Protokoll:
17093

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 93

  • date_rangeDatum: 24. Februar 2011

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:00 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/93 Tagesordnungspunkt 5: Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG 2011) (Drucksache 17/4821) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Korrektur der Überleitung von DDR-Alterssicherun- gen in bundesdeutsches Recht – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Ge- rechte Alterseinkünfte für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR 10423 C 10424 A 10424 B 10426 A 10429 D 10431 C Deutscher B Stenografisc 93. Sit Berlin, Donnerstag, d I n h a Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Ottmar Schreiner und Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Bernd Siebert als stellvertretendes Mitglied in der Parlamenta- rischen Versammlung des Europarates und in der Versammlung der Westeuropäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Jörn Wunderlich als Mitglied im Beirat bei der Bundesbeauf- tragten für die Unterlagen des Staats- sicherheitsdienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 28 . . . 10421 A 10421 B 10421 B 10421 B 10423 B Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 10432 C 10434 A undestag her Bericht zung en 24. Februar 2011 l t : Ullrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 10435 C 10436 C 10437 A 10437 C 10438 C 10439 C 10440 A 10441 A – zu dem Antrag der Abgeordnete Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gys Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordn ter und der Fraktion DIE LINK n i, e- E: II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 Gerechte Lösung für rentenrechtliche Situation von in der DDR Geschiedenen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Ge- rechte Versorgungslösung für Ballett- mitglieder in der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Rege- lung der Ansprüche der Bergleute der Braunkohleveredelung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Beseiti- gung von Rentennachteilen für Zeiten der Pflege von Angehörigen in der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Renten- rechtliche Lösung für Land- und Forstwirte, Handwerkerinnen und Handwerker, andere Selbstständige so- wie deren mithelfende Familienangehö- rige aus der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Renten- rechtliche Anerkennung von zweiten und vereinbart verlängerten Bildungs- wegen sowie Forschungsstudien und Aspiranturen in der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Renten- rechtliche Anerkennung von DDR-Re- gelungen für ins Ausland mitgereiste Ehepartnerinnen und Ehepartner sowie von im Ausland erworbenen Ansprü- chen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Renten- rechtliche Anerkennung aller freiwilli- gen Beiträge aus DDR-Zeiten – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Befris- tetes System „sui generis“ für die Besei- tigung des Versorgungsunrechts bei den Zusatz- und Sonderversorgungen der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Vertrauensschutz für Versorgungsbe- rechtigte der DDR mit einem Ruhe- standsbeginn bis zum 30. Juni 1995 schaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Rege- lung der Ansprüche und Anwartschaf- ten auf Alterssicherung für Angehörige der Deutschen Reichsbahn der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Rege- lung der Ansprüche und Anwartschaf- ten auf Alterssicherung für Angehörige der Deutschen Post der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Ange- messene Altersversorgung für Professo- rinnen und Professoren neuen Rechts, Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Dienst und weitere Beschäftigte univer- sitärer und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen in Ostdeutschland – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Ange- messene Altersversorgung für Beschäf- tigte des öffentlichen Dienstes der DDR, die nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Ange- messene Altersversorgung für Angehö- rige von Bundeswehr, Zoll und Polizei, die mit DDR-Beschäftigungszeiten nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Einheit- liche Regelung der Altersversorgung für Angehörige der technischen Intelli- genz der DDR Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 III – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Wert- neutralität im Rentenrecht auch für Personen mit bestimmten Funktionen in der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Fritz Kuhn, Stephan Kühn, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbesserung der Versor- gung der im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 Geschiedenen (Drucksachen 17/1631, 17/3871, 17/3872, 17/3873, 17/3874, 17/3875, 17/3876, 17/3877, 17/3878, 17/3879, 17/3880, 17/3881, 17/3882, 17/3883, 17/3884, 17/3885, 17/3886, 17/3887, 17/3888, 17/4195, 17/4769) . . . . . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ottmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: a) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Zehnten Gesetzes zur Ände- rung des Bundes-Immissionsschutzge- setzes – Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinder- spielplätzen ausgehenden Kinderlärms (Drucksache 17/4836) . . . . . . . . . . . . . . . . 10442 B 10443 D 10445 A 10447 A 10448 D 10449 D 10452 A 10453 A 10454 D 10455 A 10456 C 10458 A 10459 C 10460 C 10461 C 10463 A 10464 A 10471 C 10464 D b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 1. Juli 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Vermeidung der Doppel- besteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen (Drucksache 17/4806) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Beschleunigung der Zahlung von Entschädigungsleistungen bei der Anrechnung des Lastenausgleichs und zur Änderung des Aufbauhilfefondsge- setzes (ZEALG) (Drucksache 17/4807) . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 20. August 2009 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Wehrpflicht der Doppelstaater/Doppelbürger (Drucksache 17/4810) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Fraktionen CDU/CSU und FDP: Einvernehmensherstellung von Bundestag und Bundesregierung zur Ergänzung von Art. 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hinsichtlich der Einrich- tung eines Europäischen Stabilitätsme- chanismus (ESM) hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zusammenar- beit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angele- genheiten der Europäische Union (Drucksache 17/4880) . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Steffen Bockhahn, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine weiteren Einlagerungen ins Zwischenlager Nord (Lubmin) (Drucksache 17/4848) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Renate Künast, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Berichte zur NS-Vergangenheit des Bundes- ministeriums für Ernährung, Land- 10465 A 10465 A 10465 B 10465 B 10465 C IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 wirtschaft und Verbraucherschutz ver- öffentlichen (Drucksache 17/4696) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn, Daniela Wagner, Bettina Herlitzius, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Altschul- denhilfe für ostdeutsche Wohnungsun- ternehmen neu ausrichten (Drucksache 17/4698) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Steffen Bilger, Peter Götz, Armin Schuster (Weil am Rhein), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Werner Simmling, Ernst Burgbacher, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Anwohnerfreundli- cher Ausbau der Rheintalbahn (Drucksache 17/4861) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Ute Kumpf, Christian Lange (Backnang), Rainer Arnold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ausbau der Rheintal- bahn als Modell für Bürgernähe, Lärm- und Landschaftsschutz (Drucksache 17/4856) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Tierheime entlasten – Einheitliche Regelungen schaffen (Drucksache 17/4851) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Tierschutzgesetz ändern – Kenn- zeichnung von Pferden tierschutzge- recht ausgestalten (Drucksache 17/4850) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Günter Gloser, Klaus Brandner, Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Reformprozesse in Nordafrika und Nahost umfassend fördern (Drucksache 17/4849) . . . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag der Fraktion der SPD: zum Ent- wurf eines Beschlusses des Europäi- schen Rates zur Änderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsme- chanismus für die Mitgliedstaaten, de- ren Währung der Euro ist – Ratsdok. 17629/10 (EUCO 30/10, An- lage I) – 10465 C 10465 C 10465 D 10465 D 10466 A 10466 A 10466 B hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zusammenar- beit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angele- genheiten der Europäischen Union Herstellung des Einvernehmens bezüg- lich der Ergänzung von Art. 136 AEUV zur Einrichtung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verant- wortlich gestalten (Drucksache 17/4881) . . . . . . . . . . . . . . . i) Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: zum Entwurf eines Be- schlusses des Europäischen Rates zur Änderung des Vertrags über die Ar- beitsweise der Europäischen Union hin- sichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist – Ratsdok. 17629/10 (EUCO 30/10, An- lage I) – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Art. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes (Drucksache 17/4882) . . . . . . . . . . . . . . . j) Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Alexander Bonde, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herstellung des Einvernehmens zwi- schen Bundestag und Bundesregierung zur Änderung des Art. 136 des Ver- trages über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mit- gliedstaaten, deren Währung der Euro ist hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zusammenar- beit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angele- genheiten der Europäischen Union (Drucksache 17/4883) . . . . . . . . . . . . . . . k) Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verkehrsträger- übergreifende Schlichtung gesetzlich fixieren (Drucksache 17/4855) . . . . . . . . . . . . . . . 10466 C 10466 C 10466 D 10466 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 V Tagesordnungspunkt 34: a) Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung eines Gremiums gemäß § 16 des Restrukturierungs- fondsgesetzes (Drucksache 17/4859) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Privatisie- rung von Äckern, Seen und Wäldern (Drucksachen 17/239, 17/587 Buchstabe b) c)–h) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 218, 219, 220, 221, 222 und 223 zu Petitionen (Drucksachen 17/4711, 17/4712, 17/4713, 17/4714, 17/4715, 17/4716) . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- nen der CDU/CSU und FDP: Eskalation der Gewalt in Libyen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Einführung eines Bundesfreiwil- ligendienstes (Drucksache 17/4803) . . . . . . . . . . . . . . . . 10467 A 10467 B 10467 C 10467 B 10473 D 10468 B 10468 B 10470 B 10476 A 10477 B 10478 C 10479 D 10480 D 10481 D 10483 A 10483 C 10484 C 10485 C 10486 C b) Antrag der Abgeordneten Dorothee Bär, Markus Grübel, Dr. Peter Tauber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Miriam Gruß, Florian Bernschneider, Heinz Golombeck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine Stärkung der Jugendfreiwilligendienste – Bürger- schaftliches Engagement der jungen Generation anerkennen und fördern (Drucksache 17/4692) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Harald Koch, Heidrun Dittrich, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Jugendfreiwilligendienste wei- ter ausbauen statt Bundesfreiwilligen- dienst einführen (Drucksache 17/4845) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . . Heidrun Dittrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Gabriele Hiller-Ohm, Josip Juratovic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Missbrauch der Leih- arbeit verhindern (Drucksachen 17/4189, 17/4756) . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitneh- merüberlassungsgesetzes – Verhinde- rung von Missbrauch der Arbeitnehmer- überlassung (Drucksache 17/4804) . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur strikten Re- gulierung der Arbeitnehmerüberlas- sung (Drucksache 17/3752) . . . . . . . . . . . . . . . 10486 D 10486 D 10487 A 10488 B 10489 D 10491 C 10493 A 10494 D 10496 A 10497 C 10498 D 10500 A 10500 B 10500 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Dorothee Bär, Markus Grübel, Nadine Schön, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Miriam Gruß, Nicole Bracht-Bendt, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: 100 Jahre Internatio- naler Frauentag (Drucksache 17/4860) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen), Dr. Sascha Raabe, Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Gleich- berechtigung in Entwicklungsländern voranbringen (Drucksache 17/4846) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Frauen verdie- nen mehr – Gleichstellung ist Innova- tionspolitik (Drucksache 17/4852) . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 10500 C 10502 A 10503 D 10504 B 10505 B 10506 C 10507 D 10509 B 10500 A 10511 B 10512 C 10513 A 10514 D 10515 C 10516 B 10516 D 10517 D 10518 D 10520 B 10520 C 10520 C 10520 D 10522 B 10523 C Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . Tagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Bettina Herlitzius, Friedrich Ostendorff, Undine Kurth (Quedlinburg), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Baugesetzbuchs – Beschränkung der Massentierhaltung im Außenbereich (Drucksachen 17/1582, 17/4724) . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Petra Müller (Aachen) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 2010 (52. Bericht) (Drucksache 17/4400) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10524 C 10525 D 10527 C 10529 B 10530 C 10531 C 10532 C 10534 A 10535 B 10535 C 10537 B 10539 C 10540 D 10542 A 10543 B 10544 D 10545 D 10548 C 10546 A 10546 B 10550 B 10552 A 10554 A 10555 B 10556 B 10557 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 VII Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Christine Lambrecht, Sören Bartol, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Maklerkosten ge- recht verteilen – zu dem Antrag der Abgeordneten Daniela Wagner, Ingrid Hönlinger, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bestellerprinzip in die Mietwohnungs- vermittlung integrieren (Drucksachen 17/3212, 17/4202, 17/4614) . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuer- baren Quellen (Europarechtsanpas- sungsgesetz Erneuerbare Energien – EAG EE) (Drucksachen 17/3629, 17/4233, 17/4895) – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/4896) . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Becker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des Vertei- digungsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Joachim Hacker, Dagmar Ziegler, Petra 10559 A 10559 B 10560 A 10560 D 10563 C 10564 C 10565 B 10566 A 10566 A 10566 B 10567 B 10568 D 10569 D 10570 C 10571 B 10572 B Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide nach Abzug der Bundeswehr – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Jan van Aken, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Friedliche Zukunft der Kyritz-Ruppi- ner Heide und Interessen der Region si- chern – zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Agnes Malczak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kyritz-Ruppiner Heide in ihrer Einheit erhalten – Voraussetzun- gen für eine chancenreiche Regionalent- wicklung schaffen (Drucksachen 17/1961, 17/1972, 17/1989, 17/4276) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von De-Mail-Diens- ten und zur Änderung weiterer Vorschrif- ten (Drucksachen 17/3630, 17/4145, 17/4893) . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Manuel Höferlin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Annette Groth, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Forderungen des Goldstone-Berichts nach unabhängigen Untersuchungen des Gaza- Kriegs unterstützen (Drucksache 17/2418) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 10573 C 10574 A 10575 B 10576 C 10577 B 10578 C 10579 B 10580 B 10581 B 10581 C 10584 A 10585 C 10586 D 10587 D 10589 A 10589 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steinkohlenfinanzierungsge- setzes (Drucksache 17/4805) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . . Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Beate Müller- Gemmeke, Volker Beck (Köln), Katja Keul, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wach- und Sicherheitspersonal beim Bundestag be- schäftigen (Drucksache 17/4741) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Ernstberger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Die Demokratische Republik Kongo stabilisieren (Drucksache 17/4691) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder (Drucksachen 17/3305, 17/4776) . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 10590 B 10590 B 10591 D 10592 B 10593 A 10593 C 10594 A 10595 A 10595 A 10596 A 10597 C 10597 C 10598 C 10599 C 10600 A 10601 B 10602 B 10603 B 10603 C 10604 D 10605 C Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben), Anette Kramme, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ausschreibungspflicht für Leistungen der Integrationsfach- dienste stoppen – Sicherstellung von Quali- tät, Transparenz und Effizienz (Drucksache 17/4847) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 16. April 2009 über die Änderungen des Übereinkommens vom 5. September 1998 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Re- gierung des Königreichs Dänemark und der Regierung der Republik Polen über das Multinationale Korps Nordost (Drucksache 17/4809) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mitgliedschaft in der International Organisation of Social Tourism (Drucksache 17/4844) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 10606 B 10606 D 10608 A 10608 A 10609 B 10610 A 10611 C 10612 C 10613 A 10615 C 10615 C 10616 C 10618 A 10618 B 10619 A 10619 C 10620 A 10620 A 10621 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 IX Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von den Abgeordneten Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zu einer menschenrechtskonformen Reform der Si- cherungsverwahrung (Drucksache 17/4593) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: zu der legislativen Entschließung des Euro- päischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu dem Standpunkt des Rates in erster Le- sung im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Pa- tientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (11038/2/2010 – C7-0266/2010 – 2008/0142(COD)) – Ratsdok. 11038/10 und KOM(2008) 0414 endg. – hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Art. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Abs. 4 des Gesetzes über die Zusammenar- beit von Bundesregierung und Deut- schem Bundestag in Angelegenhei- ten der Europäischen Union EU-Richtlinie über die Ausübung der Pa- tientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung fördert gesund- heitliche Ungleichheit (Drucksache 17/4717) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . . 10622 B 10623 D 10624 D 10625 D 10626 C 10626 C 10627 B 10628 C 10629 C 10630 C 10631 D 10632 A 10634 A Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Dorothea Steiner, Stephan Kühn, Undine Kurth (Quedlinburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Elberaum entwickeln – Nachhaltig, zukunftsfähig und naturverträglich (Drucksache 17/4554) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für ein wirksames Rückkehrrecht und eine Stärkung der Rechte der Opfer von Zwangsverheiratungen (Drucksache 17/4681) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht, Dr. Barbara Höll, Dr. Dietmar Bartsch, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tarifverhandlungen für Beschäf- tigte im öffentlichen Dienst der Länder – Höhere Löhne absichern (Drucksache 17/4841) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . 10634 D 10636 A 10637 A 10638 A 10638 A 10639 A 10641 A 10641 C 10642 B 10643 A 10644 A 10644 A 10645 C 10646 B 10647 A 10648 B 10649 B 10649 B 10650 B 10650 C X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Tiefensee (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die 19 Anträge der Frak- tion Die Linke zu Korrekturen bei der Über- leitung der Alterssicherungen der DDR in das bundesdeutsche Recht (Tagesordnungspunkt 5) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Iris Gleicke, Daniela Kolbe (Leipzig), Steffen-Claudio Lemme, Andrea Wicklein, Sonja Steffen, Burkhard Lischka, Angelika Krüger-Leißner, Silvia Schmidt (Eisleben), Mechthild Rawert, Dr. Marlies Volkmer, Wolfgang Gunkel, Waltraud Wolff (Wol- mirstedt), Rüdiger Veit, Dr. h. c. Wolfgang Thierse und Dagmar Ziegler (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über die 19 An- träge der Fraktion Die Linke zu Korrekturen bei der Überleitung der Alterssicherungen der DDR in das bundesdeutsche Recht (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Rolf Schwanitz (SPD) zur namentlichen Ab- stimmung über die 19 Anträge der Fraktion Die Linke zu Korrekturen bei der Überleitung der Alterssicherungen der DDR in das bun- desdeutsche Recht sowie über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Verbesserung der Versorgung der im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 Geschiedenen (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Korrektur der Überleitung von DDR-Alterssicherungen in bundesdeutsches Recht (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . 10651 B 10652 A 10652 D 10653 A 10653 D 10654 D 10655 D 10656 A Anlage 6 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gerechte Al- terseinkünfte für Beschäftigte im Gesund- heits- und Sozialwesen der DDR (Tagesord- nungspunkt 5). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gerechte Lö- sung für rentenrechtliche Situation von in der DDR Geschiedenen (Tagesordnungspunkt 5) Anlage 8 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gerechte Ver- sorgungslösung für Ballettmitglieder in der DDR (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Regelung der Ansprüche der Bergleute der Braunkohlenver- edelung (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . Anlage 10 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Beseitigung von Rentennachteilen für Zeiten der Pflege von Angehörigen in der DDR (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rentenrechtli- che Lösung für Land- und Forstwirte, Hand- werkerinnen und Handwerker, andere Selbstständige sowie deren mithelfende Fami- 10658 B 10661 A 10664 A 10666 B 10669 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 XI lienangehörige aus der DDR (Tagesordnungs- punkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rentenrechtli- che Anerkennung von zweiten und vereinbart verlängerten Bildungswegen sowie For- schungsstudien und Aspiranturen in der DDR (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rentenrechtli- che Anerkennung von DDR-Regelungen für ins Ausland mitgereiste Ehepartnerinnen und Ehepartner sowie von im Ausland erworbe- nen Ansprüchen (Tagesordnungspunkt 5) . . . Anlage 14 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rentenrechtli- che Anerkennung aller freiwilligen Beiträge aus DDR-Zeiten (Tagesordnungspunkt 5) . . . Anlage 15 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Befristetes System „sui generis“ für die Beseitigung des Versorgungsunrechts bei den Zusatz- und Sonderversorgungen der DDR (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Vertrauens- schutz für Versorgungsberechtigte der DDR mit einem Ruhestandsbeginn bis zum 30. Juni 1995 schaffen (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . 10671 B 10674 A 10676 B 10679 A 10681 B 10684 A Anlage 17 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Regelung der Ansprüche und Anwartschaften auf Alters- sicherung für Angehörige der Deutschen Reichsbahn der DDR (Tagesordnungspunkt 5) Anlage 18 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Regelung der Ansprüche und Anwartschaften auf Alters- sicherung für Angehörige der Deutschen Post der DDR (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . Anlage 19 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Angemessene Altersversorgung für Professorinnen und Pro- fessoren neuen Rechts, Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Dienst und weitere Beschäf- tigte universitärer und anderer wissenschaftli- cher Einrichtungen in Ostdeutschland (Tages- ordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 20 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Angemessene Altersversorgung für Beschäftigte des öffent- lichen Dienstes der DDR, die nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben (Tagesordnungs- punkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 21 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Angemessene Altersversorgung für Angehörige von Bun- deswehr, Zoll und Polizei, die mit DDR-Be- schäftigungszeiten nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben (Tagesordnungspunkt 5) . . 10686 B 10689 A 10691 B 10694 A 10697 A XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 Anlage 22 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einheitliche Regelung der Altersversorgung für Angehö- rige der technischen Intelligenz der DDR (Ta- gesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 23 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wertneutralität im Rentenrecht auch für Personen mit be- stimmten Funktionen in der DDR (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 24 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Rainer Erdel (FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quel- bare Energien – EAG EE) (Tagesordnungs- punkt 12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Forderungen des Goldstone-Be- richts nach unabhängigen Untersuchungen des Gaza-Kriegs unterstützen (Tagesord- nungspunkt 15) Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 26 Zu Protokoll gegebenen Reden zur Beratung des Antrags: Wach- und Sicherheitspersonal beim Bundestag beschäftigen (Tagesord- nungspunkt 17) Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10699 B 10702 A 10704 B 10705 A 10705 D 10706 D 10708 B 10709 A 10709 D 10711 A len (Europarechtsanpassungsgesetz Erneuer- Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10711 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10421 (A) (C) (D)(B) 93. Sit Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10653 (A) (C) (D)(B) Niebel, Dirk FDP 24.02.2011 rungskatalog der ostdeutschen Bundestagsabgeordneten an. nengruppen in der ehemaligen DDR nach Lösungen zu suchen, ich teile aber ausdrücklich die Lösungsansätze der Antragsteller nicht. Im Übrigen schließe ich mich dem folgenden Forde- Nestle, Ingrid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2011 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barnett, Doris SPD 24.02.2011* Binder, Karin DIE LINKE 24.02.2011 Burgbacher, Ernst FDP 24.02.2011 von Cramon-Taubadel, Viola BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2011* Dağdelen, Sevim DIE LINKE 24.02.2011 Daub, Helga FDP 24.02.2011 Dr. Djir-Sarai, Bijan FDP 24.02.2011* Ernst, Klaus DIE LINKE 24,02.2011 Ernstberger, Petra SPD 24.02.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 24.02.2011 Golombeck, Heinz FDP 24.02.2011 Groschek, Michael SPD 24.02.2011* Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 24.02.2011 Hörster, Joachim CDU/CSU 24.02.2011* Karl, Alois CDU/CSU 24.02.2011* Klimke, Jürgen CDU/CSU 24.02.2011* Kretschmer, Michael CDU/CSU 24.02.2011 Liebich, Stefan DIE LINKE 24.02.2011* Lindner, Christian FDP 24.02.2011 Lutze, Thomas DIE LINKE 24.02.2011 Dr. de Maizière, Thomas CDU/CSU 24.02.2011 Meierhofer, Horst FDP 24.02.2011 Meinhardt, Patrick FDP 24.02.2011 Merkel (Berlin), Petra SPD 24.02.2011 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Tiefensee (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die 19 An- träge der Fraktion Die Linke zu Korrekturen bei der Überleitung der Alterssicherungen der DDR in das bundesdeutsche Recht (Tagesord- nungspunkt 5) Ich stelle fest, dass meine Enthaltungen bedeuten, dass ich es weiterhin für dringend geboten halte, in der Thematik der Beseitigung der renten- und versorgungs- rechtlichen Nachteile verschiedener Berufs- und Perso- Dr. Ott, Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2011 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 24.02.2011 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 24.02.2011 Schlecht, Michael DIE LINKE 24.02.2011 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 24.02.2011 Schmidt (Bochum), Frithjof BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.02.2011 Scholz, Olaf SPD 24.02.2011 Steinke, Kersten DIE LINKE 24.02.2011 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 24.02,2011* Dr. Westerwelle, Guido FDP 24.02,2011 Zapf, Uta SPD 24.02.2011* Zimmermann, Sabine DIE LINKE 24.02.2011 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 10654 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Wir fordern einen Fahrplan für die Vereinheitlichung der Rentensysteme. Darüber hinaus fordern wir, dass alle sonstigen Sachverhalte in einem „Rentenüberlei- tungsabschlussgesetz“ geregelt werden. Hierfür haben wir ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten einen Forderungskatalog beschlossen, der unter anderem fol- gende Punkte berücksichtigen muss: 1. Wir verlangen eine abschließende Regelung zur Vereinheitlichung der Rentensysteme in Ost und West. Das Angleichungsgebot nach Art. 30 Abs. 5 Satz 3 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 verlangt die Angleichung der Renten in den alten und neuen Ländern und damit die Herstellung einheitlicher Lebensverhält- nisse für die Rentnerinnen und Rentner. 2. Wir orientieren uns bei der Umsetzung am Zeit- punkt des Auslaufens des Solidarpaktes II im Jahr 2019. Gleichzeitig kämpfen wir gemeinsam mit den Gewerk- schaften dafür, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Löhne und Gehälter angeglichen sind. Wir verlangen außerdem die Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen mit einem Anteil von Zahlungen an die Rentensysteme, der Anwartschaften oberhalb des Niveaus der Grundsi- cherung im Alter begründet. 3. Sollte die Angleichung der Löhne bis zum Auslau- fen der Solidarpaktes II nicht vollständig vollzogen wor- den sein, fordern wir, dass per „Stichtag“ 1. Januar 2020 bei der Rentenberechnung gleiche Rechengrößen gelten, die sich an den Westrechengrößen orientieren. Das heißt, für alle Rentnerinnen und Rentner Deutschlands gilt dann ein einheitlicher Rentenwert. Gleichzeitig wird für die Berechnung der Rentenanwartschaft ein einheitliches Durchschnittsentgelt zugrunde gelegt. 4. Die Beitragsbemessungsgrenze Ost sollte an die Beitragsbemessungsgrenze West angeglichen werden. Pauschal bewertete Versicherungszeiten, beispielsweise für pflegende Angehörige sowie Erziehungs- und Wehr- dienstzeiten, sollten ebenfalls mit einem einheitlichen Rentenwert bewertet werden. 5. Zudem sollte die Bundesregierung prüfen, ob bei der Schaffung eines einheitlichen gesamtdeutschen Ren- tenrechts ein teilweiser Ausgleich für weiterhin beste- hende Einkommensdisparitäten geschaffen werden kann und soll. Dieser Ausgleich und die armutsvermeidenden Leistungen sind als gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht von den Beitragszahlern, sondern aus Steuermit- teln zu finanzieren. 6. Wir fordern, die noch offenen Rentenüberleitungs- fragen endlich abschließend in einem „Rentenüberlei- tungsabschlussgesetz“ zu klären. Dafür soll ein „Härte- fallfonds“ mit einem Budget von mindestens 500 Millionen Euro jährlich aufgelegt werden, aus dem Beziehern von Altersrenten, die nicht umfassend in das AAÜG mit einbezogen wurden und auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind, mit einer monatlichen Zu- schlagsrente geholfen wird. Dies wäre auch aus verfas- sungsrechtlichen Gründen eine unbedenkliche Alterna- tive. 7. Wir fordern darüber hinaus die Angleichung der Zuverdienstgrenzen für ehemalige Angehörige der Bun- deswehr, die mit DDR-Beschäftigungszeiten nach vor- heriger Überprüfung durch die Bundesbehörde für Stasi- Unterlagen ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt haben. 8. Schließlich muss künftige Armutsvermeidung ein weiterer Schwerpunkt sein. Noch immer sind 40 Prozent der Ostdeutschen im unteren Lohnbereich angesiedelt. Deshalb fordern wir Regeln, die beschäftigungslose Zei- ten bzw. geringe Verdienste ab sofort und auch rückwir- kend rentenrechtlich höher bewerten. Diese müssen aber im gesamten Bundesgebiet Anwendung finden: a) So sollen Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit künf- tig als beitragsgeminderte Zeiten gewertet werden: Bei Versicherten, die bei Renteneintritt weniger als 30 Ent- geltpunkte erworben haben, sollen Hartz-IV-Zeiten mit dem Wert an Entgeltpunkten berücksichtigt werden, der dem durchschnittlichen Wert ihrer Beitragszeiten ent- spricht. Dabei soll eine Begrenzung auf 50 Prozent des Durchschnittseinkommens erfolgen, sodass sie mit ma- ximal 0,5 Entgeltpunkten pro Jahr berücksichtigt wer- den. Damit werden unter dem Strich die Zeiten in Ar- beitslosigkeit besser bewertet, ohne jedoch die bei- tragsorientierte Rentensystematik – nach der die Renten den Löhnen folgen – auszuhebeln. b) Die Rente nach Mindestentgeltpunkten soll für Beitragszeiten über das Jahr 1992 hinaus verlängert wer- den. Hintergrund ist, das diese Regelung nur bis zum 31. Dezember 1991 bestand. Niedrige Löhne aufgrund von Teilzeit- bzw. Leiharbeit hat es aber – nicht nur in Ostdeutschland – vor allem ab Mitte der 90er-Jahre bis in die heutige Zeit gegeben. Durch die Regelung würden auch ostdeutsche Versicherte nach Wegfall des Hoch- wertungsfaktors Mindestentgeltpunkte für niedrige Bei- tragszeiten erhalten, indem die Entgeltpunkte mit dem Faktor 1,5 multipliziert werden. Eine Kappung soll er- folgen, wenn die Entgeltposition 75 Prozent des Durch- schnittsverdienstes ausmacht. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Iris Gleicke, Daniela Kolbe (Leipzig), Steffen-Claudio Lemme, Andrea Wicklein, Sonja Steffen, Burkhard Lischka, An- gelika Krüger-Leißner, Silvia Schmidt (Eisle- ben), Mechthild Rawert, Dr. Marlies Volkmer, Wolfgang Gunkel, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Rüdiger Veit, Dr. h. c. Wolfgang Thierse und Dagmar Ziegler (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über die 19 Anträge der Fraktion Die Linke zu Korrekturen bei der Überleitung der Alterssicherungen der DDR in das bundes- deutsche Recht (Tagesordnungspunkt 5) Wir – die Unterzeichner dieser Erklärung – stellen fest, dass unsere heutigen 13 Enthaltungen zu den unter Tagesordnungspunkt 5 a) stattfindenden namentlichen Abstimmungen nicht bedeuten, dass die beantragten Sachverhalte gänzlich falsch sind; jedoch teilen wir de- ren Lösungsansätze nicht. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10655 (A) (C) (D)(B) Wir stimmen dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zu, die zur Erarbeitung einer sachgerechten Lösung für die DDR-Geschiedenen eine Bund-Länder- Arbeitsgruppe einrichten wollen. Wir fordern einen Fahrplan für die Vereinheitlichung der Rentensysteme. Darüber hinaus fordern wir, dass alle sonstigen Sachverhalte in einem „Rentenüberlei- tungsabschlussgesetz“ geregelt werden. Hierfür haben wir ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten einen Forderungskatalog beschlossen, der unter anderem fol- gende Punkte berücksichtigen muss: 1. Wir verlangen eine abschließende Regelung zur Vereinheitlichung der Rentensysteme in Ost und West. Das Angleichungsgebot nach Art. 30 Abs. 5 Satz 3 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 verlangt die Angleichung der Renten in den alten und neuen Ländern und damit die Herstellung einheitlicher Lebensverhält- nisse für die Rentnerinnen und Rentner. 2. Wir orientieren uns bei der Umsetzung am Zeit- punkt des Auslaufens des Solidarpaktes II im Jahr 2019. Gleichzeitig kämpfen wir gemeinsam mit den Gewerk- schaften dafür, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Löhne und Gehälter angeglichen sind. Wir verlangen außerdem die Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen mit einem Anteil von Zahlungen an die Rentensysteme, der Anwartschaften oberhalb des Niveaus der Grundsi- cherung im Alter begründet. 3. Sollte die Angleichung der Löhne bis zum Auslau- fen der Solidarpaktes II nicht vollständig vollzogen wor- den sein, fordern wir, dass per „Stichtag“ 1. Januar 2020 bei der Rentenberechnung gleiche Rechengrößen gelten, die sich an den Westrechengrößen orientieren. Das heißt, für alle Rentnerinnen und Rentner Deutschlands gilt dann ein einheitlicher Rentenwert. Gleichzeitig wird für die Berechnung der Rentenanwartschaft ein einheitliches Durchschnittsentgelt zugrunde gelegt. 4. Die Beitragsbemessungsgrenze Ost sollte an die Beitragsbemessungsgrenze West angeglichen werden. Pauschal bewertete Versicherungszeiten (beispielsweise für pflegende Angehörige sowie Erziehungs- und Wehr- dienstzeiten) sollten ebenfalls mit einem einheitlichen Rentenwert bewertet werden. 5. Zudem sollte die Bundesregierung prüfen, ob bei der Schaffung eines einheitlichen gesamtdeutschen Ren- tenrechts ein teilweiser Ausgleich für weiterhin beste- hende Einkommensdisparitäten geschaffen werden kann und soll. Dieser Ausgleich und die armutsvermeidenden Leistungen sind als gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht von den Beitragszahlern, sondern aus Steuermit- teln zu finanzieren. 6. Wir fordern, die noch offenen Rentenüberleitungs- fragen endlich abschließend in einem „Rentenüber- leitungsabschlussgesetz“ zu klären. Dafür soll ein „Här- tefallfonds“ mit einem Budget von mindestens 500 Millionen Euro jährlich aufgelegt werden, aus dem Beziehern von Altersrenten, die nicht umfassend in das AAÜG mit einbezogen wurden und auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind, mit einer monatlichen Zu- schlagsrente geholfen wird. Dies wäre auch aus verfas- sungsrechtlichen Gründen eine unbedenkliche Alterna- tive. 7. Wir fordern darüber hinaus die Angleichung der Zuverdienstgrenzen für ehemalige Angehörige der Bun- deswehr, die mit DDR-Beschäftigungszeiten nach vorheri- ger Überprüfung durch die Bundesbehörde für Stasi-Un- terlagen ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt haben. 8. Schließlich muss künftige Armutsvermeidung ein weiterer Schwerpunkt sein. Noch immer sind 40 Prozent der Ostdeutschen im unteren Lohnbereich angesiedelt. Deshalb fordern wir Regeln, die beschäftigungslose Zei- ten bzw. geringe Verdienste ab sofort und auch rückwir- kend rentenrechtlich höher bewerten. Diese müssen aber im gesamten Bundesgebiet Anwendung finden: a) So sollen Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit künf- tig als beitragsgeminderte Zeiten gewertet werden: Bei Versicherten, die bei Renteneintritt weniger als 30 Ent- geltpunkte erworben haben, sollen Hartz-IV-Zeiten mit dem Wert an Entgeltpunkten berücksichtigt werden, der dem durchschnittlichen Wert ihrer Beitragszeiten ent- spricht. Dabei soll eine Begrenzung auf 50 Prozent des Durchschnittseinkommens erfolgen, sodass sie mit ma- ximal 0,5 Entgeltpunkten pro Jahr berücksichtigt wer- den. Damit werden unter dem Strich die Zeiten in Ar- beitslosigkeit besser bewertet, ohne jedoch die beitragsorientierte Rentensystematik – nach der die Ren- ten den Löhnen folgen – auszuhebeln. b) Die Rente nach Mindestentgeltpunkten soll für Beitragszeiten über das Jahr 1992 hinaus verlängert wer- den. Hintergrund ist, das diese Regelung nur bis zum 31. Dezember 1991 bestand. Niedrige Löhne aufgrund von Teilzeit- bzw. Leiharbeit hat es aber – nicht nur in Ostdeutschland – vor allem ab Mitte der 90er-Jahre bis in die heutige Zeit gegeben. Durch die Regelung würden auch ostdeutsche Versicherte nach Wegfall des Hoch- wertungsfaktors Mindestentgeltpunkte für niedrige Bei- tragszeiten erhalten, indem die Entgeltpunkte mit dem Faktor 1,5 multipliziert werden. Eine Kappung soll er- folgen, wenn die Entgeltposition 75 Prozent des Durch- schnittsverdienstes ausmacht. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Rolf Schwanitz (SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über die 19 Anträge der Fraktion Die Linke zu Korrekturen bei der Überleitung der Alterssicherungen der DDR in das bundesdeutsche Recht sowie über die Be- schlussempfehlung zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Verbesserung der Ver- sorgung der im Beitrittsgebiet vor dem 1. Ja- nuar 1992 Geschiedenen (Tagesordnungspunkt 5) Die hier vorliegenden Anträge wurden in den meisten Fällen auch schon in früheren Legislaturperioden des Deutschen Bundestages eingebracht, fachlich beraten und von der Mehrheit des Parlaments abgelehnt. Meine 10656 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Diether Dehm Heike Brehmer Dr. Matthias Heider Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Daniela Wagner Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Heidrun Dittrich Frank Tempel Dr. Axel Troost Ralph Brinkhaus Mechthild Heil fachliche Bewertung dieser A nach, ob ich Mitglied einer K sition angehöre. Deshalb g Stimmverhalten in der 16. u riode des Deutschen Bunde Neue inhaltliche Aspekte ha bei der Alterssicherung für Anlage 5 über den Antrag der Abg neter und der Fraktion D desdeutsches Recht (Dr Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 581; davon ja: 70 nein: 501 enthalten: 4 ungültig: 6 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen nträge richtet sich nicht da- oalition bin oder der Oppo- ibt es zwischen meinem nd in der 17. Legislaturpe- stages keinen Unterschied. ben sich für mich lediglich Angehörige der Deutschen Endgültiges Ergebnis der n eordneten Dr. Martina Bung IE LINKE: Korrektur der ucksachen 17/1631 und 17/4 Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Reichsbahn der DDR, bei der hörige der Deutschen Post de Anspruch auf Hinterbliebene zember 1991 im Beitrittsge Deshalb habe ich mich bei d 17/3883 der Stimme enthalten zugestimmt. amentlichen Abstimmung e, Dr. Gregor Gysi, Klaus Er Überleitung von DDR-Alte 769 Buchstabe a) (Tagesord Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Alterssicherung für Ange- r DDR und beim fehlenden nrente für bis zum 31. De- biet Geschiedene ergeben. en Anträgen 17/3882 und sowie dem Antrag 17/4195 nst, weiterer Abgeord- rssicherungen in bun- nungspunkt 5) Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10657 (A) (C) (D)(B) Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein 10658 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Christian Ahrendt Harald LeibrechtSabine Leutheusser- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Beate Müller-Gemmeke Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Anlage 6 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der Fr und Sozialwesen der DD Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 581; davon ja: 70 nein: 370 enthalten: 135 ungültig: 6 Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun aktion DIE LINKE: Gerech R (Drucksachen 17/3871 und Ja FDP Heinz-Peter Haustein DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die te Alterseinkünfte für Besch 17/4769 Buchstabe b) (Tage Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Dr. Peter Danckert Anton Schaaf Frank Schwabe tmar Bartsch, weiterer äftigte im Gesundheits- sordnungspunkt 5) Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Christine Aschenberg- Schnarrenberger BÜNDNIS 90/ Dr. Konstantin von Notz Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Jens Ackermann Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10659 (A) (C) (D)(B) Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang 10660 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10661 (A) (C) (D)(B) Ja Caren Lay Sabine Leidig DIE GRÜNEN Monika Lazar Agnes Malczak Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Hilde Mattheis DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager SPD Ralph Lenkert Kerstin Andreae Jerzy Montag Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Anlage 7 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F DDR Geschiedenen (Dru Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 581; davon ja: 132 nein: 439 enthalten: 4 ungültig: 6 Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Gerech cksachen 17/3872 und 17/47 Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die te Lösung für rentenrechtlic 69 Buchstabe c) (Tagesordnu Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Monika Lazar tmar Bartsch, weiterer he Situation von in der ngspunkt 5) Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) 10662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10663 (A) (C) (D)(B) Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Anton Schaaf Frank Schwabe Wolfgang Tiefensee 10664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Ulla Lötzer Peter Bleser Dr. Matthias Heider Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Gesine Lötzsch Dr. Maria Böhmer Mechthild Heil Dr. Michael Luther Anlage 8 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F DDR (Drucksachen 17/38 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 71 nein: 309 enthalten: 194 ungültig: 6 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Gerec 73 und 17/4769 Buchstabe d Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Monika Lazar Hans-Christian Ströbele Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die hte Versorgungslösung für B ) (Tagesordnungspunkt 5) Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt tmar Bartsch, weiterer allettmitglieder in der Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10665 (A) (C) (D)(B) Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann 10666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Ernst Dieter Rossmann Thilo Hoppe Dorothea Steiner Anlage 9 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F veredelung (Drucksachen Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 581; davon ja: 71 nein: 309 enthalten: 195 ungültig: 6 Ja SPD Anton Schaaf FDP Heinz-Peter Haustein DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Regel 17/3874 und 17/4769 Buchs Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die ung der Ansprüche der Berg tabe e) (Tagesordnungspunk Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann tmar Bartsch, weiterer leute der Braunkohle- t 5) Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Kuhn Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Karin Roth (Esslingen) Andrea Wicklein Uwe Kekeritz Dr. Wolfgang Strengmann- Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Olaf Scholz Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10667 (A) (C) (D)(B) Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan 10668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10669 (A) (C) (D)(B) Sabine Leidig Ralph Lenkert Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Michael Leutert Ulla Lötzer (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Karin Maag Anlage 10 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F Angehörigen in der DDR Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 69 nein: 308 enthalten: 197 ungültig: 6 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Beseit (Drucksachen 17/3875 und 17 Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die igung von Rentennachteilen fü /4769 Buchstabe f) (Tagesor Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt tmar Bartsch, weiterer r Zeiten der Pflege von dnungspunkt 5) Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak 10670 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10671 (A) (C) (D)(B) René Röspel Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Bärbel Höhn Christine Scheel Anlage 11 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der Fr werkerinnen und Handw DDR (Drucksachen 17/38 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 70 nein: 369 enthalten: 135 ungültig: 6 Ja FDP Heinz-Peter Haustein DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun aktion DIE LINKE: Renten erker, andere Selbständige s 76 und 17/4769 Buchstabe g Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die rechtliche Lösung für Land- owie deren mithelfende Fam ) (Tagesordnungspunkt 5) Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller tmar Bartsch, weiterer und Forstwirte, Hand- ilienangehörige aus der Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Dr. Peter Röhlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Heidemarie Wieczorek-Zeul Ingrid Hönlinger Dr. Gerhard Schick Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg 10672 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10673 (A) (C) (D)(B) Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer 10674 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Dr. Dagmar Enkelmann Kathrin Vogler Ingrid Fischbach Peter Hintze Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Anlage 12 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F bart verlängerten Bildun 17/3877 und 17/4769 Buc Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 69 nein: 371 enthalten: 134 ungültig: 6 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Rente gswegen sowie Forschungss hstabe h) (Tagesordnungspu Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die nrechtliche Anerkennung v tudien und Aspiranturen in d nkt 5) Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Monika Lazar tmar Bartsch, weiterer on zweiten und verein- er DDR (Drucksachen Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10675 (A) (C) (D)(B) Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak 10676 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Krista Sager Petra Crone Daniela Kolbe (Leipzig) Bernd Scheelen Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Anlage 13 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F ins Ausland mitgereiste chen (Drucksachen 17/38 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 69 nein: 371 enthalten: 134 ungültig: 6 Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Renten Ehepartnerinnen und Ehep 78 und 17/4769 Buchstabe i) Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die rechtliche Anerkennung vo artner sowie von im Auslan (Tagesordnungspunkt 5) Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries tmar Bartsch, weiterer n DDR-Regelungen für d erworbenen Ansprü- Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Manuel Sarrazin Dr. Peter Danckert Fritz Rudolf Körper Werner Schieder (Weiden) Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10677 (A) (C) (D)(B) Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul 10678 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10679 (A) (C) (D)(B) Herbert Behrens Thomas Nord Peter Beyer Michael Glos Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr Matthias W. Birkwald Petra Pau Steffen Bilger Josef Göppel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Anlage 14 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F aus DDR-Zeiten (Drucks Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 69 nein: 371 enthalten: 133 ungültig: 7 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Renten achen 17/3879 und 17/4769 B Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die rechtliche Anerkennung all uchstabe j) (Tagesordnungs Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries tmar Bartsch, weiterer er freiwilligen Beiträge punkt 5) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger 10680 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10681 (A) (C) (D)(B) Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Anlage 15 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F Versorgungsunrechts bei d Buchstabe k) (Tagesordn Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 69 nein: 502 enthalten: 3 ungültig: 6 Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Befri en Zusatz- und Sonderverso ungspunkt 5) Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die stetes System „sui generis“ rgungen der DDR (Drucksach Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries tmar Bartsch, weiterer für die Beseitigung des en 17/3880 und 17/4769 Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Ute Koczy Rainer Arnold Gustav Herzog René Röspel Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix 10682 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10683 (A) (C) (D)(B) Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe 10684 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Jan van Aken Kornelia Möller Manfred Behrens (Börde)Veronika Bellmann Dr. Thomas Gebhart Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Anlage 16 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F mit einem Ruhestandsbe stabe l) (Tagesordnungsp Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 579; davon ja: 69 nein: 500 enthalten: 4 ungültig: 6 Ja DIE LINKE Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Vertr ginn bis zum 30. Juni 1995 unkt 5) Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die auensschutz für Versorgung schaffen (Drucksachen 17/3 Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Anton Schaaf Frank Schwabe tmar Bartsch, weiterer sberechtigte der DDR 881 und 17/4769 Buch- Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10685 (A) (C) (D)(B) Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Dr. Martin Schwanholz 10686 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Undine Kurth (Quedlinburg) Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Anlage 17 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F sicherung für Angehörig stabe m) (Tagesordnungs Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 71 nein: 370 enthalten: 133 ungültig: 6 Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Regelu e der Deutschen Reichsbahn punkt 5) Ja SPD Martin Burkert Dr. Peter Danckert Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die ng der Ansprüche und Anw der DDR (Drucksachen 17/3 DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Anton Schaaf Carsten Schneider (Erfurt) Frank Schwabe tmar Bartsch, weiterer artschaften auf Alters- 882 und 17/4769 Buch- Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Franz Thönnes Michael Kauch Florian Toncar Monika Lazar Agnes Malczak Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10687 (A) (C) (D)(B) Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann 10688 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Petra Crone Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10689 (A) (C) (D)(B) Jan van Aken Kornelia Möller Dr. Thomas Gebhart Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Agnes Alpers Niema Movassat Veronika Bellmann Norbert Geis Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix Anlage 18 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der Fr cherung für Angehörige (Tagesordnungspunkt 5) Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 579; davon ja: 69 nein: 369 enthalten: 135 ungültig: 6 Ja DIE LINKE René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun aktion DIE LINKE: Regelu der Deutschen Post der DD Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die ng der Ansprüche und Anwa R (Drucksachen 17/3883 und Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries tmar Bartsch, weiterer rtschaften auf Alterssi- 17/4769 Buchstabe n) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens 10690 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10691 (A) (C) (D)(B) Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe Anlage 19 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F Professoren neuen Recht tärer und anderer wissen Buchstabe o) (Tagesordn Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 71 nein: 369 enthalten: 134 ungültig: 6 Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Ange s, Ärztinnen und Ärzte im öf schaftlicher Einrichtungen in ungspunkt 5) Ja FDP Dr. Peter Röhlinger Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die messene Altersversorgung f fentlichen Dienst und weiter Ostdeutschland (Drucksach DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries tmar Bartsch, weiterer ür Professorinnen und e Beschäftigte universi- en 17/3884 und 17/4769 Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Renate Künast Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Frank Hofmann (Volkach) Karin Roth (Esslingen) Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann 10692 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Dr. Harald Terpe Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10693 (A) (C) (D)(B) Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks 10694 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) nein: 371 Jan Korte Harald Weinberg Heike Brehmer Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer ungültig: 6 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth enthalten: 134 Jutta Krellmann Katrin Werner Ralph Brinkhaus Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Anlage 20 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F fentlichen Dienstes der D 17/4769 Buchstabe p) (Ta Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 69 Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Ange DR, die nach 1990 ihre Tät gesordnungspunkt 5) Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die messene Altersversorgung f igkeit fortgesetzt haben (Dr Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries tmar Bartsch, weiterer ür Beschäftigte des öf- ucksachen 17/3885 und Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10695 (A) (C) (D)(B) Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew Nein SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein 10696 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Katja Dörner Dr. Valerie Wilms Michael Hartmann René Röspel Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10697 (A) (C) (D)(B) Ralph Lenkert Wolfgang Börnsen Mechthild Heil Daniela Ludwig Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Dr. Thomas de Maizière Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Michael Leutert (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Dr. Michael Luther Karin Maag Anlage 21 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F deswehr, Zoll und Polize (Drucksachen 17/3886 un Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 69 nein: 502 enthalten: 3 ungültig: 6 Ja DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Angem i, die mit DDR-Beschäftigun d 17/4769 Buchstabe q) (Ta Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die essene Altersversorgung fü gszeiten nach 1990 ihre Täti gesordnungspunkt 5) Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider tmar Bartsch, weiterer r Angehörige von Bun- gkeit fortgesetzt haben Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak 10698 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10699 (A) (C) (D)(B) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) DIE GRÜNEN Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Josef Philip Winkler Anlage 22 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der F rige der technischen Int nungspunkt 5) Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 580; davon ja: 71 nein: 307 enthalten: 196 ungültig: 6 Ja FDP Heinz-Peter Haustein Dr. Peter Röhlinger DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun raktion DIE LINKE: Einhe elligenz der DDR (Drucksac Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die itliche Regelung der Altersv hen 17/3887 und 17/4769 B Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring tmar Bartsch, weiterer ersorgung für Angehö- uchstabe r) (Tagesord- Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Anton Schaaf Frank Schwabe Cornelia Pieper Kerstin Andreae Stephan Kühn Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms 10700 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Rolf Schwanitz FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10701 (A) (C) (D)(B) Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour 10702 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Dr. Martina Bunge Sabine Stüber Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Andrej Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Harald Koch Jan Korte CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Diana Golze Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Nein Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Anette Hübinger Thomas Jarzombek Roland Claus Alexander Süßmair Gitta Connemann Frank Heinrich Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Anlage 23 über den Antrag der Ab Abgeordneter und der Fr stimmten Funktionen in punkt 5) Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 579; davon ja: 70 nein: 500 enthalten: 3 ungültig: 6 Ja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNE Bettina Herlitzius DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Endgültiges Ergebnis der n geordneten Dr. Martina Bun aktion DIE LINKE: Wertne der DDR (Drucksachen 17 Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Maurer Dorothee Menzner Cornelia Möhring Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Ingrid Remmers Paul Schäfer (Köln) Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe amentlichen Abstimmung ge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Die utralität im Rentenrecht auc /3888 und 17/4769 Buchsta Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler tmar Bartsch, weiterer h für Personen mit be- be s) (Tagesordnungs- Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10703 (A) (C) (D)(B) Steffen Kampeter Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Bernd Neumann (Bremen) Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul 10704 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Angelika Brunkhorst Marco Buschmann Sylvia Canel Reiner Deutschmann Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Anlage 24 Erklärung na des Abgeordneten Raine stimmung über den Entw Umsetzung der Richtlini derung der Nutzung von baren Quellen (Europar Erneuerbare Energien – nungspunkt 12) Ich unterstütze den Ausb gien, insbesondere auch im B entwurf dient diesem Ziel wichtiger, zukunftsweisender bau der erneuerbaren Energie gasbereich voranbringen wer (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Christiane Ratjen- Damerau Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Dr. Max Stadler ch § 31 GO r Erdel (FDP) zur Ab- urf eines Gesetzes zur e 2009/28/EG zur För- Energie aus erneuer- echtsanpassungsgesetz EAG EE) (Tagesord- au der erneuerbaren Ener- ereich Biogas. Der Gesetz- und enthält eine Vielzahl Regelungen, die dem Aus- n dienen und auch den Bio- den. Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Ich halte es jedoch für die gung in Deutschland von gr Biogaserzeugung dezentral in gen erfolgt. Insbesondere ist d Großanlagen, die ausschließ einspeisen, gegenüber kleine vermeiden. Der Gesetzentw stimmten Voraussetzungen, d Brennwertkesseln zu Heizzw Stromerzeugung gekoppelt s der Sanierung von öffentliche abgewichen, dass beim Heiz ziente Kraft-Wärme-Kopplun kommen müssen. Die daraus Benachteiligung von kleine nicht zielführend. Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Enthalten CDU/CSU Manfred Kolbe SPD Anton Schaaf Frank Schwabe Zukunft der Biogaserzeu- ößter Bedeutung, dass die standortangepassten Anla- aher eine Bevorzugung von lich Biogas in das Gasnetz ren bäuerlichen Anlagen zu urf ermöglicht, unter be- ie Nutzung von Biogas in ecken, ohne dass daran eine ein muss. Damit wird nach n Gebäuden vom Grundsatz en mit Biogas energieeffi- gsanlagen zur Anwendung in der Praxis resultierende ren Anlagen halte ich für Patrick Döring Hans-Joachim Otto Dr. Thomas Gambke Dorothea Steiner Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Jens Ackermann Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Holger Krestel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Gabriele Molitor Jan Mücke Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10705 (A) (C) (D)(B) Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Forderungen des Goldstone-Berichts nach unabhängigen Unter- suchungen des Gaza-Kriegs unterstützen (Ta- gesordnungspunkt 15) Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Die Welt be- findet sich im Umbruch. In der Nachbarschaft von Israel vollzieht sich ein Wandel unberechenbaren Ausmaßes. Wir haben eine sehr schwierige Lage in Libyen, Tune- sien, Ägypten und selbst auf der arabischen Halbinsel. Diese Entwicklung ist mit einer großen Unbestimmtheit verbunden, mit der Frage: Wie friedlich ist dieser Pro- zess? Wenn wir uns heute mit dem Goldstone-Bericht und in diesem Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg beschäf- tigen, dann tun wir dies am heutigen Tage mit einem wichtigen historischen Bezug: Der Palästina-Krieg von 1947 bis 1949 endete am 24. Februar 1949 mit einem ersten Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und dem damaligen Kriegsgegner Königreich Ägypten. Da- mals wie heute ist die Sicherheitslage Israels nicht klar, auch der Gaza-Krieg war eine Frage von Bedrohung und Unsicherheit. Der jahrelange Raketenterror aus dem Ga- zastreifen gegen die Bevölkerung in Südisrael hatte schwerwiegende Folgen insbesondere für die Zivilisten. Der Gaza-Krieg wurde schließlich mit dem Ziel geführt, mutmaßliche Hamas-Hochburgen auszuschalten und diese Organisation zu schwächen. Unabhängig von diesem historischen Kontext ist aber auch klar: Deutschland ist der Sicherheit Israels ver- pflichtet. Dafür tun wir politisch, was wir tun können. In der Situation des Umbruchs ist ein klares Signal der So- lidarität an Israel notwendig, aber auch an die arabische und palästinensische Seite, endlich das Existenzrecht Is- raels anzuerkennen. In der aktuellen Entwicklung steckt eine Chance: Der gegenwärtige Umbruch kann auch den Friedensprozess befördern. Dessen Ziele stehen fest: Die Zwei-Staaten- Lösung mit Israel als einem jüdischen, demokratischen Staat und einem lebensfähigen palästinensischen Staat. Dies ist nur möglich durch schmerzhafte Kompromisse; aber die dann greifbaren Ziele sind sichere Grenzen und eine in Sicherheit lebende Bevölkerung auf beiden Sei- ten. Hinsichtlich des Antrags sind wir der Meinung, dass die Zuständigkeiten für den Goldstone-Bericht und die Behandlung der Schlussfolgerungen feststehen: Der Menschenrechtsrat ist verantwortlich. Bei dessen nächs- ter Sitzung im März 2011 wird unser heutiges Thema auch auf der Tagesordnung stehen, weshalb diese Sitzung maßgeblich für die weitere Beurteilung des Prozesses sein wird. Hier gilt es abzuwarten und den Ergebnissen und Schlussfolgerungen insbesondere der Hochkommis- sarin für Menschenrechte Pillay nicht vorzugreifen. In je- dem Fall halten wir aufgrund der bestehenden Zuständig- keiten die Überweisung des Sachverhalts an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für nicht notwen- dig. Aus diesen Gründen sind die Forderungen Ihres An- trags für uns nicht konsensfähig bzw. bereits überholt. Gleichzeitig stimmen wir grundsätzlich darin überein, dass Verletzungen des Völkerrechts sorgfältig untersucht und aufgearbeitet werden, und wir stellen die Notwendig- keit ernsthafter eigener Untersuchungen und strafrechtli- cher Aufarbeitung als besonders bedeutend heraus – ein Signal an beide Parteien und damit auch an die gesamte Region. In Ihrem Antrag wird die Bundesregierung aufgefor- dert, die israelische und die palästinensische Seite zu ei- genen Untersuchungen aufzufordern. Aber eigene Unter- suchungen sind erfolgt, wie der Bericht der Tomuschat- Kommission belegt. Insoweit ist der Antrag überholt. Im Antrag wird gefordert, dass die Bundesregierung beide Seiten zur Zusammenarbeit mit dem Expertenko- mitee der VN-Hochkommissarin für Menschenrechte bewegen soll. Aber der Bericht des Expertengremiums liegt vor; die Schlussfolgerungen sind gemacht, die Auf- arbeitung wird weiter betrieben, und eine verbesserte Zusammenarbeit wird angemahnt. Um es mit anderen Worten zu sagen: Der vorliegende Antrag liegt letztlich voll auf der Linie derjenigen, die das VN-Verfahren gegen Israel politisieren wollen, was wir nicht unterstützen werden. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Kritik am israelischen Militäreinsatz und an mangelnder Koopera- tion seitens Israels bei der Untersuchung teilweise be- rechtigt sein mag. Allerdings: Das israelische Rechtssys- tem verfügt über die notwendigen Mechanismen zur Aufarbeitung der Vorwürfe. Dagegen ist nicht erkennt- lich, dass die palästinensische Seite aufgrund der eige- nen Untersuchungen auch die notwendigen Ermittlungen einleitet. Die Hamas in Gaza hat noch nicht einmal glaubhafte und ehrliche Untersuchungen eingeleitet. Betrachten wir die aktuellen Entwicklungen, dann müssen wir akzeptieren, dass diese sehr viel mit nationa- ler Sicherheit zu tun haben. Unterschiedliche Bedrohun- gen für Israel sind sichtbar. Deshalb ist die enge Partner- schaft zwischen Deutschland und Israel von allergrößter Bedeutung. Meine Damen und Herren, was kann Europa tun? An der Seite Israels stehen, aber gleichzeitig dazu auffordern, die Chancen des Umbruchs zu nutzen. Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Die israelische Militäroffensive „Gegossenes Blei“ im Gazastreifen, zu deren Untersuchung die Kommission unter Leitung von Richard Goldstone mandatiert war, liegt mittlerweile mehr als zwei Jahre zurück. Alle beteiligten Parteien – Israel, die Palästinensische Autonomiebehörde und die Hamas – haben eigene nationale Untersuchungen der Vorgänge durchgeführt und entsprechende Stellungnah- men an den Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt. Von den vier Forderungen des vorliegenden Antrags sind somit jedenfalls zwei – nämlich die nach Einleitung 10706 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) nationaler Untersuchungen sowie nach Vorlage an den Internationalen Strafgerichtshof – überholt. Die beiden verbleibenden Forderungen – die Befassung des VN-Si- cherheitsrats mit dem Goldstone-Bericht sowie die Koo- peration der Konfliktparteien mit dem vom VN-Men- schenrechtsrat mandatierten Expertengremium – teilen wir in der CDU/CSU-Fraktion nicht: Zum einen ist der Menschenrechtsrat, der die Kommission eingesetzt hat, auch der geeignete Ort für die weitere Befassung mit dem Bericht. Zum anderen kann der Auftrag des gegen westliche Stimmen eingesetzten Expertengremiums nicht als neutral angesehen werden. Der vorliegende An- trag ist daher abzulehnen. Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist ein Thema von hoher Komplexität, aber auch von Dring- lichkeit. Unter den Folgen des Konflikts hat vor allem die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten zu leiden: Israe- lis sind Raketenbeschuss und palästinensischen Terror- angriffen ausgesetzt. Palästinenser sind mit Unterversor- gung, eingeschränkten Menschen- und Bürgerrechten und israelischen Militäraktionen konfrontiert. Wir halten an den beiden Eckpfeilern der deutschen Nahostpolitik fest: Die Sicherheit und das Existenzrecht Israels sind „Teil der deutschen Staatsräson“. Ebenso klar treten wir dafür ein, dass direkte Friedensgespräche mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung wieder aufgenommen wer- den. Der Deutsche Bundestag hat sich immer wieder ein- gehend mit der Situation in den palästinensischen Gebie- ten beschäftigt. So haben wir in der Debatte über unseren interfraktionellen Antrag zu den Ereignissen um die Gaza-Flottille am 1. Juli 2010 eine klare Sprache zu den Lebensverhältnissen im Gazastreifen gefunden und die Bundesregierung aufgefordert, sich für die sofortige Aufhebung der Gaza-Blockade einzusetzen. Seitdem hat sich nicht viel getan: Im Gazastreifen wurden zwar die Möglichkeiten der Wareneinfuhr und -ausfuhr gelockert. Dennoch bleiben nach wie vor weitreichende Restriktio- nen für den Warenverkehr in Kraft. Das muss sich drin- gend ändern, um der Bevölkerung dort wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen und sie nicht länger von al- len Lebenschancen abzuschneiden. Der Friedensprozess besteht derzeit nur noch auf dem Papier. Es ist in diesem Zusammenhang höchst bedauer- lich, dass das begrenzte Siedlungsmoratorium seitens der israelischen Regierung im September 2010 nicht ver- längert wurde, sondern die Siedlungsaktivitäten wieder in vollem Umfang aufgenommen wurden. Das verringert nicht nur den Spielraum für eine angemessene und funk- tionsfähige Zwei-Staaten-Lösung. Der Siedlungsbau ist auch alles andere als dazu angetan, Vertrauen zwischen den Parteien zu schaffen, das für eine dauerhafte, von al- len Seiten akzeptierte Verhandlungslösung notwendig ist. Der „Erweiterte Nahe Osten“ erfährt derzeit einen Umbruch von noch nicht absehbarem Ausmaß, der man- che vermeintliche Gewissheit in Bezug auf die Region infrage stellt. Heute zeigt sich: Autokratische Regime sind keineswegs in der Lage, dauerhaft für Stabilität zu sorgen. Auch im Nahen Osten kann nicht einfach über die Köpfe der Bürger hinweg regiert werden. Universelle Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien dürfen nicht länger missachtet werden. Die Unruhen in der arabischen Welt müssen nicht zwingend direkte Auswirkungen auf den Friedenspro- zess zwischen Israel und den Palästinensern zeitigen. Unverkennbar ist aber, dass die Politik der arabischen Staaten künftig stärker als bislang den Willen der Bevöl- kerung widerspiegeln wird. Fortschritte im Friedenspro- zess werden dadurch jedenfalls nicht einfacher und lie- gen daher im ureigenen Interesse Israels. Notwendig ist es vor allem, dass die israelische Regierung klar be- nennt, innerhalb welcher Grenzen sie einen künftigen palästinensischen Staat zu akzeptieren bereit ist. Die pa- lästinensische Seite ist zwar weiter zwischen Autono- miebehörde und Hamas gespalten, was Verhandlungen nicht erleichtert. Doch Präsidentschafts- und Parla- mentswahlen bis September, die Präsident Abbas ange- kündigt hat, können – trotz der bereits angekündigten Blockade durch die Hamas – neue Legitimität entfalten. Hoffnungsvoll ist zudem der Ansatz von Premier Fajad, welcher nach dem Rücktritt der Regierung mit der Re- gierungsbildung beauftragt ist, durch den Aufbau staatli- cher Institutionen unabhängig vom Fortgang der Ver- handlungen die notwendigen Voraussetzungen für eine Staatsgründung zu schaffen. Diese ambitionierte Politik verdient weiterhin unsere volle Unterstützung. Die inter- nationale Gemeinschaft drängt mit Nachdruck auf kon- krete Schritte zur friedlichen Beilegung des Konflikts durch Gründung eines lebensfähigen palästinensischen Staates innerhalb akzeptierter Grenzen sowie unter vol- ler Berücksichtigung der israelischen Sicherheitsinteres- sen. Die Kernelemente für eine Verhandlungslösung lie- gen seit Jahren auf dem Tisch. Entscheidend ist nun der politische Wille auf beiden Seiten, tatsächlich einen Ausgleich herbeizuführen. Günter Gloser (SPD): Den Antrag der Linken zum Goldstone-Bericht, den wir hier heute beraten, lehnt die SPD-Bundestagsfraktion ab, weil er in unzulässiger Weise Teilaspekte eines komplexen Vorganges heraus- greift. Er ist einseitig darauf ausgerichtet, Israel an den Pranger zu stellen, und trägt daher nicht dazu bei, die Vorgänge objektiv aufzuarbeiten. Damit wird auch die zum Teil sehr wohl gerechtfertigte Kritik am israelischen Vorgehen entwertet und angreifbar gemacht. Leider folgt dieser Antrag damit einem bei den Linken bekannten Muster: Die Linke setzt sich auf ein hohes Ross der mo- ralischen Überlegenheit, urteilt aus dieser Perspektive gern allzu eindeutig über Dinge, die besser differenziert zu betrachten wären, und sie bedient sich dabei konse- quent der Argumente jeweils nur einer Konfliktpartei. Diese halbseitig erblindete Perspektive haben wir gerade auch wieder im Fall der Westsahara so erlebt. So macht man keine Außenpolitik; das ist eher ein selbstgerechtes Polittheater, das der Bedeutung solcher Themen und auch dem Leid der betroffenen Menschen auf allen Sei- ten nicht gerecht wird. Lassen Sie uns deshalb an dieser Stelle das Wichtigste über den Konflikt und über den Goldstone-Bericht noch einmal sagen, denn im Antrag fehlt, wie gesagt, mancher Hinweis, der zum Verständnis absolut nötig ist. Zunächst ist es richtig, dass der Goldstone-Bericht im Deutschen Bundestag diskutiert wird. Insofern hat der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10707 (A) (C) (D)(B) Antrag der Linken doch sein Gutes. Denn es handelt sich beim Gaza-Krieg von der Jahreswende 2008/2009 um einen sehr schwerwiegenden Vorgang, und der Goldstone-Bericht des Menschenrechtsrates der Verein- ten Nationen ist, bei aller Kritik daran, der bislang um- fassendste Versuch der Aufarbeitung dieses Konfliktes. Die offizielle israelische Position dazu, die immer wie- der versucht hat, das Dokument als reines Machwerk der Feinde Israels hinzustellen, trifft hier also auch nicht zu. Worum geht es? Der Gazastreifen ist ein Gebiet von der Größe des Landes Bremen. Die Bevölkerungsdichte ist allerdings viermal so hoch wie in Bremen. In dieses dicht bevölkerte Gebiet stieß das israelische Militär am 27. Dezember 2008 mit massiven militärischen Mitteln vor. Gaza war während der israelischen Militäroperation „Gegossenes Blei“ um die Jahreswende 2008/2009 völ- lig abgeriegelt, eine freie Medienberichterstattung fand nicht statt, unabhängige Beobachter waren nicht vor Ort. Diese Rahmenbedingungen erschweren es bis heute, ein transparentes Bild der damaligen Geschehnisse zu bekommen. Alle Aufklärungsversuche über die Vor- kommnisse während der Militäroperation führten bisher in eine Grauzone der Intransparenz. So konnte Objekti- vität bislang nicht gewährleistet werden. Fest steht, dass 1 400 Palästinenser und 13 israelische Soldatinnen und Soldaten ums Leben kamen. Es wurden von der israelischen Armee auch nichtmilitärische Ziele unter Feuer genommen beziehungsweise von der das Gebiet kontrollierenden radikalislamischen Hamas menschliche Schutzschilde missbraucht. Meines Erach- tens ist es aber nicht statthaft, über die Militäroperation „Gegossenes Blei“ zu reden und gleichzeitig über ihre Vorgeschichte zu schweigen, so wie dies der Antrag der Linkspartei tut: Allein im Jahr 2008 haben 1 730 Angriffe mit Qas- sam- und Katjuscha-Raketen auf das israelische Staats- gebiet mit teilweise tödlichem Ausgang stattgefunden. Diese von der Hamas geförderte Eskalation von Angrif- fen auf das israelische Staatsgebiet hätte kein Staat auf der Welt ohne Gegenreaktion hingenommen, ja hinneh- men können. Mehr noch: Die Provokation einer israeli- schen Reaktion ist geradezu Teil der perfiden Strategie der Hamas. Deren Ziel ist es, durch den Druck von au- ßen das eigene Selbstbild als Widerstandsbewegung zu befestigen und auch von der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung abzulenken. Dass die israelische Regierung mit ihrer Entscheidung für den Gaza-Krieg und für die dabei eingesetzten Mittel und Vorgehensweisen der Ha- mas in die Hände spielte, ist Teil der Tragik dieses Kon- flikts. Das Mandat der Goldstone-Kommission bezog sich eigentlich nur auf die Untersuchung des israelischen Vorgehens in diesem Konflikt. Der Vorsitzende selbst hat den Auftrag weiter gefasst und auch die Rolle der pa- lästinensischen Seite mit beleuchtet, allerdings in viel geringerem Umfang. Neben der umfangreichen Analyse und vielen Bewertungen sind die Empfehlungen des Be- richts an die Generalversammlung, den Generalsekretär und den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen der wich- tigste Teil des Berichts. Auf diese Forderungen bezieht sich ja auch der vorliegende Antrag, den die Linke im Juli 2010 eingebracht hat. Dem Goldstone-Bericht folgte inzwischen der soge- nannte Tomuschat-Untersuchungsbericht, der im Sep- tember 2010 vorgelegt wurde. Eine unabhängige Exper- tenkommission hat darin untersucht, inwieweit die palästinensische und die israelische Seite den Konflikt juristisch aufgearbeitet haben. Das Ergebnis war: Keine der Seiten hat ausreichend mit den Vereinten Nationen kooperiert. Das muss sich ändern, und darin unterstütze ich die Forderung des Goldstone-Berichts: Sowohl in Is- rael als auch in den von der palästinensischen Autono- miebehörde regierten Gebieten und im von der Hamas kontrollierten Gazastreifen selbst muss es eine umfas- sende und transparente Aufarbeitung der Vorgänge rund um den Gaza-Krieg geben. Von der Expertenkommis- sion der Vereinten Nationen wird aber in ihrer Bewer- tung eine wichtige Unterscheidung gemacht: In Israel bestehen nämlich wenigstens grundsätzlich alle gesetzli- chen Grundlagen und Strukturen, die notwendig sind, um mögliche Kriegsverbrechen von israelischer Seite aufzuklären. Aufseiten der Hamas kann aber von einem Rechtsstaat gar keine Rede sein. Jeder Rechtsbruch wird mit dem Kampf gegen Israel gerechtfertigt. Die Behaup- tung der Hamas, die Angriffe mit Qassam- und Katju- scha-Raketen auf israelisches Gebiet sollten militärische Ziele treffen, ist dabei eine der dreistesten Verdrehungen offensichtlicher Tatsachen. Die Hamas und andere von ihr geduldete Gruppen in Gaza betreiben Terror gegen die israelische Zivilbevölkerung. Das ist kein Freiheits- kampf, das ist Terror, und dieser ist durch nichts zu rechtfertigen! Ich will noch ein weiteres klares Wort sagen: Dieser Terror, so sehr er auch verständlicherweise die Öffent- lichkeit in Israel traumatisiert, kann umgekehrt auch nicht das Vorgehen der israelischen Armee im Gaza- Krieg rechtfertigen. Der Kernvorwurf des Goldstone- Berichts lautet: Das militärische Vorgehen Israels im Ga- zastreifen richtete sich nicht allein gegen die Hamas, sondern auch gegen die wirtschaftlichen Grundlagen und gegen die zivile Infrastruktur, die den Menschen dort ihr Leben ermöglichen. Offenbar war es das Ziel, den Paläs- tinensern diese Grundlagen und diese Infrastruktur dau- erhaft zu entziehen und sie damit kollektiv für die Unter- stützung der Hamas zu bestrafen. Dazu diente und dient bis heute auch die fast völlige Blockade des Gazastrei- fens. Die kollektive Bestrafung der gesamten Bevölke- rung eines Gebietes für die Verbrechen ihrer politischen Führung ist inakzeptabel und entspricht in keiner Weise dem Völkerrecht. Sie muss auch von israelischen Ge- richten entsprechend bewertet und unterbunden werden. Denn diese Bestrafung hält bis heute an. Diese Forderung erheben wir nicht nur im Zusam- menhang mit dem Ziel der Wahrung der Menschenrechte und einer Verrechtlichung der internationalen Beziehun- gen. Es ist auch ein Gebot der politischen Vernunft. Denn die Blockade des Gazastreifens quält die ohnehin armen Menschen in diesem Gebiet Tag für Tag und treibt sie damit weiter in die Arme der Hamas. 10708 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) In vielen arabischen Ländern erleben wir in diesen Tagen Volksaufstände, die niemand in dieser Form und in diesem Umfang erwartet hätte. Auch im Gazastreifen brodelt es. Die Hamas muss ebenso wie alle anderen Despoten in der Region mit Gewalt gegen die eigenen Leute vorgehen, um Proteste zu unterdrücken. Israel hat es in der Hand, seine Politik gegenüber den Menschen in Gaza zu ändern, die Blockade aufzuheben und damit vielleicht auch einen politischen Wechsel in Gaza zu un- terstützen. Solange aber der ungeheure Leidensdruck an- hält, wird es anstelle der Hamas höchstens eine für Israel noch gefährlichere Führung im Gazastreifen geben. Dazu gehört auch eine umfassende juristische Aufarbei- tung des Gaza-Krieges und die aktive Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen dabei. Leider gibt es für eine solche Umkehr der israelischen Politik keine Anzeichen. Exakt das Gleiche gilt für die Frage des Siedlungsbaus, die auf den Gazastreifen nicht zutrifft, dafür aber umso mehr den Zorn der Menschen im von Israel besetzten Westjordanland anstachelt. Auch ich konnte in dem Rahmen, der mir hier zur Verfügung steht, nicht den Nahostkonflikt oder auch nur den Gaza-Krieg erklären. Wir müssen uns aber hüten, den bequemen Weg des Rechthabens zu wählen, einfach Israel Kriegsverbrechen vorzuwerfen und alle Rahmen- bedingungen außer Acht zu lassen. Genau das aber tut die Linke mit ihrem vorliegenden Antrag. Deshalb leh- nen wir ihn ab. Dr. Rainer Stinner (FDP): Letztes Jahr haben wir uns wiederholt mit der Lage der Region im Nahen Osten beschäftigt. Bei der Resolution zur Aufklärung der Er- eignisse um die Gaza-Flottille waren wir uns sogar so ei- nig wie selten: Alle Fraktionen haben der Resolution zu- gestimmt, sogar unsere Kollegen von der Linken haben sich von unseren Argumenten so überzeugt gezeigt, dass sie dem Entwurf zugestimmt haben. Deutschland zeigt in seiner Haltung gegenüber der Aufklärung der Ereignisse der Gaza-Operation eine klare Linie: Wir haben uns immer für eine umfassende und unparteiische Aufklärung der Vorwürfe durch die beteiligten Parteien eingesetzt. Wir bleiben bei dieser Kontinuität. Wir finden allerdings, dass der Menschen- rechtsrat, also gerade die Institution, die die Goldstone- Kommission zur Aufklärung dieser Ereignisse ins Leben gerufen hat, auch der richtige Ort ist, in der der Goldstone-Bericht behandelt werden soll. Deutschland hat immer an die betreffenden Parteien appelliert, sich mit den Vorwürfen des Goldstone-Be- richts sorgfältig auseinanderzusetzen und die entspre- chenden Maßnahmen zu ergreifen, die internationalen Standards entsprechen sollen. Der Außenminister Guido Westerwelle tat dies auch bei den Treffen mit seinem is- raelischen Amtskollegen Avigdor Lieberman. Die Kolle- gen von der Linken fordern in ihrem Antrag also etwas, was die Bundesregierung längst tut. Aber man muss doch sagen, dass der Goldstone-Be- richt nicht frei von Fehlern ist. Die Hamas wird wie eine normale Organisation behandelt. Der Goldstone-Bericht geht mit keinem Wort darauf ein, dass es sich hierbei um eine Terrororganisation handelt. Nur kurz wird kritisiert, dass die Hamas und mit ihr verbündete Organisationen der israelischen Bevölkerung mit Raketenbeschuss zu- setzen. Die Asymmetrie des Konflikts wird nicht ausrei- chend thematisiert, ebenso wenig wie das Operieren der Hamas von zivilen Einrichtungen aus. Darüber hinaus gibt es innerhalb der Rechtswissenschaft viel Kritik an der – ich will sie einmal „progressiv“ nennen – Ausle- gung des humanitären Völkerrechts. In der von mir eingangs erwähnten Resolution zur Gaza-Flottille wird das legitime Sicherheitsinteresse Is- raels ausdrücklich erwähnt. Es ist Teil der deutschen Staatsräson. Im Goldstone-Bericht findet man dazu nichts. Wie können wir nun einem Antrag zustimmen, der die Umsetzung eines Berichts fordert, dem dieser wesentliche Teil der Betrachtung des Kontexts fehlt, der sich nicht zumindest mit dem Recht Israels auf Selbst- verteidigung auseinandersetzt? Machen wir uns doch nichts vor: Wir können nicht die Lage der Region be- trachten, ohne das legitime Sicherheitsinteresse Israels im Auge zu haben. Doch auch wenn der Goldstone-Bericht und die Tomuschat-Kommission fehlerhaft sind, so zeigen sie durchaus auf, welche Defizite das Verhalten der israeli- schen Regierung aufweist, und wir scheuen uns nicht – gerade als Freunde Israels –, das anzusprechen. Die humanitären Zustände in Gaza sind würdelos. Deshalb muss Israel den Verkehr für humanitäre Hilfe, kommer- zielle Güter und Personen von und aus Gaza unmittelbar, bedingungslos und dauerhaft öffnen. Die fortdauernden Siedlungsaktivitäten sind völkerrechtlich nicht haltbar. Sie widersprechen den Vereinbarungen aus der Roadmap und erschweren die Lösung des Konflikts durch Ver- handlungen. Dies ist fortdauernd die Position der Bun- desregierung, und wir halten an ihr fest. Außenminister Guido Westerwelle hat sie bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen und den Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen stets angesprochen. Deshalb hat Deutschland als Mitglied des Sicherheitsrates dem Resolutionsentwurf letzte Woche zugestimmt. Wenn wir uns einmal die Empfehlungen des Goldstone-Berichts ansehen, dann stellen wir fest, dass vieles davon bereits umgesetzt worden ist: Die General- versammlung hat sich mit dem Thema befasst, ebenso der Menschenrechtsausschuss. Israel hat einige der Empfehlungen bereits teilweise umgesetzt, so sind zum Beispiel die Rules of Engagement geändert worden, die Vermittlung von Kenntnissen des humanitären Völker- rechts bei der Ausbildung der Streitkräfte ist verbessert worden und eine durchgehende juristische Beratung, auch während der Einsätze, eingeführt worden. Dagegen sind keine der Forderungen an die Hamas, einschließlich der Forderung nach der Freilassung von Gilad Schalit, umgesetzt worden. Festzuhalten bleibt, dass der internationalen Gemein- schaft und Deutschland an einer Aufklärung gelegen ist. Da ist ja auch bereits einiges passiert. Schauen wir uns doch einmal die Berichte der israelischen Streitkräfte – davon gab es ja drei – an: Es gab mehr als 150 Un- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10709 (A) (C) (D)(B) tersuchungen, von denen einige bereits zu strafrechtli- chen Verurteilungen und Disziplinarstrafen geführt ha- ben. Im Gegensatz dazu hat es auf der palästinensischen Seite noch keine Verfahren gegeben. Ich plädiere jedoch dafür, die Aufklärung in einem gesamtregionalen Kon- text zu sehen. Der Goldstone-Bericht ist ja nur ein Stein- chen in einem großen, komplexen, vielschichtigen Mo- saik. Viel wichtiger ist es, dass Bedingungen in den betreffenden Ländern geschaffen werden, die eine Auf- klärung ermöglichen. Deshalb ermuntern wir die Kon- fliktparteien fortwährend, die gegen sie erhobenen Vor- würfe selbst aufzuarbeiten. Das liegt auch in ihrem ureigenen Interesse. Eine Verweisung an den Internationalen Strafgerichts- hof, wie ihn ja der Antrag der Linken fordert, wäre hier der falsche Weg. Wie ich eingangs gesagt habe, finden wir, dass der Menschrechtsrat das richtige Gremium ist, um die Vorwürfe des Goldstone-Berichts zu behandeln. Eine Verweisung an den Internationalen Strafgerichtshof lehnen wir deshalb ab. Auch glauben wir daran, dass Is- rael als einzige Demokratie in der Region – hoffentlich ändert sich das demnächst – die Vorwürfe selber aufar- beiten kann. Und die Ergebnisse, die bisher erreicht wor- den sind, die Veränderungen, die in den israelischen Streitkräften eingeleitet und die Verfahren, die bereits abgeschlossen worden sind, sprechen dafür. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wahr- heit, Gerechtigkeit und Frieden hängen zusammen, auch im Nahen Osten. Wahrheit ist der erste Schritt zur Ver- söhnung, und das ist die Voraussetzung für Frieden, weil sie die Opfer würdigt und ihre verletzten Menschen- rechte benennt. Dabei ist die Anerkennung der Verbre- chen durch die Täter dann auf beiden Seiten entschei- dend. Der Goldstone-Bericht hat genau diesen ersten Schritt in Richtung Wahrheitsfindung unternommen, und zwar für beide Seiten. Seine Perspektive ist die der Op- fer – auf beiden Seiten. Er stellt fest, neben vielem anderen, dass palästinensi- sche bewaffnete Gruppen seit April 2001 mehr als 8 000 Raketen in den Süden Israels geschossen haben. Der Ra- ketenbeschuss auf Israel dauert bis heute an. Die wahl- losen Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung ver- letzen das humanitäre Völkerrecht und können sogar als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bewertet werden. Das steht im Goldstone-Bericht. Er stellt einmal mehr fest, dass der israelische Soldat Gilad Schalit vor fünf Jahren von bewaffneten palästi- nensischen Gruppen gefangen genommen wurde und seitdem festgehalten wird – ohne Kontakt zur eigenen Familie, ohne medizinische Betreuung. Selbst das Inter- nationale Komitee des Roten Kreuzes erhält keinen Zu- gang. Das ist eine Verletzung des humanitären Völker- rechts. Israel hat legitime Sicherheitsinteressen in der Re- gion. Sein Existenzrecht wird bis heute von der Mehrheit seiner arabischen Nachbarstaaten nicht anerkannt. Israel hat das Recht, seine Bürger zu schützen und notfalls zu verteidigen. Deutschland ist durch seine besondere his- torische Verantwortung der Sicherheit Israels verpflich- tet. Der Goldstone-Bericht hat den Opfern beider Seiten Gehör verschafft und ausgewogen über die Ereignisse berichtet. Leider haben es Israel, die Palästinenser, Deutschland und die internationale Staatengemeinschaft bisher versäumt, dem Bericht die Anerkennung zu ver- leihen, die er verdient hat. Dem Bericht ist es gelungen, Menschenrechtsverlet- zungen auf beiden Seiten in einen Zusammenhang zu bringen. Er hat allen Opfern einen Namen, eine Stimme und ein Gesicht gegeben. Solange Israel seine im Ga- zastreifen begangenen Menschenrechtsverletzungen, die auch im Goldstone-Bericht stehen, nicht anerkennt, die palästinensischen Opfer nicht würdigt, die Wahrheitsfin- dung weiter unterbindet und die Blockade aufrechter- hält, so lange werden die Stimmen derjenigen israeli- schen Opfer verhallen, die seit zehn Jahren unter dem Raketenbeschuss der bewaffneten palästinensischen Gruppen leben müssen. Menschenrechte messen nicht mit zweierlei Maß. Der Goldstone-Bericht beschreibt auch, wie 1,5 Milli- onen Menschen unter menschenunwürdigen Bedingun- gen in einem Gefängnis leben müssen, das sich Gaza- streifen nennt. Die UN beschreibt diesen Zustand als eine von Menschen geschaffene Krise der Menschen- würde. Der Frieden bedarf schmerzhafter Zugeständnisse auf beiden Seiten. Die UN und die EU müssen Israel und die Palästinenser dabei unterstützen, sie beide drängen. Das beginnt mit der Anerkennung der aneinander begange- nen Menschenrechtsverletzungen. Der Goldstone-Be- richt wäre ein guter Ansatz. Die Sicherheitsinteressen Israels sind untrennbar mit den Menschenrechten der Palästinenser verbunden. Erst wenn beide Seiten das Völkerrecht und die Menschen- rechte anerkennen, erst wenn beide Seiten Gerechtigkeit finden, kann es Frieden geben. Der jüdische Gelehrte Simeon ben Gamaliel I. sagte im ersten Jahrhundert nach Christus, dass die Welt auf drei Säulen ruht: Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden. So ist es. Anlage 26 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Wach- und Sicher- heitspersonal beim Bundestag beschäftigen (Ta- gesordnungspunkt 17) Manfred Grund (CDU/CSU): Der von Bündnis 90/ Die Grünen eingebrachte Antrag, das Wach- und Sicher- heitspersonal künftig wieder beim Deutschen Bundestag zu beschäftigen, gehört zu dem handwerklich Schlech- testen, was ich von den Grünen in der letzten Zeit gese- hen habe. Der Antrag ist inkonsistent, voller Widersprü- che und von dem offensichtlichen Bemühen geprägt, auf der derzeitigen Welle der Diskussionen um Hartz IV und Mindestlöhne mitzusurfen. Der Antrag geht an den Rea- litäten vorbei, und deshalb ist es schon jetzt absehbar, dass Sie mit ihm keinen Erfolg haben werden. 10710 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) Bündnis 90/Die Grünen fordern in ihrem Antrag, die Beschäftigten von privaten Sicherheitsfirmen, die an den Eingängen der Liegenschaften des Deutschen Bundesta- ges tätig sind, als TVöD-Angestellte in ein öffentliches Dienstverhältnis beim Deutschen Bundestag zu überneh- men. Dies wird begründet mit den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsun- ternehmen. Hierzu darf ich zunächst einmal feststellen, dass die Beschäftigungsstruktur, wie sie jetzt besteht, im beson- deren Maße in der Zeit, als SPD und Grüne die Mehrheit in diesem Hause hatten, insbesondere in der Zeit unmit- telbar nach dem Umzug von Bonn nach Berlin im Jahr 2001 geschaffen worden ist. Seit diesem Zeitpunkt wer- den neben den eigenen Beschäftigten auch Mitarbeiter von Fremdfirmen mit Sicherheitsaufgaben, vor allem an den Eingängen der Gebäude des Deutschen Bundesta- ges, beschäftigt. Dies ist mit gestiegenen Sicherheitsan- forderungen nach dem 11. September 2001 zu begrün- den, aber auch damit, dass die Liegenschaften des Deutschen Bundestages in Berlin zahlreicher und größer sind, als sie zuvor in Bonn waren. Dennoch sind auch heute noch rund 105 Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter als Pfortenbedienstete direkt beim Deutschen Bundestag angestellt. Diese Pfortenbe- diensteten sind an Pforten aller Häuser tätig, in denen Abgeordnete ihre Büros haben. An allen anderen Lie- genschaften des Deutschen Bundestages sind Mitarbeiter der Fremdfirma Piepenbrock tätig, ebenso an allen Rönt- genkontrollstrecken für Gepäckstücke und an den Tür- bogensonden, die der Kontrolle von Besucherinnen und Besuchern dienen. Von dieser Fremdfirma leiht der Deutsche Bundestag keine Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter aus, sondern kauft ein Stundenkontingent, was pro Jahr etwa rund 500 000 Stunden umfasst. Durch diese Stundenkontingente schafft sich der Bundestag auch die Flexibilität, die benötigt wird, um bei Sonderveranstal- tungen und bei erhöhtem Sicherheitsbedarf mit zusätzli- chem Personaleinsatz flexibel auf die entstandene Situa- tion reagieren zu können. Meine Damen und Herren von den Grünen, wollte man diese 500 000 Stunden wieder durch eigenes Perso- nal absolvieren lassen, müssten mindestens 293 Dienst- posten für Sicherheitskräfte geschaffen plus mindestens zehn weitere Personen zur Verwaltung dieser zusätzli- chen Dienstposten neu in die Anstellung des Deutschen Bundestages übernommen werden. Dies würde den Steuerzahler gegenüber der heutigen Lösung mindestens 4 Millionen Euro an Mehrkosten pro Jahr aufbürden. Das ist schlicht verantwortungslos. So würden die Kos- ten für die Sicherheitsleistungen bei Umsetzung Ihres Antrages von bisher 7 Millionen Euro für die einge- kaufte Dienstleistung auf mindestens 11 Millionen Euro steigen. Hier sind noch nicht berücksichtigt weitere Raum- und Sachkosten. Für die zusätzlichen 293 ge- nannten Dienstposten müssten mindestens 100 Dienst- räume innerhalb der Gebäude des Deutschen Bundesta- ges zur Verfügung gestellt werden. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grü- nen, müssten dem Steuerzahler erklären, warum Sie der- artige Mehrkosten in Kauf nehmen wollen. Wenn Sie dies mit der Lohnsituation der Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter des beauftragten Sicherheitsunternehmens begründen wollen, so kann ich Sie nur darauf verweisen, dass es zwi- schen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicher- heitsunternehmen und der Gewerkschaft Verdi einen aus- gehandelten Tarifvertrag gibt, der nicht nur für die Gegenwart des Jahres 2011, sondern bereits für die Jahre 2012 bis 2013 festlegt, welche Stundenlöhne für die Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsunterneh- men zu entrichten sind. Dieser Tarifvertrag ist für die Firma Piepenbrock verbindlich und wird von ihr – das teilte mir die Bundestagsverwaltung mit – für alle Pfor- tenbediensteten eingehalten. Die Mitarbeiter an den Röntgenkontrollstrecken erhalten aufgrund weitergehen- der Qualifikationen ein höheres Entgelt. In ihrem Antrag verweisen Bündnis 90/Die Grünen auf eine Beschäftigungsunsicherheit für die Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen im Hin- blick darauf, dass die Verträge über die beauftragten Leistungen alle sechs Jahre neu ausgeschrieben werden müssen. Geradezu kleinlaut kann man in dem gleichen Antrag dann den Hinweis lesen, dass für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Abgeordneten und der Fraktion eine Beschäftigungssicherheit nur für die Dauer einer Legislaturperiode gegeben ist. Der ganze Antrag der Grünen wirkt seltsam rück- wärtsgewandt. Wenn man ihn liest, fragt man sich, ob die Grünen ihre Bemühungen, eine bürgerliche Partei zu werden, aufgegeben haben. Mit ihrem Bemühen, um- fangreich Staatsbedienstete zu schaffen, laufen die Grü- nen alten Ideologien hinterher, von denen ich glaubte, dass sie diese ad acta gelegt hätten. Ihr Antrag ist im Übrigen auch für die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter der Sicherheitsunternehmen, denen Sie eigentlich etwas Gutes wollen, brandgefährlich. Würde das Privatunternehmen nämlich nicht mehr be- auftragt werden, würden aus vielen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht, wie von Ihnen geplant, TVöD-An- gestellte werden; sie würden vielmehr erst recht dem Ri- siko der Arbeitslosigkeit ausgesetzt – dies deshalb, weil einem erheblichen Teil dieser Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter die notwendigen Einstellungsvoraussetzungen für den öffentlichen Dienst schlicht fehlen. Es ist schon oft volkswirtschaftlicher Schaden ent- standen, wenn die öffentliche Hand versucht hat, Aufga- ben, die sie einst bewusst an private Unternehmen gege- ben hat, wieder durch den Staat selbst erledigen zu lassen. Für den finanziellen Schaden haben dann die Steuerzahler in unserem Land geradezustehen. Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass der Antrag der Grünen insgesamt völlig in die falsche Rich- tung geht. Die Beauftragung des Privatunternehmens Piepenbrock mit Sicherheitsleistungen im Deutschen Bundestag hat sich bewährt. Wir haben ein gut funktio- nierendes, flexibles Sicherheitssystem hier im Deut- schen Bundestag. Auf die Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich die Ta- rifparteien deutschlandweit geeinigt, und die Tarifauto- nomie ist ein hohes Gut, welches nicht preisgegeben Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 10711 (A) (C) (D)(B) werden darf. Das werden wir auch in den Beratungen im Ältestenrat unterstreichen. Jörg van Essen (FDP): Die FDP-Bundestagsfrak- tion unterstützt den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ausdrücklich nicht. Es kann nicht Aufgabe des Parlamentes sein, für eine möglichst umfassende Beschäftigung von Menschen im öffentlichen Dienst zu sorgen. Der Bundestag ist auch Treuhänder der vom Steuerzahler gezahlten finanziellen Mittel. Die FDP-Bundestagsfraktion hat deshalb immer darauf gedrungen, dort, wo es möglich ist, Ausschrei- bungen vorzunehmen und dem jeweils preiswertesten Bieter den Zuschlag zu geben. Private Wach- und Si- cherheitsdienste sind heute in Deutschland an vielfälti- gen Stellen tätig und leisten qualitativ sehr gute Arbeit. Eine Notwendigkeit, fast 300 neue Planstellen im öf- fentlichen Dienst zu schaffen, die einen hohen zweistel- ligen Millionenbetrag an Zusatzkosten erfordern würde, sehen wir nicht. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die regelmäßigen Einsparvorgaben im Personalbereich für den öffentli- chen Dienst auch beim Wach- und Sicherheitsdienst durchschlagen würden, wenn eine öffentliche Anstellung erfolgen würde. Im Übrigen gehört es zu den Ergebnis- sen des Kompromisses des Vermittlungsausschusses bei Hartz lV, dass im Wach- und Sicherheitsgewerbe ein Mindestlohn eingeführt wird. Der Ältestenrat im Bun- destag hat mit Zustimmung der FDP einen Tariflohn in seinen Ausschreibungen vorgeschrieben, sodass auch die rechtlichen und sozialen Belange der Mitarbeiter berück- sichtigt sind. Im Übrigen enthält der Antrag keinerlei Angaben, in- wieweit bisher Mängel in der Bereitstellung notwendiger Schutzbekleidung aufgetreten sind. Als Sicherheitsbe- auftragter meiner Fraktion kann ich diese auch nicht er- kennen. Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass die Mitarbeiter jeweils adäquat ausgestattet werden. Jan Korte (DIE LINKE): Natürlich unterstützen wir Linken das Anliegen des heute hier zur Debatte stehen- den Antrages, die Entgelte und Arbeitsbedingungen der Wach- und Sicherheitskräfte im Deutschen Bundestag zu verbessern. Das ist selbstverständlich für eine Partei, die sich den Interessen der Beschäftigten verschrieben hat. Dass so ein Antrag überhaupt gestellt werden muss, ist mehr als peinlich, gerade für das Parlament. Und natür- lich thematisiert der Antrag nur einen kleinen Teilaspekt eines drängenden und skandalösen gesamtgesellschaftli- chen Problems. Das Problem der massiv gewachsenen prekären Beschäftigung. Im Antrag heißt es: „Der Deutsche Bundestag hat als Gesetzgeber die Aufgabe, gute Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Arbeitsmarkt zu schaffen.“ Richtig. Fakt ist allerdings, dass in Deutschland die Löhne seit Jahren wesentlich langsamer steigen als im Rest Europas, ja, dass dieses reiche Land mittlerweile bei der Lohnentwicklung das Schlusslicht in Europa ist. Die Reallöhne in Europa entwickeln sich grob gesagt in zwei Richtungen: In fast allen Ländern gab und gibt es Zuwächse nur in Deutschland gab es ein sattes Minus von 4,5 Prozent. Auf dem World Economic Forum 2005 in Davos rühmte sich der damalige sozialdemokratische Bundes- kanzler Gerhard Schröder folgendermaßen: „Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. Ich rate allen, die sich damit beschäftigen, sich mit den Gegebenheiten auseinander zu setzen, und nicht nur mit den Berichten über die Gegebenheiten“. Richtig. Diese Politik und diese Gegebenheiten haben besonders SPD und Grüne mit zu verantworten. Sie ha- ben der Lohndrückerei die Schleusen geöffnet und gleichzeitig über die wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik gejubelt. Sie haben im Zuge der Hartz- Gesetze den Niedriglohnsektor eingeführt – warum soll- ten ausgerechnet Parlament und Regierungseinrichtun- gen von den Folgen solcher Politik verschont bleiben. Leidtragende sind dennoch auch hier die Beschäftigten und ihre Angehörigen. Seitdem sind offenbar selbst im Deutschen Bundestag Dumpinglöhne üblich. Ein Großteil des Sicherheits- dienstes wurde hier an private Firmen ausgelagert. Nie- mand außer den Betroffenen selbst hat irgendein Pro- blem damit gehabt, dass das für unser aller Sicherheit zuständige Personal seitdem mit einem Stundenlohn von 6,25 Euro abgespeist wird. Selbstverständlich hatten auch die Bundesregierungen nach Rotgrün nichts gegen diese Politik einzuwenden. Dass jetzt die Grünen diesen Antrag einbringen erfreut mich und zeigt eine – wenn auch späte – Selbstkritik. Die miese Bezahlung für eine anspruchsvolle Arbeit ist aber längst nicht das einzige Problem. Mit der Befris- tung wird dauerhaft Druck auf die Vertragsnehmer aus- geübt, damit die beauftragten Firmen, mit dem ständigen Wettbewerbsdruck im Nacken, leichter zu händeln und gegebenenfalls auch leicht gegen noch günstigere Mitbe- werber wieder ausgetauscht werden können. Für die Be- schäftigten allerdings bedeutet dies neben niedrigen Löhnen eine permanente existenzielle Unsicherheit; auch ihre Verträge sind schließlich befristet. Ich möchte an diesem Punkt aber auch noch einmal den Blick weiten und einen anderen Aspekt ansprechen: Welche Folgen hat denn eigentlich die Privatisierung von Sicherheit? Auf der Internetseite des Nachrichtensenders n-tv wird der Vorsitzende der GdP für den Bereich Bundes- polizei, Josef Scheuring, am 28. Dezember 2009 fol- gendermaßen zitiert: Die Privatisierung und der damit verbundene Kostendruck habe „dramatische Auswir- kungen“ für die Sicherheit. Bei der Vergabe der Auf- träge für Flughafenkontrollen „gibt es nur ein Krite- rium – den Preis“. Dieses Verfahren sei „vollkommen unverantwortlich“, http://www.n-tv.de/politik/GdP-kri tisiert-Kontrollen-article656897.html. Die Kontrollen an den Flughäfen seien „eine hoheitli- che Aufgabe, die der Staat übernehmen muss“, kommen- tiert Scheuring in dem Artikel die Feststellung, dass nur 10712 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 (A) (C) (D)(B) noch etwa zehn Prozent des Sicherheitspersonals an Flughäfen von der Bundespolizei käme und der Großteil der Aufgaben von Privatunternehmen gestelltes Personal übernimmt. Die Linksfraktion hat schon im Jahre 2007 (Drucksache 16/7108), in einem Antrag im Bundestag die Rückübernahme dieser Aufgaben in die öffentliche Hand gefordert. Der ehemalige GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg wird in der Rheinischen Post zum selben Thema zitiert: „Teilweise verdienen die Mitarbeiter gerade einmal 7,50 Euro pro Stunde, melden sich deswegen krank oder haben einen Nebenjob. Das sind Zustände, die bei einem so wichtigen Punkt wie der Sicherheit im Flug- zeugwesen nicht hinnehmbar sind“, http://www.rp-on line.de/politik/deutschland/Polizei-Gewerkschaft-fuer- Nacktscanner_aid_801973.html. Diese Probleme sind bekannt und Parlament und Re- gierung offensichtlich so peinlich, dass sie so weit wie möglich den Augen der Öffentlichkeit entzogen werden. Auf vier schriftliche Fragen meines Kollegen Frank Tempel nach Umfang, Arbeits-, Entgelt- und Ausbil- dungsbedingungen privater Sicherheitsbediensteter bei Bundesministerien und obersten Bundesbehörden, wo teilweise die Quote privater Dienste angeblich bis über 90 Prozent geht, lautete die Antwort auf Drucksache 17/2892: Das Bundesministerium des Innern hat die Antwor- ten des Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche … als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antworten sind in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und können dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingese- hen werden. Ich will keinem Kollegen und keiner Kollegin priva- ter Dienste persönlich Schlamperei oder schlechtere Ar- beitsmoral als die ihrer verbeamteten Kolleginnen und Kollegen unterstellen – dagegen spricht im Übrigen auch meine tägliche persönliche Erfahrung mit ihnen hier in den Gebäuden des Deutschen Bundestages. Aber Sicher- heit darf nicht ausschließlich nach Cent und Euro ge- kauft werden, gute Arbeitsleistung muss angemessen be- zahlt werden, und wer eine solche abliefert, muss entsprechende Anerkennung, Sicherheit, Ausbildungs- möglichkeiten und Zukunftsperspektive erhalten. Und hier haben das Parlament und die Regierung enorm viel nachzuholen. Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Kö ke ln 22 rei, Bessemerstraße 83–91, 1 , Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 93. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. Februar 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709300000

Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolle-

ginnen und Kollegen!

Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten, habe ich
einige Mitteilungen zu machen.

Der Kollege Ottmar Schreiner hat am vergangenen
Montag seinen 65. Geburtstag gefeiert und der Kollege
Dr. Karl Lamers einige Tage vorher seinen 60. Ge-
burtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich auf
diesem Wege noch einmal ganz herzlich und wünsche
alles Gute.


(Beifall)


Die Fraktion der CDU/CSU hat mitgeteilt, dass der
Kollege Bernd Siebert dem Kollegen Holger Haibach
als stellvertretendes Mitglied in der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates und in der Versamm-
lung der Westeuropäischen Union nachfolgen soll.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich
der Fall. Dann ist der Kollege Siebert hiermit gewählt.

Die Fraktion Die Linke schlägt den Kollegen Jörn
Wunderlich für eine weitere Amtszeit im Beirat bei
der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes vor. Findet auch dieser Vor-

Rede
schlag Ihre Zustimmung? – Ich bin beeindruckt: Auch
darüber gibt es keinen Streit. Dann ist der Kollege Wun-
derlich hiermit ebenfalls gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbun-
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste auf-
geführten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Die Stellungnahme des Bundesministers der
Verteidigung Dr. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg und mögliche Textübernahmen
aus Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen
Dienstes des Deutschen Bundestag
gebliche Textübernahmefunde nac
Plag Wiki“ auf 270 Seiten der Diss
Bundesministers der Verteidigung

(siehe 92. Sitzung)

zung

en 24. Februar 2011

.00 Uhr

ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-
fahren
Ergänzung zu TOP 33

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tom Ko-
enigs, Renate Künast, Claudia Roth (Augsburg),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Berichte zur NS-Vergangenheit des Bundesmi-
nisteriums für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz veröffentlichen
– Drucksache 17/4696 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Stephan
Kühn, Daniela Wagner, Bettina Herlitzius, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Altschuldenhilfe für ostdeutsche Wohnungs-
unternehmen neu ausrichten
– Drucksache 17/4698 –

text
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffen

(Weil am Rhein)

der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Werner
Simmling, Ernst Burgbacher, Sibylle Laurischk,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Anwohnerfreundlicher Ausbau der Rheintal-
bahn
– Drucksache 17/4861 –
Überweisungsvorschlag:

ss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

usschuss
ss für Wirtschaft und Technologie
ss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
ss für Tourismus
es sowie an-
h „Gutten-
ertation des

Ausschu
Finanza
Ausschu
Ausschu
Ausschu

Haushaltsausschuss





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute
Kumpf, Christian Lange (Backnang), Rainer Ar-
nold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Ausbau der Rheintalbahn als Modell für Bür-
gernähe, Lärm- und Landschaftsschutz

– Drucksache 17/4856 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz
Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Tierheime entlasten – Einheitliche Regelungen
schaffen

– Drucksache 17/4851 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Haushaltsausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz
Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Tierschutzgesetz ändern – Kennzeichnung von
Pferden tierschutzgerecht ausgestalten

– Drucksache 17/4850 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Günter
Gloser, Klaus Brandner, Dr. h. c. Gernot Erler,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Reformprozesse in Nordafrika und Nahost
umfassend fördern

– Drucksache 17/4849 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

h) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

zum Entwurf eines Beschlusses des Europäi-
schen Rates zur Änderung des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union hin-
sichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
– Ratsdok. 17629/10 (EUCO 30/10, Anlage I)

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundesta-
ges nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgeset-
zes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die
Zusammenarbeit von Bundesregierung
und Deutschem Bundestag in Angelegen-
heiten der Europäischen Union

Herstellung des Einvernehmens bezüglich der
Ergänzung von Art. 136 AEUV zur Einrich-
tung eines Europäischen Stabilitätsmechanis-
mus (ESM) verantwortlich gestalten

– Drucksache 17/4881 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej
Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

zum Entwurf eines Beschlusses des Europäi-
schen Rates zur Änderung des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union hin-
sichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
– Ratsdok. 17629/10 (EUCO 30/10, Anlage I)

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Art. 23 Abs. 3 des
Grundgesetzes

– Drucksache 17/4882 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel
Sarrazin, Alexander Bonde, Dr. Gerhard Schick,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Herstellung des Einvernehmens zwischen
Bundestag und Bundesregierung zur Ände-
rung des Art. 136 des Vertrages über die Ar-
beitsweise der Europäischen Union hinsicht-
lich eines Stabilitätsmechanismus für die
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundesta-
ges nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgeset-
zes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die
Zusammenarbeit von Bundesregierung
und Deutschem Bundestag in Angelegen-
heiten der Europäischen Union

– Drucksache 17/4883 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Tressel, Nicole Maisch, Ingrid Hönlinger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Verkehrsträgerübergreifende Schlichtung ge-
setzlich fixieren

– Drucksache 17/4855 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP:

Eskalation der Gewalt in Libyen

ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

lung von Regelbedarfen und zur Änderung des
Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetz-
buch

– Drucksachen 17/3404, 17/3958, 17/3982,
17/4032, 17/4058, 17/4095, 17/4303, 4304,
17/4719, 17/4770, 17/4830 –

ZP 5 Vereinbarte Debatte

zur Lage von SGB-Leistungsempfängern und
ihrer Kinder

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe
Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried
Hermann, Stephan Kühn, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konsequenzen aus dem Zugunglück von
Hordorf ziehen

– Drucksache 17/4854 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Haushaltsausschuss

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Der Tagesordnungspunkt 28 – dabei handelt es sich
um das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz – wird heute
abgesetzt.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schwarz-Gelb?)


