Gesamtes Protokol
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist er-öffnet.Die Fraktion der FDP hat mitgeteilt, dass die KolleginChristine Aschenberg-Dugnus als Schriftführerin aus-scheidet. Als Nachfolgerin wird die Kollegin ClaudiaBögel vorgeschlagen. Seitens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden drei neue Schriftführerinnen undSchriftführer benannt. Die Kollegin Daniela Wagner so-wie die Kollegen Uwe Kekeritz und Sven-ChristianKindler haben ihr Amt aufgegeben. Ihnen sollen dieKollegin Viola von Cramon-Taubadel sowie die Kolle-gen Harald Ebner und Tobias Lindner nachfolgen.Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe keinen Wider-spruch. Dann sind die genannten Kolleginnen und Kolle-gen hiermit Schriftführerinnen und Schriftführer in unse-rem Parlament.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 1 a bis h auf:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Geset-zes zur Änderung des Atomgesetzes– Drucksache 17/6246 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
InnenausschussRedetRechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieHaushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GOb) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-gelung des Rechtsrahmens für die Förderungder Stromerzeugung aus erneuerbaren Ener-gien– Drucksache 17/6247 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
InnenausschussRechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutz
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-gelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschrif-ten– Drucksache 17/6248 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
InnenausschussFinanzausschussAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Uniond) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maß-nahmen zur Beschleunigung des NetzausbausElektrizitätsnetze– Drucksache 17/6249 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
extFinanzausschussAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GOe) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur steuerli-chen Förderung von energetischen Sanierungs-maßnahmen an Wohngebäuden– Drucksache 17/6251 –Überweisungsvorschlag:chuss
für Wirtschaft und Technologie für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheitusschuss mitberatend und gemäß § 96 GOFinanzaussAusschussAusschussAusschussHaushaltsa
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13300 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
Vizepräsident Eduard Oswald
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f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung des Gesetzes zur Errichtung eines Son-dervermögens „Energie- und Klimafonds“
– Drucksache 17/6252 –Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungg) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stär-kung der klimagerechten Entwicklung in denStädten und Gemeinden– Drucksache 17/6253 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
InnenausschussRechtsausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheith) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zurÄnderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften– Drucksache 17/6254 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Auswärtiger AusschussInnenausschussRechtsausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieVerteidigungsausschussAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für TourismusHaushaltsausschussEine Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt istnicht vorgesehen. Wir kommen daher gleich zu denÜberweisungen. Interfraktionell wird Überweisung derGesetzentwürfe, die ich jetzt nicht eigens vorlese, aufden Drucksachen 17/6246, 17/6247, 17/6248, 17/6249,17/6251, 17/6252 , 17/6253 und 17/6254 an die inder Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-gen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das istnicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-schlossen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Ergebnisse der deutsch-chi-nesischen Regierungskonsultationen.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat der Bundesminister des Auswärtigen, Herr Dr. GuidoWesterwelle. – Bitte schön.wDbdgfeadDlifrDzasFndmncsssvgbtutejetragdimnIndEUrimgnöemsdlisWvru
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13301
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Westen keine derartige Prominenz besitzen. Auch siesind Teil unseres Menschenrechtsengagements. Dasheißt: Wir wollen nicht nur auf die schauen, die derzeitim Westen einen großen Namen haben, für die es Aus-stellungen, Sympathie- und Solidaritätsbekundungengibt und bei denen sich Abgeordnete – oftmals aufgrundeigener persönlicher Beziehungen – einbringen. Daherhaben wir selbstverständlich auch diesmal wieder eineListe übergeben – wie es frühere Bundesregierungen be-reits getan haben –, um ganz konkret Menschen in ihrerNot zu helfen und ihr Schicksal nicht zu vergessen.Wir haben uns ausdrücklich nicht nur über die Frageder wirtschaftlichen Beziehungen ausgetauscht, sondernauch über die ganze Palette der anderen Fragen zumThema Menschenrechte und zum Rechtsstaatsdialog.Wir haben auch ein intensives Gespräch über die Tibet-Frage und die Haltung zum Dalai-Lama geführt. Ichhabe für die Bundesregierung – ebenso wie die Bundes-kanzlerin – die Erwartung deutlich gemacht, dass die an-haltend schwierige Menschenrechtslage unsere bilatera-len Beziehungen nicht belasten darf, sondern dass das ineinem Zusammenhang gesehen wird.Allerdings möchte ich hinzufügen: Ich bin unverän-dert der Überzeugung, dass das Prinzip „Wandel auchdurch Handel“ ausdrückt, worauf es wirklich ankommt.Wer nur die wirtschaftlichen Beziehungen sieht undmeint, das habe mit der Gesellschaft nichts zu tun, wernur die ökonomische Seite betrachtet und dabei die Seiteder Werte und der Bürgerrechte gewissermaßen auf eineganz andere Ebene stellt, der wird meiner Einschätzungnach der Komplexität der Entwicklung nicht gerecht. Esgeht darum, dass wir auch durch wirtschaftlichen Aus-tausch gesellschaftlichen Fortschritt bewegen wollen.Wir haben in unserer eigenen Geschichte selbst die Er-fahrung gemacht, dass dieses Prinzip positiv wirkenkann.Wir haben insgesamt 19 konkrete Vereinbarungen ge-troffen, die ich wiederum – Herr Präsident, mit Ihrer Er-laubnis – hier nicht alle einzeln aufführen möchte, es seidenn, sie würden von Ihnen einzeln nachgefragt. Dabeiging es nicht nur um Themen wie E-Mobilität oder umWirtschaftsentwicklungen, sondern es ging zum Beispielauch um die Entscheidung, in Shenyang ein weiteres Ge-neralkonsulat zu eröffnen. Das sind ganz handfeste Fra-gen. Diejenigen, die als Experten in diesem Bereich tätigsind, wissen: Bis hin zum Visa-Dialog stehen eineMenge Fragen nicht nur hinsichtlich unserer Wissen-schafts-, sondern auch unserer Wirtschaftsbeziehungenauf der Tagesordnung.Herausstreichen möchte ich die Vereinbarungen zurHochschulzusammenarbeit und zur Kooperation bei derBerufsausbildung. Das tue ich nicht deswegen, weil HerrKollege Burgbacher neben mir sitzt, sondern weil wirauf unseren Reisen – zum Beispiel nach China oder inandere Länder – merken, welch hohe Wertschätzung dasPrinzip unserer beruflichen Bildung genießt. Das ist aus-drücklich auch bei unseren chinesischen Partnern derFall. Es gibt auf beiden Seiten ein reges Interesse daran,sich auszutauschen.te2wreetehrepuLAubsddwswSalamtiMüAesAvkDichgsateRingnedndd
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13302 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
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hat, zu stellen. Erste Fragestellerin ist Frau Kollegin vonCramon-Taubadel. Bitte schön, Frau Kollegin.
Vielen Dank, Herr Minister. – Sie haben die globaleBedeutung Chinas in der Welt betont. Sie haben auch be-tont, mit welcher Delegation die Chinesen hier angereistsind. Sie haben die Bedeutung der Beziehungen mit ei-nem Kommuniqué unterstrichen. Ich denke, das findetunsere volle Zustimmung.Wir wissen, dass die Chinesen im Vorfeld dieses Be-suches unter anderem ein Weißbuch für die bilateraleZusammenarbeit mit Deutschland verfasst haben, das re-lativ detailliert auf die Zusammenarbeit eingeht. Wir da-gegen haben mit Amtseinführung von Minister Niebelden genau gegensätzlichen Effekt erlebt: Seine erste An-kündigung war, die Mittel für die bilaterale Zusammen-arbeit zusammenzustreichen, unter anderem die Mittelfür den von Ihnen erwähnten Rechtsstaatsdialog mit denChinesen, der seit über zehn Jahren läuft und, wie wirwissen, sehr erfolgreich abgehalten wird. All das solljetzt eingestellt werden.Was ist dazu in den Gesprächen mit den Chinesenverabredet worden? Sie haben unter anderem gesagt undgeschrieben, dass es eine neue Koordinationsstelle ge-ben soll. Wo soll sie eingerichtet werden? Wie soll siepersonell ausgestattet werden? Vielleicht können Sie dasetwas genauer ausführen.
Vielen Dank. – Herr Bundesminister.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Frau Kollegin, ich bitte zunächst einmal um Verständ-
nis dafür, dass ich einzelne Fragen zum Finanzrahmen,
zum Beispiel die Frage, wie einzelne Stellen, die sich
mit der Zusammenarbeit befassen, ausgestattet worden
sind, als Bundesminister jetzt hier nur schwer beantwor-
ten kann. Ich bin natürlich bereit, Ihnen jede Zahl, die
wir in der Haushaltsplanung schon kennen, zu übermit-
teln; aber Sie wissen, dass die Haushaltsplanungen der-
zeit stattfinden. Deswegen ist es für mich als Minister
derzeit nicht möglich, zu sagen, wie die Situation kon-
kret aussieht.
Wir sind gerade dabei, den Haushalt aufzustellen.
Wenn Sie den Haushalt im Hohen Hause beschlossen ha-
ben, dann sind wir in der Lage, Ihnen zu sagen, wie die
von Ihnen uns zur Verfügung gestellten Mittel konkret
eingesetzt werden; umgekehrt geht es nicht. Ansonsten
müsste ich darauf verweisen, was im Antrag der Bundes-
regierung vorgeschlagen wird. Sie wissen, dass wir uns
derzeit in den Beratungen befinden. Das zu der Frage
nach den konkreten Zahlen.
Frau Kollegin, ich teile Ihre Auffassung nicht, dass
beispielsweise der Rechtsstaatsdialog eingeschränkt
worden ist.
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das nachlesen – geäußert. Könnten Sie bitte etwas zu dengroßen Chancen, die sich gerade aus der Dynamik derBeziehung ergeben, im Vergleich zu möglichen Risikensagen?
Herr Bundesminister.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Ich werde versuchen, meine Antwort auf eine Minute
zu beschränken. – Zunächst einmal möchte ich Ihnen
ausdrücklich recht geben, dass die Diskussion, die wir in
den letzten drei Tagen in Deutschland erlebt haben – das
starke chinesische Wachstum und das internationale
Engagement Chinas wurden auf nationaler Ebene erst
einmal als Risiko betrachtet –, meines Erachtens in die
falsche Richtung geht.
Die Zusammenarbeit mit China ist eine enorme
Chance, nicht nur in Bezug auf globale Herausforderun-
gen, sondern auch für unsere wirtschaftlichen Beziehun-
gen. Wir erleben, dass in China ein Mittelstand mit meh-
reren Hundert Millionen Menschen entsteht. Es besteht
ein großes Interesse an deutschen Qualitätsprodukten.
Die wollen wir veräußern. Im Übrigen: Mit wachsender
Mittelschicht wachsen auch die Übersicht und die Inten-
sität von Bildung, und damit wiederum wächst das bür-
gerrechtliche Engagement. Beides gehört zusammen.
Vielen Dank. Sie haben gesehen, es hat keinen Ton
gegeben. – Nächster Fragesteller ist unser Kollege
Dr. Rolf Mützenich.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Mich erinnert das
akustische Signal an einen chinesischen Gong, aber ich
bezweifle, dass das möglicherweise mit der heutigen Be-
fragung zusammenhängt.
Auch wir sehen in den Regierungskonsultationen ein
bedeutendes Ereignis. Herr Bundesaußenminister, ich
würdige ausdrücklich, dass die Philosophie „Wandel
durch Annäherung“, die von Ihnen nicht neu erfunden
worden ist, durchaus Sinn macht. Ich erinnere aber auch
an die Fragen, die Sie damals in der Opposition gestellt
hatten. Auch wir hatten längere Diskussionen mit Vor-
gängerregierungen, wenn es um andere Länder gegan-
gen ist.
Meine konkrete Frage lautet: Ihr Kollege hat nicht nur
das Thema Marktzugang in einer Erklärung erörtert,
sondern insbesondere auch die Frage aufgeworfen, ob
Deutschland helfen könnte, das Waffenembargo abzu-
schwächen. Haben Sie diese Fragen aufgenommen? Ha-
ben Sie im Rahmen der Regierungskonsultationen dazu
eine neue Position entwickelt? Ich bitte Sie, dies dem
Parlament mitzuteilen.
Sie sprachen in diesem Zusammenhang Syrien an.
Das finde ich sehr wichtig. Mich würde aber auch inte-
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Monaten zum Teil gewalttätigen Auseinandersetzungenzwischen Nord- und Südkorea angeht, Teil meiner Ge-spräche und meiner Konsultationen in China selbst wa-ren. Ich habe Mitte bzw. Ende März – ich müsste das Da-tum nachsehen – in Peking mit Außenminister Yanggesprochen. Ich möchte noch einmal unterstreichen, dassich die sehr verantwortungsvolle Haltung Chinas, die da-durch zum Ausdruck kommt, dass China auf Deeskala-tion setzt und niemanden ermutigt, bei unterschiedlichenPositionen zu gewalttätigen Aktionen zu greifen, unter-stütze.Die Sechs-Parteien-Gespräche sind für uns entschei-dend. China wiederum ist innerhalb der Gespräche – dasist jedem hier klar – aufgrund seiner besonderen Nähe zuNordkorea – ich meine nicht nur die geografische Nähe –von allergrößter Bedeutung. Ich will nicht sagen, dass wiralles gutheißen, was zwischen China und Nordkoreastattfindet, aber ich möchte schon sagen: In den letztenMonaten hat sich China als ein konstruktiver und auch alsein sehr mäßigend wirkender Partner im Hinblick aufdiese Situation eingebracht. Ich habe das öffentlich undnicht nur in den Gesprächen gewürdigt.
Vielen Dank. – Nächste Fragestellerin ist unsere Kol-
legin Frau Kathrin Vogler.
Herr Minister, ich möchte den Blick auf einen ande-
ren Teil der Welt richten. China ist auch in Afrika ein
großer Player. Sie selbst haben die Bedeutung Chinas für
die Entwicklungszusammenarbeit angesprochen. Bei
meinem Besuch im Sudan im letzten Jahr konnte ich se-
hen, welche Rolle China dort spielt. Deshalb möchte ich
Sie fragen, ob Sie auch die aktuelle Entwicklung im Su-
dan besprochen haben. Die Unabhängigkeit des Südsu-
dans steht ja unmittelbar bevor. Diesbezüglich gibt es
aber immer noch offene und ungeklärte Fragen. Haben
Sie darüber und über die Möglichkeit eines positiven
Einwirkens auf die Konfliktparteien seitens der chinesi-
schen und der deutschen Regierung gesprochen?
Vielen Dank. – Herr Bundesminister.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Ein Land, eine Minute. – Ich kann Ihnen berichten,
dass wir über dieses Thema ausführlich gesprochen ha-
ben, auch vor dem Hintergrund, dass ich letzte Woche
meine Reisen in den Nordsudan, Südsudan und nach
Darfur beendet habe. Ich habe letzte Woche Khartoum,
Darfur und Juba besucht. Ich habe mich mit meinem chi-
nesischen Amtskollegen ausführlich über diese Frage
ausgetauscht. Denn China spielt hier, was viele in
Europa nicht wissen, eine ganz bedeutende Rolle; darauf
haben Sie bereits hingewiesen.
Ich bin der Überzeugung, dass wir alle unsere Kon-
zentration und Kräfte dafür nutzen sollten, den Nordsu-
dan davon zu überzeugen, dass die Präsenz der Vereinten
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Herr Minister, ich möchte noch einmal auf die Zu-
ammenarbeit im Finanzsektor zurückkommen. Am
0. März hat das BMF mit China einen Vertrag abge-
chlossen, in dem man sich auf eine Modernisierung des
hinesischen Finanzsektors verständigt hat. Man braucht
hina in der internationalen Zusammenarbeit bei der Re-
ulierung der Finanzmärkte als maßgeblichen Unterstüt-
er. Wie kann es dann sein, dass in dem Kommuniqué
m Ende der Beratungen genau dieses wichtige Trans-
rmprojekt gar nicht mehr erwähnt wird? Ist es im
inne der Bundesregierung, entsprechend Mittel einzu-
tellen, um an dieser Stelle im nächsten Jahr enger mit
hina zusammenzuarbeiten?
Vielen Dank. – Herr Bundesminister.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13305
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Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-wärtigen:Warum dieses Projekt, diese Zusammenarbeit in derAbschlusspresseerklärung nicht erwähnt worden ist,kann ich Ihnen als Außenminister nicht sagen. Ichmüsste zunächst einmal die entsprechenden Kollegen inder Bundesregierung, sprich die Kollegen aus dem BMF,konsultieren, die dieses vorbereitet haben. Ich bitte, mirzu erlauben, Ihnen die Antwort auf diese Frage nachzu-liefern. Ich weiß schlichtweg nicht, welchen Hintergrunddas hat.Sie wissen, dass wir diese Kooperation wollen. Siewissen auch, dass sie absolut notwendig ist. Ich habe inmeinem Eingangsstatement auf die Notwendigkeit die-ser Kooperation ausdrücklich hingewiesen. Warum dasjetzt in dieser Abschlusspresseerklärung nicht erwähntwird – sie umfasst, wenn ich es richtig im Kopf habe,neun Seiten –, kann ich Ihnen nicht beantworten. Damüsste ich erst bei den Kollegen im Finanzministeriumnachfragen.
