Protokoll:
17133

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 133

  • date_rangeDatum: 20. Oktober 2011

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:52 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/133 Deutschland, Europa und den Partner- ländern (Drucksache 17/7353) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für eine gerechte und entwick- lungsförderliche internationale Roh- stoffpolitik (Drucksachen 17/6153, 17/7151) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan 15642 C 15642 D 15653 D 15655 A 15656 B 15657 B 15658 C 15659 C Deutscher B Stenografisc 133. Si Berlin, Donnerstag, d I n h a Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Sibylle Pfeiffer und Willi Brase . . . . . Wahl der Abgeordneten Dr. Peter Tauber und Dr. Johann Wadephul als Schriftführer Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 3 . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Wirtschafts- und Außenpolitik für eine sichere Rohstoffversorgung – Wachstum und Arbeitsplätze in 15641 A 15641 B 15641 B 15642 B 15642 C Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zehnter Bericht der Bundesregierung über die Aktivitäten des Gemeinsamen Fonds undestag her Bericht tzung en 20. Oktober 2011 l t : für Rohstoffe und der einzelnen Rohstoff- abkommen (Drucksache 17/3817) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 15642 D 15643 A 15644 B 15646 B 15648 A 15649 B 15650 A 15651 A 15652 A van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christin Buchholz, weiterer Abgeordneter un der Fraktion DIE LINKE: Expor von Kriegswaffen und sonstige e d te n II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 Rüstungsgütern nach Ägypten end- gültig stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Libyen end- gültig stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Syrien endgül- tig stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Tunesien end- gültig stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Oman stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in den Jemen stop- pen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in die Vereinigten Arabischen Emirate stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Saudi-Ara- bien stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Israel stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Marokko stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in den Libanon stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Kuwait stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Jordanien stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Bahrain stop- pen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Katar stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüs- tungsgütern nach Algerien stoppen (Drucksachen 17/5935, 17/5936, 17/5937, 17/5938, 17/5939, 17/5940, 17/5941, 17/5942, 17/5943, 17/5944, 17/5945, 17/5946, 17/5947, 17/5948, 17/5949, 17/5950, 17/6335) . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Fraktion der SPD: Keine Libe- ralisierung von Rüstungsexporten – Für die Einhaltung und Stärkung einer re- striktiven Rüstungsexportpolitik (Drucksache 17/7336) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Hans-Christian Ströbele, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rüstungs- 15660 C 15661 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 III exporte nicht zu Lasten von Menschen- rechten genehmigen (Drucksache 17/6931) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Agnes Malczak, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Den Rüstungs- exportbericht 2010 unverzüglich vorlegen und künftig ausführlicher gestalten (Drucksache 17/7355) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse Tagesordnungspunkt 31: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des EG-Verbraucher- schutzdurchsetzungsgesetzes und zur Änderung des Unterlassungsklagenge- setzes (Drucksache 17/7235) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes über die Feststellung des 15661 D 15661 D 15662 A 15663 A 15664 A 15665 C 15666 D 15668 A 15670 A 15670 D 15672 D 15673 C 15674 D 15675 C 15675 D 15677 B 15677 D 15678 B 15679 A 15680 A 15681 A 15817 B, 15820 A, 15822 B, 15825 A, 15827 B, 15830 A, 15832 B, 15835 A, 15837 B, 15840 A, 15842 B, 15845 A, 15847 B, 15850 A, 15852 B, 15855 A, 15857 B, 15860 A 15681 D Wirtschaftsplans des ERP-Sonderver- mögens für das Jahr 2012 (ERP-Wirt- schaftsplangesetz 2012) (Drucksache 17/7236) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 17. Juni 2010 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und dem Mi- nisterrat der Republik Albanien über die Seeschifffahrt (Drucksache 17/7237) . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neufassung des Erdölbevorra- tungsgesetzes und zur Änderung des Mineralöldatengesetzes (Drucksache 17/7273) . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Vergaberechts für die Bereiche Verteidigung und Sicher- heit (Drucksache 17/7275) . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 3. Februar 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Spa- nien zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung und zur Verhinderung der Steu- erverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 17/7318) . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ausgleich für Radargeschädigte der Bundeswehr und der ehemaligen NVA (Drucksache 17/7354) . . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag der Abgeordneten Ewa Klamt, Albert Rupprecht (Weiden), Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Peter Röhlinger, Dr. Martin Neumann (Lausitz), Sylvia Canel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Forschung zur Siche- rung der weltweiten Ernährung (Drucksache 17/6504) . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Memet Kilic, Beate Müller-Gemmeke, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion 15681 D 15681 D 15682 A 15682 A 15682 A 15682 B 15682 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu den Vorschlägen der Europäischen Kom- mission für eine Richtlinie des Europäi- schen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehö- rigen im Rahmen einer konzerninter- nen Entsendung (KOM(2010) 378 endg.) hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Ab- satz 4 des Gesetzes über die Zusammen- arbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenhei- ten der Europäischen Union Richtlinie zur konzerninternen Entsen- dung grundsätzlich überarbeiten (Drucksache 17/4885) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Beate Müller- Gemmeke, Fritz Kuhn, Memet Kilic, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu den Vorschlägen der Europäischen Kom- mission für eine Richtlinie des Europäi- schen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehö- rigen zwecks Ausübung einer saisonalen Beschäftigung (KOM(2010) 379 endg.) hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i.V.m. § 9 Ab- satz 4 des Gesetzes über die Zusammen- arbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenhei- ten der Europäischen Union Rechte der Saisonarbeitskräfte stärken (Drucksache 17/5234) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 6. April 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Al- banien zur Vermeidung der Doppel- besteuerung und der Steuerverkür- zung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermö- gen (Drucksache 17/6613) . . . . . . . . . . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 29. De- zember 2010 zur Änderung des Ab- 15682 C 15682 D 15683 A kommens vom 24. August 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 17/6614, 17/7300) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg), Dr. Frithjof Schmidt, Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: EU-Bei- trittsverhandlungen mit der Türkei wiederbeleben (Drucksachen 17/5042, 17/7385) . . . . . . . c)–h) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 318, 319, 320, 321, 322 und 323 zu Petitionen (Drucksachen 17/7201, 17/7202, 17/7203, 17/7204, 17/7205, 17/7206) . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- nen der CDU/CSU und FDP: Brandan- schlagserie auf Bahnanlagen und links- extremistisch motivierte Gewalt . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Vereinbar- 15683 A 15683 C 15683 D 15684 B 15684 C 15685 D 15687 B 15688 B 15689 C 15691 A 15692 C 15694 A 15695 B 15696 C 15697 B 15698 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 V keit von Pflege und Beruf (Drucksachen 17/6000, 17/7387) . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/7388) . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin Senger-Schäfer, Dr. Martina Bunge, Matthias W. Birkwald, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bezahlte Pflegezeit einfüh- ren – Organisation der Pflege si- cherstellen – zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf verbessern – Pfle- gende Bezugspersonen wirksam ent- lasten und unterstützen (Drucksachen 17/1754, 17/1434, 17/7391) Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Ulrike Gottschalck, Heinz Paula, Sören Bartol, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Schlichtung für Luftfahrtunternehmen verkehrsträger- übergreifend einführen (Drucksache 17/7337) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15699 D 15700 A 15700 A 15700 B 15701 D 15702 D 15703 D 15704 D 15706 A 15707 A 15708 A 15709 A 15710 B 15710 B 15711 C 15712 D 15713 D 15714 C 15716 A Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien zu dem An- trag der Abgeordneten Michael Kretschmer, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Arnold Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Siegmund Ehrmann, Sören Bartol, Martin Dörmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Patrick Kurth (Kyffhäuser), Reiner Deutschmann, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP so- wie der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Josef Philip Winkler, Katrin Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Refor- mationsjubiläum im Jahre 2017 – Ein Er- eignis von Weltrang (Drucksachen 17/6465, 17/7219) . . . . . . . . . . Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident (Sachsen-Anhalt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Iris Gleicke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzmarktwäch- ter im Verbraucherinteresse einrichten (Drucksache 17/6503) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15716 B 15716 B 15717 B 15718 B 15719 A 15720 A 15720 B 15721 D 15722 D 15723 C 15724 C 15725 D 15726 D 15727 D 15728 C 15729 B 15729 C 15730 D 15732 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: a) Antrag der Abgeordneten Helmut Heiderich, Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Harald Leibrecht, Helga Daub, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Ländli- che Entwicklung und Ernährungs- sicherheit weltweit verbessern (Drucksache 17/7185) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Helmut Heiderich, Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Harald Leibrecht, Helga Daub, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Illegale Landnahme verhindern, Eigentumsfrei- heit schützen, Ernährungsgrundlage in Entwicklungsländern sichern (Drucksachen 17/5488, 17/5965) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Niema Movassat, Jan van Aken, Christine Buchholz, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine großflächige Landnahme und Spekulationen mit Land oder Agrarproduktion in den Ländern des Südens (Drucksachen 17/3541, 17/4820) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Erkenntnisse des Weltagrarberichtes zur Grundlage deutscher, europäischer und internatio- naler Agrar- und Entwicklungspolitik machen (Drucksachen 17/3542, 17/4490) . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 15733 D 15735 B 15736 A 15738 B 15739 C 15739 C 15739 D 15739 D 15740 A 15740 D Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: a) Antrag der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Für ei- nen Hochschulpakt Plus – Zusätzliche Studienplätze schaffen und Masteran- gebot ausbauen (Drucksache 17/7340) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Hochschulpakt 2020: Für mehr Studienplätze und gute Arbeitsbedin- gungen – Hochschulen sozial öffnen (Drucksache 17/7341) . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Yvonne Ploetz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Anette Kramme, Elke Ferner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Ausgren- zung stoppen – Alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Leistungsbe- zug des Asylbewerberleistungsgesetzes in das Bildungs- und Teilhabepaket einbezie- hen (Drucksachen 17/6455, 17/7278) . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 15742 D 15744 D 15745 D 15746 C 15747 D 15748 A 15748 A 15749 C 15750 D 15751 D 15753 B 15754 C 15755 D 15757 C 15757 D 15759 A 15760 B 15761 B 15762 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 VII Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Missbrauch von Werkverträgen verhin- dern – Lohndumping eindämmen (Drucksache 17/7220 (neu)) . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes (Drucksachen 17/7317, 17/7369) . . . . . . . . . . Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Franz-Josef Holzenkamp, Peter Altmaier, Cajus Caesar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Rainer Erdel, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Fischartenschutz voranbringen – Vordringliche Maßnahmen für ein Kormoranmanagement (Drucksache 17/7352) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cajus Caesar (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Holger Ortel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Än- derung des Bundesausbildungsförderungs- gesetzes (Drucksache 17/7334) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15763 C 15763 D 15764 C 15765 D 15767 A 15767 A 15768 C 15769 C 15770 C 15771 A 15772 A 15772 B 15773 C 15774 B 15775 C 15777 D 15777 C Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Antrag der Abgeordneten Alexander Süßmair, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tiertransporte verringern – Tierschutz verbessern (Drucksache 17/6913) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tierschutz bei Tiertranspor- ten verbessern (Drucksachen 17/5491, 17/5892) . . . . . . . Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Daniela Wagner, Elisabeth Scharfenberg, Tabea Rößner, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Der älter werden- den Gesellschaft gerecht werden – Barrie- ren in Wohnungen und im Wohnumfeld abbauen (Drucksache 17/7188) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Körber (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15777 D 15778 D 15780 B 15781 A 15782 A 15782 C 15784 A 15784 B 15784 C 15785 C 15786 D 15787 C 15788 A 15789 C 15789 D 15791 B 15792 C 15793 D 15795 C 15796 C VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Kornelia Möller, Inge Höger, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg schlie- ßen (Drucksache 17/5757) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Werner Schieder (Weiden) (SPD) . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Flächenverbrauch wirkungsvoll reduzieren (Drucksache 17/6502) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . Petra Müller (Aachen) (FDP) . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abge- ordneten Harald Weinberg, Katrin Werner, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verbot der Einfuhr, des Handels und der Verwendung von Steinprodukten, die durch ausbeuteri- sche Kinderarbeit hergestellt wurden (Drucksachen 17/5803, 17/7150) . . . . . . . . . . Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15797 A 15797 B 15798 A 15798 D 15799 C 15800 D 15801 D 15802 A 15802 D 15803 D 15805 A 15806 A 15807 A 15808 A 15809 B 15809 C 15811 A 15812 C 15813 B 15814 A 15815 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Ägypten endgültig stoppen (Drucksachen 17/5935, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 3 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Libyen endgültig stoppen (Drucksachen 17/5936, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 4 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Syrien endgültig stoppen (Drucksachen 17/5937, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 5 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Tunesien endgültig stoppen (Drucksachen 17/5938, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 6 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Oman endgültig stoppen (Drucksachen 17/5939, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 7 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Jemen endgültig stoppen (Drucksachen 17/5940, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 8 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern 15817 A 15817 B 15820 A 15822 B 15825 A 15827 B 15830 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 IX in die Vereinigten Arabischen Emirate end- gültig stoppen (Drucksachen 17/5941, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 9 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien endgültig stoppen (Drucksachen 17/5942, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 10 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Israel endgültig stoppen (Drucksachen 17/5943, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 11 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Marokko endgültig stoppen (Drucksachen 17/5944, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 12 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in den Libanon endgültig stoppen (Drucksachen 17/5945, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 13 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Kuwait endgültig stoppen (Drucksachen 17/5946, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 14 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Jordanien endgültig stoppen (Drucksachen 17/5947, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 15 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Bahrain endgültig stoppen (Drucksachen 17/5948, 17/6335) . . . . . . . . . . 15832 B 15835 A 15837 B 15840 A 15842 B 15845 A 15847 B 15850 A Anlage 16 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Katar endgültig stoppen (Drucksachen 17/5949, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 17 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Algerien endgültig stoppen (Drucksachen 17/5950, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 18 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag: Keine Libera- lisierung von Rüstungsexporten – Für die Ein- haltung und Stärkung einer restriktiven Rüs- tungsexportpolitik (Drucksachen 17/7336, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 19 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag: Rüstungsexporte nicht zu Lasten von Menschenrechten geneh- migen (Drucksachen 17/6931, 17/6335) . . . . . . . . . . Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Ausgrenzung stoppen – Alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Leistungsbezug des Asylbewerberleistungs- gesetzes in das Bildungs- und Teilhabepaket einbeziehen (Tagesordnungspunkt 12) Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Umsatzsteuergesetzes (Tagesord- nungspunkt 13) Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15852 B 15855 A 15857 B 15860 A 15862 B 15863 B 15864 B 15865 C 15866 B 15867 B 15867 D X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 Anlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Missbrauch von Werkverträgen verhindern – Lohndumping eindämmen (Ta- gesordnungspunkt 14) Ulrich Lange (CDU/CSU). . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Überein- kommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels (Ta- gesordnungspunkt 15) Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: 10 Jahre Frauen in der Bundes- wehr (Tagesordnungspunkt 16) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Investitionen in Antipersonen- minen und Streumunition gesetzlich verbieten und die steuerliche Förderung beenden (Ta- gesordnungspunkt 19) Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 15868 D 15869 C 15870 C 15871 B 15873 A 15873 D 15878 A 15879 A 15880 A 15881 A 15882 A 15882 D 15884 B 15885 B Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15875 D 15876 B 15876 D Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15886 A 15887 A 15888 A 15888 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15641 (A) (C) (D)(B) 133. Si Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9
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    (B) (D) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15817 (A) (C) (D)(B) Barchmann, Heinz- Joachim SPD 20.10.2011 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 20.10.2011 Jan van Aken Agnes Alpers Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Katrin Kunert Caren Lay Thomas Nord Petra Pau Ja DIE LINKE Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 20.10.2011 Groth, Annette DIE LINKE 20.10.2011 Hintze, Peter CDU/CSU 20.10.2011 Holmeier, Karl CDU/CSU 20.10.2011 Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 20.10.2011 Laurischk, Sibylle FDP 20.10.2011 Nahles, Andrea SPD 20.10.2011 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 20.10.2011 Anlage 2 Endgültiges Ergebnis der n über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und s stoppen (Drucksachen 17/5935, 17/6335) Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig 5 Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Schlecht, Michael DIE LINKE 20.10.2011 Simmling, Werner FDP 20.10.2011 Süßmair, Alexander DIE LINKE 20.10.2011 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 20.10.2011 Weinberg, Harald DIE LINKE 20.10.2011 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 20.10.2011 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 20.10.2011 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 20.10.2011 amentlichen Abstimmung onstigen Rüstungsgütern nach Ägypten endgültig Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Barnett, Doris SPD 20.10.2011 Bülow, Marco SPD 20.10.2011 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 20.10.2011 (Tuchenbach), Marlene Scheel, Christine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.10.2011 Rupprecht SPD 20.10.2011 Anlage 1 Abgeordnete(r) Aigner, Ilse CD Bär, Dorothee CD Liste der entschuldi entschuldigt bis einschließlich U/CSU 20.10.2011 U/CSU 20.10.2011 Anlagen zum S gten Abgeordneten Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD Rawert, Mechthild SPD Abgeordnete(r) tenografischen Bericht 20.10.2011 20.10.2011 entschuldigt bis einschließlich 15818 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15819 (A) (C) (D)(B) Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Joachim Poß Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott 15820 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Gregor Gysi Nein Alexander Funk Schwenningen)Dr. Stefan Kaufmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Heike Hänsel Ingo Gädechens Roderich Kiesewetter Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Anlage 3 über den Antrag: Expor pen (Drucksachen 17/593 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 311 enthalten: 199 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und son 6, 17/6335) Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland amentlichen Abstimmung stigen Rüstungsgütern nach Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Libyen endgültig stop- Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15821 (A) (C) (D)(B) Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann 15822 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Lars Klingbeil Michael Roth (Heringen) Kerstin Andreae Kerstin Müller (Köln) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Anlage 4 über den Antrag: Expor pen (Drucksachen 17/593 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 66 nein: 311 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja SPD Steffen-Claudio Lemme Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und son 7, 17/6335) DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler amentlichen Abstimmung stigen Rüstungsgütern nach Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Syrien endgültig stop- Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Hans-Ulrich Klose Anton Schaaf Marieluise Beck (Bremen) Beate Müller-Gemmeke Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15823 (A) (C) (D)(B) Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil 15824 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15825 (A) (C) (D)(B) Nicole Gohlke Katrin Werner Dr. Michael Fuchs Volker Kauder Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Diana Golze Nein Hans-Joachim Fuchtel Siegfried Kauder (Villingen- Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Anlage 5 über den Antrag: Expo stoppen (Drucksachen 17 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Endgültiges Ergebnis der n rte von Kriegswaffen und s /5938, 17/6335) Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin amentlichen Abstimmung onstigen Rüstungsgütern na Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler ch Tunesien endgültig Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster 15826 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15827 (A) (C) (D)(B) Lars Klingbeil Anton Schaaf Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Beate Müller-Gemmeke Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Anlage 6 über den Antrag: Expor pen (Drucksachen 17/593 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und son 9, 17/6335) Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink amentlichen Abstimmung stigen Rüstungsgütern nach Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Oman endgültig stop- Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Bärbel Kofler Axel Schäfer (Bochum) Cornelia Behm Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) 15828 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15829 (A) (C) (D)(B) Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus 15830 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Rosemarie Hein Peter Altmaier Eberhard Gienger Axel Knoerig Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers Inge Höger Dr. Barbara Höll Peter Aumer Thomas Bareiß Michael Glos Josef Göppel Jens Koeppen Manfred Kolbe Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Anlage 7 über den Antrag: Expor pen (Drucksachen 17/594 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 311 enthalten: 199 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und son 0, 17/6335) Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin amentlichen Abstimmung stigen Rüstungsgütern nach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Jemen endgültig stop- Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15831 (A) (C) (D)(B) Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) 15832 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Omid Nouripour Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Anlage 8 über den Antrag: Expor schen Emirate endgültig Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und so stoppen (Drucksachen 17/59 Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy amentlichen Abstimmung nstigen Rüstungsgütern in 41, 17/6335) Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler die Vereinigten Arabi- Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Dr. Karl Lauterbach Carsten Schneider (Erfurt) Katja Dörner Friedrich Ostendorff Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15833 (A) (C) (D)(B) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring 15834 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15835 (A) (C) (D)(B) Dr. Barbara Höll Norbert Barthle Dr. Wolfgang Götzer Michael Kretschmer Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Andrej Hunko Ulla Jelpke Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck Ute Granold Reinhard Grindel Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Anlage 9 über den Antrag: Export tig stoppen (Drucksachen Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 167 ungültig: 6 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Endgültiges Ergebnis der n e von Kriegswaffen und son 17/5942, 17/6335) Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner amentlichen Abstimmung stigen Rüstungsgütern nach Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Saudi-Arabien endgül- Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey 15836 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15837 (A) (C) (D)(B) Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Hermann E. Ott Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Anlage 10 über den Antrag: Expor pen (Drucksachen 17/594 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 322 enthalten: 188 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und so 3, 17/6335) Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs amentlichen Abstimmung nstigen Rüstungsgütern nach Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Israel endgültig stop- Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Kirsten Lühmann Frank Schwabe Dr. Thomas Gambke Lisa Paus Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff 15838 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose Johannes Pflug FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15839 (A) (C) (D)(B) Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Dr. Thomas Gambke Katrin Göring-Eckardt Jerzy Montag Dr. Konstantin von Notz Tabea Rößner Daniela Wagner Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Kai Gehring Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus 15840 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Diana Golze Dr. Thomas Gebhart Ewa Klamt Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Gregor Gysi CDU/CSU Norbert GeisAlois Gerig Volkmar Klein Jürgen Klimke Brigitte Pothmer Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Anlage 11 über den Antrag: Expor stoppen (Drucksachen 17 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 66 nein: 312 enthalten: 197 ungültig: 5 Ja SPD Steffen-Claudio Lemme DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und s /5944, 17/6335) Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Wolfgang Wieland amentlichen Abstimmung onstigen Rüstungsgütern na Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler ch Marokko endgültig Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15841 (A) (C) (D)(B) Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks 15842 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Viola von Cramon-Taubadel Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Anlage 12 über den Antrag: Expor stoppen (Drucksachen 17 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 311 enthalten: 199 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und so /5945, 17/6335) Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink amentlichen Abstimmung nstigen Rüstungsgütern in Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler den Libanon endgültig Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Christine Lambrecht Silvia Schmidt (Eisleben) Ekin Deligöz Friedrich Ostendorff Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15843 (A) (C) (D)(B) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans 15844 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15845 (A) (C) (D)(B) Dr. Barbara Höll Günter Baumann Ute Granold Dr. Günter Krings Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Andrej Hunko Ulla Jelpke Ernst-Reinhard Beck Reinhard Grindel Hermann Gröhe Rüdiger Kruse Bettina Kudla Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Anlage 13 über den Antrag: Export pen (Drucksachen 17/594 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Endgültiges Ergebnis der n e von Kriegswaffen und son 6, 17/6335) Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner amentlichen Abstimmung stigen Rüstungsgütern nach Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Kuwait endgültig stop- Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer 15846 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15847 (A) (C) (D)(B) Caren Marks Frank Schwabe Dr. Thomas Gambke Lisa Paus Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Anlage 14 über den Antrag: Expor stoppen (Drucksachen 17 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 66 nein: 312 enthalten: 197 ungültig: 5 Ja SPD Steffen-Claudio Lemme DIE LINKE Jan van Aken Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Endgültiges Ergebnis der n te von Kriegswaffen und so /5947, 17/6335) Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl amentlichen Abstimmung nstigen Rüstungsgütern nac Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler h Jordanien endgültig Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Katja Mast Dr. Martin Schwanholz Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Brigitte Pothmer Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott 15848 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15849 (A) (C) (D)(B) Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler 15850 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Cajus Caesar Gitta Connemann Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Franz Obermeier Eduard Oswald Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ulrich Maurer Alexander Dobrindt Hans-Werner Kammer Henning Otte Anlage 15 über den Antrag: Export pen (Drucksachen 17/594 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Endgültiges Ergebnis der n e von Kriegswaffen und sons 8, 17/6335) Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus amentlichen Abstimmung tigen Rüstungsgütern nach B Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) ahrain endgültig stop- Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15851 (A) (C) (D)(B) Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel 15852 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Martin Schwanholz Cornelia Behm Renate Künast Wolfgang Wieland pen (Drucksachen 17/594 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich 9, 17/6335) Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Stefan Schwartze Viola von Cramon-Taubadel Monika Lazar Josef Philip Winkler Anlage 16 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag: Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Katar endgültig stop- Rolf Schwanitz Birgitt Bender Markus Kurth Dr. Valerie Wilms Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15853 (A) (C) (D)(B) Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) 15854 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Martin Burkert Petra Crone Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15855 (A) (C) (D)(B) Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Cajus Caesar Gitta Connemann Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Franz Obermeier Eduard Oswald Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ulrich Maurer Alexander Dobrindt Hans-Werner Kammer Henning Otte Anlage 17 über den Antrag: Expo stoppen (Drucksachen 17 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 65 nein: 312 enthalten: 198 ungültig: 5 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Endgültiges Ergebnis der n rte von Kriegswaffen und s /5950, 17/6335) Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus amentlichen Abstimmung onstigen Rüstungsgütern na Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) ch Algerien endgültig Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein 15856 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Heinz-Joachim Barchmann Hans-Ulrich Klose FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15857 (A) (C) (D)(B) Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Cornelia Behm Birgitt Bender Renate Künast Markus Kurth Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 201 nein: 312 enthalten: 62 ungültig: 5 Ja SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Anlage 18 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag: Keine Liberalisierung von Rüstungsexporten – Für die Einhaltung und Stärkung einer restriktiven Rüstungsexportpolitik (Drucksache 17/7336) Stefan Schwartze Viola von Cramon-Taubadel Monika Lazar Josef Philip Winkler Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner 15858 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE Dr. Lukrezia Jochimsen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15859 (A) (C) (D)(B) Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) DIE LINKE Jan van Aken Dr. Rosemarie Hein Thomas Lutze Enthalten CDU/CSU Dr. Norbert Lammert Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner Henning Otte Stefanie Vogelsang Holger Krestel DIE LINKE 15860 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Iris Gleicke Günter Gloser Dr. Sascha Raabe Stefan Rebmann Dr. Dagmar Enkelmann Cornelia Behm Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Ulrike Gottschalck Gerold Reichenbach Klaus Ernst Birgitt Bender Anlage 19 über den Antrag: Rüstu 17/6931) Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 265 nein: 309 enthalten: 1 ungültig: 5 Ja SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Endgültiges Ergebnis der n ngsexporte nicht zu Lasten Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Florian Pronold amentlichen Abstimmung von Menschenrechten gen Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus ehmigen (Drucksache Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Katrin Werner BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15861 (A) (C) (D)(B) Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Till Seiler Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Nein CDU/CSU Peter Altmaier Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Olav Gutting Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) 15862 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Zu Protokoll gegebene Rede Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht – kann und zur Beratung des Antra pen – Alle Kinder, Jug Erwachsenen im Leistu werberleistungsgesetzes Teilhabepaket einbezie punkt 12) Diana Golze (DIE LINK ob Kinder, die Leistungen n tungsgesetz beziehen, auch A Bildungs- und Teilhabepak durch den Bundesrat neuen unserer Sicht ist es notwendi dieser Fragen abschließend an es darum, einen sehr folgens der Bundesregierung bei de sätze im ALG II zu korrigie überfällige bundesrechtliche dieser Kinder zu treffen. Das Bundesverfassungsge satzentscheidung vom Februa Grundrecht auf Existenzminim dass Bedarfe realitätsgerech stimmt und Bedürfnisse von K achtet werden müssen. Einig Brandenburg und Hamburg jetzt auch im Rahmen von § 3 gs: Ausgrenzung stop- endlichen und jungen ngsbezug des Asylbe- in das Bildungs- und hen (Tagesordnungs- E): Die Diskussion darum, ach dem Asylbewerberleis- nspruch auf Mittel aus dem et haben, hat inzwischen Auftrieb bekommen. Aus g, dass der Bundestag sich nimmt. Denn letztlich geht chweren politischen Fehler r Neuregelung der Regel- ren und endlich auch eine Regelung für die Bedarfe richt hat in seiner Grund- r 2010 ausgeführt, dass das um für alle Menschen gilt, t und nachvollziehbar be- indern dabei besonders be- e Bundesländer wie Berlin, gewähren deshalb bereits Asylbewerberleistungsge- farblichen Ausrichtung der j abhängen, sondern braucht ein lung. Eine Debatte hier wird ab dem Hintergrund wichtig, da geriert, dass durch die Einbe einzige noch bestehende Ung dem sehr allumfassenden Ti pen“ wird zwar durchaus die gelung aufgehoben, dass es im nen liegt, ob Kinder aus Asy Mitteln des Bildungs- und können. Gleichzeitig wird abe letzte Bastion der Ungleichh ist auch im Jahr 2011 nicht so Asylbewerberleistungsgesetz sungswidrig ermittelt und wu somit auch nicht die Regellei 1993! Die Damen und Herren vo geben, dass man unter diese mal ansatzweise davon reden reitstellung des Bildungs- bestehende Ausgrenzung ge bzw. willkürlich festgelegter 20 Jahren jede Teuerung u eweiligen Landesregierung e bundeseinheitliche Rege- er auch und vor allem vor ss der Antrag der SPD sug- ziehung dieser Kinder die leichheit gebannt wäre. Mit telteil „Ausgrenzung stop- bestehende ungerechte Re- Gutdünken von Kommu- lbewerberfamilien von den Teilhabepaketes profitieren r suggeriert, dass damit die eit gefallen sei. Doch dem . Die Leistungen nach dem sind und bleiben verfas- rden seit 1993 nicht erhöht, stungen für die Kinder. Seit n der SPD müssen doch zu- m Gesichtspunkt nicht ein- kann, dass durch die Be- und Teilhabepaketes nun stoppt ist. Ein freihändig Regelsatz, an dem seit fast nd Preissteigerung spurlos darf nicht vom Willen einzelner Bundesländer oder der Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher Marco Buschmann Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Anlage 20 Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten CDU/CSU Dr. Norbert Lammert setz einen uneingeschränkten Zugang zum Teilhabe- paket. Die Sicherung von Teilhabe aber – auch das hat das Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15863 (A) (C) (D)(B) vorbeigegangen ist, muss zwangsläufig zu Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben führen, denn er hat mit dem, was Kinder – und vielleicht sogar erst recht Kinder aus Asylbewerberfamilien mit ihren besonderen zusätz- lichen Bedarfen – brauchen, nichts zu tun. Und nun wird hier mit einem Bildungs- und Teilhabepaket eine Ge- rechtigkeit herbeigeredet, die man bei genauerer Be- trachtung maximal als einen ersten kleinen Schritt zu ei- nem ausgrenzungsfreien Aufwachsen dieser Kinder bezeichnen könnte. Wir stimmen dem Antrag zu, weil er eine bestehende, grundrechtswidrige Diskriminierung von Flüchtlingskin- dern beseitigen will. Allerdings kritisiert die Linke auch weiterhin sowohl das Bildungspaket als auch das Asyl- bewerberleistungsgesetz, das eine verfassungswidrige Unterversorgung von Menschen mit ungesichertem Auf- enthaltsstatus zum Zwecke der Abschreckung vorsieht. Sinnvoller wäre es, die SPD setzte sich – wie die Linke – für eine Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzes ein. Allerdings hat die SPD das AsylbLG im Jahr 1993 mehrheitlich mitbe- schlossen und an diversen Verschärfungen in der Folge- zeit mitgewirkt – so übrigens auch die Grünen bei der Ausweitung des Asylbewerberleistungsgesetzes zum Beispiel auf Menschen mit humanitärer Aufenthaltser- laubnis durch das Zuwanderungsgesetz 2005. Aber viel- leicht gibt es ja auch in diesem Punkt ein Umdenken. Stehen bleibt der Skandal, dass die Bundesregierung bis heute nicht die Konsequenzen aus dem Bundesverfas- sungsgerichtsurteil vom Februar 2010 für die Leistungs- berechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ge- zogen hat – obwohl sie dessen Verfassungswidrigkeit längst eingestanden hat. Die Bundesregierung spielt of- fenkundig auf Zeit und gibt seit Monaten nur noch vor, eine Neuberechnung der Leistungen zu „prüfen“. Sie spielt weiter mit der Gesundheit und dem Wohl und dem guten Aufwachsen von Kindern – das muss ein Ende ha- ben. Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dritten Geset- zes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Tagesordnungspunkt 13) Manfred Kolbe (CDU/CSU): Vor 29 Tagen haben wir hier an dieser Stelle das heute zu beschließende Dritte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes in erster Lesung beraten. In dieser kurzen Zeit hatten wir eine Anhörung und Ausschussberatung zu dieser Geset- zesänderung, mit der wir dauerhaft kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland unterstützen und dem Be- trug in der Umsatzsteuer vorbeugen. Vom Bürokra- tiemonster Deutschland kann hier keine Rede sein. Zugestehen muss ich aber, dass die vorliegende Drucksache nur eine Änderung im Umsatzsteuergesetz beinhaltet, die aber enorm wichtig für kleine und mittel- ständische Betriebe ist. In § 20 UStG wird dauerhaft ein- geführt, dass für Betriebe mit einem Gesamtumsatz pro Jahr von weniger als 500 000 Euro die sogenannte Ist- besteuerung gilt. Lassen Sie mich diesen Begriff kurz er- klären: Regelungsinhalt: Generell gilt die sogenannte Sollbe- steuerung, das heißt, die Unternehmer sind verpflichtet, die Umsatzsteuer nach Rechnungslegung aufgrund der vereinbarten Entgelte an das Finanzamt abzuführen, ohne dass sie eventuell das Geld von ihren Kunden be- reits erhalten haben. Dies kann zu Liquiditätsengpässen insbesondere bei klein- und mittelständischen Unterneh- men führen, da der Kunde erst nach Rechnungsstellung und dann teilweise später oder gar nicht zahlt. Insbeson- dere kleinere Handwerker-, Handels- und Gewerbebe- triebe würden darunter leiden. Wirtschaftsförderung: Erstmals wurde mit dem Jahres- steuergesetz 1996 zur Stärkung der Wachstums- und Be- schäftigungsgrundlagen kleinerer und mittlerer Unter- nehmen in den östlichen Ländern für eine Übergangszeit die Umsatzgrenze für die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten von dato 250 000 D-Mark auf 1 000 000 D-Mark angehoben. Dadurch sollte eine Ver- besserung der Liquiditätslage dieser Unternehmen erreicht werden. Die Beschränkung auf die östlichen Länder wurde wegen der oft ungünstigen Eigenkapitalausstattung der in der Aufbauphase stehenden Unternehmen für erforder- lich gehalten. Für die westlichen Länder wurde die Grenze von 250 000 D-Mark aufrechterhalten. Mit dem Jahressteuergesetz 1999 wurde diese Sonderregelung-Ost um weitere fünf Jahre verlängert. Die Grenzbeträge von 250 000 D-Mark (West) und 1 000 000 D-Mark (Ost) wurden dann durch das Steuer-Euro-Glättungsgesetz vom 19. Dezember 2000 auf 125 000 Euro (West) bzw. 500 000 Euro (Ost) umgerechnet. Der Betrag von 125 000 Euro wurde dann mit Wir- kung vom 1. Juli 2006 durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 auf 250 000 Euro angehoben und die er- höhte Grenze von 500 000 Euro für Unternehmer in den neuen Bundesländern wurde bis 2009 verlängert. Mit dem Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichti- gung von Vorsorgeaufwendungen – Bürgerentlastungs- gesetz Krankenversicherung – vom 16. Juli 2009 wurde dann geregelt, dass die bisher nur für Unternehmer in den neuen Bundesländern maßgebliche erhöhte Umsatz- grenze von 500 000 Euro vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2011 auch für die alten Bundesländer gilt. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte bereits im Sommer 2009 für die Ausweitung der sogenannten Ist- besteuerung als Dauerrecht votiert. Die Umsetzung wurde damals allerdings von Bundesfinanzminister Steinbrück und der SPD verhindert. Ohne unser jetziges gesetzgeberisches Handeln wäre diese Sonderregelung ausgelaufen und die Einführung der geringeren allgemeinen Umsatzgrenze in Höhe von 250 000 Euro würde für Tausende deutsche Unternehmen mit Liquiditätsengpässen verbunden sein. Allein 25 Pro- zent der Onlinehändler haben unter 500 000 Euro Jah- resumsatz, 60 Prozent bieten Rechnungszahlung an. 15864 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Die christlich-liberale Koalition hat sich deshalb ent- schieden, dauerhaft und deutschlandweit die Umsatz- grenze für Istbesteuerung auf 500 000 Euro festzulegen. Durch diese unbefristete Regelung schaffen wir Rechts- sicherheit für Unternehmen und die Finanzverwaltungen. Dies stärkt die kleinen und mittelständischen Unterneh- men in Deutschland, die Träger unserer Volkswirtschaft sind. Wir tragen damit einmal mehr zu Bürokratieabbau in Deutschland bei. Auch in der durchgeführten Anhö- rung und in den Medien hat sich einhellig Lob für dieses Gesetz gezeigt. „Dies ist ein richtiger Schritt.“ war die einstimmige Meinung. Verringerung Umsatzsteuerbetrug: Weiterhin beugen wir somit dauerhaft dem Umsatzsteuerbetrug vor. Die Umsatzsteuer muss jetzt nur abgeführt werden, wenn der volle Brutto-Rechnungsbetrag beim Unternehmer durch den Kunden gezahlt wurde. Somit ist ein erstellter Rech- nungsbetrag auch dann mit einer wirklichen Zahlung und einem Kontenbeleg nachweisbar. Die Erstellung von Scheinrechnungen wird somit erschwert und auch der Betrug beim Erhalt der Vorsteuer wird geschmälert, da der Empfänger der Leistung erst dann die Vorsteuer gel- tend machen kann beim Finanzamt, wenn er die Rech- nung des Lieferanten bezahlt und dieser die Umsatz- steuer an den Fiskus abgeführt hat. Die Belastungen für die Haushalte der Länder und des Bundes schlagen im Jahr 2012 nur kassenmäßig mit ge- schätzten Mindereinnahmen in Höhe von circa 1,1 Mil- liarden Euro zu Buche, da sich die Einnahme der Um- satzsteuer nur in die Folgemonate und -jahre verlagert. Wir zahlen lediglich Zinsen für Kassenkredite, aber dies sollte uns das wert sein, dass wir unsere deutschen Mit- telstand weiter unterstützen. Abschließend darf ich noch feststellen, dass Unter- nehmen und die Finanzverwaltungen keine Unterschiede beim Jahreswechsel spüren werden, da sich die Rechts- lage grundsätzlich nicht ändert, sondern nur von einem befristeten in einen unbefristeten Zustand gebracht wird. Das vorliegende ist Gesetz ist aus meiner Sicht ein Musterbeispiel für Wirtschaftsförderung, Bürokratieab- bau und der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges. Nehmen wir dieses zum Muster für weitere ähnliche Ge- setze. Antje Tillmann (CDU/CSU): Ich weiß nicht, wie oft es das im Finanzausschuss des Bundestags in Steuerthe- men in der Vergangenheit gegeben hat. Gestern jeden- falls war wieder einer dieser denkwürdigen Momente. Wir haben die Beibehaltung der Istbesteuerung in der Umsatzsteuer für Unternehmen bis 500 000 Euro Um- satz einstimmig angenommen und empfehlen dem Ple- num, sich dieser seltenen Einmütigkeit ebenfalls anzu- schließen. Erstens. Keine Steuerausfälle, und das, obwohl es bei der derzeitigen Situation der Haushalte von Bund und Ländern nicht einfach ist, ein Gesetz zu verabschieden, das laut Gesetzestableau 1,1 Milliarden Euro Steueraus- fälle ausweist. Tatsächlich handelt es sich aber nicht um Steueraus- fälle. Zwar sind im Finanztableau des Gesetzentwurfs 1,1 Milliarden als Mindereinnahmen ausgewiesen; das hängt mit geltendem Haushaltsrecht zusammen. Die er- wähnten 1,1 Milliarden, die aufgrund des geplanten Aus- laufens der Istbesteuerung zum 31. Dezember 2011 für das Jahr 2012 eingeplant waren, sind nun für 2013 ein- zuplanen. Nämlich dann, wenn Rechnungen beglichen sind und Umsatzsteuer tatsächlich abgeführt ist. Bei der Verschiebung handelt es sich also um wenige Monate. Das ist die Kehrseite des breit unterstützten Liquidi- tätsvorteils, den wir kleinen und mittleren Unternehmen gewähren wollen. Dem Staat selbst fließt die Liquidität dann später zu. Zweitens. Wiederholte Fristverlängerung sinnlos. Der Bundesrat hatte eine Verlängerung der begünstigenden Regelung um ein Jahr vorgeschlagen. Eine nochmalige einjährige Verlängerung macht jedoch nur dann Sinn, wenn wir die Regelung in einem Jahr tatsächlich auslau- fen lassen und nicht wieder verlängern. Was soll sich aber an der Situation für den Staat oder die Unternehmen zum 31. Dezember 2012 verbessern? Die Situation der Haushalte aller drei Ebenen wird un- verändert sein, und die Unternehmen brauchen Pla- nungssicherheit. Sie können ihre Aufträge nicht so, wie es sich für ei- nen ordentlichen Unternehmer gehört, planen, wenn sie von Jahr zu Jahr spekulieren müssen, ob eine für sie günstige Regel nun ausläuft oder doch verlängert wird. Vergessen dürfen wir nicht, dass unsere Unternehmen in erster Linie auch Arbeitgeber sind. Eine erneute Befristung bis zum 31. Dezember 2012 würde nur dazu führen, dass wir dieselbe Diskussion in einem Jahr wieder führen und uns bei abflauender Kon- junktur erst recht wiederum für eine Verlängerung aus- sprechen werden. Ich weiß also nicht, welche Argu- mente in einem Jahr dann anders sein und gegen eine nochmalige Verlängerung sprechen sollten. Es wundert daher auch nicht, dass sich in der Anhö- rung kein einziger Sachverständiger gegen die dauer- hafte Entfristung ausgesprochen hat. Vielmehr beschei- nigt uns die Deutsche Steuergewerkschaft, dass wir die Unternehmen von unnötigem Umstellungs- und die Fi- nanzämter von entsprechendem Prüfungsaufwand be- freien. Hinzu kommt, dass natürlich der Unternehmer, der sich mit seinem Umsatz um 250 000 Euro bewegt, sehr genau überlegt, ob er ein weiteres Geschäft noch an- nimmt. Denn gerät er in die Sollbesteuerung, könnte dies sehr teuer für ihn werden, weil er die Umsatzsteuer vor- finanzieren müsste. Gegebenenfalls muss er einen Auf- trag sogar ablehnen, wenn es ihm nicht gelingt, neben den Materialien auch noch die Umsatzsteuer vorzufinan- zieren. Das kann aber nicht unser Ziel sein. Drittens. Endgültig entfristen. Da die bestehende Re- gelung sich in den vergangenen Jahren bewährt und in einem Bündel mit anderen Maßnahmen dazu geführt hat, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15865 (A) (C) (D)(B) dass Deutschland gestärkt und mit 2 Millionen Arbeits- losen weniger als 2005 aus der akuten Krise hervorge- gangen ist, wollen wir eine Verlängerung ohne Ablauf- datum. Viertens. Echte Hilfe für Unternehmen. Für die Un- ternehmen bedeutet die Regelung nicht nur die Siche- rung ihrer Liquidität. Gerade für kleine Unternehmen kann eine Besteuerung schon nach Leistungserbringung existenzbedrohlich werden. Das gilt für Existenzgrün- der, die die Umsatzsteuer nicht vorfinanzieren können, genauso wie für länger am Markt tätige Unternehmen, die einen Großauftrag möglicherweise deshalb ablehnen müssen, weil sie sich die Umsatzsteuer nicht „leisten“ können. Denn viele Unternehmen, insbesondere im Handwerk, verfügen nicht über die dafür erforderliche Kapitaldecke. Diese müssten sie dann kreditfinanzieren, was ihnen im Zweifel nicht einmal gelingen wird. Auch der Versandhandel ist zu nennen. Hier ist üb- lich, dem Kunden die Möglichkeit der Streckung auf viele Einzelraten zu ermöglichen. Die letzte Rate ist dann vielleicht erst nach zwei oder drei Jahren bezahlt. Die Umsatzsteuer wäre aber nach der Sollbesteuerung sofort nach Rechnungsversand abzuführen. Die meisten Neugründungen gibt es im Onlinehandel. Hier verzeich- nen 25 Prozent der Unternehmen Umsätze von unter 500 000 Euro. Fünftens. Neue Buchführungsgrenze seit 2007. Auf die Unternehmen kämen ohne Neuregelung nicht nur die Kosten der Vorfinanzierung der Umsatzsteuer, sondern auch zusätzliche Bürokratiekosten zu. Mit dem Ersten Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse haben wir 2007 im Rahmen der Existenzgründungsoffensive die Abgabenordnung geändert und die Grenze der Buchfüh- rungspflicht von 350 000 Euro auf 500 000 Euro herauf- gesetzt. Unternehmen mit geringerem Umsatz können seitdem auf die Einnahme-Überschuss-Rechnung zu- rückgreifen. Die Gesetzesbegründung weist ausdrück- lich darauf hin, dass die Maßnahme dem Bürokratieab- bau sowie dazu dienen soll, Existenzgründer von Buchführungspflichten zu entlasten. Es ist sinnvoll, sich bei der Höhe der Umsatzgrenzen an der Grenze der Buchführungspflicht zu orientieren, um die Wirkungen des Bürokratieabbaus voll beim Un- ternehmer ankommen zu lassen. Denn mit der Istbesteu- erung wird eben auch der Zweck verfolgt, keine weite- ren Aufzeichnungspflichten nur aus Gründen der Umsatzsteuer zu schaffen. Gerade auch diese Vereinfa- chung wurde von den Sachverständigen einhellig be- grüßt. Bei der Einnahme-Überschuss-Rechnung werden keine Forderungen, sondern nur reine Geldflüsse abge- bildet. Würde die Grenze der Istbesteuerung nun auf 250 000 Euro zurückfallen, müssten Kleinunternehmen wegen der dann geltenden Sollbesteuerung allein aus Gründen der Umsatzsteuer eine Buchführung einführen. Die Idee des Abbaus von Bürokratie würden wir damit in ihr Gegenteil verkehren. Sechstens. Es eilt. Wir werden nicht alle Tage von al- len Sachverständigen in Anhörungen für Vorhaben ge- lobt. Die Entfristung der Istbesteuerung wurde von allen Verbänden einhellig begrüßt. Zugegeben, wir sind mit diesem Vorhaben relativ spät dran. Da wir nun zu einem für die Unternehmen günstigen Ergebnis kommen, ist das nicht so schlimm. Aber auch diese Zeitschiene spricht gegen eine einjährige Befristung: Wir können den Unternehmen das nicht jedes Mal zumuten. Dass alle Beteiligten bemüht sind, das Gesetz jetzt so schnell wie möglich in trockenen Tüchern zu wissen, zeigt sich an dem nun vereinbarten verkürzten Verfah- ren. Der Bundesrat wird nicht erst im Dezember abstim- men, sondern bereits am 4. November. Ich hoffe, dass dies auch ein Signal für eine erfolgende Zustimmung ist. Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD): Liebe schwarz-gelbe Koalition: Das haben Sie gut gemacht! Es gab in dieser Legislaturperiode bisher sehr wenig Grund, das zu sagen, daher noch einmal: Das haben Sie gut ge- macht! Dies ist kein großer Entwurf, dies ist keine systemati- sche Neuordnung der Mehrwertsteuerermäßigung, dies ist keine im Koalitionsvertrag vereinbarte Umstellung auf die Istbesteuerung auf der Leistungserbringer- und der Leistungsempfängerseite. Dies ist kein Gesetz zur Bekämpfung des Steuerbetrugs. Aber: Es ist ein richti- ges Gesetz. Das gilt es besonders hervorzuheben. Mit dem Gesetz wird die Befristung bis Ende 2011 aufgehoben, die für die Anwendung der Istbesteuerung für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 000 Euro gilt. Solche Unternehmen können also zu- künftig ohne Befristung in der Zukunft die Istbesteue- rung anwenden, wenn sie das wünschen. Dabei stellt sich die Frage: Ist das eine Steuerminder- einnahme? Ja, natürlich ist es eine. Wenn die Befristung aufgehoben wird, wird es im nächsten Jahr 1,1 Milliar- den Euro weniger in den Kassen von Bund, Ländern und den arg gebeutelten Kommunen geben. Ist dies verkraftbar? Ja, das ist es. Denn wir nehmen 2012 die Gelder ein, die wir 2011 nicht erzielt haben, weil wir in diesem Jahr die Befristung ja noch hatten. Und wenn wir bis hierhin durchgekommen sind, wird es auch noch ein Jahr weitergehen. Und die Aufhebung der Befristung dient einem guten Zweck. Wenn wir sie nicht aufheben würden, müssten die Unternehmen die ihnen durch die Istbesteuerung ge- stundeten Gelder 2012 zahlen. Gerade kleineren Unter- nehmen würde dies dringend benötigte Liquidität entzie- hen. Das kann keiner wollen, das will auch keiner, und auch alle Sachverständigen haben bestätigt, dass das kei- ner will. Gibt es dennoch Kritik an dem Gesetzentwurf? Nun ja, nur moderate. Vorsichtig kam von einigen Vertretern der Wirtschaft der Hinweis, dass es höchste Eisenbahn sei, das Gesetz zu verabschieden, damit sich die Wirt- schaft darauf einstellen könne. Darin enthalten ist ja auch die leise Kritik, dass man das etwas früher hätte machen können. Doch noch immer gilt: Besser spät als nie! 15866 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Und dann gab es noch die Diskussion mit der Vor- steuer. Sollte nicht die Istumsatzsteuer mit der Istvorsteuer einhergehen? Sollte also nicht derjenige, der eine Leistung einkauft, erst die Vorsteuer ziehen können, wenn er die Rechnung an seinen Lieferanten gezahlt hat? In der Anhö- rung am vergangenen Montag hat sogar die Handwerks- kammer dazu gesagt: Dies wäre systematisch richtig und müsste eigentlich gemacht werden. Die Steuergewerk- schaft hat betont: Erst dann wäre die Istbesteuerung ein Beitrag zur Betrugsbekämpfung. Und schlussendlich stand auch das im Koalitionsvertrag. Aber leider macht uns die EU da einen Strich durch die Rechnung. Art. 167 a der Mehrwertsteuer-System- richtlinie gestattet nicht die Einführung einer verpflich- tenden Istvorsteuer. Da gab es in der Anhörung etwas Verwirrung. Die Formulierung „die Mitgliedstaaten können im Rahmen einer fakultativen Regelung“ mit ihrer doppel- ten Option bezieht sich darauf, dass die Mitgliedstaaten eine Regelung einführen können, die dem Unternehmen fakultativ die Möglichkeit eröffnet, die Vorsteuer nach tatsächlich gezahlten Entgelten zu berechnen. Dies macht auf den ersten Blick keinen Sinn. Es erklärt sich aber aus dem Zustandekommen der Regelung. Es gibt Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten, die lieber die Vorsteuer erst später ziehen, wenn sie dadurch die Buch- führung nur auf tatsächlich gezahlte und vereinnahmte Entgelte stützen können. Für diese ist die Regelung ge- dacht. Sie wird innerhalb Deutschlands wohl wenig praktische Bedeutung erlangen. Wir haben keine Einwendungen gegen den Gesetzent- wurf; seiner Intention und seiner Begründung ist zuzu- stimmen. Wir werden daher dem Gesetzentwurf zustim- men. Von Ihnen, meine Damen und Herren von der Koali- tion, erhoffen wir – und nicht nur wir –, dass Sie nun auch einmal die anderen, größeren Probleme anpacken und nicht vor sich herschieben. Lassen Sie doch die Kommission zur Reform der Mehrwertsteuer endlich einmal tagen; sonst sind nachher alle freien Termine bis 2013 ausgebucht. Kümmern Sie sich doch um die Be- trugsbekämpfung bei der Umsatzsteuer nicht nur in iso- lierten Teilbereichen. Sorgen Sie auf EU-Ebene dafür, dass Deutschland die im Inland gewünschten Verände- rungen vornehmen kann. Oder warten Sie einfach weiter ab; dann werden wir das übernehmen. Dr. Daniel Volk (FDP): Zum Jahresende würde die bisher nur befristete Istbesteuerung bei der Umsatzsteuer für kleine und mittlere Betriebe auslaufen. Da dies die betreffenden Unternehmen stark einschränken würde, wird die Regierungskoalition dem entgegenwirken. Das Dritte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes wird die deutsche Wirtschaft und dabei vor allem die kleineren Unternehmen erheblich entlasten und dafür sorgen, dass diese ihre Liquiditätssituation verbessern können. Die bisher gültige Regelung, nach der für die Berech- nung der bis zu einem Umsatz von 500 000 Euro ab- zuführenden Umsatzsteuer nur die tatsächlich verein- nahmten Entgelte angesetzt wurden, war bis zum 31. Dezember 2011 befristet. Ein Auslaufen dieser Re- gelung würde den betroffenen Unternehmen wichtige Liquidität entziehen. Die Umsatzsteuer entsteht grund- sätzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt wurde, die sogenannte Soll- versteuerung. Auf die Bezahlung der Leistung durch den Leistungsbezieher kommt es dabei grundsätzlich nicht an. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz bietet den Unternehmern, deren Gesamtumsatz im vorangegange- nen Kalenderjahr nicht mehr als 500 000 Euro betragen hat, die Möglichkeit, die Umsatzsteuer nach verein- nahmten Entgelten zu berechnen, die sogenannte Istver- steuerung. Dabei entsteht die Steuer mit Ablauf des Vor- anmeldungszeitraums, in dem das Entgelt für die Leistung durch den Unternehmer vereinnahmt worden ist, das heißt, die Abführung der Steuer an das Finanz- amt muss erst erfolgen, wenn und soweit der Kunde ge- zahlt hat. Eine erneute nur befristete Verlängerung würde wie- der neue Unsicherheit über die Geltungsdauer der Rege- lung schaffen. Die Umsatzgrenze von 500 000 Euro soll daher auf Dauer beibehalten werden. Die Unternehmen erhalten dadurch mehr Planungssicherheit und eine Ver- besserung der Liquidität, da die Zwischenfinanzierung der Umsatzsteuer für kleinere und mittelständische Un- ternehmen – eine erhebliche Belastung – entfällt. Des- wegen plädiert die FDP auch für eine dauerhafte Einfüh- rung der Istbesteuerung. Nur so kann den kleineren und mittelständischen Unternehmen, die kaum über eine so hohe Kapitalausstattung verfügen, die erforderlich wäre, um ohne Probleme in Vorleistung gehen zu können, eine dauerhafte Entlastung geboten werden. Wir sehen keinen Sinn darin, warum der deutsche Klein-/Mittelunternehmer als unfreiwilliger Kreditgeber des Staates fungieren sollte. Dies entspricht nicht unse- rem Bild einer sozialen Marktwirtschaft. Auch würde der Fiskus bei einer Verlängerung der Istbesteuerung nichts einbüßen, weil es sich dabei nicht um Steuerge- schenke, sondern um eine Steuerstundung handelt. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die EU-Kommis- sion den Mitgliedstaaten unlängst vorgeschlagen hatte, die Sollbesteuerung für kleine und mittlere Unternehmen durch eine ausschließliche Istbesteuerung zu ersetzen. Die Istbesteuerung sorgt für erheblich mehr Planungs- sicherheit, erhöht den Liquiditätsspielraum spürbar, senkt die Finanzierungskosten und bringt Zinsvorteile mit sich, da die Umsatzsteuer nicht vorfinanziert werden muss. Die finanziellen Auswirkungen für die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden betreffen nur das Jahr 2012, da es sich lediglich um eine Verlagerung der Be- steuerung handelt und es dem entsprechend keine dau- ernden Ausfälle gibt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15867 (A) (C) (D)(B) Sowohl die Vertreter des Deutschen Handwerkskam- mertags wie auch des Deutschen Industrie- und Handels- kammertags sehen dieses Gesetz positiv für die Stärkung der kleinen und mittleren Betriebe. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition nimmt damit eine wichtige Wei- chenstellung für den Mittelstand vor. Wir appellieren an den Bundesrat, dem Gesetz jetzt zeitnah zuzustimmen, damit die Betriebe langfristige Planungssicherheit erhal- ten. Vor allem ist es sehr erfreulich, dass mit diesem Ge- setz die arbeitsintensiven Unternehmen nicht mehr un- nötig belastet werden. Durch den geringeren Vorsteuer- abzug der arbeitsintensiven Unternehmen zum Beispiel im Dienstleistungssektor wie dem Handwerk ist die Ent- fristung eine spüre Entlastung des Faktors Arbeit und da- mit beschäftigungsfördernd. Vor allem die kleinen Be- triebe mit zwei bis drei Mann werden durch diese Regelung entlastet. Die Grünen konnten zur Entfristung sachlich wenig hinzufügen, außer durch Extraanträge ein scheinbar schnelleres Umsetzen zu propagieren. Aber auch an dieser Stelle weise ich nochmals darauf hin, dass durch unser Gesetzesvorhaben ein deutlich schnellerer Weg beschrit- ten wurde. Wir erreichen damit die Planungssicherheit für die Unternehmen, die die Grünen nur versprechen kön- nen. Der Regierungskoalition ist mit diesem Gesetz ein weiterer Schritt zu einem besseren und gerechteren Steuer- system gelungen. Rechtsunsicherheiten, Liquiditätseng- pässen und steuerunsystematischen und realitätsfernen Regelungen der letzten Legislaturperioden wird damit weiter entgegengewirkt. Wir werden uns auch in Zukunft den Problemen unse- rer Wirtschaft annehmen, um dafür Sorge zu tragen, dass auch künftig Arbeitsplätze entstehen und ein wirtschaft- liches Umfeld entsteht, das den Zukunftsansprüchen un- seres Landes Rechnung trägt. Richard Pitterle (DIE LINKE): Es war einmal eine Bundeskanzlerin. Die hatte es satt, ständig im Feuer der Kritik zu stehen, sich ständig von der Opposition kriti- sieren zu lassen, sogar abweichenden Voten aus der eige- nen Fraktion ausgesetzt zu sein. Sie sehnte sich schon lange nach einem Gesetz, dem alle Abgeordneten in ih- rer Koalition zustimmen könnten. Sogar die Opposition sollte ihre Zustimmung nicht verweigern können. Ein- stimmige Beschlüsse, wie sie sie aus DDR-Zeiten kannte, wären Balsam für die Seele der Kanzlerin. Also beauftragte Frau Merkel die Ministerialbeamten mit der Aufgabe, ein Gesetz zu entwerfen, das diesen Ansprü- chen genügte. Die Beamten im Finanzministerium, die zu Beginn der Legislaturperiode eine Milliarde an die Hoteliers verteilten und wieder was gutzumachen hatten, waren schnell findig und legten flugs das Dritte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vor. Dieses be- handeln wir heute. Zum 1. Juli 2009 wurde die Umsatzsteuergrenze be- fristet bis zum 31. Dezember 2011 von 250 000 Euro ein- heitlich für das Bundesgebiet auf 500 000 Euro heraufge- setzt. Mit diesem Gesetz entscheiden wir darüber, ob diese Grenzen nun dauerhaft beibehalten werden. Das heißt, die Unternehmen müssen bis zur dieser Grenze die 19 Prozent Umsatzsteuer an den Fiskus erst dann abfüh- ren, wenn die von ihnen erstellte Rechnung bezahlt wurde. Davon profitieren kleine und mittlere Unterneh- men, Freiberufler und andere Selbständige. Also diesmal nicht in erster Linie Herr Ackermann. Man müsste also mit dem Klammersack gepudert sein, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Selbst die Linke stimmt zu, und ich denke, so mancher strammer Konservativer wird heute Nacht nicht schlafen können und darüber nachdenken, wie man das Gesetz hätte so formulieren können, um eine Zählkoalition mit der Linken zu verhindern. Wenn wir heute eine Debatte zum Gesetz haben, ob- wohl sich bei uns im Finanzausschuss abgezeichnet hat, dass alle mit dem Gesetz einverstanden sind, dann nur deswegen, weil sich die Koalitionsparteien feiern lassen wollen, wie sehr sie an kleine und mittlere Unternehmen denken. Aber die geschätzte Öffentlichkeit sollte sich nicht täu- schen lassen. Und es tut mir wirklich nicht leid, wenn ich hier Wasser in ihren Wein gieße. Die Regierungskoalition ist gerade dabei, die nächste Belastung für die Kleinunter- nehmer vorzubereiten, die schon jetzt das Beauftragtenwe- sen satt haben. Während die Bank von Herrn Ackermann oder die Herren von Daimler-Benz einen weiteren Beauf- tragten jederzeit verkraften können, ist es für kleine und mittelständische Unternehmen eine Zumutung, wenn sie schon ab neun Arbeitnehmern verpflichtet werden sollen, einen weiteren Beauftragten, diesmal einen für Geldwä- sche, zu bestellen. Wenn die Regierungskoalition so weitermacht, dann wird bei diesen kleinen Unternehmen bald jeder Arbeit- nehmer ein Beauftragter für irgendetwas. Während die bisher vorgesehene Schwellengrenze für die Bestellung des Geldwäschebeauftragten kleinunternehmerfeindlich ist, ist die Tatsache, dass dieser Beauftragte, der im Ge- gensatz zum Abfallbeauftragten, zum Immissionsschutz-, zum Datenschutzbeauftragten keinem Sonderkündigungs- schutz unterliegen soll, eindeutig arbeitnehmerfeindlich. Die Politik der Bundesregierung ist gegen Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer, gegen kleine und mittlere Unternehmer gerichtet, die meisten Gesetze, die sie hier einbringt, zeigen, dass sie die Geschäfte für Ackermann, Daimler, BMW und andere Konzerne führt. Davon kann auch dieses Gesetz, dem wir heute zustimmen, nicht ab- lenken. Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Am 21. September 2011 hat die Koalition das Ge- setz zur unbefristeten und damit endgültigen Festlegung der sogenannten Istbesteuerung bei der Grenze von 500 000 Euro vorgelegt. Sowohl in der Anhörung des Finanzausschusses am 17. Oktober als auch im Finanz- ausschuss selber gab es einhellige Zustimmung der Ex- perten sowie aller Fraktionen zu dem Gesetz. Deshalb brauchen wir über den Inhalt des Gesetzes nicht zu strei- ten. Hier herrscht in der Tat große Einigkeit, und selbst- verständlich werden wir Grüne diesem Gesetz, das wir ja 15868 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) selbst bereits als Änderungsantrag formuliert hatten, zu- stimmen. Streiten, besser gesagt, informieren müssen wir aber die Öffentlichkeit über das Verfahren und vor allem den Zeitpunkt, zu dem das Gesetz jetzt verabschiedet wird. Ich will erklären, warum das von Bedeutung ist. Dazu muss man sich noch einmal vergegenwärtigen, worum es bei der Istbesteuerung eigentlich geht. Im Falle der Sollbesteuerung müssen Unternehmen zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung an den Kunden sofort die Um- satzsteuer an den Fiskus abführen, unabhängig davon, wann der Kunde zahlt. Das bedeutet – dies ist gerade für kleinere Unternehmen wichtig –, dass bei einem größe- ren Auftrag, zum Beispiel eines Bauunternehmens, die 19 Prozent Mehrwertsteuer für einen Zeitraum von teil- weise mehr als einem Vierteljahr finanziert werden müs- sen, da der Kunde erst mit Verspätung – das gilt leider oft gerade für Kommunen – zahlt. Das können dann leicht einmal Beträge von 50 000 Euro sein, die der klei- nere Unternehmer nicht gerade in der Portokasse herum- liegen hat. Stattdessen muss er sich um die Sicherstel- lung der Liquidität und das heißt um die Vorfinanzierung der Umsatzsteuer bemühen. In der heutigen Zeit ist das ein oft langwieriger Prozess. Er kann seine Forderung natürlich auch verkaufen – darauf warten die Finanzin- stitute nur –, aber damit verkauft er in der Regel auch ei- nen guten Teil seiner ohnehin schmalen Rendite. Bei der Istbesteuerung muss der Unternehmer die 19 Prozent Mehrwertsteuer erst abführen, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt. Der Betrieb muss also keine Vorfinanzierung leisten. Für große Unternehmen ist die Vorfinanzierung wegen der in der Regel größeren Liquiditätspuffer in einem wegen des höheren Umsatzes gleichmäßigeren Geschäft kein Problem; aber für klei- nere Unternehmen spielt die Finanzierung einzelner Aufträge eben doch eine wichtige Rolle. Es ist in der Anhörung deutlich geworden, dass es sich bei weitem nicht nur um eine Minderheit von Unter- nehmen handelt, für die die jetzt getroffene Regelung von Bedeutung ist. Laut Angaben des DIHK wären 50 000 Mitgliedsunternehmen betroffen, wenn die Um- satzgrenze wieder auf 250 000 Euro sinken würde. Diese 50 000 Unternehmen leiden unter dem späten Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes. Sie haben ja erst Rechtssicherheit, wenn nach der Verabschiedung hier im Bundestag auch der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt hat. Zwar ist es im beschleunigten Verfahren hier im Haus gelungen, die ursprünglich für den 16. Dezember geplante Bundesratsentscheidung auf Ende November vorzuziehen. Aber warum in aller Welt ist die Koalition oder die Bundesregierung nicht schon im Frühjahr dieses Jahres tätig geworden, so wie wir Grüne es angemahnt hatten? Wenn sich einzelne Abgeordnete der Koalition jetzt mit der Verabschiedung des Gesetzes als positives Signal für den Mittelstand brüsten: Sie sollten sich wegen der schlechten, weil späten Umsetzung vielmehr schämen. Wer dermaßen ignorant gegenüber vor allem kleinen und mittleren Unternehmen agiert, der sollte sich nicht wun- dern, dass er in zunehmenden Maße gerade in der Wirt- schaft kein Vertrauen mehr findet. Gerade um das Ver- trauen geht es doch in diesen so schwierigen Zeiten. Gerade jetzt ist es doch entscheidend, bei den klaren Dingen auch klaren Kurs zu halten. Mit diesem Gesetz sind einmalige Buchungsausfälle von 1,1 Milliarden Euro im Haushaltsjahr 2012 verbun- den. Dies war wohl ein Grund für das Zögern des Fi- nanzministers, grünes Licht zu geben. Das Zögern ist ein Beispiel dafür, dass die reine Fixierung auf den Haushalt eben auch falsch sein kann. Die Einnahmen für den Fis- kus werden lediglich verschoben; aber die betroffenen Unternehmen haben einen wichtigen Liquiditätsvorteil. So werden KMU gefördert, ohne dass hohe Kosten ent- stehen. Die Ausfälle für den Fiskus sind eben nicht die haushalterisch wirksamen 1,1 Milliarden Euro, sondern lediglich der Zinseffekt in der Größenordnung eines niedrigen Millionenbetrages. Und noch ein Argument, das bezeichnenderweise von den „Oberbürokratieabbauern“ in der FDP nicht gesehen wurde: Mit der Festsetzung der Grenze für die Buchfüh- rungspflicht auf 500 000 Euro in 2007 und der jetzt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf festgelegten Istbesteu- erung auf dieselbe Grenze entstehen für Unternehmen positive Synergieeffekte. Zusammen mit der Anglei- chung an diese Regelung in den fünf neuen Bundeslän- dern – auch da galt die 500 000-Euro-Grenze für die Ist- besteuerung bereits seit längerem – trägt das Gesetz zum Bürokratieabbau bei. Der Vorgang zur Verabschiedung dieses so vernünfti- gen und auch so unumstrittenen Gesetzes ist ein Trauer- spiel für die Koalition. Wir können froh sein, dass dieser Akt nun mit einem Happy End zu Ende geht. Wir müs- sen leider gleichzeitig befürchten, dass das Drama dieser Koalitionsregierung insgesamt keinen guten Verlauf nimmt. Anlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Missbrauch von Werkverträgen verhindern – Lohndumping eindämmen (Tagesordnungspunkt 14) Ulrich Lange (CDU/CSU): Auch heute führen wir wieder eine „Scheindebatte“ zum Klassenkampf der Lin- ken. Auch mit dem Thema Missbrauch von Werkverträ- gen verhindern – Lohndumping eindämmen wollen die Linken Sozialneid schüren. In ihrem Antrag zeigt die Linke aber wiederum, dass sie von unserem Wirtschafts- system immer noch nichts versteht. Es steht Unterneh- men gerade frei, ob sie Werkleistungen durch eigene Ar- beitnehmer oder im Rahmen von Werkverträgen erbringen lassen. Und es ist zulässig, dass Firmen be- stimmte Teile der Produktion auslagern und eine Fremd- firma damit beauftragen, um auf Dauer billiger zu pro- duzieren. Meine Damen und Herren von den Linken: Das ist unser Wirtschaftssystem. Planwirtschaft läuft anders. Sie wissen, wie man Produktivität drosselt, wie man unwirt- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15869 (A) (C) (D)(B) schaftlich wird, wie man eine Wirtschaft vor die Wand fährt, aber Sie haben keine Ahnung von der Wirtschaft- lichkeit unserer Industrie, die sich jeden Tag im interna- tionalen Wettkampf der Konkurrenz stellen muss, deren Arbeitslöhne wesentlich geringer als bei uns sind. Zu- mindest die westdeutsche Industrie muss nach wie vor um 25 Prozent höhere Arbeitskosten schultern als die Konkurrenz aus den Nachbarstaaten. Es ist richtig und war wichtig, dass unsere Arbeitneh- mer in den vergangenen Jahren sich bei den Lohnab- schlüssen zurückgehalten haben. Für diese Zurückhal- tung möchte ich ausdrücklich meinen Dank aussprechen. Dieses gute tarifliche Miteinander führt auch zu einem sozialen und betrieblichen Frieden, der unsere Unterneh- men auszeichnet. Im verarbeitenden Gewerbe stiegen die Arbeitskosten je Stunde seit 2000 um durchschnitt- lich nur 2 Prozent pro Jahr. Damit liegt Deutschland jetzt mit 34,47 Euro auf Platz acht bei den Kosten je Arbeit- nehmerstunde, knapp hinter Frankreich mit 34,55 Euro. Ansonsten liegen nur kleine Länder wie Norwegen, Schweiz und Belgien vor uns. Konkurrenten wie die USA liegen mit 24,41 Euro wesentlich niedriger. Also können wir in Deutschland in keiner Weise von Lohn- dumping reden. Sicherlich gibt es auch bei uns vereinzelt Lohndum- ping in einzelnen Bereichen. Aber schon heute haben wir ausreichende rechtliche Mittel dagegen. Unsere Ge- richte sehen im Lohndumping keine Ordnungswidrig- keit, sondern eine Straftat, die auch entsprechend geahn- det wird. Aber die Auslagerung von Produktionsteilen ist kein Vergehen. Damit hier kein Missbrauch betrieben wird, kontrolliert die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung, FKS, im Rahmen einer Prüfung nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes auch Werk- verträge. Bei der Abgrenzung von Werkverträgen zur illegalen Arbeitnehmerüberlassung werden durch die FKS fol- gende – von der Rechtsprechung entwickelte – Kriterien angelegt: Vereinbarung und Erstellung eines qualitativ individualisierbaren und dem Werkunternehmer zure- chenbaren Werkergebnisses; unternehmerische Disposi- tionsfreiheit des Werkunternehmers gegenüber dem Be- steller; Weisungsrecht des Werkunternehmers gegenüber seinen im Betrieb des Bestellers tätigen Arbeitnehmern, wenn das Werk dort zu erstellen ist; Tragen des Unter- nehmerrisikos, insbesondere der Gewährleistung, durch den Werkunternehmer; erfolgsorientierte Abrechnung der Werkleistung. Ebenso überprüft die Rentenversiche- rung im Rahmen von Stichproben, ob das Instrument der Werkverträge rechtmäßig eingesetzt wird. Sie sehen, wir haben schon jetzt ausreichend Instru- mente, um einem Missbrauch entgegenwirken zu kön- nen. Ihre Forderungen blähen den Bürokratismus so weit auf, dass keine Produktion mehr möglich ist und alle mit der Erfüllung Ihrer Kriterien beschäftigt sind. Es ist be- triebswirtschaftlich schon eine Zumutung an den Unter- nehmer, wenn Sie fordern, dass der Unternehmer erst dann eine Arbeitsleistung auslagern darf, wenn der Be- triebsrat zugestimmt hat. Stimmt der nicht zu, muss er sich durch die gerichtlichen Instanzen klagen. Wer trägt nach Ihrer Vorstellung eigentlich das unternehmerische Risiko? Verlassen Sie Ihre alten, sozialistischen Trampelpfade und schmeißen Sie Ihren Antrag in die Tonne. Setzen Sie sich mit uns für eine Gesetzgebung ein, die unser Land voranbringt, die Arbeitslosigkeit abbaut, die Wohlstand und soziale Leistungen ermöglicht. Gitta Connemann (CDU/CSU): „Der Blick ins Ge- setz erleichtert die Rechtsfindung.“ Diesen Hinweis er- halten Jurastudenten bereits in ihrem ersten Semester. Im Ergebnis bedeutet dies: erst lesen, dann reden. Ich wünschte, die Fraktion Die Linke hätte diesen Hinweis auch verinnerlicht. Dann müssten wir uns nicht mit dem heute vorliegenden Antrag befassen. Hätten die Linken sich nämlich mit der Rechtslage auseinanderge- setzt, wüssten sie: Die aktuelle Rechtslage reicht aus. Es bedarf keiner weiteren Gesetze. Ein solches Gesetz wünschen sich die Linken, dieses Mal in Gestalt eines „Gesetzes zur Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen“. Anlass ist die Tatsa- che, dass Unternehmen Servicedienstleister nutzen, die auf der Grundlage von Werkverträgen Aufgaben erfül- len, die bislang von eigenen Mitarbeitern wahrgenom- men wurden. Die Linken halten dies für Teufelswerk – auch wenn es sich um einen echten Werkvertrag handelt, den Unternehmen schließen, um Teile ihrer bisherigen Unternehmenstätigkeit oder neue Aufgaben an Fremdfir- men zu vergeben. Diese Vertragsform kennt das Bürgerliche Gesetz- buch seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 1900. In den §§ 63 ff. ist der Werkvertrag seit 1964 geregelt. Er hat 110 Jahre deutscher Rechtsgeschichte überstanden – aber jetzt kommen die Linken. Nach ihrem Willen soll zukünftig auch ein solcher echter Werkvertrag rechts- missbräuchlich sein. Bei Vorliegen bestimmter Merk- male soll eine gesetzliche Vermutung greifen. Zu allem Überfluss soll die Beweislast zulasten beider Vertrags- partner umgekehrt werden. Allein schon diese Forderung der Linken ist praxis- fern und greift in unzulässiger Weise in die unternehme- rische Freiheit ein. Unternehmen einschließlich der öffentlichen Verwal- tung gehen immer stärker dazu über, sich auf Kerntätig- keiten ihres Geschäfts zu beschränken und mit anderen Tätigkeiten Spezialisten zu beauftragen. Dies betrifft Marketingabteilungen, Fuhrparks, Kantinen – wie zum Beispiel im Deutschen Bundestag –, Pförtnerdienste – wie zum Beispiel der im Verdi-Gewerkschaftshaus –, Gebäudereinigung, Müllentsorgungsunternehmen und auch logistische Dienstleistungen für Handel und Indus- trie, wie zum Beispiel die Warenverräumung und -plat- zierung, Lagerarbeiten, Inventuren, Kommissionierung und Konfektionierung, Marktumbauten, aber auch Pro- motion, Merchandising und Beratung. Die Nutzung von Fremdfirmen ist heute ein absolut normaler Vorgang. Anlass dafür ist nicht der Wunsch nach einer Tarif- flucht, wie die Linken mutmaßen. Vielmehr hat die 15870 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) wachsende Differenzierung der Wertschöpfungskette in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Weiterentwick- lung der Organisationsabläufe in Industrie, Gewerbe, Handel etc. geführt. Im Rahmen einer arbeitsteiligen Wirtschaft werden Leistungen zunehmend von externen Dienstleistern erbracht. Aber auch Qualitäts- und Sicher- heitsaspekte sowie fehlendes Know-how können für eine Auslagerung sprechen. Der Auftraggeber hat so die Chance, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren – getreu dem Motto: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen bieten auch ausreichenden Schutz für von Outsourcing betrof- fenen Arbeitnehmer. Soweit es sich bei der Auslagerung um einen Betriebsübergang handelt, schützen die gesetz- lichen Regelungen die Mitarbeiter des auslagernden Un- ternehmens vor einer Verschlechterung der Arbeitsbe- dingungen. Im Übrigen sieht die betriebliche Mitbe- stimmung zahlreiche Möglichkeiten zur sozialen Abfe- derung betrieblicher Umstrukturierungen vor. Der vorliegende Antrag der Linken trägt dieser Le- benswirklichkeit in keiner Weise Rechnung, sondern dis- kreditiert den Werkvertrag pauschal. Dabei ist dieser ein legitimes Gestaltungsmittel der Unternehmer- und übri- gens auch der Vertragsfreiheit. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Bundesregie- rung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linken. Da- rin stellt sie am 1. August 2011 zutreffend fest, dass „al- lein die Auslagerung von bislang im Betrieb ausgeführten Tätigkeiten weder verboten noch rechts- missbräuchlich ist“. Weiter heißt es: „Unternehmern steht es grundsätzlich frei, zu entscheiden, ob sie Werkleistungen durch eigene Arbeitnehmer oder im Rahmen von Werkverträgen durch andere Unternehmer erbringen lassen. Diese Entscheidungsfreiheit ist Aus- fluss der allgemeinen Handlungs- und Vertragsautono- mie.“ Die Vermutung der Linken, nämlich Einsatz von Werkverträgen als Instrument zum Lohndumping, wird zurückgewiesen. „Hinweise oder Informationen über eine weit verbreitete, systematisierte missbräuchliche Nutzung von Werkverträgen zur Umgehung von tarifli- chen und arbeitsrechtlichen Standards liegen nicht vor.“ Die Bundesregierung geht in ihrer Antwort auch auf das Phänomen sogenannter Scheinwerkverträge ein. Bei solchen ist ein selbstständiges Werk als Wesensinhalt ei- nes Werkvertrages nicht mehr gegeben. Hat das Ser- viceunternehmen reine Personaldienstleistungen unter dem Deckmantel eines Werkvertrags erbracht, handelt es sich um verdeckte und damit illegale Leiharbeit. Diese ist heute schon verboten, führt zu Strafen und Rechtsver- mutungen. Diese werden in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Linken auch explizit dargestellt. Allein, das ficht die Linken nicht an. Unverdrossen bringen sie Ende September den heute vorliegenden An- trag ein. Da frage ich mich, was kleine Anfragen und insbesondere Antworten der Bundesregierung sollen. Wenn diese Sie, meine Damen und Herren von der Lin- ken, ohnehin nicht interessieren, könnten Sie uns allen doch Zeit und Aufwand ersparen. Entweder Sie sind schlichtweg ignorant, oder aber Sie haben die Antwort schlichtweg nicht gelesen. Wenn Sie dies getan hätten, wüssten Sie heute, dass die Regelungen zum Schutz gegen Scheinwerkverträge und bei solchen Scheinwerkverträgen reichen. Soweit Arbeitnehmer ihre Tätigkeit in fremden Unternehmen ausüben, sind die Kriterien für die Abgrenzung zwischen echten Werkverträgen und Scheinwerkverträgen (illega- ler Arbeitnehmerüberlassung) von der Rechtsprechung klar definiert. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung kann im Rahmen ihrer Prüftätigkeit Werkverträge überprüfen. Auch hier besteht kein Hand- lungsbedarf. Anhaltspunkte für flächendeckenden Miss- brauch von Werkverträgen sind nicht ersichtlich. Eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen von Scheinwerkverträgen wird der Vielfalt legitimer vertrag- licher Gestaltungsmöglichkeiten nicht gerecht und ver- kennt die Grundsätze einer arbeitsteiligen Marktwirt- schaft. Eine solche Vermutung stellt Werkunternehmer wie Hunderttausende Dienstleister und Handwerker un- ter einen unzulässigen Generalverdacht. Ob ein Werk- vertrag vorliegt oder tatsächlich Arbeitnehmerüberlas- sung, ist jeweils im Einzelfall zu ermitteln und kann nicht holzschnittartig vorgegeben werden. Alles dies hätten Sie im Vorfeld der heutigen Debatte studieren können, meine Damen und Herren von der Linken. Wir haben dies getan und werden deshalb Ihren Antrag ablehnen. Der Blick ins Gesetz erleichtert eben doch die Rechtsfindung. Pascal Kober (FDP): Ihr Antrag „Missbrauch von Werkverträgen verhindern – Lohndumping eindämmen“ stellt ein Zerrbild der Wirklichkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt und in den Unternehmen in Deutschland dar. Sie unterstellen den Unternehmen pauschal, dass Werkverträge zunehmend missbraucht werden würden, um Löhne und Gehälter zu drücken. Diese pauschale Unterstellung weise ich zurück. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, die Bun- desregierung hat in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage Ihrer Fraktion ausdrücklich festgehalten, dass – ich zi- tiere – „Hinweise oder Informationen über eine weit ver- breitete, systematisierte missbräuchliche Nutzung von Werkverträgen zur Umgehung von tariflichen oder ar- beitsrechtlichen Standards nicht vorliegen“. Und Sie wissen, dass Werkverträge in Deutschland auf etwaiges Fehlverhalten hin geprüft werden. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung kann im Rahmen ei- ner Prüfung nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsge- setz schon heute Werkverträge prüfen. Dabei gibt es klare Kriterien, die bei der Prüfung der Werkverträge an- gelegt werden. So ist zum Beispiel zu prüfen, ob es eine erfolgsorien- tierte Abrechnung der Werkleistung gibt oder wer das un- ternehmerische Risiko trägt. Es muss auch klar sein, dass der Werkunternehmer ein Weisungsrecht gegenüber den im Betrieb des Bestellers tätigen Arbeitnehmern hat. Die personalpolitische Verantwortung für die Mitarbeiter so- wie die Mitarbeiterführung müssen weiterhin beim Auf- tragnehmer und nicht beim Auftraggeber liegen. All dies und weitere konkrete Kriterien können und werden heute schon geprüft. Entstehen im Rahmen der Prüfungen An- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15871 (A) (C) (D)(B) haltspunkte für eine missbräuchliche Form des Werkver- trages, dann leitet die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung ein Ermittlungsverfahren ein – wie ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, ja auch be- kannt sein müsste, da das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Ihnen dies in der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage mit Datum vom 1. August mitgeteilt hat. So gab es im Zuge dieser Kontrollen im Jahr 2010 nur 64 abgeschlossene Strafverfahren und 1 267 abgeschlos- sene Ordnungswidrigkeitsverfahren, mit übrigens rück- läufiger Tendenz gegenüber den Vorjahren. Von Miss- brauch in großem Stil kann nach Ansicht der bestehenden Fakten keine Rede sein. Wie ich bereits eingangs gesagt habe: Sie zeichnen ein Zerrbild der Wirklichkeit. Doch vielleicht auch noch einmal grundsätzlich zu der von Ihnen in Ihrem Antrag doch sehr negativ belegten Möglichkeit der Nutzung von Werkverträgen. Es ist nicht verwerflich und gehört zum Wesen einer arbeitsteiligen Wirtschaft, dass es Werkverträge gibt. Es muss Unterneh- men freigestellt sein, sich auf das eigene Kerngeschäft zu konzentrieren und Dienstleistungen von anderen Unter- nehmen erledigen zu lassen. Auch im Verdi-Gewerk- schaftshaus werden zum Beispiel die Aufgaben von Pförtnern durch Mitarbeiter, die auf Grundlage eines Werkvertrages beschäftigt sind, erledigt. Auch die von Ihnen behaupteten Verdrängungseffekte sind empirisch nicht belegbar. So stieg zum Beispiel im Einzelhandel trotz Outsourcing bestimmter Bereiche durch Werkver- träge die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Be- schäftigten von 2009 zu 2010 um 21 000 Personen. Die Fälle des Missbrauchs gibt es, keine Frage – das habe ich vorhin ja auch dargelegt –, aber die Situation ist keinesfalls so dramatisch, wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, das darstellen. Wo es Miss- brauch gibt, wird er bereits erfolgreich aufgedeckt und geahndet. Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschen- handels (Tagesordnungspunkt 15) Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Wir beraten heute in erster Lesung die Ratifizierung der Eu- roparatskonvention gegen Menschenhandel. Der Gesetz- entwurf selbst, den die Regierung vorgelegt hat, ist kurz, er beschränkt sich auf die Überführung der Konvention in nationales Recht, sechs Jahre nach der Zeichnung der Konvention. Wir haben ihn noch nicht diskutiert, aber ich könnte mir vorstellen, dass alle Fraktionen ihm zu- stimmen werden. Aber damit ist die Debatte nicht ge- führt. Das Gesetz muss der Anlass sein, sich genauer anzu- schauen, in welchen Formen, in welchem Ausmaß es Menschenhandel auch in unserem Land gibt. Wir müs- sen uns genauer ansehen, ob unsere Gesetze ausreichen, um der Konvention zu genügen, vor allem aber, um Menschen davor zu schützen, Opfer von Menschenhan- del zu werden, und denen, die Opfer sind, sich daraus zu befreien. Weltweit sind etwa 2,5 Millionen Menschen jährlich von Menschenhandel betroffen, sie werden wie Ware gehandelt und ausgebeutet. Menschenhandel ist ein weltweites und meist auch mit grenzüberschreitender organisierter Kriminalität einhergehendes Phänomen. Es ist daher unsere Aufgabe, sämtliche Bestrebungen im nationalen, im europäischen und internationalen Rah- men zu unterstützen, die darauf gerichtet sind, die Be- kämpfung des Menschenhandels zu koordinieren, zu in- tensivieren und ihm langfristig die Grundlage zu entziehen. Deshalb ist auch der deutsche Beitritt zur Eu- roparatskonvention von großer Bedeutung und ein wich- tiges Signal. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass Verbrechen des Menschenhandels auch hier bei uns in Deutschland stattfinden. Nach Angaben von SOLWODI wurde allein 2009 wegen sexueller Ausbeutung – nicht der einzige, aber ein wesentlicher Tatbestand des Menschenhandels – gegen fast 800 Tatverdächtige ermittelt, es wurden 710 Opfer in diesem Zusammenhang ermittelt, von de- nen 10 Prozent angaben, zur Prostitution gezwungen worden zu sein. 23 Prozent gaben an, über ihre Tätigkeit im Ausland getäuscht worden zu sein. Diejenigen, die ursprünglich mit der Prostitutionsausübung einverstan- den waren, wurden häufig über die tatsächlichen Um- stände getäuscht. Und realistischerweise müssen wir da- von ausgehen, dass die Dunkelziffer sehr viel höher ist. Schätzungen beziffern die Zahl der Personen, die nach Deutschland in die Prostitution gehandelt werden auf jährlich mindestens 10 000. Die Europaratskonvention ist nun das erste rechtsver- bindliche Dokument, das Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und zur Arbeitsausbeutung ausdrücklich in einen menschenrechtlichen Kontext stellt und die Mit- gliedstaaten zu umfassenden Maßnahmen zur Prävention von Menschenhandel, Strafverfolgung der Täter und Schutz der Opfer verpflichtet. Die Denkschrift der Re- gierung zur Konvention geht davon aus, dass unsere Ge- setze und Maßnahmen den Anforderungen der Konven- tion bereits heute genügen und dass wir die Ratifizierung beschließen können, ohne zu weiteren Gesetzesänderun- gen oder Maßnahmen verpflichtet zu sein. Wir können sicherlich auch feststellen, dass unsere Gesetze einen ho- hen Schutzstandard gewährleisten, dass unsere Gerichte, unsere Behörden und Gremien auf Ebene von Bund und Ländern den Schutz der Opfer wirklich ernst nehmen und effektiv arbeiten. Ich möchte hier vor allem die Ar- beit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Frauenhandel“ nennen, in der Bundesressorts, Landesfachministerkon- ferenzen und Nichtregierungsorganisationen zusammen wirken. Sehr positiv ist vor allem die gerade beschlossene Verlängerung der Bedenk- und Stabilisierungsfrist. Die auch von der KOK e.V. geforderte Verlängerung von ei- nem auf drei Monate ist im Zuge der Anpassung nationa- ler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex geregelt worden, und auch der Bundesrat hat am 23. September dieses Jahres zugestimmt. Die in § 59 Abs. 7 Satz 2 ge- 15872 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) regelte Ausreisefrist wird damit im Interesse der Opfer von Menschenhandel und illegaler Beschäftigung auf mindestens drei Monate verlängert. Dies bedeutet eine erhebliche Verbesserung für Menschenhandelsopfer in einer sensiblen, entscheidenden Phase und entschärft den Zeitdruck. Gerade für Frauen, die sexuell ausgebeutet werden, müssen wir aber weitere Hilfen und bessere Regelungen vorsehen. Die Frauen arbeiten unter besonders gesund- heitsgefährdenden, entwürdigenden und unsicheren Bedin- gungen. Sie haben kaum Sprachkenntnisse, sie haben kaum Sozialkontakte außerhalb des Milieus, ihnen wird der Pass abgenommen, sie haben kaum eine Chance diesen Zuständen zu entkommen, und es bleibt ihnen nichts ande- res übrig, als sich auf diese ausbeuterischen Bedingungen weiter einzulassen. Auch Schwester Lea Ackermann, der Gründerin von SOLWODI, hat kürzlich wieder in der Gruppe der Frauen meiner Fraktion berichtet, dass es ins- besondere durch die EU-Osterweiterung und auch in Zusammenhang mit dem Prostitutionsgesetz von 2001 zu einer Verschlechterung der Situation von Zwangsprostitu- ierten gekommen sei. Insbesondere die Kontrollmöglich- keiten der Strafverfolgungsbehörden sei stark einge- schränkt. Es würden immer weniger Fälle von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung aufgedeckt werden. Nicht umsonst ist Frauenhandel heute so gewinnbringend wie der Drogen- und Waffenhandel. Für die Menschenhändler ist das Geschäft nicht sehr risi- koreich, denn viele Opfer haben Angst, sich bei der Polizei zu melden. Jetzt hat zwar das Prostitutionsgesetz von 2001 die formale Rechtsposition von Prostituierten gestärkt. Es hat aber keine wesentlichen Verbesserungen beim Gesund- heitsschutz, Arbeitsschutz und der sexuellen Selbstbestim- mungsrechte erreicht. Insbesondere bei Menschenhandel und Zwangsprostitution greift es nicht. Die hier feststell- bare Tendenz zu immer unzumutbareren Erscheinungsfor- men wie Flatrate-Bordellen, und Gang-Bang-Veranstaltun- gen sowie eine zunehmende Brutalisierung betreffen alle Prostituierte in ihrer Menschenwürde, sind vor allem aber für diejenigen, die als Opfer von Menschenhandel gegen ihren Willen in dieser Situation gehalten werden, schlicht unerträglich. Neben den weiteren Empfehlungen aus dem Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitu- tionsgesetzes von 2007, die auf einen besseren Schutz vor Gewalt und Ausbeutung abzielen, müssen wir hier meines Erachtens gerade auch die Freierstrafbarkeit in den Blick nehmen. Kunden, die die Situation der Frauen durchaus erkennen oder – wenn sie Herz und Hirn nicht vorübergehend ausgeschaltet hätten – zumindest erken- nen könnten, sollten ebenfalls persönlich strafrechtlich verantwortlich sein, wenn sie diese Situation ausnutzen. Ich bin überzeugt, dass das ein gutes Mittel wäre, um die Nachfrage nach der Ware Mensch zu stoppen und so das Geschäftsmodell der Täter zu zerstören. Ein interessantes Beispiel gibt außerdem Italien mit der Regelung, dass Opfer, die durch Fachberatungsstel- len und Polizei identifiziert worden sind, auch ohne Zeu- ginnenaussage vor Gericht einen vorerst befristeten Auf- enthaltstitel bekommen können. Dies nimmt zusätz- lichen Druck von den Opfern; Anzeichen für eine miss- bräuchliche Anwendung bzw. Berufung auf diese Rege- lung gibt es dabei anscheinend nicht; das sollten wir uns genauer anschauen. Wir können wir uns nicht zufriedengeben mit dem Status quo, deshalb gehören auch weitere Regelungen auf den Prüfstand, zum Beispiel die Informationsrechte der Betroffenen. Wenn die Konvention vorsieht, dass alle Betroffenen über ihre Rechte informiert werden müssen – früh, umfassend und verständlich beim ersten Kontakt mit den zuständigen Behörden; das sind in Deutschland in der Regel Polizei, Zoll, Gewerbeaufsicht oder die Finanzkontrolle Schwarzarbeit –, reicht es dann, wenn § 406 h StPO die Informationspflicht in Bezug auf die Rechte der Betroffenen im Zusammenhang mit ei- nem Strafverfahren regelt? Reichen die bisherigen Infor- mationspflichten zum Beispiel über Ansprüche, die in zivilrechtlichen Verfahren geltend gemacht werden kön- nen? Braucht es mehr Informationen über die Aufent- haltsrechte? Oder die Pflicht zur Identifizierung der Betroffenen, eine der wesentlichen Neuerungen der Europaratskon- vention. Diese Pflicht ist wesentlich dafür, dass ein Op- fer überhaupt als solches erkannt werden kann und ihm geholfen werden kann. Denn die Erfahrung zeigt, dass Opfer von Menschenhandel so verängstigt und einge- schüchtert sind, dass sie oft nicht unmittelbar als Opfer zu erkennen sind und sich auch selbst nicht zu erkennen geben. Das Deutsche Institut für Menschenrechte beruft sich auf den Bericht des Bundeskriminalamtes „Lagebild Menschenhandel“ von 2010, wenn es sagt, dass Betrof- fene, die von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung betroffen sind, nur in Einzelfällen identifiziert werden. Das zeigt, dass die Behörden noch aufmerksamer agie- ren müssen, um Opfer als solche zu identifizieren, ge- rade in den anfälligen Branchen wie Gaststätten oder auf Baustellen. Ganz wesentlich sind Maßnahmen, die helfen kön- nen, den Tätern einen Strich durch die Rechnung zu ma- chen, ihr Geschäftsmodell zu stören. Dazu trägt alles bei, was den Opfern helfen kann, ihre Ansprüche auf Lohn, auf Schmerzensgeld und Schadenersatz geltend zu ma- chen. Unter diesem Aspekt können wir die Position der Opfer bei Aufenthaltsregelungen, Informationsrechten, im Straf- und Strafprozessrecht und im Prostitutions- recht sicher noch stärken. Das wäre nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern könnte auch einen präventi- ven Ansatz stärken. Zum Schluss möchte ich an dieser Stelle Dank sagen an SOLWODI, Terres des femmes und allen anderen, die sich der Opfer von Menschenhandel annehmen. In den Beratungsstellen finden Frauen in Notlagen individuelle Beratungs- und Hilfsangebote; Opferzeuginnen in Men- schenhandelsprozessen finden besondere Unterstützung und Rechtsbeistand. Sie finden sichere Unterbringung in Schutzwohnungen, Hilfe bei Behördengängen und Arzt- besuchen. Diese oft ehrenamtliche Arbeit sowie die Ver- netzung der Hilfsorganisationen untereinander im In- und Ausland ist ein wichtiger Baustein in der Hilfestruk- tur über die gesetzlichen Regelungen hinaus. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15873 (A) (C) (D)(B) Norbert Geis (CDU/CSU): Die Sklaverei wurde zwar in allen Ländern der Erde abgeschafft. Durch den Menschenhandel existiert sie jedoch weiterhin, und zwar auch mitten in Deutschland. Eine Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte von 2009 geht davon aus, dass es allein in Deutschland rund 15 000 Opfer von Menschenhandel gibt. Die große Mehrheit dieser Men- schen sind Frauen und Mädchen, die sexuell ausgebeutet und zwangsprostituiert wurden. Diese Zahl lässt aber das wahre Ausmaß des Men- schenhandels nur erahnen. Nach Angaben der Internatio- nalen Arbeitsorganisation ILO werden heute weltweit rund 2,5 Millionen Menschen als Folge von Menschen- handel in Zwangsarbeit ausgebeutet. Global werden mit dieser modernen Form der Sklaverei jährlich rund 30 Milliarden Dollar umgesetzt. Jedes Jahr werden Hun- derttausende nach Europa verschleppt. Viele werden mit großen Versprechungen nach Westeuropa gelockt und geraten so in Abhängigkeitsverhältnisse zu ihren Schleu- sern. Die Vereinten Nationen schätzen, dass es allein in deutschen Bordellen rund 200 000 Zwangsprostituierte gibt, von denen viele durch Menschenhandel nach Deutschland eingeschleust wurden. Die Polizei ist in den meisten Fällen machtlos. Durch das Prostitutionsgesetz von 2001 sind ihr die Hände gebunden. Es fehlen ihr die Ermittlungsansätze. Sie kann nicht einfach in Bordellen Kontrollen durchführen, wenn nicht ein konkreter Ver- dacht auf Ausbeutung besteht. Deshalb ist auch die Zahl der abgeschlossenen polizeilichen Ermittlungsverfahren im Bereich des Menschenhandels sehr niedrig. Offiziell werden nur relativ wenige Opfer gezählt, was angesichts der hohen Dunkelziffer und des wahren Ausmaßes des Menschenhandels und der Zwangsprostitution sicherlich nur ein Bruchteil der Wahrheit ist. Nach den Feststellungen des BKA gibt es für die sexu- elle Ausbeutung von Frauen in Deutschland einen großen Markt, der nach einer aktuellen Studie der Universität Göttingen seinen Grund vor allem in der Liberalisierung der Prostitution in Deutschland hat. Laut dem BKA haben wir eines der liberalsten Prostitutionsgesetze überhaupt. Dadurch entsteht ein legaler Markt, der den Menschen- händlern ideale Bedingungen und große finanzielle Mög- lichkeiten bietet. Die Zwangsprostitution konnte sich auf diesem Weg stark ausbreiten. Die Hoffnung der früheren rot-grünen Bundesregie- rung, das Gesetz zur Liberalisierung der Prostitution aus dem Jahr 2001 würde dem Menschenhandel in Deutsch- land das Wasser abgraben, hat sich als falsch erwiesen. Das Gegenteil ist der Fall. Nach der Liberalisierung der Prostitution in Deutschland hat der Menschenhandel in einem erschreckenden Ausmaß zugenommen. Bei uns ist die Prostitution heute 60-mal höher als in Schweden, wo die Prostitution verboten ist. Gleichzeitig hat Deutsch- land 62-mal so viele Opfer von Menschenhandel wie Schweden. Die Hoffnung, freiwillige und legale Prostitu- ierte würden die Zwangsprostitution unattraktiv werden lassen, hat sich als Hirngespinst erwiesen. Das zentrale Fazit der Göttinger Studie lautet: Die Legalisierung von Prostitution erhöht das Aufkommen des Menschenhan- dels. Das ist ein Fakt, den man nicht ignorieren darf. Um den Menschenhandel besser bekämpfen zu kön- nen, hat Bayern 2005 einen Gesetzentwurf in den Bun- desrat eingebracht, mit dem neue Tatbestände gegen die sexuelle Ausbeutung von Opfern des Menschenhandels eingeführt werden sollten. Wie in Schweden sollten die Freier zumindest im Falle von Zwangsprostitution straf- rechtlich verfolgt werden können. Der Strafrahmen für das Verbringen von Kindern in die Prostitution sollte von 2 auf 15 Jahre erhöht werden. Schließlich sollte die Rechtslage, wie sie vor der Liberalisierung bestanden hat, wieder eingeführt werden. Auf diese Weise hätten die Strafverfolgungsbehörden wieder bessere Ermitt- lungsansätze erhalten. Der Gesetzentwurf ist jedoch der Diskontinuität unterfallen. 2006 wurde er erneut einge- bracht, hat dann im Bundesrat aber keine Mehrheit ge- funden. Dennoch wurden in der Zwischenzeit einige Maßnahmen des bayerischen Gesetzentwurfs umgesetzt: so die Einführung einer Kronzeugenregelung und die Neufassung der Regelung zur Telekommunikationsüber- wachung. Das rot-grüne Prostitutionsgesetz ist in der Praxis ge- scheitert. Eigentlich sollte es die Prostituierten stärken. Sie sollten Arbeitsverträge bekommen, sich sozial- und krankenversichern können. Diese Ziele wurden in der Praxis nicht erreicht. Deshalb muss die Fehlentschei- dung von 2001 so schnell wie möglich korrigiert wer- den, wenn der Kampf gegen Menschenhandel und die Sklaverei erfolgreich sein soll. Daneben müssen weitere Möglichkeiten der Hilfe ge- schaffen werden. Mit dem Gesetzentwurf vom 29. Sep- tember 2011 zur Einrichtung eines bundesweiten Hilfete- lefons will die Koalition Frauen, die Opfer von Gewalt werden, Hilfe anbieten. Dieses Hilfetelefon soll unter ei- ner bundesweit einheitlichen Nummer täglich 24 Stunden erreichbar sein. Opfer oder Zeugen können dort, zur Not auch in einer Fremdsprache, anonym und ohne Schwie- rigkeiten an Informationen gelangen. Zum Beispiel kön- nen sie in Erfahrung bringen, wo sie in ihrer Umgebung Unterstützung und Schutz erhalten können. Gleichzeitig sollen alle involvierten Institutionen enger miteinander vernetzt werden. Über dieses Netzwerk könnten die Be- hörden in Zukunft wichtige Anhaltspunkte für ihre Er- mittlungen erhalten, die sie sich bisher in der Mehrheit der Fälle selbstständig erarbeiten müssen. Wenn wir den Kampf gegen Menschenhandel und Sklaverei ernst nehmen und nicht nur so tun wollen als ob, müssen wir das Strafrecht ändern und zugleich be- gleitende Hilfsmöglichkeiten wie das Hilfetelefon schaf- fen. Dr. Eva Högl (SPD): Der Menschenhandel ist eine der schwersten Straftaten weltweit. Erniedrigung, Be- drohung, sexuelle Ausbeutung, Misshandlung – die Op- fer unterliegen schwerwiegenden Verletzungen der Men- schenrechte. Menschenhandel ist daher nichts anderes als eine moderne Form der Sklaverei. Der Menschenhandel kann verschiedene Formen an- nehmen wie Zwangsprostitution, illegaler Organhandel oder Zwangsarbeit bzw. wirtschaftliche Ausbeutung. Er zielt jedoch immer auf die Ausbeutung von Menschen ab 15874 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) und ist für die Täter und Täterinnen ein äußerst lukrati- ves Geschäft. Durch die Globalisierung hat dieses krimi- nelle Geschäft in den letzten Jahren eine neue Dimen- sion erhalten. Der Menschenhandel gehört mittlerweile zu den am stärksten globalisierten kriminellen Märkten und findet oftmals grenzüberschreitend statt. Da nicht nur die Herkunftsländer betroffen sind, sondern ebenso die Transit- und Zielländer, betrifft der Menschenhandel uns alle – in Europa, in Afrika und in anderen Teilen der Welt. Eine wirksame Bekämpfung des Menschenhandels kann daher nur international abgestimmt erfolgreich sein kann. Kein Land und keine Institution wird alleine in der Lage sein, den Menschenhandel erfolgreich einzudäm- men. Eine uneingeschränkte Zusammenarbeit in jeder Hinsicht ist unerlässlich. Die Europäische Union mit ih- ren offenen Grenzen und ihrem freien Binnenmarkt ist in besonderer Weise gefordert, die verbrecherische Aus- beutung der schutzlosen Opfer einzudämmen. Mit dem Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende or- ganisierte Kriminalität vom 15. November 2000 und dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels bestehen zwei klare internationale Verpflichtungen. Sie stellen eine gute rechtliche Grundlage für die Umsetzung in nationa- les Recht dar. Der heute zu diskutierende Gesetzentwurf der Bun- desregierung greift jedoch leider viel zu kurz. Er sieht keinen Bedarf zur Umsetzung der im Übereinkommen des Europarats festgelegten Regelungen vor. Diese Denkschrift ist eine Farce. Die geltenden Regelungen in Deutschland weisen erhebliche Lücken auf und entfalten keine ausreichende Wirksamkeit zur Bekämpfung des Menschenhandels. Das geltende Recht erfüllt nicht die zwingenden Vorgaben des Übereinkommens. Deshalb muss das deutsche Recht geändert werden, wenn wir das Übereinkommen ratifizieren. Ich gebe Ihnen gerne ei- nige wichtige Beispiele: Die Unterstützung der Opfer ist bisher völlig unzurei- chend. Die Opfer von Menschenhandel bedürfen beson- deren Schutz, und zwar nicht nur in strafrechtlicher Hin- sicht. Betreuung, medizinische Versorgung, finanzielle Unterstützung, Zugang zu Bildung, rechtlicher Beistand und Entschädigung – nur indem die Opfer gestärkt und vor allem vor einem erneuten Zugriff der Täter und Täte- rinnen geschützt werden, kann eine nachhaltige Be- kämpfung des Menschenhandels erreicht werden. Jahre- langes Leiden der Opfer muss unbedingt verhindert werden. Minderjährige müssen hierbei besondere Schutz- und Betreuungsprogramme erhalten. Eine er- folgreiche Strafverfolgung ist ohne umfassenden Opfer- schutz nicht möglich. Gerade für Drittstaatler und Drittstaatlerinnen herr- schen in Bezug auf den Aufenthaltsstatus jedoch große Unsicherheiten im deutschen Recht. Das Übereinkom- men schreibt vor, dass die gewährte Unterstützung für das Opfer nicht von dessen Bereitschaft, als Zeuge oder Zeugin aufzutreten, abhängen darf. Dies gilt aber für Be- troffene aus Nicht-EU-Ländern gerade nicht. Denn ihnen wird ein Aufenthalt in Deutschland nur aus humanitären Gründen gewährt. Für sie gilt der Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 4 a Nr. 3 AufenthG, der jedoch abhängig von der Aussagebereitschaft ist. Andere Betroffene in Deutschland erhalten den Schutz eines Aufenthaltstitels nur für die Dauer des Strafverfahrens. Das Übereinkommen schreibt aber vor, dass Opfer aus persönlichen Gründen ein Aufenthaltsrecht bekommen müssen. Dies gewährt das deutsche Recht bisher nicht. Dies muss auch die Bundesregierung endlich verstehen und die Regelung umsetzen. Das Übereinkommen fordert auch, dass weder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis noch das Ge- währen von Unterstützungsleistungen vom Zeugen- und Zeuginnenstatus abhängig gemacht werden dürfen. Ein dauerhaftes Bleiberecht für die Opfer von Menschenhan- del, das auch ohne die Kooperation mit den Behörden und ohne Aussagepflicht im Strafverfahren gewährt wer- den muss, ist daher ein zentraler Punkt. Aber auch, wenn Opfer in ihr Herkunftsland zurück- kehren, muss ihnen ein sicherer Neuanfang gewährt wer- den. Daher sind bei den Behörden vor Ort Strukturen zu schaffen, die den Neuanfang ermöglichen und unterstüt- zen. Die Strafbarkeit bei Delikten, die die Opfer während ihrer Abhängigkeitsbeziehung ausführen mussten, wie beispielsweise Diebstahl oder Betteln, muss laut Über- einkommen abgeschafft werden. Die Opfer dürfen nicht abermals ausgenutzt und allein gelassen werden. Eine klare Notwendigkeit zur Umsetzung! Art. 4 des Übereinkommens bestimmt den Begriff des Menschenhandels und sieht vor, dass schon die Intention der Tat für eine Strafverfolgung ausreicht. Doch leider lässt auch hier das deutsche Recht zu wünschen übrig. Die Formulierung des § 233 StGB ist ungeeignet und muss daher rasch und effektiv geändert werden. Der dort beschriebene Tatbestand ist so formuliert, dass er nur sehr schwer zu erfüllen ist. Zudem verhindert die subjek- tive Komponente eben genau diese Strafverfolgung. Die eigene Einwilligung in die Abhängigkeitsbeziehung zu den Täterinnen und Tätern darf nicht entscheidend bei der Definition dieses Verbrechens sein. Aus Angst vor negativen Konsequenzen fürchten sich Betroffene von Menschenhandel darüber hinaus nicht selten, Aussagen gegen die Täterinnen und Täter zu machen. Dies ist ein großes Hemmnis für die Strafverfolgung. Ein Zustand, den wir unbedingt ändern müssen. Das Vorgehen gegen Menschenhandel und die Ver- meidung von Menschenhandel erfordert einen integrier- ten Ansatz. Die strafrechtliche Ahndung ist dabei nur ein Teil. Prävention, Opferschutz, Aufklärung und Weiter- bildungen, die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftli- chen Gruppen sowie eine bisher noch unzureichende Überprüfung aller Maßnahmen durch Berichtspflichten etc. sind andere wichtige Bausteine bei der effektiven Bekämpfung dieses Verbrechens. Die Expertengruppe für die Bekämpfung des Menschenhandels, GRETA, kann nur bei einer Umsetzung der zuständigen Regelung des Übereinkommens eingesetzt werden. Die Arbeit die- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15875 (A) (C) (D)(B) ser Gruppe ist von großer Bedeutung für die Kontrolle der Umsetzung des Übereinkommens und die fortlau- fende Evaluierung der getroffenen Maßnahmen in den Vertragsstaaten. Darüber hinaus müssen die Anstrengungen zur öffent- lichen Sensibilisierung wie Informationskampagnen oder Schulungsprogramme verstärkt werden. So ver- langt es das Übereinkommen. Auch Fachberatungsstel- len, Nichtregierungsorganisationen und Behörden müs- sen zur effektiven Wahrnehmung ihrer Arbeit, nämlich der Unterstützung von Opfern, mit ausreichenden Res- sourcen ausgestattet werden. Die Einbindung von zivil- gesellschaftlichen Gruppen ist ein entscheidendes Ele- ment bei der Verhütung von Menschenhandel und der Unterstützung von Opfern. Nur Nichtregierungsorgani- sationen gelingt oftmals ein vertrauensvoller Zugang zu den Opfern. Ein sehr gutes Beispiel ist hier das Berliner Bündnis gegen Menschenhandel zum Zweck der Ar- beitsausbeutung, BBGM, in dem alle betroffenen Ver- bände, Vereine und Behörden zusammenarbeiten und ihre Maßnahmen gegen Menschenhandel koordinieren und sich kenntnisreich und sensibel um die Betroffenen von Menschenhandel kümmern. Dass der Gesetzentwurf keine finanziellen Aufwen- dungen für notwendig erachtet, spricht für sich. Wenn die Bundesregierung ernsthaft die Vorgaben des Über- einkommens erfüllen will, werden natürlich Kosten für Bund und Länder entstehen. Wie sonst können die vom Europarat geforderten Schulungen, verstärkte Grenzkon- trollen sowie unentgeltlicher Rechtsbeistand oder Zu- gang zu Bildung finanziert werden? Auch hier ignoriert die Bundesregierung wieder einmal die geltenden Vorga- ben des Europarates. Sie zeigt kein Engagement bei der Bekämpfung und Verhütung von Menschenhandel. Wenn man die Umsetzung der Regelungen des Europa- rats ernst nimmt, müssen die entstehenden Kosten ge- deckt sein. Doch die Bundesregierung handelt nicht. Ein Skandal! Zu befürchten ist, dass die Bundesregierung auch bei der Umsetzung der Richtlinie zur Verhütung und Be- kämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz vom 5. April 2011, die ich ausdrücklich begrüße, blo- ckiert und keine Notwendigkeit einer Umsetzung sieht. Dies gilt es zu verhindern. Es ist es an der Bundesregie- rung, die wichtigen und notwendigen Regelungen der Richtlinie rasch in deutsches Recht umzusetzen. Doch ein Gesetzentwurf lässt auf sich warten. Die Koalition gefällt sich im Nichtstun. Damit verrinnt wichtige Zeit, die die Opfer von Menschenhandel nicht haben. Die Bundesregierung hat den Handlungsbedarf nicht er- kannt. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundes- regierung auf, geeignete Vorschläge vorzulegen, um die Richtlinie so schnell wie möglich umzusetzen. Gleichsam fordern wir, den vorliegenden Gesetzent- wurf in der Form nachzubessern, dass das Übereinkom- men des Europarates konsequent in deutsches Recht überführt wird. Die Richtlinie und das Übereinkommen bieten große Chancen bei der effektiven und nachhalti- gen Bekämpfung dieses abscheulichen Verbrechens. Wir sollten gemeinsam klare Signale setzen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird in Kürze einen An- trag vorlegen, der die Defizite des Gesetzentwurfes be- nennt und die notwendigen Umsetzungen des Überein- kommens fordert. Lassen Sie uns nicht weiterhin zusehen, sondern den Menschenhandel endlich wirksam bekämpfen! Nehmen Sie das Übereinkommen und die Richtlinie ernst – zum Wohle der Opfer. Sibylle Laurischk (FDP): Menschenhandel in all seinen Ausprägungen, insbesondere der Frauenhandel, stellt eine schwere Menschenrechtsverletzung dar, deren Bekämpfung vordringliches Ziel aller Politiker, egal welcher Couleur, sein muss. Der Gesetzentwurf zu dem Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels ist das erste völkerrechtliche Überein- kommen, das den Schutz und die Unterstützung der Op- fer von Menschenhandel in den Mittelpunkt stellt. Durch das Gesetzesvorhaben wird der Menschenhandel auf in- ternationaler Ebene bekämpft. Da Menschenhandel typischerweise ein grenzüber- schreitendes Problem ist, wird die erfolgreiche Bekämp- fung des Menschenhandels nur gelingen, wenn in den Bereichen Strafverfolgung und Opferschutz multilateral zusammengearbeitet wird. In den letzten Jahren wurde durch zahlreiche multinationale Verträge und EU- Rechtsinstrumente die Zusammenarbeit der Herkunfts-, Ziel- und Transitländer bei der Bekämpfung des Men- schenhandels optimiert. Beispielhaft sind hier der EU- Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhan- dels vom 19. Juli 2002 sowie die diesem Gesetzentwurf zugrundeliegende Konvention des Europarates zu Maß- nahmen gegen den Menschenhandel vom 16. Mai 2005 zu nennen. Für eine effektive Bekämpfung sind sowohl nationale als auch länderübergreifende Strategien erforderlich. Das Übereinkommen sieht neben einer Angleichung der Straftatbestände und einer effizienten Strafverfolgung über die Landesgrenzen hinweg einen verbesserten Opfer- und Zeugenschutz vor. Mit dem Übereinkommen wird nicht nur der Grundsatz der Nichtabschiebung bei Ver- dacht von Menschenhandel etabliert, sondern auch eine Erholungs- und Bedenkzeit für die Opfer von mindestens 30 Tagen eingeführt. Darüber hinaus werden in dem Übereinkommen die Gewährung von Aufenthaltstiteln für die Opfer von Menschenhandel und das Recht auf Ent- schädigung geregelt. Wenn wir über Menschenhandel sprechen, sprechen wir insbesondere von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und von Zwangsprostitution. Im Jahr 2010 gab es offiziell 610 Opfer von „Menschenhan- del in die sexuelle Ausbeutung“. 96 Prozent der Opfer waren weiblich. Die Dunkelziffer dürfte jedoch sehr viel höher sein. Häufig werden die Frauen mit falschen Ver- sprechungen für eine angeblich legale Arbeit im Ausland angeworben und im Anschluss zur Prostitution gezwun- gen. Aber auch Frauen, die wissentlich für eine Tätigkeit in der Prostitution angeworben wurden, können Opfer von Menschenhandel sein, wenn sie gegen ihren Willen gezwungen werden, die Prostitution fortzusetzen. Die Menschenhandelsdelikte können häufig nur durch die 15876 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Aussagen von Opferzeuginnen zur Anklage gebracht werden. Die Opfer bedürfen daher eines besonderen Schutzes vor den Tätern, damit sie zu einer Aussage be- reit sind. Die oftmals traumatisierten Frauen brauchen während ihres Aufenthaltes in Deutschland auch eine qualifizierte Betreuung, um die langwierigen und meist quälenden Verfahren durchzustehen. Zwangsprostitution ist eine klare Menschenrechtsver- letzung. Das Thema entzieht sich parteipolitischer Aus- einandersetzung; zu sehr steht hier der humanitäre As- pekt im Vordergrund. Mit dem Gesetzentwurf zum EU- Übereinkommen schafft die Bundesregierung die Vo- raussetzung für einen Beitritt Deutschlands zu dem Übereinkommen, unterstützt die effektive Bekämpfung des Menschenhandels und zeigt ihre Bereitschaft, sich dem unabhängigen Kontrollmechanismus des Überein- kommens zu stellen. Eine für die Betroffenen von Menschenhandel ent- scheidende Regelung der Europaratskonvention ist die Vorgabe, die Unterstützung und Betreuung von Betroffe- nen unabhängig von der Aussagebereitschaft sicherzustel- len. Dies ist ein wichtiger Aspekt, um den Lebensunter- halt der betroffenen Frauen sicherzustellen. Entscheidend sind auch flankierende Hilfsangebote an Frauen, die im Rahmen von Polizeiaktionen aufgegriffen werden. Hier ist immer wieder die Finanzierung fraglich. Um auch zu- künftig effektive Maßnahmen zur Bekämpfung des Men- schenhandels und zur Unterstützung Betroffener zu ge- währleisten, ist eine sichere und angemessene Finan- zierung der Fachberatungsstellen dringend notwendig. Bundesregierung und Bundesrat sind sich einig, dass die entstehenden Verpflichtungen des Übereinkommens bereits im nationalen Recht durch das Gesetz zur Umset- zung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der eu- ropäischen Union vom 19. August 2007 verwirklicht sind. Andrej Hunko (DIE LINKE): Wir beraten heute über die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahre 2005, eine Umsetzung, die die Linksfraktion schon mehrfach gefordert hatte. Sechs Jahre sind seitdem ver- gangen, 34 Staaten des Europarates haben das Abkom- men mittlerweile ratifiziert; und so gut es ist, dass die Ratifizierung jetzt auf der Tagesordnung steht, so bedau- erlich ist es doch, dass Deutschland einmal mehr zu den Schlusslichtern bei der Umsetzung wichtiger Europa- ratsabkommen gehört. Die Bekämpfung des Menschenhandels ist ein ernstes Anliegen. Nach Schätzungen des Europarates werden jährlich mehrere hunderttausend Menschen in andere Länder verkauft, etwa 80 Prozent davon sind Frauen und Kinder, die dann oft zur Prostitution gezwungen werden. Menschenhandel ist nicht primär ein Problem der armen Länder, im Gegenteil, insbesondere wirtschaftlich starke Länder wie Deutschland sind betroffen, da sie Hauptpro- fiteure der sexuellen oder wirtschaftlichen Ausbeutung der Opfer von Menschenhandel sind. Zu begrüßen ist, dass die Menschenrechte und der Opferschutz im Zentrum des Übereinkommens des Eu- roparats stehen. Allerdings sind für eine konsequente Umsetzung dieses richtigen Grundansatzes noch weitere Schritte im nationalen Recht erforderlich, die über die Ratifizierung hinausgehen. Entscheidend für den erfolgreichen Kampf gegen Menschenhandel ist die Stärkung der Position der Opfer. Um sie vor möglichen Repressionen hinreichend zu schützen, ist es erforderlich, ihnen einen Rechtsanspruch auf einen Aufenthaltstitel zuzugestehen, der nicht von ihrer Kooperationsbereitschaft mit den Strafverfolgungs- behörden abhängt, wie es auch vom Europäischen Parla- ment in der Entschließung vom 10. Februar 2010 gefor- dert wird. Die Regelung, nach der die Betroffenen lediglich ei- nen Monat „Bedenkzeit“ bekommen und nur dann einen Titel bekommen, wenn sie bereit sind, auszusagen, birgt die Gefahr in sich, dass die Opfer als Zeugen in Strafpro- zessen instrumentalisiert werden. Der Aufenthaltstitel, den die Betroffenen bekommen sollten, darf nicht etwa auf die Zeit eines laufenden Strafverfahrens begrenzt sein, sondern muss mindestens auf sechs Monate ausge- stellt werden; darüber hinaus wird in vielen Fällen ein dauerhaftes Bleiberecht erforderlich sein. Die Linke fordert zudem, dass die Betroffenen in ih- rer Sprache über ihre Rechte informiert werden, dass die Beratungsstellen für Opfer ausgebaut und deren Finan- zierung gesichert wird und den Beraterinnen und Bera- tern ein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden wird. Der Zugang zu medizinischer und psychotherapeutischer Versorgung der Opfer muss ebenso wie der Zugang zu Bildungs- und Integrationsmaßnahmen gewährt werden. Die Leistungen, die einem Opfer von Menschenhandel aus einem Nicht-EU-Staat nach dem Asylbewerberleis- tungsgesetz zustehen, liegen unter dem Existenzmini- mum. Das ist menschenunwürdig und ist den Opfern von Menschenhandel ebenso wenig wie allen anderen Asyl- suchenden zuzumuten. Eine deutliche Erhöhung ist hier dringend erforderlich. Noch besser wäre selbstverständlich, den Betroffenen eine Arbeitserlaubnis zu gewähren, sodass sie selbstbe- stimmt für ihren Lebensbedarf sorgen können. Abschlie- ßend möchte ich anregen, einen Entschädigungsfonds einzurichten, auf den Betroffene unabhängig von ihrer Zusammenarbeit mit Behörden zugreifen können. Dies ist wirklich ein wichtiges Menschenrechtsthema – da sind wir uns wohl alle einig, und ich fordere deshalb dazu auf, das Abkommen zügig und mit dem angespro- chenen weitreichenden Opferschutz umzusetzen. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist zwar erfreulich, dass die Bundesregierung endlich an- lässlich des fünften Europäischen Tages gegen Men- schenhandel die Ratifizierung der Europaratskonvention gegen Menschenhandel vorantreibt. Jedoch ist mir völlig unverständlich, dass sie daraufhin keinen Umsetzungs- bedarf im nationalen Recht erkennt. Das ist typisch für diese Regierung. Das kennen wir schon von der UN- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15877 (A) (C) (D)(B) Kinderrechtskonvention, bei der sie erst nach langem Widerstand die Vorbehalte zurückgenommen hat, aber ansonsten die notwendigen Änderungen im deutschen Recht verweigert. Ihr Einsatz auf dem Gebiet der Men- schenrechte bleibt also weiterhin Show. Dass etwas unternommen werden muss, um den Men- schenhandel in Deutschland zu bekämpfen, sollte allen klar sein. Es gilt, den Fokus auch durch gesetzliche An- passungen auf die betroffenen Opfer zu legen, anstatt sich, wie die schwarz-gelbe Regierung, weitgehend auf die strafrechtliche Verfolgung der Täter zu konzentrie- ren. Wie viele Menschen in Deutschland Opfer von Men- schenhandel sind, wissen wir nicht. Die meisten von ih- nen sind Frauen, oft sogar minderjährige, die unter Zwang sexuell ausgebeutet werden. Es werden jedoch auch immer mehr Fälle bekannt, in denen Menschen wie Ware verkauft werden, um ihre Arbeitskraft auszubeu- ten. Menschen, deren Arbeitsbedingungen in einem auf- fälligen Missverhältnis im Vergleich zu den Bedingun- gen anderer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen, arbeiten in den unterschiedlichsten Branchen der Wirtschaft. Von der Fleischverarbeitungsindustrie über das Baugewerbe bis hin zum künstlerischen Gewerbe ist alles dabei. Alle Betroffenen stehen unter vielfältigen Formen von Druck, Zwang und körperlicher, sexueller sowie psychischer Gewalt. Auch in der Bundesrepublik Deutschland haben Op- fer von Menschenhandel zahlreiche Rechte. Dazu gehört unter anderem der einklagbare Anspruch auf Schadener- satz, Schmerzensgeld, Entschädigung sowie auf Lohn- auszahlung. Das ist gut und richtig, nur leider greifen diese Möglichkeiten nicht. Laut dem Deutschen Institut für Menschenrechte nehmen die Betroffenen diese Rechte kaum wahr, weil sie sie entweder gar nicht ken- nen oder Angst um ihre Arbeits- und Aufenthaltsmög- lichkeiten haben. Aus all diesen Gründen fordern wir die Bundesregie- rung erneut auf, die europarechtlichen Vorgaben umfas- send umzusetzen und von Menschenhandel betroffenen Migranten endlich die Möglichkeit zu geben, ihre Rechte wahrzunehmen. Das bedeutet zunächst, dass die Betroffenen über ihre Rechte sowie über deren Durchsetzbarkeit in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren informiert werden müssen. Nach der Europaratskonvention muss dies umfassend und unabhängig von einem Strafverfahren ab dem Zeit- punkt, ab dem konkrete Anhaltspunkte für Menschen- handel vorliegen, und in einer für die Betroffenen ver- ständlichen Sprache erfolgen. Dem wird die deutsche Rechtslage nicht gerecht. Denn § 406 h StPO sieht ledig- lich eine Pflicht der Information über die Rechte der Be- troffenen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren vor. In Fällen, in denen kein Strafverfahren eröffnet wird, bleiben die Betroffenen also im Dunkeln über ihre Rechte. Auch besteht keine Pflicht, die Betroffenen über ihre zivilrechtlichen Ansprüche sowie über ihre Aufent- haltsrechte aufzuklären. Handlungsbedarf besteht auch bei der Sensibilisie- rung der im Bereich des Menschenhandels eingesetzten Beamten. Ich unterstütze daher die Forderung des Deut- schen Instituts für Menschenrechte, durch Qualifizie- rungsmaßnahmen, Entwicklung von Indikatorenlisten und anderen geeigneten Maßnahmen sicherzustellen, dass alle Kontrollbehörden, die in anfälligen Branchen wie Gaststätten, Baustellen, Fleischereibetrieben etc. tä- tig sind, Wissen über Anzeichen von Menschenhandel und über Opferverhalten sowie zumindest das Recht auf die dreimonatige Bedenkfrist haben; siehe DIMR: Hin- tergrundpapier „Die Ratifikation der Europaratskonven- tion gegen Menschenhandel – Chance für einen umfas- senden Ansatz zur Stärkung der Entschädigungs- und Lohnansprüche der Betroffenen“. Opfer von Menschenhandel, und zwar auch solche ohne Aufenthaltsstatus, haben nach Art. 12 der Konven- tion ein Recht auf sichere Unterbringung sowie medizi- nische, rechtliche und psychosoziale Betreuung bzw. Be- ratung. Wie sich aus dem Bundeslagebild 2010 „Menschenhandel“ des Bundeskriminalamtes ergibt, nehmen bislang zu wenige Betroffene diese Rechte wahr. So wurden nur 35 Prozent der Opfer von Men- schenhandel zur sexuellen Ausbeutung nachweislich im Laufe der Verfahren von Fachberatungsstellen betreut. Diese Zahl zeigt ganz klar, dass die Kontrollbehörden die Betroffenen bislang nicht ausreichend über ihre Rechte informieren bzw. an Fachberatungsstellen ver- weisen. Sie zeigt aber auch, dass den nichtstaatlichen Organisationen eine ganz besondere Bedeutung bei der Unterstützung der Opfer von Menschenhandel zu- kommt. Damit die Beratungs- und Betreuungsstellen ihre wichtigen Aufgaben ausüben können, muss die Bundesregierung sicherstellen, dass die Organisationen auf eine sichere und verbindliche Finanzierung zurück- greifen können. Bei einer konsequenten Verweisung von Kontrollbehörden an die Fachberatungsstellen wird de- ren Bedarf noch steigen. Diese und weitere Forderungen haben wir bereits in der letzten Wahlperiode in unserem Antrag „Menschenhandel bekämpfen – Opferrechte wei- ter ausbauen“, Bundestagsdrucksache 16/1125, vorge- legt. Jedem Opfer von Menschenhandel muss außerdem unabhängig von der Bereitschaft, in einem Strafprozess auszusagen, mindestens eine Aufenthaltserlaubnis ge- währt werden, die es zeitlich zulässt, Entschädigungs-, Schadenersatz- und Lohnansprüche geltend zu machen, Bundestagsdrucksache 17/6167. In diesem Sinne hebt auch Art. 10 der neuen EU-Menschenhandelsrichtlinie hervor, dass die Betroffenen für die Durchsetzung ihrer Rechte teilweise auch Zeit nach dem Strafverfahren be- nötigen. Meldepflichten der Behörden für Migranten ohne Aufenthaltstitel sind, wo sie Migrantinnen und Migran- ten daran hindern, zu ihren Rechten zu kommen, zu lockern; vergleiche Bundestagsdrucksache 17/6167. Die Bundesregierung muss sich, was die Menschen- rechte betrifft, unter anderem am Umgang mit den Op- fern von Menschenhandel messen lassen. Europa hat auf 15878 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) diesem Gebiet viel geleistet. Jetzt ist es an der Bundes- regierung, die guten Vorgaben zu erfüllen. Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: 10 Jahre Frauen in der Bundeswehr (Tagesordnungspunkt 16) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Vor einiger Zeit begegnete ich bei einem Empfang des Bundesver- teidigungsministers zwei weiblichen Oberleutnants der Bundeswehr, die kürzlich aus Afghanistan zurückge- kehrt waren; die eine als Fernmelderin, die andere mit der Truppe Operative Information. Nun habe ich bei Besuchen in Afghanistan natürlich schon viele Soldatinnen getroffen. Und es ist vielleicht bezeichnend für die Normalität, die dieser Dienst von Frauen in der Bundeswehr mittlerweile bedeutet, dass mir erst auf diesem Empfang fernab der Einsatzrealität auffiel: Inzwischen gibt es nicht nur deutsche Soldatin- nen, sondern schon Veteraninnen. Da wird einem plötzlich ganz praktisch bewusst, dass es doch schon zehn Jahre her sind seit der Öffnung aller Laufbahnen in der Truppe für Frauen. Rund 5 Prozent al- ler Soldaten in den Auslandseinsätzen sind heute weib- lich. In der gesamten Truppe sind es über 9 Prozent. Die meisten davon stehen noch auf den unteren Stufen der Karriereleiter. Zum General wird man eben nicht über Nacht. Aber es gibt mittlerweile mehrere weibliche Kompa- niechefs. Und Frauen dienen wirklich in nahezu allen Bereichen; einschließlich solchen, die man selbst inner- halb der Bundeswehr als Männerdomäne betrachten könnte. Kürzlich führte ein anderer weiblicher Oberleut- nant in Afghanistan erstmals einen Infanteriezug im Ge- fecht. Wir haben eine Tornado- und eine Phantom-Pilo- tin. Es ist zwar richtig, dass Frauen auch bei der Bundes- wehr eher zu Unterstützungs- als zu Kampfverwendun- gen tendieren. Beispielsweise ist der Sanitätsdienst mitt- lerweile zu über 40 Prozent weiblich. Aber vergessen wir nicht: Jede Patrouille in Afghanistan wird von einem Sanitätstrupp begleitet, der genau dasselbe Risiko trägt wie die Infanteristen. Und dann kommt noch etwas anderes hinzu: Die weitaus meisten Soldatinnen wollen keine Sonderbe- handlung. Sie wollen keine Quotenfrauen sein; auch wenn das Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsge- setz ein Ziel von 15 Prozent Frauenanteil in allen Ver- wendungsbereichen vorgibt. Sie wollen weder offiziell noch inoffiziell bevorzugt werden, um irgendwelche Zahlen zu erreichen. Sie sind zum Beispiel auch die ers- ten, die einem klipp und klar sagen: Solange die Gleich- stellungsbeauftragten nur von den Soldatinnen gewählt werden, werden sie eben doch Frauenbeauftragte sein. Und das entspricht genau der Sonderrolle, die sie sich nicht wünschen. Sie wollen vielmehr durch Leistung überzeugen, genau wie ihre männlichen Kameraden. Und wenn sie beispielsweise nicht die notwendige kör- perliche Leistung erbringen, um in der Infanterie mithal- ten zu können, dann akzeptieren sie das. Denn sie wissen schließlich: Die Taliban etwa haben keine Gleichstel- lungsgesetze. Und die nehmen keine Rücksicht darauf, wie schnell man mit der Ausrüstung laufen oder über ein Hindernis klettern kann. Das kann natürlich heißen, dass es in einigen beson- ders fordernden Verwendungen wie beim KSK oder den Kampfschwimmern niemals Frauen geben wird. Aber ich habe ja gerade schon das Beispiel der Infanteriezug- führerin in Afghanistan genannt. Also, wer weiß? Natürlich ist die bisherige Entwicklung nicht pro- blemlos verlaufen. Die Integration von Frauen in die Bundeswehr hat diese in vielerlei Hinsicht positiv verän- dert. Gerne wird ja darauf hingewiesen, der Umgangston sei freundlicher geworden. Ich möchte lieber ganz kon- krete Vorteile nennen; wenn etwa eine Soldatin in Af- ghanistan mit Frauen sprechen oder sie durchsuchen kann, wie es fremden Männern aufgrund der kulturellen Gegebenheiten des Landes gar nicht möglich wäre. Aber die Integration hat auch Herausforderungen mit sich gebracht, die zum Teil nicht von Anfang an erkannt worden sind, und die es noch zu bewältigen gilt. Die Vorbehalte, die viele männliche Soldaten zu Beginn ge- gen Frauen in der Truppe hatten, sind durch den Umgang im Alltag und nicht zuletzt im Einsatz weitgehend über- wunden. Natürlich gibt es, wie überall, wo Männer und Frauen zusammenarbeiten, auch manchmal Spannungen. Ja, auch in der Bundeswehr gibt es Eifersüchteleien; es gibt immer noch hier und da Vorurteile zwischen den Ge- schlechtern, und es gibt auch sexuelle Belästigung. Letz- terem muss mit aller Entschiedenheit begegnet werden. Aber wir müssen auch festhalten: Die Bundeswehr sticht in dieser Beziehung nicht negativ von zivilen Be- schäftigungsfeldern ab. Dagegen musste sie einiges erst lernen, was dort schon lange selbstverständlich ist. Ich nenne das Stichwort „Vereinbarkeit von Familie und Dienst“. Was ist, wenn nicht mehr der Vater der Soldat in der Familie ist, sondern die Mutter? Oder sogar beide El- ternteile? Bereits 2007 gab es mehr als 600 Soldatenehepaare. Wie organisieren diese modernen Familien die Kinder- betreuung oder auch die Pflege von Angehörigen? Wir mussten erst lernen, dass solche Fragen die Streitkräfte sehr direkt angehen, und dass es nicht mit einer Zeile in einer Dienstvorschrift getan ist, dass der Vorgesetzte bei der Gestaltung des Dienstes nach Möglichkeit Rücksicht auf familiäre Belange der Soldaten nehmen sollte. Wenn 40 Prozent der Sanitätssoldaten weiblich sind, führt ein allzu starres Personalsystem eben zu Ausfällen durch Schwangerschaften und Elternzeiten. Das hat auch zu den Personal- und Attraktivitätsproblemen des Sani- tätsdienstes beigetragen, mit denen wir uns in den letzten Jahren befassen mussten. Wir haben diese Probleme er- kannt und gerade in Bezug auf die Vereinbarkeit von Fa- milie und Dienst bereits die notwendigen Verbesserun- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15879 (A) (C) (D)(B) gen angestoßen; etwa durch die flächendeckende Ausweitung der Familienbetreuungsorganisation, die Unterstützung in Kinderbetreuungsangelegenheiten durch den Sozialdienst der Bundeswehr, die Einrichtung von Eltern-Kind-Arbeitszimmern und vielem mehr. Im Rahmen der anstehenden Bundeswehrreform hat die Bundesregierung einen weiteren umfassenden Maß- nahmenkatalog vorgelegt. Die Koalitionsfraktionen be- gleiten diesen Prozess konstruktiv, auch mit eigenen Vorschlägen. Wir werden auf diesem Wege zugleich die Integration von Frauen in die Bundeswehr weiter erfolg- reich voranbringen. Die Soldatinnen der Bundeswehr sind heute, zehn Jahre nach der Öffnung aller Laufbahnen, nicht nur ein akzeptierter Teil der Truppe. Ihr Dienst wird vielmehr weitgehend als normal empfunden und ist nicht mehr wegzudenken. Sie werden nach und nach auch weitere Bereiche für sich erschließen und, jawohl, es wird künf- tig auch weibliche Generäle geben – und zwar nicht we- gen einer Quote, sondern durch eigene Leistung. Karin Evers-Meyer (SPD): In den vergangenen zehn Jahren hat die Bundeswehr ein neues Gesicht bekom- men. Die Bundeswehr ist zu einer Einsatzarmee gewor- den. Viele Tausende Soldatinnen und Soldaten tun ihren Dienst an vielen Ecken der Welt. Die Wehrpflicht ist Ge- schichte, und in der kommenden Woche wird der Vertei- digungsminister einen Reformfahrplan vorlegen, der die Bundeswehr, wie so oft in den vergangenen zehn Jahren, aufs Neue durchschütteln wird. Die Bundeswehr hat raue Zeiten hinter sich, und ich muss kein Prophet sein, um heute zu sagen: Es stehen noch rauere Zeiten bevor. Im Angesicht dessen, was in den nächsten Monaten auf die Bundeswehr und ihre Angehörigen zukommt, ist es nicht ganz leicht, etwas Verlässliches über die Situa- tion von Frauen in der Bundeswehr zu sagen. Zehn Jahre Frauen in der Bundeswehr ist etwas, über das wir uns freuen können. Die Öffnung der Bundeswehr für Frauen hat dieser Armee gutgetan. Mehr Pluralität und Offen- heit, mehr Stabilität und Transparenz, ich denke, das ist es, was wir heute mit einiger Sicherheit festhalten kön- nen; das hat uns die Öffnung der Bundeswehr für Frauen gebracht. Es wird sich nicht messen lassen, aber ich denke schon, dass wir mit dieser Öffnung der Bundes- wehr etwas von dem erhalten haben, was sie durch die Einstellung der Wehrpflicht verloren hat. Die Tatsache, dass auch Frauen Dienst bei der Bundeswehr tun kön- nen, erhält ein Stück weit das Bild dieser Armee als eine, die quer durch alle Bevölkerungsstrukturen verankert ist, die vor Ort stattfindet, in den Familien. Ich bedanke mich heute bei den Frauen, die sich für die Bundeswehr entschieden haben. Ich bedanke mich für ihre Ausdauer, für ihr Engagement und für ihren Ein- satz. Ohne Frage werden Sie Hürden und Widerstände überwunden haben, die einige von uns als unüberwind- bar empfinden würden. Zehn Jahre Frauen in der Bundeswehr ist aber auch der richtige Zeitpunkt, ein objektives Bild vom Dienst in der Bundeswehr von Frauen zu zeichnen. Der Frauenan- teil in den Streitkräften liegt heute bei etwa 9 Prozent. Das ist etwas mehr als die Hälfte von dem, was man sich erhofft hatte. Auch im Bereich der zivilen Wehrverwal- tung liegt der Frauenanteil noch rund 10 Prozent unter den ursprünglichen Zielvorgaben. Mit anderen Worten: Die Bundeswehr hat immer noch nicht so viele Frauen, wie wir uns das alle wünschen. Abseits der Zahlen ist das Bild nicht viel besser: Da, wo Frauen auch schon länger Dienst tun, etwa im Sanitätsdienst, ist der höchste Dienstgrad, den eine Frau im militärischen Bereich aus- füllt, Oberst. Auch das ist – gelinde gesagt – verbesse- rungsbedürftig. Wer in den letzten Tagen Frauenquoten in Vorständen fordert, der sollte wissen: Oberst ist zwar höheres Management, vom Vorstand aber noch weit ent- fernt. Woran liegt das? Ich denke, wir sind uns einig, dass es nicht an der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfä- higkeit von den Frauen in der Bundeswehr liegt, ganz im Gegenteil. Der Grund für die mangelnde Besetzung von Dienstposten mit Frauen ist die mangelnde Attraktivität der Bundeswehr – insbesondere für Frauen. Ich bin ge- spannt, ob der Reformplan, den wir in der nächsten Wo- che vom Verteidigungsministerium erwarten, hieraus die richtigen Schlüsse zieht. Ohne ein konsequentes und ernsthaftes Gleichstellungskonzept für die Bundeswehr werden wir den Anteil von Soldatinnen in den Streitkräf- ten nicht auf 15 Prozent erhöhen können. Teil eines solchen Konzepts muss neben einer Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten auch die Schulung der Per- sonalverantwortlichen insgesamt sein. Es besteht immer noch der Verdacht, dass in Teilen der Truppe ein Bild der Bundeswehr vorherrscht, in dem Frauen höchstens eine schmückende Rolle spielen. Um das ganz klar zu sagen: Wer glaubt, hier das Rad der Geschichte zurückdrehen zu können, der irrt. In Zeiten großer Nachwuchssorgen sollte dem letzten Dinosaurier klar sein, dass es ohne das Engagement von Frauen nicht gehen wird. In diesen Zei- ten müssen alle mithelfen, die Organisation Bundeswehr als eine zukunftsgewandte, transparente, offene Armee zum Erfolg zu führen. Ich unterstütze daher die Forde- rung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach einer klaren gleichstellungsrechtlichen Ausrichtung der Perso- nalpolitik der Bundeswehr. Kurz vor Bekanntmachung der Reformpläne des Ver- teidigungsministeriums in der kommenden Woche will ich hier aber noch etwas konkreter werden. Wir werden nicht akzeptieren, dass die Frage der Gleichstellung von Frauen in der Bundeswehr noch einmal mit dem Hinweis auf 300 real existierende Eltern-Kind-Zimmer abgetan wird. Nein, es reicht nicht aus, ein Zimmer herzurichten und ein bisschen Spielzeug da reinzulegen. Frauen, die sich in und für die Truppe engagieren wollen, haben An- spruch auf Strukturen, wie sie außerhalb längst gelten. Die Bundeswehr muss exzellente Familienförderungs- und Betreuungsstrukturen schaffen. Wer, wenn nicht die Bundeswehr, muss hier mit bestem Beispiel vorangehen. Sechs Monate Auslandseinsatz können nicht auf dem Rücken fürsorglicher Großeltern ausgetragen werden, die sich vielleicht um Kinder von Soldatinnen kümmern können. Wir leben im 21. Jahrhundert, die Bundeswehr 15880 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) will eine Armee im 21. Jahrhundert sein. Dann handeln Sie auch so! Ich erinnere mich noch gut an den Mai dieses Jahres, als der Verteidigungsminister seine neuen Verteidigungs- politischen Richtlinien vorgestellt hat. Kein Wort darin von Gleichstellung der Frauen in der Truppe. Kein einzi- ges Wort. Auch wenn vielleicht seinerzeit nur Männer an diesem Papier geschrieben haben: Die Welt außerhalb der Bundeswehr ist da schon weiter. Und da nützt es auch nichts, dass anschließend noch eilig ein Alibisatz in die Richtlinien aufgenommen wurde. Für dieses Quartal, das übrigens das zweite Quartal nach dem Aussetzen der Wehrpflicht ist, haben sich 4 542 Freiwillige bei der Bundeswehr gemeldet. Davon sind 142 Frauen. Wenn von diesen Freiwilligen wieder fast ein Viertel nach kurzer Zeit den Dienst quittiert, dann können wir die neuen Frauen in der Bundeswehr bald alle per Handschlag begrüßen. Ich hoffe, das ist den Verantwortlichen eine Warnung und eine Mahnung, end- lich etwas zu tun – für die Frauen und für die Attraktivi- tät der Bundeswehr insgesamt. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Als vor über zehn Jahren die ersten Soldatinnen ihren Dienst in der Bundeswehr aufnahmen, markierte Ihr Antritt für man- che der altgedienten Militärs den gefühlten Anfang vom Ende ihrer geliebten Bundeswehr. Doch schon nach kur- zer Zeit wurde deutlich, welche Bereicherung engagierte Frauen für die Bundeswehr sind. Mittlerweile leisten mehr als 17 000 Frauen ihren Dienst. Nicht nur, wie vor- her schon üblich, bei den Sanitätern, sondern auch beim Heer, bei der Luftwaffe und bei der Marine, und sowohl im Inland als auch bei den Auslandseinsätzen tragen sie mit ihrer Arbeit zum Erfolg der Bundeswehr bei. Aber die durchaus positiven Zahlen dürfen nicht den Blick auf die immer noch in Teilen vorherrschenden Pro- blemlagen verstellen. Die Integration von Frauen ist noch längst nicht abgeschlossen, sondern sie ist ein lang- fristiger Prozess, der die Bundeswehr auch in den nächs- ten Jahren begleiten wird. Die jährlichen Berichte des Wehrbeauftragten machen deutlich, dass im persönlichen Umgang innerhalb der Bundeswehr Soldatinnen mitunter nicht die verdiente Wertschätzung ihrer Arbeit erfahren. Teilweise sind sie Ausgrenzungen, Beleidigungen und in – Gott sei Dank – seltenen Fällen auch Belästigungen ausgesetzt. Diese Fälle müssen, wie in der Vergangenheit, auch in Zukunft konsequent aufgeklärt und verfolgt werden. Mein Dank gilt den zivilen und militärischen Gleich- stellungsbeauftragten, die dieses wichtige Thema immer wieder ansprechen und mit ihren Beratungsleistungen die Soldatinnen in ihrer täglichen Arbeit begleiten. Her- vorzuheben ist auch das Engagement des Wehrbeauf- tragten, der sich des Themas in seinen jährlichen Berich- ten immer wieder annimmt und der Politik Handlungs- bedarf aufzeigt. Im Sommer habe ich die Marine in Eckernförde be- sucht und dort bewusst auch das Gespräch mit Soldatin- nen gesucht. Sie berichteten mir häufig, dass sie eben nicht eine Sonderstellung aufgrund ihres Geschlechts einnehmen wollen. Sie verstehen sich als ein gleichbe- rechtigter Teil ihrer Einheit. Für sie hat manche gutge- meinte Fördermaßnahme deshalb den gegenteiligen Ef- fekt, weil sie sich dem Anschein einer Bevorzugung ausgesetzt sehen. Dies ist ohne Frage nur ein Ausschnitt aus einem breiten Meinungsspektrum, aber es zeigt, dass die Maßnahmen zu Förderungen mit Bedacht gewählt werden müssen, um eine echte und nachhaltige Integra- tion zu ermöglichen. Es hilft eben keine leere Symbol- politik, wie sie die Grünen mit ihrem Antrag betreiben, sondern es braucht konkrete Maßnahmen, die die Bun- deswehr als Arbeitgeber für Frauen attraktiver machen. In vielen Studien wird als aktuell größte Herausforde- rung die Vereinbarkeit von Beruf und Familie genannt. An diesem Punkt setzen wir ganz konkret mit unseren reformbegleitenden Maßnahmen an. In unserem gestern im Verteidigungsausschuss eingebrachten Antrag zum Haushalt 2012 machen wir deutlich, dass für uns das Ziel einer verbesserten Vereinbarkeit von Dienst und Fa- milie kein Lippenbekenntnis ist; wir liefern hier. Familienfreundlichkeit wird in Zukunft einer der wichtigsten Faktoren bei der Berufswahl junger Men- schen sein. Dabei ist es entscheidend, dass die Unterstüt- zungsangebote, wie beispielsweise die Kinderbetreu- ungsmöglichkeiten, sich an den realen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Soldatinnen und Soldaten orien- tieren. Ganz konkret realisieren wir das Pilotprojekt „Zu Hause in der Bundeswehr“, bei dem neben attraktiven Wohnmöglichkeiten für die ganze Familie ein umfassen- des Familienbetreuungsprogramm nebst Kindertagesein- richtungen und für Personal nach Einsatzrückkehr auch Erholungseinrichtungen angeboten werden sollen. Wir sorgen für eine elternfreundlichere Infrastruktur, beispielsweise durch die Einrichtung von insgesamt 300 Eltern-Kind-Arbeitszimmern an über 170 Stand- orten und durch eine bessere materielle wie personelle Ausstattung des zuständigen Referates im Bundesminis- terium der Verteidigung. Niemand soll in der Bundeswehr Benachteiligungen erfahren, weil er Kinder hat. Daher ermöglichen wir die Kostenübernahme für die Betreuung der Kinder von Sol- datinnen und Soldaten, die an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen. All das sind Maßnahmen, die nicht nur die Attraktivi- tät der Bundeswehr als Arbeitgeber für Frauen steigern, sondern generell Soldaten mit Familienpflichten beider- lei Geschlechts zugutekommen. Das Problem der auch aus meiner Sicht immer noch zu geringen Zahl an Frauen, die sich für einen Dienst in der Bundeswehr entscheiden, lösen wir deshalb auch nicht durch eine Veränderung der bestehenden Quote. Eine Quote kann immer nur als Marke für ein politisch gewolltes Ziel dienen, sie ersetzt jedoch niemals kon- krete Maßnahmen, wie wir sie mit unseren reformbeglei- tenden Maßnahmen vorlegen. Den laufenden Reform- prozess nutzen wir als Chance, um das von uns Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15881 (A) (C) (D)(B) gewünschte Ziel eines ausgewogeneren Geschlechter- verhältnisses innerhalb der Bundeswehr voranzubringen. Es macht mich stolz, dass wir durch unsere liberale Regierungsbeteiligung nun erstmalig nicht mehr über ei- nen Zwangsdienst nur für Männer als natürlichen Rekru- tierungsweg für das Personal der Bundeswehr sprechen, sondern über die Ausgestaltung von Freiwilligkeit. Die Bundeswehr wird durch unsere Maßnahmen als Arbeit- geber so attraktiv, dass wir nicht mehr auf die Wehr- pflicht angewiesen sind, sondern junge engagierte Frauen und Männer durch ein überzeugendes Angebot für den Dienst in der Bundeswehr begeistern. Zehn Jahre Frauen in der Bundeswehr ist ein Erfolgs- modell! Ein Erfolg nicht nur für die Frauen selbst, son- dern für die Bundeswehr als Institution und unsere ge- samte Gesellschaft. Auch Gutes kann immer noch besser werden. Daran hier zu arbeiten, ist unser Auftrag, den wir geduldig und stets weiterverfolgen werden. Inge Höger (DIE LINKE): „Zusammen mit ihren männlichen Kameraden erfüllen die Soldatinnen den Auftrag der Bundeswehr; auch in den Auslandseinsät- zen. Ihre wachsende Zahl in den Streitkräften fördert zu- dem die Akzeptanz der Bundeswehr in der Gesell- schaft.“ – So feierte die Bundeswehr auf ihrer Homepage den zehnten Jahrestag der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, die es Frauen ermöglicht, an der Waffe zu dienen. In den letzten zehn Jahren wurde die Bundeswehr immer stärker zur Ein- satzarmee und ist vor allem in Afghanistan aktive Kriegspartei. Angesichts dessen stellt sich mehr denn je die Frage, ob die verstärkte Rekrutierung von Frauen wirklich der ersehnte Weg zu mehr Gleichberechtigung ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass Tanja Kreil damals ihre Klage mit Unterstützung des BundeswehrVerbandes betrieb und auch innerhalb der Bundeswehr ein starkes Interesse daran bestand, die im Grundgesetz verankerte Beschränkung des Einsatzes von Frauen in der Bundes- wehr zu überwinden. Was sich damals abzeichnete, ist heute Realität. Die Bundeswehr ist keine Wehrpflicht- armee mehr, und die Probleme bei der Rekrutierung von Nachwuchs für die Einsätze der Bundeswehr in aller Welt wachsen. Durch die Möglichkeit, nun auch Frauen für den Dienst an der Waffe auszubilden, hat sich der Pool für die Rekrutierung faktisch verdoppelt. Doch offensichtlich gelingt es der Bundeswehr nicht, Frauen in gleichem Maße anzusprechen wie Männer. Gerade einmal 9 Prozent der Bundeswehrangehörigen sind Frauen. Auch bei der Bundeswehr wurden in den zehn Jahren die klassischen Rollenmuster nicht über- wunden, der größte Teil der 17 500 Frauen entscheidet sich für den Sanitätsdienst. Unter den Bundeswehrsolda- ten, die im Auslandseinsatz sind, ist der Frauenanteil re- gelmäßig etwas niedriger und liegt bei 5 Prozent. Etwa 350 Soldatinnen sind an den verschiedenen Kriegs- und Besatzungseinsätzen beteiligt. Der Anteil der Frauen, die mit körperlichen oder seelischen Verletzungen aus die- sen Einsätzen zurückkommen, steigt. Wie die Grünen in ihrem Antrag angesichts dieser Entwicklung so kritiklos dafür werben können, dass sich der Anteil der Frauen am Kanonenfutter erhöht, ist mir ein Rätsel. Die Bundeswehr ist kein Arbeitgeber wie jeder an- dere. In letzter Konsequenz geht es bei einer Karriere in der Bundeswehr auch um die Bereitschaft zum Sterben und Töten. Der vorliegende Antrag ignoriert diese Tat- sache. Grüne und Bundeswehr scheinen sich einig zu sein, einen Frauenanteil von mindestens 15 Prozent erreichen zu wollen. Interessant ist, dass der Frauenanteil bei den neuen Rekruten bereits annähernd erreicht wird. Aller- dings springen viele Frauen gerade in der ersten Zeit und nach ersten Erfahrungen mit der Bundeswehr – häufiger als Männer – wieder ab. Viele Frauen geben für ihr Aus- scheiden aus der Bundeswehr pauschal persönliche Gründe an. Was damit gemeint sein könnte, beschreibt das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr: Etwa 43 Prozent der männlichen Soldaten sind sich si- cher, dass Frauen für körperlich anspruchsvolle Tätig- keiten ungeeignet sind. Zu diesen abwertenden Kom- mentaren gesellen sich häufig sexistische Bemerkungen und anzügliche Witze. Davon waren nach eigenen Anga- ben weit mehr als die Hälfte der Frauen betroffen. Noch gravierender ist, dass jede fünfte Frau von sexuellen Be- lästigungen in ihrem Arbeitsumfeld berichtet. Dies sind nur einige Indizien dafür, dass manche junge Frau für ihre Chance bei der Bundeswehr einen hohen Preis be- zahlt. Ob die von den Grünen geforderten Gleichstel- lungsmaßnahmen daran wirklich etwas ändern werden, darf bezweifelt werden. Auch in Armeen mit höherem Frauenanteil und besseren Gleichstellungsregeln wie etwa in den USA sind patriarchale Tendenzen in der Ar- mee nach wie vor feststellbar. Es ist bedenklich, wenn junge Menschen – egal ob Frauen oder Männer – die Bundeswehr als einzige Mög- lichkeit sehen, eine Berufsausbildung zu machen oder ein Studium finanzieren zu können. Wenn sich die zuge- hörigen Werbestrategien noch stärker auf Frauen richten, dann löst dies das zugrunde liegende Problem nicht. Nö- tig ist ein Ende der Werbung für die Bundeswehr und ein Stopp der zugehörigen Rekrutierungsstrategien – für beide Geschlechter. Übrigens ist ebenso dringend eine Neuorganisation der Sportförderung außerhalb der Bundeswehr nötig. Von den 700 durch die Bundeswehr geförderten Spitzen- sportlern sind gerade mal ein Drittel weiblich. Ge- schlechtergerechtigkeit ließe sich auch hier wesentlich besser durch ein ziviles System bewerkstelligen. Im Verhältnis zur niedrigen Anzahl der Frauen in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr tauchen diese Frauen erstaunlich häufig auf Bildern auf, mit denen die Bundeswehr ihre Tätigkeit an die Öffentlichkeit trans- portiert. Dahinter steht eine bewusste Strategie, die sich gerade durch die Darstellung von Frauen, die als fried- licher wahrgenommen werden, eine höhere gesellschaft- liche Akzeptanz erhofft. Frauen werden somit als Teil der Öffentlichkeitsstrategie der Bundeswehr instrumen- talisiert. 15882 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Zur Emanzipation und zur Überwindung von ge- schlechtsspezifischer Rollenbildung hat die Freigabe des Dienstes an der Waffe nichts beigetragen. Und es ist nicht davon auszugehen, dass dies im Rahmen patriar- chaler Militärstrukturen jemals möglich sein könnte. Ein olivgrünes Gütesiegel für Geschlechtergerechtigkeit, wie es den Grünen wohl vorschwebt, wird daran nichts än- dern. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein zehn- jähriges Jubiläum ist nicht nur eine Gelegenheit zu re- den, sondern auch Bilanz zu ziehen und die eigenen Vor- sätze zu überprüfen. Im Jahre 2001 wurden erstmals Soldatinnen außer- halb der Militärmusik und des Sanitätsdienstes in die Bundeswehr aufgenommen. Dazu hat es allerdings erst einer UN-Resolution und eines Gerichtsurteils des EuGH bedurft. Dennoch war dies ein wichtiger Schritt im Sinne der Gleichberechtigung. Allerdings muss ich auch gleich wieder Wasser in den Wein kippen. Gerade einmal 9 Prozent macht der Anteil von Frauen in der Bundeswehr aus. Die gesetzlich fest- gelegte Quote von 15 Prozent ist noch lange nicht er- reicht. Weit gefehlt würde ich sagen. Dazu kommt, dass von den 17 500 Soldatinnen fast die Hälfte, nämlich 7 250 im Sanitätsdienst tätig sind und dieser Bereich bereits lange vor 2001 Frauen offen- stand. Hier hätte daher längst die vorgesehene Quote von 50 Prozent erreicht werden können! Stattdessen müssen wir feststellen, dass es auch im Sanitätsdienst erst eine einzige Generalstabsärztin gibt. Außerhalb des Sanitätsdienstes ist Oberst derzeit der höchste Dienstgrad, den eine Frau ausübt. Im Ministe- rium arbeiten überhaupt keine Frauen in militärischen Führungspositionen. Hier besteht absolut Nachholbe- darf. Die Bundeswehrreform muss als Gelegenheit be- griffen werden, die gläserne Decke in der Bundeswehr zur Seite zu räumen! Allerdings wurden in der Reform hierzu keinerlei An- strengungen unternommen. Gleichstellung ist weder auf dem Papier noch im politischen Handeln des Ministers präsent. Schon bei der Vorstellung der verteidigungs- politischen Richtlinien am 18. Mai mussten wir feststel- len, dass Frauen und Gleichstellung überhaupt nicht vor- kamen. Erst nach der Veröffentlichung wurde dieses Ver- sehen entdeckt und nachträglich noch ein verschämter Satz eingefügt. Man sieht daran exemplarisch, dass die Män- nerdomäne im Verteidigungsministerium noch nicht in der Moderne angekommen ist. Die UN-Resolution 1325 for- dert nicht umsonst entsprechende Ausbildungs- und Trai- ningsmaßnahmen in den Streitkräften. Das Bundesgleichstellungsgesetz und das Soldaten- gleichstellungsgesetz müssen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Geschäftsbereich des BMVg präsent sein, und diese müssen dementsprechend im Sinne der Gleichstellung handeln. Jetzt wurde die Bundeswehrreform nicht nur nicht ge- nutzt, um die Gleichstellung voranzubringen, es ist im Gegenteil eher ein Rückschritt in der Gleichstellung zu erwarten. So gibt es derzeit gerade einmal 35 militäri- sche Gleichstellungsbeauftragte. Durch die Schließung von Dienststellen ist eine Reduzierung der Zahl der Gleichstellungsbeauftragten die wahrscheinliche Folge. Deshalb fordern wir einen Evaluationsbericht, um zu überprüfen, ob die Zahl der bisherigen Gleichstellungs- beauftragten ausreichend ist. In Anbetracht des allgemeinen Wehklagens über die Nachwuchsrekrutierung ist es schon verwunderlich, wie wenig dabei an den weiblichen Nachwuchs gedacht wird. Werbemaßnahmen, wie Fernsehspots, zielen vor- nehmlich auf eine männliche Zielgruppe ab, wenngleich nicht so schlimm wie in Österreich, wo die Armee damit geworben hat, dass man als Soldat besser bei Frauen an- komme. Es wird aber auch in Deutschland bei der Wer- bung auf ein überkommenes heroisches Männlichkeits- bild abgezielt. Hier fordern wir, dass Werbemaßnahmen so gestaltet werden, dass Frauen wie Männer gleicher- maßen angesprochen werden. In letzter Zeit ist uns in mehreren Veröffentlichungen ein rückwärtsgewandtes biologistisches Menschenbild der neuen Rechten begegnet, das die Möglichkeit eines weiblichen Beitrags zur Aufgabenerfüllung in den Streit- kräften negiert. Hier brauchen wir eine konsequente Aufklärung. Herabwürdigende Tiraden dürfen in der Bundeswehr keinen Platz haben. Auch in das Ausbildungskonzept der Bundeswehr muss die Gleichstellung fest verankert werden. Jede Soldatin und jeder Soldat muss umfassend über die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen der Gleichstellung informiert sein. Wir müssen also den Frauenanteil im Allgemeinen und in der Führungsebene im Besonderen deutlich aus- bauen. Außerdem müssen wir die weiblichen Nach- wuchskräfte besser unterstützen und fördern. Gleichstellung lässt sich aber nicht nur an Zahlen messen. Gleichstellung beginnt in den Köpfen. Hier muss nicht nur in den Streitkräften, sondern auch gerade im Ministerium noch einiges verbessert werden. Die Bilanz nach zehn Jahren Frauen in der Bundes- wehr macht eines deutlich: Es ist noch viel zu tun. Gleichstellung in der Bundeswehr muss bei den anste- henden Reformen immer mitgedacht werden. Dann pas- siert es einem auch nicht – Herr Minister –, dass im Nachhinein die vergessenen Frauen in Ihre Vorträge ein- gefügt werden müssen! Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Verteidigung: Seit der Öffnung aller mi- litärischen Verwendungen und Laufbahnen in den Streit- kräften für Frauen im Jahr 2001 hat die Zahl der Soldatinnen stetig zugenommen. In einigen Bereichen des Sanitätsdienstes ist die gesetzlich vorgegebene Quote von 50 Prozent bereits jetzt erreicht, teilweise so- gar überschritten worden. Die jährlichen Zuwachsraten in anderen Bereichen der Streitkräfte zeigen zum einen das beständig hohe Interesse von Frauen am Dienst in Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15883 (A) (C) (D)(B) den Streitkräften, verdeutlichen zum anderen aber auch die Erfolge der Bundeswehr bei ihrem Einsatz zur Erhö- hung des Anteils der Soldatinnen. Die Bundeswehr hat sich in den letzten Jahren erfolg- reich darum bemüht, die Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften weiter zu steigern. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist hierbei ein zentraler Bestandteil. In diesem Bereich konnten zahlrei- che Aktivitäten nicht nur initiiert, sondern bereits umge- setzt werden. Unabhängig von den bislang erzielten Fortschritten werden die Maßnahmen zur Steigerung der Anzahl von Soldatinnen in den Streitkräften auch in Zukunft aktiv begleitet. Gleichzeitig wird die Umsetzung der gleich- stellungspolitischen Vorgaben weiterhin mit Nachdruck verfolgt und alles getan, um der Vereinbarkeit von Fami- lie und Dienst noch besser gerecht zu werden. Führungspositionen im Bundesministerium der Ver- teidigung und im nachgeordneten Bereich werden nach den Kriterien von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besetzt. Soweit Frauen in den einzelnen Berei- chen als unterrepräsentiert gelten, sind sie beim berufli- chen Aufstieg bei gleicher Qualifikation bevorzugt zu berücksichtigen. Die Teilkonzeption „Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften“ wurde als konzeptionelle Grundlage im Jahr 2007 erlassen. Der Allgemeine Um- druck 1/500 „Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften“ wurde als Folgedoku- ment und zur Umsetzung der Teilkonzeption Mitte Ja- nuar 2010 veröffentlicht und Ende 2010 überarbeitet. Im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie besteht mit einem neuen Erlass die Absicht, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch für zivile Beschäftigte im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung explizit aufzugrei- fen. Evaluationen finden im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben statt. Vor diesem Hintergrund sind die entspre- chenden Erfahrungsberichte nach § 25 Bundesgleichstel- lungsgesetz bzw. § 24 Soldatinnen- und Soldatengleich- stellungsgesetz regelmäßig dem Deutschen Bundestag vorzulegen. Erfahrungen über Auslastung und Ausstat- tung der militärischen Gleichstellungsbeauftragten erge- ben sich unter anderem aus dem in Kürze vorliegenden Dritten Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Sol- datinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz. Der Zweite Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Bundes- gleichstellungsgesetz liegt seit Dezember 2010 als Bun- destagsdrucksache vor. Daneben bleibt festzustellen, dass Gleichstellungs- recht Organisationsfolgerecht ist. So werden die organi- satorischen Grundentscheidungen über die Neuausrich- tung der Bundeswehr unmittelbare Auswirkungen auf die Anzahl der Gleichstellungsbeauftragten im Ge- schäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung haben. In Abhängigkeit von den Strukturen sind die ent- sprechenden Bestimmungen zu überdenken und gegebe- nenfalls zu überarbeiten. Die Bundeswehr verfolgt keine geschlechterspezifi- sche Strategie in der Gewinnung von Personal für solda- tische Dienstverhältnisse, insofern erfolgt auch keine ge- schlechterspezifische Personalwerbung. Frauen und Männer werden im Rahmen personalwerblicher Maß- nahmen gleichermaßen angesprochen – was im Übrigen auch den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 des Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes entspricht. Durch die medienübergreifend gleichberechtigte Dar- stellung von Frauen und Männern in der Personalwer- bung wird den Jugendlichen vermittelt, dass das vielfäl- tige und attraktive Ausbildungs- und Berufsangebot der Bundeswehr für junge Frauen und Männer gleicherma- ßen interessant ist – gleiche Karrierechancen und glei- ches Gehalt für vergleichbare Tätigkeiten sind hierfür nur zwei Beispiele. Trotz eines bei Frauen grundsätzlich geringer ausge- prägten Interesses am militärischen Arbeitgeber Bundes- wehr ist es in den letzten zehn Jahren im Schnitt gelun- gen, 15 Prozent und mehr Bewerbungen und auch Einstellungen von Frauen unmittelbar vom Arbeitsmarkt zu erzielen. Dies trägt zur stetigen Annäherung an die Zielvorgabe bei. Der zum 1. Juli 2011 eingeführte Freiwillige Wehr- dienst wurde nicht nur für junge Männer eingeführt. Der Freiwillige Wehrdienst bietet ebenso jungen Frauen die Möglichkeit, bis zu 23 Monaten Freiwilligen Wehrdienst zu leisten. Dadurch können auch Frauen ihrem Land ei- nen Dienst erweisen und die Bundeswehr als Arbeitsge- ber kennenlernen. Hinweise auf Tendenzen in den Streitkräften, die ein „rückwärtsgerichtetes Menschenbild propagieren und Soldatinnen als Teil der Bundeswehr biologistisch pro- blematisieren“ sind aus Sicht des Bundesministeriums der Verteidigung nicht erkennbar. Alle Soldatinnen und Soldaten haben ihr Verhalten an den Grundsätzen und Zielen der Inneren Führung auszurichten. Die Innere Führung als Selbstverständnis und Führungskultur gibt vor, dass die Angehörigen der Bundeswehr einander als gleichberechtigte Mitglieder einer freiheitlichen und plu- ralistischen Gesellschaft anerkennen und sich in jeder Hinsicht gegenseitig Respekt zollen. Es ist daher selbst- verständlich, dass die Bundeswehr besonderen Wert auf einen zeitgemäßen Umgang zwischen den Geschlechtern legt und dass Vorgesetzte verpflichtet sind, bei Verstößen konsequent einzuschreiten. Mit gezielten Lehrgängen für Multiplikatoren, mit Pflichtlehrgängen am Zentrum Innere Führung, mit Se- minaren wie dem Seminar „Soldatinnen- und Soldaten- gleichstellung für G1/A1 Personal“ und dem Seminar „Partnerschaftlich Handeln“ gibt es ein umfassendes Spektrum von Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnah- men zu den Themenbereichen Gender Mainstreaming, Gleichstellung und Integration. Im Übrigen werden auch die militärischen Gleichstellungsbeauftragten, ihre Stell- vertreterinnen sowie die Gleichstellungsvertrauensfrauen in unterschiedlichen Lehrgängen so aus- und weitergebil- det, dass sie ihre Aufgaben effektiv und kompetent wahr- nehmen können. 15884 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) Alle Beschäftigten der Verwaltung und der Streit- kräfte haben die Möglichkeit, sich im Rahmen der Fort- bildungsveranstaltungen an den bundeswehreigenen Lehrinstituten über die Grundlagen, Aufgaben und den Aufgabenbereich einer Gleichstellungsbeauftragten zu informieren. Die zivile Gleichstellungsbeauftragte im Bundes- ministerium der Verteidigung wie auch die militärische Gleichstellungsbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung werden intensiv in den Prozess der Neuaus- richtung der Bundeswehr im Sinne der gesetzlichen Vor- gaben eingebunden. In Ausübung des gesetzlichen Auftrages bekennt sich das BMVg eindeutig zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern. Sowohl die Kommunikation mit der Öffentlichkeit als auch die Truppeninformation und Mitarbeiterkommunikation thematisieren regelmä- ßig die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundeswehr. Dies geschieht aktiv durch die Darstellung der vielfältigen Tätigkeiten, die Frauen seit Jahren mit Erfolg in der Bundeswehr ausüben, und plakativ, weil Broschüren, Plakate und sonstiges Informationsmaterial konsequent Frauen und Männer Seite an Seite bei der Auftragserfüllung darstellen. Durch § 2 der Gleichstellungsgesetze ist die Ver- pflichtung zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern gesetzlich festgeschrieben. Alle Beschäf- tigten, insbesondere auch solche mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, werden hier verpflichtet, aktiv im Sinne der Gleichstellung/des Gender Mainstreaming zu handeln. Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Investitionen in An- tipersonenminen und Streumunition gesetzlich verbieten und die steuerliche Förderung been- den (Tagesordnungspunkt 19) Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Wir sind uns einig: Antipersonenminen und Streumunition gehören zu den barbarischsten konventionellen Waffen, die zum Einsatz kommen. Das weiß ich auch aus persönlicher Er- fahrung in Einsätzen. Die Opfer sind in hohem Maße Fa- milien, Kinder, alte Menschen. Die Bundesregierung hat sich deshalb klar zu einer weltweiten Ächtung von Streumunition bekannt. In diesem Sinne hat die Bundes- republik Deutschland vom ersten Tag aktiv am Oslo- Prozess teilgenommen. Sie hat das daraus resultierende Übereinkommen über Streumunition bei der ersten Gele- genheit unterzeichnet und ratifiziert. Dieses Engagement wurde von den Oslo-Vertragsstaaten ausdrücklich ge- würdigt, indem Deutschland zum Koordinator für den Bereich „Bestandszerstörung“ ernannt wurde. Das in Oslo erzielte „Übereinkommen über Streumu- nition“, die sogenannte CCM, verbietet Einsatz, Ent- wicklung, Herstellung, Erwerb, Lagerung, Zurückbehalt und Weitergabe von Streumunition sowie jegliche Unter- stützung anderer Staaten bei diesen den Oslo-Vertrags- staaten verbotenen Tätigkeiten. Ein ausdrückliches In- vestitionsverbot in Streumunition entwickelnde bzw. herstellende Unternehmen ist im Übereinkommen über Streumunition allerdings nicht geregelt. Auch war es während der Verhandlungen kein Thema. Ich bin aller- dings der Auffassung, dass der Geist des Oslo-Abkom- mens ein Investitionsverbot nicht ausschließt, auch wenn es in der Konvention in „Buchstaben“ nicht ausdrücklich erwähnt wird. Als Redner einer Partei, die besonderen Wert auf das christliche Menschenbild legt, das ja im Alltag zu bestehen hat, kommt es mir darauf an, dass wir nicht mit staatlichen Geldern die Herstellung geächteter Munition fördern, deren Auswirkungen wir dann mit Mitteln der zivilen Krisenprävention und anderer Hilfs- gelder wieder auszugleichen versuchen. Es ist für uns alle nur schwer nachzuvollziehen, wenn staatliche Fördergelder Finanzprodukte fördern, die in diesen kritischen Bereich investieren. Der am 14. April 2010 von verschiedenen internationalen Nichtregie- rungsorganisiationen vorgestellte Bericht „Worldwide Investments in Cluster Munitions – A Shared Responsi- bility“ erwähnt auch mehrere deutsche Finanzinstitute, die in erheblichem Umfang bei Herstellern von Streumu- nition engagiert sind. Wir von der CDU/CSU-Fraktion haben dieses Di- lemma erkannt. Ich habe in den letzten Monaten zahlrei- che Zuschriften meiner Wähler erhalten, die nicht wol- len, dass sie durch ihre Riester-Rente einen Beitrag zur finanziellen Unterstützung von Herstellung und Ent- wicklung solcher Waffen leisten. Niemand in meiner Fraktion möchte die weitere Verbreitung von Streumuni- tion unterstützen. Das Problem ist aber, wie man solche Investitionen effektiv und verifizierbar verhindern und wie weit der Staat hier wirksam regulierend tätig werden kann. Ein Investitionsverbot ist höchst problematisch. Was genau ist durch das Verbot erfasst? Nur die direkte Fi- nanzierung – die es ja eigentlich nicht gibt – oder auch die indirekte? Wie sollen indirekte Investitionen kontrol- liert werden? Stellen Sie sich vor, eine Firma entwickelt auf der einen Seite Smart Grids, also Hochtechnologie, die uns im Bereich der erneuerbaren Energien weiter- bringt, und auf der anderen Seite gibt es einen Fir- menzweig, der Streumunition herstellt. Soll dann die ge- samte Firma von staatlicher Förderung ausgeschlossen werden? Wie lässt sich verhindern, dass die in Deutsch- land verbotenen Investitionen nicht lediglich ins Aus- land verlagert werden? Der Vergleich mit anderen Staaten, die eine gesetzli- che Regelung zum Investitionsverbot eingeführt haben oder einführen werden, zeigt, wie tückisch ein solches gesetzliches Verbot ist. International gibt es keinen Kon- sens darüber, was unter „Investitionsverbot“ zu verste- hen ist. So hat beispielsweise Luxemburg ein Finanzie- rungsverbot erlassen, dass die „wissentliche“ Finanzie- rung von Streumunition unter Strafe stellt. Wie Sie sich vorstellen können, bringt das erhebliche Abgrenzungs- schwierigkeiten mit sich. Neuseeland verbietet die „ab- sichtliche“ Finanzierung von Streumunition. Auch hier Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15885 (A) (C) (D)(B) stellt sich die Frage der Abgrenzung. Belgien hat ein Fi- nanzierungsverbot beschlossen, nach dem es nicht ver- boten ist, in andere Bereichen eines Unternehmens zu in- vestieren, das unter anderem auch Streumunition herstellt. Sie sehen also, wie schwierig es ist, eine Regelung zu finden, die überprüfbar und effektiv ist und dennoch kein Regulierungshammer ist, wie ihn die Opposition hier vorlegt. Das soll nicht heißen, dass wir uns keine gesetzliche Regelung vorstellen können. Wir setzen je- doch zunächst auf das Prinzip der Selbstverpflichtung und der Transparenz. Das Beispiel der Commerzbank, aber auch von Allianz Global Investors und Union In- vestment zeigt, dass auch ohne gesetzlichen Rahmen freiwillige Selbstverpflichtung möglich ist und bereits Erfolge trägt. So hat die Commerzbank mittlerweile eine Richtlinie zum Investitionsverbot in Streumunition er- lassen, die bei den gesamten Prozessen der Bank Be- rücksichtigung finden muss. International agieren immer mehr Firmen im Sinne des Prinzips der sozialen Verant- wortung, insbesondere Schweden und Norwegen sind hier Vorreiter. Die Erfahrung zeigt also, dass Investoren massiv auf sozialen Druck reagieren. Wir von der Union begrüßen diese Entwicklung aus- drücklich und erwarten auch ein Stück mehr Bereitschaft zur Selbstverpflichtung im Finanzsektor. Dort, wo Selbst- verpflichtung und Transparenz jedoch nicht von alleine greifen, können wir uns nach eingehender Prüfung in ab- sehbarer Zeit eine gesetzliche Regelung vorstellen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies dem Geist der Oslo-Konferenz in besonderem Maße entspricht. Der vorliegende Antrag setzt ein Regulations- und Kontrollsystem voraus, das unserem Verständnis von schlanker Bürokratie widerspricht: Eingriffe nur dort, wo sie wirksam sind und gezielt ansetzen. Was Sie ver- langen, ist ein bürokratisches Monstrum, das weder zeit- gemäß noch finanzierbar ist. Wir können uns gerne da- rüber verständigen, wie staatliche Fördergelder effektiv eingesetzt werden, ohne dass sie dem Geist der Oslo- Konvention widersprechen. Erich G. Fritz (CDU/CSU): Wie Sie aus der frak- tionsübergreifend erfolgreichen und guten Zusammen- arbeit der Mitglieder des Unterausschusses Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung wissen, teilen CDU und CSU das grundsätzliche Anliegen, das dem vorliegenden Antrag zugrunde liegt, nämlich die Ver- minderung der von Antipersonenminen und Streumuni- tion ausgehenden Gefahren durch Ächtung und Produk- tionsverbote. Ich darf und möchte an dieser Stelle gerne an die kon- struktive und wichtige Rolle erinnern, die Deutschland beim Thema Streumunition gespielt hat und immer noch spielt. 111 Unterzeichnerstaaten der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Oslo-Konvention über Streumuni- tion, darunter auch Deutschland, haben dazu beigetra- gen, das internationale humanitäre Recht voranzubrin- gen durch die Schaffung einer klaren, rechtlichen Norm, die jede Art von Verwendung, Handel, Lagerung und Produktion von Streumunition verbietet. Hinzu kommt die Vernichtung aller Streumunitionsbestände bei der Bundeswehr und die Bereitstellung von 200 Millionen Euro für Minen- und Kampfmittelräumung. Darüber hinaus hat Deutschland bei der Konferenz im Libanon im vergangenen Monat, bei der es um die Umsetzung des Streubombenverbotsvertrags ging, angekündigt, das Engagement in der Opferhilfe weiter zu verstärken und die deutschen Streumunitionsvorräte bis 2015 – und da- mit früher, als im Oslo-Vertrag vorgesehen – vollständig zu vernichten. Bei dem heute zur Debatte stehenden Antrag handelt es sich um jenen, der von Bündnis 90/Die Grünen bereits im Februar vorgelegt wurde und auf den nun die SPD- Fraktion und die Fraktion Die Linke „aufgesprungen“ sind – ergänzt um die Forderung, international, insbe- sondere auf europäischer Ebene, für ein Verbot von In- vestitionen in Herstellung und Entwicklung von Antiper- sonenminen und Streumunition zu werben. SPD, Grüne und Linke und vor allem die deutsche Zi- vilgesellschaft verweisen in diesem Zusammenhang wiederholt auf einige wenige Länder wie Belgien und Luxemburg oder auch Neuseeland, in denen es ein Ver- bot für Investitionen in Streumunition gibt, und auf die Schweiz, in der eine parlamentarische Debatte zu einem solchem Verbot stattfindet. CDU und CSU halten Investitionen in die Herstellung und Entwicklung von Antipersonenminen und Streumu- nition als unvereinbar mit dem Geist der Oslo-Konven- tion; das Oslo-Übereinkommen selbst enthält allerdings kein ausdrückliches Verbot der Investitionen in Unter- nehmen, die Streumunition herstellen oder entwickeln und im Übrigen auch keine Regelungen zu Finanzie- rungsfragen im Zusammenhang mit Streumunition. Aus Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist insofern der Bedarf, gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen, um direkte wie indirekte Investitionen in Unternehmen zu verbieten, die Antipersonenminen und Streumunition herstellen, noch nicht hinreichend begründet. Das Ziel kann nämlich möglicherweise ebenso effek- tiv durch Markttransparenz erreicht werden. Schon nach jetziger Gesetzeslage ist es jedem Anleger möglich, Auskunft über die Zusammensetzung eines Fonds zu er- halten, in den er investiert. Im Übrigen haben die Ban- ken, zum Beispiel Commerzbank und DWS, die Fonds- gesellschaft der Deutschen Bank Group, auf Freiwillig- keit beruhende Leit- und Richtlinien, also Selbstver- pflichtungen, die unter anderem Investitionen in kontro- verse Waffen ausschließen. Denkbar ist darüber hinaus, einen Zertifizierungsprozess aufzusetzen, bei dem Fonds mit einem Unbedenklichkeitszertifikat versehen werden. Ein Investitionsverbot ist als mögliche Lösung zwar denkbar, CDU und CSU sehen aber zum jetzigen Zeit- punkt weiteren Beratungsbedarf, und zwar nicht nur na- tional. Notwendig sind vor allem Absprachen mit unse- ren europäischen und internationalen Vertragspartnern. Sie mögen unser Vorgehen „rumeiern“ nennen, aber wir halten eine gesetzliche Regelung dann für sinnvoll, wenn sie eindeutig und effektiv ist, von möglichst vielen Vertragspartnern mitgetragen wird, und vor allem erst dann, wenn Selbstverpflichtungen und Markttransparenz 15886 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) nicht greifen. Es geht uns also heute nicht um das Ob – da sitzen wir im selben Boot –, sondern um die Frage, wel- che Maßnahmen alternativ zu gesetzlichen Regulierun- gen geeignet sein können. Uta Zapf (SPD): Wir erinnern uns an die Vorge- schichte der Oslo-Konvention. Der politische Wert der Konvention liegt in der normsetzenden Qualität des Ab- kommens, das eine Waffenkategorie verbietet, die kei- nen Unterschied macht zwischen Zivilisten und Kombat- tanten und die den Menschen besonders schwere und grausame Verletzungen zufügt. Dem interfraktionellen Engagement von Parlamenta- riern, besonders Andreas Weigel und zu Guttenberg, ist es zu verdanken, dass der Bundestag einmütig beschloss und am Ende – für uns eine freudige Überraschung – die Bundesregierung in Oslo 2009 zeichnete. Es waren, wieder einmal, die Nichtregierungsorgani- sationen, wie landmine.de, Oxfam, Handicap Internatio- nal und das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK), die für eine Konvention zum Verbot von Streu- munition warben. Ihnen gebührt unser ausdrücklicher Dank; denn ohne ihr beharrliches Bohren, ihr Anticham- brieren bei den Abgeordneten, ohne ihre Kampagnen, die auf die Inhumanität dieser Munition hinwiesen, wäre ein solches Protokoll nicht zustande gekommen. Heute haben wir ein umfassendes Verbot von Streu- munition, an dem mittlerweise 111 Länder teilnehmen, 45 haben gezeichnet und 66 ratifiziert. Die Bundesrepu- blik hat im Mai 2009 ratifiziert und die Konvention im- plementiert. Bis 2015 werden alle Streumunitionsvorräte beseitigt sein – zwei Jahre vor Ende der Frist. Die Oslo-Konvention hat im hohen Maße zur Delegi- timierung und Stigmatisierung von Streumunition beige- tragen. Sie ist in der Tat ein Meilenstein der Rüstungs- kontrolle. China und Russland, Nichtvertragsstaaten mit hohen Beständen an Streumunition, nehmen mittlerweile als Beobachter an den Konventionskonferenzen teil, die USA verzichten seit geraumer Zeit auf den Einsatz. Die Konvention wirkt also auch bei Ländern, die nicht ge- zeichnet haben. Es gibt aber einen schwerwiegenden Konflikt in ei- nem Punkt der Interpretationen der Konvention: Wie ist Art. 1, Absatz 1 c des Oslo-Übereinkommens zu inter- pretieren? Dieser Art. lautet: Each State Party undertakes never under any cir- cumstances to: (a) Use cluster munitions; (b) Develop, produce, otherwise acquire, stockpile, retain or transfer to anyone, directly or indirectly, cluster munitions; (c) Assist, encourage or induce anyone to engage in any activity prohibited to a State Party under this Convention. Es ist also laut Konvention verboten, „irgendjeman- den zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat auf- grund dieses Abkommens verboten sind“. Verboten ist auch die Herstellung von Streumunition. Logisch ist also: Auch Investitionen in Firmen, die Streumunition herstellen, sind verboten. Für mich eine klare Schlussfol- gerung! Hier setzt der Konflikt ein, ein Konflikt, der auch von einigen anderen Ländern gesehen wird, und zum Beispiel die Schweiz, Luxemburg und Belgien ver- anlasst hat, Gesetzgebung zum Verbot solcher Investitio- nen zu entwickeln. Die Bundesregierung ist merkwürdig vage in dieser Frage. In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Grü- nen – Bundestagsdrucksache 17/3185, Frage 22 und 23 – auf die Frage 22: „Teilt die Bundesregierung die Inter- pretation, dass das Verbot der Unterstützung des Einsat- zes der Herstellung und Weitergabe von Streumunition jegliche Form von Unterstützung umfasst, also auch In- vestitionen in Firmen, die Streumunition in ihrem Port- folio haben?“, heißt es: Gemäß Art. 1 Absatz 1 Buchstabe c des Überein- kommens über Streumunition gilt das Verbot der Unterstützung des Einsatzes, der Herstellung und Weitergabe von Streumunition mit Blick auf alle Tätigkeiten, „die einem Vertragsstaat aufgrund die- ses Übereinkommens verboten sind“. Das Überein- kommen enthält jedoch kein ausdrückliches Verbot der Investition in Unternehmen, die Streumunition herstellen oder entwickeln. Ob unter das Verbot der Unterstützung des Einsatzes, der Herstellung und Entwicklung von Streumunition nach dem Überein- kommen im Einzelfall eine Investition in Unterneh- men, die Streumunition herstellen oder entwickeln, fallen könnte, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Zu abstrakten Rechtsfragen nimmt die Bundesregierung grundsätzlich nicht Stellung. Dies ist aber keine abstrakte Rechtsfrage. Hier geht es um die Frage, ob wir bereit sind, und sei es nur indirekt, durch Investitionen Firmen zu finanzieren, die diese töd- liche Munition, der wir selber entsagen, produzieren, ex- portieren und zur Anwendung bringen. Wir haben mit den Abgeordneten des Unterausschus- ses Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung eine Round-Table-Anhörung gemacht. Zweimal, im Mai dieses Jahres und im September, sind wir mithilfe von Facing Finance und unterstützt von anderen Organisatio- nen – urgewald, Brot für die Welt, Katholischer Fonds, Evangelischer Entwicklungsdienst – der Frage nachge- gangen, wie die Investments bei uns gehandhabt werden. Die Botschafterin von Luxemburg und der Botschaf- ter von Belgien unterrichteten uns darüber hinaus über ihre Diskussion, und ebenso eine Vertreterin des Aus- wärtigen Amtes der Schweiz. Diese Länder bemühen sich, in unterschiedlicher Form, Investments in Firmen, die Streumunition produzieren, zu verbieten. 23 Teilnehmerländer der Oslo-Konvention haben bei verschiedenen Anlässen in interpretativen Statements zu Protokoll gegeben, dass sie diese Investments für von der Konvention verboten halten. Facing Finance und Stiftung Warentest haben immer wieder auf Investitio- nen deutscher Banken in Firmen, die Streumunition pro- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15887 (A) (C) (D)(B) duzieren, hingewiesen. Die Zeit betitelte am 20. Mai 2011 eine Reportage mit „Die Riester-Bombe“. Darin wurde beschrieben, wie fondsbasierte Riester-Renten, die der Staat subventioniert, in Rüstungsfirmen inves- tiert sind, die eben jene Streumunition herstellen. Dies ist unakzeptabel. Wir wollen ein Gesetz, das dies verbie- tet. Jeder, der den Bau von Streumunition unterstützt, macht sich schuldig. Wir begrüßen, dass einige Banken dies begriffen ha- ben. Die Commerzbank hat Richtlinien für Investitionen, die Allianz diskutiert darüber. Wir wollen keine bloßen Selbstverpflichtungen, sondern es muss Rechtssicherheit geschaffen werden. Es ist nicht glaubwürdig, die Streu- munitionskonvention einerseits für einen rüstungskon- trollpolitischen Fortschritt zu erklären und andererseits bei unethischen Investitionen gleichgültig zu bleiben. Christoph Schnurr (FDP): Vor vier Wochen haben wir als Unterausschuss Abrüstung in großer Runde zu- sammengesessen und über ein Investitionsverbot gespro- chen. Es ging darum, die Meinung von Experten einzu- holen, und es ging um die Frage, welche Erfahrungen andere Staaten gemacht haben. Wir haben zum Beispiel aus Belgien gehört, dass das dortige Gesetz seit vier Jah- ren nicht angewendet werden kann, weil eine Liste mit Streumunitionsherstellern noch nicht existiert. Wir ha- ben aus Luxemburg gehört, dass es auch dort bei der Umsetzung hapert, weil niemand genau sagen kann, was eigentlich unter „Investitionen“ und „Streumunitionsher- stellern“ zu verstehen ist. Dann haben wir gehört, dass der Schweizer Gesetzentwurf nicht gerade ein starkes Verbot ist. Die meisten, die in Deutschland ein Investiti- onsverbot fordern, könnten sich damit wahrscheinlich nicht anfreunden. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Investitionsverbot ist schwierig umzusetzen, und nie- mand hat bis jetzt eine überzeugende Lösung. Auch der vorliegende Antrag der Oppositionsfraktio- nen enthält keine Lösungsvorschläge. Die Probleme werden in die Zukunft verschoben nach dem Motto: Ma- chen wir erst mal ein Gesetz. Dann schauen wir weiter. Wird schon irgendwie funktionieren. – Ich will deutlich sagen: Das ist nicht der Anspruch der Regierungskoali- tion. Wer ein gesetzliches Verbot will, der muss aus mei- ner Sicht zwei Fragen überzeugend beantworten können: Muss der Gesetzgeber das regeln, und kann das der Ge- setzgeber überhaupt regeln? Zur ersten Frage: Muss der Gesetzgeber das regeln? Die Befürworter eines Verbots sagen: Ja, das muss gere- gelt werden. Wir sind nämlich internationale Verpflich- tungen eingegangen. Das Oslo-Abkommen enthält ein Investitionsverbot. Weil das aber leider nicht so ganz eindeutig ist, brauchen wir eine Klarstellung über ein Gesetz. – So weit die Befürworter. Richtig ist: Das Oslo-Abkommen enthält ein abstrak- tes Unterstützungsverbot. Die Vertragsstaaten verpflich- ten sich also, niemanden bei Handlungen zu unterstüt- zen, die nach dem Abkommen verboten sind. Was aber genau mit „Unterstützung“ gemeint ist, wurde nie gere- gelt. Für die Bundesregierung, aber auch für unabhän- gige Völkerrechtler ist das Unterstützungsverbot nicht mit einem Investitionsverbot gleichzusetzen, einfach auch deshalb, weil man den Aspekt der Finanzierung von Streumunition bei den Verhandlungen überhaupt nicht im Blick hatte. Ich finde das einleuchtend. Daraus folgt aber: Mit dem Oslo-Abkommen ist rein rechtlich kein Investitionsverbot verknüpft. Es gibt keine direkte internationale Verpflichtung. Natürlich kann es aber andere Gründe für ein gesetzli- ches Verbot geben. Man kann eine Regelung zum Bei- spiel wollen, weil man Investitionen in Streumunitions- hersteller für unvereinbar mit dem Geist von Oslo hält und weil Investitionen weiter stattfinden. Aber ist das so? Werden Investitionen weiter so getätigt wie vor 2008? Nach dem Abkommen von Oslo hat eine Reihe von Finanzdienstleistern reagiert. Sie haben ihre Anlage- politik überprüft und verändert, noch nicht alle und noch nicht ausreichend, das will ich klar sagen. Aber es gibt weiter Bewegung. Dazu trägt sicher auch die öffentliche Berichterstattung über Streumunition bei, und auch die Aktivitäten der Nichtregierungsorganisationen haben ih- ren Anteil. Die FDP-Fraktion begrüßt es, dass Finanzinstitute ei- gene, interne Richtlinien entwickeln, um Geschäfte mit Streumunitionsherstellern auszuschließen. Einsicht ist besser als Aufsicht. Die Finanzdienstleister überprüfen ohnehin jeden Kunden und jede Anlagemöglichkeit. Sie holen sich Informationen von Dritten ein und können sich so ein ganz gutes Bild machen, welche Geschäfte ein Unternehmen macht. Das alles ist Routine, anders als beim Staat. Damit kommen wir zu meiner zweiten Frage vom An- fang: Kann der Gesetzgeber das regeln? Ein kleines „Aber“ habe ich genannt. Grundsätzlich würde ich aber nicht ausschließen, dass ein gesetzliches Verbot machbar ist. Jetzt kommt das größere „Aber“: Bis jetzt hat es ein- fach noch kein Staat überzeugend hinbekommen. Ich habe die Beispiele genannt. Ganze vier Staaten haben sich bis jetzt an einem Gesetz versucht. Sie alle gehen sehr unterschiedlich an die Sache heran, und das über- rascht nicht wirklich. Vor allem zwei Dinge machen Schwierigkeiten: erstens die Definition, welche Finanztä- tigkeiten verboten sein sollen, und zweitens die Konkreti- sierung, auf welche Unternehmen sich ein Investitions- verbot beziehen würde. Weil es diese Schwierigkeiten nach wie vor gibt, bin ich auch zurückhaltend, was ein gesetzliches Verbot angeht. Aus meiner Sicht ist eine ge- setzliche Regelung nur dann sinnvoll, wenn sie eindeutig, überprüfbar und effektiv ist, und wenn alles andere nicht greift. Wir sollten auch immer im Blick behalten, was ei- gentlich unser Ziel ist. Unser gemeinsames Ziel ist es doch, dass Streumunition in militärischen Auseinander- setzungen nicht mehr eingesetzt wird, weil sie nämlich unterschiedslos wirkt und nicht explodierte Submunition selbst Jahre nach einem Krieg eine Gefahr für die Zivil- bevölkerung darstellt. Die heutige Debatte müssten wir gar nicht führen, wenn es einen weltweiten Konsens dazu gäbe. Investi- tionen in Streumunition sind also nur ein Folgeproblem. Sie zu verbieten, hat nur mittelbare Wirkung auf das Ziel der Ächtung. Kriminalisiert werden soll nicht mehr nur der Einsatz, sondern auch die Vorstufe: die Finanzierung 15888 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 (A) (C) (D)(B) der Herstellung. Durch diese Vorverlagerung der Krimi- nalisierung sind meiner Ansicht nach die Anforderungen für ein Verbot etwas höher. Das ist für mich noch kein Argument, das grundsätzlich dagegen spricht. Aber wir sollten doch vorsichtig sein, wenn es um ein gesetzliches Verbot geht. Inge Höger (DIE LINKE): Riestern für die Rüs- tungsindustrie – kein einigermaßen vernünftiger Mensch kann das wollen! Tatsache ist, dass allein die Deutsche Bank im letzten Jahr 776 Millionen Dollar in Hersteller von Streumunition anlegte, die Allianz-Gruppe noch mal 616 Millionen Dollar. Mindestens zwölf Anbieter von Riester-Produkten investieren in völkerrechtswidrige Waffen. Umso erfreulicher ist es, dass es hier zu einem gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und der Linken für ein Investitionsverbot in Streumunition gekommen ist – das ist schließlich keine Selbstverständlichkeit. Streubomben bestehen aus vielen kleinen Sprengkör- pern. Diese sogenannten Bomblets verteilen sich nach dem Abschuss als Splittergeschosse oder Minen. Diese bleiben dann häufig lange Zeit im Boden liegen und ex- plodieren Jahre nach Konfliktende. Bei der Explosion werden Hunderte von Splittern freigesetzt, die jeden, der in der Nähe ist, töten oder ernsthaft verletzten. Jeden Tag verlieren Menschen – häufig Kinder – durch Streubom- ben ihr Leben oder Gliedmaßen. Streumunition wird auch eingesetzt, während wir hier diskutieren, zum Bei- spiel von der US-Armee in Afghanistan. Seit vielen Jahren fordern Nichtregierungsorganisa- tionen und Aktivisten und Aktivistinnen weltweit das Ver- bot dieser furchtbaren Munition. Diesem Druck ist es zu verdanken, dass es zu einer Konvention zum Verbot von Streumunition gekommen ist. Bei den Verhandlungen 2007 bis 2009 war die Bundesregierung leider auch als Vertreterin der deutschen Rüstungsindustrie unterwegs. Sie hat sich für Ausnahmen von dem Verbot eingesetzt. Ein deutsches Rüstungsprodukt, nämlich das Ge- schoss SMArt 155 fällt nicht unter das Verbot von Streu- munition. Das ist eine schlechte Nachricht für mögliche Opfer dieses Geschosses, aber eine gute Nachricht für die deutschen Rüstungskonzerne Rheinmetall und Diehl, die dieses Teil herstellen und damit Profite machen. Auch Antifahrzeugminen sind mit dieser Konvention leider nicht verboten. Auch sie sind eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung. Trotz dieser und anderer Probleme ist die Konvention ein Meilenstein auf dem Weg zu einem umfassenden Verbot für alle Arten von Anti-Personen-Minen. Umso schlimmer ist es, dass nun einige Staaten versuchen, schwächere rechtliche Verpflichtungen geltend zu ma- chen. Die Verhandlungen über ein Zusatzprokoll zur UN-Waffenkonvention geben Anlass zu großer Besorg- nis. Über die Hintertür der UNO soll nun Streumunition erneut legalisiert werden. Die Hilfsorganisation Handi- cap International hat vollkommen recht, wenn sie die Bundesregierung zum Boykott dieser Verhandlungen aufruft. Das bestehende Verbot von Streumunition darf nicht gelockert oder gar aufgehoben werden! Deutschland hat die Oslo-Konvention unterzeichnet und ratifiziert. Nun ist es auch Zeit, dass die Bundesre- gierung alle Punkte dieses Abkommens umsetzt. Dazu gehört eben auch das Verbot von Investitionen in Streu- munition. Im Vertragstext heißt es in Art. 1: „Jeder Ver- tragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen je- mals irgendjemanden in irgendeiner Weise zu unter- stützen, zu ermutigen oder zu veranlassen“, Antiperso- nenminen zu entwickeln. Genau das jedoch machen Allianz, Commerzbank, Unicredit und die Deutsche Bank. Es ist scheinbar nicht genug, dass diese Zockerbuden das Geld der kleinen Leute an den Finanzmärkten in Billionenhöhe verspie- len. Nein, sie investieren auch jährlich mehrere Hundert Millionen Euro in Fonds und Aktien, die an der Produk- tion von Streubomben beteiligt sind. Das ist unmensch- lich und auch völkerrechtswidrig! Wenn also die Bundesregierung – und der Deutsche Bundestag – ihre Unterschrift unter dem Oslo-Vertrag ernst meinen, dann muss es eine breite Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag geben. Streumunition gehört nicht in die Unternehmensbücher, sondern in die Ge- schichtsbücher! Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein so weitreichendes Verbot einer barbarischen Waffe zu erreichen, wie es die Konvention gegen Streumunition vorsieht, ist ein Kraftakt. Einige von Ihnen haben das si- cherlich nur zu gut in Erinnerung, wie hartnäckig die Zi- vilgesellschaft gemeinsam mit Bürgerinnen und Bür- gern, aber auch Mitglieder des Hohen Hauses aus allen Fraktionen dafür kämpfen mussten. Dieses Verbot nun auch so umfassend, wie es gemeint ist, umzusetzen und gegen Widerstände zu verteidigen, ist nach seiner Ratifikation umso mehr unsere Pflicht und verdient unsere redliche Anstrengung. Denn daran zeigt sich, wie ehrlich wir es damit meinen, alles zu tun, um diese Waffe effektiv aus dem Verkehr zu ziehen. Sowohl das Übereinkommen über Streumunition als auch das Abkommen zum Verbot von Antipersonenmi- nen können ihre Wirkung nur dann vollständig entfalten, wenn sie in allen relevanten Bereichen respektiert wer- den. Und es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber, dafür zu sorgen, dass das Verbot dieser Waffen nicht untergraben wird. Das schließt auch den Finanzsektor mit ein, für den einige hier im Hause offenbar gerne eine Ausnahme- regelung machen. Wir können nicht sagen, diese Waffen müssen geächtet werden, und gleichzeitig tatenlos dabei zuschauen, wie von deutschen Banken und Versicherern – zum Teil auch noch über die Riester-Rente staatlich subventioniert – in Unternehmen investiert wird, die diese grausamen Waffen herstellen. Deshalb haben wir Grünen zur Debatte des Jahresab- rüstungsberichts einen Antrag für ein wirksames gesetz- liches Verbot von Investitionen in Antipersonenminen und Streumunition eingebracht und bei allen – ich be- tone: bei allen, auch bei den Koalitionsfraktionen – da- rum geworben, hier an einer gemeinsamen Lösung zu ar- beiten. Das war im April diesen Jahres. Seitdem gab es etliche Gespräche und Informationsveranstaltungen zu dieser Problematik und darüber, wie man sie durch ein gesetzliches Investitionsverbot lösen kann. Ausnahmslos Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. Oktober 2011 15889 (A) (C) (D)(B) alle unterstützten das Vorhaben eines gesetzlichen Ver- botes solcher Investitionen. Doch die Damen und Herren der Koalitionsfraktionen ignorieren einfach das Problem und reden sich mit fa- denscheinigen Begründungen heraus: Man müsse erst mal gucken, wie das technisch möglich sei. So ein Ge- setz sauber zu machen, sei ganz schön kompliziert. Ob das so geht? So viele Gesetze usw. – Wenn es wirklich nur um das Wie geht: Ja, dann los! Verlieren wir keine Zeit! An die Arbeit! Ich bin sehr froh, dass zumindest in der Opposition Einigkeit darüber herrscht, dass dieser Missstand nicht hingenommen werden kann, und es in einem gemeinsa- men Antrag von SPD, der Linken und Bündnis 90/Die Grünen gelungen ist, ein gesetzliches Verbot von Inves- titionen in Antipersonenminen und Streumunition zu fordern. Wenn wir wollen, dass die völkerrechtlichen Stan- dards, für die wir lange gekämpft haben, erhalten blei- ben, müssen wir immer wieder aufs Neue für das Verbot von grausamen Waffen eintreten. Bisher hat sich die Bundesregierung in dieser Frage nämlich nicht als ei- serne Verfechterin der Oslo-Konvention hervorgetan. Die Abrüstungspolitik von Schwarz-Gelb sorgt in der Tat statt für Abrüstung mehr für Entrüstung: und zwar bei denen, die sich ernsthaft für Abrüstung engagieren. 133. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 26, ZP 2 Rohstoffpolitik TOP 4, ZP 3 Rüstungsexport TOP 31, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 32Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 5 Aktuelle Stunde zu linksextremistisch motivierter Gewalt TOP 7 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf TOP 6 Schlichtung für Luftfahrtunternehmen TOP 9 Reformationsjubiläum 2017 TOP 8 Einrichtung eines Finanzmarktwächters TOP 11 Weltweite Agrar- und Entwicklungspolitik TOP 10 Hochschulpakt TOP 13Umsatzsteuergesetz TOP 12Bildungszugang im Asylbewerberleistungsrecht TOP 15Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels TOP 14Lohndumping TOP 17Pflanzenschutzrecht TOP 1610 Jahre Frauen in der Bundeswehr TOP 18Kormoranmanagement TOP 20Bundesausbildungsförderungsgesetz TOP 19Verbot von Investitionen in Minen und Munition TOP 21Tierschutz bei Tiertransporten TOP 22Barrierefreies Wohnen im Alter TOP 23Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg TOP 24Flächenverbrauch TOP 25Steinprodukte aus ausbeuterischer Kinderarbeit Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713300000

