Protokoll:
17112

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 112

  • date_rangeDatum: 27. Mai 2011

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:20 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/112 Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12841 B Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Judith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12822 A 12823 C 12824 D 12825 D 12827 A 12828 B 12829 D 12830 D 12832 A 12843 A 12844 C 12846 A 12847 C 12848 D 12849 B 12851 B 12852 A 12853 B 12855 A Deutscher B Stenografisch 112. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Begrüßung der anwesenden amerikanischen Stipendiatinnen und Stipendiaten des Par- lamentarischen Patenschafts-Programms . Abwicklung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister der Verteidigung: zur Neu- ausrichtung der Bundeswehr . . . . . . . . . . . Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A K n m P (D H L H 12815 A 12815 B 12815 C 12815 D 12818 B 12820 D Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12833 C 12834 C undestag er Bericht ung 27. Mai 2011 t : agesordnungspunkt 25: ntrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Katrin unert, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion DIE LINKE: Rekom- unalisierung beschleunigen – Öffentlich- rivate Partnerschaften stoppen rucksache 17/5776) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arald Wolf, Senator (Berlin) . . . . . . . . . . . . Jan Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . isa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arald Wolf, Senator (Berlin) . . . . . . . . . . . . 12835 D 12836 A 12837 B 12837 D 12840 A 12840 B Bernd Scheelen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . 12856 B 12857 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 Tagesordnungspunkt 28: a) Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), Arnold Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Oliver Luksic, Patrick Döring, Werner Simmling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die Verkehrssicher- heit in Deutschland weiter verbessern (Drucksache 17/5530) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Kirsten Lühmann, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sicher durch den Straßenverkehr – Für eine ambitionierte Verkehrssicherheits- arbeit in Deutschland (Drucksache 17/5772) . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Dr. Edgar Franke, Christine Lambrecht, Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen (Drucksache 17/3685) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer (Altötting), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Dr. Lutz Knopek, Gisela P d d w la (D T A N w B d ti (D D M D P J N A L A Z d u w la K D S H J K V A A 12859 A 12859 B 12859 C 12860 D 12863 A 12864 B 12865 C 12866 C 12867 C 12867 C 12868 D 12870 B 12871 C 12872 D 12874 A 12875 A 12876 A iltz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion er FDP: Klima- und Umweltschutz im und urch den Sport stärken – Für eine verant- ortungsvolle Sportentwicklung in Deutsch- nd rucksache 17/5779) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: ntrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von otz, Beate Müller-Gemmeke, Kerstin Andreae, eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: ELENA – Mel- epflicht aufheben und Daten der Beschäf- gten löschen rucksache 17/5527) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . oris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Klima- und Umweltschutz im nd durch den Sport stärken – Für eine verant- ortungsvolle Sportentwicklung in Deutsch- nd (Tagesordnungspunkt 26) laus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . abine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . . ans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . atrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . iola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . nlage 3 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12876 C 12876 D 12877 A 12878 A 12878 D 12880 C 12881 A 12882 D 12883 D 12885 A 12886 A 12888 A 12889 B 12890 B 12891 A 12892 B 12893 A 12894 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 12815 (A) ) )(B) 112. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 12885 (A) ) )(B) für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATOLiebing, Ingbert CDU/CSU 27.05.2011 * Leutheusser-Schnarren- berger, Sabine FDP 27.05.2011 Liebich, Stefan DIE LINKE 27.05.2011 Zypries, Brigitte SPD 27.05.2011 Anlage 1 Liste der entschuldigte Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beckmeyer, Uwe SPD 27.05.2011 Behrens, Herbert DIE LINKE 27.05.2011 Bleser, Peter CDU/CSU 27.05.2011 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE. 27.05.2011 Connemann, Gitta CDU/CSU 27.05.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 27.05.2011 Duin, Garrelt SPD 27.05.2011 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.05.2011 Evers-Meyer, Karin SPD 27.05.2011 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 27.05.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 27.05.2011 Gerdes, Michael SPD 27.05.2011 Götz, Peter CDU/CSU 27.05.2011 Granold, Ute CDU/CSU 27.05.2011 Gutting, Olav CDU/CSU 27.05.2011 Hardt, Jürgen CDU/CSU 27.05.2011* Dr. Hendricks, Barbara SPD 27.05.2011 Herlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.05.2011 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.05.2011 Dr. Hoyer, Werner FDP 27.05.2011 Jung (Konstanz), Andreas CDU/CSU 27.05.2011 Koch, Harald DIE LINKE 27.05.2011 Kopp, Gudrun FDP 27.05.2011 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 27.05.2011* D L v M D M N D N N O D S S S D D S D S T W W W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten r. Linnemann, Carsten CDU/CSU 27.05.2011 ips, Patricia CDU/CSU 27.05.2011 on der Marwitz, Hans- Georg CDU/CSU 27.05.2011 attfeldt, Andreas CDU/CSU 27.05.2011 r. Merkel, Angela CDU/CSU 27.05.2011 eßmer, Ullrich SPD 27.05.2011 estle, Ingrid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.05.2011 r. Neumann (Lausitz), Martin FDP 27.05.2011 ietan, Dietmar SPD 27.05.2011 ink, Manfred SPD 27.05.2011 rtel, Holger SPD 27.05.2011 r. Scheuer, Andreas CDU/CSU 27.05.2011 chirmbeck, Georg CDU/CSU 27.05.2011 chlecht, Michael DIE LINKE 27.05.2011 chmidt (Aachen), Ulla SPD 27.05.2011* r. Schröder (Wiesbaden) Kristina CSU/CSU 27.05.2011 r. Seifert, Ilja DIE LINKE 27.05.2011 taffeldt, Torsten FDP 27.05.2011 r. Steinmeier, Frank- Walter SPD 27.05.2011 üßmair, Alexander DIE LINKE 27.05.2011 empel, Frank DIE LINKE 27.05.2011 ellenreuther, Ingo CDU/CSU 27.05.2011 erner, Katrin DIE LINKE 27.05.2011 ieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 27.05.2011 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 12886 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 (A) ) )(B) Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Klima- und Umwelt- schutz im und durch den Sport stärken – Für eine verantwortungsvolle Sportentwicklung in Deutschland (Tagesordnungspunkt 26) Klaus Riegert (CDU/CSU): Der Klima- und Um- weltschutz ist weltweit eine der bedeutendsten Heraus- forderungen unserer Zeit. Manch einer mag sich bei dem Thema wundern und fragen, was denn der Sport mit dem Umwelt- und Klimaschutz zu tun habe – allenfalls stelle die Umwelt den nötigen Raum für Sport und Bewegung dar. Doch bei näherer Betrachtung ist der Sport national wie auch international schon seit vielen Jahren ein wich- tiger Partner beim Umwelt- und Klimaschutz. Der Sport ist Selbstzweck, aber er steht allen voran im Dienste der Menschheit, so hat es der IOC-Präsident Jacques Rogge erst kürzlich in einer Formel trefflich zu- sammengefasst. Das heißt für eine mittlerweile globale Sportcommunity, die natürliche Lebensgrundlage zu be- wahren und die Umwelt zu schützen. Dabei ist der Sport als Verursacher von Umweltbelastungen selbst gefragt, was dieser nach innen gerichtet verbessern kann. Aber auch nach außen stellt sich die Frage, wie die Popularität des Sports für die Nachhaltigkeit und für den Klima- und Umweltschutz genutzt werden kann. In diesem Sinne werden schon seit langem zahlreiche Anstrengungen durch die Bundesregierung in Kooperation mit den Sportverbänden, den Vereinen und den Sporttreibenden unternommen – diese Anstrengungen heißt es weiter zu unterstützen und voranzubringen. Wer einen Blick in den 12. Sportbericht der Bundes- regierung wirft, wird erkennen, dass der Umwelt- und Klimaschutz schon lange ein wichtiger Bestandteil der christlich-liberalen Sportpolitik ist. Die Umwelt ist für den Sport nicht Ressource, sondern vor allem Partner. Diese Aussage versteht der Deutsche Olympische Sport- bund, DOSB, schon seit langem als Arbeitsauftrag. Demnach folgt dem Denken und Reden vor allem auch ein aktives Handeln! Bei der Vielzahl der verschiedenen Initiativen des DOSB und seiner Mitgliederorganisatio- nen zum Klima- und Umweltschutz fällt es schwer, sich bei der Aufzählung auf einige Beispiele zu begrenzen. Auch ist man selbst als Sportpolitiker erstaunt, in wie vielen Bereichen die Bürgerinnen und Bürger sich ernst- haft und intensiv mit dem Thema beschäftigen: Die Bei- spiele reichen über Arbeitsmaterialien zum „Klima- schutz im Sport“, über den Sport-Audit im Luftsport, über Umweltschutzprojekte beim Wassersport, einem Klima-Check beim Bayrischen Landessportbund, Nach- haltigkeitskonzepte beim Turner-Bund, bis hin zur För- derung der Solarenergie beim DLRG. Ich möchte die vier Grundlinien des Klima- und Um- weltschutzes im Sport kurz erwähnen, an denen sich der DOSB orientiert. Dabei können die Kategorien „Sport in Natur und Landschaft“, „Klima- und Umweltfreundliche Weiterentwicklung von Sportstätten“, „umweltfreundli- che Gestaltung von Großsportveranstaltungen“ sowie „ S u v n n M N K w u s d E ö Z a s v k z fo h h a S s te fe s u s n d w v ri w z D g v b w s d B li b B v C lu B z w b z (C (D Sport und Immissionen“ herausgestellt werden. Die portförderung der Bundesregierung wie auch die von ns im Antrag genannten Punkte lassen sich auf diese ier Felder beziehen, sie gehen aber auch darüber hi- aus. Die etwa 91 000 Sportvereine mit circa 27,5 Millio- en Mitgliedern bieten eine breite Kommunikations- und ultiplikationsplattform, um Sport im Einklang mit der atur und in Verbindung zu einem aktiven Umwelt- und limaschutz zu erleben. So soll beispielsweise die Um- eltbildung und Umweltkommunikation bei Kindern nd Jugendlichen weiter verstärkt werden, um das Ver- tändnis der Vereinbarkeit von Sport und Natur zu för- ern. Auch ist die Unterstützung des bürgerschaftlichen ngagements im Sport, unter anderem mit Blick auf kologische Aspekte und Tätigkeitsbereiche, in diesem usammenhang eine große Chance. Der Antrag der Ko- litionsfraktionen beinhaltet weiterhin eine stärkere Sen- ibilisierung beim Thema „Mobilität“, um die Vorzüge on klimafreundlichen Verkehrsmitteln sowie Möglich- eiten der Kompensation von CO2-Emissionen hervor- uheben. Nach dem durch das Bundesumweltministerium er- lgreich geförderten Projekt „Klimaschutz im Sport“ eißt es, das Engagement des Sports im Bereich des Er- alts der biologischen Vielfalt weiter zu bestärken. Das usgerufene „Internationale Jahr der Wälder“ kann im inne des Erhalts der Biodiversität, des Bodenschutzes owie des Erhalts einer gesunden Waldstruktur in direk- r Verbindung zum naturfreundlichen Sport aufgegrif- n werden. Die Kompetenz des organisierten Sports ollte bei der „Waldstrategie 2020“ eingebracht werden, m fachspezifische Kenntnisse im Breiten- und Freizeit- port und im Tourismus zu nutzen. Angesichts diverser ationaler und internationaler Sportveranstaltungen und eren touristischer Vermarktung soll ein Preis ausgelobt erden, der besonders gute Beispiele für die Verbindung on umweltfreundlichen Sportangeboten mit dem Tou- smus würdigt. Auch die klima- und umweltfreundliche Weiterent- icklung von Sportstätten spielt in unserem Antrag eine entrale Rolle: Der Sanierungsbedarf bei Sportstätten in eutschland wird zurzeit auf circa 42 Milliarden Euro eschätzt. Trotz des Konjunkturpaketes II lassen sich ielerorts ein zu hoher Energie- und Ressourcenver- rauch bei den Sportstätten feststellen, sei es beispiels- eise durch veraltete Heizungsanlagen oder eine chlechte Dämmung. Daher ist aus unserer Sicht die För- erung von Beratungsangeboten für Sportvereine zu au, Erhalt und Sanierung von Sportanlagen unerläss- ch. Im Mittelpunkt dieser Angebote stehen Beratungen ezüglich der Umweltsituation von Sportanlagen – zum eispiel bezogen auf den Anlagenbedarf oder die Natur- erträglichkeit –, aber auch Beratungen bezüglich Öko- hecks sowie sportartspezifischer Handlungsempfeh- ngen. Bei der Förderung von Sportanlagen durch den und sollen die Faktoren des Umwelt- und Klimaschut- es entsprechend neuer Standards weiter berücksichtigt erden, um damit zu einem nachhaltigen Sportstätten- au in Deutschland beizutragen. Auch soll der Dialog wischen der Bundesregierung, den Bundesländern, den Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 12887 (A) ) )(B) Bundessportfachverbänden, den Verbänden der Eigentü- mer und Nutzer wie auch den beteiligten Sport- und Um- weltorganisationen weiter konstruktiv fortgeführt wer- den, um unter anderem Konzepte zum Abbau des Sanierungsstaus bei Sportanlagen insgesamt zu entwi- ckeln. Die Umwelt macht an keinen Landesgrenzen halt, wie auch der Sport als gesellschaftliche Bewegung diese längst überwunden hat. Bei internationalen Großsport- veranstaltungen wird indes umso deutlicher, dass etwaige Umweltbelastungen und Schäden durch das Sporttreiben dem Verursacherprinzip nach einbezogen werden müs- sen. Internationale Sportbegegnungen sind demnach aus umwelt- und sportpolitischer Sicht Herausforderung wie gleichzeitig auch eine enorme Chance, um auf die ge- meinsame Verantwortung beim Umwelt- und Klima- schutz hinzuweisen. Dass wir in Deutschland im Sport diese Herausforderung annehmen und als Chance be- greifen, zeigt sich aktuell besonders gut bei der FIFA Frauen-WM 2011 im eigenen Land. Das Umweltkonzept „Green Goal“ der Fußballweltmeisterschaft 2006 hat ei- nen enormen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz in der Vergangenheit geleistet. Dieses bewährte Konzept wird bei der diesjährigen FIFA Frauen-WM ebenso eine große Rolle spielen, um unter anderem CO2-Emissionen zu vermeiden oder zu kompensieren. Im Rahmen einer solchen Großsportveranstaltung kann im eigenen Land wie auch weit über die Landesgrenzen hinaus für eine stärkere Akzeptanz und Sensibilisierung der Bevölke- rung für den Umwelt- und Klimaschutz eingetreten bzw. geworben werden. Auch die Bewerbung München 2018 mit dem Ziel der Austragung der Olympischen und Paralympischen Win- terspiele 2018 verdeutlicht eindrucksvoll, wie eine inter- nationale Großsportveranstaltung umweltverträglich und nachhaltig durchgeführt werden kann. Das 186-seitige Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept der Bewerbung München 2018 wurde bereits international gelobt und als wegweisend bezeichnet. Bei einem Zuschlag der Olym- pischen und Paralympischen Winterspiele stehen für 18 Umweltleitprojekte sage und schreibe mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung. Die Bewerbung München 2018 zeigt, dass sozial, ökologisch und ökono- misch nachhaltige Winterspiele möglich sind. Mit Inno- vationen wie dem Olympischen Dorf als Plus-Energie- Dorf und neuer Umwelttechnik können bei Olympischen Spielen neue Standards gesetzt werden. Mit den größten- teils bereits bestehenden Sportanlagen und damit mini- mal notwendigen Eingriffen in die Natur könnte ein grü- nes Erbe für die Region und für Deutschland geschaffen werden. Zudem können durch Investitionen in Gold Standard für Klimaschutzprojekte auf allen fünf Konti- nenten circa 284 000 Tonnen CO2 eingespart werden. Dies ist jene Menge CO2, die durch den Luft- bzw. Rei- severkehr zu den Winterspielen unvermeidlich entstehen und so ausgeglichen werden könnten. Grundsätzlich sol- len bei künftigen Bewerbungen um Sportgroßveran- staltungen in Deutschland Konzepte zum Schutz der na- türlichen Lebensgrundlagen, des Klimas sowie für eine nachhaltige Sport- und Regionalentwicklung unterstützt werden. B w g p g g d fü s d v C „ D n u u te d u d lo c s u g s fl G u n m d L s Z n fr g g R d s fa re n P B g s d d a A m s (C (D Selbst der bisherige sportpolitische Sprecher von ündnis 90/Die Grünen, Winfried Hermann, hat die Be- erbung München 2018 als ein „durch und durch ökolo- isches Projekt“ gelobt – wohingegen sich die Grünen er Parteitagsbeschluss zu später Abendstunde und ohne roße Diskussion oder Anhörung von Sachverständigen egen die Bewerbung ausgesprochen haben. Das zeigt ie Widersprüchlichkeit der Grünen. Die Pro-Argumente r die Bewerbung will man bei den Grünen augen- cheinlich auch aus den eigenen Reihen nicht hören, we- er von den elf Grünen des Münchener Stadtrates noch om eigenen sportpolitischen Sprecher oder „Fußball- laudia“ Roth. Mit der Ablehnung der Bewerbung Münchens um Grüne Spiele“ scheitert die Sportpolitik von Bündnis 90/ ie Grünen an der eigenen Agenda. Anstatt eines eige- en Antrages zum Thema Umwelt- und Klimaschutz nd konstruktiven Argumenten konstatiert man Protest nd Ablehnung. Winfried Hermann merkte in einem In- rview abschließend an, dass „der halbe bayrische Lan- esverband der Grünen selbst Ski auf den ökologisch so nmöglichen Pisten fährt.“ Es ist mehr als traurig, wenn ie Grünen erschreckend undifferenziert ein solch öko- gisch wegweisendes Projekt wie die Bewerbung Mün- hen 2018 versuchen national wie international zu be- chädigen. Lassen Sie mich zuletzt kurz auf das Thema Sport nd Immissionen eingehen. Beim Sport entstehen natur- emäß Geräusche bis hin zu Lärm. Hierbei kommt es ich nicht selten zu einem klassischen Interessenskon- ikt zwischen den Sportreibenden und Anwohnern. rundsätzlich sind beide Interessenslagen anzuerkennen nd zu respektieren. Die Sportanlagenlärmschutzverord- ung hat nach dem Inkrafttreten 1991 zu einem ange- essenen Interessenausgleich und zu einer langen Phase er Beruhigung dieses Themas geführt. Die Fraktion Die inke konnte mit ihrem Antrag zuletzt im Sportaus- chuss ihre Forderungen nicht überzeugend begründen. udem liegt die Zuständigkeit hinsichtlich der Verord- ungen bei den Bundesländern. Eine informelle Um- age der Länder und zuständigen Landesbehörden hat ezeigt, dass kein Bedarf zur Änderung der Sportanla- enlärmschutzverordnung gesehen wird. Bestehende egelungen werden sogar bezüglich der Vollzugspraxis es Bundes-Immissionsschutzgesetzes gelobt. Erst gestern wurde der Kinderlärm durch unseren Be- chluss unter einen besonderen Schutz gestellt. Eine um- ssende Privilegierung verschiedener Akteure und Inte- ssengruppen bringt uns ordnungspolitisch am Ende icht weiter. Dennoch ist ein differenzierter Blick auf die roblematik unverzichtbar: Unklar ist beispielsweise die eurteilung von sogenannten freien Jugendeinrichtun- en wie Bolzplätzen, Skate-und Basketballanlagen hin- ichtlich des Lärms. Die Koalition wird dafür sorgen, bei er Bundes-Immissionsschutzverordnung Bolzplätze in ie Privilegierung mit aufzunehmen. Mein Appell geht n die Umsetzung der Landesverordnungen: Bei der usweisung von Wohngebieten und Nutzungsplänen üssen künftig die Vereinbarkeit verschiedener Interes- enslagen stärker beachtet werden. 12888 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 (A) ) )(B) Der Sport kann zusammen mit der Politik einen be- deutenden und vor allem nicht zu unterschätzenden Bei- trag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Lassen Sie uns den Sport im Alltag wie zu Großsportereignissen und vor allem die Bürgerinnen und Bürger in den Verei- nen weiterhin in ihrem Engagement für den Umwelt- und Klimaschutz bestärken. Lassen Sie uns die Bereiche Sport und Umweltschutz nicht als Widersprüche oder Gegensätze begreifen, sondern lassen Sie uns zusammen nach der Vereinbarkeit, der gegenseitigen Förderung und innovativen Lösungsansätzen fragen. Eine dem Grund- satz der Wahrung der Schöpfung folgende christlich- liberale Sportpolitik unterstützt den organisierten Sport auch künftig kraftvoll bei den gemeinsamen Herausfor- derungen, um den Klima- und Umweltschutz im und durch den Sport weiter zu fördern. Dieter Stier (CDU/CSU): „Im Namen aller Organi- satoren und Beteiligten verspreche ich, dass wir an den Olympischen Spielen teilnehmen und dabei unsere Um- welt schonen, die gültigen Regeln der Natur respektieren und befolgen und uns dabei einem Sport der Nachhaltig- keit und Umweltverträglichkeit und möglichst hoher CO2-Neutralität verpflichten, im wahren Geist der Sport- lichkeit, für die Bewahrung unserer Umwelt und Schöp- fung und für die Zukunft nachfolgender Generationen.“ Nach erfolgreicher Bewerbung für die Olympischen Winterspiele könnten wir uns in Anlehnung an den ak- tuellen Schwur der Kampfrichter mit diesem „Ökologi- schen Olympischen Eid“ 2018 der Welt präsentieren. Die aktuelle deutsche München-Bewerbung ist beispiel- haft in ihrer umweltverträglichen und ressourcenscho- nenden Konzeption. Das betrifft beispielsweise das Sportflächenmanagement. Für 77 Prozent des Flächen- bedarfs greift man auf bereits existierende Sportareale zurück. 22 Prozent der skisportlich genutzten Flächen werden dafür nur vorübergehend erbaut, sodass im Sinne einer umfassenden Umweltverträglichkeit der Flächen- entzug gering ist. Allein die Fläche eines Fußballfeldes muss für die Durchführung der Olympischen und Para- lympischen Winterspiele in München neu erschlossen werden – ein Novum in dieser Qualität und Quantität. Ich wünsche mir, dass die Winterspiele aktive Vorbild- wirkung für nationale große und kleine Sportveranstal- tungen haben werden. Denn auch die Bauplanung für das Olympische Dorf und alle Fragen der Verkehrserschließung und Mobilität verfolgen das Ziel der Umweltverträglichkeit, um unse- ren Lebens- und Sportraum „Natur“ aktiv zu bewahren. Für das Anliegen des Umwelt- und Naturschutzes müs- sen wir daher den Sport als umfassenden Partner weiter- entwickeln und den Sport als Medium für einen um- fassenden Umweltschutz begreifen und nutzen. Der vorliegende Antrag der Fraktionen CDU/CSU und FDP greift dabei dieses „rationale Interesse an einer nachhal- tigen Nutzung und Nutzbarkeit des Raumes für das Sporttreiben“ auf. Es gibt dafür verschiedene Ansätze, die wir konsequent verfolgen müssen, wenn wir uns die- sem wichtigen Thema aufrichtig und gewissenhaft verschreiben. Dazu gehört vor allem der Bereich der Bil- dung und Kommunikation. Eine frühkindliche Umwelt- b s s a e b fü s s im lä h te T d to g n b E W a h s u b fo ü S te m v a to s u b v H P w li U h d U S e u z p d c (C (D ildung – etwa in der Schule – gibt es bereits in ver- chiedener Form. Doch wir müssen diese ausbauen, odass auch Erwachsene und somit unsere Gesellschaft ls Ganzes Umwelt und Sport in einem Miteinander, als twas Selbstverständliches erkennen. Ich bin dabei der festen Überzeugung, dass das Wer- en für unsere Natur durch den Sport mit einem Werben r den Sport verbunden werden muss, um erfolgreich zu ein. Der Wunsch nach Bewegung in einem Teil der Ge- ellschaft ist offensichtlich. Hier in Berlin wird mir das mer sehr deutlich. Durch die Vielzahl von Marathon- ufen bleibt es mir präsent. Und das Verlangen nach Er- olung und Natur – auf der anderen Seite – ist unbestrit- n. Beim jüngsten Besuch der ITB, Internationale ourismus-Börse, konnte man ein Wachstum der Zahl er Anbieter von Naturtourismus im Bereich des Städte- urismus erkennen. Und an diese Suche nach Bewe- ung der Bürgerinnen und Bürger und diese Sehnsucht ach Wald und Grün müssen wir andocken – mit Ange- oten, die sie in die Natur bringen – und – das ist das ntscheidende – die dies umweltverträglich gestalten. eshalb also nicht durch gezielte Bürgerinformationen uf die Vielfalt der sportlichen Aktivitäten in ihrer Nähe inweisen, ihnen zeigen, welche Möglichkeiten für portliche Betätigung ihre Umgebung bietet und wie dies mweltverträglich erfolgen kann? Daher lassen Sie uns eine Kampagne mit auf den Weg ringen, in der wir nicht nur die Kinder in der Schule in- rmieren, sondern alle Bürger in ihrem jeweiligen Kiez ber ihren nahen Park, den Stadtwald oder die nahen portplätze und über die individuellen Sportmöglichkei- n dort aufklären. Eine andere Form der Aufklärung und Information üssen wir den Vereinen und Organisatoren von Sport- eranstaltungen offerieren. Diejenigen, die Sport für ndere organisieren, müssen wir als wichtige Multiplika- ren für unser Anliegen eines „sportlichen Umwelt- chutzes“ begeistern und unterstützen. Daher gilt ihnen nsere Aufmerksamkeit, als eine der ersten. Aber vergessen wir nicht diejenigen, die Infrastruktur ereithalten: Betreiber, Sportvereine und Eigentümer on Sportstätten. Dieser Gruppe müssen wir zum einen andreichungen geben, die sie auf umweltfördernde rogramme hinweisen. Entscheidend ist aber zum anderen, dass wir ihnen irtschaftliche Anreize schaffen, ihren Sportstätten bau- che Veränderungen zukommen zu lassen, die aktiv der mweltverträglichkeit dienen. Und zur Aufklärung ge- ört ein Miteinander innerhalb der Bundes- und der Lan- esregierungen und der Verwaltungen Deutschlands. m ein intelligentes Sanierungskonzept der deutschen portanlagen zu bekommen, müssen Sportverbände und ben auch Vertreter der Belange des Natur-, Umwelt- nd Tierschutzes mit den Ebenen der Verwaltung früh- eitig zusammenwirken. In diesem Antrag wird zum einen deutlich, wie kom- lex der Umweltschutz ist. Zum anderen wird aber auch eutlich, dass dem Sport eine umfassende gesellschaftli- he Bedeutung zukommt. Wir müssen den Bürgerinnen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 12889 (A) ) )(B) und Bürgern auch ein Gebiet für Sport zugänglich ma- chen können, das eine gewisse Nähe zu ihrem Quartier aufweist. Das bedarf auch eines gezielten Flächenma- nagements, das sich konkret auf sportliche Naherholung einstellt. Auch im Jahr 2011 wird täglich eine Fläche von um- gerechnet 200 Fußballfeldern versiegelt. Das entspricht nicht dem Umweltschutz und muss im Rahmen der Nachhaltigkeit mit bedacht werden. Gerade auch im Hinblick auf die Endlichkeit des Hauptproduktionsmit- tels „Boden“ für die Landwirtschaft und auch im Hin- blick auf die gerade geführte Energiediskussion müssen wir davon wegkommen, immer mehr Fläche zu versie- geln. Dieser Antrag kann daher nur eine Ergänzung sein für einen umfassenden Umweltschutz. Durch den Sport werden wir einen weiteren wichtigen Beitrag leisten. Unsere Aufgabe ist es dabei auch, die Weichen für ein reibungsloses Miteinander von Umwelt und Sport und von Sport und Gesellschaft zu ermöglichen: Bedenken wir also auch unsere bestehenden Standards und über- prüfen wir deren Zweckmäßigkeit. Ich greife dafür zum Beispiel die 18. Bundes-Immissionsschutzverordnung, BImSchV, auf. Wir müssen uns entscheiden was wir wollen; denn sportlich Aktive sind selten lautlos. Vielleicht wenn man sie im Fitnesscenter trifft, hinter schalldichten Fenster- scheiben, auf energieverbrauchenden Geräten, inmitten einer Natur-Doku auf einem der Plasmafernseher zwi- schen den einzelnen Sportgeräten. Aber wenn man Natur nicht nur virtuell erleben möchte, kann man Lärm nicht immer vermeiden. Wir wollen Natur- und Sportverbun- dene. Dann lassen Sie uns auch die Immissionsricht- werte von Sportanlagen überdenken. Dazu will ich gern den Vergleich zum sogenannten Kinderlärm suchen und zum Abschluss einmal in Anlehnung an das Oberverwal- tungsgericht Münster einen Ausblick für den Sport wa- gen: „… Lärm, der von sportlich Aktiven ausgeht, ist grundsätzlich allen Menschen zumutbar. Wer Sportlärm als lästig empfindet, hat selbst eine falsche Einstellung zu Sport.“ Wie Sie wissen, haben wir in dieser Sitzungs- woche bereits das Bundes-Immissionsschutzgesetz in Bezug auf Kinderlärm entrümpelt, auch in Richtung Sportanlagen sollten wir diesen Gedanken aufgreifen. Es geht um einen gesunden Interessenausgleich. Und um nichts anderes ist dieser Antrag bemüht: um einen Inte- ressenausgleich zwischen Natur und Sport, zwischen Umwelt und Gesellschaft. Daher bitte ich um Ihre unge- teilte Zustimmung. Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD): Sportlich ist das Jahr 2011 vollgepackt mit Ereignissen, Veranstaltun- gen und Entscheidungen. Wir hatten vor einigen Wochen die Turn-Europameisterschaft in Berlin, wir zählen die Tage bis zum Beginn der Endrunde der Fußball-WM der Frauen in unserem Land, und wir warten mit Spannung auf die Entscheidung über die Olympischen und Para- lympischen Winterspiele 2018, für deren Austragung sich die Städte München und Garmisch-Partenkirchen bewerben. Gleichzeitig sind die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Öffentlichkeit so präsent wie n p e n F a li k s n z z g z G g a re ru K u tr w F tr fl F d b d e s s e S d h n k h s u e g d w U d s e N h E F k (C (D ie. Was läge also näher, als Sport und Nachhaltigkeit olitisch miteinander zu verbinden? Dazu haben Sie nun einen Antrag vorgelegt, sehr ge- hrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktio- en. In diesem Antrag stellen Sie eine ganze Reihe von orderungen auf, die durchaus lobenswert scheinen. Wir ls sozialdemokratische Fraktion begrüßen es ausdrück- ch, dass auch Ihre Fraktionen mittlerweile bei der Er- enntnis angekommen sind, dass Klima- und Umwelt- chutz auch in Verbindung mit anderen Politikfeldern icht im Abseits stehen muss. In Ihrem Antrag holen Sie unächst einmal Anlauf. Sie fordern die Unterstützung laufender Programme ur Umweltbildung für Kinder und Jugendliche, Pro- ramme zur Förderung und Beratung von Sportvereinen ur nachhaltigen Sportstättensanierung und viele mehr. rundsätzlich kann man dagegen eigentlich nichts sa- en. Ich wundere mich aber dennoch über das ein oder ndere. Ich wundere mich etwa darüber, dass Sie im Be- ich der Förderung von Sportstätten und deren Sanie- ng großzügig Programme fordern, die dann von den ommunen, den Ländern und den Landessportbünden mgesetzt werden müssen. Leider verschweigt der An- ag, wie diese dafür bezahlen sollen. Beim Weitsprung ären Sie damit schon übergetreten. Ich wundere mich auch darüber, dass Ihre beiden raktionen scheinbar so wasserscheu sind, dass Ihr An- ag die vielen Wassersportarten an und unter der Ober- äche komplett ignoriert. Im Wasser, in den Meeren, lüssen und Seen, zeigen sich die Folgen des Klimawan- els zum Teil deutlich früher als an Land. Daher ist es edauerlich, dass Ihr Antrag bestehende Programme, mit enen Wassersportverbände seit langem ihre Mitglieder inbinden, um Veränderungen an den Biotopen, in denen ie ihren Sport ausüben, zu dokumentieren, ignoriert. Es ist aber nicht nur die Tiefe, die Sie in Ihrem Antrag cheuen. Sie übersehen auch die Alpen – was man erst inmal schaffen muss. Vor 20 Jahren haben sich die taaten des Alpenbogens in der Alpenkonvention mit em Ziel zusammengeschlossen, den Alpenraum zu er- alten. Es gibt Zusatzprotokolle, die sich mit verschiede- en Aspekten dieses Vorhabens befassen, etwa mit Ver- ehr, Tourismus und Naturschutz. Die Bundesrepublik at diese Protokolle ratifiziert; sie bilden eine grenzüber- chreitende Grundlage für nachhaltige Sportpolitik im nd am Berg. Folgen des Klimawandels, etwa auftau- nde Permafrostböden, schmelzende Gletscher und re- elmäßige Unwetter, schaden der sportlichen Nutzung es Alpenraumes und führen zu Symptombehandlungen ie der Verbreitung von Schneemaschinen, durch die die rsachen der Veränderungen jedoch nur kaschiert wer- en. Die extremen Lebensräume, die Ozeane und Gipfel ind es, die als erstes den Klimawandel spürten. Sie sind s, die wirtschaftlich oft am stärksten von sportlicher utzung abhängen. Sie sollten daher auch in einer nach- altigen Sportpolitik gebührende Erwähnung finden. ine Erwähnung der Konvention in Ihrem Antrag, die orderung, sie als völkerrechtliche Grundlage zu stär- en, die Aufforderung an die Bundesregierung, hinsicht- 12890 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 (A) ) )(B) lich der Ratifizierung der relevanten Zusatzprotokolle auf die Schweiz einzuwirken, wäre daher wünschens- wert gewesen. Ich wundere mich bei Ihrem Antrag auch ein wenig darüber, dass Sie konsequent im Windschatten bleiben und Ihr Antrag sich darauf beschränkt, Vorschläge zu sammeln, die an anderer Stelle erarbeitet wurden. Gleichzeitig lässt Ihr Antrag aber Hinweise auf Institu- tionen vermissen, die sich nachhaltig und intensiv mit der Problematik auseinandersetzen. So erwähnen Sie noch nicht einmal die Arbeit des Kuratoriums Sport & Natur, das Sportvereine und -verbände mit über 3 Millio- nen Mitgliedern vertritt und – der Name sagt es bereits – sich dezidiert mit den Problemen auseinandersetzt, die Sie in Ihrem Antrag angehen wollen. Ich wundere mich darüber, dass Sie sich der gesellschaftlichen und wirt- schaftlichen Bedeutung des Sports bewusst sind, aber beispielsweise nicht auf die Idee kommen, eine Forde- rung hinzuzufügen, bei künftigen Gesetzesänderungen auch die betroffenen Bundesverbände des Sports zu kon- sultieren. An dieser Stelle sind Sie mit Ihrem Antrag dann wiederum zu kurz gesprungen. Ich wundere mich auch sehr darüber, dass Sie dem Deutschen Bundestag einen Antrag vorlegen, in dem einer nachhaltigen Sport- politik explizit ein „christlich-liberaler“ Stempel aufge- drückt werden soll. Der Klimawandel hat seinen Ur- sprung in menschlichem Handeln, unabhängig von Parteizugehörigkeit, und die Folgen des Klimawandels werden parteiübergreifend von uns und den folgenden Generationen getragen werden. Außerdem benötigt man kein Parteibuch irgendeiner Couleur, um sich an Sport zu erfreuen. Schutz von Klima und Umwelt ist, sei es im Sport oder in anderen Lebensbereichen, zu bedeutend, um ihn zum Spielball einer Partie parteipolitischen Ping- Pongs zu machen. Wenn es Ihnen also ernst ist mit den Anliegen, die Sie beschreiben, wenn Sie wirklich etwas bewegen wollen, wenn Sie etwas verändern wollen, dann sprechen Sie mit uns. Beziehen Sie die Oppositionsfraktionen ein. Ihr An- trag enthält viel Richtiges und Wichtiges, aber er hat auch seine Schwächen. Wir bieten Ihnen an, gemeinsam an einer nachhaltigen Sportpolitik zu arbeiten, die sich keine parteipolitischen Leibchen überzieht, sondern sich der bestehenden Probleme annimmt. Gerne können wir dafür den heute hier vorgelegten Antrag als Startpunkt verwenden. Ein altes Sprichwort sagt schließlich, dass man auch auf einem hinkenden Pferd formidabel reiten kann. Andernfalls wird es wohl dabei bleiben: viel An- lauf genommen, leider übergetreten und dann noch zu kurz gesprungen. Hans-Joachim Hacker (SPD): Die Koalitionsfrak- tionen haben einen Antrag vorgelegt, der die Integration der wichtigen Politikfelder Klima- und Umweltschutz sowie Sport enthält. Als Ziel wird eine verantwortungs- volle Sportentwicklung in Deutschland beschrieben. Ich gehe davon aus, dass Sie damit den Sport in seiner gan- zen Breite meinen und hierbei auch die vielen Tausende Ehrenamtler in Ihre Überlegungen einbeziehen. T d g b s a d im S b le z a d m B g a h d g g k d n v c h g D w le ta H w w s b d k D s re 6 d u n d R R B a B B k ti – A (C (D Sie haben in Ihrem Antrag unter Punkt eins auch das hema „Lärm und Sportanlagen“ angesprochen sowie ie Unklarheiten in der Beurteilung von „sog. freien Ju- endeinrichtungen wie Bolzplätzen, Skate- und Basket- allanlagen hinsichtlich des Lärms, der im Rahmen der portlichen Betätigung von Jugendlichen ab 14 Jahren usgeht“. Gestern haben wir über einen Gesetzentwurf er Bundesregierung zur Privilegierung von Kinderlärm Plenum diskutiert. In der zweiten Lesung hat die PD-Bundestagsfraktion einen Änderungsantrag einge- racht, der genau dieses Ziel verfolgt, nämlich die Privi- gierung von Lärm auf Spielstätten für Jugendliche bis um 18. Lebensjahr. Diesen Änderungsantrag haben Sie bgelehnt. Für mich stellt sich insofern die Frage nach er inneren Logik und Nachvollziehbarkeit Ihrer parla- entarischen Initiativen. In Ihrem Antrag haben Sie die undesregierung aufgefordert, einen Preis für besonders ute Beispiele auszuloben, die umweltfreundliche Sport- nlagen mit dem Tourismus verbinden. An dieser Stelle ätte es sich angeboten, einen Sportbereich zu erwähnen, er auf der einen Seite Tausenden Bürgerinnen und Bür- ern Spaß und Erholung in der Freizeit bietet und zu- leich in weiten Bereichen dem Ansatz gerecht wird, lima- und umweltverträglich zu sein. Ich meine hier en Wassersport, bei dem in über 5 000 Mitgliedsverei- en über 800 000 Mitglieder organisiert sind, von denen iele ehrenamtliche Arbeit leisten. In den unterschiedli- hen Sparten des Wassersports in Deutschland gibt es ohe Erwartungen an die Politik, die Rahmenbedingun- en für den Wassersport und Wassertourismus in eutschland zu verbessern. Die Bundesregierung steht in der Pflicht und Verant- ortung, zwei Anträge zum Wassertourismus aus der tzten Legislaturperiode, für die sich die SPD-Bundes- gsfraktion besonders eingesetzt hatte, abzuarbeiten. ier muss die Bundesregierung nunmehr Kreativität ent- ickeln, um dem Auftrag des Bundestages gerecht zu erden und die berechtigten Erwartungen der Wasser- portler zu erfüllen. Aus dem Kreis der Wassersportver- ände nenne ich die Bereiche des Kanutourismus und es Kanusports, die beide in herausgehobener Weise lima- und umweltfreundlich betrieben werden. eutschland hat ein rund 10 000 Kilometer langes zu- ammenhängendes Wasserwegenetz, ergänzt durch zahl- iche Seen. In diesen Wassergebieten betreiben über Millionen Bürgerinnen und Bürger Wassersport. Die in en Wassersportverbänden organisierten Ehrenamtler nd hauptberuflich Tätigen, aber auch die kleine Unter- ehmen in diesem Bereich schauen mit großer Sorge auf ie Pläne der Bundesregierung in Verbindung mit der eform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Beide eformentwürfe enthalten Kategorisierungen für die innenwasserstraßen, die bei den Wassersportverbänden uf Unverständnis stoßen, auch bei den gewerblichen innenschiffern und den kleinen Unternehmen, die oote und Kanus vermieten. Für die SPD-Bundestagsfraktion sage ich: Auch wir ritisieren Ihre Reformpläne, auch wenn von den Koali- onsfraktionen zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen man schaue sich diese bunte Koalition an – nun die bkoppelung der Kategorisierung der Binnenwasser- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 12891 (A) ) )(B) straßen von der WSV-Reform im Haushaltsausschuss in dieser Woche beschlossen wurde. Ich fordere die Koali- tionsfraktionen auf: Bleiben Sie bei der Verfolgung Ihres Antrags nicht bei Lippenbekenntnissen! Denken Sie daran, welche Leistungen der organisierte Wassersport wie auch die Sport- und Freizeitschifffahrt in der Vergangenheit erbracht haben. Sie müssen klare Antworten geben, was bei der WSV-Reform unter „Was- sertourismusnetz“ konkret zu verstehen ist. Welche Per- spektiven erhalten oder eröffnen Sie für den Wassertou- rismus und den Wassersport? Und wie sichern Sie, dass die von gemeinnützigen Wassersportvereinen in den zu- rückliegenden Jahrzehnten geschaffenen mitglieder- finanzierten Sportanlagen und die mit öffentlichen Mit- teln, insbesondere im Zuge des Aufbaus Ost, wieder geöffneten, ausgebauten und modernisierten Infrastruk- tureinrichtungen erhalten bleiben? Darauf müssen Sie – damit meine ich die Bundesregierung und die Koali- tionsfraktionen – Antworten geben, und zwar recht bald. Die vielen Wassersportlerinnen und Wassersportler, die Wassertouristen und kleinen Unternehmen in diesem Be- reich haben ein Recht darauf. Joachim Günther (Plauen) (FDP): Der vorliegende Antrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Umwelt- und Klimaschutz durch den Sport gestärkt und gefördert wer- den können. Lassen Sie mich diesbezüglich auf einige Dinge eingehen, die mir besonders wichtig erscheinen. Ich denke wir kennen folgenden Tagesablauf alle: Man steht morgens auf, bringt die Kinder zur Schule, be- gibt sich dann voller Arbeitseifer ins Büro, und nach ei- nem langen Tag fallen noch all die kleinen Alltagstätig- keiten an, die der heimische Haushalt bereithält. Da bleibt wenig Zeit zur Entspannung. Es verwundert daher nicht, dass der moderne Mensch sich nur sehr selten in der freien Natur aufhält. Umso wichtiger ist es aus mei- ner Sicht, dass wir als Politiker uns dafür einsetzen, dass den Menschen in unserer schnelllebigen Welt, die so voll von den verschiedensten Anforderungen ist, die Natur als Erholungsraum für Sport und Freizeit erhalten bleibt. Dass ein dementsprechendes Interesse vorhanden ist, zeigt uns beispielsweise die seit Jahren boomende Lauf- bewegung mit einer Vielzahl an Veranstaltungen, wie Marathon- und Crossläufen; beispielhaft genannt seien hier der Rennsteiglauf und natürlich der Berlin-Mara- thon. Auch die wachsende Begeisterung für den Rad- sport beweist, dass Sport im Freien für viele Menschen heute zu einem erfüllten Leben gehört. So verzeichnete der Velothon, der vergangenes Wochenende in Berlin stattfand, eine Teilnehmerzahl von 13 000 Radsportbe- geisterten. Mit dem „Peakbreak“ (Österreichs erstes Etappenradrennen für jedermann) gibt es mittlerweile auch für Hobbyradler die Möglichkeit, an einem Radren- nen über mehrere Etappen durch die Alpen teilzuneh- men. Bei der diesjährigen Ausgabe des Rennens wird über sieben Etappen eine Distanz von über 1 000 Kilo- metern unter Überwindung von 18 000 Höhenmetern zu bestreiten sein. Man sieht also, dass das Bedürfnis der Menschen nach sportlichen Herausforderungen auch sei- tens der Wirtschaft aufgegriffen wird, indem immer mehr solcher Veranstaltungen organisiert werden. Das d re v s d a w in z E tu e s d d d d g s le g g U D L tu A w s w u A s b 1 c b G n re D R K m E im g s fö s tu S B d A (C (D arf aber nicht zu einer grenzenlosen Ausnutzung unse- r Natur führen. Wir müssen begreifen, dass es sich beim Verhältnis on Natur zu Mensch und umgekehrt um eine symbioti- che Verbindung handelt. Es ist also wichtig, dass wir ie Natur nicht nur als Ressource benutzen, sondern uns uch ihrem Schutz vor Ausbeutung und Verschmutzung idmen. So begründet sich ein umweltbewusster Sport dem rationalen Interesse an einer nachhaltigen Nut- ung und Nutzbarkeit des Raumes für das Sporttreiben. s gilt also, steigende Ansprüche, eine nachhaltige Leis- ngsfähigkeit und gesellschaftliches Wohlergehen mit- inander zu vereinbaren. In diesem Sinne werden schon eit langem zahlreiche Anstrengungen durch die Bun- esregierung in Kooperation mit den Sportverbänden, en Vereinen und den Sporttreibenden unternommen, ie wir weiter unterstützen und intensivieren müssen. So halten wir es für unerlässlich, dass die Umweltbil- ung und Umweltkommunikation bei Kindern und Ju- endlichen, aber auch bei Erwachsenen in den Fokus un- erer Bemühungen rücken. Zum Sport gehört manchmal ider auch Lärm. Man hört ja hier und da von Spannun- en, die es manchmal zwischen jugendlichen Fußballbe- eisterten und etwas älteren Anwohnern in der näheren mgebung von Bolzplätzen gibt. In Kenntnis solcher ifferenzen fordern wir in unserem Antrag, dass bei der ärmbeurteilung von sogenannten freien Jugendeinrich- ngen Rechtssicherheit zu schaffen ist, etwa durch die ufnahme von neuen, nicht zu engen Immissionsricht- erten und Öffnungszeiten in die Sportanlagenlärm- chutzverordnung. Dabei ist aus unserer Sicht allerdings ichtig, die staatliche Kontrolle der Spielgewohnheiten nserer Kinder nicht zu scharf zu gestalten. Klartext: uch wenn es in puncto Lärm auf gegenseitige Rück- ichtnahme ankommt, kann es nicht sein, dass wir Fuß- all spielende Jungen und Mädchen per Gesetz um Punkt 8 Uhr zurück an ihre heimischen Spielkonsolen schi- ken. Erst recht nicht, wenn wir uns im selben Augen- lick um den grassierenden Bewegungsmangel dieser eneration sorgen. Hier ist Augenmaß gefragt! Ich will an dieser Stelle auch einmal sagen, dass man icht alles rechtlich regeln muss, was man theoretisch chtlich regeln könnte. Ich möchte jeden Menschen in eutschland dazu auffordern, nicht immer gleich einen echtsanwalt zu Rate zu ziehen, sondern im Wege der ommunikation zu einem Interessenausgleich zu kom- en, ohne dass Gerichte entscheiden müssen. Ein weiteres Anliegen ist uns das bürgerschaftliche ngagement im Sport. All denen, die sich ehrenamtlich Sport als Trainer, Jugendbetreuer oder Ähnliches en- agieren, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Wir müs- en uns überlegen, wie wir solchen Einsatz noch mehr rdern können, gerade auch im Hinblick auf ökologi- che Aspekte. Noch ein paar Anmerkungen zu Sportgroßveranstal- ngen. Wir sind uns, glaube ich, alle bewusst, dass eine portgroßveranstaltung wie die Olympischen Spiele zu elastungen für die Umwelt führt. Daher fordern wir in iesem Antrag ja auch, dass bei der Bewerbung und ustragung solcher Veranstaltungen Fragen der Umwelt 12892 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 (A) ) )(B) und einer nachhaltigen Regionalentwicklung Rechnung getragen wird. Natürlich können selbst dann Verände- rungen einer Region nicht auszuschließen sein. Aber wir müssen uns bewusst machen, dass es mit einer Haltung, wie sie die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/ Die Grünen an den Tag legen, sehr ruhig in Deutschland zuginge. Denn die Konsequenz aus einem unbedingten und absoluten Schutz der Umwelt und damit dem Vor- rang der Interessen der Wälder vor denen der Menschen wäre doch, dass sportliche Großveranstaltungen gar nicht mehr stattfinden! Kein Olympia, kein Sommermär- chen, keine Leichtathletik-WM und kein DFB-Pokal in Berlin, zu dem erst am Wochenende so viele Schalker und Duisburger Fans friedlich und mit Bus und Bahn an- reisten, um gemeinsam ein Fußballfest zu feiern. Deutschland wäre nicht nur ein ruhiges, nein, auch ein sehr trauriges Land. Das würde auch das Ende jeden ge- sellschaftlichen Miteinanders bedeuten. Wichtig ist, und deshalb haben wir es in diesen Antrag auch aufgenommen, dass der Dialog zwischen der Bun- desregierung, den Bundesländern, den Bundessportfach- verbänden, den Verbänden der Eigentümer und Nutzer wie auch den beteiligten Sport- und Umweltorganisatio- nen konstruktiv weitergeführt wird, um unter anderem Konzepte zum Abbau des Sanierungsstaus bei Sportanla- gen zu entwickeln. Dieser Punkt ist existenziell, denn wenn wir nicht wollen, dass unsere Kinder nur in Ein- kaufszentren und Innenstädten herumlungern und vor lauter Langeweile zu Drogen greifen oder sich ins Koma trinken, dann müssen wir ihnen auch Alternativen bieten! Deshalb ist es wichtig, gemeinsam mit den Vereinen die Sportstättensanierung weiter voranzutreiben. Wer also für ein sportliches Deutschland ist, wer Freude am Sport leben will, der stimmt unserem Antrag zu. Katrin Kunert (DIE LINKE): In Sachen Klima- und Umweltschutz sieht sich die Bundesregierung gegenüber anderen Staaten gern in der Vorreiterrolle und ist mutig beim Äußern von ambitionierten Zielen. Problematisch wird es hingegen, wenn die geäußerten Selbstverpflich- tungen nicht zielstrebig umgesetzt werden. Nun muss die christlich-liberale Sportpolitik ein- schreiten und legt mit einem entsprechenden Antrag eine Messlatte auf. Die Koalition nimmt Anlauf, aber wagt den Absprung nicht. Ich will das an drei Beispielen deut- lich machen: Erstens. Das 30-Prozent-Ziel bei der Reduktion von Treibhausgasen bis 2020 zu erreichen, wäre für Deutsch- land ein Leichtes. Schon im Jahr 2009 lagen die Emis- sionen 29 Prozent niedriger als 1990. Zudem sind die Klimaschutzziele nicht gesetzlich geregelt, was keinerlei Sanktionen bei Missachtung zur Folge hat. Die Bundes- regierung kann also ihre Ziele in alle Richtungen anpas- sen, ohne das Parlament zu beteiligen. Zweitens. Die Meeres- und die Waldpolitik der Bun- desregierung sind hauptsächlich an wirtschaftlichen In- teressen ausgerichtet und weniger am Naturschutz. g z F p k c z m s q z ri k h v p D d w F d W fe d z s n w M b c k tr R d in J e le z B z z „ b s D m m g (C (D Drittens. Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesre- ierung umfasst zeitlich und quantitativ definierte und um Teil sehr anspruchsvolle Ziele. Zum Beispiel die lächenneuversiegelung von nicht mehr als 30 Hektar ro Tag, das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber durch fehlende onkrete Maßnahmen derzeit überhaupt nicht zu errei- hen. Hinzu kommt, dass bei sinkenden Bevölkerungs- ahlen der Wert im Grunde nach unten korrigiert werden üsste! Sie sehen, die Latte der Anforderungen wird immer o hoch gelegt, dass man bzw. die Bundesregierung be- uem darunter durchlaufen kann. Der Antrag zum Klima- und Umweltschutz im Sport eigt eine Reihe von Themen auf, die durchaus in die chtige Richtung gehen. Es sind aber nur Absichtsbe- undungen, konkrete Maßnahmen fehlen. Ich möchte auf drei Anstriche Ihres Antrages einge- en: Sie möchten Rechtssicherheit bei der Lärmbeurteilung on sogenannten freien Jugendeinrichtungen wie Bolz- lätzen, Basketballanlagen oder Skateanlagen schaffen. ie Linke hatte diesbezüglich einen Antrag eingebracht, en Sie alle hier im Haus abgelehnt haben. Derzeit – ich iederhole mein Beispiel aus dem Sportausschuss – sind rösche bei der Ausübung ihres Lärms mehr geschützt als ie Kinder und Jugendlichen auf den Sportanlagen in ohnanlagen. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil stgestellt, dass zwar massive Störungen der Nachtruhe urch Froschlärm gelegentlich für den Nachbarn nicht umutbar seien, aber alle Frösche nach § 44 Bundesnatur- chutzgesetz geschützt sind. Weder dürfen sie entfernt och Teiche zugeschüttet oder Froschlaich entnommen erden. Im federführenden Umweltausschuss herrschte die einung, dass man Kindern in ihrem Lautverhalten eim Sport nicht beeinflussen könne, wogegen Jugendli- he und Erwachsene auf ihre „Lärmemissionen“ achten önnten. Mit dieser Begründung haben Sie unseren An- ag abgelehnt. Insofern wollen Sie nur ein bisschen echtssicherheit bei der Lärmbeurteilung. Zweites Beispiel: die Waldstrategie. Hier wollen Sie en Sport in die Waldstrategie 2020 einbinden. Ich frage: welche Strategie? Es wurde zwar angekündigt, Ende anuar 2011 die Waldstrategie vorzustellen. Bisher gibt s zwei Entwürfe dazu, aus dem Jahr 2010 und 2011. Drittes Beispiel: die Sportstätten in Deutschland. Im tzten Anstrich Ihres Antrages wollen Sie „den Dialog wischen der Bundesregierung, den Bundesländern, den undessportfachverbänden … um unter anderem Kon- epte zum Abbau des Sanierungsstaus bei Sportanlagen u entwickeln.“ Es gab über Jahre in Deutschland den Goldenen Plan“, nach 1990 den „Goldenen Plan Ost“, eide haben bis vor wenigen Jahren erhebliche Unter- tützung bei der Sanierung von Sportstätten geleistet. er Grund für die Einführung dieser Pläne lag im im- ens hohen Sanierungsbedarf. Im Jahr 2010 haben Sie it großer Mehrheit hier im Haus diesen Plan ersatzlos estrichen, auch wenn Staatssekretär Bergner immer Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 12893 (A) ) )(B) gern sagt, er sei ausgelaufen. Ich sage: Er wurde beer- digt! Es gibt derzeit einen Sanierungsstau von circa 42 Mil- liarden Euro bundesweit. Ein Großteil der Sportanlagen wurde in den 70er-Jahren gebaut und entspricht heute kaum mehr den Anforderungen in Sachen Barrierefrei- heit, Sicherheit und energetische Standards. Hauptpro- blem bei der Sanierung der Sportstätten ist die desolate Finanzausstattung der Kommunen. Deshalb kritisiere ich an Ihrem Antrag, dass die Kommunen auch nicht als „Dialogpartner“ genannt werden. Die Kommunen leis- ten den Löwenanteil an der Unterhaltung von Sportanla- gen. Insofern brauchen wir zur Beseitigung des Sanie- rungsstaus nicht wirklich ein Konzept, sondern vielmehr eine wirksame finanzielle Unterstützung für die Kom- munen und sonstigen Träger von Sportanlagen! Auch hier lehnen Sie seit Jahren unseren Vorschlag für einen gesamtdeutschen „Goldenen Plan“ mit einem Volumen von 50 Millionen Euro pro anno ab! Und nach all dem von mir Gesagten: Würden Sie Ihren Antrag als wir- kungsvoll und zielführend bezeichnen? Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zunächst einmal möchte ich meine große Freude darüber ausdrücken, dass die Regierungskoali- tion sich eines Themas annimmt, das bei uns Grünen seit langem eine wichtige Rolle spielt: die Funktion des Sports für einen positiven Umgang mit Natur. Weder der Individual- noch der organisierte Sport sind jedoch per se Umweltschützer. Naturräume sind durch den Sport ebenso starken Belastungen ausgesetzt. Es ist also gut, seitens des Gesetzgebers eine systematische Verknüp- fung von Umwelt- und Klimaschutz mit dem Sport ein- zufordern. Nun gilt es, zu schauen, mit welchen Mitteln Sie dies versuchen und wie Sie die Akteure für eine ak- tive Mitarbeit gewinnen wollen. Richtig ist: Die Natur ist einerseits ein wichtiger Raum für den Sport. Andererseits ist sie vielfältigen ne- gativen Auswirkungen durch den Sport ausgesetzt. Rich- tig ist weiterhin – in Ihrem Antrag explizit genannt –, dass Umweltbelastungen und Schäden durch Sportakti- vitäten nach dem Verursacherprinzip getragen werden müssen und nicht auf Dritte abgewälzt werden dürfen. Negative externe Effekte gibt es nicht nur beim Sport- treiben; aber eben auch hier müssen sie mit in die Ge- samtkalkulation einfließen. Wir Grünen teilen und be- grüßen diese Einschätzung der Koalition. Wir haben dies seit Jahren gefordert. Internalisierung dieser Kosten bedeutet allerdings auch an vielen Stellen Erhöhung der Kosten für die Be- teiligten. Davon ist in Ihrem Antrag nichts zu lesen. Da- mit ist er vielmehr ein „Wohlfühlantrag“ und keine ehr- liche Analyse der notwendigen Schritte. Was bedeutet es denn konkret, Schäden durch den Sport bei uns oder in anderen Regionen der Welt zu verringern, auszugleichen und die Kosten dafür zu tragen? Wir brauchen mehr Um- weltbildung für Kinder und Jugendliche, mehr Be- ratungsangebote für die Sportvereine sowie umfang- reichere Forschungsprojekte am Bundesinstitut für Sportwissenschaft. Wir sind gerne bereit, Sie und die B Ih k rü B je g s „ R n s fü fo s n w R te D k a k B s ri e O Z d in te b A s ta O s B d G h u U M d re w n d k d ic te v d (C (D undesregierung bei der Umsetzung der Forderungen res Antrags zu unterstützen. Es müssen allerdings kon- rete Mittel dafür bereitgestellt werden, anstatt nur da- ber zu reden. Der Antrag vertritt außerdem die Auffassung, dass die undesregierung und die Sportverbände durch Leitpro- kte schon jetzt in vielen Bereichen ihrer Verantwortung erecht würden. Ein paar begrüßenswerte Leitprojekte ind aus grüner Sicht jedoch noch nicht genug. Von Verantwortung gerecht werden“ kann erst dann die ede sein, wenn verbindliche Standards auf allen Ebe- en zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Davon ind wir noch weit entfernt. Wir dürfen uns nicht bloß r Nachhaltigkeitskonzepte einsetzen, wie es Ihr Antrag rdert, sondern wir müssen sie für alle Sportgroßveran- taltungen verbindlich machen und könnten uns damit och deutlicher, auch international, an die Spitze der Be- egung stellen. Umweltschutz ist kein Selbstläufer. Sie loben zu echt die Nachhaltigkeitskonzepte der Fußballweltmeis- rschaft der Frauen und der Olympiabewerbung 2018. och wer hat viele Jahre lang für diese Nachhaltigkeits- onzepte gekämpft? Wer sorgt durch mühevolle Detail- rbeit dafür, dass Vereinbarungen nicht nur Lippenbe- enntnisse bleiben? Es sind besorgte Bürgerinnen und ürger, die sich nicht ausreichend einbezogen fühlen. Es ind die Naturschutzverbände und es sind grüne Politike- nnen und Politiker von der Kommunal- bis zur Bundes- bene. Das Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept der lympiabewerbung München 2018 kann im Falle des uschlags dazu dienen, die negativen Auswirkungen auf ie Umwelt so gering wie möglich zu halten. Angesichts der Vorbehalte gegenüber der Bewerbung Teilen der Bevölkerung vor Ort und innerhalb der Par- i Bündnis 90/Die Grünen halte ich es jedoch für eine odenlose Übertreibung, dass dieses Konzept laut Ihrem ntrag „Sport im Einklang mit der Natur“ ermöglichen oll. Wie nachhaltig das Konzept, das derzeit vorliegt, tsächlich ist, ließe sich jedoch erst nach Abschluss der lympischen Spiele beurteilen. Der Umweltschutz hat ich durch das kontinuierliche Engagement besorgter ürgerinnen und Bürger etabliert. Es waren Menschen, ie nicht lockergelassen haben. Solange die Kritik der egnerinnen und Gegner im Raum steht, dürfen wir da- er auch bei der Olympiabewerbung 2018 nicht denken, nsere Hausaufgaben seien gemacht. In Ihrem Antrag loben Sie das Kapitel „Sport und mwelt“ im 12. Sportbericht der Bundesregierung. Ihrer einung nach dokumentiere dieses Kapitel anschaulich ie eben erwähnte These, dass der organisierte Sport be- its in „vielen Bereichen seiner Verantwortung gerecht“ erde. In einem 130-seitigen Bericht sind das allerdings ur etwas mehr als zwei Seiten, und zwar im vorletzten er sechs Teile des Berichts. Das Thema Umwelt ist ein lassisches Querschnittsthema und muss sich damit urch alle Bereiche ziehen. Mein Vorschlag wäre, wenn h Ihrem Antrag Glauben schenken darf, dass ein Kapi- l „Sport und Umwelt“ auch ganz zentral im ersten Teil orkommt. Der heißt nämlich: „Allgemeine Rahmenbe- ingungen der Sportpolitik“. 12894 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 (A) (C) )(B) Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 2009 (Rüs- tungsexportbericht 2009) Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/5434 Nr. A.6 Ratsdokument 7017/11 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/5434 Nr. A.9 EP P7_TA-PROV(2011)0076 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/1492 Nr. A.29 Ratsdokument 7370/10 Drucksache 17/3608 Nr. A.33 Ratsdokument 13767/10 – Drucksachen 17/4200, 17/4588 Nr. 1.1 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Verkehrsinvestitionsbericht 2010 – Drucksachen 17/4980, 17/5269 Nr. 1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/5123 Nr. A.3 Ratsdokument 6163/11 Drucksache 17/5434 Nr. A.1 EP P7_TA-PROV(2011)0095 Drucksache 17/5434 Nr. A.3 Ratsdokument 7569/11 Drucksache 17/5434 Nr. A.4 Ratsdokument 7592/11 Innenausschuss Drucksache 17/4116 Nr. A.4 Ratsdokument 15614/10 Drucksache 17/4927 Nr. A.10 Ratsdokument 6007/11 Drucksache 17/5302 Nr. A.8 Ratsdokument 7044/11 Haushaltsausschuss Drucksache 17/5447 Nr. A.1 EuB-BReg 157/2011 (D Drucksache 17/5123 Nr. A.18 Ratsdokument 6571/11 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/3955 Nr. A.18 Ratsdokument 14035/10 Drucksache 17/5123 Nr. A.21 Ratsdokument 6525/11 Drucksache 17/5123 Nr. A.22 Ratsdokument 6528/11 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/5123 Nr. A.23 EuB-EP 2136 Drucksache 17/5302 Nr. A.11 Ratsdokument 6957/11 Drucksache 17/5302 Nr. A.12 Ratsdokument 6960/11 Drucksache 17/5434 Nr. A.17 EP P7_TA-PROV(2011)0082 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/3791 Nr. A.20 Ratsdokument 14679/10 Drucksache 17/4338 Nr. A.24 Ratsdokument 16336/10 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/4598 Nr. A.24 Ratsdokument 18211/10 Drucksache 17/4768 Nr. A.16 Ratsdokument 5160/11 112. Sitzung Berlin, Freitag, den 27. Mai 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Bevor ich den ersten Tagesordnungspunkt aufrufe,
möchte ich die anwesenden 350 amerikanischen Sti-
pendiatinnen und Stipendiaten des Parlamentari-
schen Patenschafts-Programms sowie Vertreter der
deutschen und amerikanischen Austauschorganisa-
tionen auf den Tribünen herzlich begrüßen. Diese jun-
gen Amerikanerinnen und Amerikaner bilden bereits den
27. Jahrgang des PPP und besuchen zum Ende ihres ein-
jährigen Aufenthaltes in Deutschland zurzeit Berlin und
heute den Deutschen Bundestag.