Vielen herzlichen Dank. – Nächste Fragestellerin ist
unsere Kollegin Kerstin Müller.
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr Minister, ich habe eine Nachfrage zum Thema
Sudan. Parallel zu den Konsultationen hier hält sich
Staatschef Umar al-Baschir in China auf. Er wird mit in-
ternationalem Haftbefehl gesucht. Haben Sie auch ange-
sprochen, wie Deutschlands Position in dieser Frage ist?
Herr Bundesminister.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Frau Kollegin, selbstverständlich ist dies von mir an-
gesprochen worden. Es lag auch auf der Hand, dass es
angesprochen wird. Sie wissen, dass es die Position der
deutschen Bundesregierung ist, dass alles zu unterlassen
ist, was die Autorität des internationalen Rechts und des
Internationalen Strafgerichtshofs schmälern könnte.
Diese Position ist auch zum Ausdruck gebracht worden.
Vielen Dank. – Nächste Fragestellerin ist unsere Kol-
legin Marina Schuster.
Vielen Dank. – Herr Minister, der Menschenrechts-
beauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, war in
China und hat vor Ort mit Bloggern gesprochen. Auch
hat er Gespräche zum Thema „Abschaffung der Todes-
strafe“ geführt. Des Weiteren hat er im Rahmen der jetzi-
gen Konsultationen Gespräche geführt. Können Sie uns
sagen, was Bestandteil der Gespräche des Menschen-
rechtsbeauftragten war?
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Herr Minister, Deutschland hat angekündigt, sich da-
für einzusetzen, dass China von der Europäischen Union
der sogenannte Marktwirtschaftsstatus eingeräumt wird.
Wenn China dieser Status eingeräumt wird, bedeutet dies
praktisch, dass Dumpingverfahren im Hinblick auf chi-
nesische Produkte durch die Europäische Union massiv
erschwert werden. Dumping ist in der Regel mit massi-
ven Verletzungen sozialer und ökologischer Standards
verbunden und führt zu unlauterem Wettbewerb.
Die EU-Kommission berichtet seit vielen Jahren, dass
in China auch die chinesischen Gesetze auf breiter Front
nicht eingehalten werden. Sie vertritt deshalb die Auf-
fassung, dass man solche Dumpingverfahren braucht;
die letzten gab es in großem Umfang in der Schuhindus-
trie. Meine Frage in diesem Zusammenhang: Wieso ver-
tritt Deutschland hier eine gegenteilige Position zu den
Berichten der EU-Kommission? Wurden China in den
Verhandlungen entsprechende Zusagen und Versprechen
gegeben, dass sich Deutschland dafür in der Europäi-
schen Union einsetzt?
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Ja, wir setzen uns dafür ein, dass China der Markt-
wirtschaftsstatus gewährt wird, aber erst dann, wenn die
Kriterien erfüllt werden. So ist unsere Haltung. Des-
wegen kann ich hier keinen Gegensatz zwischen der
deutschen Politik und der Haltung der Europäischen
Kommission erkennen. Wir haben das immer klar kondi-
tioniert.
Sie haben auch etwas anderes angesprochen, nämlich
die Frage des Schutzes des geistigen Eigentums. Die
Bundesregierung – nicht nur die Justizministerin, son-
dern auch ich selbst – hat immer wieder zum Ausdruck
gebracht, dass dieses Thema für uns essenziell ist; übri-
gens ist es auch Teil des Rechtsstaatsdialogs. Einen Ge-
gensatz zwischen der Auffassung der EU und unserer
Haltung kann ich in der Frage des Marktwirtschaftssta-
tus nicht erkennen. Aber es ist richtig: Wir wollen, dass
China den Marktwirtschaftsstatus erhält, wenn die ob-
jektiven Kriterien dafür erfüllt sind. Dazu gehört auch
der Komplex, den Sie beschrieben haben.
Vielen Dank. – Nächste Fragestellerin ist unsere Kol-
legin Marieluise Beck.
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Herr Minister, Sie sagten, dass Sie mit Ihrem Kolle-
gen einen strategischen Dialog auf Außenministerebene
vereinbart haben. Nun gibt es ja in China das Prinzip der
Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Es wird
dort immer wieder sehr bemüht und tritt in Gegensatz zu
einem strategischen Dialog und zu Gemeinsamkeiten,
die auf Institutionen, denen man beigetreten ist und de-
ren Werte zu teilen sind, gründen. Ich denke, ein Lack-
mustest wird ganz konkret sein, wie offensiv sich die
deutsche Seite weiterhin im Hinblick auf die Freund-
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Ich wollte noch eine Frage bezüglich des Airbus-eals stellen. Es war ja geplant, zwei Airbus-Verträgeit den Chinesen abschließen zu lassen. Am Ende istur einer unterzeichnet worden. Womit genau hängt dasusammen? Ist die Bundesregierung bei dem einen un-rzeichneten Vertrag den Chinesen in puncto Klima-chutz – Stichwort: Minderung des Engagements für denlimaschutz – und in puncto Emissionshandel entgegen-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13307
Viola von Cramon-Taubadel
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gekommen? Vielleicht können Sie das noch ein bisschenerläutern.
Herr Bundesminister.
Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:
Es ist ein privatwirtschaftlicher Vertrag abgeschlos-
sen worden. Mit Vertrag vom 28. Juni 2011 wurden
88 Airbus-Flugzeuge gekauft oder geleast. Natürlich
wünscht sich der europäische Hersteller noch mehr; das
hat der Vertreter des Unternehmens bei dem Mittages-
sen, das gestern mit Repräsentanten der Wirtschaft statt-
gefunden hat, in meiner Anwesenheit auch zum Aus-
druck gebracht. Aber 88 Airbus-Flugzeuge: Das ist ja
schon einmal etwas. Das ist ja wohl sehr bemerkenswert
für das Unternehmen und auch für die europäische Wirt-
schaft. Das ist ein enormes Volumen. Dies ist uns auch
durch die politische Unterstützung seitens der Bundes-
regierung gelungen. Dass wir deswegen von irgendwel-
chen anderen Punkten Abstand genommen haben, wie
zum Beispiel unserem gemeinsamen Engagement für
globalen Klimaschutz, kann ich nicht erkennen.
Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich
frage, ob es Fragen zu anderen Themen der heutigen Ka-
binettssitzung gibt. – Da das nicht der Fall ist, beende
ich nun die Fragen zu dem Themenbereich der heutigen
Kabinettssitzung.
Gibt es darüber hinaus sonstige Fragen an die Bun-
desregierung? – Das ist nicht der Fall. Dann beende ich
die Regierungsbefragung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:
Fragestunde
– Drucksache 17/6273 –
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Finanzen. Als Beantworter steht der
Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk zur
Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 der Frau Kollegin Britta
Haßelmann auf:
Wie hoch werden die Steuerausfälle aufgrund der geplan-
ten Steuersenkungen für 2012, gegebenenfalls auch ab 2013,
von bis zu 10 Milliarden Euro für die Kommunen sein, und
wie beurteilt die Bundesregierung die zu erwartenden Steuer-
ausfälle für die Kommunen vor dem Hintergrund ihrer Erklä-
rung anlässlich der abschließenden Sitzung der Gemeinde-
finanzkommission am 15. Juli 2011, einen wesentlichen
Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Fi-
nanzsituation leisten zu wollen?
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Herr Präsident! Frau Kollegin Haßelmann, auf Ihre
Frage antworte ich Ihnen, dass die Bundesregierung bis-
lang keine Entscheidung über Zeitpunkt, Art und Um-
fang möglicher Steuerentlastungen getroffen hat. Daher
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Das heißt, ich kann Ihre Antwort so interpretieren,
dass die Bundesregierung nicht mehr beabsichtigt, in
dieser Legislaturperiode eine Steuersenkung vorzuneh-
men?
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Nein, so können Sie meine Antwort nicht interpretie-
ren. Sie wissen, dass wir uns in unserem Koalitionsver-
trag das Ziel gesetzt haben, Bezieher von kleinen und
mittleren Einkommen im steuerlichen Bereich zu entlas-
ten, wenn dies die Haushaltslage zulässt. Deshalb wird
sicher im Hinblick auf steuerliche Maßnahmen der Bun-
desregierung zu prüfen sein, ob und wann haushalte-
risch, auch im Hinblick auf die in unserem Grundgesetz
verankerte Schuldenbremse, Spielräume vorhanden sind,
die zum Beispiel eine Entlastung der Bezieher von klei-
nen und mittleren Einkommen im steuerlichen Bereich
zulassen würden. Aber ich wiederhole noch einmal: Die
Bundesregierung hat über Zeitpunkt, Umfang und Art
steuerlicher Maßnahmen keinerlei Entscheidung getrof-
fen.
Eine weitere Zusatzfrage unserer Frau Kollegin
Nicolette Kressl.
Vielen Dank. – Nachdem mehrere CDU-geführte
Bundesländer mit Blick auf die Finanzlage ihrer Kom-
munen deutlich gemacht haben, dass sie eine Steuer-
senkungspolitik und damit verbundene Steuerminder-
einnahmen in dieser Legislaturperiode nicht mittragen
würden: Gibt es, um für dieses Vorhaben überhaupt eine
Mehrheit zu bekommen, in der Bundesregierung Überle-
gungen, dass der Bund die Kosten dafür wie beim Steu-
ervereinfachungsgesetz alleine trägt?
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Verehrte Frau Kollegin, alle Aspekte, auch die Frage
von Auswirkungen auf andere staatliche Ebenen in Form
von Steuermindereinnahmen, werden sicher Gegenstand
der steuerlichen Überlegungen der Bundesregierung
sein.
Eine weitere Zusatzfrage? – Frau Kollegin Lisa Paus.
Herr Koschyk, ich frage die Bundesregierung: Teilt
die Bundesregierung die Auffassung von Frau Angela
Merkel, dass die Bundesregierung in dieser Legislatur-
periode zwar Steuererleichterungen für kleine und mitt-
lere Unternehmen beschließen wird, dies aber nicht vor
dem 1. Januar 2012 in Kraft treten wird, oder teilt die
Bundesregierung die Auffassung von Horst Seehofer,
der gesagt hat, Steuern sollten nur gesenkt werden, wenn
dies nachhaltig und langfristig möglich sei – beides Zi-
tate der vergangenen Woche –, oder teilt die Bundesre-
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lle genannten Äußerungen bedeuten, dass die Bundes-
gierung in ihre Entscheidungsfindung bezüglich der
rage, ob, wann und wie es unter Vorrang der Haushalts-
onsolidierung und unter strikter Beachtung der Schul-
enregelung möglich sein wird, Bezieher von unteren
nd mittleren Einkommen steuerlich zu entlasten – Sie
aben in Ihrer Frage von „Unternehmen“ gesprochen,
h darf deutlich machen, dass im Koalitionsvertrag von
eziehern unterer und mittlerer Einkommen die Rede ist –,
ine Fülle von Sachverhalten wird einbeziehen müssen.
Vielen Dank. – Nächster Fragesteller ist der Kollege
othar Binding. Dann kommt der Kollege Volker Beck,
er jetzt wieder anwesend ist. Er hatte wegen eines Par-
mentsgesprächs kurz den Saal verlassen.
Bitte schön, Kollege Lothar Binding.
Herr Koschyk, können Sie definieren, was untere und
ittlere Einkommen sind? Denn wir haben einen Steuer-
eibetrag, der dann in einen zunächst relativ niedrigen
renzsteuersatz übergeht. In diesem Zusammenhang
age ich Sie, was unter niedrigen und mittleren Einkom-
en zu verstehen ist.
H
Wir werden im Laufe der Fragestunde noch auf Sach-erhalte zurückkommen, die die Wirkung der sogenann-n kalten Progression betreffen. Ich erinnere mich, Herrollege Binding, dass es in der letzten Legislaturperiodein gemeinsames Papier des damaligen Finanzministersteinbrück und des damaligen SPD-Vorsitzenden undinisterpräsidenten Beck über steuerpolitische Vorstel-ngen gegeben hat. Darin war auch davon die Rede,ass die kalte Progression zwar kein dringendes, abericht zu vernachlässigendes Problem in der Steuerpolitikt. Deshalb könnte man zum Beispiel, wie es auch imoalitionsvertrag angelegt ist, kleine und mittlere Ein-ommen, die von der sogenannten kalten Progressionesonders betroffen sind, ein Stück weit entlasten, wennntsprechende Haushaltsspielräume vorhanden sind undies mit der Schuldenregel in Einklang steht. Wie das im
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Parl. Staatssekretär Hartmut Koschyk
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Einzelnen konkret zu gestalten wäre, muss den Überle-gungen und der Entscheidungsfindung der Bundesregie-rung vorbehalten bleiben.
Die nächste Frage stellt unser Kollege Volker Beck.
– Nein, das ist nicht vorgesehen.
– Es melden sich noch viele weitere Kollegen zu Wort,
die dies sicher aufgreifen werden. – Schon ist der Kol-
lege Volker Beck am Zug.
Herr Kollege Binding, melden Sie sich einfach bei der
nächsten Frage der Kollegin Haßelmann noch einmal.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin gesagt, die Bun-
desregierung habe zu den Steuersenkungsplänen noch
keine konkreten Vorstellungen, auch wenn der Blätter-
wald voll mit Berichten zu diesem Thema ist. Wenn Sie
die kleinen und mittleren Einkommen adressieren wol-
len, was nicht ohne Rückwirkungen auf die höheren Ein-
kommen möglich ist – so ist das im Steuerrecht nun ein-
mal –, dann verstehe ich nicht, warum Sie nicht die für
die kleinen und mittleren Einkommen wesentlich schwe-
rere Last der Sozialabgaben angehen, wenn Sie schon
meinen, Sie hätten zu viel Geld in der Kasse. Denn da-
mit erzielen Sie eine deutliche Entlastung, die tatsäch-
lich nur die Beschäftigten in normalen Arbeitsverhältnis-
sen betrifft. By the way, Sie hätten dann auch kein
Problem mit dem Bundesrat, weil Sie dann nichts von
den Kommunal- und Länderfinanzen klauen müssten.
H
Ich bin sicher, Herr Kollege Beck, dass auch derartige
Überlegungen, die Sie gerade geäußert haben, in Überle-
gungen der Bundesregierung bzw. in ein von ihr zu ge-
staltendes Maßnahmenpaket entsprechend einbezogen
werden.
Die nächste Frage stellt Frau Kollegin Brigitte
Pothmer.
Herr Staatssekretär, es war zu lesen, dass zur Finan-
zierung nicht der Steuersenkung, sondern zur Entlastung
der kleinen und mittleren Einkommen, wie Sie sagen,
auch die arbeitsmarktpolitischen Instrumente noch ein-
mal auf den Prüfstand gestellt werden und dass an dieser
Stelle noch weiter eingespart werden soll. Wie stellen
Sie sich das vor dem Hintergrund des bereits eingeplan-
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13310 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
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Erste Nachfrage, Kollegin Britta Haßelmann.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsekretär, Sie
stimmen aber sicherlich mit mir darin überein, dass jede
Veränderung bei der Einkommensteuer durch Ihr Steuer-
konzept, das Sie zum dritten Mal angekündigt und mit
konkreten Zahlen unterlegt haben – zumindest in der
Presse, wenn auch nicht hier im Parlament –, auch nega-
tive Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte hat,
da ein bestimmter Prozentsatz der Einkommensteuerein-
nahmen den Kommunen zufließt, nämlich 15 Prozent.
Wenn wir von 8 Milliarden bis 10 Milliarden Euro aus-
gehen – diese Zahlen kann man der Presse entnehmen –,
können wir ausrechnen, zu welchen Defiziten das allein
auf kommunaler Ebene führt.
H
Verehrte Frau Kollegin, Sie werden keine Aussage ei-
nes Mitglieds der Bundesregierung über eventuelle Vo-
lumina von steuerlichen Veränderungen finden. Dass es
hierzu Aussagen von Vertretern der Koalitionsfraktionen
gibt, ist in einem öffentlichen Diskurs über ein so wichti-
ges Thema verständlich. Ich kann nur wiederholen, dass
die Bundesregierung keine Entscheidung über Art, Um-
fang und Zeitpunkt steuerlicher Veränderungen getroffen
hat. Selbstverständlich ist es richtig, dass Veränderungen
im Bereich der Einkommensteuer zu Auswirkungen auf
die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen füh-
ren würden und dass dies bei der Entscheidungsfindung
berücksichtigt werden müsste.
