Gesamtes Protokol
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist er-öffnet.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Konzept der Bundesregie-rung „Globalisierung gestalten – Partnerschaftenausbauen – Verantwortung teilen“.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. GuidoWesterwelle. – Bitte schön, Herr Minister.Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-wärtigen:Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirhaben heute im Bundeskabinett das bereits eingeführteKonzept „Globalisierung gestalten – Partnerschaftenausbauen – Verantwortung teilen“ verabschiedet. Dassetzt die Reihe der Konzeptionen in der Außenpolitikfort, die wir mit dem Lateinamerikakonzept und demAfrikakonzept im letzten Jahr begonnen haben. LetztenEndes geht es darum, zu erkennen, dass sich die Ge-wichte auf der Welt deutlich und dramatisch verschiebensLnÜzkLgGWukkaetrdWbzdDzzwund dass neue Gestaltungsmächte die Weltbühne betre-ten. Das Wort „Schwellenländer“, das in diesem Zusam-menhang oft fällt, ist aus unserer Sicht unscharf; dennerstens haben viele Länder, um die es hier geht, dasSchwellenstadium längst verlassen, und zweitens sindviele Länder bereits dabei, sich nicht nur wirtschaftlich,sondern auch politisch entsprechend zu entwickeln.Die neuen Gestaltungsmächte zeichnen sich durchdrei Eigenschaften aus. Erstens. Es sind Länder mit ei-nem zum Teil atemberaubenden wirtschaftlichen Erfolgin ebenso atemberaubender Schnelligkeit. Zweitens. Essind Länder, die daraus – und zwar zu Recht – auch denAnspruch ableiten, als politische Akteure die globalenEntscheidungen mitzugestalten. Drittens. Es sind Län-der, die mindestens regional als Ordnungskraft in Er-scheinung treten. Diese drei Eigenschaften treffen aufviele Länder zu. Deswegen haben wir auch keine ab-
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zählen. In der Wirtschaft gibt es den Begriff „HiddenChampions“. Ich glaube, dieser Begriff trifft auch aufdie Politik sehr gut zu. Das sind Länder, die in der zwei-ten Reihe, noch etwas im Windschatten der großen Öf-fentlichkeit, stehen, die jedoch eine bemerkenswerte Er-folgsgeschichte vorweisen oder zumindest auf dem Wegsind, eine solche zu schreiben.Bei den Kriterien, die wir in unserem Konzept festge-schrieben haben, geht es in entscheidendem Maße umMenschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, alsoum unsere Werte. Aber auch unsere Interessen werdendefiniert. Das Ganze muss in einen kohärenten Auftrittder Bundesregierung münden. Alle Ressorts sind imRahmen ihrer fachlichen Zuständigkeit, die in keinerWeise infrage gestellt wird, zunehmend international ge-fordert. Es ist aber notwendig, den Außenauftritt einheit-licher, effizienter und kohärenter zu gestalten. DerCharme und der Sinn dieses Konzepts beruhen darauf,dass es ressortübergreifend ist.Die entsprechenden operativen Maßnahmen findenSie auch dort. Es ist ein Informationssystem, auf das re-gierungsintern zugegriffen werden kann, um zu synchro-nisieren, was international, beispielsweise im Hinblickauf bestimmte Länderkreise, in denen strategische Dis-kussionen stattfinden, zu geschehen hat. Das leistet ei-nen Beitrag dazu, die deutsche Außenpolitik schlagkräf-tiger und den Außenauftritt unseres Landes kohärenterzu gestalten. Aber es ist auch das Ergebnis einer sichverändernden Welt, die wir als eine Herausforderung,aber vor allem als eine Chance begreifen, und zwar weitüber Wirtschaftsfragen hinaus.Vielen Dank, Herr Präsident, für die Möglichkeit derEinführung.
Vielen Dank, Herr Minister.
Bevor ich mit den Fragen beginne, möchte ich noch
auf unsere neue Farbregelung hinweisen. Zunächst
möchte ich an die Ein-Minuten-Regelung für Fragen und
Antworten erinnern. Für die Kolleginnen und Kollegen,
die an den letzten Befragungen der Bundesregierung
nicht teilgenommen haben, mache ich darauf aufmerk-
sam, dass nun statt des akustischen Signals ein optisches
eingesetzt wird. Auf den bisherigen Anzeigen für die Ta-
gesordnungspunkte rechts und links des Adlers sowie
oberhalb der Hammelsprungtüren wird eine Uhr sekun-
denweise rückwärtslaufen. Begleitet wird dies von ei-
nem Lichtsignal in Gestalt eines Farbfeldes: Grün, Gelb
und Rot. In den ersten 30 Sekunden zeigt das Farbfeld
Grün, gefolgt von Gelb. Nach Ablauf der 60 Sekunden,
also nach Ablauf der Redezeit, erscheint es dann rot. Ei-
nige kennen das schon, andere noch nicht. Deswegen
weise ich noch einmal ausdrücklich darauf hin.
Ich bitte, zunächst Fragen zum Themenbereich zu
stellen, über den soeben berichtet wurde.
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Herr Außenminister, Sie haben gesagt, dass Sie offen-
ssen, wer genau zu den – in der Terminologie des Kon-
epts – neuen Gestaltungsmächten gehört und wer nicht.
h möchte die Frage politisch zuspitzen: Glauben Sie,
ass eine Erweiterung der G 20 notwendig ist, und wie
ehen Sie für die Zukunft die Gestaltung des Verhältnis-
es zwischen den G 20, die eine Parallelstruktur zu den
ereinten Nationen bilden, und den Vereinten Nationen?
s gibt die Tendenz, die Vereinten Nationen als ge-
chwächt anzusehen, weil sehr viele Fragen im Rahmen
er G 20 behandelt werden und weil viele Länder, die
an zu den Gestaltungsmächten zählen könnte, dort
icht vertreten sind. Wie lautet die konzeptionelle Ant-
ort der Bundesregierung?
Bitte schön, Herr Minister.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
ärtigen:
Danke, Herr Präsident. – Herr Kollege Schmidt, das
erzstück sind für uns natürlich die Vereinten Nationen;
ie sind das Herzstück unseres Konzepts einer multipola-
n Welt und unserer Außenpolitik. Deswegen geht es
ns bei der Reform der Vereinten Nationen darum, sie zu
tärken. Die Vereinten Nationen werden aber nur stark
ein, wenn sie nicht die Verhältnisse nach dem Zweiten
eltkrieg politisch widerspiegeln, sondern die unserer
eit widerspiegeln, das heißt, so wie die Gewichte heute
der Welt verteilt sind. Deswegen ist eine Reform not-
endig; wir werden sie weiter vorantreiben.
Ich bin nicht der Überzeugung, dass wir derzeit an ei-
er Schwelle stehen, an der man die Erweiterung der
20 beschließen müsste. Aber ich muss Ihnen recht ge-
en, Herr Kollege: Die G 20 werden zunehmend zu ei-
em politischen Format; sie sind nicht mehr nur ein wirt-
chaftliches und finanzpolitisches Format. Auch dort
ird natürlich mehr und mehr die internationale Politik
esprochen. Zum Beispiel wird am Sonntag in einer Wo-
he zum ersten Mal ein Treffen der Außenminister der
-20-Länder in Mexiko stattfinden. Es ist sicherlich aus-
agekräftig, dass Mexiko, eine dieser neuen Gestaltungs-
räfte, dazu eingeladen hat.
Vielen Dank. – Die nächste Frage geht an den Kolle-
en Mützenich von der SPD-Fraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Au-enminister, dass Sie uns nicht nur heute, sondern auchchon zuvor ein bisschen über dieses Konzept informiertaben. Es ist offenkundig, dass es andere Länder insbe-ondere aufgrund ihrer wirtschaftlichen Prosperitätchaffen werden, auf der internationalen Bühne Einfluss
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18763
Dr. Rolf Mützenich
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zu nehmen, und entsprechende Forderungen stellen.Deswegen sollte man sich damit befassen.Was mich zu einer Nachfrage zum Konzept der Bun-desregierung provoziert, ist Ihr Kriterienkatalog, in demSie insbesondere wirtschaftspolitische Kriterien erfassthaben. Was ich ein bisschen vermisse, ist die Frage derInteressenkoalition, also die Frage, ob wir überhaupt ge-meinsame Interessen und insbesondere gemeinsameWerte mit den besagten Ländern teilen, obwohl sie wirt-schaftlich aufstrebend sind. Sie werden mit Sicherheitdazu ein oder zwei Sätze sagen können. Mich interes-siert insbesondere die neue Doktrin, die sich daraus ab-leiten lässt. Denn als es um die Lieferung von Panzernnach Saudi-Arabien ging, lautete die Antwort der Bun-deskanzlerin, die offensichtlich frühzeitig von diesemKonzept Kenntnis gehabt hat: Hier handelt es sich umeine Gestaltungsmacht in der internationalen Politik. –Insofern interessiert mich, ob wir in nächster Zukunftunsere Außenpolitik in enger Partnerschaft gerade mitsolchen Gestaltungsmächten betreiben.
Bitte.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Vielen Dank, Herr Präsident. – Erstens. Herr Kollege
Mützenich, es ist richtig, dass die Bundeskanzlerin früh-
zeitig Kenntnis von diesem Konzept gehabt hat. Das ist
immer so: Bei allem, was wir tun, hat die Bundeskanzle-
rin selbstverständlich frühzeitig Kenntnis.
Das muss hier einmal klargestellt werden.
Zweitens, zur Gewichtung. Herr Kollege, Sie spre-
chen ein Spannungsfeld an, das man – das wissen wir
aus vielen Jahrzehnten deutscher Außenpolitik – natür-
lich nicht ignorieren kann; man muss nur sehen, dass
man es auflöst. Es gibt eine interessenorientierte und
eine werteorientierte Außenpolitik. In Wahrheit ist bei-
des notwendig: Wir müssen unsere Interessen wahrneh-
men und unsere Werte vertreten. In Wahrheit liegt die
Wahrung unserer Werte auch in unserem unmittelbaren
Interesse. Aus der deutschen Geschichte haben wir doch
gelernt, dass der Satz „Wandel durch Handel“ stimmt; er
hat sich in Europa als richtig herausgestellt. Er stellt sich
jetzt auch in anderen Regionen als richtig heraus. Aus
einer Intensivierung von Handelsbeziehungen und Wirt-
schaftsinvestitionen einerseits und der Verbreitung unse-
rer rechtsstaatlichen Ideen andererseits einen Wider-
spruch herzuleiten, halte ich aus meiner Sicht daher für
nicht richtig; der Widerspruch trifft nicht zu. Wir müssen
beides zusammenbringen. Deswegen haben wir bei den
Aktionsfeldern, die wir aufgelistet haben, „Frieden und
Sicherheit“ als Nummer eins und „Menschenrechte und
Rechtsstaatlichkeit“ als Nummer zwei genannt; „Wirt-
schaft und Finanzen“ folgen erst als Nummer drei. Wir
verändern Gesellschaften, wenn wir mit ihnen in Aus-
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a war mir das akustische Signal lieber.
Frau Kollegin, es ist wahr: Ich habe mich in meinem
eben eigentlich nicht von Rot aufhalten lassen wollen.
Aber nun ist die Regelung so. So streng wollen wir
as auch gar nicht sehen. Sie haben ja mitbekommen,
ass ich nicht interveniert habe.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
ärtigen:
Ich bin Ihnen dankbar. Ich bin schon – genauso wie
iele andere hier – seit viele Jahren Mitglied dieses Par-
ments. Nun gibt es Anzeigetafeln, und es blinkt. Das
t wohl die neue Welt.
Auch das Parlament ist reformbereit und reformfähig.
s muss nicht allein an der Farbgebung des Warnsigna-
s liegen.
Ich werde Ihre Bemerkung an den Präsidenten weiter-
iten.
Jetzt hat das Fragerecht der Kollege Gehrcke von der
raktion Die Linke.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Das war einechöne Überleitung, dass Sie sich von Rot nie haben auf-alten lassen. Aber ich hatte immer den Eindruck, dassie sich von Rot immer sehr haben beeindrucken lassen.Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-ärtigen:Herr Kollege, erlauben Sie eine Unterbrechung? –as bezog sich auf das besonders attraktive rote Kostümon Frau Kollegin Enkelmann in der ersten Reihe.
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Das habe ich befürchtet. Das kann ich auch nachvoll-
ziehen.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Ihnen steht der schwarze Anzug auch sehr gut.
Herr Außenminister, wenn ich Sie richtig verstanden
habe, dann haben Sie nichts anderes angekündigt als
eine neue außenpolitische Grundsatzdebatte, die aus Ih-
rer Sicht notwendig ist. Das finde ich gut. Ich will aus-
drücklich begrüßen, dass Sie damit im Parlament und
nicht in Davos begonnen haben. Andere fangen so etwas
in Davos an – wir haben eine ganze Davos-Klasse –,
aber ich möchte es im Parlament debattiert wissen.
In Ihrer Heidelberger Rede betonen Sie die Notwen-
digkeit neuer fester Regeln und Gerüste. Bezieht sich
diese Notwendigkeit aus Ihrer Sicht auch auf die Wirt-
schaftspolitik, zum Beispiel auf die Fragen, ob man den
Handel mit Nahrungsmitteln anders regeln oder über die
Einführung der Tobin-Steuer erneut nachdenken muss?
Die FDP als Regulierungspartei ist eine neue Erschei-
nung für mich. Ich nehme das gerne zur Kenntnis und
würde mich gerne mit Ihnen darüber streiten.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Nun muss ich vorab eines klarstellen: Wenn ich für
die FDP spreche, dann spreche ich von den Reihen der
FDP aus. Wenn ich für die Bundesregierung spreche,
dann spreche ich – wie jetzt – von der Regierungsbank
aus. Ich will den Ball nicht aufgreifen – Herr Mützenich
hat es schon versucht; das hat auch jeder verstanden –
und auf innenpolitische Debatten eingehen. Dafür ist das
Konzept zu wichtig und zu ernst. Ich verstehe Ihre
Frage. In der Opposition hätte ich genauso nachgefragt.
Aber ich muss Ihnen sagen, Herr Kollege: So, wie Sie es
sagen, ist es auch beabsichtigt.
Ich teile Ihre Einschätzung der Notwendigkeit. Wir
müssen doch in Deutschland erkennen, dass es nicht ge-
nug ist, uns mit uns selbst zu befassen. Wir müssen in
Europa erkennen, dass es bei aller Notwendigkeit, die
Probleme zu lösen, nicht ausreicht, uns nur mit Europa
zu befassen. Das sage ich, der ich ein begeisterter Euro-
päer bin. Die Welt befindet sich in einem Umbruch. Wir
führen die Debatte oft zu zentristisch. Wir meinen, wir
hätten den Taktstock fest in der Hand. Wir registrieren
aber mehr und mehr, dass auch andere nach dem Takt-
stock greifen. Die damalige Reise von Präsident Lula in
den Nahen und Mittleren Osten ist doch ein bemerkens-
werter Einschnitt in der brasilianischen Außenpolitik ge-
wesen. Wir reden doch hier weit mehr als über Wirt-
schaftspolitik.
Es geht darum, dass die neuen Gestaltungsmächte aus
ihrer enormen Wirtschaftskraft einen politischen Gestal-
tungsanspruch herleiten. Wir müssen nicht erst nach
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Herr Gehrcke, Sie können sich gerne zu einer neuenrage melden. – Jetzt hat die Kollegin Kerstin Mülleras Fragerecht.Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Herr Außenminister, ich weiß nicht, ob das ein Plä-oyer dafür ist, dass im Grunde genommen auch dieürkei als Gestaltungsmacht einen ständigen Sitz im Si-herheitsrat haben müsste. Das zeigt wiederum, dass Sieich nicht festlegen wollen, welche Staaten Sie eigent-ch meinen. Das verunklart die ganze Sache.Meine Frage, anknüpfend an die Frage von Herrnehrcke, betrifft das Verhältnis von Menschenrechtenur Wirtschaft. Auch dazu wird in Ihrem Konzept etwasesagt. Was ich allerdings vermisst habe, ist die Bindunger Außenwirtschaftsförderung an die Einhaltung derenschenrechte. Sie sprechen zwar davon, dass dasichtig ist, aber das fehlt im Konzept. Ist das nicht mehrorgesehen? Welche konkreten Schritte sind geplant, umum Beispiel den Menschenrechtsdialog zu stärken?Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-ärtigen:Zu Ihrer konkreten Frage kann ich Ihnen Folgendesersichern: Der Menschenrechtsdialog ist ein wesentli-her Teil unserer Außenpolitik. Er wird zum Beispieluch mit den Ländern vorangetrieben, bei denen wir unsorgen um die Menschenrechtslage machen und zu de-en wir gute Wirtschaftsbeziehungen unterhalten. Wirefinden uns beispielsweise in einem intensiven Rechts-taatsdialog mit China. Wir nutzen diese Formate, uminfluss auszuüben. Oft erreicht man schon etwas, wennan den Dialog auf eine Art und Weise führt, die der an-
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Bundesminister Dr. Guido Westerwelle
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deren Seite gewisse Bewegungsspielräume eröffnen.Wie Sie wissen, habe ich mich für einige Persönlich-keiten sehr engagiert. Wir konnten so bei bestimmtenEinzelschicksalen helfen und zu einer guten Lösungkommen. Ich sehe keinen Gegensatz zwischen Wirt-schaftspolitik und der Notwendigkeit, einen Rechts-staats- und Menschenrechtsdialog zu führen. Beides ge-hört zusammen.Übrigens sind einige Länder beispielhaft genannt – sounscharf, wie Sie sagen, ist das Konzept nicht; es gibtnur keine abschließende Liste über die Gestaltungs-mächte –: Ägypten, Argentinien, Brasilien, Chile, China,Indien, Indonesien, Kasachstan, Katar, Kolumbien, Re-publik Korea, Malaysia, Mexiko, Nigeria, Singapur,Südafrika, Vereinigte Arabische Emirate und Vietnam.Das sind die Länder, die expressis verbis im Konzept ge-nannt werden. Sie sehen: Es ist sehr viel präziser, als Siemeinen. Es ist natürlich das Recht des Deutschen Bun-destages, nachzufragen.
Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege van Aken von
der Fraktion Die Linke das Fragerecht.
Vielen Dank. – Erst einmal begrüße ich diese Diskus-sion. Ich denke, wir sollten sie führen. Sie haben in IhrerHeidelberger Rede auf das Ziel einer multipolaren Weltabgehoben. Dies teilen wir auch. Allerdings ist der Wegdahin wahrscheinlich schwierig.Mir ist aufgefallen, dass Sie in der Antwort auf dieFrage des Kollegen Gehrcke drei Länder erwähnt haben,nämlich Brasilien, die Türkei und den Iran. Da stelle ichmir die Frage: Was genau ist denn in Ihren Augen einestrategische Partnerschaft? Genau diese drei Länder wa-ren vor kurzem Thema. Als es um den Atomkonflikt mitdem Iran ging, waren es gerade die GestaltungsmächteBrasilien und Türkei, die versucht haben, einen Dead-lock zwischen dem Westen und dem Iran aufzulösen.Aber die politische Gestaltungskraft dieser beiden Län-der wurde von Ihnen nicht genutzt. Daher befürchte ich,dass es sich bei Ihrem Konzept weniger um ein außen-politisches Konzept als eher um ein Außenwirtschafts-konzept handelt. Ein solches Konzept kann man durch-aus verfolgen. Aber es bietet keine Grundlage für eineGrundsatzdebatte über außenpolitische Perspektiven derBundesrepublik.Wenn ich in Ihrer Heidelberger Rede dann noch lese,dass die Übereinstimmung von Werten und Interessen si-cherlich deutsche Unternehmen im Ausland stärkenwird, dann muss ich feststellen, dass das nichts mit Wan-del durch Handel zu tun hat. Wandel durch Handel be-deutet, nicht nur Arbeitsplätze hier in Deutschland zuschaffen, sondern auch gerechte Wirtschaftsbeziehungenzwischen den Ländern herzustellen.Erstens. Blenden Sie weiterhin die politische Dimen-sion aus, so wie Sie es bei den Gestaltungsmächten Tür-kei und Brasilien im letzten Jahr getan haben? Zweitens.Wie wollen Sie eigentlich gerechte Weltwirtschaftsbe-ziehungen herstellen, wenn Sie – wie in Ihrer Rede inHtewwwegimliläuSdghdslileheuvteGwudsvdndtikmddnnlaSrenimggsBkcgu
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Vielen Dank. – Jetzt geht das Fragerecht an die Kolle-
gin Beck von Bündnis 90/Die Grünen.
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Herr Minister, Konzepte sind das eine; sie mit Leben
zu erfüllen, ist das andere, das Schwierigere.
Erste Frage. Sie haben eben gesagt, es sei eindeutig
belegt, dass es Wandel durch Handel gebe. Gestern hat
eine Pressekonferenz des Ost-Ausschusses der Deut-
schen Wirtschaft stattgefunden. Dabei ist von einer deut-
lichen Zunahme des Handels mit Russland im Jahr 2011
berichtet worden. Kann man denn in Russland tatsäch-
lich eine Korrelation zwischen wirtschaftlicher Entwick-
lung einerseits und der Zunahme von Rechtsstaatlichkeit
und der Abnahme von Korruption andererseits feststel-
len?
Zweite Frage. Welche Chancen sehen Sie in der Ver-
bindung von Politik und Wirtschaft? Ich denke an den
Fall Chodorkowski, in dem es nicht nur um menschen-
rechtliche Fragen geht. Alle russischen Akteure bestäti-
gen, dass der skandalöse zweite Prozess die Türen für
eine kriminelle, mafiöse Energie geöffnet hat, die dazu
führt, das man sich an Unternehmen regelrecht bedient.
Würde das, was wir seitens der Politik machen, nicht un-
terstützt, wenn der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirt-
schaft als Vertreter deutscher Interessen rechtsstaatliche
Verlässlichkeit einklagen würde, die mit dem Vorgehen
in den Fällen Chodorkowski und Lebedew nicht zusam-
menpasst?
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Frau Kollegin, Sie wissen, dass ich mich zu dem von
Ihnen explizit genannten Fall mehrfach eingelassen habe
– das gilt übrigens für die gesamte Bundesregierung –,
und zwar nicht nur in internen Gesprächen, sondern auch
öffentlich. Wir haben das immer kritisch begleitet und es
an den notwendigen öffentlichen Äußerungen nicht feh-
len lassen, und zwar nicht nur hier, sondern zum Beispiel
auch im Rahmen der Pressekonferenz, die ich in Moskau
gemeinsam mit Sergej Lawrow gegeben habe.
Ich glaube, dass Sie recht haben. Es sollte unser ge-
meinsames Anliegen sein, also das Anliegen von Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt, die Bürgerrechte,
die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit voran-
zubringen.
Es sind die Nichtregierungsorganisationen, es ist die
Politik, und es ist – das sage ausdrücklich – auch die
Wirtschaft, die ein Interesse daran haben; denn es ist of-
fenkundig: Ohne Investitionssicherheit – das setzt Rechts-
staatlichkeit und gute Regierungsführung voraus – sind
Investitionen sehr gefährdet. Deswegen wird das keinen
Beitrag leisten.
Sie haben gleich am Anfang gesagt – da kann ich Ih-
nen nur recht geben –: Die Konzepte formulieren die
strategische Ausrichtung; die Mühen der Ebene werden
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Vielen Dank. – Eine weitere Frage stellt Herr
ützenich.
