Gesamtes Protokol
Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sieherzlich. Ich teile Ihnen mit, dass interfraktionell verein-bart worden ist, die Unterrichtung durch die Bundes-regierung auf der Drucksache 17/12611 mit dem Titel„Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi-scher Leistungsfähigkeit Deutschlands 2013“ feder-führend dem Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung sowie zur Mitberatung demAusschuss für Wirtschaft und Technologie, dem Aus-schuss für Gesundheit und dem Ausschuss für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit zu überweisen. Ein-wände? – Keine. Dann haben wir das so beschlossen.Dann können wir nun zu Tagesordnungspunkt 1 kom-men:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Verordnung über die Kom-pensation von Eingriffen in Natur und Landschaft
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Unter der sogenannten Bundeskompensationsverord-nung kann sich sicher jeder sofort etwas vorstellen.
Das, was an Interpretationsspielräumen verbleibt, wirdmöglicherweise Bestandteil der Befragung der Bundes-regierung sein. Bevor diese stattfindet, bitte ich den zu-ständigen Bundesminister für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit um einen kurzen einleitenden Bericht.Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf derheutigen Tagesordnung des Kabinetts wurden dreiPunkte aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesminis-ters für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit be-handelt: zum Ersten der Entwurf des Endlagersuchgeset-zes, den wir in der nächsten Sitzungswoche mit denFraktionen gemeinsam parallel einbringen und dannauch diskutieren werden; zum Zweiten der erste Rechen-schaftsbericht zur Nationalen Strategie zur biologischenVielfalt und zum Dritten die Bundeskompensationsver-ordnung, über die ich Sie jetzt unterrichten möchte.Diese Kompensationsverordnung ist heute vom Bun-deskabinett beschlossen worden. Sie wurde gemeinsamvon mir und dem Bundesverkehrsminister und der Bun-deslandwirtschaftsministerin vorgelegt. Sie war in mei-nem Zehn-Punkte-Programm vom August letzten Jahresenthalten. Es ist kein Zufall, dass wir uns im Kontext derEnergiewende und des Endlagersuchgesetzes besondersintensiv mit diesen Fragen beschäftigen; denn die Ener-giewende stellt gerade auch den Naturschutz vor beson-dere Herausforderungen.Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien undder Energienetze ist ohne die Inanspruchnahme vonGrundflächen und die damit verbundenen Eingriffe inNatur und Landschaft nicht zu bewerkstelligen. Das giltfür die Errichtung von Windkraftanlagen. Das gilt aberebenso und insbesondere auch für Energiefreileitungen,wie sie im Netzentwicklungsplan geregelt sind. Dieskann sich nicht nur nachteilig auf Tiere und Landschafts-bild auswirken; durch den weiteren Ausbau wird auchder Druck auf land- und forstwirtschaftlich genutzte Flä-chen erhöht, und zwar sowohl durch das Vorhabenselbst, das diese Flächen in Anspruch nimmt, wie auchdurch die erforderliche Kompensation, die dann vorzu-nehmen ist.Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ist keinInstrument zur Verhinderung von Vorhaben. Sie verlangtaber, die mit ihnen einhergehenden Beeinträchtigungenvon Natur und Landschaft möglichst zu vermeiden, je-denfalls aber auszugleichen oder zu ersetzen. Deshalbkann sie einen wichtigen Beitrag zur naturverträglichenGestaltung der Energiewende leisten. Das ist bisher nurin sehr unzureichendem Maße der Fall, weil wir in16 verschiedenen Bundesländern 16 unterschiedlicheHerangehensweisen beim Vollzug haben. Das hat so-wohl für den Naturschutz wie auch für die Vorhabensträ-ger, deren Planer und die zuständigen Behörden eineFülle von Problemen zur Folge. Deshalb haben wir unsbereits vor Monaten gemeinsam darauf verständigt, in
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Bundesminister Peter Altmaier
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Gesprächen mit den Ländern und den übrigen Ministe-rien sowie den beteiligten Verbänden nach einer gemein-samen bundesweiten Regelung zu suchen. Das wird imÜbrigen nachvollziehbar, wenn Sie an die großen Hoch-geschwindigkeitsenergiefreileitungen denken, die vonder Nordsee länderübergreifend bis in die Verbrauchs-zentren im Süden Deutschlands führen sollen. Es wärehochproblematisch, wenn man für den Bau einer einzi-gen Leitung vier, fünf oder sechs unterschiedliche Ein-griffsregelungen anwenden müsste.Die Verordnung soll dazu beitragen, dass der Vollzugder Eingriffsregelungen effektiver wird: effektiver imSinne transparenter und beschleunigter Verfahren, aberauch effektiver im Sinne einer qualitativ besseren Kom-pensation. Unser Ziel ist es, dass wir sowohl für das Ge-lingen der Energiewende als auch für den Erhalt land-wirtschaftlicher Flächen und für den Naturschutz amEnde einen Mehrwert generieren und dass es auf keinerSeite Verlierer, sondern auf allen Seiten Gewinner gibt.Deshalb werden wir die Anforderungen an Vermeidungund Kompensation von Eingriffen erstmals bundesein-heitlich konkretisieren und standardisieren. Hierzu wer-den bundesweite Vorgaben eingeführt, unter anderem zueinem Biotopwertverfahren, auf dessen Grundlage in derRegel Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes kompen-siert werden, sowie zur Bemessung der Ersatzzahlungen,die insbesondere für real nicht kompensierbare Beein-trächtigungen des Landschaftsbildes erhoben werden.Welche Beeinträchtigungen sind damit gemeint? Damitsind insbesondere Turm- und Mastbauten gemeint, die indie Höhe gehen. Sie führen zu einer vertikalen Beein-trächtigung des Landschaftsbildes. Man kann sie in derRegel nicht real kompensieren, es sei denn, es gibt in derNachbarschaft einen anderen Mast oder einen anderenTurm, den man abbauen kann; aber das ist in vielen Fäl-len nicht der Fall, vor allen Dingen dann nicht, wennLeitungsmasten und Windräder errichtet werden.Die Verordnung soll darüber hinaus zur Verringerungder Inanspruchnahme von land- und forstwirtschaftlichgenutzten Flächen beitragen. Dazu werden Anreize füreine möglichst hochwertige und damit flächensparendeAufwertung von Natur und Landschaft gesetzt. Es wirdein Bonus für die Kompensation durch Entsiegelung undWiedervernetzung von Lebensräumen eingesetzt. Um eskonkret zu formulieren: Es kann Fälle geben, in denen esSinn macht, nicht die 150. Streuobstwiese herzustellen,sondern bereits bestehende Flächen so aufzuwerten, dasssie dann auch unter dem Gesichtspunkt des Naturschut-zes eine höhere Bedeutung haben. Das gilt insbesonderefür Rückbau und Entsiegelung. Es gilt für die Renaturie-rung von Bachläufen, aber auch für die Wiedervernet-zung von Lebensräumen.Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundes-rates. Deshalb haben wir die Länder im Vorfeld in dieBesprechungen mit eingebunden. Ich weiß, dass dieLänder jahrzehntelange Erfahrungen mit dem Vollzugder Eingriffsregelungen haben. Deshalb war es wichtig,sie einzubeziehen. Ich hoffe aber, dass die Länder aucherkennen, dass es jetzt die Chance zu einer stärkerenVereinheitlichung des Vollzuges gibt. Insofern hoffe ich,dass wir diese Verordnung noch vor der Sommerpauseendgültig, also auch mit Zustimmung des Bundesrates,verabschieden können. Sie wird eine Übergangsfrist fürdas Inkrafttreten vorsehen, damit sich alle Beteiligtendarauf einstellen können.Vielen Dank.
Die erste Nachfrage hat der Kollege Miersch.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister
Altmaier, Sie haben dargelegt, dass das Ziel eine bundes-
einheitliche Regelung ist. Ich war damals Berichterstat-
ter in der Großen Koalition, als wir diesen Dreiklang ge-
rettet haben. Ich weiß noch, wie die Länder darum
gekämpft haben. Nun hat das bayerische Kabinett letzten
Mittwoch eine bayerische Kompensationsverordnung
verabschiedet; eine Woche vor dem Bundeskabinett.
Wie beurteilen Sie diesen Sachverhalt vor dem Hinter-
grund, dass Sie eine bundeseinheitliche Regelung errei-
chen wollen?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Ich war ganz zu Beginn meiner Amtszeit auf dem
Deutschen Bauerntag in Fürstenfeldbruck und habe dort
gemeinsam mit dem in Bayern für Landwirtschaft zu-
ständigen Kollegen zu den versammelten Landwirten
gesprochen. Wir waren uns damals beide darüber im
Klaren, dass wir eine entsprechende Verordnung brau-
chen. Es gab dann einen edlen Wettstreit, bei dem es so-
zusagen darum ging, wer zuerst mit seinen Arbeiten fer-
tig ist.
Ich bin überzeugt, dass es aus Sicht aller Bundeslän-
der, auch aus Sicht Bayerns, Sinn machen wird, eine
bundeseinheitliche Regelung einzuführen, weil die Vor-
teile auf der Hand liegen: Für Investoren, Landwirte und
Naturschutzverbände ist es dann wesentlich einfacher,
die Folgen von Maßnahmen abzuschätzen und zu Ergeb-
nissen zu kommen. Deshalb vertraue ich darauf, dass un-
ser, mit guten Argumenten unterfütterter Vorschlag am
Ende Unterstützung findet.
Kollege Süßmair.
Herr Minister Altmaier, wie berücksichtigt die Bun-desregierung Forderungen von Naturverbänden, aberauch zum Beispiel vom Bundesverband WindEnergie,dass ein multifunktionaler Ausgleich vor Ort, der aus na-turfachlicher Sicht und auch aus Gründen der Akzeptanzvor Ort sehr sinnvoll ist, weiterhin möglich sein soll?Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Ja, das wird mit dieser Verordnung, wenn ich dasrichtig sehe, auch weiterhin möglich sein.
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Bundesminister Peter Altmaier
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Ich kenne jetzt nicht die konkreten Forderungen, aufdie Sie sich beziehen, aber Multifunktionalität heißt indiesem Fall ja, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmendurchgeführt werden, die jeweils auf die Kompensationmehrerer beeinträchtigter Funktionen des Naturhaushal-tes und des Landschaftsbildes gerichtet sind und zu-gleich weitere Anforderungen, unter anderem desGebiets- und Artenschutzes, abdecken, um die Inan-spruchnahme von Flächen so gering wie möglich zu hal-ten. Das verstehe ich unter Multifunktionalität, und dasist auch ausdrücklich in der vorliegenden Verordnungenthalten.
Frau Kurth, bitte.
Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, vor
meiner Frage möchte ich ausdrücklich betonen, dass wir
es nicht nur mit Blick auf die Energiewende, sondern ge-
nerell sehr gut und sehr richtig finden, dass es endlich
eine bundeseinheitliche Regelung geben soll, um Aus-
gleich und Kompensation zu regeln. Das war bisher un-
ter den einzelnen Ländern immer sehr schwierig.
Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer bun-
deseinheitlichen Regelung möchte ich Sie gern fragen
– wir kennen den Entwurf ja noch nicht im Detail, son-
dern nur das, was bisher allgemein diskutiert worden ist;
wenn wir aber richtig informiert sind, sieht die Verord-
nung Abweichungsregelungen zum Beispiel in der Be-
wertung von Biotopen vor: man kann drei Punkte nach
oben und drei Punkte nach unten bewerten –: Wird nicht
die Einheitlichkeit gefährdet, wenn jedes Land doch
wieder erhebliche Abweichungsmöglichkeiten hat? In-
wieweit sieht das Verfahren auch quasi Öffnungsklau-
seln vor bis hin zu unbestimmten Rechtsbegriffen? Wenn
ich richtig informiert bin, dann gibt es unter anderem For-
mulierungen wie: Anforderungen in angemessenem Um-
fang anerkennen. Das ist, wie Sie wissen, hinlänglich all-
gemein. Trägt das Ihrer Meinung nach wirklich zur
Vereinheitlichung bei?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Wir mussten eine schwierige Balance finden zwi-
schen dem Wunsch, eine möglichst einheitliche, bundes-
weite Regelung zu bekommen, und der Notwendigkeit,
auf spezifische Situationen und Probleme vor Ort Rück-
sicht nehmen zu können. Das haben wir dadurch gelöst,
dass wir gesagt haben: Der Kernbereich der Verordnung
ist abweichungsfest und für alle Länder verbindlich.
Dann gibt es immer die von Ihnen zitierten Möglichkei-
ten, mit deren Hilfe man vor Ort in den einzelnen Län-
dern zu etwas abweichenden Regelungen im Detail
kommen kann. Das halte ich auch für richtig. Schon das
BGB hat mit unbestimmten Rechtsbegriffen operiert.
Diese haben seit über 100 Jahren Bestand, und man hat
damit nicht die schlechtesten Erfahrungen gemacht, weil
sie immer wieder an die praktischen Anforderungen an-
gepasst wurden.
Ich gehe allerdings davon aus, dass wir im Laufe der
Anwendung durch die Bundesländer zu einer noch stär-
keren Gleichförmigkeit kommen werden, weil sich gute
und gelingende Lösungen herumsprechen und dann auch
durchsetzen werden. Wir werden also nach meiner An-
sicht insgesamt eine wesentlich stärkere Einheitlichkeit
haben, als es bis jetzt der Fall ist.
Kollege Kelber.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister
Altmaier, erwartet die Bundesregierung, dass man sich
mit dieser Verordnung die Möglichkeit erkauft, dass in
Zukunft für die Erledigung staatlicher Pflichtaufgaben
im Bereich Naturschutz – ich denke an Natura 2000 und
die EU-Wasserrahmenrichtlinie – Ersatzgelder für Na-
turzerstörungen eingesetzt werden? Wird mit dieser Ver-
ordnung nicht quasi ein Ablasshandel eingeführt?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Nein, das wird nicht passieren. Es hat auch in der Ver-
gangenheit die Möglichkeit gegeben, Ersatzgelder zu
zahlen; die wurden auch entsprechend verwendet. Im
Augenblick werden zur Umsetzung der Energiewende
weitere Flächen in erheblichem Umfang benötigt. Wir
erwarten, dass allein in diesem Jahr der Flächenver-
brauch für den Ausbau der Windkraftanlagen an Land
um 50 Prozent steigen wird. Das wird auch im nächsten
Jahr aller Voraussicht nach in ähnlicher Größenordnung
der Fall sein. Wir werden in den nächsten Jahren mit
dem Ausbau der Leitungen beginnen. In dem Maße, wie
Ersatzgelder gezahlt werden, wird Geld für Naturschutz-
belange zur Verfügung stehen. Das ist aber kein Ablass-
handel. Das führt vielmehr dazu, dass vorhandene Flä-
chen qualitativ aufgewertet werden.
Im Übrigen ist es auch möglich, dass neue Flächen
hinzukommen. Das ist bewusst nicht ausgeschlossen.
Wir geben durch die Vergabe von Bonuspunkten nur ei-
nen Anreiz, die Wiedervernetzung von Lebensräumen,
die Renaturierung oder die Entsiegelung von Flächen
voranzutreiben. Ich halte das für ein sehr nachvollzieh-
bares Anliegen, gerade auch unter dem Gesichtspunkt
des Naturschutzes.
Eine knappe Nachfrage.
Erwarten Sie, dass die bisher zur Verfügung stehen-den steuerlichen Mittel für Naturschutzmaßnahmen er-halten bleiben und durch die Ersatzzahlungen zusätzli-che Mittel bereitgestellt werden?Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Das hoffe und wünsche ich sehr.
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Frau Behm.
Vielen Dank. – In der Vergangenheit ist es immer
wieder vorgekommen, dass Kompensationsmaßnahmen
nach wenigen Jahren andere Kompensationsmaßnahmen
überlagert haben. Das heißt, nach wenigen Jahren wurde
wieder die gleiche Fläche in Anspruch genommen, und
die zuvor auf dieser Fläche durchgeführte Kompensa-
tionsmaßnahme war damit quasi obsolet. Jetzt nehme ich
wahr, dass in der Bundeskompensationsverordnung die
dingliche Sicherung von Kompensationsmaßnahmen
nicht generell festgelegt werden soll. Ich hätte gerne ge-
wusst, welches Ressort das aus welchem Grund einge-
bracht hat und welche Konsequenzen das Ihrer Meinung
nach für den Naturschutz hat.
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Können Sie die Frage konkretisieren?
Die Konkretisierung lautet: Warum gibt es keine ge-
nerelle dingliche Sicherung von Kompensationsmaßnah-
men? So besteht doch die Gefahr, dass bei einem nächs-
ten Planvorhaben wieder die gleiche Fläche für eine
Kompensationsmaßnahme genutzt wird.
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Es ist doch so, dass Sie das ganz schwer statisch fest-
schreiben und dinglich sichern können, weil Sie nicht
wissen, welche Anforderungen etwa durch den Ausbau
von erneubaren Energien oder den Bau von Leitungen
entstehen. Entscheidend ist deshalb, dass wir insgesamt
im Bereich des Naturschutzes vorankommen und den
Flächenverbrauch insgesamt reduzieren. Das liegt so-
wohl im Interesse der Landwirtschaft wie im Interesse
des Naturschutzes.
Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass wir im Ka-
binett über den Rechenschaftsbericht zur Nationalen
Strategie zur biologischen Vielfalt gesprochen haben. Zu
den Bereichen, in denen wir positive Entwicklungen zu
verzeichnen haben, gehört die Flächeninanspruchnahme.
Hier kommt es zu einer Reduzierung des Flächenver-
brauchs. Diese Reduzierung ist noch nicht so umfang-
reich, wie wir uns das wünschen; aber wir kommen in
dem Bereich voran. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir
dank der Zuwächse beim Ersatzgeld – nach den Planun-
gen der Bundesländer ist eine Vielzahl von Maßnahmen
im Bereich der erneuerbaren Energien zu erwarten – ins-
gesamt beim Naturschutz vorankommen. Ich bin mir
nicht sicher, ob eine generelle – und damit über die ge-
setzliche Anforderung einer rechtlichen Sicherung hi-
nausgehende – dingliche Sicherung im Einzelfall tat-
sächlich zu guten und verträglichen Ergebnissen führt.
Kollege Goldmann.
Schönen Dank, Herr Präsident. – Da ich aus einer Re-gion komme, in der im Bereich regenerative Energienvieles auf dem Weg ist, befinde ich mich angesichts die-ser neuen Verordnung an der Grenze des Entsetzens. Ichbin besorgt – ich möchte Sie gerne fragen, ob Sie dieseSorge teilen –, weil eigentlich alles, was wir im Momentmachen – Planung von 380-kV-Leitungen, nachgeord-nete Netze, Windmühlen –, im Grunde genommen überFlächen ausgeglichen wird.Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viel Flächevon den Bauern für den Ausbau der regenerativen Ener-gieträger insgesamt zur Verfügung gestellt werdenmuss? Oder haben Sie eine Vorstellung davon – dieseVerordnung hat ja fast Gesetzescharakter –, wie vielGeld hier fließen wird? Und ist es richtig, dass diesesGeld überwiegend an das Umweltbundesamt geht, dasdann in Eigenregie darüber verfügt, wofür entspre-chende Mittel zur Verfügung gestellt werden?Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Herr Kollege Goldmann, da wir Koalitionspartnersind, teile ich wahrscheinlich viele Auffassungen mit Ih-nen, auch all diejenigen, die im Koalitionsvertrag festge-legt sind; aber Ihr Entsetzen teile ich nicht. Ich habenämlich immer wieder festgestellt, dass so mancher Flä-chenverbrauch auf gemeinsame Wünsche – auch aus Ih-rer Fraktion – zurückzuführen ist. Denken Sie nur an dieFreiflächenregelung für Photovoltaik, die wir vor einigerZeit gemeinsam beschlossen haben.Viele Landwirte befinden sich in folgender Situation:Zum einen nehmen sie verantwortungsvoll und gerne dieFunktion von Energiewirten wahr und leisten damit ei-nen Beitrag zum Gelingen der Energiewende; das führtallerdings zu Flächenverbrauch. Zum anderen wollen siefür die verbrauchte Fläche dann aber nicht noch weitereFlächen stilllegen, sodass der Anteil der landwirtschaft-lich nutzbaren Flächen noch weiter eingeschränktwürde.Ich kann Ihnen gerne Berechnungen – die gibt es beiden zuständigen Referaten meines Hauses mit Sicherheit –zur Verfügung stellen, wie groß der dadurch verursachteFlächenverbrauch ist. Unser Ziel ist es, mit der Kompen-sationsverordnung einen Weg vorzugeben, der es ermög-licht, die sich notwendigerweise aus der Energiewende,die wir gemeinsam wollen, ergebenden Folgen zu einemvernünftigen Ausgleich zu bringen. Windräder werdennun einmal meistens auf land- oder forstwirtschaftlichgenutzten Flächen gebaut, weil sie sich in der Großstadtnicht ganz ohne Störungen integrieren lassen. Deshalbhaben wir sie auf den weiten Flächen in Niedersachsen,Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, aber nun auchzunehmend in Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Wir haben deshalb gesagt, dass ein Wegzu einem vernünftigen Ausgleich darin besteht, dassdort, wo die Naturschutzverbände es wollen, vorhandeneFlächen aufgewertet werden können und damit ein wich-tiger Beitrag zur qualitativen Verbesserung des Natur-schutzes geleistet werden kann.
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Die Gelder werden von den Ländern – nicht vom Um-weltbundesamt, das keine Mittel aus dem Ersatzgeld er-hält – unterschiedlichen Empfängern zur Verfügung ge-stellt, und wir werden dafür sorgen, dass sie angemessenverwendet werden.
Kollege Krischer, bitte.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich
möchte an eine Frage anknüpfen, welche die Kollegin
Behm eben gestellt hat. Als Vorsitzender eines Land-
schaftsbeirates habe ich in der Praxis über viele Jahre die
Erfahrung gemacht, dass nach einigen Jahren häufig
nicht mehr bekannt ist, welche Flächen für Kompensa-
tionsmaßnahmen ausgewiesen worden sind, und diese
dann anderweitig in Anspruch genommen werden oder
gar ganz verschwinden. Wie stellt die Verordnung sicher,
dass Kompensationsmaßnahmen dauerhaft erhalten blei-
ben und dokumentiert werden? Welche konkreten Ver-
besserungen bringt diese Verordnung, um jenen Miss-
stand zu beenden?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Da kann ich Sie beruhigen. Ich habe zwar vorhin ge-
sagt, dass ich im Hinblick auf eine dingliche Sicherung
sehr zurückhaltend bin. Aber es wird ein Kompensa-
tionskataster geben, in dem man wird nachsehen können,
welche Flächen zu Kompensationszwecken verwendet
worden sind. Das ist ein großer Beitrag zu mehr Trans-
parenz bei den Kompensationsmaßnahmen und ein gro-
ßer Fortschritt im Vergleich zum Status quo.
Kollege Miersch.
Vielen Dank. – Herr Minister, ohne dass ich den Ver-
ordnungstext im Einzelnen kenne, bin ich ein wenig
hellhörig geworden, als Sie den Begriff „Rückbauten“
verwendet haben. Vielleicht zur Beruhigung des Kolle-
gen Goldmann: Ich befürchte, dass sich die Agrarlobby
bei dieser Kompensationsverordnung durchgesetzt hat.
Insofern lautet meine Frage: Schließen Sie aus, dass
ein Landwirt mit den Ersatzgeldzahlungen, die er für
Flächen, die er in Anspruch genommen hat, dann bei-
spielsweise einen ohnehin notwendigen Stallrückbau im
Außenbereich finanziert?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Es ist so, dass wir lange über diese Fragen gesprochen
haben. Es gab aus der Landwirtschaft den Wunsch, dass
man bestimmte Kompensationsmaßnahmen gesetzlich
festschreibt und privilegiert. Das konnten wir aus grund-
sätzlichen rechtlichen und verfassungsrechtlichen Er-
wägungen nicht tun. Deshalb haben wir bestimmte An-
reize gegeben, indem wir Bonuspunkte ausweisen. Wir
haben diese Dinge im Übrigen im Gespräch mit Natur-
schutzverbänden entwickelt. Die Idee der Entsiegelung
beispielsweise ist mir von der Naturlandstiftung Saar na-
hegebracht worden, die bundesweit vorbildliche Maß-
nahmen auf diesem Gebiet durchgeführt hat.
Sie haben Ställe im Außenbereich angesprochen, die
zurückgebaut werden sollen. Ich muss Ihnen diese Frage
schriftlich beantworten. Im Übrigen sähe ich es aber im
Einzelfall nicht als ein Problem an, wenn auf diese
Weise wertvolles Land entsiegelt und dadurch der Natur-
schutzwert erhöht würde.
Kollegin Kotting-Uhl.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich
habe eine Frage zur stattgefundenen Partizipation, von
der wir ja wissen – das wird immer öfter deutlich –, dass
sie für die Akzeptanz von Gesetzesvorhaben unabding-
bar ist. Ich frage Sie jetzt nicht, ob Sie bei der Erstellung
des Entwurfs der Verordnung Verbände einbezogen ha-
ben; denn davon gehe ich selbstverständlich aus.
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
So ist es auch.
Ja. – Mich würde jetzt interessieren, in welcher Phase
der Erarbeitung dies stattgefunden hat und auch hinsicht-
lich welcher Regelungsinhalte. Ich will mich da ganz
besonders auf die Antwort beziehen, die Sie Herrn
Goldmann gegeben haben. In dieser haben Sie von Flä-
chenberechnungen gesprochen. Sind auch da die Um-
weltverbände einbezogen worden?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Ich kann Ihnen noch einmal den Ablauf der Entste-
hung darlegen. Ich habe im August 2012 angekündigt,
dass ich gerne eine solche Verordnung erstellen möchte.
Wir haben dann im September 2012 einen Referenten-
entwurf vorgelegt. Über diesen ist auch in den Fachkrei-
sen schon intensiv diskutiert worden. Es gab dann eine
erste Ressortabstimmung, und im November, Dezember
2012 haben wir die offizielle Länder- und Verbändebe-
teiligung durchgeführt. Danach haben wir den Entwurf
überarbeitet und ihn dann weiter mit den Ressorts unter
Beteiligung der Länder abgestimmt.
Frau Kollegin Kurth.
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Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):Herr Minister, mir geht es noch einmal sehr stark da-rum, dass die Kompensationsverordnung Vorteile fürden Vollzug des Naturschutzes bringen soll, der ja sehrstark unter Druck gerät, und dass wir klare und handhab-bare Regelungen haben wollen. In § 2 des Entwurfs derVerordnung, in dem es um die allgemeinen Anforderun-gen an die Kompensation geht, wird ja – jedenfalls so-weit ich es kenne – unter anderem erwähnt, dass auchFlächen für die Kompensation genutzt oder angerechnetwerden können, die aus Naturschutzmaßnahmen rekru-tieren. Wie wird im Verordnungsentwurf sichergestellt,dass es sich dabei um zusätzliche Flächen handelt undnicht um Flächen, die ohnedies schon in einem Vorhabengewertet worden sind bzw. einem Vorhaben zugerechnetwerden? Wie wird sichergestellt, dass wirklich nur zu-sätzlich anerkannte Maßnahmen eingerechnet werdenkönnen?Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage richtig verstandenhabe. Wir wollen schon zulassen, dass vorhandene Flä-chen weiter aufgewertet werden.Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):Nein, das meinte ich nicht. Es ist klar, dass Flächenaufgewertet werden sollen. Mir geht es darum, dass abernicht Flächen angerechnet werden, die bereits in Maß-nahmen verplant sind, also dass nicht für die Kompen-sation angerechnet werden kann, was eigentlich schoneiner anderen Maßnahme zugeschlagen ist.Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Gut. Aus meiner Sicht ist klar, dass das nicht gesche-hen soll. Das muss im örtlichen Vollzug sichergestelltwerden.Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN):Meine Frage war, wie das im Entwurf geregelt ist.Denn der örtliche Vollzug ist ja die Schwierigkeit, mitder wir heute zu kämpfen haben.Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Ja.
Die Kollegin Behm hat noch einmal um das Wort ge-
beten.
Wunderbar. – Wir haben ja miterlebt, dass die Fronten
zwischen dem Umweltministerium und dem Agrar-
ministerium sehr umkämpft waren und dass diese Frage
strittig war. Durch die Flächenfraßkampagne des Deut-
schen Bauernverbandes, die wir vor allen Dingen im
vergangenen Jahr erlebt haben, wurde ja der Eindruck
erweckt, die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flä-
chen sei vor allen Dingen durch Ausgleichsmaßnahmen
bedingt. Das stimmt aber nicht; denn dafür wird nur ein
Bruchteil der landwirtschaftlichen Flächen in Anspruch
genommen. Sehr viel größer ist das Problem der Über-
bauung durch Verkehr, Siedlungen usw.
In diesem Zusammenhang würde ich gerne wissen:
Ist es tatsächlich zutreffend, dass wir eine bundeseinheit-
liche Kompensationsverordnung bekommen werden, in
der geregelt ist, dass, wenn agrarstrukturelle Belange be-
troffen sind – was auch immer das heißt; das ist im länd-
lichen Raum ein weites Feld –, die regionalen Forst-
oder Landwirtschaftsbehörden hinzugezogen werden,
um zu entscheiden, ob die entsprechenden Flächen in
Anspruch genommen werden können? Ich bin sehr be-
sorgt, wenn das so ist, weil – –
Ja. Wir führen jetzt aber keine Debatte, sondern sind
bei der Befragung der Bundesregierung.
