztendlich nicht auf des Pudels Kern zurück,
er sowohl heute Morgen im Verteidigungsausschuss alsuch heute Nachmittag im Haushaltsausschuss die ent-cheidende Rolle gespielt hat.Wenn spätestens seit November 2011 – das geht klarnd deutlich aus dem vorliegenden Bericht des Bundes-chnungshofes hervor – bekannt war, dass bei diesemntwicklungsvertrag nicht abschätzbare technische, zeit-che und finanzielle Risiken vorhanden sind, dann kön-en Sie alles Mögliche versuchen. Lieber Jürgenoppelin, auch der Verweis auf rot-grüne Zeiten ziehticht. Ich meine, seit 2005 hießen die Bundesverteidi-ungsminister Jung, zu Guttenberg und heute deaizière.
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Bernhard Brinkmann
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In dieser Zeit hat es Entwicklungen dergestalt gege-ben, dass man in der Führung des Hauses, aus welchenGründen auch immer, den Herrn Minister nicht infor-miert hat. Der ganz entscheidende Punkt ist: Warum hates über zwei Jahre gedauert, bevor man dann im Märzoder auch erst am 13. Mai Informationen weitergeleitethat und zumindest die Reißleine gezogen hat? Genau indieser Zeit, nämlich vom November 2011 bis zum Mai2013 – das sind 19 Monate –, haben die Prüfer des Bun-desrechnungshofes vergeblich versucht, Unterlagen zubekommen, um all das zu prüfen, was dann erst mit Mi-nisterverfügung Mitte Mai an die Prüfer des Bundes-rechnungshofes gegangen ist. Auch das macht deutlich,dass es hier, aus welchen Gründen auch immer, Informa-tionsdefizite gegeben hat.Nun gibt es einen weiteren Punkt – auch der regt zu-mindest zum Nachdenken an –: Die Haushälter und auchviele andere Kolleginnen und Kollegen wissen, dass wirim Haushaltsausschuss Vorlagen ab einer Summe von25 Millionen Euro beschließen. Im Zusammenhang mitEuro Hawk ist es von November 2009 bis einschließlichApril 2013 zu acht Änderungsverträgen gekommen, de-ren Volumen eigenartigerweise immer unter 25 Millio-nen Euro lag, sodass das Parlament nicht beteiligt wer-den musste. Auch diese Frage ist zu klären. Auch dieseFrage wird durch den Bundesrechnungshof einer ge-nauen Prüfung unterzogen; das haben wir jedenfalls vor-hin im Haushaltsausschuss so verabredet.Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass bei Rüstungs-vorhaben die Kosten aus dem Ruder laufen, ist nichtsNeues. Darum geht es auch überhaupt nicht, sondern esgeht um Folgendes: Wenn jedes Beschaffungsvorhabenauf den Prüfstand soll, wie es der Minister ausgeführthat, warum wird er 19 Monate lang nicht darüber infor-miert, dass es für diese Drohne im Rahmen des Entwick-lungsvertrages keine Zulassung geben wird? Das ist derganz entscheidende Punkt.Dafür trägt der Minister ganz alleine die volle Verant-wortung. Er hat vorhin im Haushaltsausschuss ausge-führt, dass er dafür niemand anderem die Schuld in dieSchuhe schiebt. Wenn er dafür die volle Verantwortungträgt, dann kann man das, Herr Minister, nicht damit ent-schuldigen, dass der Tag nur 24 Stunden hat. Die hat er füralle anderen auch. In der Hildesheimer Börde sagt mangelegentlich: Wenn ich Frühstück und Mittag durchar-beite, sind es 26 Stunden. – Damit jedenfalls kann mannicht entschuldigen, dass die Leitungsebene Ihres Hausesbei der Pflicht zur rechtzeitigen Information offensicht-lich mehr als versagt hat.Vielen Dank.
Florian Hahn hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-
tion.