Danke, Herr Präsident. – Herr Außenminister, ichersuche, so zu fragen, dass Sie Ihre Ausführungen jetzttwas konkretisieren können. Sie haben davon gespro-hen, wie wichtig Regeln und Normen in der internatio-alen Politik sind und dass sich die deutsche Außenpoli-k daran orientiert. Können Sie uns hier im deutschenarlament erklären, ob eine der von Ihnen identifizierteneuen Gestaltungsmächte einen für Sie wegweisendenorschlag im Hinblick auf die Fortentwicklung des Völ-errechts gemacht hat, auf dessen Grundlage Sie gerne Kooperation mit dieser Gestaltungsmacht vorangehenollen? Das fände ich interessant; denn das würde auchine neue Partnerschaft begründen.Zum Zweiten. Sie haben davon gesprochen, dass estzt andere Rahmen gibt als G 8 und G 20. Glauben Sieicht, dass es eine Kollision mit dem Völkerrecht ist,enn sich hier Institutionen bilden, die eigentlich keineegitimität, sondern sozusagen eine Spontanität haben,ährend Institutionen wie die Vereinten Nationen da-urch etwas entwertet werden? Wie wollen Sie dem ent-egengehen?Zum Dritten würde mich interessieren: Wie haben dieogenannten alten Partner auf Ihr Konzept reagiert? Be-rüßen sie es? Wollen sie sich daran beteiligen? Viel-icht können Sie uns im Deutschen Bundestag darüberin bisschen aufklären.Danke schön.
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Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-wärtigen:Vielen Dank, Herr Kollege Mützenich. – Zu der Fragehinsichtlich der Vereinten Nationen kann ich nur nocheinmal sagen: Für mich und für die deutsche Bundes-regierung sind die Vereinten Nationen das Herzstück;das hatte ich bereits am Anfang meines einleitenden kur-zen Berichts gesagt. Ich kann nur wiederholen: Ob dieVereinten Nationen eine Zukunft haben, liegt an und ent-scheidet sich in den Vereinten Nationen. Es geht darum,ob sie es schaffen, ihre Strukturen zu verändern. Ichwerde immer zu denen zählen, die die VereintenNationen stärken und – auch das wissen Sie – der Über-zeugung sind, dass wir dieses Gremium in unserermultipolaren Welt brauchen, selbst wenn die Entschei-dungsfindung dort manchmal langwierig ist oder Ent-scheidungen getroffen werden, die wir in keiner Weiseakzeptieren können, wie jüngst bei Syrien. Trotzdem istes wichtig, dass wir so weitermachen.Zweitens. Ja, es gibt Überlegungen bezüglich desVölkerrechts; es wird über die Weiterentwicklung desVölkerrechts diskutiert. Wir haben gelegentlich schon ananderer Stelle zum Beispiel darüber gesprochen, inwie-weit die Responsibility to Protect einhergeht mit derCapability to Protect; das befasst uns alle aktuell sehr.Natürlich gibt es auch beim Völkerrecht Entwicklungs-notwendigkeiten. Das Völkerrecht zeichnet sich ja da-durch aus, dass es sich weiterentwickelt, ohne dass dafürGesetze verabschiedet werden. Das Ganze ist eineRechtsentwicklung, die sich in der Praxis durch Tatenzeigt.Ich komme zu Ihrer Frage hinsichtlich der anderen,der alten Partnerschaften. Herr Kollege Mützenich, ichwill es einmal so sagen: Als die Vereinigten Staaten vonAmerika angekündigt haben, sie würden ihre Truppen-präsenz in Deutschland zurückführen, haben wir diesverständlicherweise zunächst dahin gehend beäugt undhinterfragt, was es für diesen oder jenen Standort imländlichen Raum bedeutet. In Wahrheit ist dies Ausdruckder Tatsache, dass sich auch andere Länder über dieneuen strategischen Partnerschaften und Entwicklungenin der Welt Gedanken machen.Die Amerikaner verfolgen die Strategie von HillaryClinton und sagen: Wir müssen im asiatisch-pazifischenRaum präsenter sein. Das liegt in unserem Interesse. –Gleichzeitig sagen sie: Europa ist unser bester Freund.Europa ist unser stärkster und wichtigster Partner. – Dashaben Hillary Clinton und Leon Panetta gerade erst amletzten Wochenende in München erklärt. Die Amerika-ner sagen aber auch: Wir müssen uns neue strategischeOptionen eröffnen. – Deswegen kam es zu der Initiativeim Hinblick auf Myanmar, und deswegen findet auch dieAusrichtung auf den asiatisch-pazifischen Raum statt.Ich bin nicht der Überzeugung, dass wir hier hintan-stehen sollten. Ich bin der Überzeugung: Eine klugeAußenpolitik beobachtet diese Entwicklungen und ver-sucht, voranzugehen und rechtzeitig Optionen zu eröff-nen, die im eigenen Interesse sind. Das Fundament sinddabei natürlich unsere alte Freundschaft mit den USA,genauso aber auch die europäische Integration. Von die-sPwdFghliemPtidDnTPVwSgdhagdccnbüstrvkutuZlädwinYw
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18768 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
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[SPD]: Das heißt gar nichts! – Weiterer Ge-genruf des Abg. Hartwig Fischer [Göttingen][CDU/CSU]: Das heißt das, was er gesagt hat!Zuhören!)
Vielen Dank. – Jetzt eröffne ich dem Kollegen
Wellmann die Möglichkeit, die letzte Frage zu diesem
Themenbereich zu stellen. Bitte schön.
Herr Minister, vielleicht können Sie uns von der
Sorge befreien, dass das Papier an einer kleinen Schwä-
che leidet. Wir sagen ja: Das Konzept betrifft nicht die
Länder, mit denen wir im Rahmen von NATO, EU und
G 8 zusammenarbeiten. – Die G 8 schließt Russland ein.
Wir gehen davon aus, dass die Zusammenarbeit mit
Russland in Anbetracht der Globalisierung wichtig ist.
Besteht zu Recht die Sorge, dass wir Russland einerseits
außen vor lassen, indem wir das Land in dem Papier ex-
pressis verbis ausschließen, obwohl andererseits die
enge Zusammenarbeit mit Russland zur Stärkung der
europäischen Position ein ganz wichtiger Faktor ist – das
ist aus vielen Gründen so, unter anderem aufgrund der
Rohstoffbasis des Landes –, wenn wir weltweit eine
Rolle spielen wollen?
Herr Präsident, ich bin der Erste, der die Gelbphase
eingehalten hat. Das möchte ich fürs Protokoll feststel-
len.
Sie hätten auch gerne ein wenig überziehen können.
Das wäre kein Problem gewesen. – Herr Minister, zur
Antwort. Bitte schön.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Herr Kollege Wellmann, ich nehme Ihre Frage zum
Anlass, einige grundsätzliche Bemerkungen dazu zu ma-
chen.
Ich glaube, dass der gesamte Deutsche Bundestag
vom Stimmverhalten Russlands im Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen sehr enttäuscht gewesen ist.
Ich vermute, dass wir alle der Auffassung sind, dass die-
ses Veto Russland auf die falsche Seite der Geschichte
stellt. Gleichzeitig werden wir alles dafür tun, um unsere
Anstrengungen, den Druck auf das Regime Assad zu
vergrößern, fortzusetzen. Ich kann hier heute auch kein
erneutes Vorlegen von entsprechenden Initiativen im Si-
cherheitsrat ausschließen. Darüber sind wir engstens im
Gespräch.
Trotz dieser Kritik, die ich sehr deutlich gemacht
habe, bin ich der Überzeugung: Es gibt Interessen, die
wir unbedingt gemeinsam mit Russland wahrnehmen
müssen. Ich nenne zwei Beispiele: Wir wissen, wie
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18769
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den Bundesbehörden zu gewähren, die in diesem Zu-sammenhang in den letzten 10 bis 15 Jahren tätig wur-den?
Herr Staatsminister von Klaeden ist zur Beantwortung
bereit. Bitte schön, Sie haben das Wort.
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Frau Kollegin Pau, die paritätisch besetzte Bund-Län-
der-Kommission ist mit dem Ziel eingesetzt worden, die
Form der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der
Länder und des Bundes zu analysieren und zu bewerten.
In diesem Zusammenhang wird auch die Bundesregie-
rung die Bund-Länder-Kommission im Rahmen der Ge-
setze bei ihrer Arbeit unterstützen. Das ist selbstver-
ständlich.
Die Frage nach der Akteneinsicht oder der Zurverfü-
gungstellung von Datensätzen kann ich jetzt so pauschal
nicht beantworten, weil diese, wie sicherlich auch Ihnen
bekannt ist, jeweils unterschiedlichen Vorschriften unter-
liegen. An diese wird sich die Bundesregierung selbst-
verständlich halten.
Wir haben ein Interesse an dem Erfolg dieser Bund-
Länder-Kommission; sonst hätten wir sie nicht einge-
setzt. Deswegen werden wir sie im Rahmen unserer
Möglichkeiten unterstützen.
Danke schön. – Gibt es weitere Fragen zu diesem
Themenbereich, zu anderen Themenbereichen aus der
Kabinettssitzung, oder gibt es allgemeine Fragen? – Das
ist nicht der Fall. Dann beende ich die Befragung der
Bundesregierung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksache 17/8537 –
Auch hier möchte ich noch einmal an unsere Zeitord-
nung erinnern: Für die Antwort auf die eigentliche Frage
werden zwei Minuten und ansonsten werden jeweils eine
Minute für Zusatzfrage und Antwort gewährt. Die Farb-
zeichen kennen Sie mittlerweile; diese brauche ich nicht
noch einmal zu erläutern, denke ich.
Ich rufe nun die mündlichen Fragen auf Drucksache
17/8537 in der üblichen Reihenfolge auf.
Zunächst kommen wir zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung. Zur Beantwortung steht die Parla-
mentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp zur Verfü-
gung.
Ich rufe Frage 1 des Kollegen Dr. Sascha Raabe von
der SPD auf:
An welchem Tag hat das vom Bundesminister für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in seiner Ant-
wort vom 27. Januar 2012 auf meine mündliche Frage vom
25. Januar 2012, Plenarprotokoll 17/154, zugegebene Telefo-
nat mit Gabriela Büssemaker stattgefunden, und an welchen
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Herr Kollege Raabe, Sie haben nach dem Tag eines
elefonates von Bundesminister Niebel mit Frau
üssemaker gefragt, der neuen Leiterin der Servicestelle
Bonn. Sie haben nach weiteren Kontakten im Laufe
es Jahres 2011 zwischen dem Bundesminister und Frau
üssemaker gefragt. Ich antworte Ihnen wie folgt:
Das Telefonat, von dem Sie sprachen, hat zwischen
em 13. Oktober und dem 25. Oktober 2011 stattgefun-
en, also zwischen dem Zeitpunkt der Ausschreibung
nd dem Eingang des Bewerbungsschreibens von Frau
üssemaker im BMZ. Eine taggenaue Bestimmung ist
icht mehr möglich.
Ihre zweite Teilfrage betrifft den Zeitraum von über
inem Jahr. In diesem Zeitraum fanden zahlreiche Kon-
kte statt, weil Frau Büssemaker Mitglied im Landes-
orstand der FDP Baden-Württemberg war, dem auch
inister Niebel angehört. Aber in dieser speziellen An-
elegenheit hat es keine weiteren Kontakte gegeben.
Herr Raabe, eine Nachfrage? – Bitte.
Frau Staatssekretärin, meine Frage kam dadurch zu-tande, dass Minister Niebel am 17. Januar dieses Jahres seiner Pressekonferenz gesagt hat, dass er zu keineminzigen Zeitpunkt von einer Bewerbung gewusst habend dass er auch nicht am Verfahren beteiligt gewesenei. Dazu haben Sie am 25. Januar auf meine Nachfrage,b es nicht doch einen Kontakt gegeben und ab wanninister Niebel von dieser Bewerbung gewusst habe,ehr „niebulös“ geantwortet. Dann haben Sie in derchriftlichen Antwort dargelegt, dass ein entsprechendeselefonat stattgefunden hat, nachdem Frau Büssemakerie Ausschreibung gesehen hat. Das bedeutet, der Minis-r hat sich logischerweise auch am Verfahren beteiligt;enn Fachfragen oder formale Fragen kann man auch ei-er Sekretärin oder einer anderen Stelle stellen; da fragtan nicht direkt bei dem nach, der über eine Bewerbungu entscheiden hat. Also hat damit der Minister – das sa-en Sie jetzt nachweislich – am 17. Januar dieses Jahresie Unwahrheit gesagt.Sie haben mir damals – jetzt komme ich zu meinerrage – in der Antwort geschrieben, dass Frau Büssemaker Zusammenhang mit einer zugesagten Stelle eine an-ere Stelle im Bereich der erneuerbaren Energien ge-
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18770 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
Dr. Sascha Raabe
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)
meint habe. Können Sie selbst bzw. das BMZ bestätigen,dass Frau Büssemaker aus Ihrer eigenen Kenntnis herausam 1. Januar 2012 eine andere Stelle in Aussicht hatte?Haben Sie einen Arbeitsvertrag oder irgendetwas gese-hen? Sie haben mir geschrieben, dass das gesagt wurde.Haben Sie selbst davon Kenntnis?Gu
Herr Kollege Raabe, die Aussage, dass Frau
Büssemaker wohl eine Anstellung in einem Unterneh-
men im Bereich der erneuerbaren Energien in Aussicht
gehabt hat, ist nicht von mir gekommen, sondern sie hat
Frau Büssemaker selbst in einer Pressemeldung getätigt.
Ich habe Ihnen am 25. Januar dieses Jahres genau diese
Frage nicht beantwortet. Ich habe Ihnen gesagt: Ich habe
deswegen nicht mit ihr telefoniert und habe dazu auch
keine Veranlassung gesehen, weil das ihre private beruf-
liche Planung betrifft und sich die Bundesregierung da-
mit nicht befasst.
Im Übrigen will ich bei dieser gesamten Personaldis-
kussion auch im Namen der Bundesregierung Ihre Be-
hauptung von mir weisen, der Minister habe die Un-
wahrheit gesagt. Das habe ich schon in der letzten
Fragestunde beantwortet, und Minister Niebel hat in der
darauffolgenden Aktuellen Stunde ganz klar gesagt, dass
weder er noch Dritte zu irgendeinem Zeitpunkt während
oder vor Abschluss des Bewerbungsverfahrens irgend-
welche Zusagen an Frau Büssemaker gemacht haben.
Das war am 25. Januar richtig, und das ist heute noch ge-
nauso richtig.
Ich bedaure, dass wir inzwischen von der politischen
Auseinandersetzung in eine juristische eingetreten sind.
Ich wiederhole, dass der Minister eine klare Stellung-
nahme dazu abgegeben hat, die bis zum heutigen Tage
richtig ist und zu der ich keinerlei Zusätze zu sagen
habe.
Eine weitere Nachfrage des Kollegen Raabe.
Frau Staatssekretärin, erstens hat er am 17. Januar
nachweislich die Unwahrheit gesagt, als er sagte, dass er
weder eine Bewerbung gesehen habe noch sich am Ver-
fahren beteiligt habe. Sie haben selbst gesagt: Er hat mit
ihr telefoniert. – Daher ist die Unwahrheit schon nachge-
wiesen.
Zweitens. Der Vorwurf, der in der Tat noch staatsan-
waltschaftlich geklärt werden muss, ob der Minister
Frau Büssemaker eine Zusage gegeben hat, hat sich da-
rauf gegründet. Das haben Sie mir geantwortet; ich habe
Ihre schriftliche Antwort mitgebracht. Darin schreiben
Sie:
Sehr geehrter Herr Dr. Raabe … Im Übrigen stellte
Frau Büssemaker zu diesem Gesamtvorgang laut
Boulevard Baden am 26.01. fest: „In dem nun viel-
fach zitierten Interview vom 16. Oktober 2011 be-
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Herr Kollege Raabe, es bleibt richtig, dass ich Ihnen
ündlich in der Fragestunde zu dem Interview von Frau
üssemaker vom Oktober 2011 – das genaue Datum
abe ich jetzt nicht im Kopf – keine Erklärung gegeben
abe und dass ich in der schriftlichen Beantwortung der
rage Frau Büssemaker aus einem dann gegebenen
terview zitiert habe. Ich habe selber keine Recherchen
ngestellt. Das bleibt richtig.
Des Weiteren betone ich noch einmal ausdrücklich,
ass der Minister in einem Telefonat –
ich weiß; es gibt leider Personaldebatten, die einen
anz anderen Charakter haben als den fachlich-inhaltli-
hen – bestätigt hat, dass Frau Büssemaker gefragt hat,
b sie sich bewerben könne. Aber ob sie sich beworben
at, ist eine andere Frage.
Die nächste Frage bezieht sich auf die Bewerberliste
nd die drei Personen, die sich in der Endauswahl befan-
en. Dazu kommen wir gleich noch.
Es haben sich keinerlei Widersprüche ergeben, son-
ern es stehen die Aussagen so, wie sie auch in der letzten
itzungswoche die richtigen waren. Frau Büssemaker hat
ich einem ordnungsgemäßen, breit angelegten Aus-
ahlverfahren gestellt wie 132 weitere Interessenten
uch, und sie hat am Ende den Zuschlag bekommen. Ich
ann verstehen, dass Sie die Entscheidung vielleicht
icht gut finden; aber das ist nicht mein Problem. Es sind
lare Fakten auf dem Tisch, und es gibt keinerlei Wider-
prüche aus unserer Sicht. Dabei bleibt es.
Jetzt hat der Kollege Movassat eine weitere Frage.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18771
)
)
Danke, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin, zur
Person Frau Büssemaker: Während ihrer Tätigkeit als
Ettlinger Oberbürgermeisterin hat sich Frau Büssemaker
bereits selbst der Vorteilsnahme für schuldig bekannt.
Zum Hintergrund: Es gab damals eine anonyme An-
zeige, weil Frau Büssemaker mit dem Chef der Stadt-
werke an einer von der Eon Ruhrgas AG bezahlten Reise
zu einer Bohrinsel in Norwegen teilgenommen hat und
ein Jahr später die Stadtwerke und Eon Ruhrgas einen
neuen Liefervertrag abgeschlossen haben. Daraufhin hat
die Staatsanwaltschaft ermittelt und ein Verfahren wegen
Vorteilsnahme eingeleitet. Das Verfahren wurde nach
Zahlung eines Strafbefehls in Höhe von 3 000 Euro we-
gen geringer Schuld eingestellt. Es gab aber letztlich ei-
nen Strafbefehl wegen Vorteilsnahme. Herr Niebel be-
tont immer: Korruption tötet. Ich frage, wie das Motto
des Ministers mit der Einstellung von Frau Büssemaker,
die bereits wegen Korruption belangt worden ist, zusam-
mengeht?
Gu
Herr Kollege Movassat, die Bundesregierung nimmt
zu solchen Fragen keinerlei Stellung. Ich empfinde es in-
zwischen als wirklich unerträglich – Sie haben das Ver-
fahren erwähnt –, in welcher Weise hier Personalent-
scheidungen debattiert werden, ob es um Mietverträge,
Gespräche mit Nachbarn oder was auch immer geht.
Ich will noch einmal ausdrücklich betonen: Es hat
hier ein transparentes und offenes Bewerbungsverfahren
gegeben. Es gab viele sehr geeignete Kandidaten und
Kandidatinnen. Frau Büssemaker war eine davon. Sie ist
sehr geeignet für diese Position. Der Minister hat, wie er
es auch gesagt hat, während des Verfahrens keinerlei Be-
werbungen gesehen oder sich zeigen lassen. Er hat die
letzte, ausschlaggebende Entscheidung nach einem län-
geren Verfahren, in dem mehrere Kandidaten zu Aus-
wahlgesprächen eingeladen wurden und in dessen Ver-
lauf die Zahl der Kandidaten immer weiter reduziert
wurde, getroffen. Unter der verbleibenden geringen Zahl
von Kandidatinnen und Kandidaten ist Frau Büssemaker
von ihm ausgewählt worden. Es war ein ordnungsgemä-
ßes und transparentes Verfahren, an dem es aus unserer
Sicht nichts zu kritisieren gibt.
Eine weitere Frage der Kollegin Koczy vom Bünd-
nis 90/Die Grünen.
Frau Staatssekretärin, so einfach können Sie es sich
nicht machen;
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Frau Kollegin Koczy, ich wiederhole es gerne: Den
enauen Zeitpunkt, das genaue Datum des Telefonats
ann ich Ihnen nicht sagen.
Ich bitte Sie. Dann müssten wir Telefonprotokolle er-
tellen. Wo sind wir hier?
Lassen Sie mich den ersten Teil der Frage beantwor-
n. Frau Koczy, es geht um das Interview vom 16. Ok-
ber; darauf haben Sie sich bezogen. Ich kann Ihnen
anz klar sagen, dass sich Frau Büssemaker nicht auf
ine Stelle im BMZ, bei der Servicestelle oder wo auch
mer bezogen haben kann, weil es keinerlei Zusage ge-
eben hat.
Die Ausschreibung dieser Stelle erfolgte erst zu dem
eitpunkt, den ich genannt habe. Der Minister hat dazu
tellung genommen. Ich habe dazu Stellung genommen.
s hat zu keinem Zeitpunkt während bzw. vor Abschluss
es Verfahrens eine Zusage an Frau Büssemaker gege-
en – Ausrufezeichen.
Ich will nur darauf hinweisen, dass bereits gestellteragen nicht erneut gestellt werden sollten und auchicht erneut beantwortet werden müssen.Die nächste Frage geht an die Frau Kolleginr. Kofler.
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18772 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
)
)
Frau Staatssekretärin, Sie haben den Begriff „Trans-
parenz“ sehr oft gebraucht. Ich möchte an der Stelle
noch einmal betonen: Uns geht es nicht darum, wie auch
immer eine Personalentscheidung gefällt wurde, sondern
darum, wann diese Personalentscheidung gefällt wurde.
Nicht dass die Entscheidung am Ende gefällt wurde,
sondern wann sie gefällt wurde, das ist für uns der ent-
scheidende Punkt. Dabei geht es auch nicht um die Per-
son der Frau Büssemaker,
sondern um das Verfahren, wie es zu dieser Entschei-
dung kam. Das wollte ich vorausschicken; denn das ist,
wie ich denke, wichtig vor dem Hintergrund der Perso-
naldebatte.
Jetzt meine konkrete Frage. Sie haben gerade bestä-
tigt, dass es im Rahmen des Landesvorstandes der FDP
Baden-Württemberg zahlreiche Kontakte mit dem
Minister, mit dem Ministerium gegeben hat. Können Sie
ausschließen, dass es im Rahmen dieser Kontakte, also
dieser Treffen und der Gespräche, die geführt worden
sind, um die Stelle im BMZ ging, dass es in diesem Zu-
sammenhang um eine Arbeitsmöglichkeit für Frau Büs-
semaker im Ministerium ging?
Gu
Sehr geehrte Frau Kofler, ich nehme an, Sie wissen,
wie das ist, wenn man Mitglied eines Landesvorstands
ist: Man sieht sich, auch bei anderen Gremiensitzungen.
Die Frage, die gestellt wurde, bezog sich ja auch auf Be-
gegnungen. Es ging darum: Wie oft begegneten sich
Minister Niebel und Frau Büssemaker? Zu welchen Ge-
legenheiten und in welcher Form, also persönlich, telefo-
nisch oder wie auch immer, gab es Kontakte?
Ich sage noch einmal: In Bezug auf diese Stelle hat es
keinerlei Vorabsprachen zwischen dem Minister und
Frau Büssemaker gegeben. Der Minister hat auch noch
einmal ausdrücklich unterstrichen – ich nehme jetzt auf
den Landesvorstand Bezug; das ist ja nicht Sache der
Bundesregierung –, dass man sich unter Parteifreunden
gelegentlich sieht und trifft. Das sollte hinterher nicht in
irgendeiner Weise skandalisiert werden. Deshalb der
Hinweis darauf.
Noch einmal: Es hat vorher keinerlei Zusagen gege-
ben. Das hat der Minister bestätigt, und das bestätige ich
heute auch noch einmal.