– Schwarzgeldbekämpfungsgesetz, Herr Kollege Trittin.


(Heiterkeit)


Ich finde es beruhigend, dass sich offenkundig niemand
ernsthaft durch die Ankündigung einer solchen Gesetz-
gebungsabsicht irritiert fühlt.


(Heiterkeit)

Außerdem ist vorgesehen, den Jahresbericht des
Wehrbeauftragten – das ist der Tagesordnungspunkt 30 –
bereits heute nach dem Tagesordnungspunkt 9 zu bera-
ten und den Tagesordnungspunkt 10 mit Vorlagen zum
Beschäftigtendatenschutz erst morgen im Anschluss an
die vereinbarte Debatte aufzurufen.

Schließlich mache ich auf einige nachträgliche Aus-
schussüberweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste
aufmerksam:

Der am 11. November 2010 überwiesene nachfol-
gende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Innenaus-
schuss (4. Ausschuss) zur Mitberatung überwiesen
werden:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Vormundschafts- und Betreuungs-
rechts

– Drucksache 17/3617 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Der am 8. Juli 2010 überwiesene nachfolgende An-
trag soll zusätzlich dem Innenausschuss (4. Ausschuss)

zur Mitberatung überwiesen werden:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sonja
Steffen, Christine Lambrecht, Dr. Peter Danckert,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Änderung des Vormundschaftsrechts und wei-
tere familienrechtliche Maßnahmen

– Drucksache 17/2411 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Der am 10. Februar 2011 überwiesene nachfolgende
Antrag soll zusätzlich dem Auswärtigen Ausschuss

(3. Ausschuss) zur Mitberatung überwiesen werden:


Beratung des Antrags der Abgeordneten Frank
Tempel, Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zu
der Mitteilung der Kommission an das Europäi-
sche Parlament und den Rat

Auf dem Weg zu einer verstärkten europäi-
schen Katastrophenabwehr: die Rolle von Ka-
tastrophenschutz und humanitärer Hilfe

(KOM[2010] 600 endg.; Ratsdok. 15614/10)


hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Art. 23 Abs. 2 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes
über die Zusammenarbeit von Bundesre-
gierung und Deutschem Bundestag in An-
gelegenheiten der Europäischen Union

– Drucksache 17/4672 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Der am 27. Januar 2011 überwiesene nachfolgende
Antrag soll zusätzlich dem Ausschuss für Familie, Seni-
oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zur Mitbera-
tung überwiesen werden.

Die Mitberatung des Ausschusses für Gesundheit

(14. Ausschuss) soll entfallen.


Beratung des Antrags der Abgeordneten Priska
Hinz (Herborn), Katja Dörner, Kai Gehring, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Bildungsberichte nutzen – Bildungssystem ge-
rechter und besser machen

– Drucksache 17/4436 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Darf ich auch zu diesen Veränderungen Einverneh-
men feststellen? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann
ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung wehrrechtlicher Vorschriften 2011

(Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG 2011)


– Drucksache 17/4821 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Bundesminister der Verteidigung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesmi-
nister der Verteidigung:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Mit dem Gesetzentwurf über die Aussetzung der
Verpflichtung zum Grundwehrdienst steht nunmehr ei-
ner der Kernpunkte der Neuausrichtung der Bundeswehr
auf der Tagesordnung der heutigen Debatte.

Wir nehmen mit der Einführung eines Freiwilligen-
wehrdienstes Abschied von der Verpflichtung zum
Grundwehrdienst. Wir nutzen diese Gelegenheit auch,
um den vielen Grundwehrdienstleistenden der letzten
Jahrzehnte Dank zu sagen. Es waren Millionen, die in
diesem Sinne auch eine besondere Verpflichtung für un-
ser Land zum Ausdruck gebracht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die allgemeine Wehrpflicht war in der über 50-jähri-
gen Geschichte der Bundeswehr zu ihrer Zeit die richtige
Wehrform. Darauf darf man auch immer wieder hinwei-
sen. Die Zusammensetzung unserer Streitkräfte aus Be-
rufs- und Zeitsoldaten, Grundwehrdienstleistenden und
zusätzlich freiwillig Wehrdienstleistenden sowie Reser-
visten hat entscheidend zur erfolgreichen Erfüllung des
Auftrages der Bundeswehr und zu ihrem hohen Ansehen
beigetragen.

Ich persönlich bin immer ein grundsätzlicher Befür-
worter der allgemeinen Wehrpflicht gewesen. Das ist
bekannt. Die Änderung der Wehrform war für mich nie-
mals Selbstzweck, und sie ist mir – wie vielen von uns in
diesem Hause – außerordentlich schwergefallen. Aber
die Untersuchungen des letzten Jahres, die Analysen, die
wir angestellt haben, der Bericht des Generalinspekteurs
und der Bericht der Strukturkommission unter Leitung
von Herrn Weise haben in Verbindung mit längeren, sehr
ernsthaften, intensiven Diskussionen und Debatten ein
eindeutiges Ergebnis gebracht: Die Verpflichtung zum
Grundwehrdienst ist heute sicherheitspolitisch nicht
mehr begründbar. Auch für mich hat das letztendlich ein
Umdenken bedeutet – aber ein Umdenken, aus dem auch
eine Perspektive erwachsen sollte.

Der letztlich entscheidende Maßstab für die Bundes-
wehr muss die Fähigkeit zum Einsatz im Rahmen des
gegebenen Auftragsspektrums sein. In diesem Gesamt-
kontext steht auch der heute vorliegende Gesetzentwurf.
Die Bundeswehr hat, wie wir wissen, mit den aktuellen
Einsatzverpflichtungen in vielen Bereichen bereits ihre
Leistungsgrenze erreicht. Darüber hinaus entsprechen
ihre Strukturen nicht mehr den Anforderungen, die an
den heutigen Einsatz und die künftigen Einsätze anzule-
gen sind.

Eine Neuausrichtung mit Blick auf eine stärkere Ein-
satzorientierung war und ist daher unabdingbar. Wir
brauchen deswegen heute keine unverhältnismäßig hohe
Zahl von Soldaten mehr, sondern hochprofessionelle
Streitkräfte, die über weite Distanzen für schwierige
Einsätze schnell verlegt und für Risikoszenarien nach-
haltig eingesetzt werden können.

Die Bundeswehr ist heute eine Armee im Einsatz.
Erst vor wenigen Tagen haben wir einmal mehr auf er-
schütternde Weise feststellen müssen, was es bedeutet
oder bedeuten kann, Armee im Einsatz zu sein. Ich
glaube, unser aller Gedanken und auch Gebete sind
heute bei den gefallenen Soldaten von letzter Woche.
Wir denken an die zehn Verwundeten und hoffen auf ihre
baldige Genesung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sicher ist: Es wird niemals risikofreie Einsätze geben
und geben können. Aber es bleibt unsere dauerhafte Ver-
pflichtung, alles, wirklich alles zu tun, um die Gefahren





Bundesminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg


(A) (C)



(D)(B)

und Risiken für unsere Soldatinnen und Soldaten auf ein
Mindestmaß zurückzuführen, und alles zu tun, um bei
Ausbildung, Ausrüstung und Schutzmaßnahmen, die zu
ergreifen sind, unserer Verantwortung gerecht zu wer-
den: Wir müssen unsere Soldaten bestens gesichert und
für ihre Aufgaben auch ausgebildet in den Einsatz schi-
cken. Die Bedingungen, die wir gerade für das Letztge-
nannte zu schaffen haben, müssen wir noch intensiver
betrachten. Dazu gehören Laufbahn- und Personalstruk-
turen sowie bestmögliche soziale, aber eben auch mate-
rielle Bedingungen. Gerade Letztere haben eine bedeu-
tende Auswirkung auf die Sicherstellung der Motivation
unserer Soldatinnen und Soldaten – und damit indirekt
auch auf die Fähigkeit, im Einsatz bestehen zu können.

Unter den gegebenen finanziellen Bedingungen liegt
hierin eine erhebliche Herausforderung. Auch wir müs-
sen sparen und einen Beitrag zum Sparen erbringen; wir
müssen unsere Bundeswehr gleichzeitig aber auch zu-
kunftsfest aufstellen, damit sie eine Perspektive entwi-
ckeln kann. Wir müssen hier noch weiter freundschaft-
lich und intensiv auch innerhalb der Bundesregierung
verhandeln, damit wir die Bundeswehr entsprechend
aufstellen können.

Bei einem geringeren Gesamtumfang der Streitkräfte
würde die Ausbildung und Betreuung von Grundwehr-
dienstleistenden zu viele Berufs- und Zeitsoldaten bin-
den. Das war einer der Gründe, weshalb wir gesagt ha-
ben: Wir können künftig den Grundwehrdienst nicht
mehr so wie ursprünglich aufrechthalten. Die weiteren
Gründe haben wir ausgiebig und intensiv diskutiert. Es
würde heute zu weit führen, darauf noch einmal hinzu-
weisen.

Es war nach alledem folgerichtig, dass die Bundes-
regierung zeitgleich mit ihrem Eckpunktebeschluss zur
Neuausrichtung der Bundeswehr am 15. Dezember des
vergangenen Jahres die Gesetzesnovelle zum Wehr-
pflichtgesetz auf den Weg gebracht hat. Die Pflicht zum
Grundwehrdienst soll zum 1. Juli 2011 ausgesetzt wer-
den; das ist der derzeitige Plan. Die letzten verpflichtend
grundwehrdienstleistenden Soldaten wurden am 3. Ja-
nuar dieses Jahres eingezogen.

An die Stelle des Grundwehrdienstes tritt ein neuer,
ein freiwilliger Wehrdienst von 12 bis 23 Monaten für
junge Frauen und Männer. Weder die verfassungsrechtli-
che noch die einfachgesetzliche Grundlage der Wehr-
pflicht wird aber gänzlich abgeschafft. Ich halte es
weiterhin für geboten und richtig, dass wir die verfas-
sungsrechtliche Grundlage der Wehrpflicht erhalten ha-
ben und weiter erhalten; das ist mit Blick auf Szenarien,
die wir heute sicher noch nicht ganz absehen können,
eine richtige und kluge Entscheidung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen Bewährtes erhalten, auch als Rückversiche-
rung. Im Kern wird also lediglich die Verpflichtung zum
Grundwehrdienst ausgesetzt.

Ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass die Gewin-
nung von Freiwilligen angesichts der Konkurrenz mit
anderen Arbeitgebern um qualifiziertes Personal wahr-
scheinlich eine der größten Herausforderungen der Ge-
genwart und der Zukunft darstellt. Gerade bei den Lauf-
bahnen der Mannschaften muss hier ein Schwerpunkt
liegen; hierauf hat der Inspekteur des Heeres zu Recht
hingewiesen. Wir nehmen diese Herausforderung mit al-
ler Kraft an.

Es geht jetzt darum, auch mit diesem Gesetz die ge-
eigneten Instrumente zu schaffen und sich darüber hin-
aus mit viel Kreativität dem Wettbewerb zu stellen.
Bereits mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz ist vorgese-
hen, dass junge Menschen mit Informationsmaterial über
einen Freiwilligendienst in der Bundeswehr versorgt
werden und eine ausführliche Beratung über Dienstmög-
lichkeiten in der Bundeswehr erhalten können. Wir müs-
sen uns auch hier öffnen, neue Wege beschreiten und
insbesondere die neuen Medien im Blick haben, also die
heutigen Formen, junge Menschen anzusprechen, tat-
sächlich nutzen.

Der deutlich verbesserte Wehrsold für diejenigen, die
den freiwilligen Wehrdienst leisten, sowie die Verpflich-
tungsprämien sind zusätzliche starke Signale an potenzi-
elle Interessenten. Hinzu kommen bessere Unterbrin-
gungsstandards für Mannschaften, eine nach Möglichkeit
heimatnahe Verwendung, die Fortgeltung der Steuerfreiheit
der Geld- und Sachbezüge, der kostenlosen Familienheim-
fahrten sowie der Regelungen des Arbeitsplatzschutzgeset-
zes. Aus dem Parlament, vom BundeswehrVerband und
vom Wehrbeauftragten kamen viele Hinweise. Das sind
Punkte, auf die wir viel Wert legen und die die künftige
Gestaltung der Bundeswehr bestimmen müssen. Sie bil-
den natürlich auch den Rahmen dafür, wie wir uns künf-
tig finanziell aufstellen können.

Darüber hinaus sind Attraktivitätsmaßnahmen ge-
plant, insbesondere die Erweiterung der Möglichkeit, im
Rahmen der Berufsförderung an Aus-, Weiter- und Fort-
bildungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Attraktivität ist
– über die Sicherung des Nachwuchses bei den Mann-
schaftsdienstgraden hinaus – insgesamt der Schlüssel
zur künftigen personellen Einsatzbereitschaft der Bun-
deswehr. Zu Beginn dieses Jahres wurde deshalb ein
Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität des
Dienstes in der Bundeswehr erlassen, das alle Soldatin-
nen und Soldaten – ich betone: alle – betrifft. Hierüber
wurde der Verteidigungsausschuss informiert. Dieses
Maßnahmenpaket enthält über 80 grundsätzlich mögli-
che Maßnahmen, die jetzt alle auf ihre Realisierbarkeit
hin geprüft werden. Nicht alles wird und soll kommen;
das darf ich an dieser Stelle sagen. Entscheidend sind im
Einzelfall kurzfristig greifende Maßnahmen, um den
Dienst in der Bundeswehr attraktiver zu machen. Die
eine oder andere Idee ist nach einer Überprüfung bereits
verworfen worden, aber es bleiben viele, die wir umzu-
setzen haben.

Neben der Einrichtung von Eltern-Kind-Arbeitszim-
mern an 200 Standorten planen wir die Flexibilisierung
und Verlängerung von Regelverpflichtungszeiten, die
verstärkte Besetzung ziviler Dienstposten mit ausschei-
denden Soldaten auf Zeit, mehr Möglichkeiten des Woh-
nens in Gemeinschaftsunterkünften, die Erhöhung von
Zulagen und Ausgleichssätzen für mehrgeleisteten
Dienst und eine angemessenere Ausgestaltung der Rah-





Bundesminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg


(A) (C)



(D)(B)

menbedingungen für dienstlich veranlasste Umzüge. Für
einige dieser Maßnahmen brauchen wir gesetzliche Re-
gelungen, um deren Unterstützung ich gerne bitten und
werben will.

Heute bitte ich Sie um Zustimmung zu dem vorliegen-
den Entwurf des Wehrrechtsänderungsgesetzes. Je schnel-
ler wir in der Lage sind, die im Gesetz enthaltenen Maß-
nahmen umzusetzen, umso schneller können wir dringend
benötigte Freiwillige in die Streitkräfte einstellen und die
im Entwurf enthaltenen Attraktivitätsmaßnahmen wie den
erhöhten Wehrsold und die Verpflichtungsprämien end-
gültig umsetzen. Mit Ihrer Zustimmung leisten Sie alle
einen entscheidenden Beitrag zur erfolgreichen Neuaus-
richtung unserer Bundeswehr, zur Gewährleistung ihrer
Einsatzfähigkeit und damit zu unserer Sicherheit. Wir
können bei der Neuausrichtung der Bundeswehr einen
wichtigen, großen Schritt vorangehen, gerade mit Blick
auf die Attraktivität des Dienstes, die unsere Soldaten
mehr als verdient haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709300100

Das Wort erhält nun der Kollege Sigmar Gabriel für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1709300200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unzwei-

felhaft: Die Bundeswehr gehört zu den großen Erfolgs-
geschichten der Bundesrepublik. Es ist eine demokrati-
sche Erfolgsgeschichte, weil die Bundeswehr nie Staat
im Staate war, sondern immer in der Mitte der Gesell-
schaft und fest verankert war in der Demokratie. Sie ist
eine europäische Erfolgsgeschichte, weil keiner unserer
Nachbarn jemals vor Aggressionen Angst haben musste
und davor, dass die Bundeswehr eine Gefahr für sie dar-
stellen würde. Ganz im Gegenteil: Die Bundeswehr ist
immer eine Armee gewesen, die sich sehr dem Frieden,
der Völkerverständigung und auch dem Völkerrecht ver-
bunden gefühlt hat. Nie zuvor gab es eine deutsche Ar-
mee, die das von sich sagen konnte.

Die große und wirklich bedeutende Geschichte der
Bundeswehr ist eine der großen Erfolgsgeschichten der
Bundesrepublik Deutschland, und sie ist untrennbar mit
der Wehrpflicht verbunden gewesen. Die Wehrpflicht si-
cherte, dass die Bundeswehr den Querschnitt der Bevöl-
kerung repräsentierte, dass der Nachwuchs aus allen Be-
völkerungsschichten gewonnen wurde, und vor allen
Dingen sorgte sie dafür, dass wir alle uns mit der Bun-
deswehr beschäftigt haben, weil es immer unsere eige-
nen Söhne und Töchter sein konnten, die dort ihren
Dienst taten.

Wir alle wissen: Die Beendigung der Wehrpflicht, wie
sie heute vorgeschlagen wird – ob von Dauer oder auf
Zeit, wird sich erst noch herausstellen –, ist deshalb von
großer und weitreichender Bedeutung. Die SPD hat we-
gen der Schwierigkeiten der Wehrgerechtigkeit diesen
Weg bereits 2007 vorgeschlagen. Unsere früheren Koali-
tionspartner CDU und CSU wollten ihn damals nicht ge-
hen. Jetzt wollen sie ihn gehen. Wir begrüßen das.


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Peter Struck wollte ihn nicht gehen!)


Aber wir wissen auch: Die Beendigung der Wehr-
pflicht, ob auf Dauer oder zeitweilig, wird die Rahmen-
bedingungen für die Bundeswehr, auf die sie sich fünf
Jahrzehnte verlassen konnte, völlig verändern. Es
kommt deshalb darauf an, dass wir mit der Änderung
dieser zentralen Rahmenbedingungen nicht auch die Er-
folgsgeschichte der Bundeswehr in der deutschen Ge-
schichte beenden. Auch ohne Wehrpflicht muss es uns
gelingen, den Nachwuchs der Bundeswehr aus allen
Schichten der Bevölkerung zu gewinnen und den Dienst
so attraktiv zu machen, dass die Bundeswehr nicht in
Gefahr gerät, nur noch Negativauslese derjenigen zu
werden, die es woanders nicht geschafft haben. Die Bun-
deswehr muss deshalb auch eine Qualifizierungsarmee
werden. Vor allem darf die Abschaffung der Wehrpflicht
nicht dazu führen, dass wir uns weniger für die Soldatin-
nen und Soldaten interessieren, sie schlechter ausstatten
oder ausbilden oder sie gar leichtfertiger in gefährliche
Auslandseinsätze schicken.

Wenn ich mir allerdings ansehe, wie diese Bundes-
wehrreform beginnt, dann stelle ich fest, dass sich die
Bundesregierung und der Bundesverteidigungsminister
schon in den ersten Schritten von der Bundeswehr ab-
wenden. Die ganze Reform beginnt als Sparaktion. Mehr
als 8 Milliarden Euro sollen durch diese Bundeswehrre-
form eingespart werden. Der Verteidigungsminister ist
vollmundig mit einer gigantischen Sparbüchse auf die
Bundeswehr losgegangen. Inzwischen muss er kleinlaut
zugeben, dass er nicht etwa einsparen, sondern mögli-
cherweise sogar mehr Geld ausgeben muss. Statt die
Aufgaben der Bundeswehr zur zentralen Messlatte für
die Reform, die Organisation, die Ausstattung und die
Bezahlung der Bundeswehr zu machen, erklärt der Bun-
desverteidigungsminister am 25. Oktober des letzten
Jahres bei der Vorstellung seiner Reform bei der Füh-
rungsakademie der Bundeswehr in Hamburg – ich zitiere –,
der höchste – ich betone – der „höchste strategische Pa-
rameter“ der Bundeswehrreform sei die Haushaltskonso-
lidierung. Die Bundeskanzlerin attestiert ihm am Anfang
des Jahres, der Sparbeitrag – Frau Kanzlerin, so haben
Sie gesagt – des Verteidigungsministers sei das Wich-
tigste. Frau Bundeskanzlerin, ich sage Ihnen, was unser
höchster strategischer Parameter ist und was für uns das
Wichtigste ist: die Sicherheit der Soldatinnen und Solda-
ten. Das ist der wichtigste strategische Parameter.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie machen die Bundeswehr zum Sparschwein Ihrer
Haushaltspolitik. Das ist nicht nur ein politischer Fehler;
im Zweifel ist das für die Soldatinnen und Soldaten
ziemlich gefährlich. Die Bundesregierung und vorneweg
der Verteidigungsminister verwechseln die Reihenfolge:
Sie entscheiden zuerst über drastische Einsparungen und
wundern sich dann, dass die Bundeswehr ihre Aufgaben
nicht erledigen kann. Sie müssen diese Reform vom
Kopf auf die Füße stellen: Zuerst müssen Sie die Aufga-





Sigmar Gabriel


(A) (C)



(D)(B)

ben festlegen, die die Bundeswehr erfüllen soll. Danach
müssen Sie sagen, welche Ausbildung und Ausstattung
die Soldaten dafür brauchen. Danach müssen Sie sagen,
wie Sie ohne die Wehrpflicht das Personal für diese Auf-
gaben bekommen. Und dann müssen Sie den Finanzbe-
darf für diese Aufgaben und für diese Nachwuchsgewin-
nung festlegen. Das ist die richtige Reihenfolge der
Bundeswehrreform.


(Beifall bei der SPD – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Genauso machen wir das! Genauso!)


Sie versuchen es genau umgekehrt, und deswegen
geht das schief; denn ohne deutlich bessere Bezahlung,
ohne Angebote für Ausbildung, Studium und Weiterver-
wendung nach der Bundeswehr werden Sie den benötig-
ten Nachwuchs nicht gewinnen können. Sie haben kein
Konzept dafür, wie wir die Freiwilligendienste ausbauen
können.

Übrigens werden wir natürlich Standorte schließen
müssen. Wir können die Standortdebatte auch nicht zum
Maßstab der Ausrichtung der Bundeswehr machen. Aber
dann müssen Sie doch ein Konversionsprogramm aufle-
gen, mit dem die Bürgermeister und Landräte leben kön-
nen. Auch das kostet Geld. Aber nichts davon findet sich
in Ihrem Konzept wieder.


(Beifall bei der SPD)


Gerade haben Sie selbst, Herr Verteidigungsminister,
Ihr Maßnahmenpaket zitiert. Ich lese einmal ein biss-
chen daraus vor, weil das deutlich macht, dass das alles
Floskeln sind. Ich zitiere eine schöne Formulierung zu
einem Punkt, den Sie selber gerade angesprochen haben:
„Die bisherigen Mannschaftslaufbahnen sind mit dem
Ziel der Erhöhung der Attraktivität neu zu gestalten.“ –
Aber dann ist Schluss. Dazu, wie das geschehen soll,
steht nichts in Ihrem Maßnahmenpaket. Es finden sich
nur wolkige Formulierungen, aber nichts Konkretes. Im
Hinblick auf tatsächlich vorhandene gute Vorschläge wie
die von Ihnen eben angesprochene Vereinbarkeit von Fa-
milie und Beruf muss Ihr Staatssekretär sofort zugeben,
dass dies alles unter dem Finanzierungsvorbehalt des Fi-
nanzministers steht. Das ist Camouflage. Sie haben Ihren
Job nicht gemacht. Sie haben nicht gesagt, was man
schaffen muss, wenn man die Bundeswehrreform zu ei-
nem Erfolg machen will. Das ist unser Vorwurf.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir bekommen ein hohles Gesetz ohne jeden Reali-
tätsbezug. Der Verteidigungsminister kann keine Ant-
wort auf die Frage nach der künftigen Struktur der Bun-
deswehr oder nach den Standorten geben. Er kann keine
Antwort auf die Fragen zur Nachwuchsgewinnung der
Armee und schon gar keine zum Finanzierungskonzept
geben. Auf jede Frage bleibt der Verteidigungsminister
die Antwort schuldig – und das, obwohl die Reform am
1. April 2011 starten soll.

Im Weise-Bericht heißt es: „Gefordert sind schnelle
Entscheidungen …“ Wir fragen uns, Herr Minister, was
Sie in den letzten knapp fünf Monaten seit Vorlage des
Gutachtens eigentlich getan haben. Wenn Sie, Frau Bun-
deskanzlerin, dann am 22. November 2010 als Regie-
rungschefin nach Dresden zur Kommandeurstagung
fahren und den Kommandeuren zum Thema der Bundes-
wehrreform den Spruch „no risk, no fun“ entgegenhal-
ten, dann frage ich mich, auf welcher geistigen Höhe in
Deutschland inzwischen Sicherheitspolitik gemacht
wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Kanzlerin, für uns hört der Spaß an dieser Stelle
auf. Bei der Bundeswehr geht es nicht um „fun“, wie Sie
offenbar meinen, sondern um die Sicherheit unseres
Landes, um die Sicherheit der Einsätze sowie um Leib
und Leben der Soldatinnen und Soldaten.

Inzwischen wissen wir, dass der Heeresinspekteur
alarmiert ist, weil ihm zum 1. April 2011 nur ein Fünftel
der benötigten Rekrutinnen und Rekruten zur Verfügung
steht. Der Generalinspekteur räumt ein, dass die Bundes-
wehr Gefahr läuft, 2012 nicht mehr genügend Soldatin-
nen und Soldaten für den Auslandseinsatz zu haben. Die
Bundeswehr ist – wir kennen den Begriff – bedingt ab-
wehrbereit und bedingt einsatzbereit. Das, Herr Verteidi-
gungsminister, sind die tatsächlichen Resultate Ihrer
fachlich angeblich so guten Arbeit. Das ist das Produkt
Ihrer Amtszeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ihre sogenannte Bundeswehrreform entfaltet bei den
jungen Männern und Frauen in Deutschland gerade eine
enorme Signalwirkung. Das kann man wohl sagen. Wir
lesen, dass von 166 000 Briefen der Kreiswehrersatzäm-
ter an junge Frauen und Männer nur ganze 7 000 mit In-
teressenbekundungen zurückkamen, also nur knapp
4 Prozent. Das ist die Signalwirkung, die von Ihnen aus-
geht, und zwar nicht deshalb, weil die Bundeswehr ein
schlechter Arbeitgeber wäre, sondern weil die jungen
Männer und Frauen auf jede konkrete Frage, wie ihr frei-
williger Dienst in der Bundeswehr denn aussehen soll,
keine konkrete Antwort bekommen. Sie haben ein Chaos
organisiert, wenn Sie so weitermachen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch einmal: In fünf Wochen soll der Nachwuchs der
Bundeswehr allein aus Freiwilligen gewonnen werden.
Diese Eile haben Sie sich übrigens selbst auferlegt. Das
Kabinett hat beschlossen, dass erst zum 1. Juli 2011 um-
gestellt werden soll. Sie aber sagen: Nein, es muss schon
zum 1. April 2011 geschehen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht doch eine Anzeige in der BildZeitung!)


Es geht immer nach dem alten Motto: Schnell, schnei-
dig, schick!


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schick?)






Sigmar Gabriel


(A) (C)



(D)(B)

Aber es geht nicht um ein Wettrennen, Herr Verteidi-
gungsminister. Es geht um unsere Soldatinnen und Sol-
daten und um die Leistungsstärke und Funktionsfähig-
keit der Armee. Wir können Sie nur auffordern:
Verschieben Sie die Reform so lange, bis Sie wirklich
wissen, wohin Sie wollen und wie Sie das machen wol-
len.


(Beifall bei der SPD)


Sie müssen erst die Voraussetzungen für die Reform
schaffen und dann handeln und nicht umgekehrt. Wenn
Sie weiter im Blindflug unterwegs sind, ist die Reform
schon gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Das größte Kapital bei dieser wirklich großen Reform
ist doch das Vertrauen der Menschen, auch der Soldatin-
nen und Soldaten, in die politische Führung. Genau die-
ses für die Reform wichtige Vertrauen verspielen Sie ge-
rade. Hinter der glitzernden Fassade aus großen Worten
und schillernden Begriffen von der größten Reform aller
Zeiten befindet sich bei Ihnen nur der unbedingte Wille
zur Ankündigung, Herr Minister, mehr nicht. Es ist nicht
das erste Mal, dass wir merken, dass Schein und Sein bei
Ihnen ziemlich unterschiedlich sind.

Weil es um das Vertrauen geht, Frau Bundeskanzlerin,
möchte ich Sie ganz persönlich ansprechen. Ich achte
Sie nicht nur wegen Ihres Amtes, Frau Kanzlerin. Ich
achte Sie auch, weil wir uns in der Großen Koalition
kennengelernt haben.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


– Sie müssen nicht lachen. Ich meine das ganz ernsthaft.


(Elke Hoff [FDP]: Lächeln darf man noch!)


– Wenn Sie lächeln, wenn ich Sie lobe, verzeihe ich Ih-
nen das. Ich habe die Absicht, das zu tun.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe Sie als jemanden kennengelernt, der, na klar,
machtbewusst ist. Das ist keine Frage. Aber ich habe Sie
nie als machtvergessen und auch nie als machtversessen
erlebt. Ich habe mir das immer damit erklärt, dass Ihre
Biografie Sie für demokratische Herausforderungen sen-
sibel gemacht hat. Gerade weil ich Sie so kennengelernt
habe, bitte ich Sie um eines: Muten Sie uns und der Bun-
deswehr, sich und unserem Land dieses unwürdige
Schauspiel, das wir seit Wochen mit Ihrem Verteidi-
gungsminister erleben, nicht länger zu.

Ich weiß nicht, ob Sie, Frau Bundeskanzlerin, die De-
batte im Bundestag gestern verfolgt haben. Wenn Sie das
gemacht haben, dann ist Ihnen vielleicht eines aufgefal-
len.


(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Sie waren nicht da!)


– Ich habe sie mir angeschaut und war erstaunt über das,
was hier passiert ist. – Es gab keinen Ordnungsruf des
Präsidenten, nicht einmal Tumulte oder allzu laute Pro-
teste auf Ihrer Seite, als hier zum ersten Mal in der Ge-
schichte des Parlaments ein amtierender Minister mehr-
fach von Abgeordneten Lügner, Hochstapler und
Betrüger genannt wurde.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Thierse! Vizepräsident!)


– Nein, Frau Göring-Eckardt war gestern die Präsiden-
tin.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie rügen also die Präsidentin!)


Es gab keine große Aufregung bei Ihnen und keinen
Ordnungsruf. Frau Bundeskanzlerin, was glauben Sie
wohl, warum das so war? Weil jeder hier im Haus
wusste, dass das Tatsachenbehauptungen sind.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Eine Unverschämtheit! Unerhört!)


Das ist doch das Problem. Jeder weiß, dass wir es mit ei-
nem politischen Hochstapler zu tun haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU)


– Ich habe kein Problem damit, wenn wir das einmal
problematisieren würden. Vielleicht stellt auch jemand
Strafantrag. Das wäre interessant.

Frau Bundeskanzlerin, stellen Sie sich doch nur für
eine Sekunde vor, die Zeitungsberichte über das Verhal-
ten des Verteidigungsministers, die Sie gelesen haben,
enthielten nicht den Namen zu Guttenberg, sondern die
Namen Trittin, Lafontaine oder Gabriel. Stellen Sie sich
doch nur einmal vor, was Sie gesagt und gedacht hätten,
wenn das nicht Herr zu Guttenberg gewesen wäre. Dann
wissen Sie, wie weit wir hier inzwischen weg sind von
Recht und Gesetz, was für alle gelten soll. Dann wissen
Sie das.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ehre, Pflichtgefühl, Recht und Anstand, das sind Be-
griffe, die gerade für den Inhaber der Befehls- und Kom-
mandogewalt über die Bundeswehr von großer Bedeu-
tung sein müssen. Nichts davon findet sich im Handeln
Ihres Ministers. Frau Bundeskanzlerin, was soll Ihre
seltsame Bemerkung, Sie hätten einen Minister und kei-
nen wissenschaftlichen Mitarbeiter berufen? Spielt ei-
gentlich – das frage ich Sie – der Charakter eines Men-
schen bei der Berufung in Ihr Kabinett für Sie keine
Rolle mehr?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen: Es ist eine Zumutung für jeden Abge-
ordneten im Saal, dass wir hier von einem Regierungs-
mitglied für dumm verkauft werden sollen.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das gibt es schon länger! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU)


– Für dumm verkauft? Sagen Sie einmal: Glauben Sie
wirklich daran, dass jemand aus Versehen 270 von
400 Seiten abschreiben kann? Was ist das denn für eine





Sigmar Gabriel


(A) (C)



(D)(B)

seltsame Ausrede? So etwas habe ich überhaupt noch
nicht gehört. Aus Versehen?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen: Für jeden von uns, der fair arbeitet,
der etwas von Leistung, von Anstand hält, für jeden Ab-
geordneten ist es eine Zumutung, dass wir uns auf dieses
intellektuelle und moralische Niveau herabbegeben müs-
sen. Das ist die Zumutung, die hier im Parlament gerade
stattfindet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Bundeskanzlerin, es geht nicht mehr um Herrn
zu Guttenberg, es geht inzwischen um ganz prinzipielle
Fragen von Rechtsstaat und Demokratie. Rücktritte in
unserer parlamentarischen Demokratie waren ein Zei-
chen der Stärke. Sie haben gezeigt, dass das Parlament
und die demokratischen Institutionen zur Korrektur fä-
hig sind, dass sie Fehlverhalten am Ende nicht durchge-
hen lassen und ohne Ansehen der Person und des Amtes
handeln. Das hat die Demokratie gestärkt.

Sie machen das Gegenteil. Sie und Ihr Minister sind
in der letzten Woche eine politische Schicksalsgemein-
schaft eingegangen. Sie haben die demokratische Achse
unserer parlamentarischen Demokratie verschoben, und
Sie haben einen Berufungsfall für künftige Parlamente
und Regierungen geschaffen. Denn eines ist klar: Ein
Verteidigungsminister, der eigene Regeln für sich bean-
sprucht, die sich außerhalb des Werte- und Rechtssys-
tems der Bundesrepublik Deutschland bewegen, der
höhlt dieses Rechts- und Wertesystem scheibchenweise
aus, weil er sich über Recht, Gesetz und Regeln setzt. Er
offenbart eine Haltung, die ihre Wurzeln in der Stände-
gesellschaft, aber keinen Platz in einem demokratischen
Land hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Kanzlerin, es geht nicht mehr darum, ob Ihr Ver-
teidigungsminister die Kraft und das Format hat, Konse-
quenzen zu ziehen, sondern es geht darum, ob Sie als
Regierungschefin noch bereit sind, Schaden von unse-
rem Land und seinen Institutionen abzuwenden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


Ich bedaure es, aber ich bin mir sicher, dass Sie sich sel-
ber in Zukunft hier im Deutschen Bundestag noch an
diese Tat erinnern werden. Ich bedaure, dass Sie – ge-
nauso wie wir – noch erleben werden, welche Konse-
quenzen das hat.

Ich lese Ihnen zum Schluss vor, was jemand geschrie-
ben hat, der mit Sicherheit zu Ihrer Wählerschaft gehört
und nicht zu der der Sozialdemokraten. Dr. Christoph
Berglar hat an Sie geschrieben:
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

meine Frau und ich haben sechs Kinder im Alter
zwischen 14 und 29 Jahren. Wir haben als Eltern
versucht, unseren Kindern sog. christliche Werte
und solche der bürgerlichen Aufklärung zu vermit-
teln. Hierzu gehören u. a. das Bemühen um Wahr-
haftigkeit und der Respekt vor dem Eigentum ande-
rer – ohne Ansehung der Person!