Die Sitzung ist eröffnet.

Nehmen Sie bitte Platz. Guten Morgen, lieben Kolle-
ginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich zur
heutigen Plenarsitzung des Deutschen Bundestages.

Ich habe einige Mitteilungen zu machen. Ich beginne
mit dem rundum erfreulichen Umstand, dass die Kolle-
gin Sibylle Pfeiffer und der Kollege Willi Brase in den
vergangenen Tagen ihre 60. Geburtstage gefeiert haben,
wozu ich ihnen im Namen des ganzen Hauses herzlich
gratulieren möchte.


(Beifall)


Nicht ganz so erfreulich ist, dass die Kollegen
Norbert Brackmann und Michael Brand aus jeweils un-
terschiedlichen, hier aber nicht erläuterungsbedürftigen
Gründen ihre Schriftführerämter niedergelegt haben. Die
Fraktion der CDU/CSU schlägt die Kollegen Dr. Peter
Tauber und Dr. Johann Wadephul als Nachfolger vor.
Können Sie sich damit einverstanden erklären? – Das ist
offensichtlich der Fall. Dann sind die beiden Kollegen
hiermit gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbun-
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste auf-
geführten Punkte zu erweitern:

Rede
ZP 1 Aktuelle Stunde

Befugnisse und Instrumentarien von Ermitt-
lungs- und Sicherheitsbehörden im Internet

(Onlinedurchsuchung und Quellen-TKÜ)



(siehe 132. Sitzung)


ZP 2 Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Zehnter Bericht der Bundesregierung über die
Aktivitäten des Gemeinsamen Fonds für Roh-
stoffe und der einzelnen Rohstoffa

– Drucksache 17/3817 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
tzung

en 20. Oktober 2011

.01 Uhr

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Katja

(Bremen)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Den Rüstungsexportbericht 2010 unverzüglich
vorlegen und künftig ausführlicher gestalten

– Drucksache 17/7355 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

ZP 4 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-
fahren

Ergänzung zu TOP 31

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Memet
Kilic, Beate Müller-Gemmeke, Ulrike Höfken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

text
zu den Vorschlägen der Europäischen Kom-
mission für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Bedingun-
gen für die Einreise und den Aufenthalt von
Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer kon-

(KOM[2010] 378 endg.)


hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Geset-
zes über die Zusammenarbeit von Bundes-
regierung und Deutschem Bundestag in Ange-

eiten der Europäischen Union

inie zur konzerninternen Entsendung
sätzlich überarbeiten
bkommen legenh

Richtl
grund
– Drucksache 17/4885 –





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Fritz Kuhn, Memet Kilic, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
zu dem Vorschlag der Europäischen Kommis-
sion für eine Richtlinie des Europäischen Par-
laments und des Rates über die Bedingungen
für die Einreise und den Aufenthalt von Dritt-
staatsangehörigen zwecks Ausübung einer sai-
sonalen Beschäftigung (KOM[2010] 379 endg.)

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-

regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des
Gesetzes über die Zusammenarbeit von
Bundesregierung und Deutschem Bun-
destag in Angelegenheiten der Europäi-
schen Union

Rechte der Saisonarbeitskräfte stärken
– Drucksache 17/5234 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 5 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP:
Brandanschlagserie auf Bahnanlagen und
linksextremistisch motivierte Gewalt

ZP 6 Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin
zum Europäischen Rat und zum Eurogipfel
am 23. Oktober 2011

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gerhard Schick, Fritz Kuhn, Dr. Thomas
Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Einsetzung einer Kommission des Deutschen
Bundestages zur Regulierung der Großbanken
– Drucksache 17/7359 –

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Der Tagesordnungspunkt 3 wird abgesetzt. Stattdes-
sen soll jetzt gleich der Tagesordnungspunkt 26 beraten
werden. Außerdem ist vorgesehen, den Tagesordnungs-
punkt 5 morgen zusammen mit der Regierungserklärung
der Bundeskanzlerin aufzurufen, um den Sachzusam-
menhang herzustellen. Die Tagesordnungspunkte der
Koalitionsfraktionen rücken entsprechend vor.

Schließlich mache ich auf eine nachträgliche Aus-
schussüberweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste auf-
merksam:
Der am 21. September 2011 überwiesene nachfol-
gende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) zur Mitberatung überwiesen werden:


Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur
Änderung des Vierten Buches Sozialgesetz-
buch und anderer Gesetze

– Drucksache 17/6764 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Ich frage Sie, ob Sie mit diesen Veränderungen ein-
verstanden sind. – Dazu erhebt sich kein Widerspruch.
Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 a und b sowie den
Zusatzpunkt 2 auf:

26 a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

Wirtschafts- und Außenpolitik für eine sichere
Rohstoffversorgung – Wachstum und Arbeits-
plätze in Deutschland, Europa und den Part-
nerländern

– Drucksache 17/7353 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel,
Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE

Für eine gerechte und entwicklungsförderliche
internationale Rohstoffpolitik

– Drucksachen 17/6153, 17/7151 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Klimke
Dr. Sascha Raabe
Joachim Günther (Plauen)

Heike Hänsel

ZP 2 Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Zehnter Bericht der Bundesregierung über die
Aktivitäten des Gemeinsamen Fonds für Roh-
stoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen

– Drucksache 17/3817 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Auch dazu
besteht offensichtlich Einvernehmen. Dann können wir
so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Parlamentarischen Staatssekretär Ernst
Burgbacher.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


E
Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1713300100


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Deutschland zählt zu den größten Rohstoffkon-
sumenten der Welt. Allein im Jahr 2010 haben wir für
fast 110 Milliarden Euro Rohstoffe importiert. Die Ent-
wicklung auf den Rohstoffmärkten ist für uns deshalb
von allergrößtem Interesse. Hier ist in den letzten Jahren
sehr viel in Bewegung gekommen. Die Schwellenländer
China und Indien, aber auch viele andere Länder inte-
grieren sich zunehmend in die Weltmärkte. Dies schlägt
sich in den Rohstoffpreisen und in Angebotsengpässen
nieder. Zwar hatten wir infolge der Weltfinanz- und
Weltwirtschaftskrise eine vorübergehende Verschnauf-
pause, aber jetzt ziehen die Preise wieder an. Die Situa-
tion ist durchaus kritisch. Die deutsche Wirtschaft
braucht Rohstoffe, um Arbeitsplätze zu sichern, um
Wachstum zu sichern, um als Exporteur erfolgreich zu
sein.


(Beifall bei der FDP)


Dass wir nach wie vor einer der wichtigsten Industrie-
standorte in der Welt sind – darauf sind wir stolz –, hängt
ganz wesentlich davon ab, dass wir Rohstoffsicherheit
haben; sonst sind wir nicht wettbewerbsfähig. In dieser
Frage ist zuerst die Wirtschaft selbst gefordert. Sie hat
diese Herausforderung angenommen. Durch Koopera-
tionen und Allianzen will sie ihre Rohstoffversorgung
auf eine breitere Basis stellen. Die Wirtschaft braucht
aber politische Schützenhilfe. Diese leisten wir mit Ent-
schlossenheit und mit einer stimmigen Strategie.

Mit der Rohstoffstrategie setzt die Bundesregierung
wichtige rohstoffpolitische Akzente, und das unter strik-
ter Beachtung unserer ordnungspolitischen Grundsätze.
Das ist für uns ganz entscheidend.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir können heute sagen: Die Rohstoffstrategie der Bun-
desregierung zeigt erste Erfolge. Wir kommen an wichti-
gen Stellen mit der Umsetzung voran. Ich will dies an
sechs Punkten verdeutlichen.

Erstens. Wir schließen Partnerschaften mit rohstoff-
reichen Ländern. Das Regierungsabkommen mit der
Mongolei wurde am 13. Oktober 2011 in Anwesenheit
der Bundeskanzlerin unterzeichnet. Die Verhandlungen
mit Kasachstan sind in einem fortgeschrittenen Stadium.
Noch in diesem Jahr könnte es zur Unterzeichnung eines
Abkommens kommen. Weitere Rohstoffpartnerschaften
planen wir derzeit. Eines möchte ich dabei klarstellen:
Rohstoffpartnerschaften sind immer im Interesse beider
Partner. Wir profitieren von den Rohstoffen, und in den
Partnerländern tragen sie zu einer nachhaltigen wirt-
schaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung bei. In-
sofern garantieren solche Partnerschaften die Zukunfts-
fähigkeit beider Seiten; das ist ganz entscheidend.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens. Wir versorgen gerade kleine und mittel-
ständische Unternehmerinnen und Unternehmer mit In-
formationen und Analysen. Die neue Servicestelle für
die Wirtschaft, die Deutsche Rohstoffagentur, ist hier zu-
nehmend aktiv. Mit ihrem Rohstoffinformationssystem
verbessert sie die Transparenz auf den Rohstoffmärkten.
Dies ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen, die
selbst oft nicht dazu in der Lage sind, sich diese Infor-
mationen zu beschaffen, von ganz entscheidender Be-
deutung für die künftige Entwicklung.

Drittens. Wir setzen uns energisch für offene Roh-
stoffmärkte ein. Die Anfang Juli veröffentlichte WTO-
Entscheidung gegen chinesische Exportbeschränkungen
für so wichtige Rohstoffe wie Zink und Magnesium ist
ein ganz wichtiger Schritt in diese Richtung. Dieses Ver-
fahren haben wir, die EU, gemeinsam mit den USA und
Mexiko angestrengt. Es ist ein wichtiges Signal an alle
Länder, die den freien Handel mit unfairen Praktiken er-
schweren. Wir müssen jetzt am Ball bleiben. Wir drän-
gen auf EU-Ebene darauf, Verzerrungen im internationa-
len Rohstoffhandel weiterhin konsequent zu begegnen.
In Verhandlungen zu EU-Freihandelsabkommen wird
das Thema Rohstoffe konsequent aufgegriffen und ist je-
weils ein ganz wichtiger Faktor bei diesen Abkommen.

Viertens. Wir unterstützen die Wirtschaft, wenn es da-
rum geht, neue Rohstoffvorkommen zu erschließen. Seit
50 Jahren gibt es die Garantien für Ungebundene
Finanzkredite. Damit sichern wir vertraglich die lang-
fristige Lieferung strategischer Rohstoffe. Auch das ist
für viele ganz entscheidend. Zudem lassen wir im Au-
genblick bei der EU prüfen, ob wir für rohstoffpolitisch
geeignete Projekte bereits bei der Erkundung Zuschüsse
geben können; die Nachfrage danach ist groß.

Fünftens. Wir beschreiten neue Wege bei der Roh-
stoffforschung, insbesondere mit dem Ziel der Rohstoff-
effizienz. Meine Damen und Herren, die Forschung ist
ein entscheidender Schlüssel für ein nachhaltiges Wirt-
schaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wir
setzen deshalb Impulse, zum Beispiel durch Innova-
tionsberatung und durch technologieoffene Mittelstands-
förderung. Allein im Zentralen Innovationsprogramm
Mittelstand, besser unter der Abkürzung „ZIM“ bekannt,
befassen sich circa 1 500 Projekte, für die 180 Millionen
Euro an Fördermitteln bereitgestellt worden sind, mit
Fragen der Material- und Rohstoffeffizienz sowie der
Entwicklung und Anwendung neuer Werkstoffe.

Sechstens: Recycling. Bei diesem Thema müssen wir
noch viel weiter vorankommen. Wir können es uns
schlichtweg nicht leisten, wertvolle Rohstoffe auf den
Müll zu kippen. Wir müssen so viel wie möglich wieder-
gewinnen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Parl. Staatssekretär Ernst Burgbacher


(A) (C)



(D)(B)

Um dazu zwei Zahlen zu nennen: Wir verbrauchen im
Jahr Rohstoffe im Wert von circa 140 Milliarden Euro;
Rohstoffe im Wert von 10 Milliarden Euro gewinnen wir
durch Recycling. Das zeigt, wie wichtig dieses Thema
ist. Hier sind unsere Anstrengungen noch sehr stark aus-
baubar.

Rohstoffpartnerschaften, Transparenz für kleine und
mittlere Unternehmen, offene Rohstoffmärkte, Finanzie-
rungsinstrumente, Rohstoffeffizienz und Recycling sind
die Eckpfeiler der Rohstoffstrategie der Bundesregie-
rung. Diese Rohstoffstrategie greift; das können wir
heute ganz eindeutig feststellen. Diese Bundesregierung
sorgt für gute Rahmenbedingungen. Wir öffnen Türen in
rohstoffreichen Ländern. Durch diese Türen muss die
Wirtschaft dann allerdings selbst gehen. Das wollen und
können wir der Wirtschaft nicht abnehmen. Das würde
unseren ordnungspolitischen Grundsätzen völlig wider-
sprechen. Deshalb tun wir das auch nicht.

Ich bin überzeugt: Wenn wir, Wirtschaft und Politik,
gemeinsam den eingeschlagenen Weg weitergehen, dann
werden wir diese Probleme lösen. Eine sichere und auch
bezahlbare Rohstoffversorgung unserer Wirtschaft ist
absolute Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unse-
rer Wirtschaft und für die Wettbewerbsfähigkeit unseres
Landes. Deshalb sorgen wir hier für eine klare Linie und
für klare Rahmenbedingungen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713300200

Nächster Redner ist der Kollege Rolf Hempelmann

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1713300300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Die Kanzlerin war letzte Woche unter-
wegs, auf Reisen, und siehe da: Mit Erleichterung konn-
ten die Koalitionsfraktionen feststellen, dass es diesmal
keine Meldung in Sachen Panzerexport oder Kriegs-
schiffexport gab, sondern dass es diesmal ein Abkom-
men in Sachen Rohstoffe zu vermelden gab. Das hat die
Koalitionsfraktionen natürlich sofort beflügelt, einen
entsprechenden Antrag, mit heißer Nadel gestrickt, in
den Bundestag einzubringen, über den heute auch gleich
abgestimmt werden soll. Ich sage Ihnen vorab: So wird
das nicht gehen. Sie müssen schon mit uns gemeinsam,
auch in den Ausschüssen, differenziert beraten. Dann
werden wir sicherlich zu differenzierten Ergebnissen
kommen. Der Antrag, den Sie vorgelegt haben, springt
jedenfalls zu kurz.


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren, es ist völlig klar: Die Be-
deutung dieses Themas für ein Land wie Deutschland
und eine Region wie Europa, die von Rohstoffen abhän-
gig ist, kann überhaupt nicht überschätzt werden; der
Staatssekretär hat es gerade hervorgehoben. Es ist rich-
tig, dass hier natürlich auch die Unternehmen eine große
Verantwortung haben. In den vergangenen Jahren und
Jahrzehnten sind Fehler gemacht worden. Wenn ich be-
denke, an welchen Rohstoffen bzw. Rohstoffvorkommen
deutsche Unternehmen Beteiligungen hatten, die mittler-
weile aufgegeben worden sind, muss ich sagen: Das ist
erschreckend. Zu nennen sind da beispielsweise
Degussa, ein Unternehmen aus meinem Wahlkreis, in
den Bereichen Kupfer und Gold oder ThyssenKrupp
beim Eisenerz. Deutschland als Hightechland und
Europa als Hightechregion benötigen unter anderem
Coltan zur Herstellung von Handys, Neodym zur Her-
stellung von Festplatten oder Kernspintomografen,
Kobalt zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe und
Gallium zur Herstellung von Sonnenkollektoren. An der
Gewinnung dieser und vieler anderer Rohstoffe hatten
deutsche Unternehmen Beteiligungen, die mittlerweile,
wie gesagt, aufgegeben worden sind. Ich glaube, es ist
deutlich geworden, dass dies der falsche Weg war.

Insofern unterstützen wir alles – ich denke, das ist ein
richtiger Ansatz dieser Bundesregierung –, wodurch die
Rückwärtsintegration – so heißt das heute – der Unter-
nehmen gestärkt wird, also die Versuche, sich wieder an
den entsprechenden Rohstoffvorkommen zu beteiligen.
Beispielsweise versuchen dies ThyssenKrupp im
Bereich der Seltenen Erden, Siemens im Bereich von
Neodym, was auch zur Herstellung von Dauermagneten
benötigt wird, usw. Wir unterstützen hier sicherlich den
richtigen Weg.

Anders sieht es mit Ihrer Politik auf den Rohstoff-
märkten selbst aus, mit der Sie versuchen, deutsche Un-
ternehmen auf fremden Märkten zu unterstützen. Das
Signal der Kanzlerin, das sie auf ihrer Reise nach An-
gola abgab, war absolut fatal. Angola liegt in einer Re-
gion am Golf von Guinea, die durch reiche energetische
und nichtenergetische Rohstoffvorkommen und gleich-
zeitig durch eine extreme Armutsentwicklung gekenn-
zeichnet ist. Die rohstoffreichsten Länder sind zugleich
die ärmsten. Es kann nicht sein, dass das erste Signal,
das man ihnen dort sendet, ist: Wir stärken die Potenta-
ten; wir machen sie stark gegen ihr eigenes Volk, indem
wir ihnen Waffen aus Deutschland schicken.


(Beifall bei der SPD)


Nein, in Ländern wie Angola kommt es darauf an,
Transparenz hinsichtlich der Material- und Geldflüsse
einzufordern. Das ist eine Vorbedingung dafür, dass sich
deutsche Unternehmen dort überhaupt beteiligen kön-
nen; denn deutsche Unternehmen – das haben wir nicht
zuletzt beim Unternehmen Ferrostaal sehen müssen –
unterliegen Compliance- und Corporate-Governance-
Regeln, durch die es absolut verboten ist, auf Märkten
tätig zu werden, auf denen Transparenz nicht gegeben
ist. Hier haben Sie bisher wenig geleistet, und hier gilt es
nachzusetzen.

Wir können nicht die Methode Chinas verwenden,
das die Rohstoffe zum Beispiel in den Ländern Afrikas
oder auch in Brasilien ausbeutet, die dortigen Märkte als
Spin-off für ihr Geschäft gleichzeitig mit ihren billigen
Industrieprodukten überschwemmt und damit verhin-
dert, dass dort eine eigene Wertschöpfung entsteht, und
dafür sorgt, dass die Abhängigkeiten noch stärker wer-





Rolf Hempelmann


(A) (C)



(D)(B)

den, als sie es bisher schon waren. Wir werden in den
nächsten Jahren erleben – insbesondere dann, wenn die
Weltwirtschaft wieder rückläufig sein wird –, dass sich
gerade bei den Schwellenländern enorme Auswirkungen
zeigen werden, weil sie diese guten Jahre nicht genutzt
haben, um auf der Basis ihres Ressourcenreichtums eine
industrielle Wertschöpfung aufzubauen.

Meine Damen und Herren, die Kanzlerin war in der
Mongolei. Das Wirtschaftsministerium hat Abkommen
verhandelt, wie auch in Kasachstan. Das ist sicherlich
ein richtiger Ansatz. Das, was wir in den Texten dazu le-
sen können, ist für uns allerdings nicht ergiebig genug,
um wirklich erkennen zu können, welche Philosophie
dahintersteht. Wenn man die Kanzlerin hört – im Fernse-
hen beispielsweise –, dann überkommt einen schon der
Eindruck, dass das sozusagen die dritte Welle der Kolo-
nialisierung ist


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg van Essen [FDP]: Oh Mann!)


und dass es uns im Grunde genommen nur darum geht,
an die dortigen Rohstoffe heranzukommen und dafür ein
paar Glasperlen mitzubringen. Das darf nicht sein.


(Beifall bei der SPD – Jörg van Essen [FDP]: Das können Sie der Kanzlerin doch nicht wirklich unterstellen!)


Wenn ich an das Abkommen mit einem Land wie der
Mongolei denke, dann vermisse ich die klare und kon-
krete Ausverhandlung genau der Dinge, die – jedenfalls
nach den Gesprächen, die ich dort geführt habe – am
dringendsten sind. Besonders dringend sind dort Investi-
tionen in die Energieeffizienz, und zwar entlang der ge-
samten Kette.


(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Das steht doch alles in dem Abkommen!)


Ulan-Bator, die Hauptstadt, ist die kälteste und zu-
gleich auch schmutzigste Stadt der Welt. Es ist völlig
klar, wo dort die Aufgaben liegen. Die Heizperiode dau-
ert dort acht bis neun Monate. In dieser Heizperiode
können Sie die Stadt von oben überhaupt nicht sehen; sie
liegt unter einer Smogglocke. Das hängt damit zusam-
men, dass die wenigen Kraftwerke dort uralte Braunkoh-
lekraftwerke sind und mit einer Braunkohle geheizt bzw.
betrieben werden, die noch weniger effizient ist als die
deutsche, dass sie natürlich entsprechend emittieren und
dass das Nahwärmesystem nicht ausgebaut ist, sodass
die meisten mit Individualöfen heizen, wobei der Begriff
„Öfen“ völlig unsachgemäß ist, da das offene Feuerstel-
len sind.

Daraus lässt sich im Grunde ableiten, welches Effi-
zienzprogramm für dieses Land angemessen wäre, näm-
lich ein Retrofit für die Kraftwerke, der Ausbau des
Nahwärmesystems und dort, wo Individualheizungen
unumgänglich sind, die Unterstützung bei der Anschaf-
fung von dem, was man Ofen nennen könnte. Das wer-
den keine Hightechöfen sein, sondern lediglich solche,
durch die eine geschlossene Beheizung möglich ist. Das
alles findet man in Ihrem Abkommen, jedenfalls in die-
ser Konkretheit, nicht wieder. Deswegen haben wir zu
diesem Abkommen eine ganze Menge Fragen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben das Thema Ressourcen im eigenen Land
angesprochen. In der Tat ist das, was wir im eigenen
Land an Ressourcen haben, überhaupt nicht zu unter-
schätzen. Wenn wir ein sauberes Recycling und Down-
cycling aufbauen, durchaus auch eine Substitution von
Stoffen, die nicht ausreichend verfügbar sind, dann kön-
nen wir hier im Lande sehr viel mehr an Rohstoffen he-
ben, als wir über Importe hereinbekommen können. An-
ders ausgedrückt: Wenn wir dieses Feld vernachlässigen,
wenn wir es zulassen, dass Stoffe, die bei uns in techni-
schen Geräten wie Handys und Computern vorhanden
sind, wieder aus dem Lande verschwinden, weil wir kein
vernünftiges Recyclingsystem haben, dann haben wir
unsere Hausaufgaben nicht gemacht.

Die entsprechenden Stichworte finden sich bei Ihnen
wieder, auch in Ihrem Antrag. Allerdings werden sie
nicht wirklich mit Inhalt gefüllt. Es geht letztlich darum,
die politischen Rahmenbedingungen dafür bereitzustel-
len, dass ein vernünftiges Kreislaufwirtschaftssystem
tatsächlich auch in diesem Bereich entstehen kann.

Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist und eine
Menge mit dem zu tun hat, was wir im Parlament in die-
sen Wochen ganz besonders häufig besprechen, betrifft
die internationalen Finanzmärkte. Auch die Rohstoff-
märkte sind von Spekulationen nicht unberührt. Ein
Land, die USA, hat mit diesem Thema schon lange Er-
fahrungen gemacht und hat schon relativ früh reagiert.
Angefangen hat das dort im Agrarsektor. Vor kurzem hat
ein amerikanischer Abgeordneter festgestellt – den Satz
will ich gerne zitieren –:

Zwischen den Getreidebauern und den Brotessern
hat sich ein Parasit geschoben, der beide beraubt.

Gemeint sind die Rohstoffspekulanten.

Die Amerikaner haben in Form des Dodd-Frank Act
reagiert. Auch früher haben sie schon ähnliche Instru-
mente aufgelegt. Der EU-Kommissar für den Binnen-
markt, Barnier, hat offenbar sehr genau hingeschaut und
macht jetzt Vorschläge, wie wir in Europa die Spekula-
tionen auf den Rohstoffmärkten eindämmen können. Es
geht um Regeln für Händler, insbesondere zur Transpa-
renz und zu den Berichtspflichten der Händler. Aber es
geht schlicht auch darum, Mengen von Transaktionen
auf den Rohstoffmärkten zu begrenzen, die letztlich
dazu führen, dass es Preisschwankungen und Verfügbar-
keitsprobleme gibt, wie wir sie in den letzten Monaten
kennengelernt haben.

Ich kann Sie – damit richte ich mich an die Bundesre-
gierung, aber auch an die Koalitionsfraktionen – nur auf-
fordern, diese Anstrengungen der Europäischen Kom-
mission aktiv zu unterstützen. Es ist so, dass viele
Mitgliedstaaten durchaus auf der Linie von Barnier sind
und solche Regelungen einführen wollen. Aber es gibt
natürlich auch einige, zum Beispiel Großbritannien, die
dem Ganzen sehr skeptisch gegenüberstehen. Ich bitte
Sie, Ihre Möglichkeiten auszunutzen, um dieses Thema





Rolf Hempelmann


(A) (C)



(D)(B)

mit den Partnern in Europa voranzutreiben und dafür zu
sorgen, dass wir hier zu Lösungen kommen. Es kann je-
denfalls nicht sein, dass wir dieses Thema vernachlässi-
gen, dass wir letztlich zulassen, dass es, obwohl auf den
Weltmärkten ausreichend Rohstoffe vorhanden sind, zu
Verknappungen oder Verteuerungen und Preisschwan-
kungen kommt, die unsere gesamte Wirtschaft betreffen
und ein Land wie Deutschland, das auf Hightechent-
wicklungen und Exporte angewiesen ist, in besonderem
Maße benachteiligen.

Ich habe am Anfang gesagt: Sie wollen Ihren Antrag
heute im Parlament durchpeitschen. Das sind wir ge-
wohnt. Gestern haben wir ihn bekommen, vorgestern ha-
ben Sie ihn offenbar geschrieben, nachdem Sie sich das
Abkommen der Bundesregierung zu Gemüte geführt
hatten. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir werden diesem
Antrag heute nicht zustimmen, einmal wegen des Ver-
fahrens, aber auch, weil einige der Punkte einer Konkre-
tisierung bedürfen, wie ich das gerade versucht habe an-
klingen zu lassen, und insbesondere weil das Thema der
Bekämpfung der Rohstoffspekulationen bei Ihnen völlig
unterbelichtet ist. Das ist offenbar ein Thema, mit dem
Sie sich auch an anderer Stelle ausgesprochen ungern
befassen. Aber um die Bekämpfung der Spekulationen
werden Sie nicht herumkommen, weder wenn es um
Währungsspekulationen noch wenn es um Rohstoffspe-
kulationen geht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713300400

Philipp Mißfelder ist der nächste Redner für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1713300500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Rohstoffaußenpolitik und die Rohstoff-
sicherheit sind zentrale Fragen im Hinblick auf die Zu-
kunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Deshalb haben
die Koalitionsfraktionen dieses Thema nicht nur heute,
sondern schon zu Beginn dieser Legislaturperiode auf
die Tagesordnung gesetzt. Wir versuchen, die bisher
nicht gebündelten Aktivitäten von Auswärtigem Amt,
BMZ und Bundeswirtschaftsministerium – hinzu kom-
men zahlreiche Einzelreisen von Abgeordneten – so zu-
sammenzufassen, dass wir tatsächlich von einer Roh-
stoffaußenpolitik sprechen können. Wir wollen damit
unser wirtschaftliches Engagement im Außenwirt-
schaftsbereich unterstreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass die Zukunftsfähigkeit massiv beeinflusst wird,
liegt auf der Hand; denn Rohstoffe sind nichts Abstrak-
tes. Wenn wir über die mineralischen und nichtenergeti-
schen Rohstoffe sprechen, muss jeder Verbraucher wis-
sen, dass sein eigenes Handy, dass das, was wir jeden
Tag zum Arbeiten brauchen, dass jede technische Neue-
rung der letzten 20 Jahre darauf basiert, dass wir Roh-
stoffe brauchen, und zwar leider meistens solche aus
Ländern, die politisch sehr schwierig sind. Die Rohstoff-
abhängigkeit gilt nicht nur für Handys, für Windturbinen
und für Solaranlagen; es ist kaum ein großes, speziali-
siertes Unternehmen in Deutschland ohne wichtige Roh-
stoffe, ohne wichtige Ressourcen denkbar; denn darauf
basieren ihre Produkte.

Als wichtige Industrienation zählt Deutschland daher
zu den größten Rohstoffkonsumenten der Welt. Das be-
trifft nicht nur die Metallrohstoffe, sondern vor allem In-
dustriemineralien. Darauf gehen unser Antrag und auch
der Rohstoffkongress der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion in der kommenden Woche ausführlich ein.

Das Ganze ist ein Thema, das die Bürger und ihre Ar-
beitsplätze sehr stark angeht. Ohne Rohstoffe kann die
BASF in Ludwigshafen nicht arbeiten. Mit dem Einkauf
von Rohstoffen beginnt die Arbeit von weltweit über
100 000 BASF-Mitarbeitern. Volkswagen wäre ohne
Rohstoffe überhaupt nicht denkbar. Auch die erneuerba-
ren Energien und Unternehmen wie Solarworld gäbe es
ohne eine Ressourcen- und Versorgungssicherheit in die-
sem Bereich nicht. Wir brauchen also eine Rohstoffpoli-
tik. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter Führung
von Volker Kauder hat im vergangenen Jahr mit ihrem
Rohstoffkongress ein deutliches Signal an die Fachwelt
gesendet. Wir bauen darauf auf, wenn die Bundeskanzle-
rin auf unserem Fraktionskongress in der kommenden
Woche dazu vorträgt.

Bereits in der Zeit des Bundeswirtschaftsministers
Brüderle,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren noch Zeiten mit dem Brüderle!)


am 20. Oktober 2010, hat das Bundeskabinett eine Roh-
stoffstrategie gebilligt. Es ist gerade schon gesagt wor-
den: Es wäre wünschenswert, wenn man auch auf euro-
päischer Ebene weiterkäme. Dies gestaltet sich aber
– das ist zum Teil ein Vorwurf an unsere Freunde und
Partner in Europa – schwierig, da manche Länder, auch
engste Freunde von uns, der Meinung sind, dass zum
Beispiel in Afrika ihre Außenpolitik eher der eigenen In-
nenpolitik entspreche als einem gemeinsamen europäi-
schen Ansatz. Das macht die Sache natürlich schwierig.
Wenn man eine gemeinsame europäische Rohstoffstrate-
gie will, dann muss man an dieser Stelle Außenpolitik
aus einem Guss machen. Das gestaltet sich in Europa
sehr schwierig.

Die Opposition hat erkannt, dass dies ein wichtiges
Thema ist, und versucht, hier nachzuziehen.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Wir haben den Antrag im vorigen Jahr eingebracht!)


Herr Hempelmann hat es gerade deutlich gemacht. Ich
begrüße das auch ausdrücklich. Es gab einen Antrag der
SPD zum Thema Rohstoffpolitik. Vieles darin finde ich
richtig und unterstütze ich. Sie könnten unserem Antrag
eigentlich getrost zustimmen, weil wir gar nicht so weit
auseinander sind.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Abschreiben allein reicht nicht!)






Philipp Mißfelder


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(D)(B)

Die Grünen haben am 1. September 2011 ihre „Grüne
Rohstoffstrategie“ präsentiert. Auch darin findet sich
vieles, dem wir zustimmen, zum Beispiel dem Punkt
Recycling. Unsere Zustimmung findet auch die Behand-
lung der Frage „Wie stellen wir uns im Hinblick auf
Rohstoff- und Ressourcensicherheit auf?“. Insofern lade
ich Sie ein, unseren Antrag zu unterstützen. Ich glaube,
wir sind gar nicht so weit auseinander.

Leider ist es so, dass sich die Linke sehr ideologisch
mit dem Thema Rohstoffe beschäftigt hat, Herr Gehrcke.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ich hatte schon befürchtet, Sie stimmen unserem auch zu!)


– Nein. Ich möchte Ihnen nicht den Tag verderben, in-
dem ich Ihrem Antrag zustimme.

Bei Ihnen hat man den Eindruck, Sie hätten einen
Pawlow’schen Ideologiereflex: Sobald Sie das Thema
„Ressourcen, Industrie, Wirtschaft, Rohstoffe“ hören,
sagen Sie: Kein Krieg für Rohstoffe!


(Beifall bei der LINKEN)


Darum geht es bei unserer Rohstoffstrategie nicht.
Bitte betrachten Sie das Thema etwas sachlicher! Be-
schäftigen Sie sich mit der Frage, und stellen Sie sich
vor, was wir ohne eine engagierte Rohstoffaußenpolitik
machen würden! Wenn wir Ihnen folgen würden und Ihr
Antrag umgesetzt würde, dann würden in Zukunft alle
Hightechprodukte teurer werden, und die Industrie in
Deutschland würde sterben. Deshalb lehne ich das ab.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir befinden uns in der Rohstoffpolitik grundsätzlich
in einem Zwiespalt zwischen wertegebundener und inte-
ressengeleiteter Außenpolitik. Das ist im Übrigen nicht
nur für diese Bundesregierung, insbesondere den Bun-
desaußenminister und die Bundeskanzlerin, eine Heraus-
forderung, sondern es war auch für die vorherigen Re-
gierungen eine ständige Herausforderung. Wenn Sie in
rohstoffreiche Länder reisen, dann treffen Sie – das ist
bereits angesprochen worden – häufig auf große Armut
und sehr schwierige politische Verhältnisse, meistens in
Verbindung mit der Missachtung von Menschenrechten.

Nichtsdestotrotz ist in dieser Frage realpolitisches
Handeln notwendig, weil dies unseren Interessen ent-
spricht. Das heißt nicht, dass man alles andere über Bord
werfen darf. Sie können uns zwar Einzelbeispiele von
Reisen vorwerfen, über denen eher ein Grauschleier lag,
als dass sie ein leuchtendes Beispiel für die Menschen-
rechtspolitik gewesen wären. Ich könnte aber den Spieß
auch umdrehen und Ihnen aufzählen, wohin überall
Gerhard Schröder oder auch Politiker Ihrer vorherigen
Regierung gereist sind und was sie dort alles gemacht
haben. Das ist der Zwiespalt einer interessengeleiteten
und gleichzeitig wertegebundenen Außenpolitik. Dieses
Hin und Her gegenseitiger Schuldzuweisungen wird uns
nichts bringen, wenn es um die großen Fragen geht, die
wir in der Rohstoffpolitik zu bewältigen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Eine zentrale Frage, in der man, glaube ich, ernsthaft
versuchen sollte, einen europäischen Konsens herzustel-
len, ist die Rohstoffgerechtigkeit. Im Frühjahr dieses
Jahres hat es durch Spekulationen sehr starke Verwer-
fungen auf den Märkten gegeben. Ich glaube, wenn wir
mit geballter Marktmacht und einer einheitlichen Strate-
gie, die politisch entsprechend unterfüttert wird, in Eu-
ropa auftreten würden, dann hätten wir die Chance, zu-
mindest durch langfristige Partnerschaften mit einzelnen
Rohstofflieferanten der Spekulation etwas entgegenzu-
setzen. Wenn aber jeder Staat einzeln versucht, diese
große Herausforderung zu bewältigen, wird er scheitern.
Wenn wir einen Beitrag zur Rohstoffgerechtigkeit leis-
ten wollen, dann muss Europa versuchen, von einzel-
staatlichen Lösungen abzusehen, und sich darum bemü-
hen, die gemeinsamen Themen auf einen Nenner zu
bringen.

Rohstoffpolitik hat aus unserer Sicht drei Handlungs-
felder, die wir in unserem Antrag aufgeführt haben. Not-
wendig ist, erstens Wettbewerbsverzerrungen zu be-
kämpfen und zweitens zu einer Diversifizierung bei den
Rohstofflieferanten zu kommen, um sich nicht von ei-
nem Land abhängig zu machen. Dies ist ein großes Pro-
blem; ich erinnere nur an das Beispiel der Seltenen Er-
den aus China. Recycling und Rohstoffeffizienz sind
schon von Staatssekretär Burgbacher angesprochen wor-
den. Diesen Themen müssen wir uns in Deutschland
stellen. Dafür sind die Außenpolitiker allerdings nicht
zuständig.

Das dritte Handlungsfeld ist die Rohstoffpolitik. Eine
kluge Rohstoffaußenpolitik muss Rahmenbedingungen
für Unternehmen und Arbeitsplätze in Deutschland set-
zen. Sie verlangt deshalb auch ein größeres Engagement
der deutschen Industrie, was aus meiner Sicht auf einem
guten Weg ist, aber trotzdem noch einer gewissen finan-
ziellen Untermauerung bedarf. Denn es kann nicht sein,
dass letztlich der Staat alles regeln muss. Wir helfen der
Industrie gerne und stellen uns auch nicht dagegen, sie
mit Geld des Steuerzahlers zu unterstützen, aber die
größte Leistung muss aus der Industrie selbst kommen.
Wenn es beispielsweise um eine Rohstoffholding oder
eine Investmentgesellschaft in diesem Bereich geht,
muss das die Wirtschaft vor allem selber stemmen.

Wir sehen verschiedene Handlungsfelder in der Roh-
stoffaußenpolitik. Es geht um den Zugang zu Rohstof-
fen, damit wir nicht in technologische Abhängigkeit
kommen. Es geht um die Balance zwischen wirtschaftli-
chen und politischen Rahmenbedingungen und um die
Frage, wie wir uns in einem Wettbewerbsumfeld so plat-
zieren können, dass deutsche und europäische Firmen in
der Lage sind, wettbewerbsfähig zu wirtschaften.

In diesem Zusammenhang sind zwei Punkte wichtig,
die auch die Rahmenbedingungen setzen: Der Bedarf an
Rohstoffen nimmt weltweit zu, und es gibt stärkere
Preisschwankungen als früher. Ein dritter Punkt, den
man nicht unterschlagen darf, ist, dass es einige Länder
gibt, die konzentriert Rohstoffe für ihre Industrie brau-
chen. Dies kann dazu führen, dass außenpolitische Über-





Philipp Mißfelder


(A) (C)



(D)(B)

legungen zum Spielball von strategischer Rohstoffpoli-
tik werden. Das ist eine sehr große Herausforderung, der
wir uns stellen müssen. China wird immer als Hauptbei-
spiel genannt. Es ist aber nicht nur China; es sind noch
viele andere Länder. Ich möchte an dieser Stelle nicht
nur China kritisieren.

Abschließend – Herr Burgbacher hat es richtigerweise
gesagt –: Wir brauchen Rohstoffpartnerschaften. Des-
halb war die Reise der Kanzlerin in die Mongolei ein
voller Erfolg. Was wir mit Kasachstan auf den Weg zu
bringen versuchen, geht in dieselbe Richtung. Ich hoffe,
dass wir in diesem Jahr zu einem positiven Ergebnis
kommen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713300600

Ich erteile das Wort dem Kollegen Wolfgang Gehrcke

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713300700

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Werte Kollegin-

nen und Kollegen! Es liegen heute zwei Anträge vor, die
jeweils in eine völlig andere Richtung weisen, der An-
trag der CDU/CSU und FDP und der Antrag der Linken.
Der Kollege Mißfelder hat völlig recht, und ich möchte
ihm gar nicht widersprechen: Wenn man unseren Antrag
und Ihren Antrag liest, dann stellt man fest, dass die bei-
den nicht zusammengehen. Ich finde es völlig normal
und richtig, das auszusprechen. Ich lege sogar großen
Wert darauf, dass wir in unterschiedliche Richtungen
denken und unterschiedliche Vorschläge machen. Das ist
mir wichtig. Es wäre schlimm, wenn unsere Anträge
gleich wären.


(Beifall bei der LINKEN)


Schauen wir uns im Einzelnen an, welche Grundlagen
in den Anträgen betont werden. CDU/CSU und FDP for-
mulieren in ihrem Antrag die philosophische und strate-
gische Grundlage, den Prinzipien von Markt und Wett-
bewerb entsprechen zu wollen. Die Grundlage ist, dass
der Markt alles regelt, und im Wettbewerb wird sich be-
kanntermaßen der Stärkere durchsetzen. Die Vorschläge,
die Sie praktisch machen, weisen in diese Richtung. Die
Prinzipien von Wettbewerb und Markt decken sich mit
den Aussagen im Koalitionsvertrag. Es ist schon als
Grundprinzip der Außenpolitik formuliert worden, den
freien Welthandel durchzusetzen. Was Sie unter freiem
Welthandel verstehen, ist bekannt.

Wir betonen in unserem Antrag völlig andere Dinge.
Wir betonen in unserem Antrag die Solidarität als Hand-
lungsprinzip zwischen Produzenten und Konsumenten
von Rohstoffen. Das ist außerordentlich wichtig. Wir
wollen Ausgleich und nicht Dominanz.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir legen Wert darauf, dass Menschenrechte nicht das
Beiwerk sind, mit dem man sich schmücken kann, wenn
es passt, sondern das Grundprinzip der Kooperation wer-
den. Ich sage Ihnen sehr zugespitzt: Sie scheren sich ei-
nen Dreck um die Menschenrechte, wenn es um Profit
geht.


(Beifall bei der LINKEN – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Also wirklich!)


Wer Panzergeschäfte mit Saudi-Arabien abwickelt, soll
mir nicht mit Menschenrechten kommen. Sie haben sich
selbst entlarvt und haben offenbart, in welche Richtung
es geht.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


Davon kommen Sie nicht weg. Ändern Sie Ihre Politik!
Dann brauche ich diesen Vorwurf nicht zu erheben.

Für uns ist wichtig, dass man sich den Kopf zerbricht
über die Arbeitsbedingungen der Menschen, die Roh-
stoffe fördern oder an der Verteilung von Rohstoffen be-
teiligt sind. Für uns ist wichtig, über Kinderarbeit und
über ökologische Verantwortung zu sprechen. Das alles
finden Sie in unserem Antrag, aber davon finden wir
nichts in Ihrem Antrag. Den Vorwurf, dass Sie sich in Ih-
rem Antrag überhaupt nicht mit der Spekulation mit
Rohstoffen und dem, was damit in der weltweiten Aus-
einandersetzung angerichtet wird, befassen, können Sie
nicht entkräften. Lesen Sie Ihre eigenen Papiere! Dann
werden Sie das begreifen.

Jetzt haben Sie als großen Knüller entdeckt – auch
das ist nichts Neues –, dass wir immer mit der Kriegs-
frage kommen, wenn es um Rohstoffe geht. Das stimmt.
Ich bin fest davon überzeugt, dass mindestens ein Grund
– für mich ist das der dominierende Grund – für die Mi-
litäreinsätze die Rohstoffsicherung ist. Das will ich gar
nicht mit meiner Ideologie beweisen, auch wenn ich es
könnte. Ich lasse es aber sein, weil es keinen Zweck hat,
darüber mit Ihnen zu diskutieren. Schauen Sie in die
Pläne der Bundesregierung zum Umbau der Bundes-
wehr! Die Rohstoffsicherheit und die Sicherheit von
Handelswegen bilden ausdrücklich einen Schwerpunkt
der neuen Bundeswehrstrategie. Das ist Ihre Politik.
Also gibt es einen Zusammenhang.

Denken Sie an die Worte des Exbundespräsidenten
Köhler zu Afghanistan. Zu Guttenberg hat das Gleiche
formuliert, nur etwas eleganter. Es tut mir leid, wie man
mit Herrn Köhler umgesprungen ist. Er hat ausgespro-
chen, dass auch der Afghanistan-Krieg vor dem Hinter-
grund des Kampfes um Rohstoffe geführt wird.


(Jörg van Essen [FDP]: So ein Unsinn!)


– Das ist nicht mein Unsinn. Das war Herrn Köhlers Un-
sinn.


(Jörg van Essen [FDP]: Nein!)


– Setzen Sie sich damit auseinander! Das können Sie in
zig Varianten lesen, übrigens auch in Anträgen der FDP.
Sie enthalten immer diesen Akzent, Rohstoffsicherheit
auch militärisch zu garantieren. Das entspricht ja auch
Ihrer praktischen Politik.


(Zuruf von der FDP)






Wolfgang Gehrcke


(A) (C)



(D)(B)

– Dass Sie ärgerlich sind, wenn das angesprochen wird,
verstehe ich, aber es ist ja nun einmal so.


(Jörg van Essen [FDP]: Nein, es ist eben nicht so!)


Ich möchte Sie auch darauf aufmerksam machen, dass
man den verengten Blick, was Rohstoffe angeht – man
betrachte nur Öl und Gas –, aufgeben und die gesamten
Fragen der Auseinandersetzung auch um Wasser und um
Seltene Erden sehen muss. Was mich vor allem berührt,
ist die Auseinandersetzung um Wasser. Wenn ich sehe,
was dort an Konzentration, an Privatisierung, an Kampf
um die Preise läuft, dann komme ich zu dem Schluss,
dass wir von wenigen Wasserproduzenten abhängig wer-
den. Ich bin fest davon überzeugt, dass die ganze Frage
des Kampfes um Wasser einmal eine der zentralen Fra-
gen der Auseinandersetzung werden wird.

Schauen Sie dann doch auch einmal darauf, wie viel
Geld Sie im Rüstungsbereich verschwenden! Der Afgha-
nistan-Krieg hat Deutschland bisher 17 Milliarden Euro
gekostet. Was hätte man damit an vernünftigem Aus-
gleich leisten können!

Zusammengenommen: Wir brauchen hier eine Poli-
tik, die einen fairen Ausgleich beinhaltet, bei der nicht
das Strategiepapier des BDI maßgeblich ist, sondern das,
was die Produzenten und die Konsumenten brauchen.


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Machen wir doch!)


Wir brauchen eine Politik, nach der bestimmte Dinge
nicht mehr als Ware gehandelt werden dürfen – ich
nenne Gene von Pflanzen und von Menschen –, und wir
brauchen eine Entscheidung gegen Spekulation mit Nah-
rungsmitteln. Das wäre einem deutschen Parlament an-
gemessen. Das erwarte ich bei den Mehrheitsverhältnis-
sen hier nicht. Mit Ihrer Rohstoffpolitik werden Sie nur
dem alten Satz, der Truman zugeschrieben worden ist,
neue Nahrung geben: Wie kommt unser amerikanisches
Öl unter den arabischen Sand?

Was Sie hier anbieten, ist einfach zu wenig.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713300800

Nächster Redner ist der Kollege Fritz Kuhn, Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713300900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

Thema Rohstoffe ist Gegenstand von Wirtschaftspolitik,
Technikpolitik, Außenpolitik und Entwicklungspolitik.
Ich will gern mit einer eher moralischen Fragestellung
beginnen: Was folgt aus der Tatsache, dass wir aufgrund
unserer Wirtschaftskraft so viele Rohstoffe brauchen?
Folgt daraus, dass wir ein besonderes Recht haben auf
einen besonderen Zugang zu vielen Rohstoffen in der
Welt – das ist die Hauptrichtung Ihres Antrags –, oder
folgt aus der Tatsache, dass wir besonders viele Roh-
stoffe verbrauchen, eine besondere Verpflichtung, effi-
zient mit knappen Rohstoffen umzugehen? Ich finde,
Letzteres ist richtig


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])


Das ist die zentrale Kritik an dem Konzept von
Brüderle aus seiner Zeit als Wirtschaftsminister und an
Ihrem Antrag: Sie legen den Schwerpunkt zu sehr auf
Rohstoffsicherung – Klammer auf: nicht unwichtig –
und zu wenig auf Effizienz und Recycling und effekti-
ven Umgang mit knappen Gütern, darunter – schon
sprachlich interessant – Seltene Erden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sagen: Sie müssen es anders machen. Im Schwer-
punkt einer deutschen Rohstoffstrategie muss der effi-
ziente Umgang mit Rohstoffen liegen, die Rohstoff-
produktivitätssteigerung, wie man ökonomisch sagen
würde, damit wir unseren Wohlstand mit weniger Roh-
stoffen sichern können.

Ich sage in Ihre Richtung: Ich finde, das ist auch die
beste Sicherheitspolitik – darüber brauchen wir gar nicht
lange zu streiten –,


(Zustimmung des Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


und das ist auch ein außenpolitisches und entwicklungs-
politisches Thema, weil ein Fluch auf Rohstoffen liegen
kann, selbst wenn man sie besitzt.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Gerade dann!)


Das wird entschärft, wenn die reichen Länder effektiv
mit Rohstoffen umgehen.

Deswegen ist Rohstoffpolitik Innovationspolitik. Es
gilt, unser Wissen, unser technisches Wissen so einzuset-
zen, dass wir unseren Wohlstand mit weniger Rohstoffen
erzeugen können. Da ist die Bundesregierung bisher
nicht besonders gut.

Ich will einmal ein Beispiel nennen. Es gibt ja ein
EU-Konzept, das gelegentlich auch zitiert wird. Die
Bundesregierung hat hier in Brüssel blockiert und tut es
noch immer. Die EU sagt: Wir wollen eine Innovations-
partnerschaft für Rohstoffe und Ressourceneffizienz.
Lasst uns das in Europa gemeinsam machen und nicht
Land für Land! Wir brauchen eine gemeinsame Strate-
gie. Da tritt die Bundesregierung auf die Bremse.

Ein interessanter Punkt ist übrigens: Auf EU-Ebene
seid ihr bei diesem Thema gar nicht gut aufgestellt. In
den EU-Debatten heißt es immer, man müsse zum Bei-
spiel in der Wirtschaftspolitik gemeinsam handeln. Herr
Mißfelder, hat die Kanzlerin die EU vorher über ihr Vor-
haben in der Mongolei informiert? Hat man die Frage
gestellt, ob man das nicht auf europäischer Ebene regeln
kann? Oder hat man beim Thema Rohstoffe wieder den
Blick auf die nationale Wirtschaft? Das würde ich für
extrem falsch halten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Fritz Kuhn


(A) (C)



(D)(B)

Übrigens – weil Sie gesagt haben, die Reise in die
Mongolei sei so toll gewesen –: Wenn man dort eine
Rohstoffpartnerschaft schließen will, kommt es auf das
Wie an. Das Erste, auf das man gekommen ist, ist die
Kohleförderung. Sie können mir viel erzählen, aber ein
richtiger Innovationsbrummer war diese Reise nicht; die
Ergebnisse sind eher ziemlich schwach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713301000

Herr Kollege Kuhn, darf Herr Mißfelder Ihnen eine

Zwischenfrage stellen?


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713301100

Ja, wenn es hilft, bitte.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713301200

Bitte sehr.


Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1713301300

Meine Frage an Sie lautet: Sind Sie sich darüber im

Klaren, dass es eventuell notwendig sein könnte, jetzt zu
versuchen, eigene Partnerschaften zu etablieren, um eu-
ropäische Partner auf einen gemeinsamen Weg zu zwin-
gen?


(Lachen des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Denn Nichtaktivität kann auch dazu führen, dass wir am
Wettbewerb gar nicht mehr teilnehmen. Sind Sie sich au-
ßerdem darüber im Klaren, dass eine Hilfe bei der Koh-
leförderung vielleicht zu mehr Effizienz in der Mongolei
selbst führen könnte? Es würde mich interessieren, ob
Sie, der Sie gerade von Effizienz gesprochen haben, be-
reit sind, unsere technologische Unterstützung der Mon-
golei, die auch zu mehr Effizienz führen soll, zur Kennt-
nis zu nehmen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713301400

Zu Ihrer ersten Frage: Wenn man grundsätzlich der

Überzeugung ist, dass es gut ist, solche Innovationsstra-
tegien auf europäischer Ebene abzustimmen – Klammer
auf: weil der alte Wettlauf zum Beispiel zwischen den
Franzosen, den Engländern und uns nicht besonders effi-
zient und klug ist, da alle getrennt agieren –, dann wird
man das in Europa tatsächlich koordinieren müssen. Das
war der Sinn meiner Frage, ob auf europäischer Ebene
abgesprochen ist, dass man jetzt eine deutsche Rohstoff-
partnerschaft initiiert. Die Frage ist, ob es nicht klüger
wäre, sich um europäische Rohstoffpartnerschaften zu
bemühen.

Sie haben gesagt, um auf europäischer Ebene etwas in
Gang zu bringen, müsse man erst einmal alleine handeln.
Das scheint mir etwas konstruiert. Das ist ein seltsames
Verständnis von europäischer Koordination, und ich
kann es überhaupt nicht nachvollziehen. Wenn man in
Europa etwas machen will, dann spricht man in Europa
auch gemeinsam die Schwerpunkte ab.

(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Machen wir ja!)


Man entwickelt eine gemeinsame Strategie, und darauf
gründen sich dann Rohstoffpartnerschaften. So würde
ich das jedenfalls sehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der große technologische Effizienzschub für die
Mongolei kommt nicht aus der Kohleförderung. Das ist
völlig absurd. Die Mongolei hat viele Möglichkeiten, ge-
rade mit erneuerbaren Energien, die Energieversorgung
sicherzustellen. Dass man sich da noch einmal auf den
Kohletrip begibt, den wir uns gerade langsam abgewöh-
nen, halte ich für unnötig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt würde ich gerne in meiner Rede fortfahren. – Sie
versäumen es, den Effizienzgedanken mit Instrumenten
zu versehen. Die Ökodesign-Richtlinie muss jetzt bear-
beitet werden. Zum Beispiel muss in diese Richtlinie
auch die Recyclingfähigkeit von Produkten aufgenom-
men werden. Das blockieren Sie gerade. Wir müssen
beim Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Frage
nach dem Recycling stellen. Das wird ja gerade disku-
tiert. Sie allerdings bremsen da nur. Sie haben eine Wie-
derverwertungsquote von 65 Prozent hineingeschrieben,
die aber in vielen Bereichen schon erreicht wird. Es ist
eine völlig unambitionierte Politik, die Sie betreiben,
wenn es darum geht, Effizienz, Verwertung und auch
Substitution zu verbessern.

Ich komme zu einem Punkt, bei dem Sie sehr
schwach aussehen: Es geht um die Regulierung der Roh-
stoffmärkte. Das ist ein internationales Thema. Ich will
vorweg sagen: Die Rohstoffmärkte müssen stark regu-
liert werden. Was in den USA unter dem Begriff Dodd-
Frank Act jetzt diskutiert wird, müssen wir auch in
Europa aufnehmen. Es bedeutet zum Beispiel, dass der
Over-the-Counter-Handel bei Rohstoffderivaten verbo-
ten werden muss. Es muss klar sein, wo Rohstoffe ge-
handelt werden, damit die Spekulation mit Rohstoffen,
die Sie angesprochen haben, zurückgeht.

Die Amerikaner haben auch formuliert, dass es ein
Positionslimit für einzelne Händler geben muss, um un-
kontrollierte Spekulation zu verhindern. Das wollen wir
einführen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie aber reden nicht davon. Der Grund dafür ist bei der
FDP zu finden: Sie haben Angst, einen Bereich zu regu-
lieren, der vernünftigerweise reguliert werden müsste.
Sie scheuen das Wort Regulierung wie der Teufel das
Weihwasser.

Rohstoffspekulationen sind sowohl für die deutsche
Wirtschaft als auch für Entwicklungsländer, die über
Rohstoffe verfügen, extrem schädlich und gefährlich.
Deswegen muss der Rohstoffmarkt jetzt vernünftig regu-
liert werden. Daran führt kein Weg vorbei. Dieses
Thema haben Sie in Ihrem Antrag allerdings nur am
Rande gestreift; denn Sie machen keine operativen Vor-
schläge dafür, wie das funktionieren soll.





Fritz Kuhn


(A) (C)



(D)(B)

Sie machen auch keine Vorschläge zum Thema Zerti-
fizierung von Handelsketten. Dieses Thema haben wir in
dem von Ihnen zu Recht genannten grünen Konzept auf-
genommen. Ich habe, nebenbei bemerkt, einige
Exemplare dabei. Sie können gegen eine geringe Schutz-
gebühr nachher ein Exemplar bekommen.


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Jetzt wollen Sie auch noch Geld damit verdienen! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Over the Counter!)


Die Zertifizierung von Handelsketten ist ein zentrales
Element, das wir brauchen. Auch darüber haben Sie
nichts gesagt.

Ich will zum Schluss feststellen: Es ist wichtig, dass
wir über dieses Thema diskutieren. Die Vermeidungs-
und Effizienzseite kommt bei Ihnen zu kurz. Deswegen
müssen Sie Ihren Antrag nachbessern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713301500

Für die FDP-Fraktion erhält jetzt der Kollege Klaus

Breil das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Klaus Breil (FDP):
Rede ID: ID1713301600

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Deutschland hatte bis in die 90er-Jahre einen welt-
weit erfolgreichen Rohstoffkonzern von beachtlicher
Bedeutung. Der Einfluss einer staatlich kontrollierten
Bank aus Nordrhein-Westfalen wirkte sich hier aber so
fatal aus, dass das gesamte Rohstoffgeschäft aufgegeben
wurde. Der Konzern entwickelte sich in eine völlig neue
Richtung. Seitdem ist unsere Wirtschaft an der Rohstoff-
flanke offen.

Heute hängt unsere Wirtschaft mehr denn je von Me-
tallrohstoffen und Industriemetallen ab. Sie ist auf die
Importe dieser Rohstoffe nahezu vollständig angewie-
sen. Selbst wenn ein europaweit agierender Kupferher-
steller schon fast 40 Prozent seiner Produktion aus Recy-
clingmaterial schöpft: Wir wollen und müssen das
Recycling noch in vielerlei Hinsicht steigern und die Ef-
fizienz beim Einsatz von Rohstoffen deutlich verbessern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Kuhn, wir haben das voll auf dem Radarschirm.

Rohstoffabhängigkeit ist und bleibt ein wirtschaftli-
ches Urphänomen. Rohstoffhandel ist Prototyp wirt-
schaftlicher Interaktion – in Deutschland ganz beson-
ders. Denn von der Sicherheit der Versorgung mit
Rohstoffen hängen hier in hohem Maße Arbeitsplätze
und Wirtschaftswachstum ab. Sie alle wissen: Im Jahr
2010 hatte das produzierende Gewerbe mit rund
720 Milliarden Euro einen Anteil von knapp 30 Prozent
am deutschen Bruttoinlandsprodukt. Diese Tatsache hat
uns einen florierenden Arbeitsmarkt und volle Sozial-
kassen beschert.

Die Vorstellung der Linken von einer Rohstoffstrate-
gie, die nicht die Interessen der deutschen und europäi-
schen Industrie zum Ziel hat, kommt einer Deindustriali-
sierung gleich. Daher ist ihr Antrag abzulehnen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das überrascht mich jetzt völlig!)


Die Rohstoffsicherung ist eine primäre Aufgabe der
Wirtschaft. Es ist erfreulich, dass dies die Wirtschafts-
verbände genauso sehen. Die Politik muss sich aller-
dings um die erforderlichen Rahmenbedingungen küm-
mern. Sie kann Lieferabkommen schließen und
Vorhaben begleiten; sie kann Investitionsgarantien ge-
ben und Ungebundene Finanzkredite anbieten. Das wird
sie auch tun. Daneben wird sie noch zusätzliche Instru-
mente prüfen.

Die Politik muss darauf hinwirken, bestehende Han-
dels- und Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen
Staaten abzubauen. Das gilt ganz besonders für die Sel-
tenen Erden. Dazu ist eine Partnerschaft zur industriellen
Entwicklung hilfreich, die von mehreren rohstoffreichen
Ländern seit einiger Zeit verstärkt gefördert wird. Die
Zusammenarbeit mit Kasachstan ist für den neuen Geist
der Partnerschaft ein gutes Beispiel.


(Beifall des Abg. Philipp Mißfelder [CDU/ CSU])


Der „Interministerielle Ausschuss Rohstoffe“ arbeitet
hier im Übrigen eng mit der Wirtschaft zusammen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das habe ich mir gedacht! Wie bestellt, so geliefert!)


Wir erleben einen echten Neubeginn, und der ist auch
notwendig. Denn heutzutage ist der Aufbau eines welt-
weit agierenden Rohstoffkonzerns im Alleingang finan-
ziell nicht mehr zu schultern. Bei dem Bestreben der
deutschen Industrie, ihre Rohstoffversorgung wieder in
die eigene Hand zu nehmen, werden direkte Beteiligun-
gen der Unternehmen an Rohstoffprojekten im Ausland
die Versorgungssicherheit erhöhen, selbst wenn dies kein
sofortiges Allheilmittel ist. Die Bundesregierung wird
durch den weiteren Aufbau von staatlich untermauerten
Rohstoffpartnerschaften diesen Weg flankieren.

Bemerkenswert finde ich die zunehmenden Klagen
von Schwellen- und Entwicklungsländern, denen sich
die Chinesen in unmissverständlicher Absicht aufdrän-
gen. Unser Weg der umfassenden wirtschaftlichen Part-
nerschaften hingegen wird uns viele Chancen eröffnen.
Mit ihrer sprichwörtlichen Zuverlässigkeit und Korrekt-
heit kann die deutsche Wirtschaft hier gegenüber Wett-
bewerbern überzeugend punkten.


(Lachen des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Wir wollen die Interessen der Partnerländer wahren und
ihre eigene Ertragskraft durch den Rohstoffexport stär-
ken. Damit gewährleisten wir unsere eigene Versor-
gungssicherheit zu dauerhaftem Nutzen.





Klaus Breil


(A) (C)



(D)(B)

Zu Herrn Hempelmann sei noch gesagt – er sprach
Spekulationen bei Rohstoffen an –: Die kräftigen
Preisanstiege bei metallischen Rohstoffen, die im Jahre
2002 begannen, waren eine Folge der Urbanisierung und
der Infrastrukturaufbaumaßnahmen in China, das damals
zum Nettoimporteur wurde. Die Nachfrage auf dem
weltweiten Kupfermarkt kommt zu 40 Prozent aus
China, bei nur 5 Prozent eigener Produktion. Herr
Hempelmann, nach meiner Beobachtung sind es die La-
gerbestände und die Explorationskosten sowie die Pro-
duktionskosten, die die Preise beeinflussen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und keine Spekulation auf Rohstoffe? – Rolf Hempelmann [SPD]: Dann weiß ich ja, was in Brüssel dabei herumkommt!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713301700

Nächster Redner ist der Kollege Sascha Raabe für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1713301800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Wenn wir in Deutschland an den Tank-
stellen unser Benzin zapfen und uns an Fernsehserien
wie Dallas erinnern, glauben wir, dass derjenige, der
über Öl verfügt, reich ist und in Saus und Braus leben
kann. Still und heimlich beneiden wir diejenigen, die auf
Land sitzen, unter dem solche Rohstoffe liegen.

Leider trifft das für Afrika und viele Entwicklungs-
länder aber nicht zu. Dort liegen zwar ganz viele Roh-
stoffe, und trotzdem leben Menschen in bitterster Armut.
Für viele Länder Afrikas haben sich die Rohstoffe nicht
als Segen, sondern als Fluch erwiesen. Obwohl pro Jahr
aus Rohstoffexporten fast zehnmal soviel Geld wie aus
der Entwicklungszusammenarbeit nach Afrika fließt,
gibt es dort Millionen Menschen, die von unter 1 Dollar
am Tag leben müssen oder – wie gerade jetzt in Ost-
afrika – vom Hungertod bedroht sind.

Da fragt man sich natürlich: Woran liegt das? Das
liegt sicherlich daran, dass es oft schlechte Regierungs-
führung gibt, die verhindert, dass die Gewinne, die beim
Abbau von Rohstoffen erzielt werden, den ärmsten Men-
schen oder zumindest den Menschen aus der Region, in
der diese Rohstoffe gefördert werden, zugutekommen.

Oft wird dann von uns mit erhobenem Zeigefinger die
Korruption benannt. Nur, zur Korruption gehören immer
zwei: derjenige, der die Bestechung annimmt, und derje-
nige, der besticht. Zu denjenigen, die bestechen, gehören
leider auch viele europäische und deutsche Firmen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


Deswegen können wir in Deutschland nicht so tun, als
gehe uns das Problem nichts an. Wir können den morali-
schen Zeigefinger nicht nur auf die Regierungen in
Afrika richten.
Ich glaube, dass es nicht reicht, wenn wir unseren Un-
ternehmen sagen: Bitte seid doch freiwillig so nett, faire
Abkommen zu schließen und eure Zahlungsströme of-
fenzulegen. – Ich glaube vielmehr, dass wir verbindliche
Regeln brauchen.

Herr Kollege Mißfelder, der Antrag von Union und
FDP unterscheidet sich sehr wohl von dem Antrag, den
die SPD-Fraktion bereits im Januar dieses Jahres vorge-
legt hat und der im März hier diskutiert wurde. Wir
sagen nämlich, dass die Einhaltung der Transparenzrege-
lungen der EITI, der – in Englisch – Extractive Indus-
tries Transparency Initiative,


(Jörg van Essen [FDP]: Could you repeat that, please?)


verbindlich sein muss, damit es Außenwirtschaftsförde-
rungen wie die Hermesbürgschaften geben kann. Es ist
ein großer Unterschied, ob man dies auch für die deut-
sche Außenwirtschaftsförderung zur Bedingung macht
oder ob man sagt: Wir glauben, dass ihr das schon ein-
haltet. – Wir brauchen strenge Regeln für Unternehmen,
damit in diesem Sektor Transparenz und Ehrlichkeit
herrschen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der sogenannte Dodd-Frank Act ist eine Maßnahme,
die in den USA getroffen wurde. Demnach müssen Roh-
stoffunternehmen, die an der Börse handeln, ihre Zah-
lungsströme offenlegen. Das ist eine ganz wichtige Vo-
raussetzung für mehr Transparenz und Gerechtigkeit in
diesem Sektor. Ein solcher Ansatz muss auch von der
Bundesregierung verfolgt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung sagt zwar, dass sie solche Maß-
nahmen unterstützen will. Sie hat sich bisher aber leider
nicht für die projektbezogene Offenlegung dieser Zah-
lungsströme eingesetzt, die in den USA bereits prak-
tiziert und die von Frankreich und Großbritannien an-
gestrebt wird. Nur durch eine projektbezogene
Offenlegung kann man den lokalen Gemeinschaften, die
in diese Maßnahmen eingebunden werden müssen, sa-
gen: So viel Geld verdient eine Firma, die Kupfer bzw.
Erz abbaut. Ihr habt Anspruch auf dieses Geld. – Wenn
allerdings nur auf das Land bezogen eine Gesamtsumme
genannt wird, vertut man eine große Chance, da man den
lokal betroffenen Menschen kein scharfes Schwert in die
Hand gibt. Wir fordern deshalb die projektbezogene Of-
fenlegung aller Zahlungsströme, für die die Rohstoff-
unternehmen in Entwicklungsländern verantwortlich
sind.

Ich komme zu meinem nächsten Punkt. Transparenz
ist zwar wichtig. Es geht aber auch um die gerechte Ver-
teilung der Gewinne. Voraussetzung dafür ist, dass die
Menschen und die Regierungen in den Entwicklungslän-
dern gemeinsam für Transparenz sorgen. Die Menschen
müssen wissen, wie viel für Lizenzgebühren, für Kon-
zessionsgebühren, für Steuern und für Gewinne gezahlt
werden muss. Wir müssen im Rahmen der Entwick-





Dr. Sascha Raabe


(A) (C)



(D)(B)

lungszusammenarbeit mithilfe von Partnerschaftsab-
kommen darauf drängen, dass die Gewinne gerecht, also
auch an die ärmsten Menschen, verteilt werden. Dafür
setzen wir uns ein. Das haben wir in unserem Antrag
vom Januar bereits deutlich gemacht.

Wir dürfen aber nicht nur auf die Verteilung der Ge-
winne achten. Wir müssen auch die Arbeitsbedingungen
in den Entwicklungsländern betrachten. In einem Land
wie dem Kongo werden schon achtjährige Kinder ge-
zwungen, in Minen zu arbeiten. Sie werden dort tagelang
unter der Erde gehalten und somit ihrer Kindheit be-
raubt. Oft wird ihnen auch noch ein großer Teil ihres
kläglichen Gewinnes von Milizen abgenommen. Wir
alle sollten uns schämen; denn auch wir Verbraucher hier
in Deutschland tragen zu dieser Situation bei, indem wir
Handys, zum Beispiel iPhones, und Flachbildschirme
kaufen, für deren Produktion sogenannte Blutmineralien
verwendet werden. Wir haben bis jetzt noch keine Rege-
lungen getroffen, die es verhindern, dass Kinder im
Kongo in Bergminen arbeiten und verschüttet werden
und unzählige Menschenleben zerstört werden. All dies
kommt im wahrsten Sinne des Wortes nie ans Tageslicht.
Wir sind es den betroffenen Menschen schuldig, ver-
bindliche Regelungen zu schaffen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschenrechte
und die sozialen Mindeststandards wie die Kernarbeits-
normen der Internationalen Arbeitsorganisation – Verbot
von Kinderarbeit und Zwangsarbeit, Gewerkschaftsfrei-
heit – eingehalten werden. Wir müssen dafür sorgen,
dass durch Kontrollen bessere Arbeitsbedingungen in
den Abbaugebieten und den Minen geschaffen werden.
Das muss zur Voraussetzung für künftige Freihandelsab-
kommen werden, die die Europäische Union abschließt.
Dies sollte auch für die Welthandelsorganisation gelten.

Es nützt auch nichts, zu verhindern, dass deutsche
Unternehmen diese Erze verarbeiten. Denn wir wissen,
dass momentan 90 Prozent der Erze in Asien verarbeitet
werden. Mittlerweile haben die meisten Kollegen ein
iPhone. Schauen Sie einmal auf die Rückseite und lesen
Sie, wo es hergestellt wurde. Es steht „China“ darauf. Es
nützt nichts, zu glauben, dass deutsche Firmen damit
nichts zu tun haben. Denn das Eisenerz aus diesen „blu-
tigen Minen“ wird in China verarbeitet. Wir kaufen es
dann und heizen die Nachfrage an. Damit verheizen wir
im wahrsten Sinne des Wortes die Kinder- und Men-
schenleben mit. Das müssen wir stoppen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen darf international im Rahmen von Freihan-
delsabkommen nur dann gehandelt werden, wenn sicher-
gestellt ist, dass die sozialen Bedingungen und die Men-
schenrechte eingehalten werden.

Weitere wichtige Aspekte, die wir entwicklungspoli-
tisch unterstützen können, sind zum einen die Zertifizie-
rung und zum anderen die Beratung von Regierungen,
sodass sie beim Abschluss von Verträgen mit Unterneh-
men mehr Know-how und Expertise haben und die Ver-
träge so aushandeln, dass die Gewinne den Menschen
nützen. Das sind Dinge, die wir im Rahmen der Ent-
wicklungszusammenarbeit leisten können.

Ich sagte aber schon: Unser Handeln wird nur dann
kohärent, wenn wir in der Handelspolitik entsprechend
agieren. Deswegen setzen wir, die SPD, uns dafür ein,
nicht nur die Entwicklungsprojekte, sondern auch die
Handelspolitik in den Blick zu nehmen, damit wir faire,
gerechte Handelsbedingungen erreichen.

Der Agrarrohstoffsektor, den mein Kollege
Hempelmann schon angesprochen hat, ist das himmel-
schreiendste Beispiel für die Ungerechtigkeit, die es im
Augenblick beim Handel mit Rohstoffen gibt. Viele den-
ken bei Rohstoffen nur an Öl, Seltene Erden, Erze und
anderes. Nahrungsmittel sind mittlerweile zu Rohstoffen
geworden, die an den Börsen spekulativ gehandelt wer-
den. Früher betrug das Handelsvolumen der Marktteil-
nehmer, die nicht wirklich ein Interesse an Preisstabilität
hatten und den Handel mit Nahrungsmitteln spekulativ
betrieben haben, 20 bis 30 Prozent. Heute werden
80 Prozent der Nahrungsmittel als Spekulation gehan-
delt, von Menschen, die gar kein Interesse an sicheren
Preisen haben, sondern nur einen Reibach machen wol-
len. Dazu gehört leider auch die Deutsche Bank; das
muss man Herrn Ackermann einmal sagen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Der weiß das! – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Was hat das mit Rohstoffen zu tun? Können Sie einmal etwas zum Antrag sagen?)


Es gibt die Kampagne: „Hände weg vom Acker, Mann!“
Wir tragen über die Deutsche Bank auf gewisse Art und
Weise eine Mitschuld daran, dass Menschen hungern;
das müssen wir verhindern.

In diesem Sinne: Lassen Sie uns gemeinsam verbind-
liche Regeln finden, anstatt nur unverbindliche Ab-
sichtserklärungen abzugeben, wie sie im Antrag der
Union enthalten sind, dem wir deshalb nicht zustimmen
können. Lassen Sie uns gemeinsam unsere sozialdemo-
kratischen Vorschläge umsetzen: verbindliche Regeln
für eine gerechte Welt und eine gerechte Verteilung der
Rohstoffe, damit auch die Menschen, die in den Minen
arbeiten, endlich zu ihrem Recht kommen, fair behandelt
werden und gut leben können.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713301900

Das Wort erhält nun der Kollege Christian Ruck für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1713302000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Er-

folgreiche Rohstoffpolitik umfasst in der Tat viele Poli-
tikbereiche. Dazu gehört, lieber Herr Kuhn, sicherlich





Dr. Christian Ruck


(A) (C)



(D)(B)

auch die Frage der Effizienz. Auch ich bin für mehr Effi-
zienz. Wir reden gerade über das Kreislaufwirtschaftsge-
setz und die anschließenden Gesetze. Da können wir die
Effizienzgewinne, die wir erreichen wollen, in die Tat
umsetzen. Das kann in meinen Augen allerdings nicht so
weit gehen, dass man sagt: Wir werden so effizient, dass
wir die Rohstoffe aus Entwicklungsländern nicht mehr
brauchen. Das ist nicht das, was wir als Entwicklungs-
politiker wollen.

Auf dem ersten Rohstoffkongress der CDU/CSU-
Fraktion vor drei Jahren hat einer der führenden Exper-
ten auf dem Gebiet, Herr Professor Reller, eine Welt-
karte mit der Lage der für die deutsche Wirtschaft wich-
tigen Rohstoffe, auch der Seltenen Erden, an die Wand
projiziert. Der Befund ist eindeutig: Die Entwicklungs-
und Schwellenländer haben hier eine überragende Be-
deutung für die deutsche Wirtschaft, und zwar nicht nur
China und Indien, sondern auch viele arme Entwick-
lungsländer. Insofern ist es für uns eine strategische He-
rausforderung, in diesem Bereich eine erfolgreiche Ent-
wicklungspolitik zu betreiben, zum Wohle unserer
eigenen Wirtschaft, aber vor allem auch zum Wohle die-
ser Entwicklungsländer.

Wir haben dabei in der Tat mit vielen Problemen zu
kämpfen. Lieber Kollege Raabe, ich gebe dir vollkom-
men recht: Der Rohstoffreichtum war in der Vergangen-
heit für viele Länder ein Fluch und kein Segen und ist es
zurzeit noch immer. Er war und ist in der Tat die Ursache
einer zum Teil überbordenden Korruption – Gesellschaf-
ten in der Hand von kriminellen Vereinigungen –, einer
Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit, einer völlig un-
ausgewogenen Verteilung der Einnahmen, die der brei-
ten Bevölkerung kaum Entwicklungsimpulse bietet, so-
wie von Kriegen und Bürgerkriegen, zum Beispiel in
West- und Zentralafrika.

Für uns sind diese Entwicklungen doppelt schlecht;
denn sie sorgen für eine unsichere Rohstoffversorgung
und machen uns von wenigen Staaten abhängig. In Zei-
ten des internationalen Terrorismus schaffen Gewalt und
rechtsfreie Räume immer mehr Probleme für unsere ei-
gene Sicherheit. Deswegen ist eine erfolgreiche Roh-
stoffpolitik ein Gebot der Stunde. Wir müssen unsere
Möglichkeiten für eine bessere Entwicklung und für eine
Stabilisierung dieser Länder im positiven Sinne konzen-
triert einsetzen.

Es gibt viele Möglichkeiten, zum Beispiel in den Be-
reichen der Verbesserung der Regierungsführung und
der Transparenz – Herr Kollege Raabe, man kann sich
sicherlich über die eine oder andere Verbesserung unter-
halten; damit haben wir überhaupt kein Problem –, beim
Aufbau demokratischer Strukturen, eines vernünftigen
Justizsystems, von Rechnungshöfen, einer funktionie-
renden Polizei und eines funktionierenden Zollsystems.

Ich darf darauf hinweisen, dass es bereits eine Fülle
von derartigen Programmen gibt. Das Beispiel Ostkongo
wurde bereits angesprochen. Dort sorgt ein deutsches
Entwicklungsprojekt für die Zertifizierung von wichti-
gen Mineralien, sozusagen von der Quelle bis zur Mün-
dung. Das Wichtige ist, dass wir einen vernetzten Ansatz
verfolgen, der auch den Aspekt der Sicherheit in einem
Land beinhaltet. Das stellt uns jedoch vor gewaltige au-
ßenpolitische Aufgaben; denn in der Tat funktioniert vie-
les – auch das ist schon angesprochen worden – nach
Wildwestmanier. Die Geber spielen sich gegenseitig aus,
dazu gehören auch die neuen Geber, zum Beispiel China
und Indien.

Leider ist der Abbau von Rohstoffen oft mit gewalti-
gen Umweltsauereien verbunden, mit der Zerstörung der
Leistungsfähigkeit von Ökosystemen, zum Beispiel der
Wasserversorgung, mit gewaltigen volkswirtschaftlichen
Verlusten wie in Nigeria, mit Summen, die sich zurzeit
einer Größenordnung von 50 Milliarden Euro nähern,
Tendenz steigend. Auch das ist eine Herausforderung für
eine verantwortungsvolle Rohstoffpolitik. Die Gefahr ist
groß, dass sich die unterschiedlichen Interessenten beim
Unterlaufen von Umweltstandards gegenseitig unterbie-
ten. Deswegen ist es vollkommen richtig, dass sich die
deutsche Wirtschaft selbst strengen Regeln unterwirft.
Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass dies internatio-
nal gilt, weil sonst nichts gewonnen ist und nur die deut-
sche Industrie und die Umwelt verlieren werden.

Die CDU/CSU-Fraktion wird am nächsten Montag
einen Kongress für neue Impulse zum Schutz der Meere
veranstalten; denn nachhaltige Lösungen für die interna-
tionalen Nutzungskonflikte sind auch für unsere Meere
von entscheidender Bedeutung. In diesem Bereich gibt
es noch viele rechtsfreie Räume. Wir wollen versuchen,
Anstöße zu geben, weil wir die Gefahr sehen, dass eine
gewaltige Menge an Ressourcen zum Nachteil der kom-
menden Generationen verschwendet wird.

Insgesamt muss der in unserem Antrag angespro-
chene Beitrag zum Interessenausgleich zwischen roh-
stofffördernden und rohstoffimportierenden Ländern
Teil einer verantwortungsbewussten Rohstoffpolitik
sein, die zu einer Win-win-Situation führt, die den Men-
schen in den Entwicklungsländern durch den ordnungs-
gemäßen Verkauf der Rohstoffe etwas bringt, und zwar
mit Entwicklungsperspektiven für die allgemeine Bevöl-
kerung und nicht nur für wenige. Auf der einen Seite
muss zudem dafür gesorgt werden, dass auch beim Ab-
bau von Rohstoffen auf den Umweltschutz geachtet wird
und dass die rohstoffreichen Länder durch den Abbau
stabilisiert und nicht destabilisiert werden, sowie auf der
anderen Seite, dass für unsere Industrie auch in Zukunft
ausreichend Rohstoffe vorhanden sind, damit die Ar-
beitsplätze erhalten werden können.

Vor diesem Hintergrund halte ich die Ergebnisse der
Reise von Bundeskanzlerin Merkel nach Ulan-Bator in
der Tat für einen großen Erfolg. Man muss wissen, dass
wir seit langer Zeit eine sehr fruchtbare und erfolgreiche
Entwicklungszusammenarbeit mit der Mongolei haben.
Wir haben der Mongolei beim Aufbau demokratischer
Strukturen wesentlich geholfen, auch nach der Wende
dort. Es gibt sehr erfolgreiche Projekte in den Bereichen
des natürlichen Ressourcenschutzes, der Bioenergie, der
erneuerbaren Energien und einer nutzungsverträglichen
Landwirtschaft. Zu dem sehr erfolgreichen Gesamtpaket
gehört, dass wir jetzt auch im Bereich der Rohstoffe eine
bahnbrechende Zusammenarbeit suchen.





Dr. Christian Ruck


(A) (C)



(D)(B)

Mein Wunsch bzw. meine Hoffnung ist, dass wir nun
genügend deutsche Unternehmen finden – auch genü-
gend mittelständische Unternehmen –, die in den Fragen
des Bergbaus, des Abbaus und der Prospektion von Sel-
tenen Erden die erforderliche Arbeit leisten können;
denn hier hat sich in den letzten Monaten und Jahren ein
Engpass erwiesen. Es wäre schade, wenn sich gerade un-
sere mittelständische Wirtschaft völlig aus dem Berg-
baubereich ausklinken würde. Das wäre dann ein Schuss
nach hinten, und das wollen wir natürlich nicht.

Insofern sind gerade der Besuch der Bundeskanzlerin
und die Abkommen mit der Mongolei ein positives Bei-
spiel einer gelungenen Entwicklungspolitik, die auch in
anderen Ländern dieser Welt Schule machen sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713302100

Das Wort erhält nun die Kollegin Heike Hänsel für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713302200

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Der dominierende Konflikt der Weltpolitik im
21. Jahrhundert wird

– so wörtlich –

der Kampf um Energie, Rohstoffe und Wasser sein.
Nationalismus, Kolonialismus und Imperialismus
des 19. Jahrhunderts kehren zurück …


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stalinismus!)


Ich zitiere hier niemanden von der Linken, sondern
interessanterweise den ehemaligen außenpolitischen
Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Friedbert Pflüger. Er
schreibt weiter, der Basiskonflikt sei der mit allen Mit-
teln ausgetragene Kampf um die knappen Ressourcen
unserer Erde. Er warnt – ich bitte darum, dass die FDP
gut zuhört – vor Energiekrisen und auch Energiekriegen
in der Zukunft. Das hat er – wer dies nachlesen möchte –
bereits im Jahr 2010 in der Zeitschrift Internationale
Politik geschrieben.

Ich kann nur feststellen: Die Rohstoffstrategien
Deutschlands und Europas tragen zu diesem Kampf um
die Rohstoffe bei. Deshalb fordern wir ganz zentral, dass
diese Strategien zurückgezogen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch sie wurden, ähnlich wie sämtliche Rettungspakete
für die Banken von der Finanzwirtschaft verfasst wur-
den, nicht im Kanzleramt geschrieben, sondern vom
Bundesverband der Deutschen Industrie. Das alles ist
nachzulesen. Es hat ja etliche Rohstoffkonferenzen ge-
geben.

Ich erinnere mich daran, wie eine 20-köpfige Delega-
tion des BDI, Arbeitsgruppe Entwicklung, in der letzten
Legislaturperiode plötzlich bei uns im Entwicklungsaus-
schuss aufgetaucht ist und uns erzählt hat, wie die Ent-
wicklungspolitik aktiv zum Rohstoffzugang und zur
Rohstoffsicherung für die deutsche Industrie beitragen
solle.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist auch gut so!)


Leider finden wir diese Konzepte jetzt auch sehr deutlich
im neuen unternehmerischen entwicklungspolitischen
Ansatz des Bundesministers Dirk Niebel wieder. Wir ha-
ben ganz klar gesagt: Wir lehnen es ab, die Entwick-
lungspolitik in den Dienst der deutschen Industrie zu
stellen.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Aber wir stimmen zu!)


Dieser Rohstoffhunger der Industriestaaten führt – das
wurde hier bereits mehrfach beschrieben – in vielen Län-
dern zu sozialen Verwerfungen und enormen Umwelt-
problemen. Viele Länder, die Rohstoffe besitzen, sind
gestraft – hier war von einem Fluch die Rede – ob ihres
sogenannten Reichtums.

Ich möchte ein Land nennen, zu dem Deutschland
sehr gute Beziehungen pflegt: Kolumbien. Deutschland
ist der zweitgrößte Importeur von Kohle aus Kolumbien.
Zu den Importeuren zählen auch die Konzerne Eon und
EnBW. Welche Auswirkungen der Kohleabbau in Ko-
lumbien hat, interessiert die deutschen Energiekonzerne
wenig. Im Nordosten Kolumbiens gibt es eine große
Biodiversität, aber leider gibt es dort auch sehr viel
Kohle. Dort befindet sich die größte Kohlemine Latein-
amerikas, Cerrejón. Sie wird betrieben von multinationa-
len Konzernen. Viele Kleinbauern wurden aus dieser Re-
gion vertrieben. Sie haben alles verloren: ihr Land und
ihr Vieh. Nur noch wenige leben dort. Sie leiden mittler-
weile unter enormen Gesundheitsproblemen. Der Kohle-
staub legt sich über die gesamte Region. Riesige Krater
entstehen. Ein Wasser-Methan-Gemisch bildet sich. Das
sind lebensbedrohliche Lebensbedingungen. Hinzu
kommt die Bedrohung durch Paramilitärs, wenn sich die
Menschen gegen diese Bedingungen wehren, wenn zum
Beispiel Gewerkschafter gegen die schlechten Arbeits-
bedingungen in den Minen protestieren. Wenn man es
mit Menschenrechtspolitik ernst meint, wäre es ange-
sagt, dass die Kanzlerin bei Gesprächen mit Präsident
Santos solche unakzeptablen Zustände anspricht.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das interessiert die alles nicht!)


– Genau, das interessiert nicht.

Natürlich gibt es viele andere Themen, über die hier
auch zu debattieren wäre. Es ist jedoch aberwitzig, wenn
hier geleugnet wird, dass bereits seit Jahrzehnten Kriege
um Rohstoffe geführt werden; denn das liegt auf der
Hand. Ich brauche nur das Beispiel Irak zu nennen. Dort
wurde – das ist ganz klar – ein Rohstoffkrieg geführt.
Das gilt auch für Afghanistan, und wir erleben das jetzt
wieder in Nordafrika, in Libyen. Auch das ist ein ganz
klassischer Rohstoffkrieg. Wir erleben, dass Frankreich
und Großbritannien schon jetzt Verträge mit Libyen ab-
schließen.

Genau deswegen sollte die Forderung – das ist der
zentrale Punkt – nach einer massiven Verringerung des





Heike Hänsel


(A) (C)



(D)(B)

gesamten Stoffumsatzes, des Ressourcen-, des Rohstoff-
umsatzes in den entwickelten, in den Industriestaaten an
erster Stelle stehen. Nur wenn wir massiv umstellen und
ein anderes Wachstumsmodell entwickeln, können wir
eine verantwortungsvolle Rohstoffpolitik machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Dazu gehört übrigens auch, dass wir neue Ansätze un-
terstützen, zum Beispiel den, dass die Rohstoffe in der
Erde verbleiben und dafür Kompensationszahlungen sei-
tens der Industriestaaten geleistet werden. In Ecuador
gibt es zum Beispiel ein wunderbares Projekt – das kann
ich nur noch einmal betonen –, das helfen soll, den
Yasuní-Park zu erhalten, indem Kompensationszahlun-
gen für die Nichtförderung von Erdöl geleistet werden.
Das ist zukunftsweisend. Ich kann nicht verstehen, dass
sich die Bundesregierung, namentlich Dirk Niebel, nach
wie vor weigert, dieses Projekt zu unterstützen. Das ist
ein Zukunftsprojekt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])


Wir setzen uns dafür ein. Eine Delegation war vor kur-
zem in Ecuador. Dieses Projekt braucht Unterstützung.
Das wäre eine neue Weichenstellung in der internationa-
len Rohstoffpolitik.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713302300

Das Wort erhält nun der Kollege Oliver Krischer für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713302400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitions-
fraktionen, ich habe Ihren Antrag sehr aufmerksam gele-
sen.


(Jörg van Essen [FDP]: Es lohnt sich!)


Offensichtlich ist Ihnen selbst aufgefallen, dass das, was
Sie da abliefern, äußerst dünn ist.


(Jörg van Essen [FDP]: Nein! Es lohnt sich!)


Anders ist es nicht zu erklären, dass Sie heute hier direkt
abstimmen lassen und das Ganze nicht in die Ausschüsse
geben, dass Sie keine Anhörung durchführen lassen wol-
len, in der das, was Sie da vorgelegt haben, von den Ex-
perten im Detail bewertet werden könnte.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist einfach gut!)


Das ist wirklich sehr dürftig. Ich finde das schade; denn
das wäre notwendig, um hier qualifiziert debattieren zu
können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Schauen wir uns einmal an, was Sie in Ihrem Antrag
schreiben. Sie kritisieren China in langen Ausführungen,
schreiben dann aber – wenn auch mit wohlgesetzten,
schönen Worten –: Wir müssen es so machen wie die
Chinesen, nur ein bisschen besser angestrichen. Das ist
der Kern Ihrer Rohstoffpolitik. Alles andere, was sich in
dem Antrag findet, ist letztendlich Lyrik.

Es findet sich nichts zu dem, was Kollegin Hänsel
eben angesprochen hat, zum Beispiel zu Kolumbien.
Auch ich habe mir das angesehen. Dort findet Kohleför-
derung unter fragwürdigen Bedingungen statt. Sie ma-
chen keine Ausführungen dazu. Sie erklären nicht, wie
Sie mit dem Projekt betreffend den Yasuní-Nationalpark
umgehen wollen. Hier blockieren Sie. All das taucht in
Ihrem Antrag überhaupt nicht auf. Vor allen Dingen fehlt
das alles Entscheidende. Sie gehen nicht darauf ein, wie
wir hier im Land mit den Rohstoffen umgehen. Ich finde
in Ihrem Antrag – er umfasst acht Seiten – gerade einmal
eine gute halbe Seite zu den drei Kernpunkten Substitu-
tion, Effizienz und Recycling. Das ist viel zu dünn für ei-
nen solchen Antrag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


In Ihrem Antrag taucht überhaupt nichts dazu auf,
dass Ressourceneffizienz bzw. Rohstoffeffizienz eine
Chance für eine Innovationsstrategie ist. Die EU hat vor
einem Monat eine Roadmap dazu vorgelegt; darin sind
gute Ansätze enthalten. Auch das findet sich in Ihrem
Antrag überhaupt nicht; das erwähnen Sie nicht. Da ist
uns die Europäische Union ein ganzes Stück voraus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ressourceneffizienz hat eine mehrfache Dividende:
Wir reduzieren unsere Importabhängigkeit, wir schaffen
Wettbewerbsvorteile für die Industrie, wir schützen
Klima und Umwelt, und vor allen Dingen helfen wir da-
mit, den Fluch der Rohstoffe loszuwerden. Das fehlt in
Ihrem Antrag völlig. Da, wo Sie das eine oder andere
sinnvoll andeuten, bleiben Sie unkonkret.

Sie liefern keine Antwort darauf, wie man mit dem
Problem umgehen sollte, dass wir alle zwei Jahre ein
neues Handy kaufen müssen, weil das alte zufällig nach
zwei Jahren, wenn der Vertrag ausläuft, kaputtgeht, und
wie wir dafür sorgen können, diese Handys in Deutsch-
land, wenn möglich, zu 100 Prozent einzusammeln.
Dazu taucht in Ihrem Antrag nichts auf. Dazu finde ich
auch in den Papieren der Bundesregierung keine sinn-
vollen Vorschläge. Das wäre ein wichtiger Teil einer
Rohstoffstrategie; denn in Handys, in Elektronikschrott
finden sich teilweise höhere Metallgehalte als in den Er-
zen, die wir fördern. Das wäre eine richtige Effizienz-
strategie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])


Ich finde nichts dazu, wie Sie solche Recyclingquoten
wie beispielsweise in Norwegen beim Elektronikschrott
erreichen wollen, wo es eine Quote von 80 Prozent gibt.
Wir beraten in der nächsten Woche eine Novelle zum
Kreislaufwirtschaftsgesetz. Sie geben dort eine Recy-
clingquote von 65 Prozent vor.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist lächerlich!)






Oliver Krischer


(A) (C)



(D)(B)

Wir haben schon jetzt eine Quote von 63 Prozent. Sie
wollen in zehn Jahren 2 Prozentpunkte mehr erreichen.
Das sind 0,2 Prozent pro Jahr mehr. Ist das ein angemes-
senes Ziel für den Ressourcen- und Effizienzweltmeister
Deutschland?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja ein richtiges Tempo!)


Ich möchte nicht noch über andere Dinge reden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713302500

Das wäre jetzt auch schwierig.


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713302600

In der EU-Roadmap wird zum Beispiel die Einfüh-

rung von Ressourcensteuern angedeutet. Es finden sich
Punkte wie das Top-Runner-Programm. Japan hat uns da
vieles voraus. Auch das ist in Ihrem Antrag nicht zu fin-
den. Wir hören nur aus Brüssel: Die Bundesregierung
steht auf der Bremse und verhindert jede Innovation.
Wirtschaftsminister Rösler, der heute bezeichnender-
weise wieder nicht anwesend ist,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist er überhaupt? – Gegenruf des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: In der Mongolei!)


hat gestern in der Fragestunde offen eingestanden, dass
die Bundesregierung bei der Energieeffizienzrichtlinie
nur verhindert.

Diesen Antrag und Ihre gesamte Rohstoff- und Res-
sourcenpolitik kann ich nur mit den Worten eines italie-
nischen Fußballtrainers, der lange in Deutschland gear-
beitet hat, kommentieren: Koalition – wie eine Flasche
leer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Habe fertig!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713302700

Nächster Redner ist der Kollege Andreas Lämmel,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1713302800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Das war ja ein ziemlich dünner Beitrag.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Im Gegenteil!)


Dies zeigt, dass Sie an dem Antrag, den wir vorgelegt
haben, relativ wenig zu kritisieren haben. Er ist sehr um-
fassend.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Dass für Deutschland als Exportweltmeister der kon-
tinuierliche Nachschub von Rohstoffen existenziell
wichtig ist, kann, glaube ich, niemand hier im Hause be-
streiten. Dies ist in den letzten Jahren ein Topthema ge-
worden, das nur durch Griechenland oder die Euro-Krise
übertroffen wird. Das ist einfach ein Fakt. Die Koalition
– das hat noch keiner erwähnt – hat schon in ihrem
Koalitionsvertrag die nachhaltige Rohstoffversorgung
Deutschlands als eines der wichtigsten Ziele formuliert.
Die CDU/CSU-Fraktion hat schon im Juli 2010 einen
ersten Rohstoffkongress durchgeführt. In der nächsten
Woche wird sie den zweiten Rohstoffkongress durchfüh-
ren. Ich möchte eine Partei in diesem Hohen Hause se-
hen, die sich diesem Thema so intensiv gewidmet hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ach! Vergessen Sie es!)


Ich möchte kurz auf das Thema Rohstoffpartnerschaf-
ten zu sprechen kommen. Herr Hempelmann hat in einem
Nebensatz gesagt: Das ist moderner Kolonialismus. – Ich
glaube, Herr Hempelmann, Sie sollten wirklich einmal
einen Blick in das Abkommen über die Rohstoffpartner-
schaft mit der Mongolei werfen.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Ich habe sogar mehrere Blicke hineingeworfen!)


Ich will zwei Passagen zitieren. In Art. 2 – „Ziele und
Schwerpunkte der Zusammenarbeit“ – steht ganz klar:

Die Vertragsparteien fördern die wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit beider Staaten, insbesondere mit dem
Ziel, die Rohstoffe der Mongolei durch Investitio-
nen, Innovationen und Lieferbeziehungen sowie
Technologietransfer … einer umfassenden Nutzung
zuzuführen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Was ist klar daran? – Rolf Hempelmann [SPD]: Jetzt mal konkretisieren!)


„Technologietransfer“ heißt ganz einfach, moderne
Technologien dorthin zu transportieren, wo die Roh-
stoffe gewonnen werden.

Das zweite Zitat, das ich anführen möchte, finden Sie
in Art. 6 Abs. 7:

Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland un-
terstützt die Regierung der Mongolei bei der Erar-
beitung von Maßnahmen für die Verbesserung der
Ressourcen- und Energieeffizienz

– das ist genau das, was Sie wollen –

sowie für die Einhaltung von Umwelt- und Sozial-
standards.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Was heißt das konkretisiert auf die Beziehungen zur Mongolei?)


Genau das, worüber hier die ganze Zeit diskutiert wurde
und was wir Ihrer Meinung nach tun sollten, steht in der
ersten abgeschlossenen Rohstoffpartnerschaft mit der
Mongolei. Ich kann Ihre Kritik daran überhaupt nicht
nachvollziehen. Rohstoffpartnerschaften sind ein neues
Instrument. Sie müssen mit Leben gefüllt werden.





Andreas G. Lämmel


(A) (C)



(D)(B)


(Rolf Hempelmann [SPD]: Ja! Wohl wahr! – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Was heißt das denn im Klartext? Wie wollen Sie sie denn mit Leben füllen?)


Vor allen Dingen muss die Wirtschaft jetzt dazu beitra-
gen, diese Rohstoffpartnerschaft mit Leben zu füllen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, ganz wichtig scheint mir
zu sein, dass es in Rohstoffpartnerschaften viel Raum für
den deutschen Mittelstand gibt. Während weltweit über-
all globale Konzerne agieren, versuchen wir im Rahmen
von Rohstoffpartnerschaften, auch den deutschen Mittel-
stand in dieses Geschäft zu bringen. Da passt es ganz
gut, dass die Commerzbank in den letzten Tagen die Er-
gebnisse einer interessanten Studie vorgestellt hat.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wie bestellt!)