Ihre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Haßelmann.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,
Ihre jetzige Antwort verunklart die Situation erneut. Vor-
hin haben Sie gesagt, dass Sie in dieser Legislaturpe-
riode eine Steuersenkung vornehmen werden. Also wird
es doch zu Mindereinnahmen bei den Kommunen und
den Ländern sowie beim Bund kommen. Meine Frage
lautet: Werden Sie in Ihrem Steuerentlastungskonzept
die Pläne von Herrn Kirchhof – diese will ich hier im
Einzelnen nicht erläutern – berücksichtigen?
H
Frau Kollegin, Sie wissen, dass, wenn man über steu-
erliche Veränderungen nachdenkt, nicht nur Überlegun-
gen aus dem entsprechenden Fachministerium, dem
Bundesministerium der Finanzen, sondern auch die
fachpolitische Ebene in den Koalitionsfraktionen und all
das, was aus dem Wissenschaftsbereich zu diesem Sach-
verhalt gesagt wird, einbezogen werden. Insofern kann
man niemals ausschließen, dass man auch Anregungen
aus der Wissenschaft in steuerpolitische Entscheidungs-
findungen einbezieht.
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Jetzt gibt es eine Wortmeldung unseres Kollegen
olker Beck.
Ich melde mich zur Geschäftsordnung. Nachdem die
anzlerin großspurig angekündigt hat, dass es jetzt Steuer-
enkungen gebe, und es dann den Aufstand im Bundes-
t – auch aus den Reihen der Ministerpräsidenten der
nion – gab, scheint sich das Finanzministerium in ein
Nichts Genaues weiß man nicht“ zu flüchten. Ich
enke, dass es vor diesem Hintergrund wichtig ist, dass
ie Öffentlichkeit erfährt, wie die Koalition genau denkt.
Deshalb beantragen wir im Zusammenhang mit den
teuersenkungsplänen der Bundesregierung eine Aktu-
lle Stunde zu den Steuerausfällen für Bund, Länder und
ommunen und zu den Auswirkungen auf die Schulden-
remse.
Vielen Dank, Kollege Volker Beck. – Die Fraktion
ündnis 90/Die Grünen hat eben zu der Antwort der
undesregierung auf eine mündliche Anfrage – Druck-
ache 17/6273 – eine Aktuelle Stunde verlangt. Dies ent-
pricht der Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle
tunde. Somit findet im Anschluss an die Fragestunde
iese Aktuelle Stunde statt. Die ursprünglich vorgese-
ene Aktuelle Stunde wird auf morgen verschoben.
Es gibt noch weitere Nachfragen an den Herrn Staats-
ekretär. Zunächst hat Frau Kollegin Paus das Wort.
Ich will zum Thema Schuldenbremse nachfragen.eilt die Bundesregierung im Hinblick auf die Debatteber die Schuldenbremse noch die grundsätzliche An-icht, dass in Phasen der Hochkonjunktur Überschüsseebildet werden sollten, um in Phasen einer niedrigen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13311
Lisa Paus
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Konjunktur eine Unterdeckung des Haushalts ausglei-chen zu können? Wie passt das mit den anhaltenden Dis-kussionen darüber zusammen, dass es in der aktuellenPhase der Hochkonjunktur zwar steigende Steuereinnah-men gibt, jedoch noch keine Überschüsse und nach wievor eine Lücke im zweistelligen Milliardenbereichklafft?H
Die Bundesregierung wird genau dies bei der Ent-
scheidungsfindung über mögliche steuerliche Maßnah-
men berücksichtigen.
Es gibt zwei weitere Fragen. Zunächst Kollege Lothar
Binding.
Herr Koschyk, zunächst vielen Dank für die Antwort
auf eine von mir überhaupt nicht gestellte Frage. Die
kalte Progression wäre auf meine Frage die falsche Ant-
wort gewesen; denn die kalte Progression betrifft alle
Einkommen.
Deshalb eine ganz einfache Frage: Sie benutzen den
Begriff „untere und mittlere Einkommen“. Ich frage:
Was ist das? Wie definieren Sie ein unteres, wie ein mitt-
leres Einkommen? Das findet sich auch in der Koali-
tionsvereinbarung. Es muss irgendwo eine Definition
dieses Begriffs geben. Ansonsten würden Sie auf un-
scharfer Basis Gesetze machen, und das kann ich mir
einfach nicht vorstellen.
H
Sie werden die Antwort dann finden, Herr Kollege
Binding, wenn wir unsere Überlegungen darüber abge-
schlossen haben, welche Einkommensschichten wir
durch entsprechende Maßnahmen – welche auch immer –
entlasten werden.
Die nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Nicolette
Kressl.
Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, ich möchte auf
die Steuermindereinnahmen, die auch die Kommunen
belasten würden, eingehen. Es gäbe einen Weg, die
Kommunen nicht zu belasten. Auch in den Zeitungen
wurde diese Diskussion geführt; es geht um den Solida-
ritätszuschlag. Sind Sie im Hinblick auf eine Steuerent-
lastung in diesem Bereich der Ansicht, dass damit untere
und mittlere Einkommen entlastet werden?
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sich bei Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen al-lerdings besonders stark aus.Die Bundesregierung hat keine Berechnung zur Aus-wirkung der sogenannten kalten Progression seit 1990durchgeführt. Derartige Bezifferungen über einen so lan-gen Zeitraum stoßen auf erhebliche methodische und da-tenmäßige Probleme und erlauben daher keine belastba-ren Schussfolgerungen.
Nachfrage des Kollegen Dr. Schick.
Hat die Bundesregierung angesichts der Beschäfti-
gung mit diesem Thema, bei dem die kalte Progression
eine große Rolle spielt, vor, quantitative Erhebungen
durchzuführen? Oder lösen Sie sozusagen ein Problem,
das Sie überhaupt nicht kennen, und werden Sie dann
auf der Grundlage von Nichtkenntnis Vorschläge ma-
chen?
H
Selbstverständlich werden bei allen angestellten
Überlegungen und daraus zu ziehenden Konsequenzen
für die Entscheidungsfindung Erhebungen und Untersu-
chungen – je nachdem, für welchen Lösungsweg man
sich entscheidet – notwendig sein.
Herr Dr. Schick, Sie haben das Wort zu einer weiteren
Zusatzfrage.
Werden Sie diese Untersuchungen dann auch dem
Parlament für die Beratungen zur Verfügung stellen?
H
Herr Kollege Schick, wenn die Bundesregierung eine
Entscheidung getroffen hat und ein entsprechender Ge-
setzgebungsvorgang eingeleitet wird, dann stellt sie, wie
Sie wissen, dem Parlament für die Ausschussberatungen
immer ergänzende Unterlagen zur Verfügung. Das ist die
gute Praxis eines offenen, transparenten Umgangs zwi-
schen Regierung und Parlament.
Das Wort zu einer weiteren Nachfrage hat Frau Kolle-
gin Nicolette Kressl.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Sie haben gerade
ausgeführt, dass es für den langen Zeitraum seit 1990
keine Analysen zur Auswirkung der kalten Progression
gibt. Da vonseiten der Koalitionsfraktionen und von Re-
gierungsmitgliedern immer wieder auf die kalte Progres-
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H
Selbstverständlich, Herr Kollege Binding, müssten
mögliche Steueränderungen im Rahmen eines tragfähi-
gen stabilitäts- und finanzpolitischen Gesamtkonzepts
umgesetzt werden. Von daher ist es selbstverständlich,
dass die Bundesregierung bei steuerlichen Überlegungen
und Entscheidungen die Einhaltung der Schuldenbremse
strikt beachten muss.
Erste Nachfrage, Kollege Lothar Binding.
Wie verträgt sich Ihre Antwort mit Ihrer Aussage,
dass Sie zuerst an die Haushaltskonsolidierung gehen
wollen? Zur Erinnerung: Wir hatten 1 700 Milliarden
Euro Schulden, nach der Krise haben wir 2 000 Milliar-
den Euro Schulden, wir haben eine Neuverschuldung
von 80 Milliarden Euro erwartet, sind aber jetzt froh,
dass es nur 40 Milliarden Euro sind. Meinen Sie, in die-
ser Phase könne man unter Einhaltung des Gedankens
der Konsolidierung des Haushalts Steuern senken? Diese
Rechnung – das ist ein einfacher Dreisatz – leuchtet mir
nicht ein.
H
Ich lege noch einmal Wert auf die Feststellung, Herr
Kollege Binding – das habe ich in jeder der Antworten
gesagt, die ich in dieser Fragestunde bislang gegeben
habe –, dass steuerliche Maßnahmen nur unter dem ab-
soluten Vorrang der Verträglichkeit mit dem Ziel der
Haushaltskonsolidierung und unter strikter Beachtung
der Schuldenregel möglich sind. Dies wird der Vorbehalt
bei allen steuerlichen Überlegungen der Bundesregie-
rung sein.
Gut. – Dann gibt es dazu keine weiteren Nachfragen.
So kommen wir zur Frage 6, die ebenfalls vom Kolle-
gen Lothar Binding gestellt wird:
Wann plant die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf zur
Verhinderung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten bei der
Abgrenzung zwischen Betriebs- und Verwaltungsvermögen in
H
Herr Kollege Binding, die Abgrenzung zwischen Be-
triebs- und Verwaltungsvermögen bei der Erbschaft- und
Schenkungsteuer, die die Regierung der Großen Koali-
tion im Erbschaftsteuerreformgesetz beschlossen hat,
soll einerseits missbräuchliche Gestaltung durch Verla-
gerung von Privatvermögen in Betriebsvermögen ver-
hindern und andererseits die Betriebe in ihrer Finanzie-
rungsfähigkeit und Anlageflexibilität nicht übermäßig
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Keine weitere Nachfrage.
So kommen wir jetzt zur Frage 7 der Frau Kollegin
isa Paus:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass eine Senkung
oder Streichung des Solidaritätszuschlags die oberen Einkom-
men überproportional gegenüber den unteren und mittleren
Einkommen entlasten würde, und hält die Bundesregierung
vor diesem Hintergrund an ihren Überlegungen zur Senkung
oder Abschaffung des Solidaritätszuschlags fest?
H
Frau Kollegin Paus, weil Sie in Ihrer Frage davon
usgehen, dass es innerhalb der Bundesregierung bereits
ntscheidungen über eine Senkung oder Streichung des
olidaritätszuschlags gibt, darf ich wiederholen, dass es
onseiten der Bundesregierung keinerlei Entscheidun-
en über Art, Umfang und Zeitpunkt von steuerlichen
aßnahmen gibt.
Zum Solidaritätszuschlag noch einmal eine deutliche
nmerkung der Bundesregierung: Der Solidaritäts-
uschlag wurde als Zuschlag zur progressiven Ein-
ommensteuer festgesetzt und belastet daher Bezieher
öherer Einkommen überproportional. Er ist sozial aus-
ewogen, weil alle Steuerpflichtigen entsprechend ihrer
eistungsfähigkeit belastet und niedrigere Einkommen
erschont werden. Für die Bundesregierung ist und
leibt der Solidaritätszuschlag ein wichtiges Element,
m den Finanztransfer zugunsten der ostdeutschen Bun-
esländer zu gewährleisten.
Ihre erste Nachfrage.
Herr Staatssekretär Koschyk, könnten Sie, auch wenn
ie der Auffassung sind, dass der Soli, so wie er exis-
ert, sozial ausgewogen ist, den ersten Teil meiner Frage
eantworten, nämlich ob Sie die Ansicht teilen, dass eine
bschaffung des Soli vor allen Dingen den oberen Ein-
ommen zugutekäme? Würden Sie also bestätigen, dass
eine Abschaffung vor allen Dingen den oberen Einkom-
en zugutekäme? Würden Sie ebenfalls bestätigen, dass
eine Abschaffung den unteren und mittleren Einkom-
en nicht zugutekäme?
H
Ich darf noch einmal sagen, dass die Bundesregierung keiner Weise Überlegungen anstellt, die auf eine Ab-chaffung des Solidaritätszuschlags hinauslaufen.
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13314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
)
)
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Das freut mich. Ich würde trotzdem gerne eine Ant-
wort auf die Frage bekommen: Teilen Sie meine Ein-
schätzung, dass eine Abschaffung des Soli vor allen Din-
gen den oberen Einkommen zugutekäme und deswegen
ungeeignet wäre, mittlere und untere Einkommen zu ent-
lasten?
H
Ich glaube, das ist eine eher theoretische Betrachtung.
Ich werde auch von Beziehern unterer und mittlerer Ein-
kommen gefragt, ob der Solidaritätszuschlag weiterhin
und wie lange er noch erhoben wird. Ich glaube, jeder
empfindet den Solidaritätszuschlag als steuerliche Belas-
tung und sähe ihn lieber heute als morgen abgeschafft.
Aber auch im Hinblick auf die gesamtstaatlichen Finan-
zierungsverpflichtungen muss man den Menschen im-
mer wieder erklären, dass dies nicht möglich ist.
Vielen Dank. – Wir kommen nun zur Frage 8, eben-
falls von unserer Kollegin Lisa Paus:
Mit jährlichen Einnahmeausfällen in welcher Höhe rech-
net die Bundesregierung, wenn eine an der jährlichen Infla-
tionsrate orientierte Indexierung des Einkommensteuertarifs
stattfände?
H
Frau Kollegin Paus, die Bundesregierung beabsichtigt
keine Indexierung des Einkommensteuertarifs. Dies
schließt nicht aus, dass zukünftig bei einer möglichen
Weiterentwicklung des Einkommensteuertarifs die Ver-
änderung verschiedener wirtschaftlicher Größen wie
zum Beispiel der Inflationsrate berücksichtigt wird.
Ihre erste Nachfrage.
Welche Schätzung liegt denn der Haushaltsplanung
der Bundesregierung in Bezug auf die Inflationsrate ak-
tuell zugrunde, und welche Wirkung hätte die Indexie-
rung der Einkommensteuer entsprechend der Inflations-
rate?
H
Ich kann Ihnen aus dem Stegreif nicht beantworten,
welche Wirkung das hätte.
Würden Sie das schriftlich nachreichen?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13315
)
„Der größte Teil des Defizits geht auf Ausgaben fürBeamtengehälter und Renten zurück“ … Jahrelanghätten die Wähler den Parteien „ihre Stimme ver-kauft“, im Tausch gegen einen Job im Staatsdienst.Sie sehen also, Herr Kollege Ströbele, dass die grie-chische Regierung selbst im Hinblick auf die Verschul-dungssituation Griechenlands Handlungsbedarf sieht.Sie wissen, Herr Kollege Ströbele, dass die Bundesre-gierung die Beteiligung privater Gläubiger im Falle ei-nes neuen Hilfsprogramms für Griechenland als Voraus-setzung für einen deutschen Beitrag genannt hat. Mitdieser Position war die Bundesregierung anfangs inner-halb der Europäischen Union, der Euro-Gruppe, aberauch der entsprechenden internationalen Institutionensehr isoliert. Inzwischen haben wir erreicht, dass eineprivate Gläubigerbeteiligung zur Voraussetzung für einneues Programm für Griechenland geworden ist. UnserHaus und auch Bundesfinanzminister Schäuble persön-lich stehen mit den Spitzen der deutschen Finanzwirt-schaft in Kontakt, um diesbezüglich einen entsprechen-den Beitrag der deutschen Finanzwirtschaft zu erreichen.Sie fragten, warum die Bundesregierung nichts unter-nimmt, um den Griechen mittels Investitions- und Kon-junkturprogrammen aus der Krise herauszuhelfen. Ichdarf darauf hinweisen, dass gerade BundesministerSchäuble gegenüber der Europäischen Kommission, derEuro-Gruppe und der Europäischen Union sehr daraufdrängt, dass Griechenland durch entsprechende Wirt-schaftsfördermaßnahmen – zum Beispiel soll durch dieErzeugung von Solarstrom und durch Solartechnik Wert-schöpfung erfolgen – Wachstumsperspektiven gegebenwerden. Diese Position der Bundesregierung hat dazugeführt, dass der Präsident der Europäischen Kommis-sion Barroso inzwischen angekündigt hat, dass eine Be-schleunigung der Auszahlung und eine Bündelung vonMaßnahmen zur Förderung der griechischen Volkswirt-schaft auf den Weg gebracht werden sollen. Auf dieseWeise sollen die Wachstumsperspektiven verbessertwerden.
Ihre erste Zusatzfrage, Herr Kollege Ströbele.
Herr Staatssekretär, ich weiß nicht, wie es der Bun-
desregierung geht, aber wenn ich sehe, was in Griechen-
land jetzt passiert und was dort beschlossen werden soll,
dann bin ich nicht nur erschrocken, sondern ich will
auch solidarisch sein. Nachdem bereits insbesondere im
Gesundheits- und Sozialbereich ganz erhebliche Spar-
maßnahmen beschlossen wurden, werden den Griechen
nun noch zusätzliche erhebliche Einsparungen aufge-
drückt. Man kann fast sagen, dass sie damit erpresst wer-
den.
Nach den letzten Nachrichten aus Griechenland von
dieser Stunde ist das Volk in großer Unruhe. In Athen
herrscht fast Ausnahmezustand. Es fahren keine Bahnen.