Das Parlamentarische Patenschafts-Programm wurde
1983 vom Bundestag und dem amerikanischen Kongress
vereinbart, und seitdem sind fast 20 000 junge Stipendia-
ten jeweils für ein Jahr in das Partnerland gereist. In
Gastfamilien und im unmittelbaren Kontakt mit den Mit-
schülern oder den Arbeitskollegen lernen die Stipendia-
ten, was unsere Länder gesellschaftlich, kulturell und
politisch verbindet. Dieser Jugendaustausch fördert das
gegenseitige Verständnis und trägt dazu bei, die Bezie-
hungen zwischen Deutschland und Amerika weiter zu
stärken.

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Sie, liebe Stipendiatinnen und Stipendiaten, sind
schon in jungen Jahren aufgebrochen, um außerhalb des
eigenen Landes Erfahrungen zu sammeln, von anderen
zu lernen und quasi als „junge Botschafter“ ihr Land auf
der anderen Seite des Atlantiks zu vertreten. Ich wün-
sche Ihnen im Namen des ganzen Bundestages weiterhin
einen interessanten Aufenthalt in Deutschland und eine
erfolgreiche Zukunft und wünsche mir, dass Sie Bot-
schafter der deutsch-amerikanischen Freundschaft sein
mögen.


(Beifall)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Tagesordnung.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die
nungspunkte 26 und 28 zu tauschen. Sind Sie
verstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. D
so beschlossen.

(C (D ung 27. Mai 2011 0 Uhr Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister der Verteidigung zur Neuausrichtung der Bundeswehr Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache im Anschluss an die Regierungserkläng eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat un der Bundesminister der Verteidigung, Thomas e Maizière. Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Veridigung: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Die Neuausrichtung der undeswehr hat begonnen. In der vergangenen Woche abe ich die Eckpunkte dafür und neue Verteidigungsolitische Richtlinien vorgestellt und ausführlich beründet. Am Mittwoch haben wir meine Entscheidungen nd Überlegungen in den Verteidigungsausschüssen des undestages und des Bundesrates diskutiert. Das werden ext wir sicher auch weiter tun. Der richtige Ort für die öffentliche Diskussion über die Neuausrichtung der Bundeswehr ist aber natürlich das Plenum des Deutschen Bundestages. Deshalb bin ich für die Möglichkeit dankbar, mit der heutigen Regierungserklärung und der gleich folgenden Aussprache die sicherheitspolitische Debatte in dieses Hohe Haus zu führen. Wir brauchen diese politische Diskussion; denn ich bin davon überzeugt: Die Neuausrichtung der Bundeswehr geht nicht nur die Bundeswehr an. Gerade eine Armee ohne Wehrpflicht braucht die öffentliche Debatte über sie, und sie braucht öffentliche Unterstützung für die Nachwuchsgewinnung und für die Einsätze. ehr hat seit ihrer Gründung 1955 einen itrag zur Sicherung des Friedens in Frei n Deutschland geleistet, aber auch zum pa und in der Welt. Tagesord damit einann ist das Die Bundesw wesentlichen Be heit im geteilte Frieden in Euro Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Verteidigung )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Bundesminister Dr. Thomas de Maizière

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie hat auch das Bild eines weltoffenen und seiner Ver-
antwortung bewussten Deutschland mitgeprägt. Dafür
war es von Zeit zu Zeit immer wieder notwendig, die
sich ändernden Herausforderungen für unsere Sicherheit
neu zu bewerten und den Auftrag der Bundeswehr ent-
sprechend neu zu definieren. Jetzt ist es wieder notwen-
dig.

Unsere Bundeswehr ist jetzt so auszurichten, dass sie
für die erkennbaren sicherheitspolitischen Herausforde-
rungen von heute gewappnet ist, aber auch für die noch
nicht klar erkennbaren Herausforderungen von morgen –
so gut es eben geht. Dieses Ziel verbindet uns alle. Es ist
eine gute Tradition, dass wir zu den grundlegenden Ent-
scheidungen zur Sicherheitspolitik ein großes Einver-
nehmen zwischen Regierung und Opposition hatten und
haben. Ich will mich auch jetzt darum bemühen – und
habe es bereits getan.

Meine Damen und Herren, die Verteidigungspoliti-
schen Richtlinien sind der Ausgangspunkt für die Neu-
ausrichtung. Die Organisation der Bundeswehr folgt
ihrem Auftrag und nicht umgekehrt. Die Verteidigungs-
politischen Richtlinien formulieren die sicherheitspoliti-
schen Zielsetzungen und die langfristigen Sicherheitsin-
teressen Deutschlands deutlich und in klarer Sprache.
Auf dieser Grundlage werden die Aufgaben der Bundes-
wehr festgelegt. Unsere nationalen Interessen wahren,
internationale Verantwortung übernehmen und die Si-
cherheit gemeinsam gestalten – das ist der Anspruch an
unsere Politik und an unsere Bundeswehr.

Eigentlich sollte es inzwischen eine Selbstverständ-
lichkeit sein, dass wir uns über unsere nationalen Inte-
ressen im Klaren sind und sie offen vertreten. Es sollte
ebenso selbstverständlich sein, dass wir in den interna-
tionalen Organisationen – in den Vereinten Nationen, in
unserem nordatlantischen Bündnis, in der Europäischen
Union – die internationale Verantwortung übernehmen,
die wir uns zutrauen, die man uns zutraut und die man
von uns erwartet. Das ist mehr, als es bisher in Deutsch-
land bekannt oder wohl auch akzeptiert ist.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig!)


Unsere nationalen Sicherheitsinteressen ergeben sich
aus unserer Geschichte, unserer geografischen Lage, den
internationalen Verflechtungen unseres Landes und un-
serer Ressourcenabhängigkeit als Hochtechnologieland
und rohstoffarme Exportnation. Auch Bündnisinteressen
sind meist zugleich unsere nationalen Sicherheitsinteres-
sen. Sicherheit für unser Land zu gewährleisten, bedeu-
tet heute insbesondere, Auswirkungen von Krisen und
Konflikten möglichst auf Distanz zu halten und sich ak-
tiv an deren Vorbeugung und Einhegung zu beteiligen.
Deutschland ist bereit, als Ausdruck nationalen Selbst-
behauptungswillens und staatlicher Souveränität zur
Wahrung seiner Sicherheit das gesamte Spektrum natio-
naler Handlungsinstrumente im Rahmen des Völker-
rechts einzusetzen. Dies beinhaltet auch den Einsatz von
Streitkräften.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Militärische Einsätze ziehen weitreichende Folgen ach sich, auch politisch. Das muss man vor jedem Einatz bedenken. Auch das Ende muss man bedenken. Daer ist in jedem Einzelfall eine klare Antwort auf die rage notwendig, inwieweit die unmittelbaren oder mitlbaren Interessen Deutschlands oder eben auch die ahrnehmung internationaler Verantwortung den jewei gen Einsatz erfordern und rechtfertigen, aber auch, elche Folgen die Entscheidung hat, nicht an einem Ein atz teilzunehmen. Wir bleiben dabei zurückhaltend und erantwortungsvoll – in jede Richtung. Unsere Soldatinnen und Soldaten in den Auslandseinätzen sind hervorragende Repräsentanten unseres Lanes. Sie sind gerade auch mit ihrer Uniform sichtbarer usdruck der Tatsache, dass wir unseren Beitrag zu rieden und Sicherheit in der Welt leisten. Im Grundgesetz steht: Eigentum verpflichtet. as ist, wenn Sie so wollen, die Kurzformel für die soiale Marktwirtschaft. Auf die internationale Politik bertragen, heißt das: Wohlstand verpflichtet. Daraus erachsen auch internationale Verantwortung und Solidatät, und das kann auch heißen: Beteiligung an internaonalen Einsätzen aus internationaler Verantwortung. Wir haben den Anspruch, ein souveräner, starker und erlässlicher Partner im Bündnis, in Europa und in der elt zu sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir erfüllen diesen Anspruch. Das umfassende Engage-
ent der Bundeswehr etwa im Kosovo steht beispielhaft

afür, dass es Deutschland mit seiner internationalen
erantwortung ernst meint. Durch den vernetzten Ein-
atz von zivilen und militärischen Mitteln haben wir den

enschen auf dem Balkan nicht nur Frieden gebracht,
ondern tragen wir auch weiterhin zur Stabilität der Re-
ion bei. Der Einsatz im Kosovo zeigt, wie wichtig es
t, Streitkräfte zum richtigen Zeitpunkt und in geeigne-
r Weise zum Einsatz zu bringen.

Die Wahrung unserer nationalen Interessen und die
ahrnehmung unserer internationalen Verantwortung ist

icht eine Aufgabe für die Bundeswehr alleine. Der Ein-
atz von Streitkräften muss nicht immer als zeitlich letz-
s Mittel erfolgen. Er darf aber immer nur dann erfol-
en, wenn es keine geeigneteren Mittel gibt, um den
insatzauftrag zu erfüllen.

Das Konzept der vernetzten Sicherheit setzt konse-
uent auf einen ressortgemeinsamen Einsatz. Wer zur in-
rnationalen Sicherheit beitragen will, kann dies nur,
enn die Instrumente richtig aufgestellt sind und in-

inandergreifen. Wer etwa einen von inneren Konflikten
eschundenen Staat stabilisieren will, kann nicht in ers-
r Linie nur Soldaten einsetzen, sondern muss vielmehr

uch Entwicklungshelfer, Lehrer, Richter und Polizei-





Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Verteidigung


(A) )


)(B)


Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
ausbilder sowie Wirtschaftsförderer zum Einsatz brin-
gen.

Als ich in New York war, hat mich der Satz eines UN-
Botschafters eines großen Staates sehr bewegt, der ge-
sagt hat: Wir bekommen heutzutage in der Welt in ein
Krisengebiet leichter zwei schwere Kampfbataillone als
zehn Richter. – Denken wir einmal über diesen Satz
nach, darüber, was dies eigentlich bedeutet und ob wir
nicht, was vernetzte Sicherheit angeht, noch etwas wei-
ter denken müssen.

Über die Mandate der Bundeswehr entscheidet der
Deutsche Bundestag. Wer einen Auftrag erteilt und ein
entsprechendes Mandat beschließt, der übernimmt Ver-
antwortung. Verantwortung zu tragen, heißt dann auch
Mitsorge und Fürsorge für die Bundeswehr, ihre zivilen
Mitarbeiter und die Soldaten. Die verfassungsrechtlich
gebotene Einbindung des Deutschen Bundestages für die
Entscheidung über den Einsatz deutscher Streitkräfte
bleibt wichtig. Sie stärkt auch die Soldaten im Einsatz.
Zu speziell oder zu eng sollten die Mandate allerdings
nicht formuliert sein. Die Soldaten vor Ort müssen lage-
angepasst verantwortlich entscheiden können.

Ziel der Neuausrichtung ist es, dass wir über eine leis-
tungsfähige Bundeswehr verfügen, die der Politik ein
möglichst breites Spektrum an Handlungsoptionen bietet
und mitten in der Gesellschaft verankert bleibt. Die Auf-
gaben der Bundeswehr sind vielfältig: die Landes- und
Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO, die interna-
tionale Konfliktverhütung und Konfliktbewältigung im
Rahmen der Vereinten Nationen, die militärische Beteili-
gung im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik der Europäischen Union, die Ret-
tung und Evakuierung deutscher Staatsbürger ein-
schließlich der Geiselbefreiung im Ausland, Einsätze im
Rahmen der humanitären Hilfe sowie Unterstützung bei
heimischen Katastrophen und Heimatschutz. Das ist ein
breites Aufgabenspektrum.

Krisen und Konflikte unterscheiden sich in ihren An-
forderungen und treten meist kurzfristig und leider oft
unvorhergesehen auf. Um sie eindämmen und lösen zu
können, müssen wir in der Lage sein, auch über große
Distanzen hinweg schnell und variabel einzugreifen. Ein
dem entsprechendes Fähigkeitsprofil können unsere
Streitkräfte jedoch heute noch nicht vorweisen.

Die Bundeswehr ist zudem strukturell unterfinanziert
für die Aufgaben, die ihr gestellt sind. Sie verfügt nicht
über ausreichende Mittel, nicht über ausreichende Fähig-
keiten und nicht über optimale Führungsstrukturen, um
ihre Aufgaben effizient zu erfüllen. Unser Ziel ist des-
halb eine Bundeswehr, die ihren Auftrag mit den Mit-
teln, die sie hat, erfüllen kann, eine Bundeswehr, die
nachhaltig finanziert ist, und eine Bundeswehr, deren
Personalplanung demografiefest ist, also Rücksicht
nimmt auf das, was an Menschen da ist.

Wir setzen auf ein breites Fähigkeitsprofil der Bun-
deswehr. Das neue Fähigkeitsprofil gibt eine Antwort
auf die Frage, was wir können wollen, nachdem die Si-
cherheitspolitik die Antwort auf die Frage gegeben hat,
was wir wollen können.

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(C (D Es ist unsere nationale Zielvorgabe, langfristig zeitleich rund 10 000 Soldatinnen und Soldaten in zwei roßen und in mehreren kleineren Einsatzgebieten flexiel und durchhaltefähig für Einsätze im Rahmen des inrnationalen Krisenmanagements bereitstellen zu könen. Das nennt man den internationalen „Level of mbition“. Für den Schutz der Heimat halten wir ausrei hend Kräfte bereit. Zusätzlich setzen wir auf unsere eservisten. Ihre Aufgabe wird wichtiger denn je. Insge amt soll die Bundeswehr künftig über eine Personaltärke von bis zu 240 000 Angehörigen verfügen, davon is zu 185 000 Soldaten und 55 000 zivile Mitarbeiter. Zur Zahl der Soldaten. Wir planen 170 000 Berufsnd Zeitsoldaten ein, plus rund 5 000 freiwillig Wehrienstleistende. Es können bis zu 10 000 weitere freiwilg Wehrdienstleistende hinzukommen. Sie kennen die ormel, die ich in der letzten Woche so zusammengesst habe: 170 plus 5 plus x. Ich freue mich, wenn über ie 5 000 eingeplanten weitere 10 000 freiwillig Wehrienstleistende hinzukommen. Aber ich möchte mit lick auf die Bevölkerungsentwicklung lieber sicher lanen und Erwartungen übertreffen, als Erwartungen icht erfüllen. Auch das Ministerium ordnen wir neu. Wir straffen ierarchieebenen, verringern die Zahl der Ministeriumsitarbeiter von jetzt über 3 000 auf dann nur noch rund 000. Damit wir diese Ziele erreichen, müssen wir leichzeitig Personal halten, Personal gewinnen und Peronal abbauen. Das wird nicht leicht. Das erfordert neue nsätze und Ideen in der Nachwuchsgewinnung, beim ersonalumbau und auch beim Personalabbau. Das gilt mso mehr mit Blick auf die Tatsache, dass wir gleicheitig den Umbau zu einer reinen Freiwilligenarmee zutande bringen müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Neuausrichtung er Bundeswehr beginnt. In den nächsten sechs bis acht ahren wird sich die Bundeswehr stärker verändern, als ies vielen heute vielleicht schon bewusst ist. Wir woln, dass die Hauptveränderungen in den nächsten zwei ahren stattfinden werden. Die Bundeswehr setzt alles daran, ihre starke Bindung die Gesellschaft auszubauen. Dazu setzen wir auch uf unsere Reservisten als Staatsbürger in Uniform. Das ngebot des freiwilligen Wehrdienstes ist nur ein Bei piel dafür, dass auch die neue Bundeswehr das vertritt, as unsere Soldatinnen und Soldaten heute schon aus eichnet: die Bereitschaft zum Einsatz für andere und die ereitschaft zum Dienst für unser Land als Staatsbürger Uniform. Vergessen wir nicht: Während wir hier in Berlin über ie Neuausrichtung der Bundeswehr diskutieren, erfüln Soldaten der Bundeswehr gleichzeitig weiterhin die estehenden Einsatzverpflichtungen – in Afghanistan, Libanon, auf dem Balkan, in Afrika und an anderen rten weltweit. Diese Einsätze und das Tagesgeschäft önnen nicht ruhen, während wir die Neuausrichtung der undeswehr planen. Auch das muss gleichzeitig erfolen. Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Verteidigung )





(A) )


Bundesminister Dr. Thomas de Maizière
Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten bei der Er-
füllung der von uns erteilten Mandate einen hervorra-
genden Dienst, häufig unter Einsatz ihres Lebens und
Gefahren für ihre Gesundheit. Heute gedenken wir des-
wegen besonders des vor zwei Tagen gefallenen Kame-
raden und seiner Angehörigen.

Meine Damen und Herren, dass unsere Streitkräfte
vollumfänglich in der Lage sind, zu kämpfen, ist auch
die Maßgabe dafür, ob unsere Bundeswehr einsatzbereit
ist. Die Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr wie-
derum ist die Maßgabe dafür, ob wir als Deutscher Bun-
destag unserer Verantwortung nachkommen – gegenüber
den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, gegen-
über den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes und
gegenüber den Freunden und Partnern in der Welt.

Die Umsetzung beginnt. Der Grund ist gelegt. Die
Feinplanung ist in Arbeit. Im Herbst lege ich die Details
zu den Fähigkeiten der Bundeswehr im Einzelnen, zum
neuen Personalsoll und das Stationierungskonzept vor.
Mit der Verabschiedung des Haushalts in diesem
Sommer besteht dann auch im Detail Klarheit über die
Finanzierung.

Wir können diesen Auftrag am besten erfüllen, wenn
wir ihn gemeinsam wahrnehmen: Bundesregierung,
Deutscher Bundestag, Bundesrat und die deutsche Öf-
fentlichkeit. Die Bundeswehr reicht der Öffentlichkeit
die Hand. Ich hoffe, dass die Öffentlichkeit diese Hand
annimmt und gemeinsam daran arbeitet, dass die Neu-
ausrichtung der Bundeswehr gelingt. So dienen wir
Deutschland, so schützen wir die Menschen in unserem
Land, so sorgen wir für unsere Sicherheit.

Vielen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711200100

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegen

Rainer Arnold für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1711200200

Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen!

Herr Minister, es ist gut, dass mit Ihrer Amtsübernahme
ein Stück weit Vernunft und Sachlichkeit in die Arbeit
zurückgekehrt sind. Seither wird noch deutlicher, wie
oberflächlich vor Ihrer Amtsübernahme leider monate-
lang mit dem ernsten Thema Bundeswehr umgegangen
wurde.


(Beifall bei der SPD)


Hier geht es für uns um etwas ganz Wichtiges: Parla-
mentsarmee bedeutet, dass sich alle Fraktionen, Regie-
rungskoalition und Opposition, der gemeinsamen Ver-
antwortung für die Soldaten stellen, die wir miteinander
in gefährliche und schwierige Einsätze entsenden. Diese
gemeinsame Verantwortung wird gerade auch in diesen
Tagen sehr deutlich, wenn wir an die Familie denken, die
ihren Sohn verloren hat, und an die anderen Familien,
die hoffen, dass ihre Kinder bald wieder genesen.

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(C (D Die Bundeswehr leistet eine gute Arbeit. Wir sollten ei der Reformdebatte nicht so tun, als ob man mit allem eu beginnen müsste. Bei der Bundeswehr gibt es viel ernünftiges; es ist ein Niveau, das sich im Vergleich zu nseren internationalen Partnern wirklich sehen lassen ann. Trotzdem ist es richtig: Es muss immer wieder neu edacht werden, inwieweit sich die Welt verändert hat nd die Herausforderungen, auch für die Truppe, neue nd andere sind. Wir wissen aber auch: Die Debatte der tzten Monate dauert eigentlich schon ein wenig zu ng; sie schlägt natürlich auch auf die Motivation der oldaten durch, die jetzt dringend Klarheit für sich und re Familien brauchen. Herr Minister, ich finde es gut, dass Sie hier eine Deatte über nationale Interessen und die Legitimation von insätzen führen. Wir nehmen daran gerne teil. Ich laube, das ist in Deutschland in der Vergangenheit zu urz gekommen. Dazu gehört aber noch etwas anderes: s muss deutlich werden, dass Sicherheitspolitik und erantwortung für die Streitkräfte eben nicht nur Sache er Verteidigungspolitik sind, sondern die gesamte Reierung hier in der Verantwortung steht. Wenn man geau zugehört hat, hatte man den Eindruck: Vieles von em, was Sie gesagt haben, ist eigentlich Aufgabe des ußenministers. Es wäre auch Aufgabe der Kanzlerin, in en internationalen Organisationen das Gewicht Deutschnds einzubringen und Prozesse anzustoßen. Dazu ist iese Regierung in den letzten Monaten leider in keiner eise in der Lage gewesen. Wenn wir über die Legitimation von Einsätzen reden, t es sicherlich richtig: Deutschland hat als wirtschafts tarkes Land eine ethische Verantwortung. Es kann nicht infach zuschauen, wenn in der Welt Völkermord stattndet – das ist richtig –, und natürlich haben wir wohlerstandene Stabilitätsinteressen. Das bedeutet allerings auch, dass man nicht immer Ja sagt, und das edeutet, dass man sich vor dem Hintergrund dieser Stailitätsinteressen insbesondere der Umbruchsituation im ördlichen Afrika in anderer Art und Weise stellt, als die undesregierung dies in den letzten Wochen getan hat. Natürlich kann man auch über wohlverstandene Wirtchaftsinteressen reden. Das heißt nicht, dass sie gegen ndere gerichtet sind, sondern das bedeutet vielmehr: tabilität als Voraussetzung für fairen Handel, von dem ie Menschen in Deutschland, aber auch in den Ländern, it denen wir handeln, große Vorteile haben. Das ist dait gemeint. Dann ist das auch in Ordnung. Sie haben etwas Neues hinzugefügt. Sie haben gesagt: ieses reiche Land muss möglicherweise auch ohne unittelbare Interessen agieren. – Ja. Ich glaube aber nicht, ass Deutschland in diesen Fällen keine Interessen hat. eutschland hat ein Interesse daran, internationale Pro esse wirklich gestalten zu können. Auch das ist ein ohlverstandenes Interesse. Erinnern wir uns daran, ass wir Soldaten nach Osttimor geschickt haben. Ostmor liegt nicht vor unserer Haustür. Damals hatten wir roßes Interesse an der Beilegung des Konfliktes. Es uss weiterhin unser Ziel sein, die Idee der Vereinten ationen zu stärken, dass das Gewaltmonopol aus Rainer Arnold )


(Beifall bei der SPD)





(A) )

schließlich bei den Vereinten Nationen liegt. Deshalb
war der Einsatz in Osttimor legitim. Das ist eine richtige
und sinnvolle Debatte.

Es gibt noch ein paar weitere positive Dinge, die ich
nennen möchte, bevor ich zu der eigentlichen Opposi-
tionsaufgabe komme und die kritischen Punkte heraus-
stelle. Herr Minister, Sie haben sich die Struktur des
Ministeriums genau angeschaut und ein paar gravierende
Fehler, die Ihr Vorgänger begangen hat, korrigiert. Das
ist in Ordnung. Wenn in einem Ministerium manche
Dinge nicht gut laufen, liegt das meistens nicht an den
Mitarbeitern, sondern an den Strukturen, die Politik vor-
gegeben hat und die sie selbstverständlich auch wieder
ändern kann. Wir unterstützen Sie auf dem Weg, die Ent-
scheidungsprozesse im Ministerium zu straffen.

Zu den Verteidigungspolitischen Richtlinien. Was hat
sich in der Welt eigentlich verändert? In den letzten
zwei, drei Jahren doch nicht so viel. Deshalb enthalten
die Verteidigungspolitischen Richtlinien auch nicht so
viel Neues; Sie brechen vielmehr das Weißbuch der alten
Bundesregierung auf die Verteidigungspolitischen Richt-
linien herunter. Geändert hat sich eigentlich nur, dass wir
erkannt haben: Der Einsatz in Afghanistan ist viel
schwieriger, als wir uns das am Anfang vorgestellt ha-
ben. Ebenfalls geändert hat sich, dass die Schulden-
bremse uns alle zwingt, ein Stück weit auf die Haus-
haltssituation zu achten.

Die Verteidigungspolitischen Richtlinien weisen aber
auch ein Defizit auf. Bisher war die Feststellung, dass
Deutschland im Rahmen der internationalen Politik Mo-
tor der Rüstungskontrolle und Abrüstung ist, ein wichti-
ger Punkt in den VPR. Wir finden es sehr bedauerlich,
dass sich das in dem neuen Buch nicht wiederfindet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aus den Verteidigungspolitischen Richtlinien kann der
Umfang der Streitkräfte nicht abgeleitet werden. In
Wirklichkeit beinhaltet diese Reform nichts anderes als
die Aussetzung der Wehrpflicht und eine deutliche Re-
duzierung des Personalkörpers. Dies steht bis zum heuti-
gen Tag im Mittelpunkt der Reform.

Diese Reform ist auch nicht in erster Linie sicher-
heitspolitisch getrieben; sie ist nun mal fiskalisch getrie-
ben. Dies war der Auslöser. Herr Minister, Sie sind in
eine Falle getreten, die Sie selbst mit aufgestellt haben.
Die Bundeswehr hat entsprechend der laufenden Haus-
haltsplanung von Jahr zu Jahr Sparmaßnahmen im Um-
fang von 700 Millionen Euro zu erbringen. Hinzu kom-
men Preissteigerungen und Betriebskostensteigerungen.
Dann hat diese Regierung gesagt: Wir müssen auf das
bereits geplante Sparvolumen noch einmal 8,3 Milliar-
den Euro draufsatteln. – Herr Minister, Sie haben dem
zugestimmt. Ich sage Ihnen: Das ist eine Luftbuchung.
Das ist angesichts dessen, was Sie vorsehen, überhaupt
nicht realisierbar. Vor allen Dingen finde ich es nicht in
Ordnung, dass Sie dieses Problem der nächsten Bundes-
regierung vor die Tür legen;


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das sind wir, Mensch! Der schafft wieder unsere Probleme hier!)


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(C (D enn erst dann werden die Probleme deutlich zutage tren. Herr Minister, Sie haben ein zweites Problem. Am tzten Mittwoch haben Sie die Erwartung geweckt, Sie ürden die Öffentlichkeit und die Soldaten endlich daber informieren, wie Sie das fiskalische Loch auffüllen ollen. Darauf haben alle gewartet. Ihre erste Reaktion ber war, zu sagen: Ich verstehe mich gut mit dem inanzminister. – Das ist prima, das glauben wir Ihnen uch. Ihre zweite Antwort war: Das regeln wir in der aushaltsdebatte. – Das regeln wir jedes Jahr in der aushaltsdebatte, das ist etwas ganz Normales. Sie komen nicht weiter, weil Sie einen Koalitionspartner ha en, dem Sparen um jeden Preis wichtiger ist als eine erantwortungsvolle Sicherheitspolitik, und zwar desalb, weil Steuersenkungen nach wie vor im Mittelpunkt er FDP-Politik stehen. enn jetzt einige Kollegen von der CSU schreien, muss h Sie daran erinnern: Sie dürfen nicht klagen, dass tandorte geschlossen werden, wenn Sie gleichzeitig der uffassung sind, dass die Senkung der Steuern für Ihre oteliers in Bayern wichtiger ist als eine seriöse Finanz usstattung der Bundeswehr. err Minister, unsere Erwartung ist: Finanzieren Sie die undeswehrreform seriös. Wenn dies nicht gelingt, weren die Soldaten kein Vertrauen in weitere Reformchritte haben, und ohne Vertrauen werden Sie die notendige Motivation nicht erzeugen können. Lassen Sie mich auch etwas zum Umfang der undeswehr sagen, Herr Minister. Sie sprachen von 70 000 Zeitund Berufssoldaten. Das ist knapp, das ist uf Kante genäht. Ich glaube, das wissen alle. Aber wir önnen da mitgehen – allerdings unter einer Voraussetung: Die Zahl muss eindeutig und klar sein. Dahin geend bitten wir Sie um Korrektur. Sie beziehen bei den 70 000 Zeitund Berufssoldaten auch die Reservisten in, ohne auszuweisen, um wie viele Zeitund Berufsoldaten bzw. Reservisten es sich dabei handelt. Das entpricht eigentlich nicht Ihrer sonstigen Vorgehensweise. nsere Bitte ist, bei den 170 000 Zeitund Berufssoldan, wie bisher, die Reservisten getrennt auszuweisen, nd zwar mit Dienstposten. Das ist notwendig und wäre uch richtig. Herr Minister, Sie sprachen davon, dass die Bundesehr mitten in der Gesellschaft bleiben soll. Ja, das ist nser gemeinsames Anliegen und entspricht unserem ild von Streitkräften in der Demokratie. Dazu braucht ie Bundeswehr nicht nur eine große Zahl von Köpfen, ondern sie braucht vor allen Dingen die richtigen Menchen bei den Streitkräften. Das ist die große Herausforerung. Hier machen Sie einen weiteren Fehler, Herr Minister. s gab die richtige Idee, mit der Aussetzung des Wehrienstes einen freiwilligen Wehrdienst einzuführen. Dait könnte es uns wie bisher gelingen, die gesamte ge ellschaftliche Breite anzusprechen und junge Menschen Rainer Arnold )


(Zurufe von der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

aus allen sozialen Schichten für die Bundeswehr zu ge-
winnen. Die Zahlen sehen im Augenblick eher positiv
aus. Da hatten Sie im Verteidigungsausschuss recht, Herr
Minister; wir haben uns von den Zahlen überzeugt. Bei
den jungen Menschen ist die Bereitschaft für den Frei-
willigendienst vorhanden. Leider wird dieses Projekt
von der Regierung in der ganzen Breite der Jugendfrei-
willigendienste, von der Bundeswehr bis hin zum sozia-
len Bereich, völlig unengagiert und uninspiriert ange-
gangen. Den jungen Menschen wird lediglich ein
liebloser Brief bzw. ein Flyer zugeschickt. Das reicht
nicht aus. Es muss ein Projekt der Politik werden, Ju-
gendfreiwilligendienste attraktiv zu machen, und zwar
sowohl ideell als auch materiell. Unser dringender Rat
lautet: Werfen Sie einen Blick in die Bundesländer.
Schauen Sie sich beispielsweise die guten Vorschläge
aus Rheinland-Pfalz an.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Oijoijoi!)


Sie brauchen die Bundesländer, wenn Sie diese Idee ins
Bildungssystem implementieren wollen. Sie brauchen
ebenso den Städte- und Gemeindetag, um aus dieser
grundsätzlich guten Idee eine Anerkennungskultur zu
entwickeln.

Aber nichts passiert, Herr Minister. Das mangelnde
Engagement erkennt man an dem, was Sie selbst vorge-
tragen haben. Die ursprüngliche Idee war es, 15 000
Dienstposten zu schaffen. Diese Zahl haben Sie bereits
auf 5 000 reduziert, und jetzt warten Sie ab, ob noch
mehr dazukommen. Nein, Herr Minister, Sie müssen
15 000 Freiwillige wollen und alles dafür tun, dass sie
auch kommen. Das ist Ihre Aufgabe.


(Beifall bei der SPD)


Deshalb muss auch an dieser Stelle nachjustiert werden.

Das Wichtigste in den nächsten Jahren aber wird sein,
den Soldatenberuf unter veränderten demografischen
Voraussetzungen und einer veränderten Wirtschaft mit
mehr Wettbewerb um die klugen jungen Leute attraktiv
zu halten. In einer Schublade im Ministerium liegen seit
Jahren 82 Vorschläge für ein Attraktivitätsprogramm.
Wir erwarten nicht, dass diese über Nacht umgesetzt
werden. Wir erwarten aber, dass Prioritäten gesetzt wer-
den und dass den Soldaten und den potenziellen Bewer-
bern genau erklärt wird, welche Attraktivitätsschritte in
den nächsten Jahren unternommen werden. Das wird
Geld kosten; das gehört zur Wirklichkeit. Wenn wir die-
ses Attraktivitätsprogramm jetzt nicht aufs Gleis setzen,
werden wir in 10 bis 15 Jahren vielleicht noch die aus-
reichende Zahl von Köpfen bei der Bundeswehr haben,
wir werden jedoch eine andere Bundeswehr haben. Wir
werden nicht mehr die Bundeswehr haben, auf die wir so
stolz sein können, weil sie die Prinzipien vom Staatsbür-
ger in Uniform und der Inneren Führung durchgängig
von den Generälen bis zu den Mannschaften lebt und
versteht. Daher ist die Attraktivitätssteigerung für uns
die zentrale Herausforderung.

Letzter Punkt. Herr Minister, kürzen Sie die Zahl der
Zivilbeschäftigten nicht so stark wie vorgesehen! Bei al-
len Armeen, die ihre Streitkräfte verkleinert haben, zum
Beispiel Frankreich, Großbritannien und die USA, hat

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(C (D ich deutlich gezeigt: Je weniger Soldaten es gibt, umso ehr Unterstützung durch zivile Mitarbeiter – vor allen ingen im anspruchsvollen technischen Bereich – ist otwendig. Überdenken Sie diese Zahlen noch einmal. ir haben den Eindruck, dass es hier nur um eine Schät ung geht und es keine seriöse Planung gibt. Wenn Sie u sehr kürzen, werden Sie am Ende merken, wie notendig die zivilen Beschäftigten sind. Lassen Sie mich zum Schluss Ihr Angebot annehmen. Sie müssen wirklich zum Schluss kommen, Herr Kol ge. Ich komme zum Schluss. Herr Minister, wenn Sie an diesen Stellen nachjustien, kann es in der Tat so sein, dass die Sozialdemokran diese Reform am Ende politisch mittragen; aber die on mir skizzierten Punkte sind unabdingbar. Ich glaube, ie Reform würde besser, wenn Sie hier zuhören; sie ürde besser für unsere Gesellschaft, für deutsche Si herheitsinteressen und auch für die Soldaten. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Kollegin Elke Hoff für die FDP raktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711200300
Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1711200400

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711200500


Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1711200600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Her-
n! Herr Minister, lassen Sie auch mich zu Beginn mei-

er Rede Ihnen im Namen der FDP-Fraktion unsere
erzliche Anteilnahme am Tod eines jungen Hauptman-
es im Einsatz zum Ausdruck bringen. Auch wir sind in
edanken bei der Familie, den Angehörigen und den
reunden.

Ich glaube, es wird in dieser schwierigen Zeit in
fghanistan nicht das letzte Mal sein, dass wir uns damit

useinandersetzen müssen. Deswegen ist es so wichtig,
ass Sie heute in dieser Debatte einen Akzent gesetzt ha-
en, der über den Alltag hinausgeht. Wir diskutieren
eute nicht nur darüber, wie die Strukturen der Bundes-
ehr in Zukunft aussehen sollen, wir diskutieren auch
icht nur über die Wehrform oder über die Attraktivität
er Streitkräfte, sondern wir diskutieren auch über das
eränderte sicherheitspolitische Umfeld weltweit, in das
ir unsere Streitkräfte in den nächsten Jahren entsenden
erden.

Sie haben mit der Vorlage der Verteidigungspoliti-
chen Richtlinien etwas getan, das von vielen Soldatin-
en und Soldaten im Einsatz in Gesprächen vor Ort im-





Elke Hoff


(A) )


)(B)

mer wieder gefordert wird: Erklärt uns, warum wir vom
Deutschen Bundestag in einen Einsatz geschickt wer-
den! – Ich glaube, es ist sehr wichtig, an dieser Stelle zu
erwähnen, dass die zukünftigen Herausforderungen in
der Sicherheitspolitik weit von dem entfernt sind, wofür
die Streitkräfte seinerzeit in der Bundesrepublik
Deutschland aufgestellt worden sind. Die Sicherheits-
lage hat sich verändert; der symmetrische Krieg von da-
mals hat sich zu einer asymmetrischen Herausforderung
entwickelt. Das bedeutet, dass auch die Herausforderun-
gen für unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz
mehr denn je davon abhängen, welche Rückendeckung
sie von der Politik haben und wie klar der Auftrag ist,
mit dem sie in Einsätze gesendet werden.

Meines Erachtens müssen wir auch viel intensiver da-
rüber diskutieren, dass die Zivilbevölkerung in den je-
weiligen Krisengebieten immer mehr zum Mitstreiter,
zur Zielgruppe, zur Partei, zum Beteiligten in Konflikten
wird. Das heißt, unsere Soldatinnen und Soldaten wer-
den in ein Umfeld geschickt, das unklar ist. Die Fähig-
keiten, die sie in Zukunft brauchen werden, dürfen daher
nicht allein den Umgang mit militärischem Gerät be-
inhalten. Sie müssen weitere Qualifikationen haben, zum
Beispiel kulturelle Kompetenz, Sprachfähigkeiten und
die Fähigkeit, sich mit zivilen Beschäftigten vor Ort zu
vernetzen. Sie müssen auch den vernetzten Ansatz, den
Sie hier mit Recht deutlich hervorgehoben haben, voran-
bringen. Das bedeutet aber auch, dass wir nicht nur das
militärische Portfolio und das militärische Spektrum ei-
nes Einsatzes der Bundeswehr festlegen, sondern weit
darüber hinausgehen müssen. Ich darf an dieser Stelle
eine persönliche Bemerkung machen: Ich glaube, dass
wir über kurz oder lang nicht an der Definition einer na-
tionalen Sicherheitsstrategie vorbeikommen werden,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


weil die Herausforderungen ungleich größer werden.

Wir müssen uns auch damit befassen, die Legitima-
tion zukünftiger Einsätze der Bundeswehr durch zwei
wichtige Komponenten zu ergänzen: Erstens bedarf es
der Legitimität der Zivilbevölkerung im Einsatzland,
zweitens aber auch der Unterstützung und der Legitimi-
tät der entsendenden Nation. Das heißt, die Erklärung,
warum wir uns an einem Einsatz beteiligen, ist meines
Erachtens wichtiger und notwendiger denn je, insbeson-
dere dann, wenn das, was Sie, Herr Minister, vorgetra-
gen haben, zutrifft: wenn ein originäres nationales Inte-
resse möglicherweise nicht so klar zu definieren ist, wie
es in der Vergangenheit der Fall war.

Wir müssen uns darüber klar sein, dass wir in Zukunft
auf internationaler Ebene auch über die Frage diskutie-
ren müssen: Wie definieren wir den Status eines Kom-
battanten? Neue Technologien und neue Herausforde-
rungen führen dazu, dass die Zivilisierung auch
militärischer Fähigkeiten immer weiter voranschreitet.
Die Frage „Was sind die Sicherheitsherausforderungen
des 21. Jahrhunderts?“ geht weit über das hinaus, wo-
rüber wir hier und heute in Bezug auf die zukünftige
Struktur der Bundeswehr diskutieren.

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(C (D Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, an dieser telle darauf einzugehen. Sie haben klugerweise immer ieder darauf hingewiesen, dass die Reform der Struktur er Streitkräfte nicht nur in finanzieller Hinsicht und icht nur durch die bestehenden Herausforderungen derminiert ist, sondern auch durch die demografische ntwicklung. Wir müssen uns darauf einstellen, dass ich in Zukunft nicht mehr so viele junge Männer und rauen für den Dienst an der Waffe entscheiden werden, ie es in der Vergangenheit der Fall war. Vor diesem Hintergrund kommt der Attraktivität des oldatenberufes eine erhebliche Bedeutung zu. Die Reierungsfraktionen und die Bundesregierung haben sehr lare Vorstellungen davon, wie die Attraktivität der Buneswehr gesteigert werden kann. Ich glaube, dass auch ie Opposition bereit ist, sich konstruktiv in diese Disussion einzubringen und die notwendigen Entscheidunen im Sinne der Bundeswehr und der deutschen Sichereitspolitik mitzutragen. So habe ich Sie, Herr Kollege rnold, trotz aller Kritik, die Sie geäußert haben, ver tanden. Wir diskutieren heute nicht zum letzten Mal darüber, ie die Bundeswehr der Zukunft aussieht. Für meine egriffe müsste die heutige Diskussion eigentlich der eginn einer breiten sicherheitspolitischen Debatte sein. ir dürfen nicht den Fehler machen, lediglich zum Aus ruck zu bringen: Ja, wir werden die Bundeswehr in Zuunft in internationale Einsätze schicken. – Das reicht icht aus. Wir müssen uns auch fragen: Kann sie das isten? Können wir die notwendigen zivilen und militäschen Fähigkeiten überhaupt bereitstellen? Wann überrdern wir unser eigenes Gemeinwesen, wenn es darum eht, in Konfliktregionen dieser Welt zu intervenieren nd sich dort einzusetzen? Ich glaube, dass wir es nicht ur uns selbst, sondern auch der Bevölkerung schuldig ind, ganz klar zu sagen, was wir können und was wir icht können. Wir haben in letzter Zeit, gerade in der Diskussion ber Libyen, viel über „responsibility to protect“ gesprohen. Das klingt sehr gut, und das ist ein hehrer moralicher Anspruch. Dennoch sollten wir gleichzeitig auch n „ability to protect“ denken. Verfügen wir tatsächlich ber die notwendigen Fähigkeiten? Wenn es um den insatz unserer Streitkräfte geht, dürfen wir nicht Emoonen zur Grundlage unserer Entscheidung machen. Es arf nicht so sein, dass wir dort tätig werden, wo die eisten Fernsehbilder entstehen und wo die mediale ufmerksamkeit am größten ist. Vielmehr müssen wir ei unserer Entscheidung bedenken: Wo haben wir ein teresse? Wo können wir helfen? Haben wir die Mittel? as ist das Ziel, was soll am Ende herauskommen? Es t nämlich leichter, einen militärischen Konflikt zu beinnen, als ihn zu beenden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


h glaube, dass wir unseren Soldatinnen und Soldaten
chuldig sind, sehr genau zu erwägen, in welches Szena-
o wir sie schicken, weil sie es am Ende sind, die den
ltimativen Preis dafür bezahlen müssen, wenn wir eine





Elke Hoff


(A) )


)(B)

sicherheitspolitische Fehleinschätzung vorgenommen ha-
ben.

Ich möchte meine Rede mit den Worten des berühm-
ten chinesischen Generals und Militärphilosophen Sun
Tzu beenden. Er hat gesagt:

Die Kunst des Krieges ist für den Staat von ent-
scheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit
von Leben und Tod, eine Straße, die zur Sicherheit
oder in den Untergang führt. Deshalb darf sie unter
keinen Umständen vernachlässigt werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711200700

Das Wort hat nun Paul Schäfer für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711200800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Natürlich ist man froh, wenn ein Bundesminister
der Verteidigung sich seriös und weniger glamourös prä-
sentiert.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Aber nicht auf die Inszenierung, auf die Inhalte kommt
es an, und die sind falsch – bei zu Guttenberg wie bei de
Maizière.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Minister, Sie wollen eine Armee, die weltweit
einsetzbar ist, die im Zweifelsfall auch Krieg führen soll
und die auch ein Instrument durch Durchsetzung macht-
und wirtschaftspolitischer Interessen sein kann. Das al-
les halten wir für falsch.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie reden, Herr Minister, von einer Neuausrichtung
der Bundeswehr. Doch davon kann überhaupt keine
Rede sein. Sie setzen den unter SPD und Grünen begon-
nenen Umbau der Bundeswehr zur Einsatzarmee fort.
Eine wirkliche Reform müsste innehalten und eine kriti-
sche, schonungslose Bilanz der Auslandseinsätze ziehen.
Daraus müssten Schlüsse gezogen werden. Aber genau
das tun Sie nicht. Die Bundeswehr ist seit zehn Jahren
im Einsatz im Afghanistan. Ein Ende ist nicht absehbar.
Die Sicherheitslage hat sich von Jahr zu Jahr verschlech-
tert. Die Zahl der Toten steigt kontinuierlich. Für den
Einsatz wird eine Riesenmenge an Geld und Ressourcen
benötigt. Deshalb kann man sagen: Afghanistan ist keine
Blaupause für künftige Bundeswehreinsätze; es ist ein
abschreckendes Beispiel.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Lektion lautet: Man kann mit militärischen Mitteln
den Terrorismus nicht schlagen und auch keine Nationen
aufbauen. Aber Sie machen weiter, haben jetzt sogar
noch Pakistan als möglichen neuen Einsatzort ins Ge-
spräch gebracht. Da wird einem angst und bange.

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(C (D Die Grundrichtung stimmt nicht. Sie wollen die Peronalstärke der Streitkräfte zwar verringern; aber den nteil der Soldatinnen und Soldaten, die dauerhaft in uslandseinsätzen kämpfen können, wollen Sie noch eröhen. Wofür? Wozu? Unter welchen Voraussetzungen? as bleibt unklar, Hauptsache: allzeit bereit – und das eltweit. Wenn Sie auch noch sagen: „Wir wollen eine Bundesehr zur Sicherung der außenpolitischen Handlungsfäigkeit des Landes“ – das sagen Sie so –, dann ist das in nseren Augen nichts weiter als ein Blankoscheck für terventionismus, und dafür gilt: Ohne uns! Die neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien sind man muss es so sagen – ein alter Hut. Sie beschwören ieder einmal die bekannten diffusen Risiken, denen wir ukünftig ausgesetzt sein werden – Flüchtlingsströme, napper werdende Rohstoffe, Weiterverbreitung von tomwaffen –, und präsentieren wieder nur die alte Antort, dass man in der Lage sein müsse, diesen Risiken uch militärisch zu begegnen. Unsere Antwort ist eine anere: Die neuen globalen Probleme können nachhaltig ur mit nichtmilitärischen, das heißt mit zivilen Mitteln nd mit einer Politik globaler Gerechtigkeit gelöst weren. Das ist das, für das sich die Bundesrepublik Deutschnd im UNO-Sicherheitsrat stark machen müsste. Neu, Herr Minister, ist allenfalls die Tonlage, mit der ie über den Zusammenhang von Militär und wirtschaftchen Interessen reden. Sie haben bei der Präsentation er Verteidigungspolitischen Richtlinien gesagt, unser latz in der Welt werde dadurch bestimmt, dass wir von ohstoffen und Exporten abhängig seien, und dann unerblümt festgestellt – ich zitiere –: Wir haben ein nationales Interesse am Zugang zu Wasser, zu Lande und in der Luft. (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig! So ist das!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


as ist kühn. Meinen Sie das auch weltweit? Sie sollten
chon höllisch aufpassen, wenn Sie eine solch aggres-
ive, zumindest missverständliche Sprache gebrauchen.
ie Linke will jedenfalls nicht, dass Bundeswehrsolda-
n für Wirtschaftskriege in Marsch gesetzt werden. Das
t mit uns nicht zu machen.


(Beifall bei der LINKEN)


s geht uns also nicht darum, die vorhandenen Struktu-
n zu optimieren; es geht darum, sie zu revidieren. Dazu

aben wir unsere Position als Bundestagsfraktion kon-
retisiert.

An erster Stelle steht für uns die Rückbesinnung auf
en Auftrag in Art. 87 a des Grundgesetzes:

Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.

Davon ist auch unsere zweite Forderung bestimmt:
ie Bundeswehr sollte in ihren Strukturen auf Defensive

usgerichtet sein. Das heißt, wir brauchen keine verleg-
aren Hauptquartiere und keine Einsatzverbände, die,





Paul Schäfer (Köln)



(A) )


)(B)

6 000 Kilometer oder weiter entfernt, in anderen Staaten
Operationen durchführen können. Milliardenschweres
Gerät wie den Jagdbomber Eurofighter brauchen wir
auch nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn der Satz gilt, dass wir auf absehbare Zeit nicht
militärisch bedroht sind, dann heißt das drittens: Wir
können den Umfang der Streitkräfte erheblich reduzie-
ren, wir sagen: um die Hälfte. Eine Bundeswehr mit
125 000 Soldatinnen und Soldaten reicht aus, um die
Aufgaben der Landesverteidigung wahrzunehmen.

Viertens. Unser Konzept der zukünftigen Bundeswehr
ist eng verknüpft mit einer stärkeren Demokratisierung,
mehr Zivilität, mehr Parlamentsheer. Es geht schlicht da-
rum, dass die Bundeswehr, will sie in der Gesellschaft
verankert bleiben, auch die Normen und Werte dieser
Gesellschaft verinnerlichen muss. Wir reden von Bin-
dung an Recht und Gesetz, ebenso wie von soldatischer
Interessenvertretung und humaner Menschenführung; da
ist noch viel zu tun.

Fünftens. Wir sagen klar Nein zur Ausweitung der
Bundeswehreinsätze im Innern. Bewaffnete Einsätze im
Innern müssen grundsätzlich tabu bleiben.


(Beifall bei der LINKEN)


Der weiteren Vermischung von Zivilem und Militäri-
schem ist ein Riegel vorzuschieben. Katastrophenschutz
ist eine zivile Angelegenheit, und dafür müssen dort die
Kapazitäten ausgebaut werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Mit das Beste an unserem Bundeswehrkonzept ist:
Eine solche Reform wäre finanzierbar. Sie würde Mittel
freisetzen für soziale und entwicklungspolitische Be-
lange, auch für solide Konversionsprogramme, womit
man den Kommunen helfen würde, und auch für das
Bundeswehrpersonal stünde mehr Geld zur Verfügung.
Ihre Sparvorgabe von 8,3 Milliarden Euro kann man in-
zwischen getrost vergessen. Sie werden noch genug
schieben, tricksen und täuschen, um das Geld zusam-
menzubekommen. Das wird nicht funktionieren.

Dass – diese Bemerkung kann ich mir am Schluss
nicht verkneifen – die SPD mit dieser Reform nur ein
Problem zu haben scheint, nämlich dass man noch mehr
Geld in das System Bundeswehr stecken muss, ist für
eine Partei, die sich einmal zu Frieden und Abrüstung
verpflichtet hat, kläglich.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir als Linke werden den Zielen Abrüstung und Frie-
den jedenfalls weiterhin verpflichtet bleiben.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711200900

Das Wort hat nun Volker Kauder für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wir haben heute Morgen hier im Deutschen undestag eine bemerkenswerte Regierungserklärung rlebt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Das haben Sie bei Guttenberg auch schon gesagt!)

Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1711201000

Nüchternheit und Klarheit und mit bestechender logi-
cher Konsequenz wird die Bundeswehr in eine neue
eit geführt. Herr Minister, herzlichen Dank dafür!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Groschek [SPD]: Endlich!)


ei der Regierungserklärung des Verteidigungsministers
t deutlich geworden – so viel zu den kritischen Anmer-
ungen zum Verhältnis von Außenministerium und Ver-
idigungsministerium –, dass die Bundeswehr in das au-
enpolitische Konzept der Bundesregierung eingebettet
t und dass es da eine gemeinsame Politik und Strategie
ibt.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist umgekehrt, Herr Kauder!)


Warten Sie einmal ab. Es ist nicht so, wie Sie es gern
ätten. Ich schildere, wie es tatsächlich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ußenpolitik und Verteidigungspolitik bilden in unserer
egierung eine Einheit.


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


as bedeutet, dass in der Außenpolitik und in der Vertei-
igungspolitik gemeinsam die Ziele formuliert werden,
ie für uns wichtig sind.