Die nächste Frage geht an die Kollegin Frau Hänsel.
Danke schön, Herr Präsident. – Frau Staatssekretärin,
ich möchte da auch noch einmal nachhaken. Hier kam ja
so ein bisschen der Tenor auf, dass kritisiert wurde, dass
wir uns für diese ganzen Details interessieren und ir-
gendwelche Diskussionen aufmachen. Ich denke, das ist
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r sagt, die Entwicklungsländer müssen hier ihre Verant-
ortung wahrnehmen und das alles in den Griff bekom-
en. Vor diesem Hintergrund, finde ich, kann es nicht
ein, dass in der Personalpolitik im Entwicklungsminis-
rium viele Ungereimtheiten auftauchen. Das ist in-
kzeptabel. Deswegen haken wir da nach.
Deshalb meine Frage an Sie: Wie bewertet die Bun-
esregierung Äußerungen von, wohlgemerkt, FDP-Par-
ikollegen aus Ettlingen, die sich laut Rheinpfalz vom
. Februar – das alles ist nachlesbar; das haben Sie selbst
der Presseschau vom Ministerium – über die Vettern-
irtschaft, die da stattfindet, entsetzt zeigen. Viele zie-
en auch die Qualifikation von Frau Büssemaker in
weifel, weil sie als Bürgermeisterin die Hoffnungen
icht erfüllt hat und sich nicht der Wiederwahl gestellt
at. Die Vetternwirtschaft wird also selbst von den eige-
en Parteileuten kritisiert. Nicht die Opposition ist ent-
etzt über diese Personalpolitik, sondern Ihre eigenen
arteileute sind es. Wie bewerten Sie das?
Gu
Frau Hänsel, es sind nicht die eigenen Parteifreunde,ondern es gibt eine ganz geringe Zahl von Parteifreun-en, nämlich ein oder zwei Personen, die sich so ge-ußert haben. Sie wissen es selbst: Wenn Sie in einerosition sind, zum Beispiel einer politischen, in der Sieanchmal Entscheidungen fällen müssen, die nicht allenefallen, dann macht man sich nicht nur Freunde. Dasuss ich Ihnen nicht erklären. Das ist so. Wenn Fusions-erfahren durchgeführt wurden, die nicht im Interesseller waren, dann können Sie sich vorstellen, dass derine oder andere vielleicht aus persönlicher Enttäu-chung oder aus persönlichen Gründen heraus Äußerun-en macht.Ich sage Ihnen noch einmal ausdrücklich, dass icheinerlei Grund dafür sehe. Ich finde es wirklich bemer-enswert, welchen Drall diese gesamte Diskussionimmt.
h finde das bemerkenswert, und ich weise ausdrück-ch zurück, dass hier Good Governance und Korrup-onsbekämpfung in Verbindung mit der Personalpolitikes Bundesministers derart thematisiert werden. Daseise ich ausdrücklich zurück. Das sind Unterstellungener schlimmsten Art.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18773
Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp
)
)
Ich kann Ihnen nur sagen: Sie werden eines Tagesfeststellen und auch öffentlich feststellen müssen, wieverkehrt Sie gelegen haben. Eher geben Sie wahrschein-lich auch gar keine Ruhe. Ich finde diese Art der Inquisi-tion, die Sie hier betreiben, und die Art, wie Sie mit sol-cherlei Entscheidungen umgehen, wirklich unerträglich.Das will ich noch einmal betonen.
Selbst wenn Ihnen das nicht gefällt – das kann ich ja ver-stehen –, dürften Sie nicht in einer so diskreditierendenArt und Weise reagieren.
Die nächste Frage geht an die Kollegin Dr. Hendricks.
Frau Kollegin Kopp, wir wissen, dass im Zusammen-
hang mit der Besetzung der Stelle, um die es hier geht,
am 21. Dezember des vergangenen Jahres drei Personen
in die engere Wahl gekommen sind. Der Minister hat in
der letzten Sitzungswoche in einer Aktuellen Stunde ein-
geräumt, dass er unter diesen dreien, die in die engere
Wahl gekommen sind, eine Person ausgewählt habe. Das
ist selbstverständlich sein Recht, das ist nicht zu bestrei-
ten. Die Bewerberin, von der hier die Rede ist, hat diese
Stelle dann bekommen.
Nach unserer Kenntnis hat mit den dreien, die in die
engere Wahl gekommen sind, niemand mehr gespro-
chen, nachdem festgestellt wurde, dass sie in der engeren
Wahl sind. Selbstverständlich muss der Minister das
auch nicht selbst tun, aber irgendjemand im Ministerium
hätte doch noch einmal mit den dreien, die in der enge-
ren Wahl sind, sprechen und dem Minister dann einen
Vermerk vorlegen müssen, der ihm Entscheidungs-
gründe an die Hand gibt neben denen in der Papierform,
die natürlich jeder sehen kann, wenn er die Bewerbungs-
unterlagen in die Hand nimmt. Gibt es einen solchen
Vermerk, der dem Minister als Entscheidungsgrundlage
diente und ihm die Entscheidung erleichtert hat? Wenn
nein, warum nicht? Warum hat niemand mehr im Minis-
terium mit den dreien, die in die engere Wahl gekommen
sind, gesprochen?
Gu
Frau Kollegin Hendricks, Sie sprechen etwas an, das
auch in der Frage von Herrn Kollegen Raabe, die als
nächste zu behandeln ist, enthalten ist. Ich setze voraus,
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Frau Kollegin Hendricks, Frau Büssemaker war eine
er drei Kandidaten. Es gab zwei weitere. Mit ihr ist hin-
rher gesprochen worden. Ihr ist gesagt worden: Sie ha-
en den Zuschlag bekommen. Ich gehe davon aus, dass
ie beiden anderen Kandidaten oder Kandidatinnen na-
rlich auch informiert wurden. Das ist gar keine Frage.
on wem, kann ich Ihnen nicht sagen.
Ja, nach der Entscheidung des Ministers. Davon gehe
h aus.
Wieso vorher? Das geht doch gar nicht.
Ich will Ihnen das jetzt noch einmal genau sagen, da-
it wir das exakt im Protokoll haben: Drei Personen
ommen in die engere Wahl. Bundesminister Niebel hat
eine der eingegangenen Bewerbungsunterlagen gesich-
t. Das Ergebnis der Bewertung der Kandidaten, also
ie Shortlist, die reduzierte Bewerberliste, wurde Bun-
esminister Niebel von Staatssekretär Hans-Jürgen
eerfeltz vorgetragen. Auf der Grundlage dieses Vor-
ags hat Bundesminister Dirk Niebel die Letztauswahl
etroffen. Das will ich ausdrücklich als Zitat verstanden
issen. Dass er vorher mit den anderen Kandidaten nicht
prechen konnte, ist klar. Hinterher geschah das selbst-
erständlich; davon gehe ich aus. Das habe ich jetzt
icht abgefragt, aber das ist selbstverständlich. Einer
acht das Rennen bei der Auswahl; und dass man mit
enjenigen, die nicht erfolgreich waren, spricht, ist völ-
g klar.
Die nächste Frage geht an den Kollegen Fischer.
Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ich will hieranz offen sagen, dass ich eine derartige Form der Inqui-ition einer Mitarbeiterin eines Hauses noch nicht erlebtabe. Dabei sind persönliche Dinge offengelegt worden,odass ich mich frage, was Sie eigentlich von Daten-chutz und dem Umgang mit Personal halten.
Frau Staatssekretärin, sind Sie mit mir der Auffas-ung, dass, nachdem ein Dreivierteljahr in Bezug auf diehaltliche Ausrichtung des Ministeriums von der Op-osition nichts gekommen ist, jetzt versucht wird, einhema, das seit über zwei Monaten aufgeklärt ist, an ei-er Person festzumachen? Ich frage mich, ob das damit
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18774 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
Hartwig Fischer
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)
zusammenhängt, dass man in diesem Haus nach einerzehnjährigen Gleichschaltung parteipolitischer Art er-wartet, dass jede einzelne Personalentscheidung von derderzeitigen Koalition so getroffen wird, wie man es inder Vergangenheit selbst gemacht hat. Ich finde es un-glaublich, wie in diesem Zusammenhang von Korrup-tion gesprochen wird. Sie wissen, dass gerade dieseKoalition dieses Thema in den Partnerländern zu einemSchwerpunkt gemacht hat und dass wir das auch vorle-ben.
Zur Beantwortung Frau Staatssekretärin.
Gu
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, Herr Kollege
Fischer, und sage: Wir werden die Themen Korruptions-
bekämpfung und Good Governance auch weiterhin zu
zentralen Themen der Entwicklungszusammenarbeit in
Deutschland und weltweit machen.
Die vorerst letzte Frage in diesem Zusammenhang hat
der Kollege Christian Ahrendt.
Frau Staatssekretärin, Sie haben heute viele Fragen zu
der Einstellungspraxis in Ihrem Ministerium entgegen-
nehmen müssen. Ich habe erfahren, dass die stellvertre-
tende Bundesvorsitzende der SPD Frau Schwesig, ihres
Zeichens Sozialministerin im Land Mecklenburg-Vor-
pommern, die Kreisvorsitzende der SPD, die Schatz-
meisterin ihres Kreisverbandes und die stellvertretende
Vorsitzende der Stadtfraktion der SPD in ihrem Ministe-
rium angestellt hat. Fernerhin ist auch ihr Staatssekretär
Mitglied des Kreisverbandes Schwerin. Würden Sie eine
solche Einstellungspraxis als konform mit den doch sehr
hochmoralischen Fragen ansehen, die Ihnen von der
SPD heute entgegengehalten worden sind?
Können Sie mir beantworten, ob der Maßstab, der
heute in den Fragen an Sie herangetragen worden ist,
auch der Maßstab war, der die Einstellungspraxis von
Frau Wieczorek-Zeul als Vorgängerin in Ihrem Ministe-
rium gekennzeichnet hat?
Letzte Frage an dieser Stelle: Würden Sie mir zustim-
men, dass die Frageweise, wie wir sie heute von der Op-
position erlebt haben, doch eher einen bigotten Charak-
ter hat?
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an kann nicht Regierungen in Entwicklungsländern
ritisieren und sich über Vetternwirtschaft empören,
enn gleichzeitig Parteifreunde in öffentliche Ämter ge-
racht werden.
Herr Kollege.
Ich komme zu meiner Nachfrage.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18775
Dr. Sascha Raabe
)
)
Ja, bitte.
Frau Staatssekretärin, eine der Bewerberinnen, die be-
zeugen kann, dass sie am 21. Dezember eine der letzten
drei Bewerberinnen war, hat mich angerufen und mir
persönlich gesagt, dass ihr mitgeteilt wurde, dass Ende
Januar im Ministerium Endgespräche stattfinden sollten.
Das ist ja auch logisch: Wenn man unter den letzten drei
Bewerbern ist, geht man davon aus, dass die entschei-
denden Gespräche noch stattfinden werden. Sie hat mir
ferner mitgeteilt, dass es bis zum 21. Dezember nicht um
Inhalte im Sinne von „Wie stellen Sie sich Ihre neue
Stelle vor?“ gegangen ist. Sie hat sich darüber aber keine
Gedanken gemacht; denn sie ging davon aus, dass im Ja-
nuar im Ministerium – das wurde ihr auch von Herrn
Donner, dem Geschäftsführer von Dr. Heimeier & Part-
ner, gesagt – die Endgespräche mit den letzten drei Be-
werbern stattfinden.
Sie sagten vorhin in Ihrer Antwort auf die Nachfrage
von Frau Hendricks, Staatssekretär Beerfeltz habe dem
Minister eine Entscheidungsgrundlage vorgelegt. Die
Bewerberin, mit der ich gesprochen habe, sagte mir, sie
habe weder mit Herrn Beerfeltz noch mit dem Minister
persönlich gesprochen. Mit Blick darauf, dass man am
Ende dieses langen und teuren Verfahrens mit den letz-
ten drei Bewerbern kein Endgespräch geführt hat, frage
ich Sie: Auf welcher Grundlage ist diese Entscheidung
gefällt worden? Ich sage Ihnen: Das riecht nicht nur nach
Vetternwirtschaft, sondern das stinkt nach Vetternwirt-
schaft.
Gu
Herr Kollege Raabe, Ihre Kollegin hat vorhin selbst
gesagt, dass die Tatsache, dass der Minister seine Ent-
scheidung so getroffen hat, wie er sie getroffen hat, nicht
kritisiert wird und dass es um das Verfahren geht. Aber
anscheinend sehen Sie das – das muss ich Ihren Ausfüh-
rungen entnehmen – nicht so.
Ich sage noch einmal: Ich habe die Information, dass
es diese Zusage für ein nochmaliges Gespräch mit allen
nicht gegeben haben soll, sondern dass die letzten drei
Bewerber, die zur Auswahl standen, informiert werden.
Herr Beerfeltz hat auch nicht einfach irgendetwas zu-
sammengetragen. Es ist doch klar, dass jemand aus dem
engsten Kreis des Ministers das Bewerbungsverfahren
begleitet, die Fakten zusammenträgt und die Eindrücke
wiedergibt. Auf der Grundlage dieser Informationen, die
dem Herrn Minister vorgetragen wurden, hat Herr
Niebel so entschieden, wie er entschieden hat. Das ist
völlig in Ordnung.
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Nur die Ruhe. – Letzten Endes kann man auch keine
3 Bewerber präsentieren, sodass die Zahl der Kandida-
n von der fünfköpfigen Auswahlkommission immer
eiter zugespitzt wurde: Von den 13 ging es auf 8 Be-
erber, bis zum Schluss 3 Bewerber übrig blieben.
Frau Kofler möchte eine weitere Frage stellen. Bittechön, Frau Dr. Kofler.
Metadaten/Kopzeile:
18776 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
)
)
Frau Staatssekretärin, ich möchte noch einmal präzise
nachfragen. Sie haben das Verfahren geschildert. Erst
gab es 133 Kandidaten, dann 13 und zum Schluss blei-
ben 3 übrig. Es gab außerdem eine Auswahlhilfe für den
Minister. Ich möchte gerne wissen, wann sich das Minis-
terium in dieses Auswahlverfahren eingeklinkt hat und
ob der Staatssekretär Beerfeltz in dieses Auswahlverfah-
ren involviert war. Aufgrund welcher Kenntnis ist diese
Auswahl im Ministerium vorgenommen worden? Ist der
Eindruck, der bei mir gerade entstanden ist, richtig, dass
die Entscheidung allein von einer externen Personal-
agentur gefällt worden ist?
Gu
Frau Kofler, ich reiche Ihnen gerne die Namen der
Kommissionsteilnehmer nach. In der letzten Frage-
stunde hatte ich sie dabei. Jetzt habe ich sie nicht dabei.
Die Namen können Sie gerne wissen. Es ist selbstver-
ständlich, dass auch die Personalvertretung aus dem
Hause irgendwann einbezogen wird. Vertreter der Agen-
tur Heimeier plus Personalvertretung und andere waren
bei der Entscheidung anwesend. Die Namen aller fünf
Teilnehmer teile ich Ihnen gerne noch einmal schriftlich
mit. Es ist ein völlig übliches Verfahren, dass im Rah-
men einer Kommission die Endauswahl getroffen wird.
Das habe ich im Übrigen auch am 25. Januar in der Fra-
gestunde erwähnt.
Vielen Dank. – Die Frage 3 des Kollegen Frank
Schwabe soll schriftlich beantwortet werden.
Wir kommen zu Frage 4 des Kollegen Lothar
Binding:
Welche Projekte mit welchem Volumen wurden direkt von
Tom Pätz, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit GmbH, GIZ, für den Bereich
International Services akquiriert, und in welchem Verhältnis
stehen die Volumina der neu akquirierten ertragreichen Pro-
Frau Staatssekretärin.
Gu
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Binding,
Ihre Frage bezieht sich auf eine weitere Personalie. Es
geht um Herrn Tom Pätz, Vorstandsmitglied der GIZ. Ich
beantworte Ihre genau auf eine Person zugespitzte Frage
wie folgt: Die Akquisition von Vorhaben ist die Aufgabe
des operativen Bereichs International Services der GIZ
und kann nicht einzelnen Personen zugeordnet werden.
Es ist im Übrigen auch nicht primäre Aufgabe eines Vor-
standsmitgliedes, Einzelprojekte zu akquirieren.
Es ist allerdings ein Verdienst von Tom Pätz, dass der
Bereich International Services auf ein erfolgreiches Jahr
2011 zurückblicken kann. Ich nenne Ihnen gerne ein
paar Zahlen: Im Jahr 2011 gingen bei der GIZ 15 Auf-
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schreiben. Deswegen habe ich das eben noch einmal ge-sagt.Ich will Ihnen außerdem sagen: Für das Geschäftsjahr2012 plant die GIZ IS, also der Bereich InternationalServices, mit einem Auftragseingang in Höhe von rund300 Millionen Euro. Das wäre dann sehr erfolgreich; daswill ich ausdrücklich betonen.Herr Binding, wenn Sie gestatten, will ich noch dieKosten nennen, also Flugkosten usw., nach denen Siegefragt haben: Die vorstandsbezogenen Ausgaben fürPersonal, Fahrzeuge, Flugkosten etc. bewegen sich beiallen Vorständen der GIZ innerhalb des für eine derarthervorgehobene Position üblichen Rahmens. GenaueZahlen hierzu sind uns leider nicht bekannt. Im Zuge derim letzten Jahr von Ihnen, Herr Binding, entfachten Dis-kussion um Reisekosten von Vorständen hat der GIZ-Aufsichtsrat, dem Sie, Herr Binding, ja angehören, fest-gestellt, dass die Wirtschaftlichkeit gewahrt wurde.
Eine weitere Nachfrage, Herr Binding?
Ja.
Bitte schön.
Ich möchte noch einmal nachfragen, ob ich es richtig
verstanden habe, dass sich die Leistung von Herrn Pätz
nicht quantifizieren lässt, also in diesem Sinne nicht
messbar ist? Außerdem möchte ich fragen, ob Sie mit
mir der Auffassung sind, dass, wenn ich etwas über die
geplanten Vorhaben hätte wissen wollen, ich nach den
geplanten Vorhaben gefragt hätte? Ich habe aber nach
den vergangenen Leistungen gefragt.
Gu
Herr Kollege Binding, ich habe Ihnen auch die zu-
rückliegenden Leistungen von 2011 genannt.
Ich habe Ihnen auch gesagt, dass man die Erfolge in die-
sem Bereich, also die Umsätze, nicht einzelnen Personen
zuschreiben kann. Ich habe aber durchaus die Zahlen
von 2011 genannt, den erwarteten Gewinn von 1 Million
Euro – der Abschluss liegt ja noch nicht vor –, und auch
das positive Geschäft erwähnt, das sich für das Jahr 2012
schon anbahnt.
Es gibt eine weitere Frage des Kollegen Raabe.
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18778 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
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Dann kommen wir zur Frage 5 des Kollegen Binding:
Wie bewertet die Bundesregierung aus entwicklungspoliti-
scher Sicht die Auslagerung der entwicklungsorientierten
Not- und Übergangshilfe vom Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, in das
Auswärtige Amt, obwohl diese Auslagerung in dem jetzt vor-
liegenden Gutachten nicht empfohlen und das Parlament erst
nach Vollzug unterrichtet wurde, und wie wird das BMZ si-
cherstellen, dass die kurzfristige Hilfe weiterhin abgestimmt
und nachhaltig mit den anschließenden mittel- und langfristi-
gen entwicklungspolitischen Maßnahmen verbunden wird?
Bitte schön, Frau Staatssekretärin.
Gu
Herr Kollege Binding, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Die bisherige Aufteilung der Ressortzuständigkei-
ten und deren Bewertung waren nicht Gegenstand des
Gutachtens, der Evaluierung. Zu der bisherigen Arbeits-
teilung hatte sich aber der DAC Peer Review der OECD
kritisch geäußert. In die Ausgestaltung der politischen
Entscheidung, die Ressortzuständigkeiten neu zu vertei-
len, sind verschiedene Erkenntnisse aus unterschiedli-
chen Quellen eingeflossen.
Das Auswärtige Amt wird zukünftig die humanitäre
Hilfe verantworten. Das BMZ verantwortet die entwick-
lungsorientierte und strukturbildende Übergangshilfe,
insbesondere in Kooperationsländern der deutschen EZ.
Diese klarere Aufgabenverteilung war notwendig, um
die Kohärenz und Effizienz der Bundesregierung zu er-
höhen. Die Brücke zur Entwicklungszusammenarbeit
wird durch weiterhin enge Abstimmung zwischen AA
und BMZ gewährleistet.
Ihre Nachfrage, Kollege Binding.
Ich möchte fragen, ob Sie die Formulierung „verschie-
dene Erkenntnisse aus unterschiedlichen Quellen“ etwas
spezifizieren können. Ihre Antwort habe ich verstanden;
sie zitiert im Wesentlichen die in der Frage aufgenomme-
nen Gedanken. Aber ich würde gerne die Formulierung
„verschiedene Erkenntnisse aus unterschiedlichen Quel-
len“ mit dem Gutachten zusammenbringen. Ich glaube,
wir sind uns über die Ziele einig; aber ich halte die ope-
rative Umsetzung, die Verlagerung der Dinge in das AA,
für zweifelhaft. Meiner Meinung nach wäre das beim
BMZ insgesamt sehr viel besser aufgehoben. Ich frage,
ob Sie als Vertreterin des BMZ nicht auch dieser Meinung
sind.
Gu
Herr Kollege Binding, die Kernfrage ist doch: Wie
können wir die Nothilfe, also die erste Hilfe bei Kata-
strophen, so effizient, so schnell und so eng abgestimmt
wie irgend möglich koordinieren? Es ist in verschiede-
nen Gutachten immer wieder die Rede davon gewesen,
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interessant und spannend finde, unter anderem die Ein-führung von Verpflichtungsermächtigungen, um insbe-sondere die Budgethilfe zu organisieren. Ein zweiterPunkt ist: weniger Projekte, dafür mehr Programme. Eindritter Punkt ist: Übertragung der Gemeinschaftsaufga-ben, also Kooperation mit der Europäischen Union, weilunser Budget insgesamt relativ gering ist.Werden diese Punkte auch nach den Empfehlungendes Gutachters abgearbeitet, oder bleiben sie sozusagenausgeschlossen? Würden sie nicht umgesetzt werden,dann würden all die Punkte, die ich eben angesprochenhabe, ganz im Sinne der SPD-Fraktion in die anderenBereiche einfließen.Gu
Frau Kollegin Roth, wir haben heute im Fachaus-
schuss AwZ kurz das Evaluierungsgutachten angespro-
chen. Wir haben zwar nicht inhaltlich, aber verfahrens-
technisch darüber diskutiert.
Das Gutachten enthält eine ganze Reihe von Empfeh-
lungen. In Auftrag gegeben wurde es 2008, also zu Zei-
ten der vorherigen Regierung, als das Ministerium unter
SPD-Leitung stand. Es wurden etliche Fragen und De-
tails – es ist sehr umfangreich – darin aufgeführt, auch
zu der damaligen Arbeit im BMZ im Zeitraum bis 2009.
Das Gutachten bleibt selbstverständlich nicht unbe-
achtet. Vielmehr haben wir das Gutachten schon sehr in-
tensiv beraten und ausgewertet. Wir werden Ihnen in der
nächsten Sitzung im AwZ im Rahmen der breiten De-
batte, die dort stattfinden soll, unsere Meinung dazu sa-
gen.