– Das ist klar. Für die Linken ist alles bestellt.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Bei uns nicht! Bei Ihnen!)


Wenn Sie die Ergebnisse dieser Studie nicht zur Kennt-
nis nehmen wollen, müssen wir nicht darüber diskutie-
ren. – In dieser Untersuchung wurden 4 000 mittelstän-
dische Unternehmen in Deutschland zum Thema
Rohstoffe befragt. Es ist interessant, welche Ergebnisse
dabei herauskamen. Es verwundert natürlich nicht, dass
im Mittelstand ein großes Problembewusstsein vorhan-
den ist. 52 Prozent der Unternehmer glauben allerdings,
dass Deutschland die Herausforderung knapper Ressour-
cen und weltweit steigender Nachfrage gut bewältigen
kann. Man kann also erkennen, dass zumindest ein ge-
wisser Optimismus da ist.

Natürlich werden auch die Risiken zur Kenntnis ge-
nommen. Dazu gehören die global steigende Nachfrage,
die politischen Unsicherheiten in den verschiedenen För-
derländern – darüber wurde in diesem Hohen Hause
heute schon diskutiert – und die Spekulationsgeschäfte;
auch darüber ist schon gesprochen worden.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Von Ihnen noch nicht! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Von der FDP sagt man dazu gar nichts!)


Meine Damen und Herren, vonseiten der Fraktion der
Grünen wurde gerade der Vorwurf geäußert, im Hinblick
auf Rohstoffeffizienz, Recycling und Ähnliches werde
nichts getan. Wissen Sie: Der deutsche Mittelstand
braucht keine Aufforderung der Politik. Weil der Druck,
wettbewerbsfähig zu bleiben, sehr groß ist, entwickelt
der deutsche Mittelstand von sich aus einen unheimlich
hohen Innovationsgrad, um Energieeffizienz und Res-
sourceneffizienz zu erreichen. Die Wirtschaft braucht
keine Aufforderung der Politik. Sie ist in der Lage, selbst
sehr offensiv auf die vorhandenen Herausforderungen zu
reagieren. Ich kann Ihnen nur empfehlen, unseren An-
trag zu unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713302900

Jürgen Klimke ist der nächste Redner, ebenfalls für

die CDU/CSU-Fraktion.


Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1713303000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Meine Damen und Herren! Gerade als Entwicklungs-
politiker bin ich von der Notwendigkeit einer sicheren,
verlässlichen und bezahlbaren Rohstoffversorgung
Deutschlands überzeugt. Wir sind eben ein Industrie-
land, in dem Rohstoffe in großem Umfang in Fertigpro-
dukte umgewandelt werden. Wir haben also ein berech-
tigtes Interesse an einer sicheren und kostengünstigen
Versorgung mit Rohstoffen.

Insofern ist es gut, dass wir uns dieses Themas durch
den Antrag, durch den Kongress und durch die Debatte
hier heute angenommen haben; denn es geht auch um die
Grundlagen unseres Wohlstandes, um Millionen von Ar-
beitsplätzen, die von der Belieferung mit Rohstoffen ab-
hängig sind. Deshalb haben wir Forderungen formuliert,
mit denen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen In-
dustrie und auch Deutschlands gesichert und gestärkt
werden soll.

Es gibt aber auch – und das ist wichtig – einen ent-
wicklungspolitischen Aspekt der Rohstoffversorgung.
Uns Entwicklungspolitikern der Union geht es darum,
den Rohstoffreichtum von Entwicklungsländern auch für
die Menschen vor Ort stärker nutzbar zu machen. Über
50 Prozent der wichtigen Rohstoffvorkommen liegen in
Ländern mit einem Pro-Kopf-Einkommen von unter
10 Dollar pro Tag. Dieses zunächst erstaunliche Parado-
xon der Armut trotz reicher Rohstoffvorkommen lässt
sich durch makroökonomische und politisch-institutio-
nelle Defizite erklären.

Was meine ich damit? Im politischen Bereich gilt das
Stichwort „Bad Governance“, also schlechte Regie-
rungsführung, das Versagen der politischen Institutionen
und das Fehlen von sozialen und ökologischen Stan-
dards. Ökonomisch wird die Situation durch den Begriff
„Dutch Disease“, Holländische Krankheit, beschrieben,
die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Wirtschaft eines
reichen Landes trotz Handelsüberschüssen aus dem Roh-
stoffbereich verunsichert wird. Wir haben die Holländi-
sche Krankheit in den 60er-Jahren erlebt, als die Hollän-
der aufgrund eines riesigen Erdgasaufkommens Erdgas
exportierten, während die anderen Teile der Wirtschaft
vernachlässigt wurden.

Ein weiteres Problem besteht in der Unsicherheit der
Entwicklungsländer. Mehr als die Hälfte der weltweiten
Rohstoffproduktion erfolgt in Ländern, die nach Auffas-
sung der Weltbank instabil sind. Deshalb müssen wir die
Förderländer vor allen Dingen entwicklungspolitisch un-
terstützen. Es geht darum, Good Governance, also gute
Regierungsführung, zu stärken, Korruption zu bekämp-
fen und den illegalen Abbau von Rohstoffen zu verhin-
dern. Deshalb fordern wir in unserem Antrag auch, mit
den entwicklungspolitischen Instrumenten verstärkt eine
transparente und nachhaltige Rohstoffwirtschaft in den
Entwicklungsländern zu fördern.





Jürgen Klimke


(A) (C)



(D)(B)

Es ist nicht so, dass bisher nichts unternommen
wurde, wie das hier teilweise gesagt wurde. Ich möchte
hier an die Extractive Industries Transparency Initiative
erinnern. Das ist eine beispielhafte Transparenzinitia-
tive, mit der Zahlungsströme von rohstofffördernden
Unternehmen als Abgaben an den Staat und deren Ver-
wendung transparent gemacht und veröffentlicht wer-
den. Dadurch wird der Korruption entgegengewirkt und
eine gute Regierungsführung in den Entwicklungslän-
dern gestärkt.

Ein anderes Beispiel ist unsere Arbeit in der Region
Große Seen in Afrika. Hier sind wir unter anderem im
Bereich der Zertifizierung von Handelsketten im Bereich
mineralischer Rohstoffe in Ruanda und bei der Entwick-
lung und Anwendung eines staatlichen Finanzierungs-
systems für mineralische Rohstoffe in der Republik
Kongo tätig; darauf ist hingewiesen worden. Wir unter-
stützen hier die transparente, effiziente und entwick-
lungsorientierte Verwendung von Rohstoffeinnahmen.
Gerade diese beiden Projekte sind vorbildlich, weil an
mehreren neuralgischen Punkten angesetzt und insbe-
sondere auch der Aspekt der guten Regierungsführung
mit einbezogen wird.

Auch die Wirtschaft, die Unternehmen, können durch
eine stärkere Corporate Social Responsibility, also durch
eine stärkere soziale Verantwortung in Bezug auf ihr
Handeln, einen Beitrag leisten. Immer mehr Unterneh-
men beziehen ihre Lieferkette in ihre Überlegungen mit
ein und sichern damit soziale und ökonomische Mindest-
standards bei der Rohstoffgewinnung für die Entwick-
lungsländer, und das ist sehr wichtig.

Es gibt auch indirekte Maßnahmen, die die Rohstoff-
sicherung in den Entwicklungsländern unterstreichen.
Ich begrüße die Ankündigung des BMZ, Investitionen
im Bildungsbereich zu verstärken. Hier ist ein Anstieg
von 68 Millionen Euro im Jahre 2009 auf 137 Millionen
Euro im Jahr 2013 zu verzeichnen. Das muss man sich
noch einmal vergegenwärtigen. Hier wird heftig inves-
tiert.

Wir unternehmen Anstrengungen, um für die Ent-
wicklungsländer im Rohstoffbereich auch den entwick-
lungspolitischen Teil zu stärken. Wir versuchen, wirt-
schaftliche und entwicklungspolitische Interessen Hand
in Hand gehen zu lassen. Das kann man von dem Antrag
der Linken überhaupt nicht behaupten. Hier geht es um
platteste Polemik. Wenn Sie eine Rohstoffstrategie for-
dern, die „nicht den Zugriff der deutschen und europäi-
schen Industrie auf noch mehr Rohstoffe … zum Ziel
hat“, dann ist das glatter Unsinn. Das ist vielleicht Ihre
Strategie, die Strategie der Linken.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Nur weil Sie es nicht verstehen, muss es kein Unsinn sein!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713303100

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1713303200

Sie wollen hier eine von oben verordnete Rohstoff-

mangelwirtschaft. Ich würde mich freuen, wenn Sie den
Mitarbeitern der Metall-, Chemie- und Elektroindustrie
einmal erklären, wie damit ihre Arbeitsplätze in
Deutschland gesichert werden sollen. Ihre Strategie ge-
fährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch unseren
Wirtschaftsstandort insgesamt. Das sollten Sie sich wirk-
lich einmal vergegenwärtigen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713303300

Thomas Gebhart ist der letzte Redner zu diesem Ta-

gesordnungspunkt für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Thomas Gebhart (CDU):
Rede ID: ID1713303400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Deutschland ist eine starke Industrienation. Wir
wollen selbstverständlich, dass Deutschland eine starke
Industrienation bleibt. Aber wir müssen sehen: Wir sind
als Industrienation in hohem Maße von Rohstoffimpor-
ten abhängig. Deswegen ist sehr schnell klar, wie wich-
tig es ist, unsere Rohstoffversorgung zu sichern. Dabei
geht es um ganz verschiedene Maßnahmen, die hier er-
wähnt wurden: Handelshemmnisse abbauen, Rohstoff-
partnerschaften eingehen und vieles mehr. All das sind
wichtige Wege, die wir gehen.

Ein Punkt, der natürlich auch in diese Diskussion
hineingehört – er ist mindestens genauso wichtig wie die
anderen Punkte – und in Zukunft eher noch an Bedeu-
tung gewinnen wird, ist die Steigerung der Ressour-
ceneffizienz. Das heißt, die Ressourcen so effizient wie
irgendwie möglich einsetzen.

Warum wird dieser Punkt an Bedeutung gewinnen?
Der Umfang und die Nutzung verschiedener Ressourcen
haben weltweit stark zugenommen. Bestimmte Ressour-
cen werden knapper, und sie werden in der Folge teurer.
Dieser Trend wird dadurch verstärkt, dass die Weltbe-
völkerung nach wie vor wächst. Wir sind heute knapp
7 Milliarden Menschen, und wir werden in einigen Jah-
ren 9 Milliarden Menschen auf dieser Welt sein. Dieser
Trend wird dadurch verstärkt, dass auch jene, die heute
nicht so leben, mit Blick auf unser Wohlstandsniveau da-
nach streben, Wachstum und Wohlstand zu generieren.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Zu Recht!)


– Zu Recht. – Das heißt, die Nachfrage nach Rohstoffen
wird weiter wachsen und damit natürlich auch unter den
Gesichtspunkten des Umweltschutzes erhebliche Pro-
bleme verursachen.

In der Konsequenz ergibt sich daraus, dass die große
Herausforderung für uns sein muss, Wohlstand und
Wachstum auf der einen Seite mit dem schonenden Um-
gang mit knappen Ressourcen auf der anderen Seite in
Einklang zu bringen. Hierin liegt aber zugleich eine





Dr. Thomas Gebhart


(A) (C)



(D)(B)

große ökologische wie auch ökonomische Chance. In
Deutschland haben viele Unternehmen erhebliche An-
strengungen unternommen, die Ressourceneffizienz zu
steigern. Dieser Punkt wird weiter an Bedeutung gewin-
nen. Der effiziente Umgang mit knappen Ressourcen
wird künftig noch mehr über unsere Wettbewerbsfähig-
keit entscheiden, und Effizienztechnologien werden si-
cherlich zu den Wachstumstechnologien von morgen
zählen.

Gerade weil wir darin diese Chancen sehen, begrüßen
wir ausdrücklich, dass die Bundesregierung ein nationa-
les Ressourceneffizienzprogramm, ProgRess, vorlegt.
Damit gehen wir ganz konkrete Schritte. Ich will aus-
drücklich darauf hinweisen, dass es nicht darum geht,
die Wirtschaft in irgendeiner Weise zu bevormunden,
sondern es geht darum, Win-win-Situationen zu erken-
nen und diese auch tatsächlich zu nutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich nenne drei Punkte, die in diesem Zusammenhang
wichtig sind und die wir auch in unserem Antrag, der
heute vorliegt, aufgreifen.

Der erste Punkt: Forschung und Entwicklung. Tech-
nologische Innovationen sind ein wesentlicher Schlüssel
zu mehr Ressourceneffizienz. Deshalb fordern und wol-
len wir, dass in den Forschungsprogrammen noch stärker
als bisher auf diesen Aspekt Rücksicht genommen wird.

Der zweite Punkt: Wir wollen darauf hinwirken und
unterstützen, dass die Ressourceneffizienz in der Nor-
mung stärker berücksichtigt wird. Dabei müssen wir den
gesamten Produktlebenszyklus im Auge behalten, nicht
nur den Ressourceneinsatz in der Herstellungsphase,
sondern auch die Nutzungsphase und die Entsorgungs-
phase.

Der dritte Punkt: Wir stärken die Kreislaufwirtschaft,
und wir stärken das Recycling. Mit dem neuen Kreis-
laufwirtschafts- und Abfallgesetz werden wir weiter in
diese Richtung gehen. Wir werden künftig mehr Roh-
stoffe aus dem Abfall in den Wirtschaftskreislauf zu-
rückführen. Insgesamt werden wir damit weiter zur
Schonung unserer Ressourcen beitragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man
dies zusammennimmt, ist klar: Wir steigern die Ressour-
ceneffizienz. Das ist für uns ein elementarer Baustein.
Wir nehmen diese Herausforderung konsequent an und
nutzen damit die Chancen, die in diesem Bereich liegen.
Auch deswegen bitte ich Sie, heute dem vorliegenden
Antrag zuzustimmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713303500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen, zunächst
unter Tagesordnungspunkt 26 a zur Abstimmung über
den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf
der Drucksache 17/7353 mit dem Titel „Wirtschafts- und
Außenpolitik für eine sichere Rohstoffversorgung –
Wachstum und Arbeitsplätze in Deutschland, Europa und
den Partnerländern“. Wer stimmt für diesen Antrag? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? –
Das Erstere war die Mehrheit. Damit ist der Antrag an-
genommen.

Wir kommen zur Abstimmung unter Tagesordnungs-
punkt 26 b über die Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Für eine gerechte und entwicklungsförderliche
internationale Rohstoffpolitik“. Der Ausschuss emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf der Drucksache
17/7151, den Antrag der Fraktion Die Linke abzulehnen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch diese Be-
schlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen.

Ich komme zu Zusatzpunkt 2. Hier wird interfraktio-
nell die Überweisung der Vorlage auf der Drucksache
17/3817 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Ich vermute, dazu besteht Ein-
vernehmen. – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe nun auf Tagesordnungspunkt 4 a bis c sowie
den Zusatzpunkt 3:

4 a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Ägypten endgültig
stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Libyen endgültig stop-
pen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Syrien endgültig stop-
pen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Tunesien endgültig
stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Oman stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern in den Jemen stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern in die Vereinigten Arabi-
schen Emirate stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien stop-
pen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Israel stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Marokko stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern in den Libanon stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Kuwait stoppen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Jordanien stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Bahrain stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Katar stoppen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Dr. Gregor Gysi, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Exporte von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern nach Algerien stoppen

– Drucksachen 17/5935, 17/5936, 17/5937, 17/5938,
17/5939, 17/5940, 17/5941, 17/5942, 17/5943,
17/5944, 17/5945, 17/5946, 17/5947, 17/5948,
17/5949, 17/5950, 17/6335 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ulla Lötzer

b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Keine Liberalisierung von Rüstungsexporten –
Für die Einhaltung und Stärkung einer re-
striktiven Rüstungsexportpolitik
– Drucksache 17/7336 –

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Katja
Keul, Hans-Christian Ströbele, Tom Koenigs,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Rüstungsexporte nicht zu Lasten von Men-
schenrechten genehmigen
– Drucksache 17/6931 –

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Katja

(Bremen)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Den Rüstungsexportbericht 2010 unverzüglich
vorlegen und künftig ausführlicher gestalten
– Drucksache 17/7355 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

Ich weise schon jetzt darauf hin, dass wir über die
16 Anträge der Fraktion Die Linke, den Antrag der Frak-
tion der SPD sowie den ersten der Anträge der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen zu diesen Tagesordnungspunk-
ten namentlich auf einem gemeinsamen Stimmzettel ab-
stimmen werden. Nach diesen Abstimmungen wird das
Plenum für voraussichtlich eine Stunde unterbrochen,
um der Fraktion Die Linke Gelegenheit zu geben, in ei-
ner Fraktionssitzung Themen zu beraten, die mit Blick
auf ihren morgigen Parteitag nicht zu einem späteren
Zeitpunkt behandelt werden können. – Dazu gibt es of-
fenkundig Einvernehmen, sodass Sie sich darauf bitte
schon einstellen können. Danach wird die Tagesordnung
in der vereinbarten Weise fortgesetzt.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zu den gerade aufgeführten Tagesord-
nungspunkten eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen,
und wir können so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
der Kollege Dr. Martin Lindner für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1713303600

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Wir

haben uns schon daran gewöhnt, dass wir uns ungefähr
jedes Vierteljahr erneut mit diesem Thema beschäftigen.
Immer wieder erstaunt dabei die Teilamnesie bei zumin-
dest erheblichen Teilen der Opposition, wenn sie sugge-
riert: Seitdem Schwarz-Gelb regiert, seien Rüstungs-
exporte insbesondere in die heute hauptsächlich
interessierende Region dramatisch gestiegen.

In der Diskussion vor der Sommerpause hatte ich den
Eindruck, Sie wären satt. Aber Sie sind es immer noch
nicht. Deswegen will ich Ihnen neuerlich vorhalten, wel-
che Exporte zu Ihren jeweils wechselnden Regierungs-
zeiten erfolgten. Deutsche Rüstungsexporte nach Tune-
sien zum Beispiel erreichten im Jahr 2005 mit einem
Wert von über 33 Millionen Euro einen Spitzenwert. So
viele Exporte von Rüstungsgütern nach Tunesien gab es
weder davor noch danach.


(Klaus Barthel [SPD]: Was danach war, wissen Sie!)


Libyen 2007 – damals regierte auch die SPD, Herr
Barthel –: 23 Millionen Euro. Das war damals einsame
Spitze. Ich gehe davon aus, dass das noch zu rot-grüner
Regierungszeit genehmigt wurde.

Ägypten ragt mit über 22 Millionen Euro im Jahr
2004 besonders heraus. Was den Jemen angeht, war
2006 mit 4 Millionen Euro einsame Spitze.

Ich bitte Sie angesichts dieser Zahlen, ein wenig maß-
voller und demütiger mit dem Thema umzugehen, als es
in den vorliegenden Anträgen der Fall ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Exportiert wurde die komplette Palette. Bahrain er-
hielt 1999 Kriegsschiffe und Patrouillenboote. Das hat
die CSU-Landesgruppe alles wunderbar zusammenge-
stellt; Sie können sich das anschauen. Vielleicht zeigen
Sie dann in Ihrem nächsten Antrag, den ich um die
Weihnachtszeit herum oder im Januar erwarte, ein wenig
mehr Realismus und halten Rückschau auf die eigene
Regierungszeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Sie dieses schwierige Thema seriös behandeln
wollten, dann müssten Sie sich zu dem immer wieder re-
petierten Vorhalt, das Parlament sei zu wenig einbezo-
gen und müsste sogar darüber hinaus über einen
bestimmten Ausschuss in Einzelentscheidungen einge-
bunden werden, fragen, ob Sie das wirklich sinnvoll fin-
den können und was Sie zu Ihren jeweiligen Regierungs-
zeiten daran gehindert hat, genau dies zu tun.

Es ist völlig ausgeschlossen, in einem so schwierigen
Umfeld, in dem es um Diskretion geht, die Nachrichten-
lage von Geheimdiensten auszuwerten ist und bilaterale
Absprachen zu treffen sind, klares exekutives Handeln
ins Parlament zu bringen. Das werden wir nicht mitma-
chen. Wir haben seit der Aufklärung eine sich entwi-
ckelnde und seit über 150 Jahren in demokratischen
Staaten festgelegte klare Trennung zwischen exekutivem
und legislativem Handeln. Hier geht es um exekutives
Handeln, und dabei wird es auch bleiben.


(Beifall bei der FDP)


Der nächste Punkt: Selbstverständlich sind auch diese
Regierung und die Koalition nicht für einen restriktions-
freien Handel mit Rüstungsgütern. Natürlich ist auch in
dieser Regierung das Thema Menschenrechte ein we-
sentliches Kriterium bei der Ausfuhr von Waffen. Ich
sage Ihnen aber auch ganz klar: Es ist nach den damals
von Rot-Grün festgelegten Regularien nicht das aus-
schließliche Kriterium, sondern ein wesentliches. Als
Allererstes geht es um die sicherheitspolitischen Belange
der Bundesrepublik Deutschland und unserer Verbünde-
ten.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Saudi-Arabien!)


– Ja, Saudi-Arabien, Herr Heil. Das ist eine schwierige
Situation.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Reden Sie mal mit Herrn Genscher darüber!)


– Ja, aber seit Genscher haben sich die Zeiten gewandelt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, die FDP!)


Vergessen Sie nicht, lieber Herr Heil, dass auch Helmut
Schmidt schon Anfang der 80er-Jahre liefern wollte und
nur durch die Intervention Israels daran gehindert wurde.
Sie müssen wenigstens Ihre eigene Parteigeschichte zur
Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Erich G. Fritz [CDU/CSU] – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Möllemann!)






Dr. Martin Lindner (Berlin)



(A) (C)



(D)(B)

Es ist richtig gewesen, in dieser Frage die heutige Si-
tuation zu beachten. Die heutige Situation ist eine an-
dere. Der Iran zeichnet sich als Hegemon in der Region
ab. Es gibt eine Verschiebung der Achsen im Mittleren
Osten. Dies zu verkennen, zeugt von ideologischer
Blindheit.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713303700

Herr Kollege Lindner, darf Ihnen der Kollege

Ströbele eine Zwischenfrage stellen oder eine Bemer-
kung machen?


Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1713303800

Selbstverständlich. Gerne.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Möllemann!)


– Wir können hier Kindergarten spielen, aber das bringt
nichts.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Kollege. – Wenn wir schon in die Ge-
schichte abschweifen, was auch gut ist – man kann
manchmal aus alten Fehlern lernen –, möchte ich Ihnen
vorhalten, dass es die FDP war, wenn ich mich richtig
erinnere, die, als sie an der Regierung beteiligt war, die
Entscheidung von Helmut Kohl, an Saudi-Arabien
36 Fuchspanzer zu liefern, mitgetragen hat.


(Jörg van Essen [FDP]: ABC-Spürpanzer!)


Können Sie sich daran noch erinnern?


(Jörg van Essen [FDP]: Es sind ABC-Spürpanzer gewesen!)



Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1713303900

Daran kann ich mich nicht erinnern. Ich würde das

aber gar nicht abstreiten, Herr Kollege Ströbele. Die
Kontinuität aller Regierungen bestand darin, restriktiv
und maßvoll, aber auch unter Wahrung unserer sicher-
heitspolitischen und industriellen Belange Rüstungsgü-
ter zu exportieren. Ihre Partei steht in dieser Kontinuität
genauso wie die SPD, die CDU/CSU und die FDP.


(Beifall bei der FDP)


Alle haben sich aus Verantwortung vernünftig verhal-
ten und vernünftige Abwägungen vorgenommen. Wir,
Herr Kollege Ströbele, drücken uns gar nicht vor dieser
Verantwortung. Sie drücken sich. Sie waren damals im
Fraktionsvorstand, Sie haben den Fraktionsvorstand da-
mals nicht verlassen, und Sie haben die Fraktion nicht
verlassen. Sie haben letztlich alle Rüstungsexporte der
rot-grünen Bundesregierung mitgetragen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dann haben Sie sich hingestellt und gesagt: „Ich bin
Ströbele!“, und nach außen den Eindruck erweckt, als
hätten Sie mit den Grünen überhaupt nichts zu tun. Das
kann man so machen, aber seriös ist etwas anderes.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU hat 1 Million bekommen!)


Die CDU/CSU hat sich in diesen Fragen der Realität
gestellt, wie es auch alle anderen Fraktionen, die seit
1949 an der Regierung waren, getan haben.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mit Herrn Schreiber und Herrn Pfahls!)


Das Entscheidende für mich ist, dass man bei den
Ausfuhren darauf achten muss, dass man instabilen Län-
dern nicht eine Technologie verschafft, die sie mögli-
cherweise in die Lage versetzt, zu einer Bedrohung in
der Region zu werden. Auch diese Maßgabe wurde und
wird nach meiner Kenntnis und nach allem, was ich in
den Rüstungsexportberichten gelesen habe, immer ein-
gehalten. Diese Regierung verhält sich verantwortungs-
bewusst. Auch alle bisherigen Regierungen haben sich
verantwortungsbewusst verhalten. Die Opposition be-
treibt Populismus. Das ist der Unterschied.

Zum Schluss ein Blick auf die Rüstungsindustrie in
Deutschland. Diese ist natürlich ein wesentlicher Faktor.
Ich verweise jetzt nicht auf Arbeitsplätze oder Ähnli-
ches.


(Klaus Barthel [SPD]: Die Arbeitsplätze sind Ihnen wurscht! Das ist schon klar!)


Es geht auch darum, uns ein Stück Unabhängigkeit im
Wehrbereich zu erhalten. Es geht auch um die technolo-
gischen Neuerungen wie beispielsweise bei der Droh-
nentechnologie. Diese militärische Technologie wird na-
türlich einmal im zivilen Flugverkehr, zum Beispiel im
Luftfrachtverkehr, eine Rolle spielen. Deswegen wäre es
sträflich, eine Politik zu gestalten, die sich gegen unsere
eigene Wehrindustrie richtet.

Gefragt ist etwas anderes. Entscheidend ist, dass wir
zu mehr Rüstungskooperationen in Europa kommen.
Nach wie vor sehr unbefriedigend ist die national orien-
tierte Wehrpolitik, insbesondere von Ländern wie Frank-
reich und Großbritannien. Diese zeigen in den Gemein-
schaftsunternehmen, die wir ja haben, zu wenig
Engagement und kümmern sich primär um ihre eigenen
nationalen Rüstungsschmieden. Das hat zur Folge, dass
die Stückkosten bei gesunkenen Wehretats exorbitant
steigen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713304000

Herr Kollege.


Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1713304100

Ich komme zum Schluss. – Dadurch ist der Druck auf

diese Unternehmen zum Export überproportional hoch.
Da ist eine sinnvolle Kooperation gefragt, die im Inte-
resse dieses Landes ist. Das alles ist nichts für Populis-
mus und Feldgeschrei, sondern etwas für seriöse Politik.
Diese werden wir auch weiterhin machen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713304200

Nächster Redner ist der Kollege Klaus Barthel für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1713304300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rüstungs-

exporte in Staaten außerhalb der EU und der NATO so-
wie diesen gleichgestellte Staaten sollen nach dem Geist
und vor allen Dingen den Buchstaben unserer Gesetze
nicht die Regel, sondern die Ausnahme sein. Wenn man
allerdings die Rüstungsexportpolitik der jetzigen Bun-
desregierung betrachtet, dann kann man nur zu dem Er-
gebnis kommen, dass Schwarz-Gelb diese restriktive
Rüstungsexportpolitik früherer Jahre endgültig über
Bord werfen will. Das ist es doch, worum es heute geht.


(Beifall bei der SPD – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Eben nicht! Die Zahlen wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen!)


Sie tut das offensichtlich in vorauseilendem Gehor-
sam gegenüber der Rüstungsindustrie. Wir haben gestern
erlebt, dass die Unternehmen der Rüstungswirtschaft
dem Verteidigungsminister eine klare Ansage gemacht
haben: Wenn die Bundeswehr wegen der Reform und
der knappen Mittel


(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Waren Sie dabei?)


weniger kauft, dann erwartet man dafür Erleichterungen
beim Export. Das kann es doch gerade nicht sein. Dann
würden gerade die Kriterien, die unsere Gesetze aus-
drücklich als nachrangig festschreiben, nämlich die wirt-
schaftlichen Interessen, zum Leitmotiv für Genehmi-
gungsentscheidungen von Waffenexporten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir befürchten, dass uns gerade angesichts dieser Si-
tuation das Thema Rüstungsexport in nächster Zeit noch
häufiger beschäftigen wird – Herr Lindner, da können
Sie ganz beruhigt sein –, gerade wenn wir sehen, wie
sich diese Bundesregierung hier wieder zum Büttel von
kurzatmigen Lobbyinteressen zu machen scheint.


(Zurufe von der CDU/CSU: Ah! – Jörg van Essen [FDP]: Unsinn! Schlichter Unsinn!)


– Ja, ja, schauen wir doch, was passieren wird.

Wir wollen aber auch mit einer Unterstellung, die
dann kommt, gleich aufräumen: Es ist keineswegs so,
dass uns Sozialdemokraten die betroffenen Unterneh-
men und die Beschäftigten egal sind. Ganz im Gegenteil,
wir wollen die Betriebe, wir wollen das Know-how, wir
wollen die technologische Leistungsfähigkeit und die
Arbeitsplätze im Land halten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Und wer soll die Sachen kaufen? Die Gemeindepolizei?)


Wir wollen aber aus leidvoller historischer Erfahrung
die Exporte nur im Rahmen restriktiver Exportgenehmi-
gungspolitik, vor allem im Rahmen unserer außenpoliti-
schen, menschenrechtlichen und entwicklungspoliti-
schen Ziele, also ausdrücklich im Rahmen von strikten
politischen Vorgaben, zulassen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist alles Oppositionsgeschwätz!)


Wir wollen den Staat gegenüber den Rüstungsproduzen-
ten nicht in einer Lage wie gegenüber den Banken sehen,
nämlich in einer Situation von Erpressbarkeit und Ab-
hängigkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Klaus Breil [FDP]: Ist sie überhaupt nicht!)


Gerade die jüngsten Erfahrungen mit deutschen Rüs-
tungsexporten müssen uns – nicht nur uns; das wundert
mich eigentlich – und auch den letzten schwarz-gelben
Hardliner doch zum Nachdenken bringen. Was ist das
denn für eine Politik, die dazu führt, dass sich in Nord-
afrika, in Ländern der arabischen Halbinsel, aber zum
Beispiel auch in Mexiko deutsche Waffen gegen die je-
weilige Bevölkerung dieser Länder, gegen soziale und
politische Opposition richten?


(Zuruf von der FDP: Was hat das mit diesem Thema zu tun? Zum Thema!)


Was sind denn Ihre Reden am Tag der Menschen-
rechte wert, wenn sich heute noch Koalitionspolitiker
hinstellen und zum Beispiel Panzerlieferungen nach
Saudi-Arabien verteidigen?


(Beifall der Abg. Uta Zapf [SPD] und HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Was heißt es denn für die Glaubwürdigkeit deutscher
Außenpolitik, wenn der Bundesaußenminister und der
Bundeswirtschaftsminister jetzt hektische Reisen nach
Ägypten und Libyen unternehmen und sich nach dem
Sieg der dortigen Oppositionsbewegungen selber zum
Sieger erklären, aber offensichtlich überhaupt kein Pro-
blembewusstsein dabei besitzen, dass es auch deutsche
Waffen waren und vielleicht wieder sein werden, die zur
Unterdrückung ebendieser Völker beigetragen haben?


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Jetzt wird es arg!)


Was ist es für eine Politik, die es zulässt, dass von den
25 Hauptabnehmerländern deutscher Waffen diejenigen
sogar mehr abnehmen, die als Repressionsstaaten gel-
ten? Diese Repressionsstaaten nehmen momentan ge-
nauso viele Waffen wie unsere Partnerländer in der
NATO – USA, Frankreich, Großbritannien und Däne-
mark – ab. Das muss man sich einmal vorstellen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es kann schon sein, dass es auch in der Vergangenheit
Fehler gegeben hat,


(Lachen bei der FDP – Klaus Breil [FDP]: Eine lange Liste!)






Klaus Barthel


(A) (C)



(D)(B)

die von früheren Regierungen, auch mit sozialdemokra-
tischer Beteiligung, gemacht wurden. Der Amnesty-Be-
richt über frühere Waffenlieferungen – er ist gerade für
den Zeitraum 2005 bis 2009 erschienen – nach Nord-
afrika belegt das ja leider. Aber die Frage ist doch: Wol-
len wir diese Fehler fortsetzen und wiederholen, oder
wollen wir daraus lernen?


(Lachen bei der FDP)


Das ist die Frage, die sich an die Koalition richtet.

Nach dem, was ich hier gehört habe, ist Schwarz-
Gelb entschlossen, diese Fehler fortzusetzen. Zu den au-
ßenpolitischen Implikationen einer solchen Entwicklung
wird nachher sicherlich mein Kollege Mützenich noch
etwas sagen.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sieht das Ihr Fraktionsvorsitzender auch so?)


Ich möchte mich jetzt dem wirtschaftspolitischen As-
pekt der Rüstungsexporte zuwenden. Die SPD kümmert
sich sehr wohl um die Betriebe und die Arbeitsplätze.
Aber wir wissen, dass es weder wünschenswert noch be-
zahlbar, noch sinnvoll ist, auf eine Beibehaltung aller
Rüstungskapazitäten im derzeitigen Umfang oder gar
ihre Ausweitung zu setzen. Das sollten auch die Vertre-
terinnen und Vertreter der Koalition heute ganz klar zu-
geben. Wer es ernst meint mit den Arbeitsplätzen, der
muss sich Gedanken über andere Produkte und Markt-
segmente machen. Viele Betriebe der Branche – auch in
der Region, aus der ich komme – haben mehrfach bewie-
sen, wie intelligent und flexibel man in Märkte außer-
halb des Rüstungsbereichs umsteigen kann. Mit dem Zi-
vilgeschäft ist man, zum Beispiel in der Luftfahrt,
oftmals viel besser gefahren als mit der Rüstungsproduk-
tion.

Hier liegt die Verantwortung der Bundesregierung
und der Koalition: Anstatt irgendjemanden an Panzer für
Saudi-Arabien oder an U-Boote und Eurofighter für
Griechenland glauben zu lassen, sollten sie klare und
wahrhaftige Botschaften senden und den Strukturwandel
unterstützen.

Wir reden derzeit – auch morgen werden wir wieder
viel über dieses Thema hören – häufig über Staatsschul-
den und Finanzkrise. Am Beispiel der USA hat der No-
belpreisträger Joseph Stiglitz den Zusammenhang von
Rüstungs- und Kriegskosten mit der US-Staatsverschul-
dung aufgezeigt. Die Kosten des Irak- und Afghanistan-
Krieges berechnete er 2008 mit rund 3 000 Milliarden
US-Dollar. Er wies schon damals auf die Schuldensitua-
tion und ihre Folgen hin.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713304400

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Brandl zulassen?


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1713304500

Aber sicher.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713304600

Bitte schön.

Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713304700

Sehr geehrter Herr Kollege, vor wenigen Monaten hat

die SPD hier beantragt, dass wir im Parlament grund-
sätzlich über Voranfragen und Anfragen von Ländern in
Bezug auf Rüstungsexporte beraten und auch im ent-
sprechenden Ausschuss darüber abstimmen. Vonseiten
der Industrie, aber auch von unserer Seite bestehen die
Bedenken, dass, wenn wir die Beratung über derartige
Voranfragen und Anfragen zum Gegenstand öffentlicher
Debatten machen, überhaupt kein Rüstungsexport mehr
stattfinden kann, weil die Länder nicht wollen, dass das
Thema in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Wie se-
hen Sie das im Zusammenhang mit Ihrer Unterstützung
der Industrie?


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1713304800

Ich wollte später noch darauf zu sprechen kommen,

dass wir uns gerade mit der Frage der Transparenz und
der Parlamentsbeteiligung in den nächsten Wochen be-
fassen wollen. Dazu liegt heute auch ein Antrag der Grü-
nen vor. Wir müssen gemeinsam darüber sprechen, wie
das Parlament an solchen Entscheidungsprozessen betei-
ligt werden kann. Es gibt ja auch andere geheimhal-
tungspflichtige Dinge, die unter parlamentarischer Be-
teiligung stattfinden. Wir müssen sehen, wie in diesem
Bereich mehr Transparenz geschaffen werden kann. Wir
erleben ja gerade, wie notwendig das ist, um die restrik-
tive Rüstungsexportpolitik aufrechterhalten zu können.
Wir werden Ihnen mit Sicherheit Vorschläge dazu ma-
chen; da brauchen Sie keine Sorge zu haben. In den
nächsten Wochen wird darüber zu reden sein. Gerade vor
dem Hintergrund der aktuellen Fälle können wir doch
feststellen, dass die Rüstungsexporte irgendwann immer
öffentlich werden,


(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Sicher!)


spätestens wenn der Bericht vorgelegt werden muss.
Spätestens dann muss die Bundesregierung dem Parla-
ment Begründungen liefern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dann werden die Rüstungsexporte ohnehin diskutiert.
Der Unterschied ist nur: In diesem Fall wird die Trans-
parenz erst hergestellt, wenn es schon zu spät ist und
wenn man keinen Einfluss mehr nehmen kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Uns geht es darum, den Prozess rechtzeitig beeinflussen
und rechtzeitig Druck auf die Regierung, welcher Koali-
tion auch immer, ausüben zu können, damit die restrik-
tive Politik in diesem Bereich aufrechterhalten bleibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zu den ökonomischen Zusammenhängen
zurück. Mit Genehmigung der Präsidentin möchte ich
den amerikanischen Nobelpreisträger Stiglitz zitieren. Er
sagte in einem Interview mit der Welt am 10. März 2008:

Defizite sind ein Ärgernis,

– also die Defizite aus den Rüstungsgeschäften –





Klaus Barthel


(A) (C)



(D)(B)

weil sie am Ende Investitionen verhindern und
Schulden anhäufen, die in der Zukunft beglichen
werden müssen. Das schadet der Produktivität, weil
für öffentliche Investitionen in Forschung, Bildung
und Infrastruktur oder für private Investitionen in
Maschinen oder Fabriken nur wenig übrig bleibt.

Das ist der Zusammenhang, Herr Lindner, mit dem wir
es im wirtschaftlichen Bereich zu tun haben und den wir
hier betonen müssen. Es geht um Arbeitsplätze und
Wachstum in der Zukunft.


(Beifall der Abg. Petra Ernstberger [SPD])


Mit Blick auf die US-Immobilienkrise fuhr Stiglitz
fort:

Jetzt, da wir über die Blase hinaussehen können,
wird die vom Irak-Krieg verursachte wirtschaftli-
che Schwäche voll zutage treten. Und wir werden
teuer dafür bezahlen – mit Zinsen.

Diese These hat er gerade erst wiederholt und aktuali-
siert.

Was hat das mit der Rüstungsexportproblematik zu
tun? Ganz einfach: Nennen Sie bitte ein Land der Welt,
das derzeit Rüstungsbeschaffung nicht auf Pump oder
nicht zulasten anderer viel sinnvollerer Ausgaben finan-
zieren müsste! Nennen Sie ein Rüstungsexportgeschäft,
das also nicht die Weltfinanzkrise verschärfen würde
oder das nicht zulasten von Investitionen und Wohlstand
gehen würde!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was halten Sie von Berichten, wonach Frankreich vier
Tarnkappenfregatten nach Griechenland liefern will und
Deutschland womöglich dafür mit bezahlt? Sagen Sie
uns, welche Geschäfte die Bundesregierung gerade ge-
nehmigen will!

Es ist doch in dieser Situation völlig absurd, wenn die
Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine An-
frage der Grünen erklärt:

Die Erschließung von Märkten durch die wehrtech-
nische Industrie ist eine unternehmerische Ent-
scheidung.

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen las-
sen. Das ist eine politische Bankrotterklärung sonder-
gleichen. Der Markt soll es regeln.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die SPD-Bundestagsfraktion hat deshalb für die heu-
tige Debatte einen Antrag mit zwei Hauptforderungen
vorgelegt: erstens Beibehaltung der restriktiven Rüs-
tungsexportpolitik und zweitens mehr Transparenz bei
den Entscheidungen der Bundesregierung zum Beispiel
durch Parlamentsbeteiligung. Dafür bitten wir Sie um
Zustimmung.

Dem Antrag der Grünen – Stichwort Menschen-
rechte – stimmen wir selbstverständlich zu; denn er
deckt sich in weiten Teilen, wenn auch nicht in jedem
Detail, mit unseren Vorstellungen. Das gilt auch für den
Antrag zum Rüstungsexportbericht, den wir eigentlich
gemeinsam einbringen wollten und der es wert gewesen
wäre, in den nächsten Wochen im Rahmen einer eigenen
Debatte hier behandelt zu werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Bei den 16 Anträgen der Linken enthalten wir uns,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sehr tapfer!)


weil wir diese Art der Rüstungsexportdebatte für wenig
systematisch und zielführend halten. Eine solche auf
Momentaufnahmen und Einzelanlässe bezogene Außen-
politik wird der Problematik, mit der wir es hier zu tun
haben, nicht gerecht.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ein Anfang!)


Wenn wir böswillig wären, Frau Enkelmann, dann wür-
den wir Sie fragen: Dürfen wir dann in alle Länder, die
Sie in Ihren 16 Anträgen nicht nennen, womöglich lie-
fern?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aber wir sind nicht böswillig.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713304900

Herr Kollege!


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1713305000

Deswegen werden wir Ihre Anträge nicht ablehnen

und uns nicht dem Verdacht aussetzen, wir wären für
Waffenlieferungen nach Nordafrika und in die anderen
genannten Länder.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713305100

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist weit überschritten.


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1713305200

Frau Präsidentin, ich bin bei meinem letzten Satz. –

Gerade heute brauchen wir ein klares Signal, dass es
keine Liberalisierung und Aufweichung der Rüstungsex-
portpraxis geben darf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713305300

Der nächste Redner ist der Kollege Erich Fritz für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1713305400

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Wir haben Anträge von der SPD und den Grünen
vorliegen. Es gibt auch eine Inszenierung; das sind die
16 Anträge von der Linken.





Erich G. Fritz


(A) (C)



(D)(B)


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das übliche Kasperletheater!)


Es handelt sich deshalb um eine Inszenierung, weil Sie
eine Wirkung erzielen wollen, die dem, was dahinter-
steht, gar nicht entspricht. Sie wollen nämlich den Ein-
druck erwecken, Deutschland habe die arabischen Län-
der mit Kriegswaffen sozusagen überschüttet. Diese
Informationen geben die Anträge überhaupt nicht her.
Dadurch wollen Sie die Debatte über eine sinnvolle Rüs-
tungsexportpolitik und deren Zusammenhänge überde-
cken. Deshalb werden, so glaube ich, diese Anträge vom
Rest des Hauses zu Recht abgelehnt.

Meine Damen und Herren, das Thema ist bisher Gott
sei Dank nicht ganz so polemisch diskutiert worden, wie
das sonst häufig der Fall ist; wenngleich Herr Barthel na-
türlich seiner Pflicht nachkommen musste, vergessen zu
lassen, dass eigentlich alle im Hause, die an Regierungen
beteiligt waren, eine Verantwortung getragen haben, die
so einfach nicht zu tragen ist.

Wir wissen, dass Rüstungsexporte in einem Zusam-
menhang stehen mit eigenen militärischen Fähigkeiten,
die in einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
in Europa eine Rolle spielen und die auch im Bündnis
eine Rolle spielen. Wir wissen auch, dass die Frage der
Kooperation und der militärtechnischen Zusammen-
arbeit nicht unabhängig ist vom politischen Einfluss in
einem Bündnis. Wir wissen, dass viele Fähigkeiten ent-
wickelt werden, die beileibe nicht nur militärische sind.
In Deutschland gibt es Schlüsselfähigkeiten – Sie haben
es gesagt, Herr Barthel –, deren Zukunftschancen stärker
auf der zivilen als auf der militärischen Seite liegen. In-
sofern ist ganz klar: Es handelt sich um einen Wirt-
schaftszweig, den man nicht lupenrein auf der einen oder
der anderen Seite ansiedeln kann.

Mir geht es jetzt noch um die Frage, wie wir weiter
mit diesem Thema umgehen. Man kann es so machen
wie die Linke: Man kann das Ganze populistisch-emo-
tional angehen, man kann es auch allein unter dem As-
pekt „Menschenrechte“ betreiben. Das ist eine zulässige
Form der Auseinandersetzung und Kampagne. Das
Recht kann Ihnen keiner nehmen. Es hilft nur nichts;
denn jede Regierung muss bei jedem Begehren eines
Landes, bestimmte Ausrüstungen oder Waffen zu erhal-
ten, eine Abwägung treffen. Die Entscheidungen werden
für jeden Einzelfall getroffen; sie sind nicht pauschal.
Man kann sich deshalb nicht davor drücken,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Es geht um Einzelfälle hier!)


sich klarzumachen, dass es in jedem dieser Einzelfälle
– in einer ganz konkreten Situation – gilt, sowohl bünd-
nispolitische als auch sicherheitspolitische, diplomatische,
aber natürlich auch menschenrechtspolitische Gesichts-
punkte in Einklang zu bringen. Diese Gesichtspunkte sind
aber nicht immer in Einklang zu bringen.

Was mich heute dazu bringt, den SPD-Antrag abzu-
lehnen und das auch meiner Fraktion zu raten, ist, dass
dieser Antrag aus einer Haltung heraus geboren ist, die
das Motto vertritt: Wir machen es jetzt ganz anders; al-
les, was wir vorher gesagt haben, interessiert uns jetzt
nicht mehr.

Ich möchte den Kollegen in allen Fraktionen noch et-
was zum durchaus berechtigten Geheimhaltungsprinzip
im Bundessicherheitsrat sagen: Nach meiner Auffassung
kann man nicht jede Debatte, die sich mit anderen Län-
dern beschäftigt, öffentlich führen. Jeder weiß, dass das
nicht geht. Wir tagen beispielsweise im Auswärtigen
Ausschuss deshalb nichtöffentlich, weil wir genau wis-
sen, dass es notwendig ist, solche Räume zu haben. Ich
habe insofern nichts gegen die Nichtöffentlichkeit des
Bundessicherheitsrates. Vielmehr halte ich sie für eine
wesentliche Voraussetzung, um alle Informationen auf
den Tisch zu legen und bestimmte Abwägungen über-
haupt vornehmen zu können und nicht nur nach der öf-
fentlichen Einschätzung handeln zu müssen.

Wenn ich dann aber fast wörtliche Abläufe von Sit-
zungen des Bundessicherheitsrates in der Presse lese und
wenn ich das Gefühl habe, dass diejenigen, die dort ent-
scheiden, sich auf der einen Seite auf die Geheimhaltung
berufen, auf der anderen Seite aber von den Abgeordne-
ten, die der Mehrheit angehören, verlangen, diese Ent-
scheidung zu vertreten,


(Klaus Barthel [SPD]: Das Parlament ist schuld daran!)


dann ist das für einen Parlamentarier – unabhängig da-
von, in welcher Fraktion er sitzt – schwer erträglich.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Barthel [SPD]: Jetzt die richtigen Schlüsse ziehen!)


Ja. Es ist doch ganz einfach, die richtigen Schlüsse zu
ziehen.

Der Bundestag und die Bundesregierung sind auch in
Bezug auf andere Bereiche der Meinung, dass es besser
ist, bestimmte Dinge unter Geheimschutz zu behandeln.
Dennoch ist es möglich, das Parlament zu informieren.
Ich weiß das aus den Gremien, in denen das der Fall ist.
Bisher ist nur in den allerseltensten Fällen etwas an die
Öffentlichkeit gelangt. Ich meine, dass wir eine Debatte
dazu führen müssen. Denn mit der Rolle des Parlaments
ist es nur sehr schwer vereinbar, die derzeitige Situation
unverändert zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich sehe, dass sowohl bei meiner Fraktion als auch bei
den Kollegen der FDP nicht alle klatschen. Ich glaube
dennoch, dass man beide Seiten betrachten muss.
Schließlich geht es darum, die Akzeptanz für notwen-
dige Exporte aufrechtzuerhalten. Das Problem ist, dass
immer nur eine Debatte zur emotionalen Seite der Aus-
einandersetzung geführt wird. Die eigentlichen Interes-
sen Deutschlands und die Begründungen für die Exporte
werden dagegen nicht öffentlich diskutiert. Da stimmt
das Verhältnis nicht. Das ist vor allen Dingen in parla-
mentarischer Hinsicht nicht zu akzeptieren.

Herzlichen Dank.





Erich G. Fritz


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713305500

Jan van Aken spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713305600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Amnesty International hat vor zwei Tagen diesen Bericht
über Waffenexporte an arabische Länder vorgelegt. Ich
kann Ihnen wirklich nur wärmstens empfehlen, ihn ein-
mal anzuschauen.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Bericht erinnert uns ganz drastisch daran, worum
es hier tatsächlich geht: Es geht um Tod, um Zerstörung
und um tausendfaches Leid. In dem Bericht wird zum
Beispiel ein Bild eines Demonstranten in Ägypten ge-
zeigt, der von Kugeln zersiebt auf der Straße liegt. Es
wird auch berichtet, wie in Bahrain, in Syrien, natürlich
in Libyen und in Ägypten Tausende von Menschen, die
für ihre Freiheit auf die Straße gegangen sind, getötet
wurden, und zwar von Waffen, die aus Europa, den USA
und Russland geliefert worden sind. Deutschland war,
was diese Lieferungen angeht, ganz vorne mit dabei – an
vorderster Front sozusagen.

Ich möchte Ihnen einmal ein paar Zahlen zu den deut-
schen Rüstungsexporten der letzten zehn Jahre nennen:
Genehmigungen für Exporte von Rüstungsgütern nach
Saudi-Arabien in Höhe von 675 Millionen Euro, nach
Bahrain in Höhe von 22 Millionen Euro, in den Jemen in
Höhe von 12 Millionen Euro und nach Ägypten in Höhe
von 268 Millionen Euro. Insgesamt haben Sie Exporte in
Höhe von sage und schreibe 3,5 Milliarden Euro in die
Länder im Nahen Osten und Nordafrika genehmigt. Ich
finde das unerträglich.


(Beifall bei der LINKEN)


Das sind alles Länder, von denen Sie genau wussten,
dass sie die Menschenrechte verletzen und sich in einer
Kriegs- und Krisensituation befinden.

Es gibt in diesem Bericht einen Lichtblick: Laut Am-
nesty International haben einige Länder wie Frankreich,
Großbritannien, Spanien sowie weitere europäische Län-
der die Waffenexporte nach Bahrain eingestellt, weil die
Demokratiebewegung dort so brutal niedergeschossen
wurde. Was aber macht die Bundesregierung? Was
macht Herr Westerwelle? Sie entscheiden, zusätzliche
200 Panzer nach Saudi-Arabien zu schicken. Sie haben
nichts, aber überhaupt gar nichts aus den Fehlern der
Vergangenheit gelernt.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen es heute anders machen. Wir wollen, dass
endlich aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wird.
Deswegen haben wir 16 Anträge vorgelegt, durch die die
Waffenexporte in 16 Länder des Nahen Ostens und
Nordafrikas endgültig gestoppt werden sollen. Sie kön-
nen sich heute entscheiden, ob Sie wirklich weiterhin
Waffen an Menschenrechtsverletzer liefern wollen, oder
ob Sie das nicht wollen.

Sollten Sie sich wirklich dafür entscheiden, weiterhin
an diese Länder zu liefern, würde ich zu gern einmal hö-
ren, wie Sie das Ihren Wählerinnen und Wählern erklä-
ren wollen. Denn die Mehrheit der Wählerinnen und
Wähler ist gegen Rüstungsexporte. Das Meinungsfor-
schungsinstitut Emnid hat vor zwei Wochen eine Um-
frage gemacht, die ergeben hat, dass sich 78 Prozent der
Menschen – mehr als drei Viertel der deutschen Bevöl-
kerung – grundsätzlich gegen jede Art von Rüstungs-
exporten aussprechen. Das geht quer durch die ganze
Bevölkerung. Das gilt auch für die Wählerinnen und
Wähler der CDU/CSU und FDP; denn von denen sind
auch 70 Prozent gegen jede Art von Rüstungsexporten.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie schon nicht auf Ihre eigene Moral hören, dann
hören Sie wenigstens auf die Leute, die Sie in den Bun-
destag gewählt haben! Lehnen Sie die Rüstungsexporte
endlich ab!


(Beifall bei der LINKEN)


Amnesty International spricht sehr deutlich und rich-
tig von einem totalen Versagen der Rüstungsexportkon-
trollen. Da muss man sich doch fragen, woran es liegt.
Ich möchte Ihnen dazu eine sehr erhellende Episode aus
dem Unterausschuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und
Nichtverbreitung“ des Bundestages erzählen. Anfang
des Jahres, mitten im arabischen Frühling, gab es natür-
lich sehr kritische Nachfragen, übrigens auch von einem
Abgeordneten der Union, wie es denn sein könne, dass
deutsche Sturmgewehre an den Diktator Mubarak gelie-
fert worden sind. Die lapidare Antwort der Bundesregie-
rung war: „Es gab außenpolitische Interessen, die gegen
die Menschenrechtsbedenken abgewogen wurden. Am
Ende wogen die außenpolitischen Interessen schwerer.
Deswegen wurde geliefert.“ Genau das ist das zentrale
Problem der deutschen Rüstungskontrolle:


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Die deutschen Rüstungsexporte werden nicht kontrol-
liert, sondern allenfalls verwaltet.


(Beifall bei der LINKEN)


Es gibt zwar die viel zitierten Politischen Grundsätze
der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen
und sonstigen Rüstungsgütern. Da steht sehr viel Gutes
drin. Es wird von „Menschenrechten“, „Frieden“ und
„nachhaltiger Entwicklung“ gesprochen, aber eben auch
vom „außenpolitischen Interesse“. In der Praxis – das se-
hen wir immer wieder – verlieren die Menschenrechte
jedes einzelne Mal gegen die außenpolitischen Interes-
sen. Deshalb fordern wir von der Linken: Die unverbind-
lichen Politischen Grundsätze reichen nicht aus; wir
brauchen gesetzliche Verbote.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte Ihnen heute drei Vorschläge für sehr kon-
krete Verbote machen, mit denen wir es endlich schaffen





Jan van Aken


(A) (C)



(D)(B)

würden, die Flut der deutschen Waffen in der Welt zu-
mindest ein wenig einzudämmen:

Der erste Vorschlag: kein Export von Kleinwaffen.
Kleinwaffen sind keine niedlichen, kleinen Handta-
schenrevolver, sondern Sturmgewehre und Maschinen-
pistolen, die Kalaschnikows, die deutschen G 36 und wie
sie alle heißen.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Kalaschnikows verkaufen wir nicht!)


Es gibt aus meiner Sicht drei extrem gute Gründe, den
Export von Kleinwaffen grundsätzlich zu verbieten:

Erstens. Kleinwaffen sind die tödlichsten Waffen der
Welt. Kofi Annan hat sie einmal als Massenvernich-
tungswaffen bezeichnet, weil sie tatsächlich massenhaft
töten. In den Kriegen dieser Welt gibt es mehr Tote
durch Kleinwaffen als durch jede andere Waffenart.

Zweitens. Wenn die Kleinwaffen einmal exportiert
sind, hat man null Kontrolle. Weil sie relativ klein sind,
werden sie von einem Land ins nächste verschoben; von
Krieg zu Krieg gehen sie um die Welt und werden über-
all zum Töten eingesetzt. Nur ein Beispiel: Sie alle wis-
sen, dass im August dieses Jahres deutsche Sturmge-
wehre vom Typ G 36 in Libyen gefunden wurden.
Offiziell sind sie nie dorthin geliefert worden – nicht von
der Firma und nicht von der Bundesregierung –, aber
trotzdem tauchten sie dort auf. Wir beobachten das: Je-
des Mal, wenn in den letzten Monaten und Jahren auf
der Welt ein bewaffneter Konflikt ausgebrochen ist, ha-
ben wir uns die Fernsehbilder und die Fotos angeschaut,
und jedes einzelne Mal haben wir dort deutsche Waffen
gesehen. Das muss doch endlich einmal aufhören.


(Beifall bei der LINKEN)


Drittens. Aus meiner Sicht ist das gewichtigste Argu-
ment dafür, endlich alle Exporte von Kleinwaffen zu
verbieten: Sie zeigen besonders deutlich, dass das bishe-
rige System der Rüstungsexportkontrolle einfach nicht
funktioniert. Ich habe Ihnen hier eine Grafik mitge-
bracht. Auf dieser Grafik sehen Sie die Exporte von
deutschen Kleinwaffen und deutscher Kleinwaffenmuni-
tion unter den letzten vier Regierungen, in den letzten
vier Legislaturperioden. Das fängt mit der Regierung
Kohl – Schwarz-Gelb – an, dann folgen die beiden rot-
grünen Regierungen, dann die Große Koalition. Jedes Mal
hat die jeweilige Regierung mehr Kleinwaffen und -muni-
tion in alle Welt verkauft als die Vorgängerregierung. Ich
denke, das müsste gerade Ihnen von SPD und Grünen zu
denken geben. Denn Sie haben 1999 das Problem der
Waffenexporte erkannt und deswegen die Politischen
Grundsätze eingeführt, und trotzdem wurden am Ende
mehr und mehr und mehr Kleinwaffen in alle Welt ex-
portiert. Es reicht eben nicht, sich an der Regierungs-
spitze zu wünschen, dass die Zahl der Exporte sinkt;
denn im Alltag wird dann doch in der Verwaltung jeder
einzelne Antrag angenommen, abgestempelt, abgenickt
und abgelegt. Sie verhindern nichts, wenn Sie nicht tat-
sächlich ein echtes Verbot aussprechen. Das Wünschen
allein reicht nicht; wir brauchen hier ein Verbot.


(Beifall bei der LINKEN)

Das zweite Verbot, das wir vorschlagen: kein Export
von Waffenfabriken. Ich war vor zwei Wochen in Saudi-
Arabien, um mir da eine Reihe von deutschen Rüstungs-
projekten anzuschauen; davon gibt es dort leider ziem-
lich viele. Eines der Projekte ist eine deutsche Waffenfa-
brik, die gerade von der deutschen Firma Heckler &
Koch südlich von Riad aufgebaut wird. Ende nächsten
Jahres wird diese Fabrik das hochmoderne deutsche
Sturmgewehr G 36 produzieren können. Ab dem Mo-
ment haben Sie überhaupt keine Kontrolle mehr: Wie
viele dieser Waffen werden produziert? Wohin werden
sie geliefert? Sie werden im Internet schon zum Verkauf
angeboten. Wer wird irgendwann irgendwo auf der Welt
jemanden damit töten? Das lässt sich gar nicht mehr
kontrollieren, wenn man einmal die Technologie aus der
Hand gibt. Wenn man einmal die Fabrik in Saudi-Ara-
bien aufbaut, ist die Kontrolle vorbei. Da hilft nur, von
vornherein keine Waffenfabriken mehr zu exportieren.
Punkt.


(Beifall bei der LINKEN)


Drittens. Es darf keine Waffenexporte an Menschen-
rechtsverletzer und in Krisengebiete geben. Genau
deshalb haben wir heute die 16 Anträge vorgelegt. Wir
fordern, in diese Region, die für Menschenrechtsverlet-
zungen und als Kriegsgebiet bekannt ist, keine Waffen
mehr zu liefern. Auch hier reichen die politischen
Grundsätze nicht aus. Das Ganze muss Gesetz werden.
In einem Antrag der Grünen wird das erstmals gefordert.
Ich finde, das ist ein guter Ansatz. Deswegen werden wir
diesem Antrag der Grünen auch zustimmen. Ich würde
mir nur wünschen, dass Sie aus Ihrer eigenen Geschichte
lernen und endlich ein komplettes Kleinwaffenexport-
verbot und ein Waffenfabrikexportverbot beschließen
würden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte die Frage stellen, warum heute niemand
von der Regierung zu diesem Thema spricht. Dafür wird
ein Herr Lindner von der FDP in die Bütt geschickt, der
sowas von gar keine Ahnung von Waffenexporten hat,
dass es mich immer wieder schüttelt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Nur zwei Beispiele aus Ihrer Rede.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713305700

Herr van Aken, Sie haben noch drei Sekunden Zeit,

um die Zwischenfrage von Herrn Gysi zuzulassen.
Möchten Sie das ?


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713305800

Von Herrn Gysi? – Ja, die lasse ich zu.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Jetzt kommt die Kleinwaffe der Linken! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es richtig kritisch!)







(A) (C)



(D)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713305900

Bitte schön.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713306000

Herr van Aken, es wird von den anderen Rednern so

getan, als ob man insgesamt gegen die Rüstung in alle
von uns genannten Staaten stimmen müsste. Besteht
nicht die Möglichkeit, dass jede Abgeordnete und jeder
Abgeordneter zu jedem Staat eine Haltung einnimmt und
beispielsweise sagt: Nach Bahrain keine Waffenexporte,
in andere Länder schon. – Gibt es diese Möglichkeit?
Warum wird davon kein Gebrauch gemacht,


(Holger Krestel [FDP]: Sie wollen doch wieder für Kuba stimmen!)


sondern pauschal gesagt: „Wir verkaufen weiterhin Rüs-
tungsgüter“?


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713306100

Das ist eine suggestive Frage, die ich natürlich mit Ja

beantworte.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie alle haben es individuell in der Hand, auch Sie, Herr
Fritz. Sie müssen nicht mit Ihrer Fraktion stimmen. Sie
können gegen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien
stimmen. Zeigen Sie heute endlich einmal Mumm und
sagen Sie Nein zu Rüstungsexporten.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich wurde unterbrochen bei meiner Kritik an Herrn
Lindner.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713306200

Sie wurden unterbrochen, aber sozusagen schon jen-

seits der Redezeit.


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713306300

Aber ich habe doch eine Frage beantwortet.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713306400

Die Zeit habe ich auch gestoppt. Alles ist gut. Trotz-

dem ist Ihre Redezeit zu Ende.


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713306500

Herr Lindner hat es wirklich verdient; denn er führt

aus: Es ist völlig ausgeschlossen, dass es eine Parla-
mentsbeteiligung bei der Frage von Rüstungsexporten
gibt. – Fahren Sie doch einmal in die USA! Dort gibt es
das. Wieso ist in Deutschland ausgeschlossen, was in
Washington möglich ist?


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben keine Ahnung, Herr Lindner.

Ein zweiter Punkt, der mir wichtig ist. Beim Panzer-
deal mit Saudi-Arabien tun Sie so, als ob der eigentliche
Gegner der Iran ist. Ich war in Saudi Arabien. Ich habe
dort mit vielen hohen Politikern und Generälen gespro-
chen. Sie haben keine Vorstellung, was für eine Israel-
Hetze ich da zu hören bekommen habe. Das ist unfass-
bar.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713306600

Herr van Aken?


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713306700

Ein hoher Politiker hat ein Gespräch mit einer vollen

Breitseite gegen Israel begonnen, und Sie wollen uns
hier weismachen, der Gegner wäre der Iran.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713306800

Herr van Aken?


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713306900

Ihr Panzerexport ist ein riskantes Manöver gegenüber

Israel.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland
gar keine Waffen mehr exportieren sollte.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713307000

Im Übrigen ist die Zeit jetzt mehr als abgelaufen.


Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713307100

Aber dafür habe ich jetzt leider keine Zeit mehr.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713307200

Das Wort hat die Kollegin Katja Keul für Bündnis 90/

Die Grünen.


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713307300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin der Linken durchaus dankbar, dass sie
die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung wieder
einmal auf die Tagesordnung hat setzen lassen. Auch wir
Grünen sind der Meinung, dass die aktuelle Genehmi-
gungspraxis weder mit der Rüstungsexportrichtlinie
noch mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU in Ein-
klang zu bringen ist. Die Grundsätze der Bundesregie-
rung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern haben die Grünen im Jahr 2000 auf den
Weg gebracht. Seitdem sind wenigstens auf dem Papier
die Menschenrechte als maßgebliches Kriterium bei der
Genehmigung von Rüstungsexporten festgeschrieben.
Erstaunlicherweise berufen sich sowohl die jetzige Bun-
desregierung als auch die Linken in ihren Anträgen auf
diese Grundsätze.

Nicht hinnehmbar aber ist, dass die Bundesregierung
diese Grundsätze schlicht missachtet. Sie missachtet sie
so schamlos, weil niemand sie kontrolliert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Auch die radikale Forderung der Linken nach einem to-
talen Exportverbot für alle wird daran nichts ändern,





Katja Keul


(A) (C)



(D)(B)

wenn wir der Regierung weiterhin erlauben, im Gehei-
men zu agieren.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, Jan van Aken,
dann müssen wir Parlamentarier endlich Wege finden,
wie wir die Regierung in diesem Bereich effektiv kon-
trollieren. Diese Aufforderung richtet sich natürlich auch
an die andere Seite des Hauses. Auch als Mehrheitsko-
alition ist es Ihre Aufgabe, die Bundesregierung zu kon-
trollieren.

Gerade haben wir im Rahmen der Euro-Krise viel
über parlamentarisches Selbstbewusstsein gehört. Und
was ist hier? Wenn sich die Bundesregierung nicht mehr
bemüßigt fühlt, sich an die geltenden Grundsätze zu hal-
ten, weil sie alles geheim hält und sich damit jeder Kon-
trolle entzieht, dann versagen Sie, dann versagen wir alle
als Parlament bei unserer wichtigsten Aufgabe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es sollte uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg em-
pören, dass wir auf Recherchen des Spiegels angewiesen
sind, um zu erfahren, welche Beweggründe die Regie-
rung veranlasst haben, Kampfpanzer nach Saudi-Ara-
bien zu exportieren.

Ich habe nichts dagegen, wenn sich acht Minister zu
einem Gespräch treffen und über den Inhalt ihres Ge-
sprächs Stillschweigen vereinbaren. Wenn sie aber dann
auf der Grundlage dieses Gesprächs eine exekutive Ent-
scheidung treffen,


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Woher wissen Sie denn, welche Entscheidung schon getroffen worden ist?)


dann muss die Regierung uns als Parlament nicht nur
mitteilen, was für eine Entscheidung sie getroffen hat,
sondern auch begründen, warum sie so und nicht anders
entschieden hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn dabei industriepolitische oder beschäftigungspoli-
tische Gründe eine Rolle gespielt haben, dann muss die
Regierung das eben vorbringen. Oder schämen Sie sich
etwa für Ihre Beweggründe?

Herr Brandl, wissen Sie eigentlich, dass im Ur-
sprungsland der sogenannten Westminster-Demokratie
vierteljährlich alle Genehmigungen bekannt gemacht
und öffentlich in einem parlamentarischen Gremium dis-
kutiert werden? Am heutigen Tag, etwa zur gleichen
Zeit, findet im britischen Parlament wieder einmal eine
öffentliche Debatte darüber statt, diesmal über den Ex-
portbericht des zweiten Quartals 2011. Und wir warten
noch immer auf den Exportbericht für das Kalenderjahr
2010! Wissen Sie, dass dieser britische Parlamentsaus-
schuss durch die Auflistung aller Genehmigungen für
Exporte in die Länder des arabischen Frühlings seit 2009
die Regierung veranlasst hat, 160 dieser Genehmigun-
gen entschädigungsfrei zu widerrufen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich weiß er das!)


Wie viele Genehmigungen hat denn die Bundesregie-
rung widerrufen? Hier ist die Antwort – ich zitiere –: Die
Bundesregierung hat keine Genehmigung über die Aus-
fuhr von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in
arabische Länder aufgrund der Ereignisse des sogenann-
ten arabischen Frühlings widerrufen. – Wir wissen nicht
einmal, was es zu widerrufen gibt. Nur aus den Medien
wissen wir inzwischen, dass die Voranfrage für die
Leopard-Panzer nach Saudi-Arabien am 27. Juni geneh-
migt wurde. Die endgültige Entscheidung steht bei der
nächsten Sitzung zum Jahresende an. Ich fordere die Re-
gierung daher heute noch einmal auf: Lehnen Sie diesen
Export ab!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Und behaupten Sie nicht, der Voranfrage käme Bin-
dungswirkung zu! Wir wissen: Selbst abschließende Ge-
nehmigungen haben nach dem Kriegswaffenkontrollge-
setz keinen Bestandsschutz und können jederzeit
widerrufen werden.

Damit dieses Versteckspiel endlich ein Ende hat, for-
dern wir mit unserem heutigen Antrag quartalsweise In-
formationen von der Bundesregierung, und zwar voll-
ständige Informationen. Wir wollen auch die Zahlen
über die tatsächlichen Rüstungsausfuhren, nicht nur die
Genehmigungszahlen. Wir wollen die Aufschlüsselung
der Sammelausfuhr- und Allgemeingenehmigungen so-
wie Angaben über bestehende Produktionslizenzen,
Bürgschaften und sogenannte Offsetgeschäfte. Erst dann
haben wir international vergleichbare Daten, die wir ana-
lysieren und zeitnah debattieren können. Das Parlament
muss frühzeitig und rechtzeitig in den Entscheidungs-
prozess über Rüstungsexporte einbezogen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit unserem zweiten Antrag, über den wir heute
ebenfalls abstimmen werden, fordern wir eine stärkere
Berücksichtigung der Menschenrechte in den Empfän-
gerländern, und zwar so, wie es der Wortlaut der Export-
richtlinie eigentlich vorsieht; denn auch jenseits von
Saudi-Arabien ist keine Kohärenz zwischen der Rüs-
tungsexportpolitik und dem Menschenrechtsbericht der
Bundesregierung zu erkennen.

Jedes Mal, wenn wir die Bundesregierung in unseren
Fragen damit konfrontieren, heißt es, die Entscheidung
für einen Exportantrag werde im Einzelfall getroffen.
Soll heißen: Die Lage in einem Empfängerland ist nicht
im Allgemeinen, sondern nur im Hinblick auf die kon-
krete Waffe ein Kriterium. Da, Herr Kollege Fritz, bin
ich nicht mit Ihnen einer Meinung. Diese Argumentation
ist nicht haltbar. Wenn die Bundesregierung ausreichend
Kenntnisse darüber hat, dass in einem Empfängerland
innere Repression oder schwere Menschenrechtsverlet-





Katja Keul


(A) (C)



(D)(B)

zungen drohen, dann muss sie dies bei ihrer Entschei-
dung berücksichtigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Für Kriegswaffen, die ohnehin nur im Ausnahmefall
an Drittstaaten geliefert werden dürfen, heißt das fak-
tisch den konsequenten Ausschluss solcher Exporte. Das
betrifft in der Tat die meisten der hier genannten 16 Län-
der, ohne deswegen alle von Marokko bis Saudi-Arabien
über einen Kamm scheren zu wollen. Ich würde noch
weiter gehen und fordern, dass in diesen Fällen auch der
Genehmigungsanspruch für den Export von sonstigen
Rüstungsgütern aufgehoben werden muss.

Aber: Die völlig Gleichstellung von Kriegswaffen mit
sonstigen Rüstungsgütern, wie sie die Linke in ihren An-
trägen vornimmt, halte ich für kontraproduktiv.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es macht nämlich durchaus einen Unterschied, ob es
sich um den Export von Kriegswaffen wie Panzer oder
Maschinengewehre handelt oder zum Beispiel um Mi-
nenräumgeräte und Schutzwesten. Nicht umsonst be-
zieht sich unser Grundgesetz in Art. 26 ausdrücklich auf
Kriegswaffen.

Sie differenzieren weder zwischen den einzelnen Län-
dern noch zwischen Kriegswaffen und sonstigen Rüs-
tungsgütern. Deshalb werden auch wir uns nicht die
Mühe machen, zu differenzieren, und uns zu allen Ihren
16 Anträgen enthalten.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist eine stramme Haltung!)


Für Syrien, Libyen, Tunesien und Ägypten fordert die
Linke sogar einen Exportstopp, obwohl bereits ein gel-
tendes Waffenembargo besteht. „Endgültig“ soll dann
wohl heißen, dass auch die weitere politische Entwick-
lung keine Rolle spielen soll. Das finde ich wirklich we-
nig überzeugend.


(Zuruf von der LINKEN: Was?)

Überzeugend ist das nur für die, die ohnehin ein totales
Verbot von Rüstungsgütern fordern, auch wenn es um
Schutzwesten oder Sanitätsfahrzeuge geht, und zwar für
immer und überall.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das heißt konsequenterweise auch: Abschaffung der
Bundeswehr und Austritt aus der NATO. Das ist doch in
Wirklichkeit Ihre Position.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das wollen die doch!)


Der arabische Frühling spielt dabei nur eine untergeord-
nete Rolle. Aber da machen wir nicht mit.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN)


Wir stehen zum staatlichen Gewaltmonopol und zum
Gewaltmonopol der UNO. Deshalb können wir Waffen
zur Durchsetzung des Gewaltmonopols auch nicht
grundsätzlich verbieten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Was wir aber tun müssen, ist, die Verbreitung von Waf-
fen so gering wie möglich zu halten. Dazu brauchen wir
einerseits internationale Vereinbarungen, aber nicht zu-
letzt auch strenge nationale und vor allem europäische
Kontrollen. Das trifft natürlich die deutschen Hersteller-
firmen. Die Rüstungsbranche wird aber ohnehin umrüs-
ten und abrüsten müssen; denn EU- und NATO-Staaten
werden nicht mehr wie bisher als Abnehmer zur Verfü-
gung stehen. Unser Verteidigungsminister hat gestern
bekannt gegeben, dass er 42 Hubschrauber NH-90,
125 Kampfpanzer und 60 Transportpanzer weniger an-
schaffen will. Der Bestand von Eurofightern und
Kampfhubschraubern soll erheblich verringert werden.
Das ist gut so. Wir können aber nicht zulassen, dass al-
les, was europäische Staaten in der Krise im Militärhaus-
halt einsparen, in Spannungsgebiete wie Indien und Pa-
kistan oder auf die arabische Halbinsel geliefert wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wir dürfen nicht die Exportkriterien aufweichen, um den
Haushalt zu konsolidieren.

Besser als die Forderung nach Totalverboten ist aus
Sicht meiner Fraktion die Beendigung der Geheimnis-
krämerei und die Herstellung von Transparenz im Ge-
nehmigungsverfahren; denn die schärfste Norm nützt
nichts, wenn ihre Einhaltung nicht kontrolliert wird.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713307400

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Dr. Rainer

Stinner das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1713307500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich sehe hier im Raum aufseiten der Opposition vier ehe-
malige Regierungsmitglieder, Frau Ministerin a. D.
Wieczorek-Zeul, Frau Ministerin a. D. Bulmahn, Frau
Staatsministerin a. D. Müller und Herrn Staatsminister
a. D. Gloser. Sie alle haben in Ihrer Regierungszeit vor
denselben Problemen gestanden, vor denen die heutige
Bundesregierung und die jetzt aktiv Handelnden stehen.
Sie hatten Anfragen zu Rüstungsexporten vorliegen, und
Sie haben sich die Mühe gemacht, diese Anfragen in je-
dem Einzelfall zu prüfen. Bei einem großen Teil der An-
fragen haben Sie sich dafür entschieden, die Anfrage po-
sitiv zu bescheiden. Niemand von uns hat jemals
unterstellt, dass Sie sich dabei nicht die nötige Mühe ge-
macht haben. Bitte gehen Sie davon aus, dass die heute
Handelnden sich dieselbe Mühe machen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Dr. Rainer Stinner


(A) (C)



(D)(B)

Sie haben natürlich auch Rüstungsexporten in kriti-
sche Länder zugestimmt. Ich gehe davon aus, dass Ihre
Begeisterung bei Rüstungsexporten in einige Länder
schon damals eingeschränkt war. Sie können davon aus-
gehen, dass das den heute Handelnden ganz genauso
geht, wie es Ihnen damals gegangen ist.

Herr Barthel hat das, was Sie getan haben, als Fehler
bezeichnet. Er ist leider nicht mehr da.


(Klaus Barthel [SPD]: Doch!)


– Er ist doch noch da. – Ihr Kollege Barthel hat Sie be-
schuldigt, Fehler gemacht zu haben. Jetzt fordert er uns
auf, diese nicht zu begehen. Sie sollten intern darüber ins
Reine kommen, ob das, was Sie damals gemacht haben,
fehlerhaft war.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713307600

Herr Kollege, möchten Sie die Frage des Kollegen

Ströbele zulassen?


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1713307700

Der Herr Ströbele ist mir lieb und teuer, aber da er

von seiner eigenen Fraktion seit Jahren keine Redezeit
mehr bekommt, denke ich nicht daran, ihm jedes Mal
Redezeit zu gewähren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Rüstungsexportrichtlinien sind eindeutig. Sie be-
sagen: Wenn nicht in verbündete Staaten wie EU- und
NATO-Staaten oder ihnen gleichgestellte Staaten wie
Neuseeland und Japan geliefert wird, dann gilt Folgen-
des – ich lese das einmal vor, weil das sehr deutlich ist –:

Der Export von Kriegswaffen … wird nicht geneh-
migt, es sei denn, dass im Einzelfall besondere au-
ßen- und sicherheitspolitische Interessen der Bun-
desrepublik Deutschland unter Berücksichtigung
der Bündnisinteressen für eine ausnahmsweise zu
erteilende Genehmigung sprechen.


(Klaus Barthel [SPD]: „Ausnahmsweise“!)


Das ist eine klare Sprache.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713307800

Herr Kollege, Frau Wieczorek-Zeul würde Ihnen

gerne eine Zwischenfrage stellen.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1713307900

Gerne, bitte schön.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713308000

Bitte, Frau Wieczorek-Zeul.


Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1713308100

Ich wollte eine Zwischenbemerkung machen,


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der FDP)


was nach der Geschäftsordnung möglich ist.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713308200

Auch Zwischenbemerkungen sind erlaubt, und der

Redner kann dann darauf reagieren.


Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1713308300

So ist es.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1713308400

Gerne.


Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1713308500

Sie haben angesprochen, wer dem Bundessicherheits-

rat angehört hat und Entscheidungen getroffen hat. Ich
möchte auf einige Punkte hinweisen.

Erstens. Sie können nicht all das, was in den Zeiten
vorher, auch in den Zeiten der Großen Koalition, stattge-
funden hat, mit der katastrophalen Entscheidung,
200 Kampfpanzer an Saudi-Arabien zu liefern, verglei-
chen; das ist unvergleichbar.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist doch völliger Blödsinn!)


Bitte stellen Sie das nicht in einen Kontext.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Doch! Natürlich!)


Das ist der eine Punkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Wegducken!)


Zweitens. Es hat immer unterschiedliche Entschei-
dungen gegeben, übrigens auch Mehrheitsentscheidun-
gen. Ich bin gerne bereit – Sie sprechen ja immer mich
an –, die Bundeskanzlerin aufzufordern, mich von der
Geheimhaltungspflicht zu entbinden, damit ich deutlich
machen kann, wie sich Ihre Kollegen in diesen Fragen
teilweise verhalten haben.

Drittens. Wir haben eine andere Situation. Wir haben
ja jetzt Veränderungen im arabischen Raum. Früher gab
es die Vorstellung, eine Stabilisierung Ägyptens und an-
derer Länder sei hilfreich. Ich lege Wert darauf, deutlich
zu machen, dass ich immer die Position vertreten habe,
dass man solche Länder nicht beliefern darf, weil es
Spannungsgebiete sind und dort die Menschenrechte
verletzt werden.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Warum sind Sie nicht aus der Regierung ausgeschieden? Das ist pure Heuchelei, was Sie betreiben!)


Außerdem haben wir durch den arabischen Frühling ge-
lernt, welche katastrophalen Auswirkungen Stabilisie-
rungspolitik in der von mir beschriebenen Form haben
kann. Deshalb stelle ich Ihnen die Frage: Haben auch Sie
daraus gelernt und Ihre Position verändert? Nein, das
Gegenteil ist der Fall. Sie wollen jetzt noch zur Unter-
drückung der dortigen Bevölkerung 200 Kampfpanzer
nach Saudi-Arabien liefern. Das halte ich für unerträg-
lich.





Heidemarie Wieczorek-Zeul


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Elf Jahre haben Sie auf Ihrem Sessel gesessen und keinen Mucks gemacht! Jetzt blähen Sie die Backen auf!)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1713308600

Sehr geehrte Frau Kollegin, ich habe bewusst nicht

Sie alleine angesprochen, sondern die Handelnden in der
damaligen Regierung. Ich bin davon ausgegangen – hof-
fentlich auch zu Recht –, dass Sie, alle vier, die ich ange-
sprochen habe,


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sie ist die größte Heuchlerin!)


sich damals sehr wohl intensiv Gedanken gemacht haben
und nach der Abwägung der Pros und Kontras zu dem
Schluss gekommen sind, die Rüstungsexporte zu geneh-
migen. Mehr habe ich hier im Augenblick nicht ange-
sprochen.

Es sind jeweils Einzelentscheidungen. Die Genehmi-
gungen müssen die verschiedenen Aspekte berücksichti-
gen. Der Export von Rüstungsgütern hat sehr wohl – das
ist natürlich ohne jeden Zweifel – Auswirkungen in der
Region. Aber wir müssen uns vergegenwärtigen, dass
auch der Nichtexport von Rüstungsgütern Auswirkun-
gen haben kann. Dies ist in jedem Einzelfall abzuwägen.

Hier ist die Bundesregierung exekutiv verantwortlich
– das ist gar keine Frage –, aber die Arbeitsteilung funk-
tioniert nicht, dass wir hier im Parlament für das Gute
und Schöne dieser Welt zuständig sind – speziell dann,
wenn man in der Opposition ist – und dass die Grauzone,
die Interessenvertretung und die schwierige Abwägung,
also die unangenehmen Entscheidungen, ausschließlich
bei der Bundesregierung liegen. Nein, auch wir Parla-
mentarier müssen uns mit diesen Themen inhaltlich aus-
einandersetzen, und das tun wir.


(Klaus Barthel [SPD]: Hinterher! Wenn es zu spät ist!)


Das tun auch Sie; das ist wunderbar.

Ich habe nichts gegen die Debatte, die Sie hier führen,
aber, Herr Barthel, bei Ihnen habe ich einige Widersprü-
che festgestellt. Sie sagten, dass auch Sie für Beschäfti-
gung sind. Ich gehe davon aus, dass mit Ausnahme der
Linken alle übrigen vier Parteien dafür sind, dass die
Bundeswehr nach wie vor existiert. Eine Bundeswehr
ohne Waffen ist relativ sinnfrei, also wird die Bundes-
wehr auch in Zukunft mit Waffen auszustatten sein. Die
Bundeswehr schrumpft.


(Klaus Barthel [SPD]: Ja!)


Die Frage, die wir uns stellen müssen, Herr Barthel – diese
Frage müssen Sie sich genauso stellen, wie ich und
meine Kollegen sie sich stellen müssen –, lautet: Sind
wir der Meinung, dass es sinnvoll ist, dass die Bundes-
wehr in Zukunft ausschließlich mit Importwaffen ausge-
rüstet wird, oder sind wir der Meinung, dass es sinnvoll
ist, dass wir auch in Zukunft in Deutschland eine wehr-
technische Industrie haben, die auch die Bundeswehr
ausrüstet?


(Klaus Barthel [SPD]: Aber nicht, dass das, was die Bundeswehr nicht mehr braucht, exportiert wird!)


Der Teil des Hauses, der die Koalition bildet, kommt
zum heutigen Tage jedenfalls zu dem Schluss, dass die
Aufrechterhaltung einer wehrtechnischen Industrie in
Deutschland durchaus in unserem eigenen außen- und si-
cherheitspolitischen Interesse ist; sie ist also nicht nur,
aber auch in unserem wirtschaftlichen Interesse.


(Klaus Barthel [SPD]: Wir brauchen also die Exporte nach Saudi-Arabien, damit die Bundeswehr ausgerüstet werden kann?)


Herr Barthel, Sie kommen aus dem schönen Ort Ko-
chel am See.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ja! Der ist sehr schön!)


Ich kann aber nicht davon ausgehen, dass in Zukunft auf
dem schönen Kochelsee deutsche U-Boote eingesetzt
werden können oder dass der Gemeinderat von Kochel
deutsche U-Boote einsetzt.


(Heiterkeit bei der FDP – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Und Panzer!)


Von daher müssen wir uns schon überlegen, wohin wir
diese U-Boote verkaufen können.


(Klaus Barthel [SPD]: Genau! Nach Griechenland, oder? – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Da wären U-Boote sinnvoll!)


Meine Damen und Herren, wir müssen jeweils eine
Abwägungsentscheidung treffen. Ich rege an, dass wir
uns über die Zielkonflikte und Interessenkonflikte, die es
ohne Zweifel gibt, im Parlament intensiv auseinander-
setzen. Aber für das Handeln ist die Exekutive zustän-
dig. Wir haben großes Vertrauen, dass diese Bundesre-
gierung in ähnlicher Offenheit und vor allen Dingen mit
ähnlicher Gewissenhaftigkeit handelt, wie es die vergan-
genen Regierungen getan haben. Insofern besteht für
Aufregung keinerlei Anlass.

Schönen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713308700

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

Kollegen Hans-Christian Ströbele.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Oh nein! Nicht schon wieder!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Stinner, Sie haben sich in unsere Frak-
tionsangelegenheiten eingemischt


(Lachen bei der FDP)






Hans-Christian Ströbele


(A) (C)



(D)(B)

und behauptet, ich hätte für die heutige Debatte kein Re-
derecht bekommen. Das ist nicht wahr. Mir ist Rederecht
angeboten worden. Ich habe es aber nicht gewollt,


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Na dann: Hinsetzen! Danke schön!)


weil ich dachte, dass die Kollegin Keul, die in unserer
Fraktion für dieses Thema federführend zuständig ist,
acht Minuten Redezeit braucht, um ausführlich darzu-
stellen, was wir mit unseren zwei Anträgen beabsichti-
gen. Das ist aber nicht der Grund, warum ich mich ge-
meldet habe.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Los, nächstes Thema! Schnell!)


Sie haben angekündigt, dass Sie, die FDP-Fraktion,
und möglicherweise auch Teile der CDU/CSU-Fraktion,
die Rolle der Grünen und von Teilen der SPD-Fraktion
unter Rot-Grün einnehmen wollen. Ich finde, das ist eine
sehr gute Idee. Dann fordere ich Sie aber auf: Handeln
Sie so, wie wir unter Rot-Grün gehandelt haben! Auch
damals ging es um eine Panzerlieferung, die von der
Bundesregierung noch nicht genehmigt, aber gewollt
war. Damals sollten 1 000 Panzer in die Türkei geliefert
werden. In der Öffentlichkeit fanden viele Diskussionen
darüber statt. Die grüne Fraktion und zahlreiche Mitglie-
der der SPD-Fraktion haben gesagt: Das geht nicht. Da-
bei machen wir nicht mit. Das darf unsere Regierung
nicht machen.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Möchten Sie die Zahlen noch mal haben? Sie möchten es wohl immer wieder hören!)


Der Erfolg dieser standhaften Haltung besteht darin,
dass bis heute nur einer der 1 000 Panzer geliefert wor-
den ist, ein Demonstrationspanzer.

Ich fordere Sie auf: Machen Sie bitte dasselbe, wenn
es um die Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien geht!
Sie haben dafür viel mehr Gründe, als wir sie hatten, als
es damals um die Panzerlieferungen in die Türkei ging.
Stehen Sie auf, seien Sie mann- und frauhaft und sagen
Sie: Bundesregierung, das ist unmöglich. Das ist ein Ver-
rat an den Prinzipien, auf die sich die Fraktionen und Re-
gierungen geeinigt haben. Das wäre ein grober Verstoß
gegen die Menschenrechte. – Stehen Sie auf, halten Sie
durch, und fordern Sie Ihre Regierung auf, diese Panzer-
lieferungen endgültig zu stornieren!


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Oder wollen Sie, dass Ihr Außenminister nach all
dem, was man ihm schon jetzt vorwirft, eines Tages nach
Saudi-Arabien oder nach Bahrain reisen und den Men-
schen klarmachen muss, warum mit Panzern, die
Deutschland geliefert hat und deren Lieferung Sie zuge-
stimmt haben, dort Demokratiebewegungen niederge-
walzt und blutig niedergeschlagen worden sind? Wollen
Sie, dass der Außenminister – der jetzige oder wer auch
immer dann Außenminister sein mag – in eine solche Si-
tuation kommt? Das können Sie nicht wollen. Deshalb:
Verhindern Sie diese Panzerlieferungen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713308800

Herr Stinner, bitte, zur Erwiderung.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1713308900

Vielen Dank. – Herr Ströbele, vielen Dank für die In-

formation zu Ihrem Rederecht. Ich warte dann auf wei-
tere feurige Reden von Ihnen im Namen Ihrer Fraktion
im Deutschen Bundestag in den nächsten Wochen und
Monaten.

Zu dem anderen Thema. Ich kann Ihnen versichern,
dass wir Sie uns unter gar keinen Umständen zum Bei-
spiel nehmen werden. Ich kann Ihnen versichern, dass
wir bei unserer Linie bleiben werden: Wir werden an den
Forderungen, die wir in Oppositionszeiten erhoben ha-
ben, und an dem Verhalten, das wir damals zum Thema
Rüstungsexporte an den Tag gelegt haben, in unserer Re-
gierungszeit festhalten.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Richtig!)


Ich kann Ihnen versichern, dass wir Ihrem Beispiel nicht
folgen werden. Sie haben große Reden gehalten. Aber
Ihre Vertreter in der Bundesregierung haben sämtlichen
Rüstungsexporten zugestimmt, auch denen in die kriti-
schen Länder, um die es heute geht. Dieses Verhalten
werden wir uns nicht zum Beispiel nehmen. Wir werden
die schwierigen Abwägungsentscheidungen jeweils in
voller Verantwortung treffen. Sie sind für uns kein Bei-
spiel, weder heute noch morgen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713309000

Der Kollege Dr. Rolf Mützenich hat jetzt das Wort für

die Fraktion der SPD.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1713309100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich finde, das ist eine wichtige und in weiten
Teilen auch eine sehr ernsthaft geführte und angemes-
sene Debatte. Ich danke dem Kollegen Fritz und auch
anderen Kollegen, die im Rahmen der Möglichkeiten ei-
nes frei gewählten Abgeordneten immer wieder versu-
chen, über das hinauszugehen, was in den Fraktionen
und vielleicht auch in der Koalition möglich ist.

Umso überraschter war ich, als ich gestern Abend auf
www.tagesschau.de ein Gespräch nachgelesen habe, das
das Verteidigungsministerium mit der Rüstungsindustrie
offensichtlich geführt hat. In diesem Interview antwor-
tete der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der
Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Herr
Adamowitsch, auf Fragen des ARD-Hauptstadtstudios.
Ich zitiere ihn:

Klar ist, wenn weniger bestellt wird, hat das auch
Konsequenzen für die Unternehmen, für den Zulie-
ferer-Bereich und wir werden dann mit dem Vertei-





Dr. Rolf Mützenich


(A) (C)



(D)(B)

digungsministerium auch über die Frage von Ex-
port nachdenken, wo wir sicherlich Unterstützung
brauchen, aber auch zugesagt bekommen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere des
Kabinetts und des Verteidigungsministeriums, erklären
Sie uns heute hier im Parlament, was Sie der Rüstungs-
industrie gestern Abend zugesagt haben!


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Kollege Kossendey, sehr geehrte Da-
men und Herren von den Koalitionsfraktionen, Sie be-
lasten eine wichtige Bundeswehrreform und betreiben
ein Koppelgeschäft, das weder politisch noch moralisch
zulässig ist. Ich finde, Sie müssen hierzu heute noch
Stellung nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das verlangen wir und auch dieses Parlament.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt in der Tat einen unmittelbaren Zusammen-
hang – Herr Stinner, das ist richtig – zwischen einer de-
mokratischen Außenpolitik, also der Außenpolitik eines
demokratischen Staates, und einer transparenten Rüs-
tungsexportpolitik. Deswegen sollten Regierung und
Parlament in dieser Frage zusammenwirken. Auch ich
will nicht, dass das Parlament einzelne Rüstungsge-
schäfte genehmigt, ich will aber mehr Informationen. Ich
will gar nicht hören, was Frau Merkel und Herr
Westerwelle im Bundessicherheitsrat im Einzelnen mög-
licherweise gesagt haben; aber wenn die Entscheidung
getroffen worden ist, dann müssen Sie hier Rede und
Antwort stehen und erklären – sowohl gegenüber dem
Parlament als auch gegenüber der Öffentlichkeit –, wa-
rum Sie einem so sensiblen Geschäft, wie 200 Panzer
nach Saudi-Arabien zu liefern, zugestimmt haben.

Deshalb haben wir heute hier erneut einen Antrag
vorgelegt, mit dem wir unseren Antrag vom März wie-
der aufgenommen haben, worin wir beantragt haben,
über die Beweggründe informiert zu werden. Wenn Sie
als Bundesregierung uns über diese Beweggründe infor-
mieren müssten, dann bräuchten Sie auch nicht wieder
Hilfsargumente einzuführen, die ich persönlich wirklich
als hochpeinlich empfunden habe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Bundesregierung hat Israel für ein Rüstungsge-
schäft mit Saudi-Arabien als Argument angeführt. Das
war weder der Situation noch den Herausforderungen,
vor denen wir zurzeit in der arabischen Welt stehen, an-
gemessen. Nehmen Sie dieses Rüstungsgeschäft Ende
des Jahres, wenn Sie wieder darüber befinden werden,
zurück!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht nicht nur um Beteiligung und Begründung. Sie
sollten sich insbesondere auch die Erfahrungen aus ande-
ren Parlamenten zum Vorbild nehmen. Mehr machen wir
doch auch nicht, Herr Stinner, weil auch wir Fehler ge-
macht haben. Wir glauben, dass die Rüstungsexportricht-
linien richtig sind, aber jetzt aufgrund der Erfahrungen
der Überarbeitung bedürfen. Deshalb versuchen wir,
diese Informationen zu bekommen. In Schweden, in
Großbritannien, in den USA und in anderen Ländern ist
das der Fall. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, als
dass Parlament und Öffentlichkeit informiert werden,
fordern wir hier.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich glaube, das ist richtig und hilft einer demokratischen
Außenpolitik weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir heute über Rüstungsexporte sprechen, dann
dürfen wir meiner Meinung nach nicht nur über die An-
bieterseite reden, sondern wir müssen auch über die
Seite der Nachfrager diskutieren. Das betrifft insbeson-
dere den Nahen und Mittleren Osten. Der Nahe und
Mittlere Osten ist in der Tat ein Pulverfass, das nicht an
zu wenig Rüstung, sondern an zu viel Rüstung leidet.
Wir haben über die Panzerlieferungen gesprochen. Wir
haben hier schon über den 240-Milliarden-Deal gespro-
chen, den die USA mit Saudi-Arabien abgeschlossen ha-
ben. Ich finde, wenn wir eine Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik in Europa betreiben, dann müssen wir
versuchen, genau das Prinzip einzuführen, das Europa
sicherer gemacht hat, nämlich Abrüstung und Rüstungs-
kontrolle.

Es ist mein Angebot vonseiten der Opposition, zu-
sammen mit den Parlamentariern und auch dieser Bun-
desregierung zu sagen: In dieser Region ist Vertrauens-
bildung notwendig, sind konventionelle Abrüstung und
Rüstungskontrolle notwendig, ist ein Frieden zwischen
Israel und Palästina existenziell. Es geht nicht nur um
Rüstung und Rüstungsexporte, sondern auch um Abrüs-
tung. Beide Dinge gehören zusammen und müssen heute
auf den Tisch.

Das ist doch auch der Grund, warum wir so froh über
das sein müssen, was junge und mutige Menschen in der
arabischen Welt vorantreiben. Es geht nicht allein um
Demokratie, sondern auch um freiere und gerechtere Ge-
sellschaften. Unsere Erfahrung ist: Freiere, gerechtere,
demokratischere Gesellschaften sind der Abrüstung und
Rüstungskontrolle zugeneigter.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen setzen wir große Hoffnungen in das, was dort
passiert. Es geht letztlich auch um Europa und um das
Thema, das wir heute hier behandeln, um Rüstungs-
exporte. Wir als Parlament, das demokratische Außen-
politik will, haben aufgrund dieser Veränderungen die
Chance, das Thema „Abrüstung und Rüstungskontrolle“
dort einzubringen.

Es gibt dazu Initiativen in dieser Region, die langsam
wachsen. Der Golfkooperationsrat hat sich dafür ausge-
sprochen, eine kernwaffenfreie Zone im Persischen Golf
einzurichten. Unterstützen wir ihn dabei!





Dr. Rolf Mützenich


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, das ist richtig. Darüber müssen wir mit den
Franzosen und den Briten sprechen. Wenn die Vollver-
sammlung der Vereinten Nationen im Rahmen der Über-
prüfungskonferenz zum Kernwaffensperrvertrag ent-
schieden hat, eine von Massenvernichtungswaffen freie
Zone im gesamten Nahen und Mittleren Osten zu instal-
lieren, dann bedarf dies der Unterstützung dieses Parla-
ments, aber auch dieser Regierung. Wir werden dann
nicht mehr nur über Rüstungsexporte diskutieren müs-
sen, sondern auch darüber, dass in dieser Region weni-
ger Rüstung insgesamt besser ist. Insofern dürfen wir
diese Region nicht mit mehr Waffen ausstatten. Wenn es
gelingt, Transparenz und Zurückhaltung bei Rüstungs-
exporten zu erreichen und das Instrument „Abrüstung und
Rüstungskontrolle“ einzuführen, haben wir mehr davon.
Dann stärken wir eine demokratische Außenpolitik.

Wir wollen dazu beitragen. Deswegen haben wir die-
sen Antrag vorlegt. Ich hoffe, dass Sie diesem Antrag
zustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713309200

Für die CDU/CSU hat der Kollege Dr. Reinhard

Brandl jetzt das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713309300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Im Hintergrund dieser Debatte steht die mögliche
Lieferung von Panzern nach Saudi-Arabien. Über diesen
Vorgang liegen keine offiziellen Fakten vor; über ihn
wird, ausgehend von der Presseberichterstattung, munter
spekuliert.


(Klaus Barthel [SPD]: Räumen Sie doch auf mit den Spekulationen!)


Ich kann dazu nichts sagen, weil ich genauso wenig
wie Sie über den Vorgang informiert bin. Diejenigen, die
dazu etwas sagen könnten, die Mitglieder des Bundes-
sicherheitsrats, dürfen dazu nichts sagen, weil sie zur
Geheimhaltung verpflichtet sind.


(Klaus Barthel [SPD]: Das ist das Problem! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie doch dem Antrag zu!)


Ich gebe Ihnen recht: Das ist eine unbefriedigende Situa-
tion.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


Aber das heißt nicht, dass sich die Mitglieder des Bun-
dessicherheitsrats niemals für ihre Entscheidungen
rechtfertigen und verantworten müssen. Sollte eine sol-
che Lieferung tatsächlich stattfinden, wird sie natürlich
veröffentlicht:


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn? – Klaus Barthel [SPD]: Anderthalb Jahre später!)


erstens im jährlichen Rüstungsexportbericht – Frau
Keul, ich bin mit Ihnen einig, dass dieser schneller vor-
liegen sollte –, zweitens über Pressemitteilungen, sofern
es sich bei dem Lieferanten um ein börsennotiertes Un-
ternehmen handelt, und drittens natürlich über die Me-
dienberichterstattung. Eine Lieferung von Panzern oder
ähnlichem Gerät lässt sich doch gar nicht geheim halten.


(Klaus Barthel [SPD]: Warum erfahren es die Medien und wir nicht?)


Es geht also nicht darum, grundsätzlich etwas zu ver-
heimlichen.

Die Frage ist, ob es tatsächlich in unserem deutschen
Interesse wäre, wenn wir im Deutschen Bundestag be-
reits im Vorfeld eines möglichen Auftrags über das Für
und Wider diskutierten, so wie es hier in Ansätzen ver-
sucht wird. Ich meine, nein. Das möchte ich auch be-
gründen: Dadurch, dass Anfragen und Voranfragen ge-
heim behandelt werden, behält die Regierung einen
größeren Entscheidungsspielraum. Sie hat dadurch ins-
besondere eine größere Freiheit, auch einmal Nein zu sa-
gen. Wenn jede Anfrage veröffentlicht würde, wäre jede
Ablehnung eine öffentliche Brüskierung des betreffen-
den Landes. Das wäre vor allem innenpolitisch öffent-
lichkeitswirksam. Für jede weitere Zusammenarbeit mit
dem Land und damit auch für die Möglichkeit der Ein-
flussnahme, um dort wirklich etwas zu verändern, wäre
das sicherlich nicht hilfreich.

Unsere großen Partnerländer – ich nenne als Beispiel
die USA – treiben es genau andersherum auf die Spitze.
Sie nutzen die Lieferung von Rüstungsgütern, um Ein-
fluss zu nehmen und Abhängigkeiten zu schaffen. Denn
für jedes komplexere Waffensystem braucht ein Land für
den langfristigen Betrieb die Logistik, die Wartung und
die Ersatzteile vom Lieferanten. Wenn es ein System im-
portiert, ist es abhängig von der Zustimmung des Lan-
des, das exportiert.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713309400

Herr Kollege, möchten Sie eine Frage von Frau Keul

zulassen?


Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713309500

Gern.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713309600

Das ist der Fall. – Bitte schön.


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713309700

Vielen Dank. – Herr Kollege Brandl, Sie haben ge-

rade gesagt, wir könnten hier nicht öffentlich über ableh-
nende Entscheidungen sprechen, weil das diplomati-
schen Schaden verursachen würde. Glauben Sie denn,
dass der diplomatische Schaden in irgendeiner Weise





Katja Keul


(A) (C)



(D)(B)

größer wäre, als wenn wir zum Beispiel über den Men-
schenrechtsbericht der Bundesregierung sprechen, in
dem Menschenrechtsverletzungen in all diesen Ländern
haarklein aufgeführt sind?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713309800

Es geht mir nicht darum, die Themen, die Sie anspre-

chen, nicht öffentlich anzusprechen und im Parlament zu
debattieren. Was ich sage, ist, dass, wenn wir im Vorfeld
über solche Anfragen – es werden sehr viele Anfragen
gestellt, im Jahr ungefähr 16 000 – immer debattierten
und sie auch auswählten, der Entscheidungsspielraum,
den die Regierung hat – einmal sagt sie Nein, einmal Ja,
vielleicht stellt sie auch einmal Bedingungen –, verklei-
nert würde.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das wollen wir ja!)


– Aber ich glaube nicht, dass es immer in Ihrem Inte-
resse ist, diesen Entscheidungsspielraum zu verkleinern.

Unabhängig davon geht es bei der Frage, ob wir über
Anfragen nach Rüstungsgütern öffentlich oder nichtöf-
fentlich debattieren, nicht nur um die Abhängigkeiten an-
derer Länder, sondern indirekt auch um unsere eigene na-
tionale Souveränität. Denn unabhängig von der Chance
auf Genehmigung würde doch kein Land mehr bei einem
deutschen Unternehmen anfragen, wenn es wüsste, dass
diese Anfrage dann Gegenstand einer öffentlichen De-
batte würde. Hinter einer solchen Anfrage stecken ja im-
mer auch langfristige nationale Sicherheitsinteressen und
strategische Überlegungen, die man nicht auf dem Markt
ausgetragen haben möchte. Zudem würden mit der Öf-
fentlichkeit mögliche Wettbewerber unterrichtet, die ihre
Aktivitäten entsprechend darauf abstellen könnten.

Wenn man möchte, dass aus Deutschland grundsätz-
lich kein Rüstungsexport mehr stattfindet, dann kann
man ein solches Verfahren wählen. Dann muss man ehr-
licherweise aber dazusagen, dass man keine wehrtechni-
sche Industrie mehr in Deutschland haben möchte. Ohne
die grundsätzliche Möglichkeit zum Export könnte kein
Unternehmen der Branche existieren. Der nationale
Markt ist dafür viel zu klein.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713309900

Herr Kollege, der Kollege Duin möchte Ihnen eine

Zwischenfrage stellen. Möchten Sie die zulassen? –
Bitte schön.


Garrelt Duin (SPD):
Rede ID: ID1713310000

Vielen Dank. – Herr Kollege Dr. Brandl, bevor Sie

zum Schluss kommen: Der Kollege Mützenich hat ge-
rade ein Thema angesprochen, das ich für von besonde-
rer Bedeutung halte. Deswegen frage ich Sie: Können
Sie uns aufklären, was gestern Abend zwischen dem
Verteidigungsminister und der Rüstungsindustrie verab-
redet wurde? Mich interessiert insbesondere, was darun-
ter zu verstehen ist, die sich aus der Bundeswehrreform
ergebenen Veränderungen würden kompensiert, eventu-
ell durch verstärkten Export.


Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713310100

Nein, ich kann Sie nicht aufklären. Ich war bei dem

Gespräch nicht dabei.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sprechen Sie nicht mit dem Verteidigungsminister? – Klaus Barthel [SPD]: Aber was ist denn Ihre Haltung dazu?)


– Mir geht es nicht grundsätzlich darum, mit der Rüs-
tungsindustrie Arbeitsplätze zu erhalten. Einen Arbeits-
platzverlust könnten wir volkswirtschaftlich verkraften.
Nicht so einfach verkraften könnten wir aber den Verlust
technologischer Fähigkeiten


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Richtig!)


und den damit verbundenen Verlust an nationaler Souve-
ränität.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Denn dann wären wir bei der Kernaufgabe unseres Staa-
tes, der Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit,
plötzlich abhängig vom guten Willen anderer Länder.
Das ist nicht im Interesse Deutschlands.

Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass wir je-
den Export genehmigen müssen. Im Gegenteil: Wir ver-
folgen sogar eine restriktive Exportpolitik. Die Bundes-
regierungen der letzten Jahrzehnte haben deswegen ein
Verfahren entwickelt, um die verschiedenen Interessen
der Außenpolitik, der Menschenrechte, der Wirtschaft,
des Parlaments und der Öffentlichkeit in vernünftiger
Weise auszubalancieren.

Die jetzige Regierung hat das Verfahren und die zu-
grunde liegenden Richtlinien unverändert von Rot-Grün
übernommen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713310200

Möchten Sie noch eine Frage von Herrn Barthel zu-

lassen? – Nein.


Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713310300

Die Entscheidungen erfolgen einzelfallbezogen unter

besonderer Berücksichtigung der außenpolitischen Si-
tuation und der Menschenrechtslage im Empfängerland.
Jede Regierung ist damit bisher verantwortungsvoll um-
gegangen. Das gilt auch für die Regierung von Angela
Merkel.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713310400

Johannes Selle hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) (C)



(D)(B)


Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1713310500

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Für mich ist es nicht einfach, zu diesem
Thema zu sprechen; denn als Mitglied im Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
möchte ich gern beim Aufbau einer friedlicheren Welt
mitarbeiten, die Potenzen Deutschlands in Technologie
und Wirtschaft dafür nutzen und Demokratie und Men-
schenrechte fördern.


(Beifall bei der SPD)


Ich sehne mich nach einer Welt ohne Waffen, ohne
Furcht und ohne Feindschaft.

Es ist klar: Waffen verschärfen Konflikte. Also lautet
die einfache Lösung: keine Waffen. So einfach sieht die
Welt von links aus, wie die zahlreichen Anträge zeigen.
So einfach ist die Welt aber nicht. Grundlage für die Ent-
scheidung über Rüstungsexporte sind die sehr restrikti-
ven politischen Grundsätze der Bundesregierung für den
Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern
und die gemeinsamen Regeln für die Kontrolle der Aus-
fuhr von Militärtechnologie und Militärgütern des Rates
der Europäischen Union. Der Kollege Stinner hat ein-
drücklich daraus zitiert. So wird es auch in den Vorbe-
merkungen der Anträge von SPD und Grünen gesehen.
Diese Grundsätze sind wesentlich unter Grün mitgestal-
tet und von der Bundesregierung nicht aufgeweicht, son-
dern fortentwickelt worden. Aufgrund dieser Regelun-
gen sind Rüstungsexporte in die kritischen Regionen
zurzeit ausgesetzt.

Bei dem Versuch, demokratische Staaten aufzubauen
– insbesondere nach einem Regimewechsel –, geht es
nicht nur um Bildungsstrukturen, Brunnenbohren und
Impfkampagnen, sondern ganz zu Beginn um die Schaf-
fung von Sicherheitsstrukturen, den Aufbau einer demo-
kratischen Polizei und Armee und um Grenzsicherung.


(Klaus Barthel [SPD]: Dafür brauchen wir in Saudi-Arabien Panzer?)


Nicht vergessen werden darf die Terrorismusbekämp-
fung, bei der man auf immer stärkere Waffen trifft.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mit Panzern in Saudi-Arabien!)


Das wird auch in Nordafrika so sein. Es stellt sich
schon die Frage, warum für diese Länder ein grundsätz-
liches Waffenexportverbot gelten soll. Auch werden wir
das Recht eines Landes auf Selbstverteidigung nicht auf-
geben können. Leider muss auch die zunehmende Pirate-
rie in manchen Regionen der Welt erwähnt werden, de-
ren Bekämpfung im Interesse aller ist.

Das Thema Rüstungsexport ist vielgestaltig und nicht
leicht abzugrenzen. Bei internationalen Kooperationen
erreichen deutsche Zulieferungen für Rüstungsprodukte
über andere Staaten kritische Regionen. Zu diesen Gü-
tern werden im Übrigen auch Motoren, Getriebe, Fern-
rohre und teilweise sogar Sitze gezählt. Problematisch
sind die Lizenzen für die Produktion von Produktteilen
oder vollständigen Produkten.
Wenn von einer vertrauensvollen internationalen Zu-
sammenarbeit ausgegangen werden kann, dann werden
auch Wünsche nach Produkten der deutschen Rüstungs-
industrie geäußert. In der Vergangenheit sind möglicher-
weise Entscheidungen getroffen worden, die im Lichte
der weiteren Entwicklung zu bedauern sind. Im politi-
schen Handeln wird das wohl nie gänzlich zu vermeiden
sein, obwohl deutsche Entscheidungen sorgfältig abge-
wogen werden. Die deutsche Politik zieht aus solchen
Fällen Lehren. Auf jeden Fall ist der Vorwurf einer un-
kritischen Beurteilung ungerechtfertigt.

So einfach, wie es im Antrag der Grünen steht, ist es
nicht. Dort heißt es:

Durch deutsche Rüstungslieferungen werden oft
noch Jahre und Jahrzehnte nach der erfolgten Liefe-
rung bestehende Spannungen und Konflikte ausge-
löst …


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


So einfach ist die Welt nicht. Diese vereinfachende
Sichtweise können wir vernünftigerweise nicht überneh-
men.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine sehr komplexe Sichtweise!)


Das Fehlen deutscher Waffen führt bestimmt nicht dazu,
dass Konflikte beseitigt werden. Waffen werden von
Menschen eingesetzt. Es ist ein langer und mühevoller
Weg, Menschen davon zu überzeugen, dass die friedli-
che Lösung von Konflikten und die Überbrückung unter-
schiedlicher Auffassungen für die Menschen und die Na-
tur besser wären.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713310600

Herr Selle, möchten Sie eine Zwischenfrage des Kol-

legen Duin zulassen?


Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1713310700

Nein, das möchte ich nicht.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Warum nicht?)


Dem stehen starke Kräfte wie Macht, Einfluss und
Geld gegenüber. Gerade am Beispiel Libyens können
wir sehen, wie vor keiner Gräueltat haltgemacht wird,
um Macht zu retten. Wir werden es leider nicht erleben,
dass Waffen auf der Erde keine Rolle mehr spielen.

Der politischen Realität am nächsten kommt noch der
Antrag der SPD in seiner Kürze. Aber aus ihm weht uns
das Misstrauen gegenüber der Regierung entgegen,
wenn er von einer Hintertür spricht, die es gebe. Herr
Kollege Barthel hat dieses Misstrauen explizit ausge-
drückt. Es gehört zum bekannten parlamentarischen Ver-
halten, dass die Opposition der Regierung misstraut.
Dem Verhalten werden wir nicht folgen. Sorgfältige Ab-
wägung, europäische und internationale Abstimmungen
und auch kritische Begleitung sind dem Thema ange-
messen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) (C)



(D)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713310800

Andreas Lämmel hat jetzt das Wort für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es wäre für den Redner wunderbar, wenn wir noch et-
was ruhiger sein könnten, als wir es schon sind.


Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1713310900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Das ist die fünfte Debatte zum Thema Rüstungs-
exporte in diesem Jahr, und es soll immer noch etwas
Neues geben.


(Klaus Barthel [SPD]: Und nicht die letzte!)


– Es ist noch nicht die letzte. Wir haben noch zwei Mo-
nate und fünf Sitzungswochen. Ich denke, es wird schon
noch ein interessanter Antrag von Ihnen kommen.

In der ganzen Debatte sind keine wirklich neuen Ge-
sichtspunkte aufgetaucht. Ich möchte darauf hinweisen,
dass sich Deutschland eine strenge Selbstbeschränkung
bei Rüstungsexporten auferlegt hat.


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Wo denn? Wann denn?)


Diese politischen Grundsätze der Bundesregierung wur-
den im Jahr 2000 beschlossen. Liebe Kolleginnen und
Kollegen von der SPD und von den Grünen, es sind also
die Grundsätze einer rot-grünen Regierung. Wenn Sie
diese Grundsätze jetzt kritisieren, dann kritisieren Sie Ihr
eigenes Tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Katja Keul [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir kritisieren nicht die Grundsätze! Sie halten sich nicht daran!)


In diesen Grundsätzen ist auch die jährliche Vorlage ei-
nes Rüstungsexportberichts enthalten. Sie hätten damals
die Möglichkeit gehabt, den Rüstungsexportbericht vier-
teljährlich erstellen zu lassen. Sie haben es nicht ge-
macht. Also bitte: Die Kritik läuft erst einmal ins Leere,
auch wenn ich zugebe, dass der jährliche Rüstungs-
exportbericht dem Parlament natürlich wesentlich zeit-
näher überstellt werden könnte.


(Klaus Barthel [SPD]: Wohl wahr!)


Wenn man sich einmal die Struktur der deutschen
Rüstungsexporte anschaut, dann stellt man fest, dass
über die Hälfte aller Exporte in europäische Staaten ge-
hen, in NATO-Staaten oder in der NATO gleichgestellte
Länder. Der Anteil von Waffenexporten in Entwick-
lungsländer liegt unterhalb von 10 Prozent. Das muss
man ganz einfach zur Kenntnis nehmen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist relativ!)


Ich will noch auf zwei Aspekte kurz eingehen. Zum
einen an die Linken gerichtet: In Ihren Reihen sitzen
noch genügend Kolleginnen und Kollegen, die früher
Mitglied der SED waren. Sie erinnern sich vielleicht an
den 3. Dezember 1989, als in Kavelstorf bei Rostock ei-
nes der größten Waffenlager ausgehoben wurde, das
Herr Schalck-Golodkowski damals unterhalten hat.
Wenn man sich die Liste der belieferten Staaten an-
schaut,


(Zuruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linken,
dann sieht man, dass Sie die Staaten, die Sie heute in Ih-
ren Anträgen aufführen, mit Waffen in Größenordnun-
gen aller Kaliber – mit leichten Waffen, mit schweren
Waffen, mit Panzern – beliefert haben.


(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)


Die DDR hat dazu beigetragen, dass die Welt mit Waffen
überschwemmt wurde. Da können Sie doch jetzt nicht
den Friedensengel spielen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wer im Glashaus sitzt, sollte schon gelegentlich einmal
darüber nachdenken, mit welchen Aktionen man an die
Öffentlichkeit tritt.

Nun hat sich Herr Mützenich über das Interview erei-
fert, das gestern im Rahmen der ARD gelaufen ist. Ich
bin bei dem Gespräch natürlich auch nicht dabei gewe-
sen;


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber?)


aber zwei Dinge muss man doch einmal festhalten.

Da wurde Herr Adamowitsch, Hauptgeschäftsführer
des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und
Verteidigungsindustrie, angesprochen. Daran kann man
natürlich sehen, wie kurz der Weg von einem sozialde-
mokratischen Staatssekretär zum Waffenlobbyisten ge-
worden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Herr Adamowitsch ist Mitglied der SPD und war auch
Staatssekretär für die SPD. Verehrte Kolleginnen und
Kollegen von der SPD, Sie werden doch Herrn
Adamowitsch nicht unterstellen, dass er illegale Ge-
schäfte betreibt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Darum geht es gar nicht!)


Aber Ihre Unterstellung, dass der deutsche Außen-
minister die wehrtechnische Industrie dahin gehend un-
terstützt, illegale Geschäfte zu machen, finde ich schon
ein starkes Stück, muss ich Ihnen sagen. Das geht,
glaube ich, etwas zu weit; das sollten Sie zurücknehmen.
Es geht ja nicht bloß darum, dass Waffen exportiert wer-
den; es werden auch Leistungen exportiert, zum Beispiel
Ausbildungsleistungen. Es geht sehr viel in unsere Part-
nerländer, in NATO-Staaten. An einem solchen Inter-
view festzumachen, es ginge hier um illegale Geschäfte,
das sollte die SPD nicht weiterverfolgen. Auch der Bun-
deswirtschaftsminister setzt sich im internationalen
Maßstab für Exporte deutscher Unternehmen in die Welt
ein – und das erwarten wir auch von ihm.

Zusammenfassend sage ich: Die Debatte heute hat
nicht viel Neues erbracht. Die Anträge, die gestellt wor-
den sind, sind schon genügend kommentiert worden. Ich





Andreas G. Lämmel


(A) (C)



(D)(B)

glaube, es ist Zeit, dass wir jetzt zur Abstimmung kom-
men.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713311000

Ich schließe die Aussprache.

Ich weise darauf hin, dass ausweislich des Protokolls
der Kollege Martin Lindner die Kollegin Wieczorek-
Zeul als Heuchlerin bezeichnet hat. Das weise ich als un-
parlamentarischen Ausdruck ausdrücklich zurück.

Wir kommen zu den namentlichen Abstimmungen
über 16 Anträge der Fraktion Die Linke, über den An-
trag der Fraktion der SPD und über den ersten Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, alle zur Rüstungs-
exportpolitik. Verabredet ist, diese insgesamt 18 nament-
lichen Abstimmungen auf einem Stimmzettel durch-
zuführen. Die Stimmzettel erhalten Sie, falls das noch
nicht geschehen ist, von den Parlamentsassistentinnen
und -assistenten hier im Saal. Schreiben Sie bitte zu-
nächst Ihren Namen und die Bezeichnung Ihrer Fraktion
deutlich für andere lesbar in Druckbuchstaben auf den
Stimmzettel. Stimmzettel, die keinen Namenszusatz ha-
ben, sind ungültig.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
fiehlt unter den Buchstaben a bis p seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 17/6335 die Ablehnung der An-
träge der Fraktion Die Linke. Bitte beachten Sie: Es ist
verabredet, dass unmittelbar über diese Anträge und
nicht über das jeweilige Votum der Beschlussempfeh-
lung abgestimmt wird. Sie stimmen also direkt über die
Anträge ab.

Zu dem Antrag der Fraktion der SPD sowie zu dem
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen liegen keine
Beschlussempfehlungen vor.

Auf dem Stimmzettel finden Sie eine Auflistung der
18 abzustimmenden Anträge. Sie können bei jedem ein-
zelnen mit Ja, Nein oder Enthaltung stimmen, indem Sie
das entsprechend ankreuzen. Einzelne Abstimmungen
mit mehr als einem Kreuz sind ungültig, auch solche, die
kein Kreuz enthalten.

Sie können die Kreuze auf Ihrem Stimmzettel gern an
Ihrem Platz machen. Nachdem Sie den Stimmzettel aus-
gefüllt haben, werfen Sie ihn bitte in eine der vorgesehe-
nen Urnen – sobald die Schriftführerinnen und Schrift-
führer das ermöglichen. Jene bitte ich, jetzt ihren Platz
einzunehmen. – Ich eröffne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das sei-
nen Stimmzettel nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen.

Da die vollständige Auswertung der Stimmzettel ei-
nen erheblichen Zeitaufwand erfordert, werden die
Schriftführerinnen und Schriftführer zunächst noch kein
zahlenmäßiges Ergebnis ermitteln, sondern nach Sich-
tung der Stimmzettel feststellen, ob die Anträge ange-
nommen oder abgelehnt wurden. Das vorläufige Ergeb-
nis dieser Abstimmung wird Ihnen später bekannt
gegeben.

Wir kommen jetzt zu Zusatzpunkt 3. Interfraktionell
wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 17/7355
an die Ausschüsse vorgeschlagen, die Sie in der Tages-
ordnung finden. – Damit sind Sie einverstanden. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Auf Verlangen der Fraktion Die Linke unterbrechen
wir wegen einer Fraktionssitzung die Plenarsitzung für
circa eine Stunde. Der Wiederbeginn der Sitzung wird
rechtzeitig durch Klingelsignal angekündigt.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 12.31 bis 13.41 Uhr)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713311100

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene

Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich komme zurück zu dem Tagesordnungspunkt 4 a

bis c. Die Schriftführerinnen und Schriftführer haben
mir mitgeteilt, dass die 16 Anträge der Fraktion Die
Linke auf den Drucksachen 17/5935 bis 17/5950, der
Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/7336
und der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/6931 zum Rüstungsexport mehrheitlich
abgelehnt worden sind. Das detaillierte Ergebnis der
namentlichen Abstimmung wird später im Stenografi-
schen Bericht veröffentlicht.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 a bis h sowie
den Zusatzpunkt 4 a und b auf:
31 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des EG-Verbraucherschutzdurchset-
zungsgesetzes und zur Änderung des
Unterlassungsklagengesetzes
– Drucksache 17/7235 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-

(ERPWirtschaftsplangesetz 2012)

– Drucksache 17/7236 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 17. Juni 2010 zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und
dem Ministerrat der Republik Albanien über
die Seeschifffahrt
– Drucksache 17/7237 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) (C)



(D)(B)

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neufas-
sung des Erdölbevorratungsgesetzes und zur
Änderung des Mineralöldatengesetzes
– Drucksache 17/7273 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Vergaberechts für die Bereiche Ver-
teidigung und Sicherheit
– Drucksache 17/7275 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 3. Februar 2011 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem König-
reich Spanien zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung und zur Verhinderung der Steuer-
verkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen
– Drucksache 17/7318 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

g) Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ausgleich für Radargeschädigte der Bundes-
wehr und der ehemaligen NVA
– Drucksache 17/7354 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ewa
Klamt, Albert Rupprecht (Weiden), Michael
Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Peter Röhlinger,
Dr. Martin Neumann (Lausitz), Sylvia Canel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Forschung zur Sicherung der weltweiten Er-
nährung
– Drucksache 17/6504 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

ZP 4 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Memet
Kilic, Beate Müller-Gemmeke, Ulrike Höfken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

zu den Vorschlägen der Europäischen Kom-
mission für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Bedingun-
gen für die Einreise und den Aufenthalt von
Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer kon-

(KOM endg.)

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Geset-
zes über die Zusammenarbeit von Bundes-
regierung und Deutschem Bundestag in Ange-
legenheiten der Europäischen Union
Richtlinie zur konzerninternen Entsendung
grundsätzlich überarbeiten
– Drucksache 17/4885 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Fritz Kuhn, Memet Kilic, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
zu den Vorschlägen der Europäischen Kom-
mission für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Bedingun-
gen für die Einreise und den Aufenthalt von
Drittstaatsangehörigen zwecks Ausübung ei-

(KOM endg.)

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Geset-
zes über die Zusammenarbeit von Bundes-
regierung und Deutschem Bundestag in Ange-
legenheiten der Europäischen Union
Rechte der Saisonarbeitskräfte stärken
– Drucksache 17/5234 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) (C)



(D)(B)

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 a bis h auf. Es
handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu
denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 32 a:

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen
vom 6. April 2010 zwischen der Bundesrepu-
blik Deutschland und der Republik Alba-
nien zur Vermeidung der Doppelbesteue-
rung und der Steuerverkürzung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen

– Drucksache 17/6613 –

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom
29. Dezember 2010 zur Änderung des Ab-
kommens vom 24. August 2000 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
blik Österreich zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen

– Drucksache 17/6614 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 17/7300 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Kolbe
Lothar Binding (Heidelberg)


Zweite Beratung

und Schlussabstimmung über den von der Bundesregie-
rung eingebrachten Gesetzentwurf zu dem Abkommen
mit der Republik Albanien zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet
der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Der
Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7300, den
Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
17/6613 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Ge-
setzentwurf mit Mehrheit angenommen.

Zweite Beratung

und Schlussabstimmung über den von der Bundesregie-
rung eingebrachten Gesetzentwurf zu dem Protokoll zur
Änderung des Abkommens mit der Republik Österreich
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet
der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Der
Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7300, den
Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
17/6614 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Das
sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der So-
zialdemokraten. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Ent-
haltungen? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und
die Fraktion Die Linke. Der Gesetzentwurf ist angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 32 b:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem

(Augsburg)

weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
wiederbeleben

– Drucksachen 17/5042, 17/7385 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Thomas Bareiß
Dietmar Nietan
Michael Link (Heilbronn)

Andrej Hunko
Manuel Sarrazin

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/7385, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/5042 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Das sind die Koalitionsfraktionen und die Linksfraktion.
Gegenprobe! – Fraktion der Sozialdemokraten und
Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist angenommen.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 32 c:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 318 zu Petitionen

– Drucksache 17/7201 –

Wer stimmt dafür? – Das sind alle Fraktionen des
Hauses. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Enthaltun-
gen? – Auch niemand. Somit ist die Sammelübersicht
318 angenommen.

Tagesordnungspunkt 32 d:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 319 zu Petitionen

– Drucksache 17/7202 –

Wer stimmt dafür? – Das sind alle Fraktionen des
Hauses. Vorsichtshalber: Wer stimmt dagegen? – Nie-
mand. Enthaltungen? – Auch niemand. Somit ist die
Sammelübersicht 319 angenommen.





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) (C)



(D)(B)

Tagesordnungspunkt 32 e:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 320 zu Petitionen

– Drucksache 17/7203 –

Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktio-
nen, Linksfraktion und sozialdemokratische Fraktion.
Wer stimmt dagegen? – Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen. Enthaltungen? – Niemand. Somit ist die Sammel-
übersicht 320 angenommen.

Tagesordnungspunkt 32 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 321 zu Petitionen

– Drucksache 17/7204 –

Wer stimmt dafür? – Koalitionsfraktionen, Bündnis 90/
Die Grünen und Sozialdemokraten. Wer stimmt dage-
gen? – Linksfraktion. Enthaltungen? – Niemand. Die
Sammelübersicht 321 ist angenommen.

Tagesordnungspunkt 32 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 322 zu Petitionen

– Drucksache 17/7205 –

Wer stimmt dafür? – Koalitionsfraktionen und Sozial-
demokraten. Wer stimmt dagegen? – Linksfraktion und
Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Niemand. So-
mit ist die Sammelübersicht 322 angenommen.

Tagesordnungspunkt 32 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 323 zu Petitionen

– Drucksache 17/7206 –

Wer stimmt dafür? – Koalitionsfraktionen. Wer
stimmt dagegen? – Die drei Oppositionsfraktionen. Ent-
haltungen? – Niemand. Somit ist die Sammelübersicht
323 angenommen.

Jetzt kommen wir zum Zusatzpunkt 5:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP

Brandanschlagserie auf Bahnanlagen und
linksextremistisch motivierte Gewalt

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der
CDU/CSU hat sich als erster Redner unser Kollege
Dr. Jan-Marco Luczak gemeldet. Bitte schön, Herr Kol-
lege.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1713311200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wieder einmal ist es so weit: Ganz Deutschland
blickt auf Berlin. Leider, muss man sagen; denn wieder
einmal geht es um linksextremistische Gewalt. In letzter
Zeit mussten wir uns im Deutschen Bundestag damit
schon mehrfach befassen. Ich nenne nur den Spreng-
stoffanschlag auf Berliner Polizisten anlässlich einer De-
monstration, bei dem zwölf Beamte verletzt wurden,
oder auch die gewalttätigen Ausschreitungen bei der
Räumung des besetzten Hauses in der Liebigstraße 14.
Damals sind linksextremistische Gewalttäter in Guerilla-
manier durch die Stadt marodiert.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie sich noch hierher trauen! Ich staune!)


Heute blicken wir auf die jüngsten perfiden Brand-
anschläge auf den Berliner Schienenverkehr. Insgesamt
17 Brandsätze waren es, nicht alle sind detoniert. Zum
Glück ist daher größerer Schaden nicht eingetreten. Zum
Glück sind keine Menschen verletzt oder gar getötet
worden.

Die Frage ist nun: Wie ordnen wir diese Brandan-
schläge ein? Es lohnt sich, einen Blick auf das Beken-
nerschreiben zu werfen, das im Internet veröffentlicht
worden ist. Danach geht es den Tätern um den Krieg in
Afghanistan, um den Einsatz der Bundeswehr. Sie
schreiben: „Deutsche Soldaten morden weltweit.“ Das
nehmen sie als Rechtfertigung dafür, die Deutsche Bahn
als Transporteur von Rüstungsgütern zu sabotieren. Ich
finde es wirklich unerträglich, wie über unsere Bundes-
wehrsoldaten in Afghanistan gesprochen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Soldaten sind dort, weil wir, der Deutsche Bun-
destag, sie dorthin gesandt haben. Wir haben sie dorthin
gesandt, weil sie dort für Frieden und Freiheit, für De-
mokratie und Menschenrechte sorgen sollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das haben wir heute Morgen erfahren!)


Sie haben es nicht verdient, in dieser Weise beschimpft
zu werden.

Diese Gemengelage aus Brandanschlägen und Kriegs-
kritik weckt ganz besondere Erinnerungen. Es gibt eine
bemerkenswerte Parallele zu den Anfängen der Rote-Ar-
mee-Fraktion. Auch die RAF hat einmal „nur“ mit
Brandanschlägen angefangen. Auch damals hieß es, der
Protest gegen den Krieg in Vietnam rechtfertige die
Brandanschläge. Wir wissen alle, wie die Entwicklung
der RAF endete: mit Blut, mit Tränen, mit Tod. Ich sage:
Diese Zeiten wollen wir nicht noch einmal erleben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Nun ist ganz klar: Man muss sicherlich genau analy-
sieren, ob man die Taten der RAF mit den jüngsten
Brandanschlägen vergleichen kann. Andernfalls würde





Dr. Jan-Marco Luczak


(A) (C)



(D)(B)

man deren Opfern nicht gerecht werden. Ich selber – das
sage ich Ihnen ehrlich – kann das noch nicht abschlie-
ßend beurteilen. Aber eines weiß ich sicher: Die Zahl der
linksextremen Straf- und Gewalttaten in unserem Land
nimmt zu. Es ist noch nicht lange her, dass in meiner Hei-
matstadt Berlin fast jede Nacht ein Auto gebrannt hat. Es
gibt auch immer mehr gewaltbereite Linksextreme. Das
alles bedeutet nicht, dass wir einen zweiten heißen Herbst
vor uns haben. Für mich bedeutet das aber, dass wir
wachsam sein müssen. Der Verfassungsschutz sagt uns
ganz eindeutig, dass eine signifikant erhöhte Aggressivi-
tät und Gewaltbereitschaft unter den Linksextremen zu
beobachten ist. Darauf müssen wir reagieren. Davor dür-
fen wir unsere Augen nicht verschließen. Daher ist es gut
und richtig, dass die Bundespolizei verstärkt vorgeht und
konsequent Präsenz zeigt. Als Berliner bin ich dafür be-
sonders dankbar.

Richtig ist aber auch: Unsere offene und freie Gesell-
schaft ist verletzlich. Einen absoluten Schutz können we-
der technische Einrichtungen wie die Videoüberwachung
noch der verstärkte Einsatz von Polizei gewährleisten.
Umso wichtiger ist es daher, dass unsere Gesellschaft ei-
nen Konsens darüber hat, dass solche Brandanschläge
unmissverständlich und mit allem Nachdruck verurteilt
werden. Das erwarte ich auch von allen Fraktionen hier
im Deutschen Bundestag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn man genau hinschaut, können einem an der ei-
nen oder anderen Stelle Zweifel kommen. Da gibt es
zum Beispiel den Kollegen Ströbele von den Grünen. Er
hat, wie wir alle wissen, eine besondere Kompetenz in
Sachen RAF.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, allerdings!)


Er sagt, dass hier völlig unterschiedliche Sachverhalte
und gesellschaftliche Situationen miteinander in Verbin-
dung gebracht werden. Er muss es ja wissen. Es sei ihm
auch gegönnt, den gesellschaftlichen Oberlehrer zu spie-
len und allen anderen Unwissen zu unterstellen. Aber
was ich an dieser Stelle zumindest erwartet hätte, wäre
ein klares Bekenntnis gewesen, dass auch er den Terro-
rismus ächtet. Das habe ich von ihm aber nicht vernom-
men. Deswegen sage ich: Das, was er hier macht, ist eine
Verharmlosung. Damit wird er – er ist leider nicht hier –
seiner Verantwortung als Mitglied des Deutschen Bun-
destages nicht gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Was nicht fehlen darf, wenn wir über Linksextremis-
mus sprechen, ist die Haltung der Linken. Ihre Noch-
Bundesvorsitzende Gesine Lötzsch ist bekannt dafür,
dass sie mit ehemaligen RAF-Terroristen auch einmal
Wege zum Kommunismus sucht und Geburtstagsgrüße
an Fidel Castro sendet. Angesichts dessen kann man viel-
leicht nichts anderes erwarten.

Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla
Jelpke – sie ist hier –, verharmlost die Brandanschläge
mit den Worten, die Ziele der Gruppe seien durchaus
richtig. Frau Jelpke, Sie werfen Kritikern vor, es gehe ih-
nen um die Diffamierung jeglicher linken Politik, die
über den tagespolitischen Tellerrand hinausgeht.


(Zurufe von der LINKEN)


Wenn ich das höre, kann ich nur sagen: Ich bin wirklich
richtig froh, dass die Linke nach wie vor vom Verfas-
sungsschutz beobachtet wird. Wer auf diese Weise öf-
fentlich Solidarität mit linken Gewalttätern bekundet
und Widerstand ausdrücklich als notwendig bezeichnet,
ermutigt diese Gewalttäter zu weiteren Anschlägen, er
ermutigt dazu, weitere Menschen zu gefährden. Wer so
etwas macht, hat im Deutschen Bundestag nichts zu su-
chen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zum Schluss lassen Sie mich als Berliner Abgeordne-
ter noch Folgendes sagen: Ich bin sehr froh, dass die
Linke nach den Wahlen hier in Berlin nicht mehr an der
Regierung beteiligt sein wird.


(Beifall des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Unter dem rot-roten Senat mit den Linken als Koali-
tionspartner ist die linksextremistische Szene leider sehr
vernachlässigt worden; das muss man auch einmal sa-
gen. Das rächt sich nun. Deswegen ist es ein gutes Si-
gnal für die deutsche Hauptstadt, dass CDU und SPD
über eine große Koalition der Demokraten miteinander
verhandeln.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Polizeipräsidenten habt ihr euch schon aufdrücken lassen!)


Wir als Union werden im Senat sicherstellen, dass die
Berlinerinnen und Berliner vor jeglicher Gewalt ge-
schützt werden, vor religiös motivierter, vor rechtsextre-
mer, aber eben auch vor linksextremer.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713311300

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1713311400

Für uns ist und bleibt klar: Niemand darf Opfer blin-

der Gewalt werden – egal woher sie kommt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713311500

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner für die

Fraktion der Sozialdemokraten ist unser Kollege
Wolfgang Gunkel. Bitte schön, Kollege Wolfgang
Gunkel.


(Beifall bei der SPD)



Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1713311600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An und

für sich hatte ich mir vorgenommen, eine staatstragende
Rede zu halten.





Wolfgang Gunkel


(A) (C)



(D)(B)


(Patrick Döring [FDP]: Nur Mut! Das tut gar nicht weh!)


Ich glaube aber, dass man nach der Rede eben einiges
richtigstellen muss.

Ich will vorwegschicken, dass mit den Taten krimi-
nelles Unrecht begangen worden ist. Es geht also nicht
um eine reguläre Form der politischen Auseinanderset-
zung, sondern um kriminelle Straftaten, die von der Poli-
zei entsprechend verfolgt werden müssen. Darüber gibt
es keinen Dissens. Es kann auch niemand ernsthaft an-
nehmen, dass dies kritikwürdig wäre.

Das, was hier vorgetragen worden ist, sind meiner
Ansicht nach aber unzulässige Vermengungen mit Vor-
fällen, die vor 30 oder 40 Jahren stattgefunden haben.
Mit Verlaub, Herr Kollege, ich habe schon in Berlin in
Ermittlungsgruppen zur Terrorismusbekämpfung gear-
beitet, als Sie gerade geboren waren.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Du hast den Ströbele festgenommen!)


Ich kann Ihnen deshalb sagen: Wenn Sie die Vorfälle frü-
her mit denen von heute vergleichen, dann liegen Sie
meterweise daneben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Bewegungen, die damals eine Rolle gespielt ha-
ben – ob man die RAF, die Revolutionären Zellen oder
die Bewegung 2. Juni nimmt –, sind von einer völlig an-
deren organisatorischen Struktur, politischem Rückhalt
und anderen Dingen geprägt gewesen, als es heute bei
den Politspinnern der Fall ist, die übrigens auch in der
linken Szene auf heftige Kritik an dieser Verfahrens-
weise stoßen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter zurückbli-
cken, um das alles zu rekapitulieren. Herr Ströbele wäre
sicherlich der Richtige, um sehr profund darüber Aus-
kunft zu geben.


(Lachen bei der FDP)


Man sollte sich dann aber auch anhören, was er dazu zu
sagen hat.

Jetzt will ich aber das machen, was man üblicher-
weise tut, nämlich nach vorne schauen. Was die Struktu-
ren in Berlin mit der Landespolizei, mit Brandenburg als
Umfeld und mit der Bundespolizei angeht, kann man nur
eines sagen: Wenn man den Ball einigermaßen flachhalten
und vernünftig argumentieren will, dann kann man das
nur so machen wie der Bundesinnenminister – übrigens
ein besonnenes Mitglied Ihrer Regierungskoalition –, der
gesagt hat, dass das nichts mit Terrorismus zu tun hat,
sondern eine Gewaltstufe der linksextremen Ausrichtun-
gen ist, die entsprechend bekämpft werden muss. Er tut
richtigerweise auch etwas: Er verstärkt den Einsatz der
Bundespolizei.
Wir kommen in diesem Zusammenhang auf einen
Punkt zu sprechen, den man als ursächlich dafür sehen
muss. Wenn Länder und Bund an Polizei und innerer Si-
cherheit sparen, dann muss man sich nicht wundern,
wenn nicht mehr genügend Ermittlungskapazitäten zur
Verfügung stehen, um solche Straftaten von vornherein
einzudämmen.

Wenn Sie in Berlin zu einer Großen Koalition kom-
men sollten,


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das wäre gut für Berlin!)


dann kommen auch Sie in die Gefahr, den Innensenator
zu stellen. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Sie sol-
che Taten verhindern können. Sie können das genauso
wenig verhindern wie jeder andere. Ich bin gespannt,
wie Sie sich dann darstellen wollen.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das werden wir dann ja sehen!)


Die Maßnahmen, die der Innenminister angekündigt hat,
sind ein richtiger Schritt auf dem Weg zu dem, was man
als Ziel im Blick behalten muss.

Aber zurück zu dem, was tatsächlich geschehen ist:
Bisher gab es ein Bekennerschreiben, das die Vermutung
nahelegt, dass man die Taten dem linksextremen Spek-
trum zuordnen muss.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das ist doch eindeutig, oder?)


Das ist völlig klar und lässt sich nicht von der Hand wei-
sen.

Die Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen.
Der Generalbundesanwalt hat das Verfahren an sich ge-
zogen. Das BKA wird die Ermittlungstätigkeit unterstüt-
zen und federführend durchführen. Das bedeutet: Wenn
alle drei Institutionen – die Landeskriminalämter in Ber-
lin und Brandenburg und das BKA – in dieser Sache er-
mitteln, dann wird man wohl hoffen dürfen, dass es zu
einem vernünftigen und konkreten Ergebnis kommt.

In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Dr. Uhl
zitieren. Herr Dr. Uhl, Sie werden nicht sehr oft von
SPD-Abgeordneten zitiert, aber Sie haben gestern im In-
nenausschuss etwas sehr Gutes gesagt. Sie haben gesagt,
Sie hätten Vertrauen in das BKA und dessen Präsiden-
ten, der übrigens ein SPD-Mann ist. In diesem Sinne
sage ich: Haben Sie einfach Vertrauen in die polizeili-
chen Ermittlungen und warten Sie ab, was die Ermittlun-
gen ergeben!


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das hätten Sie diese Woche auch beweisen können!)


Dann wird sich vielleicht herausstellen, wer diejenigen
sind, die diese Anschläge verübt haben. Eines ist richtig:
Wenn man das richtig einordnen will, dann muss man
sagen, dass wirklich der Bedarf besteht, das herauszufin-
den. Denn die Gefahr, dass irgendwann Menschen zu
Schaden kommen, ist nicht ganz von der Hand zu wei-
sen. Wir hoffen alle, dass man bald fündig wird und die
Täter stellen kann.





Wolfgang Gunkel


(A) (C)



(D)(B)

Die Institutionen, die damit befasst sind, verdienen
unser Vertrauen. Ich glaube, dass wir zu einem vernünf-
tigen Ergebnis kommen werden. Dann hat auch eine sol-
che Dramatisierung, wie sie hier erfolgt und wie wir sie
auch schon vorher im Zusammenhang mit der Liebig-
straße 14 und Ähnlichem erlebt haben, ein Ende.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Fragen Sie mal die betroffenen Polizisten, wie sie das finden!)


Sie wollen derartige Vorfälle hochspielen, offenbar
um der Bevölkerung zu suggerieren, dass die SPD und
andere Parteien nicht in der Lage sind, die innere Sicher-
heit zu gewährleisten.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: So ist es!)


Das ist an dieser Stelle lächerlich und auch fahrlässig.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713311700

Vielen Dank, Herr Kollege.

Jetzt hat für die Fraktion der FDP unser Kollege
Dr. Stefan Ruppert das Wort. Bitte schön, Kollege
Dr. Ruppert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1713311800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ich muss sagen: Das waren neue Töne von der SPD.
Das kann man einmal hervorheben. Wir führen in die-
sem Hause seit zwei Jahren, seit im Koalitionsvertrag
steht, dass Linksextremismus, religiös motivierter Extre-
mismus und Rechtsextremismus gleichermaßen zu ver-
folgen und mit entsprechenden Programmen zu bekämp-
fen sind, eine merkwürdige Debatte. Sie läuft immer
nach dem gleichen Muster ab: Die Koalition sagt: Alle
Phänomene des Extremismus sind gleichermaßen in den
Blick zu nehmen. Wir müssen schauen, was auf der
rechten Seite, auf der linken Seite und beim religiös mo-
tivierten Extremismus passiert. – Immer kommt der glei-
che Reflex der Grünen, der SPD und der Linken: Sie
werfen uns vor, wir wollten nur vom Rechtsextremismus
ablenken und diesem wichtigen Phänomen nicht ins
Auge blicken.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn!)


Heute hat der Kollege Gunkel eine Rede gehalten, in der
er als Vertreter der Sozialdemokratie zumindest aner-
kennt – zum ersten Mal nach meiner Wahrnehmung –,
dass auch der Linksextremismus ein zunehmend gravie-
rendes Problem in Deutschland ist. Auf dem Weg sollten
Sie weitergehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Einsicht teilen die Kolleginnen und Kollegen
der Linken leider nicht. Wir erleben nach der Befreiung
von Auschwitz bei Antisemitismusdebatten und Debat-
ten über Linksextremismus immer wieder das Gleiche.
Ich bin jedes Mal fassungslos, wenn ich von Frau Jelpke
höre, dass die politischen Ziele, die diesen Brandan-
schlägen zugrunde liegen, durchaus nachvollziehbar und
richtig sind. So etwas ist unerhört und unfassbar. Dem
müssen wir strikt entgegentreten.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Wir leben – das merken wir auch in den Gesprächen
mit den Wählerinnen und Wählern in den Wahlkreisen –
in einer Zeit tiefer Verunsicherung. Die Menschen haben
Angst vor der Zukunft. Sie sind unsicher, was sich in den
nächsten Jahren tut. Die Bandbreite der Reaktionen auf
diese Angst erweitert sich derzeit. Alle Antiextremis-
musprogramme und alle Strafverfolgungsmaßnahmen
werden nicht fruchten, wenn es uns nicht gelingt, die
Mitte der Gesellschaft wieder zu stärken, eine Integra-
tion zur politischen Mitte hin zu bewirken und dafür zu
sorgen, dass die Menschen, die jeden Tag zum Gelingen
dieses Gemeinwesens beitragen, wieder gestärkt werden
und dass ihnen Orientierung und Unterstützung gegeben
werden. Wenn uns das gelingt, dann werden die politi-
schen Ränder nicht weiter erstarken. Das ist das Ziel die-
ser Koalition.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist der Beitrag der FDP?)


Lassen Sie mich einen weiteren Punkt nennen. In Ber-
lin brennt in diesen Tagen mehr als ein Auto pro Nacht.
Wir steuern auf einen neuen Rekordwert bei den Brand-
anschlägen zu, die in der Regel aus linksextremer Gesin-
nung heraus begangen werden. Wir können doch nicht
tatenlos zusehen, nur weil in dieser Stadt die staatliche
Ordnung in vielen Bereichen nicht so funktioniert wie in
anderen Bundesländern oder in anderen Gesellschaften.
Wir sollten uns dagegen wehren, dass dem nicht entge-
gengetreten wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hören Sie auf, in das alte Links-rechts-Schema zu
verfallen!


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch noch gar nicht angefangen!)


Hören Sie auf, zu sagen, Rechtsextremismus sei viel
schlimmer! Stellen Sie, liebe Grüne, liebe Sozialdemo-
kraten, einen Antrag, in dem Sie diesem Phänomen erst-
mals einige Worte und Maßnahmen widmen. Das würde
uns ausgesprochen freuen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ Dr. Stefan Ruppert NEN]: Welchen Beitrag haben Sie denn anzubieten?)





(A) (C)


(D)(B)


Seit zwei Jahren praktizieren Sie Verweigerung. Seit
zwei Jahren hören wir keinen einzigen Ton dazu, wie
man mit dem Linksextremismus und der steigenden Ge-
waltbereitschaft umgehen kann. Insofern wären auf Ihrer
Seite einige Hausaufgaben zu machen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind kein Lehrer!)


Manchmal ist es schmerzhaft, die Realität mit seinem
politischen Sachverstand in Einklang zu bringen. Für Sie
wäre es an dieser Stelle aus meiner Sicht höchste Zeit.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Vor allem für Herrn Wieland!)


Ein letztes Argument: Es gibt viele Menschen, die
derzeit Angst haben, Bahn zu fahren. Das sollte auch Sie
beunruhigen. Gestern haben mehrere Besuchergruppen
gefragt, ob man im Moment mit der Bahn nach Berlin
fahren könne. Wir können den Menschen sagen: Ja. Die
Sicherheit wird sicherlich gewährleistet. Wir werden mit
aller Macht, auch mit den Mitteln der Strafverfolgung,
versuchen, diese Phänomene zu bekämpfen. Da sehen
Sie die Koalition wild entschlossen.

Insofern: Hören Sie auf mit Ihrem Links-rechts-Ge-
rede! Stellen Sie sich der gesellschaftlichen Realität! Ich
bin selbst Opfer eines linksextremen Anschlags in mei-
ner Wahlkreisgeschäftsstelle geworden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir!)


Insofern ist die Art und Weise, wie Sie dieses Problem
dauerhaft negieren, einfach nicht mehr sachangemessen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Lächerlich!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713311900

Vielen Dank, Kollege Dr. Ruppert. – Jetzt für die

Fraktion Die Linke unsere Kollegin Frau Ulla Jelpke.
Bitte schön, Frau Kollegin Jelpke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713312000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es

gleich in aller Deutlichkeit zu sagen:


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sie entschuldigen sich?)


Die Linke lehnt Brandanschläge auf Bahnanlagen ohne
Wenn und Aber ab. Nichts anderes habe ich und haben
auch meine Kollegen aus meiner Fraktion in den letzten
Tagen erklärt.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen zwischen den Zeilen lesen!)

An die Unionskollegen gerichtet sage ich: Bleiben Sie
mal auf dem Teppich! Es handelt sich hier nicht um die
Geburtsstunde einer neuen RAF,


(Zuruf von der CDU/CSU: Wissen Sie das?)


wie es heute von Ihnen auch wieder leichtfertig vorgetra-
gen wurde.

Ich fordere Sie auf, meine Kollegen von der Union
und auch von der FDP, hier endlich wieder zu einer sach-
lichen Debatte zurückzukehren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das sagen die Richtigen!)


Bewusst wird hier aus Ihren Reihen Hysterie, Ter-
rorhysterie geschürt. Zu Ihrem Verkehrsminister, der ja
auch eine neue Dimension des Terrors heraufziehen
sieht, kann man nur sagen: Das ist schlichtweg Unsinn.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Es ist Zufall, dass nichts passiert ist!)


Zum Glück bewahren die zuständigen Behörden
– jetzt hören Sie gut zu! – sehr viel mehr Ruhe. Bei-
spielsweise hat der Bundesanwalt bereits erklärt, dass er
im Zusammenhang mit den Brandanschlägen nicht we-
gen Terrorismus ermittelt. Der Verfassungsschutz hat er-
klärt, dass er hier keinen neuen Terrorismus sieht.

Betrachten wir einmal die Tatsachen, also das, was
bisher passiert ist. Es sind 19 offenbar dilettantisch ge-
bastelte Brandsätze entdeckt worden.


(Widerspruch bei der FDP – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Wenn sie professionell wären, wäre es kein Problem? – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Schäden in Millionenhöhe!)