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13316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
)
Herr Staatssekretär, ich will mich jetzt nicht mit Ihnenauf eine Diskussion einlassen – das darf ich laut Ge-schäftsordnung gar nicht – über das, was in Afrika oderLateinamerika tatsächlich angerichtet worden ist. Wirbefinden uns in Europa; auch Griechenland gehört zuEuropa und zur Europäischen Union. Wir haben immergroßen Wert darauf gelegt, dass wir zu einer weitgehen-den Anpassung der Lebensverhältnisse in Europa kom-men – so habe ich das immer verstanden – und dass wirauf längere Frist gesehen immer enger zusammenwach-sen wollen.Ich weiß nicht, ob es dann richtig ist, ein ganzes Volkin dieser Weise in Haftung zu nehmen und unter Druckzu setzen. Ich kann mir vorstellen, dass diese Vorgehens-weise die Sympathien und die Begeisterung für Europain Griechenland erheblich dämpft, um das einmal mildeauszudrücken.H
Herr Kollege Ströbele, es ist die griechische Regierung
selbst, die jetzt in einer sehr mutigen, bewundernswerten
Art und Weise Versäumnisse früherer griechischer Regie-
rungen – gleich welcher politischen Zuordnung – aufar-
beiten muss.
Es sind auch eindrucksvolle Persönlichkeiten griechi-
scher Herkunft wie mehrere Nobelpreisträger, die inter-
national als Wissenschaftler anerkannt sind, die der grie-
chischen Gesellschaft sagen, dass dieser harte Weg, die
Krise zu überwinden – nämlich durch Konsolidierung,
verbunden mit Wachstumsperspektiven –, unerlässlich
ist. Dass es an deutscher oder gesamteuropäischer Soli-
darität fehlt, Herr Kollege Ströbele, das kann man,
glaube ich, nicht ernsthaft behaupten angesichts des Ga-
rantierahmens im Milliardenbereich, den Deutschland
und die Europäische Union zur Absicherung der griechi-
schen Finanzprobleme bereits auf den Weg gebracht ha-
ben.
Eine Nachfrage unseres Kollegen Dr. Gerhard Schick.
Herr Staatssekretär, ich will hinsichtlich der Gläubi-
gerbeteiligung nachhaken. Wir hatten im Ausschuss be-
reits kurz darüber gesprochen. Bei den Gläubigern gibt
es drei Gruppen: Die eine Gruppe sind die neu hinzuge-
kommenen Gläubiger wie KfW oder Staaten, die in der
derzeitigen Situation Hilfskredite bereitstellen. Dann
gibt es die rein privaten Gläubiger. Es gibt noch eine
dritte Gruppe von Gläubigern privatrechtlicher Natur,
hinter denen aber de facto der Staat steht, zum Beispiel
Landesbanken oder die Bad Bank der HRE. Bei den rein
Privaten kann es sich wiederum um Banken, Versiche-
rungen oder Fonds handeln.
Zum einen würde mich interessieren: Wer sitzt wirk-
lich am Tisch, vor allem, wenn es um die Bad Bank der
HRE geht, aber auch bei Versicherungen und Fonds?
Zum anderen würde mich interessieren: Was meint die
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13317
Vizepräsident Eduard Oswald
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ministerien im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismusaus Datenschutzgründen veröffentlicht werden kann, und,wenn ja, zu welchem Ergebnis kommt der BfDI?Bitte schön, Herr Staatssekretär.Pe
Herr Kollege Ostendorff, die Stellungnahme des Bun-
desbeauftragten für den Datenschutz und die Informa-
tionsfreiheit liegt dem BMELV seit dem 7. Juni 2011
vor. Der Bundesdatenschutzbeauftragte kommt darin zu
dem Ergebnis, dass ein Informationsanspruch nach dem
Informationsfreiheitsgesetz hinsichtlich der im Gutach-
ten enthaltenen personenbezogenen Daten von ehemali-
gen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des damaligen
BML und des BMVEL wegen des Personalaktengeheim-
nisses, von einem Einzelfall abgesehen, nicht besteht.
Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege.
Schönen Dank, Herr Staatssekretär Bleser. Nach un-
seren Informationen hat der Datenschutzbeauftragte sehr
wohl gesagt – meine Frage ist, ob Sie diesen Vorschlag
kennen –, dass man ein Splitting zwischen den Mitarbei-
tern, die in öffentlicher Funktion tätig waren, und – ich
sage es jetzt einmal stark vereinfacht, weil wir nicht zu
tief in die Materie einsteigen wollen – dem Hausmeister
vornehmen sollte. Wenn Sie bestätigen können, dass Sie
den Vorschlag kennen: Wie bewerten Sie grundsätzlich
den Vorschlag, eine Aufteilung zwischen den uns inte-
ressierenden Personen der Zeitgeschichte und den Mit-
arbeitern des Hauses in unteren Funktionen vorzuneh-
men?
Pe
Wir sind diesem Vorschlag gefolgt. Das betrifft den
genannten Einzelfall. Hier handelt es sich um den beam-
teten Staatssekretär Dr. Walther Florian, der 1984 im
Amt war und inzwischen verstorben ist.
Eine weitere Frage, Herr Kollege.
Wurde dem Staatssekretär, Herrn Dr. Florian, die Ehr-
würdigkeit aberkannt, wie es bei ähnlichen zeitge-
schichtlichen Prüfungen bei anderen Ministerien gesche-
hen ist? Wie gedenken Sie dort vorzugehen?
Pe
Das kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten. Ich werde
Ihnen aber eine schriftliche Antwort auf Ihre Frage zu-
kommen lassen.
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13318 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
)
)
Vielen Dank. Die weiteren Fragen zu diesem Ge-
schäftsbereich werden schriftlich beantwortet. Das be-
trifft die Fragen 31 und 32 der Kollegin Cornelia Behm
sowie die Fragen 33 und 34 der Kollegin Dr. Kirsten
Tackmann.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung. Die Fragen 35 und 36
des Kollegen Omid Nouripour werden ebenfalls schrift-
lich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Nach meinen Unterlagen ist zwischenzeitlich die schrift-
liche Beantwortung aller Fragen zu diesem Geschäftsbe-
reich erbeten worden. Das betrifft die Frage 37 der Kol-
legin Heidrun Dittrich sowie die Fragen 38 und 39 der
Kollegin Caren Marks.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Gesundheit. Die Frage 40 der Kollegin
Dr. Marlies Volkmer wird ebenfalls schriftlich beantwor-
tet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Die Fragen 41 und 42 des Kollegen Uwe Beckmeyer so-
wie die Fragen 43 und 44 des Kollegen Hans-Joachim
Hacker werden schriftlich beantwortet. Das gilt eben-
falls für die Fragen 45 und 46 des Kollegin Dr. Anton
Hofreiter.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit. Die Fragen 47 und 48 der Kollegin Sylvia
Kotting-Uhl und die Frage 49 der Kollegin Dorothee
Menzner werden schriftlich beantwortet. Ist der Kollege
Dr. Hermann Ott zur Beantwortung der Fragen 50 und
51 anwesend? – Das ist nicht der Fall. Es wird verfahren,
wie in der Geschäftsordnung vorgesehen. Die Fragen 52
und 53 des Kollegen Hans-Josef Fell werden ebenfalls
schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung. Die Fragen 54
und 55 des Kollegen Michael Gerdes, die Fragen 56 und 57
der Kollegin Marianne Schieder sowie die Fragen 58
und 59 der Kollegin Ulla Burchardt werden schriftlich
beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung. Die Frage 60 der Kollegin Sabine Stüber
wird schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Fra-
gen 61 und 62 der Kollegin Ingrid Nestle, die Fragen 63
und 64 des Kollegen Oliver Krischer, die Frage 65 der
Kollegin Dorothee Menzner sowie die Frage 66 der Kol-
legin Bärbel Höhn werden schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes.
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In Temeswar geht es nicht um eine Umwandlung vonheute auf morgen, sondern es geht um einen geordnetenund unter Partnern von Anfang an transparent kommuni-zierten Übergang, bei dem gewährleistet ist, dass die Be-treuungsfunktion des Konsulats in die neue Organisa-tionsform überführt werden kann. Der Termin wirdmaßgeblich davon abhängen, wann ein geeigneter Hono-rarkonsul zur Verfügung steht. Auch diesbezüglich istnoch keine Entscheidung gefallen.
Frau Staatsministerin, Temeswar ist von drei Haupt-
städten umgeben. In Temeswar lebt im Vergleich zu Her-
mannstadt die größere deutsche Minderheit. In Her-
mannstadt leben ausweislich der Volkszählung nicht so
viele Angehörige von Minderheiten. Sie machen das
Ganze ja aus Einspargründen. Warum haben Sie vor die-
sem Hintergrund nicht überlegt, einen halbwegs norma-
len Ausgleich zu schaffen, sprich, das Generalkonsulat
in Hermannstadt als normales Konsulat beizubehalten,
um unter dieser Prämisse das Konsulat in Temeswar
weiter als normales Konsulat betreiben zu können? Wa-
rum haben Sie über so eine Möglichkeit nicht nachge-
dacht?
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Wir haben über diese Möglichkeit nachgedacht, Frau
Abgeordnete. Wir sind nach der Überprüfung aber zu der
Erkenntnis gelangt, dass es – das sagte ich schon – in
Hermannstadt das größere Konsularaufkommen gibt und
eben nicht in Temeswar. Wir gehen aber davon aus und
legen auch großen Wert darauf, dass wir weiterhin mit
der deutschen Minderheit in Temeswar auf gleichem Ni-
veau zusammenarbeiten werden. Das Auswärtige Amt
beabsichtigt nicht, das Ausmaß der Zusammenarbeit und
der Unterstützung für die deutsche Minderheit zu mini-
mieren oder herabzusetzen.
Wenn Sie erlauben, gebe ich Ihnen noch die Informa-
tion, dass kein anderes Land außer Rumänien – Ungarn
ausgenommen – neben einer Botschaft über zwei berufs-
konsularische Vertretungen verfügt. Im Vergleich mit der
konsularischen Präsenz anderer Staaten in Rumänien
bleiben wir selbst nach den geplanten Änderungen in Te-
meswar an vorderer Stelle. Das gilt auch für die Präsenz
von Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amtes. Ich
kann Ihnen das gerne in Zahlen darstellen: Die Gesamt-
kosten des Auswärtigen Amtes für die Vertretungen
– Botschaften und Konsulate – in Rumänien betragen
7 Millionen Euro. Im Vergleich dazu betragen sie in Bul-
garien 4,3 Millionen Euro, in Tschechien 3,5 Millionen
Euro und in Ungarn 4,7 Millionen Euro. Daran sieht
man, dass wir eine sehr starke Präsenz in Rumänien ha-
ben. Diese wollen wir natürlich behalten.
Wir können das mit der Frage 68 verbinden. Sie kön-
nen Ihre Frage dann einbauen.
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zukünftigen Ausstattung des Honorarkonsulats – da sindwir noch in der Planung – gerne zusenden.
Vielen Dank. – Die Fragen 69 und 70 des Abgeordne-
ten Tom Koenigs, die Fragen 71 und 72 des Abgeordne-
ten Andrej Hunko und die Frage 73 des Abgeordneten
Volker Beck werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 74 des Kollegen Hans-Christian
Ströbele auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über bereits
getroffene Vereinbarungen von nichtmilitärischen Organisa-
tionen im Norden Afghanistans seit 2009 mit Taliban und an-
deren Aufständischen über Aufbauprojekte wie die Anlegung
und den Betrieb von neuen Brunnen, Straßen und Brücken so-
wie Schulen insbesondere für Mädchen und über die Einhal-
tung solcher Zusagen, und welche Bemühungen hat die Bun-
desregierung veranlasst, um in ihrem Verantwortungsbereich
in Afghanistan Angriffe mit dem Ziel „capture or kill“ auf ge-
listete Zielpersonen durch Spezialeinheiten und Drohnen zu
beenden, durch die immer neuer Hass geschürt und die Bevöl-
kerung aufgebracht wird, und um Gespräche sowie konkrete
Verhandlungen mit den Aufständischen zu fördern mit dem
Ziel, das Töten zu beenden, Waffenstillstand zu erreichen und
den Abzug der ausländischen Truppen einzuleiten?
C
Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Ströbele, der
Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über Verein-
barungen von nichtmilitärischen Organisationen mit re-
gierungsfeindlichen Kräften über zivile Aufbauprojekte
im Norden Afghanistans vor. Die Fortsetzung der bishe-
rigen Operationsführung auf der Grundlage des Opera-
tionsplanes und der Einsatzregeln der NATO, die im
Rahmen der Vorgaben des humanitären Völkerrechts er-
stellt wurden, hängt von der Entwicklung der Sicher-
heitslage ab. Die Bundesregierung ist der Auffassung
– das ist Ihnen sicherlich bekannt –, dass der Konflikt in
Afghanistan nicht allein mit militärischen Mitteln zu lö-
sen ist. Wir unterstützen daher den Versöhnungsprozess
der afghanischen Regierung mit dem Ziel, das Land zu
befrieden und den Abzug ausländischer Truppen zu er-
möglichen.
Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege Ströbele.
Danke. – Frau Staatsministerin, ich bedauere außeror-
dentlich, dass Sie den ersten Teil meiner Frage mit Nicht-
wissen beantwortet haben. Mir liegt eine ganze Reihe von
Beispielen vor – vielleicht lasse ich Ihnen diese einmal
zukommen –, die zeigen, dass deutsche, aber auch ande-
ren NGOs, die in Afghanistan beispielsweise Schulen,
Mädchenschulen aufbauen, Brunnen bauen – einen hat
mein Büro mitfinanziert – oder Krankenhäuser auf-
bauen, zwar in der Regel nicht direkt mit Aufständischen
verhandeln, aber über Dorfälteste und ähnliche Wege
Kontakt aufnehmen, um Vereinbarungen zu treffen, dass
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)
Ihre weitere Nachfrage, Herr Kollege Ströbele.
Frau Staatsministerin, darf ich daraus schließen, dass
die Zurückhaltung der Bundesregierung in diesem Be-
reich, die jedenfalls immer wieder erklärt wird, gilt? Ist
es so, dass sich die Bundeswehr und andere Sicherheits-
organe Deutschlands in Afghanistan nicht an gezielten
Tötungsaktionen beteiligen und in keiner Weise unter-
stützend tätig sind? Das wurde mir von der Bundesregie-
rung schon mehrfach versichert. Ich hoffe, es stimmt.
Ich weiß es nicht. Und darf ich daraus schließen, dass
sich die Bundeswehr an solch gezielten Tötungsmaßnah-
men – ich meine nicht den Einsatz tödlicher Waffen oder
so, sondern gezielte Tötungsmaßnahmen in dem Sinne,
dass man eine Person mittels Drohnen bzw. von Droh-
nen abgeschossener Raketen gezielt tötet – nicht betei-
ligt?
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Herr Abgeordneter, ich weiß, dass Sie sehr an diesem
Thema interessiert sind; denn Sie haben schon mehrmals
Fragen dazu gestellt. Ich will Ihnen noch einmal ganz
klar sagen, dass sich die Bundesregierung natürlich an
die Regeln des Völkerrechts und insbesondere des hu-
manitären Völkerrechts hält.
Vielen Dank.
Die Frage 75 der Abgeordneten Sevim Dağdelen und
die Fragen 76 und 77 des Abgeordneten Dr. h. c. Jürgen
Koppelin werden schriftlich beantwortet.
Die Abgeordnete Heike Hänsel hat die Fragen 78 und 79
gestellt. Sie ist nicht anwesend. Es wird verfahren, wie
in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums des Innern. Die Fragen 80 und 81 des Kol-
legen Memet Kilic und die Frage 82 der Kollegin Sevim
Dağdelen werden schriftlich beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Justiz. Die Frage 83 des Kollegen
Dr. Konstantin von Notz und die Frage 84 des Kollegen
Volker Beck werden schriftlich beantwortet.
Mir liegen keine weiteren Fragen vor.
Es ist vereinbart, dass wir die Sitzung nun unterbre-
chen und sie um 15.35 Uhr mit der Aktuellen Stunde,
beantragt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, fort-
setzen.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Als wir gehört haben, dass die FDP jetzt wie-er Steuersenkungen will, haben wir nur gedacht: Derahnsinn geht systematisch weiter.
Nachdem Sie mehrmals an die Wand gelaufen sind,robieren Sie es erneut.Ich will Ihnen sagen, dass wir davon überzeugt sind,ass das, was Sie hier vorhaben, nicht geht, und zwar auslgenden Gründen nicht:Erstens. Für 2012 haben wir noch ein Defizit von0 Milliarden Euro im Haushalt zu erwarten.Zweitens. Die Steuereinnahmen liegen noch um0 Milliarden Euro unter den bei der Steuerschätzungor der Finanzkrise prognostizierten Einnahmen. Daseißt, wir befinden uns noch nicht einmal auf dem alteneplanten Niveau von vor der Banken- und Finanzkrise.Drittens. Es gibt gigantische Haushaltsrisiken: Einige der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigtenaßnahmen wie die Finanzmarkttransaktionsteuer undiele andere sind nicht umgesetzt. Der ESM, der neueuropäische Schutzschirm, wird uns in den nächsten Jah-n 22 Milliarden Euro zusätzlich kosten. Wir beschlie-en gerade – morgen werden wir das erneut tun – hohevestitionen zur Umsetzung der Energiewende, die dertaat mit unterstützen muss, und letztlich haben wir auchin Bildungsdefizit.