Insgesamt bleibt natürlich die Tatsache, dass wir un-
sere Entwicklungsarbeit kohärent gestalten müssen. Sie
haben zum Beispiel gesagt: Eine Empfehlung des Gut-
achtens betrifft die Abstimmung mit der EU. Sie kennen
das Thema „Joint Programming“. Es gibt viele EU-Part-
ner, die sich hier überhaupt nicht abstimmen wollen. Na-
türlich ist es wichtig, sich gerade auch bei Großprojekten
abzustimmen, an denen wir über Gemeinschaftsfinanzie-
rungen beteiligt sind. Immerhin finanzieren wir Deut-
sche aus unseren Steuergeldern 20 Prozent der EU-Leis-
tungen in diesem Bereich. Wir wollen da ein großes
Wort mitzureden haben, und das haben wir auch. Wir
wollen Einfluss nehmen und möchten, dass es in diesem
Bereich eine Abstimmung gibt.
In dem Gutachten gibt es andere Empfehlungen, die
wir nicht teilen und zu denen wir sagen: Nein, die politi-
sche Ausrichtung der schwarz-gelben Regierung in der
Entwicklungszusammenarbeit ist eine andere. – Ich
finde, das ist die Freiheit, die man dabei hat.
Das Gutachten wird also im Detail beachtet und ist,
wie gesagt, diskutiert worden. Es ist selbstverständlich
nicht für den Papierkorb, sondern wird Gegenstand wei-
terer Debatten im Parlament sein.
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Gu
Das ist in der Tat immer die Debatte auf allen Konfe-
renzen auf EU- oder internationaler Ebene. Nach den
Weltbildungsberichten, die es auf internationaler Ebene
gibt – Sie kennen das wahrscheinlich auch von den
MDGs –, wird Bildung daran gemessen, wie viele Ein-
schulungen es gibt, also wie viele Kinder – natürlich
Mädchen und Jungen – in die Schule kommen. Das ist
ein Kriterium, das aber nicht allein stehen bleiben darf.
Deswegen haben wir gesagt: Wir wollen nicht nur die
Zahl der Einschulungen messen, sondern auch: Wie
lange bleiben die Kinder in der Schule? Wie viele Jahre
werden sie beschult? Gibt es für sie eine Anschlussbil-
dung bis hin zur universitären Bildung, aber auch zur
technischen Ausbildung? Diese Schritte sind natürlich
messbar. Die MDGs zum Beispiel sehen das nicht vor.
Sie gehen nur von der Grundbildung aus. Unser Konzept
und auch unsere Strategie gehen weit darüber hinaus,
weil wir der Meinung sind: Wir brauchen den gesamten
Bildungsstrang, um Entwicklung überhaupt erfolgreich
gestalten zu können. Wir dürfen nicht auf halber Strecke
stehen bleiben. Das macht dieses eine Beispiel schon
deutlich.
Zweite Nachfrage? – Bitte.
Um ein bisschen konkreter zu werden: Ich glaube, in
unserem Ausschuss ist unstrittig, dass man die Qualität
der Bildung in einen ganz besonderen Fokus stellen
sollte.
Gu
Ja.
Sie haben vorhin von Äthiopien und von Leuchtturm-
projekten gesprochen. Sie haben in diesem Zusammen-
hang die finanziellen Mittel angesprochen. Im Zusam-
menhang mit Frage 7 kommen wir sicher im Detail
darauf zu sprechen, wie das Ganze umgesetzt und ausge-
stattet werden soll. Mit Verlaub: Nach zweieinhalb Jah-
ren liegt nur ein Zehn-Punkte-Strategiepapier vor. Ich
möchte schon wissen, wie Sie diese umfangreiche Im-
plementierung realisieren wollen. Sie haben das Thema
„Qualität in der Bildung“ angesprochen. Mit welchen
Maßnahmen soll Qualität in der Entwicklungszusam-
menarbeit verbessert werden, und zwar sowohl in der
deutschen Entwicklungszusammenarbeit als auch mit
Blick auf den deutschen Anteil an der multilateralen Ent-
wicklungszusammenarbeit? Mit welchen Maßnahmen,
mit welchen konkreten Schritten und mit welchem Geld
soll dies geschehen?
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Rede davon, staatliche Bildungssysteme in den Länderndes Südens aufzubauen, zu verbessern oder zu unterstüt-zen. Mich interessiert, ob es an dieser Stelle einen Kurs-wechsel gegeben hat, ob man staatliche Bildungssys-teme stärken will, weil nur diese allen Kindern dengleichen Zugang zu Bildung gewährleisten können,während das Setzen auf private Trägerschaften – das warein entscheidender Aspekt im bisherigen Entwurf derBildungsstrategie – am Ende dazu führt, dass es nochmehr private Bildungsträger gibt und einige Eltern ihrenKindern aufgrund der Schul- und Studiengebühren kei-nen Zugang zu Bildung gewährleisten können.Gu
Herr Movassat, das eine schließt das andere nicht aus.
Wir helfen beim Aufbau von staatlichen Bildungsein-
richtungen, aber wir unterstützen auch private.
Dann kommen wir zur Frage 7 der Kollegin Bärbel
Kofler:
Wie will der Bundesminister Dirk Niebel die inhaltlichen
Ziele der angekündigten Bildungsstrategie angesichts des seit
zwei Jahren stagnierenden entwicklungspolitischen Haushal-
tes mit den nötigen finanziellen Mitteln unterfüttern, und wie
viel Prozent der ODA-anrechenbaren – ODA: öffentliche Ent-
wicklungszusammenarbeit – Mittel des BMZ für Bildung
werden zukünftig zur Förderung der Grundbildung in der Ent-
wicklungszusammenarbeit eingesetzt?
Gu
Auf Ihre Frage antworte ich Ihnen wie folgt: Die mit
der Rahmenplanung zur Verfügung stehenden Mittel aus
dem Einzelplan 23 sind für 2012 so hoch wie nie zuvor.
Insbesondere die für die Bildungsförderung veranschlag-
ten Mittel sind gestiegen. Darüber hinaus gilt, dass nicht
alle Verbesserungen in der Bildungsförderung unmittel-
bar Kosten verursachen. Die Stärkung der Ressortkohä-
renz ist hierfür ein Beispiel.
Die Grundbildungsförderung ist weiterhin ein essen-
zieller Bestandteil unserer Bildungsförderung. Da Re-
gierungszusagen jedoch grundsätzlich im Rahmen von
Regierungsverhandlungen gemacht werden, in denen
auch unsere Partner ihre Vorstellungen zur zukünftigen
Zusammenarbeit formulieren, ist nicht ganz genau quan-
tifizierbar, wie hoch der potenzielle Anteil der Mittel zur
Förderung der Grundbildung für die kommenden Jahre
sein wird.
Nachfrage? – Bitte schön, Frau Kofler.
Frau Staatssekretärin, eine konkrete Antwort auf eine
konkrete Frage sieht meines Erachtens ein bisschen
anders aus. Es geht ja um Haushaltszahlen; diese sind
überprüfbar. Es gibt immer Sollzahlen, Istzahlen und
Sektoren, die mit bestimmten Mitteln unterfüttert bzw.
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Ich will Ihnen auch sagen, dass Deutschland bei denDA-Auszahlungen im Bereich Bildung mit 1,26 Mil-arden Euro in 2010 zweitgrößter Geber weltweit warnd die Ausgaben für Bildung in den nächsten Jahrenontinuierlich steigern wird. Das ist ein enormer Betrag.eit Beginn der Legislaturperiode, Frau Kollegin Kofler,at die deutsche Entwicklungspolitik im Bereich Bil-ung finanzielle Akzente gesetzt. Unsere Regierungszu-agen für Mittel im Bereich Bildung weltweit haben wirubstanziell erhöht, und zwar auf aktuell 392 Millionenuro für 2012. Diese Zahl liefert ein umfassendes Bildnseres Engagements. Darunter fallen erstmals sowohlriginäre Bildungsmaßnahmen im Umfang von 267 Mil-onen Euro als auch Bildungsbestandteile in Vorhabennderer EZ-Schwerpunkte im Umfang von 125 Millio-en Euro.Wir konzentrieren uns in der Bildungszusammenar-eit vor allen Dingen auf zehn Länder: Afghanistan, An-ola, Guatemala, Guinea, Honduras, Jemen, Kosovo,alawi, Mosambik und Pakistan. Wir als BMZ habenns vorgenommen, Bildung in nahezu jedem Entwick-ngsland zu einem Hauptthema zu machen; denn – ichlaube, da sind wir uns einig – ohne die Förderung vonildung werden wir die Entwicklung in den armen Län-ern nicht voranbringen. Das Geld, das dafür eingesetztird, ist ein ganz wichtiger Punkt.Sie fragten, woher wir das Geld nehmen.
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18782 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
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Frau Kollegin, ich bitte Sie: Die Leuchtzeichen sind
nicht nur zum Schmuck des Saales da, –
Gu
Okay.
– sondern sie sollten auch beachtet werden.
Gu
Okay.
Ich würde dann Frau Kofler bitten, ihre zweite Nach-
frage zu stellen.
Ich würde mich freuen, wenn ich Ihre weiteren Erläu-
terungen schriftlich bekäme. Darauf bin ich gespannt.
Ich finde es interessant, welche Zahlen Sie in den
Raum stellen, Frau Kopp. Mit Verlaub: Sie streuen den
Leuten schon ein bisschen Sand in die Augen, wenn Sie
hier von einem Aufwuchs in Höhe von 500 Millionen
Euro sprechen, diesen aber an Ihrer mittelfristigen
Finanzplanung und nicht am Vorjahreshaushalt bemes-
sen. Das ist an dieser Stelle ein bisschen Zahlentrick-
serei.
Ich fand es ganz spannend, dass Sie eine Zahl genannt
haben, nämlich die Zahl 1,26 Milliarden Euro im Hin-
blick auf die ODA-Auszahlungen im Bereich Bildung.
Meine Frage bezog sich allerdings auf die Grundbil-
dung; dazu konnten Sie mir aber keine Zahlen nennen.
Die spannende Frage lautet, wie hoch der Anteil der
Grundbildung daran ist. Ich versuche, diese Frage an
dieser Stelle einzubetten.
Die Länder, um die es geht, haben Sie erwähnt; dieses
Thema ist, wie ich denke, ganz entscheidend. Denn es
gibt leider immer mehr Länder, die im Rahmen der inter-
nationalen Geberkoordinierung gerade beim Thema Bil-
dung herausfallen; als eines dieser Länder nenne ich
Burkina Faso. Mich würde interessieren, welche Rolle
Sie gerade in multinationalen Zusammenschlüssen spie-
len wollen, um die Bildung gemeinsam zu fördern und
die sogenannten Donor Orphans zu vermeiden.
Gu
Frau Kollegin Kofler, ich kann Ihnen den Betrag, den
wir weltweit für die Grundbildung bereitstellen, jetzt
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18783
)
Ja. – Frau Kollegin Kopp, ich möchte klarstellen, dass
im Hinblick auf die Entwicklungszusammenarbeit mit
dem Senegal folgende drei Schwerpunkte nicht mehr ge-
setzt werden: „Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“,
„Förderung der Dezentralisierung und lokalen Entwick-
lung unter besonderer Berücksichtigung der Friedens-
entwicklung in der Casamance“ sowie „Erneuerbare
Energien und Energieeffizienz“. In Beantwortung mei-
ner Frage haben Sie gerade gesagt, das Land sei jetzt ein
Kooperationsland mit fokussierter regionaler oder the-
matischer Zusammenarbeit. Welche regionale oder the-
matische Zusammenarbeit ist das denn jetzt? Worauf fo-
kussiert sich das, was übrig geblieben ist? Das haben Sie
nicht zum Ausdruck gebracht.
Nur um es für die Zuhörerinnen und Zuhörer noch
einmal deutlich zu machen: Das Pro-Kopf-Einkommen
von 1 040 US-Dollar bezieht sich natürlich auf ein Jahr.
Das sind also knapp 3 US-Dollar am Tag, was natürlich,
das wissen wir, mehr als 1 US-Dollar am Tag ist, aber
damit ist im Senegal natürlich noch kein Reichtum aus-
gebrochen. Deswegen müssten Sie Ihre Entscheidungen
eigentlich doch noch einmal ein bisschen besser begrün-
den, als Sie das in der Antwort jetzt getan haben.
Gu
Frau Kollegin Hendricks, ich stimme Ihnen absolut
zu, dass das von mir genannte Pro-Kopf-Einkommen
von 1 040 US-Dollar pro Jahr wirklich keinen Reichtum
bedeutet; das ist gar keine Frage. Trotzdem entwickelt
sich dieses Land derzeit trotz aller Erwägungen dort und
trotz mancher vielleicht auch kritischer Entwicklungen,
die sich dort zeigen, eigentlich recht stabil.
Ich will Ihnen aber auch noch einmal ausdrücklich sa-
gen, dass wir als Bundesregierung eine enge Koopera-
tionspartnerschaft mit dem Senegal beibehalten wollen
und auch die privatwirtschaftliche und zivilgesellschaft-
liche Zusammenarbeit weiter ausbauen und unterstützen.
Das wollen wir schon. Im Sinne des EU-Verhaltensko-
dex für eine bessere Arbeitsteilung zwischen den EU-
Gebern sieht die Bundesregierung angesichts von im-
merhin 32 bi- und multilateral tätigen Gebern – 7 davon
sind EU-Mitgliedstaaten mit Präsenz im Land – außer-
dem die Möglichkeit, vorhandene Spielräume zu nutzen,
um auch in anderen Ländern der Region Entwicklungs-
prozesse voranzubringen.
Über die Frage, auf welchen Schwerpunkt sich die bi-
laterale Zusammenarbeit in Zukunft konzentrieren soll,
haben wir mit der senegalesischen Regierung zum geeig-
neten Zeitpunkt noch Gespräche zu führen. Dieser ist
noch nicht festgelegt.
Noch einmal: Wir haben entschieden, die Zahl der
Länder, mit denen eine Kooperation des ersten Grades
erfolgt, also derjenigen, mit denen wir das volle dreiglei-
sige Programm durchführen, von 57 auf 50 zu kürzen,
um uns auf diese konzentrieren zu können. Denken Sie
daran: Die Briten arbeiten gerade einmal mit 28 Ländern
weltweit zusammen. Deshalb haben wir gesagt: Es gibt
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18784 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
)
Herr Movassat, bitte.
Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, die
Frage ist, nach welchen Kriterien man entscheidet, wel-
che Ländernamen aus der Liste gestrichen werden. Ich
würde sagen, Kriterien müssen sein, inwiefern es not-
wendig ist, Entwicklungszusammenarbeit zu leisten, um
die MDGs zu erreichen – im Fall von Senegal ist klar,
dass dort die Entwicklungszusammenarbeit noch nötig
ist –, und inwiefern die Schwerpunkte, die man für ein
Land erarbeitet und dort setzt, einzigartig sind und er-
füllt werden. Das ist bei einem Teil der Schwerpunkte,
die Deutschland im Senegal verfolgt, der Fall. Das heißt,
für bestimme Bereiche gibt es keine anderen Geber.
Es gibt dann Kriterien, die aus meiner Sicht damit
nicht zusammenhängen dürfen. Es ist zum Beispiel im
Fall von Senegal so, dass es dort relativ wenige Direktin-
vestitionen der deutschen Wirtschaft gibt, dass es ein ge-
ringes Außenhandelsvolumen hat, dass man politisch re-
lativ wenig Einfluss hat, weil Frankreich sehr großen
politischen Einfluss ausübt, dass es im Senegal keine
Rohstoffvorkommen gibt. Können Sie ausschließen,
dass solche Kriterien bei der Entscheidung, welche Län-
dernamen von der BMZ-Länderliste gestrichen werden
oder, wie in diesem Fall, die Förderung für den Senegal
von drei Schwerpunkten auf einen Schwerpunkt herun-
terzustufen, eine Rolle gespielt haben?
Gu
Herr Movassat, Ihre Frage impliziert, dass wir mit all
jenen Ländern, die arm sind, über wenig Rohstoffe ver-
fügen und auch für andere reiche westliche Länder inte-
ressant sind, keine Zusammenarbeit wollen. Diese Ver-
mutung weise ich zurück. Sie müssten eigentlich wissen,
dass dazu überhaupt keine Veranlassung besteht.
Wir sind angetreten, die Entwicklungszusammenar-
beit im Sinne von Lebensperspektiven, die zu schaffen
sind, zu verstärken. Selbstverständlich bemühen wir uns
auch um eine verantwortungsbewusste Zusammenarbeit
mit der Privatwirtschaft, die Sie nicht so mögen, aber
von der wir meinen, dass sie sehr viel Investment brin-
gen kann, das wir alleine gar nicht schultern können.
Nein, es ist in der Tat so: 32 Geber engagieren sich
vor Ort. Sie haben zu Recht gesagt: Die Franzosen sind
hier aus historischen Gründen ganz vorne. Angesichts
dessen stellt sich die Frage, ob wir als weiterer Geber
mit dem ganzen Programm vor Ort präsent sein müssen
oder ob wir uns auf andere Länder konzentrieren, denen
es ähnlich wie dem Senegal geht. Dabei behalten wir die
Situation im Auge und legen in Regierungsverhandlun-
gen einen Schwerpunkt der künftigen Kooperation fest,
weil wir den Regierungen der Länder nichts aufoktroyie-
ren wollen, sondern mit ihnen gemeinsam deren Ent-
wicklung zu entwickeln versuchen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18785
)
der höchsten Kategorie der Zusammenarbeit sind schonviel. Das müssen Sie sehen.Aber ich wiederhole: Wir beobachten die Entwick-lung. Wir sind auch weiterhin mit der Regierung vor Ortim Gespräch, damit weiterhin eine positive Entwicklungstattfinden kann.
Wir kommen jetzt zur Frage 9 der Kollegin
Dr. Barbara Hendricks:
Welche Auswirkungen haben die Gewaltausbrüche in Ni-
geria auf laufende entwicklungspolitische Projekte?
Gu
Frau Kollegin Hendricks, ich beantworte Ihre Frage
wie folgt: Die laufenden Programme der staatlichen ent-
wicklungspolitischen Zusammenarbeit von GIZ und
KfW in Nigeria, die in den Bundesstaaten Niger, Borno
und Plateau – also in den Regionen, die unlängst im Zen-
trum der Gewaltausbrüche standen – durchgeführt wer-
den, sind hiervon in sehr unterschiedlichem Maße be-
troffen. Mit der gestiegenen latenten Gefahr von
Anschlägen bzw. gewalttätigen Ausschreitungen gehen
ein erhöhter Sicherheitsaufwand an den Gebäuden sowie
ein höherer logistischer Aufwand einher. Insbesondere
betrifft dies Fahrten in die Projektregionen, die inzwi-
schen mit Begleitschutz stattfinden.
Zudem kann es sein, dass es je nach aktueller Sicher-
heitseinschätzung aufgrund der erhöhten Gefahr in be-
stimmten Regionen zu einer Reduzierung des Projektge-
bietes kommen kann. Dies hat wiederum einen
geringeren Austausch mit den Zielgruppen sowie eine
geringere Planungssicherheit hinsichtlich der Wirkungen
der Vorhaben zur Folge.
Hinsichtlich einer gegebenenfalls verminderten Wir-
kung ist derzeit vor allem das GIZ-Vorhaben „Stärkung
der Rechte von Frauen und Mädchen“ betroffen, das im
Nordosten der Region umgesetzt wird. Die Offenheit für
frauen- und mädchenrelevante Fragen in diesen Bundes-
staaten hat sich wahrnehmbar reduziert.
Frau Hendricks, haben Sie eine Nachfrage? – Bitte
schön.
Ja, ich habe eine Nachfrage zu Ihrem letzten Satz,
dass sich die Offenheit für frauen- und mädchenrele-
vante Fragen in den Regionen wahrnehmbar reduziert
hat. Was ist die Ursache dafür? Liegt die Ursache darin,
dass man vor dem Hintergrund der gewalttätigen Aus-
schreitungen solche Projekte nicht mehr durchführen
kann, oder liegt ein Wesensmerkmal der gewalttätigen
Ausschreitungen darin, dass diejenigen, die diese Aus-
schreitungen befördern, sich prinzipiell nicht mit
Frauen- und Mädchenprojekten und den Rechten von
Frauen und Mädchen auseinandersetzen wollen?
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18786 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
)
Ländern Gewaltausbrüche zukünftig zu vermeiden. Wirddie Bundesregierung ihre Maßnahmen verstärken, umKindersoldaten zu integrieren? Könnten Sie mir zu die-sem Thema insgesamt – Stichwort Volumen – sagen,was Sie beabsichtigen und was Sie bisher getan haben?Gu
Frau Kollegin Roth, das BMZ hat mehrere Projekte.
Ob das neun oder noch mehr sind, kann ich Ihnen jetzt
nicht genau sagen. Natürlich ist das Thema der Kinder-
soldaten ganz schrecklich. Dieses Thema betrifft auch
die Frage alternativer Lebensperspektiven. Die Projekte
arbeiten beispielsweise im Bereich der Förderung von
Bildung. Es geht darum, Jungen, die als Soldaten ausge-
nutzt wurden, zurückzuholen, ihnen einen Schlafplatz,
Essen und Bildung anzubieten, damit sie einen Beruf er-
lernen, in einem anderen Bereich arbeiten und somit ihr
Leben selbst gestalten können. Das ist ein zentraler
Punkt.
Leider erfahren wir immer wieder von der Ausbil-
dung von Kindersoldaten. Wir hören von Kindern, die
gekidnappt werden, um als Kindersoldaten eingesetzt zu
werden. Ich finde die Aktion der roten Hände sehr gut,
um ein Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen.
Auch wir setzen bei unserer Entwicklungszusammenar-
beit einen Schwerpunkt darauf. Dieser Schwerpunkt ist
eng mit dem Eröffnen von Lebensperspektiven und der
Vermittlung von Bildung verbunden.
Wir kommen zur Frage 10 des Kollegen Rebmann:
Denkt die Bundesregierung daran, auch vor dem Hinter-
grund des Beschlusses der 11. Synode der Evangelischen Kir-
che in Deutschland vom 9. November 2011, Nordafrika und
besonders „Libyen beim Aufbau demokratischer und rechts-
staatlicher Strukturen“ zu unterstützen, und der Aussage der
Parlamentarischen Staatssekretärin Gudrun Kopp im Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
des Deutschen Bundestages vom 23. Februar 2011, eine künf-
tige Zusammenarbeit mit Libyen sei nicht auszuschließen,
wenn neue politische Verhältnisse kommen, die jüngst über-
prüfte Länderliste des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung mit Blick auf Libyen zu
ändern?
Gu
Herr Rebmann, ich antworte wie folgt: Die Bundesre-
gierung hält in ihrer entwicklungspolitischen Zusam-
menarbeit im Sinne der Paris Declaration and Accra
Agenda for Action an der Länderliste fest. Libyen ist
nicht auf der Liste. Die politische Leitung des BMZ hat
entschieden, dass Libyen mit seinem relativ hohen Pro-
Kopf-Einkommen keine staatliche Zusammenarbeit be-
nötigt. Um die Übergangsregierung anfänglich dabei zu
unterstützen, internationales Know-how auf eigene Kos-
ten zu mobilisieren, wird das BMZ in Kürze eine Kurz-
zeitmission entsenden. Der Experte soll Handlungsfelder
im Bereich der beruflichen Bildung für die libysche
Übergangsregierung identifizieren. Nichtstaatliche In-
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Wenn ich von den politischen Stiftungen spreche: DieFriedrich-Ebert-Stiftung plant, in Libyen aktiv zu wer-den, und zwar im Bereich der Gewerkschaftsförderung.Die Konrad-Adenauer-Stiftung plant ebenfalls, dort ak-tiv zu werden, und zwar im Bereich der Demokratieför-derung. Die Hanns-Seidel-Stiftung plant, bei der Zusam-menarbeit und dem Aufbau von Universitäten aktiv zuwerden. Die Friedrich-Naumann-Stiftung und die Deut-sche Welle engagieren sich bereits vor Ort.Das ist der richtige Weg, Demokratisierung voranzu-bringen: in diesem Prozess zu beraten, zu begleiten. Dahaben gerade wir mit unserem Stiftungssystem einengroßen Vorteil gegenüber anderen europäischen Gebern,zum Beispiel den Nordics – die kennen so etwas nicht –,die auch schon einmal dem Fonds, den wir aufgelegt ha-ben, zugestiftet haben.Ich glaube, es ist ein gutes Verfahren, wenn wir aufdiese Art und Weise die Entwicklung Libyens begleiten.