Davon haben in der Tat zwei gezündet, und einer davon
hat Sachschaden angerichtet. Dabei wurden zum Glück
keine Menschen verletzt.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Weil die zu doof gewesen sind?)


Ich sage noch einmal: Dabei wurden zum Glück keine
Menschen verletzt. Die Bahn hat im Übrigen versichert,
dass für Reisende zu keinem Zeitpunkt eine ernsthafte
Gefahr bestand.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Würden Sie das auch so niederbügeln, wenn das von der NPD gemacht worden wäre?)


Wenn Politiker der Unionsfraktion hier wider besse-
res Wissen über Terrorismus schwadronieren, ist die Ab-
sicht meines Erachtens leicht zu durchschauen.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ignoranz ist das! – Zuruf von der FDP: Sie reden wirr!)


Während zurzeit weltweit Hunderttausende gegen Kapi-
talismus auf die Straße gehen, dienen Ihnen die Brand-
ansätze als willkommene Steilvorlage zur Diskreditie-
rung all dessen, wofür linke Bewegungen und Parteien
stehen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie diskreditieren sich selbst!)






Ulla Jelpke


(A) (C)



(D)(B)

Auch den Unionsparteien werden wir nicht den Gefallen
tun, uns von unseren richtigen Zielen abzuwenden, nur
weil auch die Zündler diese Ziele für sich in Anspruch
nehmen, nämlich etwa gegen den Afghanistan-Krieg zu
sein.

Ich will nur daran erinnern, dass wir hier vor zwei
Jahren das Massaker von Kunduz diskutiert haben, nach-
dem auf Befehl eines deutschen Offiziers über hundert
Menschen regelrecht in den Tod gesprengt wurden.


(Oliver Luksic [FDP]: Das ist vielleicht ein Vergleich! Unfassbar!)


Über diesen Terror – wir bezeichnen das als Kriegsterror –
wollen Sie überhaupt nicht reden,


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist echt unerhört!)


obwohl zwei Drittel der Bevölkerung gegen diesen
Krieg ist.

Wie gesagt: Die Linke wird sich nach wie vor gegen
die Verlängerung dieses Kriegseinsatzes einsetzen, und
das Ziel ist auch richtig.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke wird weiter für einen Rückzug der Bundes-
wehr aus Afghanistan kämpfen, aber gemeinsam mit der
Bevölkerung und nicht auf ihrem Rücken, um das ganz
deutlich zu sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Denn kein Kriegseinsatz wird gestoppt, weil Hundert-
tausende Bahnkunden zu spät zur Schule oder zur Arbeit
kommen. Ich selbst fahre auch viel Bahn. Ich weiß, was
das bedeutet.

Ich will zum Schluss noch auf Folgendes zu sprechen
kommen. Wir reden hier über Terrorismushysterie. Aus
den Reihen der Union habe ich dann, wenn Anschläge
von Neofaschisten auf Migrantinnen und Migranten, auf
andersdenkende Linke oder auf Homosexuelle gesche-
hen sind, das Wort „Terrorismus“ noch nie gehört.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das ist wirklich eine Frechheit! – Weiterer Zuruf von der [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)


Ich will hier ganz deutlich sagen, dass die Angriffe ge-
rade der Rechten auf Wahlkreisbüros von SPD, Grünen
und Linken alltägliche Gewalt sind.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Sie haben doch dazu aufgerufen!)


Man kann am Ende nur noch einmal sehr deutlich
feststellen, dass in den Reihen der Union bei der Anwen-
dung der Vokabel „Terrorismus“ offenbar mit zweierlei
Maß gemessen wird. Von daher meine ich, diese Aktu-
elle Stunde hätten Sie sich gut sparen können.


(Dr. Jan-Marco Luczak hätten Sie sich sparen können! Es ist die Mühe nicht wert. Danke. Vielen Dank, Frau Kollegin Ulla Jelpke. – Jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Wolfgang Wieland. Bitte schön, Kollege Wieland. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Herr Wieland, jetzt zeigen Sie es denen mal! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Der versachlicht jetzt die Debatte!)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713312100


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713312200

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und

Herren! Zwei Vorbemerkungen. Herr Kollege Luczak,
auch ich bin gebürtiger Berliner.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Sie sind mir gleich sympathisch!)


Ich könnte jetzt gerührt sagen: Wie schön, dass diese
Koalition sich so um die deutsche Hauptstadt sorgt! –
Sie haben aufgezählt: Sprengsätze, Häuserräumung in
der Liebigstraße, heute die Brandanschläge.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Alles schlimme Dinge!)


Sie merken gar nicht, dass Sie ein Zerrbild der deutschen
Hauptstadt zeichnen. Man könnte sich fragen, ob all die
vielen Touristen, die hierherkommen, Abenteuerurlauber
sind, die statt im Dschungelcamp in Berlin einfallen.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Ich gebe zu, dass das Ganze kurz unterbrochen war
durch den Streit um 3 Kilometer Stadtautobahn. Der
Kollege Lindner, FDP, und der Kollege Liebich, Links-
partei, waren sich einig, dass die Grünen sich für eine
Kartoffelsuppe haben einkaufen lassen. So kann man
sich täuschen, Herr Lindner. Genauso täuschen Sie sich,
wenn Sie glauben, mit diesen Überzeichnungen und
Dramatisierungen irgendetwas zur Problemlösung bei-
zutragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP])


– Ja, Herr Lindner, falsch gelegen! Klappe mal halten,
bitte schön!


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Das ist zwar unparlamentarisch ausgedrückt; aber ich
weiß, dass das auch ein großer Wunsch Ihrer Fraktion
ist.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Zweite Vorbemerkung. Wir verharmlosen gar nichts,
Herr Kollege Ruppert, schon gar nicht Anschläge auf
Bahnanlagen. Meine Güte! Wer glaubt, in einer Stadt,





Wolfgang Wieland


(A) (C)



(D)(B)

wo der öffentliche Nahverkehr mehr oder weniger nach
dem Zufallsprinzip funktioniert, wo die S-Bahn monate-
lang nach einem Notfahrplan fährt, mit Brandsätzen zur
Entschleunigung beitragen und die Stadt in den Pausen-
modus versetzen zu müssen, der ist nach eigenem Zeug-
nis ein Idiot – das schreiben Sie ja selber –, aber kein
harmloser Idiot, sondern ein gefährlicher. Als solchen
muss man ihn bezeichnen, und als solchen muss man ihn
auch bekämpfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Da gebe ich dem Kollegen Gunkel völlig recht. So
viel Zutrauen habe ich in unsere Strafverfolgungsorgane:
Dass man diese Gruppierung, die sich ja immerhin einen
Fantasienamen, nämlich Hekla, gegeben hat, dingfest
machen wird, dass man sie auch aburteilen wird, darauf
gehe ich beinahe eine Wette ein. Aber das Problem des
Linksextremismus ist ja nun wirklich ein weitergehen-
des.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ein großes Problem!)


Wir als Grüne haben nie bestritten, dass es da einen An-
stieg gibt. Nur, was bieten Sie denn als Bekämpfungs-
konzeption an? Ein schematisches Gleichsetzen von
Rechts und Links! Was wir gegen Rechtsextremismus
machen, machen wir auch gegen Linksextremismus.


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Das stimmt überhaupt nicht! Das ist falsch!)


Jetzt haben Sie ein Aussteigertelefon geschaltet. Da wird
niemand anrufen.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das kann ich Ihnen sagen. Denn Links tickt anders als
Rechts, trotz allem.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


– Ja. Davon verstehen Sie nichts. Dann seien Sie doch
ruhig, wenn Sie davon nichts verstehen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Die sind trotz allem diskursiver. Die haben kein Führer-
prinzip. Da braucht man kein Aussteigerprogramm. Die
steigen von alleine aus. Dann findet sie das BKA nach
Jahren in der Uckermark auf ihrem Bauernhof.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sie wissen ja gut Bescheid!)


Die verhängnisvolle Extremismusklausel, die Sie ein-
geführt haben, zeigt nicht nur Ihre Hilflosigkeit, sondern
führt auch zu falschen Solidarisierungen.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Das schematische Gleichsetzen von Rechts und Links
bringt in keiner Weise voran, sondern richtet mehr Scha-
den an, als es Nutzen bringt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Dann zum Entstehen einer neuen RAF: Das Bundes-
amt für Verfassungsschutz, der BKA-Präsident und alle
anderen haben Ihnen gesagt, dass es das nicht ist, dass
diese Leute zwar Gefährdungen in Kauf nehmen, dass
sie hirnlos sind, dass sie aber Menschen nicht umbringen
wollen.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Aber vielleicht irgendwann tun!)


Das unterscheidet sie von denen von Madrid, von Lon-
don, von Oslo. Darin liegt der qualitative Unterschied.
Wenn Sie die Unterschiede verrühren und sagen, das sei
der Anfang, dann laufen Sie Gefahr, mit einer Selfful-
filling Prophecy genau das herbeizureden, was wir nicht
wollen. Das ist keine verantwortungsvolle Politik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Jetzt sind wir wohl daran schuld?)


Schließlich und endlich: Politik muss verhindern,
dass Menschen in diese Ecke des gewalttätigen Linksra-
dikalismus getrieben werden. Protestbewegungen wie
die Globalisierungsgegner oder die Okkupierer der Wall
Street müssen Platz für ihre Proteste haben, und sei es in
Form eines Platzes zum Zelten. Das muss man zulassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ja, in der grünen Geschäftsstelle!)


– Keine Angst, Herr Lindner, nicht in Ihrem Vorgarten,
aber im öffentlichen Raum.

Meine letzte Bemerkung. Das beste Mittel gegen
linksextreme Gewalt ist eine sozial gerechte Gesell-
schaft.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Die wir machen!)


– Sie können sie sich noch nicht einmal vorstellen. –
Viele sehen gerade in der Finanz- und Euro-Krise die so-
ziale Gerechtigkeit immer weiter entschwinden. Insofern
sollte Athen auch für uns ein Warnsignal und ein negati-
ves Beispiel sein.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Der 11.11. kommt! Da können Sie noch mehr solcher Reden halten!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713312300

Vielen Dank, Kollege Wieland. – Nächster Redner ist

für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatsse-
kretär Dr. Ole Schröder. Bitte schön, Kollege Dr. Ole
Schröder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(D)(B)

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1713312400


Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! In dieser Woche haben wir zwei Aktuelle Stunden.
Gestern haben wir über die vom Chaos Computer Club
untersuchte Software diskutiert. Dabei geht es um eine
abstrakte Gefahr. Wir müssen hier wachsam sein, dass
keine Software missbraucht wird. Heute sprechen wir
über eine ganz konkrete Gefahr, die sich im Erfolg dieser
Brandanschläge – neun Brandanschläge wurden allein
im Monat Oktober auf das Bahnnetz verübt – bereits
realisiert hat.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Anschläge waren kein Erfolg! Das ist kein Erfolg, sondern ein Schaden!)


Wir haben ein Problem, was die rechtsextreme Ge-
walt angeht. Es ist mitnichten so, dass wir Rechts- und
Linksextremismus gleichsetzen. Lieber Herr Wieland,
wenn Sie der Auffassung sind, dass unsere Programme
gegen Linksextremismus verbessert werden können,
dann bringen Sie doch eigene Vorschläge dazu ein, was
wir gegen den Linksextremismus weiter unternehmen
können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir alles schriftlich niedergelegt!)


Wie war das in der Großen Koalition? Wir konnten
uns hinsichtlich der Bekämpfung des Rechtsextremis-
mus einigen. Es ist äußerst wichtig, in diesem Bereich
gemeinsam vorzugehen. Alle Demokraten sollten da zu-
sammenstehen. Aber immer wenn es um die Bekämp-
fung des Linksextremismus ging, war keine Einigung
möglich. Da waren Sie nicht bereit, etwas zu unterneh-
men. Deshalb kann man uns nicht vorwerfen, dass wir
das eine mit dem anderen vergleichen oder dass wir das
eine mit Verweis auf das andere relativieren würden. Es
muss auch einmal möglich sein, im Deutschen Bundes-
tag über Linksextremismus zu reden und dieses Problem
zu thematisieren, ohne dass gleich gesagt wird, es gebe
noch Rechtsextremismus und andere Formen von Extre-
mismus. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten
uns als Demokraten einig sein: Es gibt keinen guten Ex-
tremismus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Brandanschläge auf die Bahn waren politisch
links motivierte Straftaten. Wir verzeichnen eine zuneh-
mende Anzahl von solchen Taten. Die Brandanschläge
auf die Bahn in und um Berlin sind nach heutigen Maß-
stäben, nach den Maßstäben des Strafgesetzbuches keine
terroristischen Taten. Das ist auch nicht der entschei-
dende Punkt; denn die Auswirkungen auf die Bürger
sind dadurch nicht geringer. Dafür ist nicht von Bedeu-
tung, ob wir uns im Parlament auf eine Definition von
Extremismus einigen.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Ach nein! Wer hat denn die Definition für Terrorismus?)

Die Tatsache, dass der Generalbundesanwalt die Ermitt-
lungen übernommen hat, zeigt schon, wie gravierend
diese Ereignisse waren.

Ich möchte im Übrigen an Folgendes erinnern: Noch
bis Dezember 2003, als Rot-Grün die Definition von Ex-
tremismus enger gefasst hat,


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Genau! Sehr richtig!)


hätten wir eine solche Straftat durchaus als terroristische
Tat bezeichnet. Das hätte der alten Definition entspro-
chen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Guter Hinweis!)


Sie haben den Straftatbestand eingeengt.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Wegdefiniert! – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wegdefiniert! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Überhaupt nicht! Wir haben ihn präzisiert!)


Aber lassen Sie uns jetzt nicht in diesen typisch deut-
schen Automatismus verfallen – wie der Kollege Gunkel
das gemacht hat –, uns über Definitionen zu streiten.
Lassen Sie uns vielmehr über das eigentliche Problem
sprechen, nämlich linksextreme Gewalttaten.

Diese Taten sind der bisherige Höhepunkt einer seit
Jahren anwachsenden Anzahl politisch links motivierter
Gewalttaten in unserem Land. Hier gilt es, nichts zu ver-
harmlosen. Die Anschläge auf die Bahn sind der Ver-
such, flächendeckend und systematisch die Infrastruktur,
die für die Funktionsfähigkeit eines Landes von existen-
zieller Bedeutung ist, zu beschädigen.

Zigtausende Bürgerinnen und Bürger sind nicht nur
bei ihren täglichen Abläufen erheblich gestört worden,
sondern sie leben auch in der Angst, dass die Bahnen,
auf die sie täglich angewiesen sind, nicht sicher sind.
Genau das ist das Ziel dieser Täter, nämlich die Men-
schen zu verunsichern, Angst und Schrecken zu verbrei-
ten, um damit unserer mobilen, freiheitlichen Gesell-
schaft zu schaden.

Meine Damen und Herren, natürlich ist auch erhebli-
cher wirtschaftlicher Schaden entstanden, nicht nur bei
der Deutschen Bahn, sondern auch bei den Bürgerinnen
und Bürgern. Wir können nur von Glück reden, dass auf-
grund der feuchten Witterung einige Brandsätze nicht
gezündet haben. Die Sicherheitsbehörden sind – zusam-
men mit der Bahn – jetzt noch aufmerksamer als vorher.
Ihnen gilt mein besonderer Dank.

Die aktuelle Brandanschlagsserie bestätigt den seit
längerem von den Sicherheitsbehörden festzustellenden
Anstieg der Zahl linker Straftaten. Seit 2005 verzeichnen
wir – lediglich mit einer kleinen Abweichung im vergan-
genen Jahr – eine stete Zunahme der politisch links moti-
vierten Taten in Deutschland. Das ist aber nicht allein
auf die Brandanschläge zurückzuführen. Selbst wenn
wir jeweils die Brandanschläge auf die Kfz außer Acht
lassen, übersteigen die Zahlen der links motivierten Ge-





Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder


(A) (C)



(D)(B)

walttaten die Vorjahreszahlen und erreichen sogar die
des Rekordjahres 2009.

Die gegenwärtige Entwicklung bei den linken Ge-
walttaten zeigt, dass die Innenminister und Innensenato-
ren der Länder sowie der Bundesminister des Innern gut
daran getan haben, in der Herbst-IMK 2010 eine Ge-
samtkonzeption zur Bekämpfung der politisch motivier-
ten Gewaltkriminalität links bzw. des gewaltbereiten
Linksextremismus zu beschließen. Sie enthält Maßnah-
men des Verfassungsschutzes sowie der Polizei und hat
die wichtigsten Felder für eine enge Zusammenarbeit
beider Bereiche identifiziert.

Die Bedeutung dieser Gesamtkonzeption für die Be-
kämpfung linker Gewalt hat auch die IMK in ihrer heuti-
gen Sondersitzung noch einmal hervorgehoben. Zudem
hat die Innenministerkonferenz heute auch den Be-
schluss gefasst, dass ihr im kommenden Herbst eine Zu-
sammenstellung der Erkenntnisse zu den Phänomenen
„Anschläge auf die Bahn“ sowie „Brandanschläge auf
Kfz“ vorgelegt wird.

Auch in diesem Hause – das haben wir eben wieder
erlebt – werden linke Straftaten im Vergleich zu anderen
extremistischen Straftaten gern relativiert. Häufig wird
gesagt: Die haben eigentlich gute Ziele, die auch viele
friedliebende Bürger haben, wenn es etwa um den Af-
ghanistan-Einsatz, bezahlbaren Wohnraum oder Protest-
aktionen gegen rechtsextremistische Aufmärsche geht. –
Seit Jahren wird von den Linken versucht, die linken
Straftaten zu relativieren nach dem Motto: Die Links-
extremisten wollen ja eigentlich das Gute, nur eben mit
den falschen Mitteln. – Das ist falsch. Es gibt keinen gu-
ten Extremismus.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Das müssen wir uns immer wieder vor Augen halten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Langsam scheint sich diese verharmlosende Wahr-
nehmung zu wandeln, nämlich in einer Zeit, in der im-
mer mehr Kleinwagen und Familienkutschen in Brand
gesteckt werden und die Menschen in Berlin von den
Brandanschlägen erheblich betroffen sind.

Was mir besondere Sorgen bereitet, ist die Gewaltbe-
reitschaft der Linken gerade gegenüber unseren Polizei-
beamtinnen und Polizeibeamten. Wir können beobach-
ten, dass die unglaubliche Gewaltbereitschaft immer
stärker zunimmt. Das ist besorgniserregend. Es scheint
kaum noch eine Hemmschwelle zu geben. Dies gilt ins-
besondere für Demonstrationen mit einer Rechts-links-
Konfrontation. Da fliegen Pflastersteine, Brandsätze und
Knallkörper. Da werden Polizeibeamte wirklich wie Sa-
chen behandelt. Genau da liegt das Problem. Wenn man
anfängt, Gewalt gegen Sachen als Mittel der politischen
Auseinandersetzung zu akzeptieren, dann ist es nur noch
ein ganz kleiner Schritt bis hin zur Akzeptanz von Ge-
walt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte bzw.
gegen Menschen im Allgemeinen.

Es ist richtig, dass die Koalition ein Zeichen dafür ge-
setzt hat, dass wir als Gesellschaft diese Entwicklung
nicht akzeptieren. So haben wir zum Beispiel den in
§ 113 StGB vorgesehenen Strafrahmen für Gewalt gegen
Polizeibeamte von zwei auf drei Jahre erhöht. Das zeigt,
dass wir eine solch ungeheure Gewalt nicht akzeptieren.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713312500

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

D
Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1713312600


Gerade diese Straftaten müssen uns noch einmal vor
Augen führen, dass wir achtsam sein müssen, um unse-
ren Rechtsstaat nicht zu gefährden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713312700

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Jetzt spricht für

die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Frau
Kirsten Lühmann. Bitte schön, Frau Kollegin Lühmann.


(Beifall bei der SPD)



Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1713312800

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kollegin-

nen! Liebe Herren und Damen! Das Thema der von der
Regierungskoalition beantragten Aktuellen Stunde lau-
tet: linksextremistisch motivierte Gewalt. Darüber, Herr
Staatssekretär, würde ich jetzt gerne reden. Ich frage
mich: Warum haben Sie das zum Gegenstand einer Ak-
tuellen Stunde gemacht?


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Wir hatten gehofft, Sie machen das mit der Aktuellen Stunde!)


Ja, das ist ein Kriminalitätsfeld mit hoher Betroffen-
heit der Bevölkerung. Ja, es gab Brandanschläge und ein
dazugehöriges Bekennerschreiben, welches nahelegt,
dass die Täter linksextremistisch motiviert waren. Wenn
wir uns aber das gesamte Kriminalitätsfeld ansehen,
dann stellen wir fest, dass die Zahl der Straftaten in die-
sem Bereich im Jahr 2010 um etwa ein Viertel auf etwa
6 900 Fälle zurückgegangen sind.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Aber jetzt wieder deutlich gestiegen!)


Auch die Zahl der Gewalttaten ist um knapp 25 Prozent
gesunken. Wir sprechen also von 1 377 links orientierten
Gewalttaten im Jahre 2010. Das ist noch immer eine sehr
hohe Zahl. Dieser Zahl müssen wir uns annehmen und
etwas dagegen tun.


(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Eben!)


Wir haben bereits etwas dagegen getan. Wir haben im
Fachausschuss, im Innenausschuss, über links motivierte
Kriminalität geredet.


(Lars Lindemann [FDP]: Es reicht aber nicht, zu reden!)


Wir haben mit Fachleuten darüber geredet. Wir haben
über Aufklärung, über Aussteigerprogramme und über
Prävention geredet, Herr Kollege Ruppert. Warum also





Kirsten Lühmann


(A) (C)



(D)(B)

dieses Thema in einer Aktuellen Stunde und warum
hier?


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Weil Ihr Beitrag null ist!)


Wir könnten genauso gut über andere Deliktfelder re-
den, die eine steigende Tendenz aufweisen. Ich denke
dabei an die organisierte Kriminalität. Allein im letzten
Jahr ist dadurch bundesweit ein Schaden von 1,65 Mil-
liarden Euro entstanden, davon 300 Millionen Euro
durch Eigentumskriminalität. Ich möchte Ihnen einmal
schildern, was das bedeutet – ich habe es selber erlebt –:
Wenn zum Beispiel bei einem Einbruchsdiebstahl in den
engsten Privatbereich der Bürger und Bürgerinnen ein-
gegriffen wird, dann hat das für die Betroffenen trauma-
tische Folgen, die weit über den materiellen Schaden der
Kriminalität hinausgehen. Darüber sollten wir uns ein-
mal eingehender unterhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage ist: Warum reden wir hier über Linksextre-
mismus? Ich kann es Ihnen sagen: Weil Sie, meine Her-
ren und Damen von der Regierungskoalition, einen
Linksterrorismus herbeireden wollen! Das ist in einigen
Wortbeiträgen bereits angeklungen. Das kann ich auch
belegen: Angefangen hat es mit Verkehrsminister Peter
Ramsauer. Er sprach als Erster von verbrecherischen,
terroristischen Ansätzen neuer Dimension.


(Patrick Döring [FDP]: Ansätzen!)


Der niedersächsische Innenminister Schünemann warnt
vor einer Vorstufe zum Terrorismus. Der Bundesinnen-
minister lässt verlauten, man müsse wachsam sein, damit
sich die durch die Brandanschläge zum Ausdruck kom-
mende Gewaltbereitschaft nicht zu einem neuen Links-
terrorismus entwickelt.


(Wolfgang Gunkel [SPD]: Absurd! – Zuruf von der FDP: Sehr maßvoll war das doch!)


Die Frage ist: Was ist Terrorismus? Ich berufe mich
dabei auf den Bundesgerichtshof, der 2007 entschieden
hat: Es sind Straftaten mit staatsgefährdenden Zielen, die
den Staat erheblich schädigen können. Und: Es geht Ter-
roristen darum, den politischen Gegner gezielt zu töten,
wie das auch bei der Sauerland-Gruppe, den Kofferbom-
bern oder anderen islamistischen Terroristen der Fall war
bzw. ist.

Die Praktikerinnen und Praktiker sagen: Nein, eine
solche Gefahr besteht hier nicht. Der Berliner Innense-
nator Körting sieht keinen neuen organisierten Linksra-
dikalismus. Er spricht von „radikalisierten Einzeltätern“.
Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke,
dem heute schon von mehreren Seiten des Hauses das
Vertrauen ausgesprochen worden ist, stellt fest, dass der
Terrorismus gezielte Anschläge auf Personen voraus-
setze. Er verweist darauf, dass das hier nicht der Fall sei.
Die Taten sind auch in der Szene schwer vermittelbar;
das wurde heute hier schon gesagt. Auf den Internetsei-
ten der linken Szene häufen sich Kommentare, die Dis-
tanzierungen, ja sogar Beschimpfungen zum Inhalt ha-
ben.

Ich fasse zusammen: Die Taten sind nicht unter dem
Begriff „Terrorismus“ zu subsumieren. Selbst die linke
Szene spricht den Tätern die Glaubwürdigkeit ab.


(Lars Lindemann [FDP]: Das ist ein Kriterium: dass die linke Szene die Glaubwürdigkeit abspricht?)


Ich möchte jetzt zu den Taten selber kommen. Es han-
delt sich um Brandanschläge auf Bahnanlagen. Meine
Herren und Damen, die Infrastruktur gehört uns allen.
Das heißt, diese Angriffe waren, anders als die Brand-
anschläge auf Pkw, Angriffe auf die Allgemeinheit und
somit auf uns alle hier. Jetzt zitiere ich jemanden aus Ih-
ren Reihen, aus der Regierungskoalition: Sie haben völ-
lig richtig gesagt, dass die Täter weder links noch poli-
tisch noch pazifistisch sind. Sie haben recht: Es sind
kriminelle, radikalisierte Einzeltäter, denen man mit al-
len zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln
begegnen muss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ich bin gespannt, wann der nächste rechtsextreme Anschlag kommt und ob Sie dann genauso reden!)


Doch was müsste die Bundesregierung nun in diesem
Fall tun? Verantwortungsvoll wäre es, ehrlich zu infor-
mieren. Was tun Sie? Sie sind von einem ehrlichen La-
gebild meilenweit entfernt. Dadurch rufen Sie Trittbrett-
fahrer und Nachahmer hervor. Das, meine Herren und
Damen, ist brandgefährlich.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])


Wir haben aber auch Chancen, die wir ergreifen müs-
sen. Erstens haben wir die Chance, die Täter zu ermit-
teln; wir haben gestern im Fachausschuss gehört, dass
das auf dem Wege ist. Zweitens müssen wir das Thema
Bevölkerungsschutz angehen. Wir müssen uns in
Übungsszenarien dem Problem von Angriffen auf die
Verkehrsinfrastruktur widmen. Drittens müssen wir im
Fachausschuss mit dem Bundesamt für Bevölkerungs-
schutz und Katastrophenhilfe bzw. mit seinem Leiter,
dem Fachmann Christoph Unger, über Aufgaben, Struk-
turen und Chancen des Amtes reden.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713312900

Würden Sie zum Schluss kommen, bitte?


Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1713313000

Viertens müssen wir die Bevölkerung ehrlich infor-

mieren und nicht, wie es die Regierung tut, Sprechblasen
produzieren; Sie tun das seit zwei Jahren. Reden können
Sie gut. Aber Reden ist Silber, verantwortungsvolles
Handeln wäre Gold.

Danke schön.





Kirsten Lühmann


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713313100

Vielen Dank, Frau Kollegin Kirsten Lühmann. – Jetzt

für die Fraktion der FDP unser Kollege Patrick Döring.
Bitte schön, Kollege Patrick Döring.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1713313200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Kollegin Lühmann fordert hier ein ehrliches Lagebild
ein; ich will versuchen, meinen Beitrag dazu zu leisten.
Zu einem ehrlichen Lagebild gehört dazu, dass – wie
auch in der Rede soeben sowie in den Reden der Kolle-
gin Jelpke und des Kollegen Wieland – ganz offensicht-
lich ein Unterschied zwischen den Gewalttaten, die in
dieser Stadt von einem bestimmten politischen Spektrum
ausgehen, und anderen Gewalttaten in anderen Teilen
Deutschlands gemacht wird. Eben wurde sogar der Ein-
druck erweckt, die Anschläge gegen die Bahn seien ge-
sellschaftlich mehr zu ächten als Anschläge gegen Fahr-
zeuge.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn gehört?)


Es ist ein Problem dieser Gesellschaft, dass hier solche
Reden gehalten werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer noch nicht einmal zuhören kann, hat zu einem Lagebild gar nichts beizutragen!)


Zum ehrlichen Lagebild gehört dazu, dass der grüne
Abgeordnete Benedikt Lux im Abgeordnetenhaus in
Berlin sagt, das Abbrennen von Pkw in Berlin sei ein
Konjunkturprogramm der besonderen Art. Das gehört
zum Lagebild; das ist das Problem dieser Gesellschaft,
liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat das abgelehnt!)


Ich sage ganz deutlich: Zum ehrlichen Lagebild ge-
hört auch, geschätzter Kollege Wieland, dass Sie hier er-
neut das Thema Extremismusklausel aufgegriffen haben.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Es ist für die drei Oppositionsfraktionen offensichtlich
eine Unzumutbarkeit, dass diejenigen, die Mittel aus
dem Bundeshaushalt empfangen wollen, ihre Zustim-
mung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung er-
klären. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, spricht in
Bezug auf Ihre Haltung Bände; das ist das Problem, mit
dem wir es hier zu tun haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für jedes Lagebild braucht man einen kühlen Kopf! Der fehlt Ihnen!)


Die Deutsche Bahn ist ein Unternehmen, das dem
Bund gehört. Die Infrastruktur, die angegriffen wurde
– das hat die Kollegin Lühmann richtig festgestellt –, ge-
hört dem Bund und wurde mit Steuermitteln errichtet.
Das Unternehmen, das dem Bund gehört, hat bereits jetzt
mehr als eine halbe Million Euro in die Hand genom-
men, um zusätzliche Abwehr- und Sicherheitsmaßnah-
men zu ergreifen. Der Bund hat durch seine Sicherheits-
behörden erheblichen Aufwand betreiben müssen. Klar
ist: Wenn es in diesem Haus keine deutliche Abgrenzung
von dieser Art von Gewalt gibt,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir doch unentwegt getan!)


dann werden wir es nicht schaffen, 34 000 Kilometer
Schienennetz in Ordnung zu halten und zu schützen.
Vielmehr würden wir signalisieren: Macht an anderer
Stelle weiter! Wir als Koalition sagen: Wir wollen nicht,
dass diese Gewalttaten verharmlost werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Es wäre schön, wenn die Koalition mal was sagt!)


Die taz, die hier in Berlin erscheint, hat den Beken-
nerbrief eine „stilistisch gelungene Abhandlung“ über
das Leiden am Kapitalismus genannt.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ja, unglaublich!)


Einige Redner aus den Oppositionsfraktionen haben das
in Verbindung mit den Demonstrationen gegen das kapi-
talistische System gebracht. Ich hätte mir schon ge-
wünscht, dass auch einer von Ihnen sagt: In der sozialen
Marktwirtschaft geht es den Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern besser als in allen anderen wirtschaftlichen
und politischen Systemen der Welt.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das damit zu tun?)


Das gehört zur Wahrheit dazu. Das sollte man auch hier
einmal benennen, anstatt den Eindruck zu erwecken, als
gehörte das alles irgendwie zusammen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben zum Thema geredet! Das ist der Unterschied! – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Jetzt verstehe ich, warum die FDP da steht, wo sie steht!)


Das große Problem in dieser Auseinandersetzung ist,
dass Sie ganz offensichtlich in Kauf nehmen, dass zu-





Patrick Döring


(A) (C)



(D)(B)

nächst Autos und dann Bahnanlagen brennen und dann
später auch noch andere Dinge passieren.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unverschämtheit! – Zuruf von der FDP: Ja, doch! Die Linken sind die geistigen Urheber des Ganzen! Natürlich!)


Ich sage deutlich: Das ist der Grund, warum wir die Ak-
tuelle Stunde für wichtig gehalten haben.

Ja, diejenigen, die die Brandanschläge auf die Bahn-
anlagen verübt haben, sind wirr. Sie sind wahrscheinlich
viel weniger politisch, als wir vermuten. Wenn man den
Brief liest, der sich gegen Leistungsdruck und Arbeits-
zwang wendet und die Entschleunigung von Berlin for-
dert, dann ist das an Unoriginalität und an Merkwürdig-
keit kaum noch zu überbieten. In einem Punkt bin ich
mir mit dem Kollegen Wieland allerdings einig: Solch
ein Geschwurbel hätte die RAF der deutschen Öffent-
lichkeit wahrscheinlich erspart.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte keine Sehnsucht!)


Es zeigt natürlich auch: Den Eindruck zu erwecken, das
alles seien irgendwelche Wirrköpfe, mit denen das poli-
tische Spektrum, zumindest Teile der Linkspartei, aber
auch Teile der Grünen, nichts zu tun hat, das ist dieses
Hauses nicht würdig.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind des Hauses nicht würdig!)


Deshalb wäre ich sehr dankbar, wenn wir in der Diskus-
sion, in der es um Anschläge gegen Eisenbahnanlagen,
gegen Fahrzeuge und gegen Infrastrukturen geht,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident! Redezeit! Das sind gefühlt schon zehn Minuten!)


deutlich machen, dass wir in diesem Haus dies verurtei-
len. Dies verlangen wir in ganz besonderer Weise von al-
len, die hier auf demokratischer Grundlage ihrer Arbeit
nachkommen. Ich jedenfalls hoffe sehr, dass die Telefon-
nummern, die zur Lossagung von der linksextremisti-
schen Szene dienen sollen, nicht in die Kreisgeschäfts-
stellen der Linkspartei und der Grünen führen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713313300

Vielen Dank, Kollege Patrick Döring. – Jetzt für die

Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege Swen
Schulz. Bitte schön, Kollege Swen Schulz.


(Beifall bei der SPD)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1713313400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kol-
lege Döring, ich weiß nicht, was diese Art von Scharf-
macherei hier soll.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Sie haben doch verharmlost!)


Um es klar zu sagen: Es gibt kein Motiv, keine Begrün-
dung für die Rechtfertigung solcher Taten. Sie sind kri-
minell und gemeingefährlich. Wir verurteilen solche An-
schläge, egal ob auf Bahngleise oder auf Autos, egal ob
von rechts oder von links; da gibt es kein Vertun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Das klang bei Frau Jelpke aber ganz anders!)


Es handelt sich nicht „nur“ um Gewalt gegen Sachen.
Was hätte denn passieren können, wenn Signalanlagen
ausgeschaltet werden, wenn die Kommunikation gestört
wird? Es war großes Glück, dass kein Mensch zu Scha-
den kam. An dieser Stelle ein herzlicher Dank an alle
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn und an die
Sicherheitskräfte, die so umsichtig agiert und Schlimme-
res verhindert haben! Ich glaube, das sollte man hier be-
tonen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Kai Wegner [CDU/ CSU]: Dass die Linken nicht klatschen, ist schon traurig!)


Nun gibt es die Diskussion, ob es sich dabei um Ter-
rorismus handelt oder nicht. Zunächst einmal ist festzu-
stellen: Es ist zweitrangig, wie wir das nennen, vor allem
den Bürgerinnen und Bürgern ist es völlig egal. Sie wol-
len zu Recht, dass wir alles Mögliche dafür tun, dass die
Sicherheit gewährleistet ist. Das ist doch das Entschei-
dende.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Patrick Döring [FDP]: So ist das!)


Man muss trotzdem einmal fragen, was hinter dieser
Begriffsdebatte steckt. Zunächst einmal an Sie, Herr
Kollege Döring: Auf der einen Seite ist vollkommen
klar, dass solche Taten nicht verharmlost werden dürfen
nach dem Motto: Die wollten ja keine Menschen gefähr-
den, und die Ziele sind doch möglicherweise richtig.


(Patrick Döring [FDP]: Dorthin müssen Sie sprechen! Nicht zu uns! – Zuruf von der CDU/ CSU: Zu den Linken!)


– Regen Sie sich doch nicht auf!


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Herr Döring regt sich immer auf!)


Ich bin doch vollkommen Ihrer Meinung. – Eine solche
Rhetorik wäre der vollkommen falsche Weg. Wir dürfen
solchen Leuten, solchen Ideologien keinen Millimeter
Spielraum lassen.


(Zuruf von der FDP: Das machen wir auch nicht!)


Da darf es keine Missverständnisse geben.


(Beifall bei der SPD)






Swen Schulz (Spandau)



(A) (C)



(D)(B)

Auf der anderen Seite dürfen wir solche Anschläge
sozusagen nicht hochreden. Viele aus der Koalition
kommen mit gewaltigen Begriffen wie „Terrorismus“
und „RAF“. Der Kollege Luczak beispielsweise spielt
hier den starken Mann und will aus dieser Situation ganz
offensichtlich politisches Kapital schlagen.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist Ihr Koalitionspartner hier!)


Das ist der falsche Weg. Mit Hysterie helfen Sie nieman-
dem. Im Gegenteil: Sie müssen sich fragen, ob Sie das
Spiel der Extremisten nicht sogar ein Stück weit mitspie-
len. Das geht so nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Jetzt sind wir noch schuld! Schönen Dank!)


Gucken wir uns das Ganze einmal an: Der Bundes-
innenminister hat in seiner ersten Stellungnahme über-
haupt nicht von Terrorismus geredet. Erst später, als er
gehört hat, dass viele aus der CDU/CSU-Fraktion von
Terrorismus gesprochen haben, hat er in einem Interview
rhetorisch ein bisschen aufgemuskelt. Aber auch bei der
Titelgebung dieser Aktuellen Stunde ist von Terrorismus
wieder nicht die Rede. Ich nehme es einmal als hoff-
nungsvolles Zeichen, dass vielen von Ihnen von der Re-
gierungskoalition bei den Geistern, die Sie da herbeiru-
fen, selbst nicht ganz wohl ist.

Es kommt darauf an, dass wir klar, realistisch und
nüchtern analysieren und dann die Gewalttaten konse-
quent bekämpfen, und zwar ohne Verharmlosung und
ohne Übertreibung. Das ist der sachlich richtige Weg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die entschiedene öffentliche Stellungnahme ist die
erste Maßnahme, wenn man so will, zur Bekämpfung
solcher Gewalttaten. Die zweite Maßnahme setzt dann
bei den Sicherheitsbehörden und in diesem Fall auch bei
der Bahn an. Es muss dann näher besprochen werden, in-
wiefern etwa eine Videoüberwachung oder die Einzäu-
nung von Anlagen sinnvoll sind.

Natürlich stellt sich auch die Frage nach der Personal-
ausstattung der Sicherheitskräfte und der Polizei. In die-
sem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass
die Bundespolizei gerade in Berlin und im Berliner Um-
land in den letzten Jahren im Bereich der Bahn sehr aus-
gedünnt wurde. Sie ist unterbesetzt. Die CDU und die
FDP – Herr Luczak jetzt wieder – kritisieren ja immer,
dass der rot-rote Senat zu wenig Polizei zur Verfügung
stelle. Ich denke, Sie sollten den Mund nicht zu voll neh-
men, sondern vor der eigenen Haustür kehren und hier
im Deutschen Bundestag dafür sorgen, dass die Bundes-
polizei ordentlich ausgestattet ist.


(Beifall bei der SPD)


Bei alledem müssen wir auch an Folgendes erinnern:
Es ist klar, dass man Gewalt letztendlich nicht ausschlie-
ßen kann. Bei allem Engagement, bei allem, was wir da
einsetzen: Totale Sicherheit gäbe es vielleicht nur in ei-
nem totalen Staat, und den wollen wir alle wohl nicht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713313500

Vielen Dank, Kollege Swen Schulz. – Der nächste

Redner ist der Parlamentarische Staatssekretär Enak
Ferlemann für die Bundesregierung. Bitte schön, Kol-
lege Enak Ferlemann.

E
Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1713313600


Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine sehr verehr-
ten Damen und Herren! Die Vorfälle rund um die Brand-
anschläge auf Gleisanlagen sind Thema im Verkehrsaus-
schuss des Deutschen Bundestages gewesen und, Frau
Kollegin Lühmann, auf Wunsch aller Fraktionen dort be-
handelt worden. Grundlage der Diskussion war ein Be-
richt unseres Hauses zu den derzeitigen Sachständen in
diesem Zusammenhang.

Zunächst vielleicht etwas zu den Daten, um ein biss-
chen zur Versachlichung der Diskussion beizutragen.
Wir haben in Deutschland ein Eisenbahnnetz von etwa
34 000 Kilometern, das man schlechterdings nicht, wie
von manchen vorgeschlagen, durch Zäune schützen
kann. Allein die DB AG transportiert etwa 5,3 Millionen
Fahrgäste pro Tag und knapp unter 2 Milliarden Fahr-
gäste pro Jahr. Pro Tag sind 26 700 Züge im Personen-
nah- und -fernverkehr und etwa 5 100 Güterzüge im Ein-
satz. Man kann daran sehen, wie kompliziert, aber auch
wie bedeutsam das System Schiene für unsere Volks-
wirtschaft ist. Von den Auswirkungen der Anschläge
waren mehr als 2 600 Züge betroffen. Dadurch ergaben
sich über 70 000 Verspätungsminuten.

Das macht deutlich, dass das, was mein Bundesminis-
ter, Dr. Peter Ramsauer, ausgeführt hat – er hat gesagt,
dass wir es mit einer neuen Dimension zu tun haben –,
durchaus seine Berechtigung hat. Das hatten wir in die-
ser Art und Weise bisher noch nicht.


(Patrick Döring [FDP]: So ist das!)


Es handelt sich um eine Art der politischen Auseinander-
setzung, die wir in Deutschland bisher so nicht kannten.
Deswegen darf man allen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern der DB AG und den Sicherheitskräften sehr dankbar
sein, dass sie dafür gesorgt haben, dass nicht mehr pas-
siert ist und der Schaden in Grenzen gehalten werden
konnte. Gleichwohl werden wir uns auf diese neue Situa-
tion einstellen müssen. Ich denke an gezielte Aktionen,
die Verstärkung der Kräfte oder andere Maßnahmen.

Es bleibt aber die Sorge, dass sogenannte Nachah-
mungsaktionen folgen. Eine haben wir schon gehabt, in
Niedersachsen. Dort hat man Ähnliches getan. Auch dort
konnten sehr umsichtige Mitarbeiter der DB AG den
Schaden eingrenzen. Das Problem dürfte damit aber
noch nicht behoben sein.





Parl. Staatssekretär Enak Ferlemann


(A) (C)



(D)(B)

Deswegen ist es wichtig, dass wir uns immer wieder
bewusst machen, dass bei solchen Anschlägen bewusst
Menschenleben in Gefahr gebracht werden, dass auch
Unglücke provoziert werden. Stellen Sie sich einmal vor,
ein mit schwerem Material beladener Güterzug entgleist
durch eine solche Aktion und verursacht einen schweren
Unfall. Reisende wie auch die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter werden bewusst gefährdet. Deswegen verur-
teilen wir als Verkehrsressort diese Aktionen aufs
Schärfste. Das sind menschenverachtende Aktionen, und
die sind durch nichts zu entschuldigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch mit linker Ideologie sind sie nicht zu begründen.
Anschläge auf die Infrastruktur – darum handelt es sich
hier – betreffen immer die gesamte Gesellschaft, weil
die Schäden nicht nur Berlin oder den Großraum Berlin
treffen. Aufgrund der Verkettung und Verknotung des
Bahnsystems sind die Folgen vielmehr in ganz Deutsch-
land spürbar. Deshalb ist es eine gesellschaftliche Auf-
gabe, dem Einhalt zu bieten.

Genau deswegen sind Diskussionen darüber, was geht
und was nicht, gefährlich. Ich kenne Kolleginnen und
Kollegen von der Linken, die das sogenannte Schottern
im Rahmen von Castortransporten gut finden. Auch da-
bei geht es um die Infrastruktur. Da wird so getan, als
wäre das Schottern geradezu eine gute Tat. Dadurch
wird das gesellschaftliche Klima beeinflusst. Aus die-
sem Umfeld heraus erfolgen solche Taten. Das resultiert
daraus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man muss aufpassen, weil in dieser Szene alles mitei-
nander vermischt wird, das angeblich gesellschaftlich
gewünschte, „gute“ Schottern und das vermeintlich ge-
ächtete Verüben eines Anschlags in Berlin. Nein, das ge-
hört zusammen. Deshalb müssen wir uns von diesen
Dingen klar distanzieren.

Gleichwohl: Da wir auf diese Situation vorbereitet
sind, können die Menschen die Verkehrsmittel in
Deutschland benutzen. In Deutschland kann man guten
Gewissens die Straße sowie die Schienen-, Luft- und
Wasserwege nutzen, dank der vielen guten und fleißigen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsdienste
und dank der vielen guten und fleißigen Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713313700

Vielen Dank, Kollege Enak Ferlemann. – Nächster

Redner für die Fraktion der CDU/CSU ist unser Kollege
Stephan Mayer. Bitte schön, Kollege Stephan Mayer.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1713313800

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegin-

nen! Sehr geehrte Kollegen! Zunächst einmal möchte ich
festhalten: Es ist richtig und gut – das sage ich insbeson-
dere an Ihre Adresse, Frau Kollegin Lühmann –, dass
diese Aktuelle Stunde stattfindet. Manche Beiträge von-
seiten der Opposition bestärken mich in der Annahme,
dass es richtig war, diese Aktuelle Stunde zu beantragen.


(Patrick Döring [FDP]: So ist das!)


Die Brandanschläge in Berlin und in Brandenburg in
der vergangenen Woche waren schwerwiegende, heimtü-
ckische, feige und widerwärtige Straftaten. Sie waren ein
Angriff auf das Gemeinwohl und auf unsere freiheitlich-
demokratische Grundordnung. Ich möchte betonen:
Glücklichen Umständen, insbesondere der Tatsache, dass
es in der betreffenden Nacht geregnet hat, ist es zu ver-
danken, dass kein Personenschaden entstanden ist. Der
verursachte Schaden – auch das möchte ich betonen –
war aber durchaus immens: Insgesamt waren mehr als
2 600 Züge von den Anschlägen betroffen. 150 Züge sind
sogar komplett ausgefallen. Insgesamt gab es ungefähr
70 000 Verspätungsminuten. Zehntausende Pendler sind
in diesen vier Tagen zu spät zum Arbeitsplatz, zur
Schule, zum Kindergarten und zu spät zu privaten oder
beruflichen Verpflichtungen gekommen. Deshalb ist es,
werter Herr Kollege Gunkel, keine Dramatisierung, wenn
wir darauf hinweisen, dass es einer deutlichen Distanzie-
rung des gesamten Hauses von derartigen, extremisti-
schen Straftaten bedarf.

Ich bin mir auch sicher – das sage ich ganz offen –,
dass die Betroffenen keinerlei Verständnis dafür haben,
dass wir hier eine akademische Diskussion darüber füh-
ren, ob es sich nun um extremistische oder um terroristi-
sche Straftaten gehandelt hat. Ich bin mir sicher, dass es
jemandem, der in einem der betreffenden Züge saß oder
damit fahren wollte, vollkommen egal ist, ob er nun von
linkem Extremismus oder von linkem Terrorismus be-
troffen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Vollständigkeit halber möchte ich darauf hinwei-
sen, dass es der Gesetzesänderung durch Rot-Grün im
Jahr 2003 zu „verdanken“ ist – § 129 a Abs. 2 des Straf-
gesetzbuches wurde dahin gehend verändert –, dass
solch eine Straftat nun nicht mehr als Straftat einer terro-
ristischen Organisation zu verfolgen ist. Hier ist durch-
aus eine akademische und rechtspolitische Debatte zu
führen, ob diese Gesetzesänderung, die von Ihnen 2003
vorgenommen wurde, richtig ist.

Abgesehen von dieser akademischen Debatte müssen
wir uns dem Problem von Grund auf zuwenden. Ich
halte es für schockierend und – das sage ich ganz offen –
für unerträglich, dass manche Politiker, insbesondere
Sie, Frau Kollegin Jelpke, diese Anschläge und vor al-
lem die Motive der Gruppe sogar noch verharmlost ha-
ben, indem Sie gesagt haben, dass Sie durchaus der Mei-
nung seien, dass die Ziele, die diese Gruppe verfolge,
richtig seien. Das ist aus meiner Sicht eine unfassbare
und unhaltbare Aussage. Ich erwarte hier von Ihnen eine
ganz eindeutige Distanzierung von diesen widerwärtigen
Straftaten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)






Stephan Mayer (Altötting)



(A) (C)



(D)(B)

Es darf kein Verständnis, keine Rechtfertigung und keine
wie auch immer geartete, vielleicht sogar subtile Be-
gründung für derartige Straftaten geben.

Ich muss auch ganz deutlich sagen: Die Ankündigung
der Gruppe „Hekla“, dass man Berlin in einen Pausen-
modus versetzen wolle, ist an Zynismus und Verhöh-
nung nicht mehr zu übertreffen. Eines ist klar: Diese
Brandanschläge waren kein Dummejungenstreich. Der
Umstand, dass 18 Brandsätze angebracht wurden, bau-
gleich waren und sogar zur gleichen Zeit detonieren
sollten, lässt den Schluss zu, dass in der betreffenden
Gruppe ein durchaus hoher Organisationsgrad vorhan-
den ist. Es ist unmissverständlich festzuhalten, dass sich
insbesondere die linksextremistische Szene in Berlin
stärker konzertiert hat und auch eine stärkere strukturelle
Bindung in dieser Gruppe vorhanden ist.

Heute wurde schon darauf hingewiesen: Es gab in der
vergangenen Woche zwei Vorfälle. Der eine Vorfall war
der angebliche Skandal um den Staatstrojaner, über den
sich die ganze Republik echauffiert hat. Ich möchte klar-
stellen: Sowohl in der gestrigen Debatte im Innenaus-
schuss als auch in der Aktuellen Stunde gestern hat sich
gezeigt, dass dies alles heiße Luft ist.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na, na! – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was!)


Es wurde klargestellt, dass an den Vorwürfen nichts dran
ist. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich auch nur ein
Polizeibeamter strafrechtlich oder disziplinarrechtlich zu
verantworten hat.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Und der bayerische Innenminister?)


Der andere Vorfall – dessen Bedeutung war meines Er-
achtens leider niederschwelliger – waren die Brandan-
schläge in Berlin. Ich möchte noch einmal deutlich ma-
chen: Diese Brandanschläge haben insbesondere bei der
DB AG ganz konkret Schaden, Millionenschaden verur-
sacht und, wie schon erwähnt, Zehntausende Pendler
und Fernreisende unmittelbar in ihren Persönlichkeits-
rechten betroffen.

Es ist in aller Deutlichkeit festzuhalten, dass es in
Deutschland einen erheblichen Anstieg der linksextre-
mistisch motivierten Gewalt gibt. Frau Kollegin
Lühmann, Sie haben auf das Jahr 2010 abgehoben. Ich
möchte das Lagebild des ersten Quartals 2011 erwähnen:
Es gibt einen deutlichen Anstieg der Zahl der Straftaten
im Vergleich zum ersten Quartal 2010, nämlich um
39 Prozent, und einen Anstieg der Zahl der linksextre-
mistisch motivierten Gewalttaten im Vergleich zum Vor-
quartal sogar um 68 Prozent.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713313900

Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1713314000

Dies zeigt ganz klar: Es gibt einen deutlichen Anstieg

der Gefahren, die uns aus dem Bereich des Linksextre-
mismus drohen. Dieses Problems müssen wir uns be-
hende, stringent und deutlich annehmen. Deswegen er-
warte ich von diesem Haus ohne Wenn und Aber eine
ganz klare und unmissverständliche Distanzierung von
diesen unsäglichen und unmöglichen Straftaten.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713314100

Vielen Dank, Kollege Stephan Mayer. – Jetzt der

letzte Redner unserer Aktuellen Stunde, Kollege Armin
Schuster für die Fraktion der CDU/CSU. Bitte schön,
Herr Kollege.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1713314200

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn der
Generalbundesanwalt anlässlich der jüngsten Brandan-
schlagsserie ein Ermittlungsverfahren wegen des Ver-
dachts der verfassungsfeindlichen Sabotage einleitet,
dann ist das meines Erachtens Anlass genug, im Deut-
schen Bundestag wohltemperiert – Herr Schulz, da ha-
ben Sie recht – eine politische Bewertung hierzu abzuge-
ben. Es ist auch Anlass genug für eine Bewertung des
Umgangs mit politisch motivierten Straftaten, in diesem
Fall mit Straftaten aus der linken Ecke unserer Gesell-
schaft.

Durch die 18 Brandvorrichtungen – es heißt übrigens
„unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen“,
Frau Jelpke; das heißt aber nicht, dass sie dilettantisch
sind – sind bisher keine Personen zu Schaden gekom-
men. Diese Angriffe zielten ganz offensichtlich zunächst
auf die Infrastruktur. Die Täter wollten Teile unserer Ge-
sellschaft lahmlegen und uns zu einer Verhaltensände-
rung zwingen.

Meine Damen und Herren, ein Angriff auf die Infra-
struktur ist schon heute – erst recht allerdings in der Zu-
kunft – die Sicherheitsbedrohung schlechthin für eine mo-
derne Gesellschaft. Nirgendwo sind wir verletzlicher als
bei der Infrastruktur. Kommunikationsnetze, Energielei-
tungen und Verkehrswege werden immer mehr zu Haupt-
schlagadern, die sehr verletzlich sind. Die 34 000 Kilo-
meter Bahnnetz sind dafür ein Beleg. Hier kann mit
begrenztem Mittelaufwand ein sehr großer Schaden ange-
richtet werden. Die Gefahr für die Täter, auf frischer Tat
ertappt zu werden, ist zunächst gering.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Weil Sie bei der Polizei Stellen abgebaut haben!)


Wir müssen schon aus sicherheitsstrategischen Grün-
den mit größter Entschiedenheit gegen die Täter vorge-
hen. Es muss auch für die Zukunft jedem klar sein, dass
der Staat hier bei niedrigster Einschreitschwelle null To-
leranz walten lassen wird. In diesem Sinne werden die
Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit tun. Ich bin zuver-
sichtlich, dass sie die Zusammenhänge in diesem Fall
aufklären werden.





Armin Schuster (Weil am Rhein)



(A) (C)



(D)(B)


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir auch!)


Das ist für mich im Moment das wichtigste Signal und
nicht das Führen einer politischen Diskussion über Ter-
rorismus etc.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat sie denn angefangen? Herr Ramsauer!)


Was mir darüber hinaus politisch Sorge bereitet, ist
der schon seit längerem festzustellende zuweilen leicht-
fertige Umgang einiger Politiker und Medienvertreter
mit dem Thema „linke Gewalt“.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ramsauer war der Erste!)


Ich warne hier vor einem rhetorischen Dammbruch. Wir
dürfen linke Gewalt nicht verharmlosen oder gar recht-
fertigen. Politisch motivierte Verbrechen sind Verbre-
chen – Punkt. Gewalt gegen Menschen oder Sachen wer-
den wir nicht tolerieren.

Gewalt gegen Sachen, wie in Berlin, ist leider oft die
Vorstufe von Gewalt gegen Personen. Dass die Zahl
linksextremistischer Gewalttaten ansteigt – 2010 war nur
eine kleine Delle zu verzeichnen; die Zahl steigt wieder
stark an –, muss ich nicht wiederholen. Hier muss eine
wehrhafte Demokratie wachsam bleiben. Sie muss Ver-
fassungsfeinde von rechts wie von links ohne Unter-
schied bekämpfen. Doch auf dem linken Auge scheinen
einige blind zu sein oder zumindest Sehstörungen zu ha-
ben; denken wir nur an die Übergriffe Autonomer auf
Polizisten im Februar dieses Jahres in Sachsen.

Dass es sogar Parlamentarier gibt, die das Durchbre-
chen von Polizeiketten als „Durchfließen“ rhetorisch
verniedlichen, muss einem doch zu denken geben. Kein
Politiker darf linke oder gar linksextremistische Gewalt,
ob vorsätzlich oder unbedacht, rhetorisch wieder salon-
fähig machen. Wer zum Beispiel jahrelang eine Sicher-
heitspolitik wie Rot-Rot in Berlin macht, sollte sich
nicht wundern, wenn ihm dieses Problem in zunehmen-
dem Maße auf die Füße fällt. Man hatte allzu lange den
Eindruck, dass Hausbesetzer und brennende Autos hier
ein Teil der Lokalfolklore sind.


(Patrick Döring [FDP]: Ja! So ist das! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nun warten Sie mal ab, wie es mit den brennenden Autos weitergeht!)


Ich bin dankbar, dass die SPD eine sehr richtige Ent-
scheidung getroffen und bei Ihnen ein Umdenken einge-
setzt hat. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die neue rot-
schwarze Landesregierung die Fehler der Vergangenheit
korrigieren und dem Thema Sicherheit in dieser Stadt
ein neues Gesicht geben wird.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man hat ja schon einen Polizeipräsidenten gegen den Willen der CDU ernannt!)

Ich muss das jetzt sagen, Herr Gunkel: Sie haben sogar
schon angefangen. Ich finde es zwar nicht gut, dass die
CDU daran nicht beteiligt ist, aber die Sache mit dem
neuen Polizeipräsidenten lässt einiges erwarten.

Ein Gedanke zum Abschluss. In der Süddeutschen
Zeitung wurde diese Woche kommentiert, die Politik be-
handle das Thema „innere Sicherheit“ stiefmütterlich.
Ich kann diese Einschätzung zum Teil nachvollziehen.
Wir dürfen dieses Feld nicht den Talkshows überlassen.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Kritisieren Sie da etwa den Ausschussvorsitzenden?)


Hier ist der Ort, an dem wir fachlich über innere Sicher-
heit debattieren sollten. In dieser Woche tun wir dies be-
reits zum zweiten Mal. Das macht mir keine Sorge, son-
dern ermutigt mich. Gerne würde ich dies künftig
häufiger zu solch prominenter Zeit tun, auch dann, wenn
es vorher kein mediales Vorkommnis gegeben hat.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Macht doch! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na los! Ihr habt doch die Mehrheit! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Oh ja! Wir reden jetzt jede Woche über Linksextremismus!)


Mein Fazit: Das war eine gute Woche für die Innen-
politik in Deutschland und für den Deutschen Bundes-
tag.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713314300

Vielen Dank, Kollege Armin Schuster. Sie waren der

letzte Redner in unserer Aktuellen Stunde.


(Armin Schuster [Weil am Rhein] [CDU/ CSU]: Punktlandung!)


– Ja, genau. Das war eine Punktlandung. Wir sind Ihnen
sehr dankbar, dass Sie Ihre Rede auf die Sekunde genau
beendet haben.

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 a und b auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

– Drucksache 17/6000 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(13. Ausschuss)


– Drucksache 17/7387 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Erwin Rüddel
Petra Crone
Miriam Gruß
Heidrun Dittrich
Katja Dörner





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) (C)



(D)(B)

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/7388 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Mattfeldt
Rolf Schwanitz
Florian Toncar
Steffen Bockhahn
Sven-Christian Kindler

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Kathrin
Senger-Schäfer, Dr. Martina Bunge, Matthias W.
Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE

Bezahlte Pflegezeit einführen – Organisation
der Pflege sicherstellen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth
Scharfenberg, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf
verbessern – Pflegende Bezugspersonen wirk-
sam entlasten und unterstützen

– Drucksachen 17/1754, 17/1434, 17/7391 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Willi Zylajew

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein
Entschließungsantrag der Fraktion der Sozialdemokraten
vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Sie alle
sind damit einverstanden. Dann ist das auch so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erstes hat in unserer
Debatte Frau Bundesministerin Dr. Kristina Schröder für
die Bundesregierung das Wort. Bitte schön, Frau Bun-
desministerin.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im
Januar 2010 habe ich hier im Deutschen Bundestag
meine erste Rede als Bundesfamilienministerin gehalten.
Ich habe damals angekündigt, dass ich ein lange ver-
nachlässigtes Problem aufgreifen will, nämlich die Ver-
einbarkeit von Pflege und Beruf.


(Caren Marks [SPD]: Ist leider nichts daraus geworden! Viel angekündigt und nichts gemacht!)


Dieses Versprechen habe ich gehalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Wir verabschieden heute ein Gesetz, das vielen pfle-
genden Angehörigen helfen wird. Mit der Einführung
der Familienpflegezeit können sich Menschen Zeit für
Pflege nehmen, ohne allzu große finanzielle Einbußen
hinnehmen und ohne Angst haben zu müssen, ihren Ar-
beitsplatz zu verlieren. Das ist ein innovatives Modell,
das die Bürgerinnen und Bürger entlastet, ohne unsere
sozialen Sicherungssysteme zusätzlich zu belasten.

Wir setzen damit auf Hilfe zur Selbsthilfe statt auf
neue Schulden zulasten künftiger Generationen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Aber zulasten der Frauen!)


Durch genau diese Schuldenpolitik ist der Sozialstaat in
die Krise geraten. Deswegen brauchen wir neue Wege,
um ihn zukunftsfähig zu machen. Die Familienpflegezeit
ist ein solcher Weg, um Menschen Zeit für Verantwor-
tung zu geben.

Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, ein realistisches
und an den Bedürfnissen der Menschen orientiertes Kon-
zept zu entwickeln. Auch durch die parlamentarischen
Beratungen der letzten Wochen konnten wir noch einige
wichtige Punkte in den Gesetzentwurf aufnehmen, zum
Beispiel auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Versi-
cherung. Auch hier ganz herzlichen Dank für die gute
Zusammenarbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir doch gerne gemacht!)


Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Mittlerweile
haben die ersten Unternehmen schon angekündigt, dass
sie die Familienpflegezeit zum 1. Januar 2012 einführen
wollen. Die Deutsche Telekom wird dies tun, die Deut-
sche Post wird dies tun, der Automobilzulieferer Conti-
nental wird dies tun, Airbus Deutschland wird dies tun,
und der Stahlhersteller Georgsmarienhütte sowie der
Pharmakonzern Roche haben die Familienpflegezeit be-
reits eingeführt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es sind aber keineswegs nur die großen Unterneh-
men, die die Chancen erkannt haben, die mit der Famili-
enpflegezeit verbunden sind. Gehen Sie doch einmal in
mittelständische Unternehmen, die händeringend nach
Fachkräften suchen. Dort werden Sie genauso wie ich zu
hören bekommen, dass das Thema „Vereinbarkeit von
Pflege und Beruf“ längst im Unternehmensalltag ange-
kommen ist.

Viele Unternehmen wollen ihre Beschäftigten dabei
unterstützen, die Pflege der kranken Mutter sicherzustel-
len. Man muss sie nicht dazu zwingen. Was sie brau-
chen, sind praxistaugliche Instrumente, die wir ihnen an
die Hand geben müssen, und zwar aus einem ganz
schlichten Grund: Es ist kostengünstiger, die Familien-





Bundesministerin Dr. Kristina Schröder


(A) (C)



(D)(B)

pflegezeit anzubieten, als erfahrene, gut ausgebildete
Mitarbeiter gehen lassen zu müssen.

Deshalb bin ich überzeugt: Der Erfolg wird Union
und FDP recht geben. Mit der Familienpflegezeit lassen
wir die Menschen, die ihren Angehörigen einen würdi-
gen Lebensabend schenken wollen, nicht im Stich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, als ich das erste Mal die
Idee der Familienpflegezeit vorgestellt habe, hieß es, der
Familienpflegezeit läge ein veraltetes Familienbild zu-
grunde. Ein veraltetes Familienbild! Die Kritiker haben
damit auch offenbart, was sie unter einem „modernen
Familienbild“ verstehen: Das, was pflegende Angehö-
rige wirklich bräuchten, sei, dass man sie zwei oder drei
Monate von der Berufstätigkeit freistelle, damit sie in
dieser Zeit die Pflege organisieren könnten. Das war bei-
spielsweise ein Vorschlag von Frau Künast, den sie im
Mai letzten Jahres verbreitet hat.

Was heißt das denn? Das heißt, dass in der Welt von
Frau Künast Pflege etwas ist, das nicht mehr zu Hause
stattfindet, sondern was in zwei oder drei Monaten weg-
organisiert wird, damit man danach wieder ungestört sei-
ner Berufstätigkeit nachgehen kann.


(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt überhaupt nicht! Sie haben nichts verstanden, Frau Schröder!)


Das ist kein modernes Familienbild, sondern das ist ein
familienfernes Menschenbild.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Quatsch! Ignoranz hoch zehn! Sie haben von der Lebensrealität keine Ahnung!)


Diese Menschen, die zu Hause pflegen und die das oft
bis an den Rand ihrer physischen und psychischen Leis-
tungsfähigkeit tun,


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Vielleicht könnte man die dabei unterstützen!)


die das sicher auch aus Pflichtgefühl tun, die das vor al-
len Dingen aber aus Liebe tun, können nichts weniger
gebrauchen, als dass wir ihnen ein veraltetes Familien-
bild attestieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christel Humme [SPD]: Wer macht das denn?)


Eine große Mehrheit in diesem Land – das wissen wir
aus Umfragen – will sich um die Pflege ihrer Angehöri-
gen kümmern. Sogar 65 Prozent der Berufstätigen sagen,
dass sie das tun wollen. Fast alle alten Menschen wün-
schen sich, in ihrer vertrauten Umgebung bleiben zu
können, in der sie meistens auf Hilfe angewiesen sind.
Genau das ist doch der familiäre Zusammenhalt, den wir
uns für unsere Gesellschaft wünschen: Menschen, die
sich aufeinander verlassen, Menschen, die füreinander
Verantwortung übernehmen. Mit der Familienpflegezeit
wird die Familie als Verantwortungsgemeinschaft unter-
stützt.


(Beifall des Abg. Norbert Geis [CDU/CSU])


Das unterscheidet Union und FDP von Rot-Rot-Grün.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Gleichzeitig wird mit der Familienpflegezeit auch da-
für gesorgt, dass sich auch mehr Männer in der Pflege
engagieren, denn die Familienpflegezeit ist auf Vollzeit-
berufstätige zugeschnitten. Vollzeitberufstätige sind in
dieser Altersgruppe nun einmal mehrheitlich Männer.

Wir alle kennen Menschen, die zu Hause die hochbe-
tagte Mutter, den vom Schlaganfall gezeichneten Vater
pflegen. Wir alle wissen, dass diese Menschen das aus
Liebe und Dankbarkeit tun. Wir wissen, dass sie das oft
bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit tun. Wir wissen
auch, dass die meisten dieser Menschen berufstätig sind,
dass sie auf ihr Einkommen angewiesen sind und dass
es, wenn sie mit Mitte oder Ende 50 aus dem Beruf aus-
steigen, der sichere Weg in Arbeitslosigkeit und oft auch
in Altersarmut ist. Weil wir das wissen, unterstützen wir
pflegende Angehörige ab dem 1. Januar 2012 mit der Fa-
milienpflegezeit.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713314400

Das Wort hat nun Petra Crone für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Petra Crone (SPD):
Rede ID: ID1713314500

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir be-
sprechen heute ein wirklich wichtiges Thema, ein
Thema, das ganz vielen Menschen unter den Nägeln
brennt und das sicherlich in der Zukunft immer wichti-
ger wird: Wie ist es zu schaffen, einen pflegebedürftigen
Angehörigen, Freund oder Nachbarn zu betreuen und
trotzdem im Beruf zu bleiben? Eines ist klar: Wir dürfen
die Menschen mit ihren oft akuten Problemen nicht al-
leine lassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Ministerin Schröder, Sie haben einen Gesetzent-
wurf vorgelegt, mit dem die Vereinbarkeit von Pflege
und Beruf erleichtert werden soll. Doch dieser Gesetz-
entwurf erfüllt diesen Anspruch nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Er ist leider reine Makulatur; denn es fehlt der Rechtsan-
spruch. Mit anderen Worten: Arbeitgeber können, müs-
sen aber die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf nicht
unterstützen.





Petra Crone


(A) (C)



(D)(B)


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sie tun es doch schon!)


Wofür dann dieser Gesetzentwurf? Wissen Sie nicht,
Frau Schröder, dass es bereits viele freiwillige Vereinba-
rungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gibt,


(Lars Lindemann [FDP]: Und? Ist das schlecht?)


und zwar flexibel und für alle Seiten passend? Allein in
meinem Wahlkreis, im Sauerland, wollen eine Menge
der mittelständischen Familienunternehmen unbedingt
ihre Fachkräfte halten. Dafür wird einiges getan.

Hier zwei Beispiele: Ich war letzte Woche zur Ein-
weihung eines Betriebskindergartens eingeladen, und
auf Wunsch einiger Unternehmen berät die Caritas die
Belegschaft in den Unternehmen in Fällen von Engpäs-
sen bei der Pflege und Betreuung. Daraus ergeben sich
häufig Möglichkeiten und Absprachen, Pflege und Beruf
zu vereinbaren. Diese Unternehmen wissen, dass sich
das lohnt.

Aber andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
haben diese Möglichkeit nicht. Für die wollen wir, will
die SPD-Bundestagsfraktion das Pflegezeitgesetz wei-
terentwickeln. Wir wollen pflegenden Angehörigen oder
anderen nahestehenden Personen ein passgenaues, fle-
xibles Instrument bieten, und zwar ein Budget von 1 000
Stunden, die flexibel eingesetzt werden können – das
entspricht ungefähr sechs Monaten – und die mit einer
von der Allgemeinheit getragenen Lohnersatzleistung
versehen sind.


(Beifall bei der SPD)


Dazu besteht wie bisher die Möglichkeit, kurzzeitig eine
zehntägige Auszeit zur Organisation von Pflege zu neh-
men – die allerdings bezahlt analog dem Kinderkranken-
geld. Denn wir betrachten Pflege und Betreuung als ge-
samtgesellschaftliche Herausforderung, für deren Be-
wältigung wir alle stehen. Wir betrachten sie nicht als
Auszeit nach dem Goodwill des Chefs auf eigenes Ri-
siko.

Frau Ministerin, zu dem von Ihnen vorgelegten Ge-
setzentwurf gab es in unserem Ausschuss eine Experten-
anhörung. Dort ist unsere grundsätzliche Kritik absolut
bestätigt worden.


(Caren Marks [SPD]: Sehr wahr!)


Der Gesetzentwurf ist nicht ausgereift. Die Verbindlich-
keiten fehlen. Er ist viel zu starr.

Ihnen fehlt leider ein Gesamtkonzept für die Verein-
barkeit von Pflege und Beruf. Kein Wunder, denn die
dringend notwendige Pflegereform wurde von Ihrer Re-
gierung vom Sommer in den Herbst, dann in den Winter
und letztlich auf das Frühjahr verschoben. Aber dieser
Skandal soll an anderer Stelle diskutiert werden.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Wird er auch!)


Stattdessen verlieren Sie sich in Ihrem Gesetzentwurf
in versicherungsrechtlichen Detailfragen. Da zitiere ich
einmal aus dem Begründungsteil:
Leistungsausschlüsse oder Leistungseinschränkun-
gen darf die Familienpflegezeitversicherung … für
solche Krankheiten enthalten, für die auch die ge-
setzliche Krankenversicherung Leistungsbeschrän-
kungen bei Selbstverschulden vorsieht. … eine Tä-
towierung oder ein Piercing …

Also, die dürfen sich nicht versichern. Interessant!

Der Personenkreis, sieht man von den Tätowierten
und Gepiercten ab, den Sie vorsehen, ist viel zu eng ge-
fasst und überhaupt nicht mehr zeitgemäß.


(Lars Lindemann [FDP]: Was ist denn das für ein Bild? Haben Sie etwas gegen mein Tattoo?)


– Nein, aber die Frau Ministerin leider!

Man kann nicht mehr nur vom Personenkreis der „na-
hen Angehörigen“ sprechen. Wie viele Nachbarn und
Freunde übernehmen schon heute Verantwortung für
pflegebedürftige Menschen, weil keine Angehörigen
mehr vor Ort wohnen oder es schlicht keine gibt!

Die meisten Pflege- und Betreuungspersonen sind
Frauen. Kaum haben sie die Hürde der Vereinbarkeit von
Kindererziehung und Beruf gemeistert, stehen sie vor
der nächsten, der der Vereinbarkeit von Pflege und Be-
ruf. Und dann droht ihnen noch die Pflegefalle: Teilzeit-
arbeitende, Alleinverdienende und Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen – es sind
meistens Frauen – werden eine jahrelange Reduzierung
ihres Gehaltes kaum in Anspruch nehmen können.

Ich hätte mir zudem eine Aussage dazu gewünscht,
Frau Ministerin, wie das Ungleichgewicht zwischen
Männern und Frauen in der Pflege und in der Betreuung
verringert werden kann. Das eben hat mir nicht ausge-
reicht. Wo sind die Anreize? Wo sind sie sinnvoll? Wie
können Männer gezielt angesprochen werden?

Neben alldem steht leider auch die professionelle
Pflege nicht im Fokus des Gesetzentwurfs. Dabei kommt
ihr eine Schlüsselrolle bei der Vereinbarkeit von Pflege
und Beruf zu. Nur im Zusammenspiel von Betreuung
und Pflege durch nahestehende Personen mit professio-
nellen Diensten wird eine ganzheitliche und gesunde
Pflegesituation sichergestellt.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713314600

Das Wort hat nun Nicole Bracht-Bendt für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Nicole Bracht-Bendt (FDP):
Rede ID: ID1713314700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
2,4 Millionen Menschen sind in Deutschland zurzeit auf
Pflege angewiesen. Mehr als 1,6 Millionen Frauen und
Männer werden zu Hause versorgt. Laut Umfragen wol-





Nicole Bracht-Bendt


(A) (C)



(D)(B)

len 91 Prozent aller Berufstätigen für ihre kranken oder
alten Angehörigen da sein. Pflege und Beruf in Einklang
zu bringen, ist allerdings für viele häufig mit großen
Schwierigkeiten verbunden. Dabei nimmt die Zahl der
Pflegebedürftigen ständig zu.

In wenigen Jahren ist die Wahrscheinlichkeit größer,
einen über 80-Jährigen zu treffen als einen jungen Vater
oder eine junge Mutter mit einem Kinderwagen. 2009
lag der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevöl-
kerung bei 21 Prozent. 2030 werden es bereits 29 Pro-
zent und 2060 voraussichtlich 34 Prozent sein.

Alt sein muss nicht unbedingt ein großes Handicap
sein. Problematisch wird es aber angesichts des drama-
tisch ansteigenden Anteils an pflegebedürftigen Hochbe-
tagten. 2009 betrug der Anteil der über 90-Jährigen
schon 59 Prozent. Deshalb müssen wir etwas tun.

Die Politik hat in den vergangenen Jahren viel für die
Betreuung von Kindern geleistet. Jetzt ist es Zeit, sich
auf die Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur ein-
zustellen.


(Beifall des Abg. Norbert Geis [CDU/CSU])


Mit der Familienpflegezeit hat die Koalition geliefert.
Von dem zeitgemäßen Konzept profitieren alle. Ich wie-
derhole: alle. Die Arbeitgeber profitieren, weil ihnen die
Mitarbeiter erhalten bleiben. Das ist in Zeiten des Fach-
kräftemangels ein sehr wichtiger Aspekt. Damit ist das
Gesetz ein Beitrag, um Arbeitnehmer langfristig an den
Betrieb zu binden. Die Arbeitnehmer profitieren, weil
sie im Beruf bleiben können und den Anschluss nicht
verlieren. Die Pflegebedürftigen profitieren, weil sie in
ihrer gewohnten Umgebung bleiben, was wir alle wün-
schen. Für die Angehörigen schaffen wir die Möglich-
keit, schwer erkrankte Verwandte zu pflegen und dafür
die Berufstätigkeit auf 50 Prozent zu reduzieren, wäh-
rend die finanziellen Einbußen moderat bleiben.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf löst
nicht alle durch die demografische Entwicklung beste-
henden Herausforderungen auf einen Schlag.


(Caren Marks [SPD]: Keines! – Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wirklich nicht!)


Er ist aber ein zentraler Beitrag für die Vereinbarung von
Pflege und Beruf.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In unserer Anhörung im Familienausschuss neulich
äußerten Experten an einigen Punkten Kritik. Das ist
richtig. Diese Anregungen hat das Ministerium aufge-
griffen. Stichwort Flexibilisierung: Es werden nun auch
alle Angestellten mit unregelmäßigen Wochenarbeitszei-
ten erfasst. Stichwort Klarstellung: Nach der Pflegezeit
ist jederzeit die Rückkehr in den Beruf möglich. Auch
die Anregung des DIHK, dem Gesetzentwurf gleich ei-
nen Mustervertrag beizufügen, hat das Ministerium auf-
genommen. Damit schaffen wir Rechtssicherheit und
beugen kostspieligen Klagen vor.

Mit der Familienpflegezeit ist kein Rechtsanspruch
verbunden. Das war uns Liberalen sehr wichtig.

(Caren Marks [SPD]: Dafür haben Sie ja auch gesorgt!)


Die unternehmerische Freiheit darf nicht angetastet wer-
den.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


– Das können Sie natürlich nicht verstehen. Das ist mir
völlig klar.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Caren Marks [SPD]: Das ist ja auch ein bisschen platt!)


– Hören Sie bitte zu! Vielleicht lernen Sie noch etwas.

Das Modell ist für Frauen und Männer attraktiv. Denn
alle, die vorübergehend im Beruf kürzertreten, bleiben
sozialversicherungspflichtig. Die Rentenansprüche blei-
ben auf dem Niveau der Vollzeitbeschäftigung. Das
beugt Altersarmut vor. Das ist insbesondere für Frauen
ein wichtiger Punkt.

Mit der Familienpflegezeit entlasten wir die vielen
Angehörigen, die die Pflege nicht allein Fremden über-
lassen wollen, indem sie Rechtssicherheit erhalten. Wir
entlasten aber auch die Gesellschaft, Medizin und Pfle-
gekassen, und zwar ohne die Gesetzeskeule einzusetzen.

Dieser Gesetzentwurf ist ein wichtiger Beitrag, um
die Herausforderungen der demografischen Veränderun-
gen unserer Gesellschaft als Chance zu nutzen.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713314800

Das Wort hat nun Kathrin Senger-Schäfer für die

Fraktion der Linken.


(Beifall bei der LINKEN)



Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713314900

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im

Jahr der Pflege hat die Regierungskoalition nichts Besse-
res zu tun, als ihre eigenen Befindlichkeiten zu pflegen.
Sie streiten wie die Kesselflicker über Eckpunkte und
Details einer Pflegereform. Der Pflegenotstand besteht
indes munter weiter. Das ist unglaublich.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Caren Marks [SPD]: Regierungsnotstand!)


Heute beraten wir den Gesetzentwurf zum Familien-
pflegezeitgesetz abschließend im Bundestag. Professio-
nelles Arbeiten Ihrerseits hätte bedeutet, in der zurück-
liegenden Zeit die notwendigen Verbesserungen
einzuarbeiten, die von allen Seiten angemahnt wurden.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: So ist es!)


Spätestens als Sie in der öffentlichen Anhörung des
Familienausschusses selbst von Ihren eigenen Sachver-
ständigen zurechtgewiesen wurden, hätten Sie sich dem
offensichtlichen Handlungsdruck beugen müssen. Aber





Kathrin Senger-Schäfer


(A) (C)



(D)(B)

das ist nicht geschehen. Es bleibt für uns bei dem Urteil:
Dieses Gesetz ist ineffektiv, es ist arbeitnehmerfeindlich
und für die Mehrheit der Pflegenden irrelevant.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte Ihnen auch sagen, warum. Der fehlende
Rechtsanspruch ist schon mehrmals in der Debatte er-
wähnt worden. Das ist das, was dieses Gesetz gänzlich
überflüssig macht. Frau Ministerin sagte, es sei ein realis-
tisches Gesetz. Ich aber frage Sie: Was macht die Sekre-
tärin in einem Betrieb, wenn sie Pflegezeit in Anspruch
nehmen will und das Unternehmen aus betrieblichen
Gründen Nein sagt? Wie stellen Sie sich die Lösung vor:
Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder doch lieber
Heimunterbringung? In klassischen Beschäftigungsver-
hältnissen gilt nämlich folgender Grundsatz: Werden
Frau Schneider oder Frau Schröder erwerbsunfähig, so
ist der Arbeitslohn, der im Voraus gezahlt wurde, nach
geltendem Arbeitsrecht nicht zu erstatten. – Ihr Gesetz-
entwurf aber sieht vor, dass ein solcher Fall versiche-
rungspflichtig ist, und zwar durch eine Ausfallversiche-
rung, welche Frau Schneider oder Frau Schröder selbst
zu zahlen haben.

Fakt ist auch, dass heutzutage Pflege nicht selten – das
wurde schon genannt – zu Überbelastung, Krankheit und
damit Berufsunfähigkeit führt. Das Gesetz, das Sie uns
als Arbeitnehmerschutzgesetz präsentieren, ist in Wirk-
lichkeit ein Arbeitgeberschutzgesetz. Das ist für uns
nicht akzeptabel.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich frage mich auch – Sie sprachen von einem realis-
tischen Gesetz –, von welchem Personenkreis dieses Ge-
setz überhaupt in Anspruch genommen werden kann.
Teilzeiterwerbstätige, Alleinstehende und Niedrigverdie-
nende, die nach einer Arbeitszeitverkürzung ihren Le-
bensunterhalt nicht mehr angemessen bestreiten kön-
nen, sind faktisch ausgeschlossen. Eine Friseurin in
Berlin verdient durchschnittlich brutto 961 Euro. Wie
soll sie mit zwei Dritteln dieses Einkommens pflegen
und überleben? Erwerbstätige Frauen haben im Schnitt
sowieso niedrigere Löhne als ihre männlichen Partner
und damit eher einen Anreiz, ihre Arbeitszeit und damit
ihr Gehalt zu reduzieren. Menschen, die schon Teilzeit
arbeiten – das sind, wie gesagt, meist Frauen –, können
ihre Arbeitszeit aus finanziellen Gründen nicht noch
weiter reduzieren. Glauben Sie im Ernst, dass in einer
Situation, in der Männer mehr verdienen als Frauen,
Männer sich freiwillig bereit erklären, die Pflege zu
übernehmen? Ihr Ziel ist es, häusliche Pflege zu stärken,
aber allein zu dem Zweck, dauerhafte Einsparungen in
der sozialen Pflegeversicherung zu erreichen. Das ist
nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der LINKEN – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sprechen Sie doch einmal mit denen, die gepflegt werden wollen!)


Mit dem Familienpflegezeitgesetz belassen Sie die
Pflege allein im privaten Lebensumfeld und machen die
Angehörigen – das sind meistens Frauen – zum konkur-
renzlos kostengünstigsten Pflegedienst der Nation.

Die Linke sieht das anders. Für uns ist Pflege eine ge-
samtgesellschaftliche Aufgabe.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Ab ins Heim!)


Wir brauchen eine umfassende Pflegereform, die Sie
aber auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben haben.
Das Familienpflegezeitgesetz bringt keine wirkliche
Verbesserung, sondern weicht bestehende gesetzliche
Regelungen zu Arbeitszeitkonten auf. Die Linke will die
professionelle Pflege und begleitende Angebote zur Un-
terstützung Angehöriger stärken. Das ist unser Ansatz.


(Beifall bei der LINKEN)


Damit wird die pflegerische Versorgung von Angehö-
rigen auch in Zukunft gewährleistet, und pflegende An-
gehörige werden entlastet. Unsere Gesellschaft wandelt
sich. Die klassische Großfamilie gibt es nicht mehr. Fa-
milienpflege ist so, wie Sie sie sich vorstellen, nicht
möglich. Wir fordern eine bezahlte sechswöchige Pfle-
gezeit für Erwerbstätige, die in erster Linie der Organi-
sation der Pflege – das betone ich – und der ersten pfle-
gerischen Versorgung dient. Gleichzeitig sind die
Leistungen der sozialen Pflegeversicherung sofort anzu-
heben.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713315000

Das Wort hat nun Elisabeth Scharfenberg für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Frau Ministerin, das Jahr der Pflege
2011 zählt nun schon 293 Tage, und die einzige Maß-
nahme – ich wiederhole: die einzige Maßnahme –, die
Schwarz-Gelb in dem selbst ausgerufenen Aktionsjahr
bisher auf den Weg gebracht hat, ist dieses kümmerliche
Familienpflegezeitgesetz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Dabei tun Sie zumindest heute so, als wären Sie mit
Ihrer Familienpflegezeit Ihrer Zeit voraus; denn wir
konnten um 13 Uhr – wir haben jetzt 15.25 Uhr – auf der
Homepage der CDU/CSU lesen, dass das Gesetz in
zweiter und dritter Lesung schon verabschiedet ist.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Ehrlich gesagt schaut vorausschauende Politik für mich
ganz anders aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben sonst nichts zu melden!)






Elisabeth Scharfenberg


(A) (C)



(D)(B)

Der Gesetzentwurf zur Familienpflegezeit ist einfach
gründlich missglückt. Was von Ihnen als Familienminis-
terin vollmundig angekündigt wurde, hat sich nicht zu
einer reifen Frucht entwickelt, sondern das ist jetzt im
Herbst einfach wie Fallobst auf den Boden der Tatsachen
geplumpst.


(Patrick Döring [FDP]: Da hat sich der Referent aber viel Mühe gegeben!)


– Passen Sie mal auf, das wird noch besser. – Die pfle-
genden Erwerbstätigen tragen das volle Risiko und die
Belastungen während dieser Zeit. Sie müssen sich mit
dem Arbeitgeber auseinandersetzen und ihn überzeugen,
dass er sie teilweise freistellt, und sie müssen wissen,
wie der Vertrag zwischen ihnen und dem Arbeitgeber
aussehen muss, der zur Arbeitszeitreduzierung notwen-
dig ist. Sie müssen eine Familienpflegezeitversicherung
abschließen und auch bezahlen, und sie müssen das Dar-
lehen, das den Arbeitgebern gewährt wird, wieder ab-
arbeiten. Zu guter Letzt müssen auch sie nach Abschluss
der maximal zweijährigen Pflegezeit klären, wie es dann
mit der Pflege weitergehen soll. Dieses Gesetz ist ohne
Rechtsanspruch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer nicht das Papier wert, auf dem es steht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Es ist naiv, zu glauben, dass die Arbeitgeber ihren Be-
schäftigten nun in Scharen auf freiwilliger Basis die Fa-
milienpflegezeit anbieten werden.

Ich konnte heute früh auf rbb Herrn Hecken hören,
der sagte: Es wird nun massenhaft zu Vereinbarungen
kommen.


(Caren Marks [SPD]: Der erzählt viel, wenn der Tag lang ist!)


Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.


(Nicole Bracht-Bendt [FDP]: Warten Sie es ab! Lassen Sie sich überraschen! Die Zahl, die wir aus Ihrem Haus über die potenziellen Inanspruchnehmerinnen dieser Familienpflegezeit haben, ist eine vierstellige Zahl im unteren bis mittleren Bereich, übersetzt: 1 000 bis 1 750 Menschen. Wir gehen aber davon aus, dass in Deutschland 1 Million bis 1,2 Millionen Menschen ihre Angehörigen pflegen. (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja ein Verhältnis!)


Frau Ministerin, Sie setzen mit Ihrer Politik auf eine frei-
willige Selbstverpflichtung der Unternehmen.


(Harald Koch [DIE LINKE]: Bundesfreiwilligendienst!)


Die öffentliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf der
Koalition hat aber schon gezeigt, dass er ein einziges
Fiasko ist. Die Mehrzahl der geladenen Experten kriti-
sierte den fehlenden Rechtsanspruch. Das größte Lob
kam noch von Ihrem selbst geladenen Sachverständigen,
Herrn Dr. Rürup. Der sagte nämlich: Das Gesetz schadet
ja nicht, aber der große Wurf, na ja, das ist es halt auch
nicht. – Herzlichen Glückwunsch!


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Caren Marks [SPD]: Das war noch sehr höflich!)


Wann verstehen Sie endlich, Frau Ministerin, dass
Freiwilligkeit auch Grenzen kennt, nämlich dann und
dort, wo ökonomische Interessen dominieren? Und das
ist hier der Fall. Machen Sie doch endlich einmal wirk-
lich Politik, die Fakten schafft! Ich sage Ihnen, dann
werden Sie endlich in Ihren eigenen Reihen und dann
auch von uns ernst genommen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Sie rühmen sich, dass einige große Unternehmen die
Familienpflegezeit einführen wollen. Das Problem liegt
aber doch auf einer ganz anderen Ebene und an einer
ganz anderen Stelle. Das sind die kleinen und mittelstän-
dischen Unternehmen. Das sind aber die größten Arbeit-
geber, die wir haben; denn zwei Drittel aller Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer sind dort beschäftigt. Das
sind arbeitende Menschen, die die Doppelbelastung von
Beruf hier und Pflege dort tagtäglich schultern müssen.
Was bieten Sie diesen Menschen an, Frau Schröder? Was
tun Sie für diese Menschen?

Wir müssen eine wirkliche Entlastungsoffensive für
diese pflegenden Angehörigen machen. Wir müssen
Strukturen schaffen, die zur besseren Vereinbarkeit von
Beruf und Pflege beitragen. Wir brauchen ein Gesamt-
konzept, und wir müssen den Begriff „pflegende Ange-
hörige“ erweitern. Wir müssen niedrigschwellige
Dienstleistungen ausbauen, und wir müssen quartiers-
nahe Konzepte stärken und fördern.

Wenn ich Ihrer Rede vorhin richtig gefolgt bin, dann
haben Sie damit eindrücklich gezeigt, dass Sie all das
nicht verstanden haben.

Das, was ich eben aufgezählt habe, ist nämlich die
wirkliche Unterstützung, die pflegende Angehörige
brauchen. Dazu kommt von Ihnen nichts. Während die
Opposition in Ihrem Jahr der Pflege Konzepte erarbeitet,
hören wir von Ihnen gar nichts. Wir liefern, während Sie
sich morgen noch einmal zusammensetzen und am
Rande über die Pflege sprechen werden.

Frau Ministerin, Sie haben eine wirklich große
Chance vertan.


(Caren Marks [SPD]: Ja!)


Damit zeigen Sie allen pflegenden Angehörigen und
auch allen Pflegebedürftigen, wie wenig Sie von der Le-
bensrealität dieser Menschen verstanden haben.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713315100

Das Wort hat nun Norbert Geis für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1713315200

Herr Präsident! Meine geehrten Damen und Herren!

Wenn man hier zuhört, ist man schnell sprachlos.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ja, Gott sei Dank!)


Sie verdammen ein Gesetz, das erst jetzt das Licht der
Welt erblickt – heute soll es verabschiedet werden –, in-
dem Sie von vornherein behaupten, es sei nichts wert.
Warten Sie doch einmal ab!


(Caren Marks [SPD]: Wie lange denn noch?)


Dann werden Sie eines Besseren belehrt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man kann die Schlagworte, die Sie gebraucht haben,
nicht mehr hören. Man hat das Gefühl, nicht im Parla-
ment, sondern im Hinterzimmer irgendeiner abgelege-
nen Gaststätte zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Das ist ein guter Vergleich!)


Eine vernünftige Diskussion kann man das nicht nennen.

Es ist unerträglich, wenn Sie hier behaupten, die
Ministerin wäre in ein Fettnäpfchen getreten. Das be-
haupten Sie, aber nicht die Leute da draußen. Ich bitte
Sie um ein bisschen mehr Zurückhaltung.


(Caren Marks [SPD]: Raus aus der Gaststätte, rein in die Pflege!)


Warum kann man eine vielleicht notwendige Kritik nicht
mit Intelligenz vortragen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD – Sönke Rix [SPD]: Das sagt der Richtige!)


– Ja, daran fehlt es.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben
heute einen Gesetzentwurf vorliegen, der keinen Rechts-
anspruch schafft. Aber es hat ja einen Grund, warum wir
das Einvernehmen mit dem Arbeitgeber nicht durch ei-
nen Rechtsanspruch, sondern auf freiwilliger Basis errei-
chen wollen.


(Caren Marks [SPD]: Das läuft ja immer so super!)


– Sie haben ein schlechtes Bild vom Unternehmer.


(Caren Marks [SPD]: Nein, ich habe nur die Lebenswirklichkeit vor Augen!)


Es wird, auch in kleineren Betrieben, möglich sein, dass
die Unternehmer Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mern, deren Vater oder Mutter schwer pflegebedürftig
ist, entgegenkommen. In diesem Fall wird der Unterneh-
mer nicht die kalte Schulter zeigen und sagen: Deine An-
gelegenheiten gehen mich nichts an. – Sie haben eine
völlig falsche Vorstellung von dem Einvernehmen, das
in einem guten Betrieb bestehen kann. Wenn Sie Rechts-
ansprüche schaffen, die mithilfe des Gerichtes und wo-
möglich des Gerichtsvollziehers durchgesetzt werden,
werden Sie in den Betrieben eine Atmosphäre schaffen,
die die gegenseitige Verantwortung unmöglich macht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gerade in diesem Fall wollen wir das nicht; wir halten
das für grundfalsch.

Es ist richtig, dass wir versuchen, auf Freiwilligkeit
zu setzen, dass wir die Verantwortung des Unternehmers
gegenüber seinem Arbeitnehmer betonen. Auch der Ar-
beitnehmer hat, wenn er aus der Pflegezeit zurückkehrt,
eine Verantwortung. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass
der Verlust, der dem Unternehmer durch die Lohnfort-
zahlung zunächst entstanden ist, ausgeglichen wird.
Wenn das nicht möglich sein sollte, weil der Arbeitneh-
mer von einer schweren Krankheit betroffen oder ver-
storben ist, dann muss eine Versicherung einspringen.
Diese Versicherung wollen wir ebenfalls einrichten;
denn der entstandene Verlust soll ausgeglichen werden.

Außerdem wollen wir nicht, dass durch die Pflegezeit
der Rentenanspruch geschmälert wird. Da entsteht kein
Verlust; denn in der Pflegezeit wird ja bekanntlich der
Lohn, wenn auch nicht voll, weiterbezahlt, und dadurch
werden auch die Beiträge zur Rentenversicherung er-
bracht. Auf der anderen Seite werden auch die Leistun-
gen der Pflegeversicherung in Betracht zu ziehen sein,
sodass am Ende kein Verlust bei der Rente entsteht.

Das vorliegende Modell ist meiner Meinung nach ein
sehr zurückhaltendes, aber exzellentes Modell. Ich halte
es für sehr gut. So schlecht ist dieser Gesetzentwurf
nicht.


(Caren Marks [SPD]: Nein, so schlecht ist er nicht! Supi! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Waren Sie in der Anhörung, Herr Geis?)


– Natürlich bin ich in der Anhörung gewesen. Lieber
Herr Kollege Wieland, waren Sie dabei? Sie waren mit
Sicherheit nicht da.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ich rede hier auch nicht! Das ist der Unterschied!)


Wir wollen hier nicht gegenseitig aufrechnen; dafür ist
die Zeit zu schade.

Lassen Sie mich noch einen letzten Gedanken anbrin-
gen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber intelligent! Das hatten Sie versprochen!)


Wir werden die Pflege nicht meistern, wenn wir die Fa-
milie nicht einbinden. Im Jahr 2020 wird der Bevölke-





Norbert Geis


(A) (C)



(D)(B)

rungsanteil der 85-Jährigen fast genauso groß sein wie
der der 5-Jährigen. Ab dem 85. Lebensjahr beginnt sehr
oft die Pflegebedürftigkeit. Wir leben länger; das ist ein
schöner Umstand. Aber mit zunehmendem Alter werden
wir auch gebrechlicher. Eine solche Leistung kann daher
nicht vom Staat erbracht werden. Es ist völlig falsch, die
Pflege zu sozialisieren. Wir müssen sie sozusagen in die
Familien zurückgeben. Deswegen müssen wir die Fami-
lien stärken.

Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, wie
wir zu einer Mehrgenerationenfamilie zurückkommen.
Dieser Aspekt ist völlig untergegangen. Das hängt natür-
lich mit dem Umstand zusammen, dass es vermehrt
kleine Wohnungen gibt. Wenn wir den großen Auftrag,
den Pflegeerfordernissen gerecht zu werden, erfüllen
wollen, müssen wir unseren Beitrag dazu leisten.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713315300

Das Wort hat nun Caren Marks für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1713315400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Geis, erst einmal zu Ihnen: Es ist hier zwar nicht
der Ort, Sie über die Aufgaben eines Gerichtsvollziehers
aufzuklären, aber nach dem, was Sie gesagt haben, wäre
es nötig.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Wir haben heute schon viel über das zu verabschie-
dende Familienpflegezeitgesetz gehört. Ich erinnere
mich noch sehr gut daran, mit welchen Versprechungen
dieses Gesetz von Ministerin Köhler, jetzt Schröder, im
Frühjahr 2010 öffentlich angekündigt wurde. Ein Mei-
lenstein zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Be-
ruf sollte es werden. Einen Rechtsanspruch sollte es
geben. Es hieß, pflegende Angehörige würden wirkungs-
voll entlastet. Mehr noch: Mit diesem Gesetz wollten
Sie, Frau Schröder, den Herausforderungen in der Pflege
begegnen.

Die Ankündigung der Familienpflegezeit war der
Versuch der neuen Ministerin, aus dem Schatten ihrer
Vorgängerin herauszutreten. Es war der Versuch, ein
Thema endlich einmal mit dem eigenen Namen zu beset-
zen. Ein Versuch, Frau Ministerin, ist es geblieben. Da-
bei hätte aus dem Vorhaben, die Situation pflegender
Angehöriger zu verbessern, durchaus etwas werden kön-
nen. Dazu hätte es allerdings weniger Ignoranz gegen-
über der Lebensrealität und vor allem mehr Durchset-
zungsvermögen bedurft. Denn zur Lebensrealität gehört
beispielsweise, dass nach wie vor überwiegend Frauen
Verantwortung für die Pflege übernehmen.

Übrig geblieben ist nun leider ein Gesetzentwurf, den
der Sachverständige der CDU/CSU-Fraktion, Bert
Rürup, in der Anhörung wie folgt kommentierte: Mit
ihm ist keinerlei Rückschritt verbunden, und es gibt ei-
gentlich keine Verlierer in diesem Gesetz. – Eine sehr
höfliche Kritik, wie ich finde.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Familien-
pflegezeitgesetz bringt für pflegende Angehörige keine
echte Verbesserung. Schwarz-Gelb macht die Pflege
hiermit zur reinen Privatsache. Die Rede von Herrn Geis
hat dies unterstrichen.


(Norbert Geis [CDU/CSU]: Sie haben nichts verstanden!)


Die pflegebedingten Auszeiten werden allein von den Be-
schäftigten durch Lohnverzicht finanziert. Beim vollmun-
dig angekündigten Rechtsanspruch ist Frau Schröder
beim ersten Gegenwind der FDP eingeknickt. Es gibt ihn
nicht mehr. Die FDP kann darauf stolz sein. Die private
Pflichtversicherung belastet einseitig die pflegenden An-
gehörigen. Die Arbeitgeber und die Wirtschaft sind fein
raus. Auch hiermit wird die private Verantwortung für
die Pflege zementiert. Ich finde, es ist ein Skandal.
Meine Vorstellung und die meiner gesamten Fraktion
von einer solidarischen Gesellschaft ist eine andere.


(Beifall bei der SPD)


Es ist richtig: Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
ist ein wichtiges Thema. Richtig ist auch: Pflegende An-
gehörige brauchen Entlastung im Alltag. Falsch ist,
Pflege zur reinen Privatangelegenheit zu machen und
aus der Verantwortung der Gesellschaft zu nehmen. Das
tun Sie mit diesem Gesetz.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich gemeinsam
mit vielen Verbänden – das ist in der Anhörung und in
den aktuellen Presseerklärungen vieler Verbände in den
letzten Tagen und heute noch einmal sehr deutlich ge-
worden – klar gegen eine Privatisierung und Individuali-
sierung der Pflegeverantwortung aus. Das wäre der fal-
sche Weg.

Wir fordern vielmehr eine sinnvolle Weiterentwick-
lung des Pflegezeitgesetzes der ehemaligen Gesund-
heitsministerin Ulla Schmidt. So wollen wir die zehntä-
gige Auszeit an eine Lohnersatzleistung analog zum
Kinderkrankengeld koppeln. Dies hat im Übrigen die
Union in der Großen Koalition leider blockiert.

Zudem wollen wir den Rechtsanspruch auf Freistel-
lung bis zu sechs Monaten zu einem zeitlich sehr flexib-
len Freistellungsanspruch weiterentwickeln. Finanzielle
Einbußen, die durch die Reduzierung der Arbeitszeit
entstehen, wollen wir durch eine Lohnersatzleistung ab-
federn und dadurch die Inanspruchnahme verbessern.
Das halte ich für sehr wichtig. Wenn Sie die finanziellen
Einbußen zu einer rein privaten Angelegenheit machen,
dann wird dieses Gesetz für viele Menschen – das haben
wir heute anhand vieler Beispiele schon gehört – nicht
zur Anwendung kommen.





Caren Marks


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Im Gegensatz zu Schwarz-Gelb, betrachten wir, die
SPD-Bundestagsfraktion, alle pflegerelevanten Themen
im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes. Ich frage
die Bundesregierung: Was tun Sie für die Verbesserung
der wohnortnahen Beratungs- und Pflegeinfrastruktur?
Was tun Sie für den Ausbau von barrierefreiem und al-
tersgerechtem Wohnraum? Was tun Sie wirklich dafür,
dass Familien-, Sorge- und Pflegearbeit partnerschaftlich
zwischen Frauen und Männern aufgeteilt werden? Lei-
der tun Sie wieder einmal nichts. Sie gehen wieder
einmal gemeinsam mit der Regierungskoalition auf
Tauchstation. Ich sage Ihnen: Wir von der SPD-Bundes-
tagsfraktion sind gerne beim Auftauchen behilflich.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713315500

Das Wort hat nun Miriam Gruß für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1713315600

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Der jüngste Familienmonitor hat uns ge-
zeigt: Der Wunsch, der am häufigsten angegeben und
von keinem anderen Wunsch übertroffen worden ist, war
der, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbes-
sern. Wir kommen mit dem heute vorliegenden Gesetz-
entwurf diesem Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung
nach.


(Caren Marks [SPD]: Eben nicht!)


Ich danke Ihnen, liebe Ministerin, und den Bericht-
erstattern ganz herzlich für die gute, konstruktive Zu-
sammenarbeit. Der Gesetzentwurf, den wir heute vorle-
gen, kann sich sehen lassen. Wir tun den Menschen im
Lande, die sich eine bessere Vereinbarkeit von Pflege
und Beruf wünschen, hiermit einen sehr großen Gefal-
len.


(Beifall bei der FDP)


Ich komme gerne auf die vorgetragenen Kritikpunkte
zu sprechen, insbesondere auf den mangelnden Rechts-
anspruch. Ich finde es gerade wichtig, dass es keinen
Rechtsanspruch gibt,


(Caren Marks [SPD]: Das ist peinlich!)


weil hierdurch in unzulässiger Art und Weise in die un-
ternehmerische Freiheit eingegriffen würde. Das betrifft
nicht nur Großunternehmen, sondern auch die kleineren
und mittleren Unternehmen. Man stelle sich nur einmal
vor – das gibt es in Ihrer Vorstellungskraft natürlich
nicht –: Es gibt auch kleine Unternehmen, bei denen das
Ganze nicht funktionieren würde, die eben nicht auf ei-
nen Arbeitnehmer – und das auch noch zeitlich befristet –
verzichten können. Deswegen darf es keinen Rechtsan-
spruch geben. Die Unternehmen müssen weiterhin be-
stehen und mit ihren Arbeitskräften rechnen können.


(Beifall bei der FDP)


Die Ministerin hat in diesem Zusammenhang aber auch
die großen Unternehmen genannt. Dieses Vorhaben wird
zu einem Erfolgsmodell werden. Es betrifft kleine, mitt-
lere und große Unternehmen gleichermaßen. Wir haben
diesbezüglich von allen Seiten volle Unterstützung er-
fahren.

Es ist aber auch für die Frauen gut, dass es keinen
Rechtsanspruch gibt. Bereits jetzt ist es so, dass Frauen
bei Vorstellungsgesprächen immer noch damit rechnen
müssen – auch wenn es nicht angesprochen werden
darf –, dass der potenzielle Arbeitgeber sagt: Vielleicht
kommt das Risiko einer oder mehrerer Schwangerschaf-
ten auf mich zu. Wenn nun durch einen Rechtsanspruch
bei der Pflege wiederum alles alleine auf die Frauen ab-
gewälzt würde, würde ihnen das den Einstieg ins Berufs-
leben zusätzlich erschweren. Auch hier ist ein verant-
wortungsvolles, freiwilliges Miteinander wesentlich
mehr und wesentlich besser, gerade für die Arbeitneh-
merinnen in diesem Lande.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pflegen nur Frauen? – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Schluss kann ich nicht nachvollziehen!)


Wir haben nach der Anhörung noch einige Verbesse-
rungen vorgenommen. Ich möchte in diesem Zusam-
menhang die Einführung der Zertifizierung nennen.
Diese ist vor allen Dingen aus verbraucherschutzrechtli-
chen Gründen wichtig. Denn durch sie kann man sich
darauf verlassen, dass von allen Anbietern das gleiche
Niveau angeboten wird. Weiterhin sind keine Risikoprü-
fungen und keine Aufschlüsselungen nach Alter und Ge-
schlecht vorgesehen. Einige befürchten, dass der Betrag
zu hoch ist. Er bewegt sich aber im niedrigen einstelli-
gen Bereich und ist daher meines Erachtens vertretbar.
Der Bürokratieabbau und die Flexibilisierung haben
ebenfalls Eingang in den Gesetzentwurf gefunden; das
wurde bereits erwähnt. Das bedeutet, dass man schnell
wieder in den Beruf einsteigen kann, wenn eine Pflege-
zeit vorzeitig beendet werden muss.

Dieser Gesetzentwurf wurde zum Wohl von Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmern sowie von Arbeitgebe-
rinnen und Arbeitgebern gestaltet. Er trägt vor allem
dem Ziel der verbesserten Vereinbarkeit von Pflege und
Beruf Rechnung. Ich kann daher nichts Schlechtes an
diesem Gesetzentwurf finden.


(Caren Marks [SPD]: Aber auch nichts Gutes!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713315700

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich dem Kollegen Erwin Rüddel von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(D)(B)


Erwin Rüddel (CDU):
Rede ID: ID1713315800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Die Familienpflegezeit ist ein großer Schritt in
Richtung einer umfassenden Verbesserung der Verein-
barkeit von Pflege und Beruf.


(Caren Marks [SPD]: Sie haben aber kleine Ansprüche!)


Das ist uns in der Anhörung auch eindrucksvoll bestätigt
worden. Was besonders wichtig ist: Es handelt sich hier-
bei um einen Gesetzentwurf, der besonders flexibel und
unbürokratisch ist.


(Caren Marks [SPD]: Haben Sie ihn überhaupt verstanden?)


Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen, Frau
Ministerin, ganz besonders dafür zu danken, dass Sie
diesen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir kommen mit diesem Gesetzentwurf den Erwar-
tungen und Wünschen vieler älterer Menschen und deren
Angehörigen entgegen und stärken somit den Zusam-
menhalt in der Familie. Nach dem Vorbild der Altersteil-
zeit wird die künftige Familienpflegezeit es den Be-
schäftigten erlauben, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um
Eltern, Großeltern, Ehepartner oder Kinder zu Hause zu
pflegen. In der Pflegephase ist die Reduzierung des Ge-
halts nur halb so hoch wie die Reduzierung der Arbeits-
zeit. In der Nachpflegephase wird das Zeitkonto dann
wieder ausgeglichen. Ich bin sicher, dass wir uns mit
dieser Initiative auf dem richtigen Weg befinden.

Mehr als 1,6 Millionen Menschen werden durch An-
gehörige und ambulante Dienste zu Hause versorgt. Die
meisten Menschen wollen die Verantwortung für pflege-
bedürftige Angehörige nicht delegieren. Vielmehr möch-
ten sie ihre Angehörigen nach Möglichkeit selbst
betreuen, stoßen dabei aber oft auf erhebliche Schwie-
rigkeiten. Mit der künftigen Familienpflegezeit haben
berufstätige Menschen die Zeit, um im Pflegefall Verant-
wortung zu übernehmen, ohne ihre Erwerbstätigkeit auf-
geben zu müssen. Mit dieser Lösung gewinnen alle: die
Pflegebedürftigen, die pflegenden Beschäftigten und die
Unternehmen.

Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir keine gesetzli-
chen Zwänge schaffen. Wir wollen vielmehr neue Mil-
liardenausgaben vermeiden. Die Arbeitgeber können
beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche
Aufgaben ein zinsloses Darlehen im Umfang der Lohn-
aufstockung beantragen. Die Versicherungskosten für
den Fall, dass die Beschäftigten die Rückzahlungen
durch Tod oder Berufsunfähigkeit nicht leisten können,
belaufen sich auf einen niedrigen zweistelligen Betrag.
Während der Familienpflegezeit und der Rückzahlungs-
phase besteht außerdem Kündigungsschutz für den pfle-
genden Arbeitnehmer. Ferner garantieren die Beitrags-
zahlungen in der Familienpflegezeit und die Leistungen
der Pflegeversicherung den Erhalt der Rentenansprüche.

Wir haben im Rahmen der Ausschussberatungen für
mehr Flexibilität und für weniger Bürokatie gesorgt. Die
Familienpflegezeitversicherung wird zertifiziert und
ohne Gesundheitsprüfung und Differenzierung nach Al-
ter und Geschlecht angeboten. Das Bundesamt für Fami-
lie und zivilgesellschaftliche Aufgaben wird einen Grup-
penvertrag anbieten, um Arbeitnehmern in Betrieben
ohne eigenen Gruppenvertrag den Zugang zu günstigen
Konditionen zu ermöglichen.

Auch während der Pflegephase kann der Arbeitsum-
fang flexibel an den sich ändernden Pflegebedarf ange-
passt werden. Eine vorzeitige Beendigung der Familien-
pflegezeit ist möglich, etwa wenn der Pflegebedürftige
in ein Pflegeheim geht. Wird ein Arbeitnehmer in der
Nachpflegephase krank, setzt für die Dauer des Kran-
kengeldbezuges die Rückzahlungspflicht aus; die Nach-
pflegephase verlängert sich entsprechend.

Meine Damen und Herren, aus der Wirtschaft hat es
vereinzelt Kritik an unserem Vorhaben gegeben. Ande-
rerseits bemühen sich viele Unternehmen schon jetzt in
Eigeninitiative darum, innovative Lösungen für ihre Be-
schäftigten zu finden. Denn kluge und weitblickende
Unternehmer haben längst erkannt, dass die demografi-
sche Entwicklung, die langfristige Finanzierbarkeit un-
serer Sozialsysteme und der Bedarf an qualifizierten Be-
schäftigten künftig gar keine andere Wahl lassen, als die
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern.

Die heutige Entscheidung ist ein Meilenstein auf dem
Weg, das große Thema der bedarfsgerechten Pflege in
einer rasch alternden Gesellschaft zu bewältigen. Des-
halb sagen wir Kritikern, dass wir auch im wohlverstan-
denen Interesse der Unternehmen handeln. Wir knüpfen
an unseren heutigen Beschluss die Hoffnung, dass er als
Auslöser weiterführender und innovativer Lösungen in
den Betrieben selbst wirken wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Das war echt peinlich!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713315900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Vereinbar-
keit von Pflege und Beruf. Der Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7387, den Ge-
setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/6000
in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung mit den Stimmen der beiden Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der drei Oppositions-
fraktionen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie zuvor
angenommen.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/7390. Wer stimmt
für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit
den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der SPD bei Enthaltung von Linken und Grü-
nen abgelehnt.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesund-
heit auf Drucksache 17/7391. Der Ausschuss empfiehlt
unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 17/1754 mit dem Titel „Bezahlte Pflegezeit ein-
führen – Organisation der Pflege sicherstellen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen ge-
gen die Stimmen der Linken bei Enthaltung von SPD
und Grünen angenommen.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1434 mit
dem Titel „Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf
verbessern – Pflegende Bezugspersonen wirksam entlas-
ten und unterstützen“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der bei-
den Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Grünen
bei Enthaltung der SPD und der Linken angenommen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike
Gottschalck, Heinz Paula, Sören Bartol, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Schlichtung für Luftfahrtunternehmen ver-
kehrsträgerübergreifend einführen

– Drucksache 17/7337 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Tourismus
Federführung strittig

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
Ulrike Gottschalck für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Ulrike Gottschalck (SPD):
Rede ID: ID1713316000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Deutschen
reisen gerne. Wir alle sind gerne mobil unterwegs. Dabei
wünschen wir uns natürlich, dass die Bahn keine Verspä-
tungen hat, dass der Flieger nicht überbucht ist und dass
es auch sonst keine kleinen Katastrophen gibt. Wenn es
doch vorkommt, dann ist der Urlaub verdorben, der be-
rufliche Termin ist vielleicht verpasst, und der Ärger ist
groß. Umso wichtiger ist es daher, dass Fahrgäste einen
guten Ansprechpartner haben, um Schadenersatzansprü-
che geltend zu machen, und zwar verkehrsträgerüber-
greifend, weil die Reisenden häufig unterschiedliche
Verkehrsmittel nutzen. Mit dem heute vorliegenden An-
trag möchten wir die Rechte der Flugpassagiere stärken,
und ich bitte daher ausdrücklich um Ihre Unterstützung.


(Beifall bei der SPD)


Vor genau einer Woche hat der EuGH erneut die
Rechte von Flugpassagieren gestärkt, deren Flüge gestri-
chen wurden. Die Richter sprachen den Passagieren ne-
ben den Buchungskosten eine individualisierte Wieder-
gutmachung zu. In der FAZ vom 12. April kündigte EU-
Verkehrskommissar Kallas erneut an, die Fluggastrech-
teverordnung weiter zum Wohle der Flugpassagiere zu
verschärfen.

Wir sehen: Die EU nimmt die Rechte der Fluggäste
sehr ernst, aber leider gibt es bei der Durchsetzung die-
ser Rechte immer noch Schwachstellen. Das zeigt auch
die Zwischenbilanz der EU-Kommission, die eine Über-
prüfung der Fluggastrechteverordnung eingeleitet hat. In
jedem Land der Europäischen Gemeinschaft wird durch
offizielle Durchsetzungs- und Beschwerdestellen die
Einhaltung der Rechte überwacht. In Deutschland macht
das das Luftfahrt-Bundesamt, aber das LBA ist nicht er-
mächtigt, zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen.

Die Verbraucherzentralen stellen fest, dass einige
Fluggesellschaften die Rechte von Fluggästen missach-
ten. Die Ergebnisse einer Onlineumfrage bestätigen das:
80 Prozent der Passagiere wurden erst am Flughafen
über Flugstörungen unterrichtet. Bestehende Ansprüche
auf Betreuungsleistungen wurden teilweise von den
Fluggesellschaften ignoriert. Nur jedem Vierten bot die
Airline Entschädigung an, und das überwiegend erst auf
Nachfrage. Ihrer Verpflichtung, die Fluggäste aktiv auf
ihre Rechte hinzuweisen, kamen die Fluggesellschaften
bei über der Hälfte der Teilnehmer nicht nach. Nur in
3 Prozent der Fälle verlief die Rechtsdurchsetzung der
Fluggäste reibungslos.

Die für Verbraucherschutz zuständigen Ministerin-
nen und Minister der Länder haben die Bundesregierung
daher schon im September 2010 aufgefordert, dafür zu
sorgen, dass die Fluggesellschaften der söp beitreten.
Wenn das nicht freiwillig passiert, dann sollten sie dazu
verpflichtet werden. Dies sollte gesetzlich festgelegt
werden.

Bei uns in Deutschland hat die ehemalige Justizminis-
terin Brigitte Zypries mit dem Fahrgastrechtegesetz die
juristischen Grundlagen für die Arbeit der verkehrsträ-
gerübergreifenden Schlichtungsstelle im öffentlichen
Personennahverkehr geschaffen.


(Beifall bei der SPD)


Heute beteiligen sich bereits mehr als 120 Verkehrsun-
ternehmen aller Verkehrsträger an der söp, und zwar
freiwillig, egal ob Bus, Bahn, Schiff oder ÖPNV. Auch
mit sechs nichtdeutschen Airlines konnte die söp bereits
erfolgreich schlichten.





Ulrike Gottschalck


(A) (C)



(D)(B)

Was schätzen wir an dieser Schlichtungsstelle? Zum ei-
nen natürlich den verkehrsträgerübergreifenden Schlich-
tungsansatz, der die finanzielle Effizienz durch einen
einzigen Ansprechpartner ermöglicht. Die söp verfügt
über eine speziell entwickelte, sehr effiziente Infrastruk-
tur und hat hochqualifizierte Schlichter. Sie sind Exper-
ten im Reiserecht und ausgewiesene Volljuristen.


(Gustav Herzog [SPD]: So ist es!)


Die Schlichtung ist für die Reisenden kostenlos, und es
gibt keine Zugangsschwelle. Das ermöglicht ein unbüro-
kratisches Verfahren. Außerdem hat die praktische
Umsetzung der Schlichtungsarbeit gezeigt, dass die un-
verbindlichen, auf Freiwilligkeit basierenden Schlich-
tungsempfehlungen bei 90 Prozent der Fälle für beide
Parteien fruchtbar waren. Das ist ein wichtiger Aspekt.


(Beifall bei der SPD)


Die Bundesregierung selbst wollte die verkehrsträger-
übergreifende Schlichtung durchsetzen; das steht so im
Koalitionsvertrag. Aber leider ziehen sich die Gespräche
mit den Airlines für unseren Geschmack schon etwas zu
lange hin.

Ich muss sagen: Ich verstehe dieses Lavieren nicht;
denn auch für die Unternehmen ist es betriebswirtschaft-
lich durchaus sinnvoll, sich an dieser Schlichtung zu be-
teiligen. Inzwischen gibt es nämlich auf dem offenen
Markt viele private Anbieter, die sich an Fluggäste wen-
den, damit sie gegen hohe Provision Schadenersatz-
ansprüche bei den Airlines durchsetzen. Ich denke, das
ist auch für die Airlines kontraproduktiv. Deshalb ver-
stehe ich ihre Haltung auch aus betriebswirtschaftlichen
Gründen nicht.

Wir nehmen die Sorgen der Airlines im Hinblick auf
Missbrauch ernst. Gleichwohl lehnen wir eine Eintritts-
gebühr ab, weil sie eine Hemmschwelle für die Passa-
giere darstellen würde. Praktische Beispiele belegen
– auch die Bahn hatte gedacht, dass es wesentlich teurer
würde –: Es ist nicht teurer geworden.

Gerade im Bahnbereich hat die söp eine hervorra-
gende Arbeit geleistet. Offensichtlich wird die Bahn
durch die söp nicht in den Ruin getrieben.


(Sören Bartol [SPD]: So ist es!)


Im Gegenteil: Die söp hat dazu beigetragen, dass Quali-
tät und Service bei der Bahn besser geworden sind. Aber
es kann immer noch besser werden. Wir alle sind Bahn-
fahrer. Ich denke, dies hat bereits geholfen. Deshalb
werbe ich dafür, dass Sie unserem Antrag zustimmen.

Abschließend sage ich zusammenfassend: Verhandelt
wurde lange genug. Die Bundesregierung muss nun ei-
nen Gesetzentwurf vorlegen. Es ist im Sinne der Ver-
braucherinnen und Verbraucher, wenn Flugpassagiere
die Möglichkeit einer verkehrsträgerübergreifenden
Schlichtung haben. Die söp hat belegt, dass sie über
Kompetenz verfügt und gute Arbeit leistet. Von daher ist
sie prädestiniert, diese Aufgabe auch für den Luftver-
kehr zu übernehmen. Deshalb noch einmal der Appell:
Stimmen Sie unserem Antrag zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713316100

Das Wort hat nun Marco Wanderwitz für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1713316200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende An-
trag bezieht sich auf einen Teil jenes Themenbereichs,
der uns schon im Rahmen der Rechtspolitik der Großen
Koalition an prominenter Stelle beschäftigt hat. Das
Fahrgastrechtegesetz von 2009 war aber, anders als es
Ihr Antrag darstellt – bei aller Wertschätzung für die Ar-
beit der Kollegin Zypries als zuständiger Ministerin da-
mals –, weder ihr Werk allein noch das Werk der SPD.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Verbraucher-
schutzministerin Ilse Aigner standen bei dieser Thematik
alles andere als auf der Bremse.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dass der christlich-liberalen Koalition das Thema
wichtig ist und dass wir es vor Augen haben, zeigt nicht
zuletzt, dass wir ihm einen eigenen kleinen Abschnitt im
Koalitionsvertrag gewidmet haben.

Nun haben wir gerade einmal Halbzeit der Legislatur-
periode. Wir alle wissen, dass manche Themen zu Be-
ginn abgearbeitet werden und andere etwas später. Es ist
so – auch das ist Ihnen bekannt –, dass nicht nichts pas-
siert, sondern dass es im Hintergrund intensive Verhand-
lungen gibt,


(Gustav Herzog [SPD]: Sie prüfen, Sie verhandeln, Sie machen nichts! – Heinz Paula [SPD]: Ergebnisse?)


dass sich beispielsweise auch die Luftfahrtunternehmen
schon bewegt haben. Allerdings haben sie sich in der Tat
noch nicht so weit bewegt, wie wir uns das wünschen
würden. Aber die gesetzliche Lösung, die Sie jetzt for-
dern – aus unserer Sicht in einer zu frühen Phase –, ist
alles andere als das Allheilmittel.

Wie funktionieren denn Schlichtungsstellen in unse-
rem Rechtssystem? Sie beruhen im Regelfall auf Frei-
willigkeit. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme
an einem Schlichtungsverfahren ist natürlich möglich,
hat aber gewisse Voraussetzungen. Bei einer gesetzli-
chen Verpflichtung ist eine rechtliche Bindung der Un-
ternehmen an die Schlichtungsentscheidungen eben
nicht möglich. Das ist verfassungsrechtlich nicht zuläs-
sig.

Der Justizgewährleistungsanspruch in Verbindung
mit dem Rechtsstaatsprinzip besagt ganz klar: Wir kön-
nen den ordentlichen Rechtsweg nicht abschneiden. –
Das heißt nichts anderes, als dass die Verbraucherinnen
und Verbraucher jedenfalls nicht das bekommen werden,
was sie bekommen könnten, wenn wir zu einer Verhand-
lungslösung kommen, nämlich eine mögliche Unterwer-





Marco Wanderwitz


(A) (C)



(D)(B)

fung unter Schlichtungsergebnisse. Eine solche Unter-
werfung wird es auf dem gesetzlichen Weg jedenfalls
nicht geben können. Es gibt den schönen Spruch „Steine
statt Brot“. Das Brot, die von Ihnen vorgeschlagene ge-
setzliche Lösung, wäre in diesem Fall nicht besonders
gut genießbar.

Die bereits bestehende söp – da wir gerne Fachbe-
griffe verwenden, ohne sie zu erläutern, erläutere ich
kurz: Das ist die Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr – leistet zweifellos gute Arbeit für die
anderen Verkehrsträger. Da es sich hierbei um einen ein-
getragenen Verein handelt, müssten wir die Organisa-
tionsform der söp ändern, wenn wir die Mitgliedschaft
der Fluggesellschaften gesetzlich festlegen wollten;
denn in einem eingetragenen Verein ist die Mitglied-
schaft freiwillig. Deswegen müssten wir an der söp Ver-
änderungen vornehmen.

Zum Thema. Natürlich ist die außergerichtliche Streit-
beilegung ein gutes Instrument – das ist unstrittig –, das
auch nachgefragt wird. Das ist, weil die Hürden niedrig
sind, ein einfacher Weg, um sachgerechte Lösungen zu
finden. Nun führen die Fluggesellschaften aber an – das
steht im Gegensatz zu Ihren Ausführungen –, dass die
Zufriedenheit ihrer Kunden höher ist als die bei den an-
deren Verkehrsträgern.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: So ist es!)


Wir könnten uns einmal das Vierte Verbraucherbarome-
ter anschauen: Danach schneiden die Luftverkehrsunter-
nehmen in der Tat deutlich besser ab als die anderen Ver-
kehrsträger. Beispielsweise bewerten 94 Prozent der Ge-
schäftsreisenden das Verkehrsmittel Flugzeug mit gut,
sehr gut oder ausgezeichnet.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Hört! Hört!)


Die Zahl der Beschwerden beim Luftfahrtbundesamt:
eine Beschwerde auf 60 000 Fluggäste. Die Zahlen drü-
cken ferner aus, dass der Anteil der Beschwerden im
Verhältnis zu den Beförderten bei inländischen Flugge-
sellschaften deutlich geringer ist als bei ausländischen.
Auch dieses Problem kann mit der von Ihnen vorge-
schlagenen gesetzlichen Lösung nicht abgestellt werden.

Nun muss man positiv festhalten, dass die Zahlen so
sind, wie sie sind. Wenn man sich das Ganze anschaut,
stellt man fest, dass es dafür Gründe gibt. Die Flugge-
sellschaften jedenfalls führen Gründe an, die mir nicht
ganz abwegig erscheinen. Zum einen sagen sie, dass sie
ein durchaus kundenorientiertes Beschwerdemanage-
mentsystem haben, und zum anderen, dass es im Luft-
verkehr anders als bei der Bahn einen richtigen, ausge-
prägten Wettbewerb gibt.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: So ist es!)


Das ist für Sozialdemokraten vielleicht nicht einfach
nachzuvollziehen, aber funktionierende Märkte bringen
manches Mal bessere Ergebnisse als eine Regulierung.


(Patrick Döring [FDP]: So ist das! – Zurufe von der SPD)


Die Fluggesellschaften favorisieren derzeit – in diese
Richtung haben sie sich in den Gesprächen bewegt –
eine Lösung, die sie als Y-Lösung bezeichnen: ein Ein-
gangsportal, zwei Ausgänge; sprich: Die Verbraucherin
bzw. der Verbraucher nutzt dasselbe Portal, und die
Schlichtung findet nach Verkehrsträgern getrennt statt;
ein Eingang, zwei Wege. Ich sage ganz offen: Mein
Wunschmodell ist das nicht. Gleichwohl kann ich die
vorgetragenen sachlichen Bedenken der Fluggesellschaf-
ten zum Teil durchaus verstehen. Genau darum geht es ja
auch bei den Verhandlungen. Zum einen sind Beschwer-
den im Flugbereich kein Massengeschäft, sondern eher
atypisch und sehr spezifisch, weil es zumeist eben nicht
um die klassische Verspätung geht. Zum anderen ist die
Kostenträgerschaft zweifellos ein Thema.

Ich habe gerade von 60 000 Passagieren gesprochen,
von denen 59 999 offenkundig nicht unzufrieden sind.
Die Möglichkeit, das Portal ohne Eintrittsgebühr zu nut-
zen, bedeutet nichts anderes, als dass 59 999 bei Miss-
brauch mitbezahlen. Nun sagen Sie, dass Sie keinen
Missbrauch wollen. Das schreiben Sie hinein; das ist ein
schöner, unbestimmter Rechtsbegriff. Das Problem ist
aber gerade, dass das ein unbestimmter Rechtsbegriff ist.
Die Formulierung zeigt, wohin es gehen wird: Wenn
man von Missbrauch spricht, ohne ihn einzugrenzen, ist
im Grunde genommen alles beschwerdefähig, wenn es
nicht schon offensichtlich ist, dass die Beschwerde un-
begründet ist. Das ist für uns zu weit gefasst. Deshalb
glauben wir, dass die Zeit der Verhandlungen noch nicht
vorbei ist.


(Ulrike Gottschalck [SPD]: Wie bei vielen anderen Themen!)


Die gesetzliche Lösung sollte am Ende stehen. Dieses
Ende sehen wir aber noch nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713316300

Das Wort hat nun Herbert Behrens für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713316400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

alle kennen vielleicht so eine Anzeige: Flug XY 1278,
Larnaca/Zypern nach Hamburg, zehn Stunden Verspä-
tung. Wir sehen die Bilder vor uns: entnervtes Warten in
der Flughalle; kein Ort zum Ausruhen oder um sich or-
dentlich frisch zu machen; nach spätestens fünf Stunden
wandern die ersten Raucher entwöhnt durch die Warte-
halle;


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Das geht schneller!)


nach sechs Stunden beginnen die Verteilungskämpfe um
die noch freien Steckdosen, weil inzwischen die Akkus
der Laptops und Telefone leergelaufen sind. Dies ist eine
Horrorvorstellung für viele Reisende auf Flughäfen.

Fehlendes Gepäck, verpasste Anschlüsse oder die
Landung auf einem Zielflughafen, der nicht der ge-
wählte ist, das bedeutet für die Betroffenen Stress und
Ärger pur. Dies kann man mit Geld nicht ausgleichen,





Herbert Behrens


(A) (C)



(D)(B)

wohl aber den entstandenen materiellen Schaden. Ver-
spätet sich ein Flug um mehr als drei Stunden, haben die
Reisenden einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.
Das hat der Europäische Gerichtshof festgestellt. Die
Ausgleichszahlung in der Praxis aber durchzusetzen, ist
gar nicht so einfach. Da unterscheidet sich die Wirklich-
keit von dem, was Herr Wanderwitz hier dargestellt hat.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Am 9. Novem-
ber 2009 verspätet sich der Abflug ebenjener Maschine
von Zypern nach Hamburg um zehn Stunden. Zwei Be-
troffene fordern von der Fluggesellschaft eine Aus-
gleichszahlung und berufen sich auf das Urteil des Ge-
richtshofs. Ende Dezember bietet die Fluggesellschaft
eine Erstattung von 10 Prozent des Nettoflugpreises
– 19,80 Euro – oder wahlweise einen Reisegutschein in
Höhe von 35 Euro an.


(Patrick Döring [FDP]: Die sind ja auch befördert worden!)


Am Ende hilft den Betroffenen nur die Androhung einer
Klage, um ihr Recht durchzusetzen. Ende März 2011 ist
es endlich geschafft: Die Fluggesellschaft zahlt den bei-
den Betroffenen jeweils 400 Euro Ausgleichszahlung.
Diese Reise dauerte eineinhalb Jahre. Andere hätten
schon längst entnervt und enttäuscht aufgegeben und auf
ihr Recht verzichtet. Das ist unzumutbar für die Betrof-
fenen. Genau das muss geändert werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Marco Wanderwitz [CDU/ CSU]: Das macht aber der Gesetzentwurf nicht!)


Für Bahnreisende, aber auch für Menschen, die bei ei-
ner Bus- oder Schiffsreise Nachteile hinnehmen muss-
ten, ist es einfacher. Seit Ende 2009 können sie sich an
die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenver-
kehr wenden. Diese Stelle arbeitet mit großem Erfolg im
Interesse der Antragsteller, so, wie vorher schon die
Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD. Die Luftver-
kehrsunternehmen aber verweigern die Beteiligung an
dieser Schlichtungsstelle. Nach dem Motto: „Wir wollen
mal sehen, wer am längeren Hebel sitzt“, missbrauchen
sie ihre wirtschaftliche Macht, um berechtigte Kunden-
ansprüche abzuwimmeln.

Mit dieser Position haben die Luftverkehrsunterneh-
men übrigens schon die damalige SPD-Justizministerin
Zypries bezwungen, als sie die Schlichtungsstelle nicht
anerkannten. Sie setzen sich nun offenbar wieder bei der
Bundesregierung durch, wie wir hier heute sehen. Entge-
gen Ihrer eigenen Beschlusslage, meine Damen und Her-
ren von der Koalition, stärken Sie nicht die Rechte von
Fluggästen, sondern die der Fluggesellschaften. In Ihrem
Koalitionsvertrag von 2009 heißt es – es wurde eben
schon angesprochen; ich zitiere –:

Die Einrichtung einer unabhängigen, übergreifen-
den Schlichtungsstelle für die Verkehrsträger Bus,
Bahn, Flug und Schiff wird gesetzlich verankert.

Noch im Juli 2010 hat Frau Ministerin Aigner ange-
kündigt, dass sich die Fluggesellschaften an der Schlich-
tungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr beteili-
gen sollen. Aber jetzt kuscht die Ministerin. Jetzt macht
sich die Bundesregierung die Forderung der Fluggesell-
schaften zu eigen und will eine Schlichtungsstelle Flug-
verkehr einrichten, der sich die Unternehmen nach eige-
ner Entscheidung anschließen können oder auch nicht.


(Zurufe von der FDP: Nein! Nein!)


Auch Verkehrsminister Ramsauer will keine Regelung,
die nicht den Segen der Luftverkehrsunternehmen erhal-
ten hat. Das ist keine Politik im Interesse der Reisenden,
das ist Klientelpolitik, wie wir sie leider auch an anderer
Stelle von der Bundesregierung kennen. Die Linke will
wirtschaftliche Macht dort beschränken, wo sie sich ge-
gen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger richtet.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Fluggast ist gegenüber dem Unternehmen ein-
deutig in der schwächeren Position. Darum ist es unsere
Pflicht, ihn zu stärken, damit er sein Recht durchsetzen
kann. Die Linke fordert, die Luftfahrtunternehmen ge-
setzlich zur Beteiligung an der Schlichtungsstelle für alle
Verkehrsträger zu verpflichten. Die Schlichtungsstelle
soll weiterhin unabhängig sein. Die Streitschlichtung
muss durch Gebühren der Fluggesellschaften finanziert
werden. Das hatten wir bereits 2010 in unserem Antrag
gefordert. Das fordert heute auch die SPD. Darum stim-
men wir diesem Antrag zu.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist eine gerechte Politik, den Schwächeren zu stär-
ken und die Macht der Starken zu begrenzen. Nur so
kann wirklich eine demokratische Beziehung zwischen
den Schwachen und den Starken entstehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713316500

Das Wort hat nun Patrick Döring für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1713316600

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der sozialen

Marktwirtschaft haben Verbraucherinnen und Verbrau-
cher, Kundinnen und Kunden immer dann eine starke
Position, wenn sie in einem wettbewerblichen Markt die
Möglichkeit haben, unter mehreren Anbietern auszu-
wählen und ihre Kundenwünsche deutlich zu machen.
Das geschieht seit vielen Jahren erfreulicherweise auch
im liberalisierten Luftverkehr. Insbesondere aufgrund
der Öffnung der europäischen Märkte gibt es viele neue
Anbieter. Viele neue Flughäfen bzw. Flugziele werden
nun durch viele international tätige Airlines angeflogen.
Nun haben die Menschen die Wahl, ob sie mit einem
Premium-Carrier bzw. einer Fluglinie, die einer Pre-
mium-Kooperation angehört, oder mit einem Low Cost
Carrier für 19,99 Euro von Punkt zu Punkt fliegen wol-
len. All das entscheiden die Kunden aufgrund der
Schwarmintelligenz zu ihrem Nutzen.





Patrick Döring


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin ein großer Anhänger von Schlichtungsmög-
lichkeiten, ob im Banken- und Versicherungsbereich, aus
dem ich beruflich komme, oder bei den Verkehrsträgern.
Aber eines muss man anerkennen: Die Schlichtung von
Streitfällen im Bereich des Luftverkehrs ist ganz anderer
Natur als die meisten zu schlichtenden Fälle im Bereich
der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenver-
kehr, weil wir es hier mit international operierenden Un-
ternehmen zu tun haben. Die Ursache manch einer
Annullierung oder Verspätung ist eben nicht in Deutsch-
land, sondern an dem Flughafen, von dem der Flieger
kommt, zu finden. Die betroffene Fluglinie ist nicht im-
mer Air Berlin oder Lufthansa, sondern kann auch
EasyJet, Ryanair oder eine andere ausländische Airline
sein. In diesem Fall wird es, was die deutschen Vereins-
strukturen betrifft, schon etwas schwieriger.

Es ist völlig unbestritten – das entnehme ich auch
dem Antrag der Sozialdemokraten –, dass das Ganze nur
Sinn macht, wenn auch die vielen nichtdeutschen Air-
lines, die in Deutschland starten und landen, der Schlich-
tung zustimmen. Sie müssen sich ihr unterwerfen, ge-
schätzter Herr Kollege Behrens; zu diesem Zweck
machen wir ein Gesetz. Wir müssen aber auch zur
Kenntnis nehmen, dass die nichtdeutschen gemeinsam
mit den deutschen Airlines sagen: Wir wollen das in ei-
ner eigenen Organisationsform und mit unseren eigenen
fachlichen Zuständigkeiten machen und nicht vom Ge-
setzgeber eine Organisationsform aufgezwungen be-
kommen. – Das muss die Politik akzeptieren. Ich jeden-
falls stelle fest, dass die sachlichen Gründe für eine
gesonderte, eigene Organisationsform sprechen. Die
Probleme und Sachverhalte sind nämlich andere als bei
der Eisenbahn, beim Bus oder beim Fährverkehr.


(Beifall bei der FDP)


Diese Koalition will per Gesetz die Schlichtung zur
Entschädigung bei Nichtbeförderung, Annullierung,
Verspätung, Gepäckschäden und Schäden an Sachen re-
geln. Das wird alsbald geschehen. Dabei dürfen wir aber
auch das, was der Kollege Wanderwitz angedeutet hat,
nicht übersehen: Es gibt wegen der exzellenten Streit-
schlichtungsmöglichkeiten innerhalb der Airlines eine
hohe Kundenzufriedenheit. Ich empfehle allen Kollegen,
die der heutigen Debatte freundlicherweise folgen, einen
Besuch der Callcenter und Streitschlichtungsstellen von
Air Berlin oder der Lufthansa. Dort kann man beobach-
ten, wie die Gespräche geführt und wie schnell viele Be-
schwerden abgearbeitet werden. Das ist sicher auch ein
Vorbild für die Schlichtung auf europäischer Ebene.

Ein Problem müssen wir dabei im Blick haben – übri-
gens ein Problem, das weit über die Verbraucherrechte
hinausgeht –: Wir stehen heute vor der Herausforderung,
dass manch ein Bußgeldbescheid des Luftfahrt-Bundes-
amtes in Irland gelocht und geheftet, aber nicht bezahlt
wird.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Genau so ist es!)


Wir können in Deutschland noch so viele tolle gesetzli-
che Regelungen treffen. Wenn sich ein oder zwei große
Low Cost Carrier mit auswärtigem Sitz nicht daran hal-
ten oder sich destruktiv verhalten, dann ist für die Ver-
braucher nichts erreicht. Unser Ziel bleibt, gemeinsam
mit der betroffenen Wirtschaft ein gutes Gesetz auf den
Weg zu bringen. Das wird geschehen. Ich sage Ihnen vo-
raus: Wir werden verfahren wie bei allen anderen
Schlichtungsstellen. Natürlich trägt die Kosten zunächst
die betroffene Wirtschaft. Aber eines muss klar sein:
Wenn es zu missbräuchlichem Anrufen der Schlich-
tungsstelle kommt, müssen wir diesen Missbrauch unter-
binden. Auch dazu werden wir im Gesetz Regelungen
vorsehen.

Die große Frage ist, wie man Missbrauch definiert.
Missbräuchliches Verhalten liegt auch dann vor, wenn
man nach mehreren in der ersten, zweiten, dritten oder
vierten Instanz verlorenen Prozessen noch einmal ver-
sucht, mit der Schlichtungsstelle ins Geschäft zu kom-
men. Irgendwann muss Schluss sein. Dies wird sehr ge-
nau geregelt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass
nicht einzelne – vielleicht besonders klagefreudige –
Passagiere einen ungerechtfertigten Vorteil erhalten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713316700

Das Wort hat nun Markus Tressel für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713316800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

haben die gleiche Debatte schon vor einigen Wochen
und im letzten Jahr geführt. Ihre Argumente sind in den
vergangenen zwölf Monaten nicht besser geworden,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.


(Heinz Paula [SPD]: Eher noch schlechter! – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Die waren schon immer gut!)


Wenn Sie sagen, dass Sie zusammen mit der Wirtschaft
ein Gesetz auf den Weg bringen, dann muss ich Ihnen
sagen: Wir Abgeordnete machen die Gesetze, nicht die
Wirtschaft. Ich glaube, das sollten Sie beherzigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Marco Wanderwitz [CDU/CSU]: Sparen Sie sich doch diese billige Polemik!)


Der Passus, der in Ihrem Koalitionsvertrag steht,
wurde Ihnen vorhin schon einmal vorgelesen; deswegen
spare ich mir das an dieser Stelle. Sie haben in Ihrem
Koalitionsvertrag selbst geschrieben, dass Sie die ver-
kehrsträgerübergreifende Schlichtung gesetzlich regeln
werden. Sie halten uns heute entgegen, das sei gesetzlich
nicht zu regeln. Sie müssen sich einmal fragen, was Sie
in Ihrem Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben.


(Marco Wanderwitz [CDU/CSU]: Zuhören bildet!)


Das, was Sie hier anbieten, ist ja an politischer Schizo-
phrenie kaum zu überbieten.





Markus Tressel


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Marco Wanderwitz [CDU/CSU]: Zuhören hilft!)


Es ist ja schon bezeichnend, dass wir als Opposition
heute die Einhaltung Ihres Koalitionsvertrages fordern
müssen, in dem Sie das ja niedergeschrieben haben.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Blödsinn! – Heinz Paula [SPD]: Richtig!)


Das ist ja auch nichts Neues. Das ist ja keine Diskussion,
die die Opposition hier angestoßen hat, sondern die Ver-
braucherschützer und auch die Europäische Kommission
haben uns ins Stammbuch geschrieben: In keinem Be-
reich gehen Anspruch und Wirklichkeit so weit aus-
einander wie bei der Regelung von Ansprüchen Reisen-
der im Bereich des Flugverkehrs.

Sie sagen, die Kundenzufriedenheit sei in diesem Be-
reich besonders hoch. Wir wissen, dass die meisten ihre
Rechte überhaupt nicht kennen. Die Fluggesellschaften
bemühen sich meines Erachtens ja auch nicht besonders
darum, die Kunden über ihre Rechte aufzuklären.

Gucken wir uns die Zahlen an; ich habe mir gerade
noch einmal aktuelle Zahlen herausgeschrieben. Zwi-
schen dem 1. Januar und dem 19. Oktober dieses Jahres,
also gestern, gab es 1 566 ausgefallene Abflüge ab
Frankfurt und 448 Flüge mit mehr als drei Stunden Ver-
spätung. Wenn man das hochrechnet, dann kommt man
auf mehr als 100 000 Betroffene alleine in Frankfurt.
Das sind immense Zahlen. Das Aufkommen ist wahnsin-
nig hoch. Die Reisenden, die davon betroffen sind, brau-
chen Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
Diese soll nicht kompliziert, sondern möglichst einfach
sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie
wir das niedrigschwellig gestalten. Ich will mir nicht
vorstellen, wie viele Leute auf die Durchsetzung ihrer ei-
genen Rechte verzichten, weil sie Angst haben, gegen
eine Airline vor Gericht zu gehen.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Genau!)


Die Airlines scheuen ja auch keine Mühen, die Passa-
giere davon abzuhalten, ihre Rechte durchzusetzen. Wir
haben das in der Debatte um eine Eingangsgebühr von
50 Euro für die Schlichtung erlebt. Kein Argument war
zu schief, um den Leuten zu sagen: Wir brauchen jetzt
eine Eingangsgebühr. – Sie haben in diesem Zusammen-
hang das Argument Prozesshanselei angeführt. Das hat
mit Prozesshanselei überhaupt nichts zu tun.

Fakt ist: Durch die Schlichtung wird die Servicequali-
tät erhöht, und sie führt zu mehr Kundenzufriedenheit.
Das müssen auch die Airlines einsehen.

Die söp – sie ist vorhin ja schon einmal angesprochen
worden – ist verkehrsträgerübergreifend konzipiert. Das
ist die richtige Stelle für die Schlichtung. Die Verbrau-
cherschutzminister der Länder haben ja bereits vor ei-
nem Jahr festgestellt – damals saßen auch Verbraucher-
schutzminister der CDU und der FDP mit am Tisch –,
dass die Schlichtung bei der söp am besten aufgehoben
ist.

Während die söp heute für alle Bahnunternehmen zu-
ständig ist, müssen wir mit politischem Druck dafür sor-
gen, dass auch die Flugunternehmen mit an Bord gehen.
Als Feigenblatt wird von diesen jetzt eine eigene
Schlichtungsstelle vorgeschlagen. Genau das ist der
Punkt: Wir wollen keine Sonderlösung für die Airlines.
Wir wollen im Interesse der Verbraucher keine Extra-
wurst, sondern wir wollen eine transparente, verkehrsträ-
gerübergreifende Schlichtung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, so sehr Sie sich
auch bemühen: Es gibt keine schlagenden Argumente
für eine separate Lösung der Airlines, außer dem, dass
die Airlines dort möglicherweise ihr eigenes Süppchen
kochen wollen. Wir haben gesehen: Es gibt immer mehr
intermodale Angebote, zum Beispiel Rail & Fly, und im-
mer mehr Reiseangebote, bei denen verschiedene Ver-
kehrsträger kombiniert werden.

Im Hinblick auf Neutralität und auf niedrige Kosten
ist es wichtig, dass es nur eine zuständige Einrichtung
gibt, und das kann meines Erachtens nur die söp sein.
Die Verbraucher sollen wissen, an wen sie sich wenden
können. Das geht nur, indem wir keine Verwirrung stif-
ten und dafür sorgen, dass es nur eine Schlichtungsstelle
gibt.

Ich kann als Fazit nur eines sagen: Sorgen Sie dafür,
dass es eine gesetzliche Regelung gibt, mit der die Be-
lange der Verbraucher entsprechend berücksichtigt wer-
den.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713316900

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Kauder?


Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713317000

Ich bin schon am Ende. – Wenn Sie schon kein stich-

haltiges Argument gegenüber den Verbrauchern haben,
dann nehmen Sie doch wenigstens einfach Ihren Koali-
tionsvertrag ernst. Dort haben Sie es niedergeschrieben.
Wenn Sie sich daran halten, dann gibt es auch eine gute
Lösung für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. Erik Schweickert [FDP]: Genau so und nicht anders werden wir es machen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713317100

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-

gen Siegfried Kauder.






(A) (C)



(D)(B)

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Lieber Kollege, es ist immer gut, anderen Vorwürfe
zu machen: der Bahn wegen der Verspätungen; den
Fluggesellschaften, weil man zehn Stunden auf einen
Anschlussflug warten musste. Die Menschen sind irri-
tiert, deswegen muss die Politik etwas machen.

Vielleicht kehren wir einmal vor der eigenen Tür. Die
größte Verzögerung erlebe ich persönlich auf den Bun-
desautobahnen. Der Bürger zahlt Steuern dafür, dass die
Autobahnen so in Schuss sind, dass man nicht vier oder
fünf Stunden im Stau steht. Darüber reden wir nicht.


(Gustav Herzog [SPD]: Natürlich reden wir darüber! Im Verkehrsausschuss!)


Sie haben zu Recht gesagt, Herr Kollege: Wir sind
das Parlament. Wir machen Gesetze. – Dann dürfen Sie
aber diesen Verkehrsträger nicht ausnehmen. Sie dürfen
nicht sagen: Die Bahn muss etwas machen, die Flugge-
sellschaften müssen etwas machen. Aber wenn auf der
Bundesfernstraße ein Stau ist, muss der Bürger warten. –
Auch da müssen Sie Farbe bekennen.

Erarbeiten Sie einen Gesetzentwurf, damit das besser
wird. Dann ist der Bürger auch zufrieden, wenn wir über
solche Themen wie jetzt diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Ulrike Gottschalck [SPD]: Das ist jetzt schon sehr krude!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713317200

Kollege, bitte schön.


Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713317300

Lieber Herr Kollege, wir reden heute hier über Ver-

braucherschutz. Ich sehe ein, dass wir auch für ordentli-
che Zustände auf unseren Straßen sorgen müssen.


(Beifall des Abg. Dr. Erik Schweickert [FDP])


Diese Diskussion muss man separat führen.

Aber den Verbraucherschutz – es geht insbesondere
um Situationen, die der Verbraucher nicht selbst ver-
schuldet hat, und um das, was er sowohl bei der Bahn als
auch bei Fluggesellschaften erdulden muss – mit der Si-
tuation auf deutschen Autobahnen zu vergleichen, halte
ich für sehr weit hergeholt. Ich denke, dass Sie jetzt eine
Bringschuld haben, einen Gesetzentwurf vorzulegen,
statt weiter mit der Wirtschaft herumzukungeln. Dafür
sorgen, dass es auf den Autobahnen fließt, kann Ihr Ver-
kehrsminister ganz gut selber.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713317400

Das Wort hat nun Peter Wichtel für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Peter Wichtel (CDU):
Rede ID: ID1713317500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie
mich zunächst den vorliegenden Antrag der SPD-Frak-
tion und die Debatte dazu nutzen, um deutlich herauszu-
stellen, dass die Bundesregierung die Bürgerinnen und
Bürger mit einer verantwortungsbewussten und nachhal-
tigen Verbraucherpolitik begleitet.

Das deutsche Recht gewährt den Reisenden umfas-
senden Schutz, der in schwierigen Verhandlungen mit
den Verkehrsträgern erarbeitet wurde. In zahlreichen eu-
ropäischen und deutschen Rechtsverordnungen ist das
ganz klar zum Ausdruck gekommen. Es geht Ihnen da-
rum, die Luftverkehrsrechte anzusprechen, die geregelt
werden sollen, und Sie bemühen dazu den Koalitions-
vertrag zwischen CDU, CSU und der FDP.


(Heinz Paula [SPD]: Das steht da drin!)


Dort haben wir festgeschrieben, dass wir die Strukturen
des Verbraucherschutzes ausbauen und auf alle Ver-
kehrsträger ausdehnen wollen. Ein anschauliches Bei-
spiel des kontinuierlichen Ausbaus ist von Ihnen, Frau
Gottschalck, erwähnt worden: die söp, die im September
2009 – das geschah zusammen mit dem Fahrgastrechte-
gesetz – gegründet wurde und seitdem erfolgreich Streit-
fälle zwischen den Verbrauchern und den Verkehrsunter-
nehmen schlichtet.