Ja, gut; okay.Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Es ist in der Tat so, dass die agrarstrukturellen Be-lange berücksichtigt werden. Das heißt, zu einer Inan-spruchnahme besonders geeigneter Böden für die Land-wirtschaft wird es nur dann kommen, wenn zunächstgeprüft wurde, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durchMaßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzungvon Lebensräumen usw. oder durch Bewirtschaftungs-oder Pflegemaßnahmen erbracht werden kann. Als fürdie landwirtschaftliche Nutzung besonders geeigneteBöden sind diejenigen Böden anzusehen, die, bezogenauf den jeweiligen Landkreis oder die jeweilige kreis-freie Stadt, eine besonders hohe Nutzbarkeit aufweisen.Die Bewertung der Nutzbarkeit erfolgt nach dem Krite-rium der Bodenfruchtbarkeit nach dem Bodenschät-zungsgesetz; das ist ein relativ objektives Kriterium.In die Bewertung sollen weitere Kriterien wie dieGröße und der Zuschnitt der Flächen, ihre äußere und in-nere Erschließung sowie weitere natürliche Ertragsbe-dingungen einbezogen werden, wenn hierfür ein behörd-liches Konzept vorliegt. Soweit agrarstrukturelleBelange betroffen sein können, beteiligt die zuständigeBehörde im Zulassungsverfahren die zuständigen Land-wirtschafts- und Forstbehörden; das ist der Punkt, aufden Sie abgehoben haben.Wir kommen bei all diesen Punkten natürlich immerwieder in eine schwierige Situation, weil es einerseits
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29587
Bundesminister Peter Altmaier
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ein nachvollziehbares Interesse der Landwirtschaft ist,dass sie ihre besonders geeigneten Böden weiterhinlandwirtschaftlich nutzen möchte, und weil es anderer-seits ein nachvollziehbares Interesse des Naturschutzesist, zu verhindern, dass die Inanspruchnahme bestimmterFlächen generell dazu führt, dass immer weniger natürli-che Lebensräume zur Verfügung stehen. Dieses Problemmuss man in der Praxis zu lösen versuchen. Wir haben esfür richtig angesehen, die agrarstrukturellen Belange indiesem Umfang zu berücksichtigen. Wir glauben, dassman darüber gemeinsam mit den Naturschutzverbändendiskutieren und sich darauf einigen kann.
Jetzt hat der Kollege Krischer und danach noch ein-
mal Frau Kurth das Wort. Ich glaube, nach diesen mir
vorliegenden Wortmeldungen können wir diesen Teil der
Befragung abschließen.
Herr Minister, es sind des Öfteren Fragen zum Voll-
zug und zur praktischen Umsetzung vor Ort aufgetaucht.
Da drängt sich mir die Frage auf: Hat man das, was Sie
vorschlagen, einem Praxistest unterzogen, das Ganze
also in einer bestimmten Region – wie auch immer – un-
ter praktischen Bedingungen überprüft, und, wenn ja,
mit welchen Ergebnissen?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Ja, es sind Fallbeispiele durchgerechnet worden, und
wir haben über dieses Thema auch mit den Ländern ge-
sprochen. Wir sind überzeugt, dass wir eine ausgespro-
chen praxistaugliche Regelung getroffen haben. Wir
haben allerdings auch eine Art Sicherheitsnetz aufge-
spannt. Es besteht darin, dass es, wenn die Verordnung
in Kraft tritt, noch eine Übergangszeit gibt, in der optiert
werden kann, in der man sich also entscheiden kann, ob
man die bisherige oder die neue Regelung in Anspruch
nimmt. Ich bin überzeugt, dass nach sehr kurzer Zeit die
allermeisten für die neue Regelung optieren werden,
weil sie sich im Vergleich zu der noch bestehenden Re-
gelung in vielen Fällen als besser erweisen wird.
Frau Kurth.
Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Herr Minister, bislang ist es grundsätzlich so, dass bei
allen Eingriffen in die Natur der Ausgleich vor dem Er-
satz stehen soll, um die Funktion des Naturhaushalts
erhalten zu können. Diese Rangfolge ist quasi eine
Grundvoraussetzung für naturschutzfachlich korrektes
Handeln.
Nach der jetzigen Regelung ist ein funktionsbezoge-
ner Ausgleich – der Ausgleich, der erfolgen muss, wenn
die Funktion des Naturhaushalts durch eine Maßnahme
erheblich gestört wird – nur noch bei besonderer
Schwere des Eingriffs vorgesehen. Stimmen Sie mir zu,
dass der Vorrang von Ausgleich vor Ersatz gefährdet
würde, wenn dieser Grundsatz gesetzlich auf den Be-
reich der besonderen Schwere eingegrenzt wird?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Nein, diese Auffassung teile ich nicht. Wir werden
weiterhin in vielen Fällen einen Naturalausgleich haben.
Es wird Fälle geben, wo ein Ausgleich schwer oder
gar nicht möglich ist, weil es sich vor allen Dingen um
vertikale Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes han-
delt – ich habe ja gesagt: bei Windrädern und Mastbau-
ten –; in diesen Fällen ist davon auszugehen, dass es in
Zukunft in verstärktem Maße zur Zahlung eines Ersatz-
geldes kommen wird.
Ansonsten bin ich nicht Ihrer Auffassung, dass es sich
um eine Umkehrung der bisherigen Systematik handelt.
Vielen Dank.
Ich schließe damit diesen Teil der Befragung ab.
Zu anderen Fragen der heutigen Kabinettssitzung hat
die Kollegin Enkelmann um das Wort gebeten.
Kollege Altmaier, am Wochenende wurde bekannt,dass die Verhandlungen über die sogenannte Strompreis-bremse gescheitert sind. Gleichzeitig gab es Informatio-nen – unter anderem aus der Welt –, wonach der Stromnoch einmal drastisch teurer werden soll, unter anderemdurch Anhebung der Ökosteuerumlage.Jetzt ist die Frage: Was tut die Bundesregierung, umdiesen drastischen Preisanstieg zu verhindern? Bitteschieben Sie den Schwarzen Peter Altmaier nicht auf dieLänder, sondern sagen Sie uns: Was tut die Bundesregie-rung?Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Vielen Dank. – Ich muss das zunächst einmal korri-gieren: Es geht nicht um die Ökosteuerumlage, es gehtum die EEG-Umlage. Diese Umlage wird jedes Jahr am15. Oktober neu berechnet und dann für das Folgejahrfestgesetzt. Sie ist in den letzten Jahren stärker gestie-gen, als alle es für zuträglich und vertretbar gehalten hät-ten.Ich habe am 28. Januar darauf hingewiesen, dass esfür den Herbst dieses Jahres ein erhebliches Steigerungs-risiko gibt. Zum ersten Mal weist der zuständige Minis-ter Monate im Voraus auf ein solches Problem hin. Ichmöchte, dass man darüber diskutiert, solange Lösungengefunden werden können.Ich habe dann auch Vorschläge vorgelegt, wie mandie EEG-Umlage für die Verbraucherinnen und Verbrau-cher stabil halten und damit den Strompreisanstieg be-grenzen kann. Über diese Vorschläge haben wir in einerBund-Länder-Arbeitsgruppe mit den zuständigen Um-
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29588 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Bundesminister Peter Altmaier
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welt-, Energie- und Wirtschaftsministern in insgesamtfünf Sitzungen diskutiert. Wir haben dort zu meinemgroßen Bedauern feststellen müssen, dass die Bundes-länder in ihrer Gesamtheit nicht bereit sind, die notwen-digen Maßnahmen mitzutragen und damit sicherzustel-len, dass ein solches Gesetz auch eine Mehrheit imBundesrat findet.Als zuständiger Minister werde ich die Entwicklungweiterhin sehr genau im Auge behalten. Ich bin über-zeugt, dass in dem Maße, in dem sich das Preisrisiko inden nächsten Wochen und Monaten konkretisiert, auchder Handlungsdruck auf alle Beteiligten steigen wird.Ich darf nur darauf hinweisen, dass eine der entschei-denden Zahlen für die Höhe der EEG-Umlage der jewei-lige Börsenstrompreis ist: Je höher der Börsenstrom-preis, desto niedriger die EEG-Umlage; je niedriger derBörsenstrompreis, desto höher die EEG-Umlage. Als dieEEG-Umlage im letzten Jahr festgesetzt wurde, hattendie Netzbetreiber die Erwartung, dass der durchschnittli-che Börsenstrompreis 2013 bei 5,1 Cent die Kilowatt-stunde liegen würde. Als ich im Januar gewarnt habeund meine Vorschläge vorgelegt habe, lag der durch-schnittliche Börsenstrompreis bei 4,5 Cent. Er liegt in-zwischen zeitweise unter 4 Cent. Das heißt, wir habenhier eine Entwicklung, die keinen Anlass zur Entwar-nung gibt. Deshalb hoffe ich, dass alle Beteiligten ihrerVerantwortung gerecht werden und noch zu einer Lö-sung kommen.
Kollege Miersch.
Meine Frage geht auch an Sie, Herr Minister
Altmaier.
Sie haben das Thema Gesetzentwurf zur Endlager-
suche angesprochen, das heute im Kabinett behandelt
wurde. Wir konnten lesen, dass Sie vor oder nach einem
Geheimtreffen stehen. Meine Frage insoweit: Wann le-
gen Sie Ihre Konzeption für eine Zwischenlagerung jen-
seits von Gorleben vor?
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Es ist so: Wir haben zunächst einmal im politischen
Bereich, das heißt, mit den Bundestagsfraktionen von
CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen und unter Beteiligung
aller 16 Bundesländer, eineinhalb Jahre lang über einen
Endlagerkonsens gesprochen. Diese Gespräche haben in
Ihrer Gegenwart und mit Ihrer konstruktiven Mitwir-
kung vor etwa zwei Wochen zu einem Ergebnis geführt.
Auf dieser Grundlage haben wir heute im Kabinett
den Gesetzentwurf beschlossen. Wir werden ihn gemein-
sam mit den Fraktionen einbringen und dieses Verfahren
in den Ausschüssen gemeinsam gestalten und tragen.
Ein Teil dieses Konsenses besteht darin, dass noch
ausstehende Transporte von Behältern mit hochradio-
aktiven Abfällen, die aus dem Ausland zurück nach
Deutschland gebracht werden, woher sie auch stammen,
nicht mehr in das Zwischenlager Gorleben, sondern in
andere Zwischenlager gehen sollen.
Im Augenblick gibt es zwei Gesprächsebenen. Auf
der einen Ebene führe ich Gespräche mit den Bundeslän-
dern, auf deren Territorium sich solche Zwischenlager
befinden. Insgesamt gibt es 15 davon. Einige davon sind
in besonderer Weise geeignet, weil man bei ihnen den
Transportweg minimieren kann. Dazu gibt es von einzel-
nen Bundesländern auch bereits öffentliche Erklärungen.
Heute Morgen wurde im Landtag von Schleswig-Hol-
stein eine Regierungserklärung zu diesem Thema abge-
geben, von der ich hoffe, dass sie inzwischen zu einem
positiven Votum geführt hat oder führen wird.
Daneben habe ich heute Mittag nach der Kabinettsent-
scheidung ein erstes Gespräch mit den Betreibern der
Kraftwerke und denen, die diesen Müll entsorgen müssen,
geführt. Es war für mich ganz wichtig, dass wir uns – Re-
gierung, Opposition und Bundesländer – zunächst poli-
tisch einigen und dann erst mit den Betreibern über die
Frage sprechen, wie diese Einigung umzusetzen sein wird.
Wir haben uns bei der Frage, ob wir zu einem ge-
meinsamen Ergebnis kommen, darauf verständigt, zu-
nächst einmal die rechtlichen, technischen und finanziel-
len Probleme in Gesprächen auf Expertenebene
aufzulisten. Diese Gespräche werden wir in den nächs-
ten Wochen führen. Das wird dadurch erleichtert wer-
den, dass wir dann auch von den betroffenen Bundeslän-
dern wissen, ob sie bereit sind, solche Behälter
aufzunehmen. Dann kann man die Diskussion auf dieje-
nigen Standorte verengen, die in Betracht kommen.
Ich habe die große Hoffnung, dass es uns gelingen
kann, bis zur endgültigen Verabschiedung des Standort-
auswahlgesetzes durch Bundestag und Bundesrat Klar-
heit in der Frage der Zwischenlagerung zu schaffen.
Frau Vogt.
Herr Minister, die grün-rote Landesregierung in Ba-den-Württemberg hat ja einen erheblichen Anteil daran,dass dieser Konsens zustande kommen konnte. Leiderhaben wir vonseiten der Union in Baden-Württembergschon heftige Gegenwehr erfahren, und zwar vom Land-tagsfraktionsvorsitzenden, Herrn Hauk, aber auch vomLandesvorsitzenden, Herrn Strobl, der ja auch Kollegehier im Bundestag ist. Deshalb möchte ich Sie fragen, obSie diesbezüglich auch mit Ihren Parteikollegen aus Ba-den-Württemberg im Gespräch sind und wie Sie insge-samt den Meinungsbildungsprozess in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beurteilen. Denn mir ist aufgefallen,dass von anderen Parteien durchaus sehr hochrangigeVertreter bei den Gesprächen waren, während von derUnion die zwar sehr geschätzten, aber doch vielleichtnicht mit maximalem Einfluss ausgestatteten Berichter-statterinnen und Berichterstatter vertreten waren.Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Frau Kollegin Vogt, erstens war die Union bei den ab-schließenden Gesprächen mit Maria Flachsbarth vertre-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29589
Bundesminister Peter Altmaier
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ten. Das ist eine sehr hochrangige und kompetente Ver-tretung. Die Kollegin Flachsbarth hat, so wie derKollege Miersch auch, konstruktiv daran mitgewirkt,dass wir eine Lösung gefunden haben. Zweitens will ichdarauf hinweisen, dass die Union unter anderem durchden Bundesumweltminister und durch mehrere Minister-präsidenten und Landesminister vertreten war, sodasswir, glaube ich, adäquat an den Gesprächen teilgenom-men haben.Zum ersten Teil Ihrer Frage: Ich habe mich in demknappen Jahr meiner bisherigen Amtszeit sehr dafür ein-gesetzt, in einem fairen Verfahren eine parteiübergrei-fende Lösung für die Endlagersuche zu finden. Das istuns gelungen. Ich wünsche mir, dass diese Lösung nichtnur im Bundestag und im Bundesrat, sondern auch aufder Ebene der Länder von den jeweiligen Landtagenbreit getragen wird. Das gilt ausdrücklich auch für dieFrage der Bestimmung der Zwischenlager, die die weni-gen zurückzunehmenden Behälter aufnehmen werden,die nach Inkrafttreten des Endlagersuchgesetzes nochtransportiert werden müssen.Insofern wünsche ich mir auch, dass die politisch Ver-antwortlichen in diesen Bundesländern auf die Opposi-tion zugehen, so wie ich in meiner Eigenschaft als Bun-desumweltminister auf die Opposition zugegangen bin,und dass man dann versucht, zu gemeinsamen Lösungenzu kommen, die auf Landesebene und auch auf Bundes-ebene gemeinsam getragen werden. Ich werde jedenfallsnicht müde, für einen solchen Konsens zu werben, auchdeshalb, weil ich weiß, dass die Endlagersuche für unsalle noch schwer genug werden wird.Bisher war es so, dass es für viele darum ging, ein be-stimmtes Endlager eher nicht zu bauen. Jetzt müssen wirein Endlager finden. Das ist ein Prozess, der uns langebeschäftigen wird.
Hoffentlich länger als die verfügbare Redezeit, Herr
Minister.
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Im Übrigen wird der Bundestag gefordert sein, auf je-
der Verfahrensstufe eine gesetzliche Entscheidung zu
treffen. Deshalb haben wir alle ein Interesse daran, dass
dies im Konsens geschieht.
Vielen Dank. – Gibt es unabhängig von der heutigen
Kabinettssitzung weitere Fragen an die Bundesregie-
rung? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Be-
fragung der Bundesregierung.
Ich rufe unseren Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksache 17/13171 –
Ich werde die Geschäftsbereiche in der Ihnen mitge-
teilten Reihenfolge der Ministerien aufrufen.
Wir bleiben zunächst im Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit. Die Kollegin Katherina Reiche steht zur Be-
antwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 1 der Kollegin Dorothea
Steiner auf:
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung da-
raus, dass im Land Niedersachsen und in der Freien Hanse-
stadt Bremen Laserdruckgeräte in Polizei- und Justizbehörden
gegen emissionsärmere Geräte auf Tintenstrahlbasis ausge-
tauscht werden, und daraus, dass seitens der Hersteller bis
heute kein Blauer Engel nach dem neuen, ergänzten Prüfver-
fahren – Grenzwert der RAL-UZ 171 – beantragt wurde?
Ka
Herr Präsident! Frau Kollegin, ich beantworte Ihre
Frage wie folgt: Die Bundesregierung begrüßt es grund-
sätzlich, wenn technisch veraltete Arbeitsplatzdrucker
gegen Drucker mit geringeren Ultrafeinstaubemissionen
und höherer Energieeffizienz ausgetauscht werden. Die
neue Grundlage zur Vergabe des Blauen Engels für
Bürogeräte mit Druckfunktion RAL-UZ 171 gilt seit
1. Januar 2013. Ein Hersteller hat bereits einen Antrag
für einen Laserdrucker nach der neuen RAL-Vergabe-
grundlage gestellt. Weitere Hersteller haben ihre Absicht
bekundet, Anträge für Laserdrucker zu stellen. Die Prü-
fung ist aber noch nicht abgeschlossen.
Während einer Übergangszeit bis Ende 2013 werden
zudem noch Bürogeräte mit Druckfunktion erhältlich
sein, die noch der alten Vergabegrundlage RAL-UZ 122,
Ausgabe 2011, entsprechen. Diese Geräte mit dem
Blauen Engel erfüllen zwar nur die Anforderungen aus
dem Jahr 2011, sind aber emissionsärmer und energie-
effizienter als die, die ein solches Umweltzeichen nicht
tragen.
Untersuchungen der BAM, der Bundesanstalt für
Materialforschung und -prüfung, und des Fraunhofer-
Instituts für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut
zeigen, dass Laserdrucker im UFP-Bereich sehr unter-
schiedliche Mengen an Aerosolen emittieren. Der neue
Prüfwert zur Erlangung des Blauen Engels wurde des-
halb so festgelegt, dass nur die besonders emissionsar-
men Drucker die Kriterien der RAL-UZ 171 erfüllen.
Nur diese Drucker können als beste Produkte ihrer Pro-
duktgruppe zukünftig den Blauen Engel erhalten. Das
lässt aber nicht den Umkehrschluss zu, dass nun von an-
deren Druckern Gesundheitsgefahren ausgingen.
Nachfrage? – Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Ich möchte dieFrage der toxischen Auswirkungen und der Risiken nochetwas vertiefen.In Anbetracht der Tatsache, dass jeder Laserdruckerein buntes Potpourri von anorganischen und organischenNanopartikeln ausstößt – ich las irgendwo die Zahl von
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29590 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Dorothea Steiner
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mehr als 1 Milliarde Nanopartikeln pro Seite – und mirnicht bekannt ist, dass wir die damit verbundenen Risi-ken bisher bewertet haben, frage ich Sie: Welche belast-baren Erkenntnisse hat die Bundesregierung über dieAuswirkungen dieser Nanopartikel auf den menschli-chen Körper, insbesondere auf Lunge und Blutkreislauf?Ka
Frau Kollegin, ich darf Sie dahin gehend korrigieren,
dass wir tatsächlich Erkenntnisse haben, weil die Be-
fürchtungen, die im Raum stehen, ja tatsächlich schon alt
sind. Mit der Diskussion, die im Umfeld einer ganz be-
stimmten Gruppe, nano-Control, immer wieder vorange-
trieben wird, gerade im Bereich der öffentlichen Verwal-
tung, haben wir uns selbstverständlich beschäftigt.
Ich hatte eben in der Beantwortung der Frage nur kurz
erwähnt – ich kann es jetzt gern ausführlicher machen –,
dass sowohl die BAM, die Bundesanstalt für Material-
forschung und -prüfung, als auch das Fraunhofer-Institut
Wilhelm-Klauditz-Institut diesen Sachverhalt mehrfach
und umfassend überprüft haben. Sie sind dem nach-
gegangen, und die Erkenntnis nach mehrfachen, auch
intensiven Prüfungen verschiedener Drucker war, dass
Laserdrucker bei normalem Druckbetrieb in Innenräu-
men und im Vergleich zu anderen Quellen kaum bzw.
gar nicht zur UFP-Belastung in den Räumen beitragen.
Die Studien kann ich Ihnen gerne zukommen lassen.
Aber es wurde hinreichend untersucht.
Weitere Zusatzfrage.
Ja. – Ich glaube, da sind wir unterschiedlicher Auffas-
sung, was eine hinreichende Untersuchung und eine be-
lastbare Studie ist. Das scheint mir in diesem Fall nicht
zuzutreffen, insbesondere wenn man bedenkt, dass – was
ja der Anlass meiner Fragestellung war – das Bundes-
land Niedersachsen und die Freie Hansestadt Bremen
diese Laserdrucker aus gesundheitlichen Gründen be-
reits aus dem Verkehr gezogen haben, und zwar umge-
hend. Daher frage ich Sie: Sieht die Bundesregierung
nicht doch die Notwendigkeit, eine Risikobewertung der
toxischen Auswirkungen von Laserdruckern auf den
Weg zu bringen, um anschließend auch weitergehende
Handlungsoptionen entwickeln zu können?
Ka
Frau Kollegin Steiner, unsere Information ist die, dass
in Niedersachsen deshalb die Drucker ausgetauscht wur-
den, weil sie schlichtweg zu alt waren
und man irgendwann einmal auch im öffentlichen Be-
reich neue braucht.
Zu Bremen ist Folgendes zu sagen: Die Bremer
Landesbehörde selbst hat das Bremer Umweltinstitut
eingeschaltet, das danach im Auftrag des Bremer Justiz-
ministeriums wegen möglicher Häufung der Krankheits-
fälle eine intensive Untersuchung durchgeführt hat. Die
Ergebnisse, die dann aus Bremen kamen, besagten, dass
es keinen Zusammenhang zwischen Krankheitsfällen
und dem Drucker gegeben hat. Wie gesagt, das Bundes-
amt für Materialforschung und -prüfung und das schon
genannte Fraunhofer-Institut sind mit der Sache befasst,
und zwar nicht nur irgendwie, Frau Kollegin. Es wurde
sehr wohl über die Mengen und die chemische Zusam-
mensetzung der emittierten Partikel geforscht, und es
wurde geprüft, welche emittierten Feinstpartikel wirk-
lich aus dem Tonermaterial stammen. Die Prüfungen
waren also umfangreich, und insofern kann ich die Be-
fürchtungen dieses einen und sehr kleinen Vereins, der
immer wieder Ängste zu schüren versucht, nicht bestäti-
gen.
Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Behm auf:
Mit welchen Ergebnissen ist das Forschungs- und Ent-
wicklungsvorhaben „Schutz von Buchenwäldern in einem
100 Hektar großen Buchenwaldgebiete in Deutschland geht,
abgeschlossen worden, und wann ist die Veröffentlichung des
Endberichts, der bereits 2011 vorliegen sollte, vorgesehen?
Ka
Frau Kollegin Behm, der Abschlussbericht zu dem
Vorhaben „Schutz von Buchenwäldern in einem System
von Prozessschutzgebieten“ liegt im Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vor, und
die Ergebnisse sowie die Form der sich dann anschlie-
ßenden Veröffentlichung des Forschungsberichts werden
zurzeit geprüft.
Bitte schön, Zusatzfrage.
Vielen Dank. – Sie werden also geprüft. Es wäre ja in-teressant, zu wissen, welche Ergebnisse da tatsächlichvorliegen, auch im Zusammenhang mit der Untersu-chung von Herrn Professor Spellmann zu den schondauerhaft aus der Nutzung genommenen Waldflächen inDeutschland. Diese Untersuchung findet jetzt geradestatt und wird hoffentlich demnächst veröffentlicht wer-den. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Bio-diversitätsstrategie der Bundesregierung ist das ja durch-aus eine interessante Fragestellung. Deswegen frage ichSie: Werden Ergebnisse dazu noch vor Abschluss dieserLegislaturperiode vorgelegt werden, oder ist der Ein-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29591
Cornelia Behm
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druck richtig, dass das auf die Zeit nach der Bundestags-wahl verschoben werden soll?Ka
Darum geht es nicht. Es waren zwei Forschungsvor-
haben notwendig. Bei dem einen Forschungsvorhaben,
das durch das BfN durchgeführt wurde, wurden Buchen-
wälder über 100 Hektar aufgelistet und kartiert. Gleich-
wohl war auch immer eine enge Zusammenarbeit mit
den Landesforstverwaltungen notwendig. Sie wissen,
dass wir nicht nur Bundeswälder haben, sondern auch
Landeswälder und Wälder im Kommunalbestand. Die
Zusammenarbeit mit den Ländern ist so – ich formuliere
es einmal allgemein –, dass diese zwar von uns eine
Veröffentlichung der Zahlen fordern, sich aber bei der
Veröffentlichung eigener Daten nicht immer sehr freigie-
big zeigen, sodass sich die Zusammenführung der Daten
schwierig gestaltet hat.
Jetzt haben wir einen weiteren Forschungsbericht ge-
macht. In dem zweiten Bericht wird sehr viel Wert auf
eine klare Bilanzierung aller dauerhaft aus der Nutzung
genommenen Waldflächen gelegt. Die Bilanzierungskri-
terien werden derzeit abgestimmt, um am Ende zu einer
wirklich fundierten Studie zu kommen, an deren Ergeb-
nis nicht gezweifelt werden kann und die keine Missin-
terpretationen zulässt. Deswegen zieht sich der Vorgang
noch ein bisschen hin.
„Noch ein bisschen“ sagt nicht, ob wir das Ergebnis
noch in dieser Legislaturperiode zu sehen bekommen. –
Aber damit, dass die Länder nicht liefern, haben wir
schon unsere Erfahrungen gemacht. Bayern ist da in die
Kritik geraten. Können Sie mir sagen, welche Länder
nicht geliefert haben? Es wäre vielleicht an den Politike-
rinnen und Politikern, Druck auszuüben, damit diese
Zahlen endlich zur Verfügung gestellt werden.
Ka
Ich will jetzt nicht der Versuchung erliegen, rot-grün
regierte, grün-rot regierte oder andersfarbig regierte
Länder zu nennen. Nehmen Sie bitte unsere Erfahrung
so hin, und reden Sie, jeder dort, wo er reden kann. Dass
es mit der Auskunftsfreudigkeit der Länder allgemein
nicht weit her ist, ist ein Grund dafür, dass sich der
Prozess so lang hingezogen hat. Das nur auf Bayern zu
reduzieren, wäre falsch. Auch andere Länder haben ge-
zögert. Ich kann die Namen gerne später zusammenstel-
len. Ob das allerdings hilft, den Prozess zu beschleuni-
gen, weiß ich nicht; denn wir wollen ja gemeinsam
vorankommen.
Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Vogt auf:
Wie bewertet die Bundesregierung das Eckpunktepapier
der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz,
LAI, wonach Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten
in Gebieten möglich sein sollen, für die nachgewiesen ist,
dass eine Grenzwerteinhaltung nur mit unverhältnismäßigen
Maßnahmen zu erreichen ist, und wird sie diese Eckpunkte
zur Grundlage der deutschen Position in den anstehenden Ver-
handlungen zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie auf
EU-Ebene machen?
Ka
Frau Kollegin Vogt, die Europäische Kommission hat
beschlossen, ihre Luftreinhaltepolitik und so auch die
Luftqualitätsrichtlinie umfassend zu revidieren. Nach
aktuellen Vorstellungen der Kommission sollen zunächst
die thematische Strategie zur Luftreinhaltung und die
Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für
bestimmte Luftschadstoffe kurzfristig fortgeschrieben
werden. Die Novellierung der Luftqualitätsrichtlinie soll
zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Für die Revision der Luftqualitätsrichtlinie hat die
Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz
deutlich im Vorfeld der von der Kommission initiierten
Revision im Auftrag der Umweltministerkonferenz ein
Eckpunktepapier mit den deutschen Positionen erarbei-
tet. Auf der Herbst-UMK 2011 hat die UMK das
Eckpunktepapier zur Kenntnis genommen und in ihrem
Beschluss den Bund darum gebeten, die im Eckpunkte-
papier dargelegten Positionen in die Rechtsetzungsver-
handlungen grundsätzlich einfließen zu lassen.
Auch aus Sicht der Bundesregierung sollen bei der
Revision der Luftqualitätsrichtlinie für Gebiete, in denen
trotz des Eingreifens aller geeigneten und verhältnis-
mäßigen Maßnahmen noch Emissionsgrenzwerte, insbe-
sondere für Stickstoffdioxid und Feinstaub, überschritten
werden, unter strengen Bedingungen erneut Möglichkei-
ten zur Fristverlängerung vorgesehen sein.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Meine Nach-
frage ist, ab wann für Sie Maßnahmen unverhältnis-
mäßig sind und wer das dann am Ende bestimmt.
Ka
Frau Kollegin, Sie wissen, dass hier die Länder imVollzug sind und dass der Bund seinerseits viel getanhat, um das Thema Luftqualität und Luftreinhaltungauch in dieser Legislaturperiode voranzubringen. Wirhaben mit der Industrieemissionsrichtlinie, die wir jetztauch in nationales Recht umgesetzt haben, die Voraus-setzungen dafür geschaffen, dass Großemittenten zu-künftig nur noch nach festen Regeln emittieren dürfen.Ganz zu Anfang der Legislaturperiode – Sie werdensich erinnern: die Vorbereitungen fanden in der GroßenKoalition statt – haben wir uns mit dem Thema Klein-feuerungsanlagen beschäftigt und bei diesen Anlagen fürden Zeitraum bis zum Jahr 2015 insbesondere mit Blickauf einen Hausbrand für mehr Qualität gesorgt.