Thomas de Maizière hat gesagt, dass die Bundeswehr
ie Aufgaben erfüllen muss, die wir politisch formuliert
aben. Sie hat natürlich zum einen die Sicherheit unseres
andes zu gewährleisten; zum anderen hat sie die Auf-
aben zu erfüllen, die im Rahmen unserer Bündnisver-
flichtung, wie Thomas de Maizière es formuliert hat,
uf uns zukommen und die wir bisher nicht immer so
eutlich in der Öffentlichkeit haben darstellen können.
ir sind in das System sowohl der UNO als auch der
ATO eingebettet. Hier erfüllen wir unsere Aufgaben.
ie Bundeswehr leistet einen Beitrag zur Friedenssiche-
ng, und das hat eine ganz andere Bedeutung als früher.
ie Friedenssicherung findet nämlich nicht mehr aus-

chließlich in unserem Land statt. Unser Frieden ist viel-
ehr durch vielfältige, auch terroristische Aktionen auf

er ganzen Welt bedroht. Wer hier für Frieden und Si-
herheit sorgen will, kann keine Bundeswehr aufstellen,
ie ihre Arbeit nur im eigenen Land verrichtet. Das ist
nsere Botschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass die Bun-
eswehr über ihren Auftrag hinaus tätig wird. Im Übri-
en waren es Sie von den Grünen und den Roten, die die





Volker Kauder


(A) )


)(B)

Bundeswehr zum ersten Mal im Ausland eingesetzt ha-
ben. Sie waren es, die den Auftrag der Bundeswehr neu
formuliert haben.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir zusammen getan!)


Deswegen kann ich Ihnen nur raten, an der Diskussion
über die Reform der Bundeswehr, darüber, sie auf die
neuen Aufgaben auszurichten, teilzunehmen. Herr Kol-
lege Trittin, hier haben Sie sich so verhalten, wie Sie das
in Ihrer Regierungsverantwortung vielfach getan haben.
Sie haben Dinge angestoßen, aber die Konsequenzen
nicht bedacht. Sie haben die Reform der Bundeswehr
nicht vorangebracht. Diese Aufgabe haben Sie schön an-
deren überlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Aufgabe werden wir nun erfüllen. Thomas de
Maizière hat die Punkte angesprochen. Die Bundeswehr
ist auf die neuen Herausforderungen auszurichten, aber
sie muss ihren Auftrag auch unter veränderten Bedin-
gungen erfüllen können. Wir haben über Jahre hinweg
gesehen, dass die Wehrpflicht nicht mehr so konsequent
durchgesetzt werden konnte, wie es notwendig war. Des-
wegen war es richtig, dass wir Überlegungen angestellt
haben, wie wir darauf reagieren, und nun sagen: Wir ha-
ben in der Bundeswehr einen festen Stamm und Freiwil-
lige. Ich kann mir nur wünschen, dass die Bundeswehr
durch die Reform so attraktiv wird – schon deshalb ist
die Reform so wichtig; Thomas de Maizière hat es ange-
sprochen –, dass sich junge Menschen für die Bundes-
wehr interessieren und im Hauptberuf und als Freiwil-
lige bei der Bundeswehr ihren Dienst tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen klarstellen, dass wir Freiwilligendienste
in unserem Land brauchen, dass wir junge Menschen
brauchen, die im sozialen Bereich, in unseren Hilfsorga-
nisationen tätig sind, dass aber der freiwillige Dienst in
der Bundeswehr genauso wichtig und ehrenhaft ist wie
jeder andere freiwillige Dienst. Das müssen wir deutlich
machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gibt hier keine Abstufung nach dem Motto: Im sozia-
len Bereich ist das gut, bei der Bundeswehr weniger.
Nein, der Freiwilligendienst ist ein Dienst an unserem
Land – bei der Bundeswehr oder in sozialen Einrichtun-
gen. Dafür müssen wir werben.


(Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Dann macht mal!)


Es hat doch mit Prestige zu tun, wenn wir vom Dienst in
der Bundeswehr sprechen.

Wir sehen natürlich, dass der Dienst in der Bundes-
wehr etwas Besonderes ist, weil er die ganze Person for-
dert und natürlich auch gefährlich ist. Wir haben in die-
sen Tagen wieder erleben müssen, dass der Dienst in der
Bundeswehr lebensgefährlich ist. Ich finde, umso größer
muss unser Respekt vor denjenigen sein, die in unserem
Auftrag und für unsere politischen Ziele ihren Dienst

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(C (D n. Deswegen sage ich einen herzlichen Dank an alle itarbeiterinnen und Mitarbeiter, an alle Soldatinnen nd Soldaten in der Bundeswehr. Wir sind dankbar dar, dass sie diesen Dienst für unser Vaterland verrichten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Reform der Bundeswehr hat begonnen. Thomas
e Maizière hat darauf hingewiesen, dass dies ein Pro-
ess ist. Deswegen ist Ihre Kritik nicht angebracht, Herr
rnold.

Selbstverständlich werden im Zuge dessen, was an
otwendigen Veränderungen vorgestellt worden ist, die
nanziellen Grundlagen dargelegt. Diese finanziellen
rundlagen werden nicht, wie Sie es formuliert haben,
ie immer im Haushaltsplan berücksichtigt; sie werden

um ersten Mal im neuen Haushaltsplan berücksichtigt,
er im Herbst beraten und verabschiedet wird. Es ist völ-
g richtig, dass Thomas de Maizière jetzt keine Zahlen
ennt und darauf verweist, dass wir im Rahmen der
aushaltsplanberatungen und der mittelfristigen Finanz-
lanung auch das Finanzierungskonzept für die Reform
orlegen werden.

Als Sie, Herr Arnold, gesprochen haben, habe ich Ih-
en angemerkt, dass Sie wissen, dass da jemand seine
rbeit macht, der die Dinge konsequent und logisch an-
eht und das in einer Ruhe und Selbstverständlichkeit
acht, die Sie im Grunde genommen sehr beeindruckt

at. Das hat man bei Ihrer Rede nämlich auch gemerkt,
eber Herr Arnold.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Rainer Arnold [SPD]: Es konnte ja nur besser werden!)


an hat Ihnen angesehen, wie Sie sich gesagt haben:
Mensch, es wird mir doch noch irgendetwas einfallen,
as ich kritisch anmerken kann.“ Entsprechend schlecht
ar es dann auch, weil Ihnen nämlich nichts Gescheites

ingefallen ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


an kann nämlich überhaupt keinen kritischen Einwand
egen dieses Konzept vorbringen.

Herr Bundesminister, wir sind dankbar für die
chritte, die Sie eingeleitet haben. Wir begleiten Sie bei
ieser Aufgabe, und wir stehen zu dieser Reform der
undeswehr. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711201100

Das Wort hat nun Jürgen Trittin für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711201200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zeiten

aben sich geändert. Früher erlebten wir ein permanen-
s Schaulaufen des Verteidigungsministers mit dem Au-
enminister, wer der Wichtigere im Kabinett sei.





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)

Mit der heutigen Regierungserklärung müssen wir
feststellen: Die Zeiten haben sich geändert. Die Frage ist
auch entschieden. Über die strategische und sicherheits-
politische Ausrichtung der Bundesrepublik Deutschland
wird im Verteidigungsministerium entschieden. Dort wird
formuliert. Insofern muss man Ihnen an dieser Stelle, Herr
de Maizière, ein Kompliment machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben begonnen, sich der Realität zu stellen. Die
CDU/CSU verabschiedet sich von etwas, das lange Zeit
für sie identitätsstiftend war: der Wehrpflicht. Sie versu-
chen jetzt, in diese Richtung Grund hineinzubringen.

Sie sagen der deutschen Öffentlichkeit: Wir wollen mit
einem Konzept von 175 000 plus x künftig diese Aufga-
ben einer Bundeswehr bewältigen. Ich hätte in Ihrer heu-
tigen Regierungserklärung, gerade weil ich wichtige stra-
tegische Grundentscheidungen, die Sie mit benannt
haben, teile, gerne von Ihnen eine Begründung gehört,
warum das, was Ihnen Ihr eigener Generalinspekteur auf-
geschrieben hat, nicht Leitlinie gewesen ist. Warum hat-
ten Sie nicht den Mut, auf die Größe der Bundeswehr zu
gehen, die von der Aufgabe her definiert vom Generalin-
spekteur auf etwas über 160 000 beziffert wurde? Sie mö-
gen das für kleinlich halten, was die Zahlen angeht. Ich
glaube aber, dass hinter dem Unterschied zwischen den
185 000, auf die Sie kommen wollen, was nach Ansicht
der SPD vielleicht noch zu knapp ist, und den 160 000,
die nach Auffassung des Generalinspekteurs und meiner
Fraktion angemessen wären, genau das Stück Halbher-
zigkeit steht, das immer noch in dieser Reform steckt.
Dieses Stück Halbherzigkeit finden Sie in den Verteidi-
gungspolitischen Richtlinien, die die Grundlage der Re-
form sein sollen.

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von heute ha-
ben Sie zu der Feststellung, dass jetzt anders als in den
Verteidigungspolitischen Richtlinien unter Peter Struck
bei den Aufgaben der Bundeswehr nicht mehr der Aus-
landseinsatz im multilateralen Verband an vorderer
Stelle steht, sondern die Verteidigung im Bündnis, ge-
sagt, das sei keine Rangfolge, sondern nur eine Reihen-
folge. Ich halte dies für beschönigend und für falsch. Es
ist offensichtlich eine Rangfolge, die Sie hier vorgenom-
men haben. Sie gewichten die Verteidigung im Bündnis
wieder höher als die Aufgabe, die wir alle als wichtig
identifiziert haben, nämlich mehr Einheiten sowie mehr
Soldatinnen und Soldaten für Auslandseinsätze bereitzu-
stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir teilen die Auffassung, dass wir 10 000 Soldatinnen
und Soldaten für Auslandseinsätze vorhalten müssen.
Aber das gefährden Sie, bis hin zur Beschaffung. Sie
müssen dem Hohen Haus einmal erklären, warum wir
noch immer über 1 000 Panzer – wir haben festgestellt,
dass es 1 048 sind – haben. Warum müssen wir an Rüs-
tungsprojekten wie Tiger und MEADS festhalten, die da-
rauf ausgerichtet sind, große Panzerverbände zu bekämp-
fen? All dies ist Folge der von Ihnen vorgenommenen

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(C (D usrichtung. Sie haben gesagt: Für uns kommt die Veridigung im Bündnis an erster Stelle. Wir glauben, dass Sie hier nicht konsequent sind. Es ird die Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland sein, er internationalen Verantwortung stärker gerecht zu erden. Internationale Verantwortung bedeutet nicht, wie inige glauben, dass man sich unilateral um die Sicherung on Rohstoffquellen kümmert; so habe ich das nicht vertanden. Internationale Verantwortung heißt, dass wir uns n den Gefahren für die Sicherheit, die sich auf der Welt rgeben, orientieren. Es geht dabei nicht mehr um zwichenstaatliche Konflikte zwischen hochgerüsteten Areen. Aber genau daran halten Sie noch immer in Ihrer rioritätenreihenfolge fest. Es geht typischerweise um symmetrische Konflikte. Es geht typischerweise um das orgehen in gemischten zivil-militärischen Missionen. s geht typischerweise um die Sicherung vor Staatszerll und Ähnlichem. In einer solchen Debatte, in der wir über die Ausrichng der Bundeswehr sprechen, will ich sagen: In diesem usammenhang wird mehr auf die Bundesrepublik eutschland zukommen als in der Vergangenheit. Das t eine Botschaft, die man in einer solchen Debatte aus prechen muss. Ich will nicht spekulieren. Wenn ich mir ber anschaue, wie sich beispielsweise der Trennungsrozess zwischen dem Südsudan und dem Sudan entwikelt, dann bin ich mir nicht sicher, ob wir weiterhin mit twas mehr als 20 unbewaffneten Militärbeobachtern uskommen oder ob nicht andere mehr von uns erwarn. Wenn das alles so ist, dann brauchen wir eine konseuente Ausrichtung der Bundeswehr im Hinblick auf ultilaterale Einsätze im Auftrag der Vereinten Natio en zur Stabilisierung von zerfallenden Staaten; das wird ie Kernanforderung sein. Nur so werden wir unserer inrnationalen Verantwortung gerecht. Deutschland muss seiner internationalen Verantworng gerecht werden. Das zielt insbesondere auf die Si herung und die Herstellung der Herrschaft des Rechts. ir dürfen keine rechtsfreien Räume auf diesem Globus ulden. Das heißt für uns: Ausbildung, Ausrichtung und usrüstung der Bundeswehr müssen sich klar an dieser riorität orientieren. Da haben Sie noch ein bisschen Areit vor sich, Herr Minister. Das Wort hat nun Jürgen Koppelin für die FDP-Frak on. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus nserer Sicht ist das, was der Minister heute vorgetragen at, seit der Zusammenlegung von Bundeswehr und NVA or über 20 Jahren die größte Reform, die wir bei der undeswehr durchführen. Diese Reform wäre auch notendig gewesen – davon sind wir überzeugt –, wenn wir ie Wehrpflicht nicht ausgesetzt hätten. Die FDP hat im Dr. h. c. Jürgen Koppelin )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711201300

(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1711201400




(A) )

mer gefragt: Werden die Haushaltsmittel richtig einge-
setzt? Sind die Beschaffungsmaßnahmen, die einst be-
schlossen wurden, noch richtig? Herr Trittin, Sie haben
die Frage gestellt, warum wir an dem einen oder anderen
– Sie haben als Beispiel MEADS genannt – noch festhal-
ten. Ich kann Ihnen sagen, warum.

Wir halten gar nicht daran fest. Aber wir haben aus
der Zeit der rot-grünen Koalition – bei den großen Be-
schaffungsprojekten waren die Grünen voll dabei – Ver-
träge, aus denen man nur schwer herauskommt. Das ist
eines unserer Probleme. Sie als Grüne haben bei allen
großen Rüstungsprojekten mitgemacht, beispielsweise
bei MEADS. Wir haben es Gott sei Dank geschafft, die
Anzahl der Transportflugzeuge zu reduzieren. Sie woll-
ten 90 bestellen; dann hat Peter Struck die Anzahl auf 60
reduziert. Nur in dieser Koalition – ich sage ausdrück-
lich Danke schön an den Koalitionspartner; Volker
Kauder hat es ja in seiner Rede deutlich gemacht – ist
diese Reform möglich gewesen. Wir haben es gesehen:
Sie als Grüne haben sich bei den Sozialdemokraten nie
durchsetzen können. Sie waren ähnlich wie wir für die
Aussetzung der Wehrpflicht.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollten sie abschaffen!)


Sie haben sich nicht durchsetzen können. Die Freien De-
mokraten haben sich in dieser Koalition mit dieser For-
derung durchgesetzt. Das war nicht leicht für unseren
Koalitionspartner, aber er hat mitgemacht. Das ist eine
der größten Reformen, und dafür sagen wir als FDP
Danke an die Christlich Demokratische Union.


(Beifall bei der FDP)


Aber die Frage ist durchaus berechtigt: Wie finanzie-
ren wir zukünftig die Bundeswehr? Hier kann ich für die
FDP sagen: Natürlich wollen wir Einsparungen vorneh-
men. Aber es wird auf keinen Fall auf Kosten der Solda-
ten oder der Zivilangehörigen gehen. Wir gehen an die
vielen Beschaffungsmaßnahmen heran – davon habe ich
schon gesprochen –, die nach unserer Auffassung über-
flüssig sind. Herr Kollege Arnold, Sie haben uns doch
mit dem Herkules-Projekt ein Milliardengrab einge-
brockt. Wir versuchen nun, das Beste daraus zu machen.
Das funktioniert doch heute noch nicht richtig. Das sind
Ihre Entscheidungen gewesen, nicht unsere. Das Gleiche
gilt für das Übermaß an Bürokratie.


(Beifall bei der FDP)


Sie fordern hier jetzt: Herr Minister, finanzieren Sie
seriös! – Dass Sie das überhaupt wagen. Herr Scharping
hat uns die Privatisierung eingebrockt. Das war nicht die
FDP. Wir waren gegen diese Privatisierung. Wir sind
nämlich nicht für Privatisierung um jeden Preis. Wir ha-
ben gesagt, dass wir auch bei der Logistik nicht mitma-
chen. Aber wer hat uns denn den Bundeswehrfuhrpark
und alles andere eingebrockt, ohne je zu überprüfen, ob
es effektiv ist? Kümmern Sie sich um die Projekte, die
Sie uns eingebrockt haben, die heute die Bundeswehr
sehr viel Geld kosten und bei der Bundeswehr überhaupt
nicht ankommen! Überprüfen Sie das selber und bringen
Sie Korrekturvorschläge ein! Dann würden Sie einen
wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Bundeswehr lie-

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(C (D rn, weil wir dann zukünftig mehr Geld zur Verfügung ätten. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob das Liegenchaftsmanagement, das uns Rot-Grün eingebrockt hat, irklich etwas Gutes für die Bundeswehr ist. Ich habe rhebliche Zweifel. Wir plagen uns in dieser Zeit auch Haushaltsausschuss damit herum. Sie haben uns wirklich unglaublich viele Baustellen interlassen, Herr Kollege Arnold. Insofern kann ich erstehen, dass Sie zu der wirklich ausgesprochen guten ede des Ministers und zu dem, was wir als Reform ollen, keine Alternativen angeboten haben. Ihr Beitrag äre – lassen Sie es mich süffisant sagen – eher für eien Lyrikkongress geeignet gewesen als für eine verteiigungspolitische Debatte. Sie haben keine Alternativen orgetragen. Herr Trittin sprach von „halbherzig“. Was t denn halbherzig? Ich kann nur sagen: Das eine oder ndere wird zu korrigieren sein – das wird sich im Laufe er Zeit herausstellen –, aber die Richtung stimmt doch. an kann doch bei dieser Reform nicht von halbherzig prechen. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Mahen Sie mit! Bringen Sie sich ein! Bringen Sie Ihre Vorchläge ein! Sie haben sich, Herr Trittin – das kann ich erstehen, weil Sie im Auswärtigen Ausschuss sitzen –, ehr in die Außenpolitik geflüchtet. Das Entscheidende äre aber gewesen, konkret zu sagen, was Sie für unsere undeswehr wollen. Das wäre besser gewesen als das, as heute vorgetragen worden ist. Im Haushaltsausschuss sollen wir ja die Beschafngsmaßnahmen finanziell untermauern. Insofern ist es ir als Haushälter sehr wichtig, dass wir alles auf den rüfstand stellen. Wir haben zu viele Eurofighter; das ist nser Problem, denn diese Entscheidung stammt noch us der Zeit der alten Koalition. Gott sei Dank haben wir eim A400M einiges korrigiert. Wir werden uns weiterin Herkules ansehen. MEADS ist – da gibt es kein Vern – für uns beendet; das war ein großes Projekt aus rot rüner Zeit. Wir schauen uns noch einmal das Liegenchaftsmanagement und den Bundeswehrfuhrpark an. as Entscheidendste ist aber, dass das Ministerium verleinert wird – das eine oder andere kann ich mir noch orstellen –, damit die Entscheidungsabläufe in der Buneswehr zügiger vonstatten gehen. Es kann einfach nicht ein, Herr Minister – ich nenne nur ein Beispiel –, wenn nsere Soldaten in Afghanistan Schutzbrillen brauchen, ass die Entscheidung darüber nach zwei Jahren noch icht gefallen ist. Das kann nur an dem großen Apparat egen. Woran kann es denn sonst liegen? Diese Fordeng ist doch berechtigt. Vor allem – lassen Sie mich das zum Schluss sagen; erfen Sie darauf bitte auch einen Blick – muss es für as, was wir beschaffen, jeweils einen Verantwortlichen eben. Es kann nicht sein, dass es immer nur der beamte Staatssekretär ist. Es wäre gut für die Bundeswehr, enn mehr Verantwortung auf einzelne Personen überagen würde. Auch das gehört für uns zu dieser Reform azu. Viel Glück bei dieser Reform! Wir sind dabei. )


(Beifall bei der FDP)





(A) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711201500

Das Wort hat nun Hans-Peter Bartels für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1711201600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kollegen von der Koalition, ich glaube, wenn Sie sagen
müssten, was jetzt genau das Ziel dieser Bundeswehr-
reform sein soll, dann kämen Sie ganz schön ins
Schwimmen. Geht es vorrangig um die Schuldenbremse
als höchsten strategischen Parameter, wie Ihr verflosse-
ner Minister zu Guttenberg das genannt hat, oder geht es
um die bessere Einsatzfähigkeit unserer Streitkräfte?
Dann frage ich Sie: Wo genau sind die Verbesserungen
versteckt? Oder ging es einfach nur um die Abschaffung
der Wehrpflicht, womit die FDP – herzlichen Glück-
wunsch, Herr Koppelin! – sich nun fast vollständig
durchgesetzt hat? Ich glaube, Sie sind selbst ein bisschen
unglücklich darüber, dass man nicht wirklich erkennen
kann, welcher Rationalität diese Operation folgt.

Sie bekommen eine kleinere Bundeswehr; das ist klar.
Aber wenn wir nicht alle aufpassen, dann erleben wir
den Übergang von einer größeren unterfinanzierten Bun-
deswehr zu einer etwas kleineren unterfinanzierten Bun-
deswehr. Ich warne davor, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen. Die Finanzierung muss stimmen.

Auch bei dem gerade neu eingeführten freiwilligen
Wehrdienst sind alle Parameter unklar. Wie viele freiwil-
lig Wehrdienstleistende wollen Sie denn nun haben?
7 500, wie es in den ersten Papieren von Generalinspek-
teur Wieker hieß, oder 15 000 wie der Amtsvorgänger
des jetzigen Ministers in Aussicht gestellt hat, oder nur
5 000 plus, wie jetzt Herr de Maizière sagt? Was wollen
Sie wirklich? Wollen Sie möglichst wenige Freiwillige,
damit Sie nicht mehr bezahlen müssen, oder wollen Sie
den freiwilligen Wehrdienst so schnell wie möglich ganz
abschaffen? Das Vorgängermodell, der von Ihnen einge-
führte sechsmonatige Grundwehrdienst, hat auch nur für
drei Quartale gegolten.

Ich sage Ihnen heute voraus: Auch der freiwillige
Wehrdienst wird bei Ihnen jetzt nur eine Durchgangssta-
tion auf dem Weg zur völligen Abschaffung dieser
Wehrform sein. Das ist schade, das ist bitter, das ist nicht
gut. Wir hätten hier im Parlament gemeinsam zwischen
Koalition und Opposition etwas Besseres vereinbaren
können, etwas Dauerhaftes. Wir Sozialdemokraten hät-
ten im Übrigen diesen leichtfertigen Umgang mit der
Wehrpflicht gerade von der CDU und CSU nicht erwar-
tet.


(Beifall bei der SPD)


Ich fordere Sie auf: Stehen Sie zum freiwilligen
Wehrdienst, den Sie vor acht Wochen doch selbst erst
hier im Bundestag beschlossen haben! Planen Sie dann
eine substanzielle Zahl von Freiwilligen ein, auf richti-
gen Dienstposten, für einen Dienst, der gebraucht wird,
nicht auf Extrastellen außerhalb der Streitkräftestruktur,
nicht als fünftes Rad am Wagen! Das nämlich hätten die
jungen Leute, die sich melden, nicht verdient. Machen

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(C (D ie diesen Dienst attraktiver! Es geht nicht nur mit Ehre. erben Sie flächendeckend für das freiwillige Engageent junger Leute in allen Formen, die unser Land an ietet und braucht: bei der Bundeswehr, im Freiwilligen ozialen oder Ökologischen Jahr, im Entwicklungsienst, im neuen Bundesfreiwilligendienst und natürlich THW und bei den anderen Diensten des Katastrohenschutzes, die auch alle bisher auf Wehrpflichtige chnen konnten. Der unorganisierte, überstürzte Ausstieg aus der ehrpflicht war ein Fehler. Das werden Sie demnächst ogar bei den Bewerbungen für den Dienst als Zeitsoldat erken. Wundern Sie sich dann nicht. Sie müssen jetzt r eine Kultur der Freiwilligkeit in diesem Land wer en, nicht mit Abenteueranzeigen in der Bild-Zeitung, ondern massiv, flächendeckend, umfassend, für alle ienste. Rufen Sie eine „Woche der Freiwilligkeit“ aus, der sich alle Träger öffentlich darstellen, oder denken ie sich etwas anderes aus! Das ist eine aktive Gestalngsaufgabe. Wer bloß abwartet, will vielleicht gar kei en Erfolg. Ich wünschte mir eine Regierung, die nicht aktiv, sondern die aktiv an diese Fragen herangeht. angen Sie damit an, wir machen dann schon weiter. Herr Minister, da dies nun nicht die erste Reform von treitkräften ist, gibt es schon einige Erfahrungen, die uch zum Beispiel Sozialdemokraten in Regierungsverntwortung gemacht haben und die Sie sicher gern mit ns teilen wollen. Ich nenne sechs Punkte: Erstens. Begrenzen Sie den Umzugsaufwand so stark ie möglich. Auch diese Reform schafft keine Struktun und Stationierungen für die Ewigkeit. Kleine Stand rte können effektiv, größere können uneffektiv sein. Sie ennen Beispiele. Sparen Sie unnötige Transaktionskosn. Zweitens. Bleiben Sie mit der Bundeswehr in der Flähe. Der Arbeitgeber Bundeswehr muss sichtbar und erbbar sein. Das Militärische darf dem Zivilen nicht zu emd werden. Drittens. Vorsicht mit den Ärmelschonerklischees ber die Zivilbeschäftigten der Bundeswehr. Wir brauhen diese Mitarbeiter. Wer überproportional Zivilpersoal abbaut, der bürdet den immer weniger werdenden oldaten Aufgaben auf, die nicht zu deren Kernauftrag ehören, oder er füttert private Dienstleistungsfirmen. ir brauchen aber Experten in den Wehrtechnischen ienststellen, wir brauchen die erfahrenen Kollegen in en Arsenalbetrieben, in den Bundeswehr-Dienstleisngszentren, in der Wehrverwaltung, in den Kranken äusern, in den Instituten und in den Streitkräftestruktun selbst, etwa die zivilen Seeleute im Trossgeschwader er Marine. Das ist kein überflüssiges Zusatzpersonal, as ist die Bundeswehr selbst: Soldaten und Zivilbechäftigte. Viertens. Das Heer leidet stärker als andere Teilstreiträfte unter dem Wegfall der Wehrpflichtigen. Ihr Anatz, Herr Minister, dennoch das Spektrum der Fähigkei Dr. Hans-Peter Bartels )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

ten des Heeres in geringerer Stärke weitgehend zu
erhalten, ist richtig, solange es keine wirkliche europäi-
sche Streitkräfteplanung, kein Pooling und Sharing gibt.
Aber bleiben Sie bitte konsequent. Erhalten Sie zum
Beispiel auch ein Element Heeresflugabwehrtruppe und
bei der Marine zum Beispiel auch die U-Abwehrfähig-
keit der Flotte.

Fünftens. Die Spitzengliederung der Teilstreitkräfte
zu straffen, aus drei Stäben jeweils eine Kommandobe-
hörde zu machen, findet unsere Unterstützung, ebenso
die Stärkung des Generalinspekteurs. Aber entlassen Sie
die Inspekteure der Teilstreitkräfte – oder Befehlshaber,
wie sie wohl künftig heißen sollen – nicht aus der minis-
teriellen Mitverantwortung. Nicht ihre Führungsstäbe,
aber die Befehlshaber in Person brauchen einen Platz im
Ministerium als Mitglieder des Militärischen Führungs-
rates. Vermeiden Sie die Konfliktlinie: hier Berlin, da
Truppe. Teilstreitkraftübergreifendes Denken muss die
Rationalität der neuen Bundeswehr sein.

Sechstens. Herr Minister, Sie sind Abgeordneter für
Meißen im Freistaat Sachsen. Auch Sachsen hat bedeu-
tende Bundeswehrstandorte. Auf die Stationierung der
kleineren Bundeswehr angesprochen, werden Sie mit
dem Satz zitiert: „Ich weiß, wo ich herkomme.“ Das ist
nicht zu kritisieren, aber Sie wissen, dass es vielen Kol-
legen hier im Hause auch so geht wie Ihnen. Fast überall
identifizieren sich Kommunen, Bundesländer und Abge-
ordnete mit ihrer Bundeswehr vor Ort. Das ist kein be-
dauernswerter Kirchturmpatriotismus und sollte auch
nicht so verstanden werden, sondern das ist ein gutes
Fundament für die Verankerung unserer Bundeswehr in
unserer Gesellschaft.

Abschließend: Diese Reform ist chaotisch gestartet,
der neue Minister hatte nicht mehr wirklich die Chance,
die Reset-Taste zu drücken. Aber wir nehmen Ihnen ehr-
lich ab, dass Sie bemüht sind, jetzt das Beste daraus zu
machen. Lassen Sie uns versuchen, dabei so viel partei-
übergreifenden Konsens wie möglich zu finden.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711201700

Das Wort hat nun Andreas Schockenhoff für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1711201800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn eine Tageszeitung, die unserer Regierungsarbeit
nicht immer wohlwollend gegenübersteht,


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FAZ?)


schreibt: „… was Thomas de Maizière … als knallharte
Analyse der Lage präsentiert und als künftige Ausrich-
tung der Bundeswehr vorgegeben hat, das hat Hand und
Fuß“, und wenn dies die überwiegende Meinung der
meisten Kommentatoren widerspiegelt, dann muss der

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(C (D erteidigungsminister seine Arbeit richtig gut gemacht aben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Besser als der Vorgänger!)


it den Eckpunkten und den Verteidigungspolitischen
ichtlinien ist eine hervorragende Grundlage für die not-
endige Neuausrichtung der Bundeswehr vorgelegt
orden.

Herr Minister de Maizière, die CDU/CSU-Bundes-
gsfraktion dankt Ihnen für Ihre sorgfältige, seriöse und
ngeschönte Analyse der Lage.


(Michael Groschek [SPD]: Ich dachte, für die Rede in der Fraktion!)


ie haben die Gründe für die Neuausrichtung der Bun-
eswehr ausführlich angesprochen. Ihre Darlegungen
eigen die Größe der Herausforderungen und die
chwierigkeiten auf, die Pläne für die Neuausrichtung
er Bundeswehr umzusetzen, zumal wir schon heute die
u erwartenden Widerstände in den Apparaten, aber
uch in der Fläche gut abschätzen können, wenn es da-
m geht, Veränderungen und tiefgreifende Einschnitte

u akzeptieren. Wir alle stehen vor der Frage: Wollen
ir eine moderne, effiziente Bundeswehr mit zukunfts-
higen Strukturen, die den sicherheitspolitischen Auf-

aben im 21. Jahrhundert und dem Heimatschutz gerecht
ird, die bündnisfähig ist und die als Instrument der Au-
enpolitik zur Wahrung unserer Interessen beitragen
ann, oder wollen wir das nicht? Die CDU/CSU-Bun-
estagsfraktion will eine solche Bundeswehr. Deshalb
nterstützen wir Sie, Herr Minister, bei Ihren Reform-
länen nachdrücklich.

Meine Damen und Herren, die drängendste Frage
das wurde zu Recht angesprochen – ist die der Perso-

algewinnung. Die Bundeswehr muss sich gegen die
onkurrenz am Arbeitsmarkt künftig noch stärker be-
aupten. Deshalb müssen wir die Attraktivität des
ienstes deutlich verbessern. Wir brauchen ein neues
onzept für die Rekrutierung von Nachwuchs. Es gibt
zwischen viele Vorschläge, wie dies geschehen könnte,

eispielsweise durch Maßnahmen zur Verbesserung der
ereinbarkeit von Familie und Dienst, durch attraktivere
aufbahnen oder durch die Ausweitung der Möglichkei-
n, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben. Vor allem

ber muss ein wirksames Attraktivitätsprogramm ziel-
ruppenorientiert formuliert, konzipiert und kommuni-
iert werden. Aus unserer Sicht geht es dabei vorrangig
m Besoldung, Dienstzeitregelungen, Aus- und Weiter-
ildungsmöglichkeiten, attraktive Standorte, angemes-
ene Unterkünfte sowie umfassende Einsatzversorgung
inschließlich der Nachsorge.

Weil das Thema von Herrn Bartels und Herrn Arnold
ngesprochen wurde, möchte ich festhalten: Es ist realis-
sch, dass der Verteidigungsminister die Zahl der frei-
illig Wehrdienstleistenden zunächst mit 5 000 ansetzt.
s war uns von Anfang an klar, dass die Bereitschaft zu
iesem Dienst in der Übergangszeit eher niedriger sein
ird. Es ist daher besser, weniger einzuplanen und dann
ehr zu erhalten als umgekehrt.





Dr. Andreas Schockenhoff


(A) )


)(B)

Natürlich, Herr Arnold und Herr Bartels, rennen Sie
bei uns offene Türen ein, wenn Sie sagen, man müsse al-
les tun, damit es mehr als 5 000 junge Menschen wer-
den, die den freiwilligen Wehrdienst leisten wollen.


(Rainer Arnold [SPD]: Tun Sie es doch!)


– Sehr richtig, aber dann müssen auch Sie und Ihre Par-
tei alles dafür tun. – Das heißt zunächst einmal, dass der
Bundeswehr die Möglichkeit gegeben wird, in den Schu-
len offensiv zu werben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Stattdessen besteht doch in den SPD-regierten Bundes-
ländern und Kommunen die Tendenz, Soldaten in Uni-
form mehr und mehr aus den Schulen herauszudrängen
oder Jugendoffiziere erst gar nicht mehr hereinzulassen.
Das ist die Realität. Das muss aufhören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, über die Verteidigungspo-
litischen Richtlinien hat Stefan Kornelius vor wenigen
Tagen in der Süddeutschen Zeitung geschrieben:

De Maizières Richtlinie ist ein bemerkenswertes
Dokument sicherheitspolitischer Reife, sachlich
kühl, punktgenau und ohne sprachliche Verbrä-
mung.

Es ist gut, dass ein solches Dokument in verständli-
cher Klarheit unsere sicherheitspolitischen Interessen,
Aufgaben und Ziele beschreibt. Kernpunkt der Neuaus-
richtung ist, dass sich die Fähigkeiten der Bundeswehr
aus ihrem Auftrag und ihren Aufgaben ableiten. Die Be-
deutung, die die Verteidigungspolitischen Richtlinien
der internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewäl-
tigung beimessen, wird von uns ausdrücklich geteilt.
Derartige Einsatzszenarien bleiben für die Bundeswehr
auf absehbare Zeit die wahrscheinlichsten Aufgaben.
Dazu gehört auch, dass Deutschland bei der Wahrneh-
mung dieser Aufgaben aufgrund seines Gewichts und
seiner Wirtschaftskraft grundsätzlich eine besondere
Verantwortung hat.

Ich stimme dem Verteidigungsminister zudem aus-
drücklich zu, dass wir vor der Entsendung von deutschen
Soldaten zuvorderst unsere primär sicherheitspolitischen
Interessen diskutieren sollten. Dies ist gerade auch wich-
tig für die Beantwortung einer Frage, die wir jetzt ver-
stärkt angehen müssen – zunächst bei uns und dann mit
unseren Partnern –: Welche Aufgaben können künftig in
der EU und im Bündnis gemeinsam oder arbeitsteilig
wahrgenommen werden? Denn eines ist klar: In der EU
geht die Zeit von voll ausgerüsteten Armeen zu Ende.
Will Europa dennoch seine Handlungsfähigkeit zur Ver-
teidigung seiner Sicherheit und seiner Interessen wah-
ren, braucht es starke und effiziente europäische Streit-
kräfte. Diese werden sich nur aus einer verstärkten
Bündelung von nationalen Fähigkeiten und Kapazitäten


(Michael Groschek [SPD]: Richtig!)


sowie aus einer verstärkten Rollen- und Aufgabenvertei-
lung ergeben.

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(C (D Es wird kein Weg daran vorbeiführen, zu prüfen und ann auch umzusetzen, wo wir Fähigkeiten mit anderen ilen wollen, wo wir Fähigkeiten übernational mit anden einbringen wollen und auf welche Fähigkeiten wir anz verzichten wollen, weil andere sie verlässlich und ünstiger bereitstellen. (Michael Groschek [SPD]: Dann muss man das schreiben!)


s ist richtig:

Gegenseitige Abhängigkeiten für den Einsatz und
im Einsatz dürfen nur in dem Maße zugelassen wer-
den, wie dies die Wahrnehmung der Aufgaben er-
fordert.

o steht es in den Verteidigungspolitischen Richtlinien.

Aber es sind eben gegenseitige Abhängigkeiten, die
ns als Parlament mit unserem Recht der Mandatierung
on Bundeswehreinsätzen vor neue Herausforderungen
tellen; denn unsere Partner werden berechtigterweise
agen, ob wir als Bundestag im entscheidenden Moment
ereit sind, die deutschen Streitkräfte zur Verfügung zu
tellen, auf die sich unsere Partner in einem solchen
onzept der Aufgabenteilung stützen. Das müssen wir
atürlich auch von unseren Partnern wissen. Es geht
ierbei um Berechenbarkeit, um Verlässlichkeit und um
egenseitiges Vertrauen unter Bündnispartnern. Dies er-
rdert eine ehrliche Diskussion darüber, wo wir der-

rtige Streitkräfte einsetzen wollen und wo wir sie nicht
insetzen wollen.

Meine Damen und Herren, wir begrüßen es ausdrück-
ch, dass der Verteidigungsminister die Debatte über
iese sicherheitspolitischen Fragen und unsere sicher-
eitspolitischen Interessen offensiv führt. Nur durch eine
olche Debatte werden wir das Verständnis der Men-
chen in unserem Land für die Herausforderungen und
edrohungen für unsere Sicherheit und für die sich da-
us ergebenden Aufgaben der Bundeswehr befördern

önnen. Das ist dringend notwendig.

Herr Minister de Maizière, die CDU/CSU-Bundes-
gsfraktion hält Ihre Überlegungen und Pläne zur Neu-

usrichtung der Bundeswehr für richtig. Diese in die Tat
mzusetzen, ist eine Mammutaufgabe, die uns über viele
ahre fordern wird. Wir werden Sie dabei tatkräftig un-
rstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711201900

Das Wort hat nun Christine Buchholz für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711202000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der
inister hat gesagt, er möchte zeitgleich 10 000 Solda-

nnen und Soldaten in zwei großen und mehreren klei-
eren Einsatzgebieten flexibel und durchhaltefähig ein-
etzen können. Herr Trittin möchte noch mehr davon.
as heißt im Klartext, dass Sie in Zukunft in der Lage





Christine Buchholz


(A) )


)(B)

sein wollen, zwei Einsätze wie den in Afghanistan
durchzuführen. Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein!
Der eine Einsatz, den wir haben, ist schon viel zu viel.
Die Bundeswehr muss sofort aus Afghanistan und den
anderen Auslandseinsätzen zurückgeholt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie sagen, neben den finanziellen Anreizen gehe es
darum, die jungen Menschen davon zu überzeugen, den
Reiz des Besonderen zu erfahren, sich selbst einen
Dienst zu erweisen und unserem Land zu dienen. Am
Mittwoch ist nun ein weiterer junger Mann in Afghanis-
tan getötet worden. Meinen Sie ernsthaft, dass Ihre sal-
bungsvollen Worte ein Trost für die Eltern und Freunde
der inzwischen 49 in Afghanistan getöteten und der un-
zähligen traumatisierten Soldaten sind?


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sie sind zynisch!)


Um genügend junge Männer und Frauen für den frei-
willigen Wehrdienst zu ködern, rührt das Verteidigungs-
ministerium nun kräftig die Werbetrommel. Was viele
nicht wissen: Mit diesem freiwilligen Wehrdienst ist ein
Einsatz im Ausland verbunden.

Seit 2006 haben sich die Anzahl der öffentlichen Auf-
tritte der Bundeswehr auf Ausbildungsmessen und ande-
ren Veranstaltungen sowie die Kosten dafür mehr als
verdoppelt, und das bereits vor der Aussetzung der
Wehrpflicht. Seit März läuft eine millionenschwere Wer-
bekampagne in der Springer-Presse, auf Radio- und
Fernsehkanälen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die Frau spricht im militärischen Befehlston!)


Neulich hat das ARD-Magazin Panorama einen inte-
ressanten Beitrag zu diesem Thema gebracht. Ein Lehrer
berichtete darin über den Besuch eines Wehrdienstbera-
ters in einer Schule in Prerow, Mecklenburg-Vorpom-
mern. Der Lehrer wunderte sich, warum der Wehrdienst-
berater eine Karriere bei der Bundeswehr als einen Job
wie jeden anderen, wie bei BMW, Mercedes oder einer
Werft, darstellte, aber von Krieg und posttraumatischen
Belastungsstörungen nicht redete.

Bei der Werbekampagne der Bundeswehr kommen
die hässlichen Bilder aus Afghanistan nicht vor. Darin ist
immer von Chancen, Karriere und Ausbildung die Rede.
Aber welche Chancen haben jetzt die Soldaten, die getö-
tet wurden, oder all die Soldaten, die mit körperlichen
und seelischen Verletzungen heimgekommen sind? Sie
geben vor, den Jugendlichen eine Perspektive zu bieten;
doch Sie verschweigen die Risiken und Nebenwirkun-
gen.


(Beifall bei der LINKEN)


Dies betrifft besonders die Jugendlichen aus struktur-
schwachen Regionen.

Die Geschäftsführerin der Werbeagentur, die mit der
Werbekampagne der Bundeswehr beauftragt worden ist,
hat es ganz ehrlich auf den Punkt gebracht: Wenn man
für Schokoriegel Werbung macht, dann sagt Ihnen auch

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(C (D iemand, dass man fett wird, wenn man 5 Kilogramm avon isst. Das, meine Damen und Herren, ist zynisch. Die Bundeswehr steigert ihre Aktivitäten an Schulen owie in der Lehrerund Referendarausbildung. Wir einen: Die Bundeswehr hat an der Schule nichts zu su hen. Politische Bildung ist die Aufgabe von ausgebilden Pädagoginnen und Pädagogen. Dafür muss Geld ausegeben werden, nicht aber für die Propaganda der undeswehr. s kann ja wohl nicht wahr sein: Erst strangulieren Sie it Ihrer Kürzungspolitik das Bildungssystem, und dann pringt die Bundeswehr mit ihrer Propaganda ein. In vielen Bundesländern regt sich Widerstand von chülern, Eltern und Lehrern gegen die Auftritte von undeswehr an Schulen und auf Berufsmessen. Wir haln das für gut. (Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/ CSU]: Regen Sie sich mal nicht so auf!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


EW, kirchliche Gruppen und Schüler schließen sich
usammen und setzen sich zur Wehr. Neulich erzählte
ir eine Lehrerin aus dem Bezirk Tempelhof-Schöne-

erg, dass sich das Robert-Blum-Gymnasium in einer
chulkonferenz zur Schule ohne Militär erklärt hat.
chüler der Hulda-Pankok-Gesamtschule in Düsseldorf
aben ihre Lehrer und Eltern überzeugt, keine Bundes-
ehr mehr an ihre Schule zu lassen. Das sind die richti-
en Schritte, die Schüler, Eltern und Lehrer machen kön-
en.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Genau das Gegenteil! – Henning Otte [CDU/CSU]: Deswegen dürfen Sie nicht gewählt werden!)


Ich denke oft an eine Mutter aus Thüringen, die mir
erichtete, ihre beiden Söhne seien nach dem Einsatz in
fghanistan traumatisiert, hätten selbst nach Monaten
icht in den Alltag zurückgefunden. Für sie und alle
ltern wünsche ich mir, dass sie mit Reinhard Mey sa-
en: Nein, unsere Söhne geben wir nicht – und unsere
öchter auch nicht.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711202100

Das Wort hat nun Omid Nouripour für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711202200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
inister, Sie haben in Ihrer Rede heute, aber auch mit

er großen – nein, ich korrigiere mich –, mit der langen
ede in der letzten Woche einiges gesagt, was unsere
ustimmung findet. Aber Sie haben viele Fehler der Re-
rm nicht behoben bzw. gar nicht angehen können.

Ich beginne mit der sicherheitspolitischen Ableitung,
it dem Geburtsfehler der Reform. Die Reform ist von





Omid Nouripour


(A) )


)(B)

der Reihenfolge her auf den Kopf gestellt. Normaler-
weise definiert man Aufgaben, und anschließend sagt
man, welche Strukturen man dafür braucht. Ihr Vorgän-
ger hat erst erklärt, was alles in den Strukturen passieren
muss, wie das Ministerium möglicherweise auszusehen
hat, und hat dann gesagt: Am Ende machen wir viel-
leicht auch noch ein neues Weißbuch. – Sie haben jetzt
versucht, die sicherheitspolitische Begründung nachzu-
liefern.

Sie haben mittlerweile die Verteidigungspolitischen
Richtlinien verfasst, die aber – das muss man feststellen,
wenn man ehrlich ist – nur so etwas wie Ihre Privat-
meinung sein können. Die Inkraftsetzung der Verteidi-
gungspolitischen Richtlinien ist ein Verwaltungsakt.
Das, was Sie heute hier beschrieben haben, ist nicht
deckungsgleich mit dem, wie beispielsweise der Außen-
minister im UN-Sicherheitsrat gehandelt hat.

Das heißt, wenn wir eine kohärente verteidigungs-
und sicherheitspolitische Ableitung brauchen, dann
muss es eine sein, die auch innerhalb der Bundesregie-
rung abgestimmt ist. Das, was Sie heute beschrieben ha-
ben, wird in der Bundesregierung möglicherweise gar
kein Konsens sein. Sie hatten Vorgänger, die versucht
haben, die Verteidigungspolitischen Richtlinien im Ka-
binett beschließen zu lassen. Sie hingegen haben dies gar
nicht erst versucht. Wenn ich mir das Kabinett anschaue,
verstehe ich das zwar in emotionaler Hinsicht, allerdings
ist es handwerklich unsauber.

Damit bin ich beim zweiten großen Problem. Die
Auseinandersetzung begann mit der Frage nach den Ein-
sparzielen: Wie sehen die aus? Wie sparen wir? Was
kostet das alles? Das alles wissen wir nicht; das alles sa-
gen Sie uns nicht. Sie sagen zwar: „Wir führen jetzt eine
große Reform durch“, aber die Information über das,
was die Grundlage dafür ist, nämlich die finanzielle
Ausstattung, enthalten Sie uns komplett vor.

Fakt ist: Das Kabinett hat beschlossen, 8,3 Milliarden
Euro in vier Jahren einzusparen. Dafür haben der dama-
lige Verteidigungsminister, die Bundeskanzlerin, der da-
malige Gesundheitsminister, der Außenminister und der
ehemalige Innenminister die Hand gehoben. Sie alle
haben die Hand für Einsparungen in Höhe von
8,3 Milliarden Euro in vier Jahren gehoben. Wenige
Wochen später hat dasselbe Kabinett beschlossen, dass
die Bundeswehr eine Gesamtgröße von 185 000 Solda-
ten haben soll. Im Anschluss hat der damalige Verteidi-
gungsminister gesagt: Im Übrigen sind die Einsparziele
nicht mehr zu erreichen. – Angesichts dessen stellt sich
die Frage: Weiß das Kabinett eigentlich noch, was es be-
schließt? In einer solchen Situation ist es kein Wunder,
dass Sie nicht das gesamte Kabinett mit Ihren Plänen be-
trauen. Was Sie vorhaben, passt vorne und hinten nicht
zusammen; die rechte Hand weiß nicht, was die linke tut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie gehen aber auch nicht auf Fragen ein, die sich auf
Ihr eigenes Handeln beziehen. Mit Blick auf die Ausset-
zung der Wehrpflicht stellt sich beispielsweise die Frage,
wer den Objektschutz durchführt, wenn es keine Wehr-
dienstleistenden mehr gibt. Diese Frage habe ich gestellt,

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(C (D in halbes Jahr nachdem die politische Entscheidung beits gefallen war. Die sinngemäße Antwort des Staats ekretärs war: Das ist eine gute Frage; wir denken jetzt inmal darüber nach, wie wir das machen. Über unglaublich viele relevante Details Ihrer Reform urde nicht entschieden. Sie sind auf diese Details auch Ihren Reden überhaupt nicht eingegangen. Wie wollen ie eigentlich mehr Freiwillige gewinnen? Das ist mir isher nicht klar geworden. Sie haben nur gesagt, dass ich die Bundeswehr auf Veranstaltungen vorstellen soll. as ist aber kein schlüssiges Konzept, wie man Freiwilge gewinnen kann; wir verstehen es nicht. Es ist auch ichts, was bisher zu Ende gedacht worden ist. Das gilt natürlich auch für die Beschaffung. Die Bechaffungsfrage ist von zentraler Bedeutung, wenn es arum geht, das Geld zusammenzuhalten. Es gibt Bechaffungsprojekte, die in den 80er-Jahren begonnen urden – da haben die Grünen im Übrigen nicht regiert, err Koppelin – und die bis heute noch nicht abge chlossen sind. Die Frage ist, welche Philosophie man in ezug auf die Beschaffung verfolgt. Die Beschaffung arf sich nicht daran ausrichten, wie man am besten tandortpolitik macht. Auch dazu haben Sie bisher kein inziges Wort gesagt. Das Zusammenhalten des Geldes ist ein wichtiger unkt, wenn man das Ziel erreichen möchte, die Bundesehr flexibel zu gestalten. Flexibilität ist bekannteraßen entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Bun eswehr. Wir konnten uns vor zehn Jahren noch nicht orstellen, dass wir in den Afghanistan-Einsatz gehen. ir haben vor drei Monaten noch nicht daran gedacht, as in Libyen passiert. Wir wissen auch nicht, über was ir in fünf oder zehn Jahren diskutieren. Wie gesagt, die Flexibilität ist ein entscheidender unkt. Um sie zu gewährleisten, müssen Sie angemesene Strukturen schaffen und an die Beschaffungsfrage nders herangehen. Außerdem müssen Sie das Geld zuammenhalten. Mit der Feilscherei um die Sparziele leisn Sie der Bundeswehr einen Bärendienst. Was Sie eute nicht einsparen, was Sie dem Finanzminister heute och noch abknapsen, müssen Sie morgen zweimal oder reimal bezahlen. Letzter Punkt. Sie haben viel von Bündnissolidarität nd Bündnispolitik gesprochen. In einer Zeit, in der ween der Finanzfrage alle relevanten Bündnispartner benfalls Reformen durchführen – viele sparen ein; darin egt eine große Chance für Abrüstung, worüber Sie benfalls kein Wort verloren haben –, führen Sie aber ine rein nationale Reform durch, statt sich im NATOündnis und auf Ebene der EU abzusprechen, wie man otenziale schaffen, wie man gemeinsam einsparen und ie man Synergieeffekte nutzen kann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711202300

Das Wort hat nun Ernst-Reinhard Beck für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1711202400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Bartels hat, in Frageform geklei-
det, festgestellt, er habe noch nicht verstanden, was der
Sinn dieser Reform sei. Entweder hat er nicht zugehört,
oder er hat nur eine rhetorische Frage gestellt, die er al-
lerdings am Schluss seiner Rede selbst beantwortet hat.
Die sechs Punkte, die er vorgestellt hat, habe ich so ver-
standen, dass er die Grundannahmen dieser Reform zwar
für richtig hält, dass er aber bestimmte Aspekte noch im
Detail diskutieren will. Ich glaube, genau das ist der Sinn
dieser Debatte. Daher fordere ich Sie zu einer konstruk-
tiven Zusammenarbeit auf. Polemik dieser Art gehört
vielleicht am Anfang der Debatte dazu; aber am Ende
muss sie konstruktiv verlaufen.

Was der Minister hier unaufgeregt vorgetragen hat,
war ein klar definiertes Konzept zur künftigen Rolle der
Bundeswehr im Rahmen nationaler Sicherheitsvorsorge
und internationaler Bündnisverpflichtungen. Die Eck-
punkte der Neuausrichtung basieren auf einer fundierten
sicherheitspolitischen Analyse, aus der sich Aufgaben
und Aufgabenprofil der Bundeswehr geradezu zwangs-
läufig ableiten lassen.

Herr Kollege Schäfer, die Verteidigungspolitischen
Richtlinien sind eben kein alter Hut, sondern das Ergeb-
nis einer nüchternen Beschreibung von sicherheitspoliti-
schen Fakten. Sie bilden im Grunde eine realistische Ba-
sis für eine Analyse der Fähigkeiten unserer Streitkräfte.
Sie zeichnen sich durch Klarheit, durch eine gewisse
Schärfe in der Formulierung, aber auch durch Sachlich-
keit aus. Sie zeigen auf, wie unsere Sicherheitsinteressen
von unseren Werten und Zielen abgeleitet werden. Ich
finde es also richtig, dass wir an dieser Stelle auch über
unsere Interessen diskutieren.

Herr Kollege Trittin, ich halte es für erfreulich, dass
an erster Stelle im Aufgabenspektrum die Landesvertei-
digung als Bündnisverteidigung steht. Ich sage Ihnen
auch, warum. Wir können semantisch darüber streiten,
ob es „Reihenfolge“ oder „Rangfolge“ heißen sollte.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat der Verteidigungsminister gemacht, nicht ich!)


– Aber Sie haben es angesprochen. – Zur Rangfolge
möchte ich sagen, dass in Art. 87 a Abs. 1 Grundgesetz
steht:

Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.

Das ist völlig richtig; es ist die primäre, von der Bevöl-
kerung zu nahezu 100 Prozent akzeptierte Aufgabe von
Streitkräften, den Schutz des eigenen Landes und der
Bürger zu gewährleisten. Ich finde es richtig, dass das
am Anfang steht und damit eine gewisse Wertigkeit hat.

Sie leiten aus der geringeren Bedeutung der Landes-
verteidigung ab, dass man bei der Ausrüstung auf Altes,
was man früher für die Landesverteidigung im klassi-
schen Sinne benötigte, verzichten kann. Dazu muss ich
sagen: Das wäre eine fahrlässige Vernachlässigung po-
tenzieller Bedrohungen.

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(C (D (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt bestätigen Sie mich aber!)


h nenne zum Beispiel: Cyberwar. Das ist eine neue Art
er Bedrohung. Ich nenne auch die Abwehr ballistischer
aketen. Diese Bedrohungen bestehen, wenngleich es
eine konventionelle Bedrohung an den Grenzen gibt.

Herr Kollege Schäfer, ich höre, Sie wollen, dass sich
ie Bundeswehr allein auf die Landesverteidigung kon-
entriert. Ich mache Sie deshalb auf Art. 24 Grundgesetz
ufmerksam, der das kollektive Sicherheitssystem und
ie Mitwirkung der Staaten an der Aufrechterhaltung der
ternationalen Stabilität und Sicherheit zum Thema hat.
re Aussage zeigt im Grunde, dass Sie diese Verantwor-
ng, die Sie bisher bei allen Auslandseinsätzen ausblen-

en, bewusst ausblenden. Das finde ich nicht in Ord-
ung; ich muss das in aller Klarheit sagen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Unsere Verantwortung für das Leben von Soldaten sollten wir auch wahrnehmen!)


Die Verantwortung für das Leben von Soldaten neh-
en wir dadurch wahr, dass wir sie gut ausbilden, gut

usrüsten und mit einem entsprechenden Auftrag in den
insatz schicken. Ich glaube, es ist eine ethische Verant-
ortung, den Schutz des Lebens der Zivilbevölkerung
nd die Hilfeleistung im Einsatz zu gewährleisten. Frau
ollegin, der Schutz von Soldaten allein kann nicht das
berste Prinzip des Handelns sein; sonst dürften wir sie
rst gar nicht in den Einsatz schicken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Heimat-
chutz – für viele ein Relikt aus vergangenen Zeiten –
ird ausdrücklich an privilegierter Stelle erwähnt. Die
undeswehr hat sich hier in der Vergangenheit als tat-
räftiger Helfer erwiesen und zugleich die Verbunden-
eit mit den Menschen in unserem Land unter Beweis
estellt.

Der Minister hat dankenswerterweise an mehreren
tellen darauf hingewiesen, dass wir ein modernes Re-
ervistenkonzept brauchen. Reservisten sind nicht nur
in Bindeglied zwischen Bundeswehr und Gesellschaft,
ondern auch eine Verstärkung der Truppe bei den viel-
ltigen Aufgaben, die jetzt auf uns zukommen.

Die deutschen Sicherheitsinteressen werden mit Kon-
iktverhinderung, sicherheitspolitischer Glaubwürdig-
eit, transatlantischer und europäischer Partnerschaft, in-
rnationaler Geltung der Menschenrechte, Demokratie
nd Völkerrecht umfassend beschrieben. Ich brauche
ier nicht im Einzelnen darauf einzugehen.

Lassen Sie mich zum Umfang der Bundeswehr kom-
en. 170 000 länger dienende Berufs- und Zeitsoldaten

ind eine realistische Zahl; es ist für mich die Grenze,
ie Deutschland als ein Land, das in Europa eine beson-
ere Verantwortung trägt, nicht unterschreiten sollten.

Lassen Sich mich ein Wort zum Thema Freiwilligen-
erbung sagen. Herr Kollege Arnold, Sie haben hier
ühzeitig ein Konzept zum Scheitern verurteilt, dessen
msetzung eigentlich noch gar nicht richtig begonnen
at. Es wäre eigentlich schade, wenn es scheitern würde.





Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)



(A) )


)(B)


(Rainer Arnold [SPD]: Finde ich auch!)


Denn ich glaube, dass eine Chance darin liegt,


(Beifall des Abg. Klaus Barthel [SPD])


an die jungen Menschen zu appellieren: Tut etwas für
euer Land, egal ob bei der Bundeswehr, in einem sozia-
len Jahr, im Entwicklungsdienst oder auf andere Art und
Weise! Wir sollten im Grunde klarmachen: Wir brauchen
junge Menschen, die sich für die Gemeinschaft einset-
zen.


(Michael Groschek [SPD]: Sie müssen sich auch eingeladen fühlen!)