Die Erfolgsquote von über 90 Prozent bei circa 3 300
eingereichten Schlichtungsanträgen spricht für sich.
Dies ist ein Erfolgsmodell für die Verbraucher, das man
allerdings noch weiter optimieren kann. Wir wollen nun
auch die Teilnahme der Fluggesellschaften an den
Schlichtungsverfahren realisieren. Die Umsetzung die-
ses Vorhabens, das wir im Koalitionsvertrag festgehalten
haben, wird gegenwärtig überaus konstruktiv zwischen
der Bundesregierung und den Fluggesellschaften vorbe-
reitet.

Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Antrag, in
dem gefordert wird, die Schlichtung für Luftfahrtunter-
nehmen verkehrsträgerübergreifend einzuführen, für
mich nicht nachvollziehbar. So argumentieren Sie, die
Luftverkehrsunternehmen hätten die Frist zu einer frei-
willigen Schlichtung verstreichen lassen. Dieser Vorwurf
ist vollkommen haltlos. Es hat nie eine zeitliche Begren-
zung oder gar ein striktes Ultimatum für diesbezügliche
Gespräche und Lösungen gegeben. Im Gegenteil: Wir
sind durch intensive Gespräche und Verhandlungen nun
so weit, dass nur noch einzelne Details geklärt werden
müssen. Ich gehe davon aus, dass bald ein Ergebnis vor-
liegen wird. Diesem Ergebnis heute vorzugreifen und
das freiwillige Engagement der Fluggesellschaften zu ei-
nem Schlichtungsverfahren dadurch zu torpedieren,
kann nicht der richtige Weg sein.

Ein weiterer Denkfehler offenbart sich in der Forde-
rung, den Verkehrsträger Luft zu einer Teilnahme an ei-
ner Schlichtung zu zwingen. Das gesamte Konzept der
Schlichtung beruht im Gegenteil doch darauf, dass man
möglichst freiwillig zusammenarbeitet und in diesem
Engagement die besten Ergebnisse für die Betroffenen
herausholt. Die Fluggastrechte für Fluggäste können
doch nur dann wirken, wenn die Schlichtung am Ende
auch angenommen wird. Würden Sie als Opposition,
wenn Sie zu einem Schlichtungsverfahren verpflichtet





Peter Wichtel


(A) (C)



(D)(B)

würden, das Ergebnis am Ende tatsächlich tolerieren?
Ich glaube, damit wird sehr deutlich, dass Sie mit der
Einforderung der Beteiligung der Luftverkehrsgesell-
schaften an Schlichtungsverfahren genau das Gegenteil
dessen erreichen, was wir eigentlich gemeinsam wollen,
nämlich die Unterstützung und das Festlegen für ein
Engagement an der Schlichtung.

Ich denke darüber hinaus, dass Sie zwei Dinge miss-
achten. Wenn eine Lösung zustande kommt, ist es doch
am besten, wenn es sich um eine freiwillige Lösung in
Form einer Vereinbarung handelt, die nachher in ein Ge-
setz mündet.


(Ulrike Gottschalck [SPD]: Das ist dasselbe wie bei der Frauenquote!)


Denn damit haben Sie am Ende genau das, was hier von
vielen Rednern gesagt worden ist, nämlich die höchste
Wirkung für die Betroffenen. Wer klagt schon, wenn
man in der Schlichtungsstelle gemeinsam zu einem posi-
tiven Ergebnis kommt? So erzielen wir für diejenigen,
die wir schützen wollen, am meisten. Die organisatori-
sche Frage, ob das innerhalb der söp geschieht, ob es un-
ter einem virtuellen Dach eine gleiche Anlaufstelle gibt
oder ob eine eigene Schlichtungsstelle eingerichtet wird,
ist aus meiner Sicht heute vollkommen zweitrangig.
Wichtig ist vielmehr, dass gemeinsam ein Ziel erreicht
wird und dass sich möglichst viele Fluggesellschaften
freiwillig beteiligen. Nur so können wir es machen.

Ich will ein Zweites sagen; ich glaube, Herr Döring
hat das vorhin schon erwähnt. Wie viele Rechnungen be-
kommen Fluggesellschaften präsentiert, die am Ende
nicht bezahlt werden? Diesen Zustand wollen wir zu-
gunsten der Fluggäste ändern. Wir wollen eine unge-
zwungene ordnungsgemäße Stelle, die am Ende als
Schlichtungsstelle so funktioniert, dass jeder Betroffene
dort hingeht.

Letzter Punkt, den ich ansprechen will: Eingangs-
hürde. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass die
Eingangshürde, um Missbrauch zu verhindern, ähnlich
sein kann wie bei Beschwerden beim Bundesverfas-
sungsgericht, dass man also zunächst eine Vorprüfung
macht, ob das, was beantragt wird, überhaupt Erfolg hat.
So könnte man die Beschwerden abarbeiten.

Ich denke, in diesem Sinne müssen wir noch viel tun.


(Ulrike Gottschalck [SPD]: Seht doch einfach in der praktischen Arbeit, ob es funktioniert!)


Wir sind auf dem richtigen Weg. Ich denke, Zwang aus-
zuüben, wie Sie es beantragen, ist nicht der richtige
Weg. Deswegen lehnen wir das ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713317600

Das Wort hat nun Heinz Paula für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1713317700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

Tourismuspolitiker und Verbraucherschutzpolitiker ha-
ben uns bereits sehr intensiv mit diesem Thema befasst.
Es wurden sehr wichtige und richtige Argumente ausge-
tauscht. Ich darf aus dem Protokoll des Deutschen Bun-
destages vom 7. Juli 2011 einige Passagen zitieren:

Der Verbraucher soll sich leicht informieren kön-
nen, er soll gut beraten und seine Interessen sollen
gut vertreten werden.

Frau Mortler, wir stimmen Ihnen absolut zu.


(Beifall der Abg. Marlene Mortler [CDU/ CSU])


Ich darf Sie weiter zitieren:

Ihre erfolgreiche Tätigkeit

– Sie meinen an der Stelle die söp –

stärkt den Verbraucherschutz im Tourismus.


(Marlene Mortler [CDU/CSU]: Ja!)


Da kann ich nur sagen: Alle Achtung, söp! Ihr leistet
eine hervorragende Arbeit. Ihr habt die entsprechende
Anerkennung der Unternehmen und der Verbraucher. Ihr
habt eine hervorragende Infrastruktur, und ihr habt her-
vorragende Experten, die es schaffen, bis über 90 Pro-
zent der Schlichtungen zu einem positiven Ergebnis zu
führen. Respekt, söp!


(Beifall bei der SPD)


An dieser Stelle ist interessant, dass über ein Drittel
der anhängigen Verfahren justament von Fluggesell-
schaften kommen. Interessant ist dabei auch – das richtet
sich an alle diejenigen, die die Sorge haben, dass die aus-
ländischen Fluggesellschaften nicht mit im Boot wären –,
dass genau diese Fluggesellschaften bereits sehr aktiv
mitmachen. Es funktioniert doch.

Wir Sozialdemokraten wollen eine möglichst ver-
braucherfreundliche Regelung. Ich hoffe, Sie von der
Regierungskoalition wollen das auch. Wir wollen, dass
die Unternehmer verpflichtet werden, an einem Schlich-
tungsverfahren teilzunehmen, wenn sie einer Verbrau-
cherbeschwerde nicht innerhalb von vier Wochen selbst
abgeholfen haben. Verbraucherfreundlich heißt für uns
darüber hinaus, dass man sich an eine gemeinsame, also
verkehrsträgerübergreifende Stelle wenden kann. Eine
Anlaufstelle und eine einheitliche Spruchpraxis, das
brauchen wir. Verbraucherfreundlich heißt für uns außer-
dem, dass nicht die Kunden die Kosten zu übernehmen
haben. Wo kommen wir denn hin, wenn nicht die Verur-
sacher, sondern die Geschädigten dafür bezahlen sollen?
Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Fluggesellschaften
inzwischen von solchen Eingangsgebühren Abstand ge-
nommen haben. Damit sind sie bereits auf dem richtigen
Weg. Jetzt muss der nächste Schritt folgen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Tressel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es ist immer wieder davon die Rede, wie teuer die söp
sei. Ein Blick in die geplante Beitragsordnung zeigt:
Man kommt den Fluggesellschaften sehr weit entgegen.

Es wird immer wieder die große Sorge geäußert, dass
ein wilder Missbrauch drohe. Liebe Kolleginnen und
Kollegen, die bisherige Arbeit der söp zeigt überdeut-





Heinz Paula


(A) (C)



(D)(B)

lich, dass kein Missbrauch zu befürchten ist. Außerdem
haben wir in unserem Antrag eine entsprechende Rege-
lung vorgesehen. Sie können also ganz beruhigt sein.

Entscheidend wird allerdings sein, dass wir endlich zu
Ergebnissen kommen. Wenn wir in den nächsten 20 oder
30 Jahren immer noch verhandeln, nützt das den Ver-
braucherinnen und Verbrauchern nicht.


(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie mir nicht glauben, können Sie die Argu-

mente Ihrer eigenen Kollegen heranziehen. Die Verbrau-
cherministerkonferenz wurde bereits angesprochen. Ich
darf aus einer Pressemitteilung unserer früheren Kolle-
gin Puttrich zitieren, die inzwischen in Hessen Ministe-
rin ist.


(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Gute Frau!)

– Ich hoffe, Sie sagen das auch nach dem Zitat aus der
Pressemitteilung. – Ich darf zitieren:

Für den Verbraucher ist es dabei nicht nachvollzieh-
bar, dass es unterschiedliche Anlaufstellen des
Schlichtungsverfahrens gibt. … Die Fluggesell-
schaften sind nun aufgefordert, sich aktiv an der
Schlichtungsstelle zu beteiligen. Geschieht dies
nicht,

– Herr Schweickert, ich zitiere immer noch –
werden wir sie dazu verpflichten …

Dazu kann ich nur sagen: Die Frau hat recht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrem Koalitionsvertrag haben Sie die richtigen

Aussagen getroffen. Richtige Aussagen ersetzen aber
kein Handeln. Handeln Sie endlich im Sinne der Ver-
braucherinnen und Verbraucher!


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Tressel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713317800

Das Wort hat nun Erik Schweickert für die FDP-Frak-

tion.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Gustav Herzog [SPD]: Jetzt sind wir alle gespannt!)



Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1713317900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren auf den Zuschauerrängen!
Wenn man Ihre Rede verfolgt hat, Herr Paula, könnte
man meinen, die Regierungskoalition wüsste nicht, dass
es zu Verspätungen kommt. Das wissen wir aber. Wir
wissen sehr wohl, wie unangenehm das Ganze ist. Aus
diesem Grunde haben wir in unserem Koalitionsvertrag
genau das niedergeschrieben, was von allen Opposi-
tionsfraktionen zitiert worden ist. Denn wir wollen den
Umstand abschaffen, dass die Verbraucherrechte in die-
sem Bereich ungenügend sind.


(Kerstin Tack [SPD]: Wann denn?)

Die Frage ist, wie wir das machen.
Die SPD hat einen Antrag vorgelegt, über den wir
heute abstimmen werden. Die SPD geht darin auf die
Schlichtungsstelle söp ein, die bisher nicht für den Flug-
verkehr zuständig ist. Weil die Schlichtungsstelle gut ar-
beitet, will die SPD die Teilnahme der Luftverkehrsbran-
che an der söp erreichen. Genau wie Kollegin Puttrich
sage ich: Ja, die söp leistet gute Arbeit. Wir wollen aber
mit unserer Regulierung die Richtigen treffen. Ich hätte
gern den Kollegen Behrens gefragt, wer den Flug nach
Larnaca ausgerichtet hat. Wir können gerne die deut-
schen Carrier verpflichten. Die Frage ist aber, ob die
Probleme bei ihnen am größten sind. Haben wir nicht die
größten Probleme mit Ryanair und easyJet, die sich nie-
mals freiwillig einer Schlichtung unterwerfen werden,
wenn wir den falschen Weg wählen?

Wir wollen erreichen, dass die Schlichtungsergeb-
nisse von den Verkehrsträgern anerkannt werden. Des-
wegen müssen wir eine Systematik finden, der alle fol-
gen können. Jetzt ist der einzige Streitpunkt der, wie das
aussehen soll. Wenn das später unter dem Dach der söp
stattfindet und alle freiwillig unter dieses Dach gehen,
dann haben wir das Problem nicht. Aber es zeigt sich,
dass gerade die ausländischen Carrier nicht unter dieses
Dach wollen.

Zu den Gründen, die Sie angeführt haben, muss ich
sagen, dass sie sekundär sind. Aus der Sicht des Verbrau-
chers ist es wichtig, dass er nur eine Nummer anrufen
muss, egal ob er mit der Bahn gefahren oder mit dem
Flugzeug geflogen ist, und dass er nur eine Homepage
aufzurufen braucht. Es ist egal, ob er in der Zentrale der
söp landet und anschließend in die Abteilung Bahn oder
Flug durchgestellt wird. Es ist vollkommen unerheblich,
wie die Struktur dahinter aussieht. Auch in einem Unter-
nehmen, wie Sie es zeichnen, gibt es verschiedene Ab-
teilungen, die sich mit unterschiedlichen Schlichtungs-
fragen beschäftigen. Wenn es eine Anlaufstelle gibt, ist
es aus Verbrauchersicht vollkommen irrelevant, wie die
Struktur dahinter aussieht. Uns geht es darum, eine nie-
derschwellige, gute Verbraucherschutzpolitik zu ma-
chen. Genau das tun wir mit unserer Vorgehensweise.
Sie wissen genau, dass es sehr schwierig ist, die auslän-
dischen Carrier unter dieses Dach zu bekommen.


(Ulrike Gottschalck [SPD]: Was macht ihr denn?)


Deshalb sind wir dabei, nicht nur mit diesen Unterneh-
men zu reden, sondern auch zu schauen, wer mitzieht.
Als Ultima Ratio sollen diejenigen, die nicht mitmachen,
einer Zwangsschlichtung unterworfen werden.


(Heinz Paula [SPD]: Das ist es!)


Wenn das alles so einfach wäre, hätten Sie es damals
schon machen können. Sie wissen genau: Wenn wir
nicht alle Unternehmen der Branche einbeziehen, dann
haben wir ein Problem. Ausnahmen werden wir nicht
zulassen. Deswegen heißt gute Verbraucherschutzpoli-
tik, alle in die Schlichtung einzubeziehen. Wir sind dabei
nicht nur auf einem guten Weg, sondern ganz nahe dran.
Ich gehe davon aus, dass wir mit Frau Leutheusser-
Schnarrenberger und Frau Aigner die richtigen Damen
haben, um dieses Problem zu lösen.

Vielen Dank für Ihr Zuhören.





Dr. Erik Schweickert


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713318000

Das Wort hat nun Marlene Mortler für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1713318100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wer den Kolleginnen und Kollegen der Oppo-
sition und von der Regierungskoalition genau zugehört
hat, der musste am Ende zu dem Ergebnis kommen, dass
wir unter dem Strich gar nicht so weit auseinanderliegen.
Ehrlich gesagt, auch ich bin unzufrieden darüber, dass
wir noch kein abschließendes Ergebnis erzielen konnten.


(Heinz Paula [SPD]: Da sind wir uns einig!)


Es geht in der Tat noch um einen wesentlichen Punkt,
den der Kollege von der FDP gerade ausführlich erläu-
tert hat. Ich glaube, es ist überhaupt nicht zielführend,
wenn die Kollegen von der SPD so tun, als hätten sie mit
ihrem Antrag einen großen Wurf gelandet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Heinz Paula [SPD]: Wir unterstützen Sie doch, Frau Mortler, damit die Unzufriedenheit beendet wird! – Ulrike Gottschalck [SPD]: Wir wollen Ihnen helfen, Ihren Koalitionsvertrag umzusetzen! Immer positiv denken!)


Tatsache ist, dass der alte BDF, also der Bundesver-
band der Deutschen Fluggesellschaften, nicht nur akzep-
tiert hat, was in unserem Koalitionsvertrag zur Schlich-
tung steht, sondern auch aktiv geworden ist und
beschlossen hat, dass die Schlichtung kommen wird.
Auch für uns von der Union ist es zweitrangig, ob das
unter dem Dach der söp oder separat erfolgt. An erster
Stelle ist für uns wichtig, dass alle Verkehrsträger dabei
sind. An zweiter Stelle ist uns wichtig, dass die Ver-
kehrsträger die Kosten tragen und dass die Lösung aus
Kundensicht praktikabel ist und sie schnell und unkom-
pliziert umgesetzt wird.

Ich möchte an der Stelle die söp, die Schlichtungs-
stelle für den öffentlichen Personenverkehr, loben. Ende
2009 ist sie gestartet, und sie macht zweifellos eine gute
Arbeit. Sie hat im Sinne des Verbraucherschutzes auch
im Bereich Tourismus die Anliegen der Kunden ge-
stärkt. Deshalb ein herzliches Dankeschön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Heinz Paula [SPD])


Wenn wir genau hinschauen, dann sehen wir, dass es
im Bereich des Bus- und Schiffsverkehrs sehr selten, bei
der Bahn jedoch in höherem Maße zu Schlichtungsanfra-
gen kommt. Die Schlichtungsfälle, über die wir reden,
werden – ich wiederhole es gerne – zu 90 Prozent ein-
vernehmlich beigelegt. Wenn die Angaben vom alten
BDF, vom Bundesverband der Deutschen Fluggesell-
schaften, stimmen, dann ist es auch hier so, dass 99 Pro-
zent der Kundenbeschwerden außergerichtlich und da-
mit zufriedenstellend gelöst werden.

Wir sollten aber auch wissen, über welche Dimensio-
nen wir insgesamt reden. Die Bahn befördert jährlich
2,4 Milliarden Fahrgäste. Bei 2 100 Schlichtungsanträ-
gen ist das ein Verhältnis, das sich sehen lassen kann.
Die Anzahl der Schlichtungsfälle ist doch sehr gering.
Im Bereich der Fluggesellschaften werden in Deutsch-
land jährlich 190 Millionen Fluggäste befördert. Im glei-
chen Zeitraum sind lediglich 1 500 Anträge als Schlich-
tungsverfahren bei der söp eingegangen.

Sie haben jetzt vielleicht das Gefühl, das könne über-
haupt nicht stimmen. Aber wir reden heute ausschließ-
lich über die Schlichtung. Wir reden nicht über den
ersten Schritt, das interne Verbraucherbeschwerdema-
nagement des jeweiligen Unternehmens. Hier werden
bereits die meisten Beschwerden und Schadenersatzfor-
derungen der Kunden abgearbeitet. Das halte ich für ein
gutes Zeichen. Wir reden hier auch nicht über den dritten
Weg, den sogenannten Klageweg, der jedem offensteht,
sondern über die Schlichtung.

Ich werbe am Schluss noch einmal dafür, weiterhin
auf Freiwilligkeit zu setzen, unabhängig davon, ob die
Fluggesellschaften nun unter dem Dach der söp oder
selbstständig eine Schlichtungsstelle einrichten. Der
Kollege Wichtel hat es schon gesagt: Wenn wir die
Schlichtung gesetzlich verbindlich regeln, hat am Ende
der Kunde das Nachsehen, weil er dann den Spruch ak-
zeptieren muss.


(Heinz Paula [SPD]: Das Gegenteil ist der Fall!)


Also noch einmal: Es geht um eine einvernehmliche
Streitbeilegung für alle Verkehrsträger. Da sich abzeich-
net, dass die Verhandlungen dazu in der letzten Phase
sind, ist der Antrag der SPD überflüssig. Wir können ihn
also mit ruhigem Gewissen ablehnen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713318200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/7337 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und der
FDP wünschen Federführung beim Rechtsausschuss, die
Fraktion der SPD wünscht Federführung beim Aus-
schuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
Fraktion der SPD abstimmen, also Federführung beim
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Wer
stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Überweisungs-
vorschlag ist mit den Stimmen der beiden Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen
abgelehnt.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP abstimmen, also
Federführung beim Rechtsausschuss. Wer stimmt für die-
sen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit
dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie zuvor angenom-
men.

Auf Verlangen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
unterbrechen wir nun wegen einer Fraktionssitzung die
Plenarsitzung bis 17.30 Uhr. Der Wiederbeginn der Sit-
zung wird rechtzeitig durch Klingelsignal angekündigt.

Die Sitzung ist unterbrochen.


(Unterbrechung von 16.49 Uhr bis 17.46 Uhr)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713318300

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Michael Kretschmer, Wolfgang Börnsen

(Bönstrup), Arnold Vaatz, weiterer Abgeordneter

und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Siegmund Ehrmann,
Sören Bartol, Martin Dörmann, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD

(Kyffhäuser)

weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
sowie der Abgeordneten Agnes Krumwiede,
Josef Philip Winkler, Katrin Göring-Eckardt,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Das Reformationsjubiläum im Jahre 2017 –
Ein Ereignis von Weltrang

– Drucksachen 17/6465, 17/7219 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michael Kretschmer
Siegmund Ehrmann
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Dr. Rosemarie Hein
Agnes Krumwiede

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Minis-
terpräsident des Bundeslandes Sachsen-Anhalt, Reiner
Haseloff.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



(SachsenAnhalt)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglie-
der des Bundestages! Ich bin dankbar, heute vor Ihnen
als Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt und
Mitglied im Kuratorium zur Vorbereitung des Reforma-
tionsjubiläums sprechen zu dürfen. Ich tue das auch im
Namen meiner Kollegin aus Thüringen, Frau Minister-
präsidentin Lieberknecht,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


und meines sächsischen Kollegen, Herrn Ministerpräsi-
denten Tillich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gibt viele Städte in Mitteldeutschland, mit denen
der Reformator eng verbunden war. Erfurt war die Stadt
des jungen Luther. Auf der Wartburg in Eisenach fand er
Zuflucht. Seine Frau stammte aus Sachsen. Ihr Gelübde
als Nonne legte sie im Kloster Nimbschen ab. Torgau
war ihr Sterbeort. Das eigentliche Lutherland ist jedoch
das heutige Sachsen-Anhalt mit Mansfeld,


(Harald Koch [DIE LINKE]: Das ist mein Wahlkreis!)


dem Heimatort der Eltern und der befreundeten Fürsten-
familie, mit Eisleben, dem Ort der Geburt und des To-
des, und natürlich mit Wittenberg, dem wichtigsten Wir-
kungsort Luthers. Die Lutherstadt Wittenberg ist der
zentrale Gedenkort der Reformation und die Stadt mit
den bedeutendsten Lutherstätten: Schloss- und Marktkir-
che, Augusteum, Lutherhalle und die alte Universität
Leucorea. Erste Anregungen, das Reformationsjubiläum
des Jahres 2017 und die Jahre bis dorthin in einer
Lutherdekade gemeinsam zu begehen, sind deshalb be-
reits im Jahre 2008 von Sachsen-Anhalt ausgegangen.
Sie wurden noch durch meinen Amtsvorgänger Profes-
sor Böhmer an die Evangelische Kirche in Deutschland
und an den Bund herangetragen und dort positiv aufge-
nommen. Daraus ist das schon erwähnte Kuratorium mit
seinen inzwischen weitverzweigten Arbeitsstrukturen
entstanden.

Gemeinsam, das heißt für uns im Bewusstsein der
Unterschiede zwischen Kirche und Staat mit Blick auf
ein Ereignis, das ja unzweifelhaft zunächst einmal kirch-
licher Natur ist, aber eben zugleich in enger freund-
schaftlicher Zusammenarbeit, weil die Bezüge dieses Er-
eignisses ebenso unzweifelhaft tief hineinwirkten und
hineinwirken in den Staat und die Gesellschaft. Ich be-
grüße es deshalb, dass es in den Kirchen konkrete Über-
legungen gibt, im Jahr des Reformationsjubiläums zu ei-
nem Kirchentag nach Berlin und Wittenberg einzuladen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dem Reformator wichtige Fragen der Weltverantwor-
tung des Glaubens können so ganz bewusst vor dem
Hintergrund einer inzwischen ausgeprägten Säkularisa-
tion an den Stätten der Reformation diskutiert und auf
ihre Relevanz für uns im Hier und Heute hin reflektiert
werden.

Das unterscheidet unsere Herangehensweise im Übri-
gen fundamental von der Herangehensweise bei den
staatlicherseits sehr verschämt gestalteten Feiern zum
500. Geburtstag Luthers im Jahre 1983 in Wittenberg,
die ich noch in persönlicher Erinnerung habe. „Gemein-
sam“ heißt für uns also auch: im Zusammenwirken von
Bund, Ländern und Kommunen, ergänzt durch ein Enga-





Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt)



(A) (C)



(D)(B)

gement der Zivilgesellschaft, soweit sie sich in ihrer
geistigen und kulturellen Prägung auf Impulse Martin
Luthers bezieht. Als Wittenberger füge ich beim Stich-
wort „gemeinsam“ hinzu: Ich wünsche mir, dass dieses
Jubiläum eine spirituelle Kraft auch über konfessionelle
Grenzen hinweg entfaltet.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vor diesem Hintergrund bin ich für die Unterstützung
des Deutschen Bundestages dankbar. Mit einem ersten
Beschluss am 18. Juni 2009 und der Beschlussempfeh-
lung, die Ihnen heute zur Entscheidung vorliegt, bekräf-
tigen Sie nachdrücklich die Bereitschaft des Bundes,
sich aktiv konzeptionell, fördernd und gestaltend an der
Lutherdekade und am Reformationsjubiläum zu beteili-
gen.

Besonders dankbar bin ich, dass die vorliegende Be-
schlussempfehlung fraktionsübergreifend von den Ab-
geordneten der CDU/CSU, SPD, FDP und des Bünd-
nisses 90/Die Grünen und ebenso einvernehmlich vom
federführenden Ausschuss für Kultur und Medien wie
von allen mitberatenden Ausschüssen getragen wird.
Damit unterstreichen Sie den übergreifenden Charakter
des Ereignisses und seine Bedeutung für Politik und Ge-
sellschaft, Bildung und Kultur, Wirtschaft und Touris-
mus, nationale Identität und internationale Beziehungen.
Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken.

Ich danke Ihnen auch dafür, dass die Unterstützung
des Bundes bereits sehr konkret geworden ist. Der Be-
auftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
hat mit Unterstützung des Deutschen Bundestages im
laufenden Jahr ein neues Förderprogramm auf den Weg
bringen können, das kulturellen Projekten, aber auch der
Herrichtung der historischen Lutherstätten zugute-
kommt. Dafür danke ich Ihnen, sehr geehrter Herr
Staatsminister Neumann.

Das Auswärtige Amt und das Innenministerium sind
im Rahmen ihrer Zuständigkeiten hilfreich. Daneben
helfen uns das Bau- und das Wirtschaftsministerium mit
Blick auf bauliche und touristische Vorhaben. Natürlich
wünsche ich mir, dass diese Unterstützung fortgeführt
werden kann. Wahrnehmung und Bewertung des Refor-
mationsjubiläums hängen entscheidend von der touristi-
schen Infrastruktur, einem guten Veranstaltungsangebot,
interessanten Projekten und vom baulichen Zustand kul-
tureller Leuchttürme wie den Lutherstätten ab.

All das sind wichtige Voraussetzungen für den Erfolg
des Jubiläums. Hier steht der Bund aus meiner Sicht in
einer besonderen Pflicht; diese Pflicht hat er erkannt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das tut er auch gern!)


Der Kulturstaatsminister hat sein Programm bereits in
die mittelfristige Finanzplanung einbezogen. Dankbar
bin ich für Überlegungen, eine ergänzende Unterstüt-
zung der großen Baumaßnahmen an Orten, die zum
Weltkulturerbe gehören, aus dem Etat des Bauministe-
riums zu prüfen. Für die betroffenen Länder wäre dies
eine große Erleichterung. Die heutige Beschlussempfeh-
lung schafft dafür eine gute Basis.

Dabei will ich betonen, dass sich bereits sechs Länder
für das Reformationsjubiläum engagieren und auch Un-
terstützung des Bundes in Anspruch nehmen: Neben
Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen arbeiten inzwi-
schen Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz in den ent-
sprechenden Gremien mit. Für Sachsen-Anhalt kann ich
sagen, dass wir uns in erheblichem Maße engagieren:
Sachsen-Anhalt wird die Jubiläumsvorbereitungen in
den kommenden Jahren mit bis zu 75 Millionen Euro
aus Landesmitteln unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir sind für Mittel des Bundes und der Europäischen
Union dankbar, die hier ergänzend wirken. Wir sind
– wie die anderen genannten Länder – dringend darauf
angewiesen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland bereitet
sich auf das Reformationsjubiläum 2017, ein Ereignis
von Weltrang, vor. Der Antrag, der Ihnen heute zur Be-
schlussfassung vorliegt, bringt kräftigen Rückenwind für
das weitere Engagement des Bundes, aber auch der Län-
der. Ich danke allen, die daran mitwirken. Ich bitte Sie:
Lassen Sie uns weiter gemeinsam für den Erfolg dieses
Jubiläums arbeiten. Im Jahr 2017 soll die Welt nur den
besten Eindruck von einem geschichtsbewussten, kultur-
geprägten, weltoffenen und gastfreundlichen Deutsch-
land gewinnen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713318400

Der Kollege Siegmund Ehrmann hat für die SPD-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1713318500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Wer etwas will anfangen, der mag es beizeiten tun“ – so
Martin Luther. Diesen Ratschlag befolgen wir, insbeson-
dere die Regierung, im politischen Handeln nicht immer,
aber im Fall des Reformationsjubiläums 2017 ist dies
von den Akteuren – das haben wir gerade von Herrn
Ministerpräsident Haseloff gehört – schon recht frühzei-
tig angepackt worden. Bereits im Jahre 2008 ist die so-
genannte Lutherdekade feierlich eröffnet worden. Übli-
cherweise gestehen wir Jubilaren ein besonderes Jahr zu:
Einsteinjahr 2005, Mozartjahr 2006 und das Schillerjahr
2009. Warum bekommt Martin Luther eine ganze De-
kade?

So erfolgreich die eben genannten Herren in ihren je-
weiligen Bereichen auch gewirkt haben mögen – die Re-
formation revolutionierte nicht nur Theologie und Kir-
che. Sie führte zu Umbrüchen weit darüber hinaus. Sie
prägte ganze Gesellschaften und stellt einen der wich-
tigsten Wendepunkte in der Geschichte des Abendlandes





Siegmund Ehrmann


(A) (C)



(D)(B)

dar. Deshalb gilt sie auch als Eckpunkt für den Beginn
der Neuzeit.

Natürlich war die Reformation kein Geniestreich Ein-
zelner, sondern sie stand in der Kontinuität reformeri-
scher Ansätze des Spätmittelalters und konnte sich nur
vollziehen, weil verschiedene Faktoren zusammenwirk-
ten. Das macht sie aber nicht weniger bedeutsam. Im Ge-
genteil: Die Reformation hat der Aufklärung den Weg
geebnet, und die prägt bis in die Gegenwart unsere Ge-
sellschaft.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will gerne etwas konkreter werden, weil ich es
ausgesprochen hilfreich finde, dass die Organisatoren
der Lutherdekade, insbesondere die Evangelische Kirche
in Deutschland und ihre Gliedkirchen, die jeweiligen
Jahre unter ein Leitthema gestellt haben. 2011 stand un-
ter der Überschrift „Reformation und Freiheit“. Luther
hatte die theologisch revolutionierende Überzeugung,
dass die Menschen durch ihren Glauben und in der
Nachfolge als theologisch religiöse Begründung frei
sind. Diese Freiheit können ihnen weder kirchliche noch
staatliche Obrigkeiten nehmen. Der Mensch ist mündig
und kann sich ohne Vermittlung einer Autorität ein eige-
nes Urteil bilden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist nicht verkehrt, nicht wahr? Im Gegenteil: Da be-
kommt die Bibelübersetzung eine ganz wesentliche Be-
deutung. Was früher unter der Herrschaft des Klerus ge-
standen hat, nämlich die Schulung der Fähigkeit, sich ein
eigenes Urteil, eine eigene Kenntnis zu erarbeiten,
wurde allen zugänglich. Langfristig entwickelten sich
daraus die Ideen von Freiheit und Gleichheit als eine we-
sentliche Triebfeder der Reformation, die letztendlich
Demokratie mitgestaltet hat.

Das Jahr 2010 stand unter dem Motto „Reformation
und Bildung“. Auf die Bibelübersetzung bin ich bereits
eingegangen. Die Reformatoren setzten sich aktiv für die
Entwicklung des Schulwesens ein. Sie forderten, die
Schulpflicht für alle Kinder, unabhängig von Stand und
Geschlecht. Sie forderten, dass die Städte ihrer Verant-
wortung gerecht und als Schulträger tätig werden.
Luther predigte den Eltern: Die Kinder müssen lesen ler-
nen. Die Folgen der reformatorischen Bildungspolitik
sind wissenschaftlich nachgewiesen. Am Ende des
19. Jahrhundert war die Alphabetisierungsquote in den
protestantisch geprägten Gegenden um 10 Prozent höher
als in anderen Regionen.

Das Themenjahr 2013 trägt den Titel „Reformation
und Toleranz“. Es liegt auf der Hand, dass durch die Re-
formation Toleranz nicht einfach vom Himmel fiel. Die
blutigen Religionskriege in der Zeit danach sprechen
Bände und haben viel Elend über die Menschen ge-
bracht. Nachdem jedoch die Reformation offensichtlich
unumkehrbar war, musste man sich langfristig auf ein
Zusammenleben der unterschiedlichen Konfessionen,
aber auch mit Menschen, die nicht „religiös musika-
lisch“ sind, einrichten. Die Reformation hat insofern
Europa genötigt, auf der Basis von Toleranz und wech-
selseitigem Respekt Regeln für das Zusammenleben un-
terschiedlicher Weltanschauungen zu entwickeln. Die re-
ligiös-kulturelle Differenzierung und Pluralisierung ist
damit zu einem Wesensmerkmal, einer Signatur Europas
geworden.

Dies alles stelle ich voran, weil es deutlich macht, wie
wichtig es ist, sich mit diesem Teil unseres kulturellen
Erbes auseinanderzusetzen und deutlich zu machen, wel-
che Prägekraft die Reformation in unsere Gesellschaft
hineinbringt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist also wichtig – ich begrüße ausdrücklich die Aus-
führungen des Ministerpräsidenten –, dass viele Akteure
zusammenwirken, um daran zu erinnern, was von der
Reformation ausgegangen ist und wo ihre Dimension in
Gegenwart und Zukunft liegt. Insofern unterstützt dieser
von den Fraktionen des Deutschen Bundestages getra-
gene Antrag genau das Bemühen, diese Dimension he-
rauszuarbeiten.

Ich möchte noch einen besonderen Aspekt in Erinne-
rung rufen: Die europäische Dimension sollte dabei
nicht zu kurz kommen. Wir fordern konkret in diesem
Antrag, dass der Aspekt des Reformationsjubiläums
auch in die europäischen Programmplanungen aufge-
nommen wird. Was das Europäische Kulturerbe-Siegel
ausmacht, merkt man daran, dass zum Beispiel die
Luthergedenkstätten als Stätten der Reformation mit die-
sem Siegel ausgezeichnet worden sind. Das macht deut-
lich, welche Strahlkraft von den soeben näher
geschilderten Lutherwelterbestätten ausgeht.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sollten das Reformationsjubiläum 2017 und die
Zeit bis dahin intensiv nutzen, um uns mit der Reforma-
tion als Teil unseres kulturellen Erbes ganz bewusst aus-
einanderzusetzen und um auch die aktuellen Aspekte
aufzunehmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713318600

Das Wort hat nun die Staatsministerin im Auswärti-

gen Amt, Cornelia Pieper.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


C
Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1713318700


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Bundesregierung bringt sich aktiv in die Gestaltung der
Lutherdekade und des eigentlichen Jubiläumsjahres ein
und begleitet die Lutherdekade von Anbeginn, nämlich
seit 2008. Der Kulturstaatsminister, Herr Neumann, ist für





Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) (C)



(D)(B)

die Lutherdekade federführend zuständig. Wir, die Bun-
desregierung, lassen uns von dem Verständnis leiten, dass
die Reformation ein Ereignis war, das kulturgeschichtlich
bedeutende Veränderungen angestoßen hat – und zwar
weltweit –, getreu der Aussage Martin Luthers: „Es gibt
keinen Weg zum Frieden, wenn nicht der Weg schon Frie-
den ist.“

Die Dimension der von der Reformation ausgegange-
nen Impulse will die Bundesregierung in Kooperation
mit ihren Partnern unterstreichen. Am nächsten Don-
nerstag wird die Bundesregierung aus diesem Anlass zu-
sammen mit der EKD, den Landeskirchen und den Bun-
desländern die sogenannte Dachmarkenkampagne hier
in Berlin feierlich eröffnen. Wir wollen damit die Vorbe-
reitungen auf das Reformationsjubiläum national und
insbesondere über die Grenzen Deutschlands hinaus be-
kannter machen. Im Mittelpunkt der Kampagne stehen
dabei nicht nur das auf einem der bekanntesten Luther-
porträts basierende Logo, sondern auch Leuchtturmpro-
jekte, zum Beispiel die Eröffnung des Themenjahres
2012 „Reformation und Musik“ am 31. Oktober dieses
Jahres mit einem großen Festgottesdienst und Konzerten
in Eisenach.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Mich freut besonders, dass wir dieses Jubiläum hier
im Deutschen Bundestag fraktionsübergreifend – natür-
lich mit Ausnahme der Linken – würdigen und dass wir
dies gemeinsam mit einer entsprechenden Dynamik an-
gehen; denn das ist wichtig. Wichtig ist aber auch, dass
wir international werben,


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


weil dieses Ereignis weltweit von kulturgeschichtlicher
Bedeutung ist – ich habe es schon gesagt – und auch tou-
rismuspolitisch einiges bewegen kann.

Ich selbst bin Mitglied im Kuratorium und werde na-
türlich das Auswärtige Amt einbringen. Neben dem
Auswärtigen Amt und dem Bundesinnenministerium en-
gagieren sich acht Bundesministerien, das Bundeskanz-
leramt und das Bundespresseamt für die Lutherdekade.

Die Bundesregierung hat – vorbehaltlich der jeweili-
gen Zustimmung des Bundestages – ihre Bereitschaft er-
klärt, sich auch am Reformationsjubiläum finanziell zu
beteiligen. Immerhin haben wir 2011 5 Millionen Euro
eingestellt. Wir werben für die Einstellung der entspre-
chenden Summen in den Haushalt 2012.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


– Ja, das ist einen Applaus wert. – Dagegen ist die
Summe beim Auswärtigen Amt – im Moment
200 000 Euro – noch etwas klein. Aber das kann sich bis
2017 noch steigern.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Da müssen wir ran!)


Lassen Sie mich für die Bundesregierung als Letztes
– leider habe ich nur drei Minuten Redezeit – folgendes
Plädoyer im Hinblick auf das Reformationsjubiläum hal-
ten: Auf internationaler Ebene werden wir für die Jahre
2013/2014 eine kunsthistorische Wanderausstellung zum
Wirken Luthers und zu den weltweiten Auswirkungen
der Reformation vorbereiten. Daneben soll die soge-
nannte Lutherbox an verschiedene Orte wandern, um
über Luther und die Reformation zu informieren.

Ich glaube, das alles sind hervorragende Projekte, mit
denen wir auch für den Kulturstandort Deutschland, für
die Kulturnation Deutschland in der Welt werben kön-
nen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Fraktionen,
die sich an diesem Antrag beteiligt haben. Danke, dass
Sie das so intensiv unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713318800

Das Wort hat die Kollegin Dr. Jochimsen für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713318900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist eine schöne Aufgabe, sich im Parlament mit einem
großen Ereignis in der Geschichte Deutschlands, ja Eu-
ropas zu befassen – mit der Reformation. Es ist eher un-
schön, dass meine Fraktion bei der Antragstellung ein
weiteres Mal ausgeschlossen wurde. Selbst bei einem
Thema wie der Würdigung des Reformationsjubiläums
darf meine Fraktion einen Antrag aller anderen Fraktio-
nen nicht mittragen.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Beitreten ist kein Thema!)


Grund: ein grundsätzlicher Boykott der Linken durch die
CDU/CSU-Fraktion, der von den anderen Oppositions-
fraktionen tapfer mitgetragen wird.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist Unsinn, weil Sie immer beitreten können!)


„Was ist eigentlich natürlich am Ausschluss der Fraktion
Die Linke bei einem solchen Thema in der parlamentari-
schen Behandlung?“, frage ich mich und frage ich Sie.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Jetzt zum Thema!)


Wenn wir an diesem Antrag schon nicht mitarbeiten
durften, wähle ich den kurzen Moment meiner Rede, um
Ihnen zu beschreiben, was diesem Antrag aus unserer
Sicht fehlt. Wenn Sie die Reformation feiern wollen,
müssen Sie sich mit mehr befassen als mit Luther, und
Sie dürfen Luther auch nicht zu einer Lichtgestalt von
Freiheit oder gar Toleranz stilisieren.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das hat auch niemand gemacht!)


Kardinal Lehmann, kein geringerer als er, hat in einem
Interview mit der Zeitung Die Welt konstatiert – Zitat –:





Dr. Lukrezia Jochimsen


(A) (C)



(D)(B)

Er wird wohl deshalb so gefeiert, weil er den
Kampf gegen die Autorität des Papstes aufgenom-
men hat und sich nicht einschüchtern ließ. Dass er
einen epochengeschichtlichen Einschnitt personifi-
ziert, kann man nicht bestreiten. Aber der Held der
Freiheit im weitesten Sinn ist er nicht. Das zeigt
sein Verhalten gegenüber anderen Reformatoren,
den Bauern bei ihrem Aufstand, Andersgläubigen,
zum Beispiel den Wiedertäufern, aber auch gegen-
über Katholiken und Juden.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Sie zitieren einen Katholiken! Und das zur Reformation! Was soll das denn?)


In den lutherischen Territorien

– lieber Kollege Ehrmann –

wurde die frühzeitliche Religionsfreiheit kaum be-
achtet, es herrschte allenfalls eine mildere Form
von Toleranz als sonst im Reich.

So weit Kardinal Lehmann.

Von dieser Einordnung Luthers ist in Ihrem Antrag an
keiner Stelle die Rede. Zwar versprechen Sie – Zitat –,
„das weite Themenspektrum der Reformation“ in der
Lutherdekade aufzunehmen, doch ich vermisse vor al-
lem die Rolle des Volkes bei dieser Reformation:


(Beifall bei der LINKEN)


das hoffende, das kämpfende, das umdenkende und das
vielerorts schwer betrogene, ja niedergekämpfte Volk.
Seiner bei diesem Jubiläum zu gedenken, wäre gerade
heute, in einer Zeit der vielen Volksaufstände, die zu-
meist auch religiös motiviert oder gegenmotiviert sind,
ein wichtiges Signal.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Agnes Krumwiede [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie führen eine imposante Liste von Weggefährten
Luthers an. Aber wo bleiben die Zeitgenossen der Refor-
mation, allen voran Thomas Müntzer, der, wohlgemerkt,
die erste deutsche Predigt verfasst hat und dessen Frei-
heitsbegriff und Menschenbild durch und durch reforma-
torisch waren, auch wenn die Niederschlagung blutig
war? Müntzer steht für Begriffe wie direkte Demokratie
und soziale Gerechtigkeit. Er propagierte Freiheit und
Gleichheit der Menschen als göttliche Prinzipien. Der
Reformation der Kirche sollte eine Reformation der Ge-
sellschaft folgen.

Ferner führen Sie eine imposante Liste von Orten an,
die kulturgeschichtlich mit der Reformation in Verbin-
dung stehen, von Augsburg bis Worms. Wo bleibt zum
Beispiel Mühlhausen? Nein, Ihr Reformationsbild – es
ist auf Luther fixiert, und Ihr Lutherbild ist ganz und gar
einseitig – ist zu schmal, um dem Ereignis Reformation
gerecht zu werden. Von den ständigen Ausrutschern in
die Tourismusfalle, den ganzen Marketing- und Stand-
ortbeschwörungen bis hin – jetzt bitte ich, aufmerksam
zu sein – zur „Dachmarkenkampagne Luther 2017“
durch den Staatsminister – ist er anwesend? – am
27. Oktober 2011 will ich gar nicht reden. Ich glaube,
Luther würde sich in seinem Grab umdrehen, wenn er
das Wortungetüm „Dachmarkenkampagne Luther 2017“
hören würde.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich kann nur hoffen, dass von den 5 Millionen Euro
Bundesmitteln, die jetzt jährlich zur Verfügung stehen,
auch Projekte und Orte der Seite der Reformation geför-
dert werden, die Sie in Ihren Antrag – sagen wir einmal:
bisher – gar nicht einbezogen haben. In dieser Hoffnung
stimmen wir als ausgeschlossene Fraktion diesem An-
trag zu.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Nach dieser Rede weiß ich, warum Sie nicht beigetreten sind!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713319000

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Agnes Krumwiede das Wort.


Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713319100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ja, 5 Millionen Euro Bundesmittel pro Jahr
bis 2017 für die Lutherdekade erfordern eine transpa-
rente Kommunikation darüber, wofür diese Mittel ver-
wendet werden sollen. Jedes Jahr haben die Veranstal-
tungen andere thematische Schwerpunkte; wir haben
schon gehört, dass das so ist. Das nächste Jahr zum Bei-
spiel steht unter dem Motto „Reformation und Musik“.

Ein Teil der Bundesfinanzierung wird in die Restau-
rierung und Vorbereitung der Wirkungsstätten Martin
Luthers fließen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass im
vorliegenden Antrag auf eine nachhaltige Ausrichtung
des Reformationsjubiläums Wert gelegt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei Veranstaltungen und bei der Herstellung von Info-
materialien sollen Kriterien der Klimaneutralität berück-
sichtigt werden.

Neben der investiven Vorbereitung auf das Großereig-
nis im Jahr 2017 sind für uns die kulturelle und gesell-
schaftliche Dimension entscheidend. Zahlreiche Veran-
staltungen sollen den Dialog zwischen Gesellschaft und
Kirche programmatisch stärken. Wir begrüßen, dass da-
bei kulturelle, künstlerische und wissenschaftliche Aus-
einandersetzungen im Zentrum stehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Diese Chancen der kulturellen Begegnung innerhalb der
Lutherdekade wollen wir gern in den nächsten Jahren
politisch begleiten.





Agnes Krumwiede


(A) (C)



(D)(B)

Eine Fokussierung auf rein touristische Aspekte leh-
nen wir ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Nicht ein möglichst repräsentatives Bild Lutherdeutsch-
lands im Ausland steht für uns im Vordergrund, sondern
die inhaltliche und interdisziplinäre Auseinandersetzung
mit Luther, seiner Zeit und den Auswirkungen seiner
Schriften.

Um die Trennung zwischen Staat und Kirche in der
Organisationsstruktur zu bewahren, gibt es zwei Ge-
schäftsstellen: eine von staatlicher und eine von kirchli-
cher Seite. Bestrebungen – auch seitens des BKM –,
diese beiden Stellen zusammenzulegen, lehnen wir ab.
Kirchliche und staatliche Zuständigkeiten müssen klar
voneinander getrennt bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein Jubiläum mit dem Anspruch auf ein kirchliches
und kulturgeschichtliches Ereignis von Weltrang muss
bei Projekten und Veranstaltungen alle Menschen an-
sprechen und einbeziehen, nicht nur Protestanten. Au-
ßerdem darf sich die Ausgestaltung der Jubiläumsfeier-
lichkeiten nicht auf einige wenige Prestigeevents
beschränken. Dafür ist eine bundesweit flächende-
ckende, vielfältige und abwechslungsreiche Veranstal-
tungsstruktur in den Städten ebenso wie im ländlichen
Raum notwendig. Auch die Förderung des Dialogs mit
anderen Religionen, mit Nichtgläubigen und Atheisten
sollte im Rahmen der Lutherdekade gestärkt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Es darf nicht um eine Verherrlichung Martin Luthers
gehen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Eine Würdigung darf es schon sein!)


Auch kritische Fragen müssen aufgeworfen werden. Nur
durch eine kritische Auseinandersetzung mit der Institu-
tion Kirche, der Person Martin Luther und den umfas-
senden Konsequenzen seiner Schriften für die Ge-
schichte wird die Lutherdekade ihren Aufgaben gerecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Martin Luthers Wirken hatte viele Facetten mit prä-
gender historischer Ausstrahlung. Auf der einen Seite
gilt er als Reformator, als Modernisierer der Kirche. Un-
bestritten ist sein Beitrag zur Demokratisierung, zur Ent-
wicklung der deutschen Sprache und zum Zeitalter der
Aufklärung durch die Stärkung der individuellen Eigen-
verantwortung und der Gewissensentscheidung.


(Beifall des Abg. Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP])


Auf der anderen Seite, der unbequemen Schattenseite,
gilt Martin Luther als populärer Vertreter des Antijudais-
mus. Einige Auszüge aus seinen Briefen und Predigten
sind gerade durch die Brille der jüngeren deutschen Ver-
gangenheit schwer verdaulich. Diese Aspekte dürfen im
Glanz der Lutherdekade nicht untergehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Im Gegenteil: Die Lutherdekade kann ein Forum der
kritischen Reflexion bieten, um über den Einfluss
Luthers auf Vergangenheit und Gegenwart aus unter-
schiedlichen Perspektiven zu diskutieren. In diesem
Kontext sollten auch Moses Mendelssohn – der jüdische
Luther, wie Daniel Barenboim ihn einmal bezeichnet hat
– und Mendelssohns wenig beachteten Bibelübersetzun-
gen eine Rolle spielen.

Im vorliegenden Antrag sind die Rahmenbedingun-
gen für das Jubiläum festgelegt. Als nächster Schritt
muss die inhaltliche Ausrichtung, die Identifikation mit
der Lutherdekade in der Bevölkerung gestärkt werden.
Jetzt müssen die inhaltlichen Weichen für eine bunte
Lutherdekade gestellt werden, mit Events, Diskussions-
runden und Foren, die alle gesellschaftlichen und kultu-
rellen Gruppen zum Mitreden, Mitdenken und Mitge-
stalten einladen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713319200

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Börnsen für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1713319300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Nach Martin Luther müsste ich in dieser 45-Minu-
ten-Debatte schweigen. Er hat einmal seinen Glaubens-
brüdern zugerufen: Ihr könnt predigen, was ihr wollt,
aber nicht über 30 Minuten.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich schweige nicht.

Ich möchte mich dem Lutherjubiläum in meinem Bei-
trag mit einer Aussage des Papstes, die er im Deutschen
Bundestag getroffen hat, nähern:

Die Kultur Europas

– so hat es der Papst gesagt –

ist aus der Begegnung von Jerusalem, Athen und
Rom – aus der Begegnung zwischen dem Gottes-
glauben Israels, der philosophischen Vernunft der
Griechen und dem Rechtsdenken Roms entstanden.
Diese dreifache Begegnung bildet die innere Identi-
tät Europas.

Unser Denken, unser Handeln und unsere Wertvor-
stellungen sind ganz wesentlich durch die christlich-jü-
dischen Religionen geprägt. Auch unserem neuen Eu-





Wolfgang Börnsen (Bönstrup)



(A) (C)



(D)(B)

ropa haben sie mit die Seele gegeben. Eine europäische
Kulturidentität ist ohne das Christentum nicht vorstell-
bar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass unser Kontinent unabhängig davon eine bunte
multikonfessionelle wie religiöse Landschaft bietet,
empfinde ich als eine Bereicherung. Tatsache bleibt je-
doch: Die Entchristlichung unseres Abendlandes hält an.
Die Risse in Europas Fundament vergrößern sich. Eine
Revitalisierung der geistig-moralischen Grundlagen un-
seres Kontinents ist nicht nur Kirchenverantwortung. Sie
ist unser aller Verantwortung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch deshalb befassen wir uns mit der Lutherdekade,
mit dem Beitrag der Lutheraner zur kulturellen und euro-
päischen Identität.

Luthers Freiheitsverständnis nimmt dabei eine Schlüs-
selrolle ein. Er sagte:

Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle
Dinge und niemandem untertan.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Zugleich sagte er:

Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller
Dinge und jedermann untertan.

Dieses Doppelgesicht von Freiheit und Gleichheit vor
Gott und dem Gesetz hat unser Bürger-, unser Staats-
und unser Demokratieverständnis in den folgenden Jahr-
hunderten ganz maßgeblich beeinflusst. Die Bill of
Rights in England, die Verfassung der Vereinigten Staa-
ten von Amerika und die Aufklärung wären ohne Luther
nicht denkbar.

Besonders in Skandinavien, wo der Wegbegleiter des
Reformators Johannes Bugenhagen gewirkt hat und wo
sich bis heute fast 90 Prozent der Bevölkerung zum Pro-
testantismus bekennen, lassen sich die Spuren dieser
Glaubensausrichtung verfolgen. Dass Dänemark als ers-
tes Land die Sklaverei abschaffte, hat mit dem damals
neuen Freiheits- und Gleichheitsverständnis des Refor-
mators zu tun. Die vorbildlichen Staatsgedanken der
Schweden im Hinblick auf die soziale Ausrichtung der
Politik sind ebenso darauf zurückzuführen wie der nor-
wegische Widerstand gegen die deutsche Besatzung
während des Zweiten Weltkrieges. Mut, Rechtfertigung
und Kraft schöpften die Frauen und Männer damals aus
den Lehren Luthers.

Heute sind diese Länder ein unverzichtbarer Eckpfei-
ler Europas. Sie haben standgehalten – auch gegenüber
Faschismus und Kommunismus, diesen menschenver-
achtenden Selbsterlösungsideologien. Diese Länder ge-
hörten mit zu den ersten auf unserem Kontinent, die den
Grundsatz der Glaubensfreiheit praktizierten, wie ihn
das Luthertum forderte.

In der ständisch hierarchisierten Welt Anfang des
16. Jahrhunderts trugen Forderungen nach Religionsfrei-
heit und demokratischen Gemeindestrukturen oder auch
der Wahrung der Gleichheitsgrundsätze revolutionäre
Züge. Heute sind sie in der Europäischen Union Allge-
meingut. Gott sei Dank! Das muss so bleiben.

Für die Mehrheit der Menschen auf unserer Welt gel-
ten sie jedoch noch nicht. Deshalb ist es für die CDU/
CSU-Bundestagsfraktion ein besonderes Anliegen, mit
der Lutherdekade auch auf diese Defizite aufmerksam zu
machen und weltweit Bürger- und Menschenrechte ein-
zufordern.

Geben wir als Parlament den 25 Millionen Protestan-
ten in unserem Land – Frau Jochimsen, unseren Glau-
bensbrüdern – eine Stimme, ohne Spott. Stärken wir die
61 Millionen Protestanten in Europa und die über
400 Millionen in der Welt. Als Ausgangs- und Kernland
des Protestantismus haben wir in Deutschland hier eine
ganz besondere Verantwortung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das Lutherjubiläum wird sicher einen Beitrag zur
Stärkung der europäischen Solidarität leisten können,
und gerade in diesen Tagen ist Solidarität in Europa be-
sonders gefordert.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713319400

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Iris

Gleicke.


(Beifall bei der SPD)



Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1713319500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Reformation war nicht nur ein wichtiges kirchliches,
sondern auch ein gesellschaftliches Ereignis. Sie bedeu-
tete Abschied vom Mittelalter, Stärkung der Aufklärung,
Bildung für das Volk und Ausbildung einer deutschen
Sprache und Kultur, und, ja, bis zur wirklichen Demo-
kratie, bis zu wirklicher Freiheit und bis zu Toleranz war
es dennoch noch ein weiter Weg. Trotzdem: Die Ham-
merschläge, mit denen Martin Luther im Jahr 1517 seine
95 Thesen an das Tor der Wittenberger Schlosskirche na-
gelte, erschütterten die Welt in ihren Grundfesten.

Viele verbinden das Wort „Reformation“ mit unserem
heutigen Reformbegriff, mit Umgestaltung und mit der
Verbesserung des Bestehenden, mit der Art von Refor-
men, die wir im Parlament immer wieder in Gang setzen
und die leider viel zu oft dazu führen, dass sich die Bür-
ger entsetzt und genervt abwenden.

Reformation bedeutet aber eigentlich Wiederherstel-
lung und Erneuerung. Luther wollte die von ihm festge-
stellten Fehlentwicklungen des Christentums beseitigen
und überwinden. Er wollte die Kirche eigentlich nicht
spalten.





Iris Gleicke


(A) (C)



(D)(B)

Auch wir reden heute viel von Wiederherstellung und
Erneuerung, zum Beispiel von einer Erneuerung und
Wiederherstellung der sozialen Marktwirtschaft, die an-
gesichts des wahnwitzigen Treibens an den Finanzmärk-
ten aus den Fugen zu geraten droht. Manch einer findet,
ein Reformator vom Range eines Martin Luther stünde
uns auch heute noch ganz gut zu Gesicht.

2017 werden Martin Luther, sein Werk und seine Wir-
kungsstätten im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen.
Ich finde, sie sollten Kristallisationspunkte für eine
breite gesellschaftliche Debatte sein. Das sollten wir uns
alle als Angehörige unterschiedlicher Religionen und
Konfessionen gemeinsam wünschen. Das gilt auch für
unsere Laizisten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deut-
schen Kulturrates, hat erklärt, dass es einer kritischen
und öffentlichen Debatte der gesamten Zivilgesellschaft
bedarf. Er hat die evangelische Kirche aufgefordert, ihre
Tore dafür sehr weit zu öffnen. Das ist ein gutgemeinter
Hinweis. Ja, wir müssen gemeinsam darauf achten und
darauf drängen, dass sich die gesamte Zivilgesellschaft
an den geplanten Projekten beteiligt und es eine bunte
Dekade wird.

Aber mir erscheint auch in Erinnerung an den Besuch
des Papstes hier im Deutschen Bundestag der Hinweis
äußerst wichtig, dass sich die beiden großen Kirchen in
ihrer bewussten Distanz zum Staat doch längst als Teil
dieser Zivilgesellschaft begreifen. Insofern stehen die
Tore längst sperrangelweit offen. Das ist ein gewaltiger
Fortschritt, der neue Perspektiven hinsichtlich des Um-
gangs mit unserer gemeinsamen Geschichte und unseres
Miteinanders eröffnet. Darauf dürfen wir gemeinsam
stolz sein.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin in diesem Sinne dem Kulturstaatsminister
dankbar, dass er bei dem Projekt „DenkWege zu Luther“
darauf gedrängt hat, dass Schülerinnen und Schüler aus
Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam miteinander
arbeiten. Als Ostdeutsche – das sei mir gestattet – wün-
sche ich mir natürlich eine Westerweiterung, weil ich
glaube, dass dieses Projekt dabei noch spannender und
fruchtbarer werden könnte. Ich denke, das werden wir
alle in diesem Hause einmütig unterstützen.

Es wäre doch wirklich gut, wenn sich junge Leute
nicht nur aus den Kernländern der Reformation mit so
spannenden Fragen beschäftigen würden, was ein so
klassischer und theologischer Begriff wie „Gnade“ heute
bedeutet. 500 Jahre nach Luthers Thesen ist unsere mo-
derne Gesellschaft vielfach gnadenlos auf Leistung und
Makellosigkeit ausgerichtet.

Ein anderes Beispiel ist der kritische Umgang mit
dem damaligen Ablasshandel. Wie weit sind wir davon
heute in einer Gesellschaft entfernt, in der buchstäblich
alles und damit auch das gute Gewissen käuflich zu sein
scheint? Der unvergessene Johannes Rau hat einmal die
Sorge geäußert, dass eine junge Generation heranwächst,
die von allem den Preis und von nichts den Wert kennt.

Meine Damen und Herren, „Am Anfang war das
Wort“, so steht es in der Bibel, und so heißt ein Projekt,
das die Thüringer Wartburg-Stiftung und die Lutherge-
denkstätten in Sachsen-Anhalt ins Werk gesetzt haben.
Dabei geht es um die Auswirkungen der Reformation
auf die deutsche Sprache. Es geht darum, auch diejeni-
gen auf unsere kulturellen Wurzeln aufmerksam zu ma-
chen, die mit Religionen nichts am Hut haben. Auch das
ist ein wichtiges, gutes und sinnvolles Projekt.

Hier sehe ich, liebe Frau Pieper, auch das Auswärtige
Amt mit den Goethe-Instituten in der Verantwortung und
in der Pflicht; denn die Reformation als Weltereignis
wäre auch in Ihrem Ressort eine klassische Aufgabe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, die Reformation gehört
nicht der Kirche und nicht dem Staat. Sie gehört uns al-
len, so wie die Aufklärung und das Grundgesetz. Sie ist
ein Menschheitserbe. Für das Jubiläum der Reformation
müssen sich alle gesellschaftspolitischen Kräfte engagie-
ren, und zwar nicht nur als Geldgeber und Gönner, als
Stifter und Sponsoren. All das ist hochwillkommen; aber
es muss einer übergreifenden Debatte dienen und diese
unterstützen. Ersetzen kann es diese Debatte auf keinen
Fall; sonst würde daraus ein neuerlicher Ablasshandel
werden. Verantwortung muss man wahrnehmen. Man
kann sich davon nicht freikaufen. Aber das, liebe
Freunde, ist zweifellos ein weites Feld.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713319600

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Patrick

Kurth das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1713319700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Ministerpräsident! Frau Jochimsen, ich habe nun besser
verstanden, warum Herr Ramelow in dieser Woche so
stark an einen Austritt aus der Linken dachte.

500 Jahre Thesenanschlag, 500 Jahre seit Beginn der
Reformation und, leicht übertrieben, 500 Jahre evangeli-
sches Christentum. Nicht übertrieben: Das Reforma-
tionsjubiläum ist kirchlich, kulturgeschichtlich und ge-
sellschaftlich ein Ereignis von Weltrang.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Reformation war eine der ganz, ganz wichtigen
Säulen für die Aufklärung. Sie ist ein Stück weit Voraus-
setzung für die Entwicklung hin zum mündigen Men-
schen im aufgeklärten Staat gewesen. Dem Menschen
obliegt die Verantwortung für sich selbst. Sein Schicksal,
seine Erfolge, seine Niederlagen – ja, dafür hat er eine





Patrick Kurth (Kyffhäuser)



(A) (C)



(D)(B)

eigene Verantwortung. Und er übergibt diese persönliche
Haftung nicht komplett an übergeordnete Institutionen
oder Mächte.

Diese Entwicklung stieß die Reformation an – nicht
nur in der Kirche und schon gar nicht nur für die evange-
lische Kirche; denn der Impuls, den die Reformation
gab, war ein Impuls für die Bildung der Menschen und
insbesondere für das Verständnis von persönlicher Ver-
antwortung für das eigene Handeln. Das sind heute,
Jahrhunderte später, noch immer die Grundsätze, auf de-
nen unser Gemeinwesen beruht. Einige wissen, wie
schwer es ist, sich täglich schweißtreibend dafür einzu-
setzen, dass persönliche Freiheit und eigene Verantwor-
tung verteidigt werden müssen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Auf die christlichen Traditionen dieses Landes kön-
nen wir mit Blick auf die Reformation stolz sein. Denn
wir hier in Deutschland haben den aufgeklärten Staat ein
Stück weit vorangetrieben. Uns Deutschen steht es gut
zu Gesicht, wenn wir auch die protestantische Tradition
des Landes nicht verstecken. Deshalb wird diese Luther-
dekade, die wir feiern und die 2017 zu ihrem Höhepunkt
kommt, eben nicht nur von Protestanten durchgeführt
und gefeiert: Breite gesellschaftliche, wirtschaftliche,
bürgerschaftliche Kräfte, freie Kirchen, Kommunal- und
Landespolitik sind mit an Bord. Die öffentliche Verwal-
tung – meistens nicht erwähnt – trägt einen großen Teil
dazu bei; Gleiches gilt für Ehrenamtliche und – das ist
besonders wichtig – zahlreiche Katholiken. Mittlerweile
ist diese gute Zusammenarbeit zwischen Protestanten
und Katholiken, zwischen den beiden Konfessionen,
auch in der Lutherdekade eher selbstverständlich als au-
ßergewöhnlich, und das ist auch gut so.

Meine Damen und Herren, alle Beteiligten sind sich
einig: Die Lutherdekade wird nicht ausschließlich auf
theologische und akademische Aspekte eingehen. Die
Kirche hat gerade in Mitteldeutschland die Möglichkeit,
sich gesellschaftlich breit zu öffnen. Insofern schlagen
wir mit unserem Antrag nicht nur ein paar Punkte vor,
sondern fordern dazu auf, natürlich auch wirtschaftliche,
touristische und gesellschaftliche Aspekte in die Luther-
dekade einzubringen.

Ich freue mich übrigens darüber, dass wir am 27. Ok-
tober – Sie alle sind dazu eingeladen – noch einmal über
die Lutherdekade sprechen werden, genau in einer Wo-
che um diese Zeit drüben im Paul-Löbe-Haus. Da geht
es darum, über die einzelnen Aspekte zu sprechen.

In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen Beteilig-
ten, insbesondere bei denen, die die Verhandlungen für
den Antrag geführt haben. Ich bedanke mich ganz herz-
lich bei den Haushältern dafür, dass sie so viel Geld in
den Haushalt des Bundeskanzleramts, nämlich für den
Staatsminister, einstellen. Ich bedanke mich ebenso
herzlich dafür, dass es demnächst auch im Auswärtigen
Amt viel, viel mehr sein wird. Ich bedanke mich beim
Staatsminister im Auswärtigen Amt, der derzeit im Aus-
land weilt. Ich bedanke mich beim Wirtschaftsministe-
rium und beim Verkehrsministerium, das eigenständig
Mittel für die Lutherdekade zur Verfügung gestellt hat.
Bei der Präsidentin bedanke ich mich für ihre Geduld
und dafür, dass ich hier kurz überziehen durfte.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Iris Gleicke [SPD])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713319800

Der Kollege Michael Kretschmer spricht nun für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1713319900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In gro-

ßer Einigkeit wurde und wird heute über die Lutherde-
kade und das Reformationsjubiläum diskutiert. Dazu
gibt es einen Antrag, der von der Mehrheit der Fraktio-
nen in diesem Hohen Hause gemeinsam eingebracht
wurde. Ich finde, das ist ein erfreulicher Umstand. Ich
freue mich sehr darüber, weil es dem Anliegen und der
Bedeutung dieses Anlasses sehr gerecht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Die Reformation – das wurde bereits angesprochen –
ist nicht allein eine kirchliche Angelegenheit; sie hat
vielmehr die gesamte Gesellschaft geprägt. Unser
Wunsch sollte sein, dass Deutschland und Europa die
große Chance nutzen, mit dem Reformationsjubiläum ei-
nen neuzeitlichen Diskurs über die Grundlagen unserer
Kultur, das Verhältnis zu anderen Kulturen sowie unsere
Werte und Traditionen zu führen.

Der freiheitliche Staat lebt von Grundlagen, die er
selbst nicht schaffen kann. Dazu gehören Werte wie die
Achtung des anderen, Toleranz, Demokratie und Gewal-
tenteilung. Über all das lohnt es zu debattieren und sich
dessen immer wieder zu vergewissern. All das hat mit
Sicherheit mit einem bedeutenden Punkt begonnen: mit
der Reformation. Denn die Reformation ist die Geburts-
stunde eines christlichen Freiheitsbegriffs, der das Men-
schenbild beeinflusst, die Eigenverantwortung und die
Gewissensentscheidung des Einzelnen wieder in den
Vordergrund gerückt und letzten Endes Aufklärung und
Demokratie befördert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Übersetzung der Bibel hat eine gewaltige Bil-
dungsexpansion ausgelöst. Sie hat die deutsche Sprache
befördert und – das wurde mehrfach angesprochen –
dazu geführt, dass Schulen gegründet wurden und Bil-
dung ermöglicht wurde.

All das sind Gründe, warum sich der Staat für dieses
Jubiläum engagieren soll, statt es alleine den Kirchen zu
überlassen. Aus diesem Grund ist es richtig, dass wir den
Unterhalt der Luthergedenkstätten seit geraumer Zeit mit
1 Million Euro jährlich fördern und dass wir mit unse-
rem Staatsminister Bernd Neumann in der Bundesregie-
rung jetzt einen Koordinator haben, der sich um das Re-
formationsjubiläum und die Lutherdekade kümmert.
Bernd Neumann, der heute leider nicht anwesend sein





Michael Kretschmer


(A) (C)



(D)(B)

kann, weil er im Ausland weilt, arbeitet unglaublich er-
folgreich und engagiert an diesem Projekt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Es ist im Wesentlichen ihm zu verdanken, dass es gelun-
gen ist, für den Zeitraum bis 2017 immerhin 35 Millio-
nen Euro für das Reformationsjubiläum zu organisieren,
um Projekte, Ausstellungen und die Sanierung der
Luthergedenkstätten zu finanzieren. Ich halte das für
eine großartige Sache.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Iris Gleicke [SPD])


Wir alle wollen an diesem Projekt weiter mitarbeiten.
Ich halte es für richtig, dass wir über den Denkmalschutz
und die Denkmalpflegemittel zusätzliche Möglichkeiten
schaffen, die Orte der Reformation in einen ordentlichen
Zustand zu bringen. Ich bin auch der Meinung, dass wir
das Reformationsjubiläum nicht touristisch „verzwe-
cken“ dürfen. Natürlich ist es eine Chance für den Tou-
rismus, den man auch ergreifen sollte. Aber es wäre viel
zu kurz gesprungen, die Reformation und das Jubiläum
vor diesem Hintergrund zu diskutieren.

Nein, meine Damen und Herren, es muss um Werte
und Kultur gehen. Das muss das Ziel dieses Prozesses
sein, in dem wir mittendrin sind. Es liegen noch einige
spannende Jahre vor uns. Nutzen wir sie! Bringen wir
uns alle aktiv in die Diskussion ein!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Agnes Krumwiede [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713320000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Fraktionen
der CDU/CSU, der SPD, der FDP und Bündnis 90/Die
Grünen mit dem Titel „Das Reformationsjubiläum im
Jahre 2017 – Ein Ereignis von Weltrang“. Der Ausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/7219, den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU,
der SPD, der FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/6465 anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
möchte sich enthalten? – Die Beschlussempfehlung ist
einstimmig angenommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Maisch, Dr. Gerhard Schick, Cornelia Behm,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Finanzmarktwächter im Verbraucherinteresse
einrichten

– Drucksache 17/6503 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Sobald die notwendigen Umgruppierungen im Ple-
narsaal vorgenommen sind, werde ich die Aussprache
eröffnen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Nicole Maisch für die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen.


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713320100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was wir

derzeit auf den Finanzmärkten erleben, zeigt nicht nur,
dass die Märkte dysfunktional sind, sondern das ist auch
ein Zeichen für Politikversagen, für regulatorische Feh-
ler, für mangelnden Vollzug und für politische Mutlosig-
keit gegenüber einer Branche, die Vertrauen in großem
Stil verzockt hat. Das belegt ein Blick auf die Schlagzei-
len in der Tagespresse in beängstigender Weise, und das
betrifft die Stabilität des gesamten Finanzsystems.

Aus der Sicht der einzelnen Anlegerinnen und Anle-
ger und der einzelnen Kreditnehmer, wenn wir also von
unten her schauen, ist die Situation kaum besser als zu
Beginn der letzten Finanzmarktkrise, als wir hier die
Folgen des Lehman-Crashs diskutiert haben. Die
Finanzbranche ist nicht verbraucherfreundlicher gewor-
den. Das liegt zum einen an regulatorischen Fehlern der
schwarz-gelben Bundesregierung. Ich nenne das Anla-
geberatungsprotokoll, das Produktinformationsblatt oder
jetzt zuletzt den Gesetzentwurf zur Novellierung des
Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts,
nach dem man die Gewerbeaufsichtsämter statt der
BaFin mit der Regulierung betrauen will.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Zur Grünen-Zeit gab es gar keine Regulierung!)


Das liegt zum anderen daran, dass gesetzliche Regelun-
gen, die wir zum Schutz der Anleger haben, in weiten
Teilen der Finanzbranche als freundliche Hinweise ver-
standen werden. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Offenle-
gung von Provisionen. Die Bankkunden haben den ge-
setzlichen Anspruch auf Informationen. Eine aktuelle
Erhebung des vzbv kam zu folgendem Ergebnis: Zwei
Drittel der Banken und Sparkassen antworteten über-
haupt nicht, und 94 Prozent der Auskünfte des einen
Drittels, das geantwortet hat, waren wertlos. Dazu kann
ich nur sagen: Wenn es Gesetze gibt, dann muss man
sich daran halten; es sind keine freundlichen Hinweise,
die man beachten kann oder eben nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)






Nicole Maisch


(A) (C)



(D)(B)

Dieses Problem wurde nicht von der BaFin, der Auf-
sichtsbehörde, entdeckt und skandalisiert, sondern von
einem privaten Akteur, dem vzbv. Es gibt eine ganze
Reihe weiterer Beispiele: absurd hohe Dispozinsen, ver-
steckte Gebühren, Restschuldversicherungen usw. Dies
beweist, dass auf den Finanzmärkten eine ganze Menge
im Argen liegt.

Deshalb schlagen wir Ihnen unser Konzept des
Finanzmarktwächters vor. Was bedeutet dieses Konzept?
Zunächst bedeutet es die Stärkung der Marktbeobach-
tung aus Verbrauchersicht. Wir brauchen eine verbrau-
cherorientierte Marktbeobachtung, die nicht nur die Sta-
bilität der Märkte und die Solvenz der Banken, sondern
auch die Interessen der einzelnen Kundinnen und Kun-
den im Blick hat. Die Marktanalyse von unten ist not-
wendig. Das hat die Bundesregierung im letzten Herbst
selbst zugegeben, als sie ankündigte, verdeckte Testkäu-
fer der BaFin losschicken zu wollen. Das heißt, auch die
Bundesregierung hat erkannt, dass wir Marktbeobach-
tung nicht nur aus Sicht der Großen, sondern auch aus
Sicht der Kleinen, der Kundinnen und Kunden, brau-
chen. Wir haben mit den Verbraucherzentralen und dem
vzbv gute Partner, die wir weiter stärken können; denn in
den Verbraucherzentralen kommen die aktuellen Pro-
bleme der Kundinnen und Kunden, die sich dort beraten
lassen, an.

Was gehört noch zu unserem Konzept des Finanz-
marktwächters? Dazu gehört auch die Zusammenarbeit
mit den Aufsichtsbehörden. Wir haben die BaFin, aber
die kann, so finde ich, manchmal einen kleinen Schubs
gebrauchen. Deshalb benötigen die Verbraucherzentra-
len und die vzbv ein Anrufungs- und Initiativrecht ge-
genüber der BaFin. Wir fordern, dass die BaFin analog
zum Verfahren bei der britischen Super Complaint spä-
testens nach 90 Tagen zu einem vom Finanzmarktwäch-
ter eingereichten Problem öffentlich Stellung nimmt.
Das ist im europäischen Ausland nichts Ungewöhnli-
ches. Es wird damit auch kein Privater mit der Regulie-
rung betraut, sondern die Regulierungsbehörden werden
lediglich von unten, aus Verbrauchersicht, angeschubst.
Das ist keine schlechte Sache.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was soll der Finanzmarktwächter noch leisten? Ich
nenne hier die Instrumente der kollektiven Rechtsdurch-
setzung. Wir haben auf europäischer Ebene einen um-
fangreichen Konsultationsprozess zu Instrumenten der
kollektiven Rechtsdurchsetzung. Wir sind der Meinung,
dass gerade auf dem Finanzmarkt bessere Möglichkeiten
für Sammel- und Gruppenklagen notwendig sind, damit
die Verbraucherinnen und Verbraucher zu ihrem guten
Recht kommen. Märkte funktionieren nur, wenn es einen
effektiven Rechtsschutz gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb fordern wir Sie auf: Schaffen Sie die rechtli-
chen Voraussetzungen für die Arbeit eines Finanzmarkt-
wächters! Stellen Sie im Haushalt die notwendigen Mit-
tel zur Verfügung! Prüfen Sie, ob auch die Branche zur
Finanzierung herangezogen werden kann!
Ich erinnere an die letzte Finanzmarktkrise, als das
BMELV in Kooperation mit den Verbraucherzentralen
ein Verbrauchertelefon geschaltet hat. Das hat, soweit
ich weiß, wenige Hunderttausend Euro gekostet. Nicht
einmal da war die Finanzbranche bereit, einen finanziel-
len Beitrag zu leisten. Das ist, finde ich, ein Armuts-
zeugnis. Hier könnte sich die Regierung Gedanken ma-
chen, wie man die Banken und die Finanzvermittler
beteiligen könnte.

Lassen Sie mich zum Schluss noch mit einigen Vorur-
teilen und bewussten Missverständnissen aufräumen, die
der Begriff „Finanzmarktwächter“ in schwarz-gelben
Ohren gelegentlich auslöst.

Erstens. Es handelt sich nicht um eine Vermischung
von privater Initiative und staatlichem Handeln.

Zweitens. Es ist keine neue Behörde, soll keine neue
Behörde werden; das ist nicht geplant.

Drittens. Es ist nicht die Lösung aller Probleme, und
es ist auch nicht der Ersatz für effektive Regulierungen.
Aber es ist eine wirksame Unterstützung für die Verbrau-
cherschützer in der Arbeit, die sie leisten. Es ist eine
wirksame Möglichkeit, das eklatante Ungleichgewicht
zwischen Anbietern und Anlegern zu mindern, und es ist
eine Unterstützung für fairen Wettbewerb statt Abzocke,
für ehrliche Beratung statt provisionsgetriebenem Ver-
kauf und für eine Regulierung, die sich an den Bedürf-
nissen der Kundinnen und Kunden orientiert.

Ich würde die schwarz-gelbe Regierung auffordern,
ihre Samthandschuhe, die sie gegenüber der Finanzbran-
che immer noch trägt, auszuziehen,


(Zustimmung des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD])


endlich effektiv zu regulieren und den Finanzmarkt-
wächter im Sinne der Kundinnen und Kunden einzufüh-
ren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713320200

Die Kollegin Mechthild Heil hat für die Unionsfrak-

tion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Mechthild Heil (CDU):
Rede ID: ID1713320300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Finanzkrise hat unser Vertrauen in die
Märkte erschüttert. Quer durch alle Bevölkerungsschich-
ten wird Bankern und Finanzleuten heute nur mit Kopf-
schütteln begegnet. Der Glaube an funktionsfähige Fi-
nanzmärkte ist geschwunden. Das mag die Sozialisten
und die Globalisierungsgegner freuen, die Auswirkun-
gen sind aber für uns alle fatal.


(Karin Binder [DIE LINKE]: Ja!)


Denn in unserer sozialen Marktwirtschaft sind integere,
effiziente und transparente Kapitalmärkte die entschei-
dende Voraussetzung für ein gesundes Wachstum der





Mechthild Heil


(A) (C)



(D)(B)

Wirtschaft einerseits, aber auch für die Leistungsfähig-
keit unserer Sozialsysteme andererseits, an die wir uns
so wunderbar gewöhnt haben und auf deren Niveau wir
wirklich nicht verzichten wollen. Ich denke, auch die
Linken, die Sozialisten und die Globalisierungsgegner
wollen das nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gilt, Vertrauen in die Finanzmärkte zurückzuge-
winnen. Liebe Frau Maisch, an erster Stelle ist das eine
Aufgabe der Finanzmärkte selber.


(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie?)


Sie haben das Vertrauen verspielt, und sie müssen sich
„tummeln“, es wiederzugewinnen. Ich habe deswegen
überhaupt kein Verständnis für diejenigen in der Bran-
che, die glauben, so weitermachen zu können wie zuvor.
Das ist ein Armutszeugnis für die Institutionen und für
die Menschen, die sich selbst zur Elite unseres Landes
zählen. Sie haben kluge Köpfe in ihren Reihen, sie gehö-
ren zu den Spitzenverdienern in unserem Land, und sie
haben die Verantwortung. Es wird Zeit, dass die Finanz-
branche diese Verantwortung auch trägt.


(Kerstin Tack [SPD]: Dann mal los!)


Sosehr ich mich über den Prozess hin zu mehr Verant-
wortung der Akteure auf dem Finanzsektor freuen
werde, so sehr bin ich aber auch fest davon überzeugt,
dass wir diesen Prozess nicht nur politisch begleiten
müssen, sondern ihn auch befeuern müssen.


(Kerstin Tack [SPD]: Dann los!)


Deshalb hat die christlich-liberale Koalition seit 2009
mit einem ganzen Bündel von Gesetzen die Stellung der
Kunden gegenüber der Finanzwirtschaft gestärkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen der Abg. Kerstin Tack [SPD])


Wir haben das verpflichtende Beratungsprotokoll einge-
führt, wir haben kurze und verständliche Produktinforma-
tionen, sogenannte Beipackzettel, eingeführt. Sie können
heute auf zwei bis drei Seiten das Wesentliche eines
Finanzprodukts erkennen, seine Funktionsweise, die da-
mit verbundenen Risiken, die Chancen und die Kosten.
Außerdem haben wir neue Instrumente für eine effekti-
vere Beaufsichtigung des Vertriebspersonals und der da-
hinterliegenden Strukturen bei Kreditinstituten geschaf-
fen. Die Sanktionsregelungen bei Falschberatung haben
wir massiv verschärft. Wir schaffen im Bereich des
grauen Kapitalmarkts erstmals – das ist sensationell –
ein Anlegerschutzniveau, das mit dem im Bankensektor
vergleichbar ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Tack [SPD]: Das ist das Prinzip Hoffnung!)


Der Sachkundenachweis unterstützt die Qualität der Be-
rater. Die Registrierungspflicht zeigt deutlich, wer ver-
antwortlich ist, und eine Berufshaftpflichtversicherung
sorgt für mehr Kundenschutz.
Weitere Gesetzentwürfe liegen auf dem Tisch, um
noch bestehende Lücken zu schließen. Die Vergangen-
heit hat gezeigt: Nicht immer stand bei der Anlagebera-
tung das Kundeninteresse im Vordergrund. Provisionen
und Vertriebsvorgaben haben zur Falschberatung einge-
laden. Aus diesem Grund wollen wir die Honorarbera-
tung als Alternative zum Provisionsmodell etablieren.

Bündnis 90/Die Grünen fordern in ihrem Antrag die
Stärkung des Verbraucherschutzes in der Finanzaufsicht.
Wir fordern nicht, wir handeln, liebe Kolleginnen und
Kollegen von den Grünen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie sind zu spät dran. Wir sind längst da, wo Sie gerne
hinwollen. Die Koalition setzt sich erfolgreich für eine
Stärkung des Verbraucherschutzes in der Finanzaufsicht
ein.


(Harald Koch [DIE LINKE]: Wo denn?)


Schon im Koalitionsvertrag haben wir festgeschrieben:

Kein Anbieter von Finanzprodukten soll sich der
staatlichen Finanzaufsicht entziehen können.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das war vor zwei Jahren! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das liegt mehr als zwei Jahre zurück!)


Dieses Ziel verfolgen wir seit 2009 konsequent,


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ohne Erfolg!)


wie Sie anhand der Vorschläge und Gesetze, die ich eben
aufgezählt habe, erkennen können.


(Harald Koch [DIE LINKE]: Nennen Sie mal Erfolge! – Zuruf von der CDU/CSU: Lesen Sie das noch mal vor! Das müssen die siebenmal hören heute!)


Welches Ziel verfolgen Sie von den Grünen? Sie
glauben, die Finanzwelt disziplinieren zu können – Frau
Maisch, Sie müssten vielleicht einmal Ihren ganzen An-
trag vorlesen –, zum Beispiel durch eine Pflicht zur
Kennzeichnung von ökologischen und ethischen Kom-
ponenten eines Anlagepapiers,


(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist daran schlecht? Was haben Sie denn dagegen?)


durch viel mehr verdeckte Testkäufer und durch das
Sammeln von Daten,


(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daten sammeln ist jetzt schlecht?)


deren Aufbereitung und statistische Verarbeitung. Das
sind wahrhaft gute Mittel, um die Finanzwelt zu diszipli-
nieren.

Die Grünen greifen mit ihrem nun zum zweiten Mal
vorgelegten Antrag alte Forderungen der Verbraucher-
zentrale auf, die – verständlicherweise – immer auf der
Suche nach neuen Aufgabenfeldern ist und als Finanz-
marktwächter ihren Aktionsradius erweitern könnte. Bei





Mechthild Heil


(A) (C)



(D)(B)

allem Verständnis für den Wunsch der Verbraucherzen-
trale müssen wir als politisch Verantwortliche uns die
Frage stellen, ob ein solches Vorgehen sinnvoll ist. Ich
sage: nein. Die Verbraucherzentrale ist zwar in erhebli-
chem Maße mit öffentlichen Geldern finanziert, bleibt
aber dennoch eine unabhängige Privatorganisation. Des-
halb ist der vzbv aus Sicht der Koalition nicht der pri-
märe Ansprechpartner, wenn es um die hoheitliche Auf-
gabe geht, die Finanzmarktaufsicht wahrzunehmen. Das
ist der BaFin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
tungsaufsicht, vorbehalten.

Nicht, dass ich hier falsch verstanden werde: Eine Stär-
kung der individuellen Beratungstätigkeit der Verbrau-
cherzentralen ist grundsätzlich wünschenswert und auch
förderungswürdig, und sowohl ich persönlich als auch un-
sere Koalition unterstützen das. Das sieht man daran, dass
wir allein im aktuellen Haushalt 10 Millionen Euro zu-
sätzlich für die Deutsche Stiftung Verbraucherschutz zur
Verfügung gestellt haben, um die Verbraucherzentralen
noch unabhängiger und schlagkräftiger zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die bürokratische Instanz eines Finanzmarktwäch-
ters, die Sie von den Grünen heute fordern, ist in Groß-
britannien längst wieder abgeschafft worden. Warum
sollten wir sie dann hier einführen? Wir lernen lieber aus
den Fehlern, auch wenn wir sie nicht selber gemacht ha-
ben.

Wir wollen kein Verzetteln in unübersichtlichen
Strukturen, die zudem noch mit anderen um Aufmerk-
samkeit und finanzielle Ressourcen konkurrieren. Wir
unterstützen die vorhandenen Strukturen. Das sind neben
der BaFin die Stiftung Warentest, die in ihrer Zeitschrift
Finanztest ganze Marktsektoren von Finanzprodukten
untersucht und auch Langzeitbeobachtungen vornimmt,
und viele weitere Fachpublikationen, in denen Finanz-
produkte bereits jetzt bewertet werden.

Die Koalition hat die notwendigen Maßnahmen für
eine Stärkung des Verbraucherschutzes im Finanzsektor
längst erarbeitet und vieles erfolgreich auf den Weg ge-
bracht. Wir entlassen die Akteure der Finanzwirtschaft
nicht aus ihrer Verantwortung, und wir stärken den Kun-
den im Kampf gegen Falschberatung und fehlende Infor-
mation.

Ihr Antrag ist schlicht überflüssig. Sie laufen hinter-
her. Wir haben längst gehandelt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713320400

Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Kerstin Tack

das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Kerstin Tack (SPD):
Rede ID: ID1713320500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Frau Heil, ich möchte zunächst ganz deut-
lich sagen: Die CDU/CSU-Fraktion hat im Jahre des
Herrn 2009 die Einführung eines Finanzmarktwächters
beschlossen. Was Sie heute hier als Teufelswerk darstel-
len, haben wir damals im Frühjahr des Jahres 2009 in der
Großen Koalition gemeinsam vereinbart.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Erzählen Sie mal!)


Dieser Beschluss ist von Ihnen aber nicht umgesetzt
worden.

Man kann ja sagen, dass man zu neuen Erkenntnissen
gekommen ist. Das müsste man dann erklären. Aber zu
sagen, dass man dieses Instrument schon immer für nicht
tragfähig gehalten hat, ist nicht nachvollziehbar ange-
sichts der Tatsache, dass man noch vor zwei Jahren da-
von überzeugt war, dass es sich um ein ganz hilfreiches
Instrument handelt, das man auch einführen will.

Ich bitte deshalb ganz herzlich darum, sich die alten
Beschlüsse noch einmal anzuschauen. Man kann sicher-
lich sagen, dass man das Ganze heute anders sieht. Das
mag so sein. Man kann aber nicht sagen, dass man dieses
Instrument schon immer für Teufelswerk gehalten hat.
Wir haben uns damals in der Großen Koalition in einem
sehr umfangreichen Antrag zum Verbraucher- und Anle-
gerschutz unter anderem mit der Frage beschäftigt, wie
wir es schaffen, dass die Verbraucherzentralen die Funk-
tion eines Marktwächters übernehmen können. Damals
war es unser gemeinsames Ziel, die Verbraucherzentrale
diesbezüglich zu stärken.

Was wollten wir? Wir wollten, dass die Verbraucher-
verbände die Beschwerden von Verbrauchern systema-
tisch auswerten, unseriöse Vertriebswege aufdecken, auf
Regulierungslücken hinweisen und unlautere Geschäfts-
praktiken durch Abmahnung oder auf dem Klageweg
unterbinden können. Die kollektive Rechtsdurchsetzung,
wie sie jetzt auf der europäischen Ebene diskutiert wird,
ist deshalb außerordentlich zu begrüßen.

Wir haben auch immer wieder gesagt, wie wir diesen
Marktwächter finanzieren wollen. Wir wollen ihn über
die Deutsche Stiftung Verbraucherschutz finanzieren, die
dafür allerdings zusätzliches Kapital benötigt. Dieses
Kapital soll sich zum einen aus den Bußgeldern aus Kar-
tellverfahren speisen. Dieses Geld, das den Verbrauche-
rinnen und Verbrauchern vorher durch unlauteren Wett-
bewerb sozusagen genommen wurde, kommt ihnen dann
zugute, indem es in die verbraucherbezogene Arbeit
fließt. Zum anderen sollen Mehreinnahmen aus der Ver-
äußerung des Zweckvermögens der Deutschen Sied-
lungs- und Landesrentenbank an die Stiftung fließen.
Wie gesagt, das haben wir miteinander 2009 so verein-
bart.

Die derzeitigen Regelungen, die Sie angesprochen ha-
ben – das sind insbesondere die völlig unzureichende Pro-
tokollierung und die völlig unzureichenden Informations-
blätter, für die Sie keine Standards festlegen wollen –,
sind aus unserer Sicht nur bedingt wirksam. Die von Ih-
nen geplante Bankenabgabe ist ein Hohn; das wissen
wir. Die Finanztransaktionsteuer findet schon in Ihren
eigenen Reihen keine Zustimmung.





Kerstin Tack


(A) (C)



(D)(B)


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das ist doch nicht richtig!)


Es ist völlig verständlich, dass derzeit auch in Deutsch-
land Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Straße
gehen. Sie sagen, dass dieser Sektor nicht vernünftig ge-
regelt ist. Das ist aus meiner Sicht absolut nachvollzieh-
bar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Anlegerschutz, den Sie vorhin als hervorragend
beschrieben haben, funktioniert aus unserer Sicht nicht.
Sie schaffen es nämlich nicht – das ist aber eines der
höchsten Ziele des Verbraucher- und Anlegerschutzes –,
dass eine Einheitlichkeit der Aufsicht, sowohl der Auf-
sicht über die Finanzvermittler und -berater


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Und der Versicherungsvermittler!)


als auch der Aufsicht über die Finanzprodukte, gewähr-
leistet ist. Das stellen Sie nicht sicher. Die Verbrauche-
rinnen und Verbraucher genießen keinen einheitlichen
Schutz. Der hängt davon ab, welches Finanzprodukt sie
kaufen und ob sie es bei einer Bank oder bei einem
freien Vermittler erwerben.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Aber hallo! Gleiche Wohlverhaltenspflichten! Das ist falsch!)


Die Einheitlichkeit zu erreichen, haben Sie in Ihrer Ko-
alitionsvereinbarung versprochen. Das setzen Sie aber
nicht um. Das ist skandalös.


(Beifall bei der SPD)


Die Honorarberatung – von der Sie vorhin gesagt ha-
ben, dass das eines Ihrer wesentlichen Ziele sei – ist uns
bereits vor acht Monaten großspurig angekündigt wor-
den. Das ist eine Ihrer vielen Ankündigungen, die zu kei-
ner weiteren Umsetzung geführt haben als zu einem
Eckpunktepapier, zu dem noch nicht einmal intern eine
Abstimmung stattgefunden hat. Auch hier werden wir si-
cherlich noch Monate oder gar bis zum Ende der Legis-
laturperiode warten müssen, bis es zumindest einen vor-
zeigbaren Entwurf gibt, geschweige denn eine Einigung
innerhalb der Koalition.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wenn wir die elf Jahre des SPD-Finanzministers gehabt hätten, dann hätten wir das schon längst gemacht!)


Die Novelle zum Verbraucherinformationsgesetz, de-
ren Vorlage wir in den nächsten Tagen erwarten, enthält
keine Aussagen im Hinblick auf Finanzprodukte. Dabei
– auch das möchte ich sagen – hat sich der Kollege
Goldmann von der FDP im Jahre 2009 – damals noch in
der Opposition – an das Redepult gestellt und gesagt,
ganz wichtig sei es, im Rahmen der Novellierung des
Verbraucherinformationsgesetzes die Ausweitung auf
die Finanzprodukte zu installieren. Die Novelle zum
VIG wird das jedoch nicht vorsehen.
Man sieht also: Das, was man damals gefordert hat,
ist in Regierungsverantwortung auf einmal nicht mehr
umsetzbar. Auch hier scheint die Koalition nichts mitei-
nander auf den Weg bringen zu können. Was bewirken
Sie mit einer solchen Vorgehensweise? Sie zerstören
nicht nur das Vertrauen in den Markt, sondern – das ist
noch viel wichtiger für uns alle – Sie zerstören das Ver-
trauen in die Demokratie. Wenn wir es jetzt nicht gere-
gelt bekommen, vernünftige Strukturen der Aufsicht zu
installieren, dann tragen Sie die Verantwortung.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen für die Verbraucherinnen und Verbraucher
Zugänge zu einer freien und unabhängigen Finanzbera-
tung schaffen. Dabei spielen die Verbraucherzentralen
eine ganz wichtige Rolle. Diese brauchen – über die
Frage nach einem Marktwächter hinaus – weitere eigene
Mittel, um ihre Angebote in der Finanzberatung auswei-
ten zu können. Denn die Verbraucherzentralen sind für
viele Verbraucherinnen und Verbraucher eine zentrale
und wichtige Anlaufstelle im Bereich der unabhängigen
Beratung.

Zum Schluss möchte ich unsere Forderung nach der
Intensivierung der Verbraucherbildung bekräftigen. Wir
brauchen insbesondere im Finanzwesen nicht nur eine
bessere Information, sondern auch Bildungsarbeit. Diese
vermisse ich seitens der Bundesregierung. Auch hier wa-
ren wir im Jahr 2009 gemeinsam längst weiter; denn da
hatten wir schon beschlossen, Konzepte zur ökonomi-
schen Bildung von Verbraucherinnen und Verbrauchern
zu entwickeln. Nichts davon ist passiert. Das wäre ja
auch zu schön gewesen!


(Beifall bei der SPD)


Alles in allem geht der Antrag der Grünen in die rich-
tige Richtung, weil er unseren Forderungen von 2009
und denen, die wir in den letzten Monaten immer wieder
aufgestellt haben, sehr entgegenkommt. Ich gehe davon
aus, dass wir hier mit dieser Koalition und dieser Bun-
desregierung nicht weiterkommen. Deshalb werden wir
auf diese Maßnahmen noch lange warten können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713320600

Das Wort hat jetzt der Kollege Professor Dr. Erik

Schweickert von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1713320700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da

soll noch einmal jemand sagen, man würde im Plenum
nichts dazulernen. Frau Kollegin Tack, zu dem, was in
der letzten Legislaturperiode geschehen ist, kann ich
nicht aus dem Nähkästchen plaudern, weil ich nicht da-
bei war. Zum Thema VIG und Finanzaufsicht kann ich
jedoch etwas sagen.

Wir wollten die drei Bereiche – UIG, IFG und VIG –
zusammenlegen und in einem Informationsgesetz bün-





Dr. Erik Schweickert


(A) (C)



(D)(B)

deln, weil das die Materie vereinfacht. Aber Sie und ich
sowie die anderen Verbraucherschützer in diesem Hause
wissen, was das zur Folge gehabt hätte, nämlich dass die
Federführung für ein solch wichtiges Gesetz sicherlich
nicht beim BMF gelegen hätte.

Aus diesem Grunde sind die Verbraucherorganisatio-
nen von dieser Forderung zurückgetreten. Wir wollten
diese Bündelung vornehmen, haben dann aber festge-
stellt, dass die Wirkungen für die Verbraucher nicht effi-
zient genug gewesen wären. Deswegen haben wir jetzt
ein VIG vorgelegt, das Informationsrechte enthält; die
gleichen Rechte sind im IFG und im UIG verankert.

Es steht fest, dass die Finanzkrise viele Verbrauche-
rinnen und Verbraucher eine Menge Geld gekostet hat.
Viele Betroffene waren einfache Sparer, also keine gro-
ßen Spekulanten, die einfach nur etwas mehr Rendite ha-
ben wollten und die jetzt wahrscheinlich ohne höhere
Rendite mit ihrer normalen Rente dastehen. Wir sind uns
vor diesem Hintergrund in dem Ziel einig, dass Anleger
und Sparer, die nicht wissentlich spekulieren, zu schüt-
zen sind. Der Anleger darf nicht der Dumme sein. Dafür
muss man etwas tun.

Wenn ich mir den vorliegenden Antrag genau an-
schaue, dann stelle ich fest, dass die Kollegen der Grü-
nen suggerieren, es sei nichts getan worden. Ich muss
hier klar sagen: Als Sie regiert haben, wurden beispiels-
weise Hedgefonds in Deutschland zugelassen. Sie haben
aber versäumt, einen verbesserten Anlegerschutz in
Deutschland umzusetzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Was haben wir in den knapp zwei Jahren, in denen
wir regieren, getan? Wir haben aktiv regulatorisch einge-
griffen, zum Beispiel bei den Banken. Mit dem Gesetz
zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der
Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, kurz Anleger-
schutzgesetz genannt, haben wir Beratungsprotokolle
und Produktinformationsblätter zur Pflicht gemacht und
somit den Schutz vor Falschberatung gestärkt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Wir haben auch Sanktionsmöglichkeiten implementiert,
sodass Falschberatung tatsächlich sanktioniert werden
kann, und dafür gesorgt, dass das Vertriebspersonal bei
Kreditinstituten beaufsichtigt wird.

Kommen wir zu den freien Finanzvermittlern. Wir
haben einen guten Gesetzentwurf zur Novellierung des
Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts
vorgelegt. Für den grauen Kapitalmarkt, ein großes Pro-
blem der jetzigen Finanzkrise, wird ein mit dem Banken-
sektor vergleichbares Anlegerschutzniveau geschaffen.
Es geht uns dabei nicht um die Mittel, sondern um die
Ergebnisse. Das Niveau muss stimmen; das Schutzni-
veau muss gleich sein. Wir haben die Beratungsqualität
erhöht, indem wir verpflichtende Beratungsprotokolle
auch für freie Finanzanlagenvermittler eingeführt haben.
Außerdem werden diese gewerblichen Vermittler einer
stärkeren Kontrolle der Aufsichtsbehörden unterworfen.
Dies beinhaltet verpflichtende Haftpflichtversicherun-
gen und Sanktionen bis hin zur Rücknahme der Zulas-
sung für die gewerbliche Finanzanlagenvermittlertätig-
keit. Hier ist also einiges getan worden.

Auch bei den Produkten waren wir nicht untätig.
Durch Re-Regulierung haben wir dafür gesorgt, dass
hochspekulative Anlageformen nicht mehr ungehindert
zirkulieren. Wir haben mit dem Anlegerschutzgesetz
Haltepflichten bei geschlossenen Immobilienfonds ein-
geführt. Wir haben die damit verbundenen Risiken für
die Stabilität und die Funktionsfähigkeit der Finanz-
märkte eindeutig verringert.

Wir gehen das Problem der zersplitterten Finanzauf-
sicht an.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Wo?)


Die Bundesregierung hat erkannt, dass es auf nationaler
Ebene zu viele Probleme bei den Schnittstellen in der
Bankenaufsicht zwischen Bundesbank und BaFin gibt.
Die christlich-liberale Koalition ist aktiv und baut diese
Schnittstellen ab. Das Ganze muss natürlich in die Land-
schaft passen. Wir wollen die BaFin nicht mit Aufgaben
überfrachten, die sie nicht erfüllen kann. Die BaFin muss
ihren Aufgaben nachkommen können. Dafür müssen wir
die Voraussetzungen schaffen. Im Zuge der laufenden
Reform der nationalen Finanzaufsicht wird auch der Ver-
braucherschutz einbezogen. Bisher ist das nicht der Fall.
Die Aufgaben des Verbraucherschutzes sind weder in
der BaFin noch woanders verankert. Wir wollen den
Verbraucherschutz dort verankern, wo er am besten auf-
gehoben ist.


(Kerstin Tack [SPD]: In den Gewerbeämtern?)


Wir tun deutlich mehr als Sie, Frau Tack.

Die entscheidende Frage ist: Was können wir tun? Sie
wollen halbstaatliche Finanzsheriffs, sogenannte Finanz-
marktwächter. Ich sage Ihnen, was wir als FDP uns vor-
stellen. Wir könnten uns eine Stiftung „Finanzdienstleis-
tungen“ vorstellen, die die Aufgabe hat, zum Beispiel
Produkte und deren Risiken zu bewerten, und deutlich
macht, inwieweit Produkte vergleichbar sind. Wir haben
immer die Forderung nach Vergleichbarkeit der Pro-
dukte erhoben. Es muss das draufstehen, was drin ist.
Ein Paradebeispiel ist das Altersvorsorgekonto der Post-
bank.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Sie machen nur Etikettenschwindel!)


– Ich stimme Ihnen völlig zu, dass wir den Etiketten-
schwindel bei den Produkten beenden müssen. Dort, wo
Altersvorsorgekonto draufsteht, muss auch ein Alters-
vorsorgekonto drin sein. Genau in diesem Bereich
würde, unabhängig von einem schönen Marketingbegriff
– ich weiß! –, das Konzept einer einheitlichen Risiko-
klasse ansetzen, die offenbart, wie spekulativ das Anla-
geprodukt ist. Wenn keine staatliche Institution, sondern
zum Beispiel eine Stiftung die Klassifizierung vor-
nimmt, umgehen wir die Haftungsproblematik und ge-
ben in diesem Bereich gute Empfehlungen.

Mir ist schon klar, warum man möchte, dass der Staat
die Bewertung vornimmt: Es kann dem Verbraucher





Dr. Erik Schweickert


(A) (C)



(B)

dann vollkommen egal sein, wie sich der Wert eines Pro-
duktes im Laufe von zehn Jahren entwickelt, weil er kla-
gen könnte und der Staat haften müsste; das wäre ein
Problem.


(Kerstin Tack [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


So werden wir in der christlich-liberalen Koalition nicht
vorgehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben bis zum jetzigen Zeitpunkt mehr regulato-
rische Maßnahmen ergriffen, als Sie jemals gedacht hät-
ten. Man muss einfach sehen, dass die christlich-liberale
Koalition für einen effizienten Verbraucherschutz auf
dem Finanzmarkt steht. Sie aber haben während Ihrer
Regierungszeit die Aufgaben als Wächter des Finanz-
marktes und Hüter der Verbraucherinteressen anders, als
Sie es dargestellt haben, nicht wahrgenommen, sondern
haben hier in meinen Augen völlig versagt. Einen besse-
ren Finanzmarktwächter als die christlich-liberale Koali-
tion kann sich der Verbraucher überhaupt nicht vorstel-
len.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713320800

Das Wort hat die Kollegin Karin Binder von der Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Karin Binder (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713320900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Nach wie vor hat der finan-
zielle Verbraucherschutz in Deutschland einen enormen
Nachholbedarf. Ich möchte Ihnen die derzeitige Situa-
tion vor Augen führen: Bei der derzeit bestehenden Be-
ratungsstruktur der Verbraucherzentralen würde es noch
immer an die 30 Jahre dauern, bis jeder Haushalt we-
nigstens einmal eine unabhängige Finanzberatung erhal-
ten könnte. Noch immer haben wir weit überhöhte Dis-
pozinsen; die Stiftung Warentest hat es im September
erneut bestätigt. Noch immer haben die Verbraucherver-
bände weder die finanziellen Mittel noch die rechtlichen
Möglichkeiten, um auch nur annähernd so tätig zu wer-
den, wie es nötig wäre.

Dennoch leisten die Verbraucherzentralen hervorra-
gende Arbeit. Aus ihren Beratungsgesprächen machen
sie meist als Erste auf Missstände aufmerksam. Durch
ihre Beobachtung liefern sie den Verbraucherinnen und
Verbrauchern und uns Politikerinnen und Politikern
wertvolle Hinweise. In diesem September hat der Ver-
braucherzentrale Bundesverband offengelegt, dass viele
Banken geltende Rechtsprechung ignorieren und eine
ehrliche Auskunft über Provisionen verweigern.

Leider können die Verbraucherschützer mangels ent-
sprechender Kapazitäten keine kontinuierliche Marktbe-
obachtung durchführen. Der Verbraucherzentrale Bun-
desverband hat nicht einmal ausreichende finanzielle
Mittel, um die wertvollen Informationen und Daten, die
er über Gespräche und Verbraucherbeschwerden erhält,
auswerten zu können. Nach wie vor haben die Verbrau-
cherzentralen weder ein Recht auf Sammelklage noch
rechtliche Möglichkeiten, die Finanzaufsicht wirksam
zum Handeln zu zwingen.

Meine Damen und Herren, die Linke und die anderen
Oppositionsfraktionen haben hier immer wieder Vor-
schläge gemacht und Verbesserungen gefordert; aber die
Koalitionsfraktionen haben gemauert. Drei Jahre nach
dem Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers sollte
die Bundesregierung die Verbraucherinteressen am
Finanzmarkt endlich ernst nehmen. Es ist an der Zeit, zu
handeln.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke fordert deshalb, die Verbraucherzentralen
zu stärken und sie zu Finanzwächtern auszubauen. Diese
Finanzwächter müssen erstens den Finanzmarkt umfas-
send und verbraucherorientiert beobachten können.
Zweitens müssen sie kollektiv klagen können. Drittens
müssen sie an den Gremien der Finanzaufsicht beteiligt
werden und ein wirksames Beschwerderecht erhalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Finanzwächter allein wird es aber nicht richten;
wir brauchen auch einen Finanz-TÜV. Da halte ich die
BaFin wirklich nicht für die richtige Adresse; ich glaube,
sie ist dafür nicht aufgestellt. Dafür braucht es eine sepa-
rate Einrichtung. Bisher gilt in Deutschland der Grund-
satz: Alle Formen der Geldanlage, die nicht ausdrücklich
verboten sind, sind erlaubt. Die Folge ist, dass immer
neuer Finanzschrott ungehindert auf den Markt kommt.
Frau Heil, ich muss wirklich sagen: Uns kümmert es
sehr, wenn die Menschen ihr Erspartes verlieren,


(Bettina Kudla [CDU/CSU]: Uns auch!)


wie das bei vergangenen Krisen schon passiert ist und
wie es wahrscheinlich auch in den nächsten Monaten
oder Jahren noch passieren kann.


(Mechthild Heil [CDU/CSU]: Ich bin ein ganz brutaler und furchtbarer Mensch! Ich liebe das, wenn die Menschen ihr Geld verlieren, oder was?)


Dagegen möchten wir präventiv vorgehen, und dafür
brauchen wir die Einrichtung eines Finanz-TÜV.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Er muss als Zulassungsstelle alle Anlageformen prüfen,
und zwar bevor sie auf den Markt kommen. Nur so kön-
nen wir vorbeugen und den Schutz der Verbraucherinnen
und Verbraucher und auch der Wirtschaft gewährleisten.
Die Linke hatte bereits 2010 ein umfassendes Konzept
vorgelegt, um die Verbraucherinteressen auf dem Fi-
nanzmarkt zu stärken. In den diesjährigen Haushaltsver-
handlungen fordern wir noch einmal finanzielle Mittel
für den Verbraucherzentrale Bundesverband, damit er als
Finanzwächter aktiv werden kann.

Verbraucherschutz ist eine wichtige gesellschaftliche
Aufgabe. Die Bundesregierung muss dafür ausreichend
und dauerhaft Mittel zur Verfügung stellen. Beginnen
Sie damit in den derzeitigen Haushaltsverhandlungen.

(D)






Karin Binder


(A) (C)



(D)(B)

Dann haben wir die Chance auf eine rasche Umsetzung
und Erfüllung der vor uns liegenden Aufgaben.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713321000

Jetzt hat das Wort der Kollege Ralph Brinkhaus von

der CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1713321100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kollegin Tack, lesen Sie doch einfach das Plenarproto-
koll vom vorletzten Jahr zu dem Antrag der Grünen, der
hier wieder vorgelegt wird. Wenn man bedenkt, wie die
SPD zu diesem Thema Stellung genommen hat, dann
wird sich einiges aufklären.


(Kerstin Tack [SPD]: Was?)


Lassen Sie mich vorab eine Bemerkung machen. Der
Begriff „Finanzmarktwächter“ – egal wer den Begriff
geprägt hat – gefällt mir nicht. Er ist beunruhigend. Die
Grünen haben ihn von den Verbraucherzentralen über-
nommen, die die Initiative „Finanzmarktwächter“ ins
Leben gerufen haben.


(Kerstin Tack [SPD]: Das haben die von uns übernommen, nicht von den Verbraucherzentralen!)


Vielleicht haben es die Verbraucherzentralen auch von
den Grünen. Vielleicht sind beide zusammen auf die
Idee gekommen, die ganze Geschichte auf den Weg zu
bringen.


(Beifall der Abg. Marlene Mortler [CDU/ CSU])


Man weiß es nicht. Es war sicherlich nicht böse gemeint,
aber „Finanzmarktwächter“, das hört sich nach Kon-
trolle und Überwachung an. Ganz ehrlich: Mir macht die
Vorstellung, dass Menschen durch die Gegend laufen
und überwachen, ob ich mich richtig oder falsch ver-
halte, Angst.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein zweiter Punkt. Der Antrag der Grünen läuft nach
dem üblichen Muster ab – alle Anträge haben das glei-
che Muster –: Erstens. Die Welt ist fürchterlich schlecht.
Zweitens. Die Regierung tut nichts dagegen. Drittens.
Wir haben die Lösung, und die Lösung heißt Bürokratie,
Regeln, Kontrolle und Bevormundung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man könnte an dieser Stelle eigentlich Schluss ma-
chen, aber es lohnt sich, auf den einen oder anderen As-
pekt einzugehen. Wir haben in Deutschland seit 111 Jah-
ren das beste Verbraucherschutzgesetz der Welt, nämlich
das Bürgerliche Gesetzbuch. Das Bürgerliche Gesetz-
buch hat dazu beigetragen, dass sich in Deutschland Ver-
braucher und Anbieter seit 111 Jahren in der überwie-
genden Zahl der Fälle ganz hervorragend vertragen. Das
kommt in Ihrem Antrag überhaupt nicht durch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie zeichnen ein Bild, als ob der Finanzsektor ein
komplett rechtsfreier Raum wäre. Wissen Sie, was Sie
damit machen? Sie unterstellen damit den Verbrauchern,
dass sie schwach, unmündig und uninformiert sind,


(Willi Brase [SPD]: Na, na, na!)


und Sie unterstellen den Anbietern, dass sie stark sind
und ihre Stärke nur dazu benutzen, um die Verbrauche-
rinnen und Verbraucher zu übervorteilen.


(Kerstin Tack [SPD]: Das ist Quatsch!)


Damit diskreditieren Sie nicht nur die Verbraucherinnen
und Verbraucher, sondern auch Hunderttausende von
Menschen, die in der deutschen Finanzindustrie arbeiten,
die morgens zur Arbeit gehen und einen anständigen Job
machen. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich komme zu einem weiteren interessanten Aspekt.
Sie stellen Ihren Antrag in den Kontext der Finanzkrise.
Das scheint auf den ersten Blick plausibel, ist aber
schlichtweg falsch. Die Finanzkrise 2008 war eine Ban-
kensystemkrise und keine Verbraucherschutzkrise – bis
auf wenige Ausläufer bei Lehman, aber das war wirklich
sehr wenig.


(Kerstin Tack [SPD]: Aber doch mit Folgen! Was erzählt er denn?)


Die Finanzkrise 2010 ist eine Staatsverschuldungskrise
und keine Bankenkrise, wie so mancher SPD-Parteivor-
sitzender momentan versucht zu suggerieren, und sie ist
erst recht keine Verbraucherschutzkrise.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Tack [SPD]: Jetzt weiß man auch, warum die Leute auf die Straße gehen! Jetzt versteht man das! Was erzählt der denn da?)


Nichtsdestotrotz muss man konstatieren – das schrei-
ben Sie in Ihrem Antrag ganz richtig –, dass es Verbrau-
cherinnen und Verbraucher gibt – zu viele Verbrauche-
rinnen und Verbraucher, da haben Sie absolut recht –, die
mit den Produkten, die sie erworben haben, nicht klarge-
kommen sind und Enttäuschungen erlebt haben. Man
könnte nun sagen: Das ist Marktwirtschaft. Menschen
treffen Entscheidungen. Menschen treffen auch falsche
Entscheidungen und müssen dann die Konsequenzen tra-
gen. Aber das ist an dieser Stelle zu kurz gegriffen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713321200

Herr Kollege Brinkhaus, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Keul?


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1713321300

Nein. – Das ist an dieser Stelle zu kurz gegriffen, weil

es schon ein Unterschied ist, ob man ein Stück Kuchen
vom Konditor oder ein Produkt für eine Altersversor-
gung erwirbt. Das ist deswegen ein Unterschied, weil
sich ganze Lebensentwürfe durch eine Fehlentschei-





Ralph Brinkhaus


(A) (C)



(D)(B)

dung, zum Beispiel bei einer Altersversorgung, erledigt
haben und weil es Menschen gibt, die eine falsche Fi-
nanzanlageentscheidung getroffen haben und die des-
halb ihren Lebensabend nicht mehr in Ruhe verbringen
können, sich nicht mehr selber versorgen können und
dann von der Gesellschaft getragen werden müssen. Das
ist nicht tolerabel. Deswegen ist es gut und richtig, dass
wir an Finanzprodukte andere Maßstäbe ansetzen als an
Kuchen oder Brötchen.

Das tun wir auch. Das hat die CDU/CSU immer ge-
macht.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben recht: Wir haben uns noch im Rahmen der
Großen Koalition zusammen mit der SPD mit Schuld-
verschreibungen beschäftigt. Wir haben das Beratungs-
protokoll eingeführt, und wir haben die Verbraucher-
rechte an dieser Stelle gestärkt.

Wir haben in der christlich-liberalen Koalition das
Anlegerschutzgesetz auf den Weg gebracht, die Bera-
tungsqualität gestärkt, Produktinformationsblätter einge-
führt und Produkte verbessert, die problematisch waren,
zum Beispiel offene Immobilienfonds. Wir haben bei-
spielsweise OGAW IV, das europäische Richtlinienwerk,
umgesetzt und in diesem Zusammenhang sogar mehr
umgesetzt, als wir mussten. Wir haben die Verbraucher-
rechte im Bereich der offenen Fonds gestärkt. Diese Wo-
che haben wir im Ausschuss das Finanzanlagevermittler-
gesetz auf den Weg gebracht und Bereiche angepackt,
die bisher überhaupt nicht reguliert waren,


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Daran hat Rot-Grün nie gedacht! – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Es ist unglaublich!)


nämlich einen Vertriebsbereich, der nicht reguliert war,
und einen Produktbereich, der wenig reguliert war. Das
muss man doch einmal anerkennen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Tack [SPD]: Man meint wirklich, Sie glauben, was Sie sagen!)


Die christlich-liberale Koalition hat ihr Versprechen
gehalten. Wir haben gesagt: Wir machen uns auf den
Weg. Wir werden nicht dulden, dass es Produkte oder
Vertriebswege gibt, die nicht reguliert werden. Das ha-
ben wir umgesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Tack [SPD]: Das stimmt nicht!)


Wir haben noch etwas gemacht: Wir haben gesagt, dass
wir eine Stiftung für Finanzprodukte errichten wollen.
Auch das steht im Koalitionsvertrag.

Damit sind wir beim Antrag der Grünen. Die Grünen
wollen etwas Ähnliches, aber sie wollen die Verbrau-
cherzentralen damit beauftragen. Lassen Sie uns einmal
über die Verbraucherzentralen reden. Verbraucherzentra-
len informieren und beraten, sie helfen auch bei der
Rechtsdurchsetzung; das ist gut und wichtig. Aber Ver-
braucherzentralen sind eines nicht: Sie sind nicht unab-
hängig. Verbraucherzentralen ergreifen Partei, und das
müssen sie auch. Sie müssen für die Verbraucher Partei
ergreifen. Das ist deren Job.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Aber sie sind nicht in der Lage, den Markt zu beobach-
ten; das ist kein fairer Ausgleich zwischen Anbieter und
Verbraucher. Dementsprechend sind Verbraucherzentra-
len nicht unabhängig. Das dürfen sie nicht sein. Die
Überhöhung der Verbraucherzentralen, die Sie in Ihrem
Antrag vornehmen, ist nicht richtig; sie ist falsch.


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Definieren Sie doch einmal „Unabhängigkeit“!)


Aber kommen wir nun zu den konkreten Inhalten.
Verbraucherzentralen sollen den Markt beobachten und
Verbraucheraufklärung betreiben. Das tun sie, im Übri-
gen mit der Initiative „Finanzmarktwächter“; wir hatten
uns ja gerade die Frage gestellt, wer die Idee zuerst hatte,
Sie oder die Verbraucherzentralen. Man kann sich jetzt
darüber unterhalten, ob sie mehr Geld dafür brauchen
oder nicht. Aber das ist eine haushaltstechnische Frage
und keine grundsätzliche Verbraucherschutzfrage. Das
kann man anpacken. Da sind wir an Ihrer Seite.

Jetzt geht es aber weiter: Sie wollen mehr Elemente
des kollektiven Verbraucherschutzes bei den Verbrau-
cherzentralen ansiedeln. Ich sage Ihnen eines: Die Ver-
braucherzentralen verfügen bereits über Elemente des
kollektiven Schutzes. Sie können entsprechend vorge-
hen. Noch mehr würde noch mehr Sammelklagen bedeu-
ten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Mit Sammelklagen ha-
ben wir im Umweltbereich nicht immer nur gute
Erfahrungen gemacht. Dementsprechend sind wir da
sehr vorsichtig.


(Kerstin Tack [SPD]: Das wird Europa uns vorschreiben!)


Es geht weiter: Sie wollen, dass die Verbraucherzen-
tralen – das zieht sich durch alle Elemente Ihres Antrags –
nicht nur den Markt, sondern auch die Aufsicht beauf-
sichtigen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713321400

Herr Kollege Brinkhaus, jetzt würde Frau Maisch

gerne eine Zwischenfrage stellen.


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1713321500

Keine Zwischenfragen, keine zusätzliche Redezeit. –

Jetzt kommen wir in eine sehr interessante Gemenge-
lage: Verbraucherzentralen sollen die BaFin beaufsichti-
gen. Wo sind wir denn, dass wir Nichtregierungsorgani-
sationen damit beauftragen, den Staat zu beaufsichtigen!
Das ist doch eine ganz unheilvolle Entwicklung, die den
Grünen an sehr vielen Stellen gefällt: Wir verlagern Ver-
antwortung an runde Tische, an Nichtregierungsorgani-
sationen und an sonstige Institutionen. Aber das geht
nicht!


(Kerstin Tack [SPD]: Das ist Quatsch!)






Ralph Brinkhaus


(A) (C)



(D)(B)

Die Verantwortung und die Rahmensetzung für funktio-
nierende Märkte ist eine staatliche Aufgabe. Das wird
von uns erledigt und nicht von den Verbraucherzentra-
len. Das wird es mit uns nicht geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein abschließender Punkt: Verbraucherschutz findet
immer im Spannungsfeld zwischen Transparenz auf der
einen Seite und Bürokratie auf der anderen Seite statt,
zwischen Schutz auf der einen Seite und Bevormundung
auf der anderen Seite.


(Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verrennen sich da in etwas!)


Die Union steht für Transparenz und nicht für Bürokra-
tie. Sie steht für Schutz und nicht für Bevormundung.
Wenn ich mir aber Ihre Anträge anschaue, insbesondere
die Anträge der Grünen, die krampfhaft versuchen, sich
in diesem Bereich zu profilieren, dann muss ich sagen,
dass darin von Bevormundung und Bürokratie ausgegan-
gen wird und nicht für Schutz und Transparenz gesorgt
wird. Deswegen lehnen wir den vorliegenden Antrag ab.

Abschließend komme ich noch einmal auf das Un-
wohlsein zu sprechen, das ich am Anfang meiner Rede
angesprochen habe: Wir brauchen keinen Wächterstaat;
denn wir haben einen Rechtsstaat, und das ist auch gut
so.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713321600

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

nun das Wort der Kollege Carsten Sieling von der SPD-
Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1713321700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben hier ein wichtiges Thema auf der Ta-
gesordnung, das ganz viele Menschen in unserem Land
betrifft. Es sind nämlich Tausende Menschen von dem
betroffen, was auf den unregulierten Finanzmärkten ab-
gelaufen ist. Tausende Menschen haben infolge ihrer
treuherzigen Anlageversuche persönlich einen finanziel-
len Schaden erlitten.


(Willi Brase [SPD]: Sehr richtig!)


Viele wurden im Zusammenhang mit der Finanzkrise zu
Geschädigten. Wir sprechen nicht nur über die soge-
nannten Lehman-Geschädigten in den USA, sondern
auch über ganz viele Geschädigte, die ihr Geld bei deut-
schen Banken angelegt haben. Darüber muss man reden.
Man muss handeln. Es reicht nicht, hier große, ideologi-
sche Reden zu halten. Es geht darum, den Leuten wirk-
lich zu helfen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Mein Vorredner hat eine ganz neue Art und Weise der
Auseinandersetzung in diese Debatte eingebracht. Sie
haben uns einen Schattenboxkampf vorgeführt. Das war
nichts anderes als Schattenboxen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In dieser Disziplin sind Sie der Champion. Diesen Titel
lasse ich Ihnen aber gerne. In Ihrer Rede kam sehr deut-
lich der gesamte Frust zum Ausdruck, den die Koalition
nach einem Tag wie dem heutigen in sich trägt, und
nichts anderes.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Jetzt möchte ich aber erst einmal Ihre Aussagen zum
Finanzmarktwächter geraderücken.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Sie haben noch zweieinhalb Minuten dafür!)


Sie haben das grundlegend missverstanden. Wenn Sie all
unsere Anträge dazu lesen, werden Sie feststellen, dass
wir die Gesellschaft stärken wollen. Wir wollen die
Zivilgesellschaft stärken. Wir wollen mit der Einbindung
der Verbraucherzentralen kein Kontrollorgan einführen.
Sie sollen die Märkte beobachten und die Missstände
melden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich muss man staatliche Instrumente entwickeln.
Lesen Sie die Anträge, die dazu vorliegen, wenigstens
richtig, wenn Sie sie hier schon kritisieren und versu-
chen, sie auseinanderzunehmen.

Warum Sie das in Wahrheit gemacht haben, haben Sie
selbst gesagt: Mit dem Gesetzentwurf, den die Koalition
zum Anlegerschutz auf den Weg gebracht hat, produzie-
ren Sie nichts anderes als löchrigen Käse. Vor anderthalb
Jahren wurde uns vom Bundesfinanzministerium ein
Vorschlag zu einem wirklich einheitlichen Anleger-
schutz vorgelegt. Mittlerweile wurde dieses Vorhaben
zerlegt und durchlöchert. Mit dem Entwurf eines Geset-
zes zur Novellierung des Finanzanlagen- und Vermittler-
gesetzes, worüber wir in der nächsten Woche beraten
sollen,


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Finanzanlagenvermittlerund Vermögensanlagengesetz heißt das!)


ist nichts anderes als eine zweite Regulation geplant.
Das, was Sie machen, ist kein Anlegerschutz.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Bei Ihnen hatten wir gar keine Regulierung!)


In Wirklichkeit betreiben Sie Lobbyschutz. Gerade für
die gefährlichsten, nämlich die sogenannten grauen Fi-
nanzmärkte sehen Sie eine Sonderregelung vor.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Mechthild Heil [CDU/CSU]: Lobbyismus für die Verbraucher! Richtig! Jetzt haben Sie es verstanden!)






Dr. Carsten Sieling


(A) (C)



(D)(B)

Frau Kollegin, Sie haben hier gesagt, die BaFin
müsste besser ausgestattet werden. Da gebe ich Ihnen
sofort recht. Aber Ihre Antwort, 7 800 kleine Gewerbe-
ämter und vielleicht auch ein größeres Gewerbeamt zu
beauftragen, diese gefährlichen und unkontrollierbaren
Märkte zu kontrollieren, ist eine Farce. Das ist eine Ver-
äppelung der Verbraucherinnen und Verbraucher.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dieses Problem schreit geradezu nach Finanzmarkt-
wächtern. Diese Regierung und diese Koalition brau-
chen nämlich Finanzmarktwächter angesichts des Un-
heils, das sie anrichten. Darum geht es hier im Kern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine weitere Bemerkung will ich Ihnen nicht erspa-
ren:


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Die letzte Minute Ihrer Redezeit ersparen Sie sich!)


Wenn ich mir die vorläufige Tagesordnung für die
nächste Sitzungswoche anschaue, dann weiß ich, dass
Sie sich für Ihre eigenen Taten schämen.


(Harald Koch [DIE LINKE]: Wir brauchen Regierungswächter!)


Wenn am Donnerstagabend, spät in der Nacht, über ei-
nen Gesetzentwurf diskutiert werden soll, weist das da-
rauf hin, dass diese Koalition nicht stolz auf ihre Arbeit
ist, sondern dass Lobbyarbeit verschleiert werden soll.
Ich finde, es ist ein Skandal, dass laut der Tagesordnung
für die nächste Woche der Entwurf eines Gesetzes zur
Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermö-
gensanlagenrechts spät in der Nacht debattiert werden
soll. Sie wollen hier die Wahrheit verschleiern. So geht
das nicht, meine Damen und Herren! Bringen Sie die
Wahrheit ans Licht und hören Sie auf, Chaos zu verbrei-
ten, indem Sie Steuersenkungen ankündigen – das ist un-
verantwortlich – und am gleichen Tag die so wichtige
Regierungserklärung für morgen absagen. Sie verschlei-
ern und schaffen keine Transparenz. Das ist eine unwür-
dige Regierung für Deutschland.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713321800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/6503 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 a bis d auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Helmut
Heiderich, Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-
Damerau, Harald Leibrecht, Helga Daub, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Ländliche Entwicklung und Ernährungs-
sicherheit weltweit verbessern

– Drucksache 17/7185 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Helmut
Heiderich, Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-
Damerau, Harald Leibrecht, Helga Daub, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Illegale Landnahme verhindern, Eigentums-
freiheit schützen, Ernährungsgrundlage in
Entwicklungsländern sichern

– Drucksachen 17/5488, 17/5965 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Helmut Heiderich
Dr. Sascha Raabe
Dr. Christiane Ratjen-Damerau
Niema Movassat
Thilo Hoppe

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema
Movassat, Jan van Aken, Christine Buchholz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Keine großflächige Landnahme und Spekula-
tionen mit Land oder Agrarproduktion in den
Ländern des Südens

– Drucksachen 17/3541, 17/4820 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Riegert
Dr. Bärbel Kofler
Dr. Christiane Ratjen-Damerau
Annette Groth
Thilo Hoppe

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Jan van Aken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Erkenntnisse des Weltagrarberichtes zur
Grundlage deutscher, europäischer und inter-
nationaler Agrar- und Entwicklungspolitik
machen

– Drucksachen 17/3542, 17/4490 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Johannes Röring
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Ulrike Höfken

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin das Wort der Kollegin Dr. Christiane Ratjen-
Damerau von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP):
Rede ID: ID1713321900

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten

Kollegen und Kolleginnen! Die Bilder der hungernden
Menschen in Somalia führen es uns erneut schmerzhaft
vor Augen: Das Hungerproblem in dieser Welt ist akuter
denn je, und das nicht nur am Horn von Afrika. Rund
925 Millionen Menschen auf der Erde leiden zurzeit an
Hunger; das sind 75 Millionen mehr als im Vorjahr. Al-
lein in Somalia sind 750 000 Menschen vom Hungertod
bedroht. 60 000 Menschen sind dort bereits gestorben,
davon waren die Hälfte Kinder. So lautet die Bilanz des
gerade vorgestellten Welthungerberichts 2011 der Er-
nährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Verein-
ten Nationen.

Ursächlich für den Hunger in der Welt sind die Men-
schen selbst. Zwar verschärfen Naturkatastrophen wie
Dürren und Überflutungen oftmals eine Hungersnot,
doch vor allem menschliches Fehlverhalten wie Kriege,
politische Konflikte, instabile und korrupte Regierun-
gen, illegale Landnahme und die Missachtung von Men-
schenrechten sind hauptursächlich für den Hunger in der
Welt. Hinzu kommt die Vernachlässigung des ländlichen
Raums in den vergangenen Jahrzehnten durch die Poli-
tik. Dies trägt dazu bei, dass ehemalige Kornkammern in
Afrika heute auf Lebensmittelhilfen aus dem Ausland
angewiesen sind. Die vorliegenden Anträge der christ-
lich-liberalen Koalition zur Ernährungssicherheit welt-
weit und zur Verhinderung der illegalen Landnahme sind
ein bedeutender Schritt hin zur nachhaltigen Lösung des
Welternährungsproblems.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In Afrika, Lateinamerika und Südostasien verkaufen
Regierungen fruchtbares Land an Unternehmen oder
Staaten. Dieses Land ist seit Jahrzehnten im Besitz von
Gemeinschaften oder Familien. Ganze Dörfer werden
vertrieben, ohne die Menschen zu entschädigen oder sie
in irgendeiner Weise am Verkaufsprozess zu beteiligen.
Vordergründig geschieht dies, weil keine formalen Be-
sitzrechte existieren, hintergründig, weil sich die Regie-
rungen kurzfristige Einnahmen sichern wollen. Juris-
tisch können sich die Vertriebenen kaum dagegen
wehren. Meist existiert in diesen Ländern keine rechts-
staatlich funktionierende Justiz. Fortan sind die Gemein-
schaften und Familien heimatlos und ohne jegliche Er-
nährungsgrundlage.

Wir fordern in unserem Antrag die Bundesregierung
auf, betroffene Länder bei der Umsetzung von Maßnah-
men zur guten Regierungsführung und beim Abbau ihrer
Defizite im Justiz- und Vergabesystem sowie im Katas-
terwesen zu unterstützen. Reicht das nicht aus, muss die
Bundesrepublik Deutschland offiziell protestieren und
das Recht auf Eigentum für diese Menschen einfordern.
Genauso nehmen wir die Unternehmen in die Pflicht.
Auch sie können ihren Beitrag leisten und ihre unterneh-
merische Pflicht erfüllen, um derartige Entwicklungen in
den betroffenen Ländern zu verhindern.

Selbst wenn in einem Land Rechtsstaatlichkeit vor-
herrscht, bedeutet dies nicht, dass sich ein Bauer sicher
sein kann, seine Ernte lagern, verkaufen und von dem
Erlös leben zu können. Schätzungen zufolge belaufen
sich die Verluste nach der Ernte in den Entwicklungslän-
dern auf Rund ein Drittel bis sogar die Hälfte der gesam-
ten Ernte. Durch niedrige Preise auf dem Weltmarkt oder
auf den heimischen Märkten können Bauern nicht von
ihrer Arbeit leben. Dies ist zum Teil durch marktverzer-
rende Agrarsubventionen oder Zölle der Industrie-
nationen hervorgerufen.

Diesen Problemen stellen wir uns mit diesen Anträ-
gen. Der ländliche Raum muss weiter unterstützt, die
Infrastruktur und die Agrarforschung müssen massiv vo-
rangetrieben werden. Wesentliche Forderungen sind da-
her: Die Industrienationen müssen den Weg zum freien
Handel ohne jegliche Verzerrungen weitergehen und die
Partnerländer gute Regierungsführung und verantwor-
tungsvolle Landnutzungskonzepte verwirklichen. Auf
nationaler und subnationaler Ebene müssen wir helfen,
die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen,
wenn nötig, neu zu erarbeiten, Wertschöpfungsketten
und Infrastrukturen auszubauen und in der Landwirt-
schaft eine ergebnisorientierte finanzielle Unterstützung
zu leisten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713322000

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP):
Rede ID: ID1713322100

Ja, sofort. – Dabei müssen insbesondere Frauen stär-

ker gefördert und in die Entwicklung einbezogen wer-
den. Auf lokaler Ebene müssen wir dazu beitragen, dass





Dr. Christiane Ratjen-Damerau


(A) (C)



(D)(B)

die Interessen der Landwirte stärker vertreten und
Kooperationsmöglichkeiten geschaffen werden. Ich bitte
Sie daher, unseren Anträgen zuzustimmen. Die Men-
schen in den Entwicklungsländern setzen auf unsere So-
lidarität.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713322200

Das Wort hat der Kollege Dr. Sascha Raabe von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1713322300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Ländliche Entwicklung ist ein wichtiges
Thema. Deswegen hätte es uns gefreut, wenn der Minis-
ter persönlich anwesend wäre. Anscheinend ist ihm die-
ses Thema nicht so wichtig. Heute ist er nicht einmal
hier. Letztes Mal, bei der Debatte zum 50-jährigen Be-
stehen des Ministeriums, hat er das Wort nicht ergriffen.
Dies zeigt, dass er nicht mit dem Herzen bei der Ent-
wicklungszusammenarbeit ist. So kann man Entwick-
lungszusammenarbeit nicht erfolgreich bestreiten.

Wir diskutieren heute unter anderem über einen An-
trag der Koalitionsfraktionen, in dem als Schwerpunkt
die ländliche Entwicklung genannt wird. In der Begrün-
dung heißt es, dass die Investitionen im ländlichen Raum
im letzten Jahrzehnt zu niedrig gewesen sind. Das ist ein
Teil der Wahrheit. Aber zur Ehrlichkeit würde dazugehö-
ren, dass Union und FDP auch sagen würden, warum vor
fünf oder zehn Jahren vonseiten der internationalen Ge-
berländer, aber auch von den Regierungen in den Ent-
wicklungsländern in der Tat wenig in die Landwirtschaft
investiert wurde.

Das lag daran, dass die Landwirte in den USA, aber
auch in Europa – also auch deutsche Landwirte – über-
subventioniert worden sind, und zwar gerade die großen,
und dann Dumpingagrarexporte die Märkte in Afrika,
Lateinamerika und Asien zerstört haben.


(Marlene Mortler [CDU/CSU]: Oh! Wie schön, dass Sie Ihre Vorurteile pflegen!)


Es hätte keinen Sinn gemacht, wenn wir – nachdem die
Hühnerzuchten schon überall kaputtgegangen sind und
die Bauern in Afrika ihre Kühe irgendwann verkaufen
mussten, weil sie ihre Milch nicht mehr losgeworden
sind – noch mehr Geld für einen Wirtschaftszweig in die
Hand genommen hätten, der durch die Dumpingagrar-
exporte der Industriestaaten kaputt gemacht wurde.


(Marlene Mortler [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung! Das zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Rede!)


Auch dies gehört zur Wahrheit. Das hätten Sie auch in
Ihrem Antrag benennen müssen.


(Beifall bei der SPD)

Als wir mit den Grünen zusammen die Regierung ge-
stellt haben – damals hatten wir mit Renate Künast eine
engagierte Landwirtschaftsministerin –, haben wir im
Rahmen der Welthandelsorganisation versucht, das zu
ändern. Dabei sind wir immer wieder auf die Betonlobby
der Bauernverbände gestoßen. Insbesondere von Frank-
reich und von der Union ist sie kräftig unterstützt wor-
den. Landwirtschaftsministerin Aigner zum Beispiel hat
erst vor kurzem wieder einmal Schweinefleischexport-
subventionen gewährt. Zur Förderung der ländlichen
Entwicklung gehört auch, dass wir gerechte Handelsbe-
dingungen schaffen. Sie müssen endlich dafür sorgen,
dass nicht nur der Bauer in Deutschland, sondern auch
der Kleinbauer in Afrika Chancen bekommt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch der zweite Teil dieser Koalition, die FDP, hat
ihren Teil dazu beigetragen, dass die ländliche Entwick-
lung in den ärmsten Ländern brachlag. Sie hat mit der
ständig wiederholten Forderung nach Liberalisierung
und mit ihrem Credo „Märkte öffnen!“ auch dazu beige-
tragen, dass die Entwicklungsländer ihre Zölle abschaf-
fen mussten, wodurch die Dumpingagrarexporte auf die
Märkte kamen. Ich würde mir von Ihnen ein klares Be-
kenntnis wünschen, dass auch die ärmsten Länder
Schutz brauchen. In dem Antrag, den wir zu Zeiten der
Großen Koalition erarbeitet haben, lieber Kollege Ruck,
haben wir das so formuliert. Jetzt haben Sie sich an-
scheinend nicht durchsetzen können und dieses Anliegen
dem Motto der FDP geopfert: Wenn jeder für sich selbst
sorgt, ist für alle gesorgt. – Das ist schäbig. Wir brau-
chen Schutz für die Entwicklungsländer.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Niema Movassat [DIE LINKE])


Wenn man sagt, man möchte mehr Geld für die länd-
liche Entwicklung ausgeben – das ist sinnvoll, weil sich
in der Tat die Agrarpreise nach oben entwickeln, was
zwar Nachteile hat, den Bauern aber auch Chancen bie-
tet, ihre Agrarprodukte wieder zu verkaufen –, dann
muss man natürlich auch sagen, woher dieses Geld kom-
men soll. Wenn Sie den Haushalt insgesamt nicht auf-
wachsen lassen wollen,


(Dr. Christiane Ratjen-Damerau [FDP]: Haben wir ja!)


dann muss das Geld, das zusätzlich in die Landwirt-
schaft fließen soll, beispielsweise aus den Bereichen Bil-
dung und Gesundheit genommen werden, aus Bereichen,
die für die Entwicklungszusammenarbeit auch sehr
wichtig sind.

Deswegen ist es ja gerade so schäbig, dass dieser Ent-
wicklungsminister, der heute durch Abwesenheit glänzt,
im jetzigen Haushalt nur einen Miniaufwuchs von
1,8 Prozent vorgesehen hat, während wir hier im Haus
einen entwicklungspolitischen Konsens haben, den
368 Abgeordnete unterschrieben haben, wonach wir
jetzt eigentlich 18 Prozent bräuchten. Ich würde mir
wünschen, dass dieses Projekt 18 von der FDP verwirk-
licht wird. Sie machen das aber entsprechend Ihrem Er-





Dr. Sascha Raabe


(A) (C)



(D)(B)

gebnis in Berlin, wo Sie bei 1,8 Prozent gelandet sind,
und sehen im Entwicklungshaushalt deshalb nur noch ei-
nen Aufwuchs von 1,8 Prozent vor. Das ist schäbig, das
ist wenig. So können wir natürlich weder den Menschen
noch der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern
wirklich helfen.


(Beifall bei der SPD)


Ich kenne schon jetzt die Replik von einem der nächs-
ten Redner, der fragen wird, wo das Geld für diese Stei-
gerung im Haushalt herkommen soll. Es gibt natürlich
eine Quelle, nämlich die Finanztransaktionsteuer, für die
Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungspolitiker
seit über zehn Jahren auf den Straßen kämpfen. Gruppen
wie Attac haben diese Tobin-Tax damals eingefordert,
und auch viele kirchliche und zivilgesellschaftliche
Gruppen – ich nenne nur einmal die Kampagne „Steuer
gegen Armut“ – fordern sie seit Jahren. Jetzt ist diese
Finanztransaktionsteuer greifbar nah, die Steuer, mit der
wir dann auch unsere Verpflichtung erfüllen könnten, bis
zum Jahr 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkom-
mens für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung
zu stellen.

Dieser Entwicklungsminister müsste jetzt eigentlich
mit wehenden Fahnen vorneweg gehen und sagen: Ich
will, dass diese Steuer kommt, je schneller, desto besser,
und natürlich will ich, dass das Geld dann auch für die
Entwicklungszusammenarbeit genommen wird. – Es ist
doch ein Witz, dass ausgerechnet dieser Entwicklungs-
minister derjenige in der jetzigen Regierung ist, der
überall sagt, er sei gegen die Finanztransaktionsteuer. Er
möchte diese Steuer nicht. Wo soll dann das Geld her-
kommen? Er fällt der Bewegung der Entwicklungspoliti-
kerinnen und Entwicklungspolitiker, der Entwicklungs-
helfer und der Zivilgesellschaft in den Rücken, anstatt
diese zu stärken. Das ist eine Schande.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Oh weh!)


Es gibt ja auch einen Grund dafür, warum er das nicht
möchte: Für ihn sind Regulierungen des Finanzmarktes
natürlich Teufelswerk. Liberalisierung ist das Stichwort:
freie Wirtschaft, freie Märkte, freie Finanzmärkte. Ge-
rade bei der ländlichen Entwicklung sehen wir aber
doch, welch verheerende Auswirkungen Agrarspekula-
tionen, die Spekulationen mit Agrarrohstoffen, haben.
Mittlerweile werden 80 Prozent der gehandelten Agrar-
rohstoffe nur noch spekulativ gehandelt und nicht mehr,
um die Preise der Bauern zu schützen, sondern damit die
Ackermänner und die Deutschen Banken dieser Welt ei-
nen Reibach machen können.

Es kann doch angesichts der Diskussion über die För-
derung der ländlichen Entwicklung nicht sein, dass der
Entwicklungsminister und seine Partei nach wie vor sa-
gen: Hände weg von jeder Regulierung des Finanzmark-
tes. Lasst die Deutsche Bank und die Finanzspekulanten
machen, was sie wollen, lasst sie mit dem Hunger in die-
ser Welt spekulieren. – Das darf nicht wahr sein. Dem
müssen wir hier in diesem Haus die rote Karte zeigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen brauchen wir auch ganz scharfe Regeln ge-
gen Land Grabbing. Das gehört auch dazu. Immer mehr
große Flächen von Land werden nämlich von Konzernen
und anderen Ländern aufgekauft, um dann die Rohstoffe
in andere Länder zu exportieren, anstatt sie der dort le-
benden hungernden Bevölkerung zur Verfügung zu stel-
len.

Deswegen sage ich an dieser Stelle: Ich unterstütze
die soziale Bewegung, die sich gebildet hat und deren
Akteure im Augenblick in Zelten vor der Europäischen
Zentralbank kampieren und zum Teil auch hier in Berlin
demonstrieren. An den Transparenten können Sie erken-
nen, dass diese Menschen eben auch der Hunger in die-
ser Welt bewegt und dass sie die Finanzmärkte regulie-
ren wollen, damit die ärmsten Menschen der Welt nicht
diese Nachteile haben.

Weil auch die Deutsche Bank kräftig mit dem Hunger,
mit dem Leid und mit Agrarrohstoffen spekuliert, hat
diese Bewegung heute einen Aufruf gemacht und zu
Herrn Ackermann gesagt: Machen Sie sich vom Acker,
Mann. Ich sage: Herr Minister, machen Sie sich auch
vom Acker. Das wäre besser für diese Republik.

Danke.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Helmut Heiderich [CDU/ CSU]: Es wird auch Zeit, dass der weggeht! – Christian Ahrendt [FDP]: Das Beste war, dass Sie sich jetzt gerade vom Acker machen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713322400

Das Wort hat jetzt der Kollege Helmut Heiderich von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1713322500

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht

eine Vorbemerkung zu dem, was der Vorredner hier ge-
rade geboten hat: Das war nichts, was zum Thema beige-
tragen hat.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist sein Niveau! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sie haben es nicht verstanden!)


Das war allenfalls – um seine eigenen Worte zu wählen –
eine schäbige Schlechtrederei über viele Themenfelder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sie hätten einmal zuhören sollen!)


Um Ihren eigenen Begriff zu wählen: Das war allenfalls
ein Witz. Wenn man Sie hätte ernst nehmen sollen, dann
hätte ich erwartet, dass die SPD-Fraktion hier als Beitrag
einen Antrag vorlegt, in dem wirklich etwas steht und in
dem wirklich auch Themen abgearbeitet werden – aber





Helmut Heiderich


(A) (C)



(D)(B)

nicht so einen albernen Rundumschlag, wie er eben hier
geboten wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Niema Movassat [DIE LINKE]: Dafür haben Sie unseren Antrag!)


Gerade ist uns der Welthunger-Index 2011 zugegan-
gen, Sie haben ihn sicherlich gelesen. Dort steht, dass
sich die Situation in diesem Bereich seit 20 Jahren nicht
verbessert hat. Die Zahl der Betroffenen ist nicht, wie
wir alle einmal versprochen haben, um die Hälfte zu-
rückgegangen. Es sind immer noch, wie eben gesagt,
rund 1 Milliarde Hungernde auf der Erde. Wenn wir das
einmal übersetzen, heißt das, dass wir an diesem An-
spruch, den Hunger in der Welt zu bekämpfen und zu-
rückzuführen, gescheitert sind.

Wo sind die Ursachen? Ich will ein paar Dinge erwäh-
nen. Gut drei Jahrzehnte – das ist eben schon einmal an-
gesprochen worden; Herr Raabe, hören Sie zu – haben
sinkende Preise bei den Grundnahrungsmitteln mit
gleichzeitiger Überschussproduktion falsche Signale für
eine vermeintliche Sicherheit gegeben. In der Folge wur-
den die Mittel zur Finanzierung der Entwicklung des
Agrarsektors, zum Beispiel im Bereich der ODA-Ausga-
ben, über Jahrzehnte gekürzt. Im Jahre 2000 sind wir bei
diesem Investment auf das Niveau des Jahres 1973 zu-
rückgefallen – 30 Jahre lang Rückgang in diesem Be-
reich der Förderung!

Auch die Weltbank, die 1982 noch 30 Prozent ihrer
Kredite in den Agrarsektor vergeben hatte, gab 2006 nur
noch kümmerliche 7 Prozent. Die USAID hat gerade nur
noch 1 Prozent ihres Budgets für Landwirtschaftspro-
gramme ausgegeben. Und – auch das gehört zur Wahr-
heit – Ihre Kollegin Wieczorek-Zeul, die elf Jahre lang
als Entwicklungsministerin auf der Regierungsbank ge-
sessen hat, hat diesen Bereich im bundesdeutschen
Haushalt bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Das ist doch lachhaft! 12, 13, 14 Prozent Aufwuchs!)


Deswegen sind wir froh, dass der neue Minister hier
wieder für einen Aufwuchs auf 700 Millionen Euro in
diesem Jahr gesorgt hat. Sie sollten einmal zur Kenntnis
nehmen, wie wir hier wieder vorangekommen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Johannes Selle [CDU/CSU]: Das sind ja beeindruckende Zahlen! – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Nehmen Sie einen Taschenrechner in die Hand! Das kann nicht schaden!)


Wir müssen trotzdem zur Kenntnis nehmen, dass rund
drei Viertel aller vom Hunger betroffenen Menschen
ausgerechnet in ländlichen Regionen leben. Deshalb ist
es an der Zeit, so meine ich, dass wir von der bisher de-
fensiven Strategie des „Weniger Hunger für weniger
Menschen“, die meist noch durch Nahrungsmittelhilfe
von außen bedient worden ist, wegkommen und sagen:
Wir brauchen eine neue offensive Ausrichtung. Diese
muss heißen: Ernährung für alle aus eigener Kraft. Das
muss das Ziel einer zukunftsorientierten Entwicklungs-
politik sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich sage das gerade angesichts der Erkenntnis, dass bald
2 bis 3 Milliarden Menschen mehr auf der Erde leben
werden, dass die FAO ausgerechnet hat, dass wir daher
70 Prozent mehr Agrarmittel produzieren müssen.

Wir stehen vor einer Zeitenwende. Ich denke, das hat
niemand besser als der Präsident des IFAD beschrieben,
der neulich bei uns im Ausschuss war, Herr Nwanze. Er
hat Folgendes gesagt: Wir müssen aus der kleinbäuerli-
chen Landwirtschaft der Entwicklungsländer ein profi-
tables Geschäft machen. Kein Sektor hat mehr Chancen
für Arbeitsplätze. Kein Sektor bringt mehr gesellschaft-
liche Stabilität. – Damit ist genau beschrieben, wohin die
Reise gehen muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist gut, dass die neue Bundesregierung bereits im
Koalitionsvertrag die ländliche Entwicklung als Schlüs-
selsektor ausgewiesen hat. Deswegen begrüße ich aus-
drücklich, dass das Ministerium mit einem neuen Strate-
giepapier „Entwicklung ländlicher Räume und ihr
Beitrag zur Ernährungssicherung“ nachgezogen hat. Wir
haben diese Anträge eingebracht, damit wir aus dem
Parlament heraus dieses Vorhaben nicht nur unterstüt-
zen, sondern es weiter ausbauen und zu weiteren Ergeb-
nissen in der Zukunft kommen. Ich gehe einmal davon
aus, dass der Aufwuchs im Haushalt auch in den kom-
menden Jahren in diesen Bereichen weitergehen wird,
weil es einfach notwendig ist.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Sagen Sie das mal dem Minister!)


Ziel unseres Einsatzes muss sein, dass wir Wertschöp-
fungsketten aus lokal erzeugten Nahrungsmitteln auf-
bauen, mit denen nicht nur die Eigenversorgung gesi-
chert, sondern auch zusätzliches Einkommen und damit
eine Beschäftigungsperspektive in den eben genannten
ländlichen Räumen erreicht werden kann. Das ist in un-
seren Anträgen alles ausführlich beschrieben; das will
ich hier nicht wiederholen.