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29592 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
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Wir haben in dieser Legislaturperiode das ThemaEuro-6-Norm sowohl für Pkw als auch für Lkw vorange-bracht. Gleichwohl sind beispielsweise Kommunen– auch in Baden-Württemberg –, die unglücklicherweiseim Kessel liegen, aus dem sie halt auch nicht heraus-kommen können, gefordert, die Arbeit fortzusetzen.Stuttgart ist eine Metropole, wo es unter der Maßgabeder Verhältnismäßigkeit sehr schwierig ist, zu mehrLuftqualität zu kommen, wenn man nicht den gesamtenPkw-Verkehr verbieten will. Für diese speziellen Fällebemühen wir uns um weitere Ausnahmeregelungen.
Die Frage war, wer am Ende kontrolliert, ob tatsäch-
lich eine Unverhältnismäßigkeit vorliegt.
Ka
Frau Kollegin, zunächst werden die Messwerte vor
Ort genommen und im UBA gesammelt. Dann werden
sie ausgewertet. Das geht dann an die Europäische Kom-
mission, die wiederum eine Auswertung vornimmt.
Die Kommission scheint mir an der Stelle nicht hin-
reichend stringent zu arbeiten. Wir konnten für 24 der
57 Städte, die wir gemeldet haben, weitgehend ohne Dis-
kussion eine Fristverlängerung erreichen. Andere Kom-
munen mussten Antworten auf Nachfragen liefern, weil
ihre Argumentation durch die Kommission nicht nach-
vollzogen werden konnte. Das spiegeln wir jetzt wider,
um auf den gleichen Argumentationsstand zu kommen.
Ich nenne Ihnen ein weiteres Beispiel, wo es schwie-
rig ist, sich mit der Kommission darauf zu einigen, was
nun eigentlich gilt. Wir haben uns von Anfang an bei-
spielsweise für die Kleinfeuerungsanlagen starkgemacht
und auf eine kurze Übergangszeit gedrungen. Wenn es
jetzt aber darum geht, die Ökodesign-Richtlinie entspre-
chend umzusetzen, sagt die Kommission: Macht das
Ganze nicht so schnell! – Die Bewertungsgrundlage ist
also nicht immer gleich, wenn es darum geht, tatsächlich
eine Ausnahmeregelung für eine Kommune zu genehmi-
gen.
Wir fahren gleich mit der Frage 4 der Kollegin Ute
Vogt fort:
Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass mit einem sol-
chen Grundsatz der verbindliche Normcharakter von Grenz-
werten – auch EU-weit – verloren ginge?
Ka
Frau Kollegin, bereits in der geltenden Luftqualitäts-
richtlinie sind in Art. 22 Regelungen zur Verlängerung
der Fristen für die Einhaltung bestimmter Grenzwerte
vorgesehen. Die Bundesregierung sieht nicht die Gefahr,
dass durch eine der in dem Eckpunktepapier der Bund-
Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz ge-
nannten Regelungen der Rechtscharakter von Grenzwer-
ten verloren ginge. Das entspricht auch nicht dem Cha-
rakter des LAI-Vorschlages, also dem Vorschlag der
gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft.
So hebt das zitierte Eckpunktepapier ausdrücklich her-
vor, dass das Niveau der Grenzwerte und somit auch ihr
Schutzzweck, die menschliche Gesundheit, beibehalten
werden soll. Folglich soll durch diesen Eckpunkt mögli-
chen Abweichungstendenzen bei Immissionsgrenzwer-
ten gerade entgegengewirkt werden. Zudem soll hinsicht-
lich etwaiger Vertragsverletzungsverfahren im Fall von
Grenzwertüberschreitungen trotz des Ergreifens aller
geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen auch
Rechtssicherheit gewährt werden.
Zusatzfrage?
Wir stimmen sicherlich überein, dass wir häufig die
Schwierigkeit haben, dass wir in Deutschland bei der
Umsetzung relativ genau sind, während Länder in der
Überprüfung oft nicht so exakt arbeiten. Die Frage ist,
ob die Bundesregierung nicht befürchtet, dass dadurch,
dass man dieses Tor öffnet, ein Wettbewerbsnachteil ge-
genüber anderen EU-Ländern entsteht, die möglicher-
weise schon bei der Umsetzung nicht so stringent vorge-
hen und dann auch von den Ausnahmemöglichkeiten
noch wesentlich mehr Gebrauch machen würden, als es
bei uns der Fall wäre.
Ka
Wie gesagt, wir müssen derzeit für die 57 Städte, bei
denen wir uns um eine Fristverlängerung bemühen, sehr
genau den Nachweis führen. Die Kommission hat – das
habe ich eben schon ausgeführt – sehr detaillierte Nach-
fragen bezüglich einiger Kommunen gestellt.
Auf der anderen Seite haben wir zum Beispiel bei der
Industrieemissionsrichtlinie, aufgrund derer andere Län-
der ihre großen Anlagen viel mehr nachrüsten müssen
als wir unsere, oder auch beim Thema Kleinfeuerungs-
anlagen eben nicht lockergelassen. Wir wollen auch,
dass zum Beispiel bei der Ökodesign-Richtlinie keine
schwächeren Grenzwerte gelten, weil nur durch ein Bün-
del von Maßnahmen für große Anlagen, kleine Anlagen
und Individualverkehr die Möglichkeit geschaffen wird,
europaweit zu mehr Luftqualität zu kommen.
Wir versuchen natürlich, bei allen Richtlinien, die die
Luftqualität betreffen, zu hohen Standards zu kommen,
und fordern, so gut es eben geht, auch von anderen Län-
dern ein, dies entsprechend umzusetzen. Das ist nicht
immer so stringent – so haben Sie es gerade formuliert –
wie bei uns.
Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf den Zeit-plan. Können Sie uns sagen, wie das weitere Vorgehensein wird? Sie hatten es in Ihrer Antwort auf meine ersteFrage schon angedeutet.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29593
(C)
(B)
Ka
Am 20. Februar 2013 hat die Kommission uns mitge-
teilt, wo es keine Einwände gibt bzw. wo wir nacharbei-
ten müssen. Für Gebiete, wo die Kommission keine Ein-
wände hat, haben wir bis zum Ende des Jahres 2014
Zeit, den Grenzwert einzuhalten. Für die Fälle, wo die
Kommission Einwände hat, bereiten wir gemeinsam mit
den Ländern eine umfassende Antwort vor. Das sind mo-
mentan die Fristen. Uns liegt noch kein Zeitplan für die
gesamte Luftqualitätsrichtlinie vor. Wir wissen noch
nicht, wann die Kommission mit den Konsultationen be-
ginnen will.
Danke schön.
Wir kommen zur Frage 5 des Kollegen Krischer:
Wie sieht der weitere Zeitplan der Bundesregierung zur
Schaffung eines gesetzlichen Rahmens bei der Förderung von
unkonventionellem Erdgas – Fracking – aus, und weshalb
– bitte konkrete Gründe benennen – kam es bisher trotz ander-
weitiger Ankündigungen zu keiner Einigung innerhalb der
Bundesregierung?
Ka
Herr Kollege Krischer, die Bundesregierung hat den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wasserhaus-
haltsgesetzes sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Än-
derung der UVP-Verordnung Bergbau am 7. bzw.
11. März in die formelle Anhörung der beteiligten
Kreise eingebracht. Die eingegangenen zahlreichen und
recht umfangreichen Stellungnahmen betreffen wichtige
Aspekte des Wasserrechts und des Bergrechts. Die Stel-
lungnahmen bedürfen daher einer gründlichen Auswer-
tung und Diskussion. Von dem Ergebnis der Prüfung und
der Diskussion hängt der weitere Zeitplan für die Rege-
lungen hinsichtlich der Aufsuchung und Gewinnung von
Erdgas, Erdöl und Erdwärme unter Einsatz der Fracking-
Technologie ab.
Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin, für diese
Auskunft. – Ihre Antwort verwundert mich nur etwas,
weil von Regierungsmitgliedern – wenn ich es richtig in
Erinnerung habe, sogar vom anwesenden Umweltminis-
ter – der 10. April bzw. der 24. April als mögliche Zeit-
punkte für Kabinettsbeschlüsse genannt worden sind. Da
die Anhörung von Beteiligten noch läuft und die Aus-
wertung aussteht, erstaunt es mich, dass hier konkrete
Termine genannt worden sind. Ich bitte Sie, mir dafür
eine Erklärung zu geben.
Daran schließt sich natürlich die Frage an: Wie soll
im Hinblick auf die zu Ende gehende Legislaturperiode
und die am 22. September stattfindende Bundestagswahl
noch ein Gesetzgebungsverfahren inklusive Bundesrats-
beteiligung durchgeführt werden können, wenn die
nächstmögliche Sitzungswoche im Mai ist?
Ka
Ihre erste Frage habe ich schon beantwortet. Die Stel-
lungnahmen waren umfangreich. Interessanterweise
kommen aus einzelnen Bundesländern immer dann,
wenn man einen neuen Stand hat, gleich die nächsten
Nachforderungen, die dann wieder geprüft werden müs-
sen. Übrigens wird in keinem der Gutachten, die die
Bundesländer in Auftrag gegeben haben, ein Totalverbot
der Fracking-Technologie gefordert.
Was ist unsere Intention, und woran bemisst sich am
Ende ein erfolgreicher Entwurf? An erster Stelle steht
der Schutz von Trinkwasser, menschlicher Gesundheit
und Umweltgütern. Dann folgt die Abwägung mit wirt-
schaftlichen Interessen. Wir haben in unserem Haus den
Schwerpunkt auf eine möglichst umfassende Regelung
von Trinkwasserschutzgebieten inklusive Querbohrun-
gen gesetzt. Gleichwohl sind die Details komplex; da-
rüber wird diskutiert. Insofern kann ich Ihnen kein Da-
tum nennen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir mit
Hochdruck daran arbeiten.
Ich möchte konkret nachfragen: Rechnen Sie damit,
dass noch in dieser Legislaturperiode dem Deutschen
Bundestag ein Gesetzentwurf vorgelegt wird?
Ka
Ich halte das Problem für so dringend, dass wir einen
Gesetzentwurf vorlegen sollten. Ob dieser dann durch
den Bundesrat kommt und ob das anerkannt wird, was
schon während der laufenden Diskussionen und im Rah-
men einer informellen Beteiligung der Bundesländer
eingeflossen ist, hängt von den beteiligten Ländern ab.
Ob wir das Verfahren im Bundesrat zügig abschließen
können, weiß ich daher nicht. Es ist jedenfalls die feste
Auffassung beider beteiligter Ressorts, zu einem Ab-
schluss und zu einem Gesetzentwurf zu kommen.
Kollege Schwabe.
Frau Staatssekretärin, das ist ja eine spannende Ge-schichte, die Sie uns hier erzählen. Aber am Ende geht esnicht darum, was der Bundesrat macht, sondern es gehterst einmal darum, ob die Bundesregierung in der Lageist, etwas vorzulegen. Sie ist faktisch dazu nicht in derLage. Es ist wohl so, dass es gestern eine Sitzung inner-halb der Koalition gegeben hat, und morgen gibt es,wenn ich es richtig verstanden habe, erneut eine Sitzung;denn in der Koalition und auch in der Unionsfraktion– wie man so hören und auch lesen kann – gibt es mas-
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29594 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Frank Schwabe
(C)
(B)
sive Widerstände gegen das, was Herr Altmaier und HerrRösler gemeinsam auf den Tisch gelegt haben.Deswegen frage ich Sie an dieser Stelle: Halten Siedie Vorschläge, die Herr Altmaier und Herr Rösler ge-macht haben – die Daten haben Sie ja gerade genannt –,für ausreichend, oder findet die Bundesregierung, dassman an diesen Vorschlägen Verbesserungen vornehmenmuss?Ka
Zunächst muss ich sagen: Zu Beratungen der Koali-
tionsfraktionen kann ich hier keine Stellung nehmen.
Das werde ich auch nicht tun. Der Tagesordnungspunkt
heißt ja auch nicht Fraktionsbefragung, sondern Regie-
rungsbefragung.
Ich glaube, dass wir einen guten Entwurf vorgelegt
haben. Wir bemühen uns aber, im laufenden Verfahren
auch Anregungen aufzunehmen. Das finde ich bei die-
sem Punkt auch wichtig. Wir haben bei dem, was der
Herr Minister gerade zum Thema Endlager gesagt hat,
gelernt, wie wichtig es ist, frühzeitig Belange aus allen
Teilen der Bundesrepublik mit aufzunehmen. Das tun
wir. Es bleibt dem Parlament danach immer noch vorbe-
halten, weitere Veränderungen in das parlamentarische
Verfahren einzubeziehen.
In einem Punkt, Herr Kollege, sei mir eine andere
Auffassung erlaubt: Sehr wohl ist es richtig, dass zu-
nächst die Regierung einen Entwurf vorlegen muss;
gleichwohl hängt aber auch wegen der überschaubaren
verbleibenden Zeit in dieser Legislaturperiode einiges
davon ab, dass der Bundesrat seinen Willen dokumen-
tiert, mitzumachen und mitzuentscheiden. Tut er es
nicht, dann wird das Gesetz unter die Diskontinuität fal-
len, was am Ende schade wäre.
Ich rufe die Frage 6 des Kollegen Krischer auf:
Wird die Bundesregierung Initiativen auf europäischer
Ebene zum Beispiel im Rahmen der derzeit laufenden ILUC-
Reform – ILUC: indirekte Landnutzungsänderung – unterstüt-
zen, die eine Streichung oder Veränderung des prioritären
Netzzugangs für Strom aus erneuerbaren Energien in der eu-
ropäischen Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien
zum Ziel haben?
Ka
Herr Kollege Krischer, die Bundesregierung wird auf
europäischer Ebene keine Initiativen unterstützen, die
eine Streichung oder Änderung des prioritären Netzzu-
gangs für Strom aus erneuerbaren Energien in der euro-
päischen Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien
– das ist die Richtlinie 2009/28/EG – zum Ziel haben.
Ungeachtet dessen ist es in Deutschland und in Eu-
ropa zwingend notwendig, dass wir den Rechtsrahmen
so weiterentwickeln, dass wir im europäischen Verbund
den stark wachsenden Anteil erneuerbarer Energien so
effizient in die europäische Stromversorgung integrieren
können wie nur möglich. In Deutschland versuchen wir
aktuell mit verschiedenen Gesetzgebungsvorhaben im
Netzbereich – insbesondere mit dem Bundesbedarfs-
plangesetz –, die Netzinfrastruktur zukunftsfähig zu ge-
stalten. Auch die deutlich verbesserte Zusammenarbeit
der europäischen Netzbetreiber unterstreicht, dass wir
die Energiewende in Deutschland auch im europäischen
Kontext beachten müssen.
Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin, für diese
Auskunft, die mich sehr freut. Dennoch möchte ich noch
einmal ganz konkret nachfragen: Gibt es in der Bundes-
regierung Überlegungen, die entsprechende EU-Verord-
nung im Rahmen der ILUC-Novelle zu verändern, was
die Fragen des Netzzugangs und des Vorrangs der Ein-
speisung von erneuerbaren Energien angeht? Ich bitte
um eine klare Aussage – ja oder nein. Das wäre mir
wichtig.
Ka
Herr Kollege Krischer, solche Überlegungen sind mir
nicht bekannt. Der Erfolg unseres EEG besteht ja darin,
dass der Einspeisevorrang und auch der Netzzugang ent-
sprechend geregelt sind. Insofern haben wir jetzt auch
keinen Anlass zu einer Änderung unserer Position.
Danke.
Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Schwabe auf:
Können nach Ansicht der Bundesregierung Unternehmen
nach derzeit geltendem Recht in Deutschland Bohrungen un-
ter Einsatz der Fracking-Technologie durchführen, bei der sie
umwelttoxische oder gesundheitsgefährdende Chemikalien
einsetzen?
Ka
Herr Kollege Schwabe, es wird eine etwas längereAntwort, weil das Thema komplex ist.Die Aufsuchung oder Gewinnung von bergfreien Bo-denschätzen – nur für die bergfreien Bodenschätze Erdöl,Erdgas oder Erdwärme kommt ja der Einsatz von Fra-cking-Technologie infrage – bedürfen einer sogenanntenBergbauberechtigung nach dem Bundesberggesetz, dasheißt üblicherweise zunächst einer Erlaubnis für die Auf-suchung und nachfolgend einer Bewilligung für die Ge-winnung.Die Aufsuchung oder Gewinnung ist zu versagen, so-weit überwiegend öffentliche Interessen dem entgegen-stehen. Zu den überwiegenden öffentlichen Interessen ge-hören nach der Rechtsprechung auch Umweltbelange –zum Beispiel das Wasserrecht, das Bodenrecht oder dasNaturschutzrecht.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29595
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
(C)
(B)
Ob der Einsatz umwelttoxischer und gesundheitsge-fährdender Chemikalien gegen diese Bestimmung ver-stößt, ist von der zuständigen Bergbehörde der Länderim jeweiligen Einzelfall anhand der Fracking-Fluide, dievor Ort verwendet werden oder auch nicht, sowie dergeologischen Gegebenheiten zu prüfen. Sowohl für dieAufsuchung als auch für die Gewinnung von Boden-schätzen müssen darüber hinaus Betriebspläne aufge-stellt und von der zuständigen Behörde zugelassen wer-den. In diesem Verfahren wird die Einhaltung abfall- undsonstiger allgemeiner umweltrechtlicher Vorschriften einweiteres Mal geprüft.Ist mit Tiefbohrungen unter Einsatz der Fracking-Technologie auch eine Gewässerbenutzung verbunden,bedürfen die Bohrungen zudem der Erlaubnis nach demWasserhaushaltsgesetz. Eine Gewässerbenutzung liegtvor, wenn Stoffe in Gewässer entweder zielgerichtet ein-geleitet oder eingebracht werden; eine Gewässerbenut-zung liegt aber auch dann vor, wenn eine Maßnahme ge-eignet ist, in einem nicht nur unerheblichen Ausmaßnachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheitherbeizuführen.Die wasserrechtliche Erlaubnis ist zu versagen, wennschädliche, nicht vermeidbare oder ausgleichbare Ge-wässerveränderungen zu erwarten sind. Ob der Einsatzvon Stoffen zu den genannten Gewässerveränderungenführen wird, ist ebenfalls von der zuständigen Bergbe-hörde im Einvernehmen mit der Wasserbehörde zu ent-scheiden. Die Länder haben zudem die Möglichkeit,nach dem Wasserhaushaltsgesetz das Fracking in Was-serschutzgebieten durch Verordnung generell zu verbie-ten, wenn es der Schutzzweck des betreffenden Wasser-schutzgebietes erfordert.
Bitte sehr, Herr Kollege Schwabe, falls es da noch
Zusatzfragen geben sollte.
Ich möchte die Antwort von zwei Minuten in fünf Se-
kunden zusammenfassen: Es ist nicht ausgeschlossen. –
Das ist sozusagen die Realität.
Im Gegensatz zu dem, was Sie gerade noch einmal
versucht haben uns nahezubringen, ist es nicht der Bun-
desrat. Der Bundesrat hat im Übrigen eine Position be-
schlossen, an der Sie sich orientieren könnten. Dann
könnten Sie sich sehr schnell mit ihm einigen. Es ist
vielmehr die Bundesregierung, die nicht zu Potte
kommt. Der Herr Bundesumweltminister Altmaier hat in
einem Zehn-Punkte-Papier im letzten Jahr eine Lösung
angekündigt, aber bis heute gibt es eine solche Lösung
nicht.
Ich möchte Sie noch einmal fragen: Ist es nicht so,
dass in der Tat die Länder sich in rechtlich schwierigen
Situationen befinden in dieser Frage und es zum Teil
auch vom Wohlverhalten der Unternehmen abhängig ist,
ob sie solche Maßnahmen anwenden oder nicht anwen-
den?
Ka
Die Befugnisse der Wasserbehörden sind gegeben,
und sie sind weitreichend, aber unser Ziel ist es, die Be-
fugnisse der Wasserbehörden weiter zu stärken. Beispiel:
In einem Trinkwasserschutzgebiet kann schon jetzt Fra-
cking untersagt werden.
Nicht geregelt sind Querbohrungen, also wenn man
außerhalb eines Schutzgebietes bohrt, aber per Querboh-
rung möglicherweise ein Trinkwasserschutzgebiet er-
reicht. Wir schlagen vor, solche Dinge mit zu regeln. Wir
schlagen darüber hinaus vor, dass Vorprüfungen und
eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung statt-
finden und dass auch bei bestimmten Fördermengen be-
reits Vorprüfungen erfolgen sollen. Davon erhoffen und
erwarten wir uns zusätzlichen Schutz und zusätzliche Si-
cherheit.
Wir sind dabei, das abzustimmen. Noch einmal: Ich
hoffe, dass wir in dieser Legislaturperiode – wir arbeiten
daran – ein Gesetz vorlegen können.
Das mit der Hoffnung ist auch gut, und wir können
auch alle gemeinsam beten, aber es liegt in Ihrer Verant-
wortung, in der Verantwortung der Bundesregierung, ein
entsprechendes Gesetz vorzulegen.
Ich habe noch eine Frage: Sehen Sie eigentlich eine
ökonomische Notwendigkeit, sehr schnell in solche Ver-
fahren einzutreten, oder wäre es nicht eigentlich eher ge-
boten, wie es der Bundesrat vorgezeichnet hat, in einem
abgestuften Verfahren zunächst einmal probeweise Fra-
cking-Maßnahmen durchzuführen, diese wissenschaft-
lich abzusichern und zu sehen, ob die gesetzgeberischen
Maßnahmen ausreichend sind, um dann erst in einigen
Jahren zu einer endgültigen gesetzlichen Position und zu
einer abschließenden gesetzlichen Lösung zu kommen?
Mit anderen Worten: Sehen Sie eine ökonomische Not-
wendigkeit, solches Gas, das im Fracking-Verfahren ge-
wonnen wird, sehr schnell einzusetzen?
Ka
Ob ein Vorhaben ökonomisch notwendig ist odernicht, entscheidet nicht die Bundesregierung, sonderndas Unternehmen. Die Unternehmen werden für sichfeststellen, ob es sich lohnt, in Deutschland diese Tech-nologie zu nutzen.Im Übrigen darf ich zum Ersten darauf hinweisen,dass wir konventionelle Erdgasgewinnung schon seitJahrzehnten in Deutschland haben. Ich weise zum Zwei-ten darauf hin, dass es bei der Regelung nicht nur umFracking zur unkonventionellen Erdgasgewinnung, son-dern möglicherweise auch zur Gewinnung von Erd-
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29596 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
(C)
(B)
wärme geht; Erdwärme zählt ja nun ganz unzweifelhaftzu den erneuerbaren Energien.Ich könnte jetzt nur noch referieren, wie sich andereLänder verhalten. Das muss ich jetzt nicht tun; das alleswerden Sie wissen. Die USA haben sich dafür entschie-den, diese Möglichkeit zu nutzen. Aber wir sind nicht inden USA; wir sind in der Bundesrepublik Deutschlandund haben unsere Gesetze so anzupassen, dass zwischenden Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger, einemhohen Wasserschutzniveau – dieses Schutzniveau wol-len wir auch stärken – und ökonomischen Interessen einguter Ausgleich gefunden wird. Das ist Ziel und Zweckdessen, was wir erarbeiten.
Kollege Krischer.
Frau Staatssekretärin, ich habe gerade mit großem
Interesse Ihre Überlegungen vernommen. Nach der ge-
setzlichen Regelung soll ausgeschlossen sein, dass beim
Fracking Horizontalbohrungen, die mehrere Kilometer
umfassen können, von außerhalb eines Trinkwasser-
schutzgebiets unter einem Trinkwasserschutzgebiet ge-
führt werden können. Wenn ich die Gesetzentwürfe, die
die Minister Rösler und Altmaier verabredet haben, rich-
tig interpretiere, ist eine solche Regelung darin bisher
nicht vorhanden. Kann ich davon ausgehen, dass dann,
wenn Sie uns doch noch etwas vorlegen – die Hoffnung
stirbt zuletzt; dass bisher nichts vorliegt, hat seinen
Grund ja nicht darin, dass die Bundesländer da eine
Rolle spielen, sondern darin, dass Sie sich in der Koali-
tion nicht geeinigt haben; da hat der Kollege Schwabe
völlig recht –, eine klare Regelung vorhanden sein wird,
die ein solches Horizontalbohren unter Trinkwasser-
schutzgebieten untersagt?
Ka
Wir haben eine solche Regelung intensiv diskutiert,
ja. Was am Ende drinsteht, Herr Kollege, wird man se-
hen, wenn wir das Gesetz eingebracht haben. Wir halten
das für richtig.
Die Frage 8 der Kollegin Hendricks wird schriftlich
beantwortet.
Von daher rufe ich jetzt die Frage 9 des Kollegen Ott
auf:
Welche Kenntnisse und konkreten Zahlen liegen der Bun-
desregierung zu dem Ausmaß von für 2013 und 2014 geplante
oder schon durchgeführte Stellenstreichungen in Deutschland
Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für die Durch-
führung und gegebenenfalls Beschleunigung der Energie-
wende angesichts der Berichterstattung zur geplanten Stellen-
kürzung bei namhaften Unternehmen, deren Werke bis zur
Hälfte der Stellen abbauen wollen und dies mit der kriselnden
Windenergiesparte begründen?
Ka
Herr Kollege Ott, die Entwicklung der Beschäftigung
im Bereich der erneuerbaren Energien wird in einem lau-
fenden Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit abgeschätzt. Entsprechende branchenbezogene
Zahlen sind in einer aktuellen Kurzstudie zu finden, un-
ter www.erneuerbare-energien.de veröffentlicht. Ich
würde Ihnen den vollständigen Link schriftlich zukom-
men lassen; das vorzulesen, macht sich hier etwas
schlecht.
Im Kern zeigen die Zahlen, dass der Beschäftigungs-
rückgang bei der Photovoltaik weitgehend vom Beschäf-
tigungsanstieg bei der Windenergie kompensiert wurde.
Dabei ist bemerkenswert, dass im untersuchten Jahr
2012 sowohl bei der Photovoltaik als auch bei der Wind-
energie der Zubau in Deutschland auf Rekordniveau
war. Die Ursache für die Probleme der Unternehmen ist
also nicht in einem zu geringen Tempo bei der Energie-
wende in Deutschland zu suchen, sondern in den in bei-
den Branchen weltweit bestehenden Überkapazitäten.
Kollege Ott.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Die Studie ist mir be-
kannt. Ich frage aus einem ganz konkreten und aktuellen
Anlass. Die Firma Schaeffler hat in Wuppertal ein Werk
mit 1 500 Beschäftigten. Sie hat jetzt angekündigt, dass
sie 750 Beschäftigte entlassen will – aufgrund der Flaute
in der Windenergiesparte. Meine Frage an Sie ist, ob Ih-
nen Hinweise darauf vorliegen, dass auch andere Wind-
krafthersteller derartige Schwierigkeiten haben und ob
nach Ihrer Ansicht auch andere Gründe dahinterstehen
wie zum Beispiel – das wird befürchtet – Produktions-
verlagerungen ins Ausland.
Ka
Die Zahlen geben keinen Hinweis darauf, Herr Kol-lege. Wie gesagt, im letzten Jahr wurden Verluste in derPV-Branche durch gute Ergebnisse in der Windbranchekompensiert.Ich will jetzt keinem Unternehmen zu nahe treten,aber das scheint mir mittlerweile eine sehr gängig ge-wordene Begründung zu sein, auch dann, wenn es unter-nehmensinterne Probleme oder Fehlentscheidungen desManagements gab. Ob das konkret bei diesem Unterneh-men der Fall ist, kann ich nicht sagen; ich möchte da umGottes willen nicht missverstanden werden. Aber esscheint mittlerweile branchenüblich zu sein, die Energie-wende oder einen angeblich nicht vorhandenen odernicht schnell voranschreitenden Ausbau der erneuerba-ren Energie für einen Abbau von Beschäftigten verant-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29597
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
(C)
(B)
wortlich zu machen. Ich persönlich halte dies für nichtbesonders redlich.Ich war heute Morgen auf einer großen Windkonfe-renz in Mecklenburg-Vorpommern. Die Windbrancheboomt. Es werden Einstellungen, auch bei Zulieferbe-trieben, vorgenommen. Es würde mir schwerfallen, einesolche Begründung zu akzeptieren.
Weitere Zusatzfrage?
Ja, vielen Dank. – Konkret nachgefragt: Die Ankün-
digung der Firma Schaeffler, von den 1 500 Beschäftig-
ten die Hälfte, also 750, wegen Auftragsschwierigkeiten
entlassen zu wollen, scheint Ihnen nicht mit der Auf-
tragslage in Deutschland begründet zu sein?
Ka
Das können wir zumindest nicht aus den Zahlen able-
sen, Herr Kollege. Um ein paar Zahlen zu nennen: In der
Photovoltaik – darin sind wir uns einig – gibt es globale
Überkapazitäten. Die sind seit langem bekannt und in
diesem Hause hinreichend diskutiert worden. Bei der
Windenergie ist es ähnlich. Hier stehen Produktions-
kapazitäten in Höhe von 80 Gigawatt einem Zubau von
45 Gigawatt gegenüber.
Im Übrigen gehen Märkte zurück, die Sie möglicher-
weise nicht im Fokus haben. In China gab es 2012 ein
Minus von 25 Prozent. Da die Unternehmen keineswegs
nur für den deutschen oder europäischen Markt produ-
zieren, sondern weltweit exportieren müssen, um zu
überleben, müsste man, was die Begründung des Unter-
nehmens angeht, nicht nur auf den deutschen Markt,
sondern auch auf den Weltmarkt schauen. In den USA
zum Beispiel begründet sich ein Rückgang von Wind-
energieinstallationen aus den eben diskutierten Shale-
Gas-Vorkommen. In den USA ist es momentan unrenta-
bler, in Wind zu investieren als in unkonventionelles
Erdgas.
Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Ott auf:
Wie ist der aktuelle Stand des geplanten Klubs der Ener-
giewendestaaten, dessen Gründung nun im Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen
Bundestages für Anfang Juni dieses Jahres angekündigt
wurde, und inwieweit sehen die aktuellen Planungen die
Schaffung eines Mehrwerts der geplanten Allianz im Ver-
gleich zu bestehenden Institutionen und Initiativen vor?
Ka
Herr Kollege, in seinem Klub möchte Herr Minister
Altmaier Vorreiterstaaten im Bereich erneuerbarer Ener-
gien zusammenbringen. Dazu plant Minister Altmaier
für Anfang Juni, verschiedene Vertreter solcher Vorrei-
terstaaten nach Berlin einzuladen. Dazu hat er bereits im
Rahmen seiner Teilnahme an der jährlichen Versamm-
lung der IRENA in Abu Dhabi im Januar 2013 infor-
melle Konsultationen mit verschiedenen Vorreiterstaaten
geführt und die Idee eines solchen Klubs diskutiert.
Bei den aktuellen Planungen der Ausgestaltung wird
die Schaffung des Mehrwerts des Erneuerbare-Energien-
Klubs besonders beachtet. Beim Erneuerbare-Energien-
Klub handelt es sich um eine politische Initiative, die
nicht über neue Strukturen oder ein eigenes Sekretariat
verfügen soll. Sie soll IRENA, die Internationale Agen-
tur für erneuerbare Energien, in der Deutschland aktives
Mitglied ist, vielmehr politisch hochrangig unterstützen.
Minister Altmaier steht dazu mit dem Generalsekretär
von IRENA in engem Kontakt.
Eine Nachfrage, bitte schön.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Haben Sie
schon eine ungefähre Vorstellung davon, wer zu diesem
Kreis gehören wird? Sieben oder acht Staaten wurden
von Minister Altmaier bei der letzten Konferenz der Ver-
tragsparteien eingeladen. Hat sich der Kreis mittlerweile
vergrößert?
Ka
Wir haben Gespräche mit anderen Staaten geführt,
unter anderem mit Indien. Das habe ich schon neulich im
Umweltausschuss berichtet. Es stehen immer noch Kon-
sultationen mit anderen Ländern aus. Aber bis zum
1. Juni ist noch ein wenig Zeit. Der Minister selbst tele-
foniert mit seinen Kolleginnen und Kollegen, um eine
respektable Runde von Vorreiterstaaten zusammenzube-
kommen.
Weitere Zusatzfrage.
Jetzt würde ich doch gerne auf den zweiten Teil mei-
ner Frage zurückkommen: Was soll denn der Mehrwert
eines solchen Klubs sein? Sie haben IRENA und die Tat-
sache, dass der Minister mit dem Generalsekretär in
Kontakt steht, angesprochen; das ist natürlich schön.
Aber dies ist bereits ein breiter Zusammenschluss im
Hinblick auf erneuerbare Energien. Was soll denn jetzt
ganz konkret der Mehrwert des von Minister Altmaier
geplanten Klubs sein?
Ka
Hier geht es darum, ein politisches Momentum zurUnterstützung der erneuerbaren Energien in anderen
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29598 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche
(C)
(B)
Ländern zu schaffen, insbesondere hinsichtlich häufigfestgefahrener Verhandlungen im Klimaschutzbereich.Es geht also nicht um Strukturen, sondern um ein politi-sches Momentum für erneuerbare Energien.
Kollege Schwabe.
Frau Staatssekretärin, das alles wäre nicht so schlimm
– es versteht vielleicht auch keiner außer uns im Saal,
worüber wir diskutieren –, wenn es nicht einer der zehn
Punkte aus dem Zehn-Punkte-Programm wäre, das ich
gerade schon angesprochen habe. Der Klub der Energie-
wendestaaten ist mit einem großen öffentlichen Brimbo-
rium vorgestellt worden, und wir merken: Die politische
Substanz geht gegen null.
Wenn man im Duden nachschlägt, was ein Klub ist,
dann liest man dort: Es ist eine „Vereinigung von Men-
schen mit bestimmten gemeinsamen Interessen und Zie-
len“. Dort steht, es ist eine „Clique“ oder ein „Lokal, in
dem regelmäßig Musiker, besonders Jazzmusiker auftre-
ten“. Ihr Klub ist eigentlich gar nichts. Ihr Klub umfasst
Gespräche, die auch bisher stattgefunden haben. Das ist
auch vollkommen okay. Aber nennen Sie es dann nicht
„Klub“, und machen Sie daraus keine große Medien-
kampagne!
Ich frage Sie noch einmal: Wo ist die Substanz? Müs-
sen Sie nicht eingestehen, dass es ein Marketing-Gag
war, um im Zehn-Punkte-Programm tatsächlich auf zehn
Punkte zu kommen, aber es am Ende keine politische
Substanz hat?
Ka
Erst einmal vielen Dank für die Aufklärung über den
Begriff „Klub“. Ich würde aus der Auswahl die erste De-
finition nehmen: das Zusammenkommen von Gleichge-
sinnten, und zwar von Einzelpersonen. Das ist nämlich
der Unterschied zwischen staatlichen Strukturen und,
wenn Sie so wollen, Political Leaders, also Personen, die
in Regierungsverantwortung sind und sich vorgenom-
men haben, erneuerbare Energien nach vorne zu bringen.
Immer mehr Staaten beziehen erneuerbare Energien in
ihr Energieportfolio mit ein, mit unterschiedlicher Inten-
sität. Wir sitzen mit allen in einem Boot, wenn es darum
geht, im Bereich Klimaschutz gemeinsam voranzukom-
men. Wir wollen hier – ich sage es noch einmal – ein
politisches Momentum schaffen. Eine Verknüpfung von
erneuerbaren Energien und mehr Klimaschutz ist das
Ziel dieser Idee, dieses Vorhabens.
Wir kommen zur Frage 11 des Kollegen Becker. Wo
ist er? – Er ist nicht da. Also kommen wir nicht zu den
Fragen 11 und 12 des Kollegen Becker. Es wird verfah-
ren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Wir kommen zur Frage 13 des Kollegen Miersch. –
Er ist auch nicht mehr da. Also kommen wir nicht zu den
Fragen 13 und 14 des Kollegen Miersch. Es wird verfah-
ren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Bei den Fragen 15 und 16 der Kollegin Kotting-Uhl
ist die schriftliche Beantwortung vorher beantragt wor-
den und erfolgt dann auch.
Wir kommen zu den Fragen 17 und 18 des Kollegen
Bollmann. – Den Kollegen Bollmann kann ich auch
nicht sehen. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsord-
nung vorgesehen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung. Die Fragen 19
und 20 des Kollegen Röspel werden schriftlich beant-
wortet, ebenso die Fragen 21 und 22 des Kollegen
Gerdes, die Fragen 23 und 24 des Kollegen Kaczmarek,
die Frage 25 des Kollegen Wagner und die Fragen 26
und 27 des Kollegen Hagemann.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung. Die Frage 28 der Kollegin Koczy wird
schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich der Bundeskanz-
lerin und des Bundeskanzleramtes. Die Frage 29 des
Kollegen Hunko wird schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Frage
30 der Kollegin Koczy wird schriftlich beantwortet.
Somit kommt wieder der Kollege Schwabe mit seiner
Frage zum Zuge.
– Diese Art von scheinbarer Vorzugsbehandlung könnte
man sich eigentlich patentieren lassen. Sie entspricht
aber unserem Reglement; darauf will ich alle aufmerk-
sam machen, die den Eindruck haben, hier gäbe es ein
ungewöhnliches Verfahren.
Ich rufe also die Frage 31 des Kollegen Schwabe auf:
Wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag in
dieser Legislaturperiode ein Gesetz zur Regelung der unkon-
ventionellen Förderung von Erdgas – Fracking – vorlegen?
– Aber sicher dürfen Sie, Herr Kollege.
H
Gut, ich folge dem Präsidenten sehr gerne, und wenn
er mir nicht das Wort erteilt – –
Der Parlamentarische Staatssekretär Otto legt zuRecht Wert darauf, dass ich darauf hinweise, dass sichdiese Frage an das Bundesministerium für Wirtschaftund Technologie richtet und dass der Parlamentarische
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29599
Präsident Dr. Norbert Lammert
(C)
(B)
Staatssekretär Otto liebenswürdigerweise zur Verfügungsteht, diese Frage nun sachkundig, vollständig und ab-schließend zu beantworten.H
Herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich bin schwer be-
eindruckt.
Die Bundesregierung antwortet dem Kollegen
Schwabe: Derzeit prüfen und beraten die zuständigen
Ministerien die eingegangenen Stellungnahmen der Län-
der und natürlich auch der Verbände. Deshalb ist mo-
mentan noch nicht einzuschätzen, ob in der verbleiben-
den, relativ kurzen Zeit, wie wir beide wissen, noch ein
Gesetzentwurf vorgelegt werden kann.
Es gibt trotzdem eine Nachfrage. – Bitte schön, Herr
Kollege Schwabe.
Das ist jetzt wirklich spannend, Herr Staatssekre-
tär. – Frau Reiche geht leider. Das ist aber in Ordnung;
denn sie muss jetzt nicht antworten. – Ich hatte mich ur-
sprünglich geärgert, dass meine Fragen zum Thema
Fracking auf zwei Bereiche verteilt worden sind: auf den
Umweltbereich und den Wirtschaftsbereich. Jetzt finde
ich dies aber besonders spannend; denn ich kann Ihnen
nun dieselben Fragen stellen wie der Kollegin Reiche.
Ich bin gespannt, ob ähnliche Antworten kommen.
Die Kollegin Reiche hat gerade deutlich gemacht,
dass sie zwar nicht über koalitionsinterne Verhandlungen
berichten mag, dass aber aus ihrer Sicht Veränderungs-
bedarf bei den von den Ministern Altmaier und Rösler
eingebrachten Vorschlägen besteht. Eine Frage in diesem
Zusammenhang hat der Kollege Krischer gerade ange-
sprochen: Die Frage der Horizontalbohrungen ist bisher
nicht geklärt.
Sehen Sie, wie die Staatssekretärin Reiche, auch Än-
derungsbedarf bei den Vorschlägen von Herrn Rösler
und Herrn Altmaier?
H
Lieber Herr Kollege Schwabe, ich werde zu den noch
laufenden Auswertungen und Gesprächen zwischen den
Häusern hier natürlich nicht öffentlich Stellung nehmen.
Ich kann Ihnen nur sagen, dass das Bundeswirtschafts-
ministerium sehr gerne noch in dieser Legislaturperiode
einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen würde.
Ich kann Ihnen auch verraten – aber das wird Sie jetzt
nicht übermäßig beeindrucken –, dass wir – die betref-
fenden Häuser und letztlich auch die Bundesländer und
die Verbände – uns einig sind, dass es eine absolute Prio-
rität für den Schutz der Umwelt und des Trinkwassers
geben muss. Wie wir das dann konkret umsetzen, da-
rüber wird im Moment noch beraten.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Inhalte in-
terner Beratungen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in
der Fragestunde des Deutschen Bundestages ausgebrei-
tet werden dürfen. Das ist das normale Verfahren. Sie
können daher so lange fragen, wie Sie mögen – das ist
Ihr gutes Recht –; aber es ist auch mein gutes Recht, das,
was noch intern beraten werden muss, noch nicht auszu-
breiten.
Nachdem wir jetzt wissen, wer welches gute Recht
hat, erfahren wir, ob der Kollege Schwabe von seinem
guten Recht, eine weitere Nachfrage zu stellen, Ge-
brauch machen will.
Gerne. – Das ist interessant. Natürlich ist es Ihr gutes
Recht, intern alles Mögliche zu beraten. Das Spannende
ist bloß, dass die Legislaturperiode ausläuft und wir im-
mer noch keine gesetzlichen Grundlagen haben, was da-
ran liegt, dass Sie nicht in der Lage sind, dem Bundestag
entsprechende Gesetzesvorhaben zu präsentieren.
Ich möchte Sie nach Ihrer Einschätzung bezüglich der
aktuellen Rechtslage fragen. Wie ist diese heute, falls
der Deutsche Bundestag keine Beschlüsse mehr fassen
kann, weil es keine entsprechenden Vorlagen gibt?
Meine konkrete Frage: Können nach Ansicht der Bun-
desregierung Unternehmen nach derzeit geltendem
Recht in Deutschland Bohrungen unter Einsatz der Fra-
cking-Technologie durchführen, bei der sie umwelttoxi-
sche oder gesundheitsgefährdende Chemikalien einset-
zen?
H
Lieber Herr Kollege Schwabe, ich hatte Ihnen schon
gesagt, dass das Bundeswirtschaftsministerium durchaus
ein Interesse daran hat, eine Klärung herbeizuführen. Ich
brauche nicht zu betonen – Sie sind mindestens genauso
dicht dran wie ich –, dass es schon in den vergangenen
Jahrzehnten, jedenfalls in den letzten Jahren, Fracking-
Anwendungen in Deutschland gegeben hat. Daraus wer-
den Sie messerscharf folgern können – die Logik ist klar –,
dass die derzeit geltende Rechtslage die Anwendung von
Fracking in gewissem Umfang und unter gewissen Vo-
raussetzungen erlaubt.
Das gemeinsame Interesse der Bundesregierung in
Übereinstimmung mit den Bundesländern und den Ver-
bänden liegt darin, eine gewisse Rechtsklarheit zu be-
kommen und die Bedenken und die Gesichtspunkte, die
in der Diskussion – auch von Ihnen – vorgebracht wer-
den, zu berücksichtigen.
Der Kollege Krischer möchte noch einmal nachfra-
gen.
Herr Staatssekretär Otto, herzlichen Dank für dieAuskünfte. – Ich möchte ganz konkret nachfragen. DieKollegin Staatssekretärin Reiche hat eben ausgeführt,dass sie – ich gehe davon aus, dass sie für das BMU ge-
Metadaten/Kopzeile:
29600 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Oliver Krischer
(C)
(B)
sprochen hat – große Sympathie dafür hat, den von denMinistern Rösler und Altmaier vorgelegten Entwurf da-hin gehend zu verändern, dass die Horizontalbohrungenaußerhalb von Trinkwasserschutzgebieten nicht unterTrinkwasserschutzgebiete geführt werden können. Dasist eine relevante Frage, da solche Horizontalbohrungenmehrere Kilometer umfassen können. Wie steht dasBMWi zu dieser Frage, wenn das BMU das befürwortet?Können wir davon ausgehen, dass sich eine solche Rege-lung in dem vorzulegenden Gesetzentwurf wiederfindenwird, da ein zuständiges Haus dies schon befürwortet?H
Lieber Kollege Krischer, es gibt jetzt zwei Alternati-
ven: Entweder Sie haben mir nicht zugehört, als ich auf
die Frage des Kollegen Schwabe geantwortet habe, oder
Sie wollen mich in unziemlicher Weise zu einem Verhal-
ten veranlassen, das ich zuvor ausgeschlossen habe. Ich
habe dem Kollegen Schwabe gesagt – und ich sage es
auch Ihnen –, dass das Gegenstand interner Abstimmun-
gen ist, zu denen ich zu diesem Zeitpunkt nicht Stellung
nehmen möchte und auch nicht Stellung nehmen kann.
Dabei bleibt es.
Offensichtlich haben Sie das Vertrauen verloren, dass
Sie nach der nächsten Bundestagswahl hier als rot-grüne
Koalition die Verantwortung tragen. Wenn Sie diesen
Glauben noch hätten, dann würden Sie sagen: Das ist
doch fein; lasst uns bis nach der Bundestagswahl warten.
Dass Sie uns jetzt drängen, noch vor der Bundestags-
wahl etwas vorzulegen,
lässt für mich Rückschlüsse auf Ihre Erwartungen und
Hoffnungen in Bezug auf die Bundestagswahl zu.
Jedenfalls gibt es keine für Glaubensfragen zuständi-
gen Bundesministerien, sodass sich hier Nachfragen er-
übrigen.
Wir schließen damit diesen Teil der Befragung ab.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amts auf. Die Fragen 32 und 33 des Kollegen Movassat,
die Frage 34 der Kollegin Cramon-Taubadel, die Fra-
gen 35 und 36 des Kollegen Koenigs und die Frage 37
der Kollegin Dağdelen werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 38 des Kollegen Ströbele auf, der
mit einer bemerkenswerten zeitlichen Präzision rechtzei-
tig zur Beantwortung seiner Frage hier im Plenarsaal
eingetroffen ist:
Haben die Bundesregierung und die ihr unterstellten Mili-
tär- und Sicherheitsbehörden nach der unzureichenden Ant-
wort auf meine schriftliche Frage 9 auf Bundestagsdrucksache
17/12582 zum Thema nunmehr nach Auswertung aller zu-
gänglichen Informationen insbesondere auch aus der Luft-
überwachung durch Flugzeuge, Drohnen oder Satelliten Er-
kenntnisse zum Mohnanbau in Afghanistan, inwieweit
inzwischen Anbaufläche und Produktionsmenge eine Größe
erreicht haben, die höher ist als je zuvor seit Beginn des Krie-
ges, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass damit
auch die Bekämpfung des Anbaus von und des Handels mit
Opium und Heroin durch afghanische und ISAF-Sicherheits-
kräfte total gescheitert ist auch angesichts dessen, dass die
Weltnachfrage nach diesen Drogen wieder zu mehr als
C
Sie haben recht, Herr Präsident. Ich bin genauso be-
eindruckt wie Sie. Das war eine Punktlandung vom Ab-
geordneten Ströbele, dessen Frage ich wie folgt beant-
worte: Die Bundesregierung stützt ihre Datenlage zur
Drogensituation in Afghanistan, wie Sie wissen, primär
auf Erkenntnisse der Vereinten Nationen, in diesem Fall
speziell auf die Berichte des Büros der Vereinten Natio-
nen zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung, UNODC.
Insoweit erhebt sie keine eigenen Daten. Dieser Hinter-
grund wurde Ihnen, Herr Abgeordneter, bereits in einer
Antwort auf Ihre schriftliche Frage vom Februar 2013
mitgeteilt. Einzelheiten zu darüber hinausgehenden
Quellen entnehmen Sie bitte einem Schreiben, das in der
Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinter-
legt ist.
Der letzte VN-Bericht wurde am 15. April 2013, also
deutlich nach Ihrer Februaranfrage, veröffentlicht. Er
enthält bereits Schätzungen zum Umfang des Schlaf-
mohnanbaus in Afghanistan für das Jahr 2013, weist
aber auch darauf hin, dass endgültige Zahlen zur Pro-
duktion von Opium erst nach Auswertung der Ernteer-
gebnisse vorliegen können. Auch in diesem Jahr ist ein
Anstieg der Anbauflächen zu erwarten. Insoweit wird
Afghanistan voraussichtlich der weltweit größte Opium-
produzent bleiben.
Die Bundeswehr hatte nie ein Mandat, im Bereich der
Drogenbekämpfung tätig zu sein. Die im Aufbau befind-
lichen afghanischen Sicherheitskräfte, speziell die Poli-
zei, müssen sich in den nächsten Jahren noch weiterent-
wickeln und ihre Fähigkeiten zur Drogenbekämpfung
verbessern.
Bitte sehr, Herr Kollege Ströbele.
Frau Staatsministerin, Sie können davon ausgehen,dass mir meine früheren Fragen und die Antworten derBundesregierung bekannt sind. Weil ich Zweifel an denZahlen habe, die Sie mir vor etwa einem Monat ge-schickt haben, habe ich Sie ganz konkret gefragt und ge-beten, mir nicht nur die Zahlen der Bundesregierung zunennen, sondern auch Zahlen bei nachgeordneten Behör-den abzufragen, um mir zu bestätigen – nach meinen In-formationen ist das nämlich so –, dass der Opiumanbauin Afghanistan inzwischen ein nie gekanntes Maß er-reicht hat. Das lässt nach elf Jahren Drogenanbaube-kämpfung doch nur den Schluss zu, dass ebenjene ge-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29601
Hans-Christian Ströbele
(C)
(B)
scheitert ist. Warum beantworten Sie diese Frage nicht,sondern reden darum herum? Dass die Bundesregierungnicht entsprechend beauftragt war usw., das ist mir allesbekannt.C
Herr Abgeordneter, ich sagte bereits, dass Afghanistan
bedauerlicherweise weiterhin der weltweit größte Produ-
zent von Opium, Heroin und Cannabis ist. Ich kann Ihnen
gerne noch einmal die konkreten Zahlen aus dem vom
UNODC veröffentlichten Afghanistan Opium Survey
2012 nennen: Auf einer Fläche von 154 000 Hektar wurde
Schlafmohn angebaut, aus dem etwa 3 700 Tonnen
Opium produziert wurden. Damit stieg die Drogenan-
baufläche im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent.
Das bestätigt Ihre These, auch wenn Sie andere Anga-
ben haben, wie Sie eben noch einmal erläutert haben. In
dem Bericht stand allerdings auch, dass der Ertrag auf-
grund schlechter Witterungsverhältnisse und Pilzbefalls
um 36 Prozent gesunken ist und dass er damit zwar ge-
ringer als 2011, aber immer noch sehr hoch war.
Herr Ströbele.
Sie haben meine Frage wieder nicht beantwortet. Die
Zahl von 154 000 Hektar Mohnanbaufläche haben Sie
mir schon einmal genannt; die kenne ich. Ich halte diese
Zahl nicht für richtig. Sie ist erheblich höher. Es sind na-
hezu 200 000 Hektar Opiumanbaufläche. Können Sie
mir bestätigen, dass dies die mit Abstand höchste Zahl
seit elf Jahren ist, also seit die Bundeswehr in Afghanis-
tan im Einsatz ist, sei es im Rahmen von ISAF, sei es im
Rahmen des Enduring-Freedom-Mandats?
C
Ich gehe davon aus, dass ich Ihnen die Frage beant-
wortet habe. Es ist Ihr gutes Recht, andere Ansichten zu
diesen Zahlen zu haben. Sie haben selbst gesagt, dass Sie
andere Quellen haben. Ich bin auch gerne bereit, Ihnen
Einsicht in die Anlage, die sich als Verschlusssache in
der Geheimschutzstelle befindet, zu gewähren. Sie kön-
nen als Abgeordneter jederzeit Einsicht nehmen.
Wir stellen mit großer Sorge fest, dass sich die Größe
der Anbaufläche nicht verringern lässt, obwohl man in
Afghanistan versucht, dem Problem durch die Beseiti-
gung von Drogenanbauflächen zu begegnen. Das ist aber
in erster Linie eine Aufgabe der afghanischen Regie-
rung. Wir können mithelfen, die afghanische Regierung
zu befähigen, Drogenanbau und Drogenhandel zu be-
kämpfen.
Sie wissen, dass das Auswärtige Amt vier Drogenbe-
kämpfungsprojekte für Afghanistan mit einem Umfang
von über 1 Million Euro bewilligt hat. Deutschland hat
auch den Bau eines Drogenlabors für das Hauptquartier
der Counter-Narcotics Police Afghanistan, CNPA, in
Kabul finanziert. Ich glaube, dass dies der richtige Weg
ist, um dem Problem zu begegnen, auch wenn ich weiß,
dass es bei weitem nicht ausreicht.
Nachfragen dazu liegen jedenfalls jetzt nicht vor.
Die Fragen 39 und 40 der Kollegin Hänsel sollen nun
auch schriftlich beantwortet werden.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern.
Ich rufe die Frage 41 des Kollegen Beck auf:
Wie viele afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr
oder deutsche Organisationen in Afghanistan arbeiten, haben
seit 2002 einen Asylantrag in Deutschland gestellt, und wie
Ich bitte den Parlamentarischen Staatssekretär Ole
Schröder, sie zu beantworten.
D
Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Seit dem Jahr
2002 haben mehr als 32 000 afghanische Staatsangehö-
rige beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge,
BAMF, einen Asylantrag gestellt. Die erfragten Hinter-
gründe zu Asylantragstellern bzw. die jeweiligen Gründe
für eine Asylantragstellung werden beim BAMF nicht
statistisch erhoben. Daher können konkrete Aussagen
darüber, wie viele afghanische Ortskräfte, die seit 2002
für deutsche Stellen in Afghanistan gearbeitet haben, in
Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nicht ge-
troffen werden. Nach Schätzungen des BAMF liegt die
Zahl der ehemaligen Ortskräfte, die im Jahr 2012 in
Deutschland Asyl beantragt haben, im niedrigen zwei-
stelligen Bereich.
Bitte schön, Herr Beck.
Herr Staatssekretär, es gibt ja im Zusammenhang mitdieser Frage auch eine innenpolitische Diskussion da-rüber, ob man den Ortskräften in Afghanistan, die für dieBundeswehr oder für die deutschen Entwicklungsdienstetätig waren, nicht grundsätzlich die Aufnahme anbietenmuss, falls sie wegen ihrer Zusammenarbeit mit deut-schen Stellen unter Druck kommen. Es ist eigentlichUsus bei Auslandseinsätzen, dass man, wenn man ab-zieht, den Menschen, die mit einem zusammenarbeitenund die dadurch gegebenenfalls gefährdet sind, anbietet,mitzugehen.Deshalb würde mich schon interessieren, wie viele ei-nen solchen Antrag gestellt haben. Insbesondere interes-siert mich – ich hatte danach gefragt; darauf möchte icheine Antwort haben –, in wie vielen Fällen Anträge aufAufnahme in die Bundesrepublik Deutschland von Orts-kräften gestellt wurden und wie viele dieser Anträge bis-
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29602 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Volker Beck
(C)
(B)
lang entweder nicht beschieden oder abgelehnt wurdenund aus welchen Gründen dies gegebenenfalls so ist. Ichbeziehe mich noch einmal auf meine Ausgangsfrage undbitte um vollständige Beantwortung.D
Wir machen genau das, was Sie eben von der Bundes-
regierung verlangt haben: Wir stellen den Ortskräften,
die in Afghanistan Gefahren für Leib und Leben ausge-
setzt sind, in Aussicht, dass sie nach Deutschland kom-
men dürfen. Aber das muss natürlich nach einer Einzel-
fallprüfung festgestellt werden.
Bisher haben 24 Ortskräfte des Verteidigungsministe-
riums und 3 Ortskräfte des Bundesministeriums des In-
nern um eine Prüfung und Bewertung ihrer persönlichen
Situation vor dem Hintergrund einer möglichen Bedro-
hung gebeten. Dies wird jetzt im Einzelfall geprüft wer-
den.
Nächste Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie bitten, uns über
die jeweiligen Verfahrensstände zu informieren. Gibt es
schon Aufnahmezusagen? Gibt es Ablehnungen? Wie
viele von diesen 27 Verfahren, die Sie jetzt genannt ha-
ben, sind noch in der Schwebe?
Ich darf in diesem Zusammenhang darum bitten, dass
Sie versuchen, die nächste Frage zur NPD, die schriftlich
beantwortet wird, diesmal – ich stelle sie zum zweiten
Mal – vollständig zu beantworten. Denn sonst muss ich
Sie als Verfassungsorgan gegebenenfalls im Rahmen ei-
ner Organklage zur Auskunft verpflichten.
D
Bisher sind 15 Fälle geprüft worden. Dabei handelt es
sich noch nicht um eine formelle Antragstellung. In ei-
nem aktuellen Fall wurde die Gefährdungssituation be-
reits so bewertet, dass eine Aufnahme nach Deutschland
möglich sein wird.
Der Kollege Ströbele möchte dazu noch eine Zusatz-
frage stellen.
Genau. Danke, Herr Vorsitzender. – Herr Staatssekre-
tär, ich frage mich – und gebe die Frage an Sie weiter –,
mit welcher Begründung eigentlich jetzige oder bald
ehemalige Mitarbeiter der Bundeswehr oder anderer
deutscher oder alliierter Stellen in Afghanistan einen
Asylantrag stellen, zum Beispiel die 27, die Sie genannt
haben. Denn die Sicherheitslage in Afghanistan wird
nach Angaben der Bundesregierung ständig besser und
soll bis zum Ende des Jahres 2014 so gut sein, dass die
afghanischen Sicherheitsbehörden die Sicherheit der Be-
völkerung garantieren können.
D
Inwieweit eine Gefährdungslage für einzelne Orts-
kräfte besteht, muss im Einzelfall geprüft werden. Das
hängt auch davon ab, in welcher Region sie sich befin-
den. Das kann man nicht pauschal beurteilen.