Er schreibt weiter:

Einer Ihrer Minister hat nachweislich in höchst gra-
vierendem Umfang gelogen, betrogen und gestoh-
len. Sie wissen das. Alle wissen das.

Trotzdem ziehen Sie aus machttaktischen Erwägun-
gen nicht die einzig zulässige Schlussfolgerung: die
Entlassung dieses Herrn aus Ihrem Kabinett.

Die weltweite Finanzkrise, deren Folgen allseits zu
besichtigen sind, wurde von Schrott-Immobilien
und einem Übermaß an Gier nach Geld ausgelöst.
Die Legitimationskrise des bürgerlichen Lagers
schwelt schon lange und wurde jetzt in dem von Ih-
nen regierten Land durch eine Schrott-Dissertation
und ein Übermaß an Macht- und Geltungsgier akut.

Bitte verraten Sie mir und meiner Frau, wie wir bei
einer solchen Sachlage unseren Kindern noch Ver-
trauen in die Verfassungswirklichkeit des von Ihnen
regierten Landes vermitteln sollen. Bitte verraten
Sie uns, wie wir unsere Kinder dazu motivieren sol-
len, auf ehrliche Weise einen Beruf zu erlernen und
auszuüben.

Bitte überdenken Sie noch einmal Ihre Entschei-
dung. Es kann, es darf nicht das letzte Wort in die-
ser Sache gesprochen sein!

Dem ist nichts hinzuzufügen.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709300300

Elke Hoff ist die nächste Rednerin für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1709300400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Herr Kollege Gabriel, Sie haben eben dem Bundes-
minister der Verteidigung bzw. der Bundesregierung
vorgeworfen, sie verspiele das Vertrauen der Soldaten.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Glauben Sie wirklich, dass Sie mit dem Beitrag, den Sie
hier gerade geleistet haben, Wesentliches dazu beige-
steuert haben, dass unsere Bürgerinnen und Bürger das
Vertrauen zurückgewinnen? Ich glaube, nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wieso? Was Elke Hoff er gesagt hat, ist doch nur die Wahrheit gewesen! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollten Sie machen, Frau Hoff! Sie haben ja schon eine ganz rote Nase vor lauter Lügen! Das ist doch Ihre Aufgabe! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/ CSU]: Jetzt ist es aber wirklich genug, Frau Künast! Sie können die Kollegin doch nicht als Lügnerin bezeichnen!)





(A) (C)


(D)(B)


Ich möchte mich an dieser Stelle, auch im Namen
meiner Fraktion, von den Beschuldigungen, die gestern
in diesem Hause erhoben und von der Bundestagsvize-
präsidentin nicht gerügt wurden – es hieß, der Bundes-
minister der Verteidigung sei ein Hochstapler –, aus-
drücklich distanzieren. Das ist nicht der Stil der
Auseinandersetzung, der in diesem Hause gepflegt wer-
den sollte.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten
heute in erster Lesung das Wehrrechtsänderungsgesetz.
Ich bedaure sehr, dass dieses wichtige Thema, eine his-
torische Zäsur in der Geschichte der Bundeswehr, heute
wieder benutzt wird, um zu versuchen, Menschen, die
sich gestern auch hier im Parlament sehr klar und deut-
lich zu ihren Fehlern bekannt haben, zu diskreditieren.


(Widerspruch bei der SPD und der LINKEN)


– Wissen Sie: Lautstärke alleine ersetzt die Argumente
nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich darf darauf zurückkommen: Wir reden heute über
das Wehrrechtsänderungsgesetz. Wir müssen für die Zu-
kunft der Bundeswehr junge Männer und Frauen davon
überzeugen, dass der Bundestag hinter ihnen steht, dass
wir im Hinblick auf die Streitkräfte eine Freiwilligenkul-
tur befürworten.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Hinter dem stehen wir nicht! Das kann ich Ihnen garantieren! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Das brauchen Sie auch nicht! Auf Sie kommt es nämlich gar nicht an! – Gegenruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Dann ist es ja okay!)


Lassen Sie mich an dieser Stelle etwas Positives sa-
gen. Der Kollege Dr. Bartels hat gestern im Verteidi-
gungsausschuss einen sehr bedenkenswerten und diskus-
sionswürdigen Vorschlag gemacht. Er hat gesagt: Wir als
Parlament sollten uns über die Parteigrenzen hinweg zur
Freiwilligenkultur in diesem Lande bekennen.


(Zuruf von der SPD: Ja! Das tun wir doch auch!)


Wir sollten eine Debatte darüber führen, wie wir die
Freiwilligenkultur stärken können. Da die SPD-Fraktion
immer Befürworter einer Aussetzung der Wehrpflicht
gewesen ist,

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer? – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach ja?)


sage ich Ihnen: Das tun wir heute. Wir schaffen heute die
Voraussetzungen dafür, dass die neuen sicherheitspoliti-
schen Herausforderungen in der Welt bewältigt werden
können.


(Zurufe von der SPD)


– Hören Sie doch einfach einmal zu!

Ich bin ganz bei der Bundeskanzlerin, wenn sie sagt,
dass solide Haushalte eine wesentliche Grundlage für die
Sicherheit von Staaten sind.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie denn zu Libyen?)


Das kann man auch in anderen Staaten feststellen. Nicht
umsonst haben unsere amerikanischen Verbündeten in
ihrer nationalen Sicherheitsstrategie festgestellt, dass die
Solidität von Haushalten ein entscheidender Parameter
für die Sicherheit ist.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schauen Sie sich mal den USHaushalt an!)


Wir müssen jetzt gemeinsam versuchen, diesen Anforde-
rungen gerecht zu werden.

Es ist kein Fehler, wenn wir auch vom Bundesminis-
ter der Verteidigung Einsparungen verlangen.


(Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Die hat er ja gar nicht geliefert!)


Die Fragen lauten: Auf welchem Wege und auf welcher
Zeitachse? Wir als FDP-Fraktion haben uns immer sehr
deutlich dazu positioniert und gesagt: Ja, wir möchten
die Einsparungsziele erreichen, aber in einem anderen
Zeitrahmen als dem, den sich Teile der Bundesregierung
vorstellen. Das ist legitim, darüber müssen wir diskutie-
ren, und wir werden auch zu einem Ergebnis kommen.

Meine Damen und Herren, es ist eben sehr deutlich
dargestellt worden, dass uns letztendlich bestimmte äu-
ßere Rahmenbedingungen zu der Entscheidung, die wir
heute im Plenum treffen, geführt haben. Die demografi-
sche Entwicklung macht es schwerer, die Wehrpflicht so
zu organisieren, wie es sich der Verfassungsgeber da-
mals vorgestellt hat. Wir haben eine neue sicherheitspo-
litische Lage, die Streitkräfte erfordert, die kleiner sind,
die schmaler sind, die flexibler sind.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen: Das ist
keine Herausforderung, der sich die Bundesrepublik al-
leine stellen muss. Das ist eine Herausforderung, die alle
Staaten betrifft. Wenn Sie sich die Situation in Deutsch-
lands Nachbarstaaten und jenseits des Atlantiks an-
schauen, stellen Sie fest: Die Streitkräfte unterliegen
zurzeit überall einer Neubewertung, einer Neubeurtei-
lung. Wir müssen einen Spagat schaffen: zwischen einer
finanziellen Konsolidierung und einer vernünftigen und
auch belastbaren Sicherheitspolitik und Landesverteidi-
gung. Dem versuchen wir Rechnung zu tragen.





Elke Hoff


(A) (C)



(D)(B)

Ich denke, es ist hier im Hause auch Konsens, dass
wir junge Männer und Frauen zukünftig nur dann für den
Dienst in den Streitkräften gewinnen können, wenn er
attraktiv ist. Meines Erachtens kommen zu den Punkten,
die der Minister eben sehr richtig dargestellt hat, weitere
Aspekte hinzu. Die freie Wirtschaft und die Bundeswehr
dürfen auf dem Arbeitsmarkt in Zukunft nicht in Form
eines Gegeneinanders um junge Männer und Frauen
konkurrieren, sondern man sollte versuchen – ich darf es
einmal so sagen –, Arbeitsbiografien aufzubauen. Die
Bundeswehr sollte einen Teil der Ausbildung junger
Männer und Frauen übernehmen, sodass sie später die
Möglichkeit haben, auch in der Wirtschaft ein Auskom-
men zu finden. Dafür tragen wir auch Verantwortung.
Ich glaube, Herr Minister, dass Sie in diese Richtung
recht bald Initiativen ergreifen werden.

Meine Damen und Herren, wir dürfen mit Blick auf
die Attraktivität unserer Streitkräfte auch folgende Fra-
gen nicht außer Acht lassen: Was passiert mit den Solda-
tinnen und Soldaten, wenn sie aus einem Einsatz zurück-
kommen, wenn sie verwundet oder traumatisiert sind?
Was passiert mit den Hinterbliebenen, wenn gefallene
Soldaten zu beklagen sind? Auch hier müssen wir als
Gesellschaft und als Deutscher Bundestag die richtigen
Eckpunkte und Rahmenbedingungen setzen, damit El-
tern und Familien die Bundeswehr als attraktiven Arbeit-
geber ansehen und ihre Kinder ermuntern, den Dienst an
der Waffe für das Vaterland aufzunehmen.

Die Diskussionen, die wir in den letzten Wochen füh-
ren, führen bestimmt nicht dazu, dass die Streitkräfte at-
traktiver werden. Diese Diskussionen führen bestimmt
nicht dazu, dass junge Männer und Frauen sich aufgeru-
fen fühlen, diesem Land zu dienen. Ich persönlich – und
ich denke, ich spreche auch im Namen meiner Fraktion
und unseres Koalitionspartners – bin stolz auf unsere
Streitkräfte, auf das, was sie jeden Tag dort, wo wir sie
hinschicken, leisten. Deshalb ist es notwendig, dass wir
die Tür öffnen und entsprechende Möglichkeiten schaf-
fen, damit die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber
wird. Auch wir als Parlament müssen unseren Beitrag
dazu leisten. Das ist eine gesellschaftliche Herausforde-
rung und nicht alleine die Herausforderung an einen Mi-
nister. Du lieber Gott! Wer als einzelne Person kann eine
solche Reform stemmen?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Gabriel stemmt alles!)


Das ist unser aller Aufgabe. Es ist eine gesellschaftliche
Aufgabe.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wenn wir wollen, dass die Bundeswehr zur Freiwilli-
genarmee wird, dann müssen wir alle auch dazu beitra-
gen, dass das Ansehen der Bundeswehr gesteigert und
ihre Zukunft gesichert wird, damit junge Männer und
Frauen mit Freude Dienst an der Waffe tun. Wir als
FDP-Fraktion werden Sie, Herr Minister zu Guttenberg,
nach Kräften dabei unterstützen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709300500

Ich erteile das Wort der Kollegin Christine Buchholz

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709300600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

desregierung plant, das Wehrpflichtgesetz zu ändern,
und will damit die rechtliche Umwandlung der alten
Wehrpflichtigenarmee in eine Armee aus Zeit- und Be-
rufssoldaten vollenden. Deswegen wird die Wehrpflicht
ausgesetzt. Die Linke ist gegen jede Form von Zwangs-
diensten – das betrifft auch die Wehrpflicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Schon die Aussetzung der Wehrpflicht befreit jährlich
Tausende junger Männer von einem erzwungenen Mili-
tärdienst. Das begrüßen wir, auch wenn wir eigentlich
die Abschaffung der Wehrpflicht wollen.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber wir können dieses Gesetz nicht ohne den eigent-
lichen Zweck bewerten, zu dem die Bundesregierung
das Gesetz ändern möchte. Herr zu Guttenberg hat kei-
nen Zweifel daran gelassen: Es geht darum, die Bundes-
wehr schlagkräftiger und einsatzfähiger zu machen.
Aber mich wundert doch, dass in dieser Debatte noch
keiner davon gesprochen hat, dass drei Soldaten, die sich
in einem dieser Einsätze befunden haben, am letzten
Freitag getötet wurden.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Der Minister!)


Herr zu Guttenberg bringt zu Ende, was in den 90er-
Jahren unter der Kohl-Regierung begann: Damals wurde
die Absicherung des Zugangs zu Rohstoffen und Absatz-
märkten offiziell zur Aufgabe der Verteidigungspolitik
erklärt. Seitdem haben Minister von CDU/CSU und SPD
die Bundeswehr in zahllosen Umstrukturierungen Schritt
für Schritt zu einer Einsatzarmee umfunktioniert. Heute
gilt der Krieg nicht mehr als letztes Mittel zur Landes-
verteidigung – Krieg ist Dauerzustand. Die Linke ist ge-
gen diese Kriege.


(Beifall bei der LINKEN)


Wehrpflicht ist Zwang. Aber Zwang wird nicht nur
durch eine gesetzliche Wehrpflicht ausgeübt. Wo Armut
herrscht, herrscht Zwang, Zwang, seine soziale Not zu
überwinden. Das wollen Sie ausnutzen. Schon heute die-
nen in Auslandseinsätzen überproportional viele Solda-
ten aus strukturschwachen Regionen. 2009 stammte
etwa die Hälfte der Soldaten aus Ostdeutschland. Dieses
Ungleichgewicht verstärkt sich im Einsatz, wie man an
den Dienstgraden erkennen kann: Während 62 Prozent
der Mannschaftsdienstgrade aus Ostdeutschland kom-
men, sind nur 16 Prozent der Stabsoffiziere und 0 Pro-
zent der Generäle aus dem Osten.


(Jörg van Essen [FDP]: Es gibt einen General, der Arzt und aus dem Osten ist! Ist doch absoluter Unsinn!)






Christine Buchholz


(A) (C)



(D)(B)

Alle drei Bundeswehrsoldaten, die am 23. Juni 2010
bei einem Feuergefecht getötet wurden, kamen aus Ost-
deutschland. Einer von ihnen hatte einen Migrationshin-
tergrund; über einen weiteren sagen seine Freunde, dass
er nur zur Bundeswehr gegangen ist, weil er keine an-
dere Arbeit gefunden hat.


(Christoph Schnurr [FDP]: Was soll das denn jetzt?)


Das ist aber kein spezifisch ostdeutsches Problem.
Von 328 Hamburgern, die Anfang 2007 ihren freiwilli-
gen Dienst antraten, waren 107 zuvor arbeitslos. Sie
meldeten sich freiwillig und sahen die Bundeswehr als
Sprungbrett, das sie aus der eigenen Misere herauskata-
pultiert. Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bun-
deswehr stellt fest – ich zitiere –:

Je höher die Arbeitslosigkeit, desto größer ist das
Interesse an einer beruflichen Tätigkeit bei der
Bundeswehr.

Das Verteidigungsministerium will nun – ich zitiere –
„künftig verstärkt auch junge Menschen mit unterdurch-
schnittlicher schulischer Bildung beziehungsweise ohne
Schulabschluss personalwerblich“ ansprechen. Sie zie-
len besonders auf Soldaten für Auslandseinsätze und be-
sonders auf untere Dienstgrade im Heer. In zunehmen-
dem Maße bekommen wir amerikanische Verhältnisse.
Im Klartext heißt das: Die Armen werden zum Kanonen-
futter. Diese Entwicklung machen wir nicht mit.


(Beifall bei der LINKEN)


Glücklicherweise lehnen rund 80 Prozent der Men-
schen in Deutschland die deutsche Beteiligung am Krieg
in Afghanistan ab. Um trotzdem genügend Rekruten für
den Krieg zu finden, unternimmt die Bundesregierung
große Anstrengungen. Die Bundeswehr schließt Abkom-
men mit Arbeitsagenturen und richtet dauerhafte Vertre-
tungen in Jobcentern ein. Gestern wurde im Verteidi-
gungsausschuss eine großangelegte Werbekampagne in
sogenannten jugendaffinen Medien angekündigt. Ge-
nannt wurden unter anderem Jugendsender, die Bild und
www.bild.de.

Die Bundeswehr setzt außerdem fast 100 hauptamt-
liche und 300 nebenamtliche sogenannte Jugendoffiziere
ein. Diese haben im Jahr 2009 in über 4 000 Vorträgen
weit mehr als 100 000 Schüler angesprochen. Mittler-
weile haben die Wehrbereichskommandos in sieben
Bundesländern Abkommen mit den Kultusministerien
abgeschlossen, die den Zugang der Jugendoffiziere zu
den Schulen ermöglichen.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Die Bundeswehr druckt Unterrichtsmaterialien und bie-
tet Seminare für Lehrpersonal an. Die Zahl der teilneh-
menden Referendarinnen und Referendare wuchs von 50
im Jahr 2003 auf über 1 000 im Jahr 2009.

Der hier von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf
des Wehrrechtsänderungsgesetzes sieht vor, dass die
Kreiswehrersatzämter zu Rekrutierungsbüros umfunk-
tioniert werden sollen. Sie sollen alle Personen anschrei-
ben, die in einem Jahr 18 Jahre alt werden, um ihnen die
Vorzüge der Bundeswehr als Arbeitgeber deutlich zu
machen. Diese Werbung für den Kriegsdienst lehnen wir
ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Die richtigen Maßnahmen im Interesse sowohl der
Soldaten als auch der vielen jungen perspektivlosen
Menschen lauten: nicht Kriegseinsätze, sondern Abzug
der Bundeswehr aus Afghanistan, ein Ende der Ausland-
seinsätze und ein Programm, das ausreichend zivile Aus-
bildung und Arbeitsplätze schafft. Das ist die Perspek-
tive, für die die Linke steht.


(Beifall bei der LINKEN – Christoph Schnurr [FDP]: Thema verfehlt!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709300700

Ich erteile das Wort der Kollegin Agnes Malczak für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709300800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Eine

Frage der Ehre“: So wirbt das Wachbataillon der Bun-
deswehr in Berlin in der U-Bahn um Nachwuchs. In der
Tat, mit der Aussetzung der Wehrpflicht ist eine ent-
scheidende Frage verbunden: Wer kommt zukünftig zur
Bundeswehr – sind es die Menschen mit dem Charakter
und den Fähigkeiten, die wir uns dort wünschen? Mit der
Antwort auf diese Frage wird die Bundeswehrreform,
deren zentraler Baustein die Aussetzung der Wehrpflicht
ist, scheitern oder gelingen.

Um diese Herausforderung zu bewältigen, müssen die
Menschen in der Bundeswehr ihrem Dienstherrn aber
vertrauen können. Sie müssen glauben können, dass er
weiß, was er tut, und dass er zu dem steht, was er sagt.

Herr Minister zu Guttenberg, wie die Menschen Ihnen
jetzt noch vertrauen sollen, weiß ich wirklich nicht.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: Wir wissen das!)


Was Sie gestern hier abgeliefert haben, war alles andere
als eine Sache der Ehre.

Im System Guttenberg hat eine Aussage wenig Wert.
Sie sagen selbst: Ihre Maßstäbe sind Klarheit und Wahr-
heit. Allerdings hat Ihre Klarheit ein sehr begrenztes
Haltbarkeitsdatum, und Ihre Wahrheit von heute ist Ihre
Unwahrheit von morgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Im System Guttenberg war ein Tanklasterbombarde-
ment an dem einen Tag unvermeidlich und am anderen
Tag ein Fehler.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: Zur Sache!)


Der Kapitän der „Gorch Fock“ wird an dem einen Tag
nicht vorverurteilt, am nächsten entpflichtet und am
übernächsten aus Fürsorge beschützt.





Agnes Malczak


(A) (C)



(D)(B)

An dem einen Tag sparen Sie durch die Bundeswehr-
reform Milliarden; am anderen Tag brauchen Sie zusätz-
liche Milliarden, um die Reform durchführen zu können.
Im System Guttenberg halten Sie an dem einen Tag an
der Wehrpflicht fest und schaffen sie am nächsten Tag
ab.


(Birgit Homburger [FDP]: Aussetzen!)


Das Wort gilt im System Guttenberg nichts. Stattdes-
sen gilt das Vorrecht des Verteidigungsministers, einen
Betrug zu begehen, ohne die Konsequenzen zu tragen.
Schneiderhan, Wichert, Schatz: Bei anderen sind Sie
sehr schnell dabei, Konsequenzen zu ziehen, nur bei sich
selbst nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Hier geht es um etwas ganz anderes! – Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/CSU]: Themawechsel!)


Sie kleben bis zur maßlosen Selbsterniedrigung an Ih-
rem Amt. Ihr Schauspiel seit dem letzten Mittwoch war
ziellos und würdelos. Für mich war der vorläufige Gipfel
der Unverschämtheiten gestern erreicht, als Sie Ihren
Umgang mit Fehlern noch als Vorbild verkaufen woll-
ten.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: Wehrdienst!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709300900

Frau Kollegin, ich muss Sie darauf aufmerksam ma-

chen, dass wir heute einen anderen Tagesordnungspunkt
behandeln.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709301000

Ich komme noch darauf zu sprechen, warum das mit-

einander zusammenhängt. Der Minister hat beschlossen,
es auszusitzen; dann muss das jetzt auch ausgehalten
werden.

Wie sollen Ihnen die Menschen in der Bundeswehr
noch vertrauen? Wie sollen sie Ihnen noch folgen? Dass
die Wehrpflichtarmee sicherheitspolitisch die falsche
Wehrform ist, war nämlich schon lange klar. Seit Jahren
fordern wir Grünen die Abschaffung der Wehrpflicht
und die Einführung eines freiwilligen Wehrdienstes.
Auch hier haben Sie abgekupfert. Aber anders als bei Ih-
rer Doktorarbeit kritisieren wir Sie hier nicht für die
Aussetzung der Wehrpflicht, wohl aber für die Umset-
zung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ihre Einsicht in die Notwendigkeit, die Wehrpflicht
abzuschaffen, beruht eben nicht auf sicherheitspoliti-
schen Überlegungen. Ihre Entscheidung für die Freiwil-
ligenarmee ist keine aus Überzeugung, sondern eine aus
Geldnot. Statt von Anfang an das Richtige zu tun, haben
Sie mit der Wehrdienstverkürzung auf sechs Monate ein
Jahr verplempert. Diese Zeit fehlt Ihnen heute.

Lieber Herr Gabriel, die Reform zu verschieben, kann
auch keine Lösung sein; denn sie kommt eher zu spät als
zu früh.

Bei dem gesamten Umbauprozess haben Sie, Herr
Minister, das Pferd von hinten aufgezäumt. Wenn man
einen grundlegenden Wandel vornimmt, sagt einem doch
der gesunde Menschenverstand, dass man zuallererst
überlegen muss, welches Ziel man erreichen will. Der
gesamte bisherige Prozess der Bundeswehrreform folgt
keiner Logik. Wenn Sie logisch und überlegt vorgegan-
gen wären, hätten Sie zuallererst die Frage beantwortet,
welche Aufgaben und Grenzen das Militärische in der
Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands zukünftig
haben soll. Doch diese Frage haben Sie sich nicht einmal
gestellt. Damit machen Sie den zweiten Schritt vor dem
ersten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein weiterer Schritt eines solchen Reformprozesses
ist die Frage der Kosten und der verfügbaren Finanzmit-
tel. Ganz Musterknabe haben Sie bei den Verhandlungen
über das Sparpotenzial bei der Bundeswehr vollmundig
Einsparungen in Höhe von rund 8 Milliarden Euro in
den nächsten Jahren versprochen. Nun fordern Sie sogar
mehr Geld für die Bundeswehrreform, können aber auch
auf wiederholte Nachfragen nicht sagen, wie viel genau.

Der letzte Schritt einer solchen Reform ist die Umset-
zung. Mit dieser haben Sie jetzt allerdings schon begon-
nen, noch ehe das Gesetz das Parlament überhaupt er-
reicht hat. Um Ihre volltönenden Ankündigungen wahr
zu machen, musste die Aussetzung der Wehrpflicht nun
im Hauruckverfahren erfolgen. Im Dezember haben Sie,
Herr Verteidigungsminister, bereits die Anweisung er-
teilt, wonach in dieser Woche die letzten Wehrpflichti-
gen ihren Dienst angetreten haben.

An dieser Stelle möchte ich allen jungen Menschen
danken, sowohl denen, die in den letzten Jahrzehnten
Wehrdienst und Zivildienst geleistet haben, als auch den
vielen, die sich für ein Freiwilliges Soziales, Ökologi-
sches oder Kulturelles Jahr entschieden haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Doch selbst mit dem Gesetzentwurf, den Sie vorge-
legt haben, sind noch lange nicht alle Herausforderungen
rund um die Aussetzung der Wehrpflicht geregelt. Von
der Nachwuchsgewinnung über die Ausbildung bis zur
Verwendung der freiwilligen Wehrdienstleistenden sind
noch unzählige Fragen offen, die beantwortet werden
müssen.

Unzählige Beispiele zeigen, dass nicht nur das Wort
des Herrn Doktor zu Guttenberg, sondern auch das Wort
des Verteidigungsministers zu Guttenberg nichts wert
ist, zum Schaden für die Bundeswehr, die bis heute nicht
weiß, ob all Ihre großartigen Vorschläge überhaupt nur
im Ansatz finanzierbar sind und ob Sie diese auch mor-
gen noch vertreten.





Agnes Malczak


(A) (C)



(D)(B)

In den vergangenen Tagen wurde aus den Reihen der
Union immer wieder gesagt, Sie würden Ihr Amt als Ver-
teidigungsminister so gut führen, dass man Ihnen persön-
liche Verfehlungen nachsehen müsse. Die derzeit größte
Herausforderung für die Bundeswehr – die Reform eben-
dieser – ist nur ein Beispiel dafür, dass diese Verteidi-
gungslinie – verzeihen Sie mir das Zitat – „abstrus“ ist.

Herr Verteidigungsminister zu Guttenberg, Sie sind
ein Pfuscher. Sie haben nicht nur bei Ihrer Doktorarbeit
gepfuscht. Sie sind gerade dabei, die Aussetzung der
Wehrpflicht und die ganze Bundeswehrreform zu ver-
pfuschen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709301100

Nächster Redner ist der Kollege Markus Grübel für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1709301200

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Wir haben im Grunde über eine Viel-
zahl von Themen zu diskutieren, die alle miteinander ver-
bunden sind: die Diskussion über die Sicherheitspolitik
Deutschlands in Fortsetzung des Weißbuches 2006, die
Priorisierung der Rüstungsvorhaben, die Konsolidierung
des Bundeshaushalts, die Strukturreform der Bundeswehr
und die Standortentscheidungen. Heute stehen auf unse-
rer Tagesordnung zwei Gesetzentwürfe, die vor allem für
junge Menschen in unserem Land und ihr Verhältnis zur
Gesellschaft eine ganz neue Chance darstellen: das Wehr-
rechtsänderungsgesetz und das Gesetz zur Einführung ei-
nes Bundesfreiwilligendienstes. Zu all dem haben Sie
wenig gesagt, Herr Gabriel und Frau Malczak.


(Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sagen schon seit mehreren Jahren was dazu!)


Sie sind stillos und haben heute einfach das Thema ver-
fehlt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zurück zum eigentlichen Thema. Soldatin oder Soldat
soll künftig nur werden, wer sich freiwillig dafür ent-
scheidet. Ergänzend dazu wollen wir mit dem Bundes-
freiwilligendienst eine weitere Möglichkeit schaffen,
sich für das Gemeinwohl zu engagieren. Es gab noch nie
so viel Freiwilligkeit in Deutschland. Die Aussetzung
der Wehrpflicht ist für viele von uns, insbesondere in der
CDU/CSU, eine schwierige, wenn nicht gar schmerz-
hafte Entscheidung gewesen. Ich selbst habe wie viele
andere hier im Haus Wehrdienst geleistet, und zwar aus
Gewissensgründen. Die Wehrpflicht hat sich bewährt.
Das Bild des Staatsbürgers in Uniform wird mit einer
Wehrpflicht gut deutlich. Arme und reiche, gebildete
und bildungsferne Menschen mit und ohne Migrations-
erfahrung leisten gemeinsam Wehrdienst. Viele junge
Menschen haben durch den Wehrdienst einen unmittel-
baren Eindruck von der Bundeswehr gewinnen können
und sind nicht auf die oft verzerrten Darstellungen in den
Medien angewiesen, die von extremen Einzelfällen be-
richten. Aber auch viele Mütter, die Olivzeug und Fleck-
tarn gewaschen haben, und viele Freundinnen, die am
Wochenende gewartet haben, haben sich eng mit der
Bundeswehr verbunden. Ich möchte allen, die Wehr-
dienst geleistet haben, und auch allen Familienangehöri-
gen ganz herzlich dafür danken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Hans-Peter Bartels [SPD])


Wenn wir uns nun von dieser langjährigen und be-
währten Institution trennen, macht sich Wehmut breit bei
vielen in Deutschland, aber zu meiner Überraschung
auch bei der taz; von ihr hätte ich es am wenigsten er-
wartet. Die taz hat in einem Bericht geschrieben, die
Wehrpflicht sei ein Mittel gegen schlechten Korpsgeist
und Abschottung; von daher sei die Aussetzung zu be-
dauern. Das ist sicherlich berechtigt, weil sich der Wehr-
dienst, den ich übrigens nicht als Zwangsdienst, Frau
Buchholz, sondern als Pflichtdienst bezeichnen würde,
in der Vergangenheit zweifellos bewährt hat. Aber ge-
rade das Bewährte des Wehrdienstes bzw. der Wehr-
pflicht wollen wir behalten: den Staatsbürger in Uni-
form, das Prinzip der Inneren Führung, die Offenheit der
Bundeswehr für alle gesellschaftlichen Schichten und
die verantwortungsvollen Entscheidungen über Einsätze
im Ausland.

Art. 12 a des Grundgesetzes schränkt die Grundrechte
ein. Das bedarf einer starken Begründung. Wir können
feststellen, dass die Gründe, die vor rund 200 Jahren
die preußischen Heeresreformer um Scharnhorst und
Gneisenau dazu bewogen haben, eine allgemeine Wehr-
pflicht einzuführen, und die Gründe, die vor rund 50 Jah-
ren zur Wiedereinführung der Wehrpflicht geführt ha-
ben, heute so nicht mehr vorliegen. Die Bedrohungslage
hat sich geändert. Mittlerweile haben wir es verstärkt mit
Einsätzen zur internationalen Krisen- und Konfliktbe-
wältigung und einem neuen Typus militärischer Aufga-
ben zu tun. Europa ist enger zusammengewachsen. Erb-
feinde gibt es nicht mehr. Zum ersten Mal in unserer
Geschichte sind wir nur von Freunden und Verbündeten
als Nachbarn umgeben.


(Inge Höger [DIE LINKE]: Dann brauchen wir ja die Bundeswehr nicht mehr!)


Für uns bleibt der Grundsatz der wehrhaften Demo-
kratie, unabhängig von der Wehrform. Es bleibt auch die
Verantwortung der ganzen Gesellschaft für die Sicher-
heit unseres Landes und den Frieden in der Welt. Dies
kann nicht auf einige wenige delegiert werden. Die Wahl
zwischen den verschiedenen Wehrformen, also die Wahl
zwischen Wehrpflichtarmee und Freiwilligenarmee, ist
eine staatspolitische Ermessensentscheidung, bei der der
Gesetzgeber neben sicherheits- und verteidigungspoliti-
schen Aspekten haushalts-, wirtschafts- und gesell-
schaftspolitische Gesichtspunkte einbeziehen muss.

Außerdem geht es heute – viele Vorredner haben dar-
auf hingewiesen – nicht um die Abschaffung, sondern





Markus Grübel


(A) (C)



(D)(B)

um die Aussetzung der Wehrpflicht. Der Blick in die Ge-
schichte, auch in die unseres Landes, zeigt, wie schnell
sich die sicherheitspolitische Lage ändern kann; das gilt
auch für gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Darum
kommt es zu einer Aussetzung und nicht zu einer Ab-
schaffung der Wehrpflicht. Ebenso wie Art. 12 a Grund-
gesetz bleibt das Wehrpflichtgesetz als solches bestehen
und garantiert damit die Rekonstitutionsfähigkeit der
Wehrpflicht.

Zwei Wege ermöglichen, den Wehrdienst als Pflicht-
dienst wieder einzuführen: automatisch bei Feststellung
des Spannungs- oder Verteidigungsfalls und einfachge-
setzlich, wenn das heutige Gesetz wieder abgeändert
wird, zum Beispiel, wenn die Bundeswehr ihren Bedarf
nicht anders decken kann. Eine wichtige Herausforde-
rung wird sein, dass wir viele junge Menschen für eine
Laufbahn bei der Bundeswehr gewinnen. Dabei müssen
wir die geeignetsten Bewerber auswählen können. Diese
Aufgabe ist und wird nicht einfach. Wichtig sind die
richtigen ideellen und materiellen Anreize.

Das Maßnahmenpaket – 82 Maßnahmen! – zur Stei-
gerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr
wurde bereits ausgearbeitet. Herr Gabriel, ich werfe Ih-
nen nicht vor, dass Sie diese Details vielleicht nicht ken-
nen.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Eine Mischung aus Ahnungslosigkeit und Bösartigkeit!)


Ich unterstreiche: Es gibt bereits 82 Maßnahmen, durch
die die Attraktivität der Bundeswehr gesteigert werden
kann.


(Kirsten Lühmann [SPD]: Die nicht finanziert sind!)


Dieses Maßnahmenpaket muss nun priorisiert und in der
Tat finanziell unterlegt werden.

Damit die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiv ist,
braucht es interessante Arbeitsplätze mit vielfältigen
Fortbildungsmöglichkeiten und Qualifizierungen, die
auch zivil genutzt werden können. Auch soziale Rah-
menbedingungen sind für die Attraktivität eines Berufs
entscheidend. Dazu zählen die Vereinbarkeit von Dienst
und Familie, die Kinderbetreuung, anständige Rahmen-
bedingungen für Fernpendler, auch richtige Standortent-
scheidungen. Aus strukturpolitischen Gesichtspunkten
wird oft auf die Standorte im ländlichen Raum verwie-
sen. Wir brauchen aber auch Standorte in Ballungsräu-
men. Für viele Soldatinnen und Soldaten und ihre Ange-
hörigen ist es wichtig, in einem Ballungsraum stationiert
zu sein, weil dort zum Beispiel der Ehemann oder die
Ehefrau die Möglichkeit hat, berufstätig zu sein, weil
Kinder dort zur Schule gehen können etc.

Neben einer erfolgreichen Personalgewinnung ist die
Bundeswehr auch in Zukunft auf die Reservisten ange-
wiesen. Wichtig ist daher, dass wir zukünftig stärker das
Potenzial der Reservisten ausschöpfen. Die Aufforde-
rung des Reservistenverbandes „Tu was für dein Land!“
möchte ich ergänzen: Tu etwas für dein Land, tu etwas
für dich – als Freiwilliger!

(Sigmar Gabriel [SPD]: Herr Kollege, kommen Sie aus der Nähe von Stuttgart? Kann das sein?)


– Herr Gabriel, es ist richtig: Ich komme aus einem Bal-
lungsraum in der Nähe von Stuttgart.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Okay!)


Aber die drei Standorte in meinem Wahlkreis und auch
sämtliche Standorte in allen umliegenden Wahlkreisen
sind im Grunde längst aufgelöst.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das war eine reine Interessenfrage, kein Vorwurf, Herr Kollege!)


Daher habe ich hier keine eigenen Interessen.