Weil es notwendig ist, dürfen wir uns nicht scheuen,
uns mit privaten Organisationen und Unternehmen zu-
sammenzutun. Dadurch erreichen wir Synergieeffekte.
Es ist nicht so, wie häufig gesagt wird, dass wir damit
eine Förderung der Privatwirtschaft vornehmen. Nein, es
gibt einen doppelten Nutzen. Ich will ein Beispiel nen-
nen. Das ist die sogenannte AGRA in Nairobi, „Alliance
for a Green Revolution in Africa“. Da ist Kofi Annan
Vorsitzender und verfolgt mit der Bill-Gates-Stiftung zu-
sammen genau das, was ich eben beschrieben habe,
nämlich einen neuen integrierten Ansatz für die Agrar-
förderung der Entwicklungspolitik.

Ein zweites Beispiel aus dem Hause der GIZ hat mich
sehr beeindruckt: die Afrikanische Cashew-Initiative, die
ebenfalls mit der Bill-Gates-Stiftung zusammen seit zwei
Jahren betrieben wird. Dort sind inzwischen 1 800 Bauern
an einer Genossenschaft beteiligt. Zusammen mit einem
deutschen Softwareunternehmen wurde hier eine Wert-





Helmut Heiderich


(A) (C)



(D)(B)

schöpfungskette aufgebaut. Das Ergebnis sind Ertrags-
und Qualitätssteigerungen, gute Marktpreise und deutli-
che Verbesserungen der Lebenssituationen der betroffe-
nen Bürger.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Da wollen wir hin, und so muss Entwicklungspolitik
weitergehen.

Deswegen – das sage ich auch an die Adresse des
Vorredners und der SPD – müssen wir als Parlament na-
türlich dazu beitragen, dass die Neuausrichtungen, die zu
spüren sind bei den G 8, beim Weltwirtschaftsforum, bei
der FAO, bei den G 20, die gerade ein neues internatio-
nales Agrarforschungsprojekt anschieben, oder bei den
vielen UN-Organisationen, nicht nur auf dem Papier ste-
hen bleiben, sondern in die Praxis umgesetzt werden,
und zwar möglichst zügig. Dazu müssen wir unseren
Beitrag leisten und dürfen nicht über alle möglichen
Themen aus anderen Bereichen herumalbern.

Es soll natürlich auch nicht verschwiegen werden
– das ist doch völlig klar –, dass diesen positiven Ent-
wicklungen einige große Problemfelder entgegenstehen.
So verzeichnen wir seit der Wirtschaftskrise 2007 hef-
tige Preisausschläge bei Agrarprodukten. Die Gründe
sind vielfältig, wie man in einer aktuellen Untersuchung
des Committee for World Food Security der UN nachle-
sen kann. Auf der Nachfrageseite werden verschiedene
Ursachen genannt: niedrige Welterntevorräte, hohe Pro-
duktverluste nach der Ernte – auch ein wichtiges Thema –,
ein verändertes Nachfrageverhalten der Schwellenländer
und die Getreidenutzung für Biosprit. Die US DA – um
den letzten Punkt aufzunehmen –, also das amerikani-
sche Ministerium selbst, hat dazu kürzlich veröffentlicht,
dass in diesem Jahr, 2011, etwa 40 Prozent der amerika-
nischen Maisernte für die Produktion von Ethanol einge-
setzt werden. Das hat natürlich Folgen für die Märkte.
Das sehen wir doch auch. Darüber muss man hier reden.

Allerdings sind nicht die steigenden Preise das Haupt-
problem. Diese haben durchaus auch positive Effekte,
weil sie Produktions- und Investitionsanreize setzen.
Das Problem sind die starken unberechenbaren Preis-
sprünge, die wir in den letzten Jahren erlebt haben. Da-
ran tragen – das sagen verschiedene Studien unisono –
die Spekulanten zumindest eine Teilschuld. Deshalb ist
für uns klar – das sage ich ganz deutlich –: Marktfremde
Spekulanten haben im Lebensmittelbereich nichts zu su-
chen. Das müssen wir versuchen umzusetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die internationale Gemeinschaft ist weiter gefordert,
Lösungen zu finden, die über das reine Monitoring – so
etwa AMIS der G 20 – hinausgehen, und neue Konzepte
und neue Möglichkeiten zu schaffen.

Dass wir, wie ich eben gesagt habe, an einer Zeiten-
wende in Bezug auf Nahrungsmittel und landwirtschaft-
liche Produkte stehen, hat natürlich längst andere Be-
gehrlichkeiten ausgelöst. Landwirtschaftsflächen sind
inzwischen eine globale Kapitalanlage geworden. Den
Umfang beschreibt das CFS in einer weiteren Studie mit
etwa 50 bis 80 Millionen Hektar. Auch das hat einen
zweiseitigen Effekt: Einerseits – so sagen sie – sei höhe-
res Investment dringend erforderlich, damit der Bedarf
zukünftiger Generationen gedeckt werden kann. Ande-
rerseits seien große Landkäufe oder Pachtungen häufig
mit negativen Folgen für die örtliche Bevölkerung ver-
bunden. Davon war bereits die Rede. Deswegen müssen
wir auch hier weiter aktiv werden. Darüber kann es kein
Missverständnis geben.

Das CFS verlangt deshalb, dass betroffene Regierun-
gen einen jährlichen Bericht über Bedingungen und Er-
gebnisse der Landnahme vorlegen müssen, der dann
gegebenenfalls nach Prüfung durch die FAO Vorausset-
zung für die weitere entwicklungspolitische Unterstüt-
zung des jeweiligen Landes sein sollte. Ich denke, dass
mit diesem Vorschlag die Forderungen in unseren beiden
Anträgen durchaus weiter ausgebaut werden können, zu-
mal die Weltbank in ihrem aktuellen Bericht davon aus-
geht, dass sich die Landnachfrage in Zukunft weiter ver-
stärken wird.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zu-
sammen: Insgesamt müssen die Verbesserung der Pro-
duktion und der Lebensbedingungen vor Ort, der ökono-
mische Erfolg der ländlichen Bevölkerung und die
Strukturverbesserung im ländlichen Raum die entschei-
denden Kriterien für unsere Anstrengungen sein,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


und zwar nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“. Kri-
terium kann und darf aus meiner Sicht nicht sein, was
wir an finanziellen Mitteln ausgeben; Bewertungsmaß-
stab muss vielmehr sein, was die Empfänger an Lebens-
chancen gewinnen. Daran müssen wir uns messen. Das
ist das entscheidende Ziel. Ich hoffe, dass Sie wenigstens
unsere Initiative und unsere Anträge unterstützen, wenn
Sie schon selbst keinen Antrag eingebracht haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713322600

Das Wort hat jetzt der Kollege Niema Movassat von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713322700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle drei

Sekunden stirbt ein Mensch an Hunger. Auch deshalb
muss das Menschenrecht auf Nahrung Vorrang vor den
Gewinninteressen von Investoren haben. Das muss der
politische Grundsatz dieser Debatte sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Eines der Dinge, die dieses Menschenrecht am meis-
ten verletzen, ist das neokoloniale Phänomen des Land-
raubs. Ich möchte Ihnen an einem Beispiel deutlich ma-
chen, was Landraub bedeutet. Im Dorf Meanchey in den
Wäldern im Nordosten Kambodschas lebt das indigene
Volk der Stean. Dieses betreibt dort seit Jahrhunderten





Niema Movassat


(A) (C)



(D)(B)

Wanderfeldbau, sammelt Früchte und Pilze. Im Juli 2008
tauchten plötzlich Bulldozer auf, die den Wald zerstör-
ten. Dies taten sie für eine ausländische Firma, die dort
überall Gummibäume pflanzen ließ, angeblich um die
Gegend zu entwickeln, um Arbeitsplätze zu schaffen
und um Armut zu bekämpfen. Tatsächlich aber vertrie-
ben sie die Menschen, die dort seit Generationen lebten.
Sie nahmen ihnen die Lebensgrundlage.

Landraub heißt Vertreibung, Verelendung und Hun-
ger. Deswegen sagen wir heute, dass dies endlich ge-
stoppt werden muss.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Beispiel der Stean steht für das Schicksal von
Hunderttausenden Menschen auf der Welt. Laut der Ent-
wicklungsorganisation Oxfam wurde seit 2001 weltweit
eine Fläche aufgekauft oder gepachtet, die so groß ist
wie Westeuropa.

Auch deutsche Firmen sind daran beteiligt. Ich nenne
drei Beispiele dafür aus Afrika, dem Kontinent, auf dem
derzeit 300 Millionen Menschen hungern und wo drei
Viertel aller Land-Grabbing-Fälle stattfinden.

Erstes Beispiel: In Äthiopien baut die Münchener
Firma Acazis AG Jatropha- und Castorpalmen zur Pro-
duktion von Biodiesel an, und zwar auf Land, von dem
die äthiopische Regierung in sogenannten Umsiedlungs-
programmen derzeit im großen Stil Bauern vertreibt.

Zweites Beispiel: Auf Madagaskar pflanzen die deut-
schen Firmen JatroGreen und JSL Biofuels Biokraft-
stoffpflanzen auf über 30 000 Hektar Land an. Zur Erin-
nerung: Madagaskar war das Land, in dem die Firma
Daewoo Ende 2008 die Hälfte des fruchtbaren Landes
auf 99 Jahre pachten wollte. Dadurch wurde der Stein in
puncto Landraub erst richtig ins Rollen gebracht.

Drittes Beispiel: Der DWS-Fonds der Deutschen
Bank, 110 Millionen Euro schwer, hat 27 000 Hektar
Land in Sambia, 25 000 Hektar im Kongo und 5 000 Hek-
tar in Tansania aufgekauft, um damit zu spekulieren.
Dies zeigt eine Studie der Menschenrechtsorganisation
FIAN. Allein in Tansania sind derzeit 126 000 Men-
schen von Vertreibung durch Landraub bedroht. Dass
auch deutsche Firmen dabei mitmachen, ist ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie von der Koalition müssten endlich dagegen aktiv
werden. Doch statt Landraub zu verurteilen, sprechen
Sie, die Bundesregierung, oft sogar beschönigend von
Landinvestitionen, Jobs, Infrastrukturausbau und Tech-
nologietransfers.

Alles Lüge! Das Institut für Entwicklungsstudien der
Universität Sussex hat 100 Landdeals untersucht. In kei-
nem einzigen der Fälle wurden die Zusagen eingehalten.
Nehmen Sie das zur Kenntnis und erzählen Sie keine
Märchen!


(Beifall bei der LINKEN)

Die Wahrheit ist: Ackerland ist spätestens seit der
Nahrungsmittelkrise 2008 zu einer hochprofitablen An-
lage für Spekulanten, Banken und Unternehmen gewor-
den. Auch westliche Staaten haben das zugelassen, nicht
um ländliche Regionen in Afrika und Asien zu entwi-
ckeln, sondern damit die eigenen Unternehmen Profite
machen können. Angesichts 1 Milliarde hungernder
Menschen ist das zutiefst inhuman.


(Beifall bei der LINKEN)


Hinzu kommt, dass die Bundesregierung Landraub
sogar noch fördert. Sie setzen sich weiter dafür ein, dass
die verantwortlichen Konzerne straffrei bleiben. Sie wäl-
zen die Kontrolle und die Durchsetzung von Sicherheits-
mechanismen auf die völlig überforderten Partnerländer
oder korrupten Eliten ab. Das ist unverantwortlich.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke fordert, dass gegen deutsche Unternehmen,
die das Menschenrecht auf Nahrung verletzen, direkt
vorgegangen wird. Das ist der zentrale Punkt in unserem
Antrag zum Landraub. Wenn Sie von der Koalition tat-
sächlich ein Interesse an der Hungerbekämpfung haben,
dann stimmen Sie heute unserem Antrag zu.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713322800

Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe vom Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713322900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um

es klarzustellen: Wir debattieren hier über drei verschie-
dene Anträge. Die Debatte war etwas verwirrend, weil
hier zu verschiedenen Anträgen Stellung bezogen wurde.
Wir haben einen Antrag der Linken zum Thema Land
Grabbing. Wir stimmen diesem Antrag zu.


(Beifall bei der LINKEN)


Er enthält Forderungen, die die Grünen allerdings schon
vor einigen Monaten in sehr ähnlicher Form eingebracht
hatten. Aber doppelt hält vielleicht besser. Dann liegt ein
Antrag vor, in dem es darum geht, Erkenntnisse des
Weltagrarberichts aufzunehmen. Auch das ist ein Anlie-
gen der Grünen. Auch dem Antrag können wir nur zu-
stimmen. Jetzt aber möchte ich zu dem Antrag der Ko-
alition zum Thema Ländliche Entwicklung reden.

Ich möchte ausdrücklich begrüßen, dass die Koalition
diesem Thema große Aufmerksamkeit schenkt. Das
BMZ hat ein neues Konzept dazu verabschiedet, an dem
wir mitgearbeitet und zu dem wir Vorschläge eingereicht
haben. Es ist von Minister Niebel eine neue Hunger-
Taskforce eingerichtet worden, und jetzt wird dieser An-
trag vorgelegt. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass
die Koalition das Problem erkannt hat und angemessen
darauf reagieren wird. Aber leider gibt es zwischen den
Worten und den Taten doch noch eine Diskrepanz, die
ich ansprechen möchte.





Thilo Hoppe


(A) (C)



(D)(B)

Es fängt schon beim Geld an. Wir haben das gestern
in den Haushaltsberatungen im Ausschuss erlebt. Alle
unsere Anträge, die mehr Geld für die ländliche Ent-
wicklung bedeutet hätten, wurden leider von der Koali-
tionsmehrheit abgelehnt. Aber es gibt auch inhaltliche
Unterschiede bei den Zielen. Herr Heiderich, vieles von
dem, was Sie gesagt haben, kann ich voll und ganz un-
terschreiben, aber bei den Methoden, die wir einsetzen
wollen, gibt es Unterschiede. Sie loben in Ihrem Antrag
die grüne Revolution der 70er-Jahre. Die hat mit den
Grünen nichts zu tun, sie hat aber viel zu tun mit den so-
genannten Errungenschaften der modernen industriellen
Landwirtschaft. Aber sie hat eben nicht zu den ge-
wünschten Erfolgen in Afrika geführt. Sie hat vielmehr
dazu beigetragen, dass es große Umweltschäden gab,
dass die Böden ausgelaugt wurden und dass es Pestizid-
und Insektizidprobleme gab. Sie hat gerade die Klein-
bauern in die Schuldenfalle geführt. Eine Neuauflage
dieser grünen Revolution kann nicht die Lösung sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir die Kleinbauern unterstützen, dann können
wir das nur mit angepassten Methoden tun, bei denen die
Bodenfruchtbarkeit und der Gewässerschutz mit berück-
sichtigt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Es muss eine Strategie sein, die nicht nur die Kleinbau-
ern, aber vor allem die Kleinbauern unterstützt. Ihnen
muss Zugang zu Wasser, Saatgut, Mikrofinanzsystemen
und vor allem Land verschafft werden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Und zum Handel!)


Im Antrag der Koalition kann man feststellen, dass
der Zusammenhang von Landwirtschaft und Klimawan-
del vernachlässigt wird. Je nachdem wie Landwirtschaft
betrieben wird, kann sie Teil der Lösung oder Teil des
Problems sein. Industrielle Landwirtschaft trägt maß-
geblich zu den Emissionen bei. Angepasste und umwelt-
gerechte Landwirtschaft kann hingegen Teil der Lösung
des Klimaproblems sein.

Sie haben die Governance-Strukturen in dem Antrag
anders als in Ihrer Rede gewichtet, Herr Heiderich. Sie,
Herr Heiderich, haben dankenswerterweise das CFS, das
reformierte Komitee für Welternährung bei der FAO, ge-
lobt und unterstützt, aber in dem Antrag findet sich das
nicht wieder. Da wird vielmehr auf die G-8- und G-20-
Initiativen der Fokus gerichtet. Es geht gerade jetzt da-
rum, die FAO im Kampf gegen Land Grabbing zu unter-
stützen, damit sie in der Lage ist, wirklich wirksame
Leitlinien zum Thema Zugang zu Land zu erarbeiten.
Das ist wichtig und nicht der Fokus auf G 8 und G 20.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Kollege Raabe hatte in seiner Rede den Schwer-
punkt auf die europäische Agrarpolitik, auf ungerechte
Subventionen und ungerechte Handelsstrukturen gelegt.
Auch das ist in diesem Antrag völlig unterbelichtet,
kommt in diesem Antrag kaum vor.
Im Kampf gegen den Hunger hilft wirklich nur ein
kohärenter, ganzheitlicher Ansatz weiter, der sowohl die
ländliche Entwicklung in den Entwicklungsländern un-
terstützt als auch hemmungslose Spekulationen mit
Agrarrohstoffen sowie Land Grabbing eindämmt und
gerechte Handelsstrukturen schafft.

Wir haben jetzt in dieser Debatte keinen Antrag ein-
gereicht, aber wir haben in der letzten Wahlperiode einen
sehr umfassenden zum Thema Ländliche Entwicklung
eingereicht und in dieser Wahlperiode einen mit ganz
konkreten Vorschlägen, wie Agrarspekulationen einge-
dämmt werden können, einen sehr umfassenden Antrag
zum Thema Land Grabbing. Dieses Maßnahmenbündel
ist nach wie vor sehr aktuell und hat an Gestalt und
Wahrheitskraft nichts eingebüßt. Deshalb können wir
diesmal Ihrem Antrag nicht zustimmen, stimmen aber
den Anträgen der Linken zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713323000

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

nun der Kollege Dr. Edmund Geisen von der FDP-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Edmund Peter Geisen (FDP):
Rede ID: ID1713323100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolle-

ginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, dass ich in An-
betracht der kurzen Redezeit Folgendes feststelle: Wer
die Welternährung sichern will und sicherer machen will
als in der Vergangenheit, der muss neue Wege gehen. Er
muss es natürlich einerseits wegen der rapide ansteigen-
den Bevölkerungszahl tun und andererseits, weil die
Entwicklungsstrategien der vergangenen Jahrzehnte
weitgehend versagt haben.

Verehrter Herr Kollege Raabe, zwölf Jahre Entwick-
lungshilfepolitik der SPD an einem Stück sind verant-
wortlich für die heutigen Missstände.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Ein Trauerspiel!)


Da können Sie nicht mehr einfach nur mitreden. Sie
müssten dazu etwas ganz anderes sagen. Sie müssten er-
klären, wie man den von Ihnen zu verantwortenden
Missständen jetzt begegnen und wie man sie korrigieren
kann.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Die internationale Zusammenarbeit muss jetzt auch
neu ausgerichtet werden. Dies wird mit der christlich-li-
beralen Koalition möglich sein. Die FDP-Fraktion be-
dankt sich besonders bei Herrn Minister Niebel dafür,
dass er den Weg in diese neue Politik eingeschlagen hat.
Zukünftig müssen die politischen Rahmenbedingungen
und das politische Bewusstsein in den Entwicklungslän-
dern selbst verbessert und unterstützt werden. Unsichere





Dr. Edmund Peter Geisen


(A) (C)



(D)(B)

Land- und Wassernutzungsrechte, Korruption und auch
fehlende Verwaltungsstrukturen behindern jegliche In-
vestition vor Ort.

Insbesondere in Afrika könnten die bestehenden Re-
serven auch durch eine produktivere Landwirtschaft
genutzt werden, wenn man es denn täte. Innovative Be-
triebsmittel wie moderne Maschinen, Dünge- und Pflan-
zenschutzmittel, auch Biotechnologie müssen standort-
und bedarfsgerecht genutzt werden.

Es gilt auch mehr denn je, die Landwirte vor Ort bes-
ser auszubilden und die Mittel für die Agrarforschung
vor allem in den Entwicklungsländern aufzustocken.
Nichts davon ist in der Vergangenheit geschehen. Dies
ist die Zielrichtung unserer Anträge und auch des Posi-
tionspapiers der FDP-Fraktion.

Meine Damen und Herren, in dem Motto „Hilfe zur
Selbsthilfe“ ist sich die christlich-liberale Koalition völ-
lig einig.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz zu den
Rohstoffbörsen sagen. Exzessive Spekulationen mit
Nahrungsmitteln gilt es einzudämmen; darüber gibt es
keinen Zweifel.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Hierbei ist internationales Handeln gefragt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)


Deshalb begrüße ich auch, dass die G-20-Agrarminister-
konferenz schon im Sommer einen umfassenden Ak-
tionsplan vorgelegt hat.

Kernpunkte müssen natürlich mehr Transparenz und
klare zeitgemäße Rahmenbedingungen sein. Allerdings
kann es nicht das Ziel sein, ganz ohne Märkte und Wa-
renbörsen auszukommen. Wohin das geführt hat, sollten
wir eigentlich noch nicht vergessen haben. Man kann es
nur besser machen, als die Linken es in der Vergangen-
heit gemacht haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Beispiele dafür gibt es in 70 von den Linken beherrsch-
ten Ländern, und in allen Entwicklungsländern kann
man die Ergebnisse der Politik in der Vergangenheit se-
hen.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Was hat das jetzt mit dem Thema zu tun?)


Wir wollen und können es besser machen. Die christ-
lich-liberale Koalition steht für einen neuen, besseren,
fruchtbareren Weg in der Entwicklungspolitik.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713323200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/7185 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP mit dem Titel „Illegale Landnahme verhindern,
Eigentumsfreiheit schützen, Ernährungsgrundlage in
Entwicklungsländern sichern“. Der Ausschuss empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/5965,
den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf
Drucksache 17/5488 anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Oppositionsfraktionen.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem
Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Keine
großflächige Landnahme und Spekulationen mit Land
oder Agrarproduktion in den Ländern des Südens“. Der
Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/4820, den Antrag der Fraktion Die Linke
auf Drucksache 17/3541 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-
Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem An-
trag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Erkenntnisse
des Weltagrarberichtes zur Grundlage deutscher, euro-
päischer und internationaler Agrar- und Entwicklungs-
politik machen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/4490, den Antrag
der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/3542 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist angenommen mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen bei Gegenstimmen der Fraktionen Die
Linke und Bündnis 90/Die Grünen sowie Enthaltung der
SPD-Fraktion.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 a und b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Swen
Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Für einen Hochschulpakt Plus – Zusätzliche
Studienplätze schaffen und Masterangebot
ausbauen

– Drucksache 17/7340 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Hochschulpakt 2020: Für mehr Studienplätze
und gute Arbeitsbedingungen – Hochschulen
sozial öffnen

– Drucksache 17/7341 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Swen Schulz von der Fraktion der
SPD das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1713323300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verzeich-
nen eine steigende Nachfrage nach Studienplätzen. Das
hat mit den doppelten Abiturjahrgängen und der Ausset-
zung von Wehrpflicht und Zivildienst zu tun, es hängt
aber auch mit der steigenden Studierneigung zusammen,
und das ist positiv. Das ist zunächst einmal eine gute
Nachricht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Yvonne Ploetz [DIE LINKE])


Darum war es auch gut und wegweisend, dass wir ge-
meinsam den Hochschulpakt geschaffen haben. Der
Hochschulpakt wirkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Er verschafft vielen jungen Leuten die Möglichkeit, zu
studieren. Auch das ist eine gute Nachricht.

Aber wir dürfen an dieser Stelle nicht stehen bleiben;
denn wir sehen, dass der Hochschulpakt unterdimensio-
niert ist. Seit langem weisen wir darauf hin, dass der
Hochschulpakt auf veralteten Prognosen basiert. Wer
denkt, dass die Bundesbildungsministerin Schavan in
dieser Situation die Erste ist, die auf Verbesserungen
drängt, der liegt falsch.

Wir müssen die Bundesministerin Schavan leider im-
mer wieder zum Jagen tragen. Ein unrühmliches Bei-
spiel dafür ist die Geschichte rund um die Aussetzung
der Wehrpflicht und des Zivildienstes. Als die Bundes-
regierung angekündigt hatte, dass sie die Wehrpflicht
aussetzen will, haben wir sofort gesagt, dass die Mittel
für den Hochschulpakt entsprechend aufgestockt werden
müssen; denn diejenigen, die nicht Zivildienst leisten
und die nicht zur Bundeswehr gehen, streben natürlich
zu einem gewissen Teil an die Hochschulen.

(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Sie haben in Ihrer Regierungszeit noch nicht einmal einen Hochschulpakt zustande gebracht!)


Wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt. Aber
wir mussten eine Verweigerungshaltung der Regierungs-
koalition feststellen. Immer wieder wurde gesagt: „Mal
sehen! Die Länder sind zuständig!“ Ich erinnere mich
noch daran, wie im Ausschuss diese Haltung von den
Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition ver-
treten wurde, bis endlich – einen Tag nach der Aus-
schusssitzung – die Bundeskanzlerin dem Druck nachge-
geben und den Ministerpräsidenten eine entsprechende
Zusage gegeben hat.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Jetzt melden viele Hochschulen tatsächlich „Land un-
ter“. Was macht die Bundesregierung? Sie macht nichts.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Weil alles bestens ist!)


– Sie sagen, weil alles bestens ist.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das werde ich Ihnen gleich erzählen!)


Wenn Sie uns von der Opposition das nicht glauben,
dann glauben Sie es vielleicht den Medien. Ich nenne Ih-
nen einmal ein paar Überschriften: „Stresstest für Hoch-
schulen“, „Universitäten sind knüppeldicke voll“, „Hör-
säle sind überfüllt“, „Die Invasion“, „Unis schotten sich
mit Numerus clausus ab“, „Flucht vor dem Numerus
clausus ins Ausland“, „Platzangst im Hörsaal“, „Flick-
werk an deutschen Unis“ usw.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sagen Sie mal, wer das schreibt!)


Angesichts dieser Situation können Sie doch nicht sa-
gen, dass alles gut ist. Das ist zu wenig von der Regie-
rungskoalition.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Tankred Schipanski [CDU/ CSU]: Checken Sie mal Ihre Quellen, Herr Schulz!)


Wir haben das Problem angepackt und einen Antrag
für einen Hochschulpakt Plus vorgelegt, über den heute
diskutiert wird. Ich will Ihnen die wichtigsten Punkte
kurz skizzieren.

Erstens. Wir wollen, dass mindestens 50 000 Studien-
plätze zusätzlich geschaffen werden. Das kann schnell
realisiert werden und ist ein Beitrag für ein besseres An-
gebot an den Hochschulen.

Zweitens. Es gibt immer mehr Probleme beim Ange-
bot von Masterstudienplätzen. Darum wollen wir ein
Sonderprogramm. Wir wollen, dass allen Bachelorabsol-
venten das Masterstudium offensteht.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Es steht allen offen!)


Das ist ein wichtiges Ziel, für das wir streiten.





Swen Schulz (Spandau)



(A) (C)



(D)(B)

Drittens. Wir führen die Idee des Abschlussbonus ein.
Bisher finanzieren wir nur die Studienanfänger; das ist
so weit in Ordnung. Aber die Frage ist, was danach pas-
siert. Wir möchten einen finanziellen Anreiz, eine Be-
lohnung für diejenigen Hochschulen schaffen, die eine
gute Lehre anbieten und die die Studierenden erfolgreich
zum Abschluss führen.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Den gibt es schon!)


Das ist eine wichtige Ergänzung des Hochschulpaktes,
die wir hier vorschlagen.


(Beifall bei der SPD)


Es ist vollkommen klar, dass alles entsprechend finan-
ziert werden muss. Darum haben wir zusätzlich einen
nationalen Pakt für Bildung und Entschuldung formu-
liert. Er beinhaltet auch Steuererhöhungen für diejeni-
gen, denen es wirklich sehr gut geht, damit wir endlich
mit der viel beschworenen Bildungsrepublik Deutsch-
land vorankommen. So toll ist das nämlich nicht, was
Frau Merkel uns bisher präsentiert hat.

Heute gab es einen Vorgang, der mir im Zusammen-
hang mit der Finanzierung von Bildung nachgerade den
Atem verschlagen hat. Pünktlich zur geplanten Sitzung
der Kultusminister, also der Bildungsminister der Län-
der, mit Bundeskanzlerin Merkel, gab es heute unter der
Überschrift „Schwarz-Gelb einig über Steuersenkung“
die Meldung:

Die Bundesregierung erwartet eine Entlastung von
6 bis 7 Milliarden Euro bei Bund, Ländern und Ge-
meinden.

Das sind doch genau diejenigen, die die Hauptlast bei
der Finanzierung der Bildung tragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie können doch nicht eine Bildungsrepublik Deutsch-
land schaffen, wenn Sie gleichzeitig die finanzielle Basis
dafür zerschlagen.


(Patrick Döring [FDP]: Die Kommunen sind die am wenigsten verschuldete staatliche Ebene!)


Das ist nichts weiter als eine Verzweiflungstat zur Ret-
tung der FDP, Kollege Döring, auf Kosten der Bildung
und auf Kosten der Menschen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Wir erwarten von der Bundesbildungsministerin
Schavan, dass sie gegen diesen Unsinn angeht und dass
sie sich für Bildung einsetzt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713323400

Das Wort hat der Kollege Tankred Schipanski von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Tankred Schipanski (CDU):
Rede ID: ID1713323500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Wir befassen uns heute mit zwei Anträgen, mit ei-
nem von den Linken und mit einem von der SPD. Als
ich den Antrag der Linken gelesen habe, musste ich fest-
stellen, dass er wieder jeglichen Realitätssinn und jeg-
liche Kenntnis des deutschen Grundgesetzes vermissen
lässt. Einen Antrag mit dieser Rhetorik können Sie auf
Ihrem Parteitag in Erfurt einbringen, aber nicht in die-
sem Hohen Hause.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


Sie sprechen von einer ständischen Gliederung des
Schulsystems. Sie verkennen, dass das Abitur Studierfä-
higkeit bescheinigt und somit Hochschulzugangsberech-
tigung ist. Sie haben noch nicht einmal mitbekommen,
dass es die ZVS seit 2008 gar nicht mehr gibt; und es ist
Ihnen völlig neu, dass wir in einem föderalen Bundes-
staat leben, in dem die primäre Bildungskompetenz bei
den Ländern liegt.

Wir alle wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie bei Ih-
rem nächsten Antrag nicht wieder die Textbausteine Ih-
rer vorherigen Anträge bzw. Parteitagsreden zusammen-
setzen, sondern einmal einen konstruktiven Beitrag für
die Bildungsrepublik Deutschland leisten würden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ausgangspunkt unserer heutigen Debatte ist ein An-
trag der SPD. Der Kollege Schulz hat es gerade vorge-
tragen: Die SPD fordert einen „Hochschulpakt Plus“.
Wir wollen uns doch einmal die Ausgangslage ins Ge-
dächtnis rufen:


(Patrick Döring [FDP]: Besser nicht!)


Mit dem Hochschulpakt wurden in der ersten Pro-
grammphase von 2007 bis 2010 185 000 zusätzliche
Studienmöglichkeiten geschaffen; das sind doppelt so
viele wie ursprünglich vereinbart.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ohne uns gäbe es das gar nicht!)


Auch für die zweite Programmphase haben Bund und
Länder vereinbart, ein bedarfsgerechtes Studienangebot
zu schaffen. Auf der Basis der Vorausberechnungen der
KMK wurden 320 000 bis 335 000 zusätzliche Studien-
möglichkeiten bis zum Jahr 2015 zugesichert.

Wenn in diesem Wintersemester mehr Studienmög-
lichkeiten als erwartet benötigt werden, so werden auch
diese gemäß der Systematik des Hochschulpakts – das
heißt nachlaufend nach zwei Jahren – bundesseitig finan-
ziert. Ein Überschreiten des vereinbarten Deckels ist vor
2014 nicht zu erwarten. Von daher sehe ich gegenwärtig
gar keine Notwendigkeit, den Hochschulpakt anzupas-
sen oder gar einen „Hochschulpakt Plus“ aufzulegen.





Tankred Schipanski


(A) (C)



(D)(B)

Ich darf daran erinnern, dass wir darüber hinaus bun-
desseitig einen Pakt für Qualität und Lehre aufgelegt ha-
ben, über den bis 2020 rund 2 Milliarden Euro für bes-
sere Studienbedingungen und mehr Lehrqualität an den
Hochschulen bereitgestellt werden.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor sechs Jahren schon gefordert!)


Das ist die Ausgangslage.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese positive Ausgangslage wird heute in einem
Artikel der Zeit – das ist mit Sicherheit eine Zeitung,
die der Koalition nicht nahesteht – vollumfänglich be-
stätigt. Der Heidelberger Rektor Professor Eitel sagt:
„Aber es herrscht keinerlei Chaos oder nicht zu bewäl-
tigender Andrang.“ Der Regensburger Rektor Professor
Strothotte sagt, von den „von vielen Seiten skizzierten
Schreckensszenarien“ sei man weit entfernt. Der Präsi-
dent der Hochschule Osnabrück sagt, dank der „sehr gu-
ten“ finanziellen Unterstützung habe man „frühzeitig
und dauerhaft“ zusätzliche Professoren eingestellt und
Baumaßnahmen zur Verbesserung der Studiensituation
„zügig“ umsetzen können. Der Präsident der Uni Han-
nover sagt: „Die Chance, einen Studienplatz zu bekom-
men, war sogar besser als in den Vorjahren.“


(Patrick Döring [FDP]: So ist das!)


Eine junge Frau, Anouk Fechner, hat sich mit einem
Abi-Schnitt von 2,7 an 20 Hochschulen für Jura und
BWL beworben und zehn Zusagen bekommen. Meine
Damen und Herren, das ist die Realität in der Bildungs-
republik Deutschland!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Was machen Sie mit Ihrem Antrag? Angst machen,
Schwarzmalen und – wie immer – vonseiten des Bundes
mit einer Gießkanne das Geld über die deutschen Hoch-
schulen verteilen. Das ist abzulehnen!

Zudem soll ein angeblicher struktureller Mangel des
Hochschulpaktes beseitigt werden – der Kollege Schulz
hat es vorgetragen. Trennen Sie doch bitte ganz scharf
zwischen dem Hochschulpakt, den Bund und Länder
miteinander vereinbart haben, und den Hochschulpak-
ten, die die Länder mit ihren Hochschulen schließen.
Dann werden Sie erkennen, dass viele Ihrer Forderungen
bereits umgesetzt worden sind. Denn die Mittelzuwei-
sungen und Verteilungsschlüssel der Länder an ihre
Hochschulen berücksichtigen zum einen bereits die Zahl
der Studienanfänger und zum anderen die Anzahl der
Absolventen.

Ihr Vorwurf, die Vergabe von Masterstudienplätzen
würde nach ideologischen Gesichtspunkten geschehen,
ist schlichtweg falsch. Masterstudienplätze stehen in
ausreichender Anzahl für die Bachelorabsolventen zur
Verfügung, die einen guten Bachelorabschluss haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Weiterführung eines Studiums an die bisherigen
Leistungen zu koppeln, ist sinnvoll und systemimma-
nent, weil die Masterausbildung größtenteils auf den
Grundkenntnissen und Methoden eines Bachelorstu-
diums aufbaut.

Meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, wenn
Sie einen Beitrag für ein Gelingen des Starts dieses Win-
tersemesters leisten möchten, dann sollten Sie das nicht
mit derartigen Anträgen machen, sondern Sie sollten mit
Ihren Genossen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern
der Hochschulstädte in Kontakt treten. Nicht Studien-
plätze fehlen, sondern eine gute Infrastruktur. In Mün-
chen unter SPD-Oberbürgermeister Ude mussten Ma-
tratzenlager eingerichtet werden.


(Zurufe von der CDU/CSU: Was?)


Der Jenaer SPD-Oberbürgermeister weigert sich, weite-
ren Wohnraum für Studenten zu schaffen. Das sind die
eigentlichen Probleme der Erstsemester.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Koordination zwischen Städten und Studenten-
werken, die Kommune als Bildungspartner vor Ort zu
begreifen – das sind die Herausforderungen, die es zu lö-
sen gilt. Es darf nicht einfach gießkannenartig Bundes-
geld über die Hochschulen verteilt werden, die gar nicht
im verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereich des
Bundes liegen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713323600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Yvonne Ploetz von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Yvonne Ploetz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713323700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

dieser Woche hat das neue Semester begonnen.


(Patrick Döring [FDP]: Sind Sie noch eingeschrieben?)


– Ich bin nicht mehr eingeschrieben. Ich habe mein Stu-
dium beendet, und zwar erfolgreich. Herzlichen Dank
für die Nachfrage!


(Beifall bei der LINKEN)


Es gibt eine gute Nachricht: Mehr junge Menschen
als jemals zuvor strömen an die Hochschulen. Mehr
junge Menschen als jemals zuvor wollen eine wissen-
schaftliche Ausbildung in Angriff nehmen. Diejenigen,
die tatsächlich einen Studienplatz ergattert haben, dürfen
sich glücklich schätzen. Zwar haben sie vielleicht nicht
den Studienplatz ihrer Wahl bekommen, vielleicht auch
nicht in der Stadt, in der sie gerne studieren möchten,
aber immerhin haben sie einen Studienplatz. Sie müssen
sich glücklich schätzen, weil Tausende Studienplatz-
bewerber eine Absage von den Hochschulen bekommen
haben. Diese jungen Menschen haben ihre Studienbe-
rechtigung hart erkämpft. Sie haben Abitur bzw. Fach-
abitur gemacht. Aber die Studienberechtigung nutzt ih-





Yvonne Ploetz


(A) (C)



(D)(B)

nen in diesem Semester rein gar nichts. Das ist absurd,
eine Frechheit und ein politischer Skandal,


(Beifall bei der LINKEN)


ein Skandal auch deshalb, weil all das nicht wie eine Na-
turkatastrophe über uns gekommen ist.

Wir alle wissen, dass es durch die Einführung von G 8
zu doppelten Abiturjahrgängen kommt. Wir alle wissen
nicht erst seit gestern von der Abschaffung der Wehr-
pflicht. Die neuen Erstsemester kommen schon an ihrem
ersten Studientag in der neuen Wirklichkeit an den
Hochschulen an. Sie müssen im Einführungsseminar
wahrscheinlich auf dem Boden sitzen, weil der Platz
nicht ausreicht.


(Patrick Döring [FDP]: Ein Zerrbild!)


Sie haben vermutlich keine Unterkunft, weil kleine und
kostengünstige Wohnungen auf dem Immobilienmarkt
kaum noch vorhanden sind und die Wohnheime hoff-
nungslos überfüllt sind. Kümmern Sie sich endlich da-
rum!


(Beifall bei der LINKEN)


Die Infrastruktur der Hochschulen reicht hinten und vorn
nicht aus. Das Centrum für Hochschulentwicklung – das
CHE ist nicht gerade eine linke Organisation, wie Sie
vielleicht wissen – gab im Juli bekannt, dass für das Jahr
2011 mindestens 50 000 Studienplätze fehlen und dass
500 000 Studienanfängerinnen und -anfänger bis 2015
an die Hochschulen strömen werden. Aber selbst nach
dieser Meldung ist wieder einmal nichts passiert.

Meine Damen und Herren von der Regierung, Sie er-
klären immer lauthals, dass Sie bestens auf die Situation
vorbereitet sind und dass durch den Hochschulpakt 2020
ausreichend Studienplätze zur Verfügung stehen. Ich be-
fürchte, Sie haben sich ordentlich verrechnet.


(Beifall bei der LINKEN)


Hinzu kommt, dass der Hochschulpakt derzeit hoff-
nungslos unterfinanziert ist. Laut Statistischem Bundes-
amt kostet ein Studienplatz durchschnittlich 7 150 Euro.
Sie stellen den Universitäten aber nur 6 500 Euro zur
Verfügung. Das kann so nicht funktionieren. Bitte kom-
men Sie mir jetzt nicht mit irgendeinem Beispiel, wo es
an einer Hochschule oder in einem bestimmten Fachbe-
reich besser aussieht. Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu
sorgen, dass es nicht ein Glücksspiel ist, ob man gute
Studienbedingungen vorfindet. Es geht hier um das
Menschenrecht auf Bildung und nicht um Lotte-
riescheine.


(Beifall bei der LINKEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Spielen Sie lieber Lotto!)


Die Linke fordert die Aufstockung der Mittel für den
Hochschulpakt. Wir brauchen mindestens 500 000 zu-
sätzliche Studienplätze.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: 500 000 sind es schon?)

Der Hochschulpakt muss das politische Ziel errei-
chen, Zulassungsbeschränkungen durch ein ausreichen-
des Angebot an Studienplätzen überflüssig zu machen.
Wir möchten, dass jeder und jede die Möglichkeit hat,
das Fach zu studieren, das er oder sie gerne möchte.


(Beifall bei der LINKEN)


An dieser Stelle möchte ich kurz an das Versprechen
von Frau Schavan erinnern. Im Juli 2009 hat sie als Re-
aktion auf den Bildungsstreik verkündet:

Studierende sollen selbst entscheiden können, ob
sie einen Master machen wollen oder nicht.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ja, können sie doch machen!)


Die Erfüllung dieses Versprechens sind Sie seitdem
schuldig geblieben.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Nee, nee, nee!)


Setzen Sie das endlich um! Wir fordern das Recht auf ei-
nen Master für alle.


(Beifall bei der LINKEN)


Selbst Frau Merkel hat vor einigen Tagen Verständnis
für die Proteste gegen die Macht der Banken und die
Auswirkungen der Wirtschaftskrise geäußert.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nah am Thema!)


Ich denke, sie wird dieses Verständnis auf die Studieren-
den ausdehnen können; denn sie werden nicht das ganze
Studium über am Boden sitzen. Die Parole „Geld für
Bildung statt für Banken“ ist heute richtiger denn je.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713323800

Das Wort hat der Kollege Professor Dr. Martin

Neumann von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1713323900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Zahl der Studienanfänger in Deutschland
ist in diesem Semester auf einem Rekordniveau: Mehr
als 500 000 Erstsemester studieren – es ist schon gesagt
worden –, und zwar dank der steigenden Studienneigung
– das ist positiv –, aber auch wegen der doppelten Abi-
turjahrgänge in Bayern und Niedersachsen und der Aus-
setzung der Wehrpflicht. Diese Umstände waren der
Grund dafür, dass in der ersten Phase des Hochschul-
pakts in den Jahren 2007 bis 2010 rund 182 000 zusätzli-
che Studienplätze geschaffen wurden. Der Bund – das
kann man an der Stelle zusammenfassend feststellen –
hat die Länder bei ihrer Aufgabe, zusätzliche Studien-
plätze zu schaffen, mehr als anständig unterstützt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In der zweiten Phase des Hochschulpakts stehen wei-
tere 5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Geld, das der





Dr. Martin Neumann (Lausitz)



(A) (C)



(D)(B)

Bund an der Stelle zahlt, ist mit der Erwartung verbun-
den, dass die Länder die Mittel zur Gegenfinanzierung
gleichermaßen aufstocken. Der Qualitätspakt Lehre zur
Verbesserung der Studienbedingungen wurde bereits an-
gesprochen. Dafür stellt der Bund bis zum Jahr 2020
nochmals 2 Milliarden Euro zur Verfügung. So weit zu
den Tatsachen.

Die Oppositionsfraktionen fordern heute, dass der
Bund die Mittel für den Hochschulpakt angesichts der
doppelten Abiturjahrgänge und der Aussetzung der
Wehrpflicht aufstockt, obwohl – das will ich an der
Stelle hervorheben – die GWK, die Gemeinsame Wis-
senschaftskonferenz, erst im März 2011 aus genau die-
sen Gründen den Hochschulpakt angepasst hat und
1,5 bis 1,7 Milliarden Euro zusätzlich bereitstellen wird.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegen der Wehraussetzung! Das war auch dringend nötig!)


– Kollege Gehring, Sie haben gleich die Gelegenheit,
dazu etwas zu sagen.

Jetzt komme ich auf etwas zu sprechen, das ich in den
letzten Tagen in der Presse gelesen habe. Herr Gehring,
Sie sind in den Medien mit den Worten zitiert worden,
dass das, was die Koalition hier gegenwärtig unternehme
– es sind massive Anstrengungen –, „halbherzig“ sei; so
entnehme ich es den Medien. Zur Erinnerung: In diesem
Jahr stellen wir im Rahmen des Hochschulpaktes
600 Millionen Euro zur Verfügung. Ich finde Ihre Äuße-
rung angesichts der realen Hochschulpolitik in den Län-
dern – ich komme gleich genauer darauf zu sprechen –
nicht nur kaltherzig, sondern auch etwas kaltschnäuzig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wie sieht denn die Hoch-
schulpolitik von SPD, Linken und Grünen im wahren
Leben, also jenseits der Lippenbekenntnisse, die wir hier
immer wieder hören, tatsächlich aus? Es könnten viele
Beispiele genannt werden. Aufgrund der begrenzten Re-
dezeit will ich mich auf zwei Beispiele konzentrieren.
Ich nenne als Beispiel das Land Rheinland-Pfalz, das
von Rot-Grün regiert wird: Dort werden die Studienbei-
träge für Langzeitstudenten trotz des Studentenansturms
in diesem Jahr abgeschafft. Das führt zu Mindereinnah-
men von etwa 4 Millionen Euro, die vom Land nicht
kompensiert werden. Abgesehen davon nehmen die
Langzeitstudierenden den anderen Studierenden den
Studienplatz weg. Vielleicht ein brisantes Beispiel dazu:
An der Uni Mainz gibt es sieben Dauerstudenten, die
– man höre! – im 79. Semester sind und demnach jetzt
wieder kostenfrei studieren können.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die nehmen doch niemandem die Plätze weg! Die studieren doch gar nicht!)


Im Land Nordrhein-Westfalen, das unter Tolerierung
durch die Linke von Rot-Grün regiert wird, ist das Stu-
dium ab diesem Semester wieder gebührenfrei.


(Willi Brase [SPD]: Richtig!)

Jetzt fallen Tutoren aus; es werden weniger Bücher für
die Bibliotheken gekauft.


(Willi Brase [SPD]: Nee, nee, nee!)


An der Uni Bonn sind zum Beispiel 50 Stellen in Gefahr.
Ich könnte das weiterführen, belasse es aber an dieser
Stelle dabei.

Zur Krönung des Ganzen möchte ich mein Heimat-
land Brandenburg ansprechen; ich habe schon mehrfach
das eine oder andere zur dortigen Situation gesagt. Im
Haushaltsentwurf der rot-roten Landesregierung für das
kommende Jahr findet sich eine globale Minderausgabe
in Höhe von 12 Millionen Euro, die von den Hochschu-
len eingespart werden müssen. Zudem kommt es zu ei-
ner Entnahme aus den Rücklagen zur allgemeinen Haus-
haltskonsolidierung in Höhe von 10 Millionen Euro. Die
Linken formulieren in ihrem Antrag süffisant – ich zi-
tiere –:

Der Bund muss dementsprechend dafür sorgen,
dass ein ausreichendes Angebot an Studienplätzen
zur Verfügung steht.

Da kann man nur noch sprachlos den Kopf schütteln.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie be-
finden sich wahrscheinlich immer noch in einem
Schockzustand;


(Lachen des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


denn in den letzten Tagen ist eines Ihrer zahlreichen
ideologischen Totschlagargumente in Sachen Bildungs-
politik wissenschaftlich fundiert entkräftet worden. Ich
zitiere aus der taz, die nun wirklich nicht unser Partei-
organ ist.


(Heiterkeit des Abg. Patrick Döring [FDP])


In der Ausgabe vom 11. Oktober 2011 steht – ich zitiere
mit Erlaubnis des Präsidenten –:


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das braucht es nicht! – Heiterkeit)


Diese Nachricht ist ein Schock für alle Gegner von
Studiengebühren. Die Campus-Maut

– so wird sie oft bezeichnet –

schreckt offenbar nicht einmal die Kinder aus nicht-
akademischen Haushalten vom Studieren ab.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Nach Einschätzung einer aktuellen Studie des Wissen-
schaftszentrums Berlin, des WZB, mit dem Titel „War
all die Aufregung umsonst?“ gibt es keinen negativen
Effekt von Studienbeiträgen auf die Studierneigung. Im
Gegenteil: Sie haben positive Effekte.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich will das kurz begründen. Studierende schätzen
ihre Ertragsaussichten besser ein, wenn es Studienge-
bühren gibt, und in den Ländern, in denen Studienbei-
träge erhoben wurden, ist die Anzahl der Studenten so-





Dr. Martin Neumann (Lausitz)



(A) (C)



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gar noch stärker als in Ländern ohne Studienbeiträge
angestiegen.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: So ein Quatsch! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie ja selber nicht!)


Als hätte ich es nicht anders erwartet, wird Herr Gehring
in dem genannten Blatt zitiert. Am 12. Oktober hat er
gesagt: „Die WZB-Untersuchung ist methodisch zwei-
felhaft …“, ganz nach dem Motto: Was nicht sein darf,
das kann auch nicht sein.


(Kerstin Tack [SPD]: Die Plausibilität wollen wir belegt haben! – Patrick Döring [FDP]: Alles Ideologen außer mir!)


Ich komme zum Schluss. Die Anträge, die Sie gestellt
haben, sind wieder einmal viel Lärm um nichts.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie fordern den Bund zu Maßnahmen auf, für die er ei-
gentlich nicht zuständig ist. Trotzdem nimmt er – das be-
tone ich – bereits enorme Investitionen vor. Sie verges-
sen immer wieder Ihre eigene Verantwortung in den
Ländern. Daher appelliere ich an Sie zum Wohle der vie-
len Studierenden in Deutschland: Machen Sie endlich
Ihre Hausaufgaben, und beenden Sie diese Spielchen!

Schönen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713324000

Das Wort hat der Kollege Kai Gehring von Bünd-

nis 90/Die Grünen.


(Willi Brase [SPD]: Gib ihnen Saures!)



Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713324100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Während die Bundesregierung seit Monaten über Fach-
kräfte- und Akademikermangel lamentiert, schnuppert
seit wenigen Tagen eine halbe Million Studienanfänger
akademische Luft. Wir Grüne freuen uns über diese Re-
kordeinschreibung zum Wintersemester.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Wir wollen, dass aus Studienanfängern Absolventen
werden. Deshalb wünschen wir allen Erstsemestern, si-
cherlich auch im Namen des ganzen Hauses, ein erfolg-
reiches Studium.


(Beifall im ganzen Hause)


Seit mehreren Semestern hält das Studierendenhoch
dank gestiegener Studierneigung, geburtenstarker Jahr-
gänge und doppelter Abiturjahrgänge an. Wie erwartet
ist der Ansturm zu Beginn dieses Semesters durch den
überfälligen, aber überstürzten Ausstieg aus der Wehr-
pflicht ganz besonders groß.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sie sind für die Wehrpflicht? Das wird ja immer spannender!)

Leider hält seit mehreren Semestern das Hochschulzu-
lassungschaos an. Daher möchte ich an dieser Stelle
deutlich machen: Wir brauchen schnellstmöglich ein
funktionierendes, dialogorientiertes Serviceverfahren
und endlich bundeseinheitliche Zulassungsregeln, damit
der Einstieg gelingt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die zentrale politische Aufgabe ist, den Studienplatz-
mangel zu überwinden, anstatt den Hochschulzugang
durch immer höhere lokale NCs zu blockieren. Zentrale
Aufgabe von Bund, Ländern und Hochschulen ist es
auch, den Studierenden bestmögliche Studienbedingun-
gen zur Verfügung zu stellen. Wer einen Studienplatz er-
gattert, braucht auch einen Platz im Seminar,


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Da haben Sie wahrscheinlich gestern Abend Harald Schmidt gesehen?)


einen Sitzplatz im Hörsaal, einen Professor mit Zeit,
mehr Qualität in der Lehre und eine gute soziale Infra-
struktur, das heißt Beratungsangebote, bezahlbaren
Wohnraum, moderne Bibliotheken und Mensen. Darum
muss es jetzt gehen. All das gehört zu einem Studien-
platz dazu. Daran mangelt es vielerorts. Daran muss
bundesweit dringend gearbeitet werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ärgerlich ist, dass der aktuelle Ansturm seit längerer
Zeit bekannt ist und es zwei Bundesregierungen dennoch
nicht geschafft haben, nachhaltige Lösungen zu schmie-
den. Der Hochschulpakt ist wichtig,


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Aha!)


er war ein Kraftakt, aber er ist trotzdem weiterhin unter-
finanziert, gedeckelt, und er ist zu kurz gedacht. Anstatt
aus dem ominösen 12-Milliarden-Paket von Frau
Schavan zu klotzen, kleckern FDP und CDU/CSU nur
herum


(Dr. Martin Neumann [Lausitz] [FDP]: Nein! Nein! – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Na, na, na!)


und versprechen an einem Tag wie heute, an dem überall
über die Euro-Krise diskutiert wird, 6 bis 7 Milliarden
Euro an Steuersenkungen. Dabei wissen sie, dass das
Geld dann in den Länderhaushalten fehlt. Es fehlt auch
für den Ausbau unseres Hochschulsystems. Ein solches
Vorhaben ist völlig falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Leistungsgerechtigkeit ist ein hohes Gut in der sozialen Marktwirtschaft!)


Schon im ersten Semester droht Ihre Pakt-II-Phase
zur Makulatur zu werden, weil mindestens 50 000 Stu-
dienplätze fehlen


(Patrick Döring [FDP]: Machen Sie es doch in NRW erst einmal richtig!)






Kai Gehring


(A) (C)



(D)(B)

und Sie nicht die realen Masterübergangsquoten zu-
grunde legen. Deshalb muss der Hochschulpakt drin-
gend dynamisiert und an den tatsächlichen Studieren-
denzahlen gemessen werden, damit junge Talente auf
den Uni-Campus und nicht in die Warteschleife ge-
schickt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Damit könnt ihr ja in NRW anfangen!)


Für dieses Semester braucht man kreative Lösungen
und Notmaßnahmen vor Ort. NRW und Baden-
Württemberg sind hier Vorreiter.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: BadenWürttemberg war bis vor einem halben Jahr Vorreiter!)


Sie gehen weit über die Paktzusagen hinaus. Das ist ein-
fach so. Man muss Geld vorstrecken. Die finanziellen
Vorleistungen sind höher als das, was im Pakt verhandelt
wurde. Das ist ein gutes Zeichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Einen verfassungswidrigen Haushalt habt ihr in NRW!)


Da Herr Neumann die Studiengebührendebatte hier
aufgemacht hat, sage ich für meine Fraktion sehr deut-
lich: Hochschulfinanzierung ist eine öffentliche und
keine private Aufgabe. Studiengebühren sind und blei-
ben sozial ungerecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Sie haben den Nachweis schlichtweg nicht erbracht, dass
dadurch die Qualität gesteigert wird. Deshalb freue ich
mich darüber, dass wir statt in sieben nur noch in zwei
Ländern eine „Campusmaut“ haben, mit der Studierende
abkassiert werden, und dass CDU und FDP mit uns Grü-
nen im Saarland die Studiengebühren abgeschafft haben.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Die FDP in Hessen!)


Ich freue mich darüber, dass Grün-Rot in Baden-
Württemberg und Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen die
Einnahmen aus den Studiengebühren durch Qualitäts-
verbesserungsmittel vollständig kompensieren


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Und verfassungswidrige Haushalte haben!)


und dass beide Landesregierungen so viel wie nie zuvor
in Hochschulen investieren und damit die Attraktivität
für Studierende erhöhen. Das ist die grün-rote und rot-
grüne Bilanz in den Ländern.

Die Bundesregierung darf sich jetzt nicht länger
zurücklehnen. Sie muss den Hochschulpakt jetzt auswei-
ten, mit den Ländern nachverhandeln und endlich
bessere und klügere Finanzierungsmechanismen verab-
reden. Es ist notwendig, dass wir mehr Bachelor- und
auch Masterstudienplätze schaffen, damit niemand auf
ein Studium verzichten muss. Zudem brauchen wir
unbefristete Beschäftigungsmöglichkeiten und klare
Karriereperspektiven für Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftler auch jenseits der Professur. Darüber hinaus
brauchen wir zusätzlich zu bestehenden Professorenstel-
len ein Anreizprogramm für Juniorprofessuren, und wir
brauchen ein transparentes Studienvergabesystem. All
das sind Hausaufgaben, die Frau Schavan erledigen
muss, wo Bund und Länder gemeinsam zusammenarbei-
ten müssen. Nur so würde der Hochschulpakt tatsächlich
seinem Anspruch gerecht, dass jeder junge Studienbe-
rechtigte in Deutschland tatsächlich studieren kann.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713324200

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Reinhard Brandl

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ein sehr guter Mann!)



Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713324300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

2007 wurde zwischen dem Bund und den Ländern der
Hochschulpakt geschlossen. Wenn man sich die Ent-
wicklung bei den Studienanfängern seither anschaut,
wird deutlich, welch großer Wurf


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das von der SPD war!)


damals unter Führung von Bundesministerin Schavan
gelungen ist.


(Zuruf von der SPD: Das kann nicht sein!)


Man ging 2007 davon aus, dass bis 2010 91 000 neue
Studienplätze geschaffen werden müssen. Die Basis
damals waren die Zahlen von 2005. 2005 haben
356 000 junge Menschen ein Studium begonnen. Das
waren 37 Prozent des Altersjahrgangs. Im Jahr 2010 wa-
ren es über 440 000 Studienanfänger; das waren 46 Pro-
zent des Altersjahrgangs.


(René Röspel [SPD]: Weil Rüttgers 2005 die Studiengebühren eingeführt hat! Gucken Sie sich das einmal an! Sie haben die erst mal runtergedrückt! Unfassbar!)


Das war ein Rekordwert. Die ursprüngliche Zielmarke
aus dem Jahr 2007, nämlich 91 000, wurde mit
182 000 zusätzlichen Studienanfängern zwischen 2007
und 2010 bei Weitem übertroffen. Das zeigt, wie wichtig
dieser Hochschulpakt war und wie richtig es war, dass
wir ihn damals mit Ihnen und gemeinsam mit den Län-
dern eingeführt haben.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Deshalb freuen wir uns ja!)


Der Hochschulpakt wird fortgeführt. 2009 wurde die
Verlängerung des Hochschulpakts beschlossen. Bis 2015
werden wir weiterhin investieren. Wir werden ihn auch
darüber hinaus verlängern, falls es notwendig ist.





Dr. Reinhard Brandl


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Wir haben in diesem Jahr sehr flexibel reagiert, als
wir vor dem Hintergrund der Aussetzung der Wehr-
pflicht gemeinsam mit den Ländern die Anzahl der Stu-
dienplätze noch einmal erhöht haben.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sie haben gar nichts gemacht! Sie haben unseren Antrag abgelehnt!)


Allein in der zweiten Programmphase investiert der
Bund 4,7 Milliarden Euro in den Ausbau der Studien-
plätze.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das unterstreicht deutlich: Die Förderung von Bildung
und Forschung ist und bleibt ein Schwerpunkt der Arbeit
dieser Koalition.

Natürlich wollen wir auch die Lehre verbessern.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Tun Sie das doch!)


Dafür gibt es den Qualitätspakt Lehre; der Kollege
Schipanski hat ihn bereits angesprochen. In der ersten
Auswahlrunde wurden 111 Hochschulen aus allen Re-
gionen Deutschlands ausgewählt, die in den nächsten
fünf Jahren unterstützt werden, damit sie die Studienbe-
dingungen und die Lehrqualität verbessern können. Das
ist der richtige Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Versuch, die Verbesserung der Lehre über den
Anreiz einer Abschlussprämie zu erreichen, ist fragwür-
dig. Das wäre dann sinnvoll, wenn es einheitliche und
zentrale Prüfungen gäbe. Das möchte aber niemand.
Wenn Sie den Hochschulen Geld entsprechend der An-
zahl der bestandenen Prüfungen geben, die sie selbst
stellen und selbst bewerten, besteht die Gefahr, dass die
Prüfungen leichter werden und sich nichts verbessert.
Das wäre der falsche Ansatz. Wir wollen bei einer gro-
ßen Zahl von Studenten ein qualitativ hohes Niveau der
Abschlüsse beibehalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Blubber, blubber!)


Verehrte Kollegen von der SPD, wenn Sie ernsthaft
etwas für die Verbesserung der Studienbedingungen tun
möchten, dann reden Sie einmal mit Ihren Kollegen in
den Landesregierungen, zum Beispiel in NRW.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Es reicht! Echt!)


Dort wurde ein großes Wahlversprechen eingelöst und
die Studienbeiträge gestrichen.


(Beifall des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Nur hat die rot-grüne Landesregierung den zweiten Teil
ihres Wahlversprechens nicht eingelöst,


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

nämlich den Hochschulen den Ausfall vollständig zu
kompensieren.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist unerhört! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Das stimmt einfach nicht! Befassen Sie sich mal mit den Fakten!)


Im ganzen Land werden Assistentenstellen und Tutorien
gestrichen:


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ungeheuerlich!)


Aachen, Köln, Bonn, Wuppertal, Münster. Ich könnte
die Liste fortführen. Von überall erreichen uns die Kla-
gen. So haben sich die Studenten und die Hochschulen
das Wahlgeschenk nicht vorgestellt.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Pfui! – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Genau so ist es! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt dafür eine volle Kompensation!)


Das Ganze geschah zu einem Zeitpunkt, an dem ab-
sehbar war, dass aufgrund der doppelten Abiturjahr-
gänge und der Aussetzung der Wehrpflicht die Anzahl
der Studienanfänger auch in NRW massiv ansteigen
würde.


(René Röspel [SPD]: Die Aussetzung der Wehrpflicht war nicht einmal für die CSU absehbar!)


Dass Ministerin Schulze in ihrer Pressekonferenz
zum Semesterbeginn nicht gesagt hat, wie sie diese Fi-
nanzierungslücke schließen will, zeigt, dass dort, wo die
SPD Verantwortung trägt, den Studienbedingungen kein
hoher Stellenwert eingeräumt wird, obwohl Sie das hier
vollmundig verkünden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wer hat Ihnen denn diese Rede aufgeschrieben?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713324400

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

jetzt der Kollege Ernst Dieter Rossmann von der SPD-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1713324500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

wollen ausdrücklich einstimmen in die große Freude da-
rüber, dass wir so viele Studienanfänger haben.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Na also!)


Das sind so viele wie noch nie. Es ist schön, dass nie-
mand mehr von der Studentenschwemme spricht, son-
dern dass diese vielen neuen zusätzlichen Studenten
positiv aufgenommen werden. Ich will auch ausdrück-
lich sagen: Wir freuen uns, dass so viele Studienanfänger
in die neuen Bundesländer gehen.





Dr. Ernst Dieter Rossmann


(A) (C)



(D)(B)


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ich freue mich auch!)


Das ist etwas, was wir gemeinsam erarbeitet haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir freuen uns schließlich darüber, dass es sich bei die-
sen Hochschulpakten um eine gemeinsame Bund-Län-
der-Finanzierung handelt. Sie hat 2007 begonnen, als
wir gleichberechtigt Verantwortung getragen haben.

Herr Kretschmer, weil wir uns heute beide freuen,
will ich betonen: Sie sind ein besonderer Freund unserer
Sache, weil Sie in Sachsen erfolgreich verhindert haben,
dass Studiengebühren erhoben werden.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Ja! Das ist so!)


Im Übrigen ist Dresden eine wunderschöne Stadt in
Sachsen, in der vor drei Jahren der erste sogenannte Bil-
dungsgipfel stattgefunden hat.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Eine gute Veranstaltung!)


An dieser Stelle kann ich an die Ausführungen des
Kollegen Schulz anknüpfen, der darauf aufmerksam ge-
macht hat, dass Steuerentlastungen in Höhe von 6 Mil-
liarden Euro, die ja bei Ihnen diskutiert werden, bei den
Ländern zu Mindereinnahmen in Höhe von 2,5 Milliar-
den Euro führen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Kommt darauf an, welche Steuer man senkt, Herr Rossmann! Das ist nicht automatisch so!)


Auch bei den Kommunen und beim Bund führt das zu
Mindereinnahmen. Dabei wissen Sie genau, wie die Bil-
dungsausgaben in Deutschland finanziert werden: Den
kleinsten Beitrag leistet der Bund mit 16 Prozent, den
mittleren Beitrag leisten die Kommunen mit 20 Prozent
und den stärksten Beitrag die Länder mit 64 Prozent. An
dieser Stelle den Ländern und den Kommunen Geld zu
entziehen, das verträgt sich drei Jahre nach dem Bil-
dungsgipfel, der damals unter Fanfarenklängen von Ihrer
Seite in Dresden eingeleitet worden ist, nicht mit der
Priorität für Bildung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Sie sind eine bürgerunfreundliche Partei!)


Das ist ein Desaster.

Wir machen es der Kanzlerin nicht zum Vorwurf, dass
sie heute bei der KMK abgesagt hat; denn sie hat an an-
derer Stelle für Milliarden einzustehen; dafür muss sie
kämpfen. Aber einem Bildungsgipfel den Boden unter
den Füßen wegzuziehen, indem man den Ländern und
Kommunen am Anfang und am Ende der Legislaturpe-
riode Geld wegnimmt, steht im Widerspruch zur Bil-
dungsrepublik, von der Sie immer sprechen; das entlarvt
Sie.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Was könnte mit den besagten 2,5 Milliarden Euro nun
konkret umgesetzt werden?


(Patrick Döring [FDP]: Wir haben so viele Steuereinnahmen wie nie zuvor!)


Entsprechend unserer Initiative erfordern 50 000 zusätz-
liche Studienanfängerplätze in etwa 750 Millionen Euro.
Dies ist das Signal, das die Studierenden und auch die
Hochschulen aktuell brauchen: Bildungschancen finan-
zieren statt Steuern senken. Herr Schipanski, auch ich
habe Die Zeit gelesen; es ist eine gute Zeitung. Man
kann das nur unterstreichen. Viele Hochschullehrer und
Rektoren haben sich wirklich ins Zeug gelegt und auf
Basis der gemeinsamen Verpflichtungen aus dem Hoch-
schulpakt etwas Ordentliches auf die Beine gestellt.
Aber es findet sich in diesem von Ihnen zitierten Zeit-
Artikel genauso wissenschaftliche Expertise, zum Bei-
spiel von Professor Dohmen, der sagt: Die 335 000 bis-
her zusätzlich finanzierten Studienanfängerplätze rei-
chen nicht; sondern wir können es unter Umständen mit
einem maximalen Korridor von 1 Million erwarteter Be-
werber zu tun bekommen.

Wir Sozialdemokraten sagen, dass wir dagegen, so-
zialdemokratisch bescheiden, zumindest ein verlässliches
Signal von mindestens 50 000 Studienanfängerplätzen
setzen sollten. Damit stärken wir auch den entsprechen-
den Elan in den Hochschulen, bei den Hochschulverwal-
tungen und auch in den Ländern, der von Rheinland-
Pfalz über Baden-Württemberg, über Nordrhein-Westfa-
len bis hin nach Niedersachsen vorhanden ist.


(Patrick Döring [FDP]: Das ist ein gut regiertes Land!)


Ja, wir sind nicht einäugig, so wie Sie es immer gerne
darstellen. Auch Niedersachsen hat sich ordentlich ins
Zeug gelegt. Nur, auch dort werden zusätzliche Mittel
gebraucht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Und Herr Döring: Auch Sie könnten auch einmal auf alle
Länder schauen und die Wirklichkeit nicht immer nur
einseitig aus Ihrer 3-Prozent-Perspektive heraus betrach-
ten. Sie diskutieren immer nur einseitig über die 3 Pro-
zent.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Dass alle Länder so viele Steuereinnahmen haben wie nie zuvor, darauf schauen wir auch!)


Also, ich lobe Niedersachsen; es ist CDU/FDP-regiert.
Sie könnten im Gegenzug auch einmal Lob an andere
Länder aussprechen; ansonsten sind Sie ein kleiner
Frosch





Dr. Ernst Dieter Rossmann


(A) (C)



(D)(B)


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


– Entschuldigung, wenn ich das so sage –: aufgeblasen,
aber nicht viel Substanz darin.


(Patrick Döring [FDP]: Niedersachsen hat keinen verfassungswidrigen Haushalt!)


Deshalb noch einmal: Wir müssen darum werben, dass
wir mit 50 000 zusätzlichen Studienanfängerplätzen ein
Signal setzen; denn dies würde zeigen, dass wir die Stu-
dierenden und die Hochschulen in ihren Anstrengungen
ernst nehmen. Hier sind wir doch eigentlich gar nicht so
weit auseinander. Herr Schipanski, wenn Sie sagen, der
Deckel sei nicht fest, sondern soll gegebenenfalls geho-
ben werden, dann ist das eine Ansage.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: So wird es praktiziert!)


Nur, man kann es in Bezug auf die 50 000 noch dingfes-
ter machen. Und darum geht es.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713324600

Herr Kollege Rossmann, kommen Sie bitte zum

Schluss.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1713324700

Herr Brandl, eine letzte Bemerkung, weil ich gern

noch etwas sachlich zu bedenken geben möchte.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


So wie wir Studienanfängerplätze fördern, bei denen
man nicht weiß, ob sie für die Hochschulen eigentlich
immer ein Anreiz sind, über die Studienanfängerzeit hi-
naus diese Studierenden an der Hochschule zu halten,
könnte man eine neue Balance finden, indem man auch
Abschlüsse fördert. Diese Balance brauchen wir. Wir
brauchen das Signal auch für die Studierenden und ihre
Hoffnung auf Hochschule. Deshalb: Setzen Sie mit uns
dieses Signal, und seien Sie nicht einäugig!

Danke.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713324800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/7340 und 17/7341 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent-
wurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des
Umsatzsteuergesetzes

– Drucksache 17/7020 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 17/7378 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Tillmann
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Dr. Daniel Volk

Es ist vereinbart, dass die Reden zu Protokoll ge-
nommen werden.1)

Deswegen kommen wir sofort zur Abstimmung. Der
Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 17/7378, den Gesetzentwurf der Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/7020 an-
zunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zwei-
ter Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Gabriele Hiller-Ohm, Anette Kramme, Elke
Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Ausgrenzung stoppen – Alle Kinder, Jugendli-
chen und jungen Erwachsenen im Leistungs-
bezug des Asylbewerberleistungsgesetzes in
das Bildungs- und Teilhabepaket einbeziehen

– Drucksachen 17/6455, 17/7278 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Peter Tauber

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Paul Lehrieder von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1713324900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Wir haben heute wieder einmal einen
Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der SPD zu
behandeln und stellen fest: Der Antrag würde Sinn ma-
chen, wäre er denn vor knapp sieben Jahren eingebracht
worden. Sie monieren in Ihrem Antrag die Ausgrenzung
von bedürftigen Kindern im Sozialbereich. Das hat man
damals schlichtweg übersehen; das haben Sie in Ihrer

1) Anlage 21





Paul Lehrieder


(A) (C)



(D)(B)

rot-grünen Regierungszeit übersehen. Jetzt, da Sie in der
Opposition sind, veranstalten Sie ein Riesenlamento. Sie
fordern, dass wir an dieser Stelle im Asylbewerberleis-
tungsgesetz nachbessern. Das passt nicht zusammen. Sie
hätten das bei Einführung der SGB-II-Regelungen in Ih-
rer Regierungszeit mit abdecken können. Sie hätten den
bedürftigen Kindern bereits vor sechs, sieben Jahren Bil-
dungsmöglichkeiten gewähren können. Das haben Sie
nicht getan. Jetzt zu schimpfen und zu sagen: „Es geht
uns nicht schnell genug“, ist zu billig und auch zu dieser
weniger prominenten Uhrzeit nicht angebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen selbst,
was wir in den letzten Monaten gemacht haben. Die
christlich-liberale Koalition hat zunächst einmal die von
Ihnen zu verantwortende Ausgrenzung bedürftiger Kin-
der gestoppt, um das mit aller Deutlichkeit zu sagen. Es
ist schade, dass Sie sich in der Einbringung populisti-
scher Anträge üben, statt uns mit konstruktiver Opposi-
tionsarbeit zu begleiten.

Der Antrag der SPD ist ein gutes Beispiel für eine we-
nig zielführende Oppositionsarbeit. Er ist populistisch.
Er befasst sich mit einem Sachverhalt, dessen Problema-
tik längst erkannt wurde und für den bereits Lösungen
erarbeitet worden sind. Sie dürfen davon ausgehen, dass
dieser christlich-liberalen Koalition die Bildungsange-
bote für Kinder sehr wohl am Herzen liegen. Da brau-
chen wir Ihre Unterstützung nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ihr Antrag läuft darüber hinaus größtenteils in Leere,
da seine Inhalte in die Kompetenz der Länder fallen. Es
ist fast wie bei der vorherigen Debatte: Wir haben über
Hochschulpolitik diskutiert und dabei verkannt, dass bei
diesem Thema auch die Länder mitzureden haben. Hier
ist es genauso; ich komme im Detail noch darauf zu
sprechen. Außerdem kommt Ihr Antrag zum falschen
Zeitpunkt, nämlich knapp sieben Jahre zu spät.

Ich bin geduldig genug, Ihnen den Sachverhalt an die-
ser Stelle noch einmal zu erklären. Das Bildungs- und
Teilhabepaket, mit einem Umfang von immerhin
1,6 Milliarden Euro, gibt bedürftigen Kindern aus Ge-
ringverdienerfamilien mehr Zukunftschancen. Es er-
möglicht rund 2,5 Millionen jungen Menschen die Teil-
nahme an Schulausflügen, die Wahrnehmung sportlicher
Aktivitäten, die Teilhabe an Musik und Kultur und die
Teilnahme am Mittagessen in der Schule, im Kinderhort
oder in der Kita. Liebe Sozialdemokraten, Sie sehen,
dass wir zunächst einmal Ihr Versäumnis beheben muss-
ten. Das haben wir gern gemacht, im Interesse der Kin-
der.

Auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene „ha-
ben nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes … An-
spruch auf die Leistungen für Bildung und Teilhabe ana-
log dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch …“, um aus
der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine An-
frage der Linken, Drucksache 17/5633, zu zitieren. Auch
nach § 3 berechtigte Kinder und Jugendliche mit einer
kürzeren Aufenthaltsdauer als 48 Monate können Leis-
tungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalten,
allerdings nur als Ermessensleistung. Dieses Ermessen
liegt im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Behörde
vor Ort, also bei den Ländern und Kommunen. Da der
Bund hier zudem eindeutig nur für die Rahmengesetzge-
bung zuständig ist, läuft Ihr Antrag bereits aus diesem
Grund leider ins Leere.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber da könnten Sie doch wenigstens etwas machen!)


Nichtsdestotrotz wird ebendiese Ermessensleistung ge-
rade überprüft, lieber Herr Kurth. Dies belegt ein weite-
res Zitat aus der eingangs erwähnten Antwort der Bun-
desregierung:

Soweit es um Leistungsberechtigte nach § 3
AsylbLG geht, ist die Gewährung von Leistungen
für Bildung und Teilhabe Gegenstand der Prüfung
der Bemessung der Leistungssätze. Diese Prüfung
ist noch nicht abgeschlossen.

Auch dies hätten Sie bei aufmerksamem Lesen längst
selbst herausfinden können.

Die Bundesregierung plant – das möchte ich festhal-
ten – die Anpassung der Regelsätze im Asylbewerber-
leistungsgesetz und will bis Ende des Jahres Eckpunkte
für eine gesetzliche Regelung entwickeln und vorstellen.

Liebe Sozialdemokraten, wir haben uns des Themas
angenommen und müssen nun abwarten, was die Prü-
fungen ergeben. Dass wir gute Voraussetzungen für alle
Kinder in unserem Land schaffen wollen, steht völlig au-
ßer Frage. Hier sind wir gar nicht weit auseinander. Kin-
der sind der Keim unserer Gesellschaft. Die christlich-li-
berale Koalition eröffnet allen Kindern Chancen und
fördert deren Potenziale und Talente – völlig unabhängig
von ihrem sozialen Hintergrund.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Pascal Kober [FDP] – Anette Kramme [SPD]: Sparsamer Beifall nennt sich das!)


– Sie hätten ja mitklatschen können, Frau Kollegin
Kramme, dann wäre es lauter gewesen.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie können davon ausgehen: Die Bildungschancen
der Kinder aus allen Familien sind bei uns in guten Hän-
den. Wir freuen uns auf Ihre kritische Begleitung.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Pascal Kober [FDP])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713325000

Das Wort hat nun Gabriele Hiller-Ohm für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) (C)



(D)(B)


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1713325100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

heute gemeinsam die Chance, ein Stück mehr soziale
Gerechtigkeit für die ärmsten Kinder in unserem Land
herzustellen. Auch Sie, meine Damen und Herren von
den Regierungsfraktionen, haben diese Chance. Nach Ih-
rer Rede, Herr Kollege Lehrieder, fürchte ich allerdings,
dass es schlecht aussieht.

Es geht um rund 40 000 Flüchtlingskinder, deren
Existenz über das Asylbewerberleistungsgesetz abge-
deckt wird und die bis zu vier Jahre in unserem Land
sind. Es sind Kinder, die oft unter traumatisierenden
Umständen mit ihren Eltern nach Deutschland gekom-
men sind, um hier überleben zu können. Sie stammen
aus dem Irak, aus Afghanistan, dem Kosovo, aus Syrien,
Nigeria und anderen Ländern, die von Krieg und Unru-
hen gekennzeichnet sind. Sie wären sicherlich lieber bei
ihren Verwandten und Freunden geblieben. Die Not hat
sie zu uns in ein für sie fremdes Land getrieben.

Wie begegnen wir diesen Flüchtlingskindern? Zeigen
wir Mitleid mit ihrem Schicksal? Nein, das tun wir nicht.
Wir schicken diese Kinder in Sammelunterkünfte, ver-
weigern ihnen notwendige medizinische und psycholo-
gische Betreuung und speisen sie mit Leistungen ab, die
deutlich unter denen für bedürftige deutsche Kinder lie-
gen. Sie müssen mit bis zu 40 Prozent weniger Regelsatz
auskommen. Das ist beschämend und verstößt gegen die
Menschenwürde und unser Grundgesetz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Gipfel der sozialen Kälte ist jedoch, dass die
Bundesregierung diesen Kindern noch nicht einmal das
Bildungs- und Teilhabepaket gewährt, das die Bundes-
verfassungsrichter für bedürftige Kinder ausdrücklich
eingefordert haben.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Und das Sie vergessen haben!)


Das bedeutet für viele Flüchtlingskinder ganz konkret:
kein warmes Mittagessen in Kita und Schule, keine
finanzielle Unterstützung bei Teilhabe an Sport und Kul-
tur, keine Lernförderung, keine Kostenerstattung für
Schülerbeförderung, kein Geld für Klassenfahrten und
Ausflüge, keine 100 Euro jährlich für Schulbedarf.

Erst nach vier langen Jahren erhalten Flüchtlinge
Leistungen analog zur Sozialhilfe. Dann haben auch
diese Kinder einen Rechtsanspruch auf höhere Regel-
sätze und das Bildungs- und Teilhabepaket. Vier Jahre
sind eine lange Zeit, gerade für Kinder, die schlimme
Zeiten von Flucht und Vertreibung aus gewohnter Um-
gebung verarbeiten müssen. Förderung in Kita und
Schule und Teilhabe, zum Beispiel im Sportverein, sind
wichtige Hilfestellungen, die diese Kinder dringend
brauchen.

Staatsministerin Emilia Müller aus Bayern hat da je-
doch eine andere Einstellung. Sie lehnte im Bundesrat
das Bildungs- und Teilhabepaket für diese Flüchtlings-
kinder für Bayern und Hessen mit der Begründung ab –
ich zitiere –:

Einer … Einbeziehung in das Bildungs- und Teilha-
bepaket bedarf es aus Sicht von Bayern und Hessen
nicht. Dies gilt insbesondere für integrative Leis-
tungen wie Vereinsbeiträge, da hier der nur vo-
rübergehende Aufenthalt von Leistungsberechtig-
ten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu
berücksichtigen ist.

Vier Jahre sind weiß Gott kein vorübergehender Aufent-
halt.


(Anette Kramme [SPD]: So ist es!)


Vier Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Schwarz-Gelb
zeigt: Zwei Jahre sind eigentlich schon zu viel.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir debattieren heute nicht das erste Mal über unseren
Antrag für ein Bildungs- und Teilhabepaket auch für
Flüchtlingskinder. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
der Regierungsfraktionen, haben erklärt, dass Sie einen
Rechtsanspruch für nicht erforderlich halten. Es sei den
Ländern und Kommunen schließlich nicht verboten, die-
sen Kindern Leistungen nach dem Bildungs- und Teilha-
bepaket zu gewähren. Sie verweisen dabei auf § 6 Asyl-
bewerberleistungsgesetz, der sonstige Leistungen
zulasse.

Ich gebe Ihnen recht: Theoretisch wäre es durchaus
möglich, dass Flüchtlingskinder in ganz Deutschland
bessere Bildungs- und Teilhabechancen bekommen.
Doch hier geht es nicht um Theorie, sondern um knall-
harte Praxis. Diese kann von Bundesland zu Bundesland,
von Stadt zu Stadt, von Landkreis zu Landkreis eben
sehr unterschiedlich aussehen. Das bedeutet über
400 verschiedene zuständige Behörden. Weil das in
Deutschland so ist, hat das Bundesverfassungsgericht
uns Bundespolitiker aufgefordert, für gleichwertige Bil-
dungs- und Teilhabechancen in ganz Deutschland zu sor-
gen. Aus diesem Grund wurde schließlich das Bildungs-
und Teilhabepaket überhaupt auf den Weg gebracht.

Die Länder tragen die Verantwortung für die Bil-
dungspolitik. Darauf haben auch wir uns unter rot-grü-
ner und rot-schwarzer Regierung, Herr Kollege
Lehrieder, verlassen. Aber wir mussten eben lernen, dass
das anders ist. Das Bundesverfassungsgericht hat uns
dies ins Stammbuch geschrieben. Wir, der Bundestag,
müssen gleichwertige Bildungs- und Teilhabechancen
für alle Kinder in Deutschland sicherstellen. Natürlich
sind damit auch die Flüchtlingskinder, die bei uns leben,
gemeint. Alles andere wäre doch absurd.


(Beifall bei der SPD)


Ohne ein entsprechendes Rahmengesetz ist es den Län-
dern und Kommunen jedoch völlig freigestellt, ob sie
den Kindern Bildungschancen gewähren oder eben
nicht. Das dürfen wir nicht zulassen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])






Gabriele Hiller-Ohm


(A) (C)



(D)(B)

Es führt deshalb kein Weg daran vorbei, unserem An-
trag zur Einbeziehung von Flüchtlingskindern in das Bil-
dungs- und Teilhabepaket zuzustimmen und endlich ein
entsprechendes Rahmengesetz auf den Tisch zu legen.
Ohne einen solchen Rechtsanspruch für alle Kinder und
Jugendlichen ist es möglich, dass ein Flüchtlingskind,
das noch keine vier Jahre in Deutschland ist, anders be-
handelt wird als ein Flüchtlingskind, das länger als
48 Monate bei uns lebt. Beide Flüchtlingskinder besu-
chen die gleiche Schule, gehen in dieselbe Klasse. Das
eine Kind bekommt die Leistungen des Bildungs- und
Teilhabepakets, das andere nicht. Ungerechter geht es
wohl nicht!

Inzwischen haben auch die Bundesländer eingesehen,
dass dies ein unhaltbarer Zustand ist. 13 der 16 Bundes-
länder fordern genau wie die SPD-Bundestagsfraktion
eine einheitliche Rahmengesetzgebung auch für Kinder
im Regelkreis des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das,
meine Damen und Herren von CDU/CSU und FDP,
sollte Sie aufhorchen lassen. Ihre eigenen Parteifreunde
fordern Sie zum Handeln auf. Wenn Sie schon nicht auf
uns hören wollen, so hören Sie auf Ihre Kolleginnen und
Kollegen aus den Landtagen. Reden Sie sich nicht länger
mit fehlender Zuständigkeit und damit heraus, dass die
Bundesregierung bereits prüfe. Wie lange soll die Un-
gleichbehandlung der Kinder denn noch dauern? Wie
lange wollen Sie dieses beschämende Unrecht in unse-
rem Land zulassen?

Der Rechtsanspruch auf das Bildungs- und Teilhabe-
paket für alle Kinder ist der erste Schritt hin zu mehr so-
zialer Gerechtigkeit. Mit diesem Schritt sind wir jedoch
noch lange nicht am Ende des Weges angekommen. Das
gesamte Asylbewerberleistungsgesetz muss reformiert
werden.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abgeschafft!)


Die Grundsicherung entspricht nicht dem Urteil der
Bundesverfassungsrichter. Sie ist verfassungswidrig.


(Beifall bei der SPD – Paul Lehrieder [CDU/ CSU]: Das, was ihr gemacht habt, war verfassungswidrig!)


Hier muss dringend etwas geschehen. Wir werden dazu
einen Antrag vorlegen. Tun Sie heute etwas für die Kin-
der, und unterstützen Sie uns anschließend bei der längst
überfälligen Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713325200

Das Wort hat nun Pascal Kober für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1713325300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Hiller-Ohm, manches, was Sie außerhalb des
Bildungs- und Teilhabepaketes am Asylbewerberleis-
tungsgesetz kritisiert haben, besteht nun schon seit 1993.

(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Da gab es noch nicht das Bildungsund Teilhabepaket!)


In der Zwischenzeit – ich habe Ihrer Rede gelauscht –
gab es auch sieben Jahre mit rot-grüner Bundesregie-
rung. Wenn das alles so skandalös ist, dann ist doch die
Frage zu stellen, warum Sie das in diesen sieben Jahren
nicht geändert haben.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Haben Sie nicht zugehört? Da hatten wir das Bildungsund Teilhabepaket doch noch gar nicht!)


– Ich habe gesagt: alles, was außerhalb des Bildungs-
und Teilhabepaketes zum Asylbewerberleistungsgesetz
von Ihnen gesagt worden ist. Dazu haben Sie auch noch
Worte gefunden.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was will denn die FDP? – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie denn zu den Flüchtlingskindern?)


Ich möchte darauf hinweisen, dass das Asylbewerber-
leistungsgesetz Ergebnis eines großen Konsenses in der
Politik ist, den damals Oskar Lafontaine – damals noch
für die SPD – mit verhandelt hat. Insofern sollten Sie,
liebe Frau Hiller-Ohm, wenn Sie insgesamt so viel kriti-
sieren, auch kritisch zu sich selber sein und fragen: Was
haben Sie in Ihrer Regierungszeit gemacht?


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Darum geht es heute gar nicht! Es geht darum, dass wir das ändern wollen!)


Jetzt, liebe Frau Hiller-Ohm, geht es in der Tat um Ih-
ren Antrag. In Ihrem Antrag fordern Sie die Bundesre-
gierung auf, Kindern und Jugendlichen und jungen Er-
wachsenen, die sich im Leistungsbezug nach § 3 des
Asylbewerberleistungsgesetzes befinden, umgehend ei-
nen Rechtsanspruch auf die Leistungen des Bildungs-
und Teilhabepaketes zu gewähren. Wenn ich Sie jetzt
richtig verstanden habe, fordern Sie, dass der Bund den
Rechtsanspruch eröffnet und die Länder zur Finanzie-
rung des Bildungs- und Teilhabepaketes für Kinder und
Jugendliche und junge Erwachsene verpflichtet, nach
dem Motto: Der Bund bestellt, die Länder bezahlen.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Die Länder wollen das doch selber! Sie haben doch im Bundesrat einen Antrag gestellt!)


– Lassen Sie mich doch einmal ausreden, Frau Hiller-
Ohm. – Es ist in der Tat nicht unsachgerecht, was Sie
fordern; denn es entspricht insgesamt der Systematik des
Asylbewerberleistungsgesetzes, bei dem der Bund den
gesetzlichen Rahmen beschreibt, den die Länder dann
erfüllen und ausfüllen.

Ich möchte aber doch etwas zu bedenken geben:
Wenn wir uns klarmachen – darauf haben auch Sie ver-
wiesen –, dass wir insgesamt vor der Aufgabe stehen,
das Asylbewerberleistungsgesetz zu reformieren, und
wenn wir uns klarmachen, dass es sich dabei um ein zu-
stimmungspflichtiges Gesetz handelt, dann ist es meines
Erachtens nur sachgemäß, wenn wir die Länder frühzei-
tig in die Beratungen einbeziehen. Deshalb ist es völlig





Pascal Kober


(A) (C)



(D)(B)

richtig, dass das Bundesministerium für Arbeit und So-
ziales die Länder eingeladen hat, sich frühzeitig an dem
Prozess der Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes
zu beteiligen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist zwei Jahre alt!)


Wir sind also gemeinsam in einem Prozess, das Asyl-
bewerberleistungsgesetz zu überarbeiten. In diesem Pro-
zess sollten wir auch die Frage beantworten, ob und in-
wieweit Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene
berechtigt sein sollen, Leistungen aus dem Bildungs-
und Teilhabepaket zu bekommen. Wenn wir uns aber da-
ran erinnern, wie schwierig und langwierig sich die Ver-
handlungen um die Neufestsetzung der Hartz-IV-Regel-
sätze im Vermittlungsausschuss dargestellt haben, wie
schwierig es war, am Ende zu einem guten Kompromiss
zu kommen, finde ich es – wie gesagt – sinnvoll, wenn
wir uns die Zeit nehmen, frühzeitig gemeinsam mit den
Ländern eine Lösung zu erarbeiten.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Die Länder stimmen doch zu!)


Wir sollten auch beachten, dass in wenigen Wochen ein
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der
Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungs-
gesetz ansteht.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit erwartbarem Ergebnis!)


Meines Erachtens wäre es sinnvoll, auch diese richterli-
che Rechtsprechung in die Beratungen einzubeziehen.

Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD,
befinden wir uns in einem laufenden Prozess um das
Asylbewerberleistungsgesetz, in dem wir die Fragen ins-
gesamt beantworten sollten. Sie selber haben zu Recht
darauf hingewiesen, dass die Länder, wenn sie möchten,
nach § 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes den Kin-
dern schon jetzt diese Leistungen gewähren können.
Einzelne Länder tun dies; auch das haben Sie zu Recht
bemerkt. Andere Länder tun es nicht, auch SPD-regierte
Länder. Da gibt es Gesprächsbedarf. Miteinander wer-
den wir, glaube ich, zu einer gemeinsamen Lösung kom-
men. Ich denke, diese Zeit sollten wir uns nehmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713325400

Die Kollegin Diana Golze hat ihre Rede zu Proto-

koll1) gegeben.

Damit erteile ich Markus Kurth für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713325500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kober, wenn ich Sie über die anstehenden und un-

1) Anlage 20
zweifelhaft notwendigen Änderungen beim Asylbewer-
berleistungsgesetz und speziell bei der Höhe der Regel-
sätze reden höre, bin ich schon sehr verwundert. Am
9. Februar 2010 ist das Verfassungsgerichtsurteil zu den
Arbeitslosengeld-II-Regelsätzen verkündet worden. Da-
mit war klar, dass die wesentlich niedrigeren und seit
den 90er-Jahren nicht mehr erhöhten Sätze im Asylbe-
werberleistungsgesetz ebenfalls angepasst werden müs-
sen. Sie verschleppen den Prozess mutwillig. Das ist die
Wahrheit. Dass Sie die Abstimmung mit den Ländern
suchen, trifft nicht zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Kollegin Hiller-Ohm hat darauf hingewiesen, dass
die Länder weitaus mehrheitlich – es sind 13 Bundeslän-
der – zumindest diese kleinen Änderungen beim Bil-
dungs- und Teilhabepaket wollen. Die Bundesregierung
hätte längst die Gelegenheit gehabt, zum Ende dieses Jah-
res nicht nur Eckpunkte, sondern einen Gesetzentwurf
mit der Neufestsetzung der Regelsätze vorzulegen.

Statt uns wieder in Retroschallplatten zu ergehen, wer
wann was hätte machen können, sollten wir uns noch
einmal sachlich vergegenwärtigen, worum es eigentlich
geht. Ich zitiere in diesem Zusammenhang die Sachver-
ständige Professor Dr. Frings, die in einer Anhörung
zum Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Ausschuss
für Arbeit und Soziales ganz klar festgestellt hat, dass
alle Flüchtlingskinder, die regulär im Kindergarten oder
in der Schule eingebunden sind, bei einer Sonderbehand-
lung gegenüber anderen Kindern, was Bildungszugänge
und Schulbücher anbelangt, stigmatisiert und ausge-
grenzt sind. Sie hat weiter ausgeführt, es sei ein Wer-
tungswiderspruch, wenn es einerseits eine Schulpflicht
für diese Kinder und einen Rechtsanspruch auf einen
Kindergartenplatz gebe, ihnen aber andererseits Leistun-
gen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket vorenthalten
würden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])


Es ist auch vernünftig, ihnen die vollen Zugänge zu
Bildung zu ermöglichen, und zwar nicht erst dann, wenn
diese Kinder vier Jahre in Deutschland sind. Eine solche
Stigmatisierung und Ausgrenzung sind zudem teuer,
wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte dieser Kin-
der dauerhaft in unserem Land bleiben. Ich zitiere noch
einmal Frau Professor Frings:

Wenn wir sie in dieser Phase der ersten Jahre in die-
ser Weise ausgrenzen, dann zerstören wir die Mög-
lichkeit, dass sie zu unserem Humankapital bei-
tragen, und es ist auch volkswirtschaftlich sehr
bedauerlich, dass wir Hinderungsgründe setzen, die
erschweren, dass hier qualifizierte junge Menschen
heranwachsen können.

Darum geht es im Kern. Unter anderem aus diesem
Grunde wäre es geboten, diesen Kindern wenigstens die
Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zugu-
tekommen zu lassen. Das wäre sogar aufgeklärter Eigen-
nutz, wenn Sie schon das christliche Motiv der Nächs-
tenliebe nicht interessiert.





Markus Kurth


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich stelle aber abschließend fest, dass dies ein sehr
kleiner Schritt ist. Meine Fraktion ist der Ansicht, dass
es mit einer Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes
nicht getan ist. Dieses Gesetz hat seine Untauglichkeit
bewiesen. Wir meinen, dass mit dem Urteil des Bundes-
verfassungsgerichts die Menschenwürde auf alle in
Deutschland lebenden Menschen – dazu gehören auch
Flüchtlinge – ausgedehnt wird. Das Asylbewerberleis-
tungsgesetz gehört aus diesem Grunde nicht reformiert,
sondern schlicht und ergreifend abgeschafft.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713325600

Zum Schluss der Debatte zu diesem Tagesordnungs-

punkt erhält Kollege Peter Tauber für die CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1713325700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD kriti-
siert in ihrem Antrag, dass nicht alle Kinder und Jugend-
lichen und jungen Erwachsenen im Leistungsbezug nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz einen Rechtsanspruch
auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ha-
ben. Darüber kann man trefflich streiten. An dem Antrag
ist aber zu kritisieren, dass darin der Eindruck erweckt
wird, asylsuchende Kinder und Jugendliche würden in
Deutschland systematisch ausgegrenzt und benachtei-
ligt.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Natürlich! Das werden sie!)


Das ist definitiv nicht der Fall, wie auch die Praxis vor
Ort in den Kommunen zeigt.

Der vorliegende Antrag ist identisch mit einer Bun-
desratsinitiative vom September dieses Jahres. Wider
besseres Wissen behaupten Sie einiges, von dem ich
glaube, dass es klargestellt werden sollte.

Erstens. Kinder und Jugendliche und junge Erwach-
sene können sehr wohl Leistungen aus dem Bildungs-
und Teilhabepaket in Anspruch nehmen. Das ist unstrit-
tig. Vor Ort in den Kommunen werden die Leistungen
aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sehr wohl auch
Kindern aus Asylbewerberfamilien gewährt.

Zweitens. Alle Beteiligten wissen auch, dass die Leis-
tungssätze im Asylbewerberleistungsgesetz Gegenstand
der laufenden Beratungen zwischen Bundesarbeitsminis-
terium, Innenministerium und den Ländern sind. Ich bin
ganz sicher, dass der Staatssekretär, der auch heute der
Debatte folgt, aber auch die Kollegen hier diese Beratun-
gen begleiten, und zwar im positiven Sinne und im Sinne
der betroffenen Kinder und Jugendlichen.
Drittens. Die Möglichkeit, den Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen im Leistungsbezug nach § 3
Asylbewerberleistungsgesetz die Leistungen nach dem
Bildungs- und Teilhabepaket zu gewähren, ist laut dem
Flüchtlingsrat in Berlin – das ist keine Gliederung der
CDU – bereits in 13 Bundesländern geregelt. Es gibt
zwar in einigen Bundesländern somit Nachholbedarf,
aber es gibt bereits eine Regelung in diesem Bereich.
Frau Kollegin Hiller-Ohm, Sie haben das Land Hessen
erwähnt. Sie hatten vielleicht nicht den aktuellen Sach-
stand. Ich kann aus einer Auskunft des hessischen So-
zialministeriums vom 22. August dieses Jahres zitieren.
Das Sozialministerium schreibt dem Hessischen Städte-
tag: Aus hiesiger Sicht steht daher nichts im Wege, bei
entsprechenden Anträgen jugendlichen Grundleistungs-
empfängern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu-
nächst auf Grundlage des § 6 Asylbewerberleistungsge-
setz als sonstige Leistung zu gewähren. – Also, auch in
Hessen ist das gängige Praxis.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Die Staatsministerin in Bayern hat da eine andere Meinung!)


Vielleicht lesen Sie das einmal nach und bringen Ihre
Unterlagen auf den aktuellsten Stand.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Pascal Kober [FDP])


Richtig ist auch, dass durch die Zuständigkeit für die
Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes es den
Kommunen freisteht, den Kindern und Jugendlichen
Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu-
kommen zu lassen. Sie dürfen dies eben nicht mit Bun-
desmitteln bezahlen, so wie generell die Kosten von den
Kommunen in diesem Bereich getragen werden müssen.
Wir haben bereits in der Ausschussdebatte darauf hinge-
wiesen, was wir seit Beginn dieses Jahres alles auf den
Weg gebracht haben, um die Kommunen zu entlasten.
Ich glaube, dass eine grundsätzliche Regelung getroffen
werden muss, aber es muss nicht zwingend um eine Kos-
tenübernahme des Bundes gehen. Darüber wird noch zu
sprechen sein.

Ich möchte es wiederholen: Grundsätzlich können die
Kinder und Jugendlichen die Leistungen des Bildungs-
und Teilhabepakets in Anspruch nehmen. Die Frage, wa-
rum Sie, die Sie sich für die Abschaffung dieses Geset-
zes in toto so stark machen, das Gesetz nicht schon frü-
her abgeschafft haben, müssen Sie sich stellen lassen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir versucht!)


– Sie haben es versucht, aber Sie haben es nicht ge-
schafft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir geben jetzt Kindern und Jugendlichen die Möglich-
keit, am Bildungspaket teilzuhaben.

Die Bundesregierung hat auf eine Kleine Anfrage der
Fraktion Die Linke geantwortet:

Soweit es um Leistungsberechtigte nach § 3
AsylbLG geht, ist die Gewährung von Leistungen





Dr. Peter Tauber


(A) (C)



(D)(B)

für Bildung und Teilhabe Gegenstand der Prüfung
der Bemessung der Leistungssätze. Diese Prüfung
ist noch nicht abgeschlossen.

Das wurde in der Debatte schon mehrfach erwähnt.

Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole – der
Erfolg der Pädagogik liegt manchmal in der Wiederho-
lung –: Es ist jetzt schon möglich und in 13 Ländern,
nicht nur in SPD-regierten Bundesländern, gelebte Pra-
xis, dass Kinder, die nach § 3 Asylbewerberleistungsge-
setz leistungsberechtigt sind, diese Leistungen in An-
spruch nehmen können und gewährt bekommen.

Wir haben uns des Themas angenommen. Sie wissen,
dass die Bundesländer, das Innenministerium und das
Arbeits- und Sozialministerium den Sachverhalt zum
Wohle der Kinder und Jugendlichen prüfen. Wir sollten
den Ergebnissen nicht vorgreifen. Ich bin mir sicher,
dass die Länder und Kommunen schon jetzt ihrer Verant-
wortung in diesem Bereich im Sinne der Kinder und Ju-
gendlichen gerecht werden. Darauf kommt es an.

Langer Rede kurzer Sinn: Wir haben das Thema auf
der Tagesordnung. Die Gespräche laufen. Ihr Antrag ist
entbehrlich und daher von uns abzulehnen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713325800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der
Fraktion der SPD mit dem Titel „Ausgrenzung stoppen –
Alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im
Leistungsbezug des Asylbewerberleistungsgesetzes in
das Bildungs- und Teilhabepaket einbeziehen“. Der Aus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/7278, den Antrag der Fraktion der SPD
auf Drucksache 17/6455 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der drei Oppositionsfraktionen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai
2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels

– Drucksachen 17/7316, 17/7368 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. –
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich
um die Reden folgender Kolleginnen und Kollegen:
Elisabeth Winkelmeier-Becker, Norbert Geis, Dr. Eva
Högl, Sibylle Laurischk, Andrej Hunko und Memet
Kilic.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf den Drucksachen 17/7316 und 17/7368 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das
ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlos-
sen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jutta
Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Missbrauch von Werkverträgen verhindern –
Lohndumping eindämmen

– Drucksache 17/7220 (neu)
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Einige Kollegen geben ihre Reden zu Protokoll. Es
handelt sich um die Kollegen Gitta Connemann, Ulrich
Lange und Pascal Kober.2)

Damit erteile ich zunächst Jutta Krellmann für die
Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713325900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Vor circa einem Dreivierteljahr kam ein Kol-
lege zu mir mit der Bitte, seinen Arbeitsvertrag zu über-
prüfen. Der Kollege war Leiharbeitnehmer bei der Firma
Adecco in meiner Region, und sein Vorgesetzter hatte
ihm einen neuen Arbeitsvertrag gegeben, jetzt von der
Firma Adecco Outsourcing GmbH. Der Vorgesetzte
hatte das mit der Aussage gemacht, es sei alles gleich ge-
blieben – Lohnhöhe, Urlaub –, nur der Firmenname habe
sich geändert.

Dem Kollegen war klar, dass er, bevor er unter-
schreibt, sein Recht in Anspruch nimmt, den Arbeitsver-
trag von seiner Gewerkschaft überprüfen zu lassen, und
das hat er klugerweise gemacht. Der neue Arbeitsvertrag
war jedoch ein tiefer Einschnitt in seine bisherigen
Lohnleistungen und Rechte. Mit der Unterschrift wäre
mein Kollege kein Leiharbeitnehmer mehr gewesen,
sondern Werkvertragsarbeitnehmer. Die – wenn auch
schlechten – Tarifverträge gelten für Leiharbeitnehmer,
nicht für Werkvertragsarbeitnehmer. Die Möglichkeit,
den Betriebsrat im Entleihbetrieb in Anspruch zu neh-
men, gilt nicht für Werkvertragsarbeitnehmer. Das
Recht, den Betriebsrat im Entleihbetrieb mit zu wählen,

1) Anlage 23
2) Anlage 22





Jutta Krellmann


(A) (C)



(D)(B)

gilt nicht für Werkvertragsbeschäftigte. Wenn vor einem
Dreivierteljahr „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ im
Gesetz vereinbart worden wäre, hätte es nicht für Werk-
vertragsbeschäftigte gegolten. Sie sind ja keine Leihar-
beitnehmer.

Die ganze Zeit wird darüber gesprochen, dass die
Zahl der Leiharbeitnehmer über 1 Million ansteigen soll.
Vielleicht haben sich alle schon einmal gefragt: Wieso
ist sie noch nicht über 1 Million gestiegen? Ich habe eine
aktuelle Zahl gelesen. Im August 2011 waren es
909 000 Leiharbeitnehmer, nicht mehr. Ich behaupte,
ganz viele von denen sind nun in anderen Arbeitsverhält-
nissen, in Outsourcing GmbHs, die mittlerweile jede
Verleiharbeitsfirma hat. Sie sehen, was da passiert ist,
wenn Sie einmal ins Internet schauen.

Woher kommen Werkverträge? Historisch gesehen
sind sie kein Problem. Jeder Handwerker arbeitet, indem
er völlig selbstständig eine genau definierte Arbeit ver-
richtet, ohne dass der Arbeitgeber ihm bei der Erfüllung
seiner Aufgabe hineinredet. Beispiele sind die Reparatur
eines Autos durch einen Kfz-Mechaniker oder der Ein-
bau einer Steckdose durch einen Elektriker. Bis hier gibt
es keine Probleme, und daran gibt es auch nichts zu kriti-
sieren. Ein Problem ist es dann, wenn Werkverträge als
verdeckte Leiharbeit, sprich Scheinwerkverträge, oder
Outsourcing ganzer Abteilungen mit dem Ziel der Kos-
teneinsparung genutzt werden. Ergebnis ist eine Auf-
spaltung und Entsolidarisierung ganzer Belegschaften
und Betriebe.

Ähnlich wie bei der Leiharbeit verdienen Werkver-
tragsbeschäftigte 30 bis 50 Prozent weniger als die
Stammbelegschaft,


(Pascal Kober [FDP]: Sie zeichnen ein Zerrbild der Wirklichkeit, Frau Kollegin!)


und das noch ohne kollektiven Schutz und ohne kollek-
tive Rechte. Für die Linke ist klar: Wer unsichere Be-
schäftigung bekämpfen will, muss auch eine Antwort
auf den zunehmenden Missbrauch von Werkvertragsbe-
schäftigung haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben in unserem Antrag klar dargelegt, welche
Maßnahmen der Gesetzgeber hierfür ergreifen muss.
Dazu gehört zwingend, ein Gesetz vorzulegen, welches
das Vorliegen eines Scheinwerkvertrages definiert. Stim-
men der Arbeitsvertrag und das dann realisierte Arbeits-
verhältnis nicht überein, müssen den Beschäftigten ge-
setzlich die Anrechte auf die im Betrieb üblichen
Entgelte zugesprochen werden. Gleiches Geld für glei-
che Arbeit auch für diese Werkvertragsbeschäftigten!
Außerdem will die Linke den Betriebsräten ein erzwing-
bares Mitbestimmungsrecht bei der Vergabe von Aufga-
ben an Fremdfirmen geben. Dafür muss das Betriebsver-
fassungsgesetz geändert werden. Diese Regierung hat
bis jetzt immer versagt, wenn es darum ging, die Be-
schäftigten vor Lohndumping zu schützen. Das Gesetz
von Frau von der Leyen in Sachen Leiharbeit war eine
Nullnummer und hat nichts gebracht – außer der Fest-
schreibung der Lohnungleichheit in Ost und West.
Es wird Zeit, dass in diesem Haus endlich etwas un-
ternommen wird, um dem unsäglichen Lohndumping
mancher Unternehmen etwas entgegenzusetzen. In die-
sem Sinne hoffe ich auf eine konstruktive Debatte.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713326000

Das Wort hat nun Josip Juratovic für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Josip Juratovic (SPD):
Rede ID: ID1713326100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir sprechen hier häufig darüber, wie Arbeit
in unserem Land entlohnt wird. Wir verfallen dabei
meistens in die gleichen Denkmuster: Die linke Seite des
Hauses klagt Lohndumping an. Die rechte Seite des
Hauses betont, dass es bei den Arbeitgebern vielleicht
einzelne schwarze Schafe gebe, die ihre Mitarbeiter
schlecht bezahlten, dass es aber Sache der Tarifpartner
sei, für faire Löhne zu sorgen.

Sosehr wir auch über dieses Thema streiten müssen,
sollten wir dabei die Frage nicht vergessen: Wie viel ist
uns Arbeit eigentlich wert? Bei den Unternehmen und in
der ganzen Gesellschaft ist der Werbeslogan „Geiz ist
geil“ zu einem Lebensmotto geworden. Überall wird da-
ran gewerkelt, wie man für möglichst wenig Geld mög-
lichst viel Leistung erhält. In den Einkaufs- und Perso-
nalabteilungen wird nicht mehr die Frage gestellt, wie
viel uns die Arbeit wert ist, sondern es wird gefragt: Wer
erledigt die Arbeit am billigsten für uns?

Das mag bis zu einem gewissen Grad eine betriebs-
wirtschaftliche Logik haben. Aber das, was derzeit in
unserer Republik passiert, hat keine betriebswirtschaftli-
che Logik mehr, sondern ist eine Zerstörung unserer
volkswirtschaftlichen Grundlage.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Unternehmen geben den Wettbewerbsdruck immer
stärker an die Beschäftigten weiter. Daher ertönt vieler-
orts der Ruf nach Leiharbeit und Werkverträgen. Damit
werden keine eigenen Mitarbeiter mehr im Unternehmen
beschäftigt, sondern das Risiko wird auf den Subunter-
nehmer verlagert, der mit seinen Mitarbeitern bei
schlechter Auftragslage von jetzt auf gleich abgeschoben
werden kann. Der Druck, der auf dem Subunternehmer
lastet, wird potenziert auf die Arbeitnehmer übertragen.

So entstehen massenhaft sogenannte Randbelegschaf-
ten. Die Stammbelegschaften in den Unternehmen wer-
den immer kleiner. Leiharbeit, Fremdfirmen und
Outsourcing bestimmen das Personal der Unternehmen.
Das führt zu einer Entsolidarisierung im Betrieb. Ich
wage es gar, von einem Vierkastensystem zu sprechen.
Die erste Kaste sind die oft reichlich bezahlten Füh-
rungskräfte. An zweiter Stelle steht die Stammbeleg-
schaft, unbefristet und einigermaßen anständig entlohnt.
Die dritte Kaste sind die befristet Beschäftigten, die mit





Josip Juratovic


(A) (C)



(D)(B)

großer Unsicherheit leben müssen. Ganz unten, in der
vierten Kaste, finden wir Leiharbeiter und Werkverträge,
um die sich das Stammunternehmen einen feuchten Keh-
richt schert.

Die Betriebsräte erhalten dabei immer weniger Ein-
fluss. In den Unternehmen wird diese Personalpolitik zu-
nehmend in der Einkaufsabteilung betrieben. Denn die
Arbeitnehmer werden, wie sonst Büromaterial oder Ma-
schinen, eingekauft und nicht mehr angestellt. Das zeigt,
dass die Arbeitskraft nur noch als betriebswirtschaftli-
cher Faktor gesehen wird. Die Arbeit ist zur Ware ge-
worden. Es geht nicht mehr darum, einen Menschen mit
seinen Fähigkeiten und seinem Know-how anzustellen.
Hier ist die Frage, was die Arbeit wert ist, vollkommen
ins Hintertreffen geraten.

Die Folgen dieser Personalpolitik sind verheerend.
Die Arbeitnehmer müssen mit immer weniger Lohn aus-
kommen und zu immer schlechteren Bedingungen arbei-
ten. Die Betriebsräte müssen damit kämpfen, dass die
Tarifverträge durch externe Arbeit, durch Leiharbeit und
Werkverträge immer weiter unterwandert werden.


(Iris Gleicke [SPD]: Das ist wohl wahr!)


Zudem wird Mitbestimmung immer schwieriger. Bei
Werkverträgen beispielsweise können die Betriebsräte
gar nicht mitreden.

Aber auch für die Unternehmen – das möchte ich be-
sonders betonen – entstehen zahlreiche langfristige
Nachteile. Die Arbeitnehmer identifizieren sich nicht
mehr mit ihrem Unternehmen. Wenn die Arbeitnehmer
wissen, dass sie in ihrem Unternehmen keine Beschäfti-
gungsperspektive haben, werden die Arbeitsergebnisse
schlechter, und dann sinkt die Produktivität. Auch die
Innovationsfähigkeit sinkt; denn Ideen der Arbeitnehmer
zur Verbesserung werden nicht mehr aufgenommen.

Zudem besteht auch ein Problem der Steuerung. Wie
kann ein Unternehmen eine Belegschaft einlernen, die
dauernd wechselt? Wie können hier Prozesse angestoßen
werden? Eingespielte Arbeitsabläufe werden durch häu-
figen Personalwechsel gestört. Auch das Image des Un-
ternehmens leidet, zum Beispiel bei der Fachkräftesiche-
rung. Wer will denn schon bei einem Unternehmen
anfangen, das für schlechte Arbeitsbedingungen bekannt
ist?

Leiharbeit und Werkverträge sind zudem nur für die
Einkaufsabteilung so billig. Versteckte Kosten wie Ein-
arbeitungszeit oder Qualitätsmängel in der Produktion
werden hier nicht mitberechnet. Das zeigt: Die Personal-
politik, die in den Einkaufsabteilungen der Unternehmen
gemacht wird, ist nicht zukunftsfähig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der kurzfristige Profit nach betriebswirtschaftlicher
Logik zerstört den langfristigen Erfolg unserer ganzen
Volkswirtschaft. Das so hoch gelobte Modell der Tarif-
parteien wird durch die Entsolidarisierung im Betrieb
ausgehöhlt. Immer mehr Menschen, die durch diese Per-
sonalpolitik schlechte Löhne erhalten, müssen aufsto-
cken und brauchen staatliche Leistungen. Das belastet
unseren Staatshaushalt und ist keine sinnvolle Sozial-
politik. Langfristig leidet unsere ganze Wirtschaft: Die
Kaufkraft nimmt ab, die Qualität der Produkte sinkt, das
Know-how unserer Arbeitnehmer verschwindet.

Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, diese
Analyse kennen auch Sie. Es ist geradezu absurd, wenn
Ihre Ministerin von der Leyen immer wieder betont, ihr
sei kaum Missbrauch in der Leiharbeit und bei den
Werksverträgen bekannt. Ich kann Ihnen erklären, woran
das liegt: Wer die Unternehmen nicht ausreichend kon-
trolliert, findet auch keine Verstöße.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Das ist wie im Straßenverkehr: Wenn die Polizei keinen
Blitzer aufstellt, weiß man nicht, wie viele Leute zu
schnell um die Kurve fahren. Nach der Logik von Frau
von der Leyen hieße dies aber, dass auch niemand zu
schnell fährt. Man hat ja keine Beweise. Hier müssen wir
dringend in eine andere Richtung steuern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist bezeichnend, dass der Konzern, der früher mit
„Geiz ist geil“ geworben hat, heute damit wirbt, den
„ersten Preis ohne den Preis-Irrsinn“ zu haben. In die-
sem Sinne müssen wir auch in der Politik umsteuern.
Wir brauchen wieder Löhne ohne diesen Niedriglohnirr-
sinn. Wir brauchen reguläre und faire Beschäftigung.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713326200

Das Wort hat nun Beate Müller-Gemmeke für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Durch den sogenannten Schlecker-
Skandal wurden die Methoden des Lohndumpings in der
Leiharbeit bekannt. Selbst die Bundesregierung musste
dieses Jahr in dieser Sache endlich tätig werden. Doch
die Lohndrückerei in Deutschland geht weiter.

Schon die minimalen Regulierungen bei der Leih-
arbeit schrecken manche Unternehmen ab. Da verlegt
man sich lieber auf Werkverträge; denn diese bergen alle
unternehmerischen Vorteile und noch mehr. Bei Werk-
verträgen gibt es nämlich keinen Mindestlohn, und häu-
fig fehlen Tarifverträge. Außerdem existiert keine
Equal-Pay-Regelung. Werkverträge sind also ein weite-
res Instrument für Lohndumping. Wir werden weiter für
die Rechte der Beschäftigten streiten müssen.

Im Bremer Einzelhandel beispielsweise beträgt der
Einstiegsstundenlohn nach dem Tarifvertrag von ver.di
10,20 Euro; Leiharbeitskräfte verdienen nach Mindest-
lohn wenigstens noch 7,79 Euro. Doch inzwischen räu-





Beate Müller-Gemmeke


(A) (C)



(D)(B)

men Werkverträgler die Regale von Rossmann, Real
oder REWE ein; genauso wie zuvor festangestellte Be-
schäftigte. Und anstatt 10,20 Euro oder wenigstens
7,79 Euro verdienen sie nur noch 6,50 Euro die Stunde.
Das kann nicht angehen. So etwas ist für uns nicht ak-
zeptabel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfrak-
tionen, es kann mir niemand weismachen, dass das Ein-
räumen von Regalen ein Werk ist: selbstständig und in
Eigenregie, ohne Weisung vom Chef der Filiale. Es kann
mir auch niemand weismachen, dass die Werkvertrags-
beschäftigten nicht in den normalen Betrieb der Filiale
eingebunden sind. All dies sind Kriterien, die einen
Werkvertrag ausmachen. Wenn diese Kriterien aber
nicht vorliegen, dann liegt auch kein Werkvertrag vor.
Dann handelt es sich um klassische Leiharbeit, und die
muss wenigstens auch wie Leiharbeit bezahlt werden.
Alles andere ist zutiefst ungerecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ein Beleg, dass es sich häufig um Scheinwerkverträge
handelt, zeigt auch die Nähe zur Leiharbeitsbranche; das
wurde vorhin schon ausgeführt. So bietet beispielsweise
„Randstad Outsourcing“ Dienst- und Werkverträge für
unbefristete Aufgaben an und bewirbt die Leistung im
Internet folgendermaßen – ich zitiere –:

Mit Randstad setzen Sie auf: Wahrung der Wettbe-
werbs-, Wachstums- und Ertragschancen, höhere
Unternehmenserträge durch Umwandlung von Per-
sonalkosten in planbare Sachkosten …

So wird auch für die Leiharbeit geworben – mit
„Sachkosten“ sind Menschen gemeint. Für mich ist das
alles ziemlich unerträglich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wie kann es angehen, dass sich in unserem Land im-
mer mehr Lohndumping breitmacht und wir inzwischen
schon Spitzenreiter in der EU sind? Ich frage mich: Wo
bleibt da die soziale Verantwortung in der Arbeitswelt?
Wohin treibt unsere Gesellschaft, wenn die Wirtschaft
jede kleinste Möglichkeit ausnutzt, um prekäre Beschäf-
tigung auszubauen?


(Abg. Pascal Kober [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713326300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage? –

Nein?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nein, das wäre jetzt auch relativ komisch, weil der
Herr Kober ja selber hätte reden können. Dann hätte er ja
etwas dazu sagen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN: Arbeitsverweigerung von denen da drüben!)


Die Bundesregierung interessiert das Thema aber nicht,
sie sieht keinen Handlungsbedarf.


(Gisela Piltz [FDP]: Unparlamentarisch! – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Unglaublich!)


Ich habe gerade schon angesprochen, dass kein Hand-
lungsbedarf gesehen wird. Die Regierungsfraktionen sit-
zen hier. Sie haben die Reden zu Protokoll abgegeben;
das heißt, hier wird in keinerlei Weise etwas ernst ge-
nommen. Man hätte ja wenigstens zu dem Thema reden
können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


– Sie hätten sich noch die zehn Minuten Zeit nehmen
können, um etwas hierzu zu sagen. Das sehe ich schon
so.


(Gisela Piltz [FDP]: Ich nehme mir die zehn Minuten! – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Unverschämtheit! Unparlamentarisch! Unkollegial!)


Auf jeden Fall nehmen wir das Thema ernst. Wie die
Linken wollen auch wir diese weitere Krankheit des
deutschen Arbeitsmarkts angehen. Allerdings greift uns
die Linke zu sehr in die unternehmerische Freiheit ein.
Uns geht es in erster Linie um eine klare und deutliche
Abgrenzung zwischen Werkverträgen und Leiharbeit.

Wir Grünen diskutieren zurzeit einen Weg, wie diese
Leiharbeit unter dem Deckmantel von Werkverträgen
enttarnt werden kann und vor allem, welche Kontrollen
notwendig sind, um diesen Missbrauch zu stoppen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie dürfen sich also
darauf freuen, demnächst in diesem Hause auch unseren
Antrag zu diskutieren.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Gisela Piltz [FDP]: Das ist also der Grund, warum Sie doch nicht zu Protokoll gegeben haben, wie vereinbart? Das ist ja kollegial! – Gegenruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich habe nicht vereinbart, die Rede zu Protokoll zu geben!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713326400

Werte Kolleginnen, wir sollten es nicht einführen, uns

wechselseitig vorzuwerfen, wenn jemand eine Rede zu
Protokoll gegeben hat. Das sind immer Gentlemen’s
Agreements, die wir da eingehen. Daraus sollten wir kei-
nen Vorwurf entwickeln.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich schließe die Aussprache.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/7220 (neu) an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist
die Überweisung so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 17:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neu-
ordnung des Pflanzenschutzrechtes

– Drucksachen 17/7317, 17/7369 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die
Reden folgender Kolleginnen und Kollegen: Alois
Gerig, Gustav Herzog, Christel Happach-Kasan,
Alexander Süßmair und Harald Ebner.


Alois Gerig (CDU):
Rede ID: ID1713326500

2009 wurde in der Europäischen Union nach schwie-

rigen Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und
Kommission das EU-Pflanzenschutzpaket beschlossen.
Mit dem Paket werden für Pflanzenschutzmittel strenge
und einheitliche Standards beim Verbraucher-, Anwen-
der- und Umweltschutz europaweit festgelegt.

Das Pflanzenschutzpaket ist ein wichtiger Schritt, um
auf dem europäischen Markt für Pflanzenschutzmittel
die dringend notwendige Harmonisierung voranzubrin-
gen. Wir in Deutschland sollten bei der Umsetzung des
Pakets unseren Beitrag dazu leisten, dass diese Zielset-
zung erreicht wird.

Die Bundesregierung hat zur Umsetzung des EU-
Pflanzenschutzpakets den Entwurf eines Gesetzes zur
Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes vorgelegt. Der
Gesetzentwurf setzt die richtigen Schwerpunkte:

Bei Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutz-
mitteln haben auch in Zukunft der Schutz von Menschen,
Tieren und Umwelt absolute Priorität.

Pflanzenschutzmittel sollen dazu beitragen, eine
nachhaltige und wettbewerbsfähige Landwirtschaft in
Deutschland zu erhalten.

Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmit-
teln werden in Deutschland so geregelt, dass sie im Ein-
klang mit den europäischen Vorgaben stehen.

Wichtig ist die Botschaft an die Verbraucher, dass we-
der mit dem EU-Pflanzenschutzpaket noch mit dem Ge-
setzentwurf der Bundesregierung das Schutzniveau ab-
gesenkt wird. Es ist vielmehr so, dass sich das EU-
Pflanzenschutzpaket am hohen deutschen Schutzniveau
orientiert. So müssen künftig in allen Mitgliedstaaten
die Anwender von Pflanzenschutzmitteln ihre Sachkunde
nachweisen und ihre Pflanzenschutzgeräte überprüfen
lassen – dies ist in Deutschland bereits vorgeschrieben.

Ein weiteres Beispiel ist der integrierte Pflanzen-
schutz, der ab 2014 in der gesamten EU anzuwenden ist.
Integrierter Pflanzenschutz bedeutet, dass im Pflanzen-
schutz biologische, pflanzenzüchterische und anbautech-
nische Verfahren Vorrang vor chemischen Mitteln haben.
In Deutschland ist dieser Grundsatz bereits gesetzlich
festgeschrieben mit dem Ziel, die Pflanzenschutzmittel-
anwendung auf das notwendige Maß zu beschränken.
Neben der Einführung des integrierten Pflanzenschutzes
werden alle EU-Mitgliedstaaten darüber hinaus ver-
pflichtet, im Rahmen sogenannter Nationaler Aktions-
pläne daran zu arbeiten, die Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln zu verbessern und Risiken zu minimieren.

An diesen Vorgaben des EU-Pflanzenschutzpakets
wird ersichtlich, dass der Einsatz von Pflanzenschutz-
mitteln nicht leichtfertig erfolgen soll. Im Rahmen der
bestehenden und künftigen Schutzbestimmungen für Ver-
braucher, Anwender und Umwelt bleibt die Anwendung
von Pflanzenschutzmitteln aber absolut notwendig. Mit-
hilfe von Pflanzenschutzmitteln können sich Landwirte
gegen Schädlinge und Krankheiten zur Wehr setzen, die
die Erträge in ihren Anbaukulturen empfindlich mindern
können.

Pflanzenschutzmittel tragen wesentlich zu hohen Er-
trägen und damit zu einer guten Versorgung mit bezahl-
baren Lebensmitteln bei. Nirgendwo auf der Welt wer-
den Lebensmittel so intensiv auf Rückstände von
Pflanzenschutzmitteln geprüft wie in Deutschland. Die
Überschreitung der Rückstandshöchstgehalte ist seit
Jahren rückläufig und war 2009 nur bei 1,6 Prozent der
in Deutschland erzeugten Lebensmittel zu beanstanden.
Dies zeigt zweierlei:

Der Verbraucher kann sich auf sichere Lebensmittel
aus deutschem Anbau verlassen.

Die Landwirte in Deutschland setzen Pflanzenschutz-
mittel verantwortungsvoll ein.

Um wettbewerbsfähig produzieren zu können, ist es
für deutsche Landwirte mitunter äußerst wichtig, durch
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln die Erträge zu
steigern. Es ist für die deutschen Landwirte ein klarer
Wettbewerbsnachteil, wenn Konkurrenten in anderen
EU-Staaten Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen,
die in Deutschland nicht zugelassen sind. Bei vielen
deutschen Landwirten stößt auf Unverständnis, dass Le-
bensmittel, die mithilfe bei uns nicht zugelassener Pflan-
zenschutzmittel in anderen EU-Staaten erzeugt werden,
im Handel den Verbrauchern angeboten werden. Im Ge-
setzgebungsverfahren sollten wir prüfen, wie wir beste-
hende Wettbewerbsnachteile durch das Gesetz zur Neu-
ordnung des Pflanzenschutzrechts beseitigen können.

Eine Schlüsselrolle kommt dem Zulassungsverfahren
für Pflanzenschutzmittel zu. Das EU-Pflanzenschutzpa-
ket sieht als Neuerung vor, das Zulassungsverfahren um
3 Monate auf 12 Monate zu verkürzen. Neu ist auch,
dass die EU in drei Zonen aufgeteilt wird: Ist ein Pflan-
zenschutzmittel in einem Mitgliedstaat zugelassen, kann
die Zulassung dieses Mittels in Mitgliedstaaten, die der
gleichen Zone angehören, innerhalb von 120 Tagen er-
folgen. Die Zulassungsbehörden können auf Prüfungs-
ergebnisse anderer Mitgliedstaaten zurückgreifen, um

Alois Gerig


(A) (C)



(D)(B)

zu beurteilen, ob die beantragte Zulassung erteilt wer-
den kann.

Die Zulassung kann nicht ohne Weiteres versagt wer-
den, wenn das Mittel bereits in einem anderen Mitglieds-
land der gleichen Zone zugelassen wurde. Die EU-Mit-
gliedstaaten einer Zone sind grundsätzlich verpflichtet,
ihre Zulassungen gegenseitig anzuerkennen. Die gegen-
seitige Anerkennung stellt einen bedeutenden Beitrag
zur Harmonisierung des europäischen Marktes für
Pflanzenschutzmittel dar. Im Ergebnis ist zu erwarten,
dass sich die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln
deutlich verbessert. Damit dieser positive Effekt auch in
Deutschland eintritt, ist es erforderlich, dass die deut-
schen Zulassungsbehörden mit dem vereinfachten Ver-
fahren der zonalen Zulassung und mit den kürzeren Zu-
lassungsfristen zurechtkommen. Derzeit dauern die
Zulassungsverfahren wesentlich länger.

Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, dass neben
dem federführenden Bundesamt für Verbraucherschutz
und Lebensmittelsicherheit, BVL, auch weiterhin das
Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, das Julius-
Kühn-Institut, JKI, und das Umweltbundesamt, UBA,
am Zulassungsverfahren beteiligt sind. Wir müssen in
den Gesetzesberatungen der Frage nachgehen, wie die
Zulassungsverfahren mit vier beteiligten Behörden ef-
fektiv durchgeführt werden können. Insbesondere mit
Blick auf die gegenseitige Anerkennung der Zulassung
erscheint es mir zweckmäßig, im Zulassungsverfahren
die Anwendung der von der EU-Kommission entwickel-
ten Leitlinien vorzuschreiben. Die gegenseitige Aner-
kennung wird erleichtert, wenn alle Zulassungsbehör-
den in der EU einheitliche Bewertungsmaßstäbe
verwenden.

Eine effektive Zusammenarbeit von BVL, BfR, JKI
und UBA ist nicht nur im Zulassungsverfahren gefragt.
Auch in allen anderen Fällen, in denen das Pflanzen-
schutzgesetz eine Zusammenarbeit vorschreibt, müssen
praktikable und ergebnisorientierte Verfahren gewähr-
leistet sein. Dies gilt beispielsweise für die Ausbringung
von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen und die
Festlegung von Anwendungsbestimmungen in Sonderge-
bieten.

Wie die Zulassungsverfahren durchgeführt werden, ist
besonders für die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln
von Interesse. Nicht nur für den Anwender, sondern auch
für den Hersteller ist wichtig, dass neue Pflanzenschutz-
mittel schnell auf den Markt gelangen. Nur so können die
hohen Forschungs- und Entwicklungskosten wieder ein-
gespielt werden. Neue Pflanzenschutzmittel haben häufig
einen größeren Nutzen für den Anwender und im Hin-
blick auf den Verbraucher- und Umweltschutz bessere
Eigenschaften. Da die Sicherung der Welternährung in
den kommenden Jahrzehnten eine große Herausforde-
rung sein wird, kann auf innovative Pflanzenschutzmit-
tel, die eine Steigerung der Agrarproduktion ermögli-
chen, nicht verzichtet werden.

Wir tun also gut daran, die Rahmenbedingungen so
zu setzen, dass die Innovationsfähigkeit der Branche er-
halten bleibt. Deutsche Pflanzenschutzmittelhersteller
nehmen eine führende Rolle auf dem Weltmarkt ein und
Zu Protokoll
tragen dazu bei, Arbeitsplätze hierzulande zu sichern.
Effektive Zulassungsverfahren sind notwendig, damit
Deutschland ein zukunftsfähiger Standort für For-
schung, Entwicklung und Herstellung von Pflanzen-
schutzmitteln bleibt.

Bei der Neuordnung des Pflanzenschutzrechts sind
neben verbraucher- und agrarpolitischen Aspekten auch
industriepolitische zu beachten. Im Gesetzgebungsver-
fahren werden wir den Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung prüfen. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz wird zu diesem Zweck
eine Sachverständigenanhörung durchführen. Die Ziel-
setzung der CDU/CSU ist klar: Wir wollen auf der
Grundlage hoher Standards im Verbraucher- und Um-
weltschutz eine sichere Anwendung und eine effektive
Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ermöglichen.


Gustav Herzog (SPD):
Rede ID: ID1713326600

Wir beraten heute in erster Lesung den Gesetzentwurf

mit dem doch recht technisch anmutenden Titel „Gesetz
zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes“. Was da in
der Drucksache 17/7317 auf 164 Seiten so ordnungspo-
litisch daherkommt hat weitreichende Auswirkungen bis
in unser aller Alltag. Denn Pflanzenschutz geht uns alle
an. Er ist ein wichtiger Produktionsfaktor bei der Erzeu-
gung unserer Nahrungsmittel, er sichert die Ernten auf
hohem Niveau und beeinflusst die Qualität der Erntegü-
ter. Und spätestens hier scheiden sich die Geister: Die
einen denken an Mycotoxine in Getreide und meinen da-
mit mehr chemischen Pflanzenschutz auf deutschen
Äckern, und die anderen denken an Chemiecocktails auf
Paprika und meinen damit weg mit den Agrargiften aus
der Landwirtschaft.

In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns, und es ist
an uns, den Grat zu bestimmen, auf dem wir uns bewe-
gen. Wir müssen so viel Pflanzenschutz zulassen, wie es
notwendig ist, dabei aus den „Sünden der Vergangen-
heit“ lernen und die mit dem Pflanzenschutz verbundenen
Risiken minimieren. Die Probleme der Vergangenheit und
auch der Gegenwart, die wir mit Pflanzenschutzmitteln
haben, sind nicht zu unterschätzen, um nicht zu sagen:
oftmals auch gravierend. Hier geht es um Anwender, die
sich den Mitteln aussetzen müssen, es geht um Rück-
stände in Lebensmitteln, die wir tagtäglich zu uns neh-
men, und es geht um unseren Naturhaushalt, der als
Nichtzielorganismus in vielgestaltiger Form mitunter
schwer leidet. Es geht aber auch um unsere ausreichende
Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln, die derzeit
nicht ohne den chemisch-synthetischen Pflanzenschutz
auskommt.

Der Pflanzenschutz muss sich weiterentwickeln. Die
Mittel sind in ihren Risiken weiter zu reduzieren. Die
Unternehmen, die Pflanzenschutzmittel entwickeln, tra-
gen eine hohe Verantwortung dafür, was ihre Mittel hier
und in der Welt bewirken, sowohl positiv wie auch nega-
tiv. Wir geben ihnen mit dieser Novelle den Rahmen vor,
in dem sie sich rechtssicher bewegen dürfen.

Deutschland gehört zu den Ländern, die ganz weit
vorne sind bei der Entwicklung und Anwendung neuer
Pflanzenschutzmittel. Unser Zulassungsverfahren war
gegebene Reden




Gustav Herzog


(A) (C)



(D)(B)

und ist eines der strengsten – aber auch eines der si-
chersten. Und ich hätte gerne, dass es auch noch das
schnellste wäre. Unser Pflanzenschutzrecht wurde oft-
mals als Blaupause für europäisches Recht genutzt. Die-
ser Vorbildcharakter wurde in der Vergangenheit häufig
als Wettbewerbsnachteil heftig kritisiert, sowohl von der
Landwirtschaft als auch von der Agrarindustrie. Jetzt
macht er sich bezahlt, denn die Umsetzung europäischer
Vorgaben in nationales Recht ist nicht so tief greifend,
wie es in anderen Mitgliedstaaten Europas der Fall sein
dürfte. Unsere vermeintlichen Wettbewerbsnachteile
kehren sich jetzt in Vorteile um. All dies hat nicht nur die
Wettbewerbsfähigkeit verbessert, sondern auch einen
Beitrag zu der Lebensqualität in unserem Land geleistet.

Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmit-
teln waren stets Gegenstand heftiger gesellschaftlicher
und politischer Auseinandersetzungen. Ich erinnere an
Stichworte wie „Gifttomate“, „Bienensterben“ oder die
„Schlapphutaffäre“, die eine Kontrolle der Landwirt-
schaft durch das Umweltbundesamt als Spitzelei diffa-
miert hat.

Der vorliegende Gesetzentwurf setzt das europäische
Regelwerk, das bei seiner Verabschiedung seinerzeit
Schauplatz dieser Auseinandersetzungen war, folgerich-
tig um. Das begrüßen wir zwar im Grundsatz, müssen
aber doch die erhebliche Zeitverzögerung anmahnen,
die die Bundesregierung mit ihrer offensichtlich schwie-
rigen Abstimmung verursacht hat. Diese Verzögerung
geht auf das Konto der Bundesregierung, und wir wer-
den nicht zulassen, dass sie den Druck nun auf uns ab-
wälzt. Das Parlament muss sich die Zeit nehmen, die es
braucht, um dieses umfassende Regelwerk zu beraten.
Es liegen umfangreiche Stellungnahmen und zahlreiche
Vorschläge vor. Allein der Bundesrat hat 57 Änderungs-
vorschläge beschlossen. Berufs- und Umweltschutzver-
bände mahnen viele Punkte an, wie auch die Hersteller,
Handel und Ämter. Das müssen wir uns in Ruhe an-
schauen und die Anhörung der Sachverständigen aus-
werten, um dem Gesetz den notwendigen Feinschliff zu
geben. Hierzu müssen wir uns unter anderem das Ver-
fahren der gegenseitigen Anerkennung im Detail an-
schauen, die Regelung der Pflanzenstärkungsmittel oder
die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Eindämmung ille-
galer Pflanzenschutzmittel. Der Einsatz Letzterer nimmt
ein ernst zu nehmendes Ausmaß an, das all unsere Bemü-
hungen um einen sicheren Umgang mit Pflanzenschutz-
mitteln zunichtemacht. Ungeprüfte Formulierungen und
gefälschte Wirkstoffe gefährden all unsere Schutzgüter.
Landwirte sollten aus Eigeninteresse auf fragwürdige
Produkte verzichten.

Neben dem Gesetz haben wir aber auch den Prozess
des in § 4 geforderten Nationalen Aktionsplans, NAP,
fest im Blick. Es stimmt schon nachdenklich, wenn die
einen behaupten, alles sei ein guter und transparenter
Diskurs, während zahlreiche andere ihren Ausstieg an-
drohen. Das müssen wir klären, denn der NAP ist als we-
sentliches Element zur Minimierung der Risiken durch
Pflanzenschutzmittel viel zu wichtig, als dass man ihn in
einer Randnotiz abhakt. Ich erwarte von der Bundesre-
gierung, dass sie in den Jahren der Arbeit mehr produ-
ziert als viel Papier und Reisekostenabrechnungen der
Zu Protokoll
Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Wir brauchen eine
Agenda, die auch zu einer tatsächlichen Reduzierung
des Einsatzes gefährlicher Chemikalien führt. Wir brau-
chen eine Ökologisierung der Landwirtschaft in der
Breite, und wir brauchen eine Stärkung des ökologi-
schen Landbaus, der nicht nur in Sachen Pflanzenschutz
Vorbildcharakter hat.

Ich freue mich auf die parlamentarische Beratung.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1713326700

Wir haben einen gemeinsamen EU-Binnenmarkt, die

Landwirtschaft ist maßgeblich von europaweit einheit-
lichen Bestimmungen geprägt. Um für die Betriebe glei-
che Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, war es über-
fällig, die Zulassungsregeln für Pflanzenschutzmittel
EU-weit zu harmonisieren. Es ist für keinen Betrieb ein-
sichtig, wenn Pflanzenschutzmittel westlich des Rheins
erlaubt sind, die östlich davon verboten sind, die Pro-
dukte jedoch auf demselben Markt miteinander kon-
kurrieren. Auf europäischer Ebene wurden neue Be-
stimmungen zur Zulassung und Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln bereits im Jahr 2009 endgültig
beschlossen. Sie sind seit Juni dieses Jahres in Kraft. Es
gilt nun, die neuen Anforderungen so direkt und prakti-
kabel wie irgend möglich in deutsches Recht umzuset-
zen.

Pflanzenschutzmittel sind für eine gute Produktquali-
tät wie auch für sichere Ernteerträge unabdingbar. Nie-
mand mag Salat mit Blattläusen oder verpilzte Erdbee-
ren essen. Die landwirtschaftliche Produktion wie auch
der Garten- und Gemüsebau können auf die Anwendung
von Pflanzenschutzmitteln nicht verzichten. Das Lebens-
mittelmonitoring zeigt in jedem Jahr, dass unsere Land-
wirte Pflanzenschutzmittel sehr verantwortungsvoll an-
wenden und die Bestimmungen sorgfältig beachten.
Auch bei hoher Qualität der zugelassenen neuen Pflan-
zenschutzmittel bleibt es ein wichtiges Ziel, deren Ein-
satz auf das unabdingbar notwendige Maß zu beschrän-
ken.

Das neue EU-Pflanzenschutzpaket sieht unter ande-
rem eine Einteilung der EU in drei Zulassungszonen von
Nord nach Süd vor. Neue Pflanzenschutzmittel müssen
innerhalb einer Zone nur noch einmal ausführlich in ei-
nem europäisch einheitlichen Verfahren geprüft werden.
In den anderen Ländern einer Zone ist eine schnelle und
unkomplizierte Anerkennung vorgesehen. Die schnellere
Einführung bereits geprüfter Pflanzenschutzmittel
könnte vor allem für Sonderkulturen, deren Marktum-
fang bisher in einem einzelnen Land zu gering war, eine
große Chance bieten.

Für uns Liberale ist es im Hinblick auf einheitliche
Wettbewerbsbedingungen sehr wichtig, dass die natio-
nalen Regelungen sich eins zu eins an den Vorgaben der
EU-Verordnung orientieren. Neue Pflanzenschutzmittel
sind besser als alte. Die Anwendung verschiedener
Pflanzenschutzmittel vermindert die Möglichkeit der Re-
sistenzbildung. Deswegen ist eine zügige und harmoni-
sierte Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auch ein
Vorteil für Natur und Umwelt. Es darf bei der Zulassung
von Pflanzenschutzmitteln keine deutschen Alleingänge



gegebene Reden

Dr. Christel Happach-Kasan


(A) (C)



(D)(B)

oder Sonderwege geben. Die Beachtung der Guidelines
der Kommission zur Wirkstoffprüfung muss selbstver-
ständlich sein. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar,
wenn beispielsweise die Auswirkungen von Pflanzen-
schutzmitteln auf Nichtzielorganismen in den verschie-
denen EU-Ländern nach unterschiedlichen Kriterien
bewertet werden.

Das für die Zulassung zuständige BVL, das Bundes-
amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit,
muss mit dem JKI, dem Julius-Kühn-Institut, und mit
dem BfR, dem Bundesinstitut für Risikobewertung, le-
diglich ein Benehmen in wichtigen Fragen wie der Ge-
fährdung von Mensch und Tier herstellen, jedoch mit
dem UBA, dem Umweltbundesamt, das Einvernehmen
bei allen Fragen zur Vermeidung von Schäden für den
Naturhaushalt sowie durch Abfälle von Pflanzenschutz-
mitteln herstellen. Diese Gewichtung ist und bleibt für
die FDP unlogisch und nicht nachvollziehbar. Warum
hat der Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier ei-
nen geringeren Wert als der Schutz des Naturhaushalts?

Die Einhaltung der geforderten 120-Tage-Frist bei
der gegenseitigen Anerkennung ist von großer Bedeu-
tung. Die Beteiligung von vier verschiedenen Behörden
beim nationalen Zulassungsverfahren stellt große An-
forderungen an die Ablauforganisation. Zwar kann das
BVL für die Abgabe von Bewertungen oder Stellungnah-
men eine Frist festlegen. Aber leider bleibt die Frage
unbeantwortet, was geschieht, wenn die vorgegebene
Frist nicht eingehalten wird. Eine Nichteinhaltung einer
Frist durch eine einzelne Behörde sollte dem Benehmen/
Einvernehmen gleichkommen.

Das neue Pflanzenschutzgesetz stellt neue Anforde-
rungen an den Vertrieb und die Anwendung von Pflan-
zenschutzmitteln. Der Graue Markt des Parallelhandels
und der Reimporte muss sorgfältig überwacht und krimi-
nelles Handeln konsequent bestraft werden. Die Strafbe-
wehrung ist ein erster, wichtiger Schritt. Die Forderun-
gen von Herstellern und der Länder über weitergehende
Maßnahmen nehmen wir sehr ernst und sind bereit,
diese zu prüfen. Vor allem der Import von gefälschten,
falsch deklarierten und gefährlichen Nachahmerpro-
dukten muss weitestgehend unterbunden werden. Dies
dient insbesondere dem Schutz der Anwender und der
Umwelt.

Wir erwarten einen konstruktiven Umgang mit dem
neuen Gesetz. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren
müssen wir sicher stellen, dass die kulturellen Besonder-
heiten der einzelnen Obst- und Gemüseanbauregionen
im Gesetz Berücksichtigung finden. Sonderregelungen
für Obstanbaugebiete wie das Alte Land müssen erhal-
ten bleiben.

Die weitere Entwicklung neuer hochselektiver und
leicht abbaubarer Wirkstoffe für den Pflanzenschutz ist
eine wichtige Zukunftsaufgabe. Das Gesetz muss einen
Rahmen schaffen, der die Genehmigung der erforder-
lichen Freilandversuche unbürokratisch ermöglicht und
sicherstellt, dass auch mittelständische Unternehmen
mit ihren Ideen daran teilhaben können.

Der vorliegende Gesetzentwurf bietet eine gute Vo-
raussetzung für ein gutes Gesetz. Wir werden die Vor-
schläge der Anhörung sorgfältig prüfen.
Zu Protokoll

Alexander Süßmair (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713326800

Auf über 90 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflä-

chen in Deutschland und Europa wird „konventionell“
– das heißt unter anderem mit dem Einsatz diverser che-
mischer Pflanzenschutzmittel – gewirtschaftet. Die in
der Landwirtschaft eingesetzten Pestizide werden damit
auf einem beachtlichen Flächenanteil eingesetzt, und
bei dem anhaltend hohen Niveau des Pestizidverbrauchs
sind Auswirkungen auf Umwelt und menschliche Ge-
sundheit oft dokumentiert und nachgewiesen worden.
Dem Gesundheitsschutz und dem Umweltschutz räumt
die neue EU-Pestizidgesetzgebung eine hohe Relevanz
ein; sie verschärft die Regelungen der Pestizidverwen-
dung für besonders sensible Gebiete und stärkt den Ge-
wässerschutz. Mit der Neuordnung des deutschen Pflan-
zenschutzrechtes müssen die Ziele der EU-Richtlinien
umgesetzt werden, und es muss abgesichert werden,
dass die Umwelt vor unvertretbaren Auswirkungen der
Pestizide geschützt wird.

Die Linke unterstützt die Intention der EU-Pestizid-
gesetzgebung. Neu ist dabei, dass die auf EU-Ebene ent-
wickelten Ziele, wenn sie in der Umsetzung in das natio-
nale Pflanzenschutzrecht ernsthaft umgesetzt werden,
einen deutlich höheren Standard im Pflanzenschutzrecht
bedeuten als bislang. Dabei zieht die alte Debatte um
Sonderwege höherer Umweltstandards in Deutschland
nicht mehr – es geht hier um die Realisierung höherer
EU-Standards. Das ist im Ergebnis also mehr als die
bloße Umsetzung von EU-Recht.

Die alte Debatte um die gegenüber der EU höheren
Standards in Deutschland kehrt sich ein Stück weit um.
In der nun kommenden Erörterung der Neuordnung des
Pflanzenschutzrechtes ist schon eine Reihe kontroverser
Positionen, zwischen Fachleuten aus dem Bereich Um-
welt auf der einen Seite und den Vertretern der Pestizid-
anwendung auf der anderen Seite, erkennbar. Die Frage
stellt sich, wie umfassend es gelingt, der ambitionierten
Zielstellung der EU-Vorgaben gerecht zu werden. So
werden zum Beispiel in der EU-Zulassungsverordnung
die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und Genehmi-
gung von Wirkstoffen geregelt. Zentrales Element der
Zulassungsverordnung ist das Vorsorgeprinzip, mit dem
sichergestellt werden soll, dass in Verkehr gebrachte
Wirkstoffe oder Produkte die Gesundheit von Mensch
und Tier sowie die Umwelt nicht beeinträchtigen. Sie
räumt den Mitgliedstaaten ausdrücklich ein, „das Vor-
sorgeprinzip anzuwenden, wenn wissenschaftliche
Ungewissheit besteht, ob die in ihrem Hoheitsgebiet zu-
zulassenden Pflanzenschutzmittel Gefahren für die Ge-
sundheit von Mensch oder Tier oder die Umwelt ber-
gen“. Hier zeigt sich schon in der EU-Verordnung, dass
es Spielräume in der nationalen Umsetzung der EU-Rah-
mengesetze gibt. Neben der Zulassungsverordnung für
Pflanzenschutzmittel sind das die EU-Rahmenrichtlinie
zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden sowie wei-
tere Europäische Rechtsakte wie die Flora-Fauna-Habi-
tat-Richtline.

Die Linke wird sich in den Beratungen zur Novelle für
eine ernsthafte Umsetzung der EU-Rahmengesetze ein-
sezten. Es geht bei den Beratungen zu diesem Gesetz
nicht zuletzt um die Bewahrung unserer Lebensgrundla-
gen, es darf nicht um den Profit der Agrarindustrie ge-



gegebene Reden





Alexander Süßmair


(A) (C)



(D)(B)

hen. Ermessensspielräume müssen im Sinne von Art. 20 a
unseres Grundgesetzes genutzt werden. Da heißt es, der
Staat schützt unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Da-
rauf wird Die Linke achten.


Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713326900

Die schwarz-gelbe Koalition legt mit der Neuordnung

des Pflanzenschutzrechts eine erschreckende Kontinui-
tät an den Tag. Nach dem Hin und Her beim Atomaus-
stieg, der fatalen Verzögerungstaktik in der Euro-Krise
und der verschlafenen Wahlrechtsreform mit eklatanter
Fristversäumnis kommt auch der jetzt vorgelegte Ge-
setzentwurf ein halbes Jahr zu spät. Die Novelle des
Pflanzenschutzgesetzes hätte nach den Vorgaben der EU
spätestens am 11. Juni dieses Jahres in Kraft treten müs-
sen.

Wenn ein Gesetzentwurf zusätzliche sechs Monate be-
nötigt und deshalb sogar ein eigenes Übergangsgesetz
beschlossen werden muss, dann darf man eigentlich ei-
nen großen Wurf erwarten, also ein ganzheitliches Kon-
zept, das sich stringent in ein modernes Landwirtschafts-
konzept einfügt. Leider ist das Gegenteil der Fall: Mit
ihrem Gesetzentwurf versucht die Bundesregierung, den
Status quo so weit wie irgend möglich fortzuschreiben.
Im Unterschied zu den Vorgaben aus Brüssel fehlt jegli-
che Aktualisierung der Zielsetzung in der Pflanzen-
schutzthematik, die auch die zentralen aktuellen Heraus-
forderungen in der Land- und Ernährungswirtschaft
aufgreift: den dramatischen Schwund der Artenvielfalt
gerade in den Agrarlandschaften, die wissenschaftlich
immer besser begründeten Ansprüche der Verbrauche-
rinnen und Verbraucher an Lebensmittel ohne Pestizid-
rückstände oder die europaweit stark wachsende Zahl
der Landwirte, die auf den ökologischen Landbau um-
stellen.

Die Bundesregierung und speziell das Bundesminis-
terium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz offenbaren mit diesem Gesetzentwurf entweder
ihr Unvermögen oder ihre mangelnde Bereitschaft, ein
modernes Modell einer multifunktionalen und ökolo-
gisch nachhaltigen Landwirtschaft zu entwickeln und
politisch umzusetzen. Vor allem der Einsatz chemisch-
synthetischer Pflanzenschutzmittel in seiner breit prakti-
zierten Form ist ein klassisches End-of-Pipe-Instrument
zur Bekämpfung bereits aufgetretener Probleme. Ein
glaubwürdiges politisches Konzept für den Pflanzen-
schutz setzt aber einen agrarpolitischen Rahmen voraus,
der zunächst alle ökologisch notwendigen und ökono-
misch realisierbaren Möglichkeiten zur Vorbeugung von
Schadwirkungen ausschöpft. Dazu zählen vielfältige
Fruchtfolgen, spezielle Anbauverfahren, die gezielte
Förderung von Nützlingen und der Einsatz biologischer
Schädlingsbekämpfungsmethoden ebenso wie die Wei-
terentwicklung von Beratungs- und Fortbildungskonzep-
ten für die potenziell von Schädlingsbefall betroffenen
Stufen der Lebens- und Futtermittelkette.