Die Frage 42 des Kollegen Volker Beck soll schriftlichbeantwortet werden. Das gilt auch für die Fragen 43und 44 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter, für die Fragen 45und 46 des Kollegen Lars Klingbeil, für die Fragen 47und 48 der Kollegin Brigitte Zypries, die Fragen 49 und 50des Kollegen Gerold Reichenbach, die Fragen 51 und 52des Kollegen Michael Hartmann sowie die Fragen 53und 54 der Kollegin Kirsten Lühmann. Diese waren alledem Innenministerium zugedacht.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums der Justiz. Die Frage 55 des KollegenDr. Tobias Lindner und die Frage 56 der Kollegin SevimDağdelen sollen schriftlich beantwortet werden.Wir kommen zum Bereich des Bundesministeriumsder Finanzen. Die Fragen 57 und 58 des KollegenManuel Sarrazin, die Fragen 59 und 60 der KolleginDr. Barbara Höll sowie die Fragen 61 und 62 des Kolle-gen Dr. Axel Troost sind allesamt zur schriftlichen Be-antwortung angemeldet.Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Arbeit und Soziales.Ich darf den Parlamentarischen Staatssekretär RalfBrauksiepe bitten
– tja –,
die mitgebrachten Antworten sorgfältig zu verwahren,weil nicht auszuschließen ist, dass eine ähnliche Frageneu gestellt wird und dann tatsächlich beantwortet wer-den muss.Die Fragestellerin der Fragen 63 und 64 ist die Kolle-gin Anette Kramme. Da die Kollegin nicht im Saal ist,wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgese-hen.Die Frage 65 des Kollegen Arfst Wagner wird schrift-lich beantwortet.Wir kommen zu den Fragen 66 und 67 der KolleginUlla Jelpke. Da sie nicht anwesend ist, wird verfahren,wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.Damit ist dieser Geschäftsbereich in der gerade be-schriebenen Weise heute abgehandelt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29603
Präsident Dr. Norbert Lammert
(C)
(B)
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-riums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz auf.Ich begrüße die Kollegin Behm, die immer noch daist, und freue mich, dass der Parlamentarische Staats-sekretär – –
– Wo ist er? – Er ist nicht da. Kann der Herr Staatsminis-ter oder sonst jemand aushelfen? – Auch nicht. Dannschauen wir einmal – Frau Behm, haben Sie noch einenAugenblick Zeit? –,
ob wir dieses Problem möglicherweise durch Umstel-lung der Reihenfolge lösen können.Dann kommen wir jetzt zum Geschäftsbereich desBundesministeriums der Verteidigung.Da Frau Evers-Meyer nicht anwesend ist, wird beiden Fragen 69 und 70 so verfahren, wie in der Ge-schäftsordnung vorgesehen.Aber der Kollege Ströbele ist da.Daher rufe ich die Frage 71 des Kollegen Ströbeleauf:Welche Planung haben Bundesregierung und Bundeswehrfür den Einsatz deutscher Streitkräfte in Afghanistan für dieZeit nach Ende 2014, wenn bis dahin die Sicherheitslage inAfghanistan nicht gut ist oder wieder schlechter wird und dieafghanischen Sicherheitskräfte nicht oder nicht mehr in derLage sind, die Sicherheit der Bevölkerung ausreichend zu ga-rantieren, und wie soll nach Auffassung der Bundesregierungdie Beurteilung der Sicherheitslage in Afghanistan zum Jah-reswechsel 2014/2015 und danach verbindlich vorgenommenwerden?Ich bitte den Parlamentarischen StaatssekretärSchmidt, die Frage zu beantworten.C
Herr Präsident, im Sinne einer kameradschaftlichen
Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung
und in freudiger Wahrnehmung der Präsenz des Kolle-
gen Ströbele erlaube ich mir, diese Frage, die er, wenn
ich es richtig sehe, in gewisser Weise in Anknüpfung an
die Nachfragen, die er bereits der Kollegin Staatsminis-
terin Pieper, also den Zuständigkeitsbereich des Auswär-
tigen Amts betreffend, gestellt hat, wie folgt zu beant-
worten: Die aktuellen Planungen der NATO bezüglich
einer NATO-geführten Ausbildungs-, Beratungs- und
Unterstützungsmission berücksichtigen die Entwicklun-
gen in Afghanistan und die Planungen der Bundeswehr,
die einer endgültigen Festlegung der Planungen der
NATO vorgreifen.
Der Bundesminister der Verteidigung und der Bun-
desaußenminister haben letzte Woche die in den Bedin-
gungen einer entsprechenden Konzeption genannten
Zahlen und den Rahmen der Ausbildungsmission darge-
stellt. Es geht um 600 bis 800 Soldaten, die im Wesentli-
chen ausbilden sollen. Wir gehen davon aus – das ist
eine der Bedingungen –, dass die Ziele des fortschreiten-
den Aufbaus der afghanischen Sicherheitskräfte und der
Übernahme der Sicherheitsverantwortung im Rahmen
der Umsetzung der sogenannten Transitionsziele erreicht
werden.
Der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte – ein
ganz wichtiger Aspekt, um dafür zu sorgen, dass die
afghanische Seite die Sicherheitsverantwortung wahr-
nehmen kann – nähert sich, was den Personalumfang be-
trifft, der Zielgröße von 352 000 Soldaten. Es ist beab-
sichtigt, diese Personalstärke bis zum Jahre 2018
beizubehalten. Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass
die Bundesregierung in ihrem planerischen Vorschlag
erst einmal von einem Zeitraum von zwei Jahren aus-
geht; das heißt, es geht um die Jahre 2015 und 2016.
Eine weitergehende Vorausschau im Hinblick auf die Si-
cherheitslage zu geben, würden Sie weder von mir ver-
langen, noch wäre ich in der Lage, sie zu geben, ohne ins
Spekulative zu geraten.
Die afghanischen Sicherheitskräfte haben gegenwär-
tig schon 85 Prozent des Landes in eigene Sicherheits-
verantwortung übernommen. Im Norden, dem Verant-
wortungsbereich der Bundeswehr, ist die Übernahme
bereits in allen Distrikten erfolgt. Die derzeit deutlich – –
Herr Staatssekretär, Sie achten bitte auch gelegentlich
auf die Zeit, ja?
C
Selbstverständlich, Herr Präsident. – Die Planungsan-
nahmen stimmen deswegen grundsätzlich überein: Wir
gehen davon aus, dass sich die Sicherheitslage in Rich-
tung einer gewissen Stabilität so entwickelt, dass es ver-
antwortbar ist, dass wir mit der Ausbildungsmission in
Afghanistan nach 2014 beginnen.
Kollege Ströbele.
Herr Staatssekretär, die Zahl 315 000 ist mir auch be-kannt; davon können Sie ausgehen.Meine Frage: Können Sie bestätigen, dass bei den Si-cherheitskräften, die derzeit in Afghanistan ausgebildetsind, jedes Jahr ein Schwund von etwa einem Drittel derMannschaftsstärke festzustellen ist? Geben Sie mirrecht, dass, wenn das der Fall ist, zu befürchten ist, dassnach dem Abzug der alliierten Truppen entweder wiederein schrecklicher Bürgerkrieg entsteht oder die NATOund die internationalen Kräfte dort bleiben?
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29604 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
(C)
(B)
C
Herr Kollege Ströbele, die Zahlen kann ich nicht be-
stätigen. Wir haben allgemeine Informationen über einen
gewissen Schwund. Ich würde Ihnen, Ihr Einverständnis
vorausgesetzt, die aktuellen Zahlen – soweit sie uns zu-
gänglich sind – noch zuleiten wollen.
Man muss differenzieren zwischen der Entwicklung
bei den afghanischen Streitkräften und bei der afghani-
schen Polizei; dort gab es, wie wir wissen, eine Zeit lang
in der Tat eine sehr hohe Schwundquote.
Man muss auch insgesamt differenzieren – Sie gestat-
ten, dass ich den Blick auf den Norden Afghanistans
richte –: Wir haben im Norden eine relative Stabilität der
afghanischen Streitkräfte: Das 209. afghanische Korps,
das im Wesentlichen der Partner bei der Sicherheitsge-
währleistung im Norden ist, ist ein stabiles und in der
partnerschaftlichen Arbeit durchaus gutes Korps. Sie
wissen, dass wir die Frage der Innentäter – ich suche
nach einem Wort – im Griff behalten, wir zumindest bis-
her erfreulicherweise feststellen können, dass solche
Vorfälle eine absolute Ausnahme darstellen.
Es wird notwendig sein, dass wir uns über die Fragen
der Erkenntnisgewinnung, Nachrichtengewinnung, In-
formation auch immer ein aktuelles Bild von der Sicher-
heitslage verschaffen, auch 2015 und 2016.
Kollege Ströbele, Sie haben eine zweite Nachfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben wieder meine Frage
nicht beantwortet.
C
Das war nicht meine Absicht!
Ich will sie jetzt noch einmal in anderer Form stellen:
Ist die Bundesregierung bereit, angesichts dessen, dass
die Vorhersagen bezogen auf den Erfolg des Einsatzes
der Bundeswehr in Afghanistan seit 2011 und der NATO
insgesamt – Enduring Freedom und ISAF – nicht einge-
troffen sind, einzuräumen, dass auch hier zumindest die
Möglichkeit oder hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass
die Voraussage wieder nicht zutrifft? Hat die Bundesre-
gierung für den Fall, dass ihre Sicherheitsvoraussage
nicht eintritt, irgendwelche Pläne? Oder ignorieren Sie
das und sagen: „Wir schauen uns das am 1. Januar 2015
an, und dann überlegen wir neu“?
C
Herr Kollege, ich will mich entschuldigen, wenn ich
Ihre Frage nicht beantwortet haben sollte.
Ihre „Stimmen Sie mir zu“-Anfragen beantworte ich
allerdings so nicht. Ich versuche, zu differenzieren: Ich
stimme Ihnen insoweit zu, als es – so habe ich Sie auch
verstanden – notwendig ist, dass die Sicherheitslage ge-
nau analysiert wird. Ich habe mir in meiner langjährigen
politischen Arbeit und aufgrund meiner Lebenserfah-
rung angewöhnt, Prognosen über Entwicklungen – in
Afghanistan und anderswo – große Skepsis entgegenzu-
bringen.
Denken Sie an die Tatarenmeldungen in Afghanistan.
Ich erinnere an den bildhaften Satz einer verantwortli-
chen Kirchenführerin: „Nichts ist gut in Afghanistan.“ –
Der war falsch und daneben. Das gilt genauso für die
Vorstellung, in Afghanistan würde sozusagen ein irdi-
sches Paradies entstehen. Die Wahrheit liegt, wie so oft,
in der Mitte und ist in den Regionen unterschiedlich.
Wir werden uns die Mühe machen, die Sicherheits-
lage Punkt für Punkt zu beurteilen, und dann – ich würde
mich freuen, wenn Sie das so akzeptieren würden – ein
Stück auch auf Voraussehbarkeit und Sicht zu fahren. Ich
bin nicht in der Lage, Ihnen heute eine Prognose dafür
zu geben, wie sich Afghanistan bis 2020 sicherheitsmä-
ßig entwickeln wird. Ich bin allerdings mit einem gewis-
sen Optimismus ausgestattet, sodass ich sagen kann,
dass sich das, was sich in den letzten elf Jahren in Af-
ghanistan entwickelt hat, heute räsonabel und erträglich
darstellt.
Kollege Volker Beck hat eine Nachfrage.
Vor dem Hintergrund, den Sie gerade geschildert ha-
ben, dass es schwer ist, eine Sicherheitsprognose für die
Zukunft abzugeben, will ich wissen, wie die Bundes-
wehr mit ihren Ortskräften umgeht und ob sie sie da-
rüber informiert, dass es Aufnahmemöglichkeiten in
Deutschland gibt. Wie stellen Sie den Ortskräften der
Bundeswehr die Aussicht auf Erfolg bezüglich dieser
Aufnahmemöglichkeiten in Deutschland jeweils dar?
C
Lieber Herr Kollege Beck, Sie haben dem KollegenSchröder, BMI, ja eine Frage gestellt, die in diese Rich-tung ging, und mit der Androhung juristischen Unge-machs auch Zahlen herausverlangt; ich darf das so fest-stellen.
– Ich habe mich auf die Zahlen hinsichtlich der Asylbe-werber bzw. der behandelten Fälle von Ortskräften inAfghanistan sowohl des BMI als auch des AuswärtigenAmts und des Bundesministeriums der Verteidigung be-zogen.Ich kann Ihnen hier nicht mit einer Antwort dienen,weil es bei Ihrer Zusatzfrage eigentlich nicht um das Si-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29605
Parl. Staatssekretär Christian Schmidt
(C)
(B)
cherheitsszenario ging, was ja, Herr Präsident, bei stren-ger Bewertung des zulässigen Inhalts von Zusatzfragender Fall sein müsste. Ich biete allerdings an, die Zahlennachzuliefern, damit Sie mir nicht auch juristisches Un-gemach androhen oder eventuell auch noch das Bundes-verfassungsgericht bemühen müssen, das sich ja häufi-ger mit Klagen aus dieser Stadt befassen muss.
Das kann nur eine Klarstellung und keine Nachfrage
sein. Einen Satz, bitte, Kollege Volker Beck. Sie kennen
die Geschäftsordnung und wenden sie ja ununterbrochen
an. Insofern wissen Sie, was Sie zu tun haben.
Bitte schön.
Und ich weiß natürlich, dass der Präsident die Sitzung
leitet.
Ich wollte nur zwei Sachen klarstellen:
Meine Einlassung bezüglich der Organklage bezog
sich darauf, dass die Bundesregierung die Frage zum
NPD-Verbotsverfahren endlich wahrheitsgemäß und
umfassend beantworten soll, weil sie entsprechend ge-
stellt wurde.
C
Herr Kollege Beck, dann nehme ich das mit dem Aus-
druck der Erleichterung zurück.
So geht es natürlich nicht.
Von Ihnen hatte ich nicht Zahlen erfragt, sondern ich
hatte darum gebeten, zu sagen, was Sie den Ortskräften
sagen, was sie machen können, um eine Aufnahme hier
bewilligt zu bekommen, und wie Sie die Aussichten dar-
stellen.
Die Zahlen hat der Herr Kollege Schröder genannt.
Jetzt Herr Staatssekretär, und dann ist dieser Punkt
beendet.
C
Bevor wir jetzt allgemein erleichtert sind, darf ich sa-
gen: Diese schwierige Frage, die Sie stellen, ist existen-
ziell für unsere Ortskräfte. Ich darf mich insofern aber
doch der Antwort des Kollegen Schröder anschließen,
dass wir eine Einzelfallprüfung vornehmen werden.
Zum Zeitraum, nach dem Sie fragen: Das geschieht
natürlich, bevor Afghanistan eine andere Sicherheits-
struktur erhält. Der Rahmen ist bis 2014 gesteckt. Wir
wollen uns nach pflichtgemäßem Ermessen und im Be-
wusstsein einer gewissen Vorsorgeverantwortung für die
für uns tätigen afghanischen Kräfte dann auch so zügig
wie möglich entscheiden.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Jetzt springen wir,
wie wir vorhin vereinbart haben, zurück in den Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Zur Beantwor-
tung der Frage steht der Parlamentarische Staatssekretär
Dr. Gerd Müller zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 68 unserer Kollegin Cornelia Behm
auf:
Welche Schlussfolgerungen für die Agrarstrukturpolitik
zieht die Bundesregierung aus der von ihr in Auftrag gegebe-
nen Studie des Thünen-Instituts, der zufolge der Einfluss von
Kapitalanlegern in der ostdeutschen Landwirtschaft gewach-
sen ist und voraussichtlich weiter wachsen wird, und mit wel-
chen Mitteln will sie den negativen Aspekten dieser Entwick-
lung, wie zum Beispiel dem verstärkten Arbeitsplatzabbau
und den Spezialisierungstendenzen, die dem Ziel zuwiderlau-
fen, Stoff- und Produktionskreisläufe zu schließen, begegnen?
Herr Müller, ich bitte Sie, zu antworten.
Dr
Vielen Dank, Herr Präsident. – Entschuldigung, dassich eben einige Sekunden zu spät gekommen bin.Frau Behm, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: DasThünen-Institut hat im Auftrag des BMELV und aufBitte der Agrarministerinnen und Agrarminister der Län-der den Entwurf eines internen Zwischenberichts derStudie zu Ausmaß und Entwicklung des Erwerbs vonKapitalanteilen durch nichtlandwirtschaftliche Investo-ren und landwirtschaftliche Unternehmen vorgelegt. Derverschärfte Wettbewerb um Eigentum und Flächenbe-wirtschaftung ist ein allgemeiner Trend, an dem auchviele erfolgreiche landwirtschaftliche Unternehmen teil-nehmen.In vielen Betrieben haben die Anteilskäufe positiveEffekte, bedeuten meist eine verstärkte Investitionstätig-keit, eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit und die Siche-rung von Arbeitsplätzen. In anderen Betrieben kommt eszu Spezialisierungstendenzen, beispielsweise im Biogas-markt und bei der Fruchtveredelung, zu Rationalisierun-gen und auch zu einem Abbau von Arbeitskräften.Im Hinblick auf mögliche Konsequenzen sind in die-sem Fall insbesondere die Länder gefragt, denen in derFöderalismusreform I im Jahr 2006 die Zuständigkeit fürdas landwirtschaftliche Grundstücksverkehrsrecht über-tragen wurde. Die Länder sind auch deshalb gefragt,weil Ergebnisse der Studie belegen, wie unterschiedlichdie Situation auf dem Bodenmarkt in den einzelnen Re-gionen ist.
Metadaten/Kopzeile:
29606 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müller
(C)
(B)
Das Ganze ist kompliziert, aber Sie, Frau Behm, ha-ben es verstanden; denn Sie sind die Fachfrau dafür.
Frau Kollegin Behm hat die erste Nachfrage. Bitte
schön, Frau Kollegin Behm.
Im Zusammenhang mit dem Vorliegen dieser Studie
wurde darauf hingewiesen, dass das Agrarressort, also
Ihr Ressort, eine Bewertung dieser Entwicklung vermei-
det und auf positive und negative Effekte, wie Sie sie ge-
rade angeschnitten haben, verweist. Ich meine schon,
dass der Verweis auf die Zuständigkeit der Bundesländer
insofern nicht ausreicht, als Sie als zuständiges Ressort
durchaus eine Meinung dazu haben könnten. Ich finde,
Sie sollten zum Ausdruck bringen, was aus Ihrer Sicht
auf Landesebene sinnvollerweise umzusetzen wäre.
Es gibt ja das Grundstücksverkehrsgesetz, das Ver-
pachtung und Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke
regelt. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung nicht
sinnvoll und notwendig, die grundstücksverkehrsrechtli-
che Genehmigungspflicht auf die Veräußerung von Ge-
sellschaftsanteilen landwirtschaftlicher Unternehmen
auszuweiten? Bisher geht es ja immer nur um Grundstü-
cke. Hier wäre jetzt die Frage: Kann man das Ganze auf
Gesellschaftsanteile ausweiten?
Dr
Frau Kollegin, diese Frage ist natürlich interessant.
Ich muss Sie noch einmal darauf verweisen, dass wir es
hier eben mit der Gesetzgebungskompetenz der Länder
für den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr zu tun
haben. Im Föderalismus wäre vieles zwar wünschens-
wert – etwa die Stärkung der Bundeskompetenz –, aber
so ist das nun einmal.
Wir haben uns – das möchte ich Ihnen gerne zur
Kenntnis geben; vielleicht haben Sie es noch nicht erfah-
ren – auf der Amtschef- und Agrarministerkonferenz
vom 10. bis 12. April 2013 in Berchtesgaden zusammen
mit den Bundesländern mit diesem Thema sehr ausführ-
lich beschäftigt. Es gibt dazu einen umfassenden Be-
richt. Darin wird unter anderem auf die Positionierung
der Länder eingegangen. Das ist ein Thema, das wir mit
den Ländern besprechen müssten.
Frau Kollegin Behm, Sie haben die Möglichkeit, eine
zweite Nachfrage zu stellen.
Ich gebe zu, es ist so, dass das Grundstücksverkehrs-
recht in die Hoheit der Länder übergegangen ist. Es wird
leider viel zu wenig angewendet. Aber die Bundesregie-
rung hat ja immerhin über die Privatisierungsgrundsätze
mit der Hoheit über die BVVG-Privatisierungstätigkeit
ein gewisses Aktionsfeld, mit dem sie immer noch Ein-
fluss auf die Entwicklung der Agrarstrukturen, zumin-
dest in Ostdeutschland, nehmen kann. Sie hat damit die
Möglichkeit, diskriminierungsfreie Regelungen zum Di-
rekterwerb und zu den Ausschreibungen zu schaffen und
dafür zu sorgen, dass vor allem kleine Betriebe, die für
Kapitalanleger weniger interessant sind, bei den Aus-
schreibungen zum Zuge kommen, zum Beispiel durch
kleinere Losgrößen, aber auch dadurch, dass man die
Höchstgrenze für den Erwerb von BVVG-Flächen redu-
ziert.
Meine Fraktion hat ja entsprechende Vorschläge ge-
macht; einiges davon ist auch mit den Ländern diskutiert
worden. Da würde ich gerne wissen, wie der Stand der
Abstimmung mit den Ländern in Bezug auf den Vor-
schlag ist, die Losgrößen herabzusetzen, und was die
Bundesregierung von dem Vorschlag hält, für den Er-
werb von BVVG-Flächen eine Obergrenze – zum Bei-
spiel 100 Hektar – über alle Verkaufsarten hinweg einzu-
führen.
Dr
Das war jetzt natürlich eine sehr differenzierte Frage
zum Verfahren der über die BVVG geregelten Vergabe.
Dies nehme ich gerne mit, Frau Behm, um Ihnen schrift-
lich differenziert zu antworten; denn dazu ist es notwen-
dig, dass entsprechende Rückfragen gestellt werden. Ich
sehe Ihr Anliegen, das auch unser Anliegen ist, dass wir
vor Ort, insbesondere in den ostdeutschen Ländern, bei
Grund und Boden – Grund und Boden ist nach wie vor
attraktiv – nicht zu einer kompletten Loslösung der In-
vestoren aus den Regionen dadurch kommen, dass sich
hier private Kapitalgesellschaften in großem Stile in den
Bodenerwerb einschalten. Dies ist ebenso Ihr Ziel wie
unser Ziel. Ich nehme dies also gern mit und gebe Ihnen,
so Sie einverstanden sind, einen differenzierten schriftli-
chen Bericht auf die doch sehr detaillierte Frage, zu der
ich aus dem Stand heraus nicht sagen kann, wie die
BVVG dies nun im Einzelnen handhabt.
Vielen Dank, Frau Behm und Herr StaatssekretärDr. Müller.Die Fragen 72 und 73 des Kollegen Dr. Ernst DieterRossmann aus dem Geschäftsbereich des Bundesminis-teriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werdenschriftlich beantwortet, sodass wir zum Geschäfts-bereich des Bundesministeriums für Gesundheit kom-men. Die Parlamentarische Staatssekretärin AnnetteWidmann-Mauz steht zur Beantwortung der Fragen zurVerfügung.Die Fragen 74 und 75 der Kollegin Dr. MartinaBunge werden schriftlich beantwortet.Wir kommen daher nun zur Frage 76 der KolleginElisabeth Scharfenberg:Wie beurteilt die Bundesregierung die Reaktion des Bun-desministeriums für Gesundheit auf die Kritik der StiftungWarentest, dass für eine vollständige Absicherung im Pflege-fall der Pflege-Bahr mit einer un-
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geförderten Pflegetagegeldversicherung ergänzt werdensollte, nachdem der Pflege-Bahr doch eigentlich gerade Men-schen mit geringem Einkommen oder mit Vorerkrankungen,die keine zusätzliche ungeförderte Pflegetagegeldversiche-rung abschließen können, den Abschluss einer Pflegezusatz-versicherung ermöglichen sollte, und warum sollten Men-schen, die sich ungeförderte Pflegezusatzversicherungenleisten können, den in allen Belangen ungünstigeren Pflege-Bahr abschließen?Ich bitte Sie, Frau Staatssekretärin, diese Fragen zubeantworten.A
Herr Präsident! Frau Kollegin Scharfenberg, die Bun-
desregierung widerspricht der in Ihrer Frage angeführten
Einschätzung zur geförderten Pflegevorsorge im Ver-
hältnis zu ungeförderten Pflegezusatzversicherungen
ausdrücklich. Das Ziel der Bundesregierung bei der
staatlich geförderten Pflegevorsorge ist es, den Einstieg
in die private Vorsorge zu fördern. Die staatlich ge-
förderte Pflegevorsorge leistet damit einen wichtigen
Beitrag insbesondere dazu, die Finanzierungslücke zwi-
schen zukünftigen Pflegekosten und den Pflegeleistun-
gen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu reduzieren.
Dies kann insbesondere auch Menschen mit Vorerkran-
kungen oder Menschen mit unterdurchschnittlichem
Einkommen helfen, im Pflegefall eine größere Freiheit
zu haben, um zu entscheiden, wie sie gepflegt werden
wollen.
Darüber hinaus sehen die gesetzlichen Regelungen,
denen geförderte Produkte dann auch genügen müssen,
zahlreiche Vorteile gegenüber ungeförderten Produkten
vor, zum Beispiel niedrigere Verwaltungs- und Ab-
schlusskosten oder Regelungen zur Ruhendstellung im
Falle von finanzieller Hilfebedürftigkeit.
Wer darüber hinaus eine vollständige Deckung der Fi-
nanzierungslücke wünscht, der sollte sich sicherlich ver-
schiedene Angebote einholen und auch prüfen, welche
Absicherung im jeweiligen Einzelfall das beste Preis-
Leistungs-Niveau bietet. In vielen Fällen wird es sicher
eine Kombination aus geförderter und ungeförderter
Pflegezusatzversicherung sein.
Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Sieht denn die
Bundesregierung die Gefahr, dass sich im Pflege-Bahr
– Sie haben es ja eben kurz erwähnt – nur die schlechten
Risiken – ich meine mit schlechten Risiken die Men-
schen, die chronisch krank sind – sammeln und dass die
Beiträge daraufhin entsprechend stark ansteigen müss-
ten?
A
Frau Kollegin Scharfenberg, nein, diese Befürchtung
sehen wir nicht. Wir sehen, dass im Moment in der pri-
vaten Pflegeversicherungswirtschaft in der Regel unge-
förderte Pflegeprodukte nur noch in Kombination mit
der geförderten Vorsorge angeboten werden und damit
eine Risikodurchmischung gegeben sein wird. Deshalb
teilen wir diese Befürchtungen nicht.
Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg.
Wie will denn die Bundesregierung der Gefahr stark
steigender Beiträge im Pflege-Bahr konkret begegnen?
A
Frau Kollegin Scharfenberg, bereits die gesetzlichen
Regelungen sehen Maßnahmen vor, die den Anstieg der
Beiträge dämpfen. Insbesondere die Begrenzung der Ab-
schluss- und Vermittlungskosten sind hier zu nennen, die
zu einer günstigeren Kostenentwicklung von geförderten
Produkten gegenüber nichtgeförderten Produkten füh-
ren.
Jetzt hat unsere Kollegin Cornelia Behm eine Nach-
frage. Bitte.
Frau Staatssekretärin, glaubt die Bundesregierung,
dass die Förderung von 5 Euro im Monat beim Pflege-
Bahr, der zumeist ohnehin schon wesentlich höhere Ta-
rife als ungeförderte Pflegezusatzversicherungen hat und
dessen Tarife voraussichtlich weiter steigen werden,
wirklich einen Anreiz bietet, eine solche Versicherung
abzuschließen? Soll die Förderung von 5 Euro im Monat
die Risiken des Kontrahierungszwangs ausgleichen?
A
Frau Kollegin Behm, 5 Euro bei einem Mindesteigen-
beitrag von 10 Euro für eine gesetzlich geförderte pri-
vate Pflegevorsorge machen insbesondere in den Berei-
chen, in denen das vereinbarte Leistungsvolumen dem
gesetzlichen Minimum entspricht, bis zu 30 Prozent des
eigentlichen Beitrages aus. Das ist eine erhebliche Er-
leichterung, insbesondere für Geringverdiener, um in
eine private Pflegevorsorge einzusteigen. Deshalb halten
wir dies angesichts der Tatsache, dass viele Menschen
aufgrund von Vorerkrankungen oder erhöhtem Risiko
keinen Vertrag über ein nichtgefördertes Vorsorgepro-
dukt abschließen können, weil die Versicherungen sie
ablehnen, für ein wirklich gutes Angebot, den Einstieg
zur Deckung von Lücken im Alter frühzeitig zu begin-
nen.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.
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Vizepräsident Eduard Oswald
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Wir kommen jetzt zur Frage 77, ebenfalls unsererKollegin Elisabeth Scharfenberg:Wie beurteilt die Bundesregierung den Hinweis der StiftungWarentest, dass die Beiträge zum Pflege-Bahr, die ja auch beiPflegebedürftigkeit weitergezahlt werden müssen, bei ungünsti-ger Beitragsentwicklung und fehlender Leistungsdynamisie-rung im Extremfall die im Pflegefall ausgezahlten Leistungen,etwa in der Pflegestufe 0 oder I, sogar übersteigen können, undgedenkt die Bundesregierung, als Konsequenz daraus die Bei-tragszahlung im Pflegefall als Kriterium für die Gewährung derstaatlichen Förderung abzuschaffen?Ich darf Sie um die Beantwortung bitten.A
Frau Kollegin Scharfenberg, die Aussagen der Stif-
tung Warentest zu den Risiken der Beitragsentwicklung
werden von uns nicht geteilt. Da die Versicherungsunter-
nehmen ungeförderte Pflegetagegeldversicherungen vor-
nehmlich in Kombination mit geförderten Pflegezusatz-
versicherungen anbieten, ist vielmehr damit zu rechnen,
dass sich die für die Beitragskalkulation maßgebliche
Risikostruktur der Versicherten von geförderten Zusatz-
versicherungen mit zunehmender Fallzahl immer weiter
an jene von ungeförderten Zusatzversicherungen anglei-
chen wird.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass eine Beitragsfrei-
heit im Leistungsfall durch entsprechend höhere Prä-
mien vorfinanziert werden müsste. Der Beitrag ist zu-
dem, gemessen am Leistungsanspruch im Leistungsfall,
in aller Regel geringfügig. Schließlich steht es den Versi-
cherten frei, Verträge mit einer Dynamisierung des Leis-
tungsanspruchs zu vereinbaren.
Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Scharfenberg.
Meine erste Nachfrage bezieht sich auf die Beitrags-
weiterzahlung nach dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit.