Ich komme zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kol-
legen, das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 ist Teil einer
umfassenden Reform der Bundeswehr, deren Ziel es ist,
dafür zu sorgen, dass unsere Bundeswehr ihre Aufgaben
künftig gut erfüllen kann.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709301300

Ulrich Meßmer ist der nächste Redner für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Ullrich Meßmer (SPD):
Rede ID: ID1709301400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kolle-

gin Hoff, ich will deutlich sagen: Vertrauen herstellen ist
ja wohl etwas, was man – nicht nur in dieser Situation –
nicht in erster Linie von der Opposition fordern kann;
vielmehr ist das Herstellen von Vertrauen in die Hand-
lungsfähigkeit einer Regierung zuallererst Aufgabe der
Regierung und der beteiligten Personen. Wir äußern hier
die Sorge darüber, ob dies in Zukunft gegenüber den
Soldatinnen und Soldaten noch gewährleistet werden
kann, vor allen Dingen aber gegenüber einer jungen Ge-
neration, für die der Dienst in der Bundeswehr auch
dank der in Angriff genommenen Gesetzesvorhaben at-
traktiv werden soll.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben daran einige Zweifel.

Eines möchte ich gleich klarstellen: Die Soldatinnen
und Soldaten im Einsatz werden sich auch in Zukunft
darauf verlassen können, dass wir das, was für den Ein-
satz erforderlich ist, mittragen. Das war in der Vergan-
genheit so. Das war nicht nur das Verdienst des jetzigen
Ministers, bei dem man nicht weiß, wie lange er noch
Minister ist, sondern das war auch das Verdienst dieses
Parlaments. Wir werden dafür sorgen, dass dies auch in
Zukunft der Fall sein wird.


(Beifall bei der SPD)


Zweite Bemerkung: Mit Blick auf den notwendigen
Konsens hinsichtlich des Systems der Freiwilligkeit und
auf die Frage, wie man das Modell bekannt machen





Ullrich Meßmer


(A) (C)



(D)(B)

kann, reicht es nicht, allein auf die Initiative „Tu was für
dein Land!“ und auch darauf hinzuweisen, dass man das
als Parlament gemeinsam machen will. Wir vermissen
Aussagen dazu, wie die Opposition dort konkret einge-
bunden werden soll.

Wir haben mehrfach angeregt und gefordert – auch
ich habe das von dieser Stelle aus schon getan –, einen
Unterausschuss „Attraktivität der Bundeswehr“ und ei-
nen Unterausschuss „Strukturreform der Bundeswehr“
einzurichten. Das ist ignoriert worden. Ich weiß nicht,
warum, aber es ist ignoriert worden.

Es reicht nicht aus, sich hinsichtlich der Freiwilligkeit
darauf zu berufen, dass man einen Teil der Vorschläge
der SPD dankenswerterweise in die 82 Punkte aufge-
nommen hat, die angesprochen worden sind. Ich meine
vielmehr, wir hätten ein Recht darauf, darüber zu disku-
tieren und dies insgesamt zu gewichten.

Letzter Punkt: Das System der Freiwilligkeit wird
ohne finanzielle Unterfütterung langfristig nicht funktio-
nieren. Wir bleiben dabei – mein Kollege Gabriel hat ge-
rade schon darauf hingewiesen –: Wenn eine Armee im
Wettstreit mit anderen Einrichtungen und Betrieben at-
traktiv für junge Menschen bleiben will, dann ist es not-
wendig, glaubwürdig deutlich zu machen, was der
Dienst in der Bundeswehr für junge Menschen und deren
Familien bedeutet, und die Maßnahmen entsprechend fi-
nanziell zu unterlegen.

Ich prophezeie schon an dieser Stelle, dass es sich mit
den Ankündigungen zum Sparhaushalt wahrscheinlich
genauso wie mit dem Doktortitel verhält: Das Sparziel in
Höhe von 8,3 Milliarden Euro wird zwar groß angekün-
digt, aber dann verabschiedet man sich Schritt für Schritt
davon.

Ich sage schon jetzt: Wer nicht daran denkt, dass auch
ein Freiwilligendienst eine Anschubfinanzierung braucht
– wir rechnen mit einer Größenordnung von 1 Milliarde
Euro –, und das im Haushalt nicht abbildet, der wird
auch in dieser Frage ein Desaster erleben. Wir möchten
das vermeiden.

Wir bieten abschließend an, darüber zu reden, was
sinnvoll und notwendig ist. Das bedeutet aber auch – Herr
Minister Schäuble ist gerade hier –, dass sich das im
Haushalt wiederfinden muss. Wir können den Soldaten
und den jungen Menschen nicht sagen: „Wir tun etwas
für euch“, und gleichzeitig darauf hinweisen, dass wir
kein Geld haben. Das wird nicht funktionieren, und
schon gar nicht mit Sozialdemokraten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Wir tun schon etwas durch das Aussetzen der Wehrpflicht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709301500

Nächster Redner ist der Kollege Joachim Spatz für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1709301600

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Zunächst einmal sind wir froh darüber, dass eine
über zehn Jahre alte Forderung der FDP, nämlich die
Aussetzung der Wehrpflicht, jetzt endlich realisiert wer-
den kann.


(Beifall bei der FDP)


Wir haben sehr viel Verständnis dafür, dass sich der eine
oder andere damit schwergetan hat; denn die Wehr-
pflicht hat in der Zeit, in der sie gegolten hat, in
Deutschland und auch in weiten Teilen Europas ihren
Dienst für die Sicherheit, aber auch für die gesellschaft-
liche Kohärenz in den Ländern geleistet.

Es besteht die Gefahr, dass mit dem Wegfall dieses
Pflichtdienstes der Pflichtgedanke überhaupt infrage
steht. Deshalb ist es wichtig, dass wir eine Kultur der
Freiwilligkeit befördern, wie es unter anderem vom
Bundeswehrverband, aber auch von weiten Teilen der
sozialen und ökologischen Verbände und Einrichtungen
zum Ausdruck gebracht worden ist.

Es hat Zeit gebraucht, Frau Malczak, jeden mitzuneh-
men; das ist richtig. Aber ich halte das für keine ver-
geudete Zeit. Im Gegenteil: Wenn wir es schaffen – wir
haben es bereits geschafft –, dass sehr viele gesellschaft-
liche und parlamentarische Kräfte diesen Umbau jetzt
gestalten, dann ist das ein Fortschritt und kein Rück-
schritt. Es wird denjenigen helfen, die in der Bundes-
wehr davon betroffen sein werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Genauso wird es – das möchte ich gerade in Ihre Rich-
tung, Frau Malczak und Herr Gabriel, sagen – in einer
Debatte um den Bundesminister helfen, in der die Oppo-
sition natürlich das Recht hat, Fragen zu stellen. Wenn
wir in der Auseinandersetzung einen Stil pflegen, der
dem, was wir wollen, nämlich die Attraktivität zu stei-
gern, nicht Hohn spricht, dann können Sie Ihre Fragen
stellen


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke! – Sigmar Gabriel [SPD]: Und der Minister kann lügen, wie er möchte?)


und Ihre Diskussionsbeiträge machen, wie Sie das
möchten, allerdings in einer Art und Weise, die der Be-
deutung des Themas gerecht wird, das heute Morgen auf
der Tagesordnung steht, nämlich der größte Umbau in
der Geschichte der Bundeswehr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709301700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Beck?


Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1709301800

Ja, gerne.






(A) (C)



(D)(B)


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709301900

Wenn ich mich in den Reihen der Koalition um-

schaue, könnte man glatt meinen, dass das nicht die
größte Reform ist, die im Bereich des Bundesministers
der Verteidigung stattfindet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie interpretieren Sie das als Koalitionsabgeordnete? Ist
das ein Signal, dass sich die Koalition eigentlich bereits
vom Verteidigungsminister verabschiedet hat? Im Ple-
num hat sie es bereits getan. Wir würden im Moment
jede Abstimmung gewinnen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abstimmung mit den Füßen!)



Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1709302000

Herr Kollege Beck, ich verstehe, dass Sie sofort ver-

suchen, Ihre Schlüsse zu ziehen. Ich bedauere wirklich,
dass bei der Fachdebatte heute in allen Parteien – auch
bei Ihnen – weniger Kollegen anwesend sind, als das
gestern der Fall war.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind in der gleichen Mannschaftsstärke da! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir in Bezug auf die Bundeswehr vom Einsatz her
denken, müssen wir auch von den Soldaten her denken.
Deshalb ist das Thema „Attraktivitätssteigerung“ mit
den 82 vorgelegten Punkten ein richtiger Ansatz.

Zwei Themen will ich allerdings noch ansprechen, die
in der Debatte eine Rolle spielen und die der Klarstel-
lung bedürfen: Erstens. Das Argument „Leichter einsetz-
bar, weil keine Wehrpflichtarmee“ trägt überhaupt nicht.
Der Bundestag wird auch in Zukunft bei jeder Entschei-
dung sehr genau darauf achten, wo, in welchem Umfang
und mit welchen Einsatzregeln die Bundeswehr einge-
setzt wird. Alles andere ist nicht möglich; wir werden
keine Freiwilligen bekommen, die sich für irgendwelche
politischen Abenteuer zur Verfügung stellen.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn für politische Abenteuer?)


Zweitens. Das Thema „Sparen“: Es ist wohlfeil von
der Opposition, mehr Geld zu fordern. Lassen Sie sich
aber gesagt sein: Wenn Sie das Thema „Ganzheitliche
Sicherheit“ ernst nehmen, dann wird Ihnen nicht entgan-
gen sein, dass wir auch Geld brauchen, um zivile Kapa-
zitäten aufzubauen. Dann wird Ihnen auch nicht entgan-
gen sein, dass wir gerade in Nordafrika wirtschaftlich
gefragt sein werden, um auf zivile Art und Weise Stabili-
tät zu erzeugen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Sie die Situation ganzheitlich sehen, dann können
Sie nicht einfach die Einsparungsziele gegen das auf-
rechnen, was wir vermeintlich an militärischer Sicher-
heit gewinnen. Deshalb gibt es in ganzheitlichem Sinne
keine Sicherheit nach Kassenlage.

Was die Bundeswehr im Einsatz benötigt und was wir
für die Attraktivitätssteigerung brauchen, wird sicher
auch von der Regierung und den Parteien der Koalition
zur Verfügung gestellt werden.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Guter Mann!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709302100

Das Wort erhält nun der Kollege Paul Schäfer für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709302200

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Der Minister der Verteidigung hat im März vergan-
genen Jahres gesagt: „Mit mir ist eine Abschaffung der
Wehrpflicht nicht zu machen.“ Im Mai letzten Jahres hat
er noch einmal begründet, warum die Wehrpflicht si-
cherheitspolitisch notwendig ist. Im November hat er
dann dargelegt, warum sie sicherheitspolitisch nicht
mehr begründbar ist.

Die Frage lautet also: Was hat sich sicherheitspoli-
tisch zwischen Mai und November letzten Jahres verän-
dert? Die Antwort lautet: Nichts. Es hat allerdings etwas
anderes gegeben, und zwar die Euro-Krise und den
zweiten Teil des Bankenrettungspakets. Dies ging mas-
siv zulasten der öffentlichen Kassen. Es war der stumme
Zwang des allzu knappen Geldes, das Sie zu Eingeständ-
nissen geführt hat, die man aus ideologischen Gründen
lange abgeblockt hat. Das geschah leider zulasten Zehn-
tausender junger Männer, die den Dienst an der Waffe
nicht enthusiastisch geleistet haben.


(Birgit Homburger [FDP]: Völliger Unsinn! Das sind Bürgschaften!)


„Sicherheitspolitisch nicht mehr zu begründen“ be-
deutet, dass es keine direkte militärische Bedrohung
Deutschlands gibt, und das auf absehbare Zeit. Das sa-
gen Sie selber. Es handelt sich um Zeiträume von deut-
lich mehr als fünf Jahren. Man hätte die Sache aber
gleich konsequent anpacken müssen. Das heißt: Die
Wehrpflicht abschaffen statt sie nur auszusetzen.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Frage ist jetzt: Was kommt danach? Das fragen
sich auch Tausende junger Männer und Frauen, die jetzt
zum Glück anfangen können, zu studieren. Sie fragen
sich: Sind entsprechende Vorkehrungen an den Hoch-
schulen getroffen worden? Aber da passiert nichts. Hier
müsste viel mehr investiert werden, um entsprechende
Bedingungen zu schaffen. Das tun Sie aber nicht. Das





Paul Schäfer (Köln)



(A) (C)



(D)(B)

nenne ich chaotische Politik. Das hat mit Stringenz
nichts zu tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie wollen jetzt den Zwangsdienst Wehrpflicht durch
einen sogenannten freiwilligen Militärdienst ersetzen.
Wenn man sich das näher anschaut, stellt man fest, dass
sich dieser nicht so sehr von dem derzeit schon bestehen-
den Institut der freiwillig länger dienenden Rekruten un-
terscheidet. Die neuen Freiwilligen sollen nur ein biss-
chen mehr Geld bekommen und müssen noch nicht an
den Militäreinsätzen im Ausland teilnehmen.

Was an dieser neuen Konstruktion stört, ist, da es sich
ja doch um eine Vorentscheidung für den Soldatenberuf
handelt, dass Sie dieses jetzt mit dem ehrenamtlichen
freiwilligen Engagement junger Menschen assoziieren
bzw. verknüpfen. Hinzu kommt wohl noch, dass das
noch ein bisschen patriotisch verklärt wird. Aber dass es
sich eigentlich um etwas anderes handelt, wird daran
deutlich, dass es keine Gleichstellung mit dem Freiwilli-
gen Sozialen Jahr oder dem Freiwilligen Ökologischen
Jahr gibt. Diejenigen, die ein FSJ oder ein FÖJ machen,
bekommen roundabout 400 Euro als Kostenerstattung
und Taschengeld. Der anderen Gruppe wollen Sie
1 100 Euro zahlen. Und wieso darf der Bundesminister
der Verteidigung alle, die bald die Volljährigkeit errei-
chen, anschreiben und zur Musterung einladen, die Fa-
milien- und Jugendministerin das aber nicht für die Frei-
willigendienste tun? Das ist doch der Unterschied. Wenn
man das schon so ins Gesetz schreibt, dann muss gelten:
Gleiches Recht für alle.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dann brauchen wir gleiche Bezahlung und gleiche Ver-
günstigungen. Daran werden wir Sie messen, ob Sie das
machen.

Ein Weiteres möchte ich noch klarstellen: Wir wollen
– Sie werben ja jetzt viel –, dass Sie die Jugendlichen of-
fen und ehrlich darüber informieren, was sie erwartet,
damit sie sich mit Krieg und dessen Folgen auseinander-
setzen können und nicht nur mit dem Argument geködert
werden, es handle sich um einen spannenden Beruf in ei-
nem Hightech-Dienstleistungsunternehmen. Das wollen
wir nicht.

Sie bauen dieses Gesetz ja ein in die Neuausrichtung
der Bundeswehr. Das ist gewissermaßen der erste Schritt
dazu. Dazu können wir nur sagen: Die Gesamtrichtung
stimmt nicht. Sie zäumen das Pferd von hinten auf. Sie
hätten mit einer seriösen Bilanz der bisherigen Ausland-
seinsätze der Bundeswehr beginnen müssen, um daraus
Schlüsse zu ziehen, ob wir uns künftig an solchen Mili-
tärinterventionen beteiligen oder nicht. Dann wäre man
möglicherweise darauf gekommen, dass Afghanistan,
und nicht nur Afghanistan, für künftige Bundeswehrein-
sätze keine Blaupause sein kann und sein darf.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie aber wollen den Auftrag an die Truppe in der Hin-
sicht nicht nur fortschreiben, sondern auch noch ver-
schärfen. So habe ich Sie verstanden, Herr Bundesminis-
ter. Denn wer sagt, die Sicherung der Rohstoffquellen sei
auch unter militärischen Gesichtspunkten zu sehen, und
wer der Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen notfalls
mit militärischer Gewalt das Wort redet, der verwechselt
offensichtlich das Jahr 2011 mit 1911. Aber dahin wol-
len wir nicht zurück.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn schon, dann wollen wir höchstens zurück zu einer
Kultur strikter Zurückhaltung und zu einer Bundeswehr,
die sich strikt am Zweck der Verteidigung orientiert. Ein
solcher Kurswechsel ist angesagt, nicht Ihre Bundes-
wehrreform!

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709302300

Der Kollege Jürgen Trittin ist der nächste Redner für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709302400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehöre

zu denen, die in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts
das zweifelhafte Vergnügen hatten, auch wenn das le-
bensgeschichtlich durchaus eine Bereicherung war, so-
wohl ein halbes Jahr in der Bundeswehr gedient wie
auch nach erfolgter Anerkennung als Kriegsdienstver-
weigerer meinen Zivildienst gemacht zu haben.


(Thomas Oppermann [SPD]: Kein Totalverweigerer!)


Wenn heute die Entscheidung getroffen wird, die Wehr-
pflicht auszusetzen, kann ich dazu nur sagen: Eine sol-
che Entscheidung kommt in meinen Augen zehn Jahre
zu spät.


(Zuruf von der FDP: Aber sie kommt wenigstens!)


– Sie kommt wenigstens, aber sie kommt übrigens auch
nicht mutig. Mutig, Herr Minister zu Guttenberg, wäre
es gewesen, die Wehrpflicht tatsächlich abzuschaffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: Das wäre mutig, aber unsinnig und dumm!)


Die Feststellung, die Sie getroffen haben, nämlich
dass wir seit Jahren von Freunden umgeben sind, gilt im
Grunde genommen seit 1989. Sie haben 20 Jahre ge-
braucht, aus dieser Erkenntnis Schlussfolgerungen zu
ziehen.

Angesichts der Tatsache, dass jetzt die Bundeswehr
umgebaut werden soll, hätte diese Gesellschaft neben
den notwendigen Debatten darüber, was das an Geld
kostet und was das mit Blick auf Standorte an schmerz-
haften Entscheidungen zur Folge hat, doch eigentlich
eine große Debatte darüber verdient, zu welchem Zweck
wir uns als Gesellschaft bewaffnete Streitkräfte in die-
sem Lande halten. Neben der guten Nachricht, dass wir
aus dem Zeitalter der Blockkonfrontation heraus sind,
gibt es auch eine unpopuläre Botschaft. Denn es ist so,
dass auf diesem Globus weiterhin globale Risiken zu





Jürgen Trittin


(A) (C)



(D)(B)

Staatszerfall und zum Zerfall von Gesellschaften führen.
Es ist daher eine der zwingendsten und dringendsten
Aufgaben der Weltgemeinschaft, dieser Entwicklung
entgegenzutreten. Bestandteil der Maßnahmen, dem ent-
gegenzuwirken, ist zwar im Wesentlichen ein zunehmen-
der Einsatz von zivilen Kräften, aber dazu gehört auch
die Beteiligung von Militär.

Die Botschaft, die Sie eigentlich aussenden müssen,
wäre: Daran wird sich Deutschland leider auch künftig
beteiligen müssen. Dafür brauchen wir hochqualifizierte,
gut ausgebildete und gut ausgerüstete Soldatinnen und
Soldaten. – Das ist eine unpopuläre Botschaft. Da kann
man, Herr Minister, auch einmal Mut beweisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Frage ist aber, ob Sie dazu überhaupt noch in der
Lage sind. Nimmt Ihnen angesichts des beispiellosen
Schlingerkurses, den Sie in der Sache bei diversen Zwi-
schenfällen in der Bundeswehr, aber auch in der Frage
der Wehrpflicht an den Tag gelegt haben, überhaupt
noch irgendjemand diese unpopuläre und schwierige
Botschaft ab?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es gibt allerdings – damit will ich schließen –


(Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)


eine Konstante in Ihrem politischen Wirken. Sie haben
immer darauf geachtet, die Unterstützung der Bild-Zei-
tung, der Bild am Sonntag und von Bild.de zu haben


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bunte nicht vergessen!)


– Nein, ich rede insbesondere von diesen dreien. – Sie ha-
ben heute Morgen unterschlagen, dass im Onlineforum
von Bild.de von den 640 000 Leuten, die abgestimmt ha-
ben, 55 000 Ihren Rücktritt gefordert haben, Herr Minis-
ter.


(Sigmar Gabriel [SPD]: 55 Prozent!)


Der Unterstützung dieser Zeitung konnten Sie sich im-
mer sicher sein.

Jetzt finde ich es hochinteressant, an wen die Auf-
träge gehen sollen, mit denen um Freiwillige geworben
werden soll, nämlich ausschließlich an Bild, BamS und
Bild.de.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Eine Bundeswehrreform, die auf einem schmutzigen
Deal mit der Springerpresse beruht, wird und kann nicht
gelingen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das ist eine unglaubliche Unterstellung!)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709302500

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Hardt für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Jürgen Hardt (CDU):
Rede ID: ID1709302600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

möchte an dieser Stelle die Gelegenheit ergreifen, we-
nigstens einen Satz zu dem Thema zu sagen, von dem
die Opposition meint, sie müsse es weiter strapazieren:
Getretener Quark wird breit, nicht stark.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das stimmt! Das sehen Sie an Ihrem Verteidigungsminister!)


Es ist wirklich schade, dass das wichtige Thema der
Bundeswehrreform – das vorliegende Gesetz ist viel-
leicht das wichtigste Gesetz im Zusammenhang mit der
Bundeswehr, das wir in dieser Legislaturperiode verab-
schieden – von Ihnen missbraucht wird, um eine Debatte
zu führen, die eigentlich gestern, wie ich finde, ihren
Abschluss gefunden hat.


(Widerspruch bei der SPD – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie gern!)


Sie erweisen der Bundeswehr keinen guten Dienst, wenn
Sie auf diese Weise fortfahren.

Herr Gabriel, Sie haben dem Minister unterstellt, er
würde hier die Bundeswehrreform unstrukturiert darstel-
len. Ich kann nur feststellen, dass der Minister bei sei-
nem Amtsantritt vor 15 Monaten gesagt hat:


(Sigmar Gabriel [SPD]: Der Minister ist unstrukturiert!)


Ich werde innerhalb des Ministeriums eine Studie über
die vorhandenen Reformbedürfnisse anfertigen lassen. –
Diese Studie hat er fristgerecht vorgelegt. Das war das
Wieker-Papier. Er hat dann gesagt: Wir bilden eine ex-
terne Kommission – das war die Weise-Kommission –,
sie wird ihre Ergebnisse bis zum Herbst vorlegen. – Sie
hat ihre sehr guten Ergebnisse im letzten Herbst vorge-
legt. Dann hat er angekündigt, dass er bis Ende Januar
einen Vorschlag für die Struktur des Ministeriums und
der nachgeordneten Behörden vorlegen wird. Er hat uns
das Papier auf den Tag genau Ende Januar präsentiert.
Weiter hat er angekündigt, einen entsprechenden Attrak-
tivitätskatalog für die Bundeswehr vorzulegen. Er liegt
dem Verteidigungsausschuss seit 14 Tagen vor.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Es steht aber nichts drin!)


Jetzt hat er angekündigt, zum 1. Juli ein Gesetz vorzule-
gen, die Wehrpflicht auszusetzen. Sie sehen am Zeitplan,
dass das entsprechend möglich ist.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709302700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Malczak?






(A) (C)



(D)(B)


Jürgen Hardt (CDU):
Rede ID: ID1709302800

Bitte, Frau Malczak.


Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709302900

Herr Kollege Hardt, können Sie mir, wenn das alles

so strukturiert abgelaufen ist, vielleicht noch mal erklä-
ren, was denn jetzt eigentlich der Sinn der Verkürzung
des Wehrdienstes auf sechs Monate war und warum das
dann vor dem Papier der Weise-Kommission als Maß-
nahme ergriffen wurde?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Kommen Sie nachher in mein Büro!)


Das hat unheimlich viel gekostet. Es hat auch die Bun-
deswehr sehr strapaziert, das jetzt so schnell umzuset-
zen. Vielleicht können Sie mir einfach noch mal den
Sinn erklären, warum man „W 6“ gemacht hat, um dann
ein paar Monate später die Wehrpflicht auszusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Jürgen Hardt (CDU):
Rede ID: ID1709303000

Das kann ich Ihnen genau sagen: Durch die Entschei-

dung, auf „W 6“ zu gehen, gibt es für die Wehrdienst-
leistenden zu den Einberufungsterminen, die jetzt zwi-
schen dieser Umstellung und der entsprechenden
Aussetzung der Wehrpflicht liegen, mehr Wehrgerech-
tigkeit.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Lachnummer!)


Das war eines der gravierendsten Probleme. Ich glaube,
dass es ein vernünftiger Schritt war, das so zu machen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das, was zum
1. Juli vorliegen wird – jetzt möchte ich zum Thema
kommen, nämlich zur Aussetzung der Wehrpflicht –, ei-
ner der entscheidendsten Schritte der Bundeswehrreform
sein wird, weil es natürlich in Bezug auf die Gewinnung
von Zeit- und Berufssoldaten sowie von freiwillig Wehr-
dienstleistenden besondere neue Anforderungen an die
Bundeswehr stellt.

Zur Aussetzung der Wehrpflicht gibt es, wie ich finde,
verfassungsrechtlich keine Alternative. Die einzig zuläs-
sige Begründung, um die Wehrpflicht aufrechtzuerhal-
ten, wäre, dass die Wehrpflichtigen einen unverzichtba-
ren Beitrag zur Verteidigung unseres Landes leisten. Das
können wir heute in dieser Form nicht mehr nachweisen.
Sich auf den Aspekt zu stützen, dass es gesellschaftspo-
litisch durchaus erwünscht ist, dass junge Menschen et-
was für unsere Gemeinschaft tun, ist eben verfassungs-
rechtlich nicht haltbar. Dies schmerzt insbesondere viele
von uns Christdemokraten. Diese Möglichkeit wollen
wir durch die Einführung des Bundesfreiwilligendiens-
tes bzw. durch den Freiwilligendienst bei der Bundes-
wehr erhalten.

In der Bundeswehr haben 8 427 288 Wehrpflichtige
gedient. Wenn man denen persönlich die Hand schütteln
wollte, wäre man sechs Monate lang Tag und Nacht da-
mit beschäftigt. Deswegen möchte ich auch im Namen
des Bundestages all denen herzlichen Dank sagen, die
Wehrdienst geleistet haben. Ich möchte auch ausdrück-
lich denen Dank sagen, die im Zivildienst oder im zivi-
len Katastrophenschutz ihren Dienst geleistet haben. Das
war auch ein Pflichtdienst, aber es war keinesfalls ein
Dienst, der nicht auch mit dem Herzen gemacht wurde.
Ich finde, es ist bei dieser Gelegenheit auch angemessen,
das gleichermaßen zu würdigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was ist jetzt zu tun, damit der Übergang von der
Wehrpflicht zur Freiwilligenarmee gelingt? Erstens müs-
sen die Rahmenbedingungen für den Dienst in der Bun-
deswehr attraktiv gestaltet sein. Das gilt für Sold und
Prämien, es gilt aber auch für andere Faktoren wie die
Vereinbarkeit von Familie und Dienst, die Frage der
Laufbahnstrukturen und natürlich das weite Feld der
Aus- und Weiterbildung in der Bundeswehr.

Jeder Soldat, der länger in der Bundeswehr dient,
sollte eine seiner Eignung und Neigung entsprechende,
auch zivil nutzbare Ausbildung erhalten. Das fängt mit
dem Schulabschluss an und geht weiter bis zum Diplom
oder Master für diejenigen, die sich als Offizier länger
verpflichten. Ich glaube, die Bundeswehr hat hier bereits
den richtigen Weg eingeschlagen. Ich finde all das, was
in dem Attraktivitätssteigerungspapier zu diesen Punk-
ten steht, richtig.

Zweitens geht es natürlich jetzt um die Gewinnung
von Personal für die Bundeswehr durch Herstellung von
Transparenz und Klarheit über die Rahmenbedingungen.
Im Augenblick haben wir zwar bei den Zeit- und Berufs-
soldaten eine zufriedenstellende Bewerberquote, aber
wir haben im Bereich der freiwillig Wehrdienstleisten-
den deutlich weniger Neueinstellungen, als eingeplant
war. Das ist im Augenblick noch kein akutes Problem,
aber es geht darum, dass wir jetzt auch durch zügige Be-
ratung des Gesetzentwurfes die Rahmenbedingungen so
klarmachen, dass jeder, der bei der Bundeswehr anfängt,
auch weiß, was er davon hat.

Ich füge hinzu: Es ist wichtig, zu betonen, dass alle
Leistungen, die wir mit diesem Gesetz beschließen wer-
den, auch auf diejenigen Anwendung finden, die sich be-
reits heute zu einer Unterschrift entscheiden. Es wäre
wirklich schade, wenn junge Männer und Frauen allein
deshalb eine Verpflichtung bei der Bundeswehr nicht
eingehen, weil sie die Befürchtung haben, dass dann be-
stimmte Vergünstigungen möglicherweise bei ihnen
nicht Anwendung finden.

Drittens. Es ist mindestens genauso wichtig, dass die
Änderung der Wehrform zumindest in der Übergangs-
phase nicht zum Nulltarif zu haben sein wird. Die Stei-
gerung der Attraktivität der Bundeswehr kostet Geld,
selbst wenn die Zahl der Soldaten deutlich abnehmen
wird. Hier gilt das Wort von Minister und Bundeskanzle-
rin, dass die Zukunft leistungsfähiger Streitkräfte nicht
allein von finanziellen Erwägungen abhängig gemacht
werden kann. Die Parteitage von CDU und CSU haben
sich dazu entsprechend geäußert. Wer in der Bundes-





Jürgen Hardt


(A) (C)



(D)(B)

wehr dient oder dort zukünftig dienen möchte, soll wis-
sen, dass er in der Truppe eine individuelle, gute Zu-
kunftsperspektive erhält; das hat eben auch mit Geld zu
tun.

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des
Wehrrechts ist ein zentraler Baustein der Bundeswehrre-
form. Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, werden
zügig über ihn beraten und damit eine rasche Beschluss-
fassung vor Ostern ermöglichen. Wir wollen einen er-
folgreichen Start für unsere neue Bundeswehr.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709303100

Der Kollege Dr. Reinhard Brandl von der CDU/CSU-

Fraktion ist der letzte Redner zu diesem Tagesordnungs-
punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1709303200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Mit der heutigen ersten Lesung des Wehrrechtsände-
rungsgesetzes vollziehen wir den ersten parlamentari-
schen Schritt der größten Reform der Bundeswehr seit
dem Ende des Kalten Krieges. Damals, vor gut
20 Jahren, standen noch die Panzer des Warschauer Pak-
tes an unserer Ostgrenze; wir mussten ständig in der
Lage sein, einen direkten Angriff auf unser Territorium
abzuwehren. Diese Gefahr besteht Gott sei Dank nicht
mehr.

Die Welt ist aber seit dieser Zeit nicht nur friedlicher
geworden: Es gibt neue, sich ständig wandelnde, zum
großen Teil asymmetrisch gelagerte Bedrohungen unse-
rer Freiheit und Sicherheit. Wir begegnen der veränder-
ten Sicherheitslage mit einer breiten Palette an zivilen
und diplomatischen Mitteln. Es treten aber immer wie-
der Situationen ein, in denen wir gezwungen sind, die
Bundeswehr als letztes verfügbares Mittel und als Teil
der internationalen Gemeinschaft in einen Einsatz zu
entsenden. Wir haben letzten Freitag wieder auf traurige
Weise erfahren müssen, wie gefährlich solch ein Einsatz
sein kann.

Wir stehen bei der Mandatierung der Einsätze in der
Verantwortung, die Bundeswehr dafür optimal aufzustel-
len und auszurüsten. Gemessen an dem, was unsere Sol-
daten heute im Einsatz leisten müssen, haben wir dieses
Ziel trotz zahlreicher Anstrengungen in den vergangenen
Jahren noch nicht vollständig erreicht. Von dieser Ver-
antwortung getragen haben wir uns im letzten Jahr ent-
schieden, die Bundeswehr neu zu strukturieren, sie ins-
gesamt zu verkleinern und dafür die Soldaten besser
auszurüsten sowie ihren Dienst attraktiver zu gestalten.

Ein Baustein der Reform ist die Aussetzung der
Wehrpflicht, über die wir heute hier im Parlament disku-
tieren. Wir haben uns diesen Schritt nicht leicht ge-
macht; er ist nicht nur von dieser Reform getrieben. Die
Wehrpflicht hat sich in den letzten 55 Jahren in vielerlei
Hinsicht bewährt. Wir stehen aber gegenüber den jungen
Männern, die wir zu diesem Pflichtdienst heranziehen, in
der Verantwortung, immer wieder neu zu hinterfragen,
ob ihr Dienst tatsächlich noch sicherheitspolitisch be-
gründet werden kann oder nicht. Eine solche Begrün-
dung können wir heute nicht mehr zweifelsfrei geben.
Wir vollziehen jetzt den für uns schweren, aber konse-
quenten Schritt der Aussetzung der Wehrpflicht.

Ein solcher Grundrechtseingriff kann eindeutig nur
mit einer sicherheitspolitischen Begründung legitimiert
werden. Ich betone das deshalb, weil die Einführung ei-
ner allgemeinen Dienstpflicht für mich persönlich die
näherliegende Antwort gewesen wäre. Ich musste aber
nach zahlreichen Diskussionen einsehen, dass dies we-
der unsere Verfassung noch das Völkerrecht zulassen.
Dass diese Debatte heute keine allzu großen Wellen
schlägt, haben wir in erster Linie unserem Minister Karl-
Theodor zu Guttenberg zu verdanken. Er hat es mit sei-
ner Persönlichkeit und seiner Überzeugungskraft im ver-
gangenen Jahr geschafft, die Menschen innerhalb und
außerhalb der Bundeswehr für diese Reform zu gewin-
nen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, bei der
Reform liegen wir inhaltlich nicht weit auseinander. Ge-
rade deswegen müssten Sie die Leistung des Ministers
anerkennen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Stattdessen sind Ihre heutigen Debattenbeiträge geprägt
von einer überhöhten Selbstgerechtigkeit und der offe-
nen Genugtuung, endlich etwas gefunden zu haben, mit
dem Sie hoffen, ihm persönlich schaden zu können.


(Dr. h. c. Gernot Erler [SPD]: Wir haben nicht einmal gesucht! – Dr. Hans-Peter Bartels [SPD]: Wir schaden ihm doch nicht! Er hat sich selbst geschadet!)


Überlegen Sie selbstkritisch, ob Sie jemanden in Ihren
Reihen haben, dem die Vermittlung dieser Reform auch
nur annähernd in dieser Form gelungen wäre.


(Zuruf von der SPD: Natürlich!)


Es mag Sie politisch bzw. wahltaktisch stören, dass
Karl-Theodor zu Guttenberg ein hohes Maß an Ver-
trauen in der Bevölkerung genießt, aber Tatsache ist: In
einem solchen schwierigen Reformprozess einen sol-
chen Minister an der Spitze des Bundesverteidigungsmi-
nisteriums zu haben, ist ein Glücksfall für unser Land
und unsere Bundeswehr.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Täuschen Sie sich nicht: Die Menschen in unserem Land
unterscheiden sehr genau, welcher Beitrag der Sache
dient und bei welchem Beitrag es nur darum geht, je-
mandem persönlich zu schaden.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Das hätte ich Herrn Trittin – leider hat er die Debatte
nicht bis zum Ende verfolgt – gerne persönlich gesagt.


(Jörg van Essen [FDP]: Herrn Beck vielleicht auch! Er fehlt nämlich auch!)