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13322 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
Fritz Kuhn
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Im Klartext heißt das: Es gibt enorm viele Notwen-digkeiten für staatliches Handeln, und Sie greifen in dieKasse des Staates.
Herr Brüderle, wir finden es spannend und bemer-kenswert, dass Sie die Schuldenbremse nicht kapiert ha-ben. Sie haben nicht verstanden, was zur Schulden-bremse jetzt in unserer Finanzverfassung steht. Ich darfeinmal Art. 115 Abs. 2 des Grundgesetzes zitieren. Dortheißt es:Zusätzlich sind bei einer von der Normallage ab-weichenden konjunkturellen Entwicklung die Aus-wirkungen auf den Haushalt im Auf- und Ab-schwung symmetrisch zu berücksichtigen.Das heißt, durch die Schuldenbremse werden wirdazu verpflichtet, Schulden zu tilgen, Geld zurückzule-gen und vorsichtig zu sein, wenn konjunkturell bedingtmehr Geld in der Staatskasse ist, um in der Krise inves-tieren oder Steuern senken zu können. Wir haben alsoeine antizyklisch zu verstehende Schuldenbremse imGrundgesetz.Was macht die FDP?
Sie sagt: „Nein, da gehen wir lieber prozyklisch dran,wir senken jetzt die Steuern“, obwohl Sie Geld zurück-legen und die Schulden senken müssten.
Ich werfe Ihnen vor, dass Sie gar nicht verstanden ha-ben, was dieses Haus in die Verfassung geschrieben hat.
Verstanden hat das der Ministerpräsident von Sachsen,der ja nicht an uns, sondern an die CDU und die FDPadressiert gesagt hat – ich zitiere Herrn Tillich –: „In gu-ten Zeiten werden die Haushalte versaut.“Im Klartext heißt das: Was Sie hier vorschlagen unddiskutieren
– guten Tag, Herr Kampeter, schön, dass Sie eingetrof-fen sind –, funktioniert nicht, sondern damit zerstörenSie die Möglichkeit, die Schuldenbremse tatsächlichumzusetzen.
Denn das Geld, das Sie jetzt aufgrund der Konjunkturglauben als Steuersenkung verausgaben zu können, wirdin den Krisenzeiten fehlen. Das führt zu einem struktu-rellen Defizit, aufgrund dessen in der Krise Mittel fürstaatliches Handeln fehlen werden.awKSfoIhsnBBSWteicmdmdeMistemsbsFuladsdwsIdslievC
önnen tut ihr es immer noch nicht. Ihr seid mit eurerteuersenkungsdiskussion jetzt fünfmal – ganz vornehmrmuliert – auf die Fresse geflogen. Und was macht ihr?r ruft wieder aus – dabei könnt ihr euch kaum brem-en –: Hurra, wir machen eine Steuersenkung! – Ihr habtoch nicht kapiert, wie das geht, aber sagt der staunendenevölkerung schon, dass das geht. Da hilft, Herrrüderle, eine alte Weisheit aus dem Turnsport. Sie heißt:chwung ersetzt die Technik nicht.
as euch fehlt, ist einfache und schlichte Regierungs-chnik: Wenn ich etwas machen will, dann erkundigeh mich vorher, wie das geht. In der FDP müsste man eigentlich wissen – da könntean Herrn Solms fragen –, dass man bei einer Senkunger Einkommensteuer die Länder fragen muss. Sie sindit 42,5 Prozent und die Kommunen mit 15 Prozent anen Einnahmen aus dieser Steuer beteiligt. Das heißt,he so etwas verkündet wird, muss man schauen, was dieinisterpräsidenten der Länder dazu sagen. Interessantt: Mit Ausnahme Bayerns haben auch die unionsregier-n Länder, auch die wenigen, in denen die FDP nochitregiert, erklärt, dass Steuersenkungen nicht möglichind. Auch die Bundesländer haben eine Schulden-remse. Sie ist sogar noch rigider als die des Bundes.Ich komme zum Schluss. Manche haben gesagt, dasei ein Rettungsschirm für die FDP. Es gibt die schönerage: Was ist der Unterschied zwischen Griechenlandnd der FDP? Die Antwort ist ganz einfach: Griechen-nd ist mit Sicherheit – das gilt für den Euro sowieso –ie 180 Milliarden Euro wert, die die beiden Rettungs-chirme kosten. Aber ich habe noch keinen getroffen,er gesagt hat, die FDP sei jährlich 7 Milliarden Euroert. Ich glaube, Sie finden niemanden, der diese Aus-age bejahen würde. Denken Sie noch einmal über Ihreee nach. Vielleicht kommen Sie auf eine bessere Lö-ung.Vielen Dank.
Herr Kuhn, Sie haben heute Geburtstag. Es ist natür-ch eine würdige Form, ihn mit einer Rede in der Aktu-llen Stunde zu begehen. Wir wünschen einen schwung-ollen Geburtstag, das kann man sicher sagen.
Das Wort hat der Kollege Norbert Barthle für dieDU/CSU-Fraktion.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13323
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Lieber Herr Kollege Kuhn, ich will zum An-
fang meiner Rede klarstellen: Erstens. Steuersenkungen
sind kein Griff in die Kasse des Staates. Steuererhöhun-
gen sind ein Griff in die Taschen der Bürger. So herum
wird ein Schuh daraus.
Das sollten Sie immer richtig sehen, Ihre Sichtweise ist
da etwas verquer.
Zweitens. Meiner Ansicht nach war es keine glückli-
che Entscheidung der Grünen, diese Aktuelle Stunde zu
beantragen; denn die Absicht ist doch klar. Sie wollen
zwei Dinge erreichen: Erstens. Sie wollen die Glaubwür-
digkeit dieser Koalition hinsichtlich der Einhaltung der
Schuldenregel infrage stellen. Zweitens. Sie wollen auf
diese Weise einen Keil zwischen CDU/CSU und FDP
treiben. Beides wird Ihnen mit dieser Aktuellen Stunde
nicht gelingen.
Ich will Ihnen auch ganz genau sagen, warum. Ers-
tens. Wir sind uns vollkommen darin einig – darüber
habe ich noch gestern Abend mit Herrn Brüderle ge-
redet –, dass wir beide, CDU/CSU und FDP, an die kalte
Progression herangehen wollen. Diese kalte Progression
in unserem Steuersystem bedeutet – das sage ich für die
Bürger außerhalb dieses Saales – im Gegensatz zum li-
near-progressiv ansteigenden Tarif einen Tarif mit einem
Buckel, dem sogenannten Mittelstandsbauch. Der Tarif
steigt in den unteren und mittleren Einkommensgruppie-
rungen, bis etwa über 50 000 Euro Jahreseinkommen,
schneller an als in den anderen Einkommensgruppierun-
gen.
Das führt dazu, dass der normale Arbeitnehmer, die
normale Arbeitnehmerin, bedingt durch Inflationsrate
und Lohnerhöhungen, netto nicht mehr in der Tasche ha-
ben, sondern dass dieser Lohnzuwachs durch die kalte
Progression wegbesteuert wird. Dieses Stück Ungerech-
tigkeit wollen wir gemeinsam bereinigen. Darin sind wir
uns vollkommen einig, da gibt es keinen Dissens.
Zweitens. Beim Einhalten der Schuldenregel gibt es
erst recht keinen Dissens. Im Gegenteil: Wenn eine
Koalition in diesem Hohen Hause in der Lage ist, den
Haushalt zu konsolidieren, dann ist es diese bürgerliche
Koalition und niemand anderes.
– Das Gelächter auf der einen Seite dieses Hauses ist
hier wirklich demaskierend. Ich erlaube mir einen klei-
nen Blick in die Geschichte. Herr Kuhn, Sie hatten wäh-
rend der rot-grünen Regierungszeit in Ihrer Fraktion eine
entscheidende Position inne. 2005 hat die Regierung
Schröder vorzeitig das Handtuch geworfen, und zwar
unter anderem deshalb, weil eine Verschuldung von
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der ob Sie sozusagen automatisch die Realität ausschal-n, wenn Sie an das Rednerpult treten. Das hörte sich son und war offenkundig Ausdruck Ihrer Verlegenheit.
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13324 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
Joachim Poß
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Sie wissen es doch besser. Sie wissen auch, dass wirim Jahr 2008 für den gesamtstaatlichen Ausgleich ge-sorgt hatten, der erstrebenswert ist, um auf Bundesebeneohne Neuverschuldung auszukommen. Sie wissen, wasangesagt ist. Jeder in Deutschland, auch die MitgliederIhrer Parteien, sind sehr unglücklich über den Klamaukin dem Laden, der sich Koalition nennt. Das ist doch je-den Tag spürbar.
Ich bin etwas unglücklich über die öffentliche De-batte, die den Eindruck erweckt, wir hätten großeSpielräume für Steuersenkungen. Die haben wirnicht …So Wolfgang Schäuble.
Es hat zwar eine Woche gedauert, bis der Bundesfinanz-minister auf die schuldenfinanzierten FDP-Steuersen-kungsforderungen reagiert hat, dann aber hat er sich un-missverständlich geäußert. Schäuble weiter:Grundsätzlich kann ich aber nur feststellen: DieSteuerbelastung in Deutschland liegt unter demDurchschnitt der anderen Industriestaaten, und dieHerausforderungen, die auf uns und die Haushaltewarten, sind groß.Damit hat Minister Schäuble höflich, aber eindeutigseinen jungen Koalitionskollegen gesagt, was Sache ist:Trotz guter Wirtschaftslage und Steuerschätzung ist keinGeld für Steuersenkungen da. Erst muss konsolidiertwerden, und erst gilt es, die anstehenden Aufgaben wiedie Energiewende und die Bundeswehrreform zu finan-zieren. Auch seien, so Schäuble weiter, die Steuerlastenin Deutschland längst nicht so hoch, wie es uns dieRöslers, Lindners und gelegentlich auch CSU-Politikerweismachen wollen.
Wo der Bundesfinanzminister recht hat, muss ihmauch die Opposition recht geben. Diese klare AussageSchäubles entlarvt das, was hier seit zwei Wochen ge-spielt wird, als reine Polittaktik. Es geht um nichts ande-res als um die Rettung der FDP, allerdings mit untaugli-chen Mitteln.
Hier gibt uns diese Koalition erneut eine ganz er-bärmliche Vorstellung: eine von vielen. Auch fast zweiJahre nach der Übernahme der Regierungsverantwor-tung kann es nur ein Urteil über diese Regierung geben:Die können es nicht.
Offenbar ist die Verzweiflung und Ratlosigkeit bei derFDP so groß, dass als alleiniges vermeintliches politi-sches Erfolgsrezept erneut eine irrationale Steuersen-kgZleknmresinridMD–AriSmHmriMdMhDsBdkakzliSlassD„dSs
Ja, sicher, und die Kanzlerin hat hervorragend von denrbeitsergebnissen der SPD gelebt. Das ist ja das Trau-ge daran.
Ein Jahr lang standen Haushaltskonsolidierung undparsamkeit über allem. Jetzt auf einmal soll das nichtehr gelten. Auf einmal spielen die verschiedenenaushaltsrisiken und die Schuldenbremse keine Rolleehr und werden von der Koalitionsspitze einfach igno-ert. Das wird Herr Schäuble nicht mitmachen können.al sehen, was sein Parlamentarischer Staatssekretärazu sagt! Die Meinungsverschiedenheiten zwischenerkel und Schäuble zum Beispiel in der Europapolitikaben uns schon genug geschadet.
ie Fortsetzung in der Innenpolitik ist höchst überflüs-ig.Im Übrigen finde ich es bemerkenswert, Herrrüderle,
ass Sie alle im krampfhaften Bemühen um Steuersen-ungen auf einmal zu Keynesianern mutiert sind. Jetztuf einmal seien Steuerentlastungen zwingend, um imommenden konjunkturellen Abschwung positive finan-ielle Impulse zu setzen. Da wird an keiner Stelle fach-ch sauber argumentiert. Deshalb fordere ich Herrnchäuble oder Herrn Kampeter auf: Legen Sie uns be-stbare Zahlen darüber vor, wie hoch die kalte Progres-ion gegenwärtig und voraussichtlich in nächster Zeitein wird!
er Umstand, dass Begriffe wie „kalte Progression“ undMittelstandsbauch“ flugs durcheinandergeworfen wer-en, zeigt: Sie haben meistens von den Sachen, über dieie reden, keine Ahnung. Das muss man wirklich kon-tatieren.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13325
Joachim Poß
)
)
Ich wüsste auch gerne einmal, –
Herr Kollege Poß.
– was Herr Rösler oder Herr Lindner unter kleinen
und mittleren Einkommen verstehen. Das alles erinnert
an eine Gespensterdebatte.
Herr Poß.
Mit solchen Debatten kennen Sie sich allerdings
schon seit zwei Jahren gut aus.
Der Kollege Dr. Volker Wissing hat das Wort für die
FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Zuerst ein Satz zu Ihnen, Herr Kuhn. Ich finde, es istschon fast scheinheilig,
dass Sie sich in jeder Debatte hierhin stellen und das Ho-helied auf die Schuldenbremse anstimmen. Es gibt zweiFraktionen in diesem Haus, die die Schuldenbremsenicht wollten: Die eine ist die Linke, und die andere sindSie. Da Sie der Schuldenbremse nicht zugestimmt ha-ben, sollten Sie in der Öffentlichkeit nicht den Eindruckerwecken, als wären Sie eine der Fraktionen, die sich umeinen soliden Haushalt bemühen. Das ist scheinheilig.
Sie wollten die Schuldenbremse nicht und haben ihrnicht zugestimmt. Deswegen sind Sie nicht eine Fraktionder Haushaltskonsolidierung, sondern das glatte Gegen-teil. Sie sollten uns daher keine Vorwürfe machen. Siesollten besser in den Spiegel schauen.Wir kämpfen für eine gerechtere Besteuerung der Be-schäftigten. Und was ist vom linken Parteienspektrum zuhören? – Ich darf zitieren: Das sei dreist; das sei finanz-politisches Abenteurertum – ich glaube, das ist derQuatsch der Grünen –, und das sei finanzpolitischer Sui-zid. Man kann mit einer solchen Verachtung über dieLeistung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler spre-chen. Sie mögen das tun. Aber das wird bei den Men-schen, die den Aufschwung erarbeitet und LeistungenewnRKpuMMdkmtessWrafüetizddnsSawsdngUreNhgDMv
ir haben die Haushaltskonsolidierung erfolgreich vo-ngetrieben. Wir haben mit dem Sparpaket die Weichenr die Einhaltung der Schuldenbremse gestellt, die wirrkämpft haben. Wir haben mit unserer Wirtschaftspoli-k dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit deutlichurückgegangen ist und die Sozialkassen entlastet wor-en sind. Jetzt zeitigt unsere Wachstums- und Konsoli-ierungspolitik Erfolge, jetzt wollen wir an die Arbeit-ehmerinnen und Arbeitnehmer denken. Die Menschenollen von ihrer Leistung stärker profitieren. Das mögenie unverantwortlich nennen, für uns ist und bleibt dasber eine Frage der Gerechtigkeit. Deswegen kämpfenir leidenschaftlich und auch mit Stolz für die Men-chen, die diese Leistungen erbracht haben.
Ich sage Ihnen: Unverantwortlich ist etwas ganz an-eres, nämlich die Art und Weise, wie Sie den Bürgerin-en und Bürgern die Teilhabe am Aufschwung verwei-ern wollen.
nverantwortlich ist es auch, dass Sie von Einsparungenden und dann, wenn Sie Verantwortung tragen – wie inordrhein-Westfalen – verfassungswidrige Schulden-aushalte vorlegen. Sie kann doch nur ein Verfassungs-ericht vom Schuldenmachen abhalten.
eswegen sollten Sie nicht davon reden, dass man dieenschen nicht entlasten kann. Man muss die Menschenor Ihrer Ausgabenpolitik schützen
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Dr. Volker Wissing
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und diejenigen am Wohlstand dieses Landes teilhabenlassen, die ihn erarbeiten wollen.
Parteien wie die Sozialdemokraten und die Grünen,die mithilfe der Justiz nur mit Müh’ und Not vom Schulden-etat ferngehalten werden können, sind nun wirklichkeine objektive und glaubwürdige Instanz, um überSteuerentlastungen zu urteilen.Die Bürgerinnen und Bürger werden das Geld nie-mals so schnell erarbeiten können, wie Sie von Rot-Grünes ausgeben. Deswegen ist Ihre Kritik unseriös. Sie wis-sen das am besten. Sie wissen schon, dass jede Form dersteuerlichen Entlastung von Menschen mit unteren undmittleren Einkommen strikt abzulehnen ist, ohne dassSie die konkreten Vorschläge dieser Koalition kennen.