Hier besteht erheblicher Nachholbedarf, hier könnte
sich die Bundesregierung mit einem engagierten, zu-
kunftsorientierten Konzept profilieren. Diese Chance
wird mit dem vorgelegten Entwurf jedoch leichtfertig
verschenkt. Denn ein derartiger Ansatz widerspräche
dem von der Bundesregierung verfolgten agrarpoliti-
schen Modell der immer weiter getriebenen Intensivie-
rung in Ackerbau und Tierhaltung. Das Festhalten an
der ökologisch ebenso gefährlichen wie ökonomisch un-
sinnigen Agrogentechnik trotz der heute bekannten dras-
tischen Zunahme des Herbizideinsatzes als Folge des
Anbaus herbizidtoleranter Genpflanzen ist ebenfalls un-
vereinbar mit einer ernst zu nehmenden Berücksichti-
gung von Umwelt- und Verbraucherschutzaspekten im
Pflanzenschutz.

Es ist deshalb wenig überraschend, dass die Novelle
sowohl von einer Vielzahl von Nichtregierungsorganisa-
tionen als auch der Wasserwirtschaft heftig kritisiert
wird. Auch der Bundesrat hat mit seinen zahlreichen Än-
derungswünschen die Schwächen der Novelle aufge-
deckt. Zwar ist es beruhigend, dass im Unterschied zum
ersten Entwurf im Vorjahr nun das Umweltbundesamt
seine entscheidende Korrekturfunktion als Einverneh-
mensbehörde in den meisten Anwendungsbereichen wei-
ter wahrnehmen kann. Um so unverständlicher ist, dass
dieses Einvernehmen beispielsweise beim besonders ris-
kanten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahr-
zeugen oder bei der Saatgutbeize nicht realisiert wurde.
Der auch vom Bundesrat geforderte Mindestabstand der
Pflanzenschutzmittelanwendung zu Oberflächengewäs-
sern fehlt dagegen ebenso wie die in der EU-Rahmenge-
setzgebung vorgesehenen Sonderregelungen für „be-
stimmte Gebiete“ wie Trinkwasserschutzgebiete.

Wir fordern die Bundesregierung dringend auf, ihr
bisher passiv wie aktiv unterstütztes Agrarmodell und
damit auch die Novelle des Pflanzenschutzgesetzes
grundlegend zu korrigieren. Nur eine ökologisch zu-
kunftsfähige, qualitätsorientierte Landwirtschaft mit ei-
ner konsequenten Minimierungsstrategie beim Pflan-
zenschutzmitteleinsatz bietet den deutschen Landwirten
eine dauerhafte ökonomische Perspektive und Akzeptanz
in der Gesamtgesellschaft. Erst gestern bekamen wir
von Vertreterinnen und Vertretern vom Bund der Deut-
schen Landjugend im Agrarausschuss die diesjährige
Erntekrone überreicht. Mit Gesetzentwürfen wie der
heute vorgelegten Pflanzenschutzgesetz-Novelle setzt
die Bundesregierung nicht nur die biologische Vielfalt
und den Verbraucher- und Gewässerschutz, sondern
auch die Zukunft dieser jungen Menschen aufs Spiel.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713327000

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksachen 17/7317 und 17/7369 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist
nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 16:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Katja
Keul, Agnes Malczak, Monika Lazar, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

10 Jahre Frauen in der Bundeswehr

– Drucksache 17/7351 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu die-
sem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Es handelt
sich um die Reden folgender Kolleginnen und Kollegen:
Anita Schäfer, Karin Evers-Meyer, Burkhardt Müller-
Sönksen, Inge Höger, Katja Keul und Parlamentarischer
Staatssekretär Christian Schmidt.1)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/7351 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 18:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Franz-
Josef Holzenkamp, Peter Altmaier, Cajus Caesar,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Christel
Happach-Kasan, Rainer Erdel, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Fischartenschutz voranbringen – Vordringli-
che Maßnahmen für ein Kormoranmanage-
ment

– Drucksache 17/7352 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen, und zwar von den Kolle-
ginnen und Kollegen Cajus Caesar, Holger Ortel,
Christel Happach-Kasan, Jan Korte und Cornelia Behm.


Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1713327100

Die Erhaltung der Biodiversität muss allumfassend

behandelt werden und harmonisch erfolgen. Ich stimme
dem Bundesumweltminister Röttgen zu: Die Bewahrung
der Biodiversität und der Klimaschutz sind zwei zentra-
len Herausforderungen der Politik – und nicht nur der
Umweltpolitik. Wir, die Union, aber auch ich persönlich,
wollen das Miteinander von Umweltinteressen und wirt-
schaftlicher Entwicklung. Bei den Themen Biodiversität
und Artenschutz darf das Gleichgewicht nicht in Verges-
senheit geraten. Ein ausgewogener Artenschutz kann
nicht dem Schutz einer ausgewählten Art gleichgestellt
werden. Zudem darf er nicht nur über Wasser gelten,
und das betrifft auch den Kormoran.

Man könnte fragen: Warum sind vordringliche Maß-
nahmen für ein Kormoranmanagement nötig? Immerhin
wurde der Kormoran im vorigen Jahr vom NABU zum
Vogel des Jahres ernannt. Nun handelt es sich um einen
Vogel, der erhebliche Schäden verursacht und zudem
langlebig, mobil und äußerst anpassungsfähig ist. Er
jagt Fische in Trupps mit bis zu einigen Hundert Vögeln
und kann bis 40 Meter tief ins Wasser tauchen. Die

1) Anlage 24
Trupps können Fische zusammentreiben und Gewässer
völlig fischleer machen.

Die rasante Bestandszunahme des Kormorans in den
letzten dreißig Jahren hat gravierende Auswirkungen
auf die natürliche Fischfauna. Europaweit sind mittler-
weile etwa 600 000 Brutvögel vorhanden, die Gesamt-
zahl wird auf fast 2 Millionen Vögel geschätzt. Die Zahl
der Brutpaare in Deutschland ist seit den 80er-Jahren
von knapp 800 auf 23 500 im Jahr 2009 angestiegen.
Mit 47 000 Brutvögel und der Gesamtvogelzahl von
130 000 hat sich der Bestand der Kormorane seit 1990
vervierfacht. Alleine in Nordrhein-Westfalen konnten im
Jahr 2010 rund 1 000 Brutpaare verzeichnet werden.
Dies hat zusätzliche Auswirkungen auf Deutschland
durch Zugvögel, die sich hier vorübergehend aufhalten.
Gleichzeitig hat der Kormoranbestand auch in unseren
nordeuropäischen Nachbarländern zugenommen: Die
Zahl der durchziehenden oder überwinternden Vögel im
süd- und westdeutschen Raum ist hiermit deutlich ge-
stiegen.

Ein Kormoran verzehrt mit der täglichen Menge von
400 bis 500 Gramm einen voluminösen Fischbestand.
Dies entspricht einer Menge von 160 Kilogramm pro
Jahr. Mit über 2 Millionen Kormoranvögeln entsteht eu-
ropaweit ein täglicher Fischverlust von etwa 1 000 Ton-
nen, mit etwa 130 000 Kormorane in Deutschland mehr
als 20 000 Tonnen. Insbesondere kleinere Fischarten
und Jungtiere größerer Fischarten sind bedroht. Dies
ergibt eine weitere Problematik, die nach effektiven Lö-
sungsansätzen verlangt.

Heute müssen wir leider feststellen, dass die bisheri-
gen Erfolge trotz zahlreicher Artenschutzprogramme
eher bescheiden zu beurteilen sind. Einheimische Fisch-
arten wie Lachs, Äsche, Meeresforelle oder Aal gelten
weiterhin als ernsthaft gefährdet. Trotz Verbesserungen
der Wasserqualität sind europaweit bereits 38 Prozent
der Süßwasserfischarten in Gefahr. In Deutschland gel-
ten nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz so-
gar 74 Prozent heimischer Rundmäuler und Fischarten
als gefährdet oder ausgestorben. Dabei spiegelt ein ge-
sunder Fischbestand die Qualität eines Gewässers wider.
Das darf bei der Argumentation hinsichtlich der Kormo-
ranpopulation nicht in Vergessenheit geraten. Der mas-
sive Bestandszuwachs von Kormoranen hat eindeutig ne-
gative Auswirkungen auf unsere Ökosysteme und die
Artenvielfalt. Doch auch die Existenz unserer Fischerei
und Teichwirtschaft ist dadurch ernsthaft bedroht. Insbe-
sondere die kleineren teichwirtschaftlichen Familienbe-
triebe stehen unter starkem Preisdruck durch Importe
aus Ländern mit industriemäßiger Fischproduktion. Ihre
Marktposition können sie nur über hohe Qualität und
ausreichenden Bestand behaupten.

Dabei sind naturnahe Erzeugung und nachhaltige
Wirtschaftsweise Markenzeichen unserer Fischereiwirt-
schaft. Sie ist erhaltenswert und sollte nicht durch Total-
verluste gefährdet werden. Wir dürfen nicht vergessen,
dass die Fischerei ein traditioneller wirtschaftlicher Be-
standteil sowohl an unserer Küste als auch an Flüssen,
Seen und Teichen im ländlichen Raum ist. Auch im Tou-
rismusbereich trägt sie zur Wirtschaftskraft bei.

Cajus Caesar


(A) (C)



(D)(B)

Inzwischen ist auch wissenschaftlich nachgewiesen,
dass Kormorane sogar in Fischpopulationen freier Ge-
wässer großen Schaden anrichten und bedrohte Fisch-
arten massiv verringern. Doch was können wir dagegen
tun? Die Auswertung der bisherigen Erfahrungen weist
auf die Bekämpfung der Symptome hin. Bis jetzt wurden
lediglich optische oder akustische Abwehrmaßnahmen
vor Ort durchgeführt. Solche Maßnahmen wie Über-
spannungen mit Netzen oder Einsatz von Schutzkäfigen
haben sich als inneffizient und teuer erwiesen. Auch mit
anderen lokal angewandten Taktiken ist es bisher nicht
gelungen, dieses Problem in den Griff zu kriegen. Unser
Ziel muss die langfristige Bestandsregulierung sein. Wir
müssen uns der Ursachenbekämpfung widmen. Denn
nur mit einem erfolgreichen Populationsmanagement
können wir unsere Ökosysteme und Artenvielfalt wieder
ins Gleichgewicht bringen: effektiv, vergleichsweise
preiswert und mit deutlich geringeren Nebenwirkungen.
Dafür benötigen wir umgehend ein funktionierendes und
langfristiges Kormoranmanagement.

Das hat die CDU/CSU-Fraktion früh erkannt. Bereits
im Jahr 2008 setzte sich Frau Bundesagrarministerin
Aigner für ein europaweites Bestandsmanagement dieser
Vogelart ein und erntete Unterstützung ihrer Kollegen in
anderen Mitgliedstaaten. Weiterhin wurde auf Initiative
der Bundesministerin im Rahmen der Agrarministerkonfe-
renz Ende letzten Jahres eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe
„Kormoran“ eingerichtet. So konnte eine fachlich fun-
dierte Datengrundlage hinsichtlich des bundesweiten
Kormoranbestands, der gegebenen einschlägigen Rechts-
rahmen sowie der bereits realisierten Abwehrmaßnahmen
und fischereiwirtschaftlichen Schäden erfasst werden.

Auch der Koalitionsvertrag der Bundesregierung
sieht einen EU-weiten Managementplan für Kormorane
vor. Durch das Engagement der CDU/CSU-Bundestags-
fraktion wurde bereits eine entsprechende Initiative so-
wohl beim EU Fischerei- als auch beim Umweltrat ge-
startet. Diese Maßnahmen sind richtig und wichtig.
Doch langfristige Wirkung zeigen sie nur, wenn alle Be-
teiligten mitmachen. Die Kormorane lassen sich nicht
durch Ländergrenzen abhalten. Die Maßnahmen der
Bundesländer und der EU-Mitgliedstaaten müssen des-
halb zukünftig besser koordiniert werden. Dafür ist län-
gerfristig ein europaweiter Aktionsplan auf der EU-
Ebene erforderlich. Das Ziel ist es, eine nachhaltige eu-
ropaweite Bestandsregulierung einzusetzen und dessen
Auswirkungen zu beobachten.

Mit unserem Koalitionsantrag zum Kormoranmanage-
ment gehen wir deshalb noch einen Schritt weiter. Heute
fordern wir die Bundesregierung auf, vordringliche Maß-
nahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts beim
Artenschutz sowohl auf der Bundes- als auch auf der EU-
Ebene zu ergreifen. Für unsere Koalition ist der Fischar-
tenschutz genauso wichtig wie der Vogelschutz oder der
Tierschutz allgemein. Deshalb haben wir sowohl mit den
Naturschützern als auch mit den betroffenen Fischern
und Menschen aus dem Verarbeitungs- und Handelsbe-
reich den Dialog gesucht. Wir brauchen Regelungen, die
die gesamte ausgewogene Artenvielfalt genauso ernst
nehmen wie die Belange unserer Fischereiwirtschaft.
Zu Protokoll

Holger Ortel (SPD):
Rede ID: ID1713327200

Ich beginne meine Rede mit den gleichen Worten, wie

in der Debatte im April dieses Jahres, als wir über den
Antrag der Linken zum Kormoran sprachen: Der Arten-
schutz darf nicht an der Wasseroberfläche aufhören. Un-
ter dieses Motto möchte ich auch meine heutige Rede
stellen.

Beim Artenschutz an Land gibt es viele Erfolgsge-
schichten zu erzählen. Eine dieser Geschichten handelt
vom Kormoran. Aber das Thema Artenschutz unterhalb
der Wasseroberfläche ist keine Erfolgsgeschichte – bis-
lang. Es gibt einige bedrohte Fischarten. Und es gibt für
diese Fischarten Artenschutzprogramme. Aber diese Ar-
tenschutzprogramme drohen zu scheitern. Der Rück-
gang einzelner Fischbestände hat vielfältige Gründe.
Die fehlende Durchgängigkeit der Gewässer und der
teilweise noch schlechte ökologische Zustand der Ge-
wässer sind zwei dieser Gründe. Ein weiterer wesentli-
cher Grund ist der Kormoran.

Ich möchte heute aber nicht schon wieder einen
Überblick über die Entwicklung des Kormoranbestan-
des in den letzten 30 Jahren geben. Die Zahlen werden
zum einen immer wieder angezweifelt und wurden in der
Vergangenheit sehr oft wiederholt, so auch im Plenar-
protokoll der Debatte vom 7. April dieses Jahres. Wer
diese Zahlen also unbedingt nachlesen möchte, kann es
dort tun. Ich möchte aber den Bericht des Europaparla-
ments zum Kormoran erwähnen. Mein SPD-Kollege
Heinz Kindermann hat im Dezember 2008 einen Bericht
zum Kormoran vorgelegt. Dieser mündete in der am
4. Dezember 2008 verabschiedeten Entschließung des
Europaparlaments zur Erstellung eines Europäischen
Kormoranmanagementplans zur Reduzierung der zu-
nehmenden Schäden durch Kormorane für Fischbe-
stände, Fischerei und Aquakultur. Diese Entschließung
wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen. Die
Kommission ist aber nicht gewillt, sich auf diesem Feld
zu engagieren. Sie versucht immer wieder, den Mitglied-
staaten den schwarzen Peter zuzuschieben. Zuletzt ha-
ben wir gesehen, wie das Projekt Sustainable Manage-
ment of Cormorant Populations torpediert wurde.

Ich möchte aber auch auf die Aussagen der Koalition
in der Debatte vom April eingehen, denn diese waren in
Bezug auf ihren eigenen, den heute hier vorliegenden
Antrag bemerkenswert. Die Union hat den Antrag der
Linken mit dem Argument abgelehnt, dass es bei den un-
terschiedlichen Forderungen verschiedene Zuständig-
keiten gibt.

Wenn ich mir jetzt den vorliegenden Antrag ansehe,
stelle ich fest, dass es auch hier unterschiedliche Zu-
ständigkeiten gibt.

So liegt ein Teil Ihrer Forderungen in der Zuständig-
keit der Länder. Beispiele dafür sind die Forderungen
Nr. 5 und 8. Jetzt frage ich Sie: Lehnen Sie diesen Antrag
auch ab?

Weiterhin haben Sie sich in der Debatte für ein bun-
deseinheitliches Kormoranmanagement ausgesprochen.
Diese Forderung wurde nun stark abgeschwächt, es ist
noch von einer Harmonisierung der Kormoranverord-



gegebene Reden

Holger Ortel


(A) (C)



(D)(B)

nungen der Länder die Rede. Dass sich diese Forderung
in der Zuständigkeit der Länder bewegt, möchte ich nur
am Rande erwähnen. Sie haben sich offensichtlich ein-
fach die Forderungen der FDP zu eigen gemacht. Unsere
geschätzte Kollegin Christel Happach-Kasan vertritt
diese Standpunkte schon lange. Nur Ihr Bundesumwelt-
minister und einige Umweltpolitiker haben Ihnen immer
wieder Steine in den Weg gelegt. Ich frage mich nur, wa-
rum. Herr Röttgen hat sich nämlich in dieser Angelegen-
heit für gar nicht zuständig erklärt. Er will sich dem Kor-
moran erst wieder annehmen, wenn dieser in seinem
Bestand gefährdet ist. Davon sind wir ja nun nachweis-
lich weit entfernt. Der Herr Minister schlägt sich in die
Büsche. Aber nun haben Sie ja nach zähem Ringen einen
gemeinsamen Antrag geschrieben.

Ich möchte Sie an dieser Stelle an Ihren Koalitions-
vertrag erinnern. In diesem steht nämlich, dass Sie auf
europäischer Ebene auf die Erstellung eines Manage-
mentplans für Komorane drängen wollen. Es hat bereits
eine Initiative von Frau Aigner bei ihren Ministerkolle-
gen in den anderen EU-Mitgliedstaaten gegeben. Aber
diese Initiative ist im Sande verlaufen. Ein Drängen
konnte ich noch nicht erkennen. Ich hoffe, dass sie auf
diesem Gebiet noch mehr Initiative ergreifen werden.
Wir müssen beim Kormoran nämlich sehen, dass es
Menschen gibt, deren berufliche Existenz durch den
Kormoran zunichtegemacht wird. Es mussten schon ei-
nige Teichwirte den Betrieb einstellen. Das sind oftmals
über mehrere Generationen betriebene Familienbe-
triebe, die jetzt am Rande der Existenz stehen.

Unter Punkt 5 Ihres Antrages machen Sie Eingriffe in
Brutkolonien von Kormoranen von nachgewiesenen Ge-
fährdungen der Fischfauna abhängig. In der Vergangen-
heit wurde von Umweltverbänden immer wieder bestrit-
ten, dass der Kormoran am schlechten Zustand der
Fischfauna Schuld hat. Mit dieser Argumentation wird
es sehr schwer werden, Eingriffe in Brutkolonien zu er-
reichen. Deshalb müssen wir Parameter für den Zustand
des Kormorans festlegen, der Eingriffe in Brutkolonien
möglich macht bzw. bedingt.

Der Kormoran wurde, als es ihm schlecht ging, euro-
paweit unter Schutz gestellt. Warum sollen wir ihn jetzt
nicht auch europaweit managen? Die Vogelschützer ha-
ben seinerzeit doch offensichtlich erkannt, dass man die
Probleme des Kormorans nur europaweit und nicht etwa
lokal lösen kann. Gleiches gilt jetzt auch für die Gefah-
ren, die durch den Kormoran entstehen. So wie der Kor-
moran Anfang der 1980er-Jahre in Europa unterreprä-
sentiert war, so ist er nun überrepräsentiert. Auf die
Erstellung eines europäischen Managementplans für
Kormorane drängen heißt dicke Bretter bohren. Wir
werden zunächst aber über diesen Antrag im Ausschuss
zu beraten haben. Ich freue mich darauf.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1713327300

Der Schutz des Kormorans war überaus erfolgreich.

Die Kormorane haben sich so stark vermehrt, dass in-
zwischen eine Bestandsregulierung erforderlich gewor-
den ist. Es gibt in Europa keine Artenschutzmaßnahme,
die so durchgreifend gewirkt hat wie der Kormoran-
Zu Protokoll
schutz. Der Kormoran ist inzwischen Bestandsvogel
nicht nur an der Küste, sondern auch in den südlichen
Bundesländern, wo er in den letzten Jahrhunderten al-
lenfalls als seltener Irrgast anzutreffen gewesen ist. Er
gehört dort zu den invasiven Arten und bedroht Fisch-
arten in ihrem Bestand, die an das Fraßverhalten des
Kormorans nicht angepasst sind. Nach Angabe der
Bundesregierung auf Anfrage der Linken auf Drucksa-
che 17/980 ist die Anzahl der heimischen Brutpaare auf
etwa 24 000 gestiegen. Die europäische Population des
Kormorans wird von Wissenschaftlern auf etwa 600 000
erwachsene Brutvögel bzw. eine Gesamtzahl von bei-
nahe 2 Millionen Vögel geschätzt. Es gibt sehr viele
Brutvogelarten, bei deren Schutz wir uns so viel Erfolg
wünschen wie beim Kormoran.

Nach diesem Erfolg des Vogelschutzes ist es an der
Zeit, auch den Fischartenschutz und speziell den Schutz
autochthoner Fischbestände voranzubringen. Die Situa-
tion vieler bedrohter Fischarten hat sich in den letzten
Jahrzehnten weiter verschlechtert. Nach den Kriterien
der IUCN, der International Union for Conservation of
Nature and Natural Resources, sind 38 Prozent der Süß-
wasserfischarten Europas gefährdet oder vom Ausster-
ben bedroht. So sind beispielsweise die Bestände der
Äsche, Thymallus thymallus, dem Fisch dieses Jahres
2011, in den vergangenen zehn Jahren in verschiedenen
Gewässern zusammengebrochen. Laut Aussagen des
Bundesamtes für Naturschutz, BfN, gelten in Deutsch-
land 74 Prozent der heimischen Rundmäuler und Fisch-
arten als gefährdet oder ausgestorben. Es bleibt unver-
ständlich, warum der behördliche Naturschutz dennoch
eine Bestandsregulierung des Kormorans ablehnt, das
Bundesamt für Naturschutz in der Broschüre über die
Äsche sogar ein Grußwort verweigert hat.

Die Gefährdung von Fischbeständen ist genauso wie
die wirtschaftliche Belastung von Teichwirtschaften durch
den Kormoran vielfältig nachgewiesen worden. Ein Kor-
moran frisst pro Tag zwischen 240 und 1 000 Gramm
Fisch, so die Bundesregierung in Drucksache 16/706.
Die wirtschaftliche Belastung von Teichwirtschaften ist
unmittelbar einsichtig. Die fränkischen Teichwirte bezif-
fern den Verlust durch den Kormoran auf 60 Prozent.
Der Kormoranfraß hat vielfach ein Wirtschaften unmög-
lich gemacht und die Wertschöpfung in den ländlichen
Räumen erschwert. Viele Teichwirte in Mittelfranken
und in ganz Deutschland wollen deswegen aufhören,
ihre Teiche zu bewirtschaften. Der Erhalt der Kultur-
landschaft mit ihren über 4 000 Teichen allein in Fran-
ken ist dadurch gefährdet. Fränkische Teichwirte for-
dern deshalb ein europaweites Kormoranmanagement.

Es ist bemerkenswert, dass der NABU den Kormoran
zum Vogel des Jahres 2010 gemacht hat, obwohl er als
Besitzer der Blumberger Mühle in Brandenburg, einer
Karpfenteichwirtschaft, seine Teiche mit Fischen aus
einer tschechischen Satzfischaufzucht besetzen muss.
Diese Fische sind so groß sind, dass Kormorane sie
nicht mehr bewältigen können. Seit dem Jahr 2000 wer-
den jährlich über 50 Tonnen Satzkarpfen in die Teiche
der Blumberger Mühle gesetzt. Für einen gewerblichen
Binnenfischer oder Teichwirt ist ein solches Verfahren
viel zu teuer, unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ist



gegebene Reden

Dr. Christel Happach-Kasan


(A) (C)



(D)(B)

dieses Vorgehen abzulehnen. Es ließe sich durch ein
sinnvolles Kormoranmanagement vermeiden. Ebenso
brauchen die freiwilligen Bemühungen der Anglerver-
bände zum Gewässerschutz sowie zur Wiederansiede-
lung bedrohter Fischarten die Unterstützung durch ein
nachhaltiges Kormoranmanagement.

Ein wirkungsvoller Fischartenschutz erfordert einen
breiten Ansatz. Die Wasserqualität bzw. der Gewässer-
zustand von Fließgewässern muss vielerorts weiter ver-
bessert werden. Der Gewässerverbau durch die kleine
Wasserkraft zum Beispiel ist nur dann akzeptabel, wenn
Umgehungsmöglichkeiten für wandernde Fischarten ge-
schaffen werden. Nur so können sich bedrohte, autoch-
thone Bestände erholen oder ausgestorbene Arten wie-
der ansiedeln. Gleichzeitig ist es unabdingbar, den
Fraßdruck durch Raubtiere wie den Kormoran auf be-
drohte Bestände zu begrenzen.

Es besteht ein allgemeines Einverständnis, dass auch
aufgrund des Fehlens von Wolf und Bär, also Raubtie-
ren, die früher einmal bei uns heimisch waren, der
Mensch Reh-, Rotwild- und Damwildbestände bejagen
muss, um im Wald Schäden durch winterlichen Verbiss
zu mindern. Genauso muss an bestimmten Gewässern
der Kormoranbestand begrenzt werden, um bedrohte
Fischarten zu schützen, um autochthone Bestände vor
dem Aussterben zu bewahren. Nur so kann die innerart-
liche Biodiversität erhalten werden.

Mehr als 120 000 Unterschriften wurden für ein Kor-
moranmanagement gesammelt, in Ulm haben über 6 000
Menschen für das Kormoranmanagement demonstriert.
Ich bin erfreut, dass sich inzwischen die Linke unserer
Forderung nach einem Bestandsmanagement ange-
schlossen hat. In den Landtagen von Niedersachsen und
Schleswig-Holstein wurden Entschließungen verab-
schiedet, die auf ein europaweites Kormoranmanage-
ment und ein abgestimmtes und wirkungsvolles Vorge-
hen in Deutschland dringen.

Es gibt im Rahmen der einzelnen Kormoranverord-
nungen der Bundesländer bereits viele Beispiele für re-
gionale Aktivitäten, die eine Regulierung des Kormo-
rans zum Ziel haben. Allerdings ist der Kormoran ein
Wandervogel, und im Laufe des Jahres kommt es zu ei-
nem massenhaften Durchzug von Vögeln aus den nord-
europäischen Staaten, die zusätzlichen Druck auf be-
drohte Fischbestände ausüben. Regionale Maßnahmen
gegen den Kormoran sind richtig und wichtig. Aber
ohne eine Koordinierung dieser Maßnahmen innerhalb
Deutschlands und mit unseren Nachbarländern, also
ohne ein europäisches Kormoranmanagement, können
wir keinen sicheren und dauerhaften Artenschutz ge-
währleisten und Schaden von bedrohten Arten in heimi-
schen Gewässern abwenden.

Als Regierungskoalition sind wir uns der Wichtigkeit
eines Kormoranmanagements zum Wohle der Biodiver-
sität und des wirksamen Artenschutzes unter der Was-
seroberfläche bewusst. Mit diesem Antrag setzen wir ein
Ziel des Koalitionsvertrages um. Wir laden alle ein,
denen der Schutz unserer bedrohten Fischfauna, der Er-
halt wertvoller Teichflächen und ein ausgewogener Um-
Zu Protokoll
weltschutz am Herzen liegt, unseren Antrag zu unter-
stützen.


Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713327400

Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Koalitionsfrak-

tionen es nun endlich geschafft haben, einen Antrag zum
Kormoranmanagement zu erarbeiten, der – das begrüße
ich natürlich auch – in weiten Teilen sowohl in der Ana-
lyse als auch in der Zielsetzung dem Antrag der Linken
nahekommt, den wir im April dieses Jahres in den Bun-
destag eingebracht haben. Deshalb wundert es mich
ehrlich gesagt, warum Sie, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen von Union und FDP, so lange dafür gebraucht ha-
ben – Sie hätten einfach dem Antrag der Linken zustim-
men können.

Als am 7. April im Bundestag über den Antrag der
Linksfraktion „Ökosysteme schützen, Artenvielfalt er-
halten – Kormoranmanagement einführen“, Druck-
sache 17/5378, diskutiert wurde, haben sich alle Frak-
tionen mit Ausnahme der Grünen, die offenbar ein eher
selektives Verständnis von Natur- und Artenschutz ha-
ben, für ein Kormoranmanagement ausgesprochen. Die
Koalitionsfraktionen haben einen eigenen Antrag zum
Kormoranmanagement angekündigt, der praktisch nur
noch aus der Schublade geholt werden müsse. Dass Sie
nun so lange dafür gebraucht haben, würde ich Ihnen ja
eigentlich nachsehen. Sie haben aber genau diesen An-
trag als Grund dafür angeführt, den Antrag der Linken
von der Tagesordnung des Agrarausschusses am
13. April 2011 zu nehmen, um ihn dann dort am 11. Mai
mit den Stimmen der Jamaika-Koalition abzulehnen, um
dann wiederum fast ein halbes Jahr nichts zu machen.
Weil sich unser Antrag vom April diesen Jahres und Ihr
jetzt vorgelegter Antrag nur in wenigen Punkten von-
einander unterscheiden, frage ich mich, warum Sie die
paar Punkte, in denen Sie anderer Meinung sind als wir,
nicht als Änderungsantrag eingebracht haben. Dann wä-
ren wir in dieser Sache, in der sich offenbar ein großer
Teil dieses Parlaments einig ist, schon viel weiter, und
Sie hätten sich viel Arbeit erspart. Vor dem kommenden
Winter, in dem wieder Tausende Kormorane – gerade an
den nicht zugefrorenen Fließgewässern – massiven
Schaden anrichten werden, hätten es Fischereiberech-
tigte und Naturschützer gerne gesehen, dass der Bun-
destag in diesem Punkt einmal Einigkeit demonstriert
hätte, statt sich in kleinlichen parteipolitischen Aus-
einandersetzungen zu verlieren. Ich hätte das beim
Thema Kormoranmanagement für nicht möglich gehal-
ten; das muss ich an dieser Stelle einmal klar und deut-
lich sagen. Die Kormoranproblematik hätten Sie aus-
nahmsweise einmal sachlich und nicht ideologisch
handhaben können.

Nun aber zu Ihrem Antrag. Zuerst einmal möchte ich
einmal anerkennen, dass der vorliegende Antrag weiter
geht als der FDP-Antrag in der vergangenen Legislatur-
periode. Die Koalitionsfraktionen haben es offenbar
verstanden, dass wir nicht länger auf Europa warten
können, sondern dringend eine bundesweite Koordina-
tion von Maßnahmen gegen die viel zu hohe Kormoran-
population brauchen. Das ist zuerst einmal sehr zu be-
grüßen.



gegebene Reden

Jan Korte


(A) (C)



(D)(B)

Warum ein bundesweites Kormoranmanagement not-
wendig ist, sollte heute mittlerweile bekannt sein; die
Argumente dafür haben wir bereits Anfang April im Ple-
num ausgetauscht. Zwei regionale Beispiele aus der
jüngsten Zeit möchte ich aber hier noch einmal anfüh-
ren. In den Gewässern Südsachsens ist der Bestand an
Äschen 2010 auf 7 Prozent der Bestandes des Jahres
2001 reduziert worden, das hat eine Auswertung der
Fangmeldungen ergeben. Und in Brandenburg sinkt
nicht nur die Menge an produziertem Fisch, auch die Ar-
beitsplätze nehmen ab, und immer weniger junge Men-
schen sehen in der Fischereiwirtschaft eine Zukunftsper-
spektive. Die kommerzielle Fischerei stellt wie auch die
Freizeitfischerei und der damit verbundene Tourismus
gerade im Osten der Republik große Entwicklungs-
potenziale dar. Wenn wir die nicht mehr von der Natur
zu kompensierenden, von Kormoranen verursachten
Schäden sowohl in den Flüssen als auch in den Seen und
Teichwirtschaften nicht begrenzen, vergeben wir dieses
Potenzial und entscheiden uns gegen regionale Wirt-
schaftskreisläufe, regionale Produktion und regionalen
Tourismus. Das kann doch niemand ernsthaft wollen,
erst recht nicht die Grünen, bei denen diese Schlagworte
in jeder zweiten Broschüre zu finden sind. Sie, liebe Kol-
leginnen und Kollegen von den Grünen, hätten beim
Kormoranmanagement einmal die Chance, zu widerle-
gen, dass Sie sich bei Ihrer Artenschutzpolitik an der op-
tischen Attraktivität von Tieren orientieren. Mit Ihrer
Einstellung könnten Sie einen Zoo leiten, aber vom Ar-
tenschutz sollte man mit dieser Einstellung die Finger
lassen. Denn Artenschutz endet nicht an der Wasser-
oberfläche.

Wir sind uns offenbar einig, was die Regulierung des
Kormoranbestandes zum Beispiel durch Maßnahmen
zur Steuerung der Reproduktion angeht. Wir fordern die
Einhaltung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sowie die
Gleichwertigkeit von Arten unter und über Wasser. Die
Kollegin Stauche hat ja in ihrer Rede zum Kormoran-
antrag der Linken gesagt, ein bundeseinheitliches Kor-
moranmanagement müsse an die Realität angepasst
werden. Das, finde ich, ist eine richtige Aussage. Des-
halb finde ich es auch gut, dass Sie sich an unserem rea-
listischen Konzept ausgerichtet haben.

Auch wenn die Richtung Ihres Antrags grundsätzlich
richtig ist, bleibt er dennoch in einigen Punkten hinter
unserem zurück, zum einen bei den Partnerinnen und
Partnern, mit denen ein Management des Kormoranbe-
standes entwickelt wird. Sie nennen hier nur die Bundes-
länder. Deren Zuständigkeitsbereiche sind gerade in
diesem Bereich klar, und deshalb ist die Entwicklung
und Koordinierung von Maßnahmen mit den Ländern
eine Selbstverständlichkeit. Wir fordern in unserem An-
trag die Beteiligung von Fischerei-, Naturschutz- und
Angelverbänden an der Planung und vor allem auch an
der Zielsetzung eines Kormoranmanagements. Bevor
wir mit einem Management beginnen, muss doch erst
einmal geklärt werden, wie hoch eigentlich das Be-
standsziel beim Kormoran sein sollte. Darüber gibt es
seit Jahren fachliche, aber eben auch sehr emotional ge-
führte Diskussionen; das dürfte auch Union und FDP
nicht entgangen sein. Die Einbeziehung der betroffenen
Zu Protokoll
Interessenverbände soll nicht nur wegen des Sachver-
stands von Fischern und Naturschützern geschehen,
sondern auch, um alle Beteiligten in ein Boot zu holen
und am Ende einen Konsens zu erreichen. In Dänemark
hat dies geklappt, vielleicht schaffen wir es in der Bun-
desrepublik auch.

Zum Zweiten fehlt es bei Ihnen an einer Entschädi-
gungsregelung für betroffene Fischereiberechtigte und
Teichwirte. Klar können Sie sagen, das ist Sache der
Länder. Aber das sind die Kormoranverordnungen auch,
die Sie harmonisieren wollen – auf einem guten Niveau,
hoffe ich, und nicht auf dem kleinsten gemeinsamen
Nenner. Es gilt hier für alle, an einem Strang zu ziehen
und dafür zu sorgen, dass es überhaupt einmal in allen
Ländern Entschädigungszahlungen gibt, die sich an ver-
gleichbaren Kriterien orientieren.

Und drittens hätte ich mich gefreut, wenn Sie unseren
Vorschlag eines grenzübergreifenden Kormoranma-
nagements im Ostseeraum als ersten Schritt zu einem
europäischen Kormoranmanagement auch übernommen
hätten. Das könnte man als Ergänzung ja noch aufneh-
men.

In unserer Debatte im April habe ich deutlich ge-
macht, dass die Linke zu einem konstruktiven Dialog be-
reit ist, um über die Parteigrenzen hinweg konkrete Lö-
sungen für den Artenschutz, für die Fischerei und für
über 3 Millionen Anglerinnen und Angler in der Bundes-
republik zu finden. Im Gegensatz zu Ihnen bewerten wir
Anträge am Inhalt – und nicht daran, wer sie verfasst
hat. Ich fordere Sie auf, sich bei den zukünftigen Bera-
tungen ebenso offen für eine gemeinsames Vorgehen in
dieser Sache zu zeigen. Und ich hoffe sehr, dass Ihr An-
trag nach dieser ersten Lesung nicht wieder für Monate
in den Schubladen verschwindet, sondern zügig mit
Maßnahmen begonnen werden kann. An uns wird es
nicht scheitern.

Zum Schluss möchte ich noch denjenigen danken, die
trotz erheblicher Rückschläge immer daran festgehalten
haben, die Artenvielfalt in den Gewässern zu erhalten.
Ohne die Besatzmaßnahmen der Fischerei und der Ang-
lerverbände müssten wir heute von vielen Fischarten in
der Vergangenheitsform reden. Diesem unermüdlichen
Einsatz gilt unser voller Respekt.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713327500

Der Koalitionsantrag zum Fischartenschutz und zum

Kormoranmanagement ist ein Etikettenschwindel; denn
in ihm geht es weder um einen umfassenden Fischarten-
schutz noch um ein planvolles Kormoranmanagement.
Er fordert schlicht eine ziellose Dezimierung der Kor-
moranbestände, ohne dass populationsökologisch über-
haupt ermittelt werden soll, was denn eine tragbare Be-
standsgröße überhaupt wäre, die sowohl den Erhalt der
Kormoranbestände als auch der zu schützenden Fisch-
arten gewährleistet. Das aber müsste Ausgangspunkt ei-
nes Kormoranmanagements sein. Dass die Regierungs-
fraktionen eine solche Bedingung aber nicht einmal
formulieren, spricht Bände.



gegebene Reden





Cornelia Behm


(A) (C)



(D)(B)

Der Antrag wird in seiner Armseligkeit aber auch
sonst davon geprägt, was er an Fakten und Sachverhal-
ten weglässt. So liefert er zum Beispiel keinerlei Analyse
der europäischen und der deutschen Rechtslage, die nun
einmal der Rahmen für die geforderten Eingriffe in die
Kormoranpopulation ist. Die Antragsteller verschließen
die Augen vor den Grenzen, die das Europarecht und
auch das Bundesrecht Eingriffen in die Kormoranpopu-
lationen setzt. Die von Ihnen geforderten Maßnahmen
– eine schrittweise Verminderung des Brutvogelbestan-
des auf ein unbestimmtes Niveau und eine grundsätzliche
Verhinderung von Neugründungen von Kormorankolo-
nien – sind so jedenfalls nicht erlaubt. Rechtskonforme
Vorschläge zu wirksamen Eingriffen in die Kormoran-
populationen, die den Zweck des Fischartenschutzes er-
füllen, ohne Kollateralschäden an anderen geschützten
Arten zu verursachen, finden sich in diesem Koalitions-
antrag nicht.

Da aber aus dem Antrag nicht ersichtlich ist, dass
eine Rechtsänderung angestrebt wird, wird es bei dem
bleiben, was bereits heute möglich ist: bei Kormoran-
verordnungen der Bundesländer zur Abwehr fischwirt-
schaftlicher Schäden. Die Länder können diese unter
Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse im
Sinne eines effektiven Schutzes der betreffenden Binnen-
fischereibetriebe vor Schäden durch den Kormoran opti-
mieren und harmonisieren, mehr aber auch nicht. Und
das müssten die Koalition eigentlich auch wissen.

Man kann sicherlich darüber diskutieren, ob eine
Ausweitung der Möglichkeit zu regional begrenzten Ein-
griffen zukünftig auch zum Schutz bestimmter natürli-
cher Gewässer und gefährdeter Arten sinnvoll ist, so wie
man vonseiten des Naturschutzes zu dem Schluss
kommen kann, dass in bestimmten Schutzgebieten die
Prädation durch bestimmte Beutegreifer für bestimmte
geschützte Arten ein Problem ist und deswegen regional
begrenzt in die Population dieser Beutegreifer eingegrif-
fen werden sollte. Das EU-Recht dürfte dies erlauben.
Dabei muss aber gewährleistet sein, dass es weder für
den Bestand des geschützten Kormorans noch für an-
dere geschützte Arten erhebliche nachteilige Wirkungen
gibt. Wie das gewährleistet werden kann, damit befasst
sich der Antrag mit keinem Wort.

Aber der Antrag lässt noch mehr wichtige Fakten ein-
fach weg. So wird zwar richtigerweise dargelegt, dass
zahlreiche Süßwasserfischarten in Europa und insbe-
sondere in Deutschland gefährdet sind. Und das ist in
der Tat ein Problem, das die Politik anpacken muss. Als
Grund für diese Gefährdung wird aber nur ein einziger
genannt: die gewachsenen Bestände des Kormorans.
Das ist von atemberaubender Schlichtheit. Dass diese
Gefährdung auch etwas damit zu tun hat, dass ein Groß-
teil unserer Gewässer stark verbaut, begradigt und
durch eine Kaskade von Staustufen inklusive Wasser-
kraftwerken beeinträchtigt sind, davon erfährt man ge-
nauso wenig wie über die Rolle von Gewässerbelastun-
gen und Überdüngung der Gewässer durch nach wie vor
sehr hohe Stickstoffüberschüsse in der Landwirtschaft.
Entsprechende Gegenmaßnahmen fehlen folglich. Der
monokausale Ansatz, der uns hier von der Koalition vor-
gelegt wird, ist selbst dann inakzeptabel, wenn man zu
dem Ergebnis kommt, dass die Kormoranbestände tat-
sächlich ein Teil des Problems beim Fischartenschutz
sind, worüber sich der Naturschutz keinesfalls einig ist
und wofür der Antrag Belege schuldig bleibt.

Zusammengefasst ist festzuhalten: Die Koalition tut
so, als könnten der Bund, die Länder und die EU im
Rahmen des geltenden Rechts die Kormoranbestände
dezimieren. Damit täuscht und verschaukelt sie die vie-
len Fischer und Angler, die Hoffnungen auf sie gesetzt
haben, und weckt Erwartungen, die absehbar nicht er-
füllt werden können. Mit diesem Antrag ist klar, dass von
den vollmundigen Versprechungen der FDP und der
schwarz-gelben Koalition an die Fischer und Angler in
Sachen Kormoran auch weiterhin rein gar nichts in die
Tat umgesetzt werden wird. Der Antrag ist ein reiner
Schaufensterantrag zur Beruhigung von Fischern und
Anglern, denen FDP und Union vollmundig Wahlver-
sprechen gemacht haben. Das ist aber eine Rechnung,
die nicht aufgehen wird.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713327600

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/7352 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 20:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Vierundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung
des Bundesausbildungsförderungsgesetzes

– Drucksache 17/7334 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Haushaltsausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen, und zwar von den Kolle-
gen Stefan Kaufmann, Swen Schulz, Patrick Meinhardt,
Nicole Gohlke, Kai Gehring und Helge Braun.


Dr. Stefan Kaufmann (CDU):
Rede ID: ID1713327700

Heute beraten wir in erster Lesung das Vierundzwan-

zigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsför-
derungsgesetzes. Hintergrund ist eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom Juni diesen Jahres, der-
zufolge Absolventen von Studiengängen mit Mindeststu-
dienzeiten bei der Gewährung eines Teilerlasses nicht
benachteiligt werden dürfen. Diese Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts werden wir jetzt fristgerecht
umsetzen. Darum geht es, meine Damen und Herren,
und um nichts anderes!

Noch einmal zum Verständnis: Bei einem Studienab-
schluss vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchst-
dauer bekommen die Studenten einen großen Teilerlass,
bei einem Abschluss zwei Monate vor Ablauf der Förde-
rungshöchstdauer einen kleinen Teilerlass. Im vorlie-
genden Fall hatte ein Medizinstudent aus Thüringen
Verfassungsbeschwerde eingereicht. Er hatte in den

Dr. Stefan Kaufmann


(A) (C)



(D)(B)

90er-Jahren BAföG bekommen und sein Studium zügig
beendet. Genau wie seine ostdeutschen Kommilitonen
hatte er jedoch keine Chance auf den großen Teilerlass.
Während die Förderungshöchstdauer in Medizin in den
alten Bundesländern noch bis 1993 bei 13 Semestern
und die Mindeststudienzeit bei 12 Semestern lag, betrug
die Förderungshöchstdauer in den neuen Bundeslän-
dern 12 Semester und 3 Monate bei identischer Mindest-
studienzeit. Somit konnte der Medizinstudent aus
Thüringen gar nicht vier Monate vor Ende der Förde-
rungshöchstdauer sein Studium beenden und den großen
Teilerlass bekommen. Der Student hatte sein Studium
nach 12 Semestern und einem Monat abgeschlossen,
also zwei Monate vor Ende der Förderungshöchstdauer
in den neuen Bundesländern. Folglich wurde dem Stu-
denten nur der kleine Teilerlass von 2 000 DM gewährt.
In den alten Bundesländern hätte der Student sein Stu-
dium bei gleicher Studiendauer aber 5 Monate vor dem
Ende der Förderungshöchstdauer beendet und damit
den großen Teilerlass von 5 000 DM erhalten. Somit
wurde der Thüringer Medizinstudent einerseits gegen-
über Studenten benachteiligt, in deren Fächer es keine
Mindeststudienzeit gibt, und andererseits gegenüber
Medizinstudenten aus den alten Bundesländern.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entschei-
dung vom 21. Juni 2011 erklärt: „§ 18b Abs. 3 Satz 1 Bun-
desausbildungsförderungsgesetz ist mit Art. 3 Abs. 1 GG
unvereinbar, soweit es Studierenden wegen Rechtsvor-
schriften zu einer Mindeststudienzeit einerseits und zur
Förderungshöchstdauer andererseits objektiv unmög-
lich ist, einen sogenannten großen Teilerlass zu erhal-
ten.“ Das Bundesverfassungsgericht führt über den ent-
schiedenen Fall hinaus aus, dass auch in allen anderen
nicht bestands- und rechtskräftigen bzw. zukünftigen
Fällen, in denen ein großer Teilerlass aufgrund objekti-
ver Unmöglichkeit nicht erreicht werden kann, § 18 b
Abs. 3 BAföG nicht mehr angewendet werden darf. Mit
diesem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht
eine Regelung als zum Teil verfassungswidrig aufgeho-
ben, die auch von der Regierungskoalition als ungeeig-
nete Maßnahme zur Förderung besonderer Studienleis-
tungen angesehen wurde, dies unter anderem gerade
wegen der zwischenzeitlich nicht mehr zu gewährleis-
tenden Einzelfallgerechtigkeit. Dementsprechend wurde
bereits mit dem 23. BAföGÄndG im Jahre 2010 das Aus-
laufen dieser Regelung beschlossen. Aus Gründen des
Vertrauensschutzes für diejenigen Studierenden, die be-
reits mit Blick auf die Erreichung des Teilerlasses beson-
dere Studienanstrengungen unternommen haben, wurde
eine Übergangszeit für das Auslaufen der angegriffenen
Regelung bis zum 31. Dezember 2012 beschlossen.
Dementsprechend betrifft die jetzige Neuregelung nur
die Übergangszeit bis Ende 2012. Zudem dürfte sie auch
nur in wenigen Fällen zum Zuge kommen, da die Decke-
lung der Rückzahlungssumme bei 10 000 Euro dem Teil-
erlass vorgeht. Abschließend wurde dem Gesetzgeber
vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben, bis zum
31. Dezember 2011 die entsprechende Vorschrift verfas-
sungskonform zu gestalten und die Darlehensteilerlasse
bei frühzeitigem Studienabschluss neu zu regeln.

Dieser Vorgabe kommen wir mit dem vorgelegten Ge-
setzentwurf im Sinne der Betroffenen nach. Wir wollen si-
Zu Protokoll
cherstellen, dass für die Übergangszeit kein Studierender
von vornherein allein deshalb von einem großen oder
kleinen Teilerlass nach §18b Abs. 3 Satz 1 und Satz 2
BAföG ausgeschlossen ist, weil ihm ein ausreichend
frühzeitiger Abschluss noch vor Ablauf der Förderungs-
höchstdauer durch das Zusammenspiel der Regelungen
über Mindeststudiendauer, Förderungshöchstdauer und
über den seiner Einflussnahme entzogenen Prüfungsab-
lauf objektiv unmöglich gemacht wird. Dafür werden im
Gesetz rechtlich verbindlich vorgeschriebene Mindest-
ausbildungszeiten einschließlich erforderlicher Prü-
fungszeiten bei der Gewährung eines Geschwindigkeits-
teilerlasses nach § 18b Abs. 3 BAföG künftig nach den
Maßgaben der neuen Abs. 4 und 5 gesondert berück-
sichtigt.

Was passiert nun, wenn sich Prüfungszeiten an reine
Mindeststudienzeiten anschließen, die allein in einer
Rechtsvorschrift bestimmt sind, ohne dass dort auch die
gesamte Dauer der Mindestausbildungszeit ausdrück-
lich bestimmt wird? Dann werden diese Prüfungszeiten
zusätzlich mit der Dauer angesetzt, die in diesen Stu-
diengängen für einen erfolgreichen Studienabschluss
auch noch nach Ablauf der Mindeststudienzeit regelmä-
ßig erforderlich ist. In diesen Fällen bemisst sich die für
den Teilerlass zusätzlich maßgebliche Prüfungsdauer
unmittelbar nach der Rechtsvorschrift. Dies gilt jeden-
falls dann, wenn – wie beim Studium der Humanmedizin
– ein kalendarisch festgelegter Zeitraum bestimmt ist,
innerhalb dessen die Prüfungen abgenommen werden.
Zu regeln sind auch Studiengänge, in denen trotz gere-
gelter Mindeststudienzeit die Dauer der Prüfungszeit
noch nach Ablauf der Mindeststudienzeit zusätzlich an-
zusetzen ist. Kann die Prüfungszeit nicht unmittelbar
aus der maßgeblichen Regelung entnommen werden, so
wird für die Teilerlassberechtigung pauschal eine
dreimonatige Prüfungszeit als erforderlich vermutet.
Diese drei Monate werden zudem zusätzlich zur Min-
deststudienzeit der Erlassentscheidung als insgesamt
maßgebliche Mindestausbildungszeit zugrunde gelegt.
Somit ist kein Studierender mehr allein deshalb von ei-
nem großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 BAföG ausge-
schlossen, weil ihm ein frühzeitigerer Abschluss noch
vor Ablauf der Förderungshöchstdauer objektiv unmög-
lich gemacht wird. Dementsprechend kommt die CDU/
CSU-Fraktion mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nach und
schließt eine bestehende Ungerechtigkeitslücke.

Forderungen der Opposition nach Aktionismus und
größeren Änderungen in der BAföG-Gesetzgebung sind
auch vor dem Hintergrund der rot-grünen BAföG-Bilanz
von 1998 bis 2005 absolut unglaubwürdig. Hier werden
wir weiter auf rot-grün oder rot-rot regierte Bundeslän-
der warten, die sich im Bundesrat für BAföG-Erhöhun-
gen starkmachen. Weitergehende Diskussionen über das
BAföG werden wir im nächsten Jahr nach dem Vorliegen
des nächsten BAföG-Berichtes führen.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1713327800

Mit großer Freude feiern wir in diesem Jahr das

40-jährige Bestehen des BAföG. Das BAföG – es ist und
bleibt eine große Erfolgsgeschichte. 1971 unter Bundes-
kanzler Willy Brandt eingeführt, ermöglicht dieses



gegebene Reden

Swen Schulz (Spandau)



(A) (C)



(D)(B)

Gesetz, dass sich Millionen von Menschen ein Studium
leisten konnten und bis heute können. Auch Bundes-
ministerin Schavan hat zu den Feierlichkeiten öffentlich
bekundet, dass für sie das BAföG eine für das Studium
ermutigende Rolle gespielt hat. Das Entscheidende für
den Erfolg ist dabei der Rechtsanspruch. Alle, die finan-
zielle Hilfe benötigen, können sich darauf verlassen,
dass sie etwas erhalten, und ausrechnen, was sie erhal-
ten. So konnte 40 Jahre lang erfolgreich Gerechtigkeit in
der Studienförderung organisiert werden. Und damit das
so bleibt, muss das BAföG ständig weiterentwickelt und
aktuellen Erfordernissen angepasst werden.

Nun könnte man meinen, die Regierungskoalition
hätte dies erkannt. Dann schaut man aber auf dieses
24. BAföG-Novellierungsgesetz und findet nichts weiter
als das formell Gebotene. Lediglich die Teilerlassrege-
lung, die das Bundesverfassungsgericht teilweise als
verfassungswidrig erklärt hat, wird korrigiert. Sonst
nichts, sonst bleibt alles beim Alten. Das also ist das Ge-
schenk der Koalition zum 40. Geburtstag. Da erlebt die
Geburtstagsfeier eher verzogene Gesichter. Sie haben
sich bei der Auswahl des Geschenkes augenscheinlich
nicht wirklich Mühe gegeben. Das Ergebnis ist eine
bunte Geschenkverpackung mit leerem Inhalt.

CDU/CSU und FDP wissen selber, dass – wenn man
schon eine Änderung des Gesetzes durchführt – noch ei-
nige bekannte Problemstellen des BAföG-Gesetzes zu-
sätzlich hätten aufgegriffen werden können. Politik heißt
nicht nur verwalten, Politik heißt auch gestalten. Nicht
nur wir als Oppositionspartei, auch die Sachverständi-
gen und Experten haben im vergangenen Jahr mehrfach
darauf hingewiesen, dass die 23. BAföG-Novelle nicht
ausreichend ist und das Ziel, mehr betroffenen Men-
schen ein Studium zu ermöglichen, nicht zufriedenstel-
lend erreicht wird. Die von der Bundesregierung vorge-
schlagene Änderung des BAföG-Gesetzes ist durch die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unweiger-
lich notwendig, ohne Frage. Von einer Regierungskoali-
tion hätte ich – und vor allem Hunderttausende Studie-
rende ebenso – nach aller Kritik und konstruktiven
Vorschlägen aber deutlich mehr erwartetet. Was die Ko-
alition stattdessen tagtäglich in der Hochschulpolitik
treibt, bleibt ein Marathon der Ankündigungen, bei dem
aber anschließend die Ziellinie nie erreicht wird und
Chancen vertan werden.

Bei allen Erfolgen des BAföG: Noch immer hindern
finanzielle Gründe Menschen daran, ein Studium aufzu-
nehmen. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion sind uns
dessen klar; denn wir verstehen Bildung als ein Men-
schenrecht, und nicht als Privileg. Wir haben das bereits
im vergangenen Jahr mit einem umfassenden Antrag deut-
lich gemacht. Wir wollen, dass für jeden Einzelnen und
jede Einzelne der bestmögliche Bildungsabschluss mög-
lich ist, unabhängig von den finanziellen Voraussetzungen
der Eltern. Was uns dagegen als 24. BAföG-Novellierung
angeboten wird, ist schlicht lustlos und unzureichend. Da-
bei liegen die Handlungsfelder offensichtlich auf der
Hand. Einerseits sind wir an der Hochschule heute mit un-
terschiedlichsten Bildungsbiografien konfrontiert. Der ge-
radlinige Weg vom Abitur zum Studium zum Abschluss ist
nicht mehr selbstverständlich. Hinzu kommen neue He-
Zu Protokoll
rausforderungen durch Studierende mit Kind, Studierende,
die Angehörige pflegen, Teilzeitstudierende oder Studie-
rende mit berufsbegleitendem Studium.

Zudem haben wir mit Bachelor und Master nun zwei
mögliche Studienphasen etabliert, in denen sowohl ein
konsekutiver Übergang als auch zeitversetztes Master-
studium möglich sind. Daraus entstehen neue Lücken
während des Studiums als auch neue Varianten. Das bis-
herige BAföG aber gibt auf diese veränderten Rahmen-
bedingungen keine ausreichende Antwort. Wo sind in
dieser BAföG-Novelle Anpassungen an Teilzeitstudie-
rende? Wo sind die Anpassungen an das neue gestufte
Studiensystem? Wo ist das BAföG, das genauso flexibel
einsetzbar ist, wie Sie es von den Studierenden erwar-
ten? Nichts davon findet sich in diesem Gesetz.

Auch für individuellen oder zeitlich begrenzten finan-
ziellen Bedarf haben Sie, liebe Regierungskoalition,
keine Antworten im BAföG-Gesetz. Noch immer fallen
etliche Studierende durch das BAföG-Netz, da das Ein-
kommen ihrer Eltern nicht groß ist, aber knapp an der
Grenze liegt. Dieses sogenannte Mittelstandsloch führt
dazu, dass diese entweder gar keine oder nur eine gerin-
gere Finanzierung erhalten. Wer sich zudem während
des Studiums ehrenamtlich betätigt oder sich für Aus-
landssemester entschieden hat, kommt beim Studienab-
schluss schnell in finanzielle Nöte, da dann oftmals auch
die Erwerbsarbeit zurückgefahren werden muss. Was
haben Sie diesen Studierenden zu bieten?

Wir haben auf diese akuten Probleme reagiert und be-
reits im letzten Jahr Antworten präsentiert. Wir schlagen
eine weitere Erhöhung der Freibeträge um 7 Prozent und
der Förderbeträge um 1 Prozent sowie eine zweite Ein-
kommensgrenze mit einem Nullzinsdarlehen vor. Damit
wollen wir die Lücke weiter schließen und eine flexiblere
Förderung in breite Bevölkerungsschichten hinein eröff-
nen. Wir wollen auf die neuen Herausforderungen der
neuen Studienstruktur reagieren und das BAföG den
neuen Rahmenbedingungen anpassen. Dazu zählen Ände-
rungen für ein flexibleres BAföG, das die Vielfalt individu-
eller Bildungsbiografien stärker berücksichtigt.

Um Studierende in der Studienabschlussphase nicht
in akute Geldnöte und somit zwangsweise in Kreditpro-
gramme zu drängen, wollen wir die Förderhöchstdauer
auf bis zu zwei Semester über der Regelstudienzeit anhe-
ben. Auch für die Pflege von Angehörigen wollen wir
eine Verlängerung der Bezugsdauer ermöglichen. Dazu
zählt auch die Anerkennung einer Schwangerschaft so-
wie die Erziehung von Kindern künftig bis zum 14. Le-
bensjahr statt wie bisher bis zum 10. Lebensjahr. Das
alles nennt man Flexibilisierung und Familienfreund-
lichkeit des BAföG. Was hat die Koalition diesen Men-
schen anzubieten?

Jetzt wäre auch für Sie die Gelegenheit gewesen, Ver-
säumnisse aus dem letzten Jahr gutzumachen. Es war
Zeit genug, um über unsere konstruktiven Vorschläge
nachzudenken, auch über die Verbesserungsvorschläge
der Sachverständigen und Experten. Von der Koalition
aber kommt leider nichts. Sie schweigt sich in ihrem Ge-
setzentwurf zu diesen Themen aus und lässt damit die
Betroffenen erneut im Stich.



gegebene Reden

Swen Schulz (Spandau)



(A) (C)



(D)(B)

Ich lade herzlich dazu ein, alle damals diskutierten
Vorschläge noch einmal intensiv durchzugehen. Da ste-
hen zahlreiche weitere Vorschläge drin, die auch dieser
„Novelle“ gut zugestanden hätten.

Wir dagegen wollen kurz- und mittelfristige Verbesse-
rungen, die den jetzigen Studierenden und Studieninte-
ressierten eine starke und flexible BAföG-Förderung
anbietet und auf individuelle Bildungswege und Heraus-
forderungen während des Studiums adäquat eingeht.
Damit machen wir das BAföG weiter zukunftsfest. Wer
jedoch Zukunft gestalten will – und das sollte eigentlich
auch der Wunsch der Regierungskoalition sein –, der
darf an diesem Punkt nicht verharren. Wir machen uns
deshalb bereits heute Gedanken darüber, wie das BAföG
zukünftig als flexibles und angepasstes Finanzierungs-
modell unterschiedlichen Bedürfnissen und Lebenswe-
gen Rechnung tragen, neue gesellschaftliche und beruf-
liche Herausforderungen angemessen berücksichtigen
und durch mutige Schritte eines sozialen und gerechten
Bildungsfinanzierungssystems dem drohenden Fach-
kräftemangel und den gestiegenen Bildungsanforderun-
gen unserer Gesellschaft erfolgreich begegnen kann.

Die Regierungskoalition hat weder Antworten auf die
heutigen Probleme und Herausforderungen noch den nö-
tigen Weitblick für die Fragen der Zukunft. Stattdessen
klammert sie sich weiterhin an ihr Nationales Stipendien-
programm, das bislang als gescheitert angesehen werden
kann, und nutzt das BAföG nur noch als Alibiveranstal-
tung. Dieser Entwurf zum 24. BAföG-Änderungsgesetz ist
der beste Beweis dafür. Aber es ist ja nicht zu spät. Wir
machen der Koalition einen konstruktiven Vorschlag: Wir
klammern bei dieser Novelle alle politisch besonders
kontroversen Themen aus und konzentrieren uns auf die
wichtigsten organisatorisch-technischen Fragen. Dazu
gehört ganz sicher der BAföG-Bezug beim Übergang
vom Bachelor in den Master, aber auch die Frage des
Umganges mit Studierenden mit Kindern und mit pflege-
bedürftigen Angehörigen. Darüber hinaus gibt es einige
Punkte hinsichtlich der Vereinfachung der Verfahren.
Wenn wir uns zusammensetzen, finden wir sicher ge-
meinsam einige Punkte, die wir im Interesse der Studie-
renden verbessern können. Ich setze darauf, dass die
Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP bei
den Beratungen dieses Gesetzes offen für eine solche
Debatte sind und nicht nur einfach den Gesetzentwurf
durchwinken.


Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1713327900

Das Bundesverfassungsgericht hat beim Teilerlass

zum BAföG eine Entscheidung gefällt, die Koalitions-
fraktionen haben schnell gehandelt, und jetzt liegt der
Gesetzentwurf vor. Die FDP-Fraktion hat dieses Urteil
gleich begrüßt. Es schließt eine Gerechtigkeitslücke.
Der heutige Gesetzentwurf setzt dieses um. Deswegen
sollten in diesem Hohen Haus auch alle zustimmen. Wir
müssen jetzt einen zeitlichen Korridor schließen und
rechtliche Sicherheit einräumen für circa 1100 Perso-
nen.

Bei der umfassenden BAföG-Modernisierung des ver-
gangenen Jahres war auch dieser Teilerlass schon Ge-
Zu Protokoll
genstand und ist ab 1. Januar 2013 ohnehin außer Kraft
gesetzt. Hier haben die Regierungsfraktionen schon um-
sichtig und vorausschauend gehandelt. Gerade deshalb
haben wir auch bereits im dem 23. BAföG-Änderungsge-
setz eine Neuregelung der sogenannten großen Förde-
rungshöchstdauer vorgesehen.

Dies zeigt, dass diese Koalition konsequent daran ar-
beitet, die Ausbildungsförderung in Deutschland noch
moderner, noch gerechter und noch effizienter zu gestal-
ten. Als eine der führenden Wirtschafts- und Wissen-
schaftsnationen müssen wir alles daran setzen, dass un-
sere jungen Menschen beste Voraussetzungen für ihre
schulische, universitäre und berufliche Ausbildung ha-
ben. Und genau dies ist das Ziel dieser Koalition der
Mitte.

Deshalb haben wir bereits lange vor dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts dafür gesorgt, dass der Wi-
derspruch zwischen Förderhöchstdauer und Regelungen
zur Mindeststudienzeit ausgeräumt wird. Wir hatten dies
für die Zeit nach dem 31. Dezember 2012 vorgesehen,
werden diese Regelung nun aber vorziehen und entspre-
chend dem Urteil bis zum 31. Dezember 2011 umsetzen.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
bestätigt in erster Linie die Bundesregierung in ihrer
Politik für mehr Gerechtigkeit und mehr Fairness bei
der Studienfinanzierung in Deutschland. Und das ist das
gute Signal, das von diesem Urteil ausgeht.

Wir beenden mit diesem Änderungsgesetz einen inak-
zeptablen Zustand bei dem durch das Zusammenkommen
von Regelungen zur Mindeststudiendauer und Förde-
rungshöchstdauer Studierenden ein wirklicher finanziel-
ler Nachteil entsteht, ohne dass dies im Bereich der eige-
nen Einflussnahme liegt. Dies ist eine Frage der
Gerechtigkeit, aber auch des Anstandes gegenüber unse-
ren Studierenden.

Dabei war es für dieses Koalition wichtig, keine zu-
sätzlichen bürokratischen Belastungen für die Verwal-
tungen der Hochschulen oder für das Bundesverwal-
tungsamt zu schaffen. Wir orientieren uns deshalb an
den vorgesehenen Mindestausbildungszeiten und den
eventuell notwendigen Prüfungszeiten, sodass zukünftig
alle Studierenden die Chance erhalten, den sogenannten
großen Teilerlass zu erhalten. Damit fördern wir Leis-
tung, schaffen mehr Gerechtigkeit und verhindern neue
bürokratische Strukturen.

Wir alle sind uns sicher einig, dass sich das BAföG
als zentrales Element der breiten Bildungsförderung be-
währt hat. Es garantiert Bildungsgerechtigkeit, Chan-
cengleichheit und ist somit eine wesentliche Säule für
mehr soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Da-
neben haben wir dank der großartigen Arbeit der Be-
gabtenförderungswerke eine weitere wichtige Ergän-
zung insbesondere im Bereich der Spitzenförderung bei
Akademikerinnen und Akademikern. Ein moderner und
wettbewerbsstarker Wirtschafts- und Wissenschafts-
standort braucht auch eine lebendige Stipendienkultur.
Die deutsche Wirtschaft hat bereits eigene Stipendien
zur Verfügung gestellt. Dies ist ein gutes Zeichen für das
gesellschaftliche Verantwortungsbewusstsein der Unter-



gegebene Reden

Patrick Meinhardt


(A) (C)



(D)(B)

nehmen und Verbände in Deutschland. Es zeigt aber
auch, dass eine führende Wirtschaftsnation wie Deutsch-
land auf die Förderung von außergewöhnlicher Leistung
und Einsatzbereitschaft angewiesen ist.

Und genau deshalb ist es für uns auch selbstverständ-
lich, dass wir eine entsprechende Förderung auch von
staatlicher Seite benötigen. Mit dem Deutschlandstipen-
dium haben wir deshalb den richtigen Weg eingeschla-
gen, um für unser Land eine moderne und zukunftswei-
sende Stipendienkultur zu schaffen – wie dies in anderen
Industrienationen längst der Fall ist. Ein Stipendium
während des Studiums ist ohnehin der bessere Weg als
der, einen Teilerlass im Nachgang zu gewähren.

Mehr Gerechtigkeit, weniger Bürokratie und mehr
Leistungsfähigkeit – dies sind unsere Grundsätze für die
Bildungsförderung in Deutschland. Wir stärken damit
den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Deutsch-
land, wir stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt,
und wir stärken die Zukunftschancen der nachfolgenden
Generationen.


Nicole Gohlke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713328000

Pünktlich zum 40. Geburtstag des BAföG ließ Bil-

dungsministerin Schavan vermelden, dass in diesem
Jahr mit keiner weiteren Änderung des BAföG zu rech-
nen sei. Die magere BAföG-Erhöhung im Jahr 2010 sei
ein „vorgezogenes Geburtstagsgeschenk“ gewesen.
Ministerin Schavan gibt damit das BAföG dem Verfall
preis. Denn faktisch haben die BAföG-Erhöhungen der
letzten Jahre nicht einmal die Preissteigerung ausgegli-
chen. Wenn das BAföG nicht weiter steigt, bedeutet das
eine reale Schrumpfung. Ministerin Schavans gleichzei-
tiger Hinweis auf Darlehen ist eine höflich verpackte,
aber umso zynischere Aufforderung an die Studierenden,
sich zu verschulden.

Das ist gerade einmal sieben Wochen her. Überra-
schenderweise liegt uns heute jedoch ein 24. BAföG-Än-
derungsgesetz zur Debatte vor. Obwohl die Bundesregie-
rung hier den anstrengenden Weg der parlamentarischen
Verhandlung geht, verpasst sie wieder einmal die Gele-
genheit für weitere notwendige Änderungen.

Unser Antrag „40-jähriges BAföG-Jubiläum für so-
ziale Weiterentwicklung nutzen“ liegt Ihnen vor. Hierin
benennen wir, wie das BAföG zu einer modernen und vor
allem sozialen Ausbildungsfinanzierung weiterentwi-
ckelt werden kann. Sie wissen, es klafft eine Finanzie-
rungslücke von mindestens 10 Prozent. Zwei Drittel der
Studierenden arbeiten deshalb neben dem Studium.
Diese Kluft muss dringend geschlossen werden. Das
BAföG muss sofort um 10 Prozent angehoben werden.
Die Umstellung auf eine Zuschussförderung ist zudem
überfällig und verhindert die Verschuldung der Studie-
renden. Die Angst vor Verschuldung hält vor allem Stu-
dieninteressierte aus finanzschwachen Schichten von
den Hochschulen fern.

Es muss klar sein, dass sich alle Studierenden auch
ein Masterstudium leisten können. Stellen Sie endlich
die komplette Masterförderfähigkeit sicher. Die diskri-
minierenden Altersgrenzen von 30 bzw. 35 Lebensjahren
Zu Protokoll
müssen fallen. Sie stellen vor allem für Menschen ein
Hindernis dar, die im Anschluss an eine Berufsausbil-
dung, an Jahre der Berufstätigkeit oder an eine Famili-
enphase studieren oder sich weiterbilden möchten oder
die die Hochschulzugangsberechtigung anders als auf
dem traditionellen Weg erworben haben. Also genau die
Gruppen, die es besonders zu fördern gilt. In diesem Zu-
sammenhang dürfen auch Studierende, Schülerinnen
und Schüler in Teilzeit nicht generell von einer Förde-
rung ausgeschlossen werden. Ich nenne als Beispiel nur
die Psychotherapeutenausbildung.

Schülerinnen und Schüler aus bildungsbenachteilig-
ten Schichten müssen früh und durchgängig gefördert
werden. Sie sind besonders auf eine verlässliche Ausbil-
dungsförderung angewiesen. Dementsprechend soll das
BAföG für Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe
allgemeinbildender Schulen wieder vollständig einge-
führt werden.

Aus unserer BAföG-Debatte von Anfang September
wissen wir schon, dass sich weder die Bundesregierung
noch die Koalitionsfraktionen aus FDP und CDU/CSU
einen Meter bewegen wollen. Warum aber wollen die
Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung nur das
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Darle-
hensteilerlässen umsetzen? Das ist doch absurd.

Sie hätten die Gelegenheit, endlich auch handwerkli-
che Fehler im BAföG zu beseitigen. Ich nenne Ihnen
zwei Beispiele:

Erstens die Unterdeckelung des Kranken- und Pflege-
versicherungszuschlags: Eigentlich müsste es selbstver-
ständlich sein, schließlich handelt es sich um einen ge-
setzlich festgelegten Pflichtbeitrag und nicht um eine
Ausgabe, deren Höhe man durch Nutzung der Angebote
am Markt selbst bestimmen kann. Seit dem Beginn des
Sommersemesters 2011 – an den Fachhochschulen be-
gann es im März, an den Unis im April – beträgt der Bei-
trag für die studentische Pflichtversicherung 64,77 Euro,
für die Pflegeversicherung von kinderlosen Personen ab
23 Jahren 13,13 Euro. Im BAföG ist jedoch nur ein Zu-
schlag von 62 Euro bzw. 11 Euro festgelegt. Das ent-
spricht einer Unterdeckung von insgesamt 4,90 Euro pro
Monat.

Zweitens die Anrechnung eines Kfz als Vermögen: Bis
Ende 2010 wurde ein Kfz bis zum Wert von 7.500 Euro
im Verwaltungsvollzug des BAföG einfach als Haus-
haltsgegenstand angesehen, der nicht als Vermögen an-
gerechnet wird. Im Juli 2010 hat das Bundesverwal-
tungsgericht geurteilt, dass eine solche Betrachtung im
BAföG nicht zulässig sei, da ein Kfz kein Haushaltsge-
genstand ist. Da sie dieses Urteil nicht ignorieren dür-
fen, müssen die BAföG-Ämter seit Januar 2011 bei jeder
neuen Bewilligung den Zeitwert des Fahrzeugs als Ver-
mögen mitanrechnen. Was damals in der Presse als lapi-
dare Randmeldung erschien, dürfte in der Praxis für
manche BAföG-Bezieherinnen und -Bezieher zur Exis-
tenzfrage werden. Bessern Sie nach und fügen Sie in
§ 27 BAföG ein „angemessenes Kraftfahrzeug“ ein. Wer
bei BAföG-Geförderten stets nur Studierende mit Semes-
terticket in Ballungszentren und gut ausgebautem Nah-



gegebene Reden

Nicole Gohlke


(A) (C)



(D)(B)

verkehr vor Augen hat, vergisst, dass es auch Schülerin-
nen und Schüler sowie Studierende in der Fläche gibt.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713328100

„Leistung muss sich lohnen“ – dieser viel zitierte

Grundsatz ist auch Teil des BAföG. Viele Studierende,
die besonders schnell ihr Studium abgeschlossen oder
einen überdurchschnittlichen Studienerfolg erzielt ha-
ben, mussten den Darlehensteil des BAföG nicht kom-
plett zurückzahlen. Den „großen Teilerlass“ erhält zum
Beispiel jemand, der das Studium vier Monate vor Ende
der Förderungshöchstdauer abschließt. Den „kleinen
Teilerlass“ gibt es, wenn die Ausbildung mindestens
zwei Monate vor Ende der Förderungshöchstdauer ab-
geschlossen wurde. Allerdings waren die Darlehenser-
lasse aufgrund schnellen Studiums mit Ungerechtigkei-
ten verbunden, die die 24. BAföG-Novelle notwendig
machen. Am 21. Juni 2011 hat das Bundesverfassungs-
gericht entschieden, dass eine Neuregelung der Darle-
hensteilerlässe im BAföG erfolgen muss. Die jetzige Re-
gelung sei nicht vereinbar mit dem Gleichheitssatz nach
Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Im Fall des klagenden
Studierenden der Humanmedizin, dem die Karlsruher
Richter recht gegeben haben, betrug die Mindeststudi-
endauer zwölf Semester, die Förderungshöchstdauer lag
aber nur bei zwölf Semestern und drei Monaten, sodass
es objektiv unmöglich war, den großen Teilerlass
– damals 5 000 DM – zu erhalten. Dem betroffenen Stu-
denten wurde nur der „kleine Teilerlass“ in Höhe von
2 000 DM zuerkannt, da er sein Studium zwei Monate
vor Ablauf der Förderungshöchstdauer beendet hatte.
Mit der 24. BAföG-Novelle wird diese Ungerechtigkeit
gelöst, was wir als grüne Bundestagsfraktion begrüßen.

Die Wirkung dieser Novelle wird indes nur von be-
grenzter Dauer sein. Denn die Möglichkeit zum Darle-
henserlass läuft zum 31. Dezember 2012 aus – so hat es
Schwarz-Gelb im letzten Jahr in der 23. BAföG-Novelle
beschlossen. An dieser Stelle beseitigen Union und FDP
im BAföG das Prinzip „Leistung muss sich lohnen“, ob-
wohl sie doch stets gerne von sich behaupten, sie wären
die einzigen, die diesen Grundsatz beherzigen. Das Ge-
genteil ist der Fall. Das gilt vor allem, wenn man an die
anstehende Neuregelung zur Absetzbarkeit der Erstaus-
bildung über das Steuerrecht denkt. Es ist zu befürchten,
dass Union und FDP eine Regelung vereinbaren nach
dem Motto „Je mehr jemand direkt nach dem Studium
verdient, desto höher die Steuerrückerstattung“. Das hat
mit Leistung während des Studiums nichts zu tun.

Wir wollen, dass die Ausbildungsförderung danach
ausgerichtet wird, wie bedürftig jemand zum Zeitpunkt
des Studiums ist. Nur so kann die staatliche Studienför-
derung dazu beitragen, dass mehr Studienberechtigte
aus einkommensschwachen Nichtakademikerhaushalten
an die Hochschulen gehen. Statt Schavans Deutschland-
Stipendien oder einer steuerlichen Absetzbarkeit nach
dem Studium brauchen wir eine breitere und bessere Stu-
dienfinanzierung während der Campuszeit. Wir wollen
das BAföG kurzfristig aufstocken, um den Berechtigten-
kreis zu erweitern, und mittelfristig zu einem Zweisäu-
lenmodell ausbauen. Eine solche Modernisierung der
staatlichen Studienfinanzierung schließt das Mittel-
Zu Protokoll
schichtsloch, antwortet auf die Bologna-Struktur und
Vielfalt der Bildungsbiografien, setzt in Zeiten des Fach-
kräfte- und Akademikermangels einen starken Studien-
anreiz und ermöglicht mehr Bildungsaufstiege. Nach
dieser Minireparaturnovelle braucht es in diesem Haus
eine Perspektivendiskussion über eine zukunftsfähige
Studienfinanzierung und beherzte BAföG-Reformen, die
zu mehr Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit führen.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1713328200


Das BAföG wird in diesem Jahr 40 Jahre alt. Es ist
als bewährtes Sozialleistungsgesetz und nach wie vor
zentrales Bildungsfinanzierungsinstrument gerade erst
dank zweier vorangegangener wichtiger Novellen in
dichter Folge unter der Verantwortung von Bundes-
ministerin Schavan gut aufgestellt worden.

Bereits 2008 haben wir mit dem 22. BAföGÄndG
nach jahrelangem Stillstand im staatlichen Ausbildungs-
förderungsengagement mittels einer erheblichen Anhe-
bung der Bedarfssätze und Freibeträge und durch zen-
trale strukturelle Weichenstellungen vor allem in der
Auslandsförderung sowie durch eine integrationsför-
dernde Neuausrichtung und Ausweitung der Förde-
rungsberechtigung von Auszubildenden aus Migranten-
familien der Bildungsfinanzierung wieder ihren
zentralen Stellenwert zurückgegeben. Dies konnten wir
mit weiterem erheblichem finanziellem Engagement
2010 durch die 23. BAföG-Novelle nochmals vertiefen
und verstetigen.

Es wird allen hier im Hause noch deutlich in Erinne-
rung sein, welche Widerstände es für die Bundesregie-
rung zu überwinden galt, bis Bund und Länder damit
nochmals insgesamt zusätzlich rund 500 Millionen Euro
jährlich für die Ausbildungsförderung bereitgestellt ha-
ben. So haben wir erreicht, dass der Förderungshöchst-
satz mit jetzt 670 Euro wieder voll dem unterhaltsrecht-
lich maßgeblichen Regelsatz nach der sogenannten
Düsseldorfer Tabelle entspricht, wobei das BAföG ja be-
kanntlich zusätzlich noch den vollen Kindergeldbetrag
ohne Anrechnung belässt.

Der Kreis der Berechtigten wurde durch nochmalige
Anhebung der Einkommensgrenzen weiter gezogen und
vergrößert. Wir haben die Altersgrenze für Auszubil-
dende mit Kinderbetreuungszeiten flexibilisiert und für
Masterstudierende generell angehoben. Damit haben
Studierende seither genügend Zeit, nach dem Bachelor-
Abschluss zunächst einen unmittelbaren Eintritt ins Er-
werbsleben zu versuchen, bevor sie sich auf eine weitere
Fortsetzung und Vertiefung ihres Studiums festlegen.

Zur Erleichterung des BAföG-Bezugs und zugleich
zur Vereinfachung der Verwaltung wurden die Wohnkos-
ten voll pauschaliert, die Leistungsnachweise durch blo-
ßen Nachweis der individuell erreichten ECTS-Leis-
tungspunkte ermöglicht und bei Auslandsaufenthalten
der vorherige Nachweis hinreichender Sprachkennt-
nisse als Fördervoraussetzung abgeschafft.

Die Erfolge dieser kumulierten Verbesserungen konn-
ten wir nicht nur bereits in der Ende Juli vom Statisti-



gegebene Reden





Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)

schen Bundesamt bekanntgegebenen BAföG-Statistik
2010 ablesen, sondern dürfen diesen wohl auch den
deutlichen Wiederanstieg der Studienanfängerzahlen
und nicht zuletzt auch das wieder zurückgewonnene Ver-
trauen junger Menschen in staatliche Ausbildungsförde-
rung zugutehalten.

Über die Gesamtentwicklung der für die Ausbil-
dungsförderung relevanten Parameter wie der Entwick-
lung der Lebenshaltungskosten und Preisindizes einer-
seits und der Nettolöhne andererseits, aber auch der
Zusammensetzung der Gruppe der BAföG-Geförderten
und beobachtbaren Entwicklungen im Ausbildungsver-
halten werden wir entsprechend dem gesetzlich in § 35
BAföG vorgesehenen Turnus als Bundesregierung dem
Bundestag und dem Bundesrat Anfang 2012 ausführlich
berichten. Dann werden wir unter Einbeziehung auch
der finanzwirtschaftlichen Entwicklung das gesamte
Datenbild kennen, das uns erst in den Stand versetzen
wird, verantwortlich über etwaigen weiteren Fortent-
wicklungs- und Anpassungsbedarf zu entscheiden. Im
Lichte der Empfehlungen des nächsten BAföG-Berichtes
und der darin enthaltenen Stellungnahme des BAföG-
Beirates werden wir über die weitere Fortentwicklung
des BAföG entscheiden.

Heute geht es mit dem 24. BAföG-Änderungsgesetz
nicht um eine grundsätzliche Novelle des BAföG, son-
dern einzig und allein um eine noch erforderlich gewor-
dene Korrektur. Bekanntlich hat ja das Bundesverfas-
sungsgericht mit seiner uns heute beschäftigenden
Entscheidung vom 21. Juni dieses Jahres die Teilerlass-
regelung im BAföG für Studienabsolventen in solchen
Studiengängen wie Humanmedizin für verfassungswid-
rig erklärt, in denen eine zwingend vorgeschriebene
Mindeststudienzeit von vornherein die Möglichkeit eines
hinreichend frühen Abschlusses ausschließt.

Gerade wegen völlig inhomogener Beschleunigungs-
möglichkeiten in unterschiedlichen Studiengängen ist
der Bundestag ja bereits letztes Jahr beim 23. BAföG-
Änderungsgesetz dem Vorschlag der Bundesregierung
gefolgt, die Teilerlasse nach § 18 b Abs. 2 und 3 des
BAföG nach einer aus Vertrauensschutzgesichtspunkten
noch erforderlichen Übergangszeit für Absolventen ab
dem Jahr 2013 abzuschaffen.

Die Bundesregierung steht selbstverständlich zum
Grundsatz „Leistung muss sich lohnen“. Aber die Pra-
xis dieses Teilerlasses hat leider gezeigt, dass diese Re-
gelung dem Anspruch der Leistungsgerechtigkeit in der
Umsetzung nur sehr unvollkommen erfüllt hat.

In der Sache sieht sich die Bundesregierung durch die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts daher be-
stätigt. Die Abschaffung des bisherigen Teilerlasses im
BAföG wurde verfassungsrechtlich in keiner Weise be-
anstandet. Für die noch bis einschließlich 2012 erfol-
genden künftigen Abschlüsse muss zu den dazu folgen-
den Erlassentscheidungen gesetzlich gewährleistet
werden, dass niemand wegen der rechtlichen Ausgestal-
tung seines Studiengangs mit einer Mindestausbildungs-
dauer, die kaum kürzer bemessen ist als die gleichzeitig
geltende Regelstudienzeit, von der Gewährung eines
Teilerlasses von vornherein ausgeschlossen ist.
Die von der Koalition hierzu vorgeschlagene Neure-
gelung erfüllt mit Augenmaß die verfassungsrechtlichen
Korrekturvorgaben für den betroffenen begrenzten Per-
sonenkreis. In den Fällen, in denen Mindeststudienzei-
ten einschließlich erforderlicher Prüfungszeiten so nah
an die für denselben Studiengang gültige Regelstudien-
zeit und damit an die daran anknüpfende BAföG-Förde-
rungshöchstdauer heranreichen, soll künftig die Einhal-
tung der Mindestausbildungszeit ausreichen, um den
sogenannten großen Teilerlass geltend zu machen.

Einige bedauern die Aufhebung des Teilerlasses und
fordern wieder eine Honorierung der Studienleistung im
BAföG ein. Nach eingehender Prüfung bin ich jedoch
zutiefst überzeugt, dass diese bisherige Regelung unge-
recht war. Eine leicht umsetzbare, gerechtere Lösung
existiert nicht. Deshalb bleibt ganz im Sinne der Subsi-
diarität ein großer Zugewinn des zügigen Studiums üb-
rig: Der schnelle Hochschulabsolvent belohnt sich sel-
ber mit der Chance auf eine frühzeitige Aufnahme einer
qualifizierten und damit gut bezahlten Erwerbstätigkeit.

Kernaufgabe des BAföG ist es, jungen Menschen mit
steuerfinanzierter Unterstützung während der Ausbil-
dung einen qualifizierten Abschluss zu ermöglichen, da-
mit sie später mit Rückzahlung des zinslosen und über
Jahre gestreckten nur hälftigen Darlehensanteils der
Gesellschaft etwas von der Förderung zurückgeben kön-
nen. Die Teilerlassregelung kann angesichts der erhebli-
chen Diversifizierung der Studiengänge mit höchst un-
terschiedlichen Beschleunigungspotenzialen nicht mehr
als Leistungsanreiz dienen.

Mit dem Deutschlandstipendium hingegen hat die
Koalition ein weitaus effektiveres und eben während des
Studiums selbst wirkendes Anreizinstrument geschaffen.
Es greift genau dann, wenn der Studierende es braucht,
und motiviert ihn zu größerem Engagement und beson-
deren Leistungen. Durch das Deutschlandstipendium
wurden seit dessen Start im Sommersemester bereits ins-
gesamt 8,6 Millionen Euro an privaten Mitteln für Sti-
pendien mobilisiert. Studierende werden dadurch ab so-
fort während des Studiums unterstützt. Schon jetzt hat es
sich damit als überaus wirksamer Anreiz für bürger-
schaftliches Engagement im Bildungsbereich erwiesen.

Es ist und bleibt gerade eine der entscheidenden Er-
rungenschaften dieser Regierung, dass wir das eine ge-
schafft haben, ohne das andere zu lassen: ein Gesetz
zum Deutschlandstipendium und eine verlässliche Si-
cherung der Sozialleistung BAföG.

Die heute zur Diskussion stehende Korrektur wird si-
cherstellen, dass auch für die Übergangszeit, in der noch
Erlassentscheidungen zu treffen sind, kein Studierender
verfassungswidrig davon ausgeschlossen wird. Dazu bitte
ich daher auch für die Bundesregierung um Ihre Zustim-
mung.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713328300

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 17/7334 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

Tagesordnungspunkt 19:

Beratung des Antrags der Fraktionen SPD, DIE
LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Investitionen in Antipersonenminen und
Streumunition gesetzlich verbieten und die
steuerliche Förderung beenden
– Drucksache 17/7339 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Haushaltsausschuss

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu die-
sem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Folgende
Kolleginnen und Kollegen geben ihre Reden zu Proto-
koll: Roderich Kiesewetter, Erich Fritz, Uta Zapf,
Christoph Schnurr, Inge Höger und Agnes Malczak.1)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/7339 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 21 a und b:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten

Alexander Süßmair, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert
Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE
Tiertransporte verringern – Tierschutz ver-
bessern
– Drucksache 17/6913 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Friedrich
Ostendorff, Undine Kurth (Quedlinburg),
Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Tierschutz bei Tiertransporten verbessern
– Drucksachen 17/5491, 17/5892 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dieter Stier
Heinz Paula
Hans-Michael Goldmann
Alexander Süßmair
Friedrich Ostendorff

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen, und zwar von den Kolle-
gen Dieter Stier, Heinz Paula, Hans-Michael Goldmann,
Alexander Süßmair und Friedrich Ostendorff.

1) Anlage 25

Dieter Stier (CDU):
Rede ID: ID1713328400

Mit diesen beiden heute vorliegenden und nahezu

identischen Anträgen fordern die Fraktionen der Linken
und von Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung
auf, sie möge für Tiertransporte auf EU-Ebene und in-
nerhalb Deutschlands die derzeitigen Regelungen zu
den Tiertransportzeiten noch weiter begrenzen. Insbe-
sondere sollen hier die Lebendtiertransporte nach Ost-
europa und Russland wieder reduziert werden.

Die Linken fordern eine zeitliche Begrenzung auf vier
Stunden zuzüglich maximal zwei Stunden Ladezeit.

Die Tiertransportzeiten seien sowohl auf europäi-
scher Ebene, als auch innerhalb Deutschlands einzu-
schränken, fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sie beabsichtigen eine Reduzierung auf acht Stunden in-
nerhalb Europas und auf vier Stunden innerhalb
Deutschlands.

Darüber hinaus fordert die Linke-Fraktion die Schaf-
fung eines dezentralen Netzes von Schlachthöfen, um
Transporte unnötig zu machen, und die Anhebung der
Mindesthöhe der Tiertransporter auf 4,20 Meter.

Ich habe es schon oft gesagt und ich werde es auch
immer wiederholen: Deutschland hat bereits die höchs-
ten Tierschutzstandards auf der ganzen Welt.

Was die Tiertransporte angeht, setzt sich die Regie-
rungskoalition selbstverständlich dafür ein, dass Tier-
schutz nicht am Stalltor aufhört. Gerade beim Ausstallen
und beim Transport ist auf optimale Bedingungen für die
Tiere zu achten. Eine gute und fachgerechte Ausstattung
der Transportfahrzeuge durch Futter, Wasser und gute
Klimatisierung sollte beim Transport den Erfordernis-
sen der Tiere Rechnung tragen.

Vor der Sommerpause konnten die Bundestagsabge-
ordneten des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz an der Besichtigung eines Tier-
transporters teilnehmen, so wie er täglich in Deutsch-
land und Europa zum Einsatz kommt. In diesem Trans-
porter konnte ich mich davon überzeugen, wie die
Wasser- und Futterversorgung und eine Klimaanlage mit
Luftzirkulation funktioniert. Auch die natürliche Bewe-
gungsfreiheit der Tiere ist dort gewährleistet. Inzwischen
sind die Spezialfahrzeuge für den Langstreckentransport
mit Zwangsbelüftung ausgerüstet, damit gute Luftquali-
tät überall im Transporter garantiert ist, um auch Hitze-
stress oder Unterkühlung der Transporttiere bei Ver-
kehrsstaus sicher auszuschließen.

Letztlich entscheidend für das Wohlergehen der Tiere
sind das Verantwortungsbewusstsein und das Know-how
der Transporteure und der damit befassten Mitarbeiter.
Mit einer erstklassigen Ausbildung und der guten fachli-
chen Praxis der Transporteure können die tierschutzre-
levanten Risiken beim Transport auf ein Minimum redu-
ziert werden. Die Skandale in der Vergangenheit sind
ausschließlich bei grenzüberschreitenden Langstrecken-
transporten quer durch Europa aufgetreten, für die die
Regelungen in der nationalen Verordnung ohnehin nicht
gelten. Einige wenige schwarze Schafe der Branche dür-
fen nicht einen gesamten Berufszweig in Misskredit brin-
gen.

Dieter Stier


(A) (C)



(D)(B)

Noch ein kleiner Nachtrag zum Vor-Ort-Termin im
Tiertransporter: Die Grünen-Bundestagsabgeordneten
des Agrarausschusses blieben dieser Informationsveran-
staltung im Tiertransporter wiederholt fern. Ich hätte mir
gewünscht, dass die Kollegen der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen endlich die Chancen zur sachlichen Infor-
mation wahrgenommen hätten, ehe sie Anträge zu diesen
Themen stellen.

Statt über Gesetzesänderungen zu Transportzeiten zu
diskutieren, welche die wirtschaftliche Freiheit der Un-
ternehmer weiter einschränken würden, sollten wir viel-
mehr auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen
gemäß der EU-Transportverordnung und unserer natio-
nalen Tierschutztransportverordnung drängen. Auf der
Basis der aktuellen Gesetzgebung und unter den Bedin-
gungen der guten fachlichen Praxis wird der Tierschutz
eindeutig gewahrt. Verstöße dagegen sind konsequent zu
ahnden. Deshalb befürworten wir auch flächendeckende
Kontrollen und die Verbesserung des Vollzugs und bei
Verstößen die Anwendung der vorgesehenen Strafen und
Sanktionen.

Meiner Ansicht nach kann eine Verbesserung des
Tierschutzes durch eine höhere Kontrolldichte und harte
Sanktionen bei Verstößen erreicht werden. Hier liegt der
Hebel, um die schwarzen Schafe zu disziplinieren. Neue
Regelungen zu Transportzeiten bestrafen ungerechtfer-
tigt die redlichen Spediteure – das wollen wir nicht.

Die betroffene Wirtschaft spricht sich eindeutig für
die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorgaben aus.
Die Durchführung von Transporten erfolgt fast aus-
nahmslos mit hoher Sorgfalt und hohem Verantwor-
tungsbewusstsein.

In den vergangenen Jahren hat die Branche erhebli-
che Investitionen erbracht, um die Transportfahrzeuge
an die technischen Anforderungen der Gesetzgebung
anzupassen. Die Branche sollte nun vonseiten des Ge-
setzgebers einen Vertrauens- und Bestandsschutz genie-
ßen, denn diese geforderten Modernisierungsmaßnah-
men waren mit erheblichem finanziellen Aufwand für die
Spediteure verbunden, und dieses Geld wurde hart ver-
dient. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit auf EU-
Ebene sind unnötige finanzielle Belastungen der Trans-
porteure unbedingt weiterhin zu vermeiden.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt die vorlie-
genden Anträge zur Begrenzung der Transportzeiten ab,
da ein Mehr an Tierschutz nicht durch eine Reduzierung
der Transportdauer erreicht wird, sondern nur durch die
konsequente Eliminierung der schwarzen Schafe.

Mit Sorge sehe ich die Bestrebungen deutscher Be-
hörden, die Transportverordnung dahin gehend zu revi-
dieren, dass die Mindestmaße für die Laderaumhöhe
ausgedehnt werden sollen. Ausgehend von der Gesamt-
fahrzeughöhe von 4 Metern würde sich so eine Erhö-
hung der Transporter auf 4,20 Meter ergeben. Damit
kann der Lkw unter einigen Brücken nicht mehr durch-
fahren. Ebenso könnten die Rindertransporte nur noch
einstöckig und die Schweinetransporte statt dreistöckig
nur noch doppelstöckig gefahren werden. Zudem gibt es
auch keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse für
Zu Protokoll
die Notwendigkeit einer Erhöhung der Laderaumhöhe
für die Tiere. Durch ein höheres Maß an Kopffreiheit
würde das gegenseitige Aufspringen der Tiere erleich-
tert und stellt somit ein zusätzliches Verletzungsrisiko
dar.

Wir lehnen deshalb nationale Alleingänge zulasten
der deutschen Viehtransportwirtschaft ab. Die daraus
resultierende gravierende Wettbewerbsverzerrung zu-
lasten deutscher Spediteure ist zudem auch EU-rechtlich
nicht vertretbar.

Im Hinblick auf die Verkehrsströme muss bei Ein-
schränkung der Transportkapazität pro Fahrzeug mit ei-
ner deutlichen Zunahme des Güterverkehrs gerechnet
werden, denn die Rindertransporte werden sich folglich
verdoppeln und die Schweinetransporte werden um ein
Drittel zunehmen. Dies ist aus volkswirtschaftlicher, um-
weltpolitischer und verkehrspolitischer Sicht keinesfalls
akzeptabel. Deshalb lehnen wir die vorliegenden An-
träge der Opposition ab.


Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1713328500

Die Zahl der Tiertransporte ist in den vergangenen

Jahren sowohl innerhalb der EU-Staaten als auch inner-
halb von Deutschland stark angestiegen. Insgesamt be-
finden sich jährlich über 400 Millionen Tiere auf einem
Transport. Dies bringt oftmals eine unnötige Quälerei
mit sich, und dem muss Einhalt geboten werden.

Vor einigen Wochen berichtete die Bundesregierung
im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz über Lebendtiertransporte in die Türkei.
Hier ging es speziell um Zuchttiere, die aus Deutschland
in die Türkei transportiert werden. Die Bundesregierung
hat das notwendige Veterinärabkommen mit der Türkei
unterzeichnet – der Transport kann losgehen.

Wer jemals mit dem Auto nach Südeuropa gereist ist,
weiß, dass dies ohne lange Pausen, Beine vertreten,
Austreten, viel Trinken nicht zu machen ist. Als es noch
Grenzkontrollen zwischen den EU-Ländern gab, so erin-
nere ich mich persönlich, musste man sehr lange Warte-
zeiten an den Grenzübergängen in glühender Hitze in
Kauf nehmen. Heilfroh war man, als man die Grenze
endlich passiert hatte und sich die Füße vertreten
konnte.

Bei Tiertransporten ist das nun folgendermaßen gere-
gelt: Auf EU-Ebene gibt es keine Transportzeitbegren-
zung. Dies heißt im Klartext: Die Tiere bleiben in der
Regel die gesamte Fahrtzeit im Transporter. 29 Stunden
Aufenthalt auf den Transportern sind erlaubt. 14 Stun-
den Fahrtzeit, 1 Stunde Pause, 14 Stunden Fahrtzeit –
kein Abladen ist notwendig.

Dies bedeutet für die Tiere: 29 Stunden auf engstem
Raum zusammengepfercht, 29 Stunden ohne Bewegung,
29 Stunden ohne frisches Wasser, 29 Stunden Qual. Dazu
kommen die langen Wartezeiten an der Grenze, wo die
Tiere in der Regel nicht zwischendurch abgeladen wer-
den: stunden-, teilweise tagelange Wartezeiten, die mit
den notwendigen Kontrollen gerechtfertigt werden.



gegebene Reden

Heinz Paula


(A) (C)



(D)(B)

Dagegen verwehren wir Sozialdemokraten uns. Wir
unterstützen die Forderung von Bündnis 90/Die Grünen,
die sich für eine Transportzeitbegrenzung innerhalb der
EU auf acht Stunden einsetzen. Damit sind solche tier-
quälerischen Transporte wie oben geschildert obsolet
und nicht mehr durchführbar. Dies begrüßen wir.

Wir sind froh darüber, dass die Anfrage nach einem
Transport von Schlachttieren in die Türkei von der Bun-
desregierung abgelehnt wurde. Aber auch die Überfüh-
rung von Zuchttieren in die Türkei oder andere europäi-
sche Staaten ist nicht mehr notwendig. Der Export von
Sperma ist möglich. Er verhindert nicht nur Tierquälerei,
er ist aus meiner Sicht auch um vieles ökonomischer.

Machen wir also Druck auf europäischer Ebene. Der
Europäischen Kommission sind die Missstände sehr
wohl bekannt. Auf die Anfrage eines niederländischen
MdEP-Kollegen antwortet Herr EU-Kommissar Dalli:
Der Kommission sind die Tierschutzprobleme im Zusam-
menhang mit dem Transport lebender Tiere aus einigen
Mitgliedstaaten in die Türkei bekannt. – Gleichzeitig
schließt er ein EU-weites Verbot von Lebendtiertrans-
porten aus. Es gibt aber bisher auch keine Bemühungen,
diesen Missständen durch eine entsprechende Trans-
portzeitbegrenzung entgegenzutreten.


Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1713328600

Setzen Sie sich auf EU-Ebene dafür ein, dass die Trans-
portzeit auf acht Stunden begrenzt wird! Sorgen Sie
gleichzeitig dafür, dass Fleisch und Sperma anstatt der
Tiere transportiert werden! Dies stärkt unsere heimische
Viehzucht und unsere Fleischwirtschaft. Sorgen Sie da-
für, dass die Kontrollen auf EU-Ebene verschärft und
Verstöße entsprechend sanktioniert werden!

Auch auf deutschen Straßen rollen verhältnismäßig
viele Tiertransporter. Auch hier gilt für die Sozialdemo-
kraten der Grundsatz: Transportiert Fleisch statt Tiere. –
Ein Ausbau der regionalen Schlachteinrichtungen ist
wichtig.

In diesem Punkt gehen wir mit den Damen und Her-
ren der Linkspartei konform: Es ist sinnvoller, ökonomi-
scher, ökologischer und tierfreundlicher, die regionale
Fleisch- und Schlachtindustrie zu erhalten und auszu-
bauen und das Fleisch zu transportieren, als stunden-
lang in großen Transportern Tiere über die Autobahn zu
fahren. Dieses schadet den Tieren, der Umwelt, der hei-
mischen Schlacht- und Fleischindustrie. Der Transport
von Fleisch schafft Arbeitsplätze. Er kommt den Tieren
zugute. Er schont die Umwelt durch weniger Verkehr.

Bisher legt die Tierschutztransportverordnung eine
Begrenzung der Transportzeiten auf acht Stunden fest.
Es gibt jedoch zahlreiche Ausnahmeregelungen.

Über eine Begrenzung der Transportzeiten innerhalb
Deutschlands auf vier Stunden und eine streckenmäßige
Begrenzung auf 200 Kilometer, wie sie die Damen und
Herren von Bündnis 90/Die Grünen vorschlagen, müs-
sen wir reden. Ist es nicht sinnvoller, zunächst die Aus-
nahmeregelungen in der geltenden Tierschutztransport-
verordnung zu streichen, die zeitliche Begrenzung auch
für grenzüberschreitende Transporte einzufordern und
auch hier mehr Kontrollen durchzuführen sowie Ver-
Zu Protokoll
stöße entsprechend zu sanktionieren? Es gibt keinen
Grund, Ausnahmeregelungen für die geltenden Bestim-
mungen zu erlassen. Die Schlachthofstruktur erfordert
schon jetzt keine längeren Transporte, die über acht
Stunden hinausgehen.

In den nächsten Wochen werden wir ein Expertenge-
spräch zum Thema führen und weitere Argumente hören.
Danach werden wir eigene Vorschläge einbringen.

Die Linkspartei erwähnt in ihrem Antrag auch die
Ausstattung der Transportfahrzeuge. Das ist gut so.
Denn auch hier liegt einiges im Argen, und es kann eine
Menge getan werden. Die SPD-Bundestagsfraktion for-
dert Verbesserungen hinsichtlich der Ladedichten. Der
Transport der Tiere muss für diese so wenig belastend
wie möglich sein. Sie müssen sich einigermaßen verhal-
tensgerecht bewegen können. Dementsprechend muss
das Platzangebot in den Fahrzeugen auch bemessen
sein. Die Tränkevorrichtungen sind oftmals so ange-
bracht, dass sie von vielen Tieren, je nach Tierart, nicht
erreicht werden können und dass einige Tiere aufgrund
der Ladedichte keinen Zugang haben. Die Temperatur-
und Klimabedingungen in den Transportfahrzeugen
müssen konkretisiert werden. Dies erleichtert den Trans-
portunternehmen die Erfüllung der Anforderungen, den
Kontrolleuren die Ahndung von Verstößen.

Nicht zuletzt sollten bei der Überarbeitung der Tier-
schutztransportverordnung die Bestimmungen für den
Transport von Zirkustieren mit aufgenommen werden.
Selbst wenn wir ein Haltungsverbot von Wildtieren in
Zirkussen durchsetzen, muss dafür gesorgt werden, dass
die verbleibenden Zirkustiere tiergerecht befördert wer-
den. Bisher fehlt eine solche Bestimmung völlig.

Ergo: Den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen befür-
worten wir, wir haben ihm im Ausschuss bereits zuge-
stimmt. Es besteht dringender Handlungsbedarf ange-
sichts der bestehenden Missstände. Der Antrag der
Linkspartei geht in die richtige Richtung, weist aber ei-
nige Mängel auf. Eine Transportzeitbegrenzung auf EU-
Ebene auf vier Stunden ist nicht realistisch. Noch in die-
sem Jahr werden wir einen eigenen Antrag einreichen,
der auch die Ausstattungen der Transportfahrzeuge mit-
berücksichtigt.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1713328700

Ende September hat uns die Bundesregierung im Aus-

schuss von den Verhandlungen mit dem türkischen
Landwirtschaftsministerium über eine Veterinärbeschei-
nigung für Zuchtrinder berichtet. Nun ist das Abkommen
abgeschlossen und der türkische Markt für Zuchtrinder
aus Deutschland wieder offen. Die Nachfrage ist groß.
Die Zahl der Langstreckentransporte wird steigen.

Umso mehr und intensiver müssen wir uns über die
Gewährleistung des Tierschutzes beim Transport unter-
halten. Die Diskussion darf aber nicht so einseitig ver-
laufen, wie sie die Grünen in ihrem Antrag führen,
indem sie das Tierwohl durch alleinige Transportzeitbe-
grenzung verbessern wollen. Vielmehr sollten wir uns
auf die technischen Gegebenheiten und vor allem auf die
menschlichen Kenntnisse und Fähigkeiten fokussieren.



gegebene Reden

Hans-Michael Goldmann


(A) (C)



(D)(B)

Dass nicht die Transportdauer für die Sicherstellung des
Tierschutzes ausschlaggebend ist, hat auch die Europäi-
sche Behörde für Lebensmittelsicherheit in einem Be-
richt bestätigt.

Angesichts der Vorgabe im „Handbuch Tiertrans-
porte“, den beförderten Tieren sollten 20 Zentimeter
Freiraum über der höchsten Körperstelle zur Verfügung
stehen, überschreiten dann Doppelstocktransporter bei
Großvieh die maximale Fahrzeughöhe von 4 Meter. Des-
wegen werden wir dafür kämpfen, eine Sondergeneh-
migung für eine Transporterhöhe von 4,20 Meter durch-
zusetzen. Sollte das nicht der Fall sein, wird Großvieh
zukünftig nur einstöckig transportiert werden müssen.

Für eine ganzheitliche Bewertung von Tiertranspor-
ten ist eine Ermittlung aussagekräftiger und tierbasier-
ter Tierschutzindikatoren zur objektiven Bemessung des
Tierschutzes erstrebenswert. Die Debatte über die Ani-
mal-Welfare-Indikatoren ist relativ neu; sie wird erst seit
einigen Jahren international geführt. Erfreulicherweise
wird sie auch durch die EU im Rahmen des Projektes
„Welfare Quality“ unterstützt. Deutschland muss sich
aktiv einbringen und Initiativen, wie das vom BMELV
veranstaltete Fachgespräch zur Entwicklung von Tier-
schutzindikatoren, fortführen. Ein Kriterienkatalog wäre
nicht nur ein praktikables Instrument für Kontrolleure,
sondern könnte auch für Transporteure eine hilfreiche
Orientierung für eine tierschutzkonforme Arbeit sein.

Wichtig ist auch, dass alle Bereiche des Transportes
vom Be- bis zum Entladen unter Beachtung der Tier-
schutzaspekte von sachkundigem Personal durchgeführt
werden. Genaue Kontrollen, wirksame Überwachung
und strenge Sanktionen bei Verstößen sind unerlässlich,
damit alle Tierschutzdefizite aufgedeckt und behoben
werden. Denn wir können nicht darüber hinwegschauen,
dass es zu Missständen bei Tiertransporten kommt – wie
bei jedem anderen wirtschaftlichen Tun im Übrigen
auch. Diese müssen von den zuständigen Behörden er-
kannt und geahndet werden.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich das derzeit lau-
fende Forschungsprojekt des Friedrich-Loeffler-Insti-
tuts zur Verbesserung der Kontrollstellen während Tier-
transporten über lange Strecken sehr. Das Projekt läuft
bis April 2012. Wenn wir dann die wissenschaftlichen
Ergebnisse vorliegen haben, müssen wir darauf pochen,
dass sie in die Praxis umgesetzt werden.

Dieser ganzheitliche Ansatz ist nach meiner Auffas-
sung unabdingbar, wenn wir ein Mehr an Tiergesundheit
und Tiergerechtigkeit beim Transport erreichen wollen.
Deswegen kann ich die eindimensionalen Anträge der
Grünen und der Linken nicht unterstützen. Ich bin es
aber gewohnt, dass die Fraktionen die Forderungen der
Tierschutzverbände populistisch aufgreifen und die öf-
fentliche Meinung mit unsachlichen Vorschlägen beein-
flussen wollen. Wir Liberale wollen und werden das
aber aus Verantwortung gegenüber Mensch und Tier
nicht mitmachen. Wir setzen uns ein für forschungsba-
sierte Tierschutzauflagen, die im Einklang mit ökonomi-
schen und ökologischen Aspekten stehen.
Zu Protokoll

Alexander Süßmair (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713328800

Wir befassen uns heute mit einer Thematik, welche in

der Öffentlichkeit immer wieder für kontroverse Diskus-
sionen sorgt. Auch gab und gibt es immer wieder Be-
richte über Tiertransporte mit teils erschreckenden Bil-
dern und katastrophalen Zuständen. Ich möchte aber
hier gleich anführen, dass sich im Bereich der Tiertrans-
porte in den vergangenen Jahren sehr viel getan hat,
nicht zuletzt auch aufgrund von Maßnahmen auf euro-
päischer Ebene.

Leider befinden sich in der EU nicht alle Fahrzeuge
auf dem neuesten Stand der Technik, und leider mangelt
es auch an Kontrollen zur konsequenten Durchsetzung
der gesetzlichen Vorgaben.

In den letzten Jahren hat der Transport von Tieren,
ähnlich wie das gesamte Transportaufkommen, deutlich
zugenommen. Viele Schlachthöfe sind durch den Kosten-
druck des Marktes verschwunden, und aus einem ehe-
mals fast flächendeckenden regionalen Netz von
Schlachthöfen wurde durch Konzentration ein zentrales
System immer größerer Schlachthöfe. Diese wollen „ge-
füttert“ werden, um profitabel zu sein. Deshalb werden
die Tiere über immer größere Entfernungen herange-
karrt.

Transporte sind für die betroffenen Tiere immer mit
Stress verbunden, ganz gleich ob sie über genügend Fut-
ter, Wasser und akzeptable Temperaturen verfügen. Es
bleibt die räumliche Enge und auch der Lärm der Straße
und der schaukelnde Lastwagen. Dabei interessiert es
die Tiere herzlich wenig, ob sie innerhalb Deutschlands
transportiert werden oder international. Hinzu kommen
oftmals lange Wartezeiten an den Außengrenzen der EU.
Wir fordern, Tiertransporte generell auf vier Stunden zu
begrenzen, gleich ob Rinder oder Schweine nun von
Sachsen nach Bayern gebracht werden oder von Sach-
sen nach Polen!

Wie geht das in der Praxis? Das geht freilich nur,
wenn dezentral Schlachthöfe vorhanden sind bzw. wie-
der eine Chance bekommen. Ist dies nicht der Fall, muss
eben vor Ort geschlachtet werden. Die Technik dafür
steht zur Verfügung. Mit dezentralen Schlachthöfen wer-
den regionale Kreisläufe gestärkt und landwirtschaft-
liche Wertschöpfung bleibt in der Region. Das wollen
auch die Verbraucherinnen und Verbraucher: Lebens-
mittel aus ihrer Region. Und es ist auch ökologisch sinn-
voll, weil wir Verkehr vermeiden und Ressourcen spa-
ren.

Aber es fehlt noch ein entscheidender Punkt, über den
aktuell immer häufiger diskutiert wird, nämlich die
Frage der räumlichen Höhe in den Transportern. Dass
sich die Tiere beim Transport auch bewegen wollen,
dürfte allen klar sein. Die derzeitigen Transportbehält-
nisse sind dafür oft nicht hoch genug, und Tiere verlet-
zen sich, wenn sie den Kopf heben wollen. Diesen Zu-
stand wollen wir beenden. Damit aber laufen wir
Gefahr, dass doppelstöckige Transporte künftig nicht
mehr in dem Umfang, wie heute üblich, möglich wären.
Dadurch würden die Transporte teurer und es gäbe ein
Mehraufkommen an Transportfahrten. Dies wollen wir
aber aus ökologischer Sicht vermeiden.



gegebene Reden

Alexander Süßmair


(A) (C)



(D)(B)

Derzeit dürfen Transporter nur maximal vier Meter
hoch sein. Wir fordern daher in unserem Antrag die Bun-
desregierung auf, die zulässige Transporthöhe zu über-
prüfen und die Auswirkungen von höheren Transporten,
also Sicherheit, Brücken, Unterführungen, Fahren von
Umwegen etc., zu ermitteln.

Das Tierwohl ist hierbei nicht Gegenstand der Prü-
fung. Der Tierschutz ist ein Staatsziel, nicht die Rentabi-
lität von Tiertransporten. Doch muss hier natürlich eine
Lösung mit Augenmaß gefunden werden, die auch die
möglichen Auswirkungen, welche ich gerade skizziert
habe, berücksichtigt.

In Art. 20 a unseres Grundgesetzes heißt es:

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die
künftigen Generationen die natürlichen Lebens-
grundlagen und die Tiere im Rahmen der verfas-
sungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung …

Mit unserem Antrag haben wir in diesem Hause Gele-
genheit, dieses Vorhaben bezüglich der Tiertransporte
umzusetzen. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung für
den Antrag der Linken.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Allein 4 Millionen Rinder und über 6,5 Millionen
Schweine wurden 2009 durch Deutschland transpor-
tiert, aber auch Pferde, Schafe, Ziegen und Geflügel.
Für jedes einzelne Tier bedeutet dies Stress, für viele ist
es mit Verletzungen, Hunger und Durst verbunden. Für
einige Tiere bedeutet es den qualvollen Tod. Oft werden
Schlachttiere über Tage hinweg quer durch Europa und
bis in den Nahen Osten transportiert, und dies nur, weil
die Kosten für Kühlfleischtransporte gespart werden
oder die Ankäufer nur Lebendvieh kaufen wollen. Viel
Leid also für ein paar Cent mehr Gewinn pro Schlacht-
tier.

Und auch innerhalb Deutschlands werden die Trans-
portwege länger. Die verfehlte Förderpolitik zwingt im-
mer mehr kleine regionale Schlachthöfe zum Aufgeben.
Dagegen können die industrialisierten Schlachtbetriebe
durch abenteuerliche Arbeitsverhältnisse mit ihren
Dumpinglöhnen günstige Konditionen anbieten und ver-
schärfen damit das Problem noch weiter. Aber auch
durch die zunehmende Spezialisierung der Landwirt-
schaft werden Tiere oft mehrfach in ihrem Leben trans-
portiert. Ferkel aus den neuen Bundesländern werden in
die Schweinemastanlagen ins Münsterland oder nach
Oldenburg transportiert und von dort als Schlacht-
schweine nach Italien oder Russland.

Regelmäßig werden von den Überwachungsbehörden
Missstände festgestellt. Der Transport kranker Tiere, die
Überschreitung der Transportzeiten und Überladungen
sind immer wieder an der Tagesordnung. Alleine in Nie-
dersachsen wurden 2009 weit über 600 Verstöße fest-
gestellt. Die Dunkelziffer liegt zweifellos noch deutlich
höher. Und wie oft wird bei Verstößen auch noch wegge-
schaut? Dies ist so nicht länger hinnehmbar.
Zu Protokoll
Um unnötiges Tierleid endlich zu beenden, brauchen
wir zuallererst und möglichst schnell eine Begrenzung
der Transportzeiten. Es ist nicht einzusehen, warum le-
bende Tiere aus reinen Profitgründen immer noch quer
durch Europa transportiert werden. Wir Grüne fordern
daher in unserem Antrag die Bundesregierung auf, sich
auf EU-Ebene für eine Begrenzung auf maximal acht
Fahrtstunden ohne Ausnahmen einzusetzen. Deutsch-
land als ein Haupttransitland für Tiertransporte hat hier
erhebliche Verantwortung. Auch für Transporte inner-
halb Deutschlands brauchen wir eine Transportzeit-
begrenzung. Ziel muss es sein, den nächstmöglichen
Schlachthof anzufahren. Das ist in den von uns geforder-
ten vier Stunden möglich. Flankierend müssen wir regio-
nale Schlachthöfe stärker fördern, sodass die Tiere wie-
der verstärkt in der Region geschlachtet werden können.

Sehr geehrte Frau Ministerin Aigner, aus Ihrem
Hause haben wir nun schon oft gehört, dass Sie sich für
eine Begrenzung der Transportzeiten innerhalb der EU
einsetzen wollen. Immer wieder wurden wir vertröstet,
zuletzt auf den Bericht der EU-Kommission zum Wohl-
befinden von transportierten Tieren, der nun innerhalb
der nächsten Wochen vorgelegt werden soll. Nun müssen
Ihren Worten Taten folgen! Setzen Sie sich für die bereits
2009 vom Bundesrat beschlossene Forderung nach ei-
ner maximalen Transportdauer von acht Stunden ein!
Die Dauer von Tiertransporten ist der entscheidende
Faktor für eine Verbesserung der Transportbedingun-
gen. Zwar haben wir durch die EU-Tiertransportverord-
nung in den letzten zehn Jahren schon einige Verbesse-
rungen erreicht, wie die veterinärbehördliche Zulassung
von Transportfahrtzeugen bei Viehtransporten von über
acht Stunden. Doch die realen Zustände zeigen: Weitere
Verbesserungen und vor allem Konkretisierungen sind
nötig. Wir brauchen Verbesserungen bei Belüftung, Tem-
peraturvorgaben, Fahrt- und Pausenzeiten, Versorgung
der Tiere, und verbindliche Melkvorgaben für laktie-
rende Kühe. Zudem müssen die Ladedichten dringend
verringert werden, sodass Kontrollen und Zugang zu je-
dem einzelnen Tier jederzeit möglich sind.

Die Überarbeitung der EU-Tiertransportverordnung
ist schon seit Jahren seitens der EU-Kommission ange-
kündigt. Doch weder der Zeitplan noch das Ergebnis
sind derzeit absehbar. Daher, liebe Frau Ministerin
Aigner, muss sich Deutschland nicht nur auf EU-Ebene
mit aller Kraft für Verbesserungen einsetzen, sondern
auch auf nationaler Ebene handeln und mit Tierleid ver-
bundene Marathontransporte beenden! Während in der
EU wenigstens noch die Einhaltung der Bestimmungen
überprüft werden kann, ist das außerhalb der EU-Gren-
zen nur schwer möglich. Das heißt: Wenn wir vermeiden
wollen, dass Rinder aus Deutschland an der türkisch-
griechischen Grenze aus wirtschaftlichen Erwägungen
lebend transportiert werden und dann dort bis zu mehre-
ren Tagen in sengender Sonne unter tierschutzwidrigen
Bedingungen auf die Abfertigung warten, müssen wir
diese Transporte einstellen. Dies ist der einzig mögliche
Weg. Und auch durch Handelsabkommen mit Ländern
wie Libyen zur Abnahme von deutschen Rindern machen
Sie sich mitverantwortlich an vielfachem Tierleid. Auf



gegebene Reden





Friedrich Ostendorff


(A) (C)



(D)(B)

längeren Strecken und außerhalb der EU können nur ge-
schlachtete Tiere gehandelt werden.

Zurecht sind auch doppelstöckige Transporte von
Rindern in die Diskussion geraten. Immer wieder wer-
den Transporter aufgegriffen, bei denen Tiere mit dem
Rücken an der Decke scheuern und nicht einmal auf-
recht stehen können, und dies stunden- oder sogar tage-
lang. Hier müssen die unklaren Vorgaben der EU-Ver-
ordnung konkretisiert werden. Dies ist jetzt im
Handbuch für Tiertransporte geschehen, allerdings
nicht verbindlich. Gefordert werden dort 20 cm Luft
über dem Rücken der Tiere. Wer nachrechnet, wird
schnell feststellen, dass sich damit viele doppelstöckige
Tiertransporte von alleine erledigen. Der Zuchtfort-
schritt hat auch bei Rindern zu immer größeren Tieren
geführt. Schlachtrindern von einem Jahr oder älter ha-
ben eine Rückenhöhe von 1,50 bis 1,60 Meter. Rechnen
wir für zwei Ebenen je 20 cm Raum über dem Rücken
der Tiere dazu, sind wir schon bei 3,40 bis 3,60 Meter.
Bei einer maximal erlaubten Höhe der Transporter blei-
ben also nur 40 bis 60 cm für Reifen und Böden des
Transporters.

Ausziehbare Lkw-Dächer sind nach der Straßenver-
kehrszulassungsverordnung nicht erlaubt. Doch selbst
wenn dies der Fall wäre, würde die zusätzliche Höhe in
vielen Fällen gar nicht ausreichen. Dies kann nur zu ei-
ner Folgerung führen: Der Transport von Rindern muss
sich klar an deren Größe orientieren. Hier sind uns ei-
nige unserer Europäischen Nachbarn wieder einmal vo-
raus: Sowohl in den Niederlanden als auch in Dänemark
sind 20 cm Raum über dem Tierrücken verbindlich vor-
geschrieben, in der Schweiz sind es sogar bis zu 35 cm.
Schon jetzt müssen Tiertransporter an den Grenzen zu
diesen Ländern umladen oder aber von vorneherein
diese Vorgaben einhalten. Umso mehr Sinn macht es für
Deutschland als Transitland für Transporte aus und
nach Italien, Dänemark oder Russland, mit unseren
Nachbarländern an einem Strang zu ziehen. Die Klagen
von Transporteuren und Agrarindustrie, dass damit
mehr Transporte nötig sind und die Kosten steigen, dür-
fen wir nicht über millionenfaches Tierleid stellen. Viel-
mehr werden Lebendviehtransporte gegenüber Kühl-
transporten unrentabler.

Aber jede gesetzliche Regelung ist nur so gut wie ihre
Umsetzung und Kontrolle. Die Realität auf den Straßen
zeigt, dass es fortwährend zu Verstößen der ohnehin
nicht ausreichenden Vorgaben kommt. Pausenzeiten
werden nicht eingehalten, Transporter überladen oder
verletzte Tiere transportiert. Dem können wir nur durch
mehr Kontrollen begegnen. Regelmäßige Schulungen
für Polizei, Kontrolleure und Fahrer sind unabdingbar.
Auf lange Sicht müssen Tiertransporte auf ein absolut
unumgängliches Minimum reduziert werden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713328900

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/6913 an den Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 21 b, Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen mit dem Titel „Tierschutz bei Tiertranspor-
ten verbessern“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/5892, den Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache
17/5491 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der bei-
den Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD
und Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen.

Tagesordnungspunkt 22:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniela
Wagner, Elisabeth Scharfenberg, Tabea Rößner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Der älter werdenden Gesellschaft gerecht wer-
den – Barrieren in Wohnungen und im Wohn-
umfeld abbauen

– Drucksache 17/7188 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen, und zwar der Kollegin-
nen und Kollegen Volkmar Uwe Vogel, Daniela Ludwig,
Sören Bartol, Sebastian Körber, Ilja Seifert und Daniela
Wagner.


Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1713329000

Jeder will alt werden, keiner will alt sein. Das hört

man landauf, landab. Ich will damit sagen: Kluger
Mann bzw. kluge Frau baut vor!

Deshalb ist das Thema Barrierefreiheit für uns Bau-
politiker, die immer langfristig an die zukünftigen Ent-
wicklungen denken müssen, von zentraler Bedeutung für
unsere Entscheidungen.

Mit dem vorliegenden Antrag zum barrierefreien
Wohnen folgen Bündnis 90/Die Grünen in vielen Punk-
ten dem, was wir in der Regierungskoalition bereits kon-
sequent bearbeiten. Das, was uns unterscheidet, ist die
Praktikabilität der Herangehensweise durch die christ-
lich-liberale Koalition. Wir müssen hier immer die Leh-
ren aus der Vergangenheit im Blick haben.

Wenn es um Mobilität und um eigenständiges Han-
deln geht, dann gehören unsere ostdeutschen Mitbürger
mit einer Behinderung mit Gewissheit zu den Gewinnern
der deutschen Einheit. In kürzester Zeit war es dank bes-
serer technischer Hilfsmittel und dank der breiteren
Schultern der Sozialverbände möglich, dass behinderte
und ältere Menschen wieder am öffentlichen Leben teil-
nehmen konnten. Sozialkassen und staatliche Fördersys-
teme flankierten diesen Prozess. In kaum einem anderen
sozialen Bereich wurde deutlicher, dass das von man-
chen verherrlichte DDR-Sozialsystem tatsächlich nur

Volkmar Vogel (Kleinsaara)



(A) (C)



(D)(B)

die Grundversorgung sicherte und oft die Verwahrung
für unsere behinderten Mitbürger bedeutete. Lediglich
die Hilfsbereitschaft und die menschliche Wärme des
Pflegepersonals – und natürlich der Angehörigen –
konnten dies mildern. Breite Schultern in Form vieler
karitativer Einrichtungen haben hier gleich Anfang der
90er-Jahre Hervorragendes geleistet.

Für uns sind Barrierefreiheit und Zugänglichkeit und
die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an allen
Lebensbereichen selbstverständliche Grundrechte. Da-
rin sind wir uns sicherlich alle einig. Das bedarf keiner
Diskussion.

Gerade in den letzten 20 Jahren ist im Bereich der Mo-
bilitätsverbesserung für ältere und behinderte Menschen
– auch durch unsere beiden Konjunkturprogramme – sehr
viel Positives geschehen. Es wurde zum Beispiel die Bar-
rierefreiheit auf vielen kleinen Bahnhöfen hergestellt.

Allerdings – auch darin sind wir uns einig – können
wir uns mit den Gegebenheiten nie vollständig zufrieden
geben. Deshalb arbeiten die christlich-liberale Koali-
tion und die Bundesregierung intensiv an der ständigen
Verbesserung der Situation.

Was sind nun die Herausforderungen für die Zukunft?
Abweichend zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen
muss man dies einer differenzierten Betrachtung unter-
ziehen:

Wir haben zum einen den Bereich der öffentlichen
Gebäude mit seinen öffentlichen Einrichtungen ebenso
wie die öffentliche Infrastruktur und zum anderen den
riesigen privaten Wohnbestand, wo Menschen zur Miete
oder in den eigenen vier Wänden leben, im Blick.

Klar ist für uns, dass für die Menschen die barriere-
freie Benutzung der öffentlichen Einrichtungen aus eige-
ner Kraft – wo immer möglich – sichergestellt werden
muss. Die Kosten für den Steuerzahler dafür sind sehr
hoch. Das gilt übrigens nicht nur für die Bundesrepu-
blik, sondern Mobilität muss heute weltweit gesehen
werden.

Den Wohnbereich muss man differenzierter betrach-
ten. Zum einen ist ganz klar: Barrierefreiheit ist mit ho-
hem konstruktivem Aufwand und hohen Kosten verbun-
den. Das können sich nur wenige leisten. Auch der Staat
und die Sozialkassen können das nicht in Gänze ausglei-
chen.

Der demografische Wandel führt dazu, dass mehr äl-
tere Menschen mit körperlichen Gebrechen Wohnraum
nutzen. Deshalb sollten wir – mehr als bisher – die Mög-
lichkeit barrierearmer und altersgerechter Wohnraum-
zuschnitte in den Fokus nehmen. Das ist finanziell güns-
tiger und kann auch von Hauseigentümern mit kleinem
Geldbeutel sowie mit geringerer staatlicher Unterstüt-
zung geschultert werden.

Das beste Beispiel hierfür liefert das KfW-Programm
„Altersgerecht Umbauen“. Durch dieses Förderpro-
gramm erhalten vor allem ältere oder behinderte Men-
schen die Chance, dank reduzierter Wohnbarrieren so
lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden zu le-
ben. Das Programm definiert erstmals einen bundesweit
Zu Protokoll
einheitlichen Standard für Barrierereduzierung im Woh-
nungsbestand. Es bietet wahlweise ein zinsgünstiges
Darlehen oder einen Investitionszuschuss – sowohl für
selbstgenutztes als auch für vermietetes Wohneigentum.

Die KfW ist durch ihre Förderprogramme ein gutes,
nachahmenswertes Beispiel, wenn es darum geht, intel-
ligent die Kopplungsfunktion zwischen Demografiewan-
del – sprich: barrierearm – und Energieeffizienz
– sprich: CO2-Gebäudesanierungsprogramm – herzu-
stellen.

Bei aller Attraktivität, Intelligenz und Wirksamkeit
des Programms muss man ganz ehrlich und deutlich sa-
gen, dass die finanzielle Quelle nicht unbegrenzt spru-
deln kann.

Wir werden im Mietwohnungsbau nicht alle Wohnun-
gen barrierefrei oder -arm bauen oder umbauen können,
aber wir müssen dafür sorgen, dass es in jedem Quartier
welche gibt.

Wir werden nicht jeden Eigentümer in den eigenen
vier Wänden zum Umzug bewegen können, schon aus
nachvollziehbaren emotionalen Gründen nicht. Hier
müssen wir mehr als bisher neben Förderanreizen die
Beratung und Begleitung auch und vor allem junger Ei-
gentümer intensivieren.

Wie ich eingangs sagte: Kluger Mann bzw. kluge
Frau baut vor!

Die Nachhaltigkeit beim Bauen wird zukünftig eine
größere Rolle spielen. Das gilt für den öffentlichen Be-
reich ebenso wie für den privaten.

Die Betrachtung eines Gebäudes über den gesamten
Lebenszyklus hinweg muss auch mögliche Neunutzun-
gen berücksichtigen. Wer privat nicht von Anfang an
barrierearm baut, sollte, wenn möglich, zumindest die
Voraussetzungen dafür schaffen, diesen Umbau später
nachholen zu können – auch schon dann, wenn der Kin-
derwagen zum Einsatz kommt.

Für mich hat es sich bewährt – und das vermisse ich
ebenfalls im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen –, en-
gen Kontakt zu den Verbänden aus dem Bereich der Be-
hindertenbetreuung zu halten. Es sind doch oftmals die
vielen kleinen Dinge des Lebens und die einfachen Lö-
sungen in Zeiten knapper Mittel, die unseren Mitmen-
schen mit Behinderung helfen, in ihren vier Wänden zu-
rechtzukommen.

Dieser Erfahrungsaustausch sollte – dafür kann ich
bei allen Kollegen nur werben – noch intensiver geführt
werden. Dasselbe gilt natürlich auch für die Architekten
und Bauplaner.

Nichtsdestotrotz wird nicht jedes Handicap im Ver-
kehrs- oder im Baubereich für unsere behinderten Mit-
bürger zu beseitigen sein. Die Möglichkeiten der techni-
schen Hilfsmittel kommen im Antrag von Bündnis 90/
Die Grünen viel zu kurz, werden aber von der christlich-
liberalen Koalition – weniger durch uns Verkehrs- und
Baupolitiker als vielmehr durch unsere Kollegen aus
dem sozialen Bereich – intensiv beackert. Denn die di-
rekte Hilfe der Betroffenen durch ausgereifte Prothetik,



gegebene Reden

Volkmar Vogel (Kleinsaara)



(A) (C)



(D)(B)

hochwertige Orthopädie und Hightechmedicare ist die
allerbeste Lösung, um mit den Gegebenheiten klarzu-
kommen.

In diesen Bereichen gehört Deutschland zu den Welt-
marktführern: Mittelständische Familienunternehmen
wie die Hans B. Bauernfeind AG aus dem thüringischen
Zeulenroda und die Duderstädter Otto Bock HealthCare
GmbH und viele weitere Global-Player-Firmen spiegeln
wider, dass sich soziales Empfinden und wirtschaftliche
Interessen eben nicht ausschließen müssen.

Barrierefreie Mobilität und barrierefreies Wohnen
werden niemals abschließend oder endgültig geregelt
werden können. Entgegen dem Antrag von Bündnis 90/
Die Grünen kommt es aus unserer Sicht darauf an, die
rechtlichen Rahmenbedingungen differenziert in Wohn-
bzw. Eigentumsformen so zu formulieren, dass sie kos-
tenseitig vertretbar und technisch einfach machbar sind.
Finanzielle Fördermöglichkeiten haben Grenzen. Umso
wichtiger sind Informations- und Beratungsangebote für
einfache Lösungen.

Im Neubau ist Barrierefreiheit einfacher machbar als
im Bestand, auch was die Kosten betrifft.

Bei knappem Geld müssen wir unsere Förderpro-
gramme besser verzahnen und andere Förderquellen er-
schließen. Ich denke dabei an die Pflegeversicherung,
steuerlichen Vorsorgeaufwand oder die staatlich geför-
derte private Altersversorgung.

Bei allen baulichen Aktivitäten wird nie eine 100-pro-
zentige Barrierefreiheit möglich sein. Deshalb werden
moderne Hilfsmittel weiter an Bedeutung gewinnen und
nicht zuletzt die Hilfsbereitschaft der Menschen unter-
einander.


Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1713329100

Erst vor wenigen Wochen haben wir uns mit einem

ganz ähnlichen Antrag der SPD-Fraktion beschäftigt,
daher ist klar, dass wir diesbezüglich bereits ausgiebig
bis ins Detail über das Thema Barrierefreiheit und al-
tersgerechtes Wohnen gesprochen haben. Auch damals
wurde vonseiten der Union darauf verwiesen, dass wir
bereits genau das tun, was Sie fordern, denn wir wün-
schen uns alle eine Gesellschaft, in der man auch im Al-
ter oder mit Behinderung noch aktiv sein kann.

Eine umfassend gestaltete Barrierefreiheit durchzu-
setzen, beginnend beim Design von Alltagsgegenständen
bis hin zum sozialen Nahraum, sollte unser aller Anlie-
gen sein. Barrierefreiheit erleichtert sowohl Menschen
mit Behinderung den Zugang zu Gebäuden und Trans-
portmitteln als auch Eltern oder Großeltern mit Kinder-
wagen, Älteren mit Rollator oder Einkaufswagen.

In puncto Barrierefreiheit haben wir in den letzten
Jahren viel erreicht. Zudem hat auch ein Umdenken
stattgefunden. Wir sind nicht nur gegen äußere Barrie-
ren vorgegangen, sondern auch gegen die Barrieren im
Kopf. Beides hängt nämlich zusammen bzw. wirkt auf-
einander ein.

Auch wenn zweifellos noch viel zu tun bleibt, um alle
Barrieren abzubauen, ist die Öffentlichkeit in den letzten
Zu Protokoll
Jahren doch sensibilisiert worden. Wir haben erkannt,
dass Barrierefreiheit die Voraussetzung darstellt, damit
Menschen mit Behinderung ein selbstständiges und
selbstbestimmtes Leben führen können. So wie sie es
wollen und seit Jahr und Tag einfordern. Und so wie sie
es können.

Der Punkt ist nicht, dass sich Menschen unterschei-
den, der Punkt ist vielmehr, die Lebensbedingungen die-
sen Unterschieden anzupassen. Wir fragen jetzt, wel-
chen besonderen Bedarf Menschen mit Behinderung
haben, um im Alltag so gut wie möglich klarzukommen.
Wir fragen, was getan werden kann, um ihnen die Teil-
nahme am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern.

Sie haben die Studie des BMVBS ja selbst erwähnt.
Die Probleme sind also bekannt und werden auch gezielt
angegangen. An dieser Stelle möchte ich nur kurz darauf
verweisen, dass die Prognosen über das Altern unserer
Gesellschaft ja nicht erst seit gestern bestehen, sondern
schon zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung be-
kannt waren. Da sind wir uns doch einig!? Also müssen
sich Rot-Grün, wenn sie heute Verfehlungen anpran-
gern, auch an die eigene Nase fassen.

Niemand denkt gern daran, was einem im Alter alles
widerfahren könnte. Und man sollte sich auch nicht mit
zu vielen vorausschauenden Überlegungen belasten.
Um eine gewisse Vorsorge fürs Alter kommt jedoch nie-
mand herum. Und zu ihr gehört, sich rechtzeitig zu fra-
gen, wie man im Alter wohnen möchte bzw. was für eine
Wohnung den eigenen Erfordernissen und Möglichkei-
ten dann wohl am besten entspricht. Gerade im Alter,
wenn die Menschen immer mehr Zeit im eigenen Zu-
hause verbringen, wird Wohnen zunehmend wichtig.
Komfort ist gefragt und eine altersgerechte Einrichtung,
der Wohlfühlaspekt gewinnt an Bedeutung.

Das Programm der KfW „Altersgerecht Umbauen“,
das seit 2009 läuft und das der Kreditfinanzierung von
Maßnahmen zum Zwecke der seniorengerechten Anpas-
sung von bestehenden vermieteten und selbstgenutzten
Wohngebäuden dient, hat einen wertvollen Beitrag für
die Erhöhung und den Bestand der Lebensqualität im
Alter geleistet. Durch die Förderung werden und wur-
den die Finanzierungskonditionen insbesondere für die
senioren- und behindertengerechte Modernisierung des
Wohnungsbestandes deutlich attraktiver gestaltet. Da-
mit wird den Menschen die Möglichkeit gegeben, in den
eigenen vier Wänden alt zu werden und dort möglichst
lang ein selbstbestimmtes Leben zu führen, das nicht da-
ran scheitert, dass Treppenstufen oder kleine Badezim-
mer bei einer Gehbehinderung den Umzug in ein Heim
erforderlich machen, obwohl ansonsten die Selbstver-
sorgung noch bestens funktioniert.

Generell gilt, dass zum Abbau von Barrieren Investi-
tionen in großem Umfang getätigt werden müssen. Aber
diese Anforderungen generieren auch einen Markt.
Wenn man heutzutage baut oder Eigentum kauft, achtet
man auf vieles, in der Regel auch darauf, dass dieses Ei-
gentum auch im Alter und mit möglichen Gebrechen
noch bewohnbar ist. Aber auch viele, die zur Miete le-
ben, stellen diese Ansprüche an ihr Mietobjekt.



gegebene Reden

Daniela Ludwig


(A) (C)



(D)(B)

Momentan ist es so, dass in unserer sozialen Markt-
wirtschaft in erster Linie die Eigentümer für die nach-
fragegerechte Fortentwicklung der Wohnungsbestände
und des Neubaus verantwortlich sind. Sie müssen die
Verantwortung übernehmen für ältere und behinderte
Menschen und erhöhen gleichzeitig auch die Vermiet-
barkeit ihrer Wohnungen, und sie tun das oftmals in vor-
bildhafter Weise.

Und seien wir doch ehrlich: Auch die Kommunen
kommen schon längst ihrer Verantwortung nach, wenn
es zum Beispiel darum geht, die öffentlichen Räume in
Stadtquartieren altersgerecht umzubauen und die Pla-
nung und Beratung hinsichtlich des alters- und behin-
dertengerechten Wohnens zu unterstützen.

Sie sprechen unter anderem die sogenannte Muster-
bauordnung an, die konkret die Länder betrifft; denn in
deren Hand und Regelungsbereich fallen die Bauord-
nungen. Generell liegt auch weiterhin die Gesetzge-
bungskompetenz ausschließlich bei den Ländern, und
der Bund sollte sich mit Aufgabenzuweisungen und Rat-
schlägen zurückhalten, insbesondere dann, wenn die
Forderungen Kosten verursachen, die zulasten der Lan-
deshaushalte gehen. Aber die Bundesländer sind nicht
untätig: In 14 Bundesländern enthält die Landesbauord-
nung – angelehnt an die Musterbauordnung – im Neu-
bau eine Aufzugspflicht bei mehr als fünf Vollgeschossen
eines Wohngebäudes. Zwei Länder fordern bereits bei
mehr als 4 Vollgeschossen den Einbau von Aufzügen.

Um es abzuschließen – in den vergangenen Aus-
schusssitzungen wurde schon oft darauf eingegangen –:
Die Gestaltung barrierefreien Wohnens und barriere-
freier Mobilität für ältere sowie für behinderte und in ih-
rer Mobilität eingeschränkte Menschen hat für das
Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und
für die Union eine hohe Bedeutung, die vor dem Hinter-
grund des demografischen Wandels künftig auch noch
wachsen wird. Die Herstellung von Barrierefreiheit
beim Personenverkehr ist ein ebenso wichtiger Faktor
für eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe
am gesellschaftlichen Leben wie die Barrierefreiheit in
den eigenen vier Wänden.

Bei dem genannten KfW-Programm handelt es sich
allerdings keinesfalls um die einzige Maßnahme des
Bundes, die Barrierefreiheit fördert. Da gibt es nicht zu-
letzt den Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention, mit dem die Bundes-
regierung einen wichtigen Schritt nach vorne geht und
mit dem sie ein weiteres wichtiges Vorhaben aus dem
Koalitionsvertrag umsetzt. Der Aktionsplan beinhaltet
ein Maßnahmenpaket und stellt einen Motor für Verän-
derung dar, aber er ist kein Gesetzespaket. Es geht da-
rum, bestehende Lücken zwischen Gesetzeslage und
Praxis zu schließen.

Zudem hat der Aktionsplan einen Zeithorizont von
zehn Jahren, der uns also viel Zeit für nötige Verände-
rungen gibt, uns aber auch eine Frist setzt. Ziel ist es,
ihn dabei kontinuierlich auf den Prüfstand zu stellen und
entsprechend neuerer Erkenntnisse weiterzuentwickeln,
das erste Mal in zwei Jahren.
Zu Protokoll
Wie ein roter Faden muss sich mit ihm die Inklusion
auf allen politischen Ebenen durch unsere Überlegun-
gen und Entscheidungen ziehen. Und das heißt zum Bei-
spiel, dass die gemeinsame Erziehung und Bildung von
behinderten und nichtbehinderten Kindern konsequent
vorangetrieben werden muss.

Aber es gibt auch weitere Punkte, die es zu beachten
gilt: Es gilt Hilfe- und Unterstützungsleistungen so zu or-
ganisieren, dass sie sich an den Lebenslagen und Bedürf-
nissen von Personen orientieren und nicht an Strukturen
von Organisationen und Institutionen. Darüber hinaus
müssen wir langfristig eine inklusive Arbeitsgesellschaft
schaffen.


Sören Bartol (SPD):
Rede ID: ID1713329200

Wir wissen alle, dass wir in einer älter werdenden

Gesellschaft leben und auf den demografischen Wandel
reagieren müssen: Die Anzahl der über 80-Jährigen
wird bis 2050 auf über 10 Millionen steigen. Mit zuneh-
mendem Alter nehmen körperliche Einschränkungen zu.
Stufen und Treppen machen vielen, insbesondere älteren
Menschen, das Leben schwer. Das Thema Barrierefrei-
heit spielt für Ältere ebenso eine große Rolle wie für
Menschen mit Behinderungen.

Nach Schätzungen der Wohnungswirtschaft ist derzeit
jedoch nur 1 Prozent des Wohnungsbestandes barriere-
frei und nur weitere 4 Prozent barrierearm ausgestaltet.
Nach einer Studie des Bundesministeriums für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung wird der Bedarf an barriere-
freien und -armen Wohnungen bis 2020 auf zusätzlich
2,5 Millionen Wohnungen geschätzt. Es liegt auf der
Hand, dass wir mehr barrierefreien Wohnraum benöti-
gen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit dem An-
trag „Barriefreie Mobilität und barrierefreies Wohnen –
Voraussetzungen für Teilhabe und Gleichberechtigung“
ausführlich zu diesem Thema in den Deutschen Bundes-
tag eingebracht.

Fest steht: Es fehlt schon jetzt eklatant an altersge-
rechtem Wohnraum, und die Situation wird sich mit der
steigenden Anzahl älterer Menschen noch weiter ver-
schärfen. Investoren, Politik und Verwaltung müssen
sich daher frühzeitig auf die sich verändernden Rah-
menbedingungen einstellen. Die Bundesregierung muss
jetzt handeln.

Stichwort „gezielte Förderpolitik“: Die brauchen wir
dringend. Umso unverständlicher ist es, dass die Bun-
desregierung das KfW-Förderprogramm „Altersgerecht
Umbauen“, wie aus dem Bundeshaushaltsentwurf von
2012 hervorgeht, auslaufen lässt. Dabei hat die Bundes-
regierung selbst das Programm als sehr positiv einge-
stuft: In ihrer Antwort auf die Anfrage der SPD-Bundes-
tagsfraktion bescheinigte sie dem Programm „eine
erfreuliche Bilanz“, zudem bereitete es „in der Umset-
zung keine Probleme.“ Da kann ich mich nur fragen:
Warum aber soll dann das Programm „Altersgerecht
Umbauen“ gestrichen werden? Das Förderprogramm
ist doch von enormer Bedeutung: Älteren Menschen er-
möglicht es, lange und selbstbestimmt in ihrer Wohnung
und in ihrem gewohnten Umfeld zu leben.



gegebene Reden

Sören Bartol


(A) (C)



(D)(B)

Vergessen wir nicht, dass Wohnen ein Grundrecht ist,
die Bundesregierung die UN-Behindertenkonvention
unterschrieben hat und somit in der Pflicht steht, für
barrierefreien Wohnraum zu sorgen. Barrierefreier
Wohnraum kommt im Übrigen nicht nur Älteren und
Menschen mit körperlichen Einschränkungen, sondern
auch Familien zugute. Aber barrierefreie Umbauten
sind eben auch kostenintensiv, „Altersgerecht Um-
bauen“ leistet hierbei wichtige finanzielle Unterstüt-
zung. Statt das Förderprogramm auslaufen zu lassen,
gilt es, das Programm zu erhalten. Wenn die Bundesre-
gierung das Programm mit dem Argument streicht, dass
die Mittel nicht voll abgerufen werden, schüttet sie das
Kind mit dem Bade aus. Es muss doch vielmehr darum
gehen, die Förderkonditionen so zu gestalten, dass das
Programm angenommen wird. Es muss darum gehen,
bei Hauseigentümern und Wohnungsunternehmen Be-
wusstsein für die Notwendigkeit barrierefreien Umbaus
zu schaffen. Die Politik ist hier gefordert, aber ganz klar
auch die privaten Hauseigentümer und die Wohnungs-
wirtschaft.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesre-
gierung dazu auf, das Programm „Altersgerecht Um-
bauen“ auf bisherigem Niveau zu erhalten. Mit unserem
Antrag stehen wir übrigens nicht nur für den bloßen Er-
halt, sondern vielmehr für eine Weiterentwicklung des
Programms: Unser Ziel ist es, langfristig den Bedarf an
altersgerechtem Wohnraum schneller zu decken als bis-
her.

Um das Thema Barrierefreiheit anzugehen, bedarf es
darüber hinaus eines Gesamtpakets: Das Informations-
und Beratungsangebot muss insgesamt ausgebaut und
besser auf ältere Menschen abgestimmt werden. Noch
immer mangelt es an einer Evaluation des Status quo bei
der Zugänglichkeit von Gebäuden – und das, wo es doch
erfolgreiche Beispiele wie die Wheelmap gibt: eine On-
linekarte vom Berliner Verein Sozialhelden, mit der kör-
perlich eingeschränkte Menschen wie Rollstuhlfahrer,
aber auch Ältere die Zugänglichkeit öffentlicher Ge-
bäude im Vorfeld prüfen können. Nach dem Ampelprin-
zip werden hier öffentliche Einrichtungen wie Museen
oder Bahnhöfe kategorisiert. Damit es zukünftig noch
mehr solcher Projekte gibt, sollte der Bund solche Vor-
zeigeprojekte fördern.

Das Beispiel zeigt auch, wie wichtig es ist, Barriere-
freiheit nicht nur beim Wohnungsbau, sondern auch im
Wohnumfeld zu berücksichtigen, das heißt Mobilität im
Sinne der Erreichbarkeit von Arbeitsstätten, Einkaufs-
möglichkeiten, ärztlicher Versorgung, Bildungs- und so-
zialen Angeboten. Genau aus diesem Grund hat die
SPD-Bundestagsfraktion mit dem bereits erwähnten
Barrierefreiheitsantrag einen umfassenderen Ansatz als
die Grünen gewählt: Barrierefreiheit muss auch für das
Lebensumfeld gewährleistet werden, das heißt im Be-
reich der Mobilität und Infrastruktur. Ein Beispiel:
Klapprampen für Geschäfte sind kostengünstig – und er-
leichtern das Leben von Mobilitätsbehinderten auf ein-
fache Weise.

Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass
die Förderung von Barrierefreiheit integraler Bestand-
Zu Protokoll
teil der Städtebauförderung wird. Es ist Aufgabe des
Bundes, barrierefreies Bauen und Umbauen von Wohn-
raum stärker zu fördern. Eine stärkere Kopplung staatli-
cher Förderung an Kriterien der Barrierefreiheit wäre
zielführend. Damit Barrierefreiheit bereits bei Planung
und Ausführung mitbedacht wird, muss sie insbesondere
für Baumaßnahmen der öffentlichen Hand gelten – man
bedenke hier die Vorbildfunktion. Um das umzusetzen,
wäre ein Programm zur Förderung der Barrierefreiheit
von öffentlichen Gebäuden notwendig; so könnten auch
finanzschwache Kommunen die Anforderungen der UN-
Behindertenkonvention erfüllen.

Da barrierefreie Umbauten kostenintensiv sind, wäre
es nur logisch, bereits im Planungsprozess die DIN-Nor-
men für barrierefreies Bauen zu berücksichtigen. Doch
derzeit ist noch das Gegenteil der Fall, die Normen sind
nur zum Teil im Baurecht verankert. Hier sind die Län-
der gefordert: Sie müssen die Standards setzen.

Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass die Muster-
bauordnung im Hinblick auf die Anforderungen an Bar-
rierefreiheit bei Bau und Umbau überarbeitet wird. Die
Länder müssen die Umsetzung dieser Anforderungen
effektiver überwachen und Verstöße sanktionieren.

Ich appelliere nochmal an die Bundesregierung, die
Kürzungen bei der Städtebauförderung zurückzunehmen
und das erfolgreiche KfW-Programm „Altersgerecht
Umbauen“ auf bisherigem Niveau langfristig weiterzu-
führen. Auch die bestehenden KfW-Programme müssen
weiterentwickelt und ergänzt werden – nur so können
wir den Anforderungen der Behindertenkonvention ge-
recht werden.

Barrierefreiheit muss selbstverständlich werden bei
Bau und Umbau. Bis dahin aber ist es noch ein weiter
Weg, den die Bundesregierung aktiv gestalten muss. Das
Programm „Altersgerecht Umbauen“ ist so ein wichti-
ger Baustein. Deshalb fordere ich Sie auf: Setzen Sie
dieses Programm zumindest auf bisherigem Niveau fort!