Ich gehe davon aus, dass Sie die Frage 11 beantwortet
haben. – Dann hätten Sie jetzt noch drei Nachfragen,
Herr Rebmann, sofern Sie möchten.
Eine zusätzliche Nachfrage reicht mir vollkommen. –
Kann ich davon ausgehen, dass das BMZ dann kommu-
nale Kooperationen aktiv unterstützen wird? Der Ober-
bürgermeister der Stadt Mannheim zum Beispiel hat
seinem Amtskollegen in Misrata angeboten, in den Berei-
chen Abfallwirtschaft, Kanalisation, Bürgerdienste und
dergleichen aktiv zusammenzuarbeiten. Kann ich davon
ausgehen, dass das BMZ das aktiv unterstützt?
Gu
Herr Kollege Rebmann, gerade der Abfall- und Ab-
wasserbereich ist ein ganz wichtiger. Wir fördern ihn in
spezieller Weise, auch mit großem Fachwissen, das wir
in unserem Haus und darüber hinaus haben.
Ich bitte Sie, uns jeweils den konkreten Fall ins Haus
zu geben, damit wir das prüfen können. Was genau hat
die Stadt Mannheim vor? Wo können wir hilfreich sein?
Was können wir unterstützen?
Die Fragen 12 und 13 der Kollegin Schwarzelühr-
Sutter werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe Frage 14 der Kollegin Karin Roth auf:
In welcher Form beabsichtigt das Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die neue
Rohstoffallianz deutscher Unternehmen zu unterstützen und
zu fördern, und wie stellt das BMZ sicher, dass bei den durch
die Bundesregierung – Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie und BMZ – geförderten und unterstützten Akti-
vitäten deutscher Unternehmen zur Rohstoffsicherung im
Ausland die von der Parlamentarischen Staatssekretärin
Gudrun Kopp in der Pressemitteilung vom 1. Februar 2012
besonders hervorgehobenen „hohen Umwelt- und Sozialstan-
dards“ eingehalten werden?
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dass mit einer solchen Partnerschaft die Einhaltung vonUmwelt- und Sozialstandards verbunden ist und dass da-bei Transparenz gegeben ist. Hier leisten wir Fachbera-tung, weil wir natürlich wollen, dass sich die Verhält-nisse vor Ort bessern. Dies nützt natürlich auch unsererWirtschaft, und das halten wir auch nicht für schädlich,solange der Entwicklungsaspekt vor Ort im Vordergrundsteht.
Frau Roth, Sie haben noch eine Nachfrage. Bitte sehr.
Sehr gern. – Frau Kollegin Kopp, das ist interessant.
Auf der Ebene der Europäischen Union wird vorgeschla-
gen, das Thema CSR, also die Verantwortung der Unter-
nehmen, verpflichtend und nicht freiwillig zu gestalten.
Ich habe aber gehört, dass die Bundesregierung nicht auf
die Verpflichtung setzt, sondern auf die Freiwilligkeit.
Damit ist das Problem verbunden, dass es bisher so ist,
dass einige diese Verantwortung wahrnehmen und andere
nicht. Das gilt übrigens auch für die Transparenzrichtli-
nie. Insofern werden meine Befürchtungen eher bestätigt,
wenn Sie diesem Vorschlag auf der Ebene der Europäi-
schen Union nicht zustimmen. Dann werden Umwelt-
und Sozialstandards zwar angekündigt, am Ende aber
nicht eingehalten, weil die Freiwilligkeit nicht dazu führt,
dass alle Unternehmen in Europa und in Deutschland ge-
nau das tun, was Sie wollen, nämlich Umwelt- und So-
zialstandards einzuhalten, und zwar sowohl im Zusam-
menhang mit den Rohstoffen als auch mit den anderen
Themen.
Gu
Frau Kollegin Roth, bei den Rohstoffpartnerschaften,
die das BMZ veranlasst, die wir vorbereiten, zu denen
wir mit den Regierungen Gespräche führen, bei denen
wir beratend tätig sind, unser Know-how einbringen und
die Entwicklung vorantreiben, ist die Einhaltung von
Umwelt- und Sozialstandards unerlässlich. Das gilt für
jedes Unternehmen, das sich in eine solche Partnerschaft
begibt. Wir reden von Entwicklungsländern, von ärms-
ten Ländern, in denen die Sozial-, Gesundheits- und Ar-
beitsstandards oft wirklich alarmierend sind. Wir als
BMZ leisten dort, wo solche Verhältnisse herrschen,
keine Partnerschaftshilfe, mit der wir quasi diese Ver-
hältnisse am Leben erhalten würden. Unser Anspruch in
Bezug auf diese Rohstoffpartnerschaften mit den Ent-
wicklungsländern ist, dass die Umwelt- und Sozialstan-
dards eingehalten werden.
Damit sind wir bei Frage 15, ebenfalls von der Kolle-
gin Karin Roth:
Wird das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung nach dem Rücktritt des Exekutiv-
direktors des Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids,
Tuberkulose und Malaria, Dr. Michel Kazatchkine, zum
16. März 2012 und der Ernennung von Gabriel Jaramillo zum
General Manager die erste Tranche der 200 Millionen Euro
für 2012 freigeben?
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Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp
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– Das wissen Sie. – Darin sehen wir die Erfüllung unse-rer Verpflichtungen; das haben wir auch so zugesagt.Dass wir nicht 570 Millionen Euro draufpacken können,wie Sie gerade gesagt haben, ist vollkommen klar. Wirstehen zu unseren Verpflichtungen. Es ist im Übrigenunserer Initiative zu verdanken, dass es ein Gremium desGlobal Fund gegeben hat, das sich mit dem Reformpro-zess befasst hat. Das ist wichtig, um die Arbeit des Glo-bal Fund zukunftssicher zu machen.Leider ist nicht nur ein sprunghafter Anstieg der Zahlder Malariaerkrankungen, sondern auch der Zahl der Tu-berkuloseerkrankungen zu verzeichnen. Frau KolleginRoth, Sie haben sicherlich gelesen, dass es aller Voraus-sicht nach demnächst ein sehr kostengünstiges Medika-ment zur Malariabekämpfung geben soll, das nur einenBruchteil des Preises der teuren Medikamente kostet, diees derzeit gibt. Dabei handelt es sich um ein Zufallspro-dukt der Wissenschaft und Forschung, welches letzteWoche vorgestellt wurde. Das würde bedeuten, dass wirsehr viel mehr Menschen, die Medikamente benötigen,helfen könnten.Es ist wichtig, die Strukturen zu stärken und bei denThemen HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria weiterhinunsere Verpflichtungen zu erfüllen. Das gedenken wir zutun.
Haben Sie noch eine weitere Nachfrage? – Bitte
schön.
Meine Nachfrage bezieht sich auf das, was ich schon
gefragt habe. Ich wollte nämlich wissen, ob das Abkom-
men mit Bill Gates nur eine Schaufenstererklärung ist
oder ob Sie das, was aufgeschrieben wurde, auch ernst
meinen und anschließend umsetzen. Ich habe auch keine
570 Millionen Euro, sondern nur 200 Millionen mehr im
Haushalt verlangt.
Sie haben zugesagt, dass Sie immer dann, wenn Bill
Gates Geld gibt, einen entsprechenden Beitrag leisten.
Bei GAVI haben Sie das getan, aber bei dem Global
Fund nicht. Wenn Sie einen solchen Beitrag für den
nächsten Haushalt 2013 in Aussicht stellen könnten,
dann wären wir schon zufrieden.
Gu
Sehr geehrte Frau Kollegin Roth, seien Sie ganz un-
besorgt: Vertragliche Vereinbarungen nehmen wir sehr
ernst. Wir gedenken, solcherlei Verpflichtungen einzu-
halten.
Frau Kopp, wir erlauben uns jetzt, zu den anderen Ge-
schäftsbereichen überzugehen.
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18790 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
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E
Herr Kollege Krischer, es geht um zwei Gutachten,
nämlich um das Gutachten des UBA und um das Gut-
achten der BGR, der Bundesanstalt für Geowissenschaf-
ten und Rohstoffe, das im Februar, also in diesem Mo-
nat, vorliegen wird.
Aus rohstoffpolitischer Sicht haben wir natürlich ein
großes Interesse an unkonventionellen Erdgaslagerstät-
ten. Erdgas trägt derzeit zu 22 Prozent und damit we-
sentlich zur deutschen Energieversorgung bei. Erdgas
aus Deutschland hat einen Anteil von 14 Prozent und
reicht noch für circa 15 Jahre. Wir müssen also beide As-
pekte in unsere Überlegungen einbeziehen.
Wir haben das Bundesberggesetz und die Verordnun-
gen. Wir müssen deutlich zwischen Aufsuchungsphase
und Erschließung unterscheiden. Jetzt sind wir in der
Aufsuchungsphase. Mögliche Abbaustätten sollen nach-
gewiesen werden. Erst danach wird es um die Erschlie-
ßung gehen. Das alles wird in den Gutachten stehen.
Selbstverständlich werden wir die Gutachten dann ent-
sprechend auswerten.
Herr Krischer, Sie haben eine zweite Nachfrage?
Vielen Dank für die Ausführungen. – Natürlich brau-
chen wir Erdgas. Es geht auch nicht darum, grundsätz-
lich darüber nachzudenken, dieses Gas zu nutzen. Das
Entscheidende ist, dass man es den Menschen vor Ort
nicht erklären kann, dass sie mit hohem Aufwand ihren
Kanalanschluss abzudichten haben, aber ein paar Kilo-
meter weiter Gaskonzerne möglicherweise giftige Che-
mikalien in den Untergrund leiten, um Gas zu gewinnen.
Das ist ein Problem; daneben gibt es viele andere As-
pekte wie Erdbeben, Bergschäden usw.
Deswegen möchte ich die konkrete Frage stellen: Das
Land Nordrhein-Westfalen, das sich sehr intensiv mit der
Thematik auseinandersetzt, hat eine Bundesratsinitia-
tive gestartet zur Änderung der Bergbau-UVP. Können
Sie sich vorstellen, dass Sie den Antrag Nordrhein-West-
falens unterstützen, damit eine Änderung der Bergbau-
UVP tatsächlich realisiert wird?
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Herr Kollege Krischer, ich habe Ihnen gesagt, dass
wir uns mit anderen Häusern abstimmen. Um es noch
einmal deutlich zu machen: Probebohrungen in der Auf-
suchungsphase haben relativ geringe Umweltauswirkun-
gen.
Wir müssen differenzieren. Wir tun uns allen keinen
Gefallen, wenn wir pauschal vorgehen. Wir haben das
Berggesetz und die Verordnungen. Die Ausführenden
sind übrigens die Länder. Sie haben Nordrhein-Westfa-
len genannt. Auch in Niedersachsen ist es so. In anderen
Ländern werden Vorkommen vermutet. Es ist aber noch
unklar, wie groß sie sein könnten. Wir sind noch in der
Aufsuchungsphase. Das habe ich Ihnen bereits gesagt.
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Nehmen wir die Energieeinsparung: Ich würde mirehr wünschen, dass es heute Nachmittag im Vermitt-ngsausschuss endlich zur Einsetzung einer Arbeits-ruppe kommt, damit der Stillstand bei der energeti-chen Gebäudesanierung endlich überwunden werdenann. Dieser Stillstand ist nämlich zu überwinden, weilir Gas einsparen müssen. Das ist für die Energiewendeotwendig.
Ich kann mich auch nicht damit abfinden – jetzt sehenie auch den Zusammenhang zwischen den drei E –,ass die Mittel für die energetische Gebäudesanierung Rahmen der KfW nur zu einem Drittel freigegebenorden sind. Warum? Statt 1,5 Milliarden Euro werdenur 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Warum?eil der Energie- und Klimafonds, den Sie auf den Wegebracht haben, sich aus den Erlösen des Emissionshan-els finanzieren soll. Was ist passiert? Sie weigern sich,eil Sie, Herr Rösler, und Sie, Herr Röttgen, sich nichtinigen können, in Europa endlich das verbindliche Zielorzugeben, 2020 30 Prozent der Treibhausgase einzu-paren.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18791
Jürgen Trittin
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In Deutschland haben wir damit kein Problem; denn wirhaben uns ja gemeinsam auf 40 Prozent verpflichtet. Wa-rum erwarten wir von anderen nicht das Gleiche?Das hat Folgen. Weil es dieses Ziel nicht gibt, sind zuviele Zertifikate auf dem Markt. Weil zu viele Zertifikateauf dem Markt sind, ist der Preis zu niedrig. Deswegenhaben Sie kein Geld für die energetische Gebäudesanie-rung. Sie versagen bei der Energieeinsparung nachStrich und Faden, weil Sie nicht den Mut haben, sich fürmehr Klimaschutz und mehr Energieeffizienz einzuset-zen.
Oder, Herr Rösler und Herr Röttgen, nehmen wir dasjüngste Drama, bei dem Sie sich verkeilt haben, nämlichbei der Frage: Wie geht man eigentlich mit dem Ausbauerneuerbarer Energien um?
Vor einigen Jahren hätte ich aus jener Ecke wahrschein-lich noch höhnisches Gelächter gehört, wenn ich be-hauptet hätte: Im Jahre 2011 beziehen wir 20 Prozent un-seres Stroms aus erneuerbaren Energien. Ich muss Ihnengestehen, auch ich hätte es selber fast nicht geglaubt.Aber es ist so gekommen. Heute sind 400 000 Men-schen in dieser Branche beschäftigt. Und was ist uns indiesem Zusammenhang für diesen Winter alles prophe-zeit worden von den Vahrenholts bei RWE, die jetzt denKlimawandel leugnen, und allen anderen? Stromaus-fälle, Blackouts; wir müssten Strom in Massen importie-ren.Schauen wir uns die Realität in diesem ja ach so mil-den Winter zwischen Sibirien und London an: Stromab-schaltungen gibt es nicht in Deutschland; Stromabschal-tungen gibt es in Frankreich, weil Frankreich mit seinemhohen Atomstromanteil darauf gesetzt hat, mit Strom zuheizen. Es ist der größte energetische Unsinn, mit Stromzu heizen.
Frankreich hat jetzt ein Versorgungsproblem.Wer ist nach wie vor Nettostromexporteur? Die Bun-desrepublik Deutschland. Und dann läuft der HerrRösler herum und erklärt überall, wie teuer die erneuer-baren Energien sind! Ich weiß nicht, ob Sie in den letz-ten Wochen einmal auf die Leipziger Strombörse ge-schaut haben. Dort gibt es regelmäßig Strompreise von9 Cent die Kilowattstunde; an manchen Tagen ist derPreis in Frankreich sogar auf 20, 30 Cent hochgegangen.Wissen Sie, was jemand bekommt, der heute mit einerneuen Windenergieanlage Strom einspeist? Weniger als7 Cent. Anders gesagt: Die Erneuerbaren tragen zurzeitzur Stabilisierung und zur Senkung des Strompreises bei.
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Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Dieses Drama setzt sich fort in der Energieeffizienz.
ächste Woche steht in Brüssel die neue Energieeffi-
ienzrichtlinie zur Abstimmung. Hier sorgen Herr Rösler
nd Herr Röttgen dafür, dass ein Kanzlerinnenwort ge-
rochen wird.
Herr Kollege.
Es war die deutsche Bundeskanzlerin, die erklärt hat:
ir wollen 2020 20 Prozent mehr Energieeffizienz. Sie
eigern sich, das verbindlich zu machen. Was gilt in
eutschland eigentlich noch das Wort von Frau Merkel?
Das Wort hat Dr. Philipp Rösler für die Bundesregie-ng.
Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaftnd Technologie:Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren Abgeordnete! Es ist ganz schön dreist, dass aus-erechnet die Grünen heute die Energiewende auf dieagesordnung gesetzt haben. Ausgerechnet die Grünen!
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18792 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
Bundesminister Dr. Philipp Rösler
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Ihre Energiepolitik bestand aus einem Ausstiegsbe-schluss und viel Wind um nichts, meine sehr verehrtenDamen und Herren.
In sieben Jahren rot-grüner Bundesregierung war von Ih-nen, sowohl beim Netzausbau als auch bei der Energie-effizienz, nichts zu sehen, nur Ideologie.
Sie haben sich weder um die Unternehmen noch um dieMenschen gekümmert. Meine Damen und Herren, es istgut, dass diese naive Energiepolitik von dieser Regie-rungskoalition beendet wurde.
Wir haben den Ausstieg aus der Kernenergie nicht nurbeschlossen, sondern wir wissen auch, dass die Arbeitdamit überhaupt erst anfängt. Wir haben uns längst andie Arbeit gemacht.
Da können Sie uns nicht auseinanderdividieren.
Bestes Beispiel ist die Offshore-Windenergie:
Umweltministerium, Wirtschaftsministerium, gemein-sam haben wir alle Akteure an einen Tisch gebracht undgute Problemlösungen auf den Weg gebracht.
Denn für diese Regierungskoalition, Herr Trittin, ist ei-nes klar: Während Sie im Offshore-Bereich an jederStelle, an der Sie es können, blockieren, sagen wir sehrklar, dass die Offshore-Windenergie eine Zukunfts-branche für Deutschland ist.
– Da werden Sie aber ganz schön nervös. – Wir habenein Netzausbaubeschleunigungsgesetz verabschiedetund damit eindeutig die Bürgerbeteiligung verbessert.
Wir erarbeiten ein Gesetz zur Beschleunigung von Pla-nungsverfahren.EmwdÖaEzdWgznSsdGleASmHtemnShwGDvele
s wird einen Netzentwicklungsplan geben. Meine Da-en und Herren, eine Anreizregulierungsverordnungurde bereits verabschiedet, eine KWKG-Novelle aufen Weg gebracht. All dies zeigt: Während Sie nur nachffentlichkeit gieren, demonstrieren,
lles schlechtreden, setzt diese Regierungskoalition dienergiewende erfolgreich und gemeinsam um.
Wo waren Sie denn bei den konkreten Maßnahmenur Energiewende? Ich kann es Ihnen sagen: Immer aufer falschen Seite. Nehmen wir doch einmal Baden-ürttemberg. Dort sollte es ein Pumpspeicherkraftwerkeben, um die Grundlastfähigkeit erneuerbarer Energienu verbessern. Was soll ich sagen! Was machen die Grü-en?
ie sind natürlich dagegen. Neue Kraftwerke in Sach-en-Anhalt, Hamburg, Niedersachsen: Überall da, woie Energieversorgung gesichert werden soll, sind dierünen dagegen. Leitungsausbau in Nordrhein-Westfa-n: Die Grünen sind dagegen.
ll das belegt die Regierungsunfähigkeit dieser Partei.
ie zeigen höchstens beim Dagegensein Energie. Nur,it dem Dagegensein schafft man keine Energiewende.ier zeigt sich das hässliche Gesicht der Dagegen-Par-i. Die wahren Bremser bei der Energiewende sind Sie,eine sehr verehrten Damen und Herren von den Grü-en.
Wer ist zerstritten? Schauen wir uns doch einmal dieozialdemokraten an: Frau Kraft kriegt bis heute dasochmoderne Kraftwerk in Datteln nicht ans Netz. Ent-eder will sie es nicht, oder sie kann es nicht. Sigmarabriel hat sie vor kurzem quasi aufgefordert – Zitat –:An einigen Stellen werden wir auch neue hocheffi-ziente Kohlekraftwerke bauen müssen.a hat er ausnahmsweise sogar recht. Umgehend kommton Herrn Kelber
in gegenteiliges Zitat: Wir brauchen keine neuen Koh-kraftwerke.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18793
Bundesminister Dr. Philipp Rösler
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Ja, was gilt denn nun?
Raufen Sie sich doch endlich einmal zusammen, hörenSie auf, zu streiten, und lösen Sie die Probleme vor ihrereigenen Haustür.
Aber selbst das gelingt Ihnen nicht.
Wir haben klare Vorgaben bei Strom, Wärme undVerkehr gemacht. Das größte und wichtigste Thema istin der Tat das Thema Energieeffizienz. Nur, wo ist dennda die Opposition?
Die Regierungskoalition hat doch die Mittel für Maß-nahmen der energetischen Gebäudesanierung aufge-stockt: 1,5 Milliarden Euro.
Denn gerade im Bereich Energieeffizienz gibt esChancen auf Zehntausende neue Arbeitsplätze,
gerade im Handwerk, Chancen auf Wachstum. Wasmacht Rot-Grün?
– Herr Kelber, seit über einem Vierteljahr blockieren Sieim Bundesrat ein milliardenschweres Förderprogrammfür die Energieeffizienz.
Wir nehmen Sie heute Abend im Vermittlungsausschussbeim Wort. Hören Sie endlich auf mit Ihrer Blockade,und stimmen Sie der energetischen Gebäudesanierungendlich zu!
Orientieren Sie sich ruhig an der Bundesregierung;denn wir haben klare Ausbauziele, zum Beispiel im Be-reich der erneuerbaren Energien, Herr Trittin, Sie habenes angesprochen.B8AgdssmdgNDKfesdnreumtrvg–uDtess
is zum Jahre 2020 35 Prozent, bis zum Jahre 20500 Prozent.
ber eines ist auch klar: Wir müssen erneuerbare Ener-ien marktfähig machen, wir wollen ihre Integration inie Stromnetze, und wir wollen die Exportchancen die-er Wachstumsbranche nutzen. Gleichzeitig – da sindich Kollege Röttgen und ich völlig einig –
üssen wir auch die Bezahlbarkeit im Blick behalten;enn jeder Ausbau im Bereich der erneuerbaren Ener-ien muss wirtschaftlich sein.Wir alle wissen: Die Energiewende wird nicht zumulltarif zu haben sein.
as ist gar keine Frage. Aber umso wichtiger ist es, dieosten dort zu kontrollieren, wo sie aus dem Ruder lau-n. Jede Diskussion über den Preis von Energie lohntich: für die Stromkunden, für die Unternehmen und fürie Menschen in unserem Lande. Wir jedenfalls werdenicht zulassen, dass der Standort Deutschland im Be-ich Energiekosten ins Abseits gerät.
Ihr Dreiklang sind drei d: dagegen, dagegen, dagegen,nd das überall dort, wo eigentlich vernünftige Maßnah-en anstehen. Wir sagen klar: Wir brauchen Umweltver-äglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeiton Energie. Das ist der Dreiklang der Vernunft. Er wirdelten bis 2022 und weit darüber hinaus.
Engagieren Sie sich doch einmal, Frau Höhn. Es gehtm den wichtigen Ausstieg aus der Kernenergie.
a können wir von Ihnen doch eigentlich anderes erwar-n als nur Blockade. Wir jedenfalls werden den Aus-tieg umsetzen und den Weg dorthin vernünftig be-chreiten.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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18794 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
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Frank-Walter Steinmeier hat jetzt das Wort für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wer es jetzt noch nicht wusste, der weiß es nach derRede von Herrn Rösler: Diese Debatte ist längst überfäl-lig.
Was Sie von der Regierungsbank Energiewende nennen,ist nichts anderes als ein einziges Gewürge. Das habenSie hier noch einmal deutlich gemacht.
Herr Rösler, bis Sie dran waren, gab es eine Ener-giewende. Dann kamen Sie, und Ihre Energiewende wardie Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken.Dann kam Fukushima, und alles war ganz anders. DieIrrtümer mussten ganz schnell bereinigt werden. Dieacht AKW gingen mal eben vom Netz – das war bis da-hin Ihre Ökoenergie –, und mit regenerativen Energienkonnte es gar nicht schnell genug gehen. DoppelteKehrtwende, hehre Ziele – aber dann war Schicht imSchacht: viel Palaver, keine Politik, nichts geht vorwärts,die Energiewende ist an die Wand gefahren, noch bevorsie überhaupt begonnen hat.