Dr. Reinhard Brandl


(A) (C)



(D)(B)

Er hat es in seinem Beitrag fast geschafft, nur zur Sache
zu sprechen. Aber am Ende ist er wieder abgerutscht auf
ein Niveau der Unterstellungen und der Verleumdung.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das war schade;


(Birgit Homburger [FDP]: Es ist eine Unsitte, wenn man spricht und dann geht!)


denn die Sache ist viel wichtiger als ein Hinweis auf die
Zustimmungswerte einer bestimmten Person.

Die Reform, die wir in den nächsten Wochen im Bun-
destag besprechen, wird unsere Parlamentsarmee über
Jahrzehnte hinweg prägen. Wir haben dabei als die heute
in der Verantwortung stehenden Parlamentarier den Auf-
trag, die Bundeswehr der Zukunft mitzugestalten und
dafür zu sorgen, dass sie die Gesellschaft auch in Zu-
kunft angemessen repräsentiert und sich nicht von ihr
abkoppelt. Die Menschen werden uns als Koalition, aber
auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,
daran messen, ob wir dieser Verantwortung gerecht wer-
den. Heute sind Sie es zumindest nicht geworden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709303300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
fes auf der Drucksache 17/4821 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Andere
Vorschläge dazu liegen mir nicht vor. Dann ist die Über-
weisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Korrektur der Überleitung von DDR-Alters-
sicherungen in bundesdeutsches Recht

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Gerechte Alterseinkünfte für Beschäftigte
im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Gerechte Lösung für rentenrechtliche Situa-
tion von in der DDR Geschiedenen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Gerechte Versorgungslösung für Ballettmit-
glieder in der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Regelung der Ansprüche der Bergleute der
Braunkohleveredlung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Beseitigung von Rentennachteilen für Zeiten
der Pflege von Angehörigen in der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Rentenrechtliche Lösung für Land- und
Forstwirte, Handwerkerinnen und Hand-
werker, andere Selbständige sowie deren
mithelfende Familienangehörige aus der
DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Rentenrechtliche Anerkennung von zweiten
und vereinbart verlängerten Bildungswegen
sowie Forschungsstudien und Aspiranturen
in der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Rentenrechtliche Anerkennung von DDR-
Regelungen für ins Ausland mitgereiste Ehe-
partnerinnen und Ehepartner sowie von im
Ausland erworbenen Ansprüchen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Rentenrechtliche Anerkennung aller freiwil-
ligen Beiträge aus DDR-Zeiten

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

Befristetes System „sui generis“ für die Be-
seitigung des Versorgungsunrechts bei den
Zusatz- und Sonderversorgungen der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Vertrauensschutz für Versorgungsberech-
tigte der DDR mit einem Ruhestandsbeginn
bis zum 30. Juni 1995 schaffen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Regelung der Ansprüche und Anwartschaf-
ten auf Alterssicherung für Angehörige der
Deutschen Reichsbahn der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Regelung der Ansprüche und Anwartschaf-
ten auf Alterssicherung für Angehörige der
Deutschen Post der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Angemessene Altersversorgung für Profes-
sorinnen und Professoren neuen Rechts,
Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Dienst
und weitere Beschäftigte universitärer und
anderer wissenschaftlicher Einrichtungen in
Ostdeutschland

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Angemessene Altersversorgung für Beschäf-
tigte des öffentlichen Dienstes der DDR, die
nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Angemessene Altersversorgung für Angehö-
rige von Bundeswehr, Zoll und Polizei, die
mit DDR-Beschäftigungszeiten nach 1990
ihre Tätigkeit fortgesetzt haben

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Einheitliche Regelung der Altersversorgung
für Angehörige der technischen Intelligenz
der DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Wertneutralität im Rentenrecht auch für
Personen mit bestimmten Funktionen in der
DDR

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Fritz Kuhn, Stephan Kühn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbesserung der Versorgung der im Bei-
trittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 Geschie-
denen

– Drucksachen 17/1631, 17/3871, 17/3872, 17/3873,
17/3874, 17/3875, 17/3876, 17/3877, 17/3878,
17/3879, 17/3880, 17/3881, 17/3882, 17/3883,
17/3884, 17/3885, 17/3886, 17/3887, 17/3888,
17/4195, 17/4769 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Silvia Schmidt (Eisleben)


Beide Fraktionen haben namentliche Abstimmung
verlangt. Deshalb werden wir nach der Aussprache zu-
nächst über die 19 Anträge der Fraktion Die Linke na-
mentlich auf einem Stimmzettel abstimmen. Anschlie-
ßend erfolgt die namentliche Abstimmung mit der
üblichen Stimmkarte über die Beschlussempfehlung zu
dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wir
werden also zwei getrennte Abstimmungsgänge durch-
führen.

Auch für diese Aussprache sind nach einer interfrakti-
onellen Vereinbarung 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Eckhardt Rehberg für die CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1709303400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeord-

neten! In diesem Tagesordnungspunkt geht es um ge-
rechte Alterseinkünfte für Beschäftigte in der DDR. Die
Antragsteller führen auf Drucksache 17/1631 zum
Schluss aus:

20 Jahre nach Herstellung der Einheit ist es an der
Zeit, Regelungen zu treffen, die den sozialen Frie-
den zwischen Ost und West befördern. Dazu gehört
unabdingbar auch die Angleichung des Renten-
werts Ost an West …

Wenn man über die Rente in Ost und West redet, dann
lohnt es sich, gelegentlich noch einmal darüber nachzu-
denken, woher wir bei diesem Thema kommen. Die





Eckhardt Rehberg


(A) (C)



(D)(B)

Mindestrente betrug 1983 in der DDR 270 Mark. Das
sind Almosen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: So ist das!)


1984 gab es 300 Mark Mindestrente,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Und wie hoch war die Miete?)


nach 45 Arbeitsjahren gab es 370 Mark. Bei einem Brut-
todurchschnittslohn 1984 von 1 080 DDR-Mark erhielt
ein Rentner also ein Almosen von einem Drittel seines
letzten Bruttodurchschnittslohnes.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wie viel hat ein Brötchen gekostet? Wie hoch war die Miete? – Gegenruf des Abg. Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Und wie sahen die Wohnungen aus?)


Wenn ich heute über Durchschnittsrenten von über
1 000 Euro rede, dann wird deutlich, dass dies die Er-
folgsgeschichte der deutschen Einheit, der Erfolg der
letzten zwei Jahrzehnte ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Neben der Rente für die Masse der Beschäftigten in
der DDR gab es 63 Zusatzversorgungssysteme und vier
Sonderversorgungssysteme. In diesen 63 Zusatz- bzw.
vier Sonderversorgungssystemen wurde das Rentenni-
veau dann auf 90 Prozent bis 100 Prozent des letzten
Nettolohnes angehoben. Es ist aber ganz bemerkenswert,
für wen das galt: Es gab vier Sonderversorgungssysteme
für die Nationale Volksarmee, für die Volkspolizei, für
die Zollverwaltung und für das MfS. Zusatzversorgungs-
systeme gab es für die technische Intelligenz, für haupt-
amtliche Mitarbeiter des Staatsapparates usw.

Meine Damen und Herren von den Linken, besonders
pervers war die Einführung der Freiwilligen Zusatzren-
tenversicherung 1971. Man merkte, dass die normale
Rente so niedrig war, dass sie im Alter nicht mehr zum
Leben reichte. Wer dann mehr Rente haben wollte im
real existierenden Sozialismus, der musste sich privat
zusätzlich versichern. Das muss man sich einmal auf der
Zunge zergehen lassen.

Viele haben außerdem vergessen, wie es chronisch
Kranken ergangen ist. Sie hatten einen gesetzlichen
Krankengeldanspruch von 300 DDR-Mark ab der sieb-
ten Krankheitswoche, wenn sie nicht freiwillig zusatz-
versichert waren. Lassen Sie sich bitte einmal auf der
Zunge zergehen, was das zu DDR-Zeiten für chronisch
Kranke bedeutet hat.

Bereits an diesen wenigen Beispielen wird der Unter-
schied zwischen dem werteorientierten System der sozi-
alen Marktwirtschaft und dem ideologiebehafteten Sys-
tem des Sozialismus deutlich. Das ist ein Kernpunkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Rentengeschichte der letzten zwei Jahrzehnte ist
mehr als eine Erfolgsstory. Aus meiner Sicht haben wir
viel zu wenig kommuniziert, dass wir die ostdeutschen
Löhne auf den Durchschnittslohn West angehoben haben.
Wir haben 1990 mit dem Faktor 3 begonnen und sind
heute bei einer Aufwertung um knapp 19 Prozent. Bei-
spielsweise bekommt heute ein Arbeitnehmer in Rostock,
der 10 Euro brutto verdient, eine Aufwertung von
1,90 Euro und erhält das Rentenwertäquivalent eines
Bruttolohns von 11,90 Euro, obwohl er nur einen Renten-
beitrag für 10 Euro bezahlt. Dieses haben viele aus dem
Blick verloren, wenn sie leichtfertig darüber reden, dass
wir den Rentenwert Ost an West angleichen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften solche Ver-
einbarungen schließen, wie in den letzten Wochen zum
Beispiel für den Bereich der Zeitarbeit – branchenbezo-
gener Mindestlohn Ost: 6,89 Euro, branchenbezogener
Mindestlohn West: 7,79 Euro, Differenz: 90 Cent –,
kann man aus Sicht der Arbeitgeber vielleicht sagen: Da-
für habe ich Verständnis. Aus Sicht der Gewerkschaften
muss man aber sagen: Dafür habe ich überhaupt kein
Verständnis. Ich habe gar kein Verständnis dafür, dass
diese Schere in 2013 nicht deutlich, sondern lediglich
geringfügig zusammengeht. Dann sinkt die Differenz
von 90 Cent auf 79 Cent. Das heißt, solange zwischen
Arbeitgebern und Gewerkschaften keine in Ost und West
gleichen branchenspezifischen Mindestlöhne vereinbart
werden, brauchen wir uns des ganzen Komplexes Ren-
tenwert Ost/West bzw. Aufwertung der Löhne erst gar
nicht anzunehmen.

Ich will noch einen Punkt ansprechen, weil immer
wieder beklagt wird, dass keine Rentengerechtigkeit her-
gestellt wurde. Die Punkte, die Sie in Ihren 19 Anträgen
anführen, haben aus meiner Sicht nichts im Rentenrecht
zu suchen. Allein zwischen 2001 und 2010 haben Bund
und Länder rund 34 Milliarden Euro in die Abgeltung
der Ansprüche aus Zusatz- und Sonderversorungssys-
temen stecken müssen. Pro Jahr sind das etwa 4 Mil-
liarden Euro; das müssen Sie sich einmal auf der Zunge
zergehen lassen. Angesichts dieser Tatsache können
Sie von den Linken nicht sagen, dass für die Beschäf-
tigten in der DDR keine Rentengerechtigkeit herge-
stellt wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lassen Sie mich auch noch anmerken, dass die Zahlen
frappierend sind. Rentenentgeltpunkte ≥ 1 – Durchschnitts-
lohn oder mehr – haben im Jahr 2009 55 Prozent der Män-
ner im Westen, 50 Prozent der Männer im Osten, 16 Pro-
zent der Frauen im Westen und 14,4 Prozent der Frauen
im Osten erworben. Das Beeindruckende ist für mich
– das ist für mich ein Maßstab für Gerechtigkeit –, dass im
Osten 38 Prozent der Männer und Frauen zusammen eine
Monatsrente ≥ 1 050 Euro erreicht haben. Im Westen sind
das nur 32 Prozent. Wenn jemand sagt, dass die Rentne-
rinnen und Rentner im Osten, gleich ob Bestands- oder
Zugangsrentner, benachteiligt werden, muss ich sagen:
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Den Rentnern
aus dem Osten ist mehr als Gerechtigkeit und Solidarität
widerfahren. Die Überleitung in das Rentensystem ist eine
Erfolgsgeschichte der deutschen Einheit. Meine Damen
und Herren von der Linken, das lassen wir uns von Ihnen
nicht kaputt- und auch nicht kleinreden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: So ist das!)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709303500

Ich erteile das Wort der Kollegin Silvia Schmidt für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1709303600

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Rehberg, ich
habe eine Korrekturanmerkung: Die männlichen Zu-
gangsrentner im Osten haben seit 2008 5 Euro weniger
als die Zugangsrentner West. Die Schere geht auch in
diesem Bereich immer weiter auseinander.

Als Willy Brandt gesagt hat: „Jetzt wächst zusam-
men, was zusammengehört“, waren wir alle, glaube ich,
voller Freude. Wir wussten aber auch, dass das ein lan-
ger und schwieriger Weg wird, dass das eine Herausfor-
derung für unser Land ist. Gerade das Rentenüberlei-
tungsgesetz ist – ich glaube, darin sind wir uns alle einig –
eine einmalige historische Leistung. Das war ein großer
Erfolg. Das können wir alle hier feststellen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das stimmt!)


Dieser Prozess des Zusammenwachsens ist aber noch
nicht beendet, weder gesellschaftlich noch konkret im
Rentenrecht. Deshalb ist eine Angleichung der Renten-
systeme, die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und
FDP versprochen wurde, eine wichtige, aber bestimmt
keine einfache Herausforderung. In der letzten Legisla-
turperiode haben auch wir das versucht. Das haben wir
gesagt, und natürlich sind wir das auch angegangen. Da
dieses große, schwierige und komplexe Thema aber
nicht so leicht zu stemmen ist, sind wir keinen großen
Schritt weitergekommen.

Es gibt Fragen, die wir sehr schnell klären können.
Ich könnte mir vorstellen, dass Kindererziehungszeiten
im Osten wie im Westen gleich bewertet werden. Im
Westen führen sie zu einem monatlichen Zahlbetrag in
Höhe von 27,30 Euro, in den neuen Bundesländern zu
einem monatlichen Zahlbetrag von 24,13 Euro. Die
Wehrpflichtzeiten führen zu einem monatlichen Zahlbe-
trag von im Osten ungefähr 12 Euro, im Westen 15 Euro.
Dieser Unterschied ist gesellschaftspolitisch nicht mehr
zu halten; denn diese Lebensphasen sind in Ost wie West
eigentlich identisch. Hier könnten wir sehr schnell ein-
schreiten.

Die Väter des deutschen Einigungsvertrages sind von
einer weitaus schnelleren Angleichung der Lebensver-
hältnisse ausgegangen. Aber wir alle wissen: Die An-
gleichung vor allen Dingen der Löhne und damit auch
des Rentenwertes Ost/West ist seit einem Jahrzehnt zum
Stillstand gekommen. Es gibt regionale Unterschiede.
Einige Regionen in den neuen Bundesländern, zum Bei-
spiel das Umfeld von Berlin, die Potsdamer Region, ste-
hen sehr gut da. Es gibt natürlich auch Regionen in den
alten Bundesländern, die schlecht dastehen, zum Bei-
spiel das Saarland. Das alles ist uns bekannt.
Trotzdem liegen die Löhne in den neuen Bundeslän-
dern durchschnittlich 20 Prozent unterhalb der Löhne in
den alten Bundesländern. Das muss man einfach zur
Kenntnis nehmen. 40 Prozent der Ostdeutschen arbeiten
im Niedriglohnbereich. Niedriglohnbereich bedeutet:
Trotz Arbeit leben sie an der Armutsgrenze. Auch das ist
ein Tatbestand. Im Land Sachsen-Anhalt existieren
34 Tarifverträge, die einen Bruttolohn von weniger als
7,50 Euro vorsehen. Das heißt, die Erwerbstätigen in
Sachsen-Anhalt und auch in Mecklenburg-Vorpommern
arbeiten teilweise zu einem Hungerlohn. Da ist die Al-
tersarmut im Grunde vorprogrammiert. Das heißt, wir
brauchen hier einen gesetzlichen Mindestlohn, was übri-
gens unter anderem auch Jens Bullerjahn, der stellvertre-
tende Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt, eindeutig
fordert.


(Beifall bei der SPD)


Die Anträge der Fraktion Die Linke werden regelmä-
ßig zu den Wahlkämpfen eingereicht,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: In jeder Legislaturperiode einmal!)


und Sie lassen namentlich über diese Anträge abstim-
men; das ist natürlich legitim. Diese Anträge zeigen aber
auch deutlich Ihren Populismus und eine gewisse Häme.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sie können auch einfach zustimmen! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Dann legen Sie einen Vorschlag vor!)


Ich habe deutlich gemacht: Es ist kein leicht zu lösendes
Problem, es ist ein komplexer Tatbestand. Wir alle wis-
sen, dass das für die Bürger teilweise nicht nachvollzieh-
bar ist. Wir dürfen auch den Anspruch der Solidarität für
die Rentnerinnen und Rentner in den alten Bundeslän-
dern nicht vergessen.


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja, das können Sie alles besser machen!)


Niemand wird Anträgen zustimmen, durch die die da-
mals Staatsnahen begünstigt werden sollen. Das wäre
eine Missachtung der DDR-Flüchtlinge.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das kann man mit aller Sachlichkeit feststellen. Manche
Flüchtlinge haben ihr Leben geopfert, andere sind unter
schweren Repressalien in die alten Bundesländer ge-
flüchtet. Das war kein Spaziergang, und das war auch
keine freiwillige Übersiedlung. Auch das sollten Sie zur
Kenntnis nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch zu einer Tatsache – es ist vorhin schon ange-
sprochen worden –, die man vielleicht am persönlichen
Bereich darstellen kann. Die Mindestrente lag bis 1983
bei ungefähr 165 Mark Ost. Man sagt: Etwa 30 Mark
Miete mussten gezahlt werden, mehr Kosten habe es





Silvia Schmidt (Eisleben)



(A) (C)



(D)(B)

nicht gegeben. Nein, das war nicht so. Wenn Sie auf dem
Land gewohnt haben, mussten Sie Kohlen dazukaufen.
Energie, Wasser usw., das alles musste bezahlt werden.
Jeder Rentner, der noch krauchen konnte – das sage ich
so bitterböse –, hatte noch einen kleinen Garten, damit er
zusätzliche Lebensmittel hatte; denn der Konsum war
auch nicht gerade voll.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Richtig!)


Das muss man sagen; ich kenne das zum Beispiel von
meinen Großeltern. Wir haben dort gelebt. Damit will
ich nichts verklären.

Durch die Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark
sollten höhere Renten vermieden werden. Glauben Sie
tatsächlich, dass viele Ostrentner dieses Problem nicht
sehen? Sie haben hart gearbeitet, 35 bis 45 Jahre einge-
zahlt, aber sie konnten nicht mehr erreichen.

Festzuhalten ist, dass die DDR besonders in der In-
dustrie die Menschen rigoros ausgebeutet hat. Viele in
meinem eigenen Wahlkreis, im Mansfelder Land
– Stichworte: Kupfer- und Silberhütte –, leiden noch
heute unter den schrecklichen Umwelt- und Gesund-
heitsbedingungen der DDR-Wirtschaft. Ich komme aus
dem Gesundheitswesen. Ich weiß, wovon ich spreche.

Wir werden uns heute aus Sympathie für einige Per-
sonengruppen mit bestimmten Härtefällen enthalten.


(Zuruf von der LINKEN: Wie mutig!)


Dabei geht es um die Personengruppe im Gesundheits-
wesen, die helfenden Familienmitglieder, zum Beispiel
in der Landwirtschaft, die Balletttänzer, die Bergleute
– in der Carbochemie wird es hoffentlich demnächst
eine Einigung geben –, die pflegenden Familienangehö-
rigen usw. Diese Probleme sind aber nicht rentensyste-
matisch bedingt. Diese Probleme sind einheitsbedingt.
Das muss jeder zur Kenntnis nehmen.

Mit Zusatzversorgungen und Sondersystemen er-
kaufte man sich die politische Gefolgschaft bestimmter
Gruppen; das wurde vorhin schon angesprochen. Sie
wurden ungefähr 1970 eingeführt. Sie bilden ein kom-
plexes Geflecht. Kaum jemand durchblickt es noch, aber
jeder hat einen eigenen Anspruch.

Dem mittleren medizinischen Personal wurden mit
der 1,5-Regelung, dem Steigerungsbetrag von 1,5 bei
der Altersversorgung, Versprechungen gemacht.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja! Allerdings!)


Ich selber komme aus dem Gesundheitsbereich. Ich
weiß, was man mir gesagt hat. Ich weiß auch, wie hoch
mein Lohn war. Das alles waren Versprechungen. Nie-
mand wird doch behaupten, dass die DDR diesen Ver-
sprechungen nachgekommen wäre. Man hatte nämlich
gar kein Geld dafür, diese sogenannten Sondersysteme
zu bedienen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Wir wissen: Rentnerinnen und Rentner haben An-
spruch auf die Anerkennung ihrer Arbeitsleistung, unab-
hängig von staatlichen Systemen und unabhängig davon,
wo sie gelebt und gearbeitet haben. Wir wissen auch
ganz genau: Es dürfen keine neuen Ungerechtigkeiten
entstehen, zum Beispiel bei den pflegenden Angehöri-
gen. Auch wenn es seit 1996 die Pflegeversicherung
gibt, existieren auch hier Härtefälle. Was die Geschiede-
nen betrifft, würden wir sehr gern dem Antrag der Grü-
nen folgen. Eine Bundesratsinitiative und eine gemein-
same Lösung sind wichtig.

Es liegen viele Vorschläge, die geprüft werden müs-
sen, auf dem Tisch. Wir reichen diese Vorschläge an die
Alterssicherungskommission im Willy-Brandt-Haus
weiter. Wir werden mit den betroffenen Personengrup-
pen reden.


(Zuruf von der LINKEN: Oh! Davon haben die bestimmt etwas!)


Wir werden alle Probleme noch einmal aufgreifen. Wir
fordern ein Mindesteinkommen, das heißt einen Min-
destlohn, der gesetzlich festgeschrieben wird. Wir for-
dern auch eine Rente nach Mindesteinkommen, damit
die Lebensarbeitszeit gewürdigt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Im Rahmen eines Rentenüberleitungsabschlussgesetzes,
das wir schon in der letzten Legislaturperiode in Angriff
genommen haben, wollen wir diese ungelösten Fragen
aufgreifen.

Wir fordern eine Härtefallregelung und einen Fonds,
für den jährlich ungefähr 500 Millionen Euro zur Verfü-
gung stehen; wir werden hierfür ein Konzept erarbeiten.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das hätten Sie doch schon unter Frau Schmidt machen können! Auch Herr Scholz hätte das schon längst machen können! – Eckhardt Rehberg [CDU/ CSU]: Ein Herr Müntefering war übrigens auch einmal im Amt!)


Wir fordern die Vollendung der sozialen Einheit
Deutschlands durch rentensystematische Angleichun-
gen. Wir fordern Maßnahmen, die Altersarmut ver-
hindern, und, wie bereits erwähnt, einen gesetzlichen
Mindestlohn. Wir fordern eine Höherbewertung beschäf-
tigungsloser Zeiten und geringer Verdienste ab sofort
und rückwirkend, und das für das gesamte Bundesgebiet.

Ich glaube, wenn wir gemeinsam über diese Fragen
diskutieren, können wir im Hinblick auf Härtefälle ver-
nünftige Lösungen finden. Das ist nicht ganz einfach,
sondern relativ kompliziert. Das können wir aber nur ge-
meinsam schaffen. Populismus ist hier fehl am Platz.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nicht nur hier!)


Ich sage noch einmal: Es ist schwierig, dieses komplexe
System zu durchschauen. Aber all die Rentner und Rent-
nerinnen, deren Einkommen unterhalb der Armuts-
grenze liegt, haben unsere Solidarität verdient.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1709303700

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Heinrich Kolb

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1709303800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

debattieren dieses Thema heute nicht zum ersten Mal
und, wie ich vermute, auch nicht zum letzten Mal.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Richtig! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Versprochen!)


Ich halte es für notwendig, in meinem Debattenbeitrag
zu diesem Thema immer zunächst darauf hinzuweisen,
dass die Überführung des Rentenrechts der DDR in das
SGB VI eine große und herausragende Leistung der Po-
litik und der Mitarbeiter der Deutschen Rentenversiche-
rung war. Das war einmalig und ist – das kann man so
festhalten – im Großen und Ganzen gelungen.

Es ist nicht überraschend, dass bei einem so großen
Projekt nicht jedes Anliegen zu jedermanns Zufrieden-
heit erfüllt werden konnte. Insofern steht das Renten-
recht vielleicht auch stellvertretend für das gesamte Pro-
jekt deutsche Einheit.

Die Linke legt zu diesem Thema regelmäßig – und
auch regelmäßig unveränderte – Anträge vor.


(Widerspruch bei der LINKEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Dann haben Sie nicht draufgeguckt!)


– Das müssen dann aber marginale Unterschiede sein.
Aber Herr Gysi wird bestimmt gleich erläutern, wo die
großen Fortschritte in Ihren Anträgen sind.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Er wird es Ihnen gleich erläutern!)


Ich glaube, insgesamt gesehen kann man sagen: Das ist
das alte Muster, das da durchscheint, auch bei den jetzt
vorgelegten Anträgen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie bleiben hartnäckig bei Ihren Lösungsvorschlägen,
obwohl in den letzten Jahren in Anhörungen und Aus-
schussdiskussionen mehrfach nachgewiesen worden ist,
dass sie falsch sind. Wir hatten dem schon in 2008 einen
kreativen Vorschlag entgegengestellt, und zwar wollten
wir ein Nachversicherungsangebot unterbreiten, was
systemgerecht gewesen wäre und immer noch ist, neue
Ungerechtigkeiten vermeidet und allen Betroffenen die
Chance gibt, ihre Situation zu verbessern.


(Zuruf der Abg. Dr. Martina Bunge [DIE LINKE])


Ähnliches hat sich bewährt, als 1992 die Rentenberech-
nung nach Angestelltenversicherungsgesetz in das
SGB VI überführt worden ist. Wo unsere Vorschläge
systemgerecht und überzeugend sind, liegen die Schwä-
chen Ihrer Anträge: Sie schaffen neue Ausnahmetatbe-
stände, neue Ungerechtigkeiten und Systemwidrigkei-
ten.

Ich weise noch einmal darauf hin: Im Mai 2009 gab
es in der Anhörung ein klares Ergebnis. Die Sachver-
ständigen empfahlen keine Korrektur der geltenden Ge-
setze. Sie machten deutlich, dass jede Nachjustierung zu
neuen Ungleichbehandlungen – also zu Ungerechtigkei-
ten – führt. Betroffene dürfen nicht bessergestellt werden
als vergleichbare Rentner in den alten Bundesländern.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das wollen wir auch nicht!)


Betroffene dürfen auch nicht bessergestellt werden als
andere Versicherte in den neuen Bundesländern. Diese
beiden Maximen spielen für uns eine wichtige Rolle.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir haben nun einmal die paradoxe Situation, dass
ein Teil der Betroffenen fordert, das frühere DDR-Recht
nicht mehr wirken zu lassen, und ein anderer Teil for-
dert, dass die Ansprüche nach dem früheren Recht kom-
plett anerkannt werden. Diesen Gegensatz kann man ein-
fach nicht auflösen; das leisten auch Ihre Anträge nicht.

Was mich stört an Ihrem Antragskonvolut, an diesem
Paket, ist, dass Sie versuchen, uns neben 18 anderen
Gruppen mal eben auch Angehörige des Ministeriums
für Staatssicherheit und des Amtes für Nationale Sicher-
heit der DDR unterzuschieben. Wir bleiben dabei: Für
MfS-Angehörige darf nicht mehr als das frühere Durch-
schnittsentgelt für die Rentenberechnung angesetzt wer-
den. Diese Entscheidung haben wir getroffen, und sie ist
ausdrücklich und mehrfach vom Bundesverfassungsge-
richt bestätigt worden. Das will ich hier sehr deutlich sa-
gen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie machen es sich zu einfach. Sie listen alle denkba-
ren Gruppen Betroffener auf und vermischen dabei Pri-
vilegierte, auch Verantwortliche aus DDR-Zeiten mit
Menschen, die ganz einfach – ich sage es einfach einmal
so – Pech mit ihrem DDR-Schicksal hatten.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Oder belogen worden sind!)


Sie versuchen, sich als Fürsprecher aller möglichen
Gruppen aufzuspielen, die sich benachteiligt fühlen
könnten. Aber dabei übersehen Sie Folgendes: Teil der
Gerechtigkeit, in die auch alle anderen einbezogen wer-
den müssen, ist, auch die Situation und Befindlichkeit
derjenigen zu berücksichtigen, die für Ihre großzügigen
Lösungsvorschläge am Ende mitbezahlen sollen und
müssen.

Ich will hier festhalten: Ohne deutsche Einheit und
Anpassung des Rentenrechts hätte kein DDR-Rentner
auch nur annähernd den Lebensstandard erreichen kön-
nen, den er heute hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜND Dr. Heinrich L. Kolb NISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP: Sehr richtig!)





(A) (C)


(D)(B)


Dazu fehlen angemessene Worte Ihrerseits. Vielleicht,
Herr Gysi, ringen Sie sich in Ihrer jetzt folgenden Rede
dazu durch.


(Zuruf der Abg. Dr. Martina Bunge [DIE LINKE])


Stattdessen erinnert Frau Bunge im Dezember bei der
letzten Debatte und auch heute wieder per Zwischenruf
an die 30 Mark Miete für eine DDR-Zweiraumwohnung.
Frau Bunge, man muss doch sehen, wie das damals in
Leipzig war!


(Maria Michalk [CDU/CSU], an die Abg. Dr. Martina Bunge [DIE LINKE] gewandt: Gucken Sie sich das mal an!)


Da sind Wohnungen „freigewohnt“ worden – das Wort
kennt man in den alten Bundesländern gar nicht. Das
heißt, man ist aus der nassen Dachgeschosswohnung
eine Etage tiefer gezogen, weil es da gerade noch tro-
cken war. So war das doch damals!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)


Wie war denn die Versorgung mit Obst und Gemüse für
Rentner? Wie war es denn, wenn man freitags um
18 Uhr im HO-Laden noch ein viertel Pfund Bauch-
fleisch haben wollte? Das war damals einfach nicht ver-
fügbar.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ja auch ungesund!)


Das sind die Unterschiede im Vergleich zu heute. Heute
können sich Rentner auch in den neuen Bundesländern
all das leisten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Und wo Sie sich schon so viel Mühe gemacht haben,
Herr Gysi, für alle Gruppen, die Ihnen eingefallen sind,
Anträge zu schreiben: Wo ist Ihr Antrag, das DDR-Un-
recht an den Flüchtlingen, sofern sie ihre Flucht überlebt
haben, wiedergutzumachen? Da ist Fehlanzeige bei Ih-
nen, und das ist nicht in Ordnung!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Stattdessen brandmarken Sie das Rentenrecht als „Ren-
tenstrafrecht“, weil es Privilegien für SED- und Stasi-
bonzen beschränkt. Was ist denn das für ein Weltbild,
das hinter Ihren Anträgen steht, meine Damen und Her-
ren?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der LINKEN)


Wir bleiben bei unserem Vorschlag zum Nachversi-
cherungsangebot. Wir glauben, dass eine Nachversiche-
rung auf freiwilligem Weg die richtige Lösung ist. Sie
bietet die Chance, nicht in das SGB VI übertragene oder
aus anderen Gründen ausgeschlossene Rentenansprüche
geltend zu machen. Ich wiederhole: Die Höhe der Bei-
tragsentrichtung ist an dem auszurichten, was zu DDR-
Zeiten zur Erlangung eines vergleichbaren Anspruchs
hätte aufgewendet werden müssen. Diese Lösung ver-
meidet Willkür und erreicht größtmögliche Gerechtig-
keit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Weil das auch in anderen Redebeiträgen betont
wurde, will ich zum Schluss sagen: Neben den heute hier
vorliegenden Fragen sehe ich auch die Angleichung des
Rentenrechts Ost an das Rentenrecht West als eine große
Herausforderung an. In dem Koalitionsvertrag ist dies
für diese Wahlperiode zugesichert. Deswegen machen
wir uns in diesem Jahr ernsthaft an die Arbeit.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wann kommt das?)


– Herr Strengmann-Kuhn, Sie wissen: Im letzten Jahr
waren wir sehr damit beschäftigt, Baustellen aus der rot-
grünen Ära abzubauen: durch die Jobcenterreform,
durch die Reform in Bezug auf die Hartz-IV-Regelsätze.
Das haben wir in dieser Woche abgeschlossen. Jetzt ge-
hen wir an neue Baustellen heran. Das werden wir tun,
und zwar gerne, und wir hoffen auf Ihre Mitarbeit.

Einstweilen bedanke ich mich für Ihre Aufmerksam-
keit. Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wieder falsche Versprechen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709303900

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gregor Gysi von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709304000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müs-

sen uns erst einmal darüber verständigen, worüber wir
hier reden und um welche Anträge es geht.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Richtig!)


Sie haben hinsichtlich der Flüchtlinge ja völlig recht.
Wir haben auch mit ihnen gesprochen. Sie wollen gerne,
dass alle drei Oppositionsfraktionen gemeinsam einen
Antrag für sie stellen, um nicht in irgendeiner Form ver-
einnahmt zu werden.

In Bezug auf die Verfolgten in der DDR haben Sie
auch recht. Wir haben aber immer weiter gehende An-
träge gestellt, als Sie je beschlossen haben – gerade für
die Verfolgten in der DDR. Das ist die Wahrheit, die Sie
nicht zur Kenntnis nehmen wollen.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Erst einsperren und dann von uns entschädigen lassen!)


Ferner versuchen Sie auf eine polemische Art und
Weise, gegen die Rentnerinnen und Rentner aus dem Os-





Dr. Gregor Gysi


(A) (C)



(D)(B)

ten zu polemisieren. Das können wir nicht im Geringsten
akzeptieren.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Falsche Sachbeschreibung, Herr Gysi! Ihre Klientel!)


Ich sage Ihnen: Es ist und bleibt ein Verhängnis, dass es
20 Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit noch
immer keine gleichen Renten für gleiche Lebensleistun-
gen in Ost und West gibt.

Natürlich brauchen wir eine Angleichung der Renten-
werte, werter Herr Rehberg, und zusätzlich eine Höher-
bewertung der Einkommen im Osten, solange für die-
selbe Arbeit in längerer Arbeitszeit weniger verdient
wird als im Westen. Das akzeptieren auch alle Menschen
in den alten Bundesländern.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Übrigen hat die Bild-Zeitung immer völlig un-
recht, wenn sie sagt, die gesetzliche Durchschnittsrente
im Osten liege höher als im Westen.

Erstens wird ein Ehepaar betrachtet und vergessen, zu
erwähnen, dass die meisten Frauen in der DDR berufstä-
tig waren, während viele Frauen in der alten Bundesre-
publik – gerade ältere – nicht berufstätig waren. Es
macht eben einen Unterschied, ob man zwei Renten oder
nur eine Rente hat.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Genau!)


Zweitens. Sie erwähnen nicht, dass es im Osten keine
Pensionen gibt. Ein Professor für Gerichtsmedizin be-
zieht im Westen immer eine Pension, im Osten aber eine
gesetzliche Rente. Natürlich ist sie höher als andere Ren-
ten. Deshalb ist der Vergleich des Durchschnitts völlig
absurd. Das passt überhaupt nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Es wird auch vergessen, zu erwähnen, dass alle Be-
triebsrenten im Osten gestrichen worden sind, während
es sie im Westen noch gibt. Außerdem gab es im Westen
Lebensversicherungen, mit denen man für das Alter ein
gewisses Vermögen ansparen kann. Solche Regelungen
gab es in der DDR gar nicht.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Woran liegt das denn? – Weiterer Zuruf von der FDP)


– Ja, natürlich. Bestreite ich, dass das ein Nachteil ist? –
Deshalb leben die Rentnerinnen und Rentner im Osten
alleine von gesetzlichen Renten. Das nehmen Sie bis
heute nicht zur Kenntnis.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Kolb, Sie haben ja gerade geredet, und ich muss Ih-
nen sagen: Ich muss Sie irgendwann einmal zum Essen
einladen, um Ihnen den Osten zu erklären. Sie haben
wirklich überhaupt keine Ahnung. Ich lade Sie großzü-
gig ein.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der FDP – Eckhardt Rehberg [CDU/ CSU]: Darauf verzichten wir alle! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Sie mit Ihren Kindermärchen haben die wenigste Ahnung vom Osten!)