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ondern Entwicklungsergebnisse zu einem sehr großeneil genutzt werden können. Damit meine ich vor allemas Aufklärungssystem ISIS, das ein enormes Potenzialat und seinen Dienst auch auf anderen Plattformen tunird. Es ist deswegen notwendig, die Tests für diesesystem fertigzustellen. Ein Stopp dieser Qualifizierungäre rausgeschmissenes Geld, aber dazu kommt es jaott sei Dank nicht.Es freut mich außerdem, dass Sie einen Mangel beimhema Kommunikation und Berichtswesen angemerktaben. Probleme müssen in Zukunft früher an deninister und auch an das Parlament gemeldet werden.a kann ich Ihnen nur ausdrücklich zustimmen.Das neue Beschaffungswesen, zentraler Punkt derundeswehrreform, wird außerdem dafür Sorge tragen,ass viele Probleme der Beschaffung, wie sie eben aucheim Euro Hawk entstanden sind, in Zukunft nicht mehrorkommen. Außerdem haben Sie eine ganze Reihe wei-rer wichtiger Maßnahmen angekündigt. Dazu gehörenie Notwendigkeit eines gemeinsamen europäischen Zu-ssungswesens, die Verbesserung des Berichtswesens Haus und eine regelmäßige Information des Parla-ents.Meine Damen und Herren, unbemanntes Fliegen istukunftstechnologie. Der Einsatz unbemannter Luft-hrzeuge hat viele Vorteile für unsere Soldatinnen undoldaten. Wie wichtig Drohnen im Einsatz sind, zeigenie Erfahrungen, die wir in Afghanistan täglich machen.ort werden verschiedene Modelle von LUNA bis
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Florian Hahn
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Heron eingesetzt. Sie dienen der Aufklärung bei denEinsätzen, können drohende Gefahren frühzeitig erken-nen und schützen somit die Truppe im Einsatz.Ich finde es deswegen unverantwortlich, wenn einigevon Ihnen versuchen, durch eine Dämonisierung des Be-griffs „Drohne“ politisches Kapital zu schlagen.
Ich sage Ihnen eines: Das werden Ihnen die Wähler imHerbst nicht abnehmen.Ich finde es wirklich bezeichnend, dass der Kanzler-kandidat der SPD aktuell im Stern fordert, dass sich mitBlick auf den Euro Hawk die Regierung fragen sollte– ich zitiere –:Gegen wen oder was sollen sich die Drohnen rich-ten, wozu brauchen wir sie, wo würden wir sie dennauf wessen Befehl einsetzen?Ja hat sich denn die Regierung diese Frage etwa nichtgestellt, als 2007 der Vertrag zum Euro Hawk geschlos-sen wurde? Wer war eigentlich damals Finanzministerund hat das Geld dafür bereitgestellt? Richtig: Es warderselbe, der jetzt Kanzlerkandidat ist und feststellt, dasser sich damals keine Gedanken gemacht hat.Vielen Dank.
Der Kollege Ernst-Reinhard Beck hat jetzt das Wort
für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnenund Kollegen! Ich muss mich schon ein bisschen wun-dern, wenn sonst vernünftige und sachkundige Kollegenwie der Kollege Bartels, aber auch der KollegeBrinkmann hier eine Schärfe in die Diskussion bringen,die ich gar nicht nachvollziehen kann. Ich meine, mitpersönlichen Attacken und persönlichen Angriffen wirdman dieser wichtigen Frage im Grunde nicht gerecht.
Herr Brinkmann, Sie sagen, bei jedem Rüstungspro-zess gebe es Überziehungen, zweifach, dreifach, vier-fach, wie übrigens bei Großprojekten auch. Und Sie sa-gen, darum gehe es nicht. Nein, genau darum geht es.
Und genau deshalb hat der Minister die Notbremse gezo-gen und deshalb auch verantwortungsvoll gehandelt. ImGrunde sollten Sie ihn dafür loben und nicht tadeln.
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Mit Ausnahme der Fragen, die Sie heute gestellt ha-en, die aber längst beantwortet worden sind. Vielleichtden wir am Montag darüber.
Herr Kollege Nouripour, ich will Sie ja nicht weiter är-ern. Aber ich möchte Ihnen sagen: Wir haben über-aupt keine Angst vor einem Untersuchungsausschuss;enn wir haben nichts zu verbergen. Im Prinzip würdenie damit ja auch nur zeigen, dass Sie im Grunde keinunitionspulver mehr haben.