Das ist weiß Gott nicht nur in der Energiepolitik so,aber hier ist es brandgefährlich. In diesem Kabinett weißdie eine Hand nicht, was die andere tut. Schlimmer noch:Die Hauptbeteiligten – und die sitzen beide dort – arbei-ten in der zentralen Frage sogar gegeneinander. HerrRösler hat seine Runden, und Herr Röttgen hat seineRunden, und die Vertreter der Wirtschaft sagen uns: Da,wo wir ständig eingeladen werden, fühlen wir uns wieim Brummkreisel – dauernd in Bewegung, immer umdieselbe Achse, aber nie vorwärts. So ist die Situation.
Die Energiewende bedeutet in diesem Kabinett vor al-len Dingen Chaos, da gibt es ministerielle Eitelkeitenund, was das Kanzleramt angeht, die Verweigerung jederSteuerung des Prozesses.
Es scheint nicht einmal zu interessieren, dass da etwasgegen die Wand läuft. Wo ist das Monitoring, das Ihnendie eigene Ethikkommission vorgeschlagen hat?Schlimm genug, dass das nicht eingerichtet ist, aberschlimmer noch: Ich glaube, Sie begreifen nicht, dassdhnGwloügdmWfrJßd9dlarikngteBgWssIhknukraDSfrGKRgsvvuzw
Zweite Warnlampe: Netzausbau. Weil das so schwie-g ist – ich sehe das ja überall, will das auch gar nichtommentieren –, wird jetzt der Ausbaubedarf überallach unten gerechnet. Mir ist es im Augenblick völligleich, ob das am Ende 4 000, 3 000 oder 2 500 Kilome-r sein werden, die notwendig sind. Fest steht, dass zumeispiel in Schleswig-Holstein, wo 700 Kilometer aus-ebaut werden müssen, erst 30 Kilometer fertig sind.enn das in dieser Geschwindigkeit weitergeht, dannind wir in hundert Jahren noch nicht da, wo wir hinmüs-en.
Dritte Warnlampe: Gaskraftwerke. Sie unterstellen inrer Energiewende einfach, dass im Zweifel die Gas-raftwerke Leistung ins Netz liefern, wenn die Sonneicht scheint oder der Wind nicht weht. Das ist schönnd gut. Ich frage mich nur: Wo sind sie denn, die Gas-raftwerke? Wer soll sie denn bauen? Ich sage Ihnen vo-us: Für 2 000 Betriebsstunden im Jahr rechnet sich ineutschland nicht ein einziges Gaskraftwerk. Da findenie keine Investoren. Wenn Sie mir das nicht glauben,agen Sie Horst Seehofer. Er hat in Bayern sechs neueaskraftwerke angekündigt. Wie viele werden gebaut?ein einziges davon. Wenn Sie jetzt nicht endlich einenegulierungsrahmen schaffen, der Investitionssicherheitibt, dann ist Pustekuchen mit Gaskraftwerken als Re-erve. Dann geht es auch mit den Erneuerbaren nichtorwärts. So ist der Zusammenhang.
Die größte Illusion ist, dass Sie in Ihren Vorstellungenon der Energiewende einfach denselben Energiebedarfnterstellen, der in der Zukunft nur ganz anders produ-iert werden soll. Das wird nicht gehen. Wir werden miteniger Energieeinsatz auskommen. Energieeffizienz ist
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18795
Dr. Frank-Walter Steinmeier
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das Thema, das wir im Augenblick nach vorne bringenmüssen. Aber dazu kein Wort, weder in der Rede vonHerrn Rösler noch sonst von der Bundesregierung.
– Nicht wir!
Sie haben doch nicht eine einzige Vorlage zum ThemaEnergieeffizienz eingebracht.
Sie haben die Gebäudesanierung kaputtgemacht. Undjetzt kommen Sie mit einem verkümmerten Vorschlagund wissen nicht, wie Sie dafür Mehrheiten organisierensollen.Dass Sie dieses Thema nicht wirklich und nicht ernst-haft bearbeiten, ist mit Blick auf das Klima und endlicheRessourcen kurzsichtig. Aber es ist eben auch wirt-schaftspolitisch ignorant; denn ich glaube, dass in derEnergieeffizienz das eigentliche Innovationspotenzialfür den deutschen Mittelstand liegt. Keiner weiß, ob wirbei der Produktion von Solarzellen in Deutschland wirk-lich langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Aber bei derKlimatechnik, der Prozesssteuerung und dem Maschi-nenbau läuft uns keiner den Rang ab. Da liegen unsereWettbewerbsvorteile. Da können wir unsere Wertschöp-fungskette ausspielen, und da können wir Wachstum undArbeitsplätze sichern. Da müssen wir ran. Aber das wirdmit diesem energiepolitischen Dilettantismus, den wirgerade noch einmal gehört haben, nicht gehen.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Thomas Bareiß für die
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Lieber Herr Steinmeier, da Sie hier von „Ge-würge“ gesprochen haben, will ich diese Gelegenheitnutzen, Ihnen einige Pressemeldungen aus Ihrer Regie-rungszeit vorzuhalten. Ich zitiere aus einer Ausgabe derWelt von Oktober 2002:Clement und Trittin streiten um Kompetenzen inder Energiepolitik.
Handelsblatt, September 2003:Klimaschutz spaltet rot-grüne Koalition.FD–DDWWWuWubWzddS
AZ, März 2001:Trittin für, Müller gegen eine neue KWK-Umlage.
er Tagesspiegel, Januar 2005:Windkraft sorgt für dicke Luft. Koalition gespalten:Clement und Trittin ringen um Subventionen fürÖkostrom.
Frau Höhn, da Sie gerade einen Zwischenruf machen:ie Welt am 24. Mai 2000:Clement nennt Höhn eine „grüne Blockade“.as war Ihre rot-grüne Einigkeit in der Energiepolitik.ir machen das anders.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass aus Ihrenorten ein bisschen Neid spricht.
ir haben das ambitionierteste Energieprogramm, dasnser Land jemals gesehen hat, auf den Weg gebracht.
ir haben die höchsten Zielsetzungen in der Geschichtenseres Landes im Bereich der Energiepolitik.Jetzt geht es darum, das Ganze engagiert voranzutrei-en.
ir haben vor, bis 2020 einen Stromanteil von 35 Pro-ent aus erneuerbaren Energien zu erreichen, wir wollenie Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent re-uzieren, und wir wollen den KWK-Anteil an dertromerzeugung bis 2020 auf 25 Prozent erhöhen. Das
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Thomas Bareiß
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sind nur drei hohe Ziele, die wir erreichen wollen, undwir wollen gleichzeitig das Zieldreieck Bezahlbarkeit,Umweltverträglichkeit und Sicherheit nicht aus den Au-gen verlieren.Wenn wir diese Ziele erreichen wollen, brauchen wireinen Wettbewerb der Ideen. Dazu gehört auch eineemotionale Diskussion, um die besten Ideen herauszufil-tern. Ich wünsche mir, dass wir auch hier, im HohenHaus, streiten, um die besten Lösungen zu finden. Wirkönnen uns die einzelnen Punkte ansehen und fragen,wo wir konkret vorankommen wollen.Der erste Streitpunkt ist das EEG. Wir brauchen inden nächsten Jahren eine intensive Diskussion über dasEEG. Schon heute werden 20 Prozent unseres Stroms auserneuerbaren Energien gewonnen. Wenn wir früher ausder Kernenergienutzung aussteigen wollen, dann heißtdas auch, dass sich der Bereich der erneuerbaren Ener-gien schneller dem Wettbewerb und dem Markt stellenmuss. Ein höherer Anteil an Strom aus erneuerbarenEnergien wird zwangsläufig mehr Kosten verursachen.Wir geben schon heute 10 Milliarden Euro aus. HerrSteinmeier, wenn Sie es mit Ihrer Aussage, dass Sie eineffizientes und wettbewerbsfähiges Erneuerbare-Ener-gien-Gesetz wollen, ernst meinen, dann müssen Sie mituns gemeinsam dafür sorgen, dass wir in die Technolo-gien investieren, in denen Deutschland wettbewerbsfä-hig ist. Das sind nicht in erster Linie die Technologien,die wir heute in besonderer Weise vorantreiben. Wirbrauchen auch aus dem Grund ein effizientes und wett-bewerbsfähiges EEG, damit es von der Bevölkerung ak-zeptiert wird. Wir müssen ferner dafür sorgen, dass dieStromkosten für Verbraucher und Industrie bezahlbarbleiben.Nächster Punkt: Energieeffizienz. Ich teile die Auf-fassung meines Vorredners: Wir brauchen mehr Energie-effizienz. Wir wollen unseren Primärenergiebedarf bis2020 um 20 Prozent reduzieren.
Auch an dieser Stelle sind große Worte gar nicht not-wendig. Wir kommen in dieser Frage doch voran. Imletzten Jahr haben wir eine Endenergieverbrauchsreduk-tion von 4,8 Prozent erreicht. Wir sind besser, als Sie eshier ständig sagen. Wir werden in den nächsten Wochenbei der Energieeffizienzrichtline eine gemeinsame Posi-tion finden. Wir werden, im Gegensatz zu Ihren Forde-rungen, nicht ständig Zwang erzeugen; vielmehr wollenwir Anreize schaffen, um hier schneller voranzukom-men. Ich glaube, der Weg, den wir derzeit gehen, ist derrichtige Weg.
– Ja, Frau Künast, manchmal ist es langweilig. Ich denkeaber, letztendlich überwiegt die Sacharbeit, und die wirdzum Ergebnis führen.DESSkbhAggaBSrecskWdaIcmDA
ie großen Worte zum Thema Energie führen nicht zumrgebnis, sondern die harte Sacharbeit, die wir jetzttück für Stück leisten.
ie haben immer nur viele Worte gemacht, herausge-ommen ist dabei aber gar nichts.
Deshalb werden wir auch – das ist ein weiterer Punkt –eim Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vorangehen. Wiraben schon jetzt das Ziel, 25 Prozent im Jahr 2020, vorugen. Wir werden dieses Ziel voraussichtlich nichtanz erreichen. Wir werden aber die Rahmenbedingun-en so gestalten, dass wir in den nächsten Jahren auchuf diesem Gebiet vorankommen. Das alles sind kleineausteine, die uns aber zum Ziel führen, sodass wirtück für Stück die Energiewende schaffen und die Be-iche der fossilen Energie und der Kernenergie entspre-hend umbauen. Wir werden die entscheidenden Bau-tellen in den nächsten Jahren anpacken.Ich möchte zum Schluss sagen: Die Energiewende istein 100-Meter-Sprint, sondern ein Marathonlauf.
ir sind nicht mehr nur in den Startlöchern wie Sie, son-ern losgelaufen. Wir gehen das Projekt Stück für Stückn.
h lade Sie ein, an diesem Projekt gemeinsam mit unsitzuarbeiten.Herzlichen Dank.
Dorothée Menzner hat jetzt das Wort für die Fraktion
ie Linke.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!lle großen Umwälzungen müssen in den Köpfen begin-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18797
Dorothée Menzner
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nen. Was ich eben hier von der Koalition gehört habe,zeigt, dass in Ihren Köpfen kein Umdenken begonnenhat. Ihnen ist überhaupt nicht klar, was Energiewendewirklich bedeutet. Das ist nicht erst heute so, sonderndas erleben wir seit letztem Sommer. Man kann wirklichzu dem Schluss kommen, dass der sogenannte Atomaus-stieg nur eine Sache von Opportunität und nicht vonÜberzeugung war.
Was jetzt wie Differenzen zwischen den Koalitions-partnern in den Fragen der Energiepolitik aussieht, ist inWirklichkeit Ausdruck einer generellen Konzeptlosig-keit in diesem Bereich. Sie rührt daher, dass sich dieBundesregierung vor allem als Interessenvertreter dergroßen Energiekonzerne versteht. Der Drang der großenEnergiekonzerne, weiterhin mit Atom- und Kohlestrommaximale Profite einzufahren, steht natürlich den objek-tiven Erfordernissen und Notwendigkeiten einer Ener-giewende entgegen.
Das ist das Dilemma, vor dem Sie als Bundesregie-rung stehen. Folglich schwanken Sie hin und her, rufen„hü und hott!“. Wenn die Gelegenheit günstig ist, riskiertHerr Rösler sogar den Versuch, das Erneuerbare-Ener-gien-Gesetz komplett zu diskreditieren. Sie setzen aufGroßprojekte, weil Sie die vier großen Energiekonzerneim Boot halten wollen. Sie diskreditieren das EEG, dasein Erfolgsmodell ist, ein Exportschlager der Bundesre-publik. Dutzende Länder, allein 19 im EU-Raum, habendie Idee übernommen und ähnliche Gesetze eingeführt.Diesem Gesetz verdanken wir, dass der Ausbau erneuer-barer Energien bei uns relativ weit fortgeschritten ist;Prognosen zum Ausbau wurden immer schnell übertrof-fen.
Die Diskussionen über die Rolle der Solarenergie inden letzten Wochen sind ein Beispiel für Ihren fahrlässi-gen und kontraproduktiven Umgang mit diesem Thema.Redereien über unbezahlbare Preise, über Beschränkun-gen von Zubaumöglichkeiten und über ein möglichesAbschalten von Solar- oder Windenergieanlagen sowiedie Dramatisierung der Versorgungssicherheit gefähr-den nicht nur Investitionen und damit Arbeitsplätze, son-dern die Energiewende insgesamt und verunsichern dieVerbraucherinnen und Verbraucher.
Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen.Sie streben die Energiewende offensichtlich nicht an,auch wenn Sie hier entsprechende Lippenbekenntnissevortragen.Die im EEG festgeschriebenen Grundsätze dürfennicht angetastet werden; denn das Gesetz garantiert einevergütete Einspeisung des sauberen Stroms. Der Ein-speisevorrang darf nicht angetastet werden; dieser ist an-gesichts des Klimaschutzes notwendig. Das EEG ist dieBasis, um überhaupt einen Systemwechsel zu erreichen.DbnwusnsksliDbMSpsdFkmgwdgwtämnledgdnkismzKBdD
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18798 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
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Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit:Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-legen! Zunächst möchte ich mich bei der Fraktion derGrünen dafür bedanken, dass sie diese Aktuelle Stundebeantragt hat.
Es ist in den vergangenen Tagen unheimlich viel ener-giepolitischer Unsinn erzählt worden.
Darum ist dies eine Gelegenheit, dem Unsinn ein paarFakten gegenüberzustellen und ein paar Dinge geradezu-biegen.
Ich will kurz auf einige Punkte, die in den bisherigenReden genannt worden sind, eingehen. Herr Trittin, Siehaben behauptet, die Rechenzentren seien von der EEG-Umlage ausgenommen worden. Diese Behauptung istfalsch. Lesen Sie es nach! Das ist eine falsche Behaup-tung.
Herr Steinmeier, Sie haben gesagt, das Monitoring seinoch gar nicht eingesetzt worden. Ich sehe Ihnen nach,dass Sie das nicht mitbekommen haben. Aber: Das Mo-nitoring ist eingesetzt worden. Die Kommission ist ein-gesetzt worden.
– Ja, genau das ist es.
Wir werden dem Deutschen Bundestag Ende des Jahreseinen Bericht mit der Stellungnahme der Kommissionvorlegen. Vielleicht lesen Sie ihn dann einmal; ich binaber nicht ganz sicher, dass Sie das tun werden. – Sie ha-ben das, wie gesagt, nicht mitbekommen. Es ist Ihnenentgangen.Das stärkste Stück war, dass Sie uns vorgehalten ha-ben, die Regierungsfraktionen hätten noch keine Vorlagezum Thema Energieeffizienz in den Deutschen Bundes-tag eingebracht.
Die Regierungsfraktionen haben in diesem Haus diesteuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanie-rung beschlossen. Aber Sie halten das auf, sodass esnicht kommen kann.
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Sie haben gesagt, es habe schon einmal eine Ener-iewende gegeben. Sie, Herr Steinmeier, haben elf Jahre Regierungen gearbeitet. In dieser Zeit hat es einenusstieg aus der Kernenergie gegeben. Er hat übrigensicht das zuwege gebracht, was wir beim Ausstieg er-icht haben; das mal ganz nebenbei.
ußer Ausstieg ist nichts passiert.
der Zeit von 1998 bis 2009 ist unter Ihrer Regierungs-eteiligung und unter Beteiligung von Wirtschaftsminis-rn der SPD – Werner Müller, Wolfgang Clement; manuss nur die Namen nennen, und man weiß, warum –eim Netzausbau nichts passiert. Wir arbeiten Ihre Defi-ite der vergangenen zehn Jahre ab.
arum haben Sie hier denn nichts gemacht? Eine Ener-iewende hat bei Ihnen nicht stattgefunden.In den sieben Jahren Ihrer Amtszeit als Umweltminis-r, Herr Trittin, haben Sie es versäumt, bei den sozialde-okratischen Wirtschaftsministern darauf zu drängen,ass beim Netzausbau etwas passiert.
as ist der Grund, warum wir heute daran arbeiten müs-en. Sie haben es versäumt. Sie haben nichts getan.
Jetzt will ich mich mit dem beschäftigen, was Sie ge-agt haben. Ihre These lautet: Die Energiewende fährtor die Wand. – Ich sage Ihnen – ich werde das auchachweisen –: Die Energiewende ist ökonomisch undkologisch ein Erfolgsmodell. Wenn Sie sich nicht damitentifizieren wollen, ist das Ihre Sache. Diese Koalitiont es, und zwar die gesamte Regierung, der Wirtschafts-inister und der Umweltminister. Die gesamte Regie-ng bekennt sich zu diesem Erfolgsmodell, das wir iniesen Tagen erleben.
s ist unsere Energiewende. Sie ist erfolgreich, und sieird von uns getragen.
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Bundesminister Dr. Norbert Röttgen
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Weil bei diesem Thema so viel Abstraktes und Fal-sches erzählt wird,
gehe ich die Anforderungen an die Energiepolitik einmaldurch. Eine Anforderung an die Energiepolitik ist ohnejeden Zweifel die Versorgungssicherheit. Wir erlebenseit Tagen klirrende Kälte und extreme Nachfrage nachStrom. Wie zeigt sich die Energiewende, die Ihrer Mei-nung nach vor die Wand fährt, in diesen Tagen? Sie be-steht diesen Härtetest.
Wir haben Netzstabilität und stabile Preise, und wir ex-portieren deutschen Strom, und zwar erneuerbarenStrom, ins Ausland. Die Energiewende hat diesen erstenHärtetest bestanden.
Das ist unser Erfolg. Sie mögen ihn nicht zugestehen.Ich glaube, Herr Trittin ist etwas großzügiger und sagt:Das ist ein richtiger Erfolg.
In diesen Zeiten klirrender Kälte und extremer Nach-frage exportieren wir am Tag und netto zwischen100 000 und 170 000 Megawattstunden Strom. Das istunser Erfolg. Sie möchten ihn ja nicht haben. Wir neh-men ihn sehr gerne.
– Hören Sie doch einfach zu. Das sind ja nur Fakten. Ichnenne ausschließlich Fakten.
Eine andere Anforderung der Energiewende sind sta-bile Preise. Sie sagen: Die Energiewende fährt vor dieWand. Ich sage Ihnen einmal etwas zu der Preissituation:Die Energiewende hat in Deutschland zur Stabilität vonBörsenstrompreisen geführt.
– Es ist ja schön, dass Sie sich jetzt auch zunehmend zudem Erfolgsmodell bekennen; das finde ich gut.
– Ich habe nur eine kurze Redezeit.TredlapreWDfod–tim–lugteGuwruDmniszwwfüntiBIn
un Sie mir kollegialerweise den Gefallen, dass ich hierden und die Fakten benennen kann.Heute ist der 8. Februar 2012. Ich nenne Ihnen jetztie Börsenstrompreise vom gestrigen Tag. In Deutsch-nd betrug er pro Megawattstunde 78 Euro. Der euro-äische Durchschnittspreis lag bei 108 Euro. In Frank-ich betrug er 129 Euro und in der Schweiz 140 Euro.ir haben die niedrigsten Börsenstrompreise in Europa.as ist unser Erfolg. Wir bekennen uns zu diesem Er-lg. Sie mögen das kritisieren. Das ist unser Erfolg, zuem wir uns bekennen.
Ja, das ist doch schön. Das ist unsere Politik, die Poli-k des Bundeswirtschaftsministers, des Bundesumwelt-inisters und der christlich-liberalen Koalition.
Es ist wirklich so, dass Sie dabei einen Identitätsver-st erleiden und richtig darunter leiden.
Ich kann es Ihnen aber nicht ersparen, dass wir eineute Wirtschafts- und Umweltpolitik machen. Der Un-rschied zwischen uns ist: Sie sehen noch immer dieegensätze. Bei uns ist das ein integraler Bestandteilnd ein gemeinsamer Ansatz. Der ist erfolgreich, auchenn Sie darunter leiden und dadurch ein Mobilisie-ngs- und Identitätsthema verlieren.
ie Ursache Ihrer Schreierei ist doch, dass Sie sagenüssen: Das war einmal unser Thema, aber wir haben esicht gekonnt. Als Herr Trittin aus dem Amt gegangent, lag der Anteil der erneuerbaren Energien bei 10 Pro-ent, beim Netzausbau und bei den Rechtsgrundlagenar nichts passiert, und über ein Monitoring oder so et-as, dessen Fehlen Sie jetzt kritisieren, obwohl wir da-r sorgen, haben Sie nicht einmal auch nur ansatzweiseachgedacht. Wir machen das jetzt.
Wir entlasten die Industrie; das ist richtig. Das ist kri-siert worden. Die erneuerbaren Energien senken denörsenstrompreis. Das kommt in besonderer Weise derdustrie und nicht so sehr den Privatverbrauchern zu-
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18800 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
Bundesminister Dr. Norbert Röttgen
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gute. Darüber hinaus stellen wir die energieintensive In-dustrie in einem viel weitergehenden Maße von derEEG-Umlage frei, als das früher der Fall war. Das kannman kritisieren, und das mögen Sie auch anders machenwollen. Wir sagen aber: Wir wollen und machen dieseEnergiewende, aber wir wollen und werden dabei Indus-trieland bleiben und unsere industrielle Wettbewerbsfä-higkeit verteidigen. Darum machen wir das. Es geht umzweistellige Milliardenbeträge. Vielleicht reden Sie beiIhren zahlreichen Gesprächen mit der Industrie auch ein-mal darüber.
Sie haben das der Industrie nämlich nicht zugebilligt.Wir haben das getan, und ich stehe dazu, um das aus-drücklich zu sagen – gerade auch als Umweltminister.
Unsere Energiewende ist auch Technologiepolitik. Esist ein wesentlicher Teil der Energiewende, dass wir mo-derne, innovative Technologien fördern. Das ist auch einWettbewerb. Wir sehen das gerade an der Politik Chinas,die uns dazu zwingt, wiederum Änderungen beim EEGvorzunehmen. Wir haben das auch schon erfolgreich ge-tan.Wir haben bei der EEG-Umlage, die jetzt bei 3,5 Centliegt und die wir in der Größenordnung halten wollen,einen ausgeprägten Gabriel-Faktor aus der vergangenenLegislaturperiode: Das war die falsche, verfehlte Über-förderung der Photovoltaik.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden dasnoch über Jahre hinweg bezahlen müssen. Das werdenwir ihnen jedes Mal sagen. Der Gabriel-Faktor kommtdie Verbraucher teuer zu stehen – und das über 20 Jahre.Das ist verfehlte Politik.