Sebastian Körber (FDP):
Rede ID: ID1713329300

Das Wohnen im Alter bleibt Schwerpunkt unserer

Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik, damit „ältere
Menschen und Menschen mit Behinderungen länger und
lebenswerter in ihrem gewohnten Umfeld wohnen kön-
nen“ – so der Koalitionsvertrag von Union und FDP.

Von Winston Churchill soll der Satz stammen: Der
Pessimist sieht in jeder Aufgabe ein Problem, der Opti-
mist in jedem Problem eine Aufgabe. – Und da wir als Li-
berale von Hause aus Optimisten sind, sehen wir im de-
mografischen Wandel eine große Aufgabe. Denn – gleich
vorneweg gesagt – wir sind heute nicht zusammenge-
kommen, um den demografischen Wandel zu beklagen.
Denn es ist ganz entscheidend, dass alle Akteure ge-
meinsam anpacken und entschlossen an einem Strang
ziehen. Keine andere Entwicklung wird unsere Gesell-
schaft so stark beeinflussen und nachhaltig verändern
wie der demografische Wandel.

Wir stehen bekanntlich vor einer mehrfachen Heraus-
forderung: Zum einen sinken in Deutschland seit den
70er-Jahren die Geburtenzahlen und unterschreiten seit



gegebene Reden

Sebastian Körber


(A) (C)



(D)(B)

langem den Schwellenwert, der für ein Gleichgewicht
aus Geburten und Sterbefällen nötig wäre. Die Bevölke-
rung schrumpft. Sodann steigt gleichzeitig aufgrund des
medizinischen Fortschritts Gott sei dank die Lebens-
erwartung stetig an. Die Anzahl älterer Menschen inner-
halb der Bevölkerung steigt. Und zudem haben immer
mehr Bürgerinnen und Bürger einen Migrationshinter-
grund. Zuwanderer kommen zu uns. Kurz gesagt: Wir
werden weniger, älter und kulturell vielfältiger – mit al-
len Folgen für Gesellschaft, Wirtschaft, Sozialversiche-
rungen und im Alltag.

Der demografische Wandel ist kurz- und mittelfristig
nicht umkehrbar. Selbst wenn heute mehr Kinder gebo-
ren würden, würde es mindestens 20 Jahre dauern, bis
diese das erwerbsfähige Alter erreichen. Allerdings wird
sich der demografische Wandel in Deutschland regional
sehr unterschiedlich – Abwanderungen im ländlichen
Raum, Zuwanderungen in Ballungszentren – bemerkbar
machen.

Die Alterung wird den ländlichen Raum besonders
stark betreffen. Übrigens: Ländliche Regionen deshalb
aufs Abstellgleis zu schieben, wäre der absolut falsche
Weg. Das würde der großen Bedeutung des ländlichen
Raumes keinesfalls gerecht. Lassen Sie mich deshalb bei
dieser Gelegenheit für die FDP nochmals klarstellen:
Keine einzige Region darf abgehängt werden. Wir setzen
in ganz Deutschland auf gleichwertige Lebens- und Ar-
beitsbedingungen. Gleichwertig heißt dabei nicht gleich-
artig. Aber es geht um vergleichbare Chancen. Themen
wie die zukünftige ärztliche Versorgung im ländlichen
Raum, die Stärkung der Innenstädte und Ortskerne, Ver-
kehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur stehen ganz
oben auf der Agenda.

Die Herstellung der weitestgehenden Barrierefreiheit
ist ein dynamischer Prozess, der nur schrittweise und
unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrund-
satzes vollzogen werden kann. Deutschland hat die UN-
Behindertenrechtskonvention als einer der ersten Staa-
ten unterzeichnet. Sie ist seit dem 26. März 2009 ver-
bindlich. Das deutsche Recht genügt bereits heute den
Anforderungen der VN-Behindertenrechtskonvention.
Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien
gleichwohl darauf verständigt, einen Aktionsplan zur
Umsetzung der UN-Konvention zu entwickeln, um die
bestehende Lücke zwischen Gesetzeslage und Praxis zu
schließen.

„Einen alten Baum verpflanzt man nicht mehr“, sagt
das Sprichwort. Es ist doch ein verständlicher Wunsch,
dass Menschen im Alter möglichst lang zu Hause blei-
ben wollen. 86 Prozent der „jungen“ Alten – die heute
50- bis 65-Jährigen – wollen so lange wie möglich in der
eigenen Wohnung leben. Wohnbarrieren müssen redu-
ziert werden.

Aktuelle Situation: Wohnen zuhause ist die bevor-
zugte Wohnform im Alter: 93 Prozent der 65-jährigen
und älteren Menschen leben in „normalen“ Wohnungen,
auch rund zwei Drittel der 90-Jährigen. Von Senioren
genutzte Wohnungsangebote sind vielfach nicht alters-
gerecht, sondern weisen erhebliche Barrieren beim Zu-
gang zur Wohnung und im Sanitärbereich auf. Mehr als
Zu Protokoll
drei Viertel der Senioren wohnen in Gebäuden mit zwei
oder mehr Stockwerken – auch im Einfamilienhaus über
50 Prozent; deutlich über 90 Prozent ohne technische
Hilfen. Senioren wohnen überwiegend in älterer Bau-
substanz. Über 60 Prozent der Senioren in Beständen
mit Baujahr vor 1971, Schwerpunkt Nachkriegszeit
1949 bis 1971; weitere 20 Prozent in Gebäuden der
Baujahre 1972 bis 1980. Je circa 50 Prozent Mieter und
Eigentümer, vor allem jüngere Senioren überwiegend im
selbst genutzten Eigentum. Zukünftig wächst der Anteil
Hochaltriger mit erhöhtem Pflegerisiko in diesem
Marktsegment.

Die Lage der genutzten Wohneinheiten kann die
selbstständige Lebensführung im Alter beeinträchtigen.
Vor allem in Randlagen und Siedlungen außerhalb ge-
schlossener Ortschaften bestehen oft Einschränkungen
in der Mobilitätsversorgung und in Bezug auf die ver-
sorgende Infrastruktur.

Barrierearmut ist als zukunftsfähiges Qualitätsmerk-
mal einer der zentralen Begriffe, die das öffentliche
Leben in den nächsten Jahren bestimmen werden. Die
Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und FDP
spricht sich klar dafür aus, Mobilität zu ermöglichen
und nicht zu behindern, und fordert zudem mehr Barrie-
rearmut im Wohnumfeld und im öffentlichen Raum.

Unser Ziel ist eine höhere Lebensqualität für alle
Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
Hier ergibt sich Handlungsbedarf vor dem Hintergrund,
dass der Anteil älterer Menschen deutlich zunehmen
wird. Nur circa 1,2 Prozent der Wohnungen in Deutsch-
land sind altersgerecht und bis 2020 werden rund
2,5 Millionen zusätzlich benötigt – denn 86 Prozent der
„jungen“ Alten – die heute 50- bis 65-Jährigen – wollen
so lange wie möglich in der eigenen Wohnung leben.
Dies bedeutet: Wohnbarrieren müssen reduziert werden.
Wünschenswert wäre eine Verzehnfachung der Quote an
altengerechtem Wohnraum auf 20 Prozent bis 2030.

Investitionen zur Bereitstellung eines ausreichenden
Angebots altersgerechten Wohnraums sind vorrangig
von den Eigentümern der Wohnungen, sei es als Vermie-
ter oder als Selbstnutzer, zu erbringen. Der Staat kann
sie dabei auf verschiedene Weise unterstützen, zum Bei-
spiel durch finanzielle Anreize. Für die Beseitigung von
Barrieren im Wohnbereich können auch steuerliche Vor-
teile genutzt werden. Vermieter können entsprechende
Aufwendungen entweder sofort in voller Höhe oder über
mehrere Jahre verteilt im Wege der Abschreibung steu-
erlich berücksichtigen. Selbstnutzende Eigentümer und
Mieter können auch für die entsprechenden Aufwendun-
gen die Steuervergünstigung für Handwerkerleistungen
in Anspruch nehmen und so ihre Steuerlast um maximal
1 200 Euro im Jahr mindern. Die Länder erhalten bis
2013 insgesamt 518,2 Millionen Euro zweckgebunden
für die soziale Wohnraumförderung vom Bund. Sie fi-
nanzieren daraus zusammen mit eigenen Mitteln unter
anderem Programme für die Barrierereduzierung im Be-
stand, Mietwohnungsneubau für Menschen mit Behinde-
rungen, Modernisierung von Alten- und Pflegeheimen.

Die Praxis zeigt: Weitestgehende Barrierefreiheit
beim Bauen ist nahezu kostenneutral, wenn sie rechtzei-



gegebene Reden

Sebastian Körber


(A) (C)



(D)(B)

tig beachtet wird. Gleichzeitig ermöglicht ein langes
Wohnen im Zuhause eines jeden Einzelnen deutliche
Kostenvorteile bei notwendiger Pflegeunterstützung.
Die ambulante Pflege in den eigenen vier Wänden ist
deutlich günstiger als die stationäre Pflege und damit
gleichermaßen entlastend für die Pflegeversicherung.
Dies ist eine Entlastung für die zukünftige Generation.
Während im Jahr 2000 noch etwa vier Arbeitnehmer für
die Rente eines Rentners aufgekommen sind, müssen im
Jahr 2040 etwa zwei Arbeitnehmer die Rente eines Se-
nioren tragen. Zukunftsfähige Baupolitik kommt an ei-
ner Fortführung des KfW-Programms „Altersgerechter
Umbau“ nicht vorbei.

Reden und Handeln klaffen aber bei Ihnen auseinan-
der. Die Frage sei erlaubt: Wenn den Grünen das Thema
so wichtig ist, warum hat sich deren Fraktion bei der
Abstimmung am 8. Juli im Bundestag zum schwarz-gel-
ben Antrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechts-
konvention enthalten und nicht zugestimmt? SPD und
Linke haben ganz dagegen gestimmt.

Schließlich wird in diesem Antrag die Bundesregie-
rung unter anderem aufgefordert, das auslaufende Pro-
gramm zum altersgerechten Umbau über 2011 hinaus zu
verstetigen. Im Übrigen: Das Programm wird nicht
„eingestellt“ oder gar „abgeschafft“, wie Sie das immer
behaupten, sondern es läuft schlicht aus, war – aus Mit-
tel des Konjunkturpakets I gespeist – nur bis 2011 befris-
tet. Bitte bei der Wahrheit bleiben! Die Weiterentwick-
lung des Programms ist Auftrag der schwarz-gelben
Koalitionsvereinbarung, auch in schwieriger Finanz-
lage. Aufgrund der positiven Erfahrungen werbe ich in
den Haushaltsberatungen intensiv für eine ordentliche
Mittelausstattung bei einer Weiterführung des Pro-
gramms.

Sie wissen sicher: Regelungen zur Barrierefreiheit in
Gebäuden gehören zum Bauordnungsrecht. Für diese
Rechtsmaterie liegt die Gesetzgebungskompetenz unver-
ändert – auch nach der letzten Föderalismusreform –
ausschließlich bei den Ländern. Ich bin daher sehr ge-
spannt, wie und ob Sie das dort, wo Sie Verantwortung
in den Länderregierungen tragen, auch umsetzen. Da-
von sollte man ja ausgehen, allein sehen kann ich davon
nichts. Dort sparen Sie und hier erstellen Sie einen
Wunschzettel.

Ich selbst baue gerade mein Elternhaus in ein Mehr-
generationenhaus für meine Eltern, meine Großmutter
und mich barrierearm und energieeffizient um – falls Sie
also Anregungen aus der Praxis brauchen, lade ich Sie
gerne ins schöne Forchheim ein.

Am Umgang mit unseren Senioren, am Respekt vor
den Älteren beweist sich die menschliche Qualität unse-
res Landes, die keine kalte Gesellschaft werden darf. Die
höhere Lebenserwartung ist ein großer Gewinn für den
Einzelnen, für die Familien und für die gesamte Gesell-
schaft. Noch nie war die Generation der über 60-Jähri-
gen so gesund und aktiv wie heute. Senioren haben eine
enorme Lebenserfahrung und Kompetenz. Unsere Ge-
sellschaft kann es sich nicht leisten, auf den Erfahrungs-
schatz dieser Generation zu verzichten!
Zu Protokoll
Als junger Abgeordneter sage ich: Wir bauen heute
auf dem auf, was vor uns geschaffen wurde. Dank des
Einsatzes, der Arbeit und des Fleißes der jetzt älteren
Generation steht Deutschland hervorragend da.

Wir brauchen hier einen positiven Bewusstseinswan-
del in unserer Gesellschaft: Ich wünsche mir, dass unser
Land auch künftig für Alt und Jung lebenswert ist. Las-
sen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir in
Deutschland auch in Zukunft ein selbstbestimmtes, ge-
nerationengerechtes und barrierearmes Leben führen
können.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713329400

Jede und jeder von Ihnen, meine lieben Kolleginnen

und Kollegen, kennt das Schild, das an fast allen Aufzü-
gen steht: „Im Brandfall nicht benutzen“. Im Klartext
heißt das, dass gehbehinderte Menschen sich im Notfall
nicht selbst retten können. In der Brandschutzordnung
unseres Deutschen Bundestages heißt es unter anderem:
„Die Evakuierung von Behinderten im Zuständigkeits-
bereich der Fraktionen ist eigenverantwortlich zu orga-
nisieren und sicherzustellen. Entsprechende Hinweise
auf die Büros von Behinderten sind in den Pforten des
jeweiligen Gebäudes zu hinterlegen. Was – das werden
Sie sich jetzt fragen – hat das mit dem vorliegenden An-
trag zu tun? Menschen mit Behinderungen sind bei fast
allen Gebäuden mit Barrieren konfrontiert, die sie nur
schwer oder gar nicht überwinden können. Das betrifft
sowohl das Hineinkommen in ein Gebäude, die Fortbe-
wegung innerhalb des Gebäudes und – zum Beispiel bei
Bränden – auch das Verlassen eines Gebäudes. Dabei
gibt es längst Aufzüge, die auch im Brandfall noch län-
gere Zeit – eben zur Evakuierung – nutzbar sind. Sie
sind nur etwas teurer als die allgemein üblichen Auf-
züge.

Das führte dazu, dass der eigentlich mit vergleichs-
weise hervorragend barrierefreien Gebäuden ausgestat-
tete Bundestag 300 Menschen mit Behinderungen erst zu
einem Dialog mit den Bundestagsabgeordneten am
2. und 3. Dezember 2011 einlud und – da sich darunter
zu viele Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen befin-
den – wieder auslud. Dieser an Peinlichkeit kaum zu
übertreffende Vorgang zeigt, wie das wirkliche Leben ist
und wie weit wir noch von einer inklusiven Gesellschaft
entfernt sind.

Kaum ein Gebäude ist barrierefrei. Das betrifft
Wohngebäude, Arztpraxen, Schulen, Hotels, Gaststät-
ten, Verwaltungsgebäude, Bahnhöfe, Kultureinrichtun-
gen usw. Das Problem ist nicht neu, aber die Aktivitäten
zur Beseitigung der Barrieren und zur Vermeidung
neuer Barrieren lassen arg zu wünschen übrig. Es be-
ginnt beispielsweise damit, dass an der Spitze des Bun-
desbau- und Verkehrsministeriums mit Herrn Ramsauer,
CSU, ein Minister steht, der das Wort „Barrierefreiheit“
nicht zu kennen scheint, erst recht nicht, welche Pro-
bleme sich damit verbinden und was – auch durch ihn –
zu tun ist. Wer es nicht glaubt, sollte sich mal die rund
700 Pressemitteilungen des Ministers auf seiner Home-
page oder seine Reden im Bundestag sowie auf diversen
Veranstaltungen oder seine Antworten auf meine diesbe-



gegebene Reden

Dr. Ilja Seifert


(A) (C)



(D)(B)

züglichen Anfragen ansehen. Vorschläge seinerseits für
gesetzliche Rahmenbedingungen, zum Beispiel durch
verbindliche Vorgaben zum barrierefreien Bauen, im
Baugesetzbuch? – Fehlanzeige! Initiativen seinerseits,
mit Konjunkturprogrammen der Bundesregierung, steu-
erlichen Anreizen oder KfW-Programmen barrierefreies
Bauen zu fördern? – Fehlanzeige? Im Gegenteil: Das
kleine Pflänzchen KfW-Programm „Altersgerecht Um-
bauen“ soll 2012 wieder gerodet werden.

Dabei gibt es seit März 2009 mit der UN-Behinder-
tenrechtskonvention und dem Behindertengleichstel-
lungsgesetz aus dem Jahr 2002 Gesetze in Deutschland,
welche Bund, Länder und Kommunen verpflichten, sich
aktiv für die Schaffung von Barrierefreiheit in Wohnun-
gen und im Wohnumfeld einzusetzen. Nicht einmal
2 Prozent aller Wohnungen in der BRD sind barrierefrei.
Wer behinderungs- bzw. altersbedingt auf Barrierefrei-
heit angewiesen ist, steht – so meine Erfahrungen – vor
gravierenden Problemen. In einigen Fällen sind Anpas-
sungsmaßnahmen am Wohngebäude oder in der Woh-
nung möglich. Voraussetzungen dafür sind die Zu-
stimmung des Eigentümers und die Klärung der
Finanzierung. Beide Hürden sind oft nicht überwindbar.
Hinzu kommt der absurde Fakt, dass die Schaffung der
Barrierefreiheit nicht etwa als Wertsteigerung begriffen
wird, sondern sie bei Auszug oder Tod auf Kosten der
behinderten Menschen sogar wieder rückgängig ge-
macht werden muss.

Also bleiben drei Möglichkeiten: erstens der Verbleib
in der nicht barrierefreien Wohnung unter Inkaufnahme
menschenunwürdiger Bedingungen – dazu zähle ich mas-
sive Bewegungseinschränkungen innerhalb der Wohnung,
Einschränkungen in der Nutzung von Toilette und Wasch-
möglichkeiten und äußerst eingeschränkte Möglichkeiten,
die Wohnung zu verlassen –, zweitens der Umzug in eine
barrierefreie Wohnung, was angesichts des fehlenden
Wohnungsangebotes und der mit dem Umzug verbunde-
nen Kosten ebenfalls schwer zu realisieren ist, sowie drit-
tens der Umzug ins Heim – ein Weg, der für viele Men-
schen aus mir sehr verständlichen Gründen nicht
erstrebenswert ist.

Deswegen unterstütze ich ausdrücklich die Losung des
Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobi-
lienunternehmen, GdW, „Aufzug statt Auszug“ und dies-
bezügliche Initiativen des sächsischen Verbandes der
Wohnungsgenossenschaften. Wir brauchen dringendst
deutlich mehr barrierefreie Wohnungen, Wohngebäude
und ein entsprechendes Wohnumfeld. Deswegen wird die
Linke den vorliegenden Antrag unterstützen.

Ein Weg ist die Beseitigung vorhandener Barrieren.
Dazu brauchen wir verbindliche Regelungen im Bauge-
setzbuch und den Landesbauordnungen, entsprechende
Förderprogramme und intelligente Lösungsvorschläge
von Architektinnen und Architekten sowie den Baufir-
men. Bei den Förderungen kann man von den bewährten
Instrumenten hinsichtlich der Sanierung in denkmalge-
schützten Gebäuden und bei der energetischen Sanie-
rung lernen. Statt eine Einstellung des KfW-Programms
„Altersgerechtes Umbauen“ fordert die Linke schon mit
dem Bundeshaushalt 2012 dessen Erhöhung und Verste-
Zu Protokoll
tigung. Auch eine andere Bezeichnung dieses KfW-Pro-
gramms halte ich für sinnvoll. Neubauten müssten künf-
tig generell barrierefrei bzw. so barrierearm gebaut
werden, dass individuelle Anpassungen unkompliziert
möglich sind. Das ist auch eine Herausforderung für die
Firmen, welche Einfamilienhäuser und andere kleine Ei-
genheime anbieten.

Ich habe zwei Visionen hinsichtlich der Barrierefrei-
heit von Wohnungen und anderen Gebäuden. Erstens
hoffe ich, dass irgendwann alle Gebäude und alle Woh-
nungen barrierefrei sind. Ich möchte – egal mit welcher
Behinderung – uneingeschränkt in meiner Wohnung le-
ben und auch jederzeit Verwandte, Bekannte und
Freunde in deren Wohnungen besuchen können. Auch
das gehört zu umfassender Teilhabe, wie sie in der UN-
Behindertenrechtskonvention festgeschrieben wurde.

Zweitens möchte ich in jedes Gebäude nicht nur hi-
nein-, sondern auch bei Notfällen wie andere Menschen
ohne Behinderungen wieder hinauskommen können.


Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713329500

Alle wollen alt werden, niemand will alt sein. Obwohl

sich alles ständig im Wandel befindet – eines ist sicher –
wir alle werden älter, auch wenn wir es nicht unbedingt
wahrhaben wollen. Zum Glück sind wir damit nicht al-
leine, denn bis 2030 wird die Anzahl der über 65-Jähri-
gen auf 22,3 Millionen und die der über 80-Jährigen auf
6,4 Millionen steigen. Wir befinden uns also in guter Ge-
sellschaft.

Dieser Tatsache muss auch im Wohnbereich Rechnung
getragen werden, vor allem weil wir alle selbstbestimmt
leben wollen, ob kerngesund, im hohen Alter oder mit ei-
ner körperlichen Beeinträchtigung, auch vor dem Hin-
tergrund der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon-
vention. Die eigene Wohnung, sei es eine Miet- oder
Eigentumswohnung, steht unter dem besonderen Schutz
unserer Rechtsordnung. Sie bietet uns einen geschützten
Raum zur freien Persönlichkeitsentfaltung. Deswegen
wollen und sollen auch ältere Menschen so lange wie
möglich unabhängig und selbstbestimmt wohnen. Aber
über die Hälfte der Seniorenhaushalte lebt in Gebäuden,
die zwischen 1949 und 1980 gebaut wurden. Hier ist eine
barrierearme Bauweise kaum zu finden. Aber es besteht
eine hohe Bereitschaft, entsprechend altersgerecht umzu-
bauen. Doch häufig fühlen sich die Menschen, gerade
wenn sie schon etwas älter sind, diesbezüglich überfor-
dert. Ich vermute, dass aus diesem Grund die bisher be-
reitgestellten Bundesmittel über das KfW-Programm
„Altersgerecht Umbauen“ so schlecht abgeflossen sind.
Hinzu kommt, dass es erfahrungsgemäß eine Weile dau-
ert, bis Förderprogramme bei Bürgern „ankommen“ und
ihre Aufmerksamkeit und ihr Interesse daran geweckt
werden. Von den 2010 bereitgestellten 90 Millionen Euro
wurden nur rund 32 Millionen Euro abgerufen. Das zeigt
aber nicht, dass das Programm sinnlos ist und gestrichen
werden sollte, so wie es die Bundesregierung plant, im
Gegenteil. Es muss besser beworben und zielgruppenge-
recht ausgestaltet werden.

Altersgerechtes und barrierearmes Wohnen ist men-
schenrechtes Wohnen. Es profitieren nicht nur alte oder



gegebene Reden





Daniela Wagner


(A) (C)



(D)(B)

hochbetagte Bewohner, auch Bewegungseingeschränkte,
Rollstuhlfahrer oder Familien mit kleinen Kindern gewin-
nen mehr Bewegungsfreiheit. Mit dem Auslaufen des Pro-
gramms „Altersgerecht Umbauen“ zeigt sich einmal mehr,
dass die schwarz-gelbe Bundesregierung ein wohnungs-
politischer Totalausfall ist. Selbstverständlich sehen auch
wir die Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung. Ge-
rade weil „nur“ 32 Millionen Euro von 90 Millionen Euro
abgerufen wurden, kann mit einem reduzierten Mittelein-
satz ein immer wichtiger werdendes KfW-Programm er-
halten werden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713329600

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/7188 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-
verstanden. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 23:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kornelia
Möller, Inge Höger, Dr. Dietmar Bartsch, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg schließen

– Drucksache 17/5757 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen, und zwar folgender Kol-
leginnen und Kollegen: Wolfgang Götzer, Werner
Schieder, Joachim Spatz, Kornelia Möller und Thomas
Gambke.


Dr. Wolfgang Götzer (CSU):
Rede ID: ID1713329700

Seit den 30er-Jahren leben die Menschen in der Re-

gion Siegenburg mit den Belastungen und Risiken, die
der Luft-Boden-Schießplatz mit sich bringt: Unfälle,
teilweise beträchtlicher Lärm und Bodenkontamination
beeinträchtigen die Lebensqualität.

Seit Beginn meiner parlamentarischen Tätigkeit in
den 80er-Jahren ist der Luft-Boden-Schießplatz Siegen-
burg ganz oben auf der Liste der besonders wichtigen
Themen meiner Wahlkreisarbeit. In zahllosen Gesprä-
chen, Briefen, Anfragen, Ortsterminen unter anderem
auch mit dem Parlamentarischen Staatssekretär beim
Bundesministerium der Verteidigung, Christian Schmidt,
kämpfe ich seitdem – gemeinsam mit den Politikern vor
Ort und der Bürgerinitiative – dafür, dass der Bomben-
abwurfplatz geschlossen wird. Dies wurde stets vom
Bundesverteidigungsministerium mit dem Hinweis ab-
gelehnt, dass der Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg
militärisch unverzichtbar sei. Daran hat sich übrigens
auch unter der rot-grünen Regierung nichts geändert.

Deshalb habe ich all die Jahre dafür gekämpft, dass
wenigstens die Zahl der Überflüge reduziert wird. Die-
ser Einsatz hat sich gelohnt: Waren es 1993 noch 1741
Flüge pro Jahr, so sank die Zahl der Flüge im Jahr 2000
auf 660 und erreichte schließlich 2009 einen absoluten
Tiefststand von 17 Flügen pro Jahr.
Ein weiterer Erfolg ist, dass im gültigen Nutzungs-
konzept für die beiden Luft-Boden-Schießplätze in
Deutschland – nämlich Siegenburg und Nordhorn – der
geplante Nutzungsumfang und die planerische Ober-
grenze festgelegt sind. Letztere liegt deutlich unter den
Einsatzzahlen der 90er-Jahre. Die tatsächliche Nutzung
in Siegenburg lag in den vergangenen Jahren wiederum
deutlich unter dem geplanten Nutzungsumfang.

Trotzdem bleibt unser Ziel die Schließung des Luft-
Boden-Schießplatzes Siegenburg. Dafür spricht aus
meiner Sicht eine ganze Reihe von Gründen: Praktikabi-
lität, Kosten, Gefährdung und Nutzbarkeit sind hier zu
nennen. Bereits im Jahr 2007 empfahl der Bundesrech-
nungshof der Bundeswehr, die Mitfinanzierung und -nut-
zung des LBS Siegenburg aufzugeben. Vor allem bin ich
aber der Auffassung, dass die Nutzung des Bombenab-
wurfplatzes in Siegenburg aufgrund der veränderten mi-
litärischen Herausforderungen nicht mehr notwendig
ist. Wegen seiner geringen Fläche können auf dem Platz
nämlich nur ungelenkte Waffen eingesetzt und erprobt
werden. Solche werden aber in absehbarer Zeit kaum
noch zum Einsatz kommen. Beispielsweise der Eurofigh-
ter verfügt über solche Waffensysteme schon gar nicht
mehr. Dies ist für mich der entscheidende Punkt, denn
selbstverständlich muss gewährleistet sein, dass unsere
Soldaten und die unserer Verbündeten auf ihre immer
gefährlicher werdenden Einsätze nach wie vor bestmög-
lich vorbereitet werden können. Siegenburg ist dafür
aber nicht mehr erforderlich.

Der Standort Siegenburg wird derzeit im Rahmen der
Bundeswehrreform überprüft. Im Zuge dieser Überprü-
fung finden im Bundesministerium der Verteidigung Un-
tersuchungen zum künftigen Übungsbetrieb der Luft-
waffe statt. Ob und in welchem Umfang die Ergebnisse
dieser Untersuchungen oder die anstehenden Entschei-
dungen zur zukünftigen Struktur der Bundeswehr kon-
krete Auswirkungen auf die Nutzung des Luft-Boden-
Schießplatzes Siegenburg durch die Bundeswehr haben
werden, ist nach Auskunft des BMVg noch nicht abseh-
bar. Im Zuge der Bundeswehrreform muss erst ein si-
cherheitspolitisch unterlegtes Standortkonzept für die
gesamte Bundesrepublik vorliegen, das im Übrigen auch
Nordhorn berücksichtigt. Dieses ist in Kürze zu erwar-
ten. Dieses Konzept wird aus der Sicht des BMVg Aussa-
gen über die Notwendigkeit der weiteren Mitnutzung des
Luft-Boden-Schießplatzes Siegenburg durch die Bundes-
wehr beinhalten und gegebenenfalls Verhandlungen mit
den US-Streitkräften in Deutschland über die Schlie-
ßung des Übungsplatzes zur Folge haben.

Die Siegenburg Range ist den US-Streitkräften gemäß
Art. 48 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut
zur Nutzung überlassen worden und wird von der Bun-
deswehr mitgenutzt. Die Entscheidung zur Beendigung
der militärischen Nutzung des Luft-Boden-Schießplatzes
liegt somit nicht in der alleinigen Zuständigkeit des Bun-
desverteidigungsministeriums. Auf meine kürzliche An-
frage hin hat mir der Parlamentarische Staatssekretär
Christian Schmidt allerdings mitgeteilt, dass die
US-Streitkräfte die militärische Nutzung des Luft-Bo-
den-Schießplatzes aktuell nicht infrage stellen und dass
seitens der USA auch keinerlei Pläne zur Aufgabe des

Dr. Wolfgang Götzer


(A) (C)



(D)(B)

Luft-Boden-Schießplatzes existieren. Eine verbindliche
und seriöse Aussage über die Zukunft des Standortes
Siegenburg kann seitens des Bundesverteidigungsminis-
teriums somit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getrof-
fen werden.

Gerade jetzt, im Rahmen der umfassenden Bundes-
wehrreform, sind die Chancen für eine Schließung des
Bombenabwurfplatzes so groß wie nie. Deshalb gilt es,
den derzeit im BMVg laufenden Entscheidungsfindungs-
prozess zu einem im Sinne der Menschen in der Region
erfolgreichen Ergebnis zu bringen.

In einem von mir als gewähltem Vertreter des Wahl-
kreises initiierten gemeinsamen Brief mit den ebenfalls
befassten Kollegen von FDP, SPD und Grünen an den
Bundesverteidigungsminister wurden deshalb diesem
nochmals die Gründe, die für die Schließung sprechen,
dargelegt und die Beendigung der Nutzung des Bomben-
abwurfplatzes gefordert. Eine eventuelle Überführung
des Platzes in eine zivile Nutzung muss dem Standort-
konzept der Bundeswehr überlassen bleiben.


Werner Schieder (SPD):
Rede ID: ID1713329800

Auch die SPD will die Schließung des Luft-Boden-

Schießplatzes Siegenburg, weil sich die Bedingungen für
seine Nutzung über die Jahre grundlegend verändert ha-
ben.

Seit Jahrzehnten steht das Übungsgelände gemäß
Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut, Art. 48,
unter hoheitlicher Verwaltung der US-Streitkräfte.
Während die US-Seite ihre Übungen immer mehr redu-
ziert hat – zuletzt nutzten die Amerikaner den Übungs-
platz 2008 –, nutzt nunmehr nur noch die Bundeswehr
das Gelände für Übungsflüge – und das auch nur gele-
gentlich.

Seit Jahren beklagen die Anwohner und die „Bürger-
initiative gegen den Fluglärm e.V.“ in unermüdlichem
Einsatz massivste Fluglärmbelästigung durch den Luft-
Boden-Schießplatz Siegenburg und auch große Umwelt-
gefahren für das anliegende Grundwasserschutzgebiet.
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung und par-
teiübergreifend alle Kommunalpolitiker verlangen mei-
nes Erachtens zu Recht die Schließung des Militärgelän-
des und die Überführung in eine zivile Verwendung –
siehe Onlineumfrage der „Mittelbayrischen Zeitung“
vom 3. Dezember 2010.

Wiederholt habe ich mich im Verteidigungsministe-
rium für die Schließung des Luft-Boden-Schließplatzes
eingesetzt. Schließlich sprechen auch objektive Gründe
dafür: Der Bundesrechnungshof hat bereits im Jahr
2007 die mangelnde Zukunftsfähigkeit und die hohen
Unterhaltskosten bemängelt, die in keinem Kosten-Nut-
zen-Verhältnis stehen. Immerhin kostet der Erhalt des
Übungsgeländes mehr als eine halbe Million Euro jähr-
lich.

Besonders bedeutsam ist in meinen Augen aber Fol-
gendes: Auf dem relativ kleinen Übungsgelände ist nur
das Training mit ungelenkten Waffen möglich. Diese
Waffengattung ist aber ein Auslaufmodell angesichts der
Weiterentwicklung zu nur noch ferngelenkten Waffensys-
Zu Protokoll
temen an Bord moderner Kampfjets wie zum Beispiel
dem Eurofighter. Der Zeitpunkt, zu dem die ungelenkten
Raketen nicht mehr eingesetzt werden, ist absehbar, so-
dass die Notwendigkeit eines entsprechenden Übungs-
geländes entfällt.

In einer neuen Initiative habe ich mich nun gemein-
sam mit den regional zuständigen Kollegen von den
Grünen, der FDP und der CSU an den Verteidigungs-
minister de Maizière gewandt und um eine baldige Ent-
scheidung und Klärung bezüglich der Zukunft des Luft-
Boden-Schießplatzes Siegenburg gebeten. Besonders
vor dem Hintergrund, dass im Zuge der Bundeswehr-
reform das Standortkonzept für die Übungsplätze so-
wieso überarbeitet wird, ist die Chance für eine Schlie-
ßung des Übungsgeländes im Sinne der Menschen vor
Ort äußerst günstig. Voraussetzung ist allerdings, dass
die Bundesregierung in Verhandlungen mit den US-
Streitkräften das alleinige Verfügungsrecht über die Nut-
zung des Militärgeländes in Siegenburg erhält. Deswe-
gen sollte die Bundesregierung unverzüglich in Ver-
handlungen treten. Von amerikanischer Seite wurde mir
signalisiert, dass Gespräche möglich sind. Die Initiative
muss aber von der Bundesregierung kommen.

Nach meiner Überzeugung gibt es keinerlei objektive
oder gute Gründe, die gegen eine Schließung des Luft-
Boden-Schießplatzes Siegenburg sprechen. Die Bundes-
regierung muss jetzt im Sinne der Bevölkerung Konse-
quenzen ziehen.

Der Antrag der Linken ist zwar schön und gut. Wir
von der SPD wollen aber keine Schaufensterpolitik be-
treiben. Wir brauchen vielmehr Unterstützung aus allen
Fraktionen, um die Bundesregierung endlich dazu zu
bringen, dass sie sich bewegt.


Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1713329900

Die Belastung von Anwohnern in der Nähe militäri-

scher Übungsplätze ist naturgemäß hoch, vor allem auf-
grund der im Zusammenhang mit Flugbewegungen
entstehenden Lärmbelastung. Vor kurzem hat das Bun-
desverteidigungsministerium den Bericht zum Truppen-
übungsplatzkonzept für das Jahr 2010 herausgegeben.
Diese Aufstellung wird aufgrund einer Entschließung
des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundesta-
ges seit 1992 jährlich vorgelegt und umfasst die an den
Luft-Boden-Schießplätzen Wittstock, Nordhorn und Sie-
genburg stattgefundenen Flugbewegungen. Insgesamt
lag die Anzahl der Einsätze mit Kampfflugzeugen der
Bundeswehr im Jahr 2010 auf Luft-Boden-Schießplät-
zen und Truppenübungsplätzen im Inland mit 320 um
74 Einsätze unter der Zahl des Vorjahres. Davon entfie-
len 133 Einsätze auf den Übungsplatz Siegenburg, wo-
bei die überwiegende Zahl der Übungsflüge auf die Bun-
deswehr entfiel. Die Nutzung des Schießplatzes
Siegenburg liegt aufgrund eines NATO-Truppenstatuts
grundsätzlich in der Zuständigkeit der US-Streitkräfte.
Insgesamt führte die Bundeswehr im Jahr 2010
129 Übungsflüge durch, während sich die Nutzungszahl
unserer NATO-Partner auf 4 belief.

Die militärische Ausbildung und Inübunghaltung der
Angehörigen unserer Luftwaffe sowie unserer alliierten



gegebene Reden

Joachim Spatz


(A) (C)



(D)(B)

Partner sind dringend erforderlich. Beides stellt eine
Grundvoraussetzung dafür dar, dass die Bundeswehr als
Instrument einer umfassend angelegten und voraus-
schauenden Sicherheits- und Verteidigungspolitik einen
wesentlichen Beitrag zur Sicherheit unseres Landes leis-
ten kann. Gleiches gilt für unsere NATO-Partner. Hie-
raus folgt, dass die Bundeswehr und vor allem auch die
fliegende Besatzung in Kampfflugzeugen die Möglich-
keiten haben müssen, entsprechend zu trainieren. Dies
umfasst auch als wesentlichen Bestandteil einer wirksa-
men und am Auftrag orientierten Ausbildung das regel-
mäßige Üben von Waffeneinsatzverfahren auf Luft-Bo-
den-Schießplätzen im Inland.

Sowohl die Interessen der betroffenen Anwohner als
auch die notwendigen Ausbildungsmöglichkeiten der
Soldatinnen und Soldaten liegen uns am Herzen. Beide
Anliegen stehen dabei in einem Spannungsverhältnis zu-
einander und können nicht einseitig aufgelöst werden. In
einer solch komplexen Frage gibt es keine einfachen Lö-
sungen. Daher müssen wir die Anstrengung unterneh-
men, ein für beide Seiten angemessenes Ergebnis zu fin-
den.

Es spricht für sich, dass die Antragsteller gerade
nicht um einen solchen Lösungsweg bemüht sind. Statt-
dessen fordern die Linken die umgehende Schließung
des Luft-Boden-Schießplatzes in Siegenburg. Dies ist
eine plakative Forderung, die den unrühmlichen Ver-
such darstellt, sich bei den vor Ort Betroffenen als Für-
sprecher zu gerieren. Auch in diesem Zusammenhang
zeigt sich wieder einmal, dass eine ernsthafte Auseinan-
dersetzung mit der Linken über verantwortungsvolle Si-
cherheitspolitik nicht möglich ist. Wer Auslandeinsätze
unserer Bundeswehr pauschal ablehnt und die Auflö-
sung der NATO fordert, der hat auch kein Problem da-
mit, Übungsplätze schließen zu wollen. Verantwortungs-
volle und realitätsorientierte Politik sieht jedoch anders
aus.

Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich
und nehmen ihr Bemühen ernst, bei allen Entscheidun-
gen bezogen auf die Nutzung inländischer Truppen-
übungsplätze zwischen operationellen Notwendigkeiten
für unsere Bundeswehr auf der einen und den berechtig-
ten Interessen der betroffenen Bürger auf der anderen
Seite abzuwägen. Wir haben dabei auch in Zukunft vol-
les Vertrauen in die Kompetenz des Bundesministeriums
der Verteidigung, den Ausbildungs- und Einsatzflugbe-
trieb in dem gerade erforderlichen Maße zu planen, um
damit die Belastungen durch notwendige militärische
Flüge in Deutschland auf das unvermeidbare Maß zu
begrenzen und auch weiterhin minimalinvasiv auszuge-
stalten.

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr müs-
sen weiterhin auch in Deutschland die Möglichkeit ha-
ben, sich auf ihre gefährlichen Auslandseinsätze vorzu-
bereiten. Schließlich ist ihr Einsatz oftmals mit einer
hohen Gefahr für Leib und Leben verbunden und bedarf
deshalb ohne Wenn und Aber einer optimalen Vorberei-
tung. Dies muss mit den berechtigen Schutzinteressen
der Bewohner Hand in Hand geben, und nicht gegenei-
nander. Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen –
Zu Protokoll
ohne dabei die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr oder
unserer Partner zu gefährden.


Kornelia Möller (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713330000

Noch bevor wir hier heute über den Antrag der Lin-

ken „Luft-Boden-Schließplatz Siegenburg schließen“
debattieren, hat die Linke in Niederbayern, in meinem
Wahlkreis Landshut/Kehlheim, dafür gesorgt, dass sich
der Dauerschläfer Dr. Götzer, seit 20 Jahren direkt ge-
wählter Abgeordneter, zumindest ein wenig bewegt. Ein
wenig, aber immerhin!

Der Antrag hätte auch gut ein gemeinsamer Antrag
aller hier im Bundestag vertretenen Fraktionen sein
können. Doch leider ist dieses anfangs gut gestartete ge-
meinsame Unterfangen im Interesse von über 40 000
bayerischen Bürgerinnen und Bürgern an der Unfähig-
keit – nein, an der Unwilligkeit – eines Einzelnen ge-
scheitert. Doch dazu später.

Zunächst möchte ich einen kurzen Überblick zu dem
Sachverhalt des Luft-Boden-Schießplatzes Siegenburg
geben, sodass jeder sich ein Bild von der Notwendigkeit
der Schließung machen kann.

Erstmalig genutzt wurde der Platz vor dem Zweiten
Weltkrieg. Kurz vor Ende des Krieges wurde auf dem
Platz von NS-Soldaten Munition vergraben. Leider sind
weder Art, Anzahl noch die genauen Stellen der vergra-
benen Munition bekannt. Auch die US-Streitkräfte, de-
nen im Rahmen des Zusatzabkommens zum NATO-Trup-
pen-Statut in Art. 48 das Gelände zur alleinigen Nutzung
überlassen wurde, haben über Jahre hinweg Müll ver-
schiedenster Art auf dem Gelände vergraben. Ganz be-
sonders besorgniserregend ist dies vor dem Hinter-
grund, dass der Luft-Boden-Schießplatz im Dürnbucher
Forst in einem ausgewiesenen Grundwasserschutzge-
biet liegt.

Erhebliche Gefahren bestehen durch die gegenwär-
tige Nutzung des Platzes:

So könnte durch den Absturz eines US-Kampfjets vom
Typ F 16 das stark wassergefährdende Hydrauliköl
Hydrazin ins Grundwasser einsickern. Auch der von der
USAF geflogene Flugzeugtyp A 10 stellt eine Gefähr-
dung dar, weil dieser Typ mit Uran angereicherter Muni-
tion, sogenannter DU-Munition, ausgerüstet ist.

Das Übungsgelände ist mit 2,6 Quadratkilometern
sehr klein, sodass die Jets regelmäßig über Wohngebie-
ten fliegen. Es besteht die unmittelbare Gefahr des Ab-
sturzes von Kampfjets über den umliegenden Gemein-
den. Einer der häufig eingesetzten Jets stürzte
beispielsweise im April dieses Jahres in der Eifel nur
wenige hundert Meter von einem Wohnhaus entfernt ab.

Und noch weitere dauerhafte Gefährdungen und Be-
lästigungen gehen vom Übungsgelände aus: Bei
Übungsflügen entsteht für die Anwohnerinnen und An-
wohner eine massive Lärmbelästigung, die über 110 De-
zibel betragen kann. Von den aus Fluglärm nachweislich
hervorgerufenen Gesundheitsgefährdungen und -schä-
digungen sind unmittelbar rund 40 000 Menschen be-



gegebene Reden

Kornelia Möller


(A) (C)



(D)(B)

troffen – dem Lärm kann man sich nicht einfach entzie-
hen.

Falls diese Gefahrenargumente noch nicht überzeugt
haben, verweise ich gerne noch auf finanzielle Aspekte.
Der Bundesrechnungshof empfahl bereits 2007 der Bun-
deswehr, die Mitfinanzierung und -nutzung des LBS-
Siegenburg aufzugeben: Für jede Nutzung des unter ho-
heitlicher Verwaltung der US-Streitkräfte stehenden Ge-
ländes sind Gebühren an die US-Regierung zu zahlen.
Die Kosten dafür sind in den letzten Jahren ständig ge-
stiegen. Laut Bundesverteidigungsministerium ist bis
2014 mit Kosten von über 500 000 Euro pro Jahr zu
rechnen.

Doch das schwerwiegendste Argument, diesen An-
trag zu unterstützen und mitzutragen, ist, das zu tun, wo-
für wir alle, meine sehr verehrten Damen und Herrn, in
dieses Hohe Haus gewählt worden sind: die Belange der
Bevölkerung ernst zu nehmen und ihren Willen umzuset-
zen. Und genau das ist es, was wir hier mit unserem An-
trag tun.

Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der be-
troffenen Region sowie eine Reihe von Volksvertreterin-
nen und Volksvertreter verschiedener Parteien fordern
die umgehende Schließung des Übungsplatzes. So haben
bei einer am 3. Dezember 2010 in der Mittelbayerischen
Zeitung durchgeführten Onlineumfrage 86,22 Prozent
der Beteiligten für die Schließung des Luft-Boden-
Schießplatzes gestimmt, nur 13,78 Prozent waren für
eine Beibehaltung, falls die Bundeswehr den Platz noch
benötigen sollte. Das ist ein klares Signal, dem sich nie-
mand verschließen kann.

Seit 33 Jahren setzt sich die sehr aktive „Bürgerini-
tiative gegen den Fluglärm e.V. Siegenburg“ mit Enga-
gement und Ideenreichtum für die Belange der Bevöl-
kerung vor Ort ein und hat zum Beispiel ein
Nachtflugverbot und ein Flugverbot bei Hochzeiten und
Beerdigungen erreicht.

Im November letzten Jahres habe ich die BI nach Ber-
lin eingeladen, damit sie ihr Anliegen, die Schließung
des LBS, direkt ihren gewählten Volksvertreterinnen und
Vertretern vortragen konnten. In unserem Fraktionssaal
trafen sich die BI, der Landrat und mehrere Bürgermeis-
ter sowie etliche betroffene Bewohnerinnen und Bewoh-
nern mit regionalen Bundestagsabgeordneten fast aller
Fraktionen, auch die Abgeordneten der CSU/CDU wa-
ren der Einladung der BI und mir gefolgt. Lediglich die
FDP lies sich entschuldigen. Bei dem konstruktiven und
zielführenden Gespräch haben wir uns einvernehmlich
darauf verständigt, gemeinsam und wirkungsvoll die
Anliegen der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen und
für die Schließung des LBS zu sorgen.

Nachdem ich zum ersten gemeinsamen Treffen einen
Antragsentwurf vorgelegt hatte, schien das verabredete
gemeinsame Vorgehen aller Fraktionen gut zu laufen.
Leider stellte sich bald heraus, dass nicht alle beteilig-
ten regionalen Abgeordneten ihre parlamentarischen
Möglichkeiten für die Lösung des Problems nutzen woll-
ten, so wie sie es den Bürgerinnen und Bürgern verspro-
chen hatten.
Zu Protokoll
So komme ich nun auf das zurück, was ich zu Anfang
meiner Rede bereits angedeutet habe: Das gemeinsame
Unterfangen scheiterte an der Unwilligkeit eines einzel-
nen Abgeordneten; denn leider hat sich Herr Dr. Götzer
von der CSU gegen die Zusammenarbeit entschieden.
Nach über 20 Jahren hohler Phrasendrescherei würde
es wohl an ein Wunder grenzen, wenn Herr Dr. Götzer
sich am Ende doch für die Belange seiner Wählerinnen
und Wähler einsetzen würde. So ist es ihm zu verdanken,
dass das fraktionsübergreifende gemeinsame Vorgehen
kurz vor dem Erfolg noch zum Erliegen kam.

Nun aber, aus lauter Angst davor, dass Die Linke mit
einem Antrag dem Anliegen der Bürgerinnen und Bürger
aus der Region Rechnung trägt, entschieden sich CSU,
SPD, FDP und Grüne dazu, zumindest mit einem Brief
ans Verteidigungsministerium tätig zu werden. Statt
durch ein gemeinsames parlamentarisches Vorgehen,
wie mit allen Fraktionen vereinbart, die Schließung des
LBS endgültig zu besiegeln, begnügen sich Grüne, SPD,
CSU und FDP damit, einen Bittstellerbrief an den Ver-
teidigungsminister zu schicken und auf seine Gutmütig-
keit bzw. auf die Bundeswehrreform zu hoffen. Zudem
beschränkt sich diese Koalition der Zauderer bei ihrer
Bitte auf die Beendigung der Nutzung des Bombodroms
durch die Bundeswehr, was soviel heißen würde, dass
die NATO weiterhin auf dem Gelände üben kann. Von ei-
ner wirklichen Schließung des LBS – im Sinne der Bür-
gerinnen und Bürger – mit einer zivilen Nachnutzung
des Platzes kann dabei keine Rede sein.

Aber so, wie die BI den Kampf nicht aufgegeben hat,
werde auch ich mich weiter dafür einsetzen, mit Ihnen,
meine sehr verehrten Damen und Herren von der Oppo-
sition und Koalition, an einer gemeinsamen Lösung, an
einem gemeinsamen Antrag zu arbeiten. Vor allem die
Kolleginnen und Kollegen von der CSU/CDU lade ich
herzlich ein, dem Anliegen ihrer Basis und kommunaler
Vertreterinnen und Vertreter zu folgen und sich für die
Schließung, aber vor allem für die zivile Nachnutzung
des LBS-Siegenburg, wie in unserem Antrag gefordert,
auszusprechen.

Die Zeit ist noch nicht abgelaufen; für eine Zusam-
menarbeit stehe ich gerne und immer zur Verfügung.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Partei Die Linke hat einen Antrag zur Schließung
des Luft-Boden-Schießplatzes Siegenburg in Niederbay-
ern, Kreis Kelheim, vorgelegt. Sie fordert die umge-
hende Schließung des Platzes und die Zuführung des
Geländes in eine zivile Verwendung. So richtig die
Grundrichtung des Antrages ist, umso genauer müssen
wir hinschauen, was denn seine eigentliche Zielsetzung
ist. Und da finden sich Aussagen und Ziele, denen ich
und unsere Fraktion so nicht zustimmen können.

Ich will an dieser Stelle feststellen: Die Bundeswehr
braucht auch und gerade in Deutschland militärische
Übungsplätze. Wenn die Linke so tut, als könnten wir
alle militärischen Übungsplätze in Deutschland schlie-
ßen, so ist dies einfach ein Zeichen von Verantwortungs-
und Orientierungslosigkeit. Wenn es bei Einzelnen eine



gegebene Reden





Dr. Thomas Gambke


(A) (C)



(D)(B)

pazifistische Grundhaltung gibt, wie ich es bei der Kol-
legin Möller der Linken vermuten kann, dann respek-
tiere ich das, auch wenn ich ihre Auffassung nicht teilen
kann. Eine reine Verweigerungshaltung ist schlicht kein
Lösungsansatz. Vielmehr muss es darum gehen, die Not-
wendigkeit zur Bereitstellung benötigter militärischer
Übungsplätze mit den Erfordernissen einer möglichst
geringen Belastung der Natur und der Menschen zu ver-
binden. Es darf nicht sein, dass die Belastungen durch
den militärischen Übungsbetrieb an eine andere Stelle
verlagert werden. Deshalb ist auch im vorliegenden Fall
des Luft-Boden-Schießplatzes Siegenburg eine Abwä-
gung vorzunehmen.

Wie ist die Sachlage? Der Luft-Boden-Schießplatz
Siegenburg hatte lange Zeit eine wesentliche Bedeutung
für die Ausbildung der Luftwaffe und war als solcher für
die Bundeswehr unverzichtbar. Die intensive Nutzung
war durch in der Spitze 1 741 Übungsflüge im Jahr 1993
gekennzeichnet. Dabei war aufgrund der geringen Flä-
che des Übungsplatzes die Belastung für die umliegende
Bevölkerung ungleich höher als an anderen Luft-Boden-
Übungsplätzen. So verfügt der Platz Siegenburg nur
über eine Fläche, die etwa 12 Prozent der Größe des
Übungsplatzes in Nordhorn ausmacht. Auch amerikani-
sche Luft-Boden-Übungsplätze sind wesentlich größer
und vor allem in weitgehend menschenleeren Gebieten.
Auch deshalb ist die Nutzung des Luft-Boden-Schieß-
platzes Siegenburg durch die US-Streitkräfte fast völlig
zum Erliegen gekommen.

Nicht zuletzt durch die hohe Belastung des Umlands
bildete sich in Siegenburg eine breite Bürgerbewegung,
die sich für die Verminderung der Lärmemissionen ein-
setzte. Die Bürgerbewegung mündete in einen Verein:
„Bürgerinitiative gegen den Fluglärm e.V. Siegenburg“.
Die Initiative hatte dabei nie das Ziel der Schließung des
Platzes. Vielmehr ist das Ziel des Vereines die Förde-
rung des Natur- und Umweltschutzes. Gemäß Vereins-
satzung soll dies erreicht werden mit einer Reduzierung
der Abgas- und Lärmwerte, die durch militärische Flug-
bewegungen rund um den Luft-Boden-Schießplatz Sie-
genburg verursacht werden. Weiterhin sind die För-
derung von spezifischen Naturschutzprojekten und
Landschaftsschutzgebieten in der Vereinssatzung festge-
schrieben, wie sie noch im Februar 2010 mit breiter
Mehrheit von den Vereinsmitgliedern bestätigt wurde.

In den Jahren 2006 bis 2009 hatte die Zahl der
Übungsflüge am Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg
deutlich abgenommen. Seit 2007 waren es deutlich unter
100 Übungseinsätze pro Jahr. Damit waren die Ziele der
Bürgerinitiative im Prinzip erreicht. Vor drei Jahren hat
dazu der Bundesrechnungshof festgestellt, dass das Nut-
zen-Kosten-Verhältnis eine Weiternutzung des Platzes
nicht sinnvoll erscheinen lässt. Und im Konzept für die
Nutzung der Luft-Boden-Schießplätze in der Bundes-
republik Deutschland von 2008, zwar „VS – Nur für den
Dienstgebrauch“ gekennzeichnet, aber im Internet ver-
fügbar, heißt es zum Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg
wörtlich:

Er ist … aufgrund seiner geringen Größe aus-
schließlich für den Einsatz ungelenkter Abwurf-
munition bei Tag aus dem Geradeaus- und Sinkflug
geeignet. Er ist nicht an das Nachttiefflugsystem
angebunden und liegt nicht in räumlicher Nähe zu
einem für militärische Übungen geeigneten reser-
vierten Luftraum. Das Einsatzverfahren „LOFT“,
das Schießen mit Bordkanone sowie Übungsein-
sätze bei Nacht sind dort nicht möglich …

Durch die geringe Größe des Platzes und die Nähe
der umliegenden Gemeinden ist die Belastung
durch den Übungsflugbetrieb hoch.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

In mehreren Initiativen habe ich versucht, die nied-
rige Zahl von Übungsflügen festschreiben zu lassen. Das
Verteidigungsministerium wollte eine solche Aussage
bislang allerdings nicht abgeben. Im Mai 2011 verwies
Staatssekretär Schmidt auf die gerade laufenden Unter-
suchungen und Festlegungen im Rahmen der sogenann-
ten Bundeswehrstrukturreform. Das Ergebnis wurde uns
für Herbst dieses Jahres zugesagt.

So habe ich diese Woche in einem gemeinsamen Brief
mit den Abgeordneten Dr. Götzer, CSU, Werner
Schieder, SPD, und Horst Meierhofer, FDP, den Vertei-
digungsminister gebeten, nunmehr Stellung zur weiteren
Verwendung des Luft-Boden-Schießplatzes Siegenburg
zu nehmen. Gleichzeitig haben wir unsere wohlbegrün-
dete Forderung vorgetragen, die Nutzung des Platzes als
Luft-Boden-Schießplatz endgültig aufzugeben. Wir sind
der Auffassung, dass eine Nutzung des Platzes in der
Größenordnung von 100 Überflügen nicht die Bereit-
stellung einer Infrastruktur mit Kosten von einer halben
Million Euro im Jahr rechtfertigt, besonders nicht in
Verbindung mit der sehr beschränkten Eignung des Plat-
zes sowie seiner geringen Größe und der damit verbun-
denen hohen Belastung für die anliegende Bevölkerung.
Wenn es weiterhin im Rahmen der Bundeswehrstruktur-
reform keine vernünftige Verwendung des Platzes geben
sollte, ist der Platz einer zivilen Nutzung zuzuführen. Es
ist selbstverständlich, dass damit die Bereinigung des
Platzes von möglichen Altlasten aus der Nutzungszeit
als Luft-Boden-Schießplatz verbunden sein muss.

Ich setze auf den Dialog mit dem Verteidigungsminis-
terium und erwarte nunmehr die angekündigte, substan-
zielle und begründete Aussage zur weiteren Verwendung
des Luft-Boden-Schießplatzes in Siegenburg. Dafür will
und werde ich mich mit allen mir zur Verfügung stehen-
den Mitteln einsetzen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713330100

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/5757 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-
verstanden. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 24:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Bettina
Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Flächenverbrauch wirkungsvoll reduzieren

– Drucksache 17/6502 –





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen, und zwar der folgenden
Kolleginnen und Kollegen: Peter Götz, Ulrich Lange,
Hans-Joachim Hacker, Rita Schwarzelühr-Sutter, Petra
Müller, Heidrun Bluhm und Bettina Herlitzius.


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1713330200

Mit dem vorliegenden, von Ideologie geprägten An-

trag der Grünen wird das untaugliche Ziel aus der so-
zialistischen Mottenkiste der 70er-Jahre des vorherigen
Jahrhunderts verfolgt, über eine Flächenverbrauchsab-
gabe das Bauen zu verteuern. Abgesehen davon, dass
dies nur mit einem neuen bürokratischen Monster zu be-
wältigen wäre, ist es der falsche Weg.

Bereits die im Länderwettbewerb rot-grüner oder rot-
roter Landesregierungen nach oben gepuschte Grunder-
werbsteuer verteuert das Wohnen unangemessen und
bremst die von allen erwartete Mobilität.

Den Kommunen sollen nach dem Grünen-Antrag Flä-
chenausweisungsrechte zugestanden werden. Von wem
denn? Vom Bund? Von den Ländern? Wollen Sie damit
eine neue „Flächenausweisungsrechtebehörde“ schaf-
fen? – Wir haben einen anderen Ansatz:

Wir wollen die kommunale Planungshoheit weiter
ausbauen, damit die Gemeinden eigenverantwortlich
ihre kommunale Planung steuern können. Die kommu-
nalen Mandatsträger vor Ort wissen am besten, wie sie
die Zukunft ihrer Gemeinde gestalten. Dazu bedarf es
keiner Bevormundung aus Berlin.

Auch für uns sind die Stärkung der Innenentwicklung
und das Flächensparen wichtig. Deshalb werden wir das
Baurecht im zweiten Teil der Novelle zum Baugesetz-
buch, BauGB, in diese Richtung konsequent weiterent-
wickeln.

Ich erinnere daran, dass das zuständige Bundes-
ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vor
einem Jahr einen bundesweiten öffentlichen Beteili-
gungsprozess zur Erarbeitung eines „Weißbuchs Innen-
stadt“ durchgeführt hat, der zu Recht hohe Anerkennung
erhielt.

Für uns sind Innenstädte und Ortskerne die Schlüs-
selfaktoren für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Des-
halb muss es um die Frage gehen, wie wir die Innenent-
wicklung erleichtern und attraktiver machen können.
Neue Strafsteuern und Abgaben für Flächeninanspruch-
nahme sind der falsche Weg. Sie sind investitionshem-
mend und führen zu keiner wirklichen Stärkung der In-
nenentwicklung.

Und wenn, wie im Antrag der Grünen vorgesehen, neue
kommunale Aufgaben wie „Nachweispflichten für Innen-
entwicklungspotenziale“, „verpflichtendes Flächenmoni-
toring“ oder die bei der letzten Novelle zum BauGB abge-
schaffte „Revisionspflicht für Flächennutzungspläne“
erfunden werden, so sind dies bestenfalls Beschäftigungs-
programme für Städteplaner, die von den Kommunen zu
bezahlen sind. Sie tragen weder zum Bürokratieabbau bei
noch sind sie als Zwangsvorgabe zielführend. Die Städte
und Gemeinden sehen sehr wohl selbst, wie und an wel-
cher Stelle sie die Entwicklung ihrer Kommunen verän-
dern. Dazu bedarf es keiner bevormundenden „Zwangsbe-
glückung“ aus Berlin.

Unabhängig davon, haben wir nach der Föderalis-
musreform I zu Recht im Grundgesetz verankert, dass
der Bundesgesetzgeber den Gemeinden keine neuen Auf-
gaben mehr übertragen darf. Schon allein deshalb kann
die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem Antrag der Grü-
nen nicht zustimmen.

Wir sollten uns darauf konzentrieren, wie wir den Ge-
staltungsspielraum kommunaler Selbstverwaltung und
die kommunale Planungshoheit erweitern können. Die
anstehende Novelle zum BauGB bietet dafür eine Reihe
von Möglichkeiten, die wir gemeinsam angehen sollten:

So wollen wir die im ersten Teil der BauGB-Novellie-
rung zurückgestellte Bestimmung des § 136, die Klima-
schutz- und Klimaanpassung im Rahmen der städtebau-
lichen Sanierung beinhaltet, als wichtiges neues
Element der Innenentwicklung den Kommunen anbieten.

Zusammen mit dem ebenfalls neuen, jährlich mit
92 Millionen Euro ausgestatteten Programm „Energeti-
sche Stadtsanierung“ kann die energetische Bilanz in
Stadtquartieren verbessert werden. Dies sind wesentli-
che Beiträge zur qualitativen Stärkung der Innenent-
wicklung.

Auch werden wir darüber hinaus die klassische Städ-
tebauförderung, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Be-
stehen feiert, auf hohem Niveau fortsetzen und weiter-
entwickeln.

Wie Sie sehen, verfolgen wir den Ansatz, Fehlent-
wicklungen auf der „Grünen Wiese“ nicht mit neuen
Steuern und Abgaben, sondern mit Anreizen entgegenzu-
wirken. Wir trauen den Menschen, die vor Ort in den
Städten und Gemeinden kommunalpolitische Verantwor-
tung tragen, sei es als Oberbürgermeister, Bürgermeis-
ter oder als Rat in den kommunalen Parlamenten, zu,
selbst zu entscheiden, was für ihre Kommune gut ist, und
welche planerische Entwicklung sie gehen wollen. Wir
sollten darauf verzichten, sie ständig bevormunden zu
wollen. Vielmehr wollen wir ihnen helfen, nicht nur im
planerischen Bereich, sondern auch finanziell.

Wir wollen die kommunale Selbstverwaltung stärken.
Deshalb entlasten wir in den nächsten Jahren durch
schrittweise Übernahme der Kosten für die Grundsiche-
rung im Alter die kommunalen Haushalte in den Städten,
Gemeinden und Kreisen in Milliardengrößenordnungen.
Das hilft den Kommunen mehr als neue Bürokratie.


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1713330300

Heute befassen wir uns mit dem Antrag der Grünen

„Flächenverbrauch wirkungsvoll reduzieren“. Lassen
Sie mich aber zuerst klarstellen: Sprachlich korrekt
müssen wir von Flächeninanspruchnahme reden, da die

Ulrich Lange


(A) (C)



(D)(B)

Fläche nicht verbraucht, sondern durch eine neue Nut-
zung in Anspruch genommen wird. Man versteht darun-
ter die Umwandlung von bisher vor allem landwirt-
schaftlich genutzten, aber auch naturbelassenen Flächen
in Siedlungs- und Verkehrsfläche. Gemeint ist bei der
Flächeninanspruchnahme der Verlust von landwirt-
schaftlicher Nutzfläche oder natürlichen Lebensräumen.
Diese Flächen werden für Wohnen, Straßen oder Ge-
werbe genutzt.

Der als gleitender Vierjahresdurchschnitt berechnete
tägliche Flächenzuwachs hatte zwischen 1997 und 2000
noch 129 Hektar betragen. Ziel der nationalen Nachhal-
tigkeitsstrategie der Bundesregierung war und ist es, die
tägliche Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Ver-
kehrsflächen bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag
zu reduzieren. In den Jahren 2001 bis 2005 sank der Flä-
chenzuwachs auf 115 Hektar bzw. 114 Hektar und redu-
zierte sich im Vierjahresdurchschnitt zwischen den Jah-
ren 2006 bis 2009 weiter auf 94 Hektar pro Tag. Damit
verlangsamte sich die Flächeninanspruchnahme für
Siedlungs- und Verkehrszwecke in den letzten Jahren
sehr deutlich.

Wenn ich jetzt die Jahre mit den jeweiligen Werten
vergleiche, stelle ich fest, meine lieben Grünen, dass die
Flächeninanspruchnahme während Ihrer Regierungs-
zeit mit der SPD im Vergleich zu 1997 leicht zurückge-
gangen ist. Aber erst nach Ihrer Regierungszeit ist die
Flächeninanspruchnahme drastisch gesunken. Wie so
häufig erheben Sie als Opposition Forderungen, um die
Sie sich als Regierungspartei in keiner Weise gekümmert
haben. So viel zum Thema Glaubwürdigkeit. Aber den-
noch ist die heutige Debatte zu begrüßen. Sparsamer
Umgang mit Grund und Boden – Minderung der Flä-
cheninanspruchnahme für Siedlungen und Verkehr im
Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie ist wichtig und
von der Bundesregierung und unserer Fraktion gewollt.

Wenn ich mir aber Ihre Forderungen ansehe, muss
ich leider sagen, dass Ihre „Erziehungskonzepte“ im
Großen und Ganzen nur auf Bestrafung hinauslaufen,
ohne dass ein wirklich positiver Aspekt zu erwarten ist.
Vorschläge, die die Außenentwicklung gegenüber der
jetzigen Rechtslage schwieriger gestalten, wirken ledig-
lich investitionshemmend, führen aber zu keiner tatsäch-
lichen Stärkung der Innenentwicklung. Dies gilt zum
Beispiel für die Vorschläge zu § 35 BauGB, Außenbe-
reich, und zur Verankerung eines Nachhaltigkeits- und
Demografiechecks.

Die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme ist
ein wesentliches Teilziel einer nachhaltigen Raument-
wicklung, aber nicht das einzige. Eine sachgerechte Um-
setzung dieses Teilziels kann nicht einseitig zulasten an-
derer Nachhaltigkeitsziele erfolgen, wie etwa der
Sicherung wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandorte und
einer angemessenen Wohnungsversorgung. Auch dies
muss berücksichtigt werden.

Was können wir machen? Welche Maßnahmen sind
sinnvoll? Ich möchte einige Schwerpunkte von einer
Kette vieler kleiner Detailmaßnahmen aufführen: Ers-
tens vorrangige Ausrichtung der Siedlungsentwicklung
am Bestand durch Nutzung von Baulücken, Baulandre-
Zu Protokoll
serven, Brachflächen und Möglichkeiten der Verdich-
tung, Vorrang der städtebaulichen Innenentwicklung vor
der Außenentwicklung; zweitens Vermeidung einer flä-
chenhaften Zersiedelung durch Konzentration der Sied-
lungstätigkeit in zentralen Orten, Entwicklungsachsen
und in Siedlungsschwerpunkten; drittens Sicherung aus-
reichender Freiräume zum Schutz der ökologischen Res-
sourcen und für Zwecke der Erholung sowie Vorhaltung
von Flächen für land- und forstwirtschaftliche Nutzun-
gen, den vorbeugenden Hochwasserschutz und die Nut-
zung regenerativer Energiequellen; viertens Vermei-
dung der Inanspruchnahme von Böden mit besonderer
Bedeutung für den Naturhaushalt sowie für landwirt-
schaftliche Nutzungen.

Fünftens. Zur Stärkung der Innenentwicklung gilt es,
die bestehenden Planungsinstrumente der Raumord-
nung, die Möglichkeiten der Bauleitplanung und Fach-
planung aber auch informelle Instrumente und Verfah-
ren verstärkt zu nutzen durch sechstens die Präzisierung
flächensparender Vorgaben in den Raumordnungsplä-
nen, siebtens den Abbau von Hemmnissen der Innenent-
wicklung, achtens die Bestandsmobilisierende Stadtent-
wicklung, neuntens die Vereinfachung von Entwick-
lungsmaßnahmen im Innenbereich und zehntens den
Ausbau des Flächenmonitorings.

Die Bundesregierung wird deshalb demnächst den
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Innenentwick-
lung in den Städten und Gemeinden vorlegen. Vorgese-
hen ist damit zum Beispiel eine Flexibilisierung des
§ 17 BauNVO, Erleichterung bei der Überschreitung
der Maßobergrenzen; zudem soll die Bodenschutzklau-
sel des § 1 a Abs. 2 BauGB präzisiert, die Ausübung des
Vorkaufsrechts zugunsten Dritter erweitert und das
Rückbaugebot weiterentwickelt werden.

Politische Zielsetzung ist es, die Innenentwicklung zu
erleichtern und attraktiver zu machen. Je besser es ge-
lingt, den künftigen Bedarf im Wege der Innenentwick-
lung zu befriedigen, desto eher ist es gerechtfertigt, die
Inanspruchnahme neuer Flächen einzuschränken. Auch
für die Minderung der Flächeninanspruchnahme sind
die Planungsinstrumente der Raumordnung, die Mög-
lichkeiten der Bauleitplanung und Fachplanung aber
auch informelle Instrumente und Verfahren zu nutzen.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1713330400

Jeden Tag werden in Deutschland Flächen in der

Größe von mehr als 130 Fußballfeldern verbaut. Das
sind nicht nur Straßen und Wege, sondern auch Wohn-
häuser, Gewerbe- und Industriegebäude. Was auf der
einen Seite die wirtschaftliche Kraft unseres Landes
symbolisiert, hat auf der anderen Seite jedoch Auswir-
kungen auf Natur und Umwelt. Insbesondere die Land-
wirtschaft hat unter dem Verlust wertvoller Kulturböden
zu leiden. Die zunehmende Versiegelung von Flächen
hat Folgen für die natürliche Verdunstung und stört die
Versickerung von Regenwasser. Auch dies trägt zu
Hochwasser bei, führt dazu, dass sich weniger Grund-
wasser neu bildet, und hat damit ganz konkrete Auswir-
kungen auf das lokale Klima.



gegebene Reden

Hans-Joachim Hacker


(A) (C)



(D)(B)

Es war deshalb bereits das Ziel der rot-grünen Bun-
desregierung, den täglichen Flächenverbrauch in
Deutschland deutlich zu reduzieren. Danach sollten bis
2020 weniger als ein Drittel der heute täglich ver-
brauchten Fläche in Anspruch genommen werden: nur
noch 30 Hektar pro Tag. Dies war ein ambitioniertes
Ziel und ist auch heute Teil der Nachhaltigkeitsstrategie
der Bundesregierung – zugleich ist es nicht unumstrit-
ten. So kritisieren nicht nur Wohnungsunternehmen,
sondern auch der Städte- und Gemeindebund das Re-
duktionsziel.

Mit dem Gesetz zur Erleichterung von Planungsvor-
haben für die Innenentwicklung der Städte haben wir in
Zeiten der Großen Koalition bereits konkrete Beschlüsse
im Interesse der Reduzierung des Flächenverbrauchs
gefasst. Dadurch kann im städtischen Bereich schnell
und unbürokratisch bei Investitionsvorhaben gehandelt
werden, um die Planungen vor allem auf die Innenent-
wicklung zu konzentrieren und eben nicht auf die „grüne
Wiese“. Ausdrückliches Ziel dieses Gesetzes ist es, die
Inanspruchnahme von Flächen außerhalb des bereits
besiedelten Raumes zu mindern. Wer auf der „grünen
Wiese“ bauen will, muss dagegen zunächst eine einge-
hende Umweltprüfung für das Vorhaben durchlaufen.
Ziel des Gesetzes ist es, dass brachliegende innerstädti-
sche Grundstücke wieder nutzbar gemacht werden. Das
dient auch dem Prozess eines sinnvollen Umbaus von
Stadtquartieren, die damit besser erhalten, erneuert und
weiterentwickelt werden können.

Es war für uns als SPD-Bundestagsfraktion ein gro-
ßer Erfolg, dieses Gesetz mit auf den Weg gebracht zu
haben und einen konkreten Beitrag zur Senkung der Flä-
cheninanspruchnahme zu leisten. Dieser Ansatz muss
auch bei der bevorstehenden Novelle des Baugesetzbu-
ches weiterverfolgt werden, im Interesse der Stärkung
der Innenstädte und der Reduzierung des Flächenver-
brauches.

Die Länder und Kommunen stehen in der Frage der
Flächeninanspruchnahme besonders in der Verantwor-
tung. Wir Sozialdemokraten haben deshalb vorgeschla-
gen, in einem Pilotverfahren das Konzept von Flächen-
zertifikaten zu erproben. Die Kommunen können
Flächenzertifikate erhalten, nachdem eine Verständi-
gung auf Obergrenzen für jährliche Siedlungsauswei-
tungen erfolgt ist. Diese Flächenzertifikate können die
Kommunen dann untereinander handeln. Aber auch
diese Obergrenze muss jedes Jahr sinken, um den Flä-
chenverbrauch nachhaltig zu reduzieren. Ein solches
Konzept kann nur gemeinsam mit den Kommunen, nicht
gegen sie gelingen. Deshalb ist hier noch Überzeu-
gungsarbeit notwendig.

Erinnert sei daran, dass auf Länderebene kontrovers
über das Thema debattiert wird. Auf der für Raumord-
nung zuständigen Ministerkonferenz wurde 2010 enga-
giert über eine gemeinsame Positionierung gerungen
und immerhin in vier Punkten ein Konsens erreicht.
Demnach befürworten die Länder, die Nachfrage nach
neuen Flächen künftig stärker auf besiedelte Flächen zu
lenken, die Erfassung der Flächeninanspruchnahme
stärker an der tatsächlichen Umwidmung, Versiegelung
Zu Protokoll
und Zerschneidung von Landschaften zu orientieren und
vorhandene Planungsinstrumente konsequenter anzu-
wenden. Dagegen wurde der Vorschlag interkommunal
handelbarer Flächenausweisungsrechte abgelehnt.

Ich möchte deshalb die Koalition an ihren Koalitions-
vertrag erinnern, in dem sie versprochen hat,

einen Modellversuch zu initiieren, in dem Kommu-
nen auf freiwilliger Basis ein überregionales Han-
delssystem für die Flächennutzung erproben.

Dies sollte auch nach der Positionierung der Länder auf
freiwilliger Basis möglich sein. Die für Raumordnung
zuständigen Landesminister haben sich – ausdrücklich
als Ergänzung zu dem im Koalitionsvertrag genannten
Modellvorhaben – für ein weiteres Modellvorhaben zur
Möglichkeit des interkommunalen Austauschs von Flä-
chenreserven und der Option zu Neuausweisungen aus-
gesprochen. Auch hier warten wir auf entsprechende Ak-
tivitäten der Bundesregierung.

Wir sollten dabei auch auf die Ergebnisse des Tech-
nikfolgenabschätzungsprojektes „Reduzierung der Flä-
cheninanspruchnahme – Ziele, Maßnahmen, Wirkun-
gen“ zurückgreifen. Der entsprechende Bericht wurde
uns Anfang 2007 übergeben. Demnach hält das Büro für
Technikfolgenabschätzung die planungsrechtlichen In-
strumente zur Reduzierung der Flächeninanspruch-
nahme für ausreichend und geeignet, empfiehlt aber ei-
nige Ergänzungen für das Bauen im Außenbereich,
Änderungen bei der Gültigkeitsdauer von Bauleitplänen
und bei Mindestdichten für Baugebiete und schlägt
schließlich eine Reform der Baunutzungsverordnung
vor. Ziel ist es dabei, Nutzungsmischungen zu erleich-
tern. Auf der fiskalischen Seite werden eine Diskussion
über Reformen bei Grundsteuer, Gewerbesteuer und
Grunderwerbssteuer empfohlen, andererseits auch neue
Abgaben für Neuerschließungen, Baulandausweisungen
und Bodenversiegelungen. Entscheidend bleibt nach An-
sicht der Technikfolgenabschätzer die freiwillige inter-
kommunale Kooperation, bei der die Position der Kom-
munen gestärkt werden muss.

Als Bund können und müssen wir ganz konkret unsere
Beiträge leisten: mit einer entsprechenden Wohneigen-
tumsförderung, die den Erwerb von Bestandsgebäuden
fördert oder den Neubau auf Brachflächen bevorzugt,
sowie mit einer gestärkten Städtebauförderung mit den
Schwerpunkten Altbauförderung und von Gebieten mit
hohen Leerständen. Gerade bei der Städtebauförderung
ist durch die aktuelle Bundesregierung in den letzten
Jahren durch die verheerende Kürzungspolitik viel zer-
stört worden. Dies hat auch Auswirkungen auf die Flä-
cheninanspruchnahme, weil nicht die notwendigen Im-
pulse für die Innenentwicklung gegeben wurden.

Es ist auch unverständlich, dass die Bundesregierung
die Vorschläge in dem von ihr in Auftrag gegebenen
Gutachten zur Altschuldenproblematik in den neuen
Ländern nicht aufgreift. Danach werden konkrete Emp-
fehlungen unterbreitet, die Entlastung der ostdeutschen
Wohnungsunternehmen von Altschulden – im wesentli-
chen im Plattenbaubestand – direkt mit dem Erwerb von
Immobilienbeständen im Innenbereich der Städte zu ver-



gegebene Reden

Hans-Joachim Hacker


(A) (C)



(D)(B)

binden. Das würde einen direkten Beitrag zur Aufwer-
tung des Innenbereiches leisten und über Rückbau einen
Beitrag zur Reduzierung des Flächenverbrauches brin-
gen.

Wir werden die Vorschläge der Länder und Kommu-
nen zusammen mit dem Antrag von Bündnis 90/Die Grü-
nen im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
diskutieren. Uns eint das Ziel, den zunehmenden Flä-
chenverbrauch weiter zu begrenzen. Dabei sollten wir
jedoch nicht neue bürokratische Hürden errichten. Ein
überzogener Bürokratismus wird uns an dieser Stelle
nicht weiterhelfen. Viele in dem Antrag der Fraktion ge-
nannten Vorschläge wurden in der Vergangenheit bereits
diskutiert. Jetzt muss es darum gehen, geeignete und
praktikable Instrumente zu finden, wie in Deutschland
die Flächeninanspruchnahme tatsächlich reduziert wer-
den kann. Das Patentrezept hat dafür noch niemand ge-
funden. Eine gemeinsame Diskussion zwischen Bund,
Ländern und Kommunen lohnt sich zu diesem Thema
aber allemal, um sich am Ende mindestens im Konsens
auf die Umsetzung und Bewertung der bereits angedach-
ten Modellvorhaben zu verständigen – und dies noch
möglichst vor dem Jahr 2020.


Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1713330500

In Europa wird in jedem Jahr für den Siedlungsneu-

bau, für Gewerbegebiete und Infrastrukturmaßnahmen
eine Fläche verbraucht, die der Größe Berlins ent-
spricht. Auch in Deutschland verharrt der tägliche Flä-
chenverbauch auf einem hohen Niveau. Ein Ziel der
deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist es, bis 2020 den
täglichen Flächenverbrauch auf maximal 30 Hektar zu
reduzieren. Dieses Ziel werden wir mit Sicherheit ver-
passen, wenn wir nicht gegensteuern. Die Diskussion
um die nachhaltige Entwicklung ist kein Selbstzweck. Es
geht darum, die vorhandenen Ressourcen so einzuset-
zen, dass nachfolgenden Generationen ein angemesse-
ner Handlungsspielraum bleibt.

Die Ursachen für den Flächenverbrauch sind über-
einstimmend erkannt. Nun müssen wir den Mut aufbrin-
gen, effektiver zu handeln und die Vorgaben der Nach-
haltigkeitsstrategie ernsthaft anzugehen.

Es ist richtig, dass wir insbesondere intakte und vor
allem leistungsfähige Böden ins Zentrum einer vorsor-
genden Stadt- und Regionalpolitik stellen, wie es die
Grünen in ihrem Antrag fordern. Das bedeutet in der
Konsequenz aber auch, dass wir die potenziellen Kom-
pensationsflächen, die wir für Flächeninanspruch-
nahme zukünftig nutzen wollen, anhand modifizierter
Bewertungskriterien auswählen sollten. Meiner Auffas-
sung nach sollten Ausgleichsflächen zukünftig und in
erster Linie nach ihrer ökologischen Wertigkeit ausge-
sucht werden. Wir sollten vorrangig die ökologisch
wertvollsten Flächen und nicht die produktivsten als
Ausgleichsflächen nutzen. Die SPD setzt sich dafür ein,
dass die Flächeninanspruchnahme in Deutschland nicht
einseitig die Landwirtschaft belastet. Wir müssen alle
berechtigten Flächennutzungsinteressen abwägen. Vor
Ort müssen Lösungen gefunden werden, die niemanden
einseitig belasten.
Zu Protokoll
In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch kri-
tisch mit den zusätzlichen Anforderungen auseinander-
setzen, die sich aus dem Ausbau der erneuerbaren Ener-
gien ergeben. Wenn ich so manche Mitteilung zum
Thema Biomasseproduktion lese, kann ich mich nicht
des Eindrucks erwehren, dass mancher Hektar wertvol-
len Acker- oder Grünlandes schon mehrmals als poten-
zielle Anbaufläche für Energiepflanzen verrechnet
wurde. Es muss aber klar sein, dass die Fläche, die die
landwirtschaftlichen und Forstbetriebe für die Ener-
giewende zur Verfügung stellen können, begrenzt bleibt.
Bereits heute werden knapp 18 Prozent der landwirt-
schaftlichen Nutzfläche für den Anbau nachwachsender
Rohstoffe genutzt. Das heißt aber auch: Wir benötigen
eine nachhaltige Biomassestrategie. Diese muss selbst-
verständlich die Interessen des Naturschutzes berück-
sichtigen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass wir weiterhin wert-
volle Flächen durch die Ausweisung von Baugebieten
und Infrastrukturflächen versiegeln und damit dem Na-
turkreislauf wie auch der Landwirtschaft entziehen. Wir
müssen aufpassen, dass durch einseitige Überförderung
bestimmter Produktionsrichtungen nicht weitere Flä-
chen für die erforderliche Nahrungsmittelproduktion
verloren gehen. Das führt zwangsläufig auch zu struktu-
rellen Brüchen im land- und forstwirtschaftlichen Be-
reich. Das müssen wir im Interesse unserer leistungsfä-
higen Land- und Ernährungswirtschaft vermeiden.

Ich schließe mich daher ausdrücklich der Forderung
des Deutschen Bauernverbands und des Bundes für Um-
welt und Naturschutz in Deutschland an, die in seltener
Übereinstimmung fordern, dass die Prinzipien „Innen-
entwicklung vor Außenentwicklung“ und „Ausbau vor
Neubau“ und die Stärkung des Grundsatzes der Flä-
chenschonung gelten müssen. Dies sollte sowohl für den
Wohnungsbau als auch für Industriegebiete gelten.

Das heißt, dass die zukünftige Stadtentwicklung wei-
testgehend eine Entwicklung im Bestand sein wird.
Brachgefallene oder mindergenutzte Flächen in Städten
und im ländlichen Raum müssen revitalisiert werden. Ge-
meinden brauchen dafür wirkungsvolle Instrumente, um
diese Strategie umzusetzen. Wir wollen Kommunen in die
Lage versetzen, zu prüfen, ob tatsächlich neue Bauvorha-
ben und Flächenausweisungen erforderlich sind. Dafür
wollen wir mehr Mittel im Rahmen der Städtebauförde-
rung einsetzen.

Wir benötigen aktuelles Datenmaterial zum Flächen-
verbrauch auf kommunaler Ebene. Nur mit exakten Da-
ten können Kommunen Flächennutzungsmöglichkeiten
in ihrem Gebiet besser kontrollieren und ein gutes Flä-
chennutzungsmonitoring betreiben.

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwick-
lung in Dresden weist in diesem Zusammenhang darauf
hin, dass die Zahl von 100 Hektar, die täglich versiegelt
werden, keine präzise Zahl darstellt. Die amtliche Flä-
chennutzungsstatistik, die auf Einträgen in den Liegen-
schaftsbüchern basiert, gibt den Flächenverbrauch
nicht ganz genau wieder. Teilweise sind die Angaben im
Liegenschaftskataster veraltet. Dies macht sich vor al-
lem bei großflächigen Renaturierungs- und Straßenbau-



gegebene Reden

Rita Schwarzelühr-Sutter


(A) (C)



(D)(B)

projekten bemerkbar. Die Folge: Die Einhaltung des
2020-Ziels kann auf diese Art nicht exakt gemessen wer-
den.

Die Verantwortlichen des Leibniz-Institutes schlagen
daher vor, ihr IÖR-Monitor zu Grundlage der Berech-
nung zu machen. Der regelmäßig aktualisierte IÖR-Mo-
nitor liefert Informationen zur Flächenstruktur und de-
ren Entwicklung für die Bundesrepublik Deutschland
auf der Grundlage des amtlichen topografisch-karto-
grafischen Informationssystems. Die Berechnungs-
grundlage sind genaueste topografische Geodaten. Die
Entscheidungsträger auf kommunaler Ebene erhalten
Informationen für ein besseres Flächennutzungsmonito-
ring. Die Kommunen sind aufgefordert, sich dieses In-
struments zu bedienen.

Die SPD unterstützt die Ziele der Nachhaltigkeits-
strategie. Dabei müssen wir auch ein Hauptaugenmerk
auf die Sicherung wertvoller Produktionsflächen für die
Nahrungs- und Energiepflanzenproduktion legen.


Petra Müller (FDP):
Rede ID: ID1713330600

In Ihrem Antrag monieren Bündnis 90/Die Grünen,

dass Deutschland noch weit vom 30-Hektar-Ziel beim
täglichen Flächenverbrauch entfernt sei. Das stimmt.
Sie verschweigen aber auch, woher wir bei der Umwid-
mung von Freiflächen in Siedlungs- und Verkehrsflä-
chen kommen: Seit 2004 nimmt diese Quote Jahr für
Jahr ab. Lag sie vor sieben Jahren noch bei etwa
140 Hektar pro Tag, sank sie 2005 auf knapp unter
120 Hektar, 2006 auf rund 100 Hektar, 2007 auf 96 Hek-
tar. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag
die Quote für 2008 bei 78 Hektar pro Tag und erreichte
damit einen vorläufigen Tiefpunkt. Wir sind uns einig,
dass diese starke Absenkung im Jahr 2008 vor allem
Folge der konjunkturellen Schwäche infolge der welt-
weiten Banken- und Immobilienkrise war. Trotzdem
bleibt festzuhalten, dass seit Einführung des 30-Hektar-
Ziels im Jahre 2002 Erfolge zu verzeichnen sind und ein
zunehmendes Bewusstsein für die ökologischen, sozialen
und kulturellen Gefahren der Flächenzersiedlung ge-
schaffen wurde.

In themenangemessener Abwandlung des Bildes ist
für uns Liberale das Glas daher bereits halb leer und
nicht mehr halb voll. Wir sind auf dem richtigen Weg
und halten am Ziel des kontinuierlich geringeren Flä-
chenverbrauchs fest. Daher bedeutet Ihre Aufforderung
an uns und die Bundesregierung, am 30-Hektar-Ziel
festzuhalten, Eulen nach Athen zu tragen. Wir halten
selbstverständlich daran fest und dafür braucht es auch
keinerlei Nachhilfe durch Bündnis 90/Die Grünen.

So wohlmeinend ist Ihr Antrag politisch betrachtet
denn auch nicht. Denn Forderungen zu stellen ohne sub-
stanziellen Bedarf, kann doch wohl nur als Durchhalte-
parole an die eigenen Reihen gemeint sein. Mit Infra-
struktur- und Bauplanungspolitik hat die grüne Partei ja
so manchen Schiffbruch in den vergangenen Monaten
erlitten: Eine geplatzte Koalition in Hamburg wegen
Moorburg. Rolle rückwärts bei der Moseltalbrücke in
Rheinland-Pfalz. In Berlin scheiterte sie an 3,2 Kilome-
ter Autobahn, und wie es nach dem Volksentscheid um
Zu Protokoll
Stuttgart 21 mit der grünen Partei weitergeht, das war-
ten wir mal noch ab. Alles nichts, womit man sich einen
grünen Verdienstorden anheften lassen könnte. Da
scheint es nur verständlich, wenn hier Anträge einge-
bracht werden, die sich innerparteilich gut verkaufen
lassen, die politisch aber den Innovationsfaktor Null be-
sitzen.

Nichtsdestotrotz freut es mich erstens, dass wir uns
über die Fraktionsgrenzen dieses Hohen Hauses hinweg
mal einig sind. Zweitens möchte ich zu gern die gebo-
tene Möglichkeit nutzen, die Position der FDP zur wei-
teren Reduzierung des Flächenverbrauchs in Deutsch-
land zu erläutern: Auch wir sehen, dass Sinken und
Steigen der Flächenverbrauchszahlen heute noch zu
stark von der konjunkturellen Entwicklung beeinflusst
wird statt vom Willen der politischen und bauplanenden
Akteure. Hier werden wir weiter an der Stärkung des
rahmenpolitischen Hebels arbeiten, ohne die zur wirt-
schaftlichen Entfaltung notwendigen Freiheitsrechte
und Gestaltungsmöglichkeiten einzuschränken. Dem
richtigen und notwendigen Ziel der Stärkung der Innen-
entwicklung fühlen wir uns verpflichtet – aus demogra-
fischen Gründen ebenso wie im Rahmen der Erreichung
der Klimaschutzziele.

Wesentliche Kristallisationspunkte der aktuellen
Fortentwicklung der Städtebauförderung durch die
christlich-liberale Koalition sind die Stärkung der In-
nenstadtkerne und Ortsteilzentren, die Nachverdichtung
und Wiedernutzung von Brachflächen. Alles Maßnah-
men, die dem Flächenverbrauch im Außenbereich bzw.
der Erschließung neuer Flächen entgegenwirken.
Ebenso arbeitet die Koalition intensiv an der Novellie-
rung des Baugesetzbuches und wird auch in diesem Be-
reich dem Anspruch auf nachhaltige Entwicklung ge-
recht werden. Wir wollen die Beschränkung des
Anwendungsbereichs des Rückbaugebots für Bebau-
ungsplangebiete aufheben und so das Rückbaugebot zu
einem vollwertigen Rechtsinstrument fortentwickeln.
Damit erhielten die Kommunen eine effektive Hand-
lungsmöglichkeit der Eingriffsverwaltung, zum Beispiel
im Umgang mit verwahrlosten Gebäuden oder Schrott-
immobilien. Das ist echte Innovationspolitik.

Die beschriebenen Ziele und Notwendigkeiten unse-
rer zukünftigen Infrastruktur- und Raumplanung sind
anspruchsvoll und eine politische wie ökonomische wie
soziale Herausforderung. Wohl wissen wir, dass das
30-Hektar-Ziel zum Jahre 2020 praktisch kaum noch zu
erreichen ist. Das liegt vor allem an der Vielzahl der
Akteure und der Komplexität von Entscheidungsprozes-
sen und Nachteilsabwägungen. Trotzdem ist es und
bleibt es ein richtiges und wichtiges Ziel. Das formuliert
auch die Gemeinsame Erklärung „Institutionalisierung
von Nachhaltigkeitsbewertungsverfahren in der Flä-
chenpolitik stärken“ des Helmholtz-Zentrums für Um-
weltforschung. Dort heißt es:

Unambitionierte Ziele können keine Visionen tra-
gen, sondern neigen im Gegenteil dazu, nach der
Zielerreichung aus dem Auge verloren zu werden,
so dass ein „Roll back“ auf nicht nachhaltige Zu-
stände droht.



gegebene Reden

Petra Müller (Aachen)



(A) (C)



(D)(B)

In diesem Sinne verstehen Sie unsere Zielsetzung als
unbedingten Willen zur Nachhaltigkeit, nicht als Weg-
marke, von der wir annehmen, sie morgen oder Ende
nächsten Monats erreichen zu können. Sarkastisch
könnte man an die Adresse der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen sagen: Auch Weltfrieden zu fordern, bleibt ein
richtiges und wichtiges Ziel. Sich aber allenthalben op-
positionell zu entrüsten, die Regierung habe dieses Ziel
nicht erreicht, wirkt dann doch reichlich armselig – wie
ihr Antrag zum Flächenverbrauch.


Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713330700

Gerade vor dem Hintergrund des demografischen

Wandels ist der tägliche Flächenverbrauch in Deutsch-
land immer noch erschreckend hoch. Das Ziel einer Re-
duzierung des Flächenverbrauchs auf 30 Hektar pro Tag
liegt in weiter Ferne, ist jedoch im Hinblick auf die öko-
logischen Konsequenzen in naher Zukunft nach unserer
Meinung unbedingt umzusetzen. Gerade deswegen ist
dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen rundherum zu-
zustimmen, wenn auch einige Ansatzpunkte noch weiter
ausgebaut und weitere Planungs- und Steuerungsinstru-
mente hinzugefügt werden müssen.

Voraussetzung für eine strategische Planung ist eine
einheitliche Normierung der Terminologie. Denn was ist
eigentlich gemeint mit Flächenverbrauch? Sprechen wir
von einer Umnutzung natürlicher Flächen und dem Neu-
bau von Siedlungen und Infrastruktur? Flächenverbrauch
meint hier Flächenversiegelung, agrarwirtschaftlich ge-
nutzte Flächen gelten dem Antrag der Grünen zufolge
nicht als Verbrauchsflächen. In Bezug auf großflächige
Monokulturen stellt sich allerdings die Frage nach der
Gültigkeit dieser Definition.

Auch objektive Maßstäbe hinsichtlich der Kategorisie-
rung von Flächen fehlen, sind allerdings als einheitliche
Planungs- und Bewertungsgrundlage zwingend notwen-
dig. Derzeit obliegt die Flächenbewertung den jeweiligen
Kommunen. So gilt der ehemalige Truppenübungsplatz in
Kommune A als Brachfläche, während Kommune B den-
selben aufgrund seines natürlichen Erscheinungsbildes
und fehlender Altlasten als Naturfläche klassifiziert. Da-
durch hat Kommune A einen deutlich größeren Bestand
an potenziellen Renaturierungsflächen bei gleicher Aus-
gangslage. Dieses Beispiel verdeutlicht die Notwendig-
keit einer einheitlichen Terminologie und damit verbun-
denen gemeinsamen Bewertungsmaßstäben.

Die aktuelle Gesetzeslage sieht die Schaffung von
Ausgleichsflächen im Gegenzug zum Flächenverbrauch
vor. Doch nur die Schaffung von Ausgleichsflächen ist
hierbei nicht genug. Im Antrag von Bündnis 90/Die Grü-
nen wird gefordert, dass alle nicht privilegierten Vorha-
ben im Außenbereich nur zulässig sein sollen, wenn an
einer anderen Stelle der Gemeinde Flächen entsiegelt
und renaturiert werden. Das befürwortet die Linke. Die
Renaturierung und Entsiegelung ist unserer Meinung
nach ein wesentlich besseres Planungs- und Steuerungs-
instrument als die bloße Schaffung von Ausgleichsflä-
chen und muss aufgrund dessen viel stärker in den Fo-
kus kommunaler Planung gerückt werden. Für jedes
Bauvorhaben, jeden Flächenverbrauch sollten im Ge-
Zu Protokoll
genzug, wenn vorhanden, andere Flächen entsiegelt und
renaturiert werden.

Auch die öffentliche Förderung muss sich viel stärker
auf Brachflächen fokussieren, bevor neue Flächen ver-
siegelt werden. Trotz einer stagnierenden Bevölkerungs-
zahl nimmt das Siedlungswachstum weiterhin zu. Damit
nimmt die Flächenversiegelung zu. Die Nutzung bereits
versiegelter und brachliegender Flächen, sprich eine ef-
fiziente Flächennutzungspolitik und Konversion von
Flächen, muss somit viel mehr in den Vordergrund ge-
stellt werden, als neuen Flächenverbrauch zuzulassen.

So können auch dem Deutschen Bauernverband,
DBV, seine Sorgen um den Schutz und Erhalt landwirt-
schaftlicher Böden genommen werden. Denn die Art und
Weise der Reduzierung des Flächenverbrauches ist da-
bei ausschlaggebend. Der Ausgleich von Flächen darf
nicht auf Kosten der Landwirtschaft gehen. Bei Schaf-
fung von Ausgleichsflächen nach Ausweisung eines Ge-
werbegebietes verliert die Landwirtschaft nicht nur Pro-
duktionsfläche, sondern soll gleichzeitig auch noch
Fläche für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Ver-
fügung stellen. Ein Beispiel: Um die neuen Reihenhäu-
ser wird eine artenreiche Hecke gepflanzt; weil dies
aber noch nicht ausreicht, um den Eingriff angemessen
auszugleichen, wird in der Nähe noch ein Ackerrand-
streifen angelegt. Auf allen drei Flächen kann der Bauer
nicht mehr ackern. Der Grundsatz muss also gelten, wie
auch vom DBV gefordert, dass bei Versiegelung land-
wirtschaftlicher Flächen durch Siedelung und Verkehr
an anderer Stelle eine gleich große Fläche entsiegelt
und zur Verfügung gestellt werden muss.

Bodenschutzgebiete mit einer hohen Bodenqualität
müssen ausgewiesen und unter besonderen Schutz ge-
stellt werden. Gleichzeitig sollte durch Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen nicht auch noch auf die Agrarfläche
zugegriffen, sondern möglichst gebündelt im Rahmen
kommunaler Ökokonten Entsiegelungen und Dekonta-
mination vorgenommen werden, zum Beispiel auch in-
nerhalb eines Stadtgebietes als grüne Lunge. Um solche
Ziele zu schaffen, müssen neben gesetzlichen Regelun-
gen auch Anreize da sein; Anreize, den Flächenver-
brauch oder vielmehr die Flächenversiegelung zu redu-
zieren und schon versiegelte Flächen besser zu nutzen.

Ein mögliches Instrument zur Beeinflussung der
Nachfrage ist zum Beispiel die Anpassung der Grund-
erwerbsteuer, sodass der Erwerb von Brachflächen
finanziell lohnender ist als der Erwerb zuvor ungenutzter
Flächen. Tatsächlich ist sogar der Wegfall der Grund-
erwerbsteuer für Brachflächen, insbesondere Flächen in
Nähe des Siedlungskerns, vorstellbar. Für bereits versie-
gelte Flächen wird damit ein viel höherer Kaufanreiz ge-
setzt als für Naturflächen im Außenbereich. Dagegen
gilt die Anpassung der Grundsteuer, wie im Antrag von
Bündnis 90/Die Grünen gefordert, unter Experten als
ungeeignetes räumliches Steuerungsinstrument. Die
Grünen fordern eine Reform der Grundsteuer, die mehr
Steuergerechtigkeit schafft und Fehlanreize zum Flä-
chenverbrauch vermeidet. Da die Grundsteuer als Ver-
mögensteuer jedoch auf potenzielle Mieter umgelegt
werden kann, beeinflusst sie dadurch nicht die Auswei-



gegebene Reden

Heidrun Bluhm


(A) (C)



(D)(B)

sung neuer Siedlungsgebiete, sondern vielmehr die
Miete in den bereits besiedelten Gebieten. Als Anreiz-
instrument für einen geringeren Flächenverbrauch ist
damit die Grunderwerbsteuer zu reformieren.

Eine weitere Anreizmöglichkeit ist die Belohnung von
Gemeinden über den kommunalen Finanzausgleich für
eine niedrige Neuversiegelungsquote. Grundlage dafür
ist, wie schon vorher erläutert, eine einheitliche Klassi-
fizierung und Terminologie über auszuweisende Flä-
chen.

Es geht hier nicht darum, Wirtschaftswachstum und
Entwicklung einzugrenzen oder zu stoppen. Aber der
Flächenverbrauch innerhalb Deutschlands ist immer
noch zu hoch, um ökologisch hinnehmbar zu sein. Ge-
rade dem Trend, eine reichliche Verfügbarkeit preis-
günstiger Flächen in wirtschaftlich schwachen Gebieten
zu suggerieren, muss entgegengewirkt werden. Bereits
im Jahre 2009 hat die Kommission Bodenschutz beim
Umweltbundesamt einen umfangreichen Bericht mit
Empfehlungen zur konsequenten Flächenverbrauchsre-
duzierung herausgebracht. Bis jetzt ist die Bundesregie-
rung darauf aber nicht eingegangen, geschweige denn
hat sie entsprechende Maßnahmen eingeleitet.


Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713330800

Wir bringen heute unseren Antrag zur Reduzierung

des Flächenverbrauchs ein. Wir wollen mit diesem An-
trag das Ziel, den Flächenverbrauch bis 2020 auf
30 Hektar pro Tag zu reduzieren, endlich mit wirkungs-
vollen Maßnahmen unterlegen. Das 30-Hektar-Ziel ist
ein wichtiges Zwischenziel für eine nachhaltige Stadt-
entwicklungspolitik. Das eigentliche Ziel ist jedoch, per-
spektivisch Siedlungsentwicklung ohne zusätzlichen
Flächenverbrauch anzustreben.

In der Diskussion um den Flächenverbrauch wird
gerne der Mythos verbreitet, dass der Flächenverbrauch
doch eigentlich gar kein Problem mehr sei. Belegt wird
die These mit sinkenden Flächenverbrauchszahlen in
der Mitte des letzten Jahrzehnts. Doch die Statistiker
warnen, dass mit anziehender Konjunktur auch der Flä-
chenverbrauch wieder zunehmen wird. So ist zum Bei-
spiel in Bayern der Flächenverbrauch 2010 im Vergleich
zum Vorjahr um 27 Prozent gestiegen. Damit werden
allein in Bayern jeden Tag 21 Hektar Fläche verbraucht.
Nimmt man das 30-Hektar-Ziel ernst, bleiben noch
9 Hektar für den Rest der Republik.

Auch eine aktuell vom Ministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung veröffentlichte Studie kommt zu
der Schlussfolgerung, dass das 30-Hektar-Ziel der Na-
tionalen Nachhaltigkeitsstrategie auch bei fortschrei-
tendem demografischen Wandel kein Selbstläufer ist.
Obwohl die Bevölkerung in Deutschland schrumpft, ist
es nicht ohne Weiteres möglich, das Flächenwachstum
auf unter 40 Fußballfelder am Tag zu beschränken.

Die Studie räumt auch auf mit dem Mythos, der Flä-
chenverbrauch benachteilige periphere Räume nicht. Im
Gegenteil: Legt man einen gerechten Verteilungsschlüs-
sel zugrunde, so entsteht für die peripheren Räume ein
deutlich geringerer Anpassungsdruck als für andere Re-
Zu Protokoll
gionen. Die suburbanen Gebiete werden den höchsten
Reduktionserfordernissen ausgesetzt.

Wenn man also ehrlich über den Flächenverbrauch
debattieren will, muss man auch über die Konsequenzen
einer flächensparenden Politik sprechen. Dabei liegen
natürlich zuerst die positiven Konsequenzen auf der
Hand. Eine Reduktion des Flächenverbrauchs schützt
wertvolle Böden, gerade für die Landwirtschaft. Weni-
ger neue Verkehrsfläche bedeutet auch weniger Zer-
schneidung zusammenhängender Lebensräume. Da-
rüber hinaus ist zunehmender Flächenverbrauch in
einer schrumpfenden Gesellschaft auch ökonomisch
fragwürdig. Unterausgelastete Infrastrukturen müssen
aufwändig betrieben und instand gehalten werden. Eine
Reduzierung des Flächenverbrauchs geht deshalb auch
mit einer Reduzierung neuer Infrastrukturfolgekosten
einher. Diese Zusammenhänge finden in der Planungs-
praxis noch zu wenig Beachtung. Wir Grüne fordern
deshalb, eine fiskalische Wirkungsanalyse in das Bauge-
setzbuch aufzunehmen, die der Erhebung langfristiger
Infrastrukturfolgekosten für die kommunalen Haushalte
dient. Auch obligatorische Demografiechecks sind ein
hilfreiches Instrument im Rahmen von Planungsverfah-
ren.

Dennoch kann bei einer Verknappung von Bauland in
angespannten Märkten eine Verteuerung von Wohnraum
drohen. Die Strategie flächensparsamer Siedlungsent-
wicklung im Außenbereich muss von flankierenden Maß-
nahmen der Baulandmobilisierung im Innenbereich be-
gleitet werden, um so den Preisdruck abzufedern. Das
bestätigt auch die aktuelle Studie des Ministeriums. Bis-
lang hat uns die Regierung keine Vorschläge unterbrei-
tet, wie die Baulandmobilisierung im Innenbereich for-
ciert werden soll. Leider machen auch die aktuellen
Diskussionen zur Novellierung des Baugesetzbuch we-
nig Hoffnung auf Hilfestellung vom Bund für die Kom-
munen.

Wir Grüne fordern deshalb in unserem Antrag, eine
Nachweispflicht fehlender Innenentwicklungspoten-
ziale in das Baugesetzbuch aufzunehmen, um so der re-
gelmäßigen Abwägung zuungunsten des Flächensparens
entgegenzuwirken. Außerdem sollte der § 200 des Bau-
gesetzbuchs zu einem verpflichtenden Flächenmonito-
ring, das Informationen über den ökologischen und so-
zialen Wert der Flächen enthält, weiterentwickelt
werden. Potenziale müssen systematisch erfasst werden,
um reduzierten Flächenverbrauch sozialgerecht zu ge-
stalten. Damit die Stadtentwicklung den komplexen An-
forderungen einer nachhaltige Planung gerecht werden
kann, fordern wir die Wiedereinführung der Revisions-
pflicht für Flächennutzungspläne im 10-Jahres-Rhyth-
mus in das Baugesetzbuch.

Auch die Kürzungen bei der Städtebauförderung ge-
fährden Projekte der Innenentwicklung. Wir fordern, die
Städtebauförderung des Bundes von weiteren Kürzun-
gen auszunehmen und auf das für 2010 ursprünglich
vorgesehene Niveau von 610 Millionen Euro anzuheben
sowie perspektivisch auf einem Volumen von 700 Millio-
nen Euro zu verstetigen.



gegebene Reden





Bettina Herlitzius


(A) (C)



(D)(B)

Ordnungsrechtliche Vorgaben und Förderung allein
werden nicht reichen, um das 30-Hektar-Ziel zu errei-
chen. Der Tatsache, dass Bauland auf der grünen Wiese
für jeden Einzelnen erst einmal viel günstiger als inner-
städtische Brachen ist, muss begegnet werden. Wir for-
dern, die Einführung einer Flächenverbrauchsabgabe
im Modellprojekt analog zu handelbaren Flächenaus-
weisungsrechten zu prüfen. Dabei ist besonders in den
Blick zu nehmen, wie die Einnahmen aus Flächenaus-
weisungsrechten oder einer Flächenverbrauchsabgabe
der Innenentwicklung dienen könnten. Wichtige Ansätze
dafür, wie Innenentwicklung wirksam betrieben werden
kann, liefern schon heute Flächenrecylingfonds.

Abschließen möchte ich mit einem Punkt aus der Stu-
die, bei dem ich mir besonders wünsche, dass das BMVBS
seinen eigenen Erkenntnissen auch Taten folgen lässt. Da
heißt es: „Die politischen Entscheidungsträger in Bund
und Ländern sind darüber hinaus gefordert, das 30-ha-
Ziel zeitlich, räumlich und sachlich zu konkretisieren.“
Vor der räumlichen Konkretisierung des 30-Hektar-Ziels
scheut sich die Politik schon seit Jahren. Das 30-Hektar-
Ziel ist so schön nebulös, man kann es nicht wirklich fas-
sen. Kaum jemand kann sich etwas darunter vorstellen.
Sagt man, der Flächenverbrauch liege bei 30 Hektar,
fragt der Laie: Pro Jahr? In Europa?

Mit einem solche Ziel trifft man keine Befindlichkei-
ten, weil sich niemand direkt betroffen fühlt. Erst wenn
man anfängt, das 30-Hektar-Ziel kleinräumlich zu ver-
orten, wird klar, wo wirklich die Anstrengungen getätigt
werden müssen. Hier ist die Bundesregierung in der Ver-
antwortung. Das Leugnen des Flächenverbrauchs muss
enden. Die Regierung muss einen Plan erstellen, wie das
30-Hektar-Ziel erreicht werden kann: sowohl räumlich
und zeitlich als auch beinhaltend, welche Instrumente
sie den Gemeinden zur Bekämpfung des Flächenver-
brauchs zur Seite stellen möchte. Packen Sie es an!


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713330900

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/6502 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-
verstanden. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 25:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald
Weinberg, Katrin Werner, Dr. Martina Bunge,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Verbot der Einfuhr, des Handels und der Ver-
wendung von Steinprodukten, die durch aus-
beuterische Kinderarbeit hergestellt wurden

– Drucksachen 17/5803, 17/7150 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Sabine Weiss (Wesel I)

Karin Roth (Esslingen)

Dr. Christiane Ratjen-Damerau
Niema Movassat
Thilo Hoppe
Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen, und zwar der Kollegin-
nen und Kollegen Sabine Weiss, Karin Roth, Christiane
Ratjen-Damerau, Harald Weinberg und Uwe Kekeritz.


Sabine Weiss (CDU):
Rede ID: ID1713331000

115 Millionen Kinder weltweit zwischen 5 und

17 Jahren müssen tagtäglich unter ausbeuterischen und
extrem gefährlichen Bedingungen arbeiten. Sie schuften
schwer – häufig unter Einsatz ihre Lebens – für einen
Hungerlohn. Viele von ihnen erhalten noch nicht mal ei-
nen Lohn.

115 Millionen Kinder werden um ihre Kindheit betro-
gen, weil sie nicht mehr Kind sein dürfen. Sie stehen
vielmehr schon viel zu früh in der harten Pflicht, ihren
Beitrag zum Familieneinkommen leisten zu müssen. In
einem Alter, in dem ihre Altersgenossen hier bei uns in
der Regel eine unbeschwerte und sorglose Kindheit erle-
ben dürfen, lernen sie die harte Arbeitsrealität kennen
und dass ohne ihren Lohn häufig das Essen noch knap-
per als sonst ist. Sie werden beraubt um das, was für
viele die schönste und unbeschwerteste Zeit im Leben
ist.

115 Millionen Kinder werden jeden Tag ohne Rück-
sicht auf gesundheitliche oder seelische Konsequenzen
ausgebeutet. Nur zum zahlenmäßigen Vergleich: Mehr
Kinder müssen sich jeden Tag unter ausbeuterischen Be-
dingungen den Rücken krumm schuften, als Deutsch-
land, Belgien, die Niederlande und die Slowakei insge-
samt Einwohner haben. Ich glaube, bei diesen Zahlen
wird die Dimension der ausbeuterischen Kinderarbeit
erst so richtig deutlich.

Weltweit müssen sogar rund 215 Millionen Kinder
zwischen fünf und 17 Jahren nach Schätzungen der In-
ternationalen Arbeitsorganisation arbeiten. 115 Millio-
nen davon eben unter Bedingungen, die ihre seelische
und körperliche Unversehrtheit so extrem negativ beein-
trächtigen und gefährden, dass von ausbeuterischer
Kinderarbeit gesprochen wird.

Kinder müssen unter sklavenähnlichen Bedingungen
von früh bis spät in Haushalten ihren Lebensunterhalt
verdienen. Sie arbeiten ohne Schutz vor Pestiziden und
Düngemitteln auf Feldern, sie müssen sich prostituieren
oder sie werden als billige Arbeitskräfte ohne jeglichen
Schutz in Steinbrüche geschickt. In einigen Ländern ist
ausbeuterische Kinderarbeit gar zu einem grenzüber-
schreitenden Geschäft geworden, so werden beispiels-
weise Tausende junge Mädchen jährlich von Nepal nach
Indien verschleppt und gezwungen, dort als Prostituierte
zu arbeiten.

Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung können viele
Kinder keine Schule besuchen und sind damit mehr oder
weniger von jeglicher Bildung ausgeschlossen. Die Kin-
der, die zumindest stundenweise eine Schule besuchen,
können häufig dem Unterricht nicht folgen, weil sie von
der vielen und körperlich anstrengenden Arbeit ermüdet
sind. Ohne Schulbildung allerdings haben sie auch in
ihrem späteren Erwachsenenleben so gut wie keine
Aussicht auf einen Job, der es ihnen ermöglicht, ihre Fa-

Sabine Weiss (Wesel I)



(A) (C)



(D)(B)

milie mit ihrem Einkommen zu ernähren. In der Konse-
quenz müssen dann häufig auch ihre eigenen Kinder
schon in jungen Jahren Geld für das Familieneinkom-
men erarbeiten. Damit setzt sich der Teufelskreis aus Ar-
mut und mangelnder Bildung fort.

Zwar ist die Kinderarbeit in den letzten Jahren leicht
zurückgegangen, dies gilt aber leider nicht für alle Re-
gionen, in Afrika südlich der Sahara beispielsweise
nimmt sie weiter zu.

Das Problem der ausbeuterischen Kinderarbeit ist
vielschichtig und zwar so vielschichtig, dass es leider
keine einfachen Lösungen gibt. Allein mit einem Import-
verbot, wie in dem Antrag der Linken gefordert, ist es
bedauerlicherweise nicht getan. Abgesehen davon, dass
es zweifelhaft ist, ob Importverbote einer WTO-rechtli-
chen Prüfung überhaupt standhalten, hat ein solches, in
den USA erlassenes Importverbot beispielsweise keine
Wirkung gezeigt. Selbst UNICEF ist der Auffassung,
dass „undifferenzierte Handelssanktionen und Boykotte
kontraproduktiv sein können und dazu führen, dass Fir-
men Kinder in ihren Betrieben einfach entlassen und so
die Familien noch tiefer ins Elend stürzen.“ Da man
Produkten zudem nicht ansehen kann, ob sie durch aus-
beuterische Kinderarbeit hergestellt wurden oder nicht,
wäre insbesondere bei längeren Lieferketten eine wirk-
same Überprüfung eines solchen Importverbotes prak-
tisch sehr schwierig.

Wir können die ausbeuterische Kinderarbeit nur
durch einen wirksamen Maßnahmenmix erfolgreich und
nachhaltig eindämmen. Die zentrale Ursache für Kin-
derarbeit ist bittere Armut, die die Eltern zwingt, ihre
Kinder arbeiten zu schicken, damit die Familie ernährt
werden kann. Kinderarbeit ist nur in den Griff zu bekom-
men, wenn wir die Wurzel des Problems beseitigen. Die
nachhaltige Armutsbekämpfung und der Zugang zu Bil-
dung ist eine zentrale Aufgabe deutscher Entwicklungs-
zusammenarbeit, und damit packt die Bundesregierung
– anders als die Linken mit ihren Forderungen – das
Problem genau an der richtigen Stelle an.

Deutschland hat in den 90er-Jahren das ILO-Pro-
gramm „International Programme on the Elimination of
Child Labour“ mit initiiert und ist seitdem mit rund
55 Millionen Euro einer der wichtigsten Geber. Das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung fördert zudem zahlreiche Projekte, mit
deren Hilfe Kinderarbeit bekämpft wird und wirtschaft-
liche Alternativen für die Kinder und ihre Familien ge-
schaffen werden. Deutschland bekämpft damit die sozia-
len Ursachen von Kinderarbeit.

Importverbote oder Boykotte hören sich zwar gut an
und mögen auch den Konsumenten ein gutes Gewissen
suggerieren, sie beseitigen jedoch nicht allein die sozia-
len Ursachen von Kinderarbeit und werden deshalb
auch – so bedauerlich es ist – wenig Wirkung erzielen.
Die Instrumente, die die christlich-liberale Koalition zur
Eindämmung der Kinderarbeit einsetzt, sind sehr viel
zielführender und effektiver als Importverbote.

Eine weitere wichtige Maßnahme zur erfolgreichen
Bekämpfung von Kinderarbeit ist die Sensibilisierung
Zu Protokoll
und Bewusstseinsschärfung der Konsumenten. Es darf
nicht immer nur der günstigste Preis kaufentscheidend
sein. Vielmehr muss auch die Frage, unter welchen Be-
dingungen ein Produkt hergestellt wurde und ob das
Produkt nur durch ausbeuterische Kinderarbeit so preis-
günstig angeboten werden kann, bei der Verbraucher-
entscheidung einen größeren Stellenwert erhalten. Fir-
men, Privatpersonen und Kommunen müssen ihren
Einfluss geltend machen und die Durchsetzung von Min-
deststandards – wie die Ächtung von Kinderarbeit – ein-
fordern. Mit der Kaufentscheidung hat es jeder Konsu-
ment selbst in der Hand, zu entscheiden, welche
Produkte er aus welchem Grund kauft und auf welche er
– auch bei einem noch so günstigen Preis – verzichtet. Je
mehr fair gehandelte Produkte wir nachfragen, desto
mehr werden auch angeboten – das ist eine einfache
Rechnung.

Das Problembewusstsein dafür, dass viele Produkte
nur so günstig sind, weil sie unter menschenunwürdigen
Bedingungen hergestellt wurden, ist erfreulicherweise in
den letzten Jahren enorm gestiegen. Kommunen und
Bundesländer berücksichtigen bei der öffentlichen Be-
schaffung in immer größerem Maß soziale Kriterien.
Mehr als 250 Gebietskörperschaften machen bei der
vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung geförderten Kampagne „Aktiv
gegen Kinderarbeit“ mit. Fair-Trade-Produkte erfreuen
sich bei den Konsumenten immer größerer Beliebtheit.
Es gilt nun, den Anteil von fair gehandelten Produkten
noch weiter zu steigern.

Die Bundesregierung setzt sich sowohl international
als auch national mit einem erfolgreichen Instrumenten-
mix für die Bekämpfung von Kinderarbeit ein. Armuts-
bekämpfung und der Zugang zu Bildung sind zentrale
Aufgaben deutscher Entwicklungszusammenarbeit. Auf
europäischer Ebene hat sich Deutschland unter ande-
rem für die Verlängerung des APSplus-Instruments aktiv
eingesetzt. Die APSplus-Regelung gewährt Herstellern
aus Drittländern attraktive Zollvergünstigungen, wenn
die ILO-Konventionen zur Beseitigung der schlimmsten
Formen der Kinderarbeit und zum Mindestbeschäfti-
gungsalter effektiv umgesetzt werden. Zudem setzt sich
Deutschland dafür ein, dass bei Verhandlungen über
EU-Freihandelsabkommen Regelungen zu Sozial- und
Arbeitsstandards verankert werden. Die Bundesregie-
rung unterstützt das Ziel, dass durch Kinderarbeit her-
gestellte Produkte nicht länger verkauft oder genutzt
werden. Die Länder, in denen Kinder ausgebeutet wer-
den, bedürfen der Unterstützung bei der wirksamen Um-
setzung der beiden ILO-Konventionen zur Beseitigung
der ausbeuterischen Kinderarbeit. Sie müssen unter-
stützt, aber auch konsequent angehalten werden, sich
stärker im Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit zu
engagieren.

Die Ursachen von Kinderarbeit sind vielschichtig,
und es gibt leider keine einfachen Lösungen dafür. Im-
portverbote allein sind kein wirksames Mittel zur nach-
haltigen Eindämmung von Kinderarbeit. Wir lehnen
deshalb den Antrag der Linken ab. Ein Importverbot
mag zwar gut klingen und den Konsumenten ein ruhiges
Gewissen suggerieren, es beseitigt jedoch nicht die so-



gegebene Reden

Sabine Weiss (Wesel I)



(A) (C)



(D)(B)

zialen Ursachen von Kinderarbeit und greift deshalb zu
kurz.


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1713331100

Vor zwei Wochen – am 7. Oktober 2011 – hat der Baye-

rische Verfassungsgerichtshof eine von der breiteren Öf-
fentlichkeit weitgehend unbemerkte, aber dennoch umso
wichtigere Entscheidung getroffen. Die Richter gaben ei-
ner Verfassungsbeschwerde der Stadt Nürnberg recht, die
sich damit erfolgreich gegen eine Klage eines Steinmetz-
betriebs zu Wehr gesetzt hat. Der Auslöser: Die Stadt
Nürnberg hat in ihrer Bestattungs- und Friedhofssatzung
festgelegt, dass auf städtischen Friedhöfen nur Grabmale
aufgestellt werden dürfen, „die nachweislich in der ge-
samten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinder-
arbeit hergestellt werden.“ Dagegen hatte der Steinmetz
geklagt. Das Verfassungsgericht gestand mit seiner Ent-
scheidung jetzt der Stadt Nürnberg das Recht zu, im Rah-
men der kommunalen Selbstverwaltung derartige Rege-
lungen, zu denen auch die Ächtung von in Kinderarbeit
hergestellten Produkten gehört, zu treffen. Auch wenn die-
ser Fall noch nicht endgültig entschieden ist, so macht er
doch deutlich, dass die geltende Rechtslage zur öffentli-
chen Vergabe unter Einbeziehung internationaler Stan-
dards wie den ILO-Konventionen 138 und 182 zur Be-
kämpfung der Kinderarbeit Möglichkeiten bietet, auch
hier bei uns gegen Kinderarbeit in der Welt vorzugehen,
ganz nach dem Prinzip: Global denken – lokal handeln.

Wie dramatisch die Lage nach wie vor ist, zeigt auch
der aktuelle Jahresbericht des US-Arbeitsministeriums
zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit, der Ende
September dieses Jahres vorgestellt wurde und durch die
aktuellen Schätzungen der Internationalen Arbeitsorga-
nisation, ILO, bestätigt wird. Danach arbeiten tagtäglich
rund 215 Millionen Kinder weltweit, mehr als die Hälfte
von ihnen unter gefährlichen und ausbeuterischen Be-
dingungen. 53 Millionen dieser Kinder sind jünger als
14 Jahre. Der höchste Anteil von Kinderarbeit in der hei-
mischen Produktion ist in Indien, Bangladesch und auf
den Philippinen festzustellen. In Indien arbeiten Kinder
in Steinbrüchen, in Ziegeleien, in der Landwirtschaft; sie
stellen Feuerwerkskörper und Fußbälle her. In Bangla-
desch werden Kinder – vor allem Mädchen – in der Tex-
til- und Schuhindustrie ausgebeutet. Auf den Philippinen
müssen Kinder in der Tabakernte und -verarbeitung ar-
beiten. Eine der am weitesten verbreitete Form von Kin-
derarbeit ist die Arbeit in privaten Haushalten. Sie ist zu-
dem besonders problematisch, weil Zwangsarbeit und
Missbrauch hier sehr schwer nachzuweisen sind. Die
ILO schätzt die Zahl der Hausangestellten auf mindes-
tens 53 Millionen. Experten gehen davon aus, dass die
Dunkelziffer bei bis zu 100 Millionen liegt. 83 Prozent
aller Hausangestellten sind Frauen und Mädchen.
UNICEF zufolge ist in Bangladesch jedes fünfte in priva-
ten Haushalten beschäftigte Kind erst zwischen fünf und
zehn Jahren alt.

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt deshalb aus-
drücklich, dass die Internationale Arbeitskonferenz im
Juni dieses Jahres die neue ILO-Konvention 189 über
menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Hausange-
stellte beschlossen hat. Damit ist es erstmals gelungen,
Zu Protokoll
Arbeitsstandards für den informellen Sektor festzulegen.
Ich fordere die Bundesregierung auf, die Konvention
schnellstmöglich dem Deutschen Bundestag zur Ratifi-
zierung vorzulegen und so ein international wichtiges
Signal zu setzen. Klar ist: Armut ist die Hauptursache
für Kinderarbeit. Die wirtschaftliche Not lässt Familien
oft keine andere Wahl: ihre Kinder müssen mitverdienen,
um die Existenz zu sichern. Viele Familien sind auch zu
arm, um ihre Kinder in die Schule zu schicken. Schul-
geld und Schulmaterial sind für ihre Eltern oft unbezahl-
bar. Damit beginnt ein Teufelskreis: Ohne schulische
und berufliche Ausbildung bekommen sie später auch
keine bessere Arbeit. Sie bleiben arm und können oft
auch ihren Kindern kein besseres Leben ermöglichen.
Für Mädchen gilt dies besonders. Sie bleiben ohne Bil-
dung, werden oft früh verheiratet und können auch ihren
Kindern nur wenig Wissen weitergeben.

Um die Armut als wesentliche Ursache für Kinderar-
beit wirksam und nachhaltig zu bekämpfen, muss vor al-
lem die wirtschaftliche Situation der Familien verbessert
werden. Dazu gehört es, dass soziale Grunddienste wie
Bildung und Gesundheitsversorgung auch die ärmsten
Familien erreichen. Dem Auf- und Ausbau von Systemen
der sozialen Sicherung – vor allem im Gesundheitsbe-
reich – kommt dabei besondere Bedeutung zu. Denn nach
wie vor ist Krankheit das größte Verarmungsrisiko. Jahr
für Jahr sind rund 150 Millionen Menschen ruinierenden
Gesundheitsausgaben ausgesetzt, und 100 Millionen
Menschen fallen unter die Armutsgrenze alleine deswe-
gen, weil sie Krankheitsbehandlungen direkt aus eigener
Tasche zahlen müssen. Ziel sozialer Sicherungssysteme
muss es daher sein, dieses Armutsrisiko zu beseitigen
und eine Mindestversorgung mit Medikamenten und Ge-
sundheitsdienstleistungen diskriminierungsfrei für alle
zu garantieren. Die ILO-Initiative eines Social-Protec-
tion-Floors und das Konzept der Weltgesundheitsorgani-
sation, WHO, für eine universelle Absicherung im
Krankheitsfall bieten dafür die systematische Grundlage.
Der Social-Protection-Floor ist zudem der zentrale An-
satz zur Bekämpfung von Armut und Kinderarbeit, da er
nicht nur die Gesundheitsversorgung sicherstellt, son-
dern auch staatliche Transferleistungen für Kinder ga-
rantiert und so Kinderarbeit direkt verhindert.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert daher die Bun-
desregierung auf, die Partnerländer multi- und bilateral
beim Aufbau solidarisch finanzierter Systeme der sozia-
len Sicherung aktiv zu unterstützen. Außerdem fordern
wir, dass das Verbot und die Abschaffung von Kinderar-
beit bei allen EU-Handelsabkommen verpflichtend ver-
einbart wird. Sollte ein Land diese Verpflichtung nicht
eingehen wollen, darf es kein Handelsabkommen geben.
Die Bundesregierung hat deshalb im Rat und gegenüber
der Kommission dafür Sorge zu tragen, dass dieser
Grundsatz in der europäischen Handelspolitik verankert
wird. Das Gleiche gilt für die Gewährung von Zollpräfe-
renzen.

Ich erwarte daher ganz konkret von der Bundesregie-
rung, dass sie gemeinsam mit der EU-Kommission im
Rahmen der laufenden Verhandlungen über ein Han-
delsabkommen mit Indien auf die Einhaltung internatio-
nal verbindlicher Sozialstandards – vor allem das Ver-



gegebene Reden

Karin Roth (Esslingen)



(A) (C)



(D)(B)

bot von Kinderarbeit – besteht. Dass dies möglich ist,
zeigen das in Kraft getretene Handelsabkommen mit
Südkorea und die ausverhandelten Handelsabkommen
mit Kolumbien und Peru. Und ich sage es ganz deutlich:
Die Kinderrechte, die in indischen Steinbrüchen Tag für
Tag mit Füßen getreten werden, sind nicht verhandelbar
und dürfen keinesfalls wirtschaftlichen Profitinteressen
untergeordnete werden. Aber es ist nicht nur die Auf-
gabe der Politik, der Ausbeutung von Kindern entgegen-
zuwirken. Auch Unternehmen und Konsumenten können
ihren Teil dazu beitragen, Kinderarbeit zu bekämpfen.
Die neuen Leitsätze der OECD für multinationale Un-
ternehmen bieten dafür einen international anerkannten
Handlungsrahmen und beschreiben die Sorgfaltspflicht
der Unternehmen für die eigenen Beschäftigten und die
Beschäftigten in den Zulieferfirmen. Danach sind sie
verpflichtet, „ zur wirksamen Abschaffung der Kinder-
arbeit beitragen und unverzügliche und wirksame Maß-
nahmen zur Gewährleistung des Verbots und der Besei-
tigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu
ergreifen.“

Ich erwarte von den Unternehmen, dass sie sich an
die OECD-Vorgaben halten und darüber hinaus in
Selbstverpflichtungen ein klares Bekenntnis gegen Kin-
derarbeit abgeben. Konkret bedeutet dies: International
tätige Unternehmen legen in ihren Verträgen mit Produ-
zenten und Zulieferern einen Verhaltenskodex, mit dem
Kinderarbeit ausgeschlossen wird, zugrunde. Die Ein-
haltung des Kodex muss jedoch auch überprüft werden.
Auch beim Einkauf von Gütern und Dienstleistungen
muss darauf geachtet werden, dass die Zulieferer die
Rechte der Kinder respektieren und Schutzmaßnahmen
gegen Ausbeutung ergreifen. Ziel ist ein verbindliches
Zertifizierungssystem entlang der gesamten Produk-
tions- und Lieferkette. Damit schaffen wir Transparenz
über Herstellung der Waren und Dienstleistungen. Dies
ist ein zentraler Schlüssel für die Sicherung fairer Ar-
beitsbedingungen und eine Voraussetzung für die Be-
kämpfung der weltweiten Kinderarbeit.

Besonders begrüße ich in diesem Zusammenhang die
aktuellen Initiativen der Gewerkschaft Bauen-Agrar-
Umwelt, IG BAU, und Erziehung und Wissenschaft,
GEW. Die IG BAU macht deutlich, dass in vielen – ins-
besondere indischen – Steinbrüchen Kinder unter skla-
venähnlichen Zuständen ausgebeutet werden. Die dort
hergestellten Natursteine werden anschließend auf deut-
schen Baustellen verarbeitet. Deshalb fordert die
IG BAU, beim Kauf von Natursteinen stärker auf die
Herkunft der Materialien zu achten. Die Gewerkschaft
fordert ein unabhängiges Gütesiegel, mit dem die Kom-
munen bei der Auftragsvergabe auf Nummer sicher ge-
hen können. Die GEW hat die Stiftung Fair Childhood
ins Leben gerufen und will so dem Verbot von Kinderar-
beit Geltung verschaffen. Neben der Bildungsarbeit in
Deutschland in Schulen und anderen Bildungseinrich-
tungen sollen in den Ländern des Südens Projekte ini-
tiiert und gefördert werden, die zur Befreiung von Kin-
derarbeitern und zu deren Schulbildung führen.

Dies zeigt: Die Bekämpfung der Kinderarbeit können
wir nur gemeinsam schaffen. Politik, Wirtschaft, öffent-
liche Hand und die Verbraucherinnen und Verbraucher
Zu Protokoll
haben es in der Hand, und alle zusammen tragen Verant-
wortung. 215 Millionen Kinder, die teilweise unter men-
schenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen, damit
sie und ihre Familien überleben können, haben ein
Recht darauf, dass wir unsere Verantwortung endlich
wahrnehmen.


Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP):
Rede ID: ID1713331200

Im September hat die vietnamesische Polizei bei einer

Razzia in einer Bekleidungsfirma 23 Kinder und junge
Erwachsene, die dort als Arbeitssklaven festgehalten
wurden, befreit. Die Opfer sind zwischen 10 und
21 Jahre alt. Der zwölfjährige Trang, einer der befreiten
Arbeitssklaven, sagte, er sei aus einem kleinen Dorf mit
35 Haushalten nach Saigon gebracht worden, wo er
Stoffe zuschneiden musste und regelmäßig geschlagen
wurde. Wie viele Stunden er täglich arbeiten musste,
wusste er nicht: Er kann die Uhr nicht lesen.

Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt, dass
weltweit 215 Millionen Kinder ähnliche Schicksale er-
leiden müssen wie Trang. 115 Millionen von ihnen sollen
gezwungen sein, einer gefährlichen oder einer ihre Ent-
wicklung behindernden Arbeit nachzugehen. 5,7 Millio-
nen Kinder müssen moderne Formen von Zwangsarbeit
leisten oder befinden sich aufgrund von Schuldknecht-
schaft in einer modernen Form von Sklaverei, um die
Schulden ihrer Eltern abzuarbeiten. Vor allem Subsa-
hara-Afrika ist von Kinderarbeit betroffen – dort muss
jedes dritte Kind arbeiten.

Diese Zahlen können für einen deutschen Politiker
nicht hinnehmbar sein. Die Frage ist allerdings, welche
Maßnahmen gegen die Kinderarbeit helfen. Schnell
kann das Verbot von Produkten gefordert werden, die
mit den Händen von Kindern hergestellt werden. Man
könnte meinen, damit löse sich das Problem, da nun kei-
ner in Deutschland die Produkte abnehmen kann. So
einfach ist es jedoch nicht. Der kleine Trang wurde von
seinen Eltern verkauft. Man hatte ihnen versprochen,
dass ihre Kinder gut bezahlte, angenehme Arbeit bekom-
men. Erst nachdem sie fast kein Geld erhalten hatten,
haben sich die Eltern an die Behörden gewendet.

Ausbeuterische Kinderarbeit wird in erster Linie
durch die soziale und wirtschaftliche Situation in den
Herkunfts- und Produktionsländern hervorgerufen. Hier
müssen wir ansetzen. Und genau das tun wir: Die Ko-
alition hat sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet,
Kinderarbeit zu ächten und international zu verbieten.
Wir haben die Übereinkommen 138 und 182 der Interna-
tionalen Arbeitsorganisation dazu unterschreiben. Im
März letzten Jahres wurde ein Antrag der Koalitions-
fraktionen mit dem Titel „Menschenrechte weltweit
schützen“ verabschiedet. Darin wurde das Thema be-
handelt. Die Bundesregierung setzt den Antrag um, in-
dem sie die Ursachen der Kinderarbeit, die vor allem in
der Armut der Eltern begründet liegen, entschieden be-
kämpft.

Doch wir sollten nicht glauben, dass wir Länder von
außen entwickeln können. In China ändert sich nichts,
weil wir hier etwas verbieten. Aber wenn wir von Staa-
ten eine gute Regierungsführung einfordern, ihnen bei



gegebene Reden

Dr. Christiane Ratjen-Damerau


(A) (C)



(D)(B)

der Erneuerung von staatlichen Strukturen helfen und
nicht zuletzt die Kinder unterstützen, indem wir einen
noch stärkeren Fokus auf Bildung und Gesundheit le-
gen, dann können wir etwas bewirken – kurz- und lang-
fristig.

Es wäre jedoch zu einfach, zu sagen, dass wir hier
gar nichts tun könnten. In den vergangenen Jahren sind
durch Natursteinimporteure, Agenturen und Organisa-
tionen eine Vielzahl von Initiativen entwickelt worden,
die das Thema der Zertifizierung und Standardentwick-
lung für den Natursteinsektor angehen. Öffentliche Auf-
traggeber haben schon heute das Recht, in Ausschrei-
bungen festzulegen, dass eine Ware nachweisbar nicht
durch Kinderarbeit hergestellt wurde.

Wir müssen das Problem an den Wurzeln anfassen.
Die Lebensbedingungen in den betroffenen Ländern
müssen sich verbessern und die Menschenrechte für je-
dermann anerkannt werden. Im Fall Trang wurden Kin-
der und junge Erwachsene durch die lokalen Behörden
befreit. Dass diese in Vietnam sehr hart gegen Kinder-
handel und -arbeit kämpfen, ist eine gute Nachricht.
Jetzt muss dort noch die Gesetzgebung insgesamt refor-
miert werden. Dabei kann die Bundesrepublik helfen.

Der vorliegende Antrag dient lediglich dem guten
Gewissen der Konsumenten. Das Bundeministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und
die Regierungskoalition im Bundestag hingehen arbei-
ten intensiv und konsequent daran, die weltweite aus-
beuterische Kinderarbeit zurückzudrängen – durch die
Förderung sozialer, wirtschaftlicher und rechtsstaatli-
cher Strukturen. Daher kann die FDP den vorliegenden
Antrag nicht unterstützen.


Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713331300

Es ist gut, wenn die verheerenden Auswirkungen und

Ursachen von Kinderarbeit ins öffentliche Bewusstsein
gerückt werden, auch diese Debatte leistet ihren Beitrag
dazu. Der Antrag meiner Fraktion, über den wir heute
diskutieren, beinhaltet aber keinen allgemeinen Plan zur
weltweiten Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit,
wie es ihm einige Redebeiträge bei der ersten Lesung
abverlangten. Selbstverständlich gehört zu einer sol-
chen Strategie die Bereitstellung kostenfreier Bildung in
allen Weltregionen, und selbstverständlich lässt sich
ausbeuterische Kinderarbeit nur beseitigen durch einen
konsequenten Kampf gegen die Ursachen von Armut –
nicht im Kampf gegen die Armen, wie er der derzeit bei-
spielsweise von der Europäischen Union an den Außen-
grenzen geführt wird.

Das Anliegen unseres Antrages ist, wie gesagt, keine
umfassende Strategie gegen ausbeuterische Kinderarbeit –
so notwendig und dringend diese auch ist. Es geht um ei-
nen konkreten, praktischen Schritt auf dem Weg dorthin.
Von einer Bundesregierung, die, wie ihre Vorgängerre-
gierungen, nicht den politischen Willen aufbringt, die zu-
gesagten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die
Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, und die auch
einen erheblichen Teil der eigenen Kinder und Jugendli-
chen zu Armut und Perspektivlosigkeit verdammt, sind
Zu Protokoll
allerdings keine umfassenden oder gar tragfähigen Kon-
zepte in diese Richtung zu erwarten.

Deswegen will ich zum konkreten Anlass für unseren
Antrag kommen: In den letzten Jahren gab es in ver-
schiedenen Kommunen und im Saarland Initiativen, um
gegen die Verwendung von Grabsteinen vorzugehen, die
durch ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden.
Durch Regelungen in den Friedhofssatzungen wollten
Kommunen die Aufstellung von Grabsteinen verbieten,
bei denen kein Nachweis dafür vorliegt, dass alle
Schritte der Wertschöpfung ohne ausbeuterische Kin-
derarbeit erbracht wurden. Eine solche Regelung wird
auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Hu-
man Rights Watch oder Terre des Hommes Deutschland
gefordert. Die kommunalen Beschlüsse wurden aller-
dings sowohl vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-
Pfalz wie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf-
gehoben. Der bayerische Fall wurde auch vom Bundes-
verwaltungsgericht bestätigt. Das Bundesverwaltungs-
gericht geht davon aus, dass die Kommunen in diesem
Punkt über keine Gesetzgebungskompetenz verfügen.
Die Gerichte sind der Ansicht, dass hier Fragen des Wa-
renverkehrs mit dem Ausland berührt werden. Hierfür
weist das Grundgesetz dem Bund die alleinige gesetzge-
berische Kompetenz zu.

Es geht bei einem solchen Importverbot um die kon-
sequente Umsetzung des Übereinkommens 182 der In-
ternational Labour Organization, ILO, in dem notwen-
dige Maßnahmen zur Abschaffung von ausbeuterischer
Kinderarbeit vereinbart sind. Ein Bundesgesetz, das
Einfuhr, Handel und Verwendung von Steinprodukten
aus ausbeuterischer Kinderarbeit verbietet, wäre ein
wichtiger Schritt zu ihrer Ächtung im Sinne der benann-
ten ILO-Konvention. Außerdem würde es die kommuna-
len und zivilgesellschaftlichen Initiativen stärken, die
eine solche Ächtung anstreben, denen aber die Rege-
lungskompetenz hierfür fehlt. Es wäre auch ein erster
Schritt, um im Rahmen der Europäischen Union ein sol-
ches Verbot anzustoßen.

Die Bundesregierung hat erklärt, dass keine rechtli-
chen Möglichkeiten vorlägen, um ein Importverbot für
solche Produkte zu erwirken, weder im Rahmen der EU,
noch auf Ebene der WTO. Union und FDP setzen statt-
dessen einseitig und blauäugig auf die gesellschaftliche
Selbstverantwortung von Unternehmen und sogenannte
positive Handelsanreize, bei denen Zollvergünstigungen
auf Produkte gewährt werden, die nachweislich ohne
ausbeuterische Kinderarbeit erzeugt worden sind. Die
staatlichen Möglichkeiten zur konsequenten Regulie-
rung fallen dabei unter den Tisch. Solche Maßnahmen
würden sich auch gegen die Profitinteressen großer Un-
ternehmen richten, die von „günstigen Produktionsbe-
dingungen“ der Kinderarbeit ebenso profitieren wie die
Endverbraucher in den Industriestaaten.

Die Würde großer Unternehmen und des uneinge-
schränkten freien Handels wiegen für die Bundesregie-
rung offenbar schwerer als die „unteilbaren und univer-
sellen Werte der Würde des Menschen“, wie sie in der
Grundrechtecharta der Europäischen Union festgehal-
ten sind und die auch ein Verbot von Kinderarbeit be-



gegebene Reden

Harald Weinberg


(A) (C)



(D)(B)

inhalten. Wer in der Grundrechtecharta und nicht im
Ideal liberalisierter Märkte den geeigneten politischen
Kompass für den Kampf gegen Kinderarbeit sieht, sollte
für diesen Antrag stimmen.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713331400

Es sind unvorstellbare Zahlen: Etwa 250 Millionen

Kinder zwischen 5 und 14 Jahren sind weltweit als
„Kinderarbeiter“ tätig. Und diese Zahl steigt erneut.
Viele von ihnen leben und arbeiten unter unwürdigen,
sklavenähnlichen Bedingungen und sind hemmungslo-
ser Ausbeutung ausgesetzt. Bei diesen Kindern zeichnet
sich unweigerlich ab, dass sie nie lesen oder schreiben
lernen werden und keine Zeit zum Spielen und zur per-
sönlichen Entwicklung haben. Ihre grundlegenden Be-
dürfnisse und Menschenrechte werden von klein auf mit
Füßen getreten.

Die Versklavung und Ausbeutung von Kindern, von
jungen Menschen, die sich kaum wehren können, ist eine
besonders abstoßende Form von Menschenrechtsverlet-
zungen. Es muss ein zentrales Ziel unserer Politik sein,
ausbeuterische Kinderarbeit zu bekämpfen!

Daher teilen wir die Auffassung der Linken: Es muss
etwas unternommen werden, damit in Zukunft keinerlei
Handel mit Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit
stattfindet. Ganz so einfach, wie es sich die Linke vor-
stellt, ist es jedoch nicht. Die erste Forderung des Antra-
ges überrascht, da sie doch recht unrealistisch und un-
überlegt ist. Hat die Linke nicht mitbekommen, dass die
Handelspolitik vergemeinschaftet wurde? Handelsver-
bote können nicht von der Bundesregierung erlassen,
sondern nur über die EU oder gar die WTO durchgesetzt
werden!

Es mag berechtigte Kritik an der Politik dieser beiden
Institutionen geben – solange diese jedoch in ihrer heu-
tigen Form bestehen, müssen wir einen Prozess bei der
EU bzw. der WTO anstoßen, um etwas zu erreichen. Da-
rüber hinaus ist ein Handelsverbot in diesem Fall rein
praktisch bei Weitem nicht so leicht umsetzbar wie im
Fall von Handelsverboten bei anderen Produkten. Die
Kontrolle ist nicht so leicht wie bei seltenen Tieren, El-
fenbein oder dem Handel von leicht nachweisbaren Gift-
stoffen.

Ein internationales Handelsverbot ist daher schlicht
ein sehr umständlicher und langsamer Weg, auch wenn
dieser so verlockend entschlussfreudig erscheinen mag.
Wenn ich den Antrag lese, dann zweifle ich an der Be-
reitschaft der Linken, sich ausreichend mit dem komple-
xen Thema der Kinderarbeit auseinanderzusetzen.

Dringend muss sich die Bundesregierung verstärkt
dafür einsetzen, dass der ausbeuterischen Kinderarbeit
weltweit ein Ende gesetzt wird. Ein unreflektiertes „Wei-
ter so, alles ist auf dem rechten Wege“, wie es seit die-
sem Frühjahr auf mehrfache Nachfrage von der Bundes-
regierung zu hören war, ist nicht akzeptabel. Wir
brauchen Konzepte, die sofort beginnen, ihre Wirkung
zu entfalten. Die ausgebeuteten Kinder brauchen jetzt
unsere Unterstützung!
Zu Protokoll
Häufig wird auf die rund 174 Staaten verwiesen, wel-
che bereits das ILO-Übereinkommen gegen die
schlimmsten Formen der Kinderarbeit unterzeichnet ha-
ben. Das ist ein wichtiger Impuls. Beschlüsse wie die
ILO-Norm 182 stellen jedoch nur einen ersten Schritt im
Kampf gegen die ausbeuterische Kinderarbeit dar. Denn
das Abkommen muss auch umgesetzt werden, und das
muss in erster Linie in den betroffenen Ländern und Re-
gionen erfolgen. Ich will mich dafür einsetzen, dass wir
im Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit ernsthaft
vorankommen, und dafür brauchen wir konkrete Maß-
nahmen, die an der Situation der Kinder etwas ändern,
das Problem also an der Wurzel packen.

In nahezu allen Fällen ist Armut die tieferliegende
Ursache für die Ausbeutung von Kindern. Armut können
wir jedoch nicht verbieten. Nur mit guter Entwicklungs-
zusammenarbeit können wir sowohl das Symptom der
ausbeuterischen Kinderarbeit lindern als auch die da-
hinter stehende Armut bekämpfen. Soziale Absicherung
ist hierbei ein Schlüsselfaktor. Das Überleben der Fami-
lien darf nicht von der Arbeit der Kinder abhängen,
auch nicht, wenn die Eltern arbeitslos oder krank sind
oder schlicht nicht genug einnehmen. Wir müssen aktiv
den Aufbau von Systemen der sozialen Sicherung in Ent-
wicklungs- und Schwellenländern vorantreiben.

Hier in Deutschland kann und muss die Bundesregie-
rung über die Beschaffung Verantwortung übernehmen.
Indem nicht nur Produkte aus ausbeuterischer Kinder-
arbeit vom Import ausgeschlossen werden, sondern
auch alle weiteren ILO-Kernarbeitsnormen generell im
Einkauf berücksichtigt werden müssen, kann die Bun-
desregierung unmittelbar handeln. Ein solcher Schritt,
mit dessen Umsetzung die Bundesregierung prompt und
nahezu eigenständig beginnen kann, führt implizit und
auf eine praktikable Weise auch unmittelbar zu faireren
Außenhandelsbeziehungen.

Zudem ist die Bundesregierung in der Position, Ge-
setze zu erlassen, welche innerhalb Deutschlands deut-
lich machen, wie Länder und Kommunen gegen die welt-
weite Armut und die daraus resultierende Kinderarbeit
vorgehen können. Indem die Bundesregierung Länder
und Kommunen jedoch im Unklaren lässt, unterbindet
sie, anscheinend bewusst, sinnvolle Beiträge von aktiven
Gruppen und Initiativen.

Die Bayerischen Verfassungsrichter haben das in
dieser Woche sehr deutlich gemacht: Sie haben klar fest-
gestellt, dass es unsere Verfassung gebietet, aktiv gegen
die schlimmsten Formen der Kinderarbeit vorzugehen
und dass verwaltungstechnische Vorbehalte diesem Ziel
untergeordnet sind. Zuvor hatte das oberste Verwal-
tungsgericht wegen einer unklaren Gesetzeslage einer
Nürnberger Gemeinde untersagt, nur Grabsteine aufzu-
stellen, die nachweislich frei von ausbeuterischer Kin-
derarbeit sind. Diese Unklarheit ist nun ausgeräumt,
und auch die Bundesregierung muss dieser Vorgabe
endlich folgen!

Auch unsere deutschen transnationalen Unternehmen
müssen künftig mehr Verantwortung übernehmen. Die
OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen wur-
den erst im Frühsommer 2011 in überarbeiteter Form



gegebene Reden





Uwe Kekeritz


(A) (C)neu vorgestellt. Das Problem ist die Umsetzung: Sank-

tionen für Unternehmen, die die Leitsätze verletzen, gibt
es überhaupt nicht. Das einzige Mittel ist, Menschen-
rechtsverletzungen öffentlich anzuprangern. Doch da-
ran zeigt die Bundesregierung kein Interesse.

Die Staaten sind verpflichtet, eine sogenannte „Na-
tionale Kontaktstelle“ einzurichten, die die Verbreitung
und Umsetzung der Leitsätze fördert und Beschwerden
entgegennimmt. Im Konfliktfall soll sie vermitteln und
eine Lösung finden. Leider ist die deutsche Kontaktstelle
wenig konstruktiv. Sie ist im Bundeswirtschaftsministe-
rium in der Abteilung für Auslandsinvestitionen ange-
siedelt. Ein Interessenkonflikt ist damit vorprogram-
miert. Leider will die Bundesregierung diesen
Widerspruch nicht erkennen. Ohne politischen Willen
sind die Leitsätze nicht das Papier wert, auf dem sie ste-
hen.

Wir Grüne fordern auch hier klare Regelungen:
Transnationale Unternehmen müssen über die Auswir-
kungen ihrer Tätigkeiten auf die Menschenrechtssitua-
tion zunächst verpflichtend Bericht erstatten. Es muss
Transparenz über die Folgen des weltweiten unterneh-
merischen Handelns geschaffen werden. Sollten Unter-
nehmen Menschenrechte, Arbeits- und Umweltstandards
nicht einhalten, sollte unser wirtschaftlicher Erfolg
durch die Arbeit von Kindern erwirtschaftet werden,
muss dies öffentlich gemacht werden, und Unternehmen
müssen von jeglicher öffentlicher Förderung, ebenso
wie von öffentlichen Aufträgen, ausgeschlossen werden.

All das sind klare Konzepte, die weit über bloße Han-
delsverbote hinausgehen. Wir müssen das Thema Kin-
derarbeit umfassend angehen, und wir können morgen
damit beginnen. Die Bundesregierung muss endlich Ver-
antwortung übernehmen. Die Selbstgefälligkeit, mit der
Schwarz-Gelb die vielen Probleme abtut und Lösungen
konstant verweigert, muss endlich ein Ende haben.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713331500

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache
17/7150, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 17/5803 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men der beiden Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Linken bei Enthaltung von SPD und Grünen ange-
nommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 21. Oktober 2011,
9 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen noch einen freundlichen Abend
und eine gute Nachtruhe.

Die Sitzung ist geschlossen.