– Herr Groschek, da sind wir uns einig. – Es geht darum,
dass in einem bestimmten Teil der Biografie nicht nur
das Ich im Vordergrund steht, sondern auch deutlich
wird, dass es eine Verpflichtung gegenüber den anderen
gibt. Lassen Sie uns daran arbeiten und nicht vorzeitig
aufgeben. Wir müssen mit einer Anerkennungskultur für
die Freiwilligendienste, das Ehrenamt und den Einsatz
für die Gemeinschaft werben.


(Rainer Arnold [SPD]: Sagen Sie das Ihrer Regierung, nicht uns!)


Kollegin Buchholz, es ist einfach primitive Polemik,
wenn Sie von der Propaganda der Bundeswehr und ähn-
lichen Dingen sprechen. Ich halte es für wichtig, dass
junge Menschen informiert – nicht indoktriniert – wer-
den: über die Aufgaben der Streitkräfte, über die ele-
mentare Aufgabe des Staates, für die Sicherheit eines
Landes zu sorgen. Das ist eine wichtige Bildungsauf-
gabe, und keine Propaganda; lassen Sie sich das an die-
ser Stelle sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Zum Finanzkonzept. Seitens der Opposition ist viel
Kritik daran geübt worden. Es wurde auch gesagt, dass
ein solches Konzept im Augenblick fehlt. Ich meine,
diese Kritik ist dem politischen Ritual geschuldet. Natür-
lich steht und fällt die Reform mit einer soliden Finanz-
inie; das ist völlig klar. Ich bin sicher, dass wir diese be-
kommen werden. Lassen Sie mich an dieser Stelle daran
erinnern, dass das gesamte Parlament Verantwortung für
die Parlamentsarmee trägt und nicht nur die Regierung
und die sie tragenden Fraktionen. Ich lade die Opposi-
tion herzlich ein, bei der Bewältigung dieser schwierigen
Finanzierungsaufgabe mitzuwirken.

Kritisch angemerkt wurde auch die fehlende Einbin-
dung, etwa in den europäischen Kontext. Ich glaube,
dass sich jeder Bündnispartner bei der Reform seiner
Streitkräfte zunächst am nationalen Rahmen orientiert
und dabei die entsprechenden Potenziale aufrechterhält.

Der Präsident zeigt mir an, dass meine Redezeit abge-
laufen ist. Ich möchte schließen mit dem Dank an den
Minister für das Konzept. Ich möchte ihm für diese
schwierige Aufgabe die Unterstützung meiner Fraktion
zusichern und ihm eine glückliche Hand wünschen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun Florian Hahn für die CDU/CSU raktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711202500


Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1711202600

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Bereits in der Koalitionsvereinbarung haben CDU,
SU und FDP die Neuausrichtung der Bundeswehr an-
elegt. Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-
heodor zu Guttenberg hat diese Aufgabe mit großer
ntschlossenheit angenommen.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Aber hallo!)


r hat eine der größten Reformen dieser Legislatur mit
eitblick, mit Dynamik und mit großem Mut auf den

chtigen Weg gebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Das klang heute schon anders!)


as ist ein Verdienst, das bleibt.

Dies haben Sie, Herr Minister de Maizière, in Ihrer
ede zur Neuausrichtung der Bundeswehr am 18. Mai
011 in Berlin deutlich gemacht. Dafür möchte ich Ihnen
usdrücklich danken. Sie haben darauf aufgebaut, und
ie haben mit der Fertigstellung der Verteidigungspoliti-
chen Richtlinien der Reform unserer Streitkräfte die
otwendige und vor allem richtige sicherheitspolitische
usrichtung gegeben. Damit ist ein solides Fundament
egossen, auf das wir nun fähigkeits- und einsatzorien-
ert aufbauen können. Dies erfolgt unter den richtigen
rämissen der nachhaltigen Finanzierbarkeit und der De-
ografiefestigkeit.

Wie sich Fundament und Prämissen auf die Neuge-
taltung auswirken, zeigt sich beispielsweise bei der Pla-
ung des zukünftigen Personalumfangs. Mit 240 000 mi-
tärischen und zivilen Dienststellen haben wir einen
evel erreicht, der verteidigungspolitisch noch verant-
ortbar ist. Das ist aber auch ein Umfang, der mit Blick

uf die demografische Entwicklung erreichbar zu sein
cheint, ohne Qualitätseinbußen hinnehmen zu müssen.
enn was nützt es uns, wenn wir auf dem Papier mit
achwuchs planen, die gewünschte Zahl an qualifizier-
n Nachwuchskräften aber nicht erreichen können?
iese wichtige demografische Dimension haben Sie,
err Minister, in vielen Gesprächen in den letzten Wo-

hen immer wieder sehr eindrucksvoll aufgezeigt.

Mit einer sicherheitspolitisch verantwortbaren und
emografiefesten Reduzierung des Personalumfangs
ann langfristig auch ein entscheidender Sparbeitrag ge-
istet werden. Bis dahin verlangt der Personalumbau

ber wahrscheinlich zusätzliche Mittel, die es aus meiner
icht entsprechend einzelplanunschädlich zu berücksich-
gen gilt.


(Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Was heißt das?)






Florian Hahn


(A) )


)(B)

– Es ist genau so, wie ich es gesagt habe, Herr Bartels:
einzelplanunschädlich. Das wäre mein Vorschlag an die-
ser Stelle.

Insgesamt gilt, dass Sicherheit Kernelement staatli-
chen Handelns ist und wir die Bundeswehr finanziell
nachhaltig ausstatten müssen, damit unsere Soldatinnen
und Soldaten ihren Auftrag bestmöglich erfüllen kön-
nen. Zur optimalen Auftragserfüllung gehört die Bereit-
stellung einer modernen, schützenden Ausrüstung. Hier-
bei leisten gerade die deutsche und die europäische
Wehrtechnik einen wichtigen Beitrag. Den Erhalt deut-
scher Kernfähigkeiten im Bereich dieser Hochtechnolo-
gien gilt es daher unbedingt zu berücksichtigen. Wir
müssen unsere Soldaten weiterhin optimal ausstatten
können, ohne uns von anderen abhängig zu machen.
Hierzu brauchen wir – auch das wurde schon angespro-
chen – optimale Beschaffungsprozesse.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte Ihnen, Herr Minister, auch dafür danken,
dass Sie am 18. Mai so deutliche Worte zur Frage der
Standorte gefunden und sich für ihre Erhaltung in der
Fläche ausgesprochen haben.


(Michael Groschek [SPD]: Wir zählen nach!)


Gerade in regionaler Nähe wird die Bundeswehr als at-
traktiver Arbeitgeber wahrgenommen. Das ist als ein
Aspekt erfolgreicher Personalrekrutierung zu sehen. Da-
rüber hinaus erhält eine Flächenpräsenz die große Ver-
bundenheit mit der Bevölkerung am Standort und damit
die Verankerung der Armee in unserer Gesellschaft auf-
recht. Diese Verankerung wird durch die Verkleinerung
auf der einen Seite und die Aussetzung der Wehrpflicht
auf der anderen Seite nicht leichter. Die damit verbun-
dene Herausforderung müssen wir bei der Neuausrich-
tung im Auge behalten.

Um gerade jungen Menschen die wichtige Rolle der
Bundeswehr in unserem Staatswesen zu vermitteln, hat
sich beispielsweise das Konzept der Jugendoffiziere be-
währt. Das gilt es zu erhalten und zu stärken. Die Bun-
deswehr als attraktiver Arbeitgeber muss weiterentwi-
ckelt werden. Vor allem muss ihre Attraktivität mit
geeigneten Instrumenten kommuniziert werden. Die be-
rufliche Ausbildung sowie das Konzept der Bundes-
wehruniversitäten sind dabei wichtige Markenzeichen
der Bundeswehr.

Kolleginnen und Kollegen, im Hinblick auf die zuvor
geführte Diskussion und gerade im Hinblick auf die Dis-
kussion im Ausschuss möchte ich dem Minister noch
einmal ganz herzlich danken. Er hat ein solides und trag-
fähiges Konzept auf den Tisch gelegt. Dabei ist es ihm
gelungen, zumindest die ernstzunehmenden Fachpoliti-
ker der Opposition für weite Teile der Reform zu gewin-
nen. Der Versuch, auch heute ein Haar in der Suppe zu
suchen, ist ihrer Oppositionsrolle geschuldet und natür-
lich okay.


(Stefan Rebmann [SPD]: Wie großzügig!)


Für unsere Soldatinnen und Soldaten ist es wichtig,
dass die Reform auf einer breiten parlamentarischen
Mehrheit fußt. Unsere Soldatinnen und Soldaten verdie-

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(C (D en unsere Anerkennung und nicht parteipolitisches lein-Klein. llen Soldatinnen und Soldaten sowie ihren Familien ünsche ich von dieser Stelle aus Gottes Segen. Es freut mich nun, dass nach mir Frau Julia Klöckner re Rede hält. Es ist immer besonders bedauerlich, enn mit dem Ausscheiden einer Kollegin aus diesem aus auch Kompetenz, Schlagfertigkeit und Charme erloren gehen. Glück und Gottes Segen für Ihre neue ufgabe in Rheinland-Pfalz! Nun hat mir Kollege Hahn schon die Arbeit abge ommen. Also, Kollegin Klöckner, ergreifen Sie das ort. (Beifall bei der CDU/CSU – Florian Hahn [CDU/CSU]: Ich war mir nicht sicher, ob Sie das gut machen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1711202700


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1711202800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

er Tat, es ist meine letzte Rede hier im Deutschen Bun-
estag, zumindest meine vorerst letzte Rede.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Von der Bundesratsbank aus sehen wir Sie in fünf Jahren dann wieder!)


h möchte das einhalten, was ich vor der Wahl verspro-
hen habe: dass ich komplett nach Rheinland-Pfalz
echsele.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Da sind Sie gut aufgehoben, beim Ministerpräsidenten Beck!)


Für meine Rede heute habe ich mir bewusst das
hema Bundeswehr ausgesucht. Ich komme aus einem
undesland, in dem die Bundeswehr eine große Rolle

pielt. Das gilt nicht nur für die Soldatinnen und Solda-
n, sondern auch für die Zivilbeschäftigten, sei es in
irkenfeld, in Baumholder, im Grunde in ganz Rhein-
nd-Pfalz.


(Jörg van Essen [FDP]: Idar-Oberstein nicht zu vergessen! Als Artillerist ist mir das ganz wichtig!)


Dazu wollte ich gerade kommen. – Ich habe in Idar-
berstein regelmäßig Gespräche mit Menschen geführt,
eren Angehörige beispielsweise in Afghanistan sind.
enn ich diese Gespräche beendet hatte, hatte ich meist
ehr Fragen, als ich Antworten bekommen hatte. Ich
eiß nicht, wie es Ihnen geht: Im Deutschen Bundestag
aben wir häufig über Einsätze im Ausland entschieden.
icht selten sind wir danach bei parlamentarischen
mpfängen gewesen und zur Tagesordnung übergegan-
en.

Ich kann für mich sagen: Manche Entscheidungen
abe ich schweren Herzens getroffen. Wir erleben dieser





Julia Klöckner


(A) )


)(B)

Tage, dass Menschen, die wir in den Auslandseinsatz ge-
schickt haben, ums Leben kommen. Es ist gleich, ob wir
diese Einsätze als Krieg bezeichnen oder nicht. Sie las-
sen ihr Leben im Dienst für unser Land. Das verdient
Anerkennung. Das gilt auch für diejenigen, die sich in
Zukunft für die Bundeswehr entscheiden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich gebe zu: Ich war immer eine Anhängerin der
Wehrpflicht. Aber ich musste einsehen, dass die Wehr-
pflicht aufgrund des demografischen Wandels und der
fehlenden Wehrgerechtigkeit so nicht mehr aufrechtzuer-
halten ist. Ich war auch eine Verfechterin der allgemei-
nen Dienstpflicht. Dienst an einem Land kann ganz ver-
schiedene Gesichter haben. Man kann sich um alte
Menschen oder um Natur und Umwelt kümmern, und
man kann sich für die Sicherheit des Landes einsetzen.
Eine allgemeine Dienstpflicht ist verfassungsmäßig pro-
blematisch.

Deshalb setzt der Weg, den unser Bundesverteidi-
gungsminister eingeschlagen hat und fortführen wird,
großes Vertrauen voraus. Er hat bereits große Zustim-
mung bei den Betroffenen hervorgerufen. Deshalb bitte
ich Sie alle hier im Parlament – ich werde das Nötige
von Rheinland-Pfalz aus tun –, den Minister bei diesem
Weg zu unterstützen und die Gelder zur Verfügung zu
stellen, die wir jetzt brauchen, damit wir auf längere
Sicht – nach der Neustrukturierung der Bundeswehr –
weniger Geld brauchen. Das ist keine parteipolitische
Frage, sondern gesamtgesellschaftliche Verantwortung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Arnold hat vorhin Rheinland-Pfalz gelobt. Ich
finde, Rheinland-Pfalz ist ein super Bundesland.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Rainer Arnold [SPD]: Es wird auch gut regiert! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Seit Jahrzehnten sozialdemokratisch regiert! Da haben Sie recht! Hervorragend!)


Dass es so super ist, hat es seinen Bürgerinnen und Bür-
gern, sicherlich auch den Winzerinnen und Winzern, zu
verdanken.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Als was reden Sie jetzt?)


Bei allem geschätzten Können Ihrer Parteikollegen: Es
geht auch um die Kraft der Menschen und darum, was
die Menschen selber dort erreichen können. Ich halte es
für nicht angemessen, dass in dem jetzigen Koalitions-
vertrag von Rot und Grün steht, dass die Schule kein Re-
krutierungsort für die Bundeswehr sein soll.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Damit stellen Sie die Bundeswehr mit Rechtsradikalen-
gruppen und Sekten gleich, die nicht in der Schule wer-
ben dürfen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen bildet! Entschuldigung, das steht da nicht drin!)


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(C (D as halte ich für nicht angemessen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist unglaublich, was Sie hier machen! Unfassbar!)


ie Bundeswehr hat etwas in der Schule zu suchen; denn
ie bietet Berufsperspektiven. Die Bundeswehr bietet
tudienmöglichkeiten, handwerkliche Ausbildungen und
uch Sanitätsausbildungen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Dass Sie nicht Ministerpräsidentin geworden sind, war gut! – Gegenruf des Abg. Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nur getroffene Hunde bellen!)


Deshalb wird es auch Aufgabe der Bundeswehr sein,
u werben, damit sich junge Menschen für den Dienst in
er Bundeswehr entscheiden. Wir haben bisher keine ei-
enen Erfahrungswerte, wie wir geeigneten Nachwuchs
uf einer Freiwilligenbasis gewinnen können. Wir brau-
hen jeden. Ich bin auch Realistin: Das Ehrenvolle ist
as eine; aber bei der Gewinnung von Vollbeschäftigten
erden wir aufgrund der Attraktivität vieler anderer Ar-
eitsplätze vor besonderen Herausforderungen stehen.

Deshalb sollten wir bei dieser Zäsur darauf achten,
ass das Gespräch über die Bundeswehr, über ihre ver-
ssungsgemäße Verankerung nicht von den Tischen der
amilien, nicht aus der Gesellschaft verschwindet. Die
undeswehr ist kein Selbstzweck. Die Bundeswehr steht
uch unter einer Kontrolle. Die Bundeswehr ist für uns

Einsatz. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden
arüber entscheiden, wen Sie wohin schicken. Die Men-
chen können freiwillig wählen, ob sie Dienst in der
undeswehr leisten – ja, das stimmt -; aber wir sollten
icht leichtfertig über die Einsätze entscheiden.

Wie gesagt, sehr geehrter Herr Minister, von Rhein-
nd-Pfalz aus werde ich Sie unterstützen. Ich bedanke
ich bei Ihnen und euch allen für eine tolle Zeit in neun

ahren.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711202900

Frau Klöckner, ich bedanke mich bei Ihnen im Na-

en des ganzen Hauses für Ihre engagierte Arbeit im
eutschen Bundestag. Ob das allerdings Ihre letzte Rede
Deutschen Bundestag war, kann man heute in Anbe-

acht Ihres Alters noch nicht vorhersehen.


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache und rufe den Tagesord-
ungspunkt 25 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Katrin Kunert, Dr. Barbara Höll, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Rekommunalisierung beschleunigen – Öffent-
lich-Private Partnerschaften stoppen

– Drucksache 17/5776 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)






Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Federführung strittig

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. Gibt es
Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Wirtschaftssenator von Berlin, Harald Wolf, das
Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711203000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den

letzten Jahren haben immer mehr Kommunen ehemals
privatisierte Unternehmen der öffentlichen Daseins-
vorsorge rekommunalisiert, wieder in kommunales
Eigentum überführt. Das geschah unabhängig von der
politischen Couleur: Bürgermeister, Stadträte und Ge-
meinderäte von CDU, SPD, Linken und Grünen – von
der FDP ist mir nichts bekannt; aber selbst das will ich
nicht ausschließen – haben sich im Interesse ihrer Kom-
munen entschieden, öffentliches Eigentum in öffentliche
Verantwortung zurückzunehmen, und damit die Voraus-
setzungen für die Kommune geschaffen, in Verantwor-
tung für die Bürgerinnen und Bürger die Gewährleistung
öffentlicher Daseinsvorsorge zu verbessern.


(Beifall bei der LINKEN)


Seit 2007 sind 42 neue Stadtwerke gegründet worden,
und 100 Konzessionsverträge für die Netze sind von
Stadtwerken übernommen worden. Bei der Abfallentsor-
gung hat es zwischen 2004 und 2008 im Rahmen von
Neuvergaben 49 Rekommunalisierungen gegeben. Bür-
gerinnen und Bürger wehren sich mit Volksentscheiden
gegen Privatisierungspläne oder haben über Volksent-
scheide Rekommunalisierungen durchgesetzt. In Berlin
haben wir vor einiger Zeit den Erfolg eines Volksent-
scheids erlebt, der unter dem Motto „Wir wollen unser
Wasser zurück“ den Protest gegen die Teilprivatisierung
der Berliner Wasserbetriebe im Jahre 1999 durch die da-
malige Große Koalition artikuliert hat. Über 700 000
Berlinerinnen und Berliner haben diesen Volksentscheid
unterstützt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dies zeigt: Immer mehr in den Kommunen Verant-
wortliche und immer mehr Bürgerinnen und Bürger ha-
ben mit der Privatisierungswelle der 90er-Jahre Erfah-
rungen gemacht. Viele der Versprechungen, die damals
gemacht wurden, haben sich nicht erfüllt, und viele Ver-
heißungen, die damals an die Wand gemalt wurden, ha-
ben sich nicht realisiert.

Die Öffentlich-Privaten Partnerschaften haben sich
als nichts anderes als eine verdeckte Kreditaufnahme er-
wiesen. Die kommunalen Haushalte wurden durch lang
laufende Verbindlichkeiten weiter belastet. Effizienzge-

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(C (D inne für die Haushalte sind in der Regel nicht eingetren; sie bestanden vor allen Dingen aus Steuerersparnis en für Leasinggesellschaften oder andere Betreiber. Die isiken blieben in der Regel bei der öffentlichen Hand. eshalb hat übrigens das Abgeordnetenhaus von Berlin or geraumer Zeit mit einer breiten Mehrheit, die über ie Mehrheit der Koalition von SPD und Linken hinausing, beschlossen, keine Projekte der Öffentlich-Privan Partnerschaft einzugehen. Der Grundsatz Öffentlichrivater Partnerschaften lautet nämlich: Public – das eißt die Öffentlichkeit – pays, Private profits. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Na ja! Das ist aber nicht passiert!)


ür die Kommunen lohnen sie sich nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist ja schon Wahlkampf, was Sie jetzt machen! – Gegenruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das macht er doch immer!)


ie Erfahrungen mit der Privatisierung von Unterneh-
en der öffentlichen Daseinsvorsorge waren häufig,

ass die Preise gestiegen sind, dass insbesondere bei den
frastrukturgebundenen Leistungen Monopolstellun-

en zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher aus-
enutzt wurden, dass teilweise Investitionen und In-
tandhaltung zurückgefahren worden sind und
rbeitsbedingungen sich verschlechtert haben; auch der
erlust der öffentlichen Steuerung ist selbstverständlich
ine der Folgen.

Ich will an dieser Stelle sagen: Es hat sich auch finan-
iell für die Kommunen nicht ausgezahlt; denn für eine
urzfristige Einnahme – einmalig in einem Haushalts-
hr – wurde eine langfristige, nachhaltige Einnahme-
uelle aufgegeben. Ich will Ihnen das an einem Beispiel
eutlich machen.

Ich habe schon die Teilprivatisierung der Berliner
asserbetriebe angesprochen. Damals ist für

,7 Milliarden Euro die Hälfte der Anteile an Private
eräußert worden. Wenn man ausrechnet, welche Zinser-
parnis das bedeutet – 1,7 Milliarden Euro, 4 Prozent
insen –, kommt man auf circa 70 Millionen Euro. Die
rivaten haben eine Rendite von circa 120 Millionen
uro. Das heißt, ich könnte für den Haushalt jährlich
iese Zinsersparnis von 70 Millionen Euro sozusagen als
ffentliche Einnahme verbuchen, wenn ich die Anteile
och hätte, und gleichzeitig hätte ich ein Tarifsenkungs-
otenzial zugunsten der Kundinnen und Kunden in Höhe
on 50 Millionen Euro. Es hat sich also weder für die
unden noch für die Kommune gerechnet.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Weil Sie das falsch angefangen haben!)


us derartigen Privatisierungserfahrungen müssen die
ehren gezogen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb hat der Senat von Berlin auch beschlossen,
ie Berliner Wasserbetriebe zu rekommunalisieren. Wir
tehen gegenwärtig in Verhandlungen mit RWE über den





Senator Harald Wolf (Berlin)



(A) )


)(B)

Rückkauf der Anteile und in Verhandlungen mit dem
zweiten Anteilseigner, Veolia, über einen Neuabschluss
der Verträge.

Wir haben eine breite Diskussion über die öffentliche
Verfügung über die Energienetze, weil 2014 die Konzes-
sionsverträge auslaufen.

Wir haben in Berlin eine kommunale Wertstofftonne
eingeführt, um unseren kommunalen Entsorger zu stär-
ken.

Wir haben noch eine Konsequenz aus den Erfahrun-
gen der Vergangenheit gezogen, nämlich die, dass bei
der Übertragung öffentlicher Aufgaben der Daseinsvor-
sorge an Dritte die Verträge offengelegt werden müssen,
dass keine vertraulichen Verträge mehr abgeschlossen
werden dürfen. Wir haben ferner die Voraussetzung da-
für geschaffen, dass derartige Verträge auch rückwirkend
offengelegt werden können. Ich würde mich freuen,
wenn andere Bundesländer sich daran ein Beispiel neh-
men würden, weil das die Transparenz stärkt.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711203100

Herr Senator Wolf, ich darf Sie kurz unterbrechen.

Der Kollege Mücke von der FDP und der Kollege
Ströbele von den Grünen würden Ihnen gerne jeweils
eine Zwischenfrage stellen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711203200

Gern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711203300

Bitte schön.


Jan Mücke (FDP):
Rede ID: ID1711203400

Herr Senator, wir haben jetzt Ihre Skepsis gegenüber

Privatisierungen gehört. Ich vertrete als Liberaler dazu
eine andere Auffassung. Es ist bemerkenswert, welche
Position Sie einnehmen. Deshalb meine Frage.

Der rot-rote Senat hatte vor einiger Zeit die größte
landeseigene Wohnungsbaugesellschaft an die Börse ge-
bracht und damit privatisiert. Plant der Senat von Berlin
jetzt einen Rückerwerb dieser Anteile, und, wenn ja, wie
will er diesen Rückerwerb finanzieren?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711203500

Herr Abgeordneter, Sie sind nicht richtig informiert.

Wir haben diese Gesellschaft nicht an die Börse ge-
bracht.


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sie erst verkauft, und jetzt sind sie an der Börse!)


2003 gab es eine Privatisierung – das ist richtig –, unter
folgenden Bedingungen, nämlich dass damals die verei-
nigte Opposition von Grünen, CDU und FDP vor dem
Verfassungsgericht gegen den Berliner Landeshaushalt
geklagt und ihn für verfassungswidrig hat erklären las-
sen.

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(C (D (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Berlin ist ganz anders!)


erbunden war damit die Auflage des Verfassungsge-
chts, dass wir nur noch gesetzlich vorgeschriebene
usgaben tätigen dürfen und alle möglichen Einnahmen
alisieren müssen. Der Senat hat damals jene Entschei-

ung getroffen, um die finanzielle Handlungsfähigkeit
u gewährleisten – vor dem Hintergrund des von Ihrer
artei, von den Grünen und von der CDU angeregten
erfassungsgerichtsurteils mit der Auflage, Handlungs-
higkeit der öffentlichen Haushalte zu gewährleisten.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Eine unglaubliche Frechheit, wie Sie das hier darstellen!)


h sage im Nachhinein: Wir hätten an dieser Stelle
tandhafter sein müssen.


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schade!)


ber nehmen auch Sie Ihre Mitverantwortung oder die
rer Parteifreunde wahr. Niemand hat damals einen
orschlag zur Finanzierung des Berliner Haushalts ma-
hen können. Vor diesem Hintergrund ist jene Entschei-
ung getroffen worden.

Wir haben mittlerweile eine klare Beschlussfassung
das ist eine Lehre aus diesem Fehler –: Es gibt keine
ekommunalisierung kommunalen Wohnungsbestandes,


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist gut so!)


nd es gibt keine Privatisierung von Unternehmen der
aseinsvorsorge. Das ist klare Beschlussvereinbarung
ei uns, das ist Koalitionsvereinbarung, und das ist auch
eschlusslage im Senat, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711203600

Jetzt der Herr Kollege Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Senator, ich begrüße Sie im Deutschen Bundes-

g. – Sie haben lobend den Volksentscheid zu den Berli-
er Wasserbetrieben erwähnt. Meine Frage lautet: Haben
er Senat von Berlin und Sie persönlich den Volksent-
cheid unterstützt, oder hat sich der Volksentscheid ge-
en den Senat gerichtet, nachdem der Senat von Berlin
nd der zuständige Senator sich geweigert haben, die
erträge über den Verkauf der Wasserbetriebe von Ber-
n offenzulegen, und der Senat trotz einer Entscheidung
es Berliner Verfassungsgerichts diese Verträge weiter-
in nur sehr unvollständig offengelegt hat und deshalb
urch den Volksentscheid dazu gezwungen werden
usste, die Verträge vollständig offenzulegen? Sie tun

o, als wenn das ein Volksentscheid gewesen wäre, der
om Berliner Senat unterstützt, vielleicht sogar initiiert
orden ist. Ich finde es hervorragend, dass Sie das jetzt
rüfen; aber wir wollen doch der historischen Wahrheit
ie Ehre geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)(B)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711203700

Lieber Christian Ströbele, auch ich bin sehr dafür, der

historischen Wahrheit die Ehre zu geben, und ich stelle
fest, dass, wenn grüne Politiker aus Berlin im Deutschen
Bundestag sitzen, sie manchmal die Verästelungen der
Berliner Politik nicht wirklich wahrnehmen;


(Lachen des Abg. Johannes Kahrs [SPD])


das stellen wir gegenwärtig auch im Wahlkampf fest.


(Beifall bei der LINKEN – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wollen wir doch mal gucken, was Herr Wolf in der taz zu dem Thema gesagt hat! – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Die Belehrungen können Sie im Senat machen, aber nicht hier!)


– Ich spreche gerade mit dem Kollegen Ströbele, der mir
eine Frage gestellt hat, die ich, wie sich das gehört, an-
ständig beantworten will.


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann geben Sie sich mal Mühe!)


Herr Ströbele, das Abgeordnetenhaus von Berlin hat
eine Novelle des Informationsfreiheitsgesetzes beschlos-
sen und damit der Intention des Volksbegehrens Rech-
nung getragen; denn auf der Grundlage dieses vom Par-
lament – übrigens mit aktiver Mitwirkung der Fraktion
der Grünen – beschlossenen Gesetzes können die Ver-
träge veröffentlicht werden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber nicht die Frage! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gutes Gesetz!)


– Das ist ein gutes Gesetz, genau. Die Offenlegung ist
erfolgt, und zwar vor dem Volksentscheid. Der Senat
bzw. das Abgeordnetenhaus hat alles getan, um der In-
tention des Volksbegehrens Genüge zu tun.

Ich kann mich erinnern – um auch das einmal zu sa-
gen, Kollege Ströbele –:


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie endlich die Frage beantworten?)


Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordneten-
haus hatte auch – –


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ging doch darum, was Sie und der Senat dazu gemeint haben!)


– Ja, aber das habe ich doch gerade gesagt.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine ganz einfache Frage! Da kann man doch kurz drauf antworten!)


– Ja. Ganz einfache Frage.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch um Ihre Meinung und die des Senats!)


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(C (D as Abgeordnetenhaus hat die Verträge auf der Grundge einer Novelle des Informationsfreiheitsgesetzes ofngelegt, und zwar vor dem Volksentscheid. (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht vollständig! Das wissen Sie doch!)


as ist die Wahrheit, wenn Sie eine ganz kurze Antwort
ollen.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt fahre ich in meinen Ausführungen fort.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie mal die Frage beantworten? Beantworten Sie doch mal die Frage! – Gegenruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Hat er doch beantwortet!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711203800

Die Frage ist so beantwortet, wie er sie beantworten

ollte. Der Herr Senator kann jetzt mit seiner Rede fort-
hren. – Bitte schön, Herr Senator.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist nicht beantwortet! Das ist doch albern!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711203900

Ich würde einfach bitten, die Frage, von der Sie mei-

en, dass sie noch nicht beantwortet ist, jetzt noch ein-
al zu wiederholen. Ich beantworte sie dann gern, falls
ir doch die Fragestellung entgangen sein sollte.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich gebe Ihnen nicht noch drei Minuten mehr Zeit! Hören Sie doch einfach zu!)


Okay. Dann wird die Frage nicht gestellt, und deshalb
ann ich sie auch nicht beantworten. Ich fahre jetzt fort.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Die Partei hat immer recht!)


Bei dem Antrag der Fraktion Die Linke geht es da-
m, die Rahmenbedingungen für Rekommunalisierung

u verbessern und Rahmenbedingungen, die in der Ver-
angenheit geschaffen wurden, um Privatisierung zu be-
rdern, abzuschaffen bzw. zurückzudrängen. Dazu dient

er Vorschlag, das ÖPP-Beschleunigungsgesetz, mit
em Privatisierungen befördert werden sollen, aufzuhe-
en und stattdessen gesetzliche Regelungen zu treffen,
it denen Rekommunalisierung, die Rückführung von

rivatisierten Unternehmen in öffentliches Eigentum,
efördert werden kann. Das heißt auch, dass die ÖPP
eutschland AG aufgelöst wird und es eine Anlaufstelle
r die Kommunen gibt, um sie bei ihren Rekommunali-

ierungsbestrebungen zu unterstützen. Dazu gehört, dass
as Förderprogramm der KfW Bankengruppe „Kommu-
al investieren“ umgewidmet werden muss. Statt mit
iesem Programm Privatisierungsprojekte zu unterstüt-
en, soll damit in Zukunft eine kosten- und zinsgünstige
inanzierung von Rekommunalisierungsprojekten be-
itgestellt werden.





Senator Harald Wolf (Berlin)



(A) )


)(B)


(Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711204000

Herr Kollege.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711204100

Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage mehr zu.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711204200

Keine Zwischenfrage.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711204300

Ich habe ausführlich geantwortet und führe meine

Rede jetzt im Zusammenhang zu Ende.


(Beifall bei der LINKEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas zu den Stadtwerken! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerade haben Sie dazu aufgefordert, eine Frage zu stellen! Jetzt lassen Sie sie nicht mehr zu! Die Linke weiß einfach nicht, was sie will! – Gegenruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wir haben im Antrag deutlich gemacht, was wir wollen!)


Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen muss
klargestellt werden, dass die interkommunale Zusam-
menarbeit der Kommunen vergaberechtsfrei ist; denn für
die Kommunen – gerade für die kleinen – ist es wichtig,
dass sie hier untereinander kooperieren können. Das ist
übrigens auch eine Forderung, die der deutsche Bundes-
rat gestellt hat, und ich finde, der Deutsche Bundestag
täte gut daran, das zu unterstützen.

Gerade in der gegenwärtigen Diskussion um die
Energiewende hat das Thema Energienetze eine beson-
dere Bedeutung. Die Energiewende wird nur möglich
sein, wenn wir die Energienetze, und zwar nicht nur die
Übertragungsnetze, sondern auch die Verteilnetze, dafür
ertüchtigen, dass sie regenerative Energien, die von ihrer
Natur her dezentral und fluktuierend sind, aufnehmen
können, und wenn wir die Energienetze kommunal zu
einem virtuellen Kraftwerk miteinander verbinden.

Dafür sind Investitionen in diese Netze notwendig.
Um diese Investitionen steuern zu können, müssen die
Kommunen Einfluss auf die Netze nehmen können. Die-
ser öffentliche Einfluss ist eine Voraussetzung für die
Energiewende; denn diese wird nicht dadurch herbeige-
führt werden, dass man die vier großen Oligopolisten
große Offshoreanlagen bauen lässt und damit die Zentra-
lisierung der Energieversorgung weiter zementiert; viel-
mehr muss die Energieversorgung kommunalisiert, de-
zentralisiert und damit auch regenerativ gestaltet
werden.


(Beifall bei der LINKEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Wollen Sie auch enteignen?)


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(C (D Schauen Sie sich an, welche Auseinandersetzungen in en Kommunen gegenwärtig geführt werden. Dabei geht s auch um die Höhe des Rückkaufwerts in dem Fall, ass man die Konzession nicht verlängern, sondern die etze selbst übernehmen will. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Irgendwie versteht er uns nicht!)


ier sage ich ganz klar: Im Sinne einer Rekommunali-
ierung muss geregelt werden, dass nicht der Sachzeit-
ert oder der Ertragswert, sondern der kalkulatorische
estbuchwert entscheidend ist. Durch die Rekommuna-
sierung müssen die alten Netzbetreiber nicht auch noch
usätzlich verdienen. Deshalb fordern wir hier eine sol-
he klare Regelung.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Also doch Enteignung!)


Hieran schließen wir die Forderung an, dass es eine
lare Verpflichtung zur Offenlegung aller Daten gibt, die
r die Netzübernahme notwendig sind. Dies muss vier

ahre vor Auslaufen des Konzessionsvertrages erfolgen,
eil hier gegenwärtig langwierige Prozesse und juristi-

che Auseinandersetzungen notwendig sind. Auch hier
edarf es also einer Klarstellung.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch bei der Novellierung des Personenbeförde-
ngsgesetzes kommt es darauf an, dass es keinen Vor-
ng für kommerzielle Betreiber gibt, sondern dass im
egenteil den Möglichkeiten, die EU-rechtlich gegeben

ind – Tariftreue, soziale und ökologische Standards bei
er Vergabe –, ein großes Gewicht eingeräumt wird.


(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Sie können doch die Inhouse-Regelung anwenden!)


Ich muss zum Schluss kommen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Schade!)


h glaube, dass wir bei derartigen positiven Rahmenbe-
ingungen für die Rekommunalisierung einen Zugewinn
n Demokratie in den Kommunen erzielen können, weil
ie Aufgaben der Daseinsvorsorge, die ja ganz entschei-
end für die Lebensbedingungen und das Funktionieren
iner Kommune sind, wieder der politischen und demo-
ratischen Kontrolle unterworfen werden können. Dane-
en können wir bessere und notwendige Voraussetzun-
en für eine wirkliche Energiewende schaffen und dafür
orgen, dass Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den
ommunen erhalten bleiben; denn rekommunalisierte
nternehmen stärken – das zeigt die Erfahrung – durch
re Auftragsvergabe gerade die örtliche, lokale Ökono-
ie. Wir können auch eine gute kommunale Infrastruk-
r entwickeln.

Deshalb glaube ich, dass es richtig und wichtig ist,
en Kommunen den Weg zur Rekommunalisierung zu
rleichtern und damit die Voraussetzungen für bessere
ebensbedingungen in den Kommunen und für bessere
ffentliche Dienstleistungen für die Bürgerinnen und
ürgern zu gewährleisten.





Senator Harald Wolf (Berlin)



(A) )


)(B)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: So viel Dialektik! Ein großer Dialektiker, der Herr Wolf!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
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Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort der

Kollegin Lisa Paus von Bündnis 90/Die Grünen.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711204500

Herr Senator Wolf, da Sie die Zwischenfrage nicht

mehr zugelassen und die Frage meines Kollegen Herrn
Ströbele nach der Haltung des Senats zu dem Volksent-
scheid nicht beantwortet haben, will ich Sie ein bisschen
in Ihrem Erinnerungsvermögen unterstützen.

Wir beide wissen doch, dass Sie als Senator noch kurz
vor dem Volksentscheid in einem Interview in der taz ge-
raten haben, diesem Volksentscheid nicht zuzustimmen.
Wir beide wissen auch, dass die Haltung des Senats ge-
genüber dem Volksentscheid insgesamt über die ganze
Zeit hinweg sehr zögerlich gewesen ist. Am Anfang ging
es sogar um die Frage, inwieweit dieser Volksentscheid
verfassungsrechtlich zulässig ist. Die ganze Zeit über hat
der Senat den Volksentscheid nicht positiv begleitet,
sondern ihm im Gegenteil sämtliche Steine in den Weg
gelegt.

Erlauben Sie mir noch eine zweite Bemerkung. Wir
beide sind uns grundsätzlich in der kritischen Haltung
gegenüber Öffentlich-Privaten Partnerschaften einig.
Nichtsdestotrotz gehört zur Wahrheit auch, dass die rot-
rote Praxis in den letzten zehn Jahren leider deutlich an-
ders war. Es ist nicht nur die Wohnungsbaugesellschaft
privatisiert worden, die hier bereits Thema gewesen ist,
sondern auch eine Gewerbesiedlungsgesellschaft, und es
hat weitere Aktivitäten gegeben.

Sie haben in Ihrer Verantwortung als Wirtschaftssena-
tor über zehn Jahre lang das Thema Wasserbetriebe nicht
etwa in Richtung Rekommunalisierung bewegt. Im Ge-
genteil, Sie haben ein Verfassungsgerichtsurteil, das wir
beide noch 1999 zusammen erstritten haben, wasserdicht
gemacht, sodass jetzt eine Rekommunalisierung der
Wasserbetriebe schwieriger ist, als sie 2000/2001 gewe-
sen wäre.

Von daher sollten Sie ein bisschen näher an der Wahr-
heit bleiben. Wir sind immerhin im Deutschen Bundes-
tag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711204600

Herr Senator, ich bitte Sie, vom Platz aus zu antwor-

ten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711204700

Frau Paus, erstens hat der Senat, um das noch einmal

zu sagen, ein Informationsfreiheitsgesetz beschlossen,
durch das die Offenlegung der Verträge möglich wurde.

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(C (D uf der Grundlage dieses Gesetzes sind die Verträge eröffentlicht worden. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht vollständig!)


Vollständig.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


Zweitens kann ich mich gut erinnern, dass die Frak-
on der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus die Be-
enken, ob der Gesetzentwurf, der zum Volksentscheid
ur Abstimmung stand, in den einzelnen Formulierun-
en verfassungsmäßig ist, geteilt hat. Ich kann mich gut
rinnern, dass der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/
ie Grünen vor der Volksabstimmung gefragt hat, wie
ir ein verfassungswidriges Gesetz verhindern können.
uch das gehört zur Wahrheit.

Jetzt können Sie nicht so tun, als ob die Fraktion der
rünen oder die grüne Partei dieses Volksbegehren un-
rstützt hätte. Nein, wir haben die Intention der Offen-
gung der Verträge unterstützt, und wir haben die recht-
chen Voraussetzungen dafür geschaffen. Auf dieser
rundlage sind die Verträge veröffentlicht worden.

Setzen Sie ein solches Informationsfreiheitsgesetz
ort um, wo Sie als Grüne in der Landesregierung sind!
ann wären wir in der Bundesrepublik Deutschland wei-
r.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Bitte keine Drohungen!)


Drittens. Ja, Frau Paus, unter unserer Ägide ist auch
ie Königliche Porzellan-Manufaktur privatisiert wor-
en. Das stimmt, aber sie gehört nicht zur öffentlichen
aseinsvorsorge. Ich bin nicht der Auffassung, dass die
roduktion von Tellern und Tassen eine öffentliche Auf-
abe ist.


(Beifall bei der LINKEN)


ber Wasser, Elektrizität und alle anderen Bereiche der
aseinsvorsorge gehören in die öffentliche Hand.

Vierter Punkt, Teilprivatisierung. Sie wissen genauso
ut wie ich, dass die Große Koalition 1999 einen Vertrag
eschlossen hat, in dem das Land zu einem Ausgleich al-
r wirtschaftlichen Nachteile, die aus dem damaligen
erfassungsgerichtsurteil erwachsen könnten, verpflich-
t wurde. Wir waren damals – genauso wie heute – an
iesen Vertrag rechtskräftig gebunden. Daran hätten
uch die Grünen nichts ändern können. Vor diesem Hin-
rgrund haben wir eine Gesetzesänderung vornehmen
üssen, um das Teilprivatisierungsgesetz an das Verfas-

ungsgerichtsurteil anzupassen. Aber wir haben in kei-
em Punkt mit unserer Kritik nachgelassen.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach
uch die Wasserversorgung der kartellrechtlichen Miss-
rauchsaufsicht unterliegt, haben wir nun das Bundes-
artellamt eingeschaltet.






(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711204800

Herr Kollege Wolf, Ihre Redezeit ist zu Ende.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711204900

Ich komme sofort zum Ende. – Heute sind wir zumin-

dest in der Lage, eine Rekommunalisierung in Erwägung
zu ziehen; denn es gibt politischen Druck auf die Priva-
ten. Es ist klar, dass Privatisierungen in Berlin nicht
mehr akzeptiert werden und nicht gewollt sind. 2003 war
die Situation anders. Damals gab es rechtskräftige Ver-
träge, die wir erfüllen mussten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711205000

Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1711205100

Diese Verträge müssen wir noch heute erfüllen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711205200

Das Wort hat jetzt der Kollege Rüdiger Kruse von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Johannes Kahrs [SPD]: Früher habt ihr mal geklatscht, als eure Leute nach vorne gegangen sind! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir klatschen für Leistung und nicht für das Nach-vorne-Gehen!)



Rüdiger Kruse (CDU):
Rede ID: ID1711205300

Ja, damals, Johannes. – Herr Präsident! Meine sehr

geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich freue ich
mich sehr, wenn auf der Bundesratsbank Leute sitzen.
Wenn diese dann auch noch sprechen, ist das in der Re-
gel nett. Als Hamburger habe ich dann erst einmal den
positiven Reflex: Der ist immerhin Senator. – Aber die
Erwartungen werden nicht immer so erfüllt, wie man es
sich wünscht.

Sie haben leider sehr wenig zu dem vorliegenden An-
trag gesagt. Das mag man Ihnen nachsehen; denn Sie sind
kein Mitglied dieses Parlaments. Ich komme gleich auf
die Punkte Ihres Antrages zu sprechen. Aber Sie haben
immerhin tiefe Einblicke in Ihr politisches Selbstver-
ständnis und das Ihrer Regierung gegeben. Am Schluss
haben Sie gesagt, Ihre Vorstellungen seien ein Weg für
mehr Demokratie. Wenn ich mir Ihre gesamte Rede in Er-
innerung rufe, dann frage ich mich, was Sie eigentlich zu
Ihrem Demokratieverständnis gesagt haben. Als das Par-
lament in Berlin sein vornehmstes Recht und seine vor-
nehmste Pflicht, Sachwalter des Haushaltes zu sein und
die Haushaltskontrolle auszuüben, wahrgenommen hat
und – weil Sie nicht hören wollten – vor Gericht ziehen
musste, um Sie zu zwingen, einen verfassungsgemäßen
Haushalt vorzulegen, haben Sie sich von dunklen Mäch-
ten umgeben und verfolgt gefühlt.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Diese dunklen Mächte – FDP, Grüne und CDU, also Par-
teien, die einen wesentlichen Bestandteil dieser Demo-
kratie darstellen – haben Sie dann genötigt, das wert-

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(C (D olle Tafelsilber des Landes Berlin zu verkaufen. Das ar notwendig, weil Sie in Ihrer Ausgabenpolitik nicht inhalten wollten. enn die Opposition ihr Recht wahrnimmt, die Regieng zu kontrollieren, und feststellt, dass die Regierung einen verfassungsgemäßen Haushalt aufgestellt hat, ann sagen Sie quasi im Umkehrschluss, die Opposition ei daran schuld, dass die Regierung ein Wohnungsbaunternehmen verkaufen müsse. Diese Logik ist interesant, aber nicht richtig. (Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Sehr gut herausgearbeitet!)


(Zuruf von der LINKEN: Das sagen Sie!)


Zuerst habe ich mich gefragt, warum wir über Ihren
ntrag überhaupt diskutieren. Schließlich geht es nur
m ein paar Hochbauprojekte im Rahmen von ÖPP.
enn man aber genau hinschaut, stellt man fest, dass Ihr
ntrag sehr stringent ist. Die dort erhobenen vier Forde-
ngen greifen sehr klar ineinander. Entgegen Ihrer Auf-
ssung geht es im Wesentlichen aber nicht darum, über
rivatisierungen zu reden. ÖPP ist nicht mit Privatisie-
ng gleichzusetzen. Vielmehr handelt es sich um eine

artnerschaft zwischen Privaten und Öffentlichen zum
wecke der Durchführung und des Betreibens von Pro-
kten. Es geht Ihnen also gar nicht darum, Fehler der
ergangenheit aufzuarbeiten. Als Hamburger weise ich
arauf hin: Wir haben als CDU ganz klar gesetzlich fest-
elegt, dass die Wasserwerke nicht verkauft werden dür-
n. Ich glaube, das ist eine sehr gute Entscheidung ge-
esen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ihr Antrag stellt keine Einladung dar, um über die
orteile und Nachteile von ÖPP anhand der knapp
00 Projekte, die bisher durchgeführt wurden, zu disku-
eren. Es gibt ja einen Erfahrungsbericht. Dieser Erfah-
ngsbericht sagt aus, dass 14 Prozent der Projekte un-
rhalb der Kostenschätzung vor Ausschreibungsbeginn
gen. Die Verteilung der Aufträge ist ja immer kritisch.
iegen immer nur die Großen? Die Verteilung ist um
Prozent besser als bei der herkömmlichen Vergabe,
enn mittelständische Betriebe, vor allen Dingen die im
gionalen Umkreis von 100 Kilometern, mit einbezo-

en werden. Bei den 16 bisher fertiggestellten, schluss-
erechneten Projekten ist das Verhältnis so, dass drei da-
on etwas teurer geworden sind, drei etwas billiger und
gischerweise zehn auf den Punkt abgeschlossen haben.
as ist alles nicht sehr spannend. Das würde derartige
aßnahmen also nur im Einzelfall erlauben; da gebe ich

en Antragstellern recht. Natürlich gibt es auch Projekte,
ei denen man sagen muss: Da ist ÖPP nicht sinnvoll ge-
esen. Es ist also kein Allheilmittel.

Der Antrag will aber etwas anderes. Wenn wir diesen
ntrag beschließen würden, dann würde sich die Repu-
lik verändern. Warum? Der Einstieg betrifft nur ÖPP.
ann sagen Sie, Sie wollen mehr in die Kommunen ver-
gern. Dem kann man natürlich entgegnen, dass es nach
nserer Erinnerung in der Vergangenheit nicht immer so
ewesen ist, dass Kommunen automatisch besser gewirt-





Rüdiger Kruse


(A) )


)(B)

schaftet hätten; das ist ein weites Feld. Sonst wären wir
ja auch nicht auf die Idee gekommen, private, marktwirt-
schaftliche Elemente mit einzubauen.

Dann sagen Sie, wir möchten, dass dort, wo die Kom-
mune beteiligt ist, das Aktienrecht geändert wird. Und
Sie sagen, dass die Einschränkung der wirtschaftlichen
Tätigkeit von Kommunen aufgehoben werden soll.
Wozu würde das Ganze führen?


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Zu Transparenz!)


– Zu Transparenz, das ist interessant. Es hat nichts mit
Transparenz zu tun, wenn die Einschränkung der wirt-
schaftlichen Tätigkeit von Kommunen aufgehoben wird,
sondern dies ist eine Wettbewerbsverzerrung. Warum?
Ein kommunaler Betrieb kann kaum pleitegehen. Ich
weiß, Berlin bzw. Sie arbeiten daran, aber das dauert
sehr lange.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Irgendwann schon!)


Die meisten unter uns sind sich einig, dass die Was-
serwerke staatlich bleiben müssen. Nun kann ein Was-
serwerk natürlich sagen: Wenn wir schon die Wasserlei-
tung legen, dann könnten wir auch den Hausanschluss
legen. Und wenn wir schon einmal da sind, dann – nach
dem Motto: alles aus einer Hand, „one face to the custo-
mer“ – bauen wir Ihnen auch noch die Badewanne ein.
Dann sagt man noch: Wir brauchen ja Arbeitsplätze im
Handwerk, von daher stellen wir Leute ein. – Ihr Ange-
bot für diese Badezimmergestaltung erstellen sie vor
dem Hintergrund der Gebühreneinnahmen. Das heißt,
sie können auf dem Markt interessante Angebote ma-
chen und müssen keine Konkurrenz scheuen; denn im
Zweifelsfall liegen sie in ihrem Preis unter dem der Kon-
kurrenz. Das bedeutet, der kleinere Betrieb hat das
Nachsehen. Der kann sich nicht so rückfinanzieren wie
ein kommunales Unternehmen, weil er natürlich nicht
das Rating hat wie eine Kommune. Darüber hinaus kann
er auch nicht auf Gebühreneinnahmen zurückgreifen.
Das ist keine Transparenz, sondern die Zerstörung von
Strukturen.

Dann wollen Sie das Aktienrecht mal so eben – nur
wegen Ihrer Rekommunalisierung – dahin gehend än-
dern, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates weisungsge-
bunden sein sollen und Bericht erstatten müssen.

Nehmen wir zunächst einmal den letzten Punkt, die
Berichterstattung. Sie wollen, dass die Mitglieder des
Aufsichtsrates verpflichtet sind, die vertraulichen Infor-
mationen, die sie dort bekommen, an ihre Entsender wei-
terzugeben. Das können Sie auch einfacher haben: Ich
würde das Ganze einfach auf YouTube oder anderweitig
ins Internet stellen. Die Vertraulichkeit ist dann natürlich
weg. Sie können dann Unternehmensinterna nicht mehr
diskutieren, bzw. sie sind nicht mehr intern. Das ist,
glaube ich, ein großer Nachteil.

Zweitens, die Weisungsgebundenheit. Man kann na-
türlich das tun, was Sie da wollen, aber das ist ein ande-
res System. Wir haben ein System, das aus Verantwor-
tung, Freiheit und Gewissen besteht. Das bedeutet, die
Gewerkschaft, die einen Vertreter entsendet, tut das, weil

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(C (D ie von ihm als Mensch und von seiner Fachkompetenz nd seiner moralischen Kompetenz überzeugt ist. Die chickt ihn in ein Unternehmen, damit er zum Wohle ieses Unternehmens und im Interesse der Anteilseigner andelt. Sie mit Ihrem grundsätzlichen Misstrauen geenüber jedem Individuum wollen das nicht. Sie wollen m detailliert vorgeben, was er zu tun hat. Er soll wei ungsgebunden handeln. Er soll zurückberichten, wieder inlaufen und sagen: Meine Partei hat mir gesagt, ich oll dieses oder jenes entscheiden. (Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Wir nennen das Sozialismus! – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Mein Stadtrat, nicht meine Partei!)


Ja, Ihr Stadtrat. Dass Sie gerne eine Räterepublik ha-
en wollen, das habe ich Ihrem Antrag auch entnommen.
as ist nicht der richtige Weg.

Was würde am Ende passieren, wenn Ihr Projekt
urchgesetzt würde? Sie würden eine Gesellschaft be-
ommen, in der es nur staatliche Betriebe und Großkon-
erne gäbe. Großkonzerne würden sicherlich in Ihrem
ystem überleben. Verschwinden würden kleine und
ittelständische Betriebe. Genau das ist Ihr Ziel. Das ist

uch okay, und das Ziel ist legitim. Sie wissen, dass die
esellschaft, die Sie wollen, keine Gesellschaft ist, in
er es kleine, selbstständige Einheiten und ein freies Un-
rnehmertum gibt.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Deshalb fördern wir dezentrale Energiestrukturen und Sie die großen Vier! Das ist ein Widerspruch in sich!)


Bei der Kritik, die eben durchschien – auch ich bin
ein Freund der großen Vier –, müssen Sie eines sehen:
ie Energiestruktur, die wir heute haben, ist nicht auf
rivatwirtschaftlicher Basis entstanden. Kein einziges
tomkraftwerk ist von einem privaten Unternehmen ge-
lant oder gebaut worden. Die Atomkraftwerke sind
taatlich entstanden. Das heißt, dass staatliche Systeme
ehr wohl zu Fehlern neigen. Das haben wir überall be-
iesen, Sie besser als wir.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das war ein vergiftetes Lob!)


Zu argumentieren, wenn ein Unternehmen in kommu-
alem Besitz sei, würden immer die richtigen Entschei-
ungen getroffen, ist falsch. Die Energiewende, die in
nserer Gesellschaft stattfindet, ist nicht von den Kom-
unen ausgegangen, sondern von privaten Stromanbie-
rn wie LichtBlick, die darauf vertraut haben, dass es in
iesem Land Kunden für Ökostrom gibt. Diese haben
ahnbrechend gewirkt. Nur deswegen ist das so. Wenn
eute kommunale Betreiber anfangen, in der Kreislauf-
irtschaft Angebote zu machen, dann tun sie das nur,
eil private Unternehmen ihnen das vormachen.

Das Subsidiaritätsprinzip sollten wir nicht anrühren.
enn Ihr Projekt greift, die Kommunen vor Ort, vor allen
ingen in strukturschwachen Gebieten, die Führung
bernehmen und die Stadtreinigung auch noch Garten-
auleistungen anbietet, dann wird die Vielfalt verschwin-
en, und die Städte und Gemeinden werden grauer. Die-





Rüdiger Kruse


(A) )


)(B)

ses Modell ist erst 20 Jahre her. Wir möchten es nicht
wiederhaben. Deswegen werden wir Ihren Antrag ableh-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711205400

Das Wort hat jetzt der Kollege Johannes Kahrs von

der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Herr Kahrs, bei Ihnen haben vier Leute geklatscht!)



Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1711205500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Es ist immer wieder eine Freude, wenn man
hier im Deutschen Bundestag eine inhaltliche Debatte
führen kann. Bisher habe ich das vermisst. Ich habe et-
was vom Berliner Lokalwahlkampf erlebt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ich auch!)


Ich frage mich, ob hier der Ort dafür ist. Ich bin mir si-
cher, dass die Debatte, die zwischen den Kollegen von
den Grünen und der Linken geführt worden ist, im Berli-
ner Abgeordnetenhaus sehr viel qualifizierter mindes-
tens 20- bis 30-mal geführt worden ist. Deswegen frage
ich, warum man uns hier damit behelligen muss.

Im Ergebnis stellt man, wenn man den Antrag der
Linken liest, fest, dass reine Ideologie gefeiert wird. Hier
wird gesagt: Staat ist immer besser als privat. – Das ist
genauso intelligent wie die Aussage der FDP: Privat geht
vor Staat. – An den Rändern sitzen die Ideologen, und
jetzt ist es an uns in der Mitte, zu erklären, dass das Le-
ben nicht ganz so einfach ist, wie sich das manch
schlichter Antragsteller vorstellt.


(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Florian Toncar [FDP])


– Nur getroffene Hunde bellen, Herr Kollege.

Als ich diesen Antrag gelesen habe, habe ich gedacht:
Das ist wieder die übliche grüne, Entschuldigung, linke
Schreibe.


(Heiterkeit bei der LINKEN – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie mal den Textbaustein ändern! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was denn nun?)


Im Ergebnis kann man sagen, dass es wohl auch so ist.

Was mich wirklich gewundert hat, ist, dass Sie, Herr
Senator, sich dafür hergegeben haben, diesen Senf auch
noch zu verteidigen. Die Aussage des Kollegen Kruse
über die Wertschätzung von Senatoren teile ich; denn bei
uns in Hamburg sind Senatoren in der Regel sehr seriöse
Personen. Wenn Sie einen solchen Antrag verteidigen,
bringen Sie das Bild ins Wanken, das ich bisher von Ih-
nen hatte. Ich kenne Sie nur als sehr kompetenten Sena-
tor,


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Deshalb unterstützt er die Rekommunalisierung!)


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(C (D er auch von der mittelständischen Wirtschaft Berlins elobt wird. Das ärgert häufig Ihre Bundespartei, aber ie Linke in Berlin findet das gut. Man muss sich mit diesem Antrag inhaltlich beschäfgen. Wenn wir das tun, kommen wir zu dem Ergebnis, ass es nicht so ist, dass die Kommune immer alles richg macht, aber auch nicht so, dass die Privaten alles chtig machen. Wenn wir den Antrag lesen, stellen wir st, dass in einer, wie ich finde, unerträglichen Art und eise der Bereich der Privatisierung und Rekommunali ierung mit ÖPP vermischt wird. Das eine hat nur sehr egrenzt mit dem anderen etwas zu tun; das hat Herr ollege Kruse auch gesagt. Es ist doch so, dass die umfangreichste Verstaatlihung gerade in Baden-Württemberg stattgefunden hat. ie Anteile an EnBW wurden, glaube ich, nicht von der inkspartei zurückgekauft, sondern von einer Koalition us CDU und FDP. (Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig überteuert!)


lso können Sie den vorliegenden Antrag mit sehr viel
ehr Wohlwollen lesen als wir Sozialdemokraten.