Richtig.Lassen Sie mich aber vielleicht noch ein paar Dingelarstellen; denn ich habe die Mixtur der letzten Wochenr unerträglich gehalten. Man hat Begriffe wie Killer-rohnen und Aufklärungsdrohnen bis hin zum G 35, 36 und G 3 in einem großen Topf gemischt und so ge-n, als ginge es hier um die Anschaffung von Killer-rohnen. Herr Kollege Gysi, auch Sie haben eben diesenindruck erweckt. Die Bundeswehr hat Drohnen zurufklärung. Sie braucht diese Drohnen auch, um die Si-herheit der Soldaten zu gewährleisten.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich bin nicht auf Ihrer Seite.h bin auch der Auffassung, dass wir bewaffnete Droh-en brauchen, ganz im Gegensatz zu unserem verehrtenxfinanzminister Peer Steinbrück, der den Vertrag unter-chrieben hat, durch den der Euro Hawk überhaupt erstöglich geworden ist.Nun muss ich doch die Kollegen fragen: Kann esenn sein, dass sich der Kanzlerkandidat der SPD hierinstellt und sagt: „Deutschland braucht keine Droh-en“?
h darf ihn einfach mal zitieren:Hinter … dem Euro-Hawk verschwinden die ei-gentlich wirklichen Fragen: „Gegen wen oder wassollen sich die Drohnen richten, wozu brauchen wirsie, wo würden wir sie denn auf wessen Befehl ein-setzen?“
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30653
Ernst-Reinhard Beck
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Die Kollegen Verteidigungspolitiker der SPD würdenihm das wahrscheinlich gerne mal erklären. Wenn esnicht reicht, würde ich auch noch mithelfen. Wir setzensie täglich ein zum Schutz unserer Soldaten; auch daraufist hingewiesen worden. Sie leisten einen wichtigenDienst.
Deutschland ist ein Hochtechnologieland, und als sol-ches täten wir gut daran, uns nicht abzukoppeln von Ent-wicklungen, die anderswo bereits längst im Gange sind.
– Das ist auch richtig, und das wir tun auch nicht, son-dern wir setzen es sinnvoll ein, lieber KollegeNouripour.Aber – und damit komme ich zum Schluss – jedesDing hat etwas Gutes, aus dem man lernt. Das ProjektEuro Hawk ist ein Kind von Rot-Grün.
Die Ideen, die damals leitend und richtig waren, sindauch heute nicht überholt. Es wäre für uns ein guter Rat,wenn wir zusammen versuchen würden, die Lücke, diewir bei der Fähigkeit der Drohnen, bei der Aufklärungund damit bei der Nachrichtenversorgung und der Si-cherheitsvorsorge für unser Land haben, gemeinsam zuschließen.Der Minister hat, wie ich meine, zielführende Vor-schläge gemacht, wie ein solches Aus-dem-Ruder-Lau-fen in Zukunft nicht mehr möglich sein könnte. Wir ha-ben ein weiteres großes, transatlantisches Projekt:MEADS. Bereits hier könnten die neuen Verfahrens-regeln ihre Feuertaufe erleben und mit Ihrer Hilfe dazubeitragen, dass wir in diesem Technologiebereich füh-rend bleiben.Herzlichen Dank.
Henning Otte hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundes-verteidigungsminister Thomas de Maizière hat Wort ge-halten. Er hat dem Verteidigungsausschuss und demHaushaltsausschuss heute umfassend Bericht erstattet.Die Vorwürfe der Opposition sind entkräftet worden.Fragen sind nicht offen geblieben. Er hat vor allem scho-nungslos die Fehler im System und im Vorgang selbstangesprochen. Das ist der richtige Weg: geradlinig,trhEDRüdggshbuMsZvdsddnWEmsledripbHwnBasKeueriVHmd
Die Abläufe in den politischen Prozessen werden ver-essert, genauso wie die Interaktion zwischen Parlamentnd Ministerium. Der Bundesrechnungshof hat deminister recht gegeben und bestätigt, die richtige Ent-cheidung getroffen zu haben, und zwar zum richtigeneitpunkt. Eine frühere Entscheidung hätte einen Total-erlust der Investition bedeuten können. Die Entschei-ung des Ministers kam nicht zu spät. Sie hat, wenn manie betriebswirtschaftlich betrachtet, auch etwas Gutes;enn so können wir das System weiter nutzen. Nur weilie betriebswirtschaftliche Bewertung gut ist, ist sieoch lange nicht falsch. Das war richtig, das war gut.enn Baustellen auftreten, müssen sie zu einem gutennde gebracht werden. Wohin würden wir denn kom-en, wenn bei jedem Problem sofort nach einem Bau-topp gerufen würde? Dann hätten wir so viele Baustel-n wie zur Regierungszeit von Rot-Grün.Die richtigen Schlussfolgerungen sind gezogen wor-en. Es gibt eindeutige Indizien dafür, dass die Neuaus-chtung der Bundeswehr auch für den Beschaffungs-rozess richtig und notwendig ist. Es ist zudem zuegrüßen, dass das CPM-Verfahren im Lichte der Euro-awk-Beschaffung erneut unter die Lupe genommenird. Vor allem soll es eine klare Regelung und Koordi-ierung bei den Zulassungsverfahren geben. Herrrinkmann, ich darf darauf hinweisen, dass Sie 2004,lso während Ihrer Regierungszeit, die Zulassungsan-prüche reduziert haben. Sie haben aus Mussregelungenann- und Sollregelungen gemacht. Das war nicht dasrste Mal, dass Sie starke Kriterien aufgeweicht haben.