Warum hat die Bundesregierung denn genau das zum
Kriterium gemacht? Es gibt auch ungeförderte Verträge,
bei denen die Beitragszahlung nach Eintritt der Pflege-
bedürftigkeit endet.
A
Sehr geehrte Frau Kollegin Scharfenberg, zunächst
einmal möchte ich bemerken, dass sowohl in der gesetz-
lichen als auch in der privaten sozialen Pflegeversiche-
rung die Beiträge bei Leistungsbezug weiter entrichtet
werden. Ich denke, auch das gehört in diesen Kontext
mit hinein. Im Vergleich zu nicht geförderten Produkten
ergibt sich hier keine generelle Schlechterstellung, son-
dern wir haben auch hier eine Analogie.
Es ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Frage der
Prämiengestaltung natürlich immer an den Leistungen
oder den geringen Beitragseinnahmen bemessen muss.
Somit führt diese Regelung zu einem ausgewogenen
Verhältnis zu den vorhandenen gesetzlichen wie privaten
Vorsorgeprodukten.
Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Elisabeth
Scharfenberg.
Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die steigen-
den Beiträge, mit denen zu rechnen ist. Plant denn die
Bundesregierung, die Förderung zu dynamisieren, um
steigende Beiträge aufzufangen?
A
Frau Kollegin Scharfenberg, wie ich Ihnen auf eine
der vorangegangenen Fragen bereits geantwortet habe,
teilen wir die Befürchtung der Beitragssatzentwicklung
so nicht. Im Übrigen steht es den Vertragspartnern frei,
auch eine Dynamisierung abzusichern und dies vertrag-
lich zu vereinbaren.
Die Frau Kollegin Cornelia Behm hat noch eine
Nachfrage. – Bitte schön, Frau Kollegin.
Ich würde gerne wissen, Frau Staatssekretärin, ob die
Bundesregierung plant, die Grundsicherung im Alter da-
hin gehend weiterzuentwickeln, dass sie auch die Wei-
terzahlung der Beiträge zum Pflege-Bahr ermöglicht.
A
Frau Kollegin Behm, auch dazu gilt: Wir haben in an-
deren sozialen Sicherungssystemen der Pflegeabsiche-
rung bisher keine Weiterzahlung der Prämien bzw. Bei-
träge bei Leistungsbezug vorgesehen. Diskussionen
darüber, in der geförderten Pflegevorsorge eine Weiter-
zahlung der Prämien bzw. Beiträge vorzusehen, finden
in der Bundesregierung derzeit nicht statt.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.Die Fragen 78 und 79 der Kollegin Maria Klein-Schmeink und die Frage 80 des Kollegen Dr. Ilja Seifertwerden schriftlich beantwortet.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.Die Frage 81 des Kollegen Dr. Ilja Seifert, die Fragen 82und 83 der Kollegin Bettina Herlitzius, die Fragen 84 und 85 des Kollegen Gustav Herzog und die Fragen 86und 87 des Kollegen Herbert Behrens werden schriftlichbeantwortet. Somit sind wir am Ende unserer Frage-stunde.Ich unterbreche die Sitzung bis 15.35 Uhr. Dann fah-ren wir mit der Aktuellen Stunde fort.Die Sitzung ist unterbrochen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen unsereunterbrochene Sitzung fort.Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENGroße Vermögen durch Neuverhandlung desdeutsch-schweizerischen Steuerabkommenssowie durch eine Vermögensabgabe heran-ziehenErster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für dieFraktion Bündnis 90/Die Grünen unser KollegeDr. Thomas Gambke. Bitte schön, Kollege Dr. ThomasGambke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Wir Grünen haben zumThema „Steuerabkommen, Steuerhinterziehung“ heuteeine Aktuelle Stunde beantragt, weil durch die aktuellbekannten Fälle oder besser durch den aktuell bekanntenFall eines deutlich wird: Um wirksam Steuerhinterzie-hung zu bekämpfen, brauchen wir Transparenz und nichteine anonyme Abgeltungsteuer.
Jetzt ist der Weg frei für automatischen Informationsaus-tausch.Der Koalition wird in diesen Tagen noch einmal klarvor Augen geführt, in welches Desaster wir hinein-gerutscht wären, wenn wir uns für die Anonymität ent-schieden hätten. Sie versuchen, mit Halbwahrheiten, mitVerdrehungen, teilweise mit Falschaussagen Ihre Posi-tion zu untermauern. Ich finde das unerträglich.
Sie haben zum Beispiel gesagt, es gäbe keinen An-stieg bei den Selbstanzeigen. Ich lese im Handelsblatt,dass die Zahl der Selbstanzeigen sehr deutlich gestiegenist. Es gibt 3 356 Selbstanzeigen in den großen Bundes-ländern. Das zeigt doch auch, wie wichtig im Momentdas Instrument des Ankaufs der CDs ist: weil es den not-wendigen Druck ausübt, zur Selbstanzeige zu greifen.
Uli Hoeneß war nicht der einzige Vermögende, deroffenbar berechnend darauf gebaut hat, bei dem kusche-ligen Steuerabkommen in die Anonymität abgleiten zukönnen. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnenund Kollegen: Zocken darf sich nicht lohnen!
Wir wollen Brücken bauen für die Menschen, die indie Steuerehrlichkeit zurück wollen. Die strafbefreiendeSelbstanzeige ist ein richtiges Instrument. Voraussetzungmuss aber Transparenz sein.Erinnern wir uns doch noch einmal an die Beratungenim Finanzausschuss. Wir hatten 23 Sachverständige ge-laden. Zugegeben, 4 haben sich für das Steuerabkommenausgesprochen: Das war ein deutscher Steuerberater, daswar der Staatssekretär des Schweizer Finanzministe-riums, das war ein Vertreter der UBS, und das war einVertreter der Schweizerischen Bankiervereinigung.
Liebe Koalition, wenn man sich bei den Schweizernunterhakt, ist es kein Wunder, dass man dort die Zustim-mung zu diesem Steuerabkommen bekommt.
Wir standen damals vor einer Weggabelung: entwederVerbleiben in der Anonymität oder Schaffung vonTransparenz mit einem Abkommen, wie es übrigens dieAmerikaner schon im Mai davor unterzeichnet hatten.Das ist das sogenannte FATCA – Foreign Account TaxCompliance Act. Sie haben das ignoriert. Was haben wirerlebt, als wir vor etwas mehr als einem dreiviertel Jahrzusammen mit dem Finanzausschuss in Luxemburg wa-ren? Damals sagte uns der luxemburgische Finanzminis-ter Frieden: „Unter dem Eindruck des Steuerabkommensmit der Schweiz sind wir nicht bereit, dem automati-schen Informationsaustausch zuzustimmen.“ Das istdoch die Wahrheit gewesen.
Österreich hat sich damals in gleicher Art und Weise ge-äußert.Was sagt Herr Frieden jetzt, nach dem Scheitern,nachdem der Bundesrat widersprochen hatte? – Er sagt,er werde der EU-Zinsrichtlinie zustimmen. Ich will es andieser Stelle noch einmal deutlich sagen – ich habe dasin allen meinen Reden so gesagt –: Ich erinnere mich andie Herren der Koalition – ich erinnere mich an Sie, HerrSchäuble –, die immer die Verbindung zwischen demSteuerabkommen mit der Schweiz und den Maßnahmen,die innerhalb der EU und auch der USA unternommenwurden, also EU-Zinsrichtlinie und dem FATCA-Abkommen, bestritten haben. Es ist doch jetzt deutlichgeworden, dass diese Verbindung bestand; denn jetzt hatgeradezu ein Dammbruch in Richtung eines automati-schen Informationsaustauschs stattgefunden, und dashaben wir denjenigen zu verdanken, die in den Bundes-ländern die richtige Entscheidung getroffen haben.
Ich fordere Sie auf: Kommen Sie zur Vernunftzurück! Es ist doch eine alte Regel – und ich bin nichtganz unerfahren in der Sache –: Transparenz ist eine
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29610 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Dr. Thomas Gambke
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unabdingbare Voraussetzung für Ehrlichkeit und Ge-rechtigkeit. Das ist doch der Grundsatz, an dem wir unsorientieren müssen.
Sie haben für einen Judaslohn von 1,6 MilliardenEuro – nicht 2 Milliarden Euro, es werden immerFranken und Euro verwechselt; es waren auch nicht10 Milliarden Euro, das ist eine nie bestätigte Summe –versucht, die Steuerehrlichen zu verraten. Das ist uner-träglich;
denn was wir brauchen, ist Transparenz. Wir brauchenden Informationsaustausch, wir brauchen auch dieländerbezogenen Offenlegungspflichten, Country byCountry Reporting.
Auch das wurde von Ihnen abgelehnt. Ich bin froh, dassuns jetzt noch einmal so deutlich vor Augen geführtwurde, wie wichtig die Ablehnung im Dezember letztenJahres war.Vielen Dank.
Nächster Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist
unser Kollege Dr. Hans Michelbach.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle-gen! Die Opposition hat in den vergangenen Tagen einenbedauerlichen steuerrechtlichen Fall benutzt, um ihre ge-fährliche Polemik gegen die sogenannten Reichen zuverschärfen, ihre maßlosen Steuer- und Abgabenplänezu rechtfertigen
und ihre verantwortungslose Blockade zum Steuer-abkommen mit der Schweiz zu verschleiern. Keinen an-deren Zweck hat diese Aktuelle Stunde.
Mit Ihrer schäbigen Schmutzkampagne
überziehen Sie wieder einmal aus wahltaktischen Grün-den. Das muss ich Ihnen sagen. Herr Steinmeier undHerr Pronold haben von CSU-Steuerhinterziehern ge-sprochen. Das ist schäbig, dreist und unverschämt.
Herr Hoeneß ist weder CSU-Mitglied, noch hat er derCSU etwas gespendet.
Das hätten Sie der Bundestagsdrucksache jederzeit ent-nehmen können. Aber Sie setzen das Gegenteil in Um-lauf und verhalten sich nach dem Motto: Es wird schonetwas hängen bleiben. – Deswegen, meine Damen undHerren von der Opposition: Das lassen wir Ihnen nichtmehr durchgehen. Das können wir nicht akzeptieren.
Es gab und gibt derzeit zum Steuerabkommen mit derSchweiz keine Alternative,
um die jährlichen Verjährungen von Steuerhinterziehungzu unterbinden. Wir legalisieren keine Steuerhinterzie-hung. Minister Schäuble hat seine Verhandlungsspiel-räume bis an den Rand ausgeschöpft und ist sogar da-rüber hinausgegangen. Er hat letzten Endes das Ergebniserreicht, das machbar war. Es gibt weitere Initiativen vonMinister Schäuble auf EU-Ebene und auf G-20-Ebene;mit der OECD werden weitere Maßnahmen verschärft.Das sollten Sie einmal anerkennen.
Zur Wahrheit gehört auch: Rot-Grün hat unter Bun-desfinanzminister Eichel mit einer Steueramnestiedurchaus zweifelhafte Angebote an Steuerhinterzieherzu verantworten. Darüber sprechen Sie heute gar nichtmehr. Dagegen wollten wir mit dem Abkommen mit derSchweiz Vermögen bis zu 41 Prozent besteuern. Dasträgt zur Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit füralle bei, und zwar lückenlos. Ihre CDs bieten keinenlückenlosen Zugriff auf Steuerpflichtige. Das ist derUnterschied, den Sie anerkennen sollten.Bei einer strafbefreienden Selbstanzeige gilt in Deutsch-land im Übrigen auch das Steuergeheimnis, und da giltselbstverständlich auch die Anonymität.
Sie sagen, wir wollten Anonymität gewähren. Dazu sageich Ihnen: Diese ist bei dem Steuergeheimnis selbstver-ständlich gegeben. Deswegen sollten Sie den Menschenwirklich sagen, was Sache ist.Unabhängig davon hat diese Koalition mit demSchwarzgeldbekämpfungsgesetz die Anforderungen fürdie strafbefreiende Selbstanzeige wesentlich verschärftund über 40 Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlos-sen. Das war bisher noch nie der Fall. Diese Koalition istim Bereich der Bekämpfung der Steuerhinterziehung so
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Dr. h. c. Hans Michelbach
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erfolgreich wie noch keine Koalition vorher, meine Da-men und Herren.
Unser generelles Ziel ist der automatische Informa-tionsaustausch mit allen Ländern. Bis dahin gilt: DieBlockade des ersten Steuerabkommens mit der Schweizbleibt falsch, weil das letzten Endes der erste Schritt indie richtige Richtung gewesen wäre.
Das wissen Sie von den Grünen und der SPD genau.Ihre Aufgeregtheit – das sage ich Ihnen ganz deutlich –hat einen ganz anderen Grund, meine Damen und Herrenvon der Opposition:
Sie müssen ablenken, ablenken vom eigenen Versagen;denn außer hohlen Sprüchen und Klassenkampf habenSie im Bereich der Bekämpfung der Steuerhinterziehungnichts zu bieten, aber auch gar nichts.
Die Regelung der Besteuerungsfragen zwischenDeutschland und der Schweiz unter Rot-Grün: Fehl-anzeige, nichts, aber auch gar nichts! Der Bundesfinanz-minister Steinbrück hatte beim Thema „Steuerabkommenmit der Schweiz“ ein totales Handlungsdefizit. SeinCredo „Kavallerie statt Diplomatie“ war die Blendgra-nate, die er letzten Endes zu verantworten hat. Nichts au-ßer Verhärtungen, Drohungen, Verzögerungen und damitmehr Steuerhinterziehung bei täglich neuen Verjährun-gen ist übrig geblieben.
Das heißt, Sie haben 10 Milliarden Euro Einnahmen fürden Fiskus unterschlagen.
Das ist Untreue gegenüber dem deutschen Steuerzahler,meine Damen und Herren!
Deswegen: Spucken Sie keine großen Töne und machenSie nicht den dicken Max so wie Ihr Herr Steinbrück!Wenn es um Erfolgsarbeit geht, ist der Mann schnellerverschwunden, als wir gucken können.Das, was der Bundesfinanzminister Dr. WolfgangSchäuble verhandelt hat, ist der richtige Weg:
Schritt für Schritt in die richtige Richtung. Schließen Siesich dieser Richtung an, meine Damen und Herren!
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist unser
Kollege Thomas Oppermann für die Fraktion der Sozial-
demokraten. Bitte schön, Kollege Thomas Oppermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! LieberHerr Michelbach, Ihre Rede zeigt mir, dass Sie von dem,was wir im Augenblick in Deutschland erleben, ganzschwer getroffen sind.
Sie haben in Ihrer Rede immer noch dem Steuerabkom-men mit der Schweiz nachgetrauert.
Das zeigt mir, dass Sie den Ernst der Lage noch gar nichtbegriffen haben.
Natürlich haben wir einen immensen finanziellenSchaden für unseren Staat durch Steuerhinterziehung;
aber noch größer als der finanzielle Schaden ist doch imAugenblick der Vertrauensschaden für unseren demokra-tischen Rechtsstaat, meine Damen und Herren.
Normale Leute zahlen Steuern, bevor sie ihren Lohn-zettel gesehen haben. Was sollen die denn denken, wennsie jetzt sehen, wie leicht es in Deutschland Millionärengemacht wird, einen Teil ihres Vermögens in Steuer-oasen vor den Finanzämtern zu verstecken?
Dazu haben sie gar keine Chance.
Die millionenschwere grenzüberschreitende Steuer-hinterziehung ist eine spezifische Form der Oberschich-tenkriminalität, und die muss in Deutschland genausohart und genauso unnachgiebig verfolgt werden wie jedeandere Kriminalität auch.
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Thomas Oppermann
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Aber das ist ganz offenkundig nicht der Fall. In Bayernfehlen Hunderte Beamte für die Betriebsprüfungen undfür die Steuerfahndung.
Das ist doch kein entschlossen handelnder Rechtsstaat;
das grenzt eher oder fast schon an augenzwinkerndeKumpanei mit Steuerkriminellen, meine Damen undHerren.
Und wo ist eigentlich die „Law and Order“-Abteilungvon der CSU, die immer dann auf den Plan tritt, wenn esdarum geht, den Staat mit schweren Geschützen auszu-statten und Kriminalität zu bekämpfen? Ich höre garnichts von ihr. Ganz offenkundig messen Sie mit zweier-lei Maß.
In welchem Licht erscheint heute das deutsch-schwei-zerische Steuerabkommen? Das, was Sie, Herr Schäuble,ausgehandelt haben, war ganz offenkundig auch dafürgedacht, dass Leute wie Uli Hoeneß nicht öffentlich zurVerantwortung gezogen werden sollen. Sie wollten einedie persönliche Reputation von Steuerhinterziehernschonende Legalisierung von schweren Straftaten.
Sie wollten, dass diese Menschen weiter als Ehrenmän-ner in der Mitte unserer Gesellschaft leben können. Siewollten diese Menschen nicht stören bei dem, was siegemacht haben. Damit offenbaren Sie ein gestörtes Ver-hältnis zu den Grundwerten unserer Gesellschaft.
Der wichtigste Grundwert in einem demokratischenRechtsstaat ist die Gleichbehandlung aller Menschen vordem Gesetz. Da darf kein Unterschied gemacht werden.
Herr Schäuble, bei allem Respekt, den ich persönlichfür Ihre Verdienste habe, die Sie für unser Land erwor-ben haben:
In dieser Frage haben Sie nicht die richtige Staatsauffas-sung.
Jedes demokratische Gemeinwesen ist existenziell da-rauf angewiesen, dass die Bürger die geschuldeten Steu-ern bezahlen. Das ist eine Frage der Staatsräson. Ichnenne Ihnen einmal die Staatsräson, die die amerikani-schen Kollegen von Dr. Schäuble haben. Die US-Staats-räson besagt: Kein Staat auf der Welt, auch keine Bankim Hoheitsgebiet eines fremden Staates irgendwo aufder Welt hat das Recht, US-Steuerbürgern dabei zu hel-fen, die Steuern zu hinterziehen. – Das ist die Staatsrä-son eines demokratischen Staates, meine Damen undHerren. Wenn Sie, Herr Schäuble, diese Staatsräson zu-grunde gelegt hätten, dann hätten Sie ebenso wie dieAmerikaner Auskunftsansprüche gegenüber SchweizerBanken durchsetzen können und nicht so ein jämmerli-ches Steuerabkommen, das nur dazu führt, dass Steuer-hinterzieher geschont werden. Das ist die Wahrheit.
Die Schonzeiten sind vorbei. Wir brauchen eine här-tere Gangart bei Steuerhinterziehung in Deutschland.
Wir wollen eine bundesweit mit den Ländern abge-stimmte Steuerfahndung. Wir wollen die Steuerfahndunginternationalisieren, sodass wir auch international ermit-teln können, was bisher völlig unzureichend ist. Wirwollen den automatischen Informationsaustausch mitBanken in aller Welt und werden ihn politisch durchset-zen. Wir wollen scharfe Sanktionen gegen Banken, dieSteuerhinterziehern behilflich sind. Wir wollen – HerrMichelbach, hier können wir schnell zusammenkom-men, wenn Sie meinen, dass wegen des gescheitertenSteuerabkommens mit der Schweiz viel Geld verlorengeht – im nächsten Monat die Verlängerung der Verjäh-rung für Steuerhinterzieher, die dem Bundesrat vorgelegtwird, auch hier beschließen. Dann besteht überhauptkeine Gefahr, dass irgendwelches Geld verloren geht.
Wenn wir eine effektive Bekämpfung der Steuerhin-terziehung in Deutschland durchgesetzt haben, wenn derStaat den Steueranspruch und den Strafanspruch beiSteuerhinterziehern durchsetzen kann, dann werden Vor-schriften wie die strafbefreiende Selbstanzeige keineRolle mehr spielen. Dafür werden wir sorgen. Dannbrauchen wir keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr.Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Nächster Redner für die Fraktion der FDP ist unserKollege Dr. Volker Wissing. Bitte schön, KollegeDr. Volker Wissing.
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Herr KollegeOppermann, es ist richtig: Es ist erschütternd zu sehen,wie Menschen, die Vorbilder unserer Gesellschaft seinwollen, ganz offensichtlich das Recht brechen, für sichSonderrechte reklamieren und ihrer Pflicht als Bürgerinund Bürger nicht nachkommen, ihre Steuern an den Staatzu zahlen. Wenn das von Persönlichkeiten in besondersumfangreichem Maße geschieht, die man für integer ge-halten hat, die auch Ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrückals Berater hinzugezogen hat, dann ist das ein erhebli-cher Vertrauensbruch. Da haben Sie recht. Aber, HerrKollege Oppermann, dieses Vertrauen in unseren Staatwiederherzustellen, ist eine gemeinsame Aufgabe, diewir alle haben.
Das, was Sie gerade abgeliefert haben, war das Ver-breiten bewusster Unwahrheiten wider besseres Wissen,Herr Kollege Oppermann. Das befördert das Misstrauenin den Staat und führt nicht dazu, dass Vertrauen wieder-hergestellt wird.
Sie haben eben hier an diesem Mikrofon der Öffent-lichkeit erklärt, wir könnten im Bundestag Verjährungs-fristen für begangene Straftaten rückwirkend verlängern.Das, Herr Kollege Oppermann – Sie wissen es ganz ge-nau –, ist mit dem Grundgesetz für die BundesrepublikDeutschland nicht vereinbar, und deswegen ist das auchnicht möglich.
Man sollte den Bürgerinnen und Bürger in dieserschwierigen Situation nicht auch noch solche kindischenAmmenmärchen aufbinden.
Sie sind nicht der Einzige in der SPD, der hier Unsinnverbreitet. Der Kollege Poß – er ist bei den Sozialdemo-kraten der neue Mann fürs Grobe – erklärt der Öffent-lichkeit, man könne die strafbefreiende Selbstanzeigemal eben einfach abschaffen.
Herr Steinbrück sagte kurze Zeit danach – er hat alsFinanzminister eine gewisse Erfahrung –, es wäre viel-leicht doch klüger, das Ganze beizubehalten.
Dann kommt der Kollege Oppermann und versucht, eineBrücke zwischen Ja und Nein zu bauen, indem er sagt:Mittelfristig kann man ja mal überlegen, ob man es in-frage stellt.Die Wahrheit ist doch, liebe Kolleginnen und Kolle-gen: Nach dem Steuerrecht gibt es eine Mitwirkungs-pflicht der Bürgerinnen und Bürger. Demnach muss derBürger dem Staat gegenüber die Wahrheit sagen und sichoffenbaren. Ansonsten kann man die Besteuerungs-grundlage nicht ermitteln. Gleichzeitig haben wir in un-serem Rechtssystem seit 1848,
als die Inquisition abgeschafft worden ist, den Grundsatz„Nemo tenetur“: Niemand muss sich selbst belasten,wenn er eine Straftat begangen hat. Diese Lücke wirddurch die strafbefreiende Selbstanzeige geschlossen.Deswegen ist es doch Unsinn, gegenüber der Öffentlich-keit so zu tun, als wäre das überflüssig, als bräuchte manso etwas nicht. Ein Bürger, der eine Steuerhinterziehungbegangen hat, muss jederzeit die Brücke zur Ehrlichkeitnutzen können, um seiner Verpflichtung zur Mitwirkungnach dem Steuerrecht, der Wahrheitspflicht, nachkom-men zu können. Deswegen ist das ein sinnvolles Instru-ment. Bleiben Sie doch sachlich!
Wir haben ein ernsthaftes Problem zu lösen. Sie entsach-lichen die gesamte Debatte.
Darüber hinaus erzählen Sie, man könnte bei diesemSteuerabkommen mit der Schweiz nachverhandeln. Ge-genüber der Öffentlichkeit tun die Grünen genau wie Sievon der SPD so, als sei die Anonymität der Altfälle derFehler dieses Abkommens.
Die Schweiz, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat andieser Stelle den gleichen Verfassungsgrundsatz wie dieBundesrepublik Deutschland: Man kann Gesetze nichtrückwirkend ändern. Die Schweiz hat in der Vergangen-heit Anonymität zugesichert. Die Schweiz kann dieAnonymität nicht rückwirkend aufheben.
Deswegen kann man das auch nicht nachverhandeln. Siekönnen doch der Öffentlichkeit nicht ernsthaft erklären,man solle mit der Schweiz so lange verhandeln, bis die-ser Staat seine Verfassung bricht. Ja, was ist denn das füreine Rechtsauffassung?
Wie wollen Sie denn mit solch einer Politik das Ver-trauen in den Staat zurückgewinnen?Das ausgehandelte Abkommen war lückenlos: JederSteuerhinterzieher, auch die Altfälle, wäre erfasst und– es geht niemals anders – mit einer pauschalen Abgel-tung belegt worden. Deswegen war das Abkommen rich-tig. Das Abkommen wäre ein Magnet gewesen, der alleNadeln auf einmal aus dem Heuhaufen herausgezogenhätte. Sie suchen jetzt mit Steuer-CDs einzelne Nadelnim Heuhaufen und freuen sich, wenn Sie eine gefunden
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Dr. Volker Wissing
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haben. Ich frage vor der Öffentlichkeit: Ist es nicht bes-ser und auch gerechter, alle zu erfassen, damit keinerentkommt und der Staat die Steuern insgesamt erhält?
Wir sind der Meinung: Es ist gerechter, alle zu besteuernund nicht nur diejenigen, die man erwischt. Damit hättenwir die Altfälle abgearbeitet.Jetzt geht es um die Frage: Was ist denn mit der Zu-kunft? Dazu hat der Kollege Michelbach schon gesagt:Ja, wir sind für den automatischen Informationsaus-tausch. Aber die Schweiz war zum damaligen Zeitpunktnoch nicht so weit. Deswegen haben wir gesagt: Wirwollen, dass die Kapitalertragsteuer in gleicher Höhewie in der Bundesrepublik Deutschland bei jedem abge-zogen wird. Damit hätten wir in Zukunft in der Schweizgenau die gleiche Besteuerung der Konten gehabt wie inDeutschland.
Gerechter geht es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.Es war Ihr Fehler, dazu Nein zu sagen.
Schauen Sie, die Realität ist doch so: Auch bei derstrafbefreienden Selbstanzeige haben wir unter CDU/CSU und FDP strengere Regeln, als Sie sie hatten.
Wir haben die Möglichkeiten, Straffreiheit zu erlangen,auf das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß redu-ziert. Auf die Idee hätten auch Sie von der SPD kommenkönnen, als Sie mit den Grünen regiert haben, aber dashaben Sie nicht getan.
Wir haben unsere Aufgaben gemacht und die Vorausset-zungen dafür geschaffen, dass bei der Besteuerung100 Prozent Gerechtigkeit geschaffen wird.
Wir haben die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbst-anzeige auf das notwendige Minimum reduziert.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Grünen habenin diesem Zusammenhang eine Vermögensabgabe insSpiel gebracht – da besteht eigentlich überhaupt kein Zu-sammenhang –: Wenn Bürgerinnen und Bürger inDeutschland ihre Steuern bezahlt und etwas erspart ha-ben, wenn sie für das Alter vorgesorgt haben, dann sol-len sie mit einer Vermögensabgabe dafür büßen, dass an-dere Steuern hinterziehen. Das ist Ihre Logik, mit der Siein dieser Aktuellen Stunde argumentieren.
Herr Kollege, beachten Sie die Zeit.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Ich will
Ihnen kurz etwas vorlesen, was die Frage beantwortet,
wie sinnhaft Ihr Vorschlag ist: Eine solche Besteuerung
– Vermögensabgabe – hätte eine zusätzliche Belastung
der Wirtschaft zur Folge. Eine Besteuerung von Be-
triebsvermögen kann je nach konkreter Ausgestaltung
das Eigenkapital aufzehren und die Investitionsmöglich-
keiten des Unternehmens schmälern. Darüber hinaus be-
steht die Gefahr der Substanzbesteuerung, wenn auch in
ertragsschwachen Wirtschaftsjahren von ertragsschwa-
chen Unternehmen in Abhängigkeit vom Unternehmens-
wert eine solche Steuer bzw. Abgabe entrichtet werden
muss. – Das schreibt der Ministerpräsident von Baden-
Württemberg, Herr Kretschmann, an den Parteivorsit-
zenden der Grünen. Dort, wo die Grünen noch richtig ti-
cken, machen sie sich aufgrund der Politik, die Sie hier
vertreten, Sorgen um unser Land.
Nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke ist un-
sere Kollegin Dr. Barbara Höll. Bitte schön, Frau Kolle-
gin Dr. Höll.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Herr Wissing, Ihre pseudojuristischen Darle-gungen können Sie sich sparen.
Wir müssen klar feststellen: Die strafbefreiende Selbst-anzeige gab es schon 1919 in der Reichsabgabenord-nung. Es ist ganz klar, dass das eine Besonderheit imStrafrecht ist. Niemand, der in der Straßenbahn schwarzfährt, seine 40 Euro Strafe bezahlt hat und nach demdritten Mal Erwischtwerden eine Strafanzeige am Halshat, kann hingehen und sagen: Ich bin bereit, 100, 200,300 Euro zu zahlen; die Anzeige aber bitte lasst unterden Tisch fallen.
Durch solche Bagatellfälle werden die Gerichte en grosbelastet. Auch dagegen müssten wir endlich einmal et-was tun.
Für den Bereich der Selbstanzeige gilt – das sagen Ju-risten; Herr Präsident, ich erlaube mir, RechtsanwaltCarsten Wegner zu zitieren –:Die Selbstanzeige ist rein fiskalisch motiviert undnebenher Folge eines nicht zu leugnenden behördli-chen Ermittlungsnotstands.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29615
Dr. Barbara Höll
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Mit ihr will sich der Staat bislang unbekannte Steu-erquellen erschließen und verzichtet im Gegenzugauf seinen Strafanspruch …
Der vom Staat erstrebte finanzielle Zweck heiligtdie strafrechtlichen Mittel.