Wer so vorgeht, der handelt aus Prinzip. Sie wollen dieBürgerinnen und Bürger nicht entlasten, weil Sie glau-ben, deren Geld gehöre dem Staat; Herr Kuhn hat das jasehr entlarvend heute hier ausgeführt.
Franz Müntefering hat ganz deutlich gesagt, wie sichdie SPD die Verteilung der Einkommen vorstellt – ichdarf ihn zitieren –: Weniger für den privaten Konsumund dem Staat das Geld geben, damit Bund, Länder undGemeinden ihre Aufgaben erfüllen können.Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wollen wirauch. Deswegen haben wir die kommunale Ebene ent-lastet. Wir haben die Weichen für eine kommunale Fi-nanzreform gestellt; wir werden den Kommunen helfen.Aber etwas für die staatliche Seite zu tun und die Men-schen völlig zu vergessen, die mit ihrer Hände Arbeit alldas erwirtschaften, was verteilt werden kann, ist keineseriöse Politik.
Deswegen müssen wir uns nicht rechtfertigen, wenn wirnach erfolgreicher Haushaltskonsolidierung die Bürge-rinnen und Bürger am Aufschwung beteiligen wollen.Sie müssen sich rechtfertigen, wenn Sie den Menschendie Früchte ihrer Arbeit vorenthalten.
Ein Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Einkom-men, der heute einen Euro mehr erarbeitet, wird vomStaat mit 54 Cent abkassiert. SPD, Grüne und Linkewollen, dass das so bleibt. Union und FDP, meine Da-men und Herren in der Öffentlichkeit, wollen, dass sichdas ändert, weil das kein gerechtes Steuersystem mehrist. Das unterscheidet die Opposition von der Koalition.elawwagmnaFBhKlidmmsfiin
Sie mögen Ihre Verweigerungshaltung noch aufrecht-rhalten. Wir arbeiten an einer Lösung.
Herr Kollege.
Wir wollen ein gerechteres Steuersystem in Deutsch-
nd haben.
Herr Kollege, Sie kommen bitte zum Ende.
– Ja, ich komme zum Ende. – Ihre Vorstellungen sind
eder modern, noch sind sie besonders geistreich. Wir
erden unser Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht
ufgeben. Wir werden einen Vorschlag für mehr Steuer-
erechtigkeit vorlegen, und dann können Sie noch ein-
al darüber nachdenken, ob Ihnen die Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer wirklich gleichgültig sind.
Herr Kollege.
Ich lade Sie ein, an einer Lösung des Problems mitzu-
rbeiten.
Kollege Dr. Dietmar Bartsch hat jetzt das Wort für die
raktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herrarthle, Sie haben Ihre Rede damit begonnen, zu be-aupten, dass die Grünen versuchen, einen Keil in dieoalition zu treiben. Das ist wirklich nicht mehr mög-ch, weil in dieser Frage der Abstand bereits so groß ist,ass alle Keile dort durchfallen würden.
Ich bedauere Sie da wirklich ein bisschen; schließlichüssen Sie sich so vorkommen, als wenn Sie hier per-anent irgendwie mit der Schüler-Union agierten. Etwao ist nämlich das Niveau der Auseinandersetzung aufnanzpolitischem Gebiet.
Ich will noch einmal festhalten: Diese Koalition will dieser Legislatur – das ist ihr Eckwertebeschluss –
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13327
Dr. Dietmar Bartsch
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117 Milliarden Euro neue Schulden machen – 117 Mil-liarden Euro! Keine einzige Koalition der Bundesrepu-blik Deutschland hat in einer Legislatur jemals einen sol-chen Schuldenberg angehäuft. Das ist die Realität. Dasist Ihre Politik.
Der Haushalt birgt diverse Risiken, was wir alle mit-einander wissen. Wir haben es mit dem Thema Grie-chenland zu tun, mit der EU insgesamt – Portugal,Irland –, das alles wissen Sie. Wir haben es mit der Tat-sache zu tun, dass die Finanztransaktionsteuer im Mo-ment, auch dank Ihrer Inaktivität, vermutlich nicht kom-men wird. Wir haben es mit dem Thema „Ausfall derBrennelementesteuer“ zu tun. Außerdem haben wir esmit einer Energiewende zu tun, die selbstverständlichGeld kosten wird. Das alles sind einfach Wahrheiten. Ichsage noch einmal: Die 117 Milliarden Euro sind IhreZahl. Dennoch reden Sie in dieser Situation über Steuer-senkungen.Ich will klar und eindeutig sagen: Niemand hier imHause, so hoffe ich, hätte etwas dagegen, bei kleinenund mittleren Einkommen Entlastungen vorzunehmen.Das ist selbstverständlich möglich. Es ist doch Fakt, dassdie Normalverdiener in den letzten zehn Jahren Einkom-mensverluste mit all den Folgen für die Altersvorsorgeund für die Konjunktur gehabt haben. Das ist die Reali-tät.
Niemand hat grundsätzlich etwas gegen Steuersenkun-gen.Ich will noch auf die Themen „Mittelstandsbauch“und „kalte Progression“ eingehen. Natürlich können wirsie gemeinsam angehen. Legen Sie die Zahlen auf denTisch, präsentieren Sie einen Gesetzentwurf! Und dannkönnen wir handeln. Schon die damalige Partei PDS hateinen Vorschlag zur Abschaffung des Mittelstands-bauchs gemacht.
Legen Sie etwas vor! Dann können wir hier gern in derSache diskutieren.
Jetzt kommt das Entscheidende: Wenn Sie das ma-chen wollen, müssen Sie über Steuerpolitik als Einnah-mepolitik nachdenken. Ihr Vorgehen muss doch dazuführen, dass die Einnahmen des Bundes, der Länder undder Kommunen erhöht werden. Warum ist es in dieserSituation nicht möglich, einmal darüber nachzudenken,bei den Vermögenden etwas abzuholen, um bei kleinenund mittleren Einkommen zu entlasten? In dem schwie-rigen Jahr der Krise ist das Bruttoinlandsprodukt zwarum 4,7 Prozent zurückgegangen, allerdings ist die Zahlder Vermögensmillionäre um 6,4 Prozent gestiegen. Dasist die Wahrheit. Es gibt 861 700 Vermögensmillionäre.Warum haben Sie nicht den Mut, hier etwas abzuholen,udnsruzmlebmnwsd–SWwmWsSbeSvfikSdCSPguU
Um uns, Herr Lindner, machen Sie sich keine Sorgen.ie machen Ihre Politik doch vor allem mit Blick auf dieahlen in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern. Wirollen einmal sehen, welche Partei in die dortigen Parla-ente einzieht und welche nicht.
ir wollen einmal ganz in Ruhe schauen, wer waschafft.
Es gibt sogar Menschen, die davon reden, dass dieseteuerentlastung von 10 Milliarden Euro nur Sym-olcharakter hat, wie Herr Bräuninger, der Konjunktur-xperte des HWWI. Er sagt: Diese Politik hat nur einenymbolwert. Ich sage: Das ist nicht so. Es gibt nämlichiel zu viel, was durch den Bundeshaushalt derzeit nichtnanziert wird. Ich will nur ein Stichwort anführen – ichönnte viele nennen –: Städtebauförderung. Da habenie grandios gestrichen. Das war eine Fehlentscheidung;as sagen auch die Kommunalpolitiker von FDP undDU. Dennoch wollen Sie entlasten und auch an diesertelle vielleicht noch mehr streichen. Das ist eine falscheolitik.Ich will Sie einmal daran erinnern, wie der FDP-Slo-an vor der Wahl hieß: Steuersystem – einfach, niedrignd gerecht. Jetzt gilt:
mfragewerte der FDP – einfach, niedrig und gerecht.Schönen Dank.
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13328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
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wäre der ganz lustig gewesen! – JohannesKahrs [SPD]: Der war gut! – Christian Lange[Backnang] [SPD]: Der Gag ist immer wiedergut!)
Steffen Kampeter hat jetzt das Wort für die Bundes-
regierung.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir redenheute eigentlich über den Haushalt. Das ist vom Ablaufzwischen Parlament und Regierung her etwas unge-wöhnlich, weil der Haushalt und die mittelfristigeFinanzplanung erst in der Mitte der nächsten Wochevom Kabinett beschlossen und unmittelbar darauf in ei-ner Haushaltsausschusssitzung bekannt gegeben understmals erörtert werden.Ich will und kann den Beschlüssen des Kabinettsnicht vorgreifen, aber eines ist schon jetzt erkennbar:Mit dem Beschluss zum Bundeshaushalt und zur mittel-fristigen Finanzplanung wird die christlich-liberale Ko-alition ihre wachstumsfreundliche Konsolidierungspoli-tik fortsetzen. Dies ist ein großer Erfolg für unser Land;darauf können wir zufrieden und stolz schauen.
Die Nettokreditaufnahme ist das, was vielen Bürge-rinnen und Bürgern Sorge macht. Vor wenigen Minutenhat das griechische Parlament eine der umfangreichstenSparaktionen in der Geschichte dieses Landes,
wahrscheinlich die umfangreichste Sparaktion in der Ge-schichte dieses Landes, beschlossen.
Auch wir werden unsere Nettokreditaufnahme in dennächsten Jahren erfreulicherweise zurückfahren.
In der mittelfristigen Finanzplanung wird das abgebildet.Wir halten die Schuldenbremse ein.
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uf ihre Fahnen geschrieben haben, dieser fiskalpoliti-chen Regelung, dieser grundgesetzlichen Ausgestaltunger Schuldenbremse, nicht zugestimmt haben, entlarvt,ass bei ihnen Tun und Reden nicht übereinstimmen.
ir tun etwas für Nachhaltigkeit. Wir tun etwas für eineenerationengerechte Finanzpolitik. Die Grünen redenur, und dann, wenn es konkret wird, machen sie sichom Acker.
Wir tun dies auch im Konzert mit unseren europäi-chen Partnern. Wenn Deutschland von anderen inuropa oder auch transatlantisch mehr Stabilität in denffentlichen Finanzen verlangt, dann müssen wir für dasusland auch vorbildlich sein.
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Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter
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Wir haben im Jahr 2011 in der Haushalts- und Finanz-politik zum ersten Mal das Europäische Semester. Dasheißt, wir haben bereits mit unseren europäischen Part-nern diskutiert, wie wir unsere Politik koordinierenwollen – im Interesse von Wettbewerbsfähigkeit und fis-kalpolitisch konservativer Nachhaltigkeit. Dieses Ver-ständnis von Haushaltspolitik ist unser Beitrag zu mehrStabilität in Europa.In diesem Zusammenhang ist ein Begriff, nämlich„Wachstumsorientierung“, ganz wichtig. Ein Teil des Er-folgs, den wir haben, ist lediglich konjunktureller undnicht struktureller Natur. Wir müssen uns um ein nach-haltiges wirtschaftliches Wachstum kümmern. Wir müs-sen auch außerhalb der Haushalts- und Steuerpolitik un-sere Reformen fortsetzen, damit das erfreulichewirtschaftliche Wachstum und die Stabilität in den öf-fentlichen Finanzen nicht eine vorübergehende Entwick-lung bleiben.Zur Steuerpolitik ist festzustellen, dass in der Vergan-genheit viel zu oft konjunkturelle, sprich: vorüberge-hende, Aufhellungen dazu geführt haben, den Haushaltstrukturell zu verschlechtern. Vor diesem Hintergrundverstehe ich die Debatte und auch die Beiträge aus derKoalition so, dass es eine Zweiteilung in diesem Hausegibt – die Bundesregierung nimmt das gerne zur Kennt-nis –: Der eine Teil des Hauses denkt, wenn er den Be-griff „Steuerpolitik“ hört, an die Belastung der Bürgerund daran, wie man die Belastung möglicherweise erhö-hen kann. Der andere Teil denkt zum einen an den Haus-halt, aber er denkt auch an die Entlastung der Bürgerin-nen und Bürger.
Eine Haushalts- und Finanzpolitik, die zuerst an die Be-lastung der Bürger denkt, ist nicht klug, nachhaltig odervernünftig. Deswegen nehmen wir die Signale aus demParlament gerne zur Kenntnis.
Wenn, Herr Kollege, Schulden die Steuererhöhungenvon morgen sind, wie Finanzpolitiker wissen, dann be-deutet die Fortsetzung der Konsolidierungspolitik dieChance auf steuerpolitische Freiräume in der Zukunft.Deswegen hat die Regierungskoalition festgelegt – dasgilt auch für Wolfgang Schäuble –, dass wir uns zu gege-bener Zeit darüber verständigen, was in dieser Legisla-turperiode steuerpolitisch noch geht.
Mit der Entscheidung zum Haushalt und zur mittelfristi-gen Finanzplanung und mit der Festlegung innerhalb derKoalition wird deutlich, wer für dieses Land das richtigeKmVErewSEgmpoAzzbfäUHdSdstivKS
s sind die christlich-liberale Koalition und die Bundes-gierung, die von dieser Koalition getragen wird.Deshalb sollte die SPD jetzt nicht von dem ablenken,as ich vor ein paar Tagen gelesen habe, nämlich diePD fordere zwar, dass diese oder jene steuerpolitischentscheidung der Bundesregierung, die zum gegenwärti-en Zeitpunkt gar nicht getroffen werde, erläutert werde,
ache sich aber gleichzeitig damit, dass sie ihre steuer-olitischen Festlegungen auf die zweite Jahreshälfteder den Winter verschiebe, erst einmal aus dem Staub.uch da zeigt sich ein Mangel an Seriosität in der der-eitigen Opposition.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fortset-ung der Konsolidierung schafft die Freiräume, die wirrauchen, um dauerhaft handlungsfähig und gestaltungs-hig zu sein. In diesem Sinne freuen wir uns über dienterstützung durch eine breite Mehrheit in diesemause und appellieren an diejenigen, die bei der Schul-enbremse noch zögern und die bei Konsolidierung oderteuerpolitik immer nur an die Belastung der Bürgerenken, den Blick auch auf Freiheit und Leistungsbereit-chaft zu richten, ohne die Konsolidierung und Nachhal-gkeit der öffentlichen Finanzen dabei aus dem Auge zuerlieren.Herzlichen Dank.
Johannes Kahrs hat das Wort für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Wir alle kennen und schätzen den Kollegenteffen Kampeter.
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13330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
Johannes Kahrs
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Wenn man ihn heute hier gehört hat, dann hat man ge-merkt, dass er erstens deutlich unter seinen Möglichkei-ten geblieben ist,
dass er zweitens seine eigene Überzeugung tapfer unter-drückt hat
und dass er drittens alles getan hat, um in dieser Koali-tion etwas zu heilen, was in den letzten Tagen sichtlichin die Brüche gegangen ist.Wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, kannman als Sozialdemokrat kaum das Grinsen aus dem Ge-sicht bekommen. Immer wenn man über Steuersenkun-gen redet, stellt man Pleiten, Pech und Pannen fest. Fürdie Bürger und Steuerzahler dieses Landes ist das aller-dings eher peinlich. Beim Thema Steuersenkungen mussman sich, finde ich, von der FDP und der CDU/CSUnichts erzählen lassen. SPD und Grüne haben in diesemBereich 2003/2004 relativ viel getan. Es gibt viele Bür-ger, viele Niedrigverdiener, die heute gar keine Steuernzahlen müssen. Das war damals die größte Steuersen-kung, die wir je hatten. Daran sind Sie mit Ihren Kon-zepten nicht einmal im Ansatz herangekommen.
Jetzt unterhalten wir uns wieder über das Thema Steu-ersenkungen. Schauen wir einmal, was die geneigtePresse zu diesem Thema zu sagen hat.
Der SPD wurde gerade vorgeworfen, dass wir unserKonzept nicht sofort vorlegen – und das machen wir des-halb nicht, weil wir es sauber und vernünftig durchdekli-nieren wollen, da wir nicht die Fehler machen wollen,die Sie machen. Das Hamburger Abendblatt titelt ge-rade:Entscheidung über Steuersenkungen auf HerbstvertagtSpitzentreffen der Koalition abgesagt. Schäuble be-harrt auf Abbau der Neuverschuldung.
Wenn man findet, dass das Hamburger Abendblatt einLinksaußen in der deutschen Presselandschaft ist, dannempfehle ich die Lektüre der Welt am Sonntag. Sie istzwar für Sozialdemokraten normalerweise nicht geradedas Leib- und Magenblatt, aber manchmal kann mansich das ja antun.