Der Minister lässt sich als politische Spitze nun altend neue Rüstungsvorhaben genau vorlegen, und zwarinschließlich der Darstellung der Probleme und derchtigen Lösungsansätze.
or allem werden der Verteidigungsausschuss und deraushaltsausschuss periodisch unterrichtet. Meine Da-en und Herren von Rot-Grün, Sie waren es, die 1998en Bewilligungsausschuss – vielleicht lagen dem zen-
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Henning Otte
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tralistische Überlegungen zugrunde – geschlossen ha-ben. Nun ist der richtige Weg vom Minister eingeschla-gen worden: Das Parlament wird zur richtigen Zeitunterrichtet.Nachhaltige und richtige Rückschlüsse sind gezogenworden. Aufgrund der Fehlentwicklung beim Euro Hawkhat der Minister die Beendigung entschieden. Dies eröff-net eine Chance zur Verbesserung der Prozesse, eineChance zur Verbesserung der Kommunikationslinie undeine Chance, die Parlamente und vor allem die Aus-schüsse noch intensiver einzubeziehen. Vor allem eröff-net dies die Chance, die Fähigkeit zum Schutz unsererSoldaten zu erhalten; wir erachten sie für notwendig. Diesdient einer noch besseren Verteidigungs- und Sicherheits-politik zum Schutze unseres Landes.
Klaus-Peter Willsch hat das Wort für die CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen! Wir erlebeneine Aktuelle Stunde zu einem Thema, das die Zeitun-gen und die Rundfunk- und Fernsehsender in den letztenTagen gefüllt hat. Es handelt sich hier um ein üblichesparlamentarisches Ritual; so könnte man es bezeichnen.
Die Opposition will wegen eines vermeintlichen Fehlerseinen Minister abschießen. Die Regierungsfraktionenbringen Entsatz und stellen sich vor den Minister. Soweit, so normal; so weit, so gut.Im Haushaltsausschuss haben wir bezüglich der Lan-desverteidigung die Situation, dass wir uns – mit Aus-nahme der Linken – miteinander bemühen, ein breitesEinvernehmen herzustellen, weil wir wissen, dass unsereSoldaten bei der Frage, wie wir mit der Bundeswehr um-gehen, auf uns schauen. Was ich der Opposition vor-werfe, ist, dass mit einer hohen Geschwindigkeit und ei-ner völligen Beliebigkeit unterschiedliche Beträge, diemit dem Vorgang überhaupt nichts zu tun haben, in dieWelt gesetzt wurden, nur um zu verunsichern und dieLeute durcheinanderzubringen. Unsere Soldaten habenes aber nicht verdient, dass so mit ihnen umgegangenwird.
Ich trage die Solidaritätsschleife für die Kameradenund grüße sie bei dieser Gelegenheit herzlich in den Ein-sätzen und Heimatstandorten.