(Florian Toncar [FDP]: Alle Parteien haben zugestimmt!)


h glaube nicht, dass es für das Land ein wirklich tolles
eschäft war, was der damalige und zu Recht abge-
ählte Ministerpräsident da eingefädelt hat.

Wenn wir uns mit der Sache – kurze Ausflüge seien
ir gestattet – beschäftigen,


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Sie haben eine große Sachkenntnis, Herr Kollege!)


ann können wir feststellen, dass es im Bereich ÖPP so-
ohl Licht als auch Schatten gibt. Am Anfang haben
iele gedacht: Wunderbar, das ist die Lösung, jetzt kön-
en wir uns als Kommune endlich all das leisten, was
ir uns früher nie leisten konnten. Irgendwer muss das

inmal bezahlen, aber das ist noch ewig hin.

In dieser Situation sind auch Fehler passiert; das muss
an zur Kenntnis nehmen. Ich als Haushälter finde, dass
an sich die ÖPP sehr misstrauisch und sehr genau an-

chauen muss. Es gibt sehr viele Chancen, und es gibt
ehr viele Risiken. Ich glaube, dass man jeden Fall ein-
eln betrachten muss. Deswegen taugt das Thema weder
r den Berliner Kommunalwahlkampf noch für lustige
nträge der Linken, sondern es geht um die durchaus

rnstzunehmende Frage, wo ÖPP Sinn machen oder
ben nicht.

Ich als Haushälter bin ein großer Anhänger der Ka-
eralistik. Das mag für viele hier im Haus eine sehr
ngweilige Materie sein. Man kann auch über viele an-
ere Systeme, zum Beispiel die Doppik, reden, in denen
an sich die Zahlen so hindrehen kann, wie man sie

raucht. Die Kameralistik hingegen ist ehrlich. Sie zeigt
enau auf, wo man Geld hat, wie viel Geld man hat und
as man mit dem Geld tun kann oder auch nicht. Das ist
r die Bürger sehr transparent.





Johannes Kahrs


(A) )


)(B)

Man muss die ÖPP so gestalten, dass sie mit der Ka-
meralistik in Übereinstimmung gebracht werden. Man
muss abbilden, wie sich die Kosten für eine bestimmte
Maßnahme im Rahmen der ÖPP im Laufe der Zeit im
Haushalt widerspiegeln. Sie müssen im Haushalt auftau-
chen. Die Menschen müssen wissen, was die Vorhaben
kosten. Man kann den Menschen doch ehrlich sagen:
Wir haben kein Geld, um eine Schule zu bauen oder sie
zu sanieren, aber wir glauben, dass es dringend notwen-
dig ist, weil Bildung wichtig ist. Es gehört dazu, dass
Schulen anständig aussehen. – Wenn man dann sagt: „Es
gibt eine Möglichkeit, ein Vorhaben umzusetzen, das
kostet Geld, aber damit kann man das Ganze nachvoll-
ziehbar gestalten“, dann kann man das in einer Kom-
mune ernsthaft diskutieren.

Man muss allerdings aufpassen, dass bestimmte Feh-
ler nicht passieren. Es muss ein transparentes Verfahren
geben, die Verträge müssen einsehbar sein, man muss sie
offenlegen können. Wenn einige Parteien sagen: „Wir
wollen alles offenlegen“, dann ist es nicht so, dass nur
die Unternehmen die Bösen sind. Es gibt auch viele Un-
ternehmen, die die Verträge gerne offenlegen würden. Es
gibt dazu ein Schreiben von der deutschen Bauindustrie.
Darin heißt es, dass man ein großes Interesse an mehr
Transparenz und an der Offenlegung von ÖPP-Vertrags-
werken hat, weil man nämlich glaubt, dass dies für alle
Beteiligten Sinn macht, auch was die Akzeptanz angeht.
Denn die Bürger wundern sich doch: Auf der einen Seite
ist ihre Kommune pleite, und auf der anderen Seite wer-
den Schwimmbäder, Kindergärten und Schulen saniert.
Natürlich wundern sich die Bürger und fragen sich, wo-
her das Geld auf einmal kommt. Dann muss man ihnen
den Sachverhalt erklären und darauf hinweisen, dass
ÖPP Sinn machen kann. Man muss die Kosten offen-
legen. Dann muss man sich das Ergebnis genau an-
schauen. Es darf nicht dazu führen, dass die Schulden in
die Zukunft geschoben werden und dass die, die jetzt zur
Schule gehen, diese am Ende ihres Arbeitslebens immer
noch abbezahlen. Man muss die Vorteile und die Nach-
teile abwägen. Wenn man dann zu dem Ergebnis kommt,
dass man das machen kann, ist das gut.

Es gibt gute Beispiele für ÖPP, und es gibt schlechte
Beispiele. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Privati-
sierung und Entkommunalisierung. In Hamburg wurde
ein Volksentscheid durchgeführt: Der Stadt sollte zu-
künftig verboten werden, irgendetwas zu verkaufen. Er
ist durchgefallen – normalerweise sind solche Begehren
immer erfolgreich –, und zwar deswegen, weil nicht klar
und transparent gesagt wurde, was denn dann verkauft
werden soll. Es wurde einfach gesagt: Die Kommune
darf gar nichts mehr verkaufen.

Ich finde es auf der einen Seite richtig, in Hamburg
die Wasserwerke oder die öffentlichen Unternehmen des
Wohnungswesens, SAGA/GWG, nicht zu verkaufen.
Das ist richtig, wichtig und gut. Auf der anderen Seite ist
nicht einsehbar, warum es nicht möglich ist, dass man
sich von Unternehmen – Hapag-Lloyd oder andere –, die
in Schwierigkeiten geraten sind und denen man finan-
ziell geholfen hat, dieses Geld zurückholt, sobald es ei-
nem solchen Unternehmen wieder besser geht.

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(C (D Natürlich muss eine Kommune auch in der Lage sein, rundstücke zu verkaufen, zum Beispiel an Wohnungsnternehmen oder an Genossenschaften, die darauf auen wollen. Das ist ein wichtiger Bestandteil des soialen Wohnungsbaus. Das alles gehört zusammen. Deswegen muss man, ie ich finde, den vorliegenden Antrag der Linken abhnen. Er ist nämlich erstens undifferenziert und zweins hochideologisch. Deswegen, Herr Senator, war es edauerlich, dass Sie sich dafür hergegeben haben. Vielen Dank. Schönen Tag noch! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711205600

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Breil von der

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Klaus Breil (FDP):
Rede ID: ID1711205700

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Der Antrag der Linken, den wir heute debattieren,
t blanke Augenwischerei. Sie von der Linken reden da
on Beratung kommunaler Unternehmen und von wirt-
chaftlich arbeitenden Unternehmen. In Wirklichkeit
ollen Räte gebildet werden, um die Unternehmen kon-
ollieren zu können. Sie schreiben da von Änderungen
Aktiengesetz. Tatsächlich wollen Sie die Aktionäre

ntmachten. Sie fordern in Ihrem Antrag die Rekommu-
alisierung öffentlich-privater Projekte. Ihr wahres Ziel
t aber die Verstaatlichung der Wirtschaft. Die mate-
elle Gleichheit aller – das ist das zentrale Ziel der
inkspartei. Niemand darf mehr haben als der andere.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist doch Unsinn!)


Sie haben keinen Bezug zu den Menschen, die hart
nd fleißig arbeiten. Sie haben keinen Bezug zu den
eistungsträgern in unserer Gesellschaft, außer natürlich
en, dass Sie deren Erfolg abgreifen wollen.


(Zurufe von der LINKEN)


evor allerdings die Linkspartei das Eigentum dieser
eißigen Menschen großzügig verteilen kann, muss sie
s „vergesellschaften“ oder, wie Sie es neuerdings for-
ulieren, „demokratisieren“. Alles Geplänkel! Der rich-
ge Begriff lautet: verstaatlichen. Sie lassen dabei be-
usst offen, in welchem Ausmaß und in welcher Form
ie diese Enteignungen vornehmen wollen. Doch wie
isenfedern aus einem uralten Sofa, so baumeln Ihre
ahren Ziele schlaff aus dem heutigen Antrag.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vorformuliert ist das alles in den Gründungsdoku-
enten der Linkspartei. Sie bekennen dort schamlos:





Klaus Breil


(A) )


)(B)

Die Demokratisierung der Wirtschaft erfordert, die
Verfügungsgewalt über alle Formen des Eigentums
sozialen Maßstäben unterzuordnen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Schließlich sagt Ihr Genosse, unser Kollege Diether
Dehm:

Unser Fernziel ist, Konzerne wie Daimler-Chrysler,
BMW und Großbanken wie die Deutsche Bank zu
vergesellschaften.


(Zurufe von der LINKEN: Richtig!)


Das ist das, was die Linken unter Demokratisierung und
unter Vergesellschaftung verstehen: Verstaatlichung auf
allen Ebenen.

Hier und heute sind eben die Kommunen fällig. Klar-
heit schafft das linke Wahlprogramm von 2005:

Die Versorgung der Menschen mit Wasser und
Strom, die Müll- und Abwasserentsorgung, der
öffentliche Personenverkehr, … sind Leistungen,
die … nicht der privaten Konkurrenz unterworfen
werden dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Weil es Leistungen der Daseinsvorsorge sind!)


So steht es in Ihrem Wahlprogramm.

Um diesen Sichelschnitt den Kommunen schmack-
haft zu machen, entdecken Sie auf einmal Ihr Herz für
das regionale Handwerk, ein Handwerk, das, wie Sie in
Ihrem Antrag ausführen, von öffentlich-privaten Ge-
meinschaftsunternehmen nur gequält wird und schließ-
lich leer ausgeht.

Kommen wir nun zur Wahrheit: Die Kommunen lei-
den unter einem strukturellen Defizit. Dies kann unserer
Ansicht nach nur mit sinnvollen strukturellen Reformen
behoben werden.


(Zuruf der Abg. Ulla Lötzer [DIE LINKE])


Ziel muss sein, die kommunalen Einnahmen zu versteti-
gen und die Ausgabenseite zu entlasten. Das ist nur im
Gesamtpaket zu erreichen.

Den Kommunen wurden in den letzten Jahrzehnten
ständig neue Aufgaben übertragen, und das ohne ausrei-
chende Finanzausstattung.


(Dorothee Menzner [DIE LINKE]: Sie waren daran nicht beteiligt? – Zuruf des Abg. SvenChristian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es ist die christlich-liberale Bundesregierung, die damit
Schluss gemacht hat.


(Johannes Kahrs [SPD]: Sie hat mit der FDP Schluss gemacht!)


Sie hat damit begonnen, Entlastungen der Kommunen
auf der Ausgabenseite einzuleiten.

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(C (D (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gleichzeitig hat man den Kommunen das Geld abgegraben!)


Ein Beispiel: Unsere christlich-liberale Koalition hat
ei der Neuregelung des SGB II eine bedeutende Kor-
ktur vorgenommen. Der Bund wird schrittweise die
osten der Grundsicherung im Alter übernehmen:


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nimmt man der Bundesagentur für Arbeit weg!)


5 Prozent im Jahr 2012, 75 Prozent in 2013 und
00 Prozent ab 2014. Die Kosten dafür betragen aktuell
,9 Milliarden Euro pro Jahr, bei einer geschätzten Stei-
erung von 5 Prozent im Jahr. 4,5 Milliarden Euro Zu-
chuss vom Bund für die Kommunen im Jahr 2014 – das
t eine klare Ansage.

Gleichwohl ist es auch immer erste Aufgabe der
ommunen, sorgsam mit ihren Mitteln zu wirtschaften.


(Johannes Kahrs [SPD]: Linke und FDP-Ideologie auf einmal ist schwer zu ertragen!)


enn sich zum Beispiel eine Kommune durch Über-
ahme des Stromnetzes Effizienzvorteile oder Synergie-
ffekte erhofft, kann eine solche Übernahme durchaus
innvoll sein. Auch für Investitionen kann der Zusam-
enschluss von Netzen oder die gemeinsame Betriebs-
hrung gelegentlich Vorteile bringen.

Aber pauschal eine Rekommunalisierung zu verord-
en, kann nicht im Interesse der Kommunen liegen;
enn der Drang zum eigenen Stadtwerk entspringt ge-
de bei kleineren Kommunen vielfach dem Wunsch,

ermeintlich versäumte Versorgungssicherheit nachzu-
olen. Dabei werden komplexe Regelungen und deutlich
estiegene Geschäftsrisiken gerade für kleine Versor-
ungsunternehmen vehement verkannt. Wenn dann noch
ie Kommune die Kosten für künftige Aufrüstungen,
insen und Erhaltung unterschätzt, schadet sie sich
elbst und damit vor allem ihren Bürgern.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein glänzendes Bei-
piel für gelungene Öffentlich-Private Partnerschaft fin-
et sich hier ganz in der Nähe. Es ist ein Beispiel, das
erade die Linke in freudige Erregung versetzen muss;
enn in Kürze werden Sie sich dort auf der frisch polier-
n Regierungsbank niederlassen. Es ist der Landtags-
eubau in Potsdam, Kostenpunkt 120 Millionen Euro.
as Gebäude wird von dem niederländischen Konsor-
um Royal BAM errichtet und die nächsten 30 Jahre be-
ieben. Ab 2013 wird das Land Brandenburg 30 Jahre
ng 9 Millionen Euro Miete pro Jahr zahlen. Übrigens
irkt die Bayerische Landesbank, die Bayern LB, feder-
hrend an der Finanzierung des PPP-Modells mit. Sie

ehen, es geht doch.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn es die Bayerische Landesbank dann noch gibt! – Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Kurze Schockstarre!)


Danke.





Klaus Breil


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wir haben auf mehr von der Bayerischen Landesbank gelauscht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711205800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Britta Haßelmann von

Bündnis 90/Die Grünen.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711205900

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ich kann heute weder mit Sichelschnitt
noch mit Eisenfedern dienen; ich versuche es sachlich in
Bezug auf die Themen, die im Antrag der Fraktion Die
Linke angesprochen worden sind.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das wäre ja neu bei Ihnen, Frau Haßelmann!)


– Hallo, Herr Kampeter, schön, dass Sie der Debatte fol-
gen! Im Haushaltsausschuss wird das ja auch noch zu
thematisieren sein. Viele der Vorschläge der Linken wer-
den dort diskutiert werden, weil sie Ihren Fachausschuss
betreffen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wollen Sie da jetzt Mitglied werden?)


Es geht hier ja nicht nur um einen kritischen Blick
und eine kritische Reflexion im Hinblick auf ÖPP und
die Frage, welche Risiken eigentlich in diesem Projekt
bestehen. Als der Kollege Breil das letzte Projekt gerade
so glanzvoll beschrieben hat, mussten wir allesamt ein
bisschen schmunzeln, weil als Garant für die Realisie-
rung die Landesbank in Bayern genannt worden ist.


(Heiterkeit des Abg. Johannes Kahrs [SPD] – Klaus Breil [FDP]: Die ist auch öffentlich! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Man muss manchmal nur Geduld haben!)


Ich glaube, dass wir über die Fragen, wie ÖPP-Pro-
jekte wirken, wie viele Risiken dort bestehen, wie Trans-
parenz hergestellt wird, wie nachvollziehbar solche Ver-
träge sind und wie einseitig oder auch nicht Lasten und
Verantwortung in solchen Verträgen verteilt sind, eine
kritische Debatte zu führen haben. Das ist der erste
Punkt; deshalb ist es auch in Ordnung, dass wir die De-
batte heute hier vertieft führen, dann aber auch in den
Fachausschüssen. Ich halte eine solche Debatte für not-
wendig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der zweite Punkt: Das, was Sie angesprochen haben,
Herr Senator Wolf, sind aber die Themen Rekommunali-
sierung und Privatisierung. Sie müssen es an einer sol-
chen Stelle schon aushalten, dass Sie nicht besonders gut
aussehen, wenn Sie hier im Parlament Ihren Vortrag mit
Vehemenz halten und sich als Garant für die Rekommu-
nalisierung und gegen die Privatisierung darstellen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist allerdings wahr!)


Sie hatten zehn Jahre Zeit, in Berlin politisch unter Be-
weis zu stellen, wie wichtig Ihnen das Thema Rekom-

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(C (D unalisierung und Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand t. Die Tatsache, dass Sie eine Wohnungsbaugesell chaft und die Siedlungsbaugesellschaft veräußern ussten, damit zu begründen, dass es eine Verfassungs lage der Grünen und der CDU gegen Ihren Haushalt ab, ist doch völlig absurd. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Frau Haßelmann, da muss ich Ihnen schon wieder zustimmen!)


h habe auch schon Urteile von Verfassungsgerichten
esehen. Das Verfassungsgericht gibt Ihnen in solchen
ällen bestimmte Auflagen, aber es zwingt Sie nicht
azu, Wohnungen zu veräußern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


iesen Beschluss, Herr Wolf, hat Rot-Rot zu verantwor-
n. Darum sollten sich die Linken kümmern.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wie wäre es mal mit Sparen? – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Zwei Partys weniger für Wowereit!)


h bin zwar keine Berlinerin – ich lebe hier nur mit
weitwohnsitz –, aber ich glaube, dass dies Berlin bis
eute nachhängt und dass auch heute noch Wohnungen
eräußert werden. Das halte ich wirklich für nicht ver-
ntwortlich. Da klafft eine große Lücke zwischen dem
nspruch, den Sie hier formulieren, und Ihrer realen
olitik, die Sie in Berlin bereits seit zehn Jahren zu ver-
ntworten haben.


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist wie bei den Grünen!)


ieser Diskussion müssen Sie sich stellen. Es geht nicht,
ier überall zu erklären, Sie seien die ausgewiesenen
erfechter der Rekommunalisierung, obgleich Sie jede
enge öffentliches Eigentum verkauft haben, wobei Sie

uch andere Akzente hätten setzen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Denken Sie doch einmal an die massive Kritik, die
ie seitens der Sparkassenverbände und anderer Institu-
onen bekommen haben, als Sie die Landesbank ver-
auft haben.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas Vernünftiges! Dann können wir auch klatschen!)


ir können das gern vertiefen, nicht nur im Berlin-Dis-
urs.

Das Thema „Privat vor Staat“ wird oft sehr ideolo-
isch und sehr radikal diskutiert. Zu den Verfechterinnen
nd Verfechtern gehören einige der Kolleginnen und
ollegen zu meiner rechten Seite des Hauses. Wir haben
amit in Nordrhein-Westfalen hinreichende Erfahrungen
emacht, wo in der letzten Legislaturperiode unter
chwarz-Gelb die wirtschaftliche Betätigung der Kom-
unen massiv eingeschränkt wurde. Dies stieß nicht nur

uf Kritik aufseiten der SPD oder Grünen oder des Ver-
andes kommunaler Unternehmen. Nein, auch der





Britta Haßelmann


(A) )


)(B)

Handwerkskammertag und die kommunalen Spitzenver-
bände, in denen nach meiner Information auch viele
CDU-Mitglieder aktiv sind,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Jetzt rutschen Sie ins Unsachliche ab!)


haben massiv Kritik an dieser einseitigen Privilegierung
und Ausrichtung auf „Privat vor Staat“ geäußert.


(Christian Lindner [FDP]: Was für ein Unsinn! Was erzählen Sie da für einen Unsinn!)


– Herr Lindner, wir haben das alles jetzt gemeinsam mit
dem Handwerkskammertag wieder zurückgenommen.


(Christian Lindner [FDP]: Den Vertreter der Handelskammer habe ich damals im Landtag von Nordrhein-Westfalen mit angehört! Die haben das etwas präziser gesagt! Sie scheinen die letzten Jahre in Nordrhein-Westfalen jedoch nicht viel hinbekommen zu haben! – Gegenruf des Abg. Johannes Kahrs [SPD]: Es muss sich doch nicht jeder Hinterbänkler der FDP hier melden!)


– Ich weiß. Herr Lindner, dass Sie zu der Zeit im Land-
tag waren, macht es ja nicht besser, oder?


(Christian Lindner [FDP]: Aber ich kenne die Fakten!)


Ich weiß auf jeden Fall, dass wir diesen Punkt der Ge-
meindeordnung längst geändert haben.


(Christian Lindner [FDP]: Waren Sie einmal in Brüssel?)


– In Brüssel war ich noch nie als Abgeordnete. Aber
vielleicht können wir uns darüber an anderer Stelle aus-
tauschen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Eine schöne Reise, Frau Kollegin!)


Darum geht es jetzt auch nicht.

Der Umgang mit dem Thema wirtschaftliche Betäti-
gung hat sich in Nordrhein-Westfalen geändert, und dies
wird nicht nur von den Städten und Gemeinden begrüßt.
Darüber hinaus wird es auch vom Handwerk sehr be-
grüßt. Das ist ein Fakt, mit dem Sie sich abfinden müs-
sen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711206000

Frau Kollegin Haßelmann, entschuldigen Sie die Un-

terbrechung. Der Kollege Mücke möchte Ihnen gern
eine Zwischenfrage stellen.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711206100

Ja, bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711206200

Bitte, Herr Mücke.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum nicht Herr Lindner? – Gegenruf des K ti W h b W e v n d te S d n A E d S N L h Ic s u n ti e n k D – (C (D Abg. Johannes Kahrs [SPD]: Weil nicht jeder Hinterbänkler hier redet!)



Jan Mücke (FDP):
Rede ID: ID1711206300

Frau Kollegin Haßelmann, auch Sie haben jetzt zur

enntnis gegeben, dass Sie Privatisierungen sehr kri-
sch gegenüberstehen, insbesondere wenn es sich um
ohnungen handelt, die im öffentlichen Eigentum ste-

en oder gestanden haben. Wenn ich richtig informiert
in, hat im Jahr 2000 Rot-Grün regiert.


(Johannes Kahrs [SPD]: Gut!)


enn ich weiter richtig informiert bin, hat im Jahr 2000
ine rot-grüne Bundesregierung 114 000 Wohnungen
eräußert, nämlich die sogenannten Eisenbahnerwoh-
ungen. Wie können Sie mir erklären, dass Sie heute
iese Position einnehmen und damals eine andere hat-
n?


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden doch von Nordrhein-Westfalen! – Gegenruf des Abg. Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Eigentlich reden wir über Bundespolitik!)


timmen Sie mir zu, dass Ihre Argumentation angesichts
ieser Fakten ein bisschen zwielichtig erscheint?


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711206400

Nein, ich teile Ihre Einschätzung an dieser Stelle

icht. Über die Frage, ob der Bund zur Erfüllung seiner
ufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge bestimmtes
igentum besitzen muss oder nicht, können wir hier gern
iskutieren und streiten. Aber Sie haben mich an Ihrer
eite, wenn klar ist, dass zum Beispiel ein Land wie
ordrhein-Westfalen beim Verkauf der Wohnungen der
andesentwicklungsgesellschaft einen Fehler gemacht
at.

Ich kann Ihnen auch das Beispiel Freiburg nennen.
h war nicht für den Verkauf der Wohnungsbaugesell-

chaft oder städtischer Wohnungen.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Dort gibt es aber auch einen grünen Oberbürgermeister!)


Ich habe selbst elf Jahre Kommunalpolitik gemacht
nd weiß, dass wir Steuerungsinstrumente in der Woh-
ungspolitik als Mittel für die sozialräumliche Integra-
on brauchen, und diese Anforderung erfüllen wir in
rster Linie durch sozialen Wohnungsbau und Woh-
ungsbaugesellschaften, auf die wir Einfluss ausüben
önnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eshalb ist das für mich überhaupt kein Widerspruch.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Er hat aber etwas völlig anderes gefragt! Herr Mücke hat nach Ihrer Position zu der Privatisierung gefragt! – Johannes Kahrs [SPD]: Sie müssen die Frage beantworten!)


Das habe ich gerade schon gemacht.





Britta Haßelmann


(A) )


)(B)

Die Kommunen brauchen einen Rechtsrahmen, inner-
halb dessen sie selbst entscheiden können, ob und wie
sie ihre Leistungen erbringen wollen. Wichtig dabei ist
doch, dass bestimmte Kriterien erfüllt sind: Es muss eine
strategische, vor allem transparente Entscheidung ge-
troffen werden, die den Städten und Gemeinden die
politische Steuerungsfähigkeit und demokratische Kon-
trolle lässt, und die Aufgabe muss effizient wahrgenom-
men werden. Das ist die Grundentscheidung.

Es geht nicht um einen theoretischen Diskurs über das
Verhältnis von Privat zu Staat. Wir müssen immer da-
rüber nachdenken, wie Städte und Gemeinden ihre kom-
munalen Aufgaben in transparenter Weise wahrnehmen
können und welche Steuerungsmöglichkeiten die ge-
wählten Gemeindevertreter haben sollen. Darum geht es,
wenn wir über die Wahrnehmung von Aufgaben vor Ort
reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Machen wir uns nichts vor: Viele Städte- und Ge-
meinderäte entscheiden sich parteiübergreifend für eine
Rekommunalisierung. Ich weiß, dass das der FDP be-
sonders wehtut.


(Florian Toncar [FDP]: Gar nicht!)


Es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass sich nach
einer Privatisierung von Aufgaben die Gemeinderäte da-
für entscheiden, ebendiese Aufgaben in den Verantwor-
tungsbereich der Stadt zurückzuholen. Warum tun sie
das? Sie haben den Eindruck, dass hier eine Schieflage
entstanden ist. Oftmals ist es nämlich so, dass Gewinne
privatisiert und Verluste sozialisiert wurden, sodass die
Städte auf den Kosten sitzen blieben. Dass dies vonsei-
ten der Städte und Gemeinden sowie der Bürgerinnen
und Bürger nicht akzeptiert wird, ist doch klar. Man
möchte nicht, dass private Unternehmen die Gewinne
einstecken und dass die Verluste über Gebühren und an-
dere Abgaben auf die Bürger umgelegt werden.

Ganz viele Städte und Gemeinden entschließen sich
daher, Aufgaben zu rekommunalisieren. Das ist auch in
Bayern, Baden-Württemberg und anderswo der Fall. Da-
rüber gibt es mittlerweile Erhebungen. Unterhalten Sie
sich einmal mit den Leuten vor Ort. Es gehört zum Spek-
trum kommunalpolitischen Handelns, dass Aufgaben in
die Entscheidungskompetenz der Kommunen wieder zu-
rückgeholt werden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das geht immer so oder so! Das geht immer zweigleisig!)


– Wenn Sie mir zugehört hätten, dann wüssten Sie, dass
ich das versucht habe zu erläutern.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Nein! Sie haben nur von Einseitigkeit gesprochen!)


Die Kommunen wissen, dass sie von den Bürgerinnen
und Bürgern für Aufgaben, die sie eigentlich delegiert
haben, in die Verantwortung genommen werden.

Es ist gut, dass wir eine vertiefte Diskussion über Re-
kommunalisierung führen. Demnächst wird über das
Abfallwirtschaftsgesetz zu diskutieren sein und über die

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(C (D rage, welche Akzente Sie da setzen. Hier fahren Sie onseiten der Koalition einen völlig falschen Kurs, inem Sie falsche Entscheidungen, die gegen die Kommuen gerichtet sind, treffen und indem Sie die Privaten rivilegieren, anstatt den Kommunen die Möglichkeit zu ssen, selbst darüber zu entscheiden, wie kommunale ufgaben wahrgenommen werden sollen. Wir haben auch eine Debatte im Zusammenhang mit em Energiewirtschaftsgesetz zu führen. Ganz viele ommunen wollen ihre Stromnetze wieder im eigenen erantwortungsbereich haben. Das ist auch gut so. Ihre ntscheidung, den Atomkonsens rückgängig zu machen, ar nicht nur in der Sache, also energiepolitisch, falsch. ies war auch eine Entscheidung gegen die Städte und emeinden. An dieser Stelle ist es deshalb so wichtig, ass wir auch im Zusammenhang mit der Rekommunaliierung über das Thema Energiewende und über die Vergbarkeit von Energienetzen vor Ort reden. Da gibt es och viele inhaltliche Fragen, die wir zu erörtern haben. Ich bin mir sicher, dass wir eine konstruktive Debatte den entsprechenden Fachausschüssen führen. Es ist otwendig, einen Akzent in Richtung Rekommunalisieng zu setzen. An die Adresse der Linken sage ich: Ich ürde mir wünschen, dass Sie nicht nur im Deutschen undestag über dieses Thema reden. Erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin kudelny? Ja, gerne. Bitte, Frau Skudelny. Stimmen Sie mir zu, dass man über die Netze über aupt keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des ansportierten Stroms hat? Die Netze sind grundsätzlich arrierefrei. Das heißt, der Eigentümer des Netzes kann berhaupt nicht bestimmen, auf welche Art der Strom, er durch seine Netze fließt, erzeugt wird. Deswegen ist er Einfluss der Netzbetreiber in Richtung Eneriewende relativ beschränkt. (Florian Toncar [FDP]: Gleich Null! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber an den Anschlussstellen kann man bestimmen!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711206500
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711206600
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711206700
Judith Skudelny (FDP):
Rede ID: ID1711206800


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711206900

Ich verstehe nicht, warum Sie sich dagegen ausspre-

hen, dass Kommunen über Netze verfügen


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das tut sie doch gar nicht! Aber sie ist gegen Enteignungen!)






Britta Haßelmann


(A)


)(B)

und damit diejenigen sein können, die klar darüber ent-
scheiden, wie sie ihre Energieversorgung gestalten wol-
len; darum geht es doch im Kern.


(Judith Skudelny [FDP]: Nein!)


Es geht nicht darum, die Netze bei den vier großen Ener-
gieversorgern zu belassen und Verträge, die vor 20 oder
40 Jahren geschlossen wurden, mit bestimmten vertrag-
lichen Grundlagen auf immer zu zementieren. Ich weiß,
dass das der Wunsch vieler großer Konzerne ist. Aber
ich finde es toll, dass momentan in den Städten und Ge-
meinden eine lebhafte Debatte darüber geführt wird,
weil sie das Gefühl haben, dass sie viel mehr Chancen
und Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf ihr eige-
nes Energie- und Klimakonzept vor Ort haben, wenn sie
an Einfluss auf die Netze gewinnen. Deshalb sprechen
wir uns dafür aus, ihren Einfluss zu steigern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wie gesagt: Ich wünsche
mir von der Linken, dass solch ein Antrag nicht nur ein-
gebracht wird, sondern es auch in Berlin, in der realen
Politik zu Ergebnissen führt.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Sie haben nicht zugehört! Das ist unverschämt! Das ist unter Ihrem Niveau!)


Es liegt ganz offensichtlich auf der Hand, dass die rot-
rote Koalition in Berlin dies in zehn Jahren nicht ge-
schafft hat; mir fehlt die Redezeit, um das mit weiteren
Beispielen zu belegen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711207000

Das Wort hat der Kollege Norbert Brackmann von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Norbert Brackmann (CDU):
Rede ID: ID1711207100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sonst bemühen sich die Linken immer, sich
den Anstrich zu geben, die Initiativen vor Ort aufzuneh-
men und für die Menschen da zu sein. Aber was sind die
Kriterien, nach denen wir die aufgeworfene Frage der
Rekommunalisierung im Zusammenhang mit dem ÖPP-
Beschleunigungsgesetz bewerten sollten? Das können
doch in Wirklichkeit nur die Menschen sein. Dann kön-
nen wir wiederum schauen, ob die Menschen einen Nut-
zen aus kommunalen Investitionen ziehen: Erhalten sie
dadurch Arbeitsplätze?

Ich kann feststellen: Der Antrag würde, wenn man ihn
beschließen würde, zunächst einmal die Freiheit der
Kommunen einschränken, darüber zu entscheiden, in
welcher Form sie ihren Bürgern Gutes tun wollen.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: So ein Unsinn!)


Insofern sind Ihre Forderungen unmittelbar gegen die
Freiheitsrechte der Menschen gerichtet.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das wollen wir nicht! – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Im Gegenteil!)


Ein anderes Thema sind die Menschen, die Arbeits-
lätze haben wollen. Im Zusammenhang mit ÖPP-Pro-
kten ist immer wieder über die Frage diskutiert wor-
en, ob ein Auftrag für eine große Firma – beim
andtagsbau in Potsdam war es zum Beispiel eine nie-
erländische Firma – dazu führt, dass Arbeitsplätze vor
rt verloren gehen. In Baden-Württemberg hat es ein ei-
enes Forschungsprojekt gegeben, bei dem exakt diese
rage untersucht worden ist. Siehe da: Gerade bei ÖPP-
rojekten erhalten mittelständische Unternehmen 83 Pro-
ent der Aufträge, bei der klassischen Vergabe sind es
ur 81 Prozent.

Zudem ist untersucht worden, ob die Aufträge in der
egion bleiben. Konkret wurde untersucht: Wie viele
ufträge werden in einem Radius von 100 Kilometern
ergeben? Bei ÖPP-Projekten sind es 73 Prozent der
ufträge, bei klassischen Vergaben lediglich 65 Prozent.
as heißt, bei ÖPP-Projekten werden mehr Aufträge in
er Region vergeben.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das sind doch deutliche Zahlen!)


Dann kann man noch die Frage stellen, womit die
enschen hinterher zufriedener sind. Auch das hat man

ntersucht. Dabei hat man festgestellt, dass ÖPP-Pro-
kte mit einer Note von 2,4 benotet wurden, während
ie selbst vergebenen Projekte mit 2,6 bewertet wurden.
as heißt, die Menschen sind obendrein auch noch zu-
iedener.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Pakt gegen Ideologie! Sehr gut!)


Das zeigt deutlich, dass es bei Ihrem Antrag um Ideo-
gie geht, nicht darum, dem Mittelstand Aufträge zuzu-
hren und den Menschen eine zufriedenstellende Lö-

ung anzubieten.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Ich habe aber ganz andere Zahlen! – Gegenruf des Abg. Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Na ja, das haben die Griechen auch!)


Frau Höll, ich weiß nicht, woher Sie Ihre Zahlen ha-
en.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Von der Hans-Böckler-Stiftung!)


eine Zahlen sind aber veröffentlicht; Sie können sie
achlesen.

Ich komme zu einem weiteren Punkt. Im Antrag der
rünen mit dem Titel „Transparenz in Public Privat
artnerships im Verkehrswesen“ wurde darauf hingewie-
en, dass man den Sinn oder Unsinn von ÖPP-Projekten
nhand von Einzelfallentscheidungen bewerten kann
nd muss; die Zahlen ändern nichts. Das finde ich auch.
sofern wundere ich mich ein Stück weit über die Rede
einer Vorrednerin. Darin stimmen wir völlig überein.
)





Norbert Brackmann


(A) )


)(B)

Es gibt keine allgemeingültige Antwort auf die Frage: Ist
ÖPP per se gut, oder ist eine Rekommunalisierung per se
gut? Man kann das immer nur an Einzelfällen festma-
chen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


In dieser Zeit, in der sich Bund, Länder und Kommu-
nen in einer Konsolidierungsphase befinden, in der wir
auf jeder Ebene darüber streiten, aber auch entscheiden
müssen, welches der richtige und wirtschaftlich vernünf-
tigste Weg zur Beschaffung ist, dürfen wir bestimmte
Lösungsmöglichkeiten nicht von vornherein außer Be-
tracht lassen. Wir werden nicht zulassen, dass es in
Deutschland wieder Denkverbote gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Unglaublich! Wir wollen keine Denkverbote! – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Deshalb werden ÖPP-Projekte gefördert!)


Ich frage Sie von der Fraktion Die Linke, wo Sie das
ganze Geld hernehmen wollen, das uns heute fehlt.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aus dem SED-Vermögen wahrscheinlich!)


Man muss nur einmal vor die Haustür treten, um festzu-
stellen, dass es überall einen riesengroßen Investitions-
bedarf gibt. Angesichts dessen ganz pragmatisch darüber
nachzudenken, ob wir durch Öffentlich-Private Partner-
schaften einen Schritt weiterkommen können, muss zu-
lässig sein.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das rechnet sich für die Kommunen langfristig nicht!)


Nun mögen Sie sagen, dass eine Kommune überfor-
dert ist, wenn es darum geht, zu entscheiden, welches
das bessere Modell ist. Aber auch diesbezüglich ist der
Bund vorangegangen und hat unter anderem mit der
ÖPP Deutschland AG eine Institution geschaffen, bei
der sich Kommunen beraten lassen können. Dort können
sie Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Qualitätsanaly-
sen durchführen lassen und sich beraten lassen, um dann
frei zu entscheiden, ob sie den Weg gehen wollen oder
nicht.

In Ihrem Antrag führen Sie ein negatives Beispiel aus
meinem Wahlkreis an. In Ahrensburg wurde die Gasver-
sorgung in private Hand überführt. Später ist sie rekom-
munalisiert worden, weil das schiefgegangen ist. Mich
wundert, dass Sie, wenn Sie schon auf Ahrensburg
schauen, selektiv die Stadtwerke herausgreifen; denn
Ahrensburg hat gerade drei ÖPP-Projekte durchgeführt.
Es wurden eine Seniorentagesstätte und eine Schulsport-
halle gebaut. Das sind Vorzeigeprojekte für Öffentlich-
Private Partnerschaften. Das Verhältnis ist also 2 : 1.
Nun ist das keine statistische Erhebung, zeigt aber, wie
selektiv Sie die Wirklichkeit draußen wahrnehmen, und
belegt, dass Sie aufgrund Ihrer ideologischen Verblen-
dung alle bevormunden wollen, sobald Sie irgendwo et-
was gefunden haben, was Ihre Annahmen bestätigt.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig! Unglaublicher Vorgang!)


Ich kann Ihnen an Beispielen aus meinem Wahlkreis
uch die Vorteile von ÖPP aufzeigen. Die Stadt Schwar-
enbek – sie ist ebenso wie viele andere Kommunen in
ieser Region hochverschuldet – hat ein neues Gymna-
ium zuzüglich einer Drei-Feld-Sporthalle gebraucht.
ie Gebäude waren zu errichten, aber nicht zu finanzie-
n. Wie das heute bei einem solchen Projekt Pflicht ist,
urde eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchgeführt. Was
t günstiger? Eine Öffentlich-Private Partnerschaft oder
ie klassische Vergabe durch die Kommune selbst? In
ieser Analyse hat man festgestellt, dass die Öffentlich-
rivate Partnerschaft einen Kostenvorteil von 19 Prozent
it sich bringt. Dann wurde das Ganze gebaut. Es gab

in paar Probleme. Der Kostenvorteil betrug am Ende
2 Prozent. Durch diese wirtschaftliche Betätigung stan-
en der Stadt Schwarzenbek für Aufgaben der Daseins-
orsorge 3 Millionen Euro mehr zur Verfügung.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


s hat ein paar Nebenwirkungen gegeben, die wir hier
icht verschweigen wollen: Der Neubau der Schule war
üher fertig als geplant. Das ist etwas, was wir bei der
ommunalen Vergabe nicht täglich finden.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Leider wahr!)


ie Schülerzahlen steigen seitdem. Dafür gibt es einen
rund: Die Schule wurde als modernste Schule in Nord-
eutschland ausgezeichnet.


(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Na also! Geht doch!)


as ist ein Beleg von vielen, dass Öffentlich-Private
artnerschaften wirtschaftlich sein können. Durch dieses
parsame und effiziente Agieren können wir das Beste
us den Steuermitteln herausholen. Deswegen kann man
PP nicht so pauschal verunglimpfen, wie Sie das mit
rem Antrag versuchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich gibt es auch negative Beispiele. Ich will
tzt gar nicht darauf eingehen, dass sich Ihr Antrag
angefangen beim Redner über die Beispiele bis hin zu

en Debattenschwerpunkten – ausdrücklich mit Berlin
eschäftigt hat. Als jemand, der in Berlin nur einen
weitwohnsitz hat, will ich auch gar nicht die Berliner
ituation bewerten. Ich stelle einfach nur fest, dass ers-
ns in wenigen Monaten hier eine Landtagswahl statt-
ndet, dass zweitens ein spezifisches Berliner Problem
Vordergrund steht und dass sich drittens Berlin auf-

rund seiner Verhaltensweise nicht gerade in einer vor-
ilhaften Finanzsituation befindet.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Die Verschuldung Berlins in Höhe von 70 Milliarden
uro bedeutet eine Größenordnung, mit der sich der Sta-
ilitätsrat beschäftigen muss. Der Rechnungshof warnt
or Ihrem politischen Vorhaben der Rekommunalisie-
ng, weil das die Verschuldung noch weiter in die Höhe
eiben und den Menschen in Berlin damit noch mehr





Norbert Brackmann


(A) )


)(B)

Zukunftsperspektiven nehmen würde. Angesichts dessen
ist es schon ein Stück aus dem Tollhaus, dass Sie mit Ih-
rem Antrag den Deutschen Bundestag für den Berliner
Landtagswahlkampf missbrauchen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das sind schon griechische Verhältnisse, was der Wowereit da hat! – Gegenruf der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wer hat denn in Berlin so lange regiert und den Schlamassel verursacht!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit
komme ich zum Schluss. Bei ÖPP-Projekten handelt es
sich um Einzelfallentscheidungen, die jede Kommune
für sich selbst treffen muss. Warum soll der Bund die
Kommunen an dieser Stelle bevormunden? Dafür gibt es
überhaupt keinen Grund.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)


Darum rufe ich Ihnen zu: Die Menschen haben es ver-
dient, die Luft der Freiheit zu atmen. Das umfasst auch
die Freiheit, einzelfallbezogen selbst entscheiden zu dür-
fen, welche Form der Aufgabenerledigung für sie das
Beste ist. Der Geist der Freiheit ist es, der unser demo-
kratisches Gemeinwohl – –


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Der Geist der Freiheit ist nicht der Geist der Privatisierung!)


– Der Geist der Freiheit ist aber, darüber zu entscheiden,
ob man privatisieren will oder nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Wir wollen nicht den Geist volkseigener Betriebe, um
es auf den Punkt zu bringen. Finden Sie Ihren inneren
Frieden mit der Vergangenheit. Kommen Sie endlich in
der Gegenwart an. Dann haben Sie auch die Chance, da-
rüber nachzudenken, wie Sie die Zukunft für die Men-
schen gestalten wollen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711207200

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Tiefensee von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann!)



Wolfgang Tiefensee (SPD):
Rede ID: ID1711207300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte
meine Redezeit darauf verwenden, eine Antwort auf die
Frage zu geben, worum es eigentlich geht, wenn von
ÖPP – Öffentlich-Private Partnerschaften – die Rede ist,
und damit etwas mehr Klarheit schaffen. Außerdem
möchte ich dafür werben, dass wir – ähnlich wie es
meine Vorredner zum Teil gemacht haben – dieses In-
strument etwas differenzierter betrachten und den Kom-

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(C (D unen nicht ein Instrument aus der Hand schlagen, das ie dringend brauchen. Erstens. Wenn die Öffentlichkeit ÖPP hört bzw. Ihren ntrag liest, dann entsteht der Eindruck, es ginge bei Öfntlich-Privaten Partnerschaften um das Veräußern von nteilen kommunaler Unternehmen. Dem ist nicht so. as ist eine Begriffsverwirrung, die wir aufklären müs en. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Eine bewusste Täuschung!)


s ist eine Täuschung, ein Vermischen unterschiedlicher
achverhalte, was dazu führt, dass in der Öffentlichkeit
in falscher Eindruck entsteht und ein durchaus sinnvol-
s Instrument desavouiert wird.


(Beifall des Abg. Johannes Kahrs [SPD] – Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zweitens. Wir müssen darüber reden, warum die Kom-
unen überhaupt über derartige Instrumente nachden-

en. Das heißt, hinter unserer Debatte verbirgt sich die
rage, wie es um die Finanzausstattung der Kommunen
estellt ist und ob die öffentliche Hand genug Geld hat,
re Aufgaben wahrzunehmen. Da hilft es nicht, meine

ehr verehrten Damen und Herren von Schwarz-Gelb,
ass wir einerseits von starken Städten reden – bei Ihnen
on der Union –, andererseits vom teuren Schwächling
bei der FDP – und dann wieder die Gewerbesteuer

chleifen wollen oder mit einem sogenannten Wachs-
msbeschleunigungsgesetz den Kommunen pro Jahr

,4 Milliarden Euro entziehen und ihnen bei der Finan-
ierung von Projekten, die Arbeitsplätze schaffen, den fi-
anziellen Teppich unter den Füßen wegziehen.


(Iris Gleicke [SPD]: Das ist die Wahrheit!)


as verträgt sich nicht mit dem Thema, das wir heute
iskutieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jetzt zu den ÖPP. Meine sehr verehrten Damen und
erren von der Linken, sehr geehrter Herr Senator Wolf,
ich wundert es, dass Sie dieses Anliegen vertreten.
enn diejenigen, die sich mit den wirtschaftlichen Ver-
ältnissen der Kommunen auseinandersetzen, wissen,
ass wir dieses Instrument – maßvoll und unter ganz be-
timmten Kriterien und Restriktionen angewendet – drin-
end brauchen. Warum? Es geht darum, dass wir Investi-
onen oder Beschaffungen gemeinsam mit privaten
artnern vornehmen, wenn wir dadurch einen Nutzeffekt
aben.

Welches sind die Nutzeffekte? Ich will Ihnen ein Bei-
piel nennen, das Sie besichtigen und demzufolge auf
einen Wahrheitsgehalt hin überprüfen können. Es geht
m die Stadt Magdeburg und meinen sehr verehrten Kol-
gen Trümper, den sozialdemokratischen Oberbürger-
eister. Wie viele Oberbürgermeister stand er im Jahr

008 vor folgender Frage: Soll ich in den Schulen, Kin-
ertagesstätten und Sporthallen weiterhin notdürftig sa-
ieren, Flickschusterei betreiben, oder nehme ich mit
em Instrument der ÖPP 20 Schulen, Kindertagesstätten





Wolfgang Tiefensee


(A) )


)(B)

und Sporthallen auf einmal in Angriff, und – man höre –
schaffe eine grundlegende, auch energetische Sanierung
innerhalb einer Frist bis zum Jahre 2015? Das ist die Al-
ternative.

Jetzt kommen Sie und sagen: Dieses Instrument will
ich dem Oberbürgermeister aus der Hand schlagen. Das
ist schlecht. Wir sollten der Öffentlichkeit sagen, dass
ein solcher Antrag, würde er hier die Mehrheit finden,
dazu führen würde, dass es ein solch segensreiches Wir-
ken insbesondere für die Schülerinnen und Schüler nicht
geben würde.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Wie wäre es, die Finanzausstattung zu verbessern? – Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Es gibt den Wunsch zu einer Zwischenfrage.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711207400

Bitte schön.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711207500

Herr Tiefensee, als ehemaliger Oberbürgermeister

von Leipzig brauchen Sie nicht nach Magdeburg zu
schauen. Wir kommen beide aus Leipzig und haben dort
gemeinsam erlebt, wie die Stadtverwaltung – mit Zu-
stimmung der Mehrheiten, aber ohne unsere Stimmen
als PDS – zweimal beschlossen hat, die Stadtwerke teil-
zuprivatisieren. Wir haben gesehen, welcher Schaden für
die Stadt entsteht, wenn man privatisiert.

Können Sie mir zustimmen, dass eine Stadt wie Leip-
zig mit einem wahnsinnigen Investitionsstau, was die
Schulen, Kindergärten usw. betrifft, das nicht alleine
stemmen kann? Es liegt eigentlich in der Verantwortung
des Bundes und der Länder, dafür zu sorgen, dass die
Kommunen genug Geld bekommen, dass sie eine or-
dentliche Finanzausstattung haben, um diese Aufgaben,
die jetzt verfassungsmäßig ihre sind, erfüllen zu können.
Ohne eine ordentliche Finanzausstattung ist dies nicht
möglich.

PPP rechnet sich langfristig weder für Leipzig noch
für Magdeburg noch für andere Kommunen. Durch die
Gewinngarantien, die ausgesprochen werden, werden
die Städte immer weiter finanziell belastet. Ich denke, es
ist uns klar, dass sich Öffentlich-Private Partnerschaften
für die private Seite nur lohnen, wenn sie Gewinne
macht. Warum sollte man den Bürgerinnen und Bürgern
diese Gewinne entziehen? Warum sollte man den Städ-
ten die Möglichkeit entziehen, diese Gewinne, die man
nicht maximieren muss, –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711207600

Bitte kommen Sie zum Ende Ihrer Frage.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711207700

– im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt

einzusetzen statt für private Interessen?


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Welche Frage?)


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(C (D Frau Höll, Sie hätten Ihrem Senator nicht so viel Re ezeit geben sollen, dann hätten auch Sie hier regulär die öglichkeit zu einem Redebeitrag gehabt. Ich will Ih en auf Ihre drei, vier Fragestellungen sehr gern antworn. Erstens. Wir sind uns bezüglich der Finanzausstattung er Städte einig; das habe ich deutlich gemacht. Ich tehe dafür. Meine Fraktion und meine Partei stehen dar. Wir sind eine Partei, die aus den Städten kommt, die us der schwierigen Situation in den Städten im ausgeenden 19. Jahrhundert entstanden ist. Dies ist also eines nserer Urthemen. Wir stehen dafür, dass die öffentliche and, ein aktiver Staat, dafür Sorge tragen muss, dass ie Kommunen ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge für ie Bürger erledigt bekommen. Außerdem fragten Sie nach der Privatisierung der nergieunternehmen, speziell in Leipzig. Ich muss festtellen: Sie sind wieder dabei, beide Themen zu vermichen. Ich möchte die Öffentlichkeit und uns alle bitten, as nicht zu tun. Wir reden hier über das Thema ÖPP. Dennoch will ich Ihnen die Antwort auf Ihre Frage icht schuldig bleiben. Sie erwischen damit nämlich gede den Falschen. Während meiner Dienstzeit als Ober ürgermeister von Leipzig von 1998 bis 2005 hat die ekommunalisierung der Energieunternehmen stattgenden. Lassen Sie uns über die Frage, unter welchen edingungen die Privatisierung von Anteilen nötig ist, in anderes Mal diskutieren. Wir müssen nämlich zwichen der Aufgabenverantwortung einerseits und einer rledigungsbzw. Erfüllungsverantwortung anderereits unterscheiden. Das geht bei Ihnen aber munter urcheinander. Wir sehen es so: Die öffentliche Hand wird niemals ie Aufgabenverantwortung für die öffentliche Daseinsorsorge aus der Hand geben dürfen. Aber sie darf sich ei der Erfüllung dieser Aufgabe durchaus Privater beienen. Wir sind nicht der Auffassung, dass Private, zum eispiel ein kleiner Handwerksbetrieb oder der Zusamenschluss von Handwerksbetrieben, zu verteufeln sind. uch sie gehören zu unserer Gesellschaft. Im Übrigen rbeiten auch diese Betriebe im Interesse des Gemeinohls. Aus diesem Grund gehören auch sie zu diesem omplex. Frau Höll, jetzt dürfen Sie sich setzen; denn ich fahre meiner Rede fort. Ich würde gern zu der Frage „Wieso fließen die Geinne in die Taschen der Gesellschaften?“ Stellung nehen. Ich möchte, auch am Beispiel von Magdeburg, auf ie Vorzüge von PPP zu sprechen kommen und deutlich achen, dass sich diese Partnerschaften am Ende auch r die Kommunen rechnen. Was ist der erste Vorteil? Die Kommunen erstellen usammen mit den Privaten das Portfolio für eine zu istende Investitionsaufgabe, und zwar in einer Transarenz, die beispielhaft ist. Ich kenne kaum Vorhaben Wolfgang Tiefensee )

Wolfgang Tiefensee (SPD):
Rede ID: ID1711207800

(Beifall bei der SPD)





(A) )

der öffentlichen Hand, die derart transparent sind. Der
erste Vorteil ist also die Transparenz.

Zweitens. Die Aufgabe wird schneller erledigt als
ohne PPP. Das heißt im Klartext, dass Kinder und Ju-
gendliche – um beim genannten Fall zu bleiben – schnel-
ler den Nutzen davon haben, dass die Gebäude saniert
worden sind.

Drittens. Es kommt zu einer Ersparnis; denken Sie
nur an die energetische Sanierung.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Richtig!)


Die öffentlichen Haushalte werden saniert, indem lau-
fende Kosten minimiert werden. Schließlich arbeiten die
Kommunen mit Partnern zusammen, die die jeweilige
Aufgabe ständig erledigen. Die Gesellschaften, die Part-
ner der Kommunen sind, sind dafür prädestiniert, wäh-
rend insbesondere manch kleine Gemeinde solche Leis-
tungen über Jahre hinweg nicht erbracht hat und erst in
die Lage versetzt werden muss, dies zu tun. Die Privaten
können diese Leistungen im Verbund mit der öffentli-
chen Hand besser erbringen.

Im Übrigen werden im Rahmen von PPP auch kleine
Unternehmen angesprochen. Sehen Sie sich das Magde-
burger Modell an: Es fand eine europaweite Ausschrei-
bung statt, in vier Tranchen wurden 20 Schulen saniert,
und das Verfahren war transparent. Durchgesetzt hat sich
die SALEG Sachsen-Anhaltinische Landesentwick-
lungsgesellschaft mbH. Die Finanzierung, Frau Höll,
wurde übrigens von einer Bank aus Bremen und – man
höre und staune – der Sparkasse Magdeburg übernom-
men, die, wie ich glaube, nicht im Verdacht steht, die
Rendite in die eigene Tasche zu stecken. Hier ist also ein
äußerst transparentes, sinnvolles Verfahren angewandt
worden. Die Risiken werden von den Privaten getragen
– Geld wird erst dann gezahlt, wenn die Sanierung er-
folgt ist –, und den Nutzen der Sanierung haben die Kin-
der und Jugendlichen.

Meine Damen und Herren, das ist beste Arbeit. Ich
betone aber: An anderer Stelle kann es durchaus sinnvoll
sein, sich gegen Public-private-Partnerships zu entschei-
den. Meine herzliche Bitte an Sie lautet: Vermischen Sie
nicht die Themen, und schlagen Sie den Kommunen die-
ses sinnvolle Instrument nicht aus der Hand. Es ist gut.
Wir wollen es stärken, wenn es maßvoll und am richti-
gen Ort eingesetzt wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711207900

Das Wort hat der Kollege Florian Toncar von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1711208000

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Zum Antrag der Linken ist bereits

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(C (D ieles gesagt worden. Mir ist in der Debatte aufgefallen, ie sehr sich auch Parteien, die eigentlich eher zur Mitte es politischen Spektrums gehören, an der Formulierung Privat vor Staat“ abgearbeitet haben. Der Kollege ahrs von der SPD sagte dazu, das sei eine extreme Forulierung, und die Kollegin Haßelmann hat in ihrer ede geäußert, „Privat vor Staat“ sei quasi eine ideologi che Aussage. (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Ich will noch einmal daran erinnern, dass letzten En-
es alle Freiheiten, die unsere Verfassung gewährt, dem
taat zunächst einmal vorgehen. Natürlich darf jeder
ürger in Deutschland jeden Beruf ergreifen, den er er-
reifen möchte. Natürlich darf jeder Bürger in Deutsch-
nd in jeder Branche als Selbstständiger oder als Unter-
ehmer tun, was er möchte, solange es eine legale
ätigkeit ist. Das ist „Privat vor Staat“. Das ist letzten
ndes eine der Grundaussagen unseres Grundgesetzes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist völlig klar, dass der Staat aus guten Gründen
reiheiten einschränken darf, auch die Freiheit zur wirt-
chaftlichen Betätigung, aber er darf es eben nicht will-
ürlich tun, sondern er muss es rechtfertigen. Er muss
afür zwingende öffentliche Gründe haben.

Ihre Aussage, „Privat vor Staat“ sei extrem, Herr Kol-
ge Kahrs, bietet mir eigentlich eher Anlass, Sie zu fra-
en, ob Sie nicht einmal Ihren Standpunkt überprüfen
ollten; denn das ist etwas, was auf der Grundlage unse-
r Verfassung so nicht haltbar ist.

Die Grünen müssen sich fragen lassen, ob ihre Aus-
age, „Privat vor Staat“ sei Ideologie, eigentlich auch
ilt für Themen wie die Vorratsdatenspeicherung oder
ie Meinungsfreiheit im Internet.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden über was ganz anderes! Es geht um Daseinsvorsorge! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden über Kommunen!)


ehen Sie das da auch so, oder gilt da die Regel „Privat
or Staat“ nicht ganz genauso? Wer das als Ideologie be-
eichnet, legt letzten Endes eine opportunistische Hal-
ng gegenüber Grundrechten an den Tag. Eine Partei,

ie diese Auffassung vertritt, ist eigentlich keine Bürger-
chtspartei mehr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Niemand, keine Kommune, kein Land, ist gezwun-
en, eine Öffentlich-Private Partnerschaft einzugehen.
as ist eine freiwillige Entscheidung, die eine Kom-
une treffen kann. Wo das geschieht, entscheiden die
erantwortlichen im Stadtrat, im Kreistag, wo auch im-
er, dass es offenkundig im Sinne der Bürger, im Sinne

er Kommune besser ist, einen privaten Partner herein-
uholen, weil es etwa den Bürgern am Ende Vorteile
ringt, weil es vielleicht günstiger ist, es so zu machen,





Florian Toncar


(A) )


)(B)

weil vielleicht der Service besser ist oder weil man mit
einem Spezialisten zusammenarbeiten möchte, der eine
bestimmte Dienstleistung tagtäglich erbringt. Es ge-
schieht übrigens auch in der freien Wirtschaft, dass man
sich für bestimmte Aufgaben Spezialisten von außen da-
zukauft. Das ist nichts, was es nur beim Staat gibt. Es ist
oft genug sinnvoll, entweder unter Kostengesichtspunk-
ten oder unter Qualitätsgesichtspunkten.