Die Welt am Sonntag titelte am 12. Juni 2011:wIcSwdhW2WmdSevDSzghurumPlentu7DSbfrAwSfo
Wir haben eben sehr salbungsvolle Reden darüber ge-ört, dass man hart arbeitende Bürger entlasten muss.ir haben das getan. Rot-Grün hat das getan, und zwar002, 2003 und 2004.
enn man sich die jetzige Situation anschaut, dann stelltan fest, dass wir keine Steuermehreinnahmen haben,ie wir an das zahlende Volk zurückgeben können.elbst wenn diese Regierung ihre optimistischsten Zielerreicht, schafft sie es vielleicht gerade einmal, die Neu-erschuldung auf unter 30 Milliarden Euro zu drücken.ann sind es aber immer noch 30 Milliarden Euro neuechulden.
Man will jetzt neue Schulden machen, um den Bürgeru entlasten. Das heißt, die Steuerschuld wird ständigrößer. Das ist doch absurd. Worüber reden wir dennier alles? Wir reden über Griechenland, über den Eurond über Atombelastung. Dann aber kommt die Regie-ng, die mit Solidität protzen will, um die Kurve undacht genau das Gegenteil. Das ist Entlastung aufump. Die zukünftigen Generationen werden dies zah-n müssen. Das ist weder seriös, noch ist es gerecht,och ist es eine Entlastung. Denn der Bereich der Entlas-ng ist dürftig. Wir reden über gerade einmal 6 oderMilliarden Euro. Rot-Grün hat deutlich mehr geliefert.as, was Sie hier veranstalten, ist peinlich.Vor kurzem erklärte uns die FDP noch: Man muss dieteuern senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. – Jetztrummt die Wirtschaft. Man kann sich übrigens auchagen, warum sie brummt. Weil es diese hervorragendegenda 2010 gegeben hat,
eil es die Rente mit 67 gegeben hat und weil wir alsozialdemokraten dieses Land anständig und sauber re-rmiert haben. Wir haben regiert. Wir hatten einen Plan.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13331
Johannes Kahrs
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Was ist das Problem dieser Regierung? Sie haben kei-nen Plan, Sie haben keinen Kompass, und Sie habenkeine innere Richtung. Der Fisch stinkt immer vomKopf zuerst.
Hier ist es auch so. Hier kann man das erleben. Das istdas Ergebnis. Die Bürger dieses Landes werden es ertra-gen müssen. Sie werden es so lange ertragen müssen, bissie die Chance haben, darüber abzustimmen. Bei denLandtagswahlen können sie schon einmal üben. Ichglaube, dass das, was Sie hier veranstalten, weder seriösnoch gerecht noch anständig ist. Ich bin froh, dass wirals Sozialdemokraten die Schuldenbremse durchgesetzthaben, damit das Elend mit Ihnen nicht noch schlimmerwird.Vielen Dank.
Der Kollege Dr. Hermann Otto Solms hat das Wort
für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Es wäre ganz gut, jede Parteisprecherin und je-der Parteisprecher würde sich um die Belange der eige-nen Partei kümmern. Dann wüssten Sie, wer bei Ihnenangefangen hat, am Kopf zu stinken, Herr Kahrs. Wirhaben damit keine Probleme.
Es handelt sich hier um eine Debatte der Glaubwür-digkeit. Herr Clement, Ihr früherer Superminister, hat imHandelsblatt gesagt: Was wundert ihr euch eigentlich?Die FDP tut genau das, was sie im Wahlkampf angekün-digt hat. – Genau das tun wir.
Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wir haben imWahlkampf gesagt: Haushaltskonsolidierung und Steuer-reform sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Dasmuss Hand in Hand gehen. – Das ist genau das, was wirjetzt tun. Wir haben am Anfang der Legislaturperiodedie Bürger und insbesondere die Familien um 24 Milliar-den Euro entlastet
und die Konjunktur damit unterstützt. Das trägt nun auchseine Früchte. Wir haben inzwischen das Steuersystemzwzzludvbhru–nladwSdEtabsuBEgbpRjen
Nein. – Über die Beachtung der Schuldenbremse hi-aus haben wir Spielräume, um bei den Steuern zu ent-sten. Die Grundfrage in der Steuerpolitik lautet: Ist esas Geld des Staates oder das Geld der Bürger, von demir hier reden?
ie tun immer so, als wäre es das Geld des Staates undie Bürger hätten nur zu liefern.
s ist aber das Geld der braven, fleißigen Bürger, die esgtäglich erarbeiten und die einen Anspruch darauf ha-en, dass sie nicht überproportional belastet werden. Un-er Tarif ist ungerecht. Der Kollege Poß – wir kennenns schon lange – weiß genau, dass der Tarif im unterenereich stärker ansteigt als im oberen Bereich.
s geht darum, genau diese Ungerechtigkeit zu beseiti-en.
Wir tun das, was wir im Wahlkampf angekündigt ha-en – die CDU übrigens genauso. Sie hat in ihrem Wahl-rogramm geschrieben:Leistung und Einsatzbereitschaft müssen sich wie-der mehr lohnen. Durch eine Korrektur des Tarif-verlaufs sor-gen wir dafür, dass Lohnerhöhungen auch wirklichbei denjenigen ankommen, die sie erarbeitet haben.espekt. Das ist eine richtige Aussage. So handeln wirtzt.
Was hat denn die SPD dazu gesagt? Das ist jetzt span-end. Die SPD hat geschrieben:Entlastung der Normalverdienenden … Wir wollendie Entlastungen daher auf die Bezieher niedrigerund mittlerer Einkommen sowie die Familien kon-zentrieren.
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13332 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
Dr. Hermann Otto Solms
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Wir wollen doch nichts anderes. Warum wehren Sie sichdagegen?
Sie müssen doch nur das tun, was Sie vor der Wahl ange-kündigt haben.
Dann sind wir schon im Konsens. Das ist eine Frage derGlaubwürdigkeit.
Um diese Glaubwürdigkeit geht es uns. Wir tun das, waswir vorher gesagt haben.
Wenn wir auf dem Weg dorthin etwas warten muss-ten, weil die Haushaltskonsolidierung noch nicht so weitwar, dann ist das kein Fehler dieser Politik, sondern zeigtvielmehr ihre Vernunft. Jetzt befinden wir uns in der Si-tuation, in der die nötigen Spielräume erarbeitet wordensind, in der wir die beste Arbeitsmarktlage und diehöchste Beschäftigtenzahl seit den 90er-Jahren haben.Das verschafft uns auch im finanziellen Bereich die nö-tige Luft.Wenn wir jetzt nicht entsprechend handeln – das willich Ihnen als letztes Argument auf den Weg geben –,dann wäre es so, dass die Lohnerhöhungen, die die Ge-werkschaften und Arbeitgeberverbände mühsam ausge-handelt haben, zum Schluss alle beim Staat landen. Daswar doch nicht die Absicht der Tarifvertragsparteien.Diese wollten ihren Arbeitnehmern etwas Gutes tun unddafür sorgen, dass auch sie an dem Aufschwung beteiligtwerden. Es ist nun aber so, dass von diesen Lohnerhö-hungen über 50 Prozent beim Staat und in den Sozial-kassen landen und der Rest durch die Inflationsrate auf-gezehrt wird.Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die klei-nen Handwerksbetriebe und die kleinen Selbstständigenhaben davon überhaupt nichts. Das kann so nicht weiter-gehen. Es ist unsere Aufgabe, für eine gerechte Besteue-rung zu sorgen, bei der im Ergebnis alle, die für den Auf-schwung gearbeitet haben, ihren Anteil erhalten.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Lisa Paus hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
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Meine Damen und Herren, das Handelsblatt hat recht.ei einer Schuldenstandsquote von aktuell über 80 Pro-ent des Bruttoinlandsprodukts – der Vertrag von Maastrichtieht eine Obergrenze von 60 Prozent vor –, bei einemundeshaushalt, der auch 2012 – Herr Kampeter hat esdirekt bestätigt – keine Überschüsse erwirtschaften,ondern weiterhin ein Minus ausweisen wird, und zwaron bis zu 30 Milliarden Euro – trotz guter Konjunktur –,ollen Sie Steuersenkungen auf Pump finanzieren. Dast verantwortungslos.
Wenn Sie schon uns nicht glauben, dann hören Sieenigstens auf die mahnenden Stimmen aus den eigeneneihen, auf Ihren eigenen Bundesfinanzminister oderuf Herrn Tillich, Ministerpräsident von Sachsen, derarnte:In guten Zeiten werden die Haushalte versaut.as ist das, was Sie gerade zu tun drohen. Frauieberknecht, Ministerpräsidentin von Thüringen, be-eichnete die ganze Debatte als „irgendwie irre“; ichuss ihr zustimmen. McAllister, Ministerpräsident voniedersachsen, sagte:Das ist doch alles im Moment eine virtuelle De-batte!ören Sie auf Ihre Kolleginnen und Kollegen in denändern! Denn sie haben schlichtweg recht.
Wenn Sie trotzdem weiter über Steuersenkungen dis-utieren wollen, muss ich Ihnen sagen: Es gibt zwar dieoffnung, damit die FDP zu retten; aber dieses Ret-ngspaket wird nicht wirken. Die Bürgerinnen und Bür-er werden nämlich merken, dass Sie das Versprechen,as Sie geben, am Ende gar nicht einhalten werden, weilie es nicht einhalten können.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13333
Lisa Paus
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Ich wiederhole das Versprechen, das Sie wie ein Man-tra formulieren: Wir entlasten vor allem die unteren undmittleren Einkommen. – In der Diskussion über Vor-schläge dazu hört man – auch wenn das noch eherschwammig ist – das Stichwort „Mittelstandsbauch“. Esheißt: Der muss weg. – Diese Debatte ist grundsätzlichrichtig. Es geht darum, dass das schnellere Ansteigen derSteuern im unteren Einkommensteuerbereich – dieGrenzsteuersätze sind dort höher – abgemildert wird, so-dass die Einkommen zwischen 8 004 und knapp 14 000Euro entlastet werden. Wenn Sie aber beim Tarifverlaufim oberen Bereich nichts tun, dann wird die Schere zwi-schen Arm und Reich, wenn man die absoluten Entlas-tungen in den Blick nimmt, im Endeffekt nicht kleiner,sondern deutlich größer.
Überdies würde das 23 Milliarden Euro kosten. Das kön-nen Sie gar nicht finanzieren; der Betrag ist auch garnicht im Gespräch.Wenn Sie den Mittelstandsbauch nur zur Hälfte auf-heben wollen, dann braucht man dafür nach Schätzungder CSU ungefähr 12 Milliarden Euro. Um es den Bür-gerinnen und Bürgern zu erklären: Das heißt, man würdebei einem Einkommen von 12 000 Euro pro Jahr umganze 50 Euro pro Jahr entlastet, bei einem Einkommenvon 30 000 Euro aber schon um 550 Euro, bei einemEinkommen ab 52 000 Euro um 780 Euro. Das unter-streicht: Es geht hier nicht um eine Entlastung für dieunteren und mittleren Einkommen; Sie geben wie immerdenen, die schon haben.
– Die Grünen haben ihn gesenkt; das ist richtig.
– Wir haben auch in den unteren Einkommensbereichendie Steuern gesenkt; das war ausgewogen. Wenn Sie andie Einkommensteuern herangehen wollen, schlagen wirvor, gerecht vorzugehen. Die Vorschläge, die bisher aufdem Tisch liegen, leisten das jedenfalls nicht.
Weil Sie wissen, dass Sie für Ihre Pläne im Bundesratkeine Mehrheit bekommen, ist im Gespräch, stattdessenden Soli abzuschaffen. Da wird es natürlich völlig ab-surd; das passt natürlich überhaupt nicht zu dem Ver-sprechen, vor allen Dingen die unteren und mittlerenEinkommen zu entlasten. Dazu nenne ich entsprechendeZahlen: Für die unteren Einkommen bis 12 000 Eurowürde das eine Entlastung von 0 Euro – ich wiederhole:0 Euro – bedeuten; bei einem Einkommen von 30 000Euro sind es 936 Euro, bei einem Einkommen von53 000 Euro sind es 2 000 Euro – da lohnt es sich schonripmFsFHafrhngDmndKVreedahläagmu
Ich ziehe das Fazit. Dieser Rettungsschirm für dieDP wird einfach nicht aufgehen. Deswegen: Bitte, las-en Sie es!
Andreas Mattfeldt hat das Wort für die CDU/CSU-
raktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Gestatten Sie, dass ich meine Besuchergruppeuf der Tribüne begrüße; das mache ich sonst selten. Icheue mich, dass Sie da sind.Herr Kuhn, einen Gefallen haben Sie sich mit dereutigen Debatte nicht getan. Vielleicht haben Sie esoch nicht gemerkt, aber in Deutschland geht es uns sout wie seit langem nicht mehr:
ie Wirtschaft boomt, die Steuereinnahmen stimmenehr als optimistisch, und die Arbeitslosigkeit hat einenicht für möglich gehaltenen Tiefpunkt erreicht. Ich sageeutlich: Die christlich-liberale Koalition arbeitet ihrenoalitionsvertrag Punkt für Punkt ab.
ieles ist in den vergangenen zwei Jahren bereits er-icht worden,
iniges ist in der Umsetzung begriffen. In den kommen-en zwei Jahren werden wir die verbleibenden Punktengehen. Hierzu gehört auch eine Diskussion über anste-ende Steuererleichterungen, wenn die Finanzlage es zu-sst.Die aktuelle Situation ist an Erfolg, aber gleichzeitign Normalität nicht zu überbieten. Meine lieben Kolle-en von der Opposition, natürlich ist es immer beque-er, gegen alles zu sein, als konstruktive Vorschläge zunterbreiten,
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13334 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011
Andreas Mattfeldt
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um dafür zu sorgen, dass es den Menschen in unseremLande besser geht. Von den Grünen, der Dagegen-Partei,sind wir nichts anderes gewohnt, aber von der Sozial-demokratie hätte ich heute mehr erwartet, Herr Poß.
Hier schreien Sie, aber in Ihrer eigenen Partei könnenSie sich noch nicht einmal auf ein Steuerkonzept eini-gen,
und voller gespielter Empörung kritisieren Sie die Über-legungen der christlich-liberalen Koalition. So geht dasnicht.
Sie sprechen derzeit parteiintern heimlich über Steuerer-höhungen. Gleichzeitig kritisieren Sie uns, dass wir nurdarüber diskutieren, ob wir die unteren und mittlerenEinkommen entlasten können.
– Herr Poß, mit einer Neiddebatte gönnen Sie einem Fa-milienvater, der morgens früh aufsteht, nicht die Butterauf dem Brot; denn Sie fordern gleichzeitig höhere Re-gelsätze für diejenigen, die nicht arbeiten, für Hartz-IV-Empfänger. Ich sage Ihnen deutlich: Wo Sie Gerechtig-keit draufkleben wollen, ist noch lange keine Gerechtig-keit drin.
Es ist doch völlig normal, dass innerhalb einer Koali-tion auch kontroverse Debatten über das eine oder an-dere Thema geführt werden. In einer Demokratie gehö-ren Diskussionen innerhalb einer Regierungskoalitiondazu.
Sie von Grün-Rot kennen das doch zur Genüge. Für unsist es selbstverständlich, Johannes Kahrs, dass wir das,was wir im Koalitionsvertrag niedergeschrieben haben,auch umsetzen wollen. Das mag für Sie vielleicht neusein, meine Damen und Herren von der Opposition;denn Sie halten die Versprechen, die Sie machen, mit-nichten ein. Als Stichwort möchte ich nur Stuttgart 21und den Umgang der Grünen mit diesem Thema vor undnach der Landtagswahl nennen.Wir als christlich-liberale Koalition haben uns im Ko-alitionsvertrag Steuervereinfachungen und Steuersen-kkSsssDSssWliwEAaAvDnnshDgSDeSeos
azu gönnen wir uns eine gewisse Ruhe.
elbstverständlich gilt für uns weiterhin, dass die Kon-olidierung des Haushaltes Vorrang haben muss. Ichage ergebnisoffen: Beides schließt sich nicht aus.
ir stehen am Beginn eines Prozesses. Es ist heute völ-g offen, wie die Steuersenkungen aussehen werden undie sie finanziert werden.
rst nach dem Prozess kann man seriös sagen, welcheuswirkungen diese Pläne auf Bundes-, Länder- und vorllem Kommunalhaushalte haben werden.Die positivsten Auswirkungen des wirtschaftlichenufschwungs verzeichnen in diesen Tagen die Haushalteon Bund, Ländern und insbesondere Kommunen.
iesen Aufschwung hätte es ohne intensive Diskussio-en und die daraus folgenden klugen Entscheidungenicht gegeben. Dazu gehört auch das Wachstumsbe-chleunigungsgesetz, das diese Koalition beschlossenat.
eutschland stünde ohne dieses Gesetz heute nicht sout da.
ie haben dieses Gesetz bekämpft.
ie positive wirtschaftliche Entwicklung lässt die Steu-reinnahmen sprudeln. Möglicherweise entsteht dadurchpielraum für Steuersenkungen. Diesen Spielraum gilts nun in Ruhe und mit Besonnenheit auszuloten.