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nd dass wir die Aufgabe sehr ernst nehmen, ihnen denestmöglichen Schutz im Einsatz zukommen zu lassen.Wie war die Lage? Ich will das einmal nüchtern dar-tellen. Es gab das Vorgängersystem, die Breguet Atlan-c, ein Flugzeug, das nicht mehr tauglich war und des-alb nicht mehr eingesetzt werden konnte. Wirrauchten daher eine neue Fähigkeit zur Aufklärung iner Tiefe des Raumes. Seinerzeit ist über die Fraktions-renzen hinweg beschlossen worden, das neue Systemu entwickeln und einen Träger zu bauen, der zeitgemäßt.Dass Ihr Kanzlerkandidat davon nicht viel versteht,at er in Interviews nachhaltig zum Ausdruck gebracht.enn man sich aber von einer begründeten und rationa-n Haltung, die man bis dahin eingenommen hat, verab-chieden und ein politisches Spiel mit Rücktrittsforde-ngen und allem Drum und Dran treiben will, dannollte man die Bataillone vorher sortieren und ordentlichufstellen. Schauen Sie sich an, wie viele noch in Ihreneihen sitzen. Der Kanzlerkandidat wusste, warum ericht kommt. Ihr Fraktionsvorsitzender hat 20 Minutenng peinlich berührt in der letzten Reihe gesessen, undann ist er, nicht unter Absingen schmutziger Lieder,ber doch peinlich berührt, von dannen gezogen, weil eremerkt hat, dass das Pulver nass ist und ein Fehlangriffrfolgt ist. Man muss schon ein bisschen an die Aufstel-ng der eigenen Truppen denken, wenn man zur Revo-tion bläst.
Wir als Bundesverteidigungsministerium haben einenntwicklungsauftrag vergeben. Entwicklungsauftrageißt, dass man ein System zusammen mit der Industrientwickelt, weil es auf dem Markt nicht zu kaufen ist.enn man schon ein solches System kaufen könnte,ann brauchte man keinen Entwicklungsauftrag zu ver-eben und hätte nicht das Risiko, dass bei der Entwick-ng etwas schiefgehen kann. Es liegt im Wesen vonorschung und Entwicklung, dass sie glücken kann odericht.
ier haben wir erlebt, dass das Projekt nicht geglückt ist.Dann kommt es darauf an, dass man richtig damit um-eht, und genau das hat der Minister heute sowohl imaushaltsausschuss als auch, wie ich höre, im Verteidi-ungsausschuss nachdrücklich gezeigt.
s ist zu überprüfen, wann der richtige Zeitpunkt zumusstieg ist. Ich glaube, das ist richtig gemacht worden,sbesondere angesichts der Tatsache, dass ein Großteiler zur Verfügung stehenden Mittel bereits ausgezahlt
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 242. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 5. Juni 2013 30655
Klaus-Peter Willsch
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oder gebunden war und man für das ausgezahlte Geldeine möglichst große Gegenleistung haben wollte. Wirhaben das Aufklärungssystem, und wir müssen uns jetztüber den Träger neue Gedanken machen. Auch dieFrage, was wir mit dem alten Träger machen, haben wirgestellt, und auch diese wird uns noch beantwortet wer-den.
Wir haben zum Zweiten das Thema Regress auf demTisch. Ist all das gemacht worden, was geschuldet war,oder gibt es eine Differenz? Auch das wird geprüft wer-den. Wir als Parlament haben vor allen Dingen die Ver-pflichtung, dafür zu sorgen, dass die Kameraden, wennwir sie in einen Einsatz schicken, mit bestmöglicherAufklärung dorthin gehen, damit sie geschont werden,damit sie ihren Auftrag erfüllen können und damit wirkeine unnötigen Opfer erleiden. Das ist in diesem Zu-sammenhang unsere Hauptaufgabe.
Ich komme zum Schluss. Als letzter Redner in dieserDebatte will ich eine Bilanz ziehen. Ich muss sagen: DieOpposition bemüht sich im Rahmen ihrer Möglichkei-ten. Der Minister räumt ab und zeigt, dass er rückhaltlosaufgeklärt hat und offene Fragen noch beantworten wird.Der Aufstand ist abgesagt. Die ermüdeten Kämpfer zie-hen ergebnislos von der Barrikade.Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.
Damit beende ich die Aktuelle Stunde.
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 6. Juni 2013,
9 Uhr, ein.
Genießen Sie den Abend und die gewonnenen Ein-
sichten. Die Sitzung ist geschlossen.