Öffentlich-Private Partnerschaften erlauben den
Kommunen in der Regel eine sichere Kalkulation der
Kosten. Man kann aufgrund der Verträge ein paar Jahre
im Voraus sehen, was es kostet, und kann die Haushalte
natürlich besser planen. Letzten Endes kann sich eine
Kommune, wenn sie sich für ein solches Modell ent-
scheidet, von unternehmerischen Risiken befreien. Sie
trägt dann bestimmte Risiken nicht mehr, etwa bei Per-
sonalkosten, Rohstoffkosten, Sachkosten, Baustoffkos-
ten, was auch immer, sondern hat einen Vertrag, und be-
stimmte unternehmerische Risiken lasten dann am Ende
auf dem Privaten.

Es gibt also gute Gründe dafür, sich für solche Mo-
delle zu entscheiden. Es ist jeder Kommune unbenom-
men, das zu tun. Es obliegt sicher nicht dem Deutschen
Bundestag, den Kommunen das zu untersagen oder zu
erschweren. Sie sollen die Möglichkeit und Freiheit ha-
ben, dieses Instrument zu nutzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Antrag der Linken enthält die Aussage – darauf
möchte ich eingehen –, dass die öffentliche Aufgaben-
erfüllung dem Gemeinwohl diene und die private Aufga-
benerfüllung nicht dem Gemeinwohl diene. Ich glaube,
dass das eine Schwarz-Weiß-Betrachtung ist, dass das
vielleicht auch eine etwas naive Sicht auf staatliche
Strukturen bedeutet. Auch staatliche Strukturen können
ein gewisses Eigeninteresse entwickeln, das sich vom
Allgemeinwohl abkapselt. Bei öffentlichen Unterneh-
men ist es oft genug so, dass die politischen Entschei-
dungsträger unter Druck gesetzt werden, zum Beispiel
bestimmte Strukturveränderungen nicht durchzuführen,
Stellenabbau oder anderes nicht zu betreiben. Man lässt
das einfach laufen, weil der politische Druck zu groß ist.
Niemand, der in politischer Verantwortung ist, handelt
gern gegen solchen Druck.

Öffentliche Unternehmen bergen sicher immer die
Gefahr, dass deren Themen und deren wirtschaftliche
Fragen in Wahlkämpfe, in politische Auseinandersetzun-
gen gezogen werden. Deswegen sind sie oft langsamer,
wenn es darum geht, sich an neue Entwicklungen auf
dem Markt anzupassen.

Letzten Endes muss man natürlich auch sehen, dass
öffentliche Unternehmen zum Teil auch völlig sach-
fremd eingesetzt werden; ich glaube, wir alle kennen
Beispiele dafür. Da werden Leute in Führungspositio-
nen, etwa als Geschäftsführer, untergebracht, nicht auf-
grund ihrer Qualifikation oder Leistung, sondern eher
aufgrund bestimmter politischer Vorlieben. Das kann
passieren, und dafür gibt es Beispiele.

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(C (D Es ist also beileibe nicht so, dass die öffentliche Aufabenerfüllung immer nur im Interesse des Gemeinohls ist. Zum Teil dient sie schlicht und einfach anden Interessen, und der Verbraucher und Bürger muss es m Ende über Gebühren oder Entgelte bezahlen. Auch eshalb besteht Skepsis gegenüber öffentlichen Unterehmen, und zwar da, wo sie so eingesetzt oder missraucht werden. Deswegen ist es auch immer besser, egal ob es um ine öffentliche oder eine private Aufgabenerfüllung eht – zum Beispiel bei den Busverkehren oder bei der ntsorgung –, wenn derjenige, der beispielsweise die onzession hat, die Abfallentsorgung in einem Gebiet u übernehmen, weiß, dass er, wenn er mit den Kosten icht mehr mithalten kann oder wenn jemand auftaucht, er das besser oder billiger machen kann, den Auftrag s ist. Was wäre denn los und welche Gebühren müssn die Bürger im Abfallbereich zahlen, wenn ein komunaler Versorger ohne Grenzen und Beschränkungen uf alle Zeiten das Recht hätte, die Entsorgung zu überehmen? Der müsste sich nicht mehr darum kümmern, ie Gebühren zu senken und die Qualität zu verbessern. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es! Sehr gut!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


uch wenn es dafür Gründe gibt und es weiterhin mög-
ch sein wird, dass Kommunen die Entsorgung überneh-
en – das wird sogar der Regelfall sein –, ist es gut und
Interesse der Bürger, dass ein kommunaler Betrieb,

enn er nicht mehr wettbewerbsfähig ist und den Bür-
ern kein gutes Angebot machen kann, den Druck von
rivater Seite zu spüren bekommt. Das halte ich aus
icht der Bürger und Gebührenzahler für richtig.


(Beifall bei der FDP)


Natürlich muss man – das ist mein letzter Gedanke
ierzu – bei all diesen Themen, egal ob man eine Re-
ommunalisierung, eine kommunale Aufgabenerfüllung
der eine Öffentlich-Private Partnerschaft will, auf die
ertragsgestaltung achten. Selbstverständlich ist es am
nde eine Frage der Konditionen. Wenn man, wie Sie
ffenbar als Regelfall unterstellen, einen Vertrag voraus-
etzt, der für einen Investor tatsächlich eine Lizenz zum
elddrucken ist, würde ich einer solchen Vereinbarung

ls Kommunalpolitiker auch nicht zustimmen. Aber es
egt in der Verantwortung der kommunalen Mandatsträ-
er vor Ort, Verträge mit privaten Partnern so abzu-
chließen, dass sie im Interesse der Kommunen liegen
nd Vorteile bringen. Wenn Private mit der Erfüllung
on Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge betraut
erden sollen, müssen die Verantwortlichen in den
ommunen die Ausschreibung so gestalten, dass öffent-
chen Interessen damit gedient ist.

Insofern glaube ich, dass der Antrag grundsätzlich in
ie falsche Richtung geht. Die FDP bekennt sich dazu,
ass Öffentlich-Private Partnerschaften ein sinnvolles
strument sein können und Aufgaben der Daseinsvor-

orge nach einer sinnvollen Ausschreibung im fairen
ettbewerb auch von Privaten erbracht werden können.


(Beifall bei der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711208100

Das Wort hat der Kollege Ernst Hinsken von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1711208200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich betrachte es nicht als feinen Stil, wenn man als Berli-
ner Senator in den Bundestag kommt, als Antragsteller
eine elfminütige Rede hält und dann, nachdem sie wahl-
kampfbetont herübergebracht wurde, von dannen zieht
und die Kolleginnen und Kollegen, die auch etwas dazu
zu sagen haben, nicht mehr anhört.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bitte geben Sie das an Herrn Senator Wolf weiter.

Meine Damen und Herren, ich habe mich mit diesem
Antrag intensiv auseinandergesetzt. Ich habe alle
35 Fragen gelesen, die Antworten genau studiert und bin
zu einigen Ergebnissen gekommen, die ich Ihnen heute
nicht vorenthalten möchte. Deshalb sage ich eingangs:
Der Grundsatz, so viel Privat wie irgend möglich, und
nur so viel Staat, wie unbedingt erforderlich, gilt nicht
nur für die FDP; für diesen Grundsatz steht auch meine
Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linken:
Sie haben – das zeigt Ihr Antrag – nichts dazugelernt. Zu
viel Staat macht die Wirtschaft kaputt. Dafür gibt es ak-
tuelle Beispiele. Schauen Sie einmal nach Griechenland:
Hier arbeitet jeder vierte Erwerbstätige beim Staat. In
der Bundesrepublik Deutschland ist es zurzeit jeder
Vierzehnte. Dazwischen klafft also eine riesengroße Lü-
cke, und da kommen Sie mit Ihrem Antrag und wollen
Verstaatlichungsorgien feiern. Meine Damen und Her-
ren, da machen wir nicht mit.


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)


Sie gehen von dem Ansatz aus, dass der Unternehmer
zu verteufeln ist und dass die Devise „Staat, Staat, Staat;
es gibt nichts Besseres“ immer in den Vordergrund ge-
stellt werden muss. Wir lassen uns von ganz anderen
Vorstellungen leiten und ziehen vor allen Dingen Konse-
quenzen daraus, dass Ihre Vorgänger dies 40 Jahre in der
DDR praktiziert haben und jetzt festgestellt werden
muss, wohin der Zug ging, nämlich in den „Bahnhof
Bankrott“. Auch das ist nicht von der Hand zu weisen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Ist der unterirdisch oder oberirdisch?)


Es zeigt sich, dass Ihre Wahlprogramme und Ihr
Wahlprogrammentwurf alle linken Ladenhüter beinhal-
ten – bis hin zur Überführung von Schlüsselbereichen
der Wirtschaft in Gemeineigentum und zur Verstaatli-
chung auch anderer Bereiche. Wieder kommt zum Aus-
druck: Sie wollen eine andere Gesellschaft.

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(C (D (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Kommunales Eigentum ist keine andere Gesellschaft!)


ier unterscheiden sich unsere Ansichten fundamental
on dem, was Sie hier fordern. Pauschale Rekommunali-
ierungen können nicht im Interesse der Allgemeinheit
ein. Deshalb setzen wir von der Union auf PPP bzw.
PP.

Wir wollen verstärkt privates Kapital akquirieren. Für
ns sind neue, innovative, effizienzsteigernde und damit
ostensparende Beschaffungsmethoden erforderlich, mit
enen die Pflichtaufgaben des Staates finanziert und ab-
ewickelt werden können.

Schon in der Großen Koalition haben wir die Rah-
enbedingungen hierfür verbessert. Diese Rahmenbe-

ingungen – ich möchte an das anknüpfen, was Herr
ollege Tiefensee soeben gesagt hat – haben sich zwi-

chenzeitlich auch in Deutschland bewährt. Von 2002
is 2010 wurden Investitionen in Höhe von gut 5,9 Mil-
arden Euro getätigt: vom Bund über 2 Milliarden Euro,
on den Ländern 1,5 Milliarden Euro und von den Kom-
unen 2,4 Milliarden Euro.

Das Potenzial ist immer noch groß. Derzeit befinden
ich über 100 größere Projekte in der Ausschreibung und
orbereitung. Das ist gut so; denn richtig durchgeführte
PP- bzw. ÖPP-Projekte führen erstens zur Entlastung
er öffentlichen Haushalte, zweitens zu einer niedrigeren
taatsquote, drittens zur Verbesserung des Standortes
eutschland, viertens zu Wachstums- und Beschäfti-
ungsimpulsen, fünftens zur Mobilisierung von priva-
m Kapital, sechstens zur Umsetzung von Projekten, die

nsonsten nicht realisiert werden könnten, und siebtens
ur Freisetzung weiterer Investitionen. Wir alle, der
taat, die Betriebe und die Bürger, profitieren davon.
as sollte auch heute als Botschaft mit hinausgehen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, klar ist aber
uch: PPP ist kein Allheilmittel für die Bewältigung der
chwierigen Haushaltslage, aber unbestritten ergibt sich
in Effizienzvorteil. Zudem kann der Staat die benötig-
n Güter oder Projekte mit PPP meist schneller, günsti-
er und in höherer Qualität für den Bürger bereitstellen.
as Einsatzspektrum für diese Programme ist breit, zum
eispiel in den Bereichen Infrastruktur, öffentliche Bau-
n, Verkehr, Kultur und Forschung.

Lassen Sie uns alle einmal über den Tellerrand und
ie Landesgrenzen hinausschauen und sehen, wie die
achbarländer das machen. PPP hat sich in ganz Europa
ewährt, und die Erfahrungen zeigen: Mit diesem Pro-
ramm können Infrastrukturprojekte schneller und kos-
ngünstiger realisiert werden. Hier können wir lernen.
llein 2010 hatte Public-Private Partnership in Europa

in Volumen von 18,3 Milliarden Euro. Deutschland be-
gt den achten Platz. Hier ist, anders als Sie meinen,

lso noch viel Luft nach oben drin.

Wir wollen PPP nicht nur auf den Transportbereich,
ie Verkehrsinfrastruktur fokussieren. 2010 haben des-
alb die Investitionen durch PPP in anderen Bereichen
ereits über die Hälfte ausgemacht. Die Erfolge sind
norm und überall zu sehen: Straßen, Brücken, Schulen,
üros, Krankenhäuser, aber auch sozialer Wohnungs-





Ernst Hinsken


(A) )


)(B)

bau, Luftraumüberwachung und sehr vieles mehr. Sie
alle wurden und werden über dieses Programm abgewi-
ckelt.

Statt wie Sie von der Linken PPP zu verteufeln, ist es
meiner Meinung nach vielmehr erforderlich, dass sämtli-
che Rahmenbedingungen für PPP-Programme verbessert
und Hemmnisse abgebaut werden. Wir wollen mehr
Aufgaben durch private Unternehmer erledigen lassen
und dadurch dringend notwendige Arbeitsplätze schaf-
fen und zudem die Infrastruktur verbessern.

Wir meinen auch – das sollte gerade in dieser Debatte
zum Ausdruck kommen –: Mittelstand und PPP gehören
zusammen. Der Mittelstand profitiert sehr stark davon.
Dieses System stärkt die regionale Wirtschaft. Im
Durchschnitt entfallen 83 Prozent des Auftragswertes
auf mittelständische Unternehmen.

Richtig ist, dass unabhängig von einer Beteiligung auf
der Nachunternehmerebene mittelständische Unterneh-
men und Handwerksbetriebe als direkte Partner an
solchen Projekten beteiligt werden. Dabei dürfen Öffent-
lich-Private Partnerschaften bisherige Investitionsvorha-
ben des Staates nicht ersetzen. Ziel muss es deshalb sein,
das Investitionsvolumen insgesamt zu erhöhen und die
Wirtschaft das machen zu lassen, was sie besser kann als
der Staat.

Die einzelnen Projekte, die von den Vorrednern ge-
nannt worden sind, haben das bereits eindrucksvoll zum
Ausdruck gebracht. Ihr Antrag kommt aus der alten
Mottenkiste. Ich schätze Sie persönlich, Frau Kollegin
Lötzer; Sie haben anscheinend nicht daran mitgewirkt,
sonst wäre nicht so etwas herausgekommen.

Ich meine, Sie liegen damit völlig falsch. Gehen Sie
in sich! Ziehen Sie Konsequenzen! Werfen Sie den An-
trag in den Papierkorb und seien Sie bereit, unsere Argu-
mente zu würdigen! Denn sie sind tausendmal besser als
das, was Sie mit Ihrem Antrag bewirken wollen.

In diesem Sinne herzlichen Dank für die Aufmerk-
samkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711208300

Das Wort hat der Kollege Bernd Scheelen von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Bernd Scheelen (SPD):
Rede ID: ID1711208400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Es ist faszinierend, wie viel Lärm vier Personen er-
zeugen können: Vielen Dank für den Applaus.


(Johannes Kahrs [SPD]: Du hast ihn ja verdient!)


– Das wird sich zeigen.

Der Kollege Toncar hat daran Anstoß genommen,
dass mein Kollege Kahrs das Mantra von Schwarz-Gelb
„Privat vor Staat“ als Ideologie bezeichnet hat.


(Johannes Kahrs [SPD]: Was es ja ist!)


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(C (D h will das unterstreichen: Es ist Ideologie. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s ist eine Ideologie, die krachend gescheitert ist. Sie ist
diesem Jahr in Baden-Württemberg krachend geschei-
rt, und sie ist insbesondere vor einem Jahr in Nord-
ein-Westfalen krachend gescheitert. „Insbesondere“

age ich deswegen, weil es im Landtagswahlkampf in
ordrhein-Westfalen darum ging, gerade diese Ideologie
ieder auszuhebeln. Die Bürger haben ein Mandat dafür
egeben, das alles zurückzudrehen, was Schwarz-Gelb
nter der Ideologie „Privat vor Staat“ in Nordrhein-
estfalen angerichtet hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben nämlich den öffentlichen Unternehmen
esseln angelegt, die ihnen sozusagen einen Tod auf Ra-
n garantiert hätten. Sie haben ihnen nicht mehr als den
tatus quo garantiert. Sie haben ihnen durch die Ände-
ng des § 107 der Gemeindeordnung jede Entwick-
ngsmöglichkeit genommen.

Das alles haben wir mit der neuen rot-grünen Koali-
on wieder zurückgedreht, und das ist in Nordrhein-
estfalen sehr begrüßt worden. Die Bürger finden das

brigens sehr gut, weil sie gerade zu den kommunalen
nternehmen großes Vertrauen haben. Befragungen ha-
en ergeben, dass über 61 Prozent der Bürger ihnen viel
ehr trauen als anderen Unternehmen.

Uns geht es nicht darum, für die öffentlichen Unter-
ehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber den privaten zu
enerieren. Das ist nicht der Ansatz. Wir wollen viel-
ehr Wettbewerbsgleichheit. Das ist das Ziel, das wir

rreichen wollen. Wir wollen, dass öffentliche Unterneh-
en die gleichen Chancen am Markt haben wie private
nternehmen.

Wer die Faktenlage kennt, weiß, dass sich öffentliche
nternehmen in der Regel sowieso privater Unterneh-
en bedienen, weil sie ihre Aufgaben nicht komplett al-
in erfüllen können. Sie wissen sicherlich, in welchem
aße das örtliche Handwerk von den Stadtwerken lebt.
ie Auftragslage dort wäre ganz anders, wenn die Stadt-
erke die Entfaltungsmöglichkeiten, die sie heute in
ordrhein-Westfalen wieder haben – in anderen Ländern
t es leider noch nicht so weit –, nicht hätten.

Insofern ist es eine Ideologie. Ich will es Ihnen an-
and Ihres Koalitionsvertrages entgegenhalten.


(Johannes Kahrs [SPD]: An den werden sie ungern erinnert!)


uch wenn Sie sich nicht immer daran halten, sollte man
n lesen. Darin wird die Ideologie deutlich beschrieben.
um Thema Verkehr steht im Koalitionsvertrag:

Aufgabe der Privatwirtschaft ist es, Personenver-
kehr, Gütertransport und Logistik zu betreiben.

ann heißt es weiter:

Aufgabe des Staates ist es, eine zukunfts- und leis-
tungsfähige Infrastruktur zu garantieren …





Bernd Scheelen


(A) )


)(B)

Was heißt das denn übersetzt? Das heißt, der Staat ist der
Büttel derjenigen, die Gewinne machen. Der Staat muss
alles leisten, darf aber selber nicht an Gewinnen beteiligt
werden. Dafür sind die Privaten zuständig. Das ist nicht
unsere Ideologie.

Zum öffentlichen Personennahverkehr schreiben Sie
ganz unverblümt:

Dabei werden wir den Vorrang kommerzieller Ver-
kehre gewährleisten.

Wer sich mit kommerziellen Verkehren in Städten aus-
einandersetzt, der weiß, dass – als Folge der Privatisie-
rung – die betreffenden Unternehmen Dumpinglöhne
zahlen und trotzdem die Fahrpreise steigen. In diese
Richtung wollen wir nicht gehen. Aber das ist die Ideo-
logie, die Sie in Ihrem Koalitionsvertrag ganz unver-
blümt niedergeschrieben haben.

Ich komme auf den Antrag der Linken zurück. Der
Grundsatz „Privat vor Staat“ hat allerdings nichts mit
PPP zu tun. Ich glaube, da haben Sie – darauf haben
schon einige Redner hingewiesen – einiges durcheinan-
dergeworfen. Man sollte vielleicht der Öffentlichkeit er-
klären, was eine Öffentlich-Private Partnerschaft – ÖPP
oder auf Englisch PPP – eigentlich ist. Was kann man
sich darunter vorstellen? Die Grundüberlegung ist, dass
die öffentliche Hand und private Unternehmen auf Au-
genhöhe miteinander verhandeln und einen Vertrag für
ein Objekt schließen. Der Kollege Tiefensee hat vorhin
Beispiele aus dem schulischen Bereich genannt. In vie-
len Landesteilen der Republik lässt sich nachweisen,
dass diese Partnerschaften funktionieren.

Wie geht das genau? Viele Kommunen stehen vor
dem Problem, dass die Schulen marode sind. Das kennen
Sie alle sicherlich aus Ihren Heimatgemeinden. Wenn je-
mand eine Kommune kennt, in der die Situation besser
ist, der sage mir bitte Bescheid. Die rund 75 Schulen in
meiner Heimatgemeinde sind jedenfalls fast alle in ir-
gendeiner Form renovierungsbedürftig. Der Investitions-
bedarf beträgt grob geschätzt 150 Millionen bis 200 Mil-
lionen Euro. Wenn eine Kommune nun etwas für
Bildung tun und das schulische System verbessern will,
dann müsste sie eigentlich das dafür notwendige Geld
auf dem Kapitalmarkt aufnehmen und es sofort investie-
ren. Das könnte sie, wenn sie es denn dürfte. Aber so
viel Kapital darf in der Regel keine Kommune aufneh-
men. Da sind Regularien davor, die eine solche Kredit-
aufnahme verhindern. Selbst wenn die Kommune es
dürfte: Was würde sie dann machen? Sie würde ihre Pla-
nungs- bzw. Architekturabteilung beauftragen, Pläne zu
erarbeiten. Man darf aber nicht vergessen, dass die meis-
ten Kommunen in den letzten 20 bis 30 Jahren diese Ab-
teilungen abgebaut haben. Diese müssten also Private
mit der Planung beauftragen. Wenn die Planungen durch
die parlamentarischen Gremien durch sind, würde die
Kommune private Unternehmen beauftragen, das ent-
sprechende Projekt zu realisieren, und zwar mit dem
Geld, das sich die Kommune – sofern sie es denn darf –
zuvor geliehen hat. Das ist bisher der klassische Weg.

Eine PPP funktioniert wie folgt: Ein Privater stellt das
notwendige Geld zur Verfügung, realisiert nach Abspra-

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(C (D he mit der Kommune das Projekt – darüber werden Veräge geschlossen; entscheidend ist die Vertragsgestalng – und betreibt das Projekt so lange, wie es der ebenszyklus vorsieht. Das ist Teil der Leistung. Der nterschied zwischen einer PPP und der klassischen Vaante ist die Lebenszyklusbetrachtung. Wenn wir ehrlich ind, müssen wir zugeben, dass die kommunalen Räte en Lebenszyklus nicht immer im Blick haben. Bei einer PP wird ein Objekt mit allen seinen Kosten bis zum nde nach etwa 25 oder 30 Jahren betrachtet. Diese Kosn werden berechnet. Die Kommune mietet das Objekt u einem festen Satz und hat immer ein funktionierendes bjekt. Nach 25 oder 30 Jahren geht es in ihren Besitz ber. Das ist PPP. Das ist kein Allheilmittel. Jede Kommune muss für sich entscheiden, ob sie ein rojekt so angehen will und angehen kann. Wir sind jeenfalls nicht bereit, dieses Instrument – es kann sinnoll sein, muss es aber nicht – einfach zu beseitigen. Ihr ntrag liefe aber darauf hinaus, dieses Instrument abzu chaffen. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass die ommunen in der Lage sind, selber zu entscheiden, ob PP für sie ein sinnvolles Modell ist. Sie behaupten in Ihrem Antrag, die PPP Deutschland G werde nur vom Bund und von Wirtschaftsunternehen betrieben. Das ist nicht richtig. Bund, Länder und ommunen halten einen Anteil von 57 Prozent, während ie private Wirtschaft einen Anteil von 43 Prozent hält. as heißt, Kommunen, die wollen, haben die Möglicheit, einzugreifen. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel ibt es eine Taskforce für PPP. Das Finanzministerium at ein Beratungsinstitut errichtet, das Kommunen berät, ie dieses Instrument nutzen wollen. Wir halten das für en richtigen Weg. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag b. Vielen Dank. Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt rteile ich nun das Wort dem Kollegen Christian von tetten von der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her n! Der heute von der Linksfraktion eingebrachte Anag fordert in seiner Überschrift eine Beschleunigung er Rekommunalisierung und einen Stopp der Öffentch-Privaten Partnerschaften. Wenn man allerdings den ntrag genau liest, dann wird deutlich, dass das, was Sie eute hier einfordern, im Prinzip ein Generalangriff auf ie kleinen Handwerker, die kleinen Dienstleister und ie Kleinstunternehmen in den Städten und Gemeinden t. (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: So ein Unsinn! Sämtliche Studien belegen, dass kleine Handwerker dadurch Vorteile haben!)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1711208500

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Frhr. Christian von Stetten (CDU):
Rede ID: ID1711208600





Christian Freiherr von Stetten


(A) )


)(B)

Frau Kollegin, Sie fordern – es wurde bereits erwähnt –
unter anderem eine Änderung der Gemeindeordnung da-
hin gehend, dass die Einschränkung der wirtschaftlichen
Betätigung von Kommunen aufgehoben werden soll. Es
ist doch genau diese Regelung, die die Kleinstunterneh-
mer, die Handwerker in unseren Kommunen schützt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Richtig!)


Wenn Sie nun das tun, was wir als verantwortliche Poli-
tiker nicht tun sollten, nämlich den kleinen Handwerkern
und den kleinen Gewerbetreibenden diesen Schutz neh-
men, dann nehmen Sie denen auch noch die Arbeit. Das
sollte nicht im Sinn aller hier im Hause und auch nicht
Ihrer Fraktion sein. Dieser Schutz hat sich bewährt, und
den werden wir auch weiterhin geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nun möchte ich einmal die rot-grüne Bundesregie-
rung für einen Gesetzentwurf aus dem Jahr 2005 loben.


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist immer gut!)


Ihr habt damals – das war einer der letzten Gesetzent-
würfe, die Rot-Grün im Bundestag verabschiedet hat –
einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung der Öffentlich-
Privaten Partnerschaften eingebracht. Diesen Gesetzent-
wurf haben wir von CDU/CSU-Seite wohlwollend be-
gleitet. Obwohl wir in der Opposition waren, haben wir
mitgeholfen, diesen Gesetzentwurf im Bundestag zu ver-
abschieden.


(Johannes Kahrs [SPD]: Ihr habt euch enthalten!)


– Wir haben uns enthalten – da hast du völlig recht –,
weil es ein Schritt in die richtige Richtung war, aber es
noch weitere Punkte gab, die wir aufnehmen wollten.
Wenn sich aber eine Opposition während eines Bundes-
tagswahlkampfs dazu durchringt, das Gute in einem Ge-
setzentwurf positiv zu bewerten, dann ist das sicherlich
zu begrüßen.

Dieses Gesetz, das 2005 verabschiedet wurde, wollen
Sie ausweislich Ihres Antrags aus ideologischen Grün-
den abschaffen.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Aus praktischen Gründen!)


Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir hier selbst-
verständlich nicht mitmachen werden.

Aus Ihrem Antrag wird deutlich, dass Sie das Unter-
nehmensrecht verändern wollen. Zum Beispiel wollen
Sie das Aktienrecht dahin gehend ändern, dass in Zu-
kunft für die von Kommunen entsandten Aufsichtsräte in
Aktiengesellschaften und gemeinwirtschaftlichen Unter-
nehmen nicht mehr das gilt, was heute noch Gesetz ist.
Heute ist im Gesetz geregelt, dass die Aufsichtsräte zum
Wohl des Unternehmens Entscheidungen treffen sollen,
also auch zum Wohl der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
ter. Das wollen Sie nun ändern, und zwar so, dass in Zu-
kunft die Aufsichtsräte zuerst dem Gemeinwohl, also
den kommunalen Interessen, verpflichtet sind. Sie haben
die Funktion der Aufsichtsräte überhaupt nicht verstan-
den. Sie fordern keine Rekommunalisierung, sondern

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(C (D as ist eine Renaissance des Sozialismus, und das wollen ir hier im Parlament nicht beschließen. Ich möchte nun noch ein weiteres Thema aufgreifen, a ich glaube, dass das Gegenteil von dem, was Sie hier eschreiben, der Fall sein wird. Ich bin fest davon übereugt, dass wir in dieser Legislaturperiode noch einen eiteren Schritt gehen müssen, nämlich den Schritt in ichtung Abschaffung der steuerlichen Ungleichbeandlung von staatlichen Dienstleistungen und den ienstleistungen, die von privaten Unternehmen erracht werden. Die Europäische Union ermahnt uns chon heute, hier für mehr Wettbewerbsgerechtigkeit zu orgen. Beispielsweise gibt es eine Ungleichbehandlung Bereich der Umsatzsteuer. Das trifft in dem Bereich den Bürger. Sie haben – wir befinden uns ja derzeit im Vorwahlampf in Berlin – die Berliner Verhältnisse angesprohen. Insofern sollten Sie dies einmal mit den Berliner astronomen und Unternehmern diskutieren. Derzeit ibt es drei Möglichkeiten, Räume für eine Familienfeier nzumieten: Entweder mieten Sie den Raum direkt bei er Kommune oder bei einem örtlichen Gastronomen der bei einem Unternehmen an, das im Rahmen einer ffentlich-Privaten Partnerschaft das Gebäude betreibt nd die Räume vermietet. Wenn Sie einen Raum direkt ei der Kommune steuerfrei für 1 000 Euro anmieten, ann haben Sie einen wesentlichen Vorteil gegenüber emjenigen, der einen gleichwertigen Raum bei einem rtlichen Gastronomen anmietet; denn bei dem örtlichen astronomen fallen neben der Miete in Höhe von 000 Euro auch noch, wenn man die Personalkosten becksichtigt, 19 Prozent Umsatzsteuer, also zusätzlich 90 Euro, an. Das ist eine Wettbewerbsverzerrung, die eseitigt werden muss. Wir werden Ihren Antrag dazu nutzen, hierüber inteniv in den zuständigen Ausschüssen zu diskutieren. Ich hätte gerne auf die Rede des Senators reagiert und m zwei, drei Ratschläge für Berlin mitgegeben. Leider at er das Plenum schon verlassen. Er wird triftige ründe dafür haben. Ich darf zum Schluss die Diskussion zusammenfasen. Ich glaube, es ist deutlich geworden: PPP ist kein llheilmittel. Aber in der Zusammenarbeit zwischen taat und privaten Unternehmen können intelligente, ostengünstige und für die Bürger nützliche Projekte ntstehen. Deswegen werden wir auch in Zukunft an dieem Modell festhalten. Herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Vizepräsidentin Petra Pau )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zuruf der Abg. Ulla Lötzer [DIE LINKE])


(Zuruf der Abg. Ulla Lötzer [DIE LINKE])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711208700




(A) )

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/5776 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP
wünschen Federführung beim Haushaltsausschuss. Die
Fraktion Die Linke wünscht Federführung beim Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
Fraktion Die Linke – Federführung beim Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie – abstimmen. Wer stimmt
für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Der Überweisungsvorschlag
ist abgelehnt.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP – Federführung
beim Haushaltsausschuss – abstimmen. Wer stimmt für
diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Der Überweisungsvorschlag ist an-
genommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a und b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gero
Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), Arnold
Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Oliver
Luksic, Patrick Döring, Werner Simmling, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Die Verkehrssicherheit in Deutschland weiter
verbessern
– Drucksache 17/5530 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kirsten
Lühmann, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Sicher durch den Straßenverkehr – Für eine
ambitionierte Verkehrssicherheitsarbeit in
Deutschland
– Drucksache 17/5772 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Gero Storjohann für die Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden ns in der Dekade der Verkehrssicherheit – das haben die N beschlossen –, und die geht von 2010 bis 2020. Wir ls Union empfanden es als sinnvoll, mit einem eigenen ntrag die Verkehrssicherheit auch im Bundestag in den ittelpunkt zu stellen. Ich glaube, feststellen zu können, ass von allen Themen, die wir bearbeiten, die Übereintimmung der Verkehrspolitiker im Bereich der Verehrssicherheit am größten ist. Es ist wichtig, dass diese rbeit in den Vordergrund gestellt wird; denn die Arbeit t erfolgreich gewesen. Vergleicht man das Jahr 2010 mit dem Jahr 2000, ann stellt man fest, dass allein bei den Verkehrstoten in Rückgang von über 50 Prozent zu verzeichnen ist, im erhältnis zum Jahr 1991 betrug der Rückgang 68 Proent. Das wurde in einer Zeit erreicht, in der das Verehrsaufkommen immer mehr gestiegen ist und um über 0 Prozent zugenommen hat. Das macht deutlich, dass ir bisher eine gute Arbeit vorlegen konnten. Ich erinere an die Gurtpflicht, an den Einbau von Airbags und n den Ausbau der Infrastruktur. Das hat enorme Fortchritte bei der Verkehrssicherheit gebracht, und das hat u dem Sinken der Zahl der Todesfälle entscheidend beietragen. Was nicht so erfolgreich gewesen ist, ist die Vermeiung von Schwerund Schwerstverletzten. Der Einbau on Airbags hat dazu geführt, dass die Unfälle, die es eiterhin gab, zwar nicht mehr so oft tödlich ausgeganen sind, dass aber Schwerund Schwerstverletzte zu eklagen waren. Deshalb müssen wir die Verkehrsicherheitsarbeit auf einem hohen Niveau weiterführen. ir wollen mit unserem Antrag der Regierung einen Imuls geben, auf dem guten Weg fortzuschreiten. Bei aln Erfolgen unserer Arbeit muss deutlich sein, dass das icht nur eine Aufgabe des Parlaments oder der Regieng ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. adurch, dass wir den Verkehr sicherer machen, wollen ir dafür sorgen, dass Menschenleben nicht gefährdet erden und dass die Menschen unversehrt an ihr Ziel ommen. Jeder getötete Mensch ist einer zu viel. Desalb möchten wir die Zahl der Geschädigten so weit wie öglich senken. Uns ist klar, dass die Zahl nie null sein ird, aber die Vision, dieses Ziel anzustreben, muss erubt sein. Das ist international Konsens. Unser Antrag enthält eine Vielzahl von Einzelmaßahmen, die ihre spezielle Wirkung entfalten. Wir als arlament haben eine gute wissenschaftliche Begleitung. ie Regierung hat die Bundesanstalt für Straßenwesen, ie jeden Vorschlag intensiv darauf prüft, ob er machbar t und in welchem Umfang durch ihn eine Verbesserung erbeigeführt wird. Deshalb dauert es auch eine gewisse eit, bis ein guter Vorschlag umgesetzt wird. Ich erinere an die Umsetzung des Vorschlags zum Tagfahrlicht. s hat eine Dekade gedauert, bis Erfolge zu verzeichnen aren. Aber deshalb geben wir nicht auf. Vielmehr ist es r uns Verkehrssicherheitspolitiker ein umso größerer nsporn, andere davon zu überzeugen, weiterzumachen. Gero Storjohann )

Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1711208800




(A) )

Unser besonderes Augenmerk gilt den gefährdeten
Personengruppen im Straßenverkehr: Das sind nach un-
serer Auffassung Kinder, Fahranfänger zwischen 18 und
24 Jahren, die im Straßenverkehr aufgrund mangelnder
Fahrerfahrung ein besonders hohes Risiko eingehen, und
insbesondere ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Fuß-
gänger, Fahrradfahrer und motorisierte Zweiradfahrer.
Unfallschwerpunkte sind weiterhin der Güterkraftver-
kehr und der Verkehr auf den Landstraßen. Hier müssen
jeweils spezifische Maßnahmen ergriffen werden. Insbe-
sondere die Gefährdung von jungen Fahrern hat uns in
letzter Zeit angetrieben, neue Initiativen zu ergreifen.

Von 2008 auf 2009 ist die Zahl der Verkehrstoten bei
jungen Fahranfängern um über 10 Prozent gesunken.
Wir sind der Meinung, dass das auf die Einführung des
Führerscheins mit 17 und auf die Absenkung der Promil-
legrenze auf null bei jungen Fahrern zurückgeführt wer-
den kann. Die 0,0-Promille-Grenze findet eine hohe Ak-
zeptanz bei den jungen Menschen, die inzwischen durch
Aufklärungsarbeit selbst dafür sorgen, dass der, der
fährt, wirklich null Promille hat. Das ist der erfolgrei-
chen Arbeit der letzten Bundesregierung zu verdanken.

Wir möchten die Fahranfängervorbereitung weiter
optimieren. Deshalb enthält unser Antrag unter anderem
einen Prüfauftrag im Hinblick auf eine zusätzliche Be-
gleitphase nach der Fahrschulausbildung und nach der
Fahrprüfung. Ein solches Zweiphasenmodell, das wir
schon länger diskutieren und das häufig an den Kosten
gescheitert ist, wird in Österreich praktiziert. Es ist sinn-
voll, sich intensiver damit zu beschäftigen.

Große Aufmerksamkeit erfährt auch der Vorschlag,
den Einsatz sogenannter Alcolocks bei alkoholauffällig
gewordenen Verkehrsteilnehmern zu prüfen. Falls einige
das noch nicht kennen: Es handelt sich um eine soge-
nannte Wegfahrsperre. Das Lenkrad wird erst nach Pus-
ten in ein Alkoholtestgerät entriegelt, natürlich nur dann,
wenn die Person nüchtern ist. In einigen europäischen
Ländern wird dieses System bei alkoholauffälligen Per-
sonen getestet, um ihnen die Chance, weiterhin am Stra-
ßenverkehr teilzunehmen, zu eröffnen.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Sollen sie doch Bus fahren!)


Wir wissen, dass es auch bei diesem Verfahren Manipu-
lationsmöglichkeiten gibt, aber wir wollen es trotzdem
testen. Deshalb haben wir einen ergebnisoffenen Prüf-
auftrag aufgenommen.

Bei den Autobahnen wollen wir durch den weiteren
Ausbau von Lkw-Stellplätzen mehr Sicherheit schaffen.


(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Der Bund hat bereits ein gutes Programm auf den Weg
gebracht. Bis 2012 sollen weitere 5 500 neue Lkw-Park-
plätze gebaut werden; denn die Situation auf den Park-
plätzen an den Autobahnen ist unhaltbar. Es entstehen
gefährliche Situationen durch Rückstau. Die Lkw-Fahrer
sind nämlich gehalten, ihre Ruhezeiten einzuhalten. Sie
sollen deshalb stressfrei ihre Parkplätze ansteuern kön-

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(C (D en. Auch das ist ein wichtiger Auftrag im Bereich der erkehrssicherheit. Für uns als Union ist der bedarfsgerechte Ausbau des undesfernstraßennetzes ein wesentlicher Beitrag dazu, ie Verkehrssicherheit zu erhöhen. 2008 und 2009 wuren über 232 Kilometer neue Autobahnen fertiggestellt, 71 Kilometer Autobahn wurden sechsund mehrspurig usgebaut. Wir sind der festen Überzeugung: Breitere, oderne und gut ausgebaute Straßen erhöhen die Sicher eit der Verkehrsteilnehmer. Auch bei allen künftigen Baumaßnahmen wollen wir ns am Leitbild der fehlerverzeihenden und standardiierten Straße orientieren. Hierzu gehören vor allen Dinen Rüttelstreifen auf den Autobahnen, die dem Sekunenschlaf entscheidend entgegenwirken können. Auch der freiwillige Einbau von technischen Assisnzsystemen – das liegt ja meinem Kollegen Vogel be onders am Herzen – kann eine Lösung sein, um die Verehrssicherheitsarbeit entscheidend voranzubringen. (Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das ist die Zukunft!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


iese Systeme werden gerade für den Premiumbereich
ntwickelt und zum Teil auch schon eingebaut und ge-
stet.


(Florian Pronold [SPD]: Das brauchen wir auch im Bundestag, wenn eine langweilige Rede gehalten wird!)


s bleibt zu hoffen, dass sie später auch im Volumenbe-
ich eine entsprechende Wirkung entfalten. Deshalb bin
h froh, dass wir hier in Deutschland Fahrzeuge herstel-
n, die dem Premiumbereich zuzurechnen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zum Schluss möchte ich noch die Forderung aufstel-
n, dass man sich EU-weit auf einheitliche Statistiken

inigt, damit Vergleichbarkeit gegeben ist. Es muss Klar-
eit darüber herrschen, wann ein Verkehrsverletzter auch
ls solcher in den Statistiken erfasst wird und er nicht als
erson gilt, die zwar im Krankenhaus behandelt wird,
ber nicht in den entsprechenden Statistiken erfasst wird.

Unser Antrag enthält eine Vielzahl von Maßnahmen.
Ausschuss werden wir sicherlich intensiv auch die

orschläge, die darüber hinaus noch vorgetragen wer-
en, beraten und diskutieren. Ich bitte um Überweisung
n den Ausschuss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711208900

Die Kollegin Kirsten Lühmann hat für die SPD-Frak-

on das Wort.


Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1711209000

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe

olleginnen! Sehr verehrte Herren und Damen! Kennen
ie „Bike Heroes“? Ich meine damit nicht den Rennrad-
achwuchs, den Rudolf Scharping für seinen Bund





Kirsten Lühmann


(A) )


)(B)

Deutscher Radfahrer sucht, sondern ich meine die Zei-
chentrickfiguren, mit denen der Auto Club Europa seine
diesjährige Kampagne zum Thema „Kind und Fahrrad“
startet.

Bundesweit ist die Zahl der im Verkehr getöteten Kin-
der im letzten Jahr von 90 auf 104 gestiegen. Jedes
zweite dieser Kinder war mit einem Fahrrad unterwegs.
Der ACE möchte bei seiner Aktion mit den Kindern zu-
sammen, also nicht mit erhobenem Zeigefinger, einen
Sichtcheck der Fahrräder der Kinder auf technische
Mängel durchführen. Gleichzeitig wird eine Zählung
stattfinden, wie viele Kinder mit einem Helm und wie
viele ohne Helm Fahrrad fahren. Ich denke, wir alle sind
sehr gespannt auf die Ergebnisse der Studie. Diese Kam-
pagne des ACE wie die anderen Aktionen der Verkehrs-
sicherheitsverbände ADAC, ARCD, DVR oder Ver-
kehrswacht sind wichtig. Sie sind wichtige Teile im
großen Puzzle der Verkehrssicherheit. Dazu gehört, die
Grundregeln der StVO, die wir alle einmal lernen muss-
ten, zu verinnerlichen:


(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert

ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.


(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhal-

ten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder
mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, …
belästigt wird.


(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: § 1 StVO: aufmerksam, vorausschauend, rücksichtsvoll!)


Mit den Aktionen der Verkehrssicherheitsverbände
und dem Verweis auf § 1 der StVO könnten wir das
Thema Verkehrssicherheit eigentlich ad acta legen. Da-
mit ist alles gesagt. Wir alle wissen aber, dass sich die
Situation auf bundesdeutschen Straßen in der Realität
anders darstellt.

Ich bin heute, wie so oft, mit dem Fahrrad hierherge-
kommen. Ich habe mich maßlos über einen Lkw geär-
gert, der den Sicherheitsabstand zu uns Fahrradfahren-
den deutlich unterschritten hat und dadurch eine sehr
gefährliche Situation verursacht hat. Ich habe aber auch
gehört, dass sich die Fußgänger über die Fahrradfahren-
den aufgeregt haben, weil diese aus dem obigen Grund
auf den Gehweg ausgewichen sind.


(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Auch das stimmt!)


Ich weiß auch, dass ich mich, wenn ich mit dem Auto
unterwegs bin, über all die aufrege, die langsamer sind
als ich, und damit eigentlich auch über mich selber, weil
ich irgendwann ja auch wieder als Fußgängerin unter-
wegs bin. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat 2001 die rot-
grüne Bundesregierung ein Programm für mehr Sicher-
heit im Straßenverkehr verabschiedet. Schwerpunkt war
die Bewusstseinsbildung der Verkehrsteilnehmenden
und damit dieses Thema Rücksichtnahme.

Viele dieser Themen kommen uns auch heute, zehn
Jahre später, sehr bekannt vor: ÖPNV als sicheres Ver-
kehrsmittel stärken, Unfallrisiko für Fahranfangende re-
duzieren, Landstraßen sicherer machen, Finanzierung

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(C (D er Verkehrssicherheitsarbeit sichern, Fahrerlaubnis auf robe, Lenkund Ruhezeiten sowie Ladungssicherung, ber auch die Überwachung und Sanktionierung verstären. Auch dieser Plan hat dazu beigetragen, dass sich die erkehrssicherheit auf bundesdeutschen Straßen in den tzten zehn Jahren deutlich gesteigert hat. Hier nur eine ahl, auf die wir mit Recht stolz sein können: Die Zahl er Verkehrsunfalltoten lag im letzten Jahr unter 4 000. iese Zahl alleine wird Ihnen wenig sagen; ich gebe Ihen eine Vergleichszahl: In den 70er-Jahren lag diese ahl bei über 20 000, obwohl wir nur ein Drittel der raftfahrzeuge von heute auf unseren Straßen hatten. Jetzt, nach zehn Jahren, hat die Bundesregierung bechlossen, einen neuen Verkehrssicherheitsplan aufzuleen, und ihn, wie wir von den Verkehrssicherheitsveränden gehört haben, schon mit diesen abgestimmt. Ich alte dies für richtig und gut. Nach einer Dekade muss an sich die Fragen stellen: Was haben wir erreicht? as war gut? Aber was ist noch zu tun? Diesem Thema idmet sich der Antrag der SPD, aber auch – Herr torjohann hat es gesagt – der Antrag der Koalition. Bleiben wir bei den Verkehrsunfalltoten. Das Dritte uropäische Aktionsprogramm für Straßenverkehrssiherheit hat das Ziel gehabt, von 2001 bis 2010 die Zahl er Verkehrstoten europaweit um 50 Prozent zu senken. ieses Ziel hat die Bundesrepublik fast erreicht. Mit em neuen Leitfaden für die Politik der Verkehrssichereit, den die Kommission aufgelegt hat, möchte sie diese ahl von 2010 bis 2020 noch einmal um 50 Prozent senen. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat – Herr torjohann hat es gesagt – hat sogar eine Vision Zero, inem er sagt: Unser Ziel müsste sein, die Zahl auf null zu enken. Ich kenne auch das Zitat unseres Altbundesanzlers Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, möge bitte um Arzt gehen. In diesem Fall hilft aber nur ein ehrgeiiges Ziel. Auch wenn wir es nie erreichen, müssen wir ns zu ihm bekennen. Wir müssen unsere Aktivitäten auf ieses Ziel ausrichten, und es muss uns zur Höchstform ntreiben. Auch ich bin wie wohl alle hier der Meinung: eder Tote im Straßenverkehr ist ein Toter zu viel. Genau das ist es, was mit dieser Vision Zero ausgerückt werden soll. Minister Ramsauer hat auf einer eranstaltung des DVR diese Idee ausdrücklich gutgeeißen und sich mit ihr solidarisch erklärt. In unser Verehrssicherheitsprogramm sollten wir daher zumindest ie 50-Prozent-Marke aufnehmen, die uns Europa vorgeeben hat. Aber es geht nicht nur um Tote – auch darauf hat der ollege Storjohann hingewiesen –, sondern es geht auch m Schwerund Schwerstverletzte. Zurzeit differenziert nsere Statistik nicht danach. Wenn ich nach einem Unll 24 Stunden zur Beobachtung im Krankenhaus leibe, zähle ich genauso als Schwerstverletzte wie jeand, der lebenslange Folgen aufgrund eines Unfalls eriden muss. Wenn wir gezielt Prävention betreiben woln, müssen wir genaue Zahlen haben. Daher regen wir n, eine Kategorie wie „lebensgefährlich verletzt“ einzuhren, damit wir hier über genaue Zahlen verfügen und as trennen können. Kirsten Lühmann )





(A) )

Ich führe noch einige Punkte aus dem SPD-Antrag an.
Wir haben uns zum einen dem Aktionsfeld Mensch mit
den Kategorien Kind, Fahranfangende und ältere Men-
schen gewidmet. Hier ist die Aufklärung durch die Ver-
kehrssicherheitsverbände mit ihren vielen Ehrenamtli-
chen von besonderer Bedeutung. Ich denke hier etwa an
die Verkehrswacht, die auf Landes-, Kreis- und Orts-
ebene erhebliche Arbeit leistet. Von hier aus danke ich
all den Menschen, die das tun, noch einmal herzlich für
das, was sie in der Vergangenheit geleistet haben.


(Beifall im ganzen Hause)


– Ich danke Ihnen für Ihren Applaus. Er war sehr wich-
tig. – Aber genauso wichtig wie dieser Applaus und die
Anerkennung ist auch die finanzielle Sicherheit, die wir
diesen Verkehrssicherheitsverbänden geben müssen.
Wenn sie weiterhin so erfolgreich, so effektiv und so
kostengünstig für unsere Sicherheit sorgen sollen, dann
müssen wir ihnen auch mittelfristige Planungssicherheit
geben. Ich war sehr euphorisch, als Herr Staatssekretär
Scheuer bei den Haushaltsberatungen angekündigt hat,
dass er genau dies tun wolle. Ich bitte Sie dann aber
auch, diese Summe zu verstetigen, zumindest auf dem
jetzigen Niveau, und sie auch in die mittelfristige
Finanzplanung aufzunehmen, damit die Verkehrssicher-
heitsverbände entsprechende Sicherheit haben.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Florian Pronold [SPD]: Kein Klatscher bei der Regierung! Das lässt ja tief blicken!)


Ich meine, das sind wir dem Ehrenamt schuldig.

In unserem Antrag gehen wir weiter auf Kinder und
auf die Helmpflicht ein. Wir möchten gern, dass unter-
sucht wird, ob es angesichts der Zahlen nicht doch sinn-
voll ist, eine Helmpflicht für Kinder auf Fahrrädern ein-
zuführen.

Wir gehen auf Fahranfangende und auf das Mehrpha-
senmodell ein. Der Führerschein mit 17, den wir einge-
führt haben, war gut, aber nicht alle können ihn nutzen.
Die zwei Jahre Probezeit, die wir eingeführt haben, sind
gut; aber nach der Führerscheinprüfung gibt es auch für
die auffällig gewordenen Fahranfangenden keine neue
Praxisprüfung. Die Kurse, die sie machen müssen, sind
in der Regel nur Theoriekurse.

Ebenso haben wir die 0,0-Promille-Grenze einge-
führt. Das war auch sehr gut. Aber, Herr Storjohann, ich
sage Ihnen deutlich: Allein in Niedersachsen hatten wir
im letzten Jahr 3 425 schwere Verkehrsunfälle, die auf-
grund von Alkoholmissbrauch zustande kamen. Das ist
einfach zu viel.

Zudem ist der Verkehrsunfalltod für junge Menschen
zwischen 18 und 24 Jahren immer noch die Haupttodes-
ursache. Das heißt, obwohl wir die Zahlen gesenkt ha-
ben, sterben noch immer die meisten Menschen im Alter
zwischen 18 und 24 Jahren an den Folgen eines Ver-
kehrsunfalls. Die Gründe dafür sind neben falschem
Überholen hauptsächlich nicht angepasste, zu hohe Ge-
schwindigkeit. Wenn wir diese Zahlen senken wollen,
müssen wir auch darüber nachdenken, ob wir jungen
Menschen, die noch nicht so viel Fahrerfahrung haben,

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(C (D den ersten zwei Jahren, bis sie diese Erfahrung gesamelt haben, eine Höchstgeschwindigkeit auferlegen, die iedriger als diejenige ist, die erfahrene Autofahrer fahn dürfen. Andere Länder wie Frankreich haben es uns rfolgreich vorgemacht. Ich halte dies für eine auch für ns angezeigte Maßnahme. Lassen Sie uns die letzte Zielgruppe anschauen; das ind die sogenannten Silver Ager, wie der ADAC sie ennt. Die erste Reihe hier im Haus wird sehen, dass ich igentlich auch schon ein bisschen dazugehöre, wenn uch noch nicht ganz. Diese Silver Ager sind zwar an er Verursachung von Unfällen unterproportional beteigt, aber wenn sie in einen Unfall verwickelt werden nd dabei verletzt werden, dann sind diese Verletzungen der Regel sehr schwer. Dies wird sich in absoluten ahlen aufgrund des demografischen Wandels natürlich rhöhen. Das damit verbundene Problem wurde gestern uch bei einer Veranstaltung im BMVBS zu dem Thema Barrierearmes Bauen“ angesprochen: Keine Person öchte daran erinnert werden, was kommt, wenn sie älr wird. Das heißt, wir treffen keine Vorsorge, und wenn s so weit ist, dann ist es zu spät. Insbesondere im ländlichen Raum sind die Menschen uf Kraftfahrzeuge angewiesen. Wir haben viele Orte hne Bäcker, ohne Fleischer, ohne Supermarkt, ohne nktionierenden ÖPNV. Oftmals leben die Kinder auch och an anderen Orten. Wenn die Fahrerlaubnis abgegeen werden muss, dann bedeutet dieser Verlust der Moilität auch einen erheblichen Verlust an Lebensqualität. Als Polizeibeamtin habe ich sehr viele Vorträge dazu ehalten. Heute weiß ich: Ich hätte es auch lassen könen; denn eine Studie besagt, dass ältere Menschen in iesem Fall nicht auf die Polizei hören. Sie hören aber uch nicht auf ihre Kinder, was mich nicht verwundert: ls Kinder haben wir nicht auf unsere Eltern gehört. Wam sollen sie jetzt auf uns hören? Aber ältere Menschen ören in dieser Frage auf Ärzte und Ärztinnen. Diesem hema sollten wir uns widmen; wir sollten die Beratung ierzu ausweiten. Wir können zwar die schönsten Ideen haben, aber enn deren Umsetzung nicht kontrolliert wird, werden ir nicht weiterkommen. Das heißt, wir müssen uns uch mit folgender Frage auseinandersetzen: Wie überachen wir die Realisierung unserer schönen Ideen? Ich eiß, das ist Ländersache, die Länder haben die Polizeioheit. Aber wir müssen auch darüber reden: Wie viel ist ns die Sicherheit der Menschen auf unseren Straßen ert? Darüber müssen wir mit den Ländern sprechen. Nicht allein Geld zählt; gefragt sind intelligente Konepte und die Einbeziehung bürgerschaftlichen Engageents mit Unterstützung von Bund, Ländern und Komunen. Die Ideen dazu finden sich im SPD-Antrag und uch im Antrag der Regierungskoalition. Ich bin sicher, den Beratungen werden wir noch viele neue Ideen ha en, damit am Ende der Debatte ein Verkehrssicherheitsrogramm steht, das die Sicherheit aller Verkehrsteilneher auf bundesdeutschen Straßen erhöht. Herzlichen Dank. )


(Beifall bei der SPD)





(A) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711209100

Der Kollege Oliver Luksic hat für die FDP-Fraktion

das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Oliver Luksic (FDP):
Rede ID: ID1711209200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn wir heute über weitere Verbesserungsmöglichkei-
ten bei der Verkehrssicherheit reden, dann gehen wir
glücklicherweise von einem relativ hohen Niveau aus.
Im Jahr 2010 gab es die niedrigste Anzahl von Verkehrs-
toten seit dem Jahr 1953, als diese Statistik zum ersten
Mal erhoben wurde. Das kann man vor allem vor dem
Hintergrund, dass die Gesamtfahrleistung gestiegen ist,
nicht oft genug betonen. Im Vergleich zum Jahr 1991
gibt es 68 Prozent weniger Tote, obwohl die Gesamt-
fahrleistung in dieser Zeit um 20 Prozent gestiegen ist.
Hierfür sind natürlich neue Regelungen, aber auch Ver-
besserungen an der Fahrzeugtechnik verantwortlich.
Dennoch dürfen wir in unseren Anstrengungen nicht
nachlassen. Auch wenn wir die niedrigste Anzahl von
Verkehrstoten haben, bedeutet diese Zahl, dass jeden Tag
in Deutschland zehn Menschen ihr Leben im Straßenver-
kehr lassen. Das macht deutlich, dass wir unsere An-
strengungen auf diesem Gebiet erhöhen müssen. Mit
dem Antrag der Regierungskoalition wollen wir dazu ei-
nen Beitrag leisten.

Lassen Sie mich am Anfang ganz bewusst den vielen
ehren- und hauptamtlich tätigen Bürgerinnen und Bür-
gern danken, die etwa bei der Deutschen Verkehrswacht
mithelfen, sich als Schülerlotsen engagieren oder auch
im Unterricht zum Thema Verkehrssicherheit dazu bei-
tragen, das Bewusstsein für Probleme im Straßenverkehr
zu schaffen. Das verdient in der Tat unseren Respekt und
auch die Anerkennung aller Fraktionen in diesem Hause.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die christlich-liberale Koalition geht in ihrer Ver-
kehrssicherheitsarbeit von einem zentralen Grundgedan-
ken aus. Wir werden weitere Erfolge nur erzielen, wenn
wir interdisziplinär denken, das heißt, wenn wir die The-
menfelder Technik, Infrastruktur und Mensch im Zu-
sammenhang betrachten. Lassen Sie mich im Folgenden
einige Punkte herausgreifen.

Zunächst zur Technik. Auf EU-Ebene gibt es hinsicht-
lich der Fahrzeugsicherheit große Fortschritte. Wir disku-
tieren in Europa jetzt über die Harmonisierung von Fahr-
zeugprüfungen. Natürlich ist es ein erstrebenswertes Ziel,
in diesem Bereich gemeinsame Standards beispielsweise
in Form von Prüflisten europaweit durchzusetzen. Klar
ist aber auch, dass wir das hohe Niveau, das wir in
Deutschland haben, im Zuge einer Harmonisierung nicht
absenken dürfen. Eine Harmonisierung sollte nicht zulas-
ten der Sicherheit gehen. Deswegen sollte sich die Bun-
desregierung in Brüssel für ein hohes Niveau der Fahr-
zeugprüfungen einsetzen.

Eine spannende technische Möglichkeit bietet der
Einsatz von Alcolocks, also speziellen Wegfahrsperren.