Bislang wurde jede Bundesregierung daran gemessen,b sie das Problem in den Griff bekam, das die Men-chen am meisten beschäftigte: die Arbeitslosenzahlen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 116. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Juni 2011 13335
Andreas Mattfeldt
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Wir können mit Stolz sagen, dass wir in diesen Tagen invielen Regionen Vollbeschäftigung haben.
Herr Kollege.
Wenn Gerhard Schröder in diesen Tagen noch Bun-
deskanzler wäre,
würde er – da bin ich mir sicher – jeden Tag ein Feuer-
werk in Deutschland abfeuern und mit seinen guten
Leistungen prahlen.
Herr Kollege, bevor das Feuerwerk gezündet wird,
müssen Sie zum Ende Ihrer Rede kommen.
Wir sind sachlicher und arbeiten anständig mit. Wir
fordern Sie auf, das ebenfalls zu tun.
Danke schön.
Der Kollege Lothar Binding hat jetzt das Wort für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal sagen Re-den auch etwas über die psychische Konstitution desRedners aus.
Ich habe mich gefragt, warum der erste Redner der FDP,Volker Wissing, den Ausdruck „finanzpolitischer Suizid“ inden Mund genommen hat. „Suizid“ heißt Selbstmord.Wieso fällt einem FDP-Politiker dieses Wort heute hierein? Dieses Wort scheint gar nicht zu passen.
Ich habe vorhin den Parlamentarischen StaatssekretärKoschyk gefragt, wie er untere und mittlere Einkommendefiniert. Er hat geantwortet, man wolle die kalte Pro-gression abschaffen. Die kalte Progression hat mit derBeantwortung meiner Frage aber überhaupt nichts zutun. Joachim Poß hat das erläutert und gesagt: Oft wirdkalte Progression mit dem Mittelstandsbauch, dem stei-len Anstieg der Grenzsteuerbelastung im unteren Be-reich, verwechselt. Das ist leider auch Herrn Koschykpassiert. Deshalb hat er fälschlicherweise im Zusam-menhang mit kalter Progression vom stark ansteigendenDurchschnittssteuersatz gesprochen. Die Antwort istaber: Der steigt immer, mit Ausnahme unterhalb desEdIcegIcdshbndIhsbuDddsmMnledR–Ihedin–daVk
h glaube, wer auf diesem Niveau Politik macht, wirdin größeres Problem bekommen.Herr Solms hat gesagt, dass es um Glaubwürdigkeiteht.
h würde Sie gerne fragen, wie Sie es rechtfertigen,ass Sie die Finanzdienstleister trotz eines exorbitant ge-tiegenen Verschuldungsgrades der öffentlichen Haus-alte nur auf freiwilliger Basis an den Kosten der Kriseeteiligen wollen, ihnen aber gleichzeitig die Zinsein-ahmen überlassen wollen, die im Zusammenhang miten Krediten fließen, die der Staat aufnehmen muss, umre Steuersenkung bezahlen zu können. Das heißt, Siechenken den Finanzdienstleistern die Zinseinnahmen,eteiligen sie aber nicht an der Krise.
Diese Finanzierung auf Pump ist lebensgefährlich fürnseren Staat. Außerdem basiert Ihr System auf einemenkfehler: Wir haben 300 Milliarden Euro mehr Schul-en als vor der Krise. Wir haben mit einer Neuverschul-ung in Höhe von 80 Milliarden Euro gerechnet. Jetztind es nur 40 Milliarden Euro. Wir haben aber noch im-er eine Neuverschuldung. Von diesen nicht erwartetenehreinnahmen, durch die die Neuverschuldung ein we-ig gesenkt wird, wollen Sie Steuerentlastungen bezah-n? Wie wollen Sie das eigentlich machen? Durch Kre-itaufnahme! Das ist die Logik, die diesen Staat an denand führt.
In dieser Weise würden wir das nie machen.
r seid Herrn Steinbrück heute noch dankbar dafür, dassr das so nicht gemacht hat, sondern vernünftig gehan-elt hat.Mit der Phasentheorie lässt sich das erklären. Ich rufe Erinnerung, was ich hier schon einmal gemacht habe.
Das ist eine gute Idee. Ich habe auch ein Holzspielzeugabei, um die Verschuldung darzustellen. Ich glaubeber, dieses Bild hat noch jeder im Kopf.Nein, ich meine die Art, wie die Koalition hier agiert.orhin sagte jemand, diese Aktuelle Stunde mache gareinen Sinn.
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Lothar Binding
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Ich will Volker Wissing zitieren:Deswegen freuen wir uns. Beantragen Sie dienächste Aktuelle Stunde. Das ist eine gute Sache.Wir werden Ihnen immer wieder vorhalten, dass SieWahlbetrug begehen, wenn Sie unsere Politik nichtunterstützen; denn sie ist in Wahrheit sozial gerecht.Sie führt zu einem gerechten Ausgleich.Frage: Was sollen wir eigentlich unterstützen?
Es gibt kein Modell. Es gibt keine Idee.Zuletzt haben Sie mit der Gewerbesteuer ein Desastererlebt. Da habe ich auch ein schönes Zitat. Sie haben ge-sagt, dass Sie die Gewerbesteuer mit einem konkretenVorschlag unterfüttern und als Gesetz einbringen wür-den. Was ist passiert? Eine Kommission wurde einge-richtet. Zu welchem Ergebnis kam diese Kommission?Zu keinem.
Ich will erklären, warum eine gewisse Nervosität beiden Bürgern und natürlich auch bei der Opposition, diesich für diesen Staat verantwortlich fühlt, aufkommt.Diese Erklärung von mir kennen Sie schon; Sie erinnernsich. Phase eins: Gurkentruppe, spätrömische Dekadenz.
Phase zwei war die Phase der Ruhe. Europa wartete aufDeutschland. Dann kam Phase drei, der Herbst der Ent-scheidungen. Die Verlängerung der Laufzeiten derAtomkraftwerke wurde beschlossen. In Phase vier kames zur Energiewende. Da wurde alles rückgängig ge-macht. Jetzt kommt Phase fünf, die Phase der Steuerent-lastungen. Sollen wir das ernsthaft glauben?
Glauben Sie wirklich, dass wir das glauben? Nein, Siewissen, dass wir das nicht glauben.Ich meine, man sollte ein bisschen in das Volk hinein-hören. Umfragen zeigen, dass mehr als 40 Prozent derMenschen keine Steuersenkungen wollen, weil sie wis-sen, dass das nicht funktioniert.
Herr Schäuble – so weit ich weiß, zahlt er Steuern; erwird auch aus Steuern bezahlt, das ist die andere Seite –sagt: Steuersenkungen gehen nicht. Die Bundesländersagen: Steuersenkungen gehen nicht. Die Haushälter derKoalition sagen: Steuersenkungen gehen nicht. Auf-grund von Schuldenbremse und Maastricht-Kriteriensind Steuersenkungen nicht möglich. Aber die FDPmeint, man bräuchte jetzt Steuersenkungen. Dies istnicht zum Wohle dieses Staates, sondern zu seinemSchaden. Deshalb machen wir da nicht mit. Wir warnenSie vor dieser Art der öffentlichen Debatte.tiHücefedHrilahKsisrebdsbWGugagsinGgH
Alois Karl hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Frak-
on.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Die von den Grünen beantragte Aktuelle Stundeber die Steuersenkungspläne der Koalition und mögli-he Auswirkungen auf Bund, Länder und Gemeinden istine unkontrollierte Debatte, weil ihr die Grundlagenhlen. Wir haben keine konkreten Zahlen, über die wiriskutieren könnten.
err Kuhn, eines aber ist gewiss: Wir werden die Bürge-nnen und Bürger noch in dieser Legislaturperiode ent-sten. Darüber sollten Sie sich freuen und nicht ärgern.
Diese Aktuelle Stunde gibt uns zumindest Gelegen-eit, die Kernpunkte der Finanz- und Steuerpolitik dieseroalition darzustellen. Es ist schon verschiedentlich ge-agt worden: Kernpunkt unserer Koalitionsvereinbarungt – dies werden wir einhalten –, die Generationenge-chtigkeit in der Haushalts- und Finanzpolitik in ganzesonderer Weise darzustellen. Mit der Finanzwirtschafter letzten Jahrzehnte, die oft eher eine Finanzmisswirt-chaft war – der Staat hat dauerhaft mehr Geld ausgege-en, als er eingenommen hat –, muss Schluss sein.
ir leben auf Pump, wir leben auf Kosten der nächsteneneration,
nd das ist unethisch, Herr Kahrs.
Dazu haben Sie in Ihrer Regierungszeit mit beigetra-en. Mehr als 250 Milliarden Euro Schulden haben Siellein in der Zeit der rot-grünen Regierung von 1998 anemacht und hatten dabei noch die Erlöse aus den Ver-teigerungen der UMTS-Lizenzen, diesen Einmaleffekt, Höhe von etwa 50 Milliarden Euro. Sie haben dieseseld allerdings nicht zur Reduzierung der Schulden ein-esetzt, sondern Sie haben das Geld eingesetzt, um dieaushalte weiter aufzublähen, frei nach dem Motto: Wie
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Alois Karl
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gewonnen, so zerronnen. Nichts davon war nachhaltigund dauerhaft.
Aus diesem Grunde sollten Sie sich heute nicht zu sehrechauffieren.Wir sanieren die Haushalte ernsthaft und dauerhaft,damit diese entsprechend der Schuldenbremse bis zumJahr 2016 neuverschuldungsfrei sind. Die Festsetzungder Schuldenbremse war eine große Leistung, die wirmit den Sozialdemokraten in der Großen Koalition er-reicht haben. Wir werden diesen harten und steinigenWeg zusammen mit der FDP gehen. Minister Schäubleist ein guter Garant, dass dieser Weg erfolgreich be-schritten wird. Ich möchte ihm an dieser Stelle unserenRespekt ausdrücken.
– Das ist der Unterschied zu Ihnen, Herr Poß. Sie sindvon niemandem gelobt worden, aber Schäuble wirdselbstverständlich gelobt.
Unser finanzpolitisches Credo ist damit dargestellt.Wir möchten mit der konsequenten Verfolgung der Stra-tegie der Entschuldung des Haushaltes bis 2016 Ver-trauen schaffen.
Daran sollten Sie sich beteiligen.
Auch dort, wo sich Ihre Partei in der Regierungskoali-tion befindet, in Nordrhein-Westfalen, können Sie mitgutem Beispiel vorangehen. Bis dato sehe ich das nichtsehr optimistisch. Ein Haushalt, der gleich am Anfangvom Verfassungsgericht niedergebürstet wurde, ist keingutes Renommee, Herr Kahrs. Auch da sollten Sie viel-leicht Ihren Einfluss geltend machen.
Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen derKonsolidierung des Haushaltes und der Steuergesetzge-bung. Wir müssen wieder das richtige Maß einkehrenlassen. Das ist in unserem Steuerrecht – ganz unzweifel-haft – verloren gegangen. Wer heute das Doppelte vondem verdient, was der Nachbar bekommt, zahlt nicht dasDoppelte, sondern das Dreifache an Steuern. Wer dasVierfache des Einkommens des Nachbarn verdient, zahltnicht das Vierfache, sondern das Zehnfache an Steuern.Das ist es, was unkorrekt und unehrlich ist und was wirin der Tat – natürlich im Rahmen der Haushaltsmöglich-keiten, die wir haben – angehen müssen.Bedenken Sie, dass 1958, als dieses Steuersystem eta-bliert wurde, jemand das 20-fache des normalen bzw.mittleren Einkommens verdienen musste, um mit demSpitzensteuersatzes besteuert zu werden. Das war ei-gddrezinmddnRvgaSdmdirdBpbdohleEh
on 4,8 Millionen auf etwa 2,8 Millionen herunterge-angen. Das bewirkt, dass wir 32 Milliarden Euro mehrn Einnahmen in den öffentlichen Kassen bzw. in denozialkassen haben. Wenn wir diesen Betrag heute fürie hohe Zahl der Arbeitslosen ausgeben müssten – dasuss doch auch Ihnen einleuchten –, könnten wir wederen Haushalt konsolidieren noch darangehen, Steuern ingendeiner Art und Weise zu senken.
Herr Kollege, würden Sie bitte zum Ende kommen?
Ich komme zum Schluss und möchte Ihnen sagen,
ass eines sicher ist: Wir werden uns daranmachen, die
elastungen der Bürger schon in dieser Legislatur-
eriode zu senken.
Herr Kollege!
Wir werden den Haushalt konsolidieren, und wir ha-
en damit unsere Aufgabe erfüllt.
Vielen herzlichen Dank.
Der Kollege Eckhardt Rehberg hat jetzt das Wort für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge-rdneten! Ich habe den Eindruck, Kollege Kahrs, dassier einige unter einem hohen Maß an Gedächtnisverlustiden.
s ist relativ einfach, wie Sie das 1998/1999 gemachtaben. Sie haben 1997 die Steuerreform, das Petersber-
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Eckhardt Rehberg
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ger Modell, im Bundesrat blockiert, es danach aber auf-genommen und – das ist löblich gewesen – den Spitzen-steuersatz von 53 Prozent auf 42 Prozent gesenkt.
– Sie haben den Eingangssteuersatz von rund 24 Prozentauf 15 Prozent gesenkt.
Das ist sehr löblich gewesen. Herr Kuhn und Herr Poß,Sie haben aber mit der Reform der Körperschaftsteuerim Jahr 2000 Murks gemacht. Im Jahr 2000 hatten wirnoch ein Körperschaftsteueraufkommen von 23,6 Mil-liarden Euro. Nach Ihrer Murks-Reform hatten wir imnächsten Jahr ein Defizit von 400 Millionen Euro. In Ih-rer Regierungszeit sind knapp 80 Milliarden Euro anKörperschaftsteuer verloren gegangen, weil Sie es dengroßen Kapitalgesellschaften ermöglicht haben, Veräu-ßerungen zu tätigen, die steuerfrei geblieben sind. Siehaben Bund, Länder und Gemeinden in dieser Zeit miteiner völlig vermurksten und unsoliden Steuerreform anden Rande des Ruins gebracht.
Wer sich hier hinstellt und behauptet, dass andere etwasUnsolides und Unseriöses machen, der muss erst einmalselbst solide Arbeit leisten.Wissen Sie, Herr Kollege Kahrs: Ich verstehe IhrePartei überhaupt nicht mehr. Erstens. Beim ThemaHartz IV schlagen sich die meisten in die Büsche.
Zweitens. Steuerpolitik sollte kontinuierliche Politiksein.
Sie haben den Spitzensteuersatz auf 42 Prozent gesenkt.
Heute fabulieren Sie darüber, den Spitzensteuersatz wie-der anzuheben; die Effekte, die dies hätte, hat der Kol-lege Karl beschrieben. Das träfe doch nicht in ersterLinie Chefärzte und Großverdiener. Davon wären insbe-sondere qualifizierte Facharbeiter und der Mittelstandbetroffen.
Das heißt: Wer den Spitzensteuersatz erhöht, der belastetdie Leistungsträger in Deutschland. Das ist die falschePolitik.
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nd die SPD-Fraktion dazu bringen, dass sie zu der Poli-k, die Gerhard Schröder gemacht hat und die ich fürchtig halte, steht. Uns brauchen Sie an dieser Stelleicht katholisch zu machen. Wir sind katholisch genug.
Lassen Sie mich zum Schluss ein weiteres Thema an-prechen.
err Kollege Poß, ich meine die Aussage, wir hätteneine Ahnung, was die kalte Progression und den Mittel-tandsbauch anbetrifft.
err Poß, auch Sie scheinen unter Gedächtnisschwundu leiden.
der Großen Koalition haben wir die Bürger um insge-amt fast 43 Milliarden Euro entlastet.
Nein, das hat mit Peer Steinbrück nichts zu tun. Es wa-n die Finanzpolitiker der Union – daran kann ich michoch sehr gut erinnern –, die darauf gedrungen haben,ass wir den Grundfreibetrag in zwei Stufen anhebennd eine Rechtsverschiebung des Tarifes vornehmen.as war, wie gesagt, eine Forderung der Finanzpolitikerer Union. Sie haben dabei zum Glück mitgemacht.
as ist der richtige Weg, gegen Mittelstandsbauch undalte Progression vorzugehen.
Nein, Herr Kollege Binding, das ist nicht falsch. – Weregen die kalte Progression und den Mittelstandsbauchorgeht, der tut etwas für die unteren und mittleren Ein-ommen.
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Eckhardt Rehberg
(C)
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Wir können es den Bürgerinnen und Bürgern nicht ver-mitteln, meine Damen und Herren von der linken Seitedes Hauses, dass die Hartz-IV-Regelsätze aufgrund ge-setzlicher Vorgaben im nächsten Jahr um 2,7 Prozentsteigen werden, dass bei den Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmern, die Hartz IV mit ihren Steuern bezahlen,aber nichts ankommt.Herzlichen Dank.
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Die nächste Sitzung berufe ich auf morgen, Donners-
tag, den 30. Juni 2011, 9 Uhr, ein.
Genießen Sie den Abend und die gewonnenen Ein-
sichten.
Die Sitzung ist geschlossen.