Jetzt komme ich zu den einzelnen Anträgen.

Die Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen
in der DDR haben für ihre besonders schwere körperli-
che und psychische Belastung einen höheren Satz für
ihre Renten zuerkannt bekommen, weil ihr Verdienst
viel zu niedrig war. Warum erkennen Sie diesen Zusatz-
anspruch der Betroffenen bis heute nicht an? Es gibt
keine Erklärung dafür. Sie hatten einen höheren Renten-
spruch. Der ist aberkannt worden.

Die geschiedenen Frauen bekamen in der DDR kei-
nen Versorgungsausgleich. Die Bundesregierung erklärt
uns, man habe nach Lösungen gesucht und keine gefun-
den.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Nein! Sie haben zu wenig verdient! Das war Ihr Verdienst!)


Wir haben einen Antrag vorgelegt, der zwei Varianten
enthält, wie man diesen geschiedenen Frauen rechtlich
sauber entgegenkommen kann. Sie sagen dazu nur Nein.
Warum? Erklären Sie das den geschiedenen Frauen im
Osten!


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben einen Antrag zu den Balletttänzerinnen
und Balletttänzern vorgelegt. Sie bekamen eine berufs-
bezogene Zuwendung bei der Rente. Diese ist zum
1. Januar 1992 von Ihnen ersatzlos gestrichen worden.
Warum? Erklären Sie das den relativ wenigen Balletttän-
zerinnen und Balletttänzern!


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709304100

Herr Kollege Gysi, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Schaaf?


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709304200

Ja, bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709304300

Bitte schön.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1709304400

Herr Kollege Gysi, ich will Ihren Redefluss ungern

unterbrechen. Aber wenn Sie Personengruppen in der
DDR nennen und sagen: „Da brauchen wir eine Lö-
sung“, dann kann es durchaus sein, dass das auch Wech-
selwirkungen für den Westen hat. Was die Geschiedenen
angeht, gab es vor 1977 auch in der BRD keinen Versor-
gungsausgleich.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Warum hat denn die DDR keinen gehabt? – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Genauso ist es!)


Wenn Sie jetzt einen fiktiven Versorgungsausgleich für
Geschiedene in der DDR fordern, meinen Sie dann auch,
dass es einen fiktiven Versorgungsausgleich für Geschie-
dene in der BRD vor 1977 geben muss? Nur dann wäre
es gerecht. Alles andere wäre völlig ungerecht und ein-
seitig.





Anton Schaaf


(A) (C)



(D)(B)

Dazu müssten Sie sich bekennen und auch sagen, wer
den fiktiven Versorgungsausgleich bezahlen soll, den Sie
fordern. Vielleicht die Beitragszahlerinnen und Beitrags-
zahler, die damit nun wirklich nichts zu tun haben? Wer
soll das, was Sie fordern, bezahlen?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709304500

Hier kriegt man schon für die Frage Beifall. Ich

dachte, den gibt es für die Antwort.


(Heiterkeit bei der LINKEN)


Warten Sie doch ab! Ich wollte dazu noch Folgendes
sagen:

Erstens können wir uns darauf verständigen, dass es
auch für die entsprechenden Personengruppen aus den
alten Bundesländern einen Ausgleich geben muss. Heute
geht es um einen Antrag, der den Osten betrifft.

Zweitens soll das Vorhaben nicht aus Beiträgen, son-
dern aus Steuern finanziert werden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ach!)


– Ja, warten Sie ab. Wenn wir in Deutschland nur den
Steuerdurchschnitt der 15 alten EU-Mitgliedsländer er-
reichen würden, dann hätten wir jährlich Mehreinnah-
men von 120 Milliarden Euro. Davon wäre das alles
finanzierbar.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Die sind doch schon 20-mal ausgegeben!)


Jetzt komme ich zu einer weiteren Gruppe, nämlich
zu den 500 Bergleuten der Braunkohleveredlung in
Borna/Espenhain, die derartig schwere gesundheitliche
Belastungen hatten, dass sie einen Rentenanspruch wie
Bergleute unter Tage erwarben. Das ist von Ihnen ab-
erkannt worden. Warum? Erklären Sie das diesen
500 Menschen!


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Warum haben Sie das damals nicht geregelt, Herr Gysi?)


Wer in der DDR Angehörige pflegte und dafür Pfle-
gegeld erhielt, erwarb dafür Rentenanwartschaften.
Diese haben Sie bis zum 31. Dezember 1996 anerkannt.
Diejenigen, die danach in Rente gegangen sind, bekom-
men dafür nichts mehr. Erklären Sie jemandem, der im
Dezember 1996 in Rente gegangen ist, dass er anders als
derjenige, der im Januar 1997 in Rente gegangen ist, da-
für eine Rente bekommt! Das ist indiskutabel.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ungerecht!)


Davon sind, um zu einer weiteren Kritik zu kommen,
auch die Eltern von impfgeschädigten Kindern betroffen,
die ihre Kinder jahrelang gepflegt haben und Rentenan-
wartschaften erwarben, die Sie nicht mehr anerkennen,
und zwar im Unterschied zu Westdeutschen, bei denen
diese Zeiten anerkannt werden.
In der DDR gab es bis 1961 private Land- und Forst-
wirte. Es gab immer private Handwerker und andere
Selbstständige sowie deren mithelfende Familienange-
hörige. Sie unterlagen in der DDR nicht immer einer
Versicherungspflicht, erwarben aber auch in diesen Zei-
ten einen Rentenanspruch. Nach 1990 wurden die Zeiten
ihrer Selbstständigkeit weiterhin rentenwirksam aner-
kannt, und zwar wiederum bis zum 31. Dezember 1996.
Wer aber etwas jünger war und danach in Rente ging,
bekam für die Zeit als Selbstständiger oder als mithel-
fende Ehefrau keine Rente mehr zuerkannt.

Wozu gibt es eigentlich die FDP, wenn Sie sich nicht
einmal mehr um die privaten Handwerker und deren
Ehefrauen kümmern? Das alles muss die Linke machen,
weil Sie nicht einmal diese Art der Interessenvertretung
organisieren.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Keine Sorge! Das haben wir schon im Blick!)


Es gab Personen, die auf dem zweiten Bildungsweg
oder mit längeren Studiengängen verlängerte Ausbil-
dungszeiten hatten. Das galt auch für die Spitzensportler.
Diese verlängerten Ausbildungszeiten wurden renten-
wirksam anerkannt. Sie haben auch das anerkannt, wie-
derum bis zum 31. Dezember 1996. Wer danach in Rente
ging, bekam die verlängerten Ausbildungszeiten nicht
mehr anerkannt. Warum bestrafen Sie immer die Jünge-
ren? Ich kann das nicht nachvollziehen.

Ins Ausland mitgereiste Ehepartnerinnen und Ehe-
partner von dort Berufstätigen, die selbst nicht beruflich
tätig waren, erwarben dennoch Rentenansprüche. Auch
diese Ansprüche haben Sie für Personen anerkannt, die
bis zum 31. Dezember 1996 in Rente gingen. Denjeni-
gen, die danach in Rente gingen, haben Sie die Anerken-
nung versagt. Wieder eine Bestrafung der Jüngeren ohne
jede Erklärung.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das waren Genossen an der unsichtbaren Front!)


Dann gab es Versicherte in der DDR, die ihre Er-
werbstätigkeit unterbrachen, zum Beispiel wegen Kin-
dererziehung. Es handelt sich dabei überwiegend um
Hausfrauen und nur um ganz wenige Hausmänner. Diese
konnten in dieser Zeit „Marken kleben“. Deshalb erwar-
ben sie weiterhin Anwartschaften auf Rente. Das haben
Sie einfach gestrichen. Warum? Erklären Sie doch ein-
mal den Hausfrauen, die jahrelang „Marken geklebt“ ha-
ben, warum Sie ihnen diese Jahre nicht anerkennen und
das einfach gestrichen haben! Das ist nicht nachvollzieh-
bar. Das ist grob ungerecht. Die meisten Betroffenen er-
halten heute Grundsicherung.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Wer durfte denn Hausfrau sein?)


– Auch Sie haben wirklich keine Ahnung. Aber Sie lade
ich nicht zusätzlich zum Essen ein. Einer reicht mir.


(Heiterkeit bei der LINKEN)






Dr. Gregor Gysi


(A) (C)



(D)(B)

Kommen wir zum Versorgungsunrecht. In der DDR
gab es – damit haben Sie recht – Zusatzversorgungen für
wissenschaftliche, pädagogische, medizinische, techni-
sche und künstlerische Intelligenz sowie im öffentlichen
Dienst. Außerdem gab es Sonderversorgungssysteme für
sämtliche Sicherheitsorgane, Armee, Polizei, Staats-
sicherheit etc. Die hier erworbenen Ansprüche wurden
zu großen Teilen nicht mehr anerkannt. Warum richten
Sie nicht wenigstens ein befristetes Versorgungssystem
sui generis ein, das die Ansprüche aus der Zusatzversor-
gung der DDR wenigstens einigermaßen wahrt?

Für solche Personen, die einem Zusatz- oder Sonder-
versorgungssystem der DDR angehörten, werden die
Ansprüche bis zum 30. Juni 1995 nur unvollständig,
aber immerhin teilweise anerkannt. Wer allerdings da-
nach in Rente ging, bekommt aus diesem System gar
nichts mehr. Erklären Sie den Jüngeren, warum die einen
schlimmere Verbrecher sind als die anderen! Das können
Sie doch auch nicht erklären. Bloß weil jemand ein Jahr
jünger ist, bekommt er gar nichts mehr aus dem Sonder-
versorgungssystem, ganz abgesehen davon, dass es so-
wieso falsch ist, Biografien bei der Rente zu bewerten.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber weshalb versagen Sie diesem Personenkreis bis
heute den Vertrauensschutz?

Dann gab es Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn,
die eine spezielle Altersversorgung hatten. Diese galt
– das ist interessant – von 1856 bis 1945. Sie wurde
dann von den Sowjets ausgesetzt und 1956 wieder einge-
führt. Sie haben das bis 1996 anerkannt. Wer aber ab
1997 in Rente ging, dem wird das nicht mehr anerkannt.
Erklären Sie das den Reichsbahnerinnen und Reichsbah-
nern!


(Beifall bei der LINKEN)


Eine ähnliche Regelung gilt für die Angehörigen der
Deutschen Post. Dort haben Sie dieselbe Entscheidung
getroffen.

Dann gibt es Professorinnen und Professoren neuen
Rechts, Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Dienst so-
wie Beschäftigte in universitären und wissenschaftlichen
Einrichtungen. Sie erhalten wesentlich geringere Alters-
bezüge als ihre Kolleginnen und Kollegen in den alten
Bundesländern. Besonders benachteiligt sind diejenigen,
die zwischen 1995 und 2005 in Rente gingen. Die Ursa-
che sind verspätete Verbeamtung und Aufnahme in die
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. Warum
behandeln Sie diese Personen nicht nach dem seit 1990
geltenden Recht? Sie hätten sie von Anfang an in die Al-
tersvorsorge einbeziehen müssen.

Auch die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in
der DDR, die nach 1990 ihre Tätigkeiten im öffentlichen
Dienst fortsetzen konnten, die Sie also übernommen ha-
ben, sind in ihrer Altersversorgung schlechter gestellt,
weil auch bei ihnen die Verbeamtung und die Aufnahme
in die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
erst 1997 erfolgten. Weshalb verschließen Sie sich bis
heute einer Regelung, die die Beschäftigten des öffentli-
chen Dienstes schon ab 1990 vollständig in die schon da-
mals geltende Altersversorgung einbezieht?

Dann gibt es Angehörige der Bundeswehr, des Zolls
und der Polizei, die ihre Tätigkeit nach 1990 fortsetzten,
die Sie also übernommen haben. Diese sind gegenüber
ihren westdeutschen Kolleginnen und Kollegen eben-
falls schlechter gestellt, weil ihre in der DDR erworbe-
nen Anwartschaften nicht vollständig anerkannt und be-
rücksichtigt werden. Warum verweigern Sie hier die
Übernahme?

Des Weiteren gibt es keine einheitlichen Regelungen
für Angehörige der technischen Intelligenz. Lassen Sie
mich als Beispiel die Ingenieurinnen und Ingenieure
nennen, die zu DDR-Zeiten eine spezielle Zusatzversor-
gung hatten. Bis heute sind bestimmte Berufsabschlüsse
nicht anerkannt. Wenn der Betreffende Chemiker, die
Betreffende Physikerin oder der Betreffende Mathemati-
ker war, werden die Ansprüche nicht anerkannt. Wenn
die Betreffenden in landwirtschaftlichen Produktionsge-
nossenschaften, Produktionsgenossenschaften des Hand-
werks, beim Konsum oder bei der Interflug tätig waren,
bekommen sie keine Zusatzversorgung. Dann gibt es
eine Stichtagsregelung, die absurd ist. Danach muss die
Ingenieurin oder der Ingenieur bis zum 30. Juni 1990 in
einem volkseigenen Betrieb gearbeitet haben. Wenn der
Betrieb zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Volkseigentum
war, sondern schon umgewandelt war, bekommen die
Betreffenden keine Rente. Erklären Sie einer Ingenieurin
oder einem Ingenieur, weshalb sie oder er die Rente ver-
liert, bloß weil der Betrieb nicht mehr Volkseigentum
war, sondern sich in Privatbesitz befand. Das ist gera-
dezu absurd, selbst aus kapitalistischer Sicht, finde ich.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709304600

Herr Gysi, bedenken Sie: Ihre Redezeit ist abgelau-

fen.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709304700

Außerdem gibt es Personen mit herausgehobenen Po-

sitionen im Partei- und Staatsapparat. Sie wurden früher
nach der Einkommenshöhe beschnitten; jetzt werden sie
wegen ihrer Tätigkeit beschnitten. Ich sage noch einmal:
Strafrecht hat im Rentenrecht nichts zu suchen. Deshalb
muss das weg.

In Ihrem Koalitionsvertrag steht – damit schließe ich –:

Wir führen in dieser Legislaturperiode ein einheitli-
ches Rentensystem in Ost und West ein.

Wenn Sie das wirklich wollen, dann müssen Sie heute
allen Anträgen zustimmen. Eines sage ich Ihnen auch:
Es stimmt, in jeder Legislaturperiode kommen wir wie-
der mit diesen Anträgen. Es ist ein Glück, dass es die
Linke gibt, die diese Ungerechtigkeit immer wieder an-
spricht. Sie würden das nie auf die Tagesordnung setzen.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709304800

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wolfgang Streng-

mann-Kuhn von Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Herr Gysi, was Sie vernachlässigen, ist: Die DDR
gibt es nicht mehr.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


Das System, in das eingezahlt worden ist, war nicht die
gesetzliche Rentenversicherung, sondern das DDR-Ren-
tensystem.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Sie haben es vor den Baum fahren lassen!)


Dadurch wurden keine Ansprüche in der gesetzlichen
Rentenversicherung aufgebaut. Es ist in der Tat eine
große Leistung gewesen, trotzdem die DDR-Rente in
das Gesamtrentensystem zu überführen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


Dass dies gelungen ist, liegt an der Umlagefinanzierung.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das haben wir auch gesagt, dass das eine Leistung war!)


Nur durch sie war dies möglich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Insofern kann man nicht sagen, dass jegliche Zusatzver-
sorgung übernommen werden musste. Es war ein kom-
plett anderes System.

Es ist klar: Wenn man zwei Systeme zusammenführt,
dann gibt es immer einzelne Fälle, in denen sich Men-
schen benachteiligt fühlen oder tatsächlich benachteiligt
sind. Für die Betroffenen haben wir großes Verständnis.
Es ist aber falsch, den ganzen Prozess 20 Jahre später
von vorne zu beginnen und alles neu zu überlegen. Des-
wegen halten wir die Generalüberholung, wie Sie sie mit
Ihren 19 Anträgen vorschlagen, für falsch.

Wir meinen aber nicht, dass man alles beiseiteschie-
ben und dagegen stimmen sollte, wie das die Koalitions-
fraktionen machen. Wir wollen vielmehr genau hin-
schauen. Dabei müssen nach unserem Dafürhalten vor
allen Dingen zwei Kriterien erfüllt sein:

Erstens. Die Gruppen, bei denen etwas getan werden
muss, sind besonders benachteiligt worden.

Zweitens. Es muss gewährleistet werden – darauf hat
der Kollege Schaaf in seiner Zwischenfrage schon hin-
gewiesen –, dass keine weiteren Ungerechtigkeiten ent-
stehen, etwa in der Form, dass Ostrentner anders als
Westrentner behandelt werden. Das heißt, es muss sich
um eine Benachteiligung gegenüber Westrentnern han-
deln, die gegebenenfalls ausgeglichen werden muss.
Wenn man diese beiden Kriterien zugrunde legt, kom-
men wir zu dem Ergebnis, dass nur bei einer sehr kleinen
Anzahl von Gruppen Bedarf besteht, nachzujustieren.
Darüber hinaus mag es einzelne Härtefälle geben. Daher
finde ich den Vorschlag der SPD, einen Härtefallfonds
einzurichten, durchaus sympathisch. Ich bin auf den ent-
sprechenden Antrag gespannt. Gegebenenfalls kann man
ihm zustimmen. Man müsste sich die Kriterien, den Um-
fang und die Finanzierung genau anschauen. Dass ganze
Gruppen benachteiligt sind, ist häufig gar nicht unbe-
dingt der Fall. Diese Behauptung ist zu grob, und es wird
alles über einen Kamm geschoren.

Es gibt tatsächlich einige wenige Gruppen, bei denen
es Nachjustierbedarf gibt. Deswegen haben wir einen
Antrag zur Verbesserung der Versorgung Geschiedener
gestellt. Wir hoffen, dass dieser Antrag eine Chance hat,
angenommen zu werden. Grundlage dieses Antrags ist
nämlich ein Beschluss des Bundesrates, in dem die Grü-
nen bekanntlich nicht die Mehrheit haben. Der Bundes-
rat hat am 24. September letzten Jahres beschlossen
– ich zitiere –: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung
nachdrücklich, eine befriedigende Lösung für die im
Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 geschiedenen
Ehegatten herbeizuführen. – Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen von CDU/CSU und FDP, insbesondere die Ab-
geordneten aus Ostdeutschland, haben gleich die Mög-
lichkeit, mit dafür zu sorgen, dass auch der Bundestag
die Bundesregierung auffordert, eine Lösung herbeizu-
führen. Wir haben den Beschluss des Bundesrates ein-
fach kopiert und dabei lediglich das Wort „bitten“ durch
das Wort „auffordern“ ersetzt. Aber wir sagen wenigs-
tens, woher die Kopie kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wir es anmerken, ist es kein Plagiat!)


– Insofern ist das kein Plagiat, sondern wir haben das
korrekt zitiert.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ist denn eine Fußnote dabei?)


Um es Ihnen besonders leicht zu machen, haben wir so-
gar eine identische Begründung verwendet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfrak-
tionen, tun Sie es Ihren Landesregierungen nach und
stimmen Sie unserem Antrag zu!

Die Partei Die Linke beschäftigt sich wieder einmal
mit der Vergangenheit, nämlich mit der Situation von
vor 20 Jahren und mit dem, was damals bei der Renten-
überleitung vielleicht schiefgelaufen ist oder nicht. Des-
wegen möchte ich die restlichen anderthalb Minuten
meiner Redezeit nutzen, um nach vorne zu gucken.

Im Koalitionsvertrag steht, es solle ein einheitliches
Rentenrecht geben. Ich habe gerade durch einen Zwi-
schenruf nachgefragt, wann da endlich etwas passiert.
Sicherlich gibt es beim zuständigen Bundesministerium
eine Rentenabteilung; sie hat sich sicherlich nicht nur
mit Hartz IV befassen müssen.





Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn


(A) (C)



(D)(B)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber die Gesetze machen noch immer die Abgeordneten, oder?)


Aber bisher gibt es da noch keine Initiative. Wenn in die-
ser Legislaturperiode tatsächlich noch etwas passieren
soll, dann wird die Zeit dafür langsam knapp; denn die
Rentenversicherung braucht für eine solch umfangreiche
Reform Zeit, um das zu implementieren.

Wir finden, dass es über 20 Jahre nach der deutschen
Einheit endlich Zeit ist, dass der Rentenwert in beiden
Landesteilen identisch ist und die Rente identisch be-
rechnet wird. Das heißt, wir wollen ein einheitliches
Rentenrecht für Ost und West.

Wir wollen auch, dass in beiden Landesteilen der
gleiche Lohn zu einem gleichen Rentenanspruch führt.
Wir werden den Menschen in Ostdeutschland gerecht,
wenn wir sagen, ihr Lohn ist genauso viel wert wie im
Westen und nicht 20 Prozent weniger.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wenn die Löhne gleich hoch sind, dann ist es ja okay!)


– Herr Birkwald, zu Ihrem Zwischenruf. Ich finde nicht,
dass man alle Ungerechtigkeiten dieser Welt im Renten-
recht lösen muss. Wir müssen in Ost und West in der Tat
zu einer gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit kommen.
Natürlich brauchen wir einen flächendeckenden Min-
destlohn, der in Ost und West gleich hoch ist, um da eine
Untergrenze zu finden. So muss man an die Lösung ge-
hen.

Sie fordern ja auch nicht, dass Frauen für ihren Lohn
höhere Rentenansprüche bekommen sollen, weil Frauen
25 Prozent weniger verdienen als Männer. Dazu sagen
wir: Wir brauchen die gleiche Bezahlung von Männern
und Frauen und keine höheren Renten für Frauen wegen
geringerer Löhne.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Genau! Das fordern wir schon ewig!)


So muss man darangehen. Man darf nicht alles im Ren-
tenrecht regeln.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Stattdessen wollen wir eine Untergrenze, eine Garan-
tierente für Ost und West einführen. Jetzt sind die Ren-
ten im Osten höher. Wenn man jedoch alles zusammen-
zählt, sieht man: Die Einkommenssituation im Osten ist
jetzt schlechter als im Westen – anders als vor 20 Jahren,
als die Rentner im Osten die Gewinner der deutschen
Einheit waren. Mit einer solchen Garantierente schaffen
wir tatsächlich einen Schutzwall gegen künftige Alters-
armut, von der der Osten besonders betroffen sein wird.
Aber Altersarmut gibt es, wie gesagt, nicht nur im Osten.
Wir sollten viel mehr gesamtdeutsch denken, als das die
Linke in ihren Anträgen tut.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709304900

Das Wort hat der Kollege Peter Weiß von der CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1709305000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Man könnte geradezu das Lied „Alle Jahre wieder“ an-
stimmen – wenn es nicht noch zehn Monate bis Weih-
nachten wären –; denn alle Jahre wieder bekommen wir
ungefähr die gleichen Anträge vorgelegt, Anträge, über
die wir schon zigmal beraten haben,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Es wird Zeit, dass Sie sich bewegen! Dann brauchte man das nicht!)


zu denen wir mehrmals Fachexperten angehört haben
und die zu einem Großteil im Petitionsausschuss des
Deutschen Bundestages behandelt worden sind. Es ist
schon verwunderlich, dass das Urteil der Rentenexperten
zu den vorgelegten Anträgen offensichtlich von einer
Fraktion permanent nicht zur Kenntnis genommen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte Herrn Professor Ruland, immerhin Vorsit-
zender des Sozialbeirats, aus dem Jahr 2009 – damals
haben wir unsere letzte Anhörung zu diesem Thema
durchgeführt – zitieren. Er hat damals festgestellt: Es hat
zu der grundsätzlichen Regelung im Rentenüberleitungs-
gesetz keine Alternative gegeben.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Es gibt immer eine Alternative!)


Er führt dazu weiter aus: Bei der Rentenüberleitung
mussten ja in sehr kurzer Zeit sehr verschiedene Systeme
zusammengeführt werden. Das Problem lag darin, dass
es in der damaligen Situation außerordentlich schwer
war, einen Überblick darüber zu bekommen, welche Re-
gelungen galten und welche Sondersysteme existierten.
Man hat in dieser Zeit fast täglich neue Sondersysteme
entdeckt. Viele davon waren nicht einmal rechtlich kodi-
fiziert, dafür gab es kein Gesetz. Im Einigungsvertrag ist
die Schließung der Sonderversorgungssysteme bis zum
Dezember 1991 festgelegt worden. Eine Regelung, die
das rückgängig machte, stünde nicht in Übereinstim-
mung mit dem Einigungsvertrag.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Genau!)


Das ist das Problem.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit den Anträgen, die heute wieder zur Abstimmung
gestellt werden, wird folgender Fakt vernebelt: Die Ren-
tenüberleitung im Zuge der deutschen Einheit war, ist
und bleibt die größte sozialpolitische Solidarleistung der
Deutschen, die es je gegeben hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Peter Weiß (Emmendingen)



(A) (C)



(D)(B)

Hätten wir diese Rentenüberleitung nicht vorgenommen,
dann würde heute der größte Teil der Rentnerinnen und
Rentner im Osten Deutschlands in Armut leben. Das ist
die Wahrheit. Vor diesem Schicksal haben wir sie mit der
Rentenüberleitung bewahrt.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen
Blick in die Vergangenheit werfen:


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das hat Herr Rehberg schon gemacht!)


Gerade einmal 30 bis 40 Prozent des durchschnittlichen
Arbeitseinkommens wurden in der ehemaligen DDR als
Rente ausgezahlt. Wenn wir dieses System beibehalten
hätten, könnte die Mehrheit dieser Rentnerinnen und
Rentner nicht von dem Geld existieren. Sie würden in
Altersarmut leben.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Und eine Grundsicherung gab es nicht!)


Mit der Rentenüberleitung haben wir dafür gesorgt, dass
die Rentnerinnen und Rentner in der ehemaligen DDR
im ersten Jahr der Wiedervereinigung rund 35 Prozent
einer Westrente erhielten; das war schon wesentlich
mehr als das, was ihnen in der DDR ausgezahlt worden
wäre. Mittlerweile haben wir für die Rentnerinnen und
Rentner in den neuen Bundesländern ein Rentenniveau
in Höhe von 89 Prozent einer Westrente erreicht.

Die Rentenüberleitung hat für eine Sicherheit im Al-
ter gesorgt, die sich viele Rentnerinnen und Rentner so-
wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu DDR-Zei-
ten überhaupt nicht hätten vorstellen können. Es ist
deshalb gegenüber der großartigen Solidarleistung, die
im Wesentlichen von den Beitragszahlerinnen und Bei-
tragszahlern erbracht wird, ungerecht, dass die Linke
jetzt verschiedene Sondersysteme aus alten DDR-Zeiten
wieder öffnen will.

Ich persönlich verstehe, dass sich diejenigen Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer, denen in der ehemali-
gen DDR in Form eines Sondersystems eine Leistungs-
zusage gemacht worden ist, ungerecht behandelt fühlen,
weil sie aus diesem Sondersystem jetzt keine Leistung
erhalten. Aus Sicht dieser Menschen ist damit eine
Rechtsposition aufgegeben worden, die sie vermeintlich
hatten. Unser gesamtdeutsches Rentensystem kennt aber
aus guten Gründen keine Sonderregelungen. Unsere
Rente ist lohn- und beitragsbezogen, und das gilt für alle
Personengruppen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Damit ist unser Rentensystem ein Rentensystem, das
Gleiches gleich behandelt. Es ist insofern gerecht, weil
nicht danach unterschieden wird, in welchem Beruf ein
Arbeitnehmer beschäftigt war. Die Lohn- und Beitrags-
bezogenheit der Rentenversicherung ist die Grundlage
der Solidarität und der Gerechtigkeit in unserem gesamt-
deutschen Rentensystem.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Aber zwischen Ost und West ist es doch etwas Unterschiedliches! Das haben Sie nicht begriffen!)

In der Anhörung hat der Vertreter des Deutschen Ge-
werkschaftsbundes ausdrücklich auf einen Punkt hinge-
wiesen, der auch schon angesprochen worden ist. Die
Frage, ob ein Bürger der ehemaligen DDR die aus einem
Sonderversorgungssystem zugesagte Leistung je einge-
löst bekommen hätte, wird von den Linken klugerweise
gar nicht beantwortet. Es ist offenkundig, dass eine
bankrotte DDR den betreffenden Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern die zugesagten Leistungen nie und
nimmer als Rente hätte auszahlen können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sie müssen einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass es die DDR nicht mehr gibt! Darum geht Ihre Argumentation völlig an der Sache vorbei! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Warum haben Sie die gute DDR denn nicht verteidigt? – Gegenruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sie reden völlig an der Sache vorbei!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir, die Ko-
alition aus CDU/CSU und FDP, wollen ein gesamtdeut-
sches einheitliches Rentensystem. Im Gegensatz zu
dem, was der Kollege Gysi vorgetragen hat, ist zu sa-
gen: Wer ein einheitliches, gesamtdeutsches Rentensys-
tem will – dieses wird ja von allen Beitragszahlerinnen
und -zahlern akzeptiert, weil es gerecht ist –, der darf
Sonderversorgungssysteme und Sonderregelungen nicht
neu auflegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709305100

Das Wort hat jetzt der Kollege Ottmar Schreiner von

der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1709305200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

will zunächst als Vorbemerkung sagen, dass die Renten-
überleitung in den frühen 90er-Jahren, aus meiner Sicht
jedenfalls – ich war damals von sozialdemokratischer
Seite gemeinsam mit Regine Hildebrandt und Rudolf
Dreßler beteiligt –, einen herausragenden Beitrag zum
sozialen Frieden im vereinigten Deutschland geleistet
hat.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Das kann man sagen, wohl wissend, dass es in der Folge
zu einer Reihe von Härtefällen und einer Reihe von Wi-
dersprüchen gekommen ist, die zum allergrößten Teil an-
gesichts der enormen Komplexität des Themas und an-
gesichts der Eile, in der das Thema damals
parlamentarisch abgearbeitet werden musste, nicht ver-
meidbar waren.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Herr Schreiner, Sie haben damals auch manchmal Ottmar Schreiner bei Herrn Seehofer nachgefragt: „Muss das so sein?“!)





(A) (C)


(D)(B)


– Bitte? Ich habe nicht ganz verstanden, was Sie gesagt
haben.


(Anette Kramme [SPD]: Sie soll eine Frage stellen!)


Wollen Sie eine Frage stellen? Das geht ja schon früh
los.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709305300

Die Zwischenfrage ist bereits genehmigt.


Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709305400

Herr Schreiner, ich habe eine sehr hohe Achtung vor

Ihnen, weil ich weiß, dass Sie damals, als im Deutschen
Bundestag in Bonn über die Rentenüberleitung beraten
wurde – ich habe dabei in der hinteren Reihe gesessen –,
a
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1709305500
Herr Seehofer, wie war das in
der DDR? Muss man heute diese Regelung so fällen? –
Da hat Herr Seehofer häufig gesagt: Nein, man muss das
nicht so machen; das ist Ihre politische Entscheidung. Es
waren dann nicht Sie, sondern andere, die gesagt haben:
Nein, das muss man so machen, weil das Privilegien des
Ostens waren. Dieses Argument kam vor allen Dingen
von der CDU- und FDP-Seite. Können Sie bestätigen,
dass es damals so war,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Lassen Sie sich nicht vereinnahmen! – Maria Michalk [CDU/ CSU]: Lassen Sie sich nicht vereinnahmen! Sie waren viele Jahre an der Regierung!)


dass Sie dies hinterfragt haben und auch nicht mit allem
einverstanden waren?


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1709305600

Nein. Ich habe eben ganz bewusst gesagt, dass das

Thema damals eine ganze Menge Konfliktstoff in sich
barg. Dieser besteht zum Teil, wie man an der heutigen
Debatte sieht, bis in die Gegenwart. Das ist angesichts
der enormen Komplexität und des hohen Schwierigkeits-
grads, zwei in Teilen sehr unterschiedliche Rentensys-
teme zusammenzubringen, auch nicht verwunderlich.
Das geschah übrigens in der Regel auf der Basis der
westdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung, ob-
wohl auch einige von uns der Meinung waren, man
müsse einige damals im DDR-Rentensystem vorhandene
Ansätze, die durchaus mit dem westdeutschen System
zusammenführbar gewesen wären, stärker berücksichti-
gen. Das gilt insbesondere für die Verankerung von Min-
destrenten im System; das ist nicht in dem Maße erfolgt,
wie wir uns das vorgestellt hatten. Das ist ein Beispiel;
ich könnte Ihnen eine Fülle von weiteren Beispielen nen-
nen.

All das hält mich nicht davon ab, in der Gesamtbe-
wertung zu sagen: Die Zusammenführung der Systeme
auf der Grundlage der gesetzlichen Rentenversicherung
stellt einen großartigen Beitrag zur Wahrung des sozia-
len Friedens im gemeinsamen Deutschland dar, zumal
wir Anfang der 90er-Jahre große Probleme auf dem ost-
deutschen Arbeitsmarkt mit denkbar unkalkulierbaren
Folgen hatten. Insofern war die Rentenversicherung ein
Stabilisierungsfaktor. Das sollte sie auch zukünftig blei-
ben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man sich die Anträge der Linkspartei anschaut,
so stellt man fest: Diese sind seit geraumer Zeit, auch
wenn es kleine Korrekturen gibt, im Wesentlichen un-
verändert. Ich habe mir das Protokoll der Anhörung vom
30. April 2009 durchgelesen. Diese ist jetzt knapp zwei
Jahre her. Auf diese umfängliche Anhörung des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales komme ich gleich zu-
rück.

Zunächst einmal möchte ich aber sagen, worum es
geht, weil diese Debatte für viele außerhalb des Parla-
ments völlig unverständlich ist. Es geht im Kern um die
Probleme, die bei der Überführung der sogenannten Zu-
satz- und Sonderversorgungssysteme der ehemaligen
DDR in die gesetzliche Rentenversicherung entstanden
sind. Nach meinen Zahlen gab es in der ehemaligen
DDR etwa 61 dieser Zusatz- und Sonderversorgungssys-
teme, die teilweise außerordentlich unterschiedlich aus-
gestaltet waren. Es gab Systeme mit einer Beitrags-
pflicht, und es gab Systeme ohne Beitragspflicht. Es
bestand also eine extrem unübersichtliche Situation, was
die Gesamtheit dieser Zusatz- und Sonderversorgungs-
systeme anbelangte.

Daraus mussten sich Probleme ergeben, weil natür-
lich Kernelemente der gesetzlichen Rentenversiche-
rung, in die diese Sondersysteme überführt worden sind,
zu beachten waren. Darunter fielen die starke Beitrags-
abhängigkeit der Leistungen und die Begrenzung der
Anwartschaften entsprechend der Beitragsbemessungs-
grenze. Es war völlig klar, dass Besonderheiten der sozi-
alrechtlichen Absicherung in der DDR nicht in dem
Maße berücksichtigt werden konnten, wie das für einige
Beteiligte wünschenswert gewesen wäre. Ebenso war
klar, dass es sozialpolitisch nicht in jedem Fall unbe-
denklich war, so zu handeln, weil damals die DDR-Bür-