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(C (D ir sollten ihren Einsatz bei der Rehabilitation alkoholuffällig gewordener Kraftfahrer prüfen. Durch einen eiwilligen Einbau dieser Technik können sie schneller re Fahrerlaubnis zurückbekommen. Damit ermögli hen wir ihnen Mobilität und sorgen für die Sicherheit er anderen Verkehrsteilnehmer. Deshalb fordern wir in nserem Antrag, dass das Verkehrsministerium die Mögchkeiten zum Einbau dieses neuen Instruments prüft. Auf dem Feld der Infrastruktur gibt es einen besonden Problembereich, der uns seit Jahren große Sorgen acht. Das sind nicht die Autobahnen, wie oft suggeriert ird, sondern die Landstraßen. Dort gibt es überproporonal viele Tote und Verletzte. Wir sollten daher unsere nstrengungen zur Verbesserung der Infrastruktur insbe ondere auf diesen Bereich konzentrieren. Dazu gehört, ass wir bekannte Unfallschwerpunkte systematisch entchärfen. Mittelfristig sollten wir der Verkehrssicherheit das gilt besonders in Bezug auf die Planung von neuen trecken bzw. auf die Erneuerung von älteren Strecken – inen größeren Stellenwert einräumen. Wir müssen hier u einem Leitbild der fehlerverzeihenden und selbsterlärenden Straße kommen. Kurzfristig kann dies durch onkrete Projekte wie etwa den Einsatz von Rüttelstrein geschehen. In Versuchen wurde nachgewiesen, dass urch sie die Zahl der Unfälle deutlich reduziert werden ann. Entscheidend ist natürlich auch der Faktor Mensch. ie besten Regeln nutzen wenig, wenn sie nicht im Beusstsein der Menschen verankert sind. Das gilt für alle erkehrsteilnehmer, auch für die Radfahrer. Deswegen t es wichtig, dass wir beispielsweise bei der Fahrlehrerusbildung ansetzen. Wir müssen uns fragen: Bilden wir ie Fahrlehrer gut genug aus? Vermitteln wir neben den halten auch die notwendige pädagogische Kompetenz, amit die Fahrlehrer auf heterogene Teilnehmergruppen ingehen können? Haben wir die richtigen Zugangsvorussetzungen für diesen Beruf? Über diese Fragen solln wir bei den Beratungen im Ausschuss diskutieren. Das Gleiche gilt für mögliche Verbesserungen in der ahrausbildung. Ich denke, wir sollten hier durchaus ber eine weitere Stufe der Ausbildung nach der Fahrrüfung, wie wir sie aus Österreich kennen, nachdenken. ort helfen Feedbackfahrten nach dem Erwerb des Führscheins, immer wiederkehrende Fahrfehler zu beseiti en. Ich glaube, es wäre im europäischen Sinne, wenn ir beim Austausch von Best-Practice-Modellen die po itiven Erfahrungen unserer europäischen Nachbarn becksichtigen. Wir müssen auch auf die älteren Teilnehmer im Verehr schauen; das ist aufgrund des demografischen Wanels ein immer wichtiger werdendes Thema. Deswegen ählt der Grundsatz des lebenslangen Lernens auch im ereich der Verkehrssicherheit. Es reicht nicht mehr aus, ich nur am Anfang der Fahrerkarriere mit dem Autofahn auseinanderzusetzen. Lassen Sie mich noch einige Worte zum Antrag der PD-Fraktion sagen. Ich glaube, es gibt hier in der Tat iele Überschneidungen. Der eine oder andere Punkt ist ielleicht aus unserem Antrag übernommen; das finden ir aber gut und richtig. Oliver Luksic )





(A) )

(Florian Pronold [SPD]: Die Unions- und
FDP-Politiker sind für Copy and Paste be-
kannt!)

– Wir haben unseren Antrag zuerst vorgelegt. – Mit Si-
cherheit werden wir, wie Sie eben zu Recht gesagt ha-
ben, den einen oder anderen Punkt aus der Debatte im
Ausschuss aufnehmen können. Ich finde es gut, dass Sie
den Grundsatz der Subsidiarität hochhalten.

Bei einem Punkt gibt es allerdings Differenzen – das
möchte ich festhalten –: Es ist durchaus kritisch zu hin-
terfragen, ob man Tempo 30 innerorts zur Regel machen
sollte. Man kann bereits jetzt an Gefahrenschwerpunk-
ten, zum Beispiel vor Schulen, Tempo 30 festlegen. Das
machen die meisten Kommunen; das ist gut und richtig.
Es geht aber in die falsche Richtung, das Verhältnis von
Tempo 30 zu Tempo 50 umzukehren, wie es SPD und
Grüne wollen. Wir werden in den nächsten Wochen und
Monaten genau hinschauen, was unser ehemaliger Kol-
lege Hermann in Baden-Württemberg in der Verkehrspo-
litik tun wird. Ich glaube, er will Tempolimits und eine
Citymaut einführen sowie die Zahl der Autofahrer hal-
bieren. Das geht nach unserer Meinung in die falsche
Richtung, in Richtung Bevormundung. Das ist eine Ver-
kehrspolitik, die wir nicht mittragen wollen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Vieles ist schon erreicht. Wir wollen in unseren An-
strengungen nicht nachlassen und Mobilität möglich und
sicherer machen. Entscheidend ist: Sicherheit ist nur im
Einklang mit der Freiheit und der Verantwortung des
einzelnen Verkehrsteilnehmers zu erreichen.

Ich darf mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit be-
danken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711209300

Die Kollegin Sabine Leidig hat für die Fraktion Die

Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711209400

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Storjohann, Sie haben recht: Es gibt sicher wenige
Bereiche, in denen die Übereinstimmungen quer durch
die Fraktionen so groß sind. Trotzdem sind wir mit der
Situation längst nicht zufrieden. Es gibt auch ein paar
fundamentale Unterschiede in unseren Auffassungen.

Deutschland ist nicht nur der größte Waffenexporteur,
sondern auch einer der weltgrößten Autoexporteure.


(Karl Holmeier [CDU/CSU]: Schön! Gut!)


Auch Autos sind lebensbedrohlich. Man muss sich ein-
mal die Dimension deutlich machen: Täglich fallen
3 000 Menschen in der Welt dem Autoverkehr zum Op-
fer. Das sind so viele, als wenn jeden Tag zehn vollbe-
setzte Jumbojets abstürzen würden.

Vielleicht erinnern Sie sich an die öffentliche Debatte,
die Ende Januar nach dem schlimmen Zugunglück bei

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(C (D ordorf stattgefunden hat, bei dem ein Güterzug und ein ersonenzug zusammengestoßen sind. Dabei sind zehn enschen getötet worden; 18 Menschen wurden schwer erletzt, einige so schwer, dass sie nie mehr ihr gewohns Leben werden führen können. Auf den Straßen eutschlands werden aber jeden Tag mehr als zehn enschen getötet und mehr als 200 Menschen schwer erletzt. Ich glaube, wir würden bei keiner anderen Verkehrsrt akzeptieren, dass jährlich allein in Deutschland Tauende Menschen ums Leben kommen oder schwer vertzt werden. Stellen Sie sich vor, jede Woche würden 00 Menschen im Bahnverkehr umkommen oder jeden onat würde ein vollbesetzter Passagierjet abstürzen. h glaube, der Bahnund Luftverkehr würde aufs öchste infrage gestellt. Nicht so beim Autoverkehr. Richtig ist, dass es seit vielen Jahren Verbesserungen ibt; das ist wirklich sehr gut. Ich glaube aber, es ist auch n der Zeit – und die Zeit ist gut dafür –, eine andere Perpektive auf das Problem einzunehmen. Sicherheitsgurte, irbags, Ampeln, Schilder, Warnsysteme, Helme – all as sind wichtige Maßnahmen; aber mit all diesen Maßahmen werden die Menschen sozusagen an den Autoerkehr angepasst. Ich glaube, das Entscheidende wäre igentlich, die Autogefahr zu bannen und in diesem Beich energisch abzurüsten. Der erste und wichtigste Schritt der Abrüstung ist die ntschleunigung: Die Autos müssen langsamer werden. (Oliver Luksic [FDP]: Trabbis für Deutschland!)


nfallursache Nummer eins ist überhöhte Geschwindig-
eit.


(Florian Pronold [SPD]: Sollen wir die Autos schieben, oder was?)


ie Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass
an in Europa bis zu 140 000 Unfälle vermeiden,

0 Milliarden Euro sparen und 6 000 Menschenleben ret-
n könnte, wenn die Durchschnittsgeschwindigkeit nur
m 3 Kilometer pro Stunde abgesenkt würde.

Es ist bekannt, dass das aggressive Fahren dadurch
nterstützt wird, dass auf den Autobahnen kein Tempo-
mit existiert. Die meisten Menschen, die von einem
uto mit 30 Stundenkilometern erfasst werden, überle-
en diesen Unfall. Von den Menschen, die von einem
uto, das 50 Stundenkilometer fährt, erfasst werden,

terben die meisten. Das ist ein gravierender Unter-
chied, den man nicht wegwischen kann. Spätestens
enn es um Leben und Tod geht, muss man Tempolimits
urchsetzen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


an kann Aufklärungskampagnen machen und Prüfauf-
äge erteilen, wie es die SPD vorschlägt. Das ist aber
icht nötig. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Selbst der
issenschaftliche Beirat zur Verbesserung der Straßen-

erkehrssicherheit, den sich der Bundesverkehrsminister
istet, empfiehlt ganz eindeutig Tempolimits. Das ist





Sabine Leidig


(A) )


)(B)

eine einfache Maßnahme, die nichts kostet und ausge-
sprochen wirksam ist. Wir brauchen maximal 120 Stun-
denkilometer auf den Autobahnen und in den Städten
Regeltempo 30.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Mehrheit der Bevölkerung sieht längst ein, dass sol-
che Geschwindigkeitsbegrenzungen sinnvoll sind und
letztlich allen nützen. Die Straßen werden sicherer, Um-
welt und Klima werden geschont – das ist ein ganz rele-
vanter Faktor –, und die Lebensqualität in unseren
Wohngebieten wird verbessert.

Damit komme ich zur zweiten Abrüstungslinie, die
ich wichtig finde. Sie hat übrigens ganz viel mit Freiheit
zu tun. Ich bin immer wieder überrascht, wie sehr sich
die Herren von der FDP für die Freiheit der Autofahrer
einsetzen, dass sie aber überhaupt nicht über die Freiheit
der Kinder, auf den Straßen spielen zu können, sprechen,


(Oliver Luksic [FDP]: Da müssen Sie einmal zuhören! Das haben wir alles gesagt! – Patrick Döring [FDP]: Wir werden Ihnen unseren Freiheitsbegriff nicht mehr erklären!)


auch nicht über die Freiheit der Fahrradfahrer, unbehin-
dert fahren zu können, oder über die Freiheit der Men-
schen, die Straßen überhaupt zu nutzen. Das finde ich
ausgesprochen skurril.

Ich muss Ihnen einmal eine Geschichte erzählen. In
meinem Wahlkreisbüro im Odenwald erschien neulich
eine junge Mutter und erzählte, dass sie ihre beiden
Jungs, die acht und zehn Jahre alt sind, jeden Tag mit
dem Auto zwei Kilometer weiter ins nächste Dorf in die
Schule bringt. Warum fahren sie nicht mit dem Fahrrad?
Die Mutter sagt: Weil das zu gefährlich ist, weil es kei-
nen Radweg gibt, weil sich die großen Lkws durch die
Ortschaft drängen und weil es einfach zu viel Autover-
kehr gibt.


(Patrick Döring [FDP]: Dann muss man sich als Wahlkreisabgeordnete für eine Umgehungsstraße starkmachen!)


Ich glaube, das Entscheidende ist, dass wir die Wohn-
orte, die Städte umwelt- und menschenverträglich so
umgestalten, dass diejenigen, die nicht motorisiert sind,
Raum bekommen. Sie müssen unter unseren Schutz ge-
stellt werden. Auch für sie müssen unsere Freiheitsan-
sprüche gelten. So können wir es schaffen, dass die Vor-
herrschaft der Autos aufgehoben wird und tatsächlich
Räume entstehen, in denen auf der Straße Lebensqualität
und Sicherheit herrschen.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711209500

Kollegin Leidig, beachten Sie bitte das Signal. Sie ha-

ben Ihre Redezeit schon überschritten.


(Florian Pronold [SPD]: Das ist wegen des Tempolimits in der Rede!)


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(C (D Mein letzter Satz: Die Linke steht für radikale Abrüs ng, und das gilt auch im Straßenverkehr. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/ CSU: Sind alle Linken so oder nur Sie?)

Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711209600

Alle.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711209700

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kol-

gin Wagner das Wort.


Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1711209800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen

on der CDU/CSU-Fraktion,


(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Frau Wagner, fragen Sie doch mal, ob Herr Ernst seinen Porsche schon verkauft hat!)


ir halten eine Reduktion des Verkehrs durchaus für ei-
en Aspekt der Verkehrssicherheit. Was Kollegin Leidig
ngeht: Sie haben mir aus der Seele gesprochen – das
uss ich zugeben –, aber ich habe bisweilen auch an Ih-
n Porsche fahrenden Kollegen aus Franken denken
üssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP – Patrick Döring [FDP]: Er fährt damit aber nur 30! – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Einer schadet nicht!)


Die Bundesregierung muss in diesem Jahr ein neues
erkehrssicherheitsprogramm aufsetzen. Seit 2004 exis-
ert eine EU-Charta für Verkehrssicherheit. Es ist anzu-
erken – das haben meine Vorredner schon herausgear-

eitet –, dass sich die Verkehrssicherheit positiv
ntwickelt hat. Es gibt einen Rückgang bei der Anzahl
er Verkehrstoten, der Schwerstverletzten und der
chwerverletzten, während sich die Anzahl der Fahr-
euge, die Fahrleistung und die zurückgelegten Fahrstre-
ken verdreifacht haben. Problematisch ist nach wie vor,
ass die Unfallstatistik nur den Rückgang der Toten je
00 000 Einwohner ausweist, nicht aber den der Schwer-
erletzten. Darüber besteht also noch eine gewisse Un-
larheit.

Auch hat sich zwar die Schwere der Unfälle verrin-
ert, die Anzahl der Unfälle insgesamt ist allerdings weit
eniger zurückgegangen. Verkehrsunfälle sind nach wie
or die Todesursache Nummer eins bei den Menschen

Alter zwischen 1 und 45 Jahren.

Die pro Jahr durch Pkw-Unfälle verursachten gesell-
chaftlichen Kosten betragen inklusive der Gesund-
eitskosten insgesamt 30 Milliarden Euro. Mit einem
ruchteil dieser Summe könnten wichtige bauliche Ver-
nderungen vorgenommen werden, um die Unfallzahlen
u reduzieren. Aus unserer Sicht fehlt nach wie vor ein
mfassendes Verkehrssicherungskonzept, so etwas wie
in Masterplan für die Verkehrssicherheit in Deutsch-
nd. Außerdem fehlt es an der Möglichkeit, das Ver-
ehrssystem so zu gestalten, dass es Fehler verzeiht und





Daniela Wagner


(A) )


)(B)

niemand darin zu Tode kommt. Hier ist also noch viel zu
tun.

Ich will die Aufmerksamkeit auf einen Bereich len-
ken, der bisher wenig angesprochen worden ist, nämlich
auf unser Verhältnis zur Mobilitätspolitik, insbesondere
zum Mobilitätsträger Auto. Ich glaube, hier haben wir
ein nationales Problem. Nicht einmal die Sozialdemo-
kraten sind beispielsweise bereit, Geschwindigkeits-
begrenzungen in Erwägung zu ziehen, die über die
Tempo-30-Zonen in bestimmten Stadtquartieren hinaus-
gehen. Wir sind der Meinung, dass Tempolimits auf al-
len Straßen, sowohl bei den innerörtlichen Verkehren als
auch auf Autobahnen und Bundesstraßen, ein hochwirk-
sames Mittel zur Unfallreduktion und zur Reduktion der
Zahl der Verletzten sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wir glauben auch, dass „null Promille für alle“ der rich-
tige Weg ist. Außerdem muss viel mehr Öffentlichkeits-
arbeit geleistet werden. Das Phänomen „Mama-Taxi“ ist
schon angesprochen worden.

Kinder werden heutzutage jeden Meter durch die Ge-
gend chauffiert. Sie lernen ihre motorisierte Umgebung
als Verkehrsteilnehmer nicht mehr aus eigener Anschau-
ung mit Fahrrad oder zu Fuß kennen, sondern durch die
Perspektive der Windschutzscheibe. Sie sind also, wenn
sie sich einmal selbstständig im Straßenverkehr bewegen
müssen, in der Tat hochgefährdet. Das muss dringend
geändert werden. Wir wissen natürlich, dass wir den
Menschen nichts aufzwingen können. Niemand kann
eine Mutter daran hindern, auf dem Weg zur Arbeit ihr
Kind bei der Kita abzusetzen; das ist ja die Lebenswirk-
lichkeit. Gemeinsam mit den Kommunen sollten wir den
Menschen aber bewusst machen, dass dies für das Ver-
kehrsverhalten ihrer Kinder schlecht ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Schlecht sind auch die viel zu breiten Straßen. Stellen
Sie sich einmal irgendwo in Deutschland auf eine Auto-
bahnbrücke, und schauen Sie hinunter. Eine riesig breite,
in der Regel nicht baumbestandene Fahrbahn lädt zum
Rasen ein. Selbst jemand, der eigentlich auf eine ver-
nünftige Geschwindigkeit achtet, ist geneigt, auf solchen
Straßen viel schneller zu fahren, als er es sich zutraut
und als gut für ihn selbst und die Umwelt wäre.

Ich erlebe die verkehrspolitischen Diskussionen – und
auch das Thema Verkehrssicherheit gehört zu verkehrs-
politischen Diskussionen – immer so, dass die autofah-
rende Bevölkerung es sofort als Zumutung empfindet,
wenn man in irgendeiner Weise eine Beschränkung von
ihr verlangt. Das halte ich für falsch. Ich bin der Mei-
nung, die Beschränkung ist der einzige Weg, damit wir
dauerhaft Auto fahren können, und zwar so, dass sich
auch noch andere Verkehrsteilnehmer ungefährdet im öf-
fentlichen Raum bewegen können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Der Kollege Holmeier für die Unionsfraktion ist der tzte Redner in dieser Debatte. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 6 Prozent mehr Verkehrstote im ersten Quartal 2011 – as ist die erschreckende Mitteilung des Statistischen undesamtes vom Dienstag dieser Woche. Dieser An tieg im ersten Quartal ist wahrscheinlich witterungsbeingt; es sind aber dennoch 16 Prozent mehr. Das ist in rster Linie für die Angehörigen der Verstorbenen ein ntsetzlicher Verlust. Es ist aber auch für die Politik ein erber Rückschlag. Die Statistik zeigt, dass wir uns beim hema Verkehrssicherheit nicht zurücklehnen und auf nseren Lorbeeren ausruhen dürfen. Es ist ein beachtlicher Fortschritt, dass die Zahl der erkehrstoten seit der Einführung der amtlichen Statistik ontinuierlich zurückgegangen ist; wir haben das schon fter gehört. Seit 1991 ist sie um 68 Prozent gesunken; ie lag im Jahr 2010 auf dem Tiefststand mit 3 657 Verehrstoten. Das zeigt: Die Verkehrssicherheitsarbeit in eutschland war und ist erfolgreich. Aber jeder Verehrstote ist ein Verkehrstoter zu viel. Die aktuellen ahlen beweisen, wie wichtig es ist, dass wir uns auf olitischer Ebene weiterhin intensiv mit dem Thema erkehrssicherheit auseinandersetzen. Unser Antrag ist aher aktueller denn je. Ich begrüße ausdrücklich, dass sich dies nicht nur im oalitionsantrag, sondern auch im Antrag der Opposion widerspiegelt. Viele der insgesamt 30 Forderungen, ie die SPD-Fraktion in ihrem Antrag aufstellt, sind siherlich gut gemeint. Häufig fehlt jedoch der Bezug zur ealität. Die aktuelle Unfallstatistik führt uns aber chmerzlich vor Augen, dass wir die Realität nicht aus em Blick lassen dürfen. Wir brauchen daher keine übermbitionierten Ziele; das hat sich in der Vergangenheit ei anderen Themen immer wieder gezeigt. Ich denke um Beispiel an die Lissabon-Strategie der Europäichen Union. Wir brauchen seriöse Ziele und erfolgversprechende aßnahmen, die die Verkehrssicherheit in der Praxis tat ächlich erhöhen. Deshalb haben wir uns das Ziel geetzt, die Zahl der Verkehrstoten bis 2020 um 40 Prozent u reduzieren. (Kirsten Lühmann [SPD]: Aber die EU verlangt mehr!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711209900

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Karl Holmeier (CSU):
Rede ID: ID1711210000

as ist ambitioniert, aber es ist auch realistisch. Nicht
eniger wichtig ist, neben der Zahl der Verkehrstoten
ie Zahl der Verletzten und insbesondere die Zahl der
chwerstverletzten zu senken. Hierbei müssen wir vor
llem auf die schwächeren Verkehrsteilnehmer achten.
esonderen Schutz genießen die jungen Verkehrsteil-
ehmer, insbesondere unsere Kinder, aber auch Personen
ber 75 Jahre, Fußgänger und Radfahrer sowie Fahran-
nger.





Karl Holmeier


(A) )


)(B)

Mit den im Koalitionsantrag vorgeschlagenen Maß-
nahmen können wir das schaffen. Bei vielen Maßnah-
men sind wir bereits auf einem sehr guten Weg. Ich
denke zum Beispiel an das erfolgreiche Programm „Be-
gleitetes Fahren ab 17“, das auf unsere Initiative hin nun
in Dauerrecht übergeführt wurde und nachweislich zu ei-
ner deutlichen Reduzierung der Verkehrsverstöße bei
Fahranfängern beiträgt.

Um mehr Verkehrssicherheit zu erreichen, brauchen
wir keine unnötigen Beschränkungen der Freiheiten un-
serer Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen keine Tem-
polimits auf den Autobahnen und auch keine Reduzie-
rung der Höchstgeschwindigkeit in Ortschaften auf
Tempo 30, wie es von der Opposition vorgeschlagen
wird. Die christlich-liberale Koalition setzt stattdessen
auf moderne und intelligente Verkehrssicherheitssys-
teme. Wir begegnen den Herausforderungen der Zukunft
nicht mit den Antworten von gestern, sondern mit zu-
kunftsweisenden Technologien, und setzen die richtigen
Schwerpunkte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kirsten Lühmann [SPD]: Sie sollten mal im realen Leben ankommen!)


In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinwei-
sen, dass der Großteil der Verkehrstoten auf Landstraßen
zu beklagen ist und nicht auf Autobahnen. Wir brauchen
daher ausreichende Investitionen in den Straßenbau, um
die Unfallschwerpunkte auf den Bundes- und Staatsstra-
ßen zu entschärfen. Ortsumgehungen sind hierbei beson-
ders wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jede Ortsumgehung bringt mehr Sicherheit für die An-
wohner im Ort und für die Verkehrsteilnehmer, und jede
Ortsumgehung erhöht die Lebensqualität der Bürgerin-
nen und Bürger in der Ortschaft. Auch der Bau zusätzli-
cher Parkplätze für Lkw – dies wurde bereits angespro-
chen – ist von besonderer Bedeutung und für die
Erhöhung der Verkehrssicherheit wichtig. Das gilt so-
wohl für Autobahnraststätten wie auch für Autohöfe.
Hier müssen wir in erster Linie ansetzen. Das sind die
Herausforderungen, die wir in Zukunft angehen wollen.
Mit dem Koalitionsantrag leisten wir hierzu einen wich-
tigen Beitrag.

Abschließend möchte ich noch den vielen Ehrenamt-
lichen danken, die sich zum Beispiel in der Verkehrs-
wacht mit viel Engagement für die Sicherheit im Stra-
ßenverkehr einsetzen. Ein weiterer Dank gilt dem
Bundesverkehrsministerium, das bei der Verbesserung
der Sicherheit im Straßenverkehr hervorragende Arbeit
leistet. Wenn wir uns auch in Zukunft alle gemeinsam
für die Verkehrssicherheit auf deutschen Straßen einset-
zen, bin ich zuversichtlich, dass das Statistische Bundes-
amt im nächsten Jahr wieder einen Rückgang der Zahl
der Verkehrstoten verkünden wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 17/5530 und 17/5772 an die in der Taesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Edgar Franke, Christine Lambrecht, Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen – Drucksache 17/3685 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Rechtsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege r. Edgar Franke für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser ntrag, der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion, mit em Titel „Korruption im Gesundheitswesen wirksam ekämpfen“ ist nicht nur gut, sondern auch notwendig. r ist notwendig, weil der gesetzlichen Krankenvericherung durch Korruption, durch Abrechnungsbetrug nd vor allen Dingen durch Falschabrechnungen jedes ahr erhebliche Summen an Versicherungsgeldern verlon gehen. Man kann darüber streiten, ob es 5, 10 oder ogar 20 Milliarden Euro sind, wie Transparency Interational behauptet. Zumindest handelt es sich um eine esige Summe; das ist unter Fachleuten unbestritten. iese finanziellen Schäden gehen zulasten der Solidaremeinschaft, zulasten der Versicherten und vor allen ingen zulasten des Staates. In den Gesundheitsfonds ahlt der Staat in diesem Jahr bekanntlich 15,3 Milliaren Euro ein. Nicht zu vergessen ist, dass dadurch auch er Wettbewerb der Leistungserbringer beeinträchtigt ird. Am Dienstag dieser Woche haben Herr Lauterbach, rau Reimann und ich eine Pressekonferenz zum Thema Korruption im Gesundheitswesen“ veranstaltet. Viele ournalisten haben uns gefragt: Warum ist die Korrupon gerade im Gesundheitsbereich so massiv? Der rund ist eigentlich ein ganz einfacher: Es liegt an den brechnungsmodalitäten. Wir von der SPD sind für die Beibehaltung des Sachistungsprinzips. Das hat allerdings zur Folge, dass das ystem ein Stück weit intransparent ist. So rechnen Veragsärzte in der Regel mit der Kassenärztlichen Bundesereinigung ab, ohne dass der Patient die Abrechnung Dr. Edgar Franke )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711210100

(Beifall bei der SPD)

Dr. Edgar Franke (SPD):
Rede ID: ID1711210200




(A) )

sieht. Es ist nur schwer zu kontrollieren, ob Apotheker
Medikamente beispielsweise aufgrund eines verkauften
Luftrezeptes ausgeben. Es ist auch nicht immer zu klä-
ren, was genau Pharmavertreter in Praxen und Apothe-
ken treiben. In einem solchen System sind der Anreiz
und letztlich auch die Versuchung groß – vielleicht kann
man auch sagen: die Hemmschwelle ist gering –, mehr
abzurechnen. Hinzu kommt: Abrechnungsmissbräuche
werden in der Praxis kaum geahndet. Im Strafrecht be-
steht hier eine Regelungslücke. Deswegen fordern wir
von der SPD:

Erstens. Nach der jetzigen Rechtslage können nieder-
gelassene Ärzte im Gegensatz zu angestellten Ärzten
nicht wegen Bestechlichkeit bestraft werden. Wir for-
dern hier eine rechtliche Klarstellung.


(Beifall bei der SPD)


Zwar wird der Große Strafsenat des BGH noch in die-
sem Jahr eine Grundsatzentscheidung fällen. Aber wir
sagen ganz klar: Es kann nicht sein, dass Ärzte be-
stimmte Therapien und Medikamente nur deshalb ver-
ordnen, weil sie dafür Geld oder Sachwerte von der In-
dustrie bekommen. Das darf nicht sein.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


In einem Fall, den der BGH entscheiden muss, hat ein
Arzt beispielsweise Reizstromgeräte bekommen. In ei-
nem anderen Fall hat ein Pharmaunternehmen einem
Arzt eine Barrückvergütung – in der Fachsprache heißt
sie Kick-back-Zahlung – in Höhe von 800 Euro gewährt,
wenn er mit einem bestimmten Medikament pro Quartal
einen Umsatz von mindestens 10 000 Euro macht. Dann
spielen ganz andere als medizinische Gründe für die Art
der Verschreibung die maßgebende Rolle, und das darf
aus unserer Sicht nicht sein.

Zweitens. Zumindest dann, wenn Krankenhäuser sys-
tematisch falsch abrechnen, muss dies sanktioniert wer-
den. Wenn ein Krankenhaus falsch abrechnet, passiert in
der Praxis bisher nichts; ganz im Gegenteil. Wenn eine
Krankenkasse eine Abrechnung moniert, die aber richtig
ist, muss die Krankenkasse 300 Euro an das Kranken-
haus bezahlen. Das ist, glaube ich, in der Sache nicht be-
gründet.

Drittens. Gegenüber den Bundesländern ist anzuregen
– das ist aus unserer Sicht wirklich von Bedeutung –,
dass diese qualifizierte Schwerpunktstaatsanwaltschaf-
ten und Ermittlungsgruppen bei der Kriminalpolizei ein-
richten. Das haben einige Bundesländer schon gemacht,
das sollten aber alle machen. Dann wäre zum Beispiel
die Rechtsprechung zum Betrugsschaden im Sinne von
§ 263 StGB, die sich auf das Sozialversicherungsrecht
bezieht, den Staatsanwälten bekannt. Viele Staatsan-
wälte gehen solchen Tatbeständen nämlich nicht nach,
weil sie sich im Sozialversicherungsrecht nicht ausken-
nen.

Viertens. Aus unserer Sicht ist unabhängig davon, wie
das BGH-Urteil lauten wird, ein sozialversicherungs-
rechtlicher Straftatbestand neu zu schaffen, der die ge-
setzliche Krankenversicherung und die Patienten effek-
tiv schützt. In den beschriebenen Fällen, in denen ein

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(C (D harmavertreter einen Arzt – umgangssprachlich gesagt – chmiert, ist im Sinne des Betrugstatbestands oftmals ein Schaden entstanden; denn der Arzt hat ein ganz groes Auswahlermessen bei den Medikamenten. Da ist ichts nachzuweisen. Die Krankenkasse muss dann ertatten. Insofern ist vor allen Dingen ein Vertrauensschaen beim Patienten entstanden, der strafrechtlich nicht u fassen ist. Hier besteht aus unserer Sicht dringend andlungsbedarf. Fünftens. Wir brauchen Stellen zur Bekämpfung von ehlverhalten bei den Krankenversicherungen. Sie müsen als Profitcenter organisiert werden. Es kann nicht ein, dass die Krankenkassen, die sich im Bereich der ehlverhaltensbekämpfung engagieren, mit finanziellen achteilen bestraft werden. Ich komme zum Schluss, auch wenn ich zu diesem hema noch ein paar Minuten reden könnte. Aus unserer icht ist es wichtig, dass die Effizienz und Wirtschaftchkeit im Bereich des Gesundheitswesens gestärkt weren. Das ist auch gerade im Interesse der Ärzte, die ehrch abrechnen. Das ist die breite Mehrheit. Die Ärzte ind in ihrem Job in der Regel sehr engagiert. Diejenien, die falsch abrechnen, schädigen auch die ehrlich abchnenden Ärzte. Es gibt ja ein Gesamtbudget. Der rzt, der mehr verschreibt, als er eigentlich dürfte, oder er falsch verschreibt oder der sich bei der Abrechnung on krimineller Energie leiten lässt, schädigt die ehrlihen Ärzte. Sie hatten angekündigt, zum Schluss zu kommen, err Kollege. Ja. – Die notwendigen finanziellen Mittel stehen dann icht zur Verfügung, weil ein „korrupter“ Arzt entsprehend verschrieben hat. In dem Sinne ist unser Antrag nicht nur notwendig, icht nur sinnvoll, sondern er ist auch in der Sache beründet. Ich danke Ihnen. Wir haben zu danken, Kollege Dr. Franke. – Jetzt für ie Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Dietrich onstadt. Bitte schön, Kollege Monstadt. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Meine Damen und Herren! Die Ausgaben des Geundheitsfonds betrugen im letzten Jahr 170 Milliarden uro. Diese riesige Summe weckt bei allen Beteiligten, ie von diesem System profitieren wollen, Begehrlicheiten, sich legal wie auch illegal ein großes – manchmal Dietrich Monstadt )


(Beifall bei der SPD)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711210300
Dr. Edgar Franke (SPD):
Rede ID: ID1711210400

(Beifall bei der SPD)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711210500

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dietrich Monstadt (CDU):
Rede ID: ID1711210600

(B)





(A) )

ein zu großes – Stück aus dem Gesamtkuchen herauszu-
schneiden.

Alle Beteiligten stehen gegenüber den Mitgliedern
und Versicherten in der Verantwortung dafür, dass die
begrenzten Mittel sinnvoll, wirtschaftlich und zweckmä-
ßig eingesetzt werden. Die gesetzlichen Krankenkassen
sind Treuhänder der Beiträge, die ihre Mitglieder einge-
zahlt haben.

Es gibt Fehlverhalten. Wer sich etwa als Leistungser-
bringer korrumpieren lässt oder falsch abrechnet, ver-
geht sich an der Gemeinschaft der Versicherten und der
Versorgung kranker Menschen. Wer als Arzt Geld- oder
Sachleistungen annimmt, damit er bestimmte Medika-
mente verordnet, die gegebenenfalls dem Patienten nicht
nutzen, sondern ihn nur Risiken und Nebenwirkungen
aussetzen, wendet sich vom zentralen Prinzip des ärztli-
chen Berufes ab, dass nämlich das Wohl des Kranken
oberstes Gebot ist. Dennoch gehen wir – ich nehme an,
wir alle gemeinsam – davon aus, dass Ehrlichkeit der
Regelfall ist und Korruption, Abrechnungsbetrug und
Falschabrechnung die Ausnahme darstellen. Pauschal-
verdächtigungen sind fehl am Platz.

Es ist auch wenig hilfreich, wenn man versucht, ei-
gene fehlgeleitete Politik durch den Versuch zu korrigie-
ren, drastische Sanktionen zu verhängen, wie wir dies in
diesem Hohen Haus beim Antrag der SPD im Zusam-
menhang mit der Androhung von Geldbußen von bis zu
10 000 Euro gegen niedergelassene Ärzte bei bevorzug-
ter Behandlung von Privatpatienten erlebt haben.

Seit 2004 besteht eine gesetzliche Grundlage zur Be-
kämpfung von Fehlverhalten. Gesetzliche Krankenkas-
sen wie auch der Spitzenverband sind seitdem verpflich-
tet, besondere Stellen zur Fehlverhaltensbekämpfung
einzurichten und hierüber zu berichten. Diese Stellen
sind auch zur Unterrichtung der Staatsanwaltschaft in
solchen Fällen verpflichtet, in denen ein Anfangsver-
dacht auf strafbare Handlungen hinweist. Im Übrigen
werden wir mit dem Versorgungsgesetz ein ausdrückli-
ches Verbot der Zuweisung gegen Entgelt einführen.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag
der SPD fordert die Bundesregierung auf, im Strafge-
setzbuch zu regeln, dass Korruptionshandlungen nieder-
gelassener Vertragsärzte Straftatbestände darstellen. Die-
ser Antrag ist überflüssig. Schon heute ist jede
Korruptionshandlung – auch durch Ärzte – strafrechtlich
sanktioniert. Mit diesem Antrag ist wohl etwas anderes
gemeint. Es soll die aktuelle Praxis des Pharmamarke-
tings unter Strafe gestellt bzw. nach Vorstellung der SPD
ein Sondertatbestand, insbesondere für Ärzte, geschaffen
werden. Aber auch dies ist vor dem Hintergrund der ak-
tuellen Rechtslage überflüssig.

Während wir diese Forderung der SPD diskutieren,
liegen seit drei Wochen im Großen Senat für Strafsachen
des BGH die zentralen Fragen der juristischen Auseinan-
dersetzung in diesem Zusammenhang vor: erstens die
Entscheidung, ob ein niedergelassener Vertragsarzt bei
der Behandlung gesetzlich Versicherter als Amtsträger
nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB anzusehen ist,
mit der Folge, dass die Beteiligten ein Amtsdelikt, zum

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(C (D eispiel Vorteilsannahme, Bestechlichkeit oder Bestehung begehen können, und zweitens, ob der Vertragsrzt Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im inne des § 299 StGB ist. Dies könnte bei Annahme von uwendungen den Tatbestand der Bestechlichkeit und estechung im geschäftlichen Verkehr begründen. Diese ragen sind in der Literatur umstritten. Höchstrichterlihe Entscheidungen hierzu sind bisher nicht ergangen. as Urteil des Großen Senats wird die Rechtslage klän, und dies voraussichtlich schneller, als das von der PD geforderte Gesetzgebungsverfahren dauern würde. ir alle sind gut beraten, die Entscheidungen des Bun esgerichtshofs abzuwarten. Wir wollen keine Sondertraftatbestände für Ärzte. Der vorliegende Antrag der SPD fordert die Bundesgierung weiter auf, durch entsprechende gesetzliche egelungen sicherzustellen, dass systematische Falschbrechnungen von Krankenhäusern mit spürbaren Sankonen geahndet werden. Wir wissen, dass Falschabrechungen vorkommen, übrigens sowohl zulasten der rankenkasse als auch zulasten des Krankenhauses. Es ibt keine amtliche Statistik über zu hohe Krankenhausbrechnungen. Die aktuellsten Daten legen eine Prüfuote durch den MDK von etwa 10 bis 12 Prozent auflliger Krankenhausabrechnungen zugrunde. Davon erden etwas über 40 Prozent als falsch festgestellt. Das ind etwa 4 Prozent aller Krankenhausrechnungen. Intessant ist, dass sich die beanstandeten durchschnittlich 0 Prozent auf zwei Drittel der geprüften Krankenhäuser erteilen. Damit konzentriert sich das Gros des Fehlveraltens auf diese wenigen schwarzen Schafe. Meine Daen und Herren der SPD, ich erkenne in diesem Zusamenhang an, dass Sie die Sanktionen ausdrücklich auf ystematische Falschabrechnungen begrenzen wollen, lso auf solche Fälle, die etwa Vorsatz oder ein Mindestaß an krimineller Energie enthalten. Ein seit längerer Zeit diskutiertes Thema ist, dass eierseits die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufandspauschale in Höhe von 300 Euro zahlen muss, lls die Prüfung einer Krankenhausrechnung nicht zu iner Minderung des Abrechnungsbetrags führt, anderereits fehlt eine korrespondierende Regelung bzw. Sankon im umgekehrten Fall. Im Übrigen ist dies eine Regeng, die von Ihrer Ministerin Ulla Schmidt eingeführt urde. Hintergrund dieser Regelung ist, Kassen davon bzuhalten, ihre Zahlungen an Krankenhäuser unberechgt zu verzögern und die Prüfungen zielgenau auf solche brechnungen zu konzentrieren, die Auffälligkeiten aufeisen. Pflicht des MDK und der Krankenkassen ist es, eitragsmittel gerade zur Prüfung der vorgelegten Rechungen einzusetzen. Ob hier weitere Sanktionen oder ar Strafen erforderlich sind, muss überlegt werden. Die SPD fordert in dem vorliegenden Antrag weiter ie Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften zw. Verwaltungseinheiten mit sozialrechtlichem Speialwissen. Dies soll angesichts fehlender Gesetzgeungskompetenz durch einen dringenden Appell der undesregierung an die Bundesländer erfolgen. Verehrte olleginnen und Kollegen der SPD, in Ihrer Begrünung weisen Sie auf die „bereits eingerichteten Schwerunktstaatsanwaltschaften bzw. speziellen Verwaltungs Dietrich Monstadt )





(A) )

einheiten, z. B. in Bayern, Saarland, Rheinland-Pfalz,
Hessen, Niedersachsen“ hin. Wer führt denn mit Aus-
nahme von Rheinland-Pfalz die von Ihnen erwähnten
Bundesländer? Was hindert Sie daran, auch in den von
der SPD geführten Bundesländern Ähnliches von Ihren
dort verantwortlichen Parteifreunden zu fordern? Han-
deln Sie insoweit!

Neben der Sache liegt im Übrigen der Begründungs-
ansatz, den zuständigen Staatsanwaltschaften zu unter-
stellen, sie würden die ständige Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts und des BGH in Strafsachen nicht
kennen.

Weiterhin verlangt die SPD in ihrem Antrag die Ein-
führung eines besonderen auf sozialversicherungsrecht-
liche Sachverhalte abzielenden Straftatbestandes. Zur
Begründung wird der Fall eines Arztes herangezogen,
der eine OP ausführt, obwohl er dafür nicht ausreichend
qualifiziert ist. Gerade bezogen auf dieses Beispiel halte
ich Sonderstraftatbestände für Ärzte für überflüssig. Das
StGB ist auch in diesen Fällen ausreichend.

Schließlich schlägt die SPD in ihrem Antrag einen
Weg dafür vor, wie man die von den Krankenkassen ein-
gerichteten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten
von der Verwaltungskostendeckelung freihalten kann.
Ich halte das im Antrag dafür vorgeschlagene „Profit-
center“ schon rein begrifflich für etwas unglücklich.
Dennoch würde ich mich dem grundsätzlichen Anliegen
nicht verschließen, hier eine sinnvolle Regelung zu fin-
den, mit der eine effiziente Bekämpfung von Fehlverhal-
ten gefördert wird.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die An-
träge der SPD in dieser Form nicht umsetzbar sind. Sie
müssen daher zurückgewiesen werden.

Meine Damen und Herren, solange es eine gesetzliche
Krankenversicherung gibt, werden wir immer wieder
nach Wegen suchen müssen, Missbrauch vorzubeugen,
ihm entgegenzuwirken bzw. ihn aufzuklären und ihn zu
sanktionieren. Wir wollen gemeinsam Beitragszahler,
Patienten und Leistungserbringer, die sich im Regelfall
korrekt verhalten, vor dem Fehlverhalten einer Minder-
heit schützen. Über die besten Wege dahin sind wir im-
mer zu einer konstruktiven Diskussion bereit.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711210700

Vielen Dank, Herr Kollege Monstadt. – Jetzt spricht

für die Fraktion Die Linke unsere Kollegin Kathrin
Vogler. Bitte schön, Frau Kollegin Kathrin Vogler.


(Beifall bei der LINKEN)



Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711210800

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Ich möchte
mich als Allererstes – ich denke, ich spreche hier auch in
Ihrem Namen – bei all jenen, die sich in den letzten Ta-
gen so unermüdlich und engagiert dafür eingesetzt ha-
ben, den gefährlichen Darminfektionen durch den

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(C (D HEC-Keim auf den Grund zu gehen, und allen, die sich m die daran schwer erkrankten Menschen gekümmert aben, bedanken. ie alle, Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Mitarbeitennen und Mitarbeiter in den Kliniken, Wissenschaftlennen und Wissenschaftler in den entsprechenden Einchtungen, haben eine großartige Leistung vollbracht nd sich selbstlos für das Gemeinwohl eingesetzt. Ich öchte ihnen allen meinen ganz herzlichen Dank dafür ussprechen und allen von dieser Krankheit Betroffenen nsere besten Genesungswünsche schicken. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall im ganzen Hause)


Wir alle wissen, dass eine solche Selbstlosigkeit ein
roßer Antrieb für viele Menschen im Gesundheitswe-
en ist. Unter Einsatz all ihrer Fähigkeiten und manch-
al auch über ihre Grenzen hinaus dienen sie den Pa-
entinnen und Patienten und damit der Gesellschaft.


(Beifall der Abg. Stefanie Vogelsang [CDU/ CSU])


Korrupte Praktiken sind daher nicht nur eine finan-
ielle Belastung, wie das der Kollege Monstadt ja schon
usgeführt hat, sondern sie sind auch ein moralischer
chlag ins Gesicht all jener, die die Interessen der Pa-
entinnen und Patienten im Gesundheitswesen ganz
ach oben und in den Mittelpunkt ihrer eigenen Arbeit
tellen, und das ist die Mehrheit.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Antikorruptionsinitiative Transparency Interna-
onal bezeichnet es als Korruption, wenn anvertraute
acht zum eigenen Vorteil missbraucht wird. Im Ge-

undheitswesen haben wir es wirklich manchmal mit ei-
er erstaunlichen Breite von kriminellem oder zumindest
eutlich unethischem Handeln zu tun: Krankenhäuser
ahlen für jeden überwiesenen Patienten eine Fangprä-
ie, und Pharma- und Medizintechnikkonzerne vergüten

ie Verordnung ihrer Produkte; das haben wir schon ge-
ört. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vermie-
n ihren guten Ruf an die PR-Abteilungen von Konzer-
en, und Ärztinnen und Ärzte verbünden sich mit
pothekern und Versicherten, um über fingierte Abrech-
ungen die Krankenkassen zu betrügen. Zu guter – oder
chlechter – Letzt gründen Unternehmen eigene Patien-
nselbsthilfegruppen und instrumentalisieren die Kran-
en für Kampagnen zugunsten ihrer Produkte.

Diese Korruption kostet nicht nur das Geld der Versi-
herten, also unser aller, das dann in der Versorgung der
atientinnen und Patienten fehlt, nein, solches Fehlver-
alten richtet auch erheblichen Schaden im Vertrauens-
erhältnis zwischen Ärztinnen und Ärzten und Patientin-
en und Patienten an. Wenn ein Patient nicht mehr sicher
ein kann, dass das, was die Frau Doktor empfiehlt,
irklich das beste Mittel oder die qualifizierteste Be-
andlung ist, sondern fürchten muss, dass die Empfeh-





Kathrin Vogler


(A) )


)(B)

lung durch finanzielle Interessen geleitet ist, dann
schwindet sein Vertrauen und damit seine Bereitschaft,
die Therapie durchzuhalten.


(Zuruf von der FDP: Die Ärzte haben das höchste Ansehen, Frau Vogler!)


Im Antrag der SPD-Fraktion wird geschätzt, dass die
Kassen in Deutschland jährlich 5 Milliarden bis 18 Mil-
liarden Euro durch Korruption und Betrug verlieren. Das
bedeutet: Bei konsequenter Korruptionsbekämpfung
könnte der Kassenbeitrag um bis zu 1,5 Prozentpunkte
sinken.

In Ihrem Antrag konzentrieren Sie sich dann aber lei-
der allzu sehr auf die kleinen Fische im Meer der Kor-
ruption. Sie richten Ihre Aufmerksamkeit vor allem auf
die Ärztinnen und Ärzte, die Krankenhäuser, die Apo-
thekerinnen und Apotheker, und da insbesondere auf die
Fälle, die ohnehin schon öffentlich bekannt geworden
sind. Alles zusammengerechnet würden Sie bei diesen
Vorgängen vermutlich auf eine Gesamtschadenssumme
von maximal 1 Milliarde Euro kommen. Da derzeit deut-
lich weniger Fälle ermittelt werden, ist es richtig, dass
Sie die Zahl der spezialisierten Ermittler erhöhen wol-
len.

Die Ausweitung des Bestechungsparagrafen auf nie-
dergelassene Ärztinnen und Ärzte ist meiner Ansicht
nach ebenfalls sinnvoll, auch wenn sie nur aktuelle Ent-
wicklungen in der Rechtsprechung nachvollzieht. Aber
manchmal ist es auch gut, wenn man nicht alles den
Richterinnen und Richtern überlässt.

Von den geschätzten 5 Milliarden oder gar
18 Milliarden Euro sind wir aber auch dann noch weit
entfernt, wenn wir alles umsetzen, was Sie vorschlagen.
Das heißt, die kleinen Fischen im korrupten Netz krie-
gen wir vielleicht an die Angel, aber die großen Haie
nicht. Solange Sie sich nicht auch die Beziehungen zwi-
schen der klinischen und akademischen Medizin und der
Industrie vornehmen, lassen Sie die großen Haie weiter
im Karpfenteich des Gesundheitswesens wildern.

Der kritische Arzt Dieter Lehmkuhl schreibt im
Rundbrief von Transparency International, ein Großteil
der deutschen Ärzteschaft habe kein kritisches Bewusst-
sein über die Beziehungen zur Industrie und mögliche
finanzielle Verflechtungen. Der Umgang mit Interessen-
konflikten sei ungetrübt und naiv, urteilt er. Ich habe,
ehrlich gesagt, manchmal den Eindruck, dasselbe könnte
man auch über die Politik sagen.

Naivität und Gewinnstreben werden zum Einfallstor
für die großen Konzerne und ihre Lobbyisten. Hier ste-
hen wir korrupten Netzwerken gegenüber, deren Mit-
glieder teilweise überhaupt kein Unrechtsbewusstsein
haben. Deswegen brauchen wir gesetzliche Regelungen
und entsprechende Kontrollmechanismen.


(Beifall bei der LINKEN)


Mehr Transparenz bedeutet, dass finanzielle Verflech-
tungen und Interessenkonflikte offengelegt werden müs-
sen. Anfangen sollten wir – damit komme ich zum
Schluss – bei uns selbst, im politischen Raum: Solange
wir nicht verhindern, dass private Versicherungskon-

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(C (D erne Parteien sponsern, dass jemand, der über öffentlihe Impfkampagnen mitentscheidet, auf den Gehaltslisn der Pharmaindustrie steht, oder dass Führungskräfte us öffentlichen Einrichtungen nahtlos in Wirtschaftsnternehmen wechseln können, brauchen wir uns nicht ber unterentwickeltes Unrechtsbewusstsein in der Ärzschaft zu wundern. Ich danke Ihnen. Vielen Dank, Frau Kollegin Kathrin Vogler. – Jetzt pricht für die Fraktion der FDP unser Kollege Dr. Erwin otter. Bitte schön, Kollege Dr. Erwin Lotter. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711210900


Dr. Erwin Lotter (FDP):
Rede ID: ID1711211000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine Damen und Herren! Missbrauchsbe-
ämpfung ist zwar in unser aller Interesse, aber Ihr An-
ag, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD,
trotzt nur so vor Unterstellungen gegenüber einem ge-
amten Berufsstand. Nicht nur als Parlamentarier, son-
ern auch als Arzt bin ich geradezu entsetzt über die Art
nd Weise, wie hier die gesamte Ärzteschaft unter Gene-
lverdacht gestellt wird.

Die SPD sieht an allen Ecken und Enden Korruption
nd Missachtung der Patienten, der man nur noch mit
em Holzhammer schärferer Strafgesetze entgegentreten
ann. Das muss vor vier Jahren, als die SPD in der Gro-
en Koalition regierte, noch ganz anders gewesen sein.
och im Jahr 2007 hat die ehemalige Gesundheitsminis-
rin Ulla Schmidt von der SPD in einem Interview mit
em Magazin stern ihre Behauptung wiederholt,
eutschland habe das beste Gesundheitswesen der Welt.
nur vier Jahren scheint sich dieses System in einen
orruptionssumpf nach dem Muster maroder Bananen-
publiken verwandelt zu haben, und das ausgerechnet

us der Sicht von SPD-Gesundheitspolitikern, die noch
or wenigen Jahren Ulla Schmidt und ihrer Lobpreisung
es deutschen Gesundheitswesens zugejubelt haben.

Niedergelassenen Vertragsärzten wird generell die
eigung zum Betrug unterstellt. Krankenhäusern wird
ei Falschabrechnungen systematisches Vorgehen unter-
tellt. Nicht nur das: Es entsteht der Eindruck, Patienten
ämen in Lebensgefahr, weil zahlreiche Ärzte nicht de-
n Wohl, sondern nur die Höhe von Schmiergeldzahlun-

en fest im Blick hätten. Dabei unterstellen Sie, der Pa-
ent würde wissentlich falsch behandelt werden. Eine
nterstellung der übelsten Sorte! Denn das Gegenteil ist
er Fall: Der hippokratische Eid verpflichtet Ärztinnen
nd Ärzte, sich nach bestem Wissen und Gewissen um
as Wohl der Patienten zu kümmern. Dies sind keine
ohlen Worte; denn gerade im Bereich der niedergelas-
enen Ärzte neigen viele Mediziner zur Selbstaus-
eutung. Sie arbeiten aufgrund der herrschenden Hono-
rdeckelung wochenlang umsonst, verbringen viele
tunden in der Praxis oder auf Hausbesuchen.


(Zuruf der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])






Dr. Erwin Lotter


(A) )


)(B)

– Frau Vogler, Sie selber haben vorhin das Engagement
der Ärzte dankenswerterweise herausgestellt. In einem
Korruptionssumpf wäre so etwas schlecht vorstellbar.

Was treibt eigentlich die Kolleginnen und Kollegen
von der SPD dazu, ein solches Bild der Ärzteschaft zu
vertreten?


(Mechthild Rawert [SPD]: Das ist Ihre Unterstellung!)


Was ist das für ein Verständnis vom Arztberuf? Sicher,
meine Damen und Herren, in jedem Berufszweig gibt es
schwarze Schafe. Kriminelle Handlungen müssen
unnachsichtig verfolgt und verurteilt werden. Aber
schwarze Schafe gibt es doch in jedem Berufszweig. So-
gar unter Politikern soll es schon schwarze Schafe gege-
ben haben.

Nun aber zu Ihren Behauptungen und unausgegore-
nen Vorschlägen im Einzelnen: Erstens. Die SPD be-
hauptet, durch Fehlverhalten im Gesundheitswesen ent-
stehe den Krankenkassen in Deutschland ein Schaden in
Höhe von bis zu 18 Milliarden Euro jährlich. Bei allem
Respekt vor dem European Healthcare Fraud & Corrup-
tion Network, dessen Studie dieser Vermutung zugrunde
liegt, aber in dieser Quelle wurde Deutschland überhaupt
nicht untersucht. Erwähnt werden insgesamt sechs Staa-
ten, zum Beispiel die USA und Neuseeland, aber nicht
die Bundesrepublik. Die Summe ist also völlig aus der
Luft gegriffen.

Seit 2007 hat der GKV-Spitzenverband eine Stelle zur
Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen
aufgebaut. Bislang liegen mehrere Berichte von Kran-
kenkassen auf Landesebene über Verdachtsfälle vor, die
aber bislang nicht zusammengefasst wurden. Laut einem
Bericht des Bundesgesundheitsministeriums an den Ge-
sundheitsausschuss, der vorgestern vorgelegt wurde, lau-
tet der aktuelle Sachstand:

Eine nachvollziehbare Schätzung der durch Fehl-
verhalten verursachten jährlichen materiellen Schä-
den im Gesundheitswesen ist nicht möglich.

Zurzeit werden Kriterien erstellt, um die Berichte zu
standardisieren und vergleichbar zu gestalten. Eine ein-
heitliche Datenerhebung, die belastbare Zahlen enthält,
wird voraussichtlich 2012 vorliegen. Eines ist klar: Bei
ihren Behauptungen zur Schadenshöhe tappen die So-
zialdemokraten im Dunkeln.

Zweitens. Der Antrag fordert zusätzliche Vorschriften
im Strafgesetzbuch, insbesondere in Bezug auf § 299
StGB, in dem es um Bestechlichkeit im geschäftlichen
Verkehr geht. In der Tat ist es höchst umstritten, ob
§ 299 StGB auch Ärzte erfasst, die als Vertragsärzte für
die gesetzlichen Krankenkassen tätig werden. Einzelne
Entscheidungen wie die des Oberlandesgerichts Braun-
schweig vom Februar 2010 gehen davon aus, dass ein
niedergelassener Kassenarzt ein Beauftragter des ge-
schäftlichen Betriebs einer Krankenkasse sei. Somit
käme er als Täter gemäß dieser Strafvorschrift in Be-
tracht. In der juristischen Literatur wird dies aber teil-
weise bestritten. Höchstrichterliche Entscheidungen sind
hierzu bislang nicht ergangen. Eine Klärung der Rechts-

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(C (D ge ist erst in Kürze durch das Urteil des Großen Senats es Bundesgerichtshofs zu erwarten. Was schließen wir daraus, meine Damen und Herren? twa dass der Gesetzgeber schnell neue Vorschriften infügen muss, während die Rechtsprechung noch um ie Auslegung der alten ringt? Es ist doch nicht die Aufabe der Legislative, Klarstellungen zur Rechtsausleung zu verabschieden. Ebenso ist es unnötig, wie die SPD fordert, einen zuätzlichen Straftatbestand zu schaffen, der die besondere tellung der GKV schützt. Was, bitte sehr, soll eigentlich urch eine solche Norm genau geschützt werden? Dieser egriff wäre allenfalls eine Generalklausel, die für Ratsigkeit und eine Prozesslawine sorgt. Dies werden wir Sinne klarer Rechtsverhältnisse nicht mitmachen. 2003 wurden die Krankenkassen und die Körperchaften der Ärzte und Zahnärzte dazu verpflichtet, oranisatorische Einheiten zur Bekämpfung von Fehlveralten einzurichten. Diese arbeiten seither erfolgreich. berdies wurde von den Beteiligten die bundesweite Areitsgemeinschaft zur Bekämpfung von Fehlverhalten Gesundheitswesen eingerichtet, deren Aufgabe es ist, ie gesammelten Daten und Berichte zu standardisieren. eiterhin haben wir Ärztekammern, Krankenhausge ellschaften und Clearingstellen auf Länderebene. Diese berprüfen, ob Absprachen und Verträge niedergelasseer Ärzte mit Krankenhäusern unter verschiedenen chtlichen Aspekten zulässig sind. Es stehen also schon tzt genügend handlungsfähige Strukturen zur Verfüung, mit denen dem Missbrauch von Finanzmitteln im esundheitswesen wirksam begegnet werden kann. Meine Damen und Herren, wir Liberalen lehnen den ntrag der SPD in aller Entschiedenheit ab. Wie in vien anderen gesellschaftlichen Bereichen zeigt er in chöner Eindeutigkeit: Die Sozialdemokraten haben kein ertrauen in den Einzelnen. Sie misstrauen allen und jeem. Die Ärzteschaft bleibt leider ein Feindbild. Ihr Pantrezept, meine Damen und Herren von der SPD, ist: ontrolle, Kontrolle und noch mehr Kontrolle, Gesetze nd noch mehr Gesetze. Wohin das gerade im Gesundeitswesen geführt hat, dürfte allgemein bekannt sein. och mehr staatliche Bevormundung ist das Letzte, was ie Mediziner in Deutschland benötigen. Vielen Dank, Kollege Dr. Erwin Lotter. – Jetzt hat für ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Kollegin rau Maria Klein-Schmeink das Wort. Bitte schön, Frau ollegin. Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711211100
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

en und Kollegen! Keine Angst, ich lese keine Rede ab –
eil wir das zum einen zu später Stunde nicht nötig ha-
en und weil das zum anderen in der Sache nicht weiter-
ilft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Maria Anna Klein-Schmeink


(A) )


)(B)

Hier geht es weder um einen Generalverdacht gegen
die Ärzte noch um die Schaffung eines rechtlichen Son-
dertatbestands für die Ärzte, sondern es geht, wie es im
Antrag der SPD heißt, um das Thema „Korruption im
Gesundheitswesen“. Über dieses Thema sollten wir an
dieser Stelle auch reden, und zwar nicht als Lippenbe-
kenntnis, mit dem die Entschlossenheit dieses Parlamen-
tes, wirksam dagegen vorzugehen, lediglich suggeriert
wird, sondern man muss sich tatsächlich um diese Sache
kümmern und schauen, wie man weiterkommt. Es geht
nicht nur um eine geschlossene Haltung, sondern auch
darum, der Korruption im Gesundheitswesen entschlos-
sen entgegenzutreten. In diesem Bereich gibt es noch et-
liche Mängel zu verzeichnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Diesen Mängeln sollten wir uns tatsächlich widmen.