Wir werden Mitte des Jahres mit unserer Politik dieVergütung um mehr als 50 Prozent gesenkt und gleich-zeitig einen dynamischen Ausbau auch der Photovoltaikbzw. der erneuerbaren Energien erreicht haben. Das sinddie Ergebnisse unserer Politik. Der atmende Deckel, denwir eingeführt haben, wirkt also. Angeblich fährt ja allesgegen die Wand.
Aber wir haben einen zu hohen Zubau. Wir habeneine Zielgröße von 2 500 bis 3 500 Megawatt im Gesetzstehen und lagen bei 7 500 Megawatt. Das ist unter demGesichtspunkt der Kosten, aber noch mehr unter demGesichtspunkt der Netzstabilität zu viel. Darum müssenwutefedwogzwaPdnebEedgWgfüpOAinpscfüHa
em wir uns nicht einfach ausliefern dürfen. Vielmehrollen wir diese Technologie im Land halten, weil siehne jeden Zweifel eine Zukunfts- und Exporttechnolo-ie ist. Aber wir müssen zu einer wirksamen Begren-ung des Zubaus in Deutschland kommen.
Dieser Aufgabe stellen wir uns. Darüber diskutierenir auch. Wir werden das Problem lösen. Nur: Mit Ihrerlbernen Schreierei lösen Sie überhaupt kein einzigesroblem. Ich sage Ihnen: Philipp Rösler und ich werdenieses Problem für Deutschland lösen, damit diese Tech-ologie eine Zukunft hat.
Das Gleiche gilt für die Energieeffizienz. Wir habenine klare Beschlusslage: 20 Prozent Energieeffizienzis 2020, bezogen auf 2008. Dafür werden wir uns inuropa einsetzen. Diese Energiewende hat zwei Beine:rneuerbare Energien und Energieeffizienz. Beide wer-en wir kräftig machen, damit sie unser Land voranbrin-en.Was wir sonst noch getan haben: Novelle zur Kraft-ärme-Kopplung im Kabinett verabschiedet, Anreizre-ulierungsverordnung für die Netze, 5 Milliarden Euror das KfW-Programm Offshore-Windenergie, Netz-lattform beim Bundeswirtschaftsminister, erfolgreicheffshore-Netzanbindung – wir sind dabei, durch unsererbeit Schritt für Schritt einen konzeptionellen Ansatz der deutschen Wirtschaftstechnologie und Umwelt-olitik zu verfolgen.Sie können weiter abseits stehen und schreien undich darüber zum Teil inkompetent auslassen. Wir ma-hen diese Politik weiter und werden an diesem Erfolgr unser Land weiter arbeiten.Vielen Dank.
Ulrich Kelber hat das Wort für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Zehn Jahre lang konnte man sich in Deutschlandnschauen, wie eine gut gemachte Energiewende geht.
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Ulrich Kelber
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Zwischen 1998 und 2009 hat sich der Anteil der er-neuerbaren Energien verfünffacht. In nur zehn Jahren hatDeutschland in allen möglichen Energieerzeugungstech-nologien Weltmarktführerschaft und Technologieführer-schaft erreicht. Von einem Land, das Strom importierenmusste, sind wir zu einem Land mit Rekordexportüber-schüssen bei Strom geworden, was es uns jetzt ermög-licht hat, mit Anlagen, die bis 2009 gebaut worden sind,nicht nur die AKW in Deutschland abzuschalten, son-dern auch noch unseren französischen Nachbarn zu hel-fen.
Wir haben in Europa mit dieser Politik die besten Klima-schutzergebnisse erreicht. Zum Schluss – das ist nichtdas Schlechteste – sind 400 000 neue Arbeitsplätze al-lein im Bereich der erneuerbaren Energien entstanden.So macht man eine Energiewende.
Das musste die Regierung aus SPD und Grünen amAnfang gegen CDU/CSU und FDP durchsetzen. 19 von20 Gesetzen dieser Energiewende sind von CDU/CSUund FDP abgelehnt worden. Norbert Röttgen hat gegendie Förderprogramme für erneuerbare Energien ge-stimmt, gegen die Förderprogramme für den Austauschvon Heizungen, gegen das Erneuerbare-Energien-Ge-setz. All das, worauf er jetzt verweist, ist gegen seineStimme durchgesetzt worden. Noch in der Großen Ko-alition hat der Erste Parlamentarische Geschäftsführerder CDU/CSU, Norbert Röttgen, ein Netzausbaugesetzabgelehnt und verhindert. Das ist die Realität.
27 Monate Schwarz-Gelb: stop and go, hü und hott,vor und zurück. Wir sagen: Sie fahren die Energiewendean die Wand. – Das sehen nicht nur wir so. Erstens. DieMedien sehen das so. Zitat der Süddeutschen Zeitung:„Verstolperte Wende“. Zweitens. Die Wirtschaft siehtdas so. Zitat des Weltmarktführers für Wärmepumpen,Stiebel Eltron:Die mangelnde politisch-administrative … Koordi-nation erweist sich … als großes Hemmnis, ja …als Blockade.Drittens. Auch die eigenen Leute sehen das so. HabenSie Klaus Töpfer nicht bei dem zugehört, was er überIhre Energiepolitik sagt? Sie hätten die Ergebnisse derEthik-Kommission nicht verstanden. Taten und Worteklaffen auseinander. So schaffen Sie die Energiewendenicht. Das hat Ihnen nicht die Opposition gesagt, son-dern Klaus Töpfer, der frühere CDU-Umweltminister.
Die Minister blockieren sich gegenseitig. Kamera-minuten zählen mehr als Ergebnisse. Jeder macht, was erwill. Frau Schavan fördert lieber die FusionsforschungatilasdRggvruUkdzksWGgddUaaauWgDOTszuwuwmewwTtes
ir wollen ein Internet der Energie mit Millionen Erzeu-ungseinheiten und intelligenten Netzen.
as ist eine Energiewende mit hoher Wertschöpfung vorrt, Wettbewerb statt Monopolen und demokratischereilhabe.
Schwarz-Gelb hätte alle Voraussetzungen für einechnelle und preisgünstige Energiewende: erstens eine inehn Jahren aufgebaute Branche für Energieeffizienznd Erneuerbare, zweitens eine Opposition, die nichtie Schwarz-Gelb früher immer Nein sagt, sondern Sienterstützen würde, wenn Sie die richtigen Gesetzent-ürfe einbringen, drittens investitionswillige Unterneh-en und Privathaushalte, die darauf warten, dass endlichindeutige Signale kommen, und viertens – das ist amichtigsten – eine Bevölkerung, die die Energiewendeill. Das ist wie ein Elfmeter, bei dem der gegnerischeorwart nicht einmal aufs Feld darf, um den Ball zu hal-n. Aber auch das versemmeln Sie. Das ist ein Trauer-piel für Deutschland.
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Das Wort hat Horst Meierhofer für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Es ist bemerkenswert, mit welch inhaltsleeren Floskelnwie der eines Internets der Energie Sie hier vor sich hinschwadronieren.
Nichts ist zu Ihrer Zeit passiert. Sie haben Beschlüssegefasst, aber nichts davon umgesetzt.
Das Einzige, was Sie gemacht haben, ist das EEG. Siehaben kein Kernkraftwerk vom Netz genommen. Sie ha-ben keinen Meter Netz ausgebaut. Sie haben nicht ver-sucht, die Speichertechnologie und den Verbrauch vonerneuerbaren Energien voranzubringen und zu beant-worten, wie man einerseits die fossilen Kraftwerke undandererseits die erneuerbaren Energien zusammenbringt.
Nichts davon ist passiert. Sie quatschen hier vor sich hin;aber wenn es wie heute Abend beim Thema Gebäude-sanierung im Bundesrat darum geht, Ihre eigenen Län-derregierungen dazu zu bewegen, mitzuhelfen, dass dieEnergiewende gelingt, dann blockieren Sie alles, weilIhnen völlig egal ist, was passiert.
Allein im Jahr 2011 haben die Länder durch die Ein-kommensteuer Mehreinnahmen von 15 Milliarden Euroerzielt. Nichts davon wollen Sie für die energetische Ge-bäudesanierung verwenden.
Es wird nicht funktionieren, wenn sich alle aus der Ver-antwortung stehlen. Hier schwingen Sie große Reden;aber wenn es darum geht, selber mitzuhelfen, etwas zutun, funktioniert nichts davon.Richten wir den Blick einmal darauf, was Sie vor Ortfür großartige Leistungen bringen. Sie sagen – zum Bei-spiel Herr Steinmeier –, wir brauchen neue Gaskraft-werke. Wie sieht es vor Ort aus? Beim GaskraftwerkWustermark geht es um Investitionen in Höhe von650 Millionen Euro. Die SPD blockiert das Vorhaben,pledgmswDsktrukukdztrkSa
Die Grünen bzw. Herr Trittin haben angekündigt, dassie deutlich mehr CO2 einsparen wollen. Wir seien zuenig ambitioniert. Die taz schreibt heute Folgendes:Die baden-württembergische Landesregierung hatdie Eckpunkte ihres Klimaschutzgesetzes verab-schiedet. Dabei überraschte Grün-Rot mit einemniedrigeren Ziel zur CO2-Minderung als die schwarz-gelbe Vorgängerregierung. Grün-Rot will den CO2-Ausstoß bis 2020 um 25 Prozent reduzieren,Schwarz-Gelb wollte ihn um 30 Prozent senken.
Umweltminister Franz Untersteller recht-fertigte diese Zahl mit dem Atomausstieg, der kurz-fristig mit fossilen Brennstoffen ausgeglichen wer-den müsse.
as ist Ihre Klimapolitik. Das ist der Unterschied zwi-chen Ihrem Gequatsche und dem, was Sie in Wirklich-eit vor Ort machen.
Sie haben, was Versorgungssicherheit, Umweltver-äglichkeit – wir haben es gerade gehört –, Klimaschutznd die Bezahlbarkeit der Maßnahmen betrifft, keineonkreten Vorstellungen. Sie machen nichts anderes, alsns zu kritisieren. Wenn man vor Ort etwas verändernönnte, dann stellen Sie sich quer.Ich meine auch, dass man durchaus darauf hinweisenarf, dass unsere Energieversorgung in den letzten Jahr-ehnten hervorragend funktioniert hat. Es ist eine ex-eme Herausforderung, von großen, zentralen Kraftwer-en wegzukommen. Das gilt für die Kohlekraftwerke imPD-regierten Nordrhein-Westfalen genauso wie für allenderen Kraftwerke.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18803
Horst Meierhofer
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Das müssen wir gemeinsam in Angriff nehmen. Dassdas eine Riesenherausforderung ist, ist doch klar.Wir haben zum Beispiel das Netzausbaubeschleuni-gungsgesetz, NABEG, gemacht. Was haben Sie denn inSachen Netzausbau gemacht? Nichts dergleichen.
Wir werden in diesem Jahr der Bundesnetzagentur einenNetzentwicklungsplan übergeben.
Da wird man ganz genau sehen, an welcher Stelle ausge-baut wird. Sie haben nichts dergleichen gemacht.Wir haben die Fördergelder für die Energieforschungauf 3,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2014 aufgestockt.
Das sind 75 Prozent mehr, als Sie beabsichtigt haben.Sie haben seinerzeit die energetische Sanierung befristet,wir verlängern sie. Wir investieren zusätzlich in die For-schung.
– Natürlich, bis 2011. Dann ist das Programm weggefal-len. Das ist der Unterschied. Sie haben das Gegenteilvon dem gemacht, was Sie angekündigt haben.
Allein zu sagen, dass man aus der Kernkraft aussteigt,ist kein Energiekonzept.
Sie haben den Ausstieg angekündigt, aber nichts ist pas-siert. Kein einziges Kraftwerk ist vom Netz gegangen.Das ist lächerlich ohne Ende.
Ich möchte auf Philipp Rösler eingehen, der eine nö-tige Debatte angestoßen hat. Jetzt wird es interessant.Was sagen Sie denn dazu, dass die Vergütung für dieEinspeisung von Photovoltaikstrom reduziert werdensoll?
Was sagen Sie denn dazu, dass dafür gesorgt wird, dassnicht mehr zweistellige Renditen für die Großen garan-tiert werden, die der kleine Mann bezahlen muss? Wassagen Sie denn dazu, dass wir die Umverteilung von un-ten nach oben begrenzen wollen? Dazu hört man nichtsvon Ihnen.VwKdPse7–mgRsgrajeWsgbasgVdDbevnsMcDu3letu
ielleicht hört man deshalb nichts, weil das zufälliger-eise die eigene Klientel betrifft. Das ist für Sie, Herrelber, das Entscheidende. Wie viel das kostet, ist Ihnenoch egal. Es ist das Scheinheilige, was mich an Ihrerolitik ganz besonders ärgert.
Wir haben – Herr Röttgen hat es gesagt – die Einspei-evergütung um 50 Prozent reduziert und gleichzeitigxtrem viel zugebaut. Im letzten Jahr waren es500 Megawatt nur im Bereich der Photovoltaik.
Wahrscheinlich haben es die Grünen und die SPD ge-acht. Das ist das, was ihr denkt. – Wir haben esemacht, und zwar dadurch, dass wir entsprechendeahmenbedingungen gesetzt haben. Das ist das Ent-cheidende. 2005, als Rot-Grün aus der Regierung geflo-en ist, betrug der Anteil der erneuerbaren Energien ge-de einmal 5, 6 oder 7 Prozent. Wie hoch ist der Anteiltzt? Er liegt bei über 20 Prozent.
as Sie erzählen, sind Phantastereien. In Wirklichkeitind wir diejenigen, die geliefert haben. Sie sind diejeni-en, die nur angekündigt haben.
Ich möchte jetzt darauf eingehen, dass es wichtig ist,ei der Photovoltaik tatsächlich zu kürzen. Ich möchteuch darauf hinweisen, dass wir zum EEG stehen. Ichelber habe dafür gesorgt, dass das im FDP-Wahlpro-ramm stand. Das ist aber keine unendliche Geschichte.ielmehr hat die Branche selbst angekündigt, dass sie abem Jahr 2017 keine Einspeisevergütung mehr braucht.eshalb müssen wir jetzt erklären, dass dieser Fördertat-estand wegfällt. Die Preissenkung bei Photovoltaik istnorm. Da müssen wir nachlegen. Es geht darum, Inno-ationen zu fördern. Es geht nicht darum, Strom aus er-euerbaren Energien unbegrenzt ins Netz zu pumpen,ondern der Eigenverbrauch muss angekurbelt werden.an muss innovative Technologien – Stichwort: Spei-hertechnologien, Smart Metering – entwickeln.
as muss geschehen. Nichts davon ist von Ihrer Seitenterstützt worden.
Wir hingegen stellen Fördergelder in Höhe von,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Sie haben es viel-icht nicht mitbekommen: Wenn man zu hohe Vergü-ngen zahlt, wie es zu Ihrer Zeit, Herr Kelber, der Fall
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18804 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012
Horst Meierhofer
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war, dann führt das zu Stillstand, Sattheit und Bequem-lichkeit. Jetzt werden die Unternehmen dazu motiviert,im Wettbewerb zu bestehen.
Sie werden einmal mehr überrascht sein, welch großeErfolge wir feiern werden. Am Schluss werden Sie siefür sich selbst in Anspruch nehmen.Herzlichen Dank.
Hans-Josef Fell hat jetzt für Bündnis 90/Die Grünen
das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Die Energiewende der Bundesregierung währtenur einen Sommer. Seitdem herrschen Chaos und Streit.Die schwarz-gelbe Koalition ist offensichtlich nicht inder Lage, den Atomausstieg und die Energiewende zuorganisieren. Jetzt hören Sie sich das an: Schuld amschleppenden Energieumbau ist die schwarz-gelbe Bun-desregierung. So sagte es gerade der FDP-Wirtschafts-minister Zeil aus Bayern. Recht hat Herr Zeil, HerrRösler!
Sie müssen sich das von den eigenen Parteifreunden sa-gen lassen; denn Umweltminister Röttgen kann es offen-sichtlich nicht, und Wirtschaftsminister Rösler will esoffensichtlich nicht, und der Rest des Kabinetts tut so,als ginge ihn die Energiewende gar nichts an.
Bis heute hat diese Bundesregierung kein neues Ener-giekonzept vorgelegt. Immer noch gilt genau das glei-che, das für die Laufzeitverlängerung erstellt wurde. Im-mer noch gelten die gleichen Ausbauziele – etwa dasvon 35 Prozent für Ökostrom –, die zu dem Zeitpunktaufgestellt wurden, als Frau Merkel mit HerrnGroßmann die Laufzeitverlängerung ausgehandelt hat.
Das ist doch nicht ambitioniert.Noch rückständiger sind die Regierungsfraktionen,die ganz aktuell einen Antrag vorgelegt haben, den Aus-bESSSTnSBEEhtitugkesvtefüncintrdgkwavnebHhNH
ie haben Unsinn gemacht, indem Sie beispielsweise dieraunkohleindustrie und die Steinkohleindustrie von derEG-Umlage befreit haben – das macht 100 Millionenuro aus – und die anderen Stromkunden damit belastetaben. Wo steht denn die Braunkohleindustrie in interna-onalem Wettbewerb? Das ist doch absurd, was Sie hiern.
Der Wirtschaftsminister will von der Energiewendear nichts wissen. Erst wollte er wenigstens ein Atom-raftwerk in die Kaltreserve retten, und jetzt hat er sogarin Solarausstiegsgesetz vorgelegt. Der FDP-Parteivor-itzende spricht von Wachstum und liefert eine Insol-enz in der Solarwirtschaft nach der anderen. Wir fürch-n, dass das nicht die letzten Insolvenzen sein werden,r die dieser FDP-Minister zuständig ist.
Herr Rösler spricht von den hohen Kosten, die die er-euerbaren Energien und die Solarwirtschaft verursa-hen würden, und übersieht, dass die Solarstromkosten den letzten drei Jahren mehr als halbiert wurden. Soagen Wind und Sonne dazu bei, dass in Deutschlandie Börsenstrompreise aktuell nur bei etwa 10 Cent lie-en. Im Atomland Frankreich aber müssen die Börsen-unden stundenweise jetzt schon 30 Cent für die Kilo-attstunde berappen. Herr Röttgen hat es wunderbarufgezeigt. Nur, Herr Röttgen, warum wollen Sie unson Rot-Grün etwas erklären, was wir längst wissen,ämlich wie wunderbar die Kostensenkungswirkung derrneuerbaren Energien ist? Sagen Sie das doch Ihren Ka-inettskollegen! Sagen Sie es Herrn Fuchs, sagen Sie eserrn Brüderle und all denjenigen, die immer noch be-aupten, die erneuerbaren Energien seien Preistreiber!
ein, sie sind die Billigmacher der Stromerzeugung.
Herr Bundesumweltminister, Sie legen selbst dieände in den Schoß. Sie verhandeln zwar mit der Solar-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18805
Hans-Josef Fell
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lobby; aber dass Sie selbst Konzepte auf den Tisch le-gen, davon habe ich noch nichts gesehen.Nur in einem Einzigen sind Sie sich mit Ihrem Bun-deswirtschaftsminister doch einig: Sie überlassen die In-dustriepolitik für die Photovoltaik lieber der chinesi-schen Regierung, statt eine eigene deutsche zu machen.Was ist das für eine absurde Industriepolitik für das Ex-portland Deutschland?
Nicht nur im Stromsektor fährt diese Regierung dieEnergiewende an die Wand. Für den Umbau des Wärme-sektors scheint sich überhaupt kein Bundesministerernsthaft zu interessieren. Die Regierung bekommt nochnicht einmal ein Monitoring der aktuellen Gesetzgebungund der Förderinstrumente hin. Dabei hat die Realitätdas Ergebnis schon geliefert. Erstmals ist im vergange-nen Jahr in Deutschland der Anteil der erneuerbarenEnergien im Wärmesektor gesunken. Das ist das Ergeb-nis Ihrer verfehlten Politik und ein schlimmes Zeugnisfür das Versagen Ihrer Regierung.
Dabei stöhnen doch die Menschen draußen immerwegen weiter steigender Ölpreise, und sie fürchten umdie Versorgungssicherheit.
Dieser Tage erleben wir erneut, dass Russland in kaltenWintern nicht genug Erdgas liefern kann. Im renommier-ten US-Wissenschaftsmagazin Nature wird akribischvorgerechnet, dass die Welt das Maximum der Erdölför-derung überschritten hat. Kein Wunder, dass der Ölpreisaktuell bei 110 Dollar liegt, dreimal so hoch wie nochAnfang 2009! Doch diese bedrohliche Entwicklung fichtSie gar nicht an. Wir hören nichts davon. Keine Vor-schläge, wie Sie auf diese Herausforderung reagierenwollen! Sie gefährden in diesem Staat in höchstem Maßedie Energieversorgungssicherheit und den Klimaschutzgleichzeitig.
Wieso legen die Minister Röttgen, Rösler undRamsauer nicht endlich Strategien und Gesetzentwürfevor, aufgrund derer wir unsere Abhängigkeit von Erdölund Erdgas verringern können? – Wir sehen davonnichts.
Herr Kollege.
Was von Schwarz-Gelb im letzten Sommer als Ener-
giekonzept und Energierevolution fantasiert wurde, hat
sich heute längst als Fata Morgana erwiesen.
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o Bundesminister Peter Ramsauer gestern Abend beimeujahrsempfang des BEE.
achdem wir eben den Kollegen Thomas Bareiß gehörtaben, kann man feststellen, dass dies nicht nur eine Er-ndung dieser Legislaturperiode ist, sondern dass diesber viele Perioden des Zusammenlebens in der Bundes-gierung hinweg gute Tradition ist.
ennoch oder vielleicht gerade deshalb sind die Erneu-rbaren in Deutschland auf einer Erfolgsspur. Sie haben letzten Jahr einen Anteil von 20,8 Prozent an derruttostromproduktion gehabt. Vielleicht liegt das aucharan, dass das EEG und die erneuerbaren Energien trotzieses ganzen Getöses, das diese Debatte in diesem Hausieder auslöst, ein Anliegen des gesamten Hauses ist.Wir müssen uns aber auch den Status quo angucken.rfolgsmeldungen bei den Erneuerbaren sind gut undchön. Nach wie vor werden 89 Prozent des Endenergie-erbrauchs aber durch fossile Energien bereitgestellt.eutschland importiert 70 Prozent seiner Energieträger. Deutschland bezahlte man dafür im Jahr 2011 etwasehr als 100 Milliarden Euro. Vor fünf Jahren musstean dafür nur 75 Milliarden Euro bezahlen.Der Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaf-n und Rohstoffe hat uns in der letzten Sitzungswoche Ausschuss gesagt, dass die Vorräte für Erdöl wohloch 50 Jahre reichen würden. Professor Kümpel ist nie-and, der schwarz- oder grünmalt. Von daher ist es tat-ächlich nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, son-ern auch eine Frage der ökonomischen Vernunft under Versorgungssicherheit, unser Energiesystem mehrnd mehr auf Erneuerbare umzustellen. Es ist einfachernünftig, den Anteil der erneuerbaren Energien amruttostromverbrauch bis 2020 auf 35 Prozent zu stei-ern.Deshalb haben wir bei den Überlegungen zur Novelleum EEG im letzten Sommer vor allen Dingen dreiunkte im Blick gehabt: Zum einen haben wir die be-ährte Grundkonstruktion erhalten, nämlich den Ein-peisevorrang und die garantierten Vergütungen über0 Jahre. Auf der anderen Seite haben wir aber vermehrtuf Kosteneffizienz geschaut. Drittens haben wir darauf
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Dr. Maria Flachsbarth
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geachtet, dass es mehr und mehr Markt- und Netzinte-gration gibt, zum Beispiel im Rahmen von Direktver-marktungen. Es kommt jetzt nicht mehr so sehr daraufan, auf Teufel komm raus Kilowattstunden ins Netz ein-zuspeisen, sondern darauf, Angebot und Nachfrage bes-ser übereinanderzulegen.