Das ist die Realität. Das ist der Kern der strafbefreiendenSelbstanzeige, und deshalb gehört sie abgeschafft, ohneWenn und Aber.
Schauen wir uns einmal das deutsch-schweizerischeSteuerabkommen an. Es wird immer gesagt, demjeni-gen, der Steuern umgeht, müsse unbedingt eine Brückein die Ehrlichkeit gebaut werden. An diesem Brücken-bauen ist schon Herr Eichel gescheitert. Vom 1. Januar2004 bis zum 31. März 2005 konnte man sich selbst an-zeigen: Steueramnestie, Strafzahlung, und alles warschön. Herr Eichel dachte, dass er 5 Milliarden Euro ein-nehmen wird; herausgekommen sind 1,39 MilliardenEuro. Es ist gescheitert. Die Steuersünderinnen und -sün-der – dieser Begriff klingt schon ein wenig beschwichti-gend –, also diejenigen, die wirklich kriminell gehandelthaben, haben einen Teufel darauf gegeben, diese Mög-lichkeit zu nutzen. Jetzt haben wir eine etwas andere Si-tuation. Das hat sicher auch mit dem angebotenen An-kauf der Steuer-CDs zu tun. Nun können sich dieSteuersünder eben nicht mehr sicher sein, was passiert.Es gab also Verhandlungen mit der Schweiz. Vor kur-zem gab es auch ein Treffen der G-20-Staaten, und sieheda: Selbst die Schweizer Finanzministerin, Frau EvelineWidmer-Schlumpf, will sich jetzt dem automatischenDatenaustausch anschließen. Meinen Sie denn, das hättedie Schweizer Finanzministerin getan, wenn das Steuer-abkommen abgeschlossen worden wäre? Mitnichten!
Sie hatten vorgeschlagen und wollten durchziehen,dass die sogenannten Altfälle anonym bleiben. Nach Ih-ren Unterlagen hätten diese 21 bis 41 Prozent des nichtversteuerten Geldes nachzahlen müssen. Ich verweiseauf den Berliner Steuerprofessor Frank Hechtner, der ge-sagt hat, dass wahrscheinlich 78 Prozent mit einer Nach-zahlung von 21 Prozent davongekommen wären. Die41 Prozent waren also eine totale Luftnummer.
Außerdem hätte die Nachzahlung durch die SchweizerBanken erhoben werden sollen. So hätte keine deutscheFinanzbehörde die Möglichkeit der Prüfung gehabt. Wosind wir hier denn? Wir haben die Hoheit.
Zudem sollte die Sache anonym bleiben. Es ging alsoum ein Verschonen auf der ganzen Linie. Das wärenichts anderes als eine verkappte Großamnestie gewe-sen. Dem konnte Rot-Rot-Grün im Bundesrat nicht zu-stimmen, und das war richtig so.
Bei den Neufällen wollten Sie die Abgeltungsteuererheben. Dazu sage ich: Was gibt uns denn die Sicher-heit, dass sie von den Schweizer Behörden richtig erho-ben und abgeführt wird? Wir haben keine Sicherheit. Siewissen selbst, dass die Abgeltungsteuer eine schwierigeAngelegenheit ist. Die Abgeltungsteuer, die Sie unterder Überschrift „Steuervereinfachung“ eingeführt haben,hat mitnichten zur Steuervereinfachung beigetragen. Dasist eine Verkomplizierung. Die Auslegung dieser Vor-schrift füllt regelrecht Bände. Man kann Fehler machen;aber das ist einfach nur Unsinn. Sie wollten das wiederder Schweiz überlassen. Wir können diese Unkultur derSteuerhinterziehung und Steuerumgehung nur beseiti-gen, wenn klar ist: Das ist kein Kavaliersdelikt, sonderneine Straftat, und die wird als Straftat verfolgt, und mankann sich nicht einfach freikaufen.Wir brauchen auf internationaler Ebene einen auto-matischen Informationsaustausch. Wir brauchen Maß-nahmen und Druck, um sicherzustellen, dass die Staaten,die sich auf dem Papier bereit erklärt haben, zu helfen,auch tatsächlich mitwirken. Wir müssen uns auch dieAktivitäten der deutschen Banken anschauen. Wir müs-sen zum Beispiel schauen, wie es mit den Niederlassun-gen der Deutschen Bank in Steueroasen aussieht.Hier gibt es also viel zu tun. Ich freue mich auf dieDebatte am Freitag und auf Ihr Abstimmungsverhaltenzu unserem Antrag zur Bekämpfung von Steueroasen.Danke.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist derBundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble.Bitte schön, Kollege Dr. Wolfgang Schäuble.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-zen:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Es wäre überraschend gewesen, wenn die Oppo-sition nicht einen beklagenswerten Einzelfall, der vieleMenschen in diesem Land enttäuscht, zum Anlass neh-men würde, eine polemische Debatte zu führen.
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29616 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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– Ich komme gleich darauf zu sprechen. Herr Kollege,lassen Sie mich doch in aller Ruhe ein paar Sätze dazusagen. Es wurde gesagt, die Öffentlichkeit sei sehr be-sorgt über die Entwicklung. Deswegen ist es doch gut,wenn wir sachlich darüber reden, wie die Situation ist,was wir machen können und was wir gemacht haben.
– Herr Kollege Poß, hier hat jeder, auch Sie, die Chance,vorzutragen, was er vortragen möchte; jetzt habe ich dieMöglichkeit dazu. Vielen Dank.Ich möchte in aller Klarheit sagen: Wir können dieseschwierigen Fälle nur auf der Grundlage geltendenRechts aufarbeiten. Das geltende Recht kann man än-dern. Wenn Sie die rechtliche Grundlage der strafbefrei-enden Selbstanzeige im Steuerrecht ändern wollen, än-dern Sie das. Rot-Grün hat das aus Versehen Anfang desvergangenen Jahrzehnts gemacht, es aber schnell wiederkorrigiert, als das Versehen bemerkt wurde. Vorläufigaber ist die strafbefreiende Selbstanzeige geltendesRecht. Daher sollte man das nicht inkriminieren.Eine zweite Bemerkung: Herr Kollege Oppermann,Sie haben von rechtsstaatlichen Prinzipien gesprochen.Sie sollten wirklich aufhören, den Menschen einzureden,man könne die Verjährungsfristen rückwirkend ändern.Das wäre nun wirklich rechtswidrig. Das kann dieSchweiz nicht beim Bankgeheimnis machen und wirnicht bei den Verjährungsfristen.
Eine dritte Bemerkung: Zur Besteuerung von Kapital-erträgen erheben wir in Deutschland die Abgeltung-steuer. Das Gesetz trägt übrigens die Unterschrift meinesgeschätzten Amtsvorgängers.
Das kann man für falsch oder für richtig halten. Vonmeinem Amtsvorgänger stammt der bemerkenswerteSatz: 25 Prozent von X ist besser als 100 Prozent vonnix. – Das ist geltendes Recht, und deswegen konntenwir mit der Schweiz für Gegenwart und Zukunft nichtsanderes vereinbaren als die exakte Anwendung des inDeutschland geltenden Rechts in der Schweiz. Wäre dasAbkommen mit der Schweiz in Kraft getreten, würdenKapitaleinkünfte von in Deutschland Steuerpflichtigenbei Schweizer Banken genauso behandelt werden, wiewenn sie bei deutschen Banken anfielen. Sie können dasdeutsche Recht kritisieren, aber Sie können das nicht derSchweiz vorwerfen. Dieses Abkommen war richtig. An-sonsten müssen wir über die Abgeltungsteuer diskutie-ren.
Wir haben im Übrigen mit der Schweiz seit geraumerZeit einen Informationsaustausch auf der Grundlage desOECD-Musterabkommens. Wenn wir also im EinzelfallGrund zu einer Anfrage bei der Schweiz haben, bekom-men wir – nur damit keine Zerrbilder entstehen – auchAuskünfte. Aber sie hängen keinen, sie hätten ihn dennzuvor. Deswegen muss man erst einmal wissen, bei wemman anfragen kann. Die Auskunftsmöglichkeiten wärenübrigens gegenüber dem OECD-Standard durch das Ab-kommen stark verbessert worden. Mit Inkrafttreten desAbkommens am 1. Januar 2013 hätten wir eine befriedi-gende Regelung gehabt, die völlig unserer Rechtslageentspricht.Jetzt kommt das Problem für die Vergangenheit. HerrKollege Gambke, nur damit das klar ist: Das FATCA-Abkommen der USA tritt in Kraft für Vermögen, Ein-kommen und Vermögenseinkünfte ab dem 1. Januar2014. Heute haben wir den 24. April 2013. FATCA giltnicht für die Vergangenheit.
Es gibt kein Abkommen und keine Regelung, das oderdie irgendetwas für die Vergangenheit bewirkt. Das istdie Wahrheit, und das Gegenteil ist die Unwahrheit.
Die Amerikaner haben keinerlei Abkommen für die Ver-gangenheit. Die Amerikaner haben nach ihrem Doppel-besteuerungsabkommen dieselben Möglichkeiten, vonder Schweiz Auskünfte zu verlangen, wie wir sie habenund wie sie unsere Steuerverwaltung auch in Anspruchnimmt. Für die Vergangenheit gab es diese Regelung.Von der rot-grünen Koalition wurde der Versuch einerAmnestie unternommen. Der ist nicht sehr erfolgreichgewesen. Wir haben einen Versuch mit einer Regelunggemacht, die in 90 Prozent aller Fälle eine höhere Be-steuerung als die Regelbesteuerung bei der strafbefreien-den Selbstanzeige vorgesehen hätte.Menschen, die in Deutschland steuerpflichtig sindund bei Schweizer Banken Einlagen haben, hätten abdem 1. Januar drei Möglichkeiten gehabt: Entweder hät-ten sie einen Nachweis ihres zuständigen Finanzamtesüber die ordnungsgemäße Besteuerung vorlegen müs-sen, oder sie wären einer pauschalierten Besteuerung,die höher als die Regelbesteuerung ist, unterworfen wor-den, oder die Schweizer Bank hätte ihre Geschäftsbezie-hung beendet und die Schweiz hätte uns gemeldet, wo-hin die Bestände abgezogen sind.Sie haben immer vom Abschleichen geredet. Der jet-zige Fall hat Sie gar nicht dazu gebracht, zu sagen, dassdas mit dem Abschleichen offenbar gar keine so großeGefahr gewesen ist. Im Übrigen, Herr Kollege Gambke,gebietet die Wahrheit doch, zu sagen, dass der schon er-wähnte Ministerpräsident Kretschmann ein Befürworterdieses Abkommens war – wie ich übrigens von keinemLandesfinanzminister der Bundesrepublik Deutschlandin den Monaten der Verhandlungen grundsätzliche Ein-wände gegen dieses Abkommen gehört habe.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29617
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Bleiben Sie doch bei der Wahrheit!
Natürlich sind wir in einer durch viele Urteile über-prüften, nicht einfachen rechtlichen Beurteilung zu derEinschätzung gelangt, dass, solange wir die Informatio-nen nicht bekommen, der Ankauf von Datensammlun-gen auch von Menschen, die sich zumindest nachSchweizer Recht strafbar machen, zulässig und in einerrechtlichen Güterabwägung vertretbar ist. Ihr habt dasmitgetragen; wir haben uns daran beteiligt. Dieser An-kauf von Datensammlungen wäre mit dem Inkrafttretendes Abkommens überflüssig geworden, weil wir alle In-formationen gehabt hätten. Ohne das Abkommen ist eres nicht. Ihn aber zur regelmäßigen Grundlage des Voll-zugs von Steuergesetzen zu machen, kann doch nicht imErnst die Anforderung an rechtsstaatliche Verhaltens-weisen sein.
Für die Zukunft gilt: Die Lage ist, wie sie ist. Diemeisten Steueransprüche für die Vergangenheit werdenverjährt sein. Die Schweiz wird auch nicht bereit sein,ein neues bilaterales Abkommen abzuschließen. Wir ha-ben schon die Initiative ergriffen, die Zinsbesteuerungs-richtlinie in der EU entsprechend den FATCA-Abkom-men, die alle mit der amerikanischen Regierungabgeschlossen haben – wir werden es in den nächstenTagen fertigstellen –, auf alle Kapitaleinkünfte auszu-dehnen und den automatischen Informationsaustauschfür die Zukunft – aber eben nicht rückwirkend – einzu-führen. Wir werden darauf drängen, dass die EU ein Ver-handlungsmandat auch im Hinblick auf Drittstaaten be-kommt.Luxemburg hat angekündigt, ab 2015 am automati-schen Informationsaustausch teilnehmen zu wollen. Derluxemburgische Finanzminister hat übrigens öffentlicherklärt: Wenn nicht der Nachfolger von HerrnSteinbrück die Beziehungen zu Luxemburg wieder inOrdnung gebracht hätte, dann wäre es in Luxemburgniemals möglich gewesen, diesen Schritt zu gehen.
Wissen Sie, die Methoden von Wilhelm II. haben inDeutschland schon vor 100 Jahren nicht viel Segen ge-bracht.
Ich hoffe, dass der automatische Informationsaus-tausch sehr bald in Europa und darüber hinaus Standardsein wird. Dann werden wir auch noch einmal in allerRuhe über die Abgeltungsteuer diskutieren können.Gleichzeitig bemühen wir uns, das OECD-Muster-abkommen zu erweitern – das ist ein weiterer Schritt –,um auch darüber den automatischen Informationsaus-tausch einführen zu können. Das ist noch schwieriger,und es wird Zeit brauchen. Es wäre natürlich die bessereLösung; denn dadurch hätten wir nicht nur in Europanoch bessere Informationsmöglichkeiten. Wir nutzen dasOECD-Musterabkommen häufig. Wir haben – dies istbereits erwähnt worden – in den letzten Jahren über40 Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Dasist der Weg, den wir mit großem Nachdruck gehen.Ich will eine letzte Bemerkung machen. In der öffent-lichen Debatte wird zwischen Steuerhinterziehung undSteuervermeidung gelegentlich nicht genau unterschie-den. Beides ist ärgerlich. Deswegen haben wir die Initia-tive ergriffen, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten inder globalisierten Welt einzuschränken. Das ist ein müh-samer Weg. Wir gehen ihn konsequent Schritt fürSchritt, um dafür zu sorgen, dass die gesetzlichenSteueransprüche, die wir unseren Mitbürgerinnen undMitbürgern zumuten müssen, um unseren öffentlichenHaushalt zu finanzieren, vollständig und den Regeln derGerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit entsprechend voll-zogen werden. Das ist der Weg. Alles andere ist unver-antwortliche Polemik.Herzlichen Dank.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Florian
Pronold. Bitte schön, Kollege Florian Pronold.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter HerrPräsident! Ich war ab 2002 einige Jahre Mitglied im Fi-nanzausschuss des Deutschen Bundestages. Ich kannmich sehr gut erinnern, wie wir damals die Debatte überdie Bekämpfung von Steuerhinterziehung und dieTrockenlegung von Steueroasen geführt haben. Das, wasSie, Herr Wissing und Herr Michelbach, heute gesagthaben, ist dieselbe Platte wie damals. Sie haben Ver-ständnis für Steuerhinterziehung und Steueroasen geäu-ßert. Sie haben sich immer wieder der geistigen Beihilfeschuldig gemacht.
Wir haben 2003 eine Brücke in die Steuerehrlichkeitgeschaffen, aber nicht mit der Möglichkeit der Anony-mität.
– Nein, Entschuldigung. – Bei dieser Brücke in die Steu-erehrlichkeit war vorgesehen, dass die Steuerbehörden inDeutschland erfahren, wer etwas hinterzogen hat.
Trotzdem wäre dies straffrei geblieben. Wir haben dieseBrücke im Jahr 2003 geschaffen. Alle hätten die Mög-lichkeit gehabt, diese Brücke in die Steuerehrlichkeit zubeschreiten. Was ist passiert? So gut wie nichts.
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29618 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Florian Pronold
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Jetzt wird es spannend. Wann fängt denn die Bereit-schaft zur Steuerehrlichkeit an?
Sie fängt in dem Moment an, in dem es gelingt, Steuer-CDs anzukaufen, und die Gefahr der Entdeckungwächst. Erst dann wurden die Kohlen so glühend heiß,dass viele nicht mehr ruhig schlafen konnten. Erst dannstieg die Anzahl der Selbstanzeigen an, und erst dannkam das Geld gerechterweise zurück nach Deutschland.
Mit diesem Steuerabkommen mit der Schweiz hätteman zum Beispiel den Ankauf solcher Steuer-CDs unter-sagt.
Wir hätten alle, die sich an kriminellen Machenschaftenin der Schweiz beteiligen, straffrei ausgehen lassen.Auch das wäre Bestandteil dieses Steuerabkommens ge-wesen.
Vor allem hätte es nicht dazu geführt, dass die Anonymi-tät aufgehoben wird. Das war die größte Sauerei beiIhrem Versuch.
In all den Debatten, die wir im Deutschen Bundestagüber dieses Thema geführt haben, haben wir erlebt, wiesehr das Vorhaben, Steuer-CDs anzukaufen, von HerrnWissing und vielen anderen bekämpft worden ist.
Sie machen sich mehr Sorgen um Steuerhinterzieher undStaaten, deren Geschäftsmodell auf Steuerhinterziehungund Wirtschaftskriminalität beruht, als über den ehrli-chen und anständigen Steuerzahler in Deutschland.
Jeder Arbeitnehmer muss seine Steuererklärung abge-ben. Aber Millionäre, die meinen, sie könnten für sichein Sonderrecht in Anspruch nehmen, bekommen vonFDP und CDU/CSU fürsorglich und inbrünstig Zuwen-dung, und zwar in jeder Debatte.
Herr Michelbach, halten Sie sich nur einmal Folgen-des vor Augen: Erwin Huber, der frühere Vorsitzendeder CSU, hat wieder einmal bekannt – zu lesen im heuti-gen Münchner Merkur –, dass dieses Thema im FreistaatBayern eine Frage der Standortpolitik war und man so-gar Werbung damit gemacht hat, weniger Steuerfahnderund Steuerprüfer als andere Bundesländer zu haben. Ichwürde mir wünschen, Sie verhielten sich auch den nor-malen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegen-über so fürsorglich.
Aber nein, ein Unternehmen mittlerer Größe wird inBayern nur alle 40 Jahre geprüft. Der BayerischeOberste Rechnungshof hat festgestellt – das ist fast wiein Dinner for One an Silvester; er stellt das nämlichjedes Jahr fest –, dass die bayerische Steuerverwaltungunterbesetzt ist. 40 Prozent der Posten, die mit der Be-kämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht undmit der Durchführung von Betriebsprüfungen zu tun ha-ben, sind nicht besetzt. Das war Standortpolitik, und daswar gewollt.
Markus Söder hat angesichts der steuerpolitischenDebatte, in der im Hinblick auf die rot-grünen Steuer-pläne Unsinn und Angst verbreitet werden, noch vorwenigen Monaten sogar Verständnis für Steuerflucht ge-äußert, und das als jemand, der Finanzminister einesBundeslandes der Bundesrepublik Deutschland ist. Damuss man sich aufseiten von Schwarz-Gelb doch inGrund und Boden schämen.
Sie haben ihn aber nicht korrigiert und ihn nicht zur Re-chenschaft gezogen. Das ist das Ärgerliche.Auch was den Ankauf von Steuer-CDs angeht, ist esim Freistaat Bayern sehr mau geworden. 22 Angebotelagen vor, kein einziges ist angenommen worden.Markus Söder hat angekündigt, dass er sich an demAnkauf der CDs durch andere Länder nicht einmal betei-ligen will.
Übrigens haben diese CDs dem Freistaat Bayern in denletzten zwei Jahren Einnahmen von über einer halbenMilliarde Euro eingebracht. Allerdings hat Bayern kei-nen Beitrag zur Förderung der Steuerehrlichkeit leistenwollen. Auch das finde ich schäbig, wenn ich das an die-ser Stelle sagen darf.
Sorgen um die „armen“ Steuerflüchtlinge hat sich ins-besondere der bayerische Ministerpräsident gemacht,
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29619
Florian Pronold
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und zwar auf einer Reise in die Schweiz. Auf einer Dele-gationsreise in die Schweiz, die im letzten Jahr stattfand,hat er die mitreisende SPD-Abgeordnete Aures mehr-mals öffentlich aufgefordert, endlich dafür Sorge zu tra-gen, dass sich die Bundes-SPD bewegt, um dem Steuer-abkommen mit der Schweiz Tür und Tor zu öffnen.Liebe Inge Aures, liebe SPD, liebes Rot-Grün im Bun-desrat, herzlichen Dank, dass dieser Unsinn blockiertworden ist! Das war ein guter Tag für die Steuerehrlich-keit. Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion der FDP unser Kollege Dr. Daniel Volk.
Bitte schön, Kollege Dr. Volk.
Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehr-ten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der Opposi-tion, diese Debatte wird von Ihnen in einem Stil geführt,den ich zum Teil als für dieses Hohe Haus wirklich un-würdig empfinde.
Wenn Sie, Herr Kollege Pronold, behaupten, Kollegenvon der Union würden sich gewissermaßen zur Kumpa-nei mit Steuerhinterziehern hinreißen lassen,
dann, finde ich, ist das diesem Hohen Haus nicht ange-messen.
Herr Kollege Oppermann, dass Sie einem amtieren-den Bundesfinanzminister vorwerfen, er würde sichnicht ordnungsgemäß um die Kassen des Staates küm-mern, ist ebenfalls unwürdig. Hinzu kommt: Es ist auchfalsch. Wir haben die höchsten Steuereinnahmen in derGeschichte der Bundesrepublik Deutschland zu ver-zeichnen.
Da können Sie dem amtierenden Bundesfinanzminister,der einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen wird,doch nicht allen Ernstes vorwerfen, er würde sich nichtangemessen um die Staatsfinanzen kümmern. Das istwirklich unwürdig und falsch.
Unwürdig ist auch, wenn Sie, liebe Kollegen von derOpposition, einen Einzelfall, der momentan durch dieMedien geht,
dazu nutzen, Pauschalurteile zu treffen wie zum Bei-spiel, alle Millionäre würden bei ihrer Steuerhinterzie-hung von der Politik geradezu noch unterstützt.
Eine solche Form der Pauschalisierung ist, glaube ich,der Ernsthaftigkeit dieses Themas nicht angemessen.Dementsprechend dankbar bin ich dem Bundesfinanz-minister, dass er hier in aller Sachlichkeit noch einmaldargelegt hat, unter welchen Koordinaten das Abkom-men mit der Schweiz ausgehandelt wurde und warum esfür die Vergangenheit die einzig mögliche Lösung gewe-sen wäre. Sie von der Opposition bieten ja keine Lösun-gen für die Vergangenheit.
Es ist abwegig, wenn Sie darauf verweisen, mit dem An-kauf von Steuer-CDs würden alle Steuerpflichtigengleichmäßig zur Besteuerung herangezogen. Das isteinfach falsch. So wird man das niemals schaffen. DerAnkauf von Steuer-CDs kann immer nur punktuellwirken, aber niemals gleichmäßig über alle Steuerpflich-tigen.
Das Vertrauen in den Rechtsstaat gebietet aber, dass wiralle Steuerpflichtigen gleichmäßig zur Besteuerung he-ranziehen.
Eine Antwort auf die Frage, wie das erreicht werden soll,bleiben Sie weiterhin schuldig.
Natürlich haben Sie bei Ihrer Argumentation ein gro-ßes Problem; denn Sie waren es, die mit der Ablehnungdes deutsch-schweizerischen Abkommens für die Ver-gangenheit bewirkt haben, dass Milliarden, die demBundeshaushalt, aber auch den Länderhaushalten und
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29620 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Dr. Daniel Volk
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den Kommunalhaushalten zugeflossen wären, nicht flie-ßen werden. Das ist Ihre Verantwortung aufgrund derAblehnung dieses Steuerabkommens.
Darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen. An-dererseits behaupten Sie doch immer, dass der Staat bzw.die Bundesländer unterfinanziert seien. Die Wider-sprüchlichkeit Ihrer Aussagen ist also offensichtlich.Ich darf jetzt zum zweiten Punkt dieser AktuellenStunde kommen, zur Vermögensabgabe bzw. Vermögen-steuer; die SPD spricht von einer Vermögensteuer, dieGrünen sprechen von einer Vermögensabgabe. DieseVermögensabgabe soll für zehn Jahre eingeführt werden,um dann durch eine Vermögensteuer ersetzt zu werden;das habe ich so, glaube ich, richtig verstanden.
Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, behaup-tet überall, Betriebsvermögen würden bei Einführung ei-ner Vermögensteuer oder Vermögensabgabe ausgenom-men.
Peer Steinbrück sagt dies entweder wider besseres Wis-sen, oder er weiß es schlichtweg nicht. Eine Unterschei-dung zwischen Privatvermögen einerseits und Betriebs-vermögen andererseits ist doch nach der Rechtsprechungdes Bundesverfassungsgerichts nicht möglich. Dement-sprechend wird eine Vermögensteuer oder Vermögens-abgabe dazu führen, dass mittelständische Unternehmenin Deutschland mit einer Substanzbesteuerung belastetwerden, die die Eigenkapitalbasis dieser Unternehmenreduzieren wird, was negative Auswirkungen auf die Ar-beitsplätze in Deutschland hat.Wir haben in den letzten vier Jahren eine Steuerpoli-tik gemacht, die dazu geführt hat, dass sich Wirtschaftund Arbeitsmarkt konkurrenzlos gut entwickelt haben.
Das waren vier gute Jahre für Deutschland. Wir werdendafür sorgen, dass eine Politik, wie Sie sie vorschlagen,in Deutschland niemals Raum finden wird.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege
Jürgen Trittin. Bitte schön, Kollege Jürgen Trittin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So ganzhabe ich das nicht verstanden, Herr Michelbach. Sie ha-ben ja fast so getan, als würden Sie Herrn Hoeneß garnicht kennen.
Er ist immerhin so unbekannt, dass er – das können Sienachlesen – mit der Bundeskanzlerin zusammen eineInitiative entwickelt hat unter der Überschrift „Geh Dei-nen Weg“.Da war Ihnen Herr Hoeneß als Kronzeuge gegen eineangemessene und leistungsgerechte Besteuerung in die-ser Gesellschaft lieb. Da kannten Sie ihn noch. Heute istdas wohl anders.
Heute erklärt Herr Schäuble: Das ist ein Einzelfall. Lie-ber Herr Schäuble, das ist ein Einzelfall von 3 356 Ein-zelfällen; denn so viele Steuerhinterzieher haben sich al-lein in diesem Jahr aufgrund des Scheiterns diesesAbkommens selbst angezeigt.
Eines können Sie dem Herrn Hoeneß nicht vorwerfen,nämlich dass er sich nicht treu geblieben ist. Er ist wei-terhin Kronzeuge. Er ist nämlich der Kronzeuge gegenIhr Abkommen, weil er öffentlich erklärt hat: Ich habemich darauf verlassen, dass ich für diesen schweren Feh-ler – so nennt er das heute – künftig in der Anonymitätbleibe. Eine schärfere Kritik an Ihrem Abkommen alsdie kann ich mir gar nicht vorstellen.
Sie wissen, dass es, wenn dieses Abkommen durchge-kommen wäre, all die Schritte, von denen Sie jetzt an-geblich so begeistert wird, nämlich die Aufhebung derHaltung von Luxemburg und Österreich und der Schritthin zum automatisierten Datenabgleich, nicht gegebenhätte,
weil sich Luxemburg und Österreich hinter Ihnen undIhrem Geldwaschabkommen versteckt hätten.
Ja, es gibt einen Schritt hin zu mehr Ehrlichkeit, weiles einen Verfolgungsdruck gibt, und ich glaube, dass wiran dieser Stelle ein ganzes Stück weitergekommen sind,weil wir dieses Abkommen verhindert haben.
Ich glaube aber auch, dass das nicht hinreichend ist.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013 29621
Jürgen Trittin
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Sie können hier nicht einfach sagen: Ich wünsch mirwas. Nein, Sie regieren noch – bis zum 22. September2013.Was ist denn mit dem, wie es die USA praktizieren,und den entsprechenden Vorschlägen? Die Erteilung ei-ner Banklizenz wird dort daran geknüpft, dass der Zu-gang der USA zu den Daten ihrer Bürgerinnen und Bür-ger in dem jeweiligen Land gewährleistet ist. Warumgehen Sie diesen Schritt nicht?
Herr Schäuble, Sie haben darüber geredet, dass esauch um Steuervermeidung und darum geht, Steuer-schlupflöcher und Steueroasen für legale Steuervermei-dung zu schließen. Warum fassen Sie sich denn nicht andie eigene Nase? Es ist doch auch so, dass sich Deutsch-land seine Steueroase gönnt, nämlich im Bereich derVermögen- und Erbschaftsteuer.2 Prozent unseres Steueraufkommens resultieren ausdiesen Steuern. Das ist nicht einmal die Hälfte desDurchschnitts der entwickelten Industrieländer. Frank-reich – übrigens das Frankreich Sarkozys, nicht dasHollandes – erhält 8,5 Prozent daraus, und das Land desfreien Marktes, des ungezügelten Kapitalismus, dieUSA, generiert 13 Prozent seines Aufkommens ausSteuern auf Vermögen und Erbschaften. Und Sie wollenkrampfhaft daran festhalten, dass Deutschland bei diesenSteuern eine Steueroase bleibt! Auch das geht nicht.Auch dieses ist zu beenden.