Hier müssen wir uns natürlich die Frage stellen, ob
der Antrag der SPD wirklich gut ist, wie Herr Dr. Franke
für sich in Anspruch genommen hat. In der Tat hat der
Antrag zwei Mängel, nämlich zum einen den Mangel,
dass das schon genannte höchstrichterliche Urteil in
Kürze zu erwarten ist. Da wird eine Klarstellung erfol-
gen. Es wird klargestellt, ob man den Korruptionstatbe-
stand überhaupt auf niedergelassene Ärzte anwenden
kann. Wenn das so ist – vieles spricht dafür –, dann wird
es auch rückwirkend eine andere Rechtslage geben. Dies
wird viele der hier bereits erwähnten Praktiken infrage
stellen und zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Von daher haben wir einen guten Grund, abzuwarten und
diesen Antrag in dieser Form nicht zu beschließen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der zweite Mangel dieses Antrags ist aus meiner
Sicht ebenfalls gravierend. In diesem Antrag wird nicht
klar zwischen Korruption und Fehlern im System unter-
schieden. Ein Fehler im System meint beispielsweise
eine fehlerhafte Abrechnung der Krankenhäuser mit den
Krankenkassen. Das ist eine ganz andere Gemengelage,
eine ganz andere Problemlage als die bei einer Korrup-
tion, also bei gezieltem, bewusstem, gewolltem Betrug.
Dieser muss nachhaltig eingedämmt werden, um das
richtige Signal in das System zu senden. Es ist ganz
wichtig, dass wir hier eine klare Unterscheidung vorneh-
men und nicht das eine mit dem anderen verwechseln
und beides in einen Sack stecken. Das an Ihre Adresse.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich glaube auch, dass wir denjenigen, die eben ge-
nannt worden sind und die mit großem Engagement im
Bereich der gesundheitlichen Versorgung arbeiten, die
nicht falsch abrechnen und nicht betrügen, keinen Gefal-
len tun, wenn wir dies vermengen.

Es gibt weiteren Regelungsbedarf, nämlich Transpa-
renz herzustellen. Die Grünen haben in diesem Jahr eine
Kleine Anfrage zu den Einrichtungen für die Bekämp-
fung der Korruption und des Fehlverhaltens im Gesund-

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(C (D eitswesen gestellt. Wir haben in der letzten Legislatureriode zwei Berichte über die Arbeitsweise dieser 2003 ingerichteten Stellen entgegengenommen. Wir müssen ststellen: Wir wissen beinahe nichts. Wir tappen im unkeln, und wir haben nicht dafür gesorgt, dass die otwendige Transparenz vorhanden ist, um gegen Korption im Gesundheitswesen gezielt anzugehen. (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Vollkommen richtig!)


ir meinen: Diese Art von bewusstem Nichtwissen dür-
n wir nicht länger hinnehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ich kann die Antwort auf die Kleine Anfrage vorlesen
daran sieht man sehr deutlich, worum es geht –:

Da die Unterrichtungspflicht über Aufwandsent-
schädigungen gegenüber der Kassenärztlichen Bun-
desvereinigung und dem GKV-Spitzenverband fest-
gelegt ist, liegen der Bundesregierung keine
Erkenntnisse über die Höhe von gezahlten Auf-
wandsentschädigungen vor.

as ist eine klassische Antwort.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts wissen, nichts hören, nichts tun!)


Wir haben sehr viele Antworten dieser Art in der
leinen Anfrage erhalten, Antworten, die zeigen, wie
iel Nichtwissen und wie wenig Entschlossenheit wir
ns im Kampf gegen Korruption und Fehlverhalten der-
eit noch leisten. Ich glaube, wir müssen beträchtlich vo-
nkommen, wenn wir sicherstellen wollen, dass das
ystem die richtige Botschaft empfängt: Korruption hat

Gesundheitswesen nichts zu suchen. Wir müssen da-
egen geschlossen und entschlossen angehen, und wir
üssen für die richtigen Instrumente sorgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])


Das ist etwas, was Sie im Versorgungsgesetz teilweise
Angriff nehmen; aber das ist nicht alles, was wir tun
üssen. Wir müssen vielmehr für wirklich schlagkräf-
ge Instrumente sorgen und dürfen uns nicht hinter un-
rstellten Zuschreibungen und hinter dem Zuschreiben
on Generalverdacht verschanzen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711211200

Vielen Dank, Frau Kollegin Klein-Schmeink. – Jetzt

pricht für die Fraktion der CDU/CSU unsere Kollegin
tefanie Vogelsang. Bitte schön, Frau Kollegin Stefanie
ogelsang.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Stefanie Vogelsang (CDU):
Rede ID: ID1711211300

Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Kolleginnen

und Kollegen! Wir debattieren heute über Korruption
und Betrug im Gesundheitswesen.

Erstens. Ich glaube, wir sind uns alle einig: Niemand
von uns will Korruption und Betrug in irgendeiner Weise
Vorschub leisten, niemand will, dass dadurch weitere
Milliardenbeträge im Gesundheitswesen verbrannt wer-
den.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann tun Sie mal was!)


Zweitens. Wir sind uns sicher, dass wir bei einem so
wichtigen Grundpfeiler unserer sozialen Ordnung wie
dem Gesundheitswesen etwas nicht aufs Spiel setzen
dürfen: Das ist das Vertrauen der Menschen in die Quali-
tät der ärztlichen Versorgung und in unser Gesundheits-
system in Gänze.

Wir haben gestern in der Aktuellen Stunde darüber
debattiert, dass sich einige gesetzliche Krankenkassen
schändlich gegenüber Patientinnen und Patienten verhal-
ten haben, weil sie Menschen mit einem Rechtsanspruch
zu Bittstellern degradiert haben. Heute wurden wir im
Tagesspiegel auf die Stimmung vorbereitet, die Sie, Herr
Kollege Lauterbach, mit Ihrem Antrag ein weiteres Mal
gegen das Gesundheitssystem machen. Heute unterhal-
ten wir uns über den Antrag der SPD über Korruption.

Wenn man sich Ihren Antrag anschaut, dann stellt
man fest, dass es Ihnen im ersten Teil nicht einen einzi-
gen Satz wert ist, darauf hinzuweisen – Kollegin Vogler
hat das am Anfang ihrer Rede ausgeführt, was ich sehr
gut fand –, dass sich ganz viele Menschen uneigennützig
für andere einsetzen und ihren Job tun. Das Erste, was
die SPD verbreitet hat, war Generalverdacht: Alle Leh-
rer sind faul, alle Beamten sind ständig krank, alle Politi-
ker sind korrupt, alle Ärzte sind nur an ihrem wirtschaft-
lichen Erfolg interessiert, und alle Krankenhäuser
begehen systematisch Abrechnungsbetrug. Das ist die
Haltung, die Sie vertreten. Das wollen Sie den Bürgern
unserer Republik vermitteln, und zwar nicht erst seitdem
dieser Antrag vorliegt, sondern schon seit vielen Jahren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zum einen tun Sie sich damit selber keinen Gefallen;
zum anderen erweisen Sie damit unserem Sozialsystem
einen Bärendienst. Uns allen ist es wichtig, für mehr
Transparenz zu sorgen. Wir haben in unserem kompli-
zierten Gesundheitswesen mit irrsinnig hohen Milliar-
denbeträgen zu tun. Rund 250 Milliarden Euro werden
im Gesundheitswesen pro Jahr ausgegeben. Natürlich
gibt es da eine Anfälligkeit für Betrug und Korruption;
das ist keine Frage. Wir haben unzählige Regelwerke ge-
schaffen und viele Gesetze verabschiedet.

Frau Klein-Schmeink, ein wichtiges Gesetz wurde
von Ihrer damaligen Gesundheitsministerin Fischer auf
den Weg gebracht. Sie hat in einer AMG-Novelle – einer
Novelle zum Arzneimittelgesetz – klare Formulierungen
vorgenommen, damit Ärzte nicht unendlich viele Muster
und sonstige Geschenke bekommen, mit der Folge, dass
niemand weiß, was bezahlt wird.

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(C (D (Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau!)


Das Einzige, worüber wir uns intensiv Gedanken ma-
hen müssen, ist der Zustand der Staatsanwaltschaften
nserer Länder. Ich finde es nicht richtig, dass wir, wenn
ir gegen Korruption und Betrug angehen, den Schwer-
unkt auf die Krankenkassen legen. In unserem staatli-
hen System, in unserer staatlichen Ordnung haben wir
ntsprechende Strukturen. Träger dieser Strukturen sind
nsere Staatsanwaltschaften. Wir müssen gemeinsam et-
as dafür tun, dass im Hinblick auf die komplizierten
egelwerke in den Staatsanwaltschaften eine bessere
ompetenz vorhanden ist, dass mehr Menschen mit ju-
stischem Sachverstand auch sozialwirtschaftlichen
achverstand haben und die Verflechtungen und Abhän-
igkeiten in den jeweiligen Bereichen durchleuchten
önnen. Ich freue mich darüber, dass wir Ihren Antrag

Ausschuss debattieren. Wir werden die Entscheidung
es Bundesgerichtshofs abwarten, bei der es um die Kor-
ption bei ärztlichen Leistungen geht.

Wir hatten uns in der letzten Sitzung des Petitionsaus-
chusses – was dort behandelt wird, ist oft ein Seismo-
raf vieler Themen, die wir in der Gesundheitspolitik
iskutieren – mit einer Petition befasst, bei der es um
olgendes ging: Es wurde der Verdacht erhoben, dass
ediziner in unserem Land von der Pharmaindustrie
eldzuwendungen für ausgefüllte Formulare bekommen
nirgendwo registriert –, und das in unvorstellbaren
rößenordnungen. Es wurde herausgearbeitet und sehr

chön dargestellt, welche einzelnen Maßnahmen uns zur
erfügung stehen, um dagegen anzugehen.

Bei uns in Deutschland ist es oft so, dass es aufgrund
iel zu vieler Detailregelungen kaum noch Stellen in den
ändern gibt, die diese Regelungen kontrollieren kön-
en. Sie haben mich deswegen an Ihrer Seite, wenn es
arum geht, die Staatsanwaltschaften in den Ländern zu
berprüfen. Aber Sie haben mich nicht an Ihrer Seite,
enn es darum geht, Ihre Linie weiterzuführen, nämlich

inen Generalverdacht gegen alle im Gesundheitswesen
ätigen aufrechtzuerhalten und das Vertrauen der Bevöl-
erung zu zerstören. Herr Lauterbach, wie wir alle wis-
en auch Sie: Vertrauen zerstört man nicht von heute auf
orgen durch das Umlegen eines Hebels, sondern das
acht man mit vielen kleinen Nadelstichen.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Zusatzbeiträge beispielsweise!)


iese vielen kleinen Nadelstiche haben Sie von der SPD
den letzten Jahren in diesem Bereich gesetzt. Wir sor-

en jetzt dafür, dass wir diesen Berufsstand und die dort
rbeitenden Menschen wieder mit dem Image versehen,
as ihnen zusteht.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Vertrauensverlust für die FDP!)


Für Korruption und für Betrug haben wir in unserem
esundheitswesen keinen Platz. Vielmehr brauchen wir
latz für genügend Vertrauen in die Leistungen, die dort
rbracht werden.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711211400

Vielen Dank, Frau Kollegin Vogelsang. – Jetzt spricht

für die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege
Professor Karl Lauterbach. Bitte schön, Herr Kollege.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1711211500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Uns ist im Prinzip gerade durch Frau Vogelsang
und Herrn Lotter die Position der schwarz-gelben Regie-
rung dargestellt worden. Es gab dabei keine großen
Überraschungen. Es wurde im Prinzip vorgetragen, es
sei alles in Butter, es bestehe kein Handlungsbedarf, es
sei alles wunderbar.


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Dann haben Sie mir nicht zugehört, Herr Kollege Lauterbach! – Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Guten Morgen!)


Wir könnten wahrscheinlich noch Jahrzehnte warten, bis
von Ihnen irgendetwas käme.


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Wenn sich die Leute danach ausrichten, wie Sie es gestalten, würden sie Deutschland alle verlassen!)


Auch wenn jetzt wöchentlich über laufende Ermittlun-
gen berichtet wird und Grundsatzurteile zum System er-
lassen werden, ist ganz klar, dass von Ihnen nie etwas
kommen würde.


(Dr. Erwin Lotter [FDP]: Ich rufe Ihnen den Namen Ulla Schmidt zu! Vielleicht sagt Ihnen der Name etwas! – Zurufe von der CDU/CSU)


Sie haben es ja selbst auf den Punkt gebracht: Für Sie
handelt es sich hier um einen Bereich, in dem eine Kul-
tur des Vertrauens aufgebaut werden muss, und zwar des
Vertrauens zu Ihren Kunden.


(Dr. Erwin Lotter [FDP]: Besser als eine Kultur des Misstrauens!)


Wir beobachten im Prinzip bei FDP und Union eine ganz
klassische Klientelpolitik: Es werden die immer kleiner
werdenden Gruppen, die Ihnen im Gesundheitswesen
wichtig sind, geschützt. Uns wird das allgemeine Argu-
ment entgegengehalten, wir stellten alles unter einen Ge-
neralverdacht.

In Wirklichkeit geht es uns um den Patienten- und
Verbraucherschutz und im Übrigen auch um den Schutz
der ehrlichen Ärzte und Manager im Gesundheitswesen,
also um den Schutz derjenigen, die auf ehrliche Weise
ihre Leistung erbringen.


(Dr. Erwin Lotter [FDP]: Die Patienten brauchen Vertrauen zu den Ärzten, Herr Lauterbach!)


Um den Schutz derer geht es uns, die mit in Verdacht ge-
raten, weil über immer mehr Fälle in den Medien berich-
tet wird. Uns geht es also geradezu um die Vermeidung
eines Generalverdachtes, indem wir die rechtlichen
Grundlagen zur Verfolgung solcher Fälle schaffen. Es ist
ganz interessant, dass von Ihrer Seite eine inhaltliche,

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(C (D hrlich gemeinte Auseinandersetzung mit den Detailvorchlägen überhaupt nicht vorkam. (Dr. Erwin Lotter [FDP]: Dann haben Sie nicht zugehört!)


Um es noch einmal klarzumachen: Wir wollen nicht,
ass Ärzte allgemein unter den Verdacht gestellt werden,
ie seien korrupt. Das unterstellen wir nicht. Das kommt
unserem Antrag auch mit keinem Wort vor.


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Lesen Sie einmal den ersten Satz Ihres Antrages!)


ir wollen nur, dass diejenigen verfolgt werden können,
enen Korruption auch nachgewiesen werden kann –
ehr nicht.

Das Ganze ist auch ein riesiges medizinisches Pro-
lem. Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden mit einem
edikament, das Ihnen aus medizinischer Sicht gar

icht nützt, behandelt, und zwar nur deswegen, weil ein
rzt eine Rückzahlung eines pharmazeutischen Unter-
ehmens bekommen hat. Dass so etwas zum Beispiel in
er Onkologie geschehen ist, ist bekannt. Solche Vor-
änge haben in einzelnen Bereichen sogar schon zu Ver-
rteilungen geführt.


(Dietrich Monstadt [CDU/CSU]: Damit funktioniert das System! – Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Das ist ein Straftatbestand!)


tellen Sie sich einmal vor, Sie selbst wären davon be-
offen. Würden Sie dann auch sagen, man dürfe keinen
eneralverdacht erheben? Stellen Sie sich vor, Sie oder
re Kinder wären von so einem Fall betroffen. Das sind

eine belanglosen Dinge, sondern das ist sehr wichtig.

Sie sind in keiner Weise bereit, sich auf die Diskus-
ion einzulassen.


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr!)


ie hoffen, dass das BGH-Urteil so ausfällt, dass sich die
robleme von allein lösen und dass der Gesetzgeber
icht aktiv werden muss. Möglicherweise wünschen Sie
ogar, dass das Urteil so ausgeht, dass es den Forderun-
en in unserem Antrag nahekommt. Aber Sie, Herr
otter, wollen sich auf keinen Fall in diese Diskussion
ineinziehen lassen. Es könnte ansonsten ja der Ein-
ruck entstehen, die FDP wolle sich mit den Ärzten an-
gen.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Die verteidigt ihre letzte Wählerbasis! Das ist alles!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711211600

Gestatten Sie, Herr Kollege Professor Lauterbach,

ine Zwischenfrage unseres Kollegen Dr. Erwin Lotter?


Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1711211700

Sehr gerne, ja.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711211800

Bitte schön, Kollege Dr. Erwin Lotter.






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)(B)


Dr. Erwin Lotter (FDP):
Rede ID: ID1711211900

Herr Kollege Lauterbach, Sie haben vorhin davon ge-

sprochen, dass Sie keinen Generalverdacht erheben wol-
len. Ich möchte Ihnen einmal den ersten Satz Ihres An-
trages zur Kenntnis geben, der da lautet:

Durch Korruption, Abrechnungsbetrug und
Falschabrechnung gehen der gesetzlichen Kranken-
versicherung jedes Jahr erhebliche Summen an Ver-
sichertengeldern verloren. Experten … schätzen …
zwischen 3 und 10 Prozent der Gesundheitsausga-
ben …

Sind Sie bereit, anzuerkennen, dass man hier durchaus
von einem Generalverdacht sprechen kann?


(Widerspruch bei der SPD – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Generalverdacht sind 100 Prozent! Mengenlehre!)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1711212000

Nein. – Stellen Sie sich einmal vor, ich mache fol-

gende Aussage: Durch Korruption im Bankenwesen und
durch Vetternwirtschaft entstehen Milliardenverluste.
Sage ich damit, dass jeder Banker korrupt ist? Würde da-
mit jeder Banker unter Generalverdacht gestellt? Der
Schaden ist doch unbestritten. Wäre Ihre Argumentation
richtig, würde das bedeuten, dass jede Kritik und jede
Quantifikation eines Schadens automatisch jeden, der im
entsprechenden Sujet arbeitet, unter Generalverdacht
stellt. Diese Behauptung können Sie doch nicht ernsthaft
aufrechterhalten.

Ich bleibe dabei: Der Antrag ist gut. Man kann über
die Kritik der Grünen sprechen. Es stellt sich nur die
Frage, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist.

Es sei nur darauf hingewiesen: Wenn das BGH-Urteil
so ausfällt, wie Hinweise vermuten lassen, dann wird das
Korruptionsproblem nicht gelöst sein; denn bis dieses
Urteil in die Rechtspraxis umgesetzt ist, wird eine lange
Zeit vergehen. Außerdem betrifft es weder Privatärzte
noch privat Krankenversicherte. Es wäre lediglich für
die gesetzlich Versicherten ein Schutz, der sich aber erst
seinen Weg durch die Institutionen bahnen muss. Ein
solches Urteil löst weder die Probleme mit den Privat-
ärzten noch die Probleme für die Privatversicherten. Da-
her halten wir daran fest, dass es für uns wichtig ist, eine
Lösung für das gesamte System zu finden.

Das war wenigstens eine Substanzkritik. Sie haben
genau wie die Kollegen von der Linkspartei das Anlie-
gen anerkannt. Es ist doch jeder mit mir einer Meinung,
dass die Art und Weise, wie Schwarz-Gelb dieses für die
Versicherten und die ehrlichen Ärzte gravierende Pro-
blem abtut, einer ernsthaften Auseinandersetzung mit
dieser Angelegenheit, unter der viele Ärzte, viele Patien-
ten und auch viele Versicherte zu leiden haben, nicht an-
gemessen ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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1)

(C (D Vielen Dank, Kollege Professor Karl Lauterbach. – s gibt in dieser Debatte keinen weiteren Redner, keine eitere Rednerin. Somit schließe ich die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/3685 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sie sind damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Somit ist die Überweiung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer (Altötting)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711212100
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Joachim
Günther (Plauen), Dr. Lutz Knopek, Gisela Piltz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Klima- und Umweltschutz im und durch den
Sport stärken – Für eine verantwortungsvolle
Sportentwicklung in Deutschland

– Drucksache 17/5779 –
Überweisungsvorschlag:
Sportausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. –
amit sind alle einverstanden. Die Namen der Kollegin-
en und Kollegen liegen uns vor; ich brauche sie nicht
u verlesen.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/5779 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Konstantin von Notz, Beate Müller-
Gemmeke, Kerstin Andreae, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

ELENA – Meldepflicht aufheben und Daten
der Beschäftigten löschen

– Drucksache 17/5527 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Federführung strittig

Anlage 2





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Alle sind
damit einverstanden, sodass ich schon dem ersten Red-
ner das Wort erteilen kann. Es ist für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Dr. Konstantin
von Notz. Bitte schön, Kollege Konstantin von Notz.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am
1. Januar 2010 startete ELENA, eines der größten Da-
tensammelprojekte in der Geschichte der Bundesrepu-
blik Deutschland. Unmittelbar nach dem Bundesverfas-
sungsgerichtsurteil zur Vorratsdatenspeicherung und der
Gewissheit, dass das Verfahren völlig aus dem Ruder ge-
laufen war, hatten wir die Bundesregierung mit unserem
ersten hierzu vorgelegten Antrag aufgefordert, ELENA
auszusetzen und die Datenübermittlung zu stoppen.

Schon damals kam die Kritik an ELENA von allen
Seiten: Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, Da-
tenschützer und Bürgerrechtsgruppen – niemand war mit
ELENA zufrieden. Die einzigen Befürworterinnen und
Befürworter fanden sich just in diesem Saal während der
ersten Lesung unseres Antrags. Der Kollege Kai Wegner
von der Union erklärte, ELENA sei ein wichtiger Mei-
lenstein zum Abbau bestehender Bürokratie.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaubt er heute noch!)


– Das glaubt er heute noch. – Die Kollegin Doris Barnett
von der SPD sagte, ELENA sei auf der Höhe der Zeit
und deshalb ein Vorbild für andere Verfahren. Die Kolle-
gin Bögel äußerte die Hoffnung – ich zitiere –:

Lassen Sie uns ELENA weiter aufhübschen, damit
sie zur begehrten Lichtgestalt Helena wird. So kön-
nen alle Beteiligten zum Schluss rufen: Heureka!


(Jan Korte [DIE LINKE]: Das ist nicht schlecht!)


So waren Ihre Einschätzungen vor einem Jahr. Nicht
erst aus heutiger Sicht lagen Sie hiermit alle krass falsch,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, der
SPD und der FDP.

Noch vor der Beratung unseres Antrages in den Aus-
schüssen kamen öffentliche Ankündigungen seitens der
FDP, man werde ELENA kippen. Zudem äußerten auch
führende Vertreter der Unionsfraktion, zum Beispiel der
geschätzte Kollege Uhl – er ist leider nicht da –, öffent-
lich massive Zweifel an der Verfassungskonformität von
ELENA.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Und Brüderle!)


– Selbst er. Zu ihm komme ich noch.

Doch in den Ausschüssen lehnten Sie unseren Antrag
ab, und auch sonst geschah vonseiten der Koalition rein
gar nichts. Kurz vor der zweiten und dritten Lesung im
Plenum erklärten Kanzlerin Merkel und der zuständige
Wirtschaftsminister, damals noch Herr Brüderle, öffent-
lich, ein Moratorium bei ELENA verhängen zu wollen.

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(C (D och in der zweiten und dritten Lesung am 30. Septemer 2010 hielten Sie hier exakt die gleichen Reden wie in halbes Jahr zuvor, und Sie lehnten unseren Antrag ereut ab, obwohl er nur das formulierte, was Sie selbst wei Wochen später umsetzten, allerdings ohne gesetzlihe Grundlage und ohne die Beteiligung des Parlaments. Das alles ist nicht nur hochnotpeinlich. Ihr Verhalten eim Thema ELENA, liebe Kolleginnen und Kollegen er Koalition, ist rechtsstaatlich fragwürdig und ein Täuchungsmanöver gegenüber der Öffentlichkeit, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


(Jan Korte [DIE LINKE]: Ja, richtig!)


enn die Bundesregierung suggeriert, ELENA gestoppt
u haben. In Wahrheit aber werden die Daten von Millio-
en Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weiterhin
onat für Monat übermittelt und zentral gespeichert.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


Die verfassungsrechtlichen Bedenken haben sich so-
ar verschärft; denn der eigentlich gesetzlich garantierte
uskunftsanspruch der Betroffenen kann durch die Ver-

chiebung des ELENA-Starts nicht wie ursprünglich
orgesehen 2012, sondern nun voraussichtlich erst 2014
rfolgen. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen das Recht
uf informationelle Selbstbestimmung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jan Korte [DIE LINKE])


Wegen Ihrer Handlungsunfähigkeit sind nun auch die
ommunen in der prekären gesetzlichen Pflicht, zum
. Januar 2012 Technologie und Personal für ELENA zu
anz erheblichen Kosten bereitzustellen, und zwar so,
ls wäre nichts geschehen. Denn: Es ist nichts gesche-
en. All Ihren Ankündigungen, im November eine ge-
etzliche Regelung vorzulegen, folgte rein gar nichts, au-
er einem bis heute anhaltenden, überaus peinlichen
treit über die Zuständigkeit bzw. Nichtzuständigkeit
wischen dem Wirtschafts- und dem Arbeitsministe-
um. Dieses ganze Verfahren ist erbärmlich und ein wei-
rer Fleck auf Ihrer wirklich nicht weißen Regierungs-
este.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aus ELENA wird keine schöne Helena mehr.
LENA ist eine Untote, ein Datenzombie, für tot erklärt,


(Jan Korte [DIE LINKE]: Wie die Regierung!)


ber wegen Handlungsunfähigkeit der schwarz-gelben
undesregierung noch immer Grundlage für eine unkon-
ollierte Datensammelei ohnegleichen.

Machen Sie dem Spuk endlich ein Ende. Wenn man
elbst nichts zustande bringt, muss man eben auch ein-
al einem sinnhaften Oppositionsantrag zustimmen.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)







(A) )


)(B)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711212200

Vielen Dank, Kollege Dr. von Notz. – Jetzt für die

Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Max Straubinger.
Bitte schön, Kollege Max Straubinger.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Pascal Kober [FDP]: Straubinger hört man gern zu!)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1711212300

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im

Kern geht es bei dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen
darum, dass Klarheit geschaffen wird, wie mit dem elek-
tronischen Entgeltnachweis weiterhin verfahren wird.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Sicherlich ist es wichtig, darüber an dieser Stelle zu
sprechen. Aber es gilt auch, dies gründlich zu tun, Herr
Kollege von Notz.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das haben wir getan!)


Den Grünen geht es letztendlich nicht um Gründlichkeit,
sondern um Schnellschüsse.

Entscheidend ist, dass wir die offenen Fragen beant-
worten. Die Bundesregierung ist dabei, das Ganze inten-
siv zu prüfen. Es gibt keine peinliche Uneinigkeit zwi-
schen Wirtschaftsministerium und Arbeitsministerium;


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist denn zuständig?)


verantwortlich ist schließlich die Bundesregierung ins-
gesamt. Mit dieser Angelegenheit sind sehr viele Fragen
verbunden. Dementsprechend ist es richtig, wie die Bun-
desregierung handelt: Sie prüft intensiv, um sachge-
rechte Lösungen zu finden. Dies ist den Grünen nicht be-
kannt; das ist klar.


(Lachen des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Unter diesem Gesichtspunkt werte ich Ihren Antrag.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Beim Wahlrecht, da sind Sie auch schnell!)


Zum besseren Verständnis will ich Folgendes sagen:
Auch die Grünen haben im Zuge der Gesetzgebung er-
kannt, dass die Einführung eines elektronischen Entgelt-
nachweises eine große Chance bietet. Eine Entlastung
der Wirtschaft ergibt sich dadurch, dass man viele Be-
scheinigungen nicht mehr in Papierform erstellen muss.
Damit erreicht man über einen längeren Zeitraum eine
Entlastung in den Verwaltungen und in den Betrieben.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So die Theorie!)


Wie bei jedem großen IT-Projekt – auch bei der Um-
setzung der Hartz-IV-Gesetzgebung, die mit einer ent-
sprechenden Datenstruktur verbunden war, konnten wir
dies erleben – gibt es bei der Einführung des elektroni-
schen Entgeltnachweises Anlaufschwierigkeiten. Der

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(C (D ollege Kurth kann dies sicherlich bestätigen; er hat das erfahren seinerzeit begleitet. Sicherlich gibt es außerem veränderte Rahmenbedingungen, neue Positionen nd neue Sichtweisen, was eine zentrale Speicherung ngeht. Aber ich bin schon verwundert, dass die Grünen iesen Punkt heute in den Vordergrund stellen; Herr Kolge von Notz, Sie haben dies vorhin getan. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)


iese Bedenken hatten Sie bei der Gesetzgebung offen-
ichtlich nicht.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht unser Gesetz!)


Das ist zwar nicht Ihr Gesetz, aber Sie haben sich bei
er Abstimmung darüber zumindest enthalten. Das
eißt, Sie haben dem Gesetz nicht widersprochen. Letzt-
ndlich haben auch Sie darin eine große Chance gese-
en. Sie sollten sich heute also nicht so äußern, als hät-
n Sie schon damals diese Bedenken gehabt.

Es ist wichtig, alle relevanten Fragen eingehend zu er-
rtern. Die Bundesregierung wird dies natürlich tun. Die
oalitionsfraktionen werden sie bei dieser Arbeit intensiv
egleiten. Man muss allerdings – das gehört zu einer Ab-
ägung dazu – die in den Betrieben und in den Verwal-
ngen bereits getätigten Investitionen berücksichtigen.
erschlankungen bei der Datenerhebung haben bereits
tattgefunden. Wenn man auf diesem Weg weitergeht,
ann man vielleicht eine bessere Akzeptanz des Verfah-
ns erreichen. Wenn das nicht möglich ist – dieser Punkt
ird derzeit geprüft –, sind wir durchaus bereit, Konse-
uenzen zu ziehen. Aber am Anfang bedarf es, wie ge-
agt, einer intensiven Prüfung. Diese Prüfung werden wir
ornehmen.

In diesem Sinne lehnen wir Ihren Schnellschuss ab.
ie CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird hier auf alle
älle nach der Sommerpause Klarheit schaffen. Ich bin
berzeugt davon, dass die Bundesregierung bemüht ist,
nserem Ansinnen nachzukommen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1711212400

Vielen Dank, Kollege Max Straubinger. – Jetzt spricht

r die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin
oris Barnett. Bitte schön, Frau Kollegin Doris Barnett.


Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1711212500

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich weiß nicht, worüber ich mich heute mehr
undern soll: über die Antragsteller, die sich einer ge-
einsamen Initiative aus rot-grüner Regierungszeit ent-
digen wollen,


(Pascal Kober [FDP]: Hört! Hört!)


der über die Bundesregierung, die ein innovatives Ver-
hren aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen an die
and fährt und sich obendrein nicht gesetzestreu ver-

ält.





Doris Barnett


(A) )


)
Vor neun Jahren hat Rot-Grün, überzeugt vom Nutzen
der IuK-Technologie auch in der Arbeitswelt, mit dem
Jobcard-System den Vorläufer von ELENA auf den Weg
gebracht. In einem großen Versuch in NRW haben wir
damals das Verfahren getestet, bevor wir die bundes-
weite Einführung in Angriff genommen haben. In der
Großen Koalition wurde aus dem Jobcard- das ELENA-
Verfahren, was an der Sache aber nichts ändert. Ziel war
und ist, Bürokratie abzubauen und Kosten einzusparen,
aber auch den Arbeitnehmern schneller zu ihren Leistun-
gen zu verhelfen.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Funktioniert aber nicht!)


Dafür werden Informationen zum Einkommen, die im
Sozialversicherungssystem zu verschiedenen Leistungs-
berechnungen gebraucht werden, an einer zentralen
Stelle sicher gespeichert. Das ist genauso sicher wie bei
der gesetzlichen Krankenkasse und der Rentenversiche-
rung. Der Abruf dieser Daten kann von den jeweiligen
autorisierten Stellen und nur unter Beteiligung des be-
troffenen Bürgers mithilfe von zwei voneinander unab-
hängigen Schlüsseln, den Signaturkarten, erfolgen. Die
leistungserbringende Stelle hat eine solche Karte, und
die andere Karte hat der betroffene Bürger. Die Signatur-
karte wird von den Behörden nur ganz bestimmten Per-
sonen mit entsprechenden Zulassungen ausgehändigt. Es
ist also nicht so, dass diese Karten im Amt herumliegen
und jedermann Zugang zu ihnen hat. Anderes zu be-
haupten, wäre schlichtweg Unsinn.

Selbst wenn ein unbefugter Dritter tatsächlich einmal
eine solche Signaturkarte bekäme, könnte er keine Daten
abrufen. Er könnte nur dann tatsächlich mit dem Ausle-
segerät Daten abrufen, wenn er sowohl diese Karte als
auch die Karte des Bürgers hätte.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles Theorie, Frau Kollegin!)


– Lesen Sie doch einmal das Gesetz. – Auch dann kön-
nen von der abrufenden Stelle, zum Beispiel der Wohn-
geldstelle, nur die Daten herausgezogen werden, die für
die Berechnung einer bestimmten Leistung – hier Wohn-
geld – benötigt werden. Also, wenn Wohngeld beantragt
wird, kann man dort zum Beispiel nichts über eine Ar-
beitsplatzkündigung erfahren.

Lesen Sie das Gesetz! Ich kann es Ihnen nur noch ein-
mal ans Herz legen. Ihre ständig geäußerten Bedenken
beruhen erstens nicht auf Fakten, man findet zweitens
dazu keinerlei Anhaltspunkte im Gesetz oder Verfahren,
und sie diskreditieren drittens den Bundesdatenschutzbe-
auftragten, der bei dieser Vorratsdatenspeicherung über
die Nutzung der Instrumente zur Gewährleistung der Da-
tensicherheit zu wachen hat und der einzige Schlüssel-
verwalter ist.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er sieht das hochkritisch!)


Seit bald 18 Monaten werden die Daten in die Zen-
trale Speicherstelle übermittelt, dort geprüft, zweifach
verschlüsselt und danach gespeichert. Wie schon früher
ausgeführt, ist der Datenzugriff nicht nur von außen,

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(C (D ondern auch von innen unmöglich: Den Mitarbeitern er Zentralen Speicherstelle ist ein Zugriff nicht mögch. Was die Datenmengen angeht, darf ich daran erinern, dass für die Durchführung des ELENA-Verfahrens ie Daten von zwei Jahren benötigt werden. Bei der Bechnung bestimmter Leistungen braucht man eben An aben über diesen Zeitraum. Um weiteren Vorhaltungen über eine angebliche Dansammelwut vorzubeugen, sage ich es auch in der heugen Debatte: Das ELENA-Verfahren umfasst ein interiertes Löschprogramm, das keinerlei Aktivierung urch einen Menschen von außen bedarf. Selbst wenn wovon der Antragsteller ausgeht – über vier Jahre Dan gesammelt würden, bevor ein Abruf möglich sein oll, wären die Daten von 2010 und 2011 im Jahr 2014 chon längst gelöscht. Sie haben aber insoweit recht, als an sich fragen kann, warum die Daten, die nicht ge raucht werden, weil die Regierung das Verfahren nicht b 2012 anwenden will, überhaupt gesammelt werden. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings!)


Deshalb muss ich mich jetzt an die Regierung selbst
enden,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ja bei einer Oppositionspartei nicht schaden!)


ie sich offenbar von ELENA lösen will. Etwas anderes
ann es nicht bedeuten, dass der Koalitionsausschuss im
ezember 2010 beschlossen hat, den Zeitpunkt des ver-
flichtenden Datenabrufs vom 1. Januar 2012 auf den
. Januar 2014 zu verschieben. Auch hat er beschlossen,
LENA in die Zuständigkeit des Arbeitsministeriums zu
berführen, was bei diesem wiederum erhebliche Zwei-
l an der Rechtmäßigkeit ausgelöst hat. Als Parlamenta-
erin reibt man sich da schon die Augen; denn bisher
ar mir nicht bekannt, dass der Koalitionsausschuss Ge-

etze macht.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann stimmen Sie doch unserem Antrag zu!)


Eine wirksame Verschiebung des Termins von 2012
uf 2014 bedarf doch einer Gesetzesänderung. Ansons-
n ist das Gesetz ab Januar nächsten Jahres anzuwen-
en; ab dann gilt das ELENA-Verfahren.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


nternehmen, Verwaltungen und Bürger können dann
ur noch mit diesem Verfahren arbeiten. Oder will die
egierung wirklich Unternehmen und Verwaltung ver-
flichten, nach dem 1. Januar 2012 doppelgleisig zu fah-
n, weitere zwei Jahre die Daten sowohl elektronisch zu

bertragen als auch im Bedarfsfalle auf Papier zu erstel-
n? Wie rechtfertigt die Bundesregierung die dadurch

nfallenden Kosten für die Unternehmen?

Selbst wenn die Anwendung des Abrufverfahrens
urch Gesetzesänderung wirksam auf 2014 verschoben

(B)






Doris Barnett


(A) )


)(B)

wird, ist zu fragen, was in der Zwischenzeit passiert.
Wenn die Daten, so wie es die Grünen fordern, gelöscht
werden, muss doch ab 1. Januar 2012 wieder neu mit der
Sammlung der benötigten Daten für die zwei Jahre ange-
fangen werden, damit die notwendigen Daten zu Beginn
der Anwendung des Abrufverfahrens im Jahr 2014 zur
Verfügung stehen. Also alles noch einmal von vorne? Zu
welchen Kosten? Wer zahlt? Oder bereitet die Regierung
gar den Tod von ELENA auf Raten vor? So weit sind wir
aber noch nicht; noch gilt das Gesetz, das einen Da-
tenabruf ab 1. Januar 2012 vorsieht. Deshalb wäre die
geforderte Löschung der Daten zum jetzigen Zeitpunkt
gesetzeswidrig.

Ich erwarte von uns Abgeordneten, dass wir zu einem
Gesetz stehen, das wir über Jahre hinweg gemeinsam er-
arbeitet und dann beschlossen haben, und nicht versu-
chen, es mit tausenderlei unzutreffenden Bedenken und
Vorurteilen zu verhindern. Nur so können wir Vertrauen
in unser politisches Handeln gewinnen. Ansonsten ver-
liert nicht nur das Gesetz an Akzeptanz, sondern auch
wir selbst.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Selbstkritik ist auch gut!)


Die Bundesregierung hat deshalb im September 2009
zu Recht ein Informationskonzept erstellt, das konkrete
Handlungsempfehlungen enthielt. Die Bundesregierung
hätte diese Empfehlungen also noch vor der Einführung
von ELENA umsetzen und Verständnis bei der Bevölke-
rung erreichen können. Warum sie das nicht getan hat,
bleibt ihr Geheimnis.

Der ehemalige Wirtschaftsminister jedenfalls hat
nichts getan, um das ELENA-Verfahren voranzubringen.
Er hat die Großunternehmen und sein eigenes Haus nicht
angehalten, ab dem 1. Januar 2010 die Daten zu übermit-
teln. Ist es nicht so, dass das Bundeswirtschaftsministe-
rium erst Monate nach dem Start von ELENA angefan-
gen hat, die Daten seiner Mitarbeiter zu übermitteln?
Haben Sie damit nicht ein hervorragendes Negativbei-
spiel abgegeben? Die Kleinunternehmer und die mittel-
ständischen Betriebe haben sich gesetzestreu verhalten
und werden jetzt trotzdem um die Früchte ihrer Daten-
übermittelung gebracht.

Ich frage die Bundesregierung, insbesondere den
Bundeswirtschaftsminister, warum sie die beim Bundes-
verfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden
bisher noch nicht einmal erwidert haben.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist interessant!)


Die melden sich nicht. Das muss man sich einmal vor-
stellen. Will die Bundesregierung bzw. das Bundeswirt-
schaftsministerium den Prozess verlieren, vielleicht so-
gar absichtlich? Ist das ein angemessenes Gebaren eines
Verfassungsorgans? Und wozu das alles?

Mein Fazit lautet: Nach wie vor ist das ELENA-Ver-
fahren in Kraft und ist Gesetz. Es ist trotz aller Verun-
glimpfungen ein sicheres Verfahren, das zum Bürokra-
tieabbau beiträgt und für die Anwender eine große
Erleichterung bedeutet. Ab dem 1. Januar 2012 stehen

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(C (D ie Daten den autorisierten Behörden und den Bürgern um Abruf entsprechender Daten zur Verfügung, wenn ich die Bundesregierung gesetzestreu verhält. Die Forderungen, die im vorliegenden Antrag enthaln sind, gehen an den Tatsachen vorbei. In dem Antrag ird zum Gesetzesbruch aufgefordert. Deshalb lehnen ir diesen Antrag ab. Vielen Dank. Für die FDP hat der Kollege Kober das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die rünen! Geschätzter Kollege Konstantin von Notz, Ihr eutiger Antrag „ELENA – Meldepflicht aufheben und aten der Beschäftigten löschen“ ist symptomatisch für ie Art und Weise, wie Sie von Bündnis 90/Die Grünen olitik machen. Erst stoßen Sie das Kind absichtlich in en Brunnen oder lassen es zumindest in den Brunnen llen, ann machen Sie sich aus dem Staub, stellen sich abseits nd zeigen mit dem Finger auf diejenigen, die versuhen, das Kind zu retten. Wenn es Ihnen nicht schnell enug geht, dann empören Sie sich öffentlich. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Piltz hat gesagt, dass sie ein Moratorium will!)


(Beifall bei der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711212600

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1711212700

(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as war auch bei Hartz IV so, Herr von Notz. Das haben
ie erfunden, und wir von der christlich-liberalen Koali-
on haben es in einer großen Kraftanstrengung im Sinne
er Betroffenen, im Sinne der Kinder, im Sinne der
chwächsten reformiert und verbessert.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Das ist ja echt ein Witz! Ein schöner Gag zum Wochenende!)


as ist aktuell bei der Zeitarbeit so, und das ist auch bei
iesem Antrag so. Sie haben ELENA erfinden lassen
nd der Einführung 2002, als Sie in der Bundesregierung
aren, zugestimmt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711212800

Kollege Kober, gestatten Sie eine Frage des Kollegen

on Notz?


Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1711212900

Nein, heute nicht.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kober, Sie wollen doch nicht, dass ich die ganze Zeit dazwischenrufe!)


Also gut.






(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711213000

Bitte.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist nett. Herzlichen Dank, auch für die Geduld al-
ler am Freitagnachmittag.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist dem Adel geschuldet!)


Herr Kollege Kober, ich habe zwei Dinge anzumer-
ken.

Erstens. Es überrascht mich, dass Sie jetzt anfangen,
die Grünen wegen Hartz IV zu bashen. Das kommt sonst
aus anderen Ecken; aber bitte schön. Jetzt einmal echte
Argumentation: Wie erklären Sie sich Ihre Argumenta-
tion vor dem Hintergrund, dass sowohl der Kollege
Ahrendt als auch die Kollegin Piltz als auch Ihr damali-
ger Wirtschaftsminister Brüderle gesagt haben, dass
ELENA gekippt werden muss und wir ein Moratorium
brauchen? Das ist schließlich genau das, was wir hier be-
antragen.

Zweitens frage ich, wer für das Verfahren im Augen-
blick zuständig ist. Die Ministerin ist ja anwesend. Inso-
fern wäre es interessant, das von Ihnen zu erfahren, da
Sie momentan ja irgendwie an der Regierung beteiligt
sind. Es wird ja immer gesagt, dass so viel geprüft wird.
Machen Sie einfach eine schlichte Ansage: Ist das Wirt-
schaftsministerium oder das Arbeitsministerium zustän-
dig? Wer prüft denn im Augenblick so intensiv?


Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1711213100

Lieber Kollege von Notz, ich beginne mit der zweiten

Frage. Ihnen wird nicht entgangen sein, wie hervorra-
gend und reibungslos diese christlich-liberale Koalition
zusammenarbeitet.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Insofern überlassen Sie es doch uns, die Frage zu klären,
wer welche Zuständigkeit hat.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird jetzt gerade geprüft?)


Darauf kommt es im Übrigen gar nicht an. Entscheidend
ist, dass wir eine gute und verantwortungsvolle Politik
im Sinne der Menschen in diesem Land machen. Seien
Sie gewiss, auch bei ELENA wird das der Fall sein.

Nun zu Ihrer ersten Frage. Als FDP-Bundestagsfrak-
tion haben wir in der Tat eine eigene Position, die wir in
das Gespräch mit den Unionskollegen einbringen wer-
den. Zu Beginn meiner Rede hatte ich aber darauf ab-
gehoben, dass Sie sich dazu bekennen sollten, dass Sie
– zwar nicht persönlich, aber Ihre Fraktion und Ihre Par-
tei – ELENA zunächst erfunden und dann auch einge-
führt haben. Sie wollten dieses Gesetz bzw. dieses Ver-
fahren.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben das nicht eingeführt! Das ist falsch!)


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(C (D etzt auf die anderen zu zeigen und zu schreien: „Haltet en Dieb“, ist einfach unseriös. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Lernfähigkeit!)


iese Vorgehensweise ist – das werde ich noch an weite-
n Beispielen zeigen – zum Prinzip Ihrer aktuellen Poli-
k geworden. Wir als christlich-liberale Koalition wer-
en das öffentlich benennen und Sie in diesen Punkten
tellen. – Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es täte der FDP gut, auch einmal lernfähig zu sein!)


Ich habe es bereits gesagt: Sie haben ELENA erfin-
en lassen


(Jan Korte [DIE LINKE]: „Erfinden lassen“!)


nd der Einführung im Jahr 2002, als Sie in der Bundes-
gierung waren, zugestimmt. Lieber Konstantin von
otz, Sie haben übrigens auch gewisse Terrorismusbe-
ämpfungsgesetze – damals unter Otto Schily – wider-
tandslos einfach durchgewinkt.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben waren Sie noch bei Hartz IV! Erzählen Sie mal was zu ELENA!)


Herr von Notz, die Rede schreitet fort. – Seit Ihrem
usscheiden aus der Bundesregierung versuchen Sie,

ich als Bürgerrechtspartei zu gerieren. Sie tun so, als sei
nen der Datenschutz wichtig. Aktuell kann man auf

er Homepage der Grünen folgenden Text finden:

Die Grünen rufen zur Massenbeschwerde gegen
ELENA auf. Dieser „Elektronische Entgeltnach-
weis“ ist ein Projekt der schwarz-roten Bundes-
regierung,

Sie verschweigen, dass es eigentlich Ihre Idee war –

der jetzt von CDU/CSU und FDP freudig umgesetzt
wird.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht wahr, und wenn Sie das noch viermal sagen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ELENA ist von Ih-
en auf den Weg gebracht worden. ELENA ist Ihr Kind
nd Ihr Projekt. Ich weiß, was Sie mir jetzt entgegenhal-
n werden – das machen die Kollegen von den Grünen

us dem Arbeits- und Sozialausschuss auch immer –:
an könne mit der Zeit lernen,


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Nicht alle offensichtlich, aber die meisten!)


an könne aus vergangenen Fehlern lernen. – Richtig,
as ist so. Ich beobachte mit großem Interesse, lieber
ollege von Notz, wie sich Ihre Partei in der letzten Zeit
erhält. In NRW sind die Grünen im vergangenen Jahr
n die Regierung gekommen. Sie haben sich aber nicht
anach gereckt und gestreckt, das Innen- oder das Justiz-
inisterium zu übernehmen.





Pascal Kober


(A) )


)(B)


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Kollege schafft es nicht einmal, das Wort „ELENA“ in den Mund zu nehmen!)


Auch als Sie in diesem Jahr in Baden-Württemberg an
die Regierung gekommen sind,


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Grüne braucht es da, da haben Sie völlig recht!)


haben Sie sich in keiner Weise für Bürgerrechte und Da-
tenschutz interessiert. Sie haben auch dort weder das
Justizministerium noch das Innenministerium für sich in
Anspruch genommen. Das zeigt eindeutig: Bürgerrechte
und Datenschutz sind kein Anliegen der grünen Partei.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir von der christlich-liberalen Koalition hingegen,
lieber Herr von Notz, reden nicht nur über Bürgerrechte,
sondern wir handeln auch entsprechend.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Jan Korte [DIE LINKE]: Das ist ein echter Gag!)


Erst am Mittwoch dieser Woche hat das Bundeskabinett
auf Initiative der FDP einen Gesetzentwurf verabschie-
det, mit dem das Gesetz zur Sperrung von Internetseiten
aufgehoben werden soll. Sie wissen, wovon ich rede:
Löschen statt Sperren. Aktuell beraten wir darüber – der
Kollege Straubinger hat es vorhin schon ausgeführt –,
wie wir bei ELENA weiter vorgehen wollen.

Im Gegensatz zu Ihnen nehmen wir uns hierbei Zeit.
Denn anders als Sie legen wir Wert darauf, dass unsere
Politik nachhaltig ist, Bestand hat und nicht immer wie-
der vom Bundesverfassungsgericht gekippt wird.


(Beifall des Abg. Max Straubinger [CDU/ CSU])


Deshalb ist hier nicht Eile geboten, sondern Sorgfalt.
Das ist ein weiteres Kennzeichen unserer christlich-libe-
ralen Koalition und ihrer Politik.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


Natürlich haben wir Vorstellungen, wie es mit
ELENA weitergehen soll. Wir wollen die Erprobungs-
phase von ELENA – das ist bereits angesprochen wor-
den – bis 2014 verlängern, wie es der Koalitionsaus-
schuss im November letzten Jahres beschlossen hat.

Die datenschutzrechtlichen Bedenken sind uns ein
ernstes Anliegen. Das werden wir noch eingehend prü-
fen. Ich halte es für ein gutes und richtiges Signal, dass
der Datenfragebogen überarbeitet wurde. Beispielsweise
sind die Angaben zum Thema Streik aus dem Fragebo-
gen herausgenommen worden.

Zudem hat sich bislang noch sehr wenig von dem
Einsparpotenzial oder Bürokratieabbau gezeigt, die von
ELENA erwartet wurden. Insbesondere kleine und mitt-
lere Unternehmen sowie die Kommunen sind noch nicht
ganz zufrieden mit dem Verhältnis von Aufwand, Kosten

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(C (D nd Nutzen. Auch hier werden wir nachsteuern. Das osten-Nutzen-Verhältnis muss am Ende stimmen. E-Government birgt ohne Frage viele Chancen und in großes Potenzial. Das Ganze muss aber richtig angeangen werden. Natürlich kann es sinnvoll sein, die roße Zahl von physischen Bescheinigungen und Forularen zu reduzieren. Eine entsprechende Umsetzung uss aber datenschutzrechtlich und verfassungsrechtlich inwandfrei sein. Für ELENA werden wir eine solche msetzung jetzt prüfen und gegebenenfalls nachsteuern. Liebe Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/ ie Grünen, Sie können versichert sein, dass die christch-liberale Koalition eine umfassende und sorgfältige berprüfung von ELENA vornehmen wird und dass wir ementsprechend handeln werden; denn Handeln ist das ennzeichen unserer Politik. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Fast 3 Prozent! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss die Rede immer mit einem guten Gag beenden!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711213200

Der Kollege Korte hat für die Fraktion Die Linke das

ort.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711213300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

er Redebeitrag der FDP gerade war ja wirklich nicht
chlecht. – Zur Sache: Bundeskanzlerin Angela Merkel
t nicht gerade dafür bekannt, dass sie etwas entschei-
et, und wenn sie etwas entscheidet, dann meistens das
alsche. In diesem Fall hat sie wieder einmal nichts ent-
cheiden wollen. Sie hat 2010 Folgendes gesagt: „Ich
nterstütze ausdrücklich, dass ELENA nochmals über-
rüft wird.“ Dann gibt es ein Schreiben vom Staatssekre-
r aus dem Hause von der Leyen vom Frühjahr 2011
das war also vor kurzem –, in dem steht: Derzeit findet

ine Prüfung hinsichtlich des weiteren Vorgehens im
LENA-Verfahren statt, die noch nicht abgeschlossen
t. – Das kommt aus Ihrem Hause. Das ist typisch für
iese Regierung. Es wird gelabert und gelabert, aber
ichts wird vorgelegt. Dasselbe haben wir hier gestern
eim Thema Wahlrecht erlebt. So geht es nicht. Der An-
ag, der hier heute eingebracht wurde, ist daher sinnvoll.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Gegensatz zu Ihnen hat sich die Linksfraktion ent-
chieden, wie sie ELENA einschätzt: Wir lehnen das
erfahren rundheraus ab


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wie immer!)


nd stehen für ein ganz klares Nein zu einer Vorratsda-
nspeicherung von bis zu 40 Millionen sensibler Daten
on Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das hier ist
brigens noch viel schlimmer als die eigentliche Vorrats-





Jan Korte


(A) (C)


)(B)


datenspeicherung, die vom Bundesverfassungsgericht
mit deutlichen Worten kassiert worden ist; denn die Da-
ten sollen zentral gespeichert werden. Allein aus diesen
Gründen ist ELENA vehement abzulehnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


für Ihre Landeshauptstadt Hannover doch etwas tun.
Das, was Sie hier machen, ist katastrophal. Auch deswe-
gen muss ELENA abgelehnt werden und könnten Sie
dem Antrag zustimmen; das ist doch nicht so schwer.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zusammenfassend: Das Ganze ist unnötig; das haben

Ich will Ihnen weitere Gründe nennen, aus denen

ELENA abzulehnen ist. Ein Grund ist der Schutz des
einzelnen Arbeitnehmers, der sich in Zeiten der prekären
Beschäftigung, die Sie in diesem Land maßgeblich vo-
ranbringen, bekanntermaßen sowieso in einem immen-
sen Abhängigkeitsverhältnis befindet. Es geht überhaupt
nicht, dass Sie dann auch noch sensible Daten von ihm
speichern, um ihn möglicherweise kontrollieren zu kön-
nen.

ELENA ist im Übrigen nach Auffassung von führen-
den Experten und Staatsrechtlern grob verfassungswid-
rig. Die Klagen laufen an. Ich kann einfach nicht verste-
hen, warum man das nicht zur Kenntnis nimmt und sich
bei diesem Thema die nächste Klatsche in Karlsruhe ho-
len will.


(Zuruf der Abg. Doris Barnett [SPD])


– Sie von der SPD schütteln gerade den Kopf. Es ist un-
fassbar: Seit Sie in der Opposition sind, sagen Sie, Sie
seien die Arbeitnehmerpartei und wollten die Interessen
der Arbeitnehmer vertreten.


(Doris Barnett [SPD]: Deswegen wollen wir das auch durchführen!)


Mit Ihrem Larifari-Kurs machen Sie das Gegenteil. Die
Position der Sozialdemokraten in diesem Punkt hat
nichts mit dem Schutz von Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern zu tun.

Der nächste Aspekt, den ich ansprechen will, wurde
auch schon erwähnt. Die FDP, die große wirtschaftslibe-
rale Partei, sollte sich einmal anhören, was die kleinen
und mittelständischen Unternehmen und die Unterneh-
merverbände zu ELENA sagen. Sie wissen überhaupt
nicht, wie sie das finanzieren sollen. Für einen großen
Konzern mit den entsprechenden Abteilungen und IT-
Systemen ist das kein Problem. Für die kleinen Unter-
nehmen, für die Sie sich angeblich starkmachen, ist das
der blanke Horror. Dasselbe gilt übrigens für die Kom-
munen. Sie sollten sich einmal anhören, was die kommu-
nalen Spitzenverbände sagen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP kann überhaupt nicht zuhören!)


Kollege Döring, Sie sind doch auch Kommunalpolitiker,
Sie müssen das doch zur Kenntnis nehmen. Sie müssen

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(D ie Erfahrungen empirisch bewiesen. Es ist ein massiver nschlag gegen das informationelle Selbstbestimmungscht. Deswegen brauchen wir hier, wie auch für andere roßprojekte, ein Moratorium. Gerade in Zeiten prekär Beschäftigungen sollte man die Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmerrechte stärken und ausbauen und sie icht beschränken. Dafür steht die Linke. Deswegen timmen wir dem Antrag zu. Trotz Ihrer katastrophalen olitik wünsche ich ein schönes Wochenende. Danke. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1711213400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/5527 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
doch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und der
DP wünschen Federführung beim Ausschuss für Arbeit
nd Soziales, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
ünscht Federführung beim Innenausschuss.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
raktion Bündnis 90/Die Grünen, also die Federführung
eim Innenausschuss, abstimmen. Wer stimmt für diesen
berweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Wer

nthält sich? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den
timmen der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion und der
PD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bünd-
is 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke abgelehnt.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
raktionen der CDU/CSU und der FDP, also Federfüh-
ng beim Ausschuss für Arbeit und Soziales, abstim-
en. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Über-
eisungsvorschlag ist angenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 8. Juni 2011, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.