Deshalb freuen wir uns über den anhaltend dynami-schen Ausbau der Erneuerbaren, insbesondere natürlichvor dem Hintergrund der Entscheidung, nach Fukushima8 der 17 deutschen Kernkraftwerke vom Netz zu neh-men. Der Ersatz der Erzeugungskapazität hat auf der ei-nen Seite durch Braunkohlekraftwerke stattgefunden– dies gehört zu einer ehrlichen Debatte –, auch durchein Ölkraftwerk in Österreich, das durch die Mediengeistert. Der Ersatz hat aber auch durch den Einsatz vonPhotovoltaik und durch die Mehrleistung von Onshore-Windkraftanlagen stattgefunden.Jawohl, Strom ist vorübergehend teurer geworden,aber die Großhandelspreise sinken seit November wie-der. Seit November sind die Preise sogar niedriger alsvor Fukushima, und die Netze sind – Gott sei Dank – imGroßen und Ganzen stabil.
Wenn wir uns die Debatte über die PV noch einmalvergegenwärtigen, dann ist es so, dass wir inzwischeneine installierte Leistung von ungefähr 25 Gigawatt ha-ben, die sich übrigens auf 860 000 Photovoltaikanlagenmit fast ebenso vielen Besitzern verteilt. Hier ist alsoeine breite Truppe in die Energieerzeugung eingetreten.Wir freuen uns über diesen Zubau; aber es muss ganzklar sein, dass dieser Zubau systemverträglich ist, undzwar in zwei Richtungen:
Zum einen dürfen die Kosten nicht überbordend werden,weil wir sonst ein Problem mit der Akzeptanz haben.Zum anderen muss die Netzintegration gewährleistetsein. – Das bedeutet als Auftrag an unsere Bundesregie-rung: Der Zubau muss deutlich über 1 Gigawatt, aberdeutlich unter 7,5 Gigawatt liegen. Deshalb wünschenwir uns von der Bundesregierung – ich bin ganz sicher,dass diesem Wunsch auch Genüge getan wird – ein Kon-zept, wie man die Vergütung abschmelzen kann,
und zwar kontinuierlich, damit kein Schlussverkaufef-fekt entsteht, und wie möglicherweise weitere Anforde-rungen an die Systemintegration gestellt werden können.Wir freuen uns auch über den Zubau bei Onshore-Windenergie; denn Wind ist letztendlich der Lastesel fürdie Erneuerbaren. Dieser Zubau bringt wirklich etwas.Im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass vor allen DingenddmtiIcwdkdbgDWgRmfehDbgbveeOvEIcsEZVd
h glaube, dass das ein sehr gutes Instrument ist. Aberir werden im Blick behalten müssen, ob wir das Zieler Marktintegration mit diesem Instrument erreichenönnen.Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube,ass wir tatsächlich gute Chancen haben, dass der Um-au des Energiesystems gelingt und wir in die Technolo-ie- und Energiemärkte der Zukunft eintreten können.eshalb haben wir allen Grund, den eingeschlageneneg zuversichtlich und konsequent weiterzugehen.Herzlichen Dank.
Rolf Hempelmann spricht jetzt für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-en! Ich möchte erst einmal Herrn Rösler und Herrnöttgen gratulieren. Sie haben heute hier Einigkeit de-onstriert. Jedenfalls in einer Sache haben Sie sich of-nbar erfolgreich abgesprochen, nämlich darin, sicheute vor allen Dingen mit Eigenlob zu überschütten.
as ist Ihnen zweifellos gelungen.Wenn man aber einmal nachliest, was außerhalb Ihrereiden Häuser zu dem Thema Energiewende gedacht,esagt und geschrieben wird, dann sieht das schon einisschen anders aus. In der Financial Times Deutschlandom gestrigen Tage wurde ein Christdemokrat – nichttwa ein Sozialdemokrat – zitiert, der eine wichtigenergiepolitische Funktion in Europa hat: Herrettinger, Energiekommissar. Er wurde gefragt, was eron der deutschen Energiepolitik hält. Antwort: Welchenergiepolitik?
h glaube, das sagt so ziemlich alles. Er wirft der deut-chen Bundesregierung Konzeptlosigkeit, eine fehlendenergie- und Industriepolitik und vor allen Dingen einurückhängen beim Thema Energieeffizienz vor. Dieseokabeln kommen in Ihren Reden vor; sie sind aber lei-er nicht mit Inhalt und erst recht nicht mit Taten gefüllt.
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Rolf Hempelmann
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Aber auch von anderer Seite hagelt es Kritik, zumBeispiel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.Er wirft Ihnen vor:Es mangelt am politischen Willen, die Ener-giewende so preiswert wie möglich zu gestalten.Herr Rösler, dabei hat er sich unter anderem einen IhrerVorschläge vorgeknöpft. Sie hatten ja kürzlich die Idee,das EEG kurzfristig aufzuheben und stattdessen denEnergieversorgern Quoten zur Erzeugung von Ökostromvorzugeben. Die Analyse des Bundesverbandes der Ver-braucherzentralen ist: Das wäre in der Tat die Garantiefür eine deutliche Verteuerung der Produktion, weil sichdann nämlich alles an der Merit-Order, also am teuerstenKraftwerk am Netz, orientieren würde, ganz abgesehendavon, dass Sie auch die Mengenziele so nie erreichenwürden.
Die Kritik der Öffentlichkeit unterscheidet sich alsodeutlich vom Eigenlob unserer beiden Minister. Rheini-sche Post: „Energiewende droht zu scheitern“. BerlinerZeitung: „Die Energiewende scheitert im Heizungskel-ler“. Der BDI-Präsident, Hans-Peter Keitel, wird imFocus mit den Worten zitiert: Wir werden leichtsinnig.Er meint damit die deutsche Energie- und Industriepoli-tik. Die WAZ titelte: „Energiewende im Schleudergang“.Im Handelsblatt war im Zusammenhang mit der Ener-giepolitik die Überschrift „Wirtschaft fürchtet um dasdeutsche Jobwunder“ zu lesen. Die FAZ sprach von ei-nem Vakuum und führte aus, dass es an Elan mangelt,für die erforderlichen gewaltigen Umbauinvestitionenauch die begleitenden Rahmenbedingungen zu schaffen. –Ich könnte diesen Katalog endlos fortsetzen. Ich will mirund Ihnen allen dies aber ersparen.In den letzten Tagen wird in den Medien ein Punktbesonders erwähnt. Er betrifft zwei, die auf der Regie-rungsbank sitzen, nämlich Wirtschaftsminister Röslerund Umweltminister Röttgen. „Röttgen schmettertRöslers Kritik ab“, so schrieb das Handelsblatt am18. Januar. „Rösler und Röttgen streiten über Indus-trieprämie“, meldete Zeit online am 1. Februar. „DerStreit der Minister um den Ökostrom“, titelte das Han-delsblatt am 17. Januar. Das Hamburger Abendblattkommentierte: „Sie müssten eigentlich Partner sein, nunentpuppen sie sich als Widersacher“. Der Tagesspiegelvom 20. Januar schrieb: „Röttgen gegen Rösler: DerStreit um den Solarstrom entzweit die Regierungskoali-tion“.Es ist nicht etwa nur so, dass Sie das Falsche tun. Esist auch nicht etwa nur so, dass Sie nichts tun. Nein, indem Wenigen, was Sie tun, blockieren Sie sich auchnoch gegenseitig und sorgen so dafür, dass in der gesam-ten Öffentlichkeit die Zweifel an der Energiewende zu-nehmen. Das ist in der Tat für ein Industrieland wieDeutschland eine Katastrophe.
Mit diesen zwei Ich-AGs an der Spitze zweier so wichti-ger Häuser wird uns die Energiewende nicht gelingen.wEübgKakdbgleeJktehShDOMCHKzRmSdKdSs
as tun Sie seit zehn Jahren. Jetzt versuchen Sie, derpposition, die damals die Regierung gestellt hat, dieseängel anzuhängen.
Herr Kollege.
Das ist ein durchschaubares Spiel.
Der Kollege Dr. Georg Nüßlein hat jetzt für die CDU/
SU-Fraktion das Wort.
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herrempelmann, ein durchschaubares Spiel ist es, wenn dieollegen Steinmeier und Trittin hier erst ihre Show ab-iehen, dann aber abziehen und nicht einmal den letztenedner aus den eigenen Reihen abwarten. Daran siehtan, um was es Ihnen letztendlich geht, nämlich um diehow.
Auf der einen Seite gönne ich Ihnen diese Show. Aufer anderen Seite möchte ich das unterstreichen, was derollege Bareiß vorhin gesagt hat,
ass Energiepolitik viele Facetten hat und dass man impannungsfeld zwischen Umweltverträglichkeit, Preis-tabilität und Versorgungssicherheit unterschiedliche
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Dr. Georg Nüßlein
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Betrachtungsweisen, was die jeweiligen Systeme angeht,haben kann. Deshalb kann es an der Stelle zu unter-schiedlichen Perspektiven der Minister kommen.
Wir von der CSU fordern für die nächste Legislaturpe-riode ein Energieministerium,
weil wir glauben, dass wir hier noch einen Schritt voran-kommen können. Jetzt sind wir gut aufgestellt; denn inder Anfangsphase der Energiewende brauchen wir beidePerspektiven:
die Umweltperspektive auf der einen Seite und die Wirt-schaftlichkeitsperspektive auf der anderen Seite.Damit komme ich zu den Prioritäten. Für uns als Re-gierungskoalition steht als Priorität fest:
Es darf in Deutschland keine Deindustrialisierung ge-ben.
Das ist ganz klar. In diesem Zusammenhang sind die Be-freiungen, die heute von verschiedener Seite kritisiertworden sind, von entscheidender Bedeutung. Es gibt sie,weil einige Industriebereiche auf günstige Energiepreiseim Wettbewerb angewiesen sind. Diese Industrieberei-che können nicht effizienter arbeiten, als sie es ohnehintun. Hierauf müssen wir unser Augenmerk lenken. Dassage ich sowohl als Wirtschafts- als auch als Umwelt-politiker. Es bringt der Umwelt nichts, wenn diese Be-triebe anderswo produzieren.Bei dem Thema Kosten hat es mich überrascht, dassder Kollege Fell die erneuerbaren Energien als Billigma-cher des Strompreises bezeichnet hat. Wenn man das sosieht, kann man doch nicht gleichzeitig kritisieren, dassdie Koalition die EEG-Umlage auf 3,5 Cent pro Kilo-wattstunde beschränken will. Warum haben Sie ein Pro-blem mit einer solchen Beschränkung, wenn die erneuer-baren Energien Billigmacher sind, lieber Kollege?
Ich möchte herausarbeiten, worin der Unterschiedzwischen Ihrer Politik und unserer Politik besteht. Siehaben gesagt, man müsse Kapazitäten aufbauen, kostees, was es wolle. Sie haben die Photovoltaik zu früh undzu teuer an den Markt herangeführt und dabei eine ganzandere und viel komplexere Aufgabe vergessen: Wirmüssen eine sichere Energieversorgung aufbauen. HiergwsW–enteksKHfäim–hBnbgDmUdubgFkdwSbumsw
Die Hühner lachen, wenn sich Herr Steinmeier nachinem Jahr Energiewende hinstellt und sagt, es gebeoch kein Gaskraftwerk. Wenn man Genehmigungszei-n und den Vorlauf bedenkt, dann weiß man, dass daseine realistische Sichtweise ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich etwas zu demagen, was nun aus Brüssel zu hören ist; hierauf hat derollege Hempelmann bereits Bezug genommen. Zuerrn Oettinger – obwohl er quasi ein Parteikollege ist –llt mir nur die Bergpredigt ein: Du siehst den Balken Auge des Bruders nicht.
Jetzt haben Sie mich durcheinandergebracht. – Richtigeißt es: „Warum siehst du den Splitter im Auge deinesruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst duicht?“Sie brüllen ständig kindische Sachen dazwischen undenehmen sich so, wie es sich nicht gehört, liebe Kolle-innen und Kollegen.
as ist ausgesprochen unkollegial. Außerdem sollten Sieir wenigstens zuhören, wenn ich etwas gegen einennionskollegen sage; das ist doch spannend.Ich bin der Meinung, dass sich der Kollege Oettingerarauf konzentrieren sollte, was seine Aufgabe ist. Er hatns vor kurzem vorgeschlagen – und das, obwohl die Li-eralisierung in Deutschland bis zum Unbundling ge-angen ist –, RWE und Eon zu fusionieren. Er kommt inrankreich nicht weiter, weil die Franzosen einen Staats-onzern haben, weil sie nach wie vor die chemische In-ustrie über billige Strompreise subventionieren. Dasäre seine Baustelle. Darum könnte er sich kümmern.tattdessen quält er uns mit planwirtschaftlichen Vorga-en. Wir sollen im Bereich der Energieeffizienz Dingemsetzen, die man uns in Brüssel haarklein vorgebenöchte. Hier gilt offenbar der alte Grundsatz – ich willpaßeshalber Karl Marx zitieren –, dass das Sein das Be-usstsein bestimmt.
Herr Kollege!
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Ich bin sofort fertig, Frau Präsidentin. – Oettinger ist
dabei, planwirtschaftliche Vorschläge zur Energieeffi-
zienz zu machen.
Früher als Ministerpräsident hat er das vermieden und
auf Subsidiarität gesetzt. Daran sollte er sich bei seiner
Tätigkeit als EU-Kommissar erinnern. Aber das Sein be-
stimmt halt das Bewusstsein.
Vielen Dank.
Für die FDP-Fraktion hat jetzt Klaus Breil das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-legen! Die Grünen haben die Energieeffizienz und dasEEG zum Thema dieser Aktuellen Stunde gemacht.Wenn Effizienz und EEG in einer Überschrift stehen,denke ich automatisch an eine Form der Stromerzeu-gung, nämlich an die aus Photovoltaik. Besser gesagt:Ich denke dabei an die maßlose Überförderung, gemes-sen an den aktuellen Preisen für Module.Mehr als die Hälfte der Nettowälzsumme – jetzt über7 Milliarden Euro, bald 8 Milliarden Euro und über dienächsten 15 Jahre mehr als 150 Milliarden Euro – bezah-len die Stromverbraucher in Deutschland für knapp4 Prozent ihrer Stromerzeugung. Das ist effektiv, näm-lich für diejenigen, die eine solche Anlage betreiben. Biszu 30 Prozent Rendite können Anlagenbetreiber immernoch vor Steuern auf das eingesetzte Kapital verdienen.Das kann aber nicht effizient im Sinne des Gemeinwohlssein.
Das ist volkswirtschaftliche Ressourcenverschwendung.Da wir gerade beim Gemeinwohl sind: Wir Liberalesind der Meinung, dass dem Gemeinwohl gerade dannam besten gedient ist, wenn den Menschen in ihrem täg-lichen Leben weitestgehend die Freiheit für das eigeneHandeln überlassen wird.
Deshalb haben wir uns in dieser Woche in der Fraktionintensiv mit der EU-Effizienzrichtlinie befasst. UnsereErwartungen an Brüssel sind:Erstens. Wir haben festgeschrieben, dass wir verbind-liche Maßnahmen für Energieversorgungsunternehmenund Netzbetreiber, also Art. 6 der Richtlinie, entschiedenablehnen.bAdSKwvDFnrihbGghHsnfeSMeeinWdaDFdnsImheb
as machen wir schon an anderer Stelle, eben bei derörderung der Photovoltaik in Deutschland.Drittens. Eine Pflicht zur Einführung von Energiema-agementsystemen im Rahmen der Energieeffizienz-chtlinie ist abzulehnen; denn – und das ist kein Ge-eimnis – die Unternehmen werden diese, sofern nichtereits aus eigenen Stücken getan, ohnehin schon alsegenleistung für den Fortbestand des Spitzenaus-leichs einführen müssen. „Quid pro quo“ also.Vierter und letzter Punkt. Wir stehen zu einer Erhö-ung der Sanierungsrate von Gebäuden in öffentlicherand auf 2 Prozent, so wie wir es im Energiekonzept be-chlossen haben. Jedoch darf es im Rahmen der Richtli-ie keine Zwangssanierungen von Wohngebäuden in öf-ntlichem Eigentum geben.
onst sind Mieter von Wohnungen dieser Art gegenüberietern von Wohnungen aus privater Hand schlicht undinfach benachteiligt.
Da wir schon bei Gebäuden sind: Heute Abend gehts bei der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung eine neue Runde.
enn ich mir für dieses noch junge Jahr etwas wünschenürfte, dann dass die Länder hier endlich ihre Blockadeufgeben.
ie Mittel für ihre Ausgaben dafür werden ihnen doch inorm von Gewerbesteuereinnahmen mehrfach wieder inie Kassen gespült. Das ist eine Kurzsichtigkeit, die ichicht nachvollziehen kann. Das gilt auch für die Antrag-teller dieser Aktuellen Stunde.
Bundestag und in den Medien fordern Sie – geradeeute wieder der Kollege Fell – eine Offensive bei dernergetischen Gebäudesanierung. Dann tun Sie auchitte etwas dafür! Stehen Sie zu Ihrer Verantwortung!
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Klaus Breil
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Wirken Sie auf die Ministerpräsidenten der Länder ein,in denen Sie mit auf der Regierungsbank sitzen!
Meine Damen und Herren, in dieser Legislaturperiodehaben wir schon eine ganze Menge erreicht, und das las-sen wir uns nicht kaputtreden. Im Frühsommer letztenJahres hat Deutschland ein neues Kapitel in der Energie-politik aufgeschlagen. Bundestag und Bundesrat habendas Energiepaket beschlossen. Wir steigen nach undnach aus der Kernenergie aus. Damit ist ein wichtigerSchritt hin zum langfristigen Umbau der Energieversor-gung getan. Wenn aber unsere Energiewende Akzeptanzbei Wirtschaft und Verbrauchern finden soll, muss dieVersorgung mit Energie sicher bleiben.
Es muss eine ehrliche Kostendiskussion geführt werden.Nur dann kann die Energiewende gelingen. Für eine be-zahlbare Energieversorgung wollen wir die erneuerbarenEnergien so schnell wie möglich an den Markt heranfüh-ren. Ich finde daher den Vorschlag, den der Bundeswirt-schaftsminister, Herr Dr. Rösler, zur Photovoltaikförde-rung gemacht hat, sehr gut.
Das Problem an der Sache ist aber: Jede weitere Verzö-gerung in diesem Bereich geht zulasten unseres Wohl-stands. Ein Euro kann leider nur einmal ausgegeben wer-den. Was man nicht alles mit über 7 Milliarden Eurojedes Jahr oder 150 Milliarden Euro und mehr in 15 Jah-ren tun könnte!
Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Volkmar Vogel für die
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich glaube, man kann zu der heutigen Debatte zusam-menfassend sagen: Energiepolitik ist auf jeden Fall eineQuerschnittsaufgabe. Das macht die Sache nicht leicht.Wenn es aber leicht wäre, könnte es ja jeder. Es istschwierig, und deswegen beherrschen nur wir das.
Der zweite Aspekt, der hier eine Rolle spielt, ist derSatz von der Erhaltung der Energie; der gilt für uns alle.Dabei sind zwei Dinge besonders wichtig: zum einen,dass wir Energie mithilfe erneuerbarer EnergiequellenesezdCVddscmgendbMwnAaEgDducdliaresgzpvdfovBfiupuhlomndcz
as betrifft nicht nur die Wohnungsunternehmen, son-ern auch die Kleinvermieter, die vielen Selbstnutzernd schlussendlich natürlich auch die Mieter, die die Ze-he zahlen müssen. Und warum? Weil die Opposition aner Stelle etwas Wesentliches vergisst: das Wirtschaft-chkeitsgebot. Bei allen Maßnahmen muss man daraufchten, dass es sich in vertretbarer Zeit für denjenigenchnet, der investieren muss und die Maßnahmen um-etzt. Wenn wir das nicht aus dem Blick verlieren, dannelingt die Energiewende. Wir werden uns dafür einset-en.
Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist ein wesentlicher As-ekt der Energieeinsparverordnung. Die Energieeinspar-erordnung, die 2009 in Kraft getreten ist, kann uns iner breiten Anwendung vieler mehr helfen als neue An-rderungen, die keiner erfüllen kann und denen sich alleerweigern. Deswegen gilt: Einfache Lösungen, in derreite angewendet, helfen am Ende mehr, die Energieef-zienz zu verbessern und zu steigern.Noch ein anderer Punkt kam heute in der Diskussionnd in den Reden mehrerer Kollegen – auch aus der Op-osition – zum Ausdruck. Wir müssen die Potenziale, diensere Wirtschaft, aber auch die vielen kleinen Tüftleraben, mehr heben. Das heißt, wir dürfen keine Techno-gien vorschreiben, so wie Sie es tun wollen. Vielmehrüssen wir die notwendigen Kennziffern vorgeben, dieotwendigen Anforderungen maßvoll formulieren unden Menschen den Ermessensspielraum geben, auf wel-he Art und Weise sie das umsetzen. Das führt einerseitsu mehr Akzeptanz und andererseits zwangsläufig zu
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. Februar 2012 18811
Volkmar Vogel
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durchaus wirtschaftlichen Lösungen, die nicht immer mitFördermitteln und Zuschüssen einhergehen müssen.Damit bin ich beim nächsten Thema, bei den Förder-mitteln und dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm; daswurde oft angesprochen.Ich möchte an dieser Stelle eines klarstellen: DasCO2-Gebäudesanierungsprogramm wäre 2011 ausgelau-fen. Die christlich-liberale Koalition hat vereinbart, die-ses Programm fortzuführen. Die Ausgestaltung des Pro-grammes war in den vergangenen Jahren maßgeblichdadurch bestimmt, dass Mittel aus den Folgejahren vor-gezogen bzw. durch neue Schulden, die wir im Rahmender Konjunkturprogramme machen mussten, finanziertworden sind. Das hatte zur Folge, dass Ende 2011 nurnoch rund 400 Millionen Euro zur Verfügung standen.Die Mittel haben wir im vergangenen Jahr auf fast 1 Mil-liarde Euro aufgestockt. Wir werden das Programm indiesem Jahr und auch in den nächsten Jahren mithilfe derEinnahmen aus dem Energie- und Klimafondsuns ist das unsozial. Es schadet den Menschen und führtzu Verweigerungen. Deswegen werden wir als christ-lich-liberale Koalition die Balance zwischen maßvollerVerpflichtung auf der einen Seite und entsprechendenAnreizen auf der anderen Seite halten. Dazu gehörenauch steuerliche Anreize. Unser Beschluss hier im Bun-destag sieht vor, solche Anreize zu geben. Ich appellierean dieser Stelle an die Bundesländer, im Rahmen ihrerMöglichkeiten einen Beitrag zu leisten und entspre-chende Anreize für die Bürger in unserem Land zu set-zen.
Ein Wort zum Schluss. Für mich lautet die Erkenntnisaus der heutigen Debatte: Das Einzige, was heute von-seiten der Opposition vielleicht zur Verbesserung derEnergiebilanz beigetragen hat, ist die heiße Luft, die sie
– in voller Höhe –
oder mithilfe von Vorschüssen fortführen, die wir imRahmen der Haushaltsführung bewilligen werden.
Lassen Sie mich zusammenfassend sagen:
Zwang ist sicherlich das einfachste Mittel, Tatkraft zubeweisen und sich als handlungsfähig darzustellen. Fürvnru9s
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
ung.
Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages be-
fe ich auf morgen, Donnerstag, den 9. Februar 2012,
Uhr, ein.
Genießen Sie den Abend und die gewonnenen Ein-
ichten.
Die Sitzung ist geschlossen.