Sie können ja lange darüber philosophieren, ob es imRahmen der Strafverfolgung Sinn macht, Selbstanzeigenund Ähnliches zuzulassen. In Bezug auf Straftaten, dieim Ergebnis nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wer-den können, weil jemand um Millionen betrogen hat– stellen Sie sich einmal vor, jemand würde 1 000 Omasjeweils um 1 000 Euro erleichtern und könnte sich mitder einfachen Erklärung: „War nicht so gemeint“, von ei-nem öffentlichen Verfahren verabschieden –, sage ich Ih-nen: In der Tat glaube ich, dass über eine solche Ent-scheidung nicht auf dem kurzen Wege zwischen demAnwalt und der Staatsanwaltschaft entschieden werdenkann. Das soll möglich bleiben, aber dieses muss durchein Gericht entschieden werden. Auf dem Weg in die Le-galität darf man nicht durch die Hintertür gehen und ano-nym bleiben. Da ist schon der Anspruch auf Transparenzvorhanden.
Letzte Bemerkung. Uli Hoeneß hat noch einen Satzgesagt:Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volleSteuern.Meine Damen und Herren, dieser Satz war nicht nurgelogen, sondern auch dumm.
Es ist klug, Steuern zu zahlen: damit Polizistinnen undPolizisten für Sicherheit sorgen, damit unsere Kinder zurSchule, in die Kita und in die Universität gehen können,damit sozial Schwachen geholfen werden kann. Es istklug, Steuern zu zahlen, damit unsere Unternehmen miteiner leistungsfähigen Infrastruktur wettbewerbsfähigbleiben.
Deswegen ist diese verlogene Doppelmoral, die im FallHoeneß offensichtlich zutage tritt, nicht akzeptabel. Siesollten aufhören, sich zum Schutzpatron für diese verlo-gene Doppelmoral zu machen.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Manfred
Kolbe. Bitte schön, Kollege Manfred Kolbe.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Bundesminister a. D. Jürgen Trittin, das war wiedereine Ansammlung von Sprechblasen und Halbwahrhei-ten, ohne dass irgendetwas Programmatisches für dieZukunft in Ihrer Rede enthalten war.
Ich erwähne einmal drei Punkte:Erstens: Eichels Steueramnestie – Sie saßen bekann-termaßen zwischen 1998 und 2005 im Kabinett, wennauch in einem anderen Ressort, waren also an der Regie-rungspolitik beteiligt – sah eine Reduzierung der Bemes-sungsgrundlage um 60 Prozent bei der hinterzogenenEinkommensteuer, 80 Prozent bei der Erbschaftsteuerund 90 Prozent bei der Gewerbesteuer vor. Das Ganzehaben Sie als „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlich-keit“ verkauft.
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29622 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 236. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. April 2013
Manfred Kolbe
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Natürlich sollte auch dabei Anonymität gelten. Sie tunimmer so, als seien Sie damals für Offenheit gewesen.
Natürlich sollte auch dabei Anonymität gelten, HerrPronold, weil das Steuergeheimnis ebenfalls gegoltenhätte.
Noch einmal: Es sollte genauso Anonymität gelten.
Herr Oppermann, wenn Sie einen Verlust des Vertrau-ens in den Rechtsstaat sehen, dann müssen Sie eingeste-hen: Das müsste auch im Hinblick auf Eichels Politikgelten. Wir haben damals in der Tat einen Verlust desVertrauens in den Rechtsstaat gesehen.Zweitens. Sie haben wieder Uli Hoeneß erwähnt, inder Hoffnung, uns damit zu treffen. Niemand will seinVerhalten entschuldigen. Wir wissen auch noch gar nichtalles. Ich glaube deswegen, wir können uns dazu nochnicht abschließend äußern. Aber es gibt auch Fälle ausIhrem Bereich. Nehmen Sie den französischen Haus-haltsminister Cahuzac, einen Champagnersozialisten ausParis, also mit Ihnen verwandt.
Wir erwähnen ihn doch auch nicht jeden Tag und redenhier nicht von einer verächtlichen Doppelmoral der So-zialisten. Also, wenn Sie solche Beispiele suchen, dannsuchen Sie sie doch auch aus anderen Bereichen heraus.Drittens. Wenn Sie schon als Finanzminister in spe– ich glaube nicht, dass Sie Finanzminister werden –Vergleiche zwischen dem Steuersystem der USA undDeutschlands anstellen, dann sollten Sie zumindestGrundkenntnisse haben. Die Grundsteuer hat in denUSA eine ganz andere Funktion als in Deutschland. Da-für gibt es dort wesentlich andere, niedrigere Steuern.
Das war also ein Vergleich, der einfach hinkt. Es gehtnicht an, bloß die Grundsteuern zu vergleichen.Lassen Sie mich zusammenfassen und zu den Faktenzurückkehren.
Ich möchte auf das verweisen, was diese Koalition zurBekämpfung der Steuerhinterziehung geleistet hat. Esgibt in der Tat, Herr Pronold, eine Wendemarke: Das istdas Jahr 2005; das ist die Regierungsübernahme derUnion. Seitdem ist das Leben für Steuerhinterzieher här-ter geworden.
– Ich weiß nicht, warum die Sozialdemokraten so la-chen. An den ersten Jahren einer unionsgeführten Regie-rung haben sie ja durchaus mitgewirkt; das haben wir jadie ersten Jahre gemeinsam bewerkstelligt. Deshalb ver-stehe ich Ihre Reaktion überhaupt nicht.
Wir haben damals die Bekämpfung der bandenmäßi-gen Umsatzsteuerhinterziehung eingeführt. Wir habendie Telekommunikationsüberwachung bei schwerenSteuerdelikten eingeführt. Wir haben damals die Verjäh-rungsfrist verlängert, Herr Oppermann. Wir sind schonda, wo Sie noch hinwollen. Bezüglich des Ankaufs vonSteuer-CDs hatte Bundeskanzlerin Merkel von Anfangan eine glasklare Position gehabt. Außerdem haben wirdie strafbefreiende Selbstanzeige eingeschränkt.
Zur strafbefreienden Selbstanzeige habe ich heute ein-mal den Tickerdienst durchgeschaut und bei der SPDfünf Meinungen dazu gefunden. Da gibt es HerrnSteinbrück, der sie beibehalten möchte und dann nochsagt, sie dürfe aber nur dann greifen, wenn die Steuer-fahndung noch nicht auf der Spur sei. Das ist eineSelbstverständlichkeit;
auch da offenbart Ihr Kanzlerkandidat, indem er das be-tont, wieder profunde Kenntnis.Dann gibt es Herrn Stegner, der sie ganz abschaffenwill, Herrn Gabriel, der sie auf geringfügige Delikte be-schränken will, und Herrn Oppermann, der sie nur nochvorübergehend haben will; Sie, Herr Poß, haben einefünfte Meinung; an sie erinnere ich mich jetzt nichtmehr.
Sie müssen schon wissen, was Sie wollen.Wir haben hier die notwendigen Reformen durchge-führt. Wir haben schon vor drei Jahren – Herr Pronold,dazu hat uns niemand gezwungen, weil wir das alschristlich-liberale Koalition gemacht haben, ohne Ihre
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Manfred Kolbe
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Hilfe – den Zeitpunkt der Entdeckung vorverlegt; er warin der Tat zu spät.
Wir haben die Teilselbstanzeige abgeschafft – jedermuss sich jetzt vollkommen offenbaren –, und wir habeneinen Zuschlag für Hinterziehungszinsen eingeführt.
Also, die Koalition hat hier durchaus gehandelt,
auf dem Weg zu einem Ziel, zu dem Sie noch hinwollen,wobei Sie nicht genau wissen, wohin Sie wollen.
Wir sind auch für die Beibehaltung der strafbefreien-den Selbstanzeige – lassen Sie mich das zum Abschlussnoch sagen –, weil das kein Fremdkörper im Strafrechtist, wie es immer dargestellt wird. Auch da zeigt, werdas sagt, komplette Unkenntnis. Das ist ein Fall desRücktritts vom beendeten Versuch, und ihn haben Sie anvielen Stellen im Strafrecht. Den haben Sie bei der Fäl-schung von Geld- und Wertzeichen, den haben Sie beider Geldwäsche, den haben Sie beim Subventionsbetrug,den haben Sie bei der Brandstiftung. Wer den Brandwieder löscht, geht straffrei aus.
Diesen Rücktritt haben Sie auch bei vielen anderen Tat-beständen. Das ist ein Tatbestand, der durchaus system-immanent ist.
Wir haben ihn auf das Notwendige reduziert, und wirwollen ihn beibehalten.Diese Bundesregierung wird weiter gegen Steuerhin-terziehung kämpfen. Es ist in Deutschland – das ist unserErfolg – für Steuersünder härter geworden, und das istgut so.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege
Dr. Carsten Sieling. – Bitte schön, Kollege Dr. Sieling.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine sehr verehrten Damen und Herren! In solchenAktuellen Stunden gibt es immer den Zeitpunkt, zu demsich die Menge der Falschaussagen wirklich angehäufthat, sodass man kaum noch die Möglichkeit hat, sie alleabzuarbeiten.
Aber ich will gern die Gelegenheit nutzen, einige derPunkte aufzunehmen.
Die erste Falschaussage, die ich hier aufnehmenmöchte, weil sie wirklich offenkundig war, Herr KollegeKolbe, ist die, dass bei der von Hans Eichel als Finanz-minister vorgesehenen Amnestie Anonymität gewahrtworden wäre. Ganz genau das Gegenteil ist die Wahr-heit:
Die Steuerhinterzieher wären gemeldet worden; sie wä-ren nicht anonym geblieben.
Das Zweite, was in diesem Zusammenhang wichtigist, ist die Tatsache, meine Damen und Herren, dass esdann darum geht, dass das Steuergeheimnis und dasBankgeheimnis angegangen werden müssen, und auchdas hat Rot-Grün damals gemacht und versucht. Wir ha-ben hier in diesem Deutschen Bundestag nach 2002 eineMehrheit dafür gehabt. Aber dann musste dies wie alleSteuerfragen in den Bundesrat, und im Bundesrat ist esvon den CDU/FDP-geführten Ländern blockiert worden.
Herr Kollege Kolbe, Sie waren vielleicht damals nochStaatsminister in Sachsen und somit aktiv beteiligt, weilnämlich auch Sachsen das blockiert hat, und darum re-den Sie hier falsch Zeugnis. Meine Damen und Herren,so kann es nicht weitergehen.
Für schlimmer erachte ich die Eindrücke, die erwecktwerden. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben einendieser Eindrücke hier erweckt, die ich noch einmal sehrdeutlich aufnehmen möchte, mit der Unterstellung näm-lich, dass wir Sozialdemokraten uns und auch die ande-ren Oppositionsfraktionen sich jetzt an dem EinzelfallHoeneß aufhängten und wir diesen Einzelfall für unsnutzten.
Herr Bundesfinanzminister, Sie müssten wissen, wasmittlerweile die Wochenzeitung Die Zeit auch schreibt:
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dass seit 2010 47 400 Menschen – ich sage diese Zahlganz ausdrücklich – in Deutschland Selbstanzeige vor-genommen haben, weil sie genau diese Gefahr sehen.47 400-mal Uli Hoeneß! Das ist kein Einzelfall, das isteine große Zahl von Menschen, die Gott sei Dank diesermöglicht haben. Der politische Punkt ist doch in derTat, dass Herr Hoeneß deutlich gesagt hat, warum er ge-wartet hat: nämlich auf das Deutsch-Schweizer Steuer-abkommen, das Sie natürlich hätten besser machen kön-nen. Ich will auch sagen, was Sie während derVerhandlungen teilweise besser gemacht haben. In derDebatte hatten Sie schon eine Vorlage vorgelegt. Dannhaben wir gedrängt und gesagt: So geht das nicht. – Da-raufhin sind Sie losmarschiert und haben nachverhan-delt. Also, dass man nicht nachverhandeln kann, gilt hiernicht als Ausrede. Allerdings waren diese Nachverhand-lungen völlig unzureichend.Ich will an dieser Stelle einmal, damit das klar ist,drei zentrale Defizite nennen. Der erste Punkt ist: In demAbkommen war vorgesehen, dass deutsche Anleger mitGeld in der Schweiz noch bis Ende 2012 die Gelegenheitgehabt hätten, ihr Geld woandershin zu transferieren.Vielleicht haben Leute wie Herr Hoeneß und andere da-rauf gewartet, um ihr Geld in anderen Steueroasen anzu-legen. Ich weiß es nicht und will ihm das gar nicht unter-stellen, aber wenn so eine Frist in dem Abkommengestanden hätte, muss man heutzutage von allem ausge-hen. Sie haben diese Möglichkeit geschaffen. Das ist dererste Grund, warum dieses Steuerabkommen mit derSchweiz abgelehnt werden musste.
Der zweite Mangel war, dass der hier schon angespro-chene automatische Informationsaustausch in dem Ab-kommen nicht vorgesehen war. Diesen Austausch brau-chen wir. Er entspricht internationalen Standards.Mittlerweile höre ich Gott sei Dank auch aus IhremHause und auch von Ihnen, dass Sie die Zinsrichtlinie andieser Stelle wirksam umsetzen wollen.
Der dritte Mangel – das will ich ausdrücklich sagen,Herr Kollege Volk –: Es kann kein Abkommen geschlos-sen werden, auch wenn Ihnen das gut gefällt, worin fest-geschrieben wird, dass die deutschen Behörden nichtweiter ermitteln dürfen.
Es muss weiter möglich sein, Menschen, die kriminellgeworden sind, zu fassen. Das hätte ein notwendiger Teil– Thomas Oppermann hat es „Staatsräson“ genannt –dieses Abkommens sein müssen.Ich will hier zuletzt sehr deutlich sagen, dass die vonSPD und Grünen regierten Bundesländer nicht mit Ver-gnügen und nicht mit Freude tagtäglich Steuer-CDs kau-fen wollen.
Das ist eine Notmaßnahme;
das wissen auch Sie, Herr Michelbach. Unglaublich ist,dass sich an dieser Notmaßnahme nicht alle beteiligen.Das Bundesfinanzministerium hat in der letzten Wocheerklärt, dass es den Ankauf von Steuer-CDs erstmaligakzeptiert.Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Kauder, hatvorhin „Hehlerei“ dazwischengerufen. Das habe ich inden letzten Wochen bisher nur von der FDP gehört. Dasfinde ich unglaublich. Das ist keine Hehlerei.
Ich will hier sagen: Ich erwarte, dass alle Bundesländerund auch das Bundesfinanzministerium sich dazu stellenund sich an den Ankaufkosten beteiligen, damit manzeigt, dass wir es ernst meinen;
denn wir müssen jetzt Signale setzen.
Ich sage Ihnen gern an dieser Stelle auch: Für uns istdas kein Wahlkampfthema. Wir wollen etwas verändern,hin zu mehr Gerechtigkeit. Wenn Sie in den nächstenWochen bereit sind, mit uns durchgreifende Maßnahmenzu machen, beschließen wir das
und nehmen damit das Thema aus dem Wahlkampf he-raus. Dann machen wir mit Ihnen eine vernünftige Ge-setzgebung dazu in Deutschland. Aber ich glaube, Siebewegen sich hier nicht. Deshalb brauchen wir den Re-gierungswechsel.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Nächster Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist
unser Kollege Dr. Mathias Middelberg. Bitte schön, Kol-
lege Dr. Mathias Middelberg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-ren! Diese Debatte hat, wenn man sorgfältig auf die
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sachlichen Argumente gehört hat, gezeigt, dass man mitder Schweiz kein besseres Abkommen hätte aushandelnkönnen. Ich glaube, das muss man ganz objektiv sehen.Das, was Wolfgang Schäuble mit der Schweiz ausgehan-delt hat, ist das maximal Erreichbare gewesen.
Ich glaube auch – das hat der Kollege Wissing betont –,dass dies auch unter dem Gesichtspunkt der Gerechtig-keit die bessere Lösung ist.Mit dem Ankauf von Steuer-CDs können wir allen-falls punktuelle Erfolge landen. Auch wenn in diesemZusammenhang gerade von 47 000 Menschen die Redewar: In den vergangenen drei Jahren sind bisher ledig-lich 2 Milliarden Euro geflossen. Wir hätten mit demSteuerabkommen weitaus höhere Beträge erzielt, wennwir das Ende letzten Jahres hätten abschließen können.
Sie beklagen, dass die Anonymität der Anleger ge-wahrt worden wäre, wenn wir das Abkommen abge-schlossen hätten.
Die Situation, die wir jetzt haben, ist doch: Die Anlegerbleiben weiterhin anonym.
Wir sind darauf angewiesen, dass wir durch den Ankaufeinzelner CDs weiter einzelne Beteiligte strafrechtlichbelangen und diese zu Nachzahlungen veranlassen kön-nen.Das Steuerabkommen mit der Schweiz hätte dieNachversteuerung sämtlicher Konten und Depots in derSchweiz gewährleistet. Der Kollege Sieling hat das ebennicht richtig wiedergegeben. Sie haben das nicht richtigwiedergegeben, Herr Sieling. Sie haben es auch nichtsorgfältig gelesen. Denn es wäre auf den Kapitalbestandam 31. Dezember 2010 abgestellt worden. Danach wärealso mit Abschleichen nichts mehr gewesen; auch dieseVermögensbestände wären erfasst worden.Für mich ist der entscheidende Gesichtspunkt – damitsind wir auch bei der Frage, was das letzten Endes fürden Fiskus bedeutet hätte –: Wir hätten nicht nur aufZinsen der dort geparkten Gelder Steuern nacherhoben,sondern wir hätten auf das gesamte Kapital pauschalSteuern erhoben. Das heißt, es wären dort die gesamtenKonten und Depots in ihrem Bestand besteuert worden,und zwar mit einem Steuersatz zwischen 21 und 41 Pro-zent. Das sind doch die Fakten, und das unterschlagenSie in dieser Diskussion.
Der Kollege Kolbe hat eben zu Recht darauf hinge-wiesen, wie Ihre Diskussionslage jetzt beim ThemaSelbstanzeige ist. Da wissen Sie selber nicht, wie Siesich dazu aufstellen wollen. Er hat die verschiedenenBeteiligten genannt. Selbst bei Herrn Steinbrückschwankt das ja. Gestern hat Herr Steinbrück noch ge-sagt, Selbstanzeigen wären eine sinnvolle Sache; dabeimüssten wir bleiben.Heute Morgen war davon nur noch ein bisschen dieRede. Wahrscheinlich hat Herr Gabriel ihn angeschoben.Jetzt gibt es nur noch die Selbstanzeige in Bagatellfällen.Damit stellt sich für mich – ich nehme das exemplarischheraus – auch die Frage nach der Glaubwürdigkeit beidem, was Sie steuerpolitisch insgesamt verbreiten.Wir haben uns letzte Woche über das Thema Aufbe-wahrungsfristen unterhalten. Dabei hat Herr Steinbrückeine große Welle geschoben und gesagt:Ich entlaste den Mittelstand, indem ich die Aufbe-wahrungsfristen für Rechnungen und Belege ver-kürze.Jetzt hat die SPD genau das Gegenteil gemacht und da-gegen gestimmt. Sie hat ihren eigenen Kanzlerkandida-ten bei dem Thema zurückgepfiffen, mit dem er die Mit-telständler locken wollte.
Dann kommt der nächste Punkt. Die Abgeltungsteuerhat der Bundesfinanzminister schon erwähnt. Wir alleerinnern uns an den Satz:Es ist besser, 25 Prozent auf X zu haben statt42 Prozent auf gar nix.Das ist Originalton Steinbrück zum Thema Abgeltung-steuer. Er hat dann auch noch ausdrücklich gesagt:So simpel ist die Rechnung. Dieses Argumentspringt einem, wenn man es pragmatisch sieht, insAuge.Das war damals O-Ton Steinbrück.Wir können uns unter anderen Bedingungen auchüber die Abgeltungsteuer unterhalten. Das finde ich völ-lig richtig. Aber es steht außer Frage, dass Sie vor einpaar Jahren immer dies gesagt haben, und jetzt sagt HerrSteinbrück genau das Gegenteil dessen, was er uns vorein paar Jahren, nämlich 2007, erzählt hat.Genauso ist es beim Thema Unternehmensteuern. Daswurde wortreich begründet:Wenn wir keine Unternehmensteuerreform machen, – also die Unternehmensteuern absenken –wird Deutschland weiter an Steuerbasis … verlie-ren, und die Staatseinnahmen zur Finanzierung öf-fentlicher Aufgaben werden auf Dauer nicht mehr,sondern weniger.
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Dr. Mathias Middelberg
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Eine richtige Erkenntnis Ihres Kanzlerkandidaten. Jetztverkauft er uns das genaue Gegenteil.
Es muss eine große Orgie von Steuererhöhungen geben,zusätzlich noch die Vermögensteuer und vieles mehr imLand, damit wir dann da landen, wo Frankreich und an-dere europäische Staaten, die große ökonomische Pro-bleme haben, heute sind.
Zum Thema Vermögensteuer sagte Herr Steinbrück2011:Wenn damit nur das Privatvermögen gemeint wäre,hätte ich damit kein Problem.Dann hätte ich persönlich auch kein Problem damit. Ersagte aber richtigerweise:Die Frage ist aber: Wie halten wir es mit dem Fir-menvermögen? Wenn wir es voll besteuern, schwä-chen wir den Mittelstand. Klammern wir es aus,schaffen wir viele Umgehungsmöglichkeiten nachdem Motto: Der Picasso hängt bei mir nicht mehrim Wohnzimmer, sondern im Besucherzimmer mei-nes Betriebs.Da hat Herr Steinbrück ganz richtig erkannt, was derKollege Volk ausgeführt hat: dass man nämlich nichtvernünftig trennen kann – auch rechtlich nicht – zwi-schen Betriebsvermögen und Privatvermögen.Ob Sie ihn zwingen oder ob er das selber macht –jetzt erzählt er uns genau das Gegenteil, und zwar bei je-der Gelegenheit.
Wir können noch ein halbes Dutzend Zitate bringen, indenen er genau das Gegenteil von dem erzählt, was erheute als Kanzlerkandidat verkündet oder mit Fußfesselnverkünden muss. Mit Beinfreiheit ist ja nicht mehr vielbei Ihrem Kandidaten.Das ist doch die entscheidende Frage, nämlich nachder Glaubwürdigkeit, die Sie auch heute groß strapazierthaben. Der Wähler will, wenn er am 22. Septemberwählt, wissen: Kann er sich auf das, was da gesagt wird,verlassen?Eines ist sicher: Was Sie im Bereich der Steuerpolitikbisher verkündet haben und wahrscheinlich auch dem-nächst verkünden werden, ist mit Sicherheit eines, näm-lich nicht verlässlich.
Letzter Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für die
Fraktion von CDU/CSU unser Kollege Dr. Frank
Steffel. – Bitte schön, Kollege Dr. Frank Steffel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache,dass die Selbstanzeige von Uli Hoeneß heute so großeAufmerksamkeit hier im Bundestag erfährt, aber auch inder öffentlichen Diskussion, ist aus meiner Sicht gera-dezu ein Beweis für die Stärke unserer Demokratie undfür die Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaats;
denn obwohl es kritikwürdige Einzelfälle gibt, zeigt derFall Hoeneß geradezu vorbildlich, dass es in Deutsch-land keine Privilegien für wirtschaftliche, politische,sportliche oder gesellschaftliche Eliten gibt. Wie mandann auf die Idee kommt, so etwas vorzutragen wie ins-besondere Herr Oppermann – er ist mittlerweile gegan-gen – und Sie, Herr Pronold, ist mir völlig schleierhaft.Sie unterstellen den Kolleginnen und Kollegen, die hiersitzen, den Repräsentanten der Bundesrepublik Deutsch-land, den Mitgliedern der Bundesregierung, Kumpaneimit Kriminellen. Was erlauben Sie sich eigentlich?
Was erlauben Sie sich menschlich, und was erlauben Siesich politisch?
Die Kollegin Kotting-Uhl von den Grünen hat eben,als der Kollege Volk gesprochen hat, zugerufen: So wieSie argumentiert die Mafia! – Was erlauben sich hier ei-gentlich Kolleginnen und Kollegen, die einen anderenKollegen mit der Mafia in einen Zusammenhang bringenund ihm vorwerfen, er mache mit den gleichen Metho-den Politik, mit denen die Mafia ihre kriminellen Ma-chenschaften betreibt?
Das zeigt übrigens, wie blank die Nerven bei Ihnen lie-gen. Herr Trittin, Ihre Überheblichkeit, mit der Sie argu-mentiert haben, war genauso abstoßend.
Das zeigt, dass das das letzte Thema, der letzte Stroh-halm ist, mit dem Sie versuchen, die Menschen in derRepublik gegen eine erfolgreiche Bundesregierung auf-zubringen. Die Kollegin Höll hat völlig recht: Wenn eseines Beweises bedurfte, was Sie nach dem 22. Septem-ber wirklich wollen, dann war es die heutige Debatte. Siewollen Rot-Rot-Grün. Sie wollen eine andere Bundes-republik Deutschland. Wir von Schwarz-Gelb wollendas nicht. Darüber werden die Menschen am 22. Sep-tember abstimmen. Ich bin sicher: Sie werden vernünftigabstimmen, gerade nach dieser Debatte.
Es freut mich übrigens – um das deutlich zu sagen –,dass alle heutigen Redebeiträge vom gleichen Duktus
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Dr. Frank Steffel
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und von der gleichen Werteordnung geprägt waren, alses um Steuerflucht, Steuerhinterziehung und Steuerehr-lichkeit ging. Es ist ein gutes Zeichen für die Menschenin Deutschland, zu erfahren: Alle Parteien – von ganzlinks bis hin zu den marktwirtschaftlich-liberalen Kräf-ten – sind sehr wohl der Auffassung, dass ein funktionie-render, starker Staat vernünftige Steuerzahler, Steuerein-nahmen und Steuerehrlichkeit braucht. Das gehört zuunserer Demokratie und gerade zu unserer sozialenMarktwirtschaft.
Ich wünsche mir, dass wir, wenn wir das nächste Malan dieser Stelle über andere Werte unseres Staates spre-chen, beispielsweise über Angriffe auf unsere Polizeibe-amten am 1. Mai in Berlin, ebenso einheitlich die Wertedieses Staates verteidigen, dass wir bei den ThemenDrogen, Drogenhandel, Beschaffungskriminalität undDrogenverkauf an Kinder und Jugendliche genauso ein-heitlich unsere Meinung vertreten.
Ich wünsche mir, dass Beschädigung von privatem Ei-gentum – von Graffiti bis Diebstahl – in diesem Hausegenauso einheitlich diskutiert und thematisiert wird.
Lieber Herr Trittin, man merkt Ihnen persönlich Ihreklammheimliche Freude über den Fall Uli Hoeneß an.Ich sage Ihnen: Das stößt die Menschen ab!
Ich kritisiere nicht, dass Uli Hoeneß Steinbrück beratenhat. Ich kritisiere übrigens auch nicht, dass Uli Hoeneßim aktuellen Wahlkampf um das Amt des Oberbürger-meisters in München Partei für den SPD-Kandidaten er-griffen hat. Ich finde es gut, wenn sich Prominente ein-mischen. Ich finde es gut, wenn Politik Persönlichkeitenund Prominente um Rat fragt und um Unterstützung bit-tet. Sie versuchen aber, aus dem Fehler eines Menschen,aus dem Absturz eines ehemaligen Vorbildes parteipoli-tischen Nutzen zu ziehen. Das finden die Menschen ab-stoßend und widerlich.
Wer wie Uli Hoeneß aus der Abteilung „Attacke“kommt, darf sich nicht beschweren – ich sage das sehrbewusst zum Abschluss der Debatte –, wenn er selbstnach solchen Vorgängen attackiert wird. Wer austeilt,muss auch einstecken können, und wer Steuern hinter-zieht, muss danach auch die Strafe akzeptieren. Ichglaube, dass Uli Hoeneß selbst zuallererst weiß, dass erden größten Fehler seines Lebens gemacht hat und dasser die verdammte Verpflichtung hat, den Menschen zuzeigen, dass man aus Fehlern lernen kann.Übrigens, jeder Mensch, selbst Uli Hoeneß, HerrTrittin, sollte das Recht zur zweiten Chance haben.
Die Tatsache, dass es einen Haftbefehl gibt, und die Tat-sache, dass es Ermittlungsverfahren der Staatsanwalt-schaft gibt, zeigen deutlich, dass auch an dieser Stelleder Rechtsstaat funktioniert. Deshalb bin ich sehr sicher,dass am Ende der Debatte übrig bleibt, dass alle Men-schen in Deutschland wissen: Regeln gelten im Sport füralle gleich, und Regeln gelten auch in der Steuerpolitikfür alle gleich.
Da gibt es keine Ausnahmen, keinen Bonus für Promi-nente,
keinen Bonus für andere Bevölkerungsgruppen, viel-mehr geht es schlicht und ergreifend um die Frage: Ha-ben die Menschen in Deutschland das Gefühl, dass wiruns darum bemühen, Steuergerechtigkeit und Steuerehr-lichkeit herzustellen? Und das ist das Positive am FallHoeneß. Auch er ist ein Beispiel dafür,
dass alle Deutschen gut beraten sind, lieber ehrlich Steu-ern zu bezahlen, ruhig zu schlafen, etwas dafür zu tun,damit Gemeinwesen funktioniert. Denn Uli Hoeneßselbst wird am meisten das bereuen, was in den letzten72 Stunden über ihn hereingebrochen ist. Er ist selberschuld. Und die Menschen, die heute keine Steuern be-zahlen, sollten ihn als negatives Vorbild sehen, sich be-mühen, es besser zu machen, Steuern zu bezahlen, undihr Geld ganz schnell aus der Schweiz zurückholen undin Deutschland Steuern bezahlen.Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde
ist beendet.
Wir sind damit auch gleichzeitig am Schluss unserer
heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 25. April 2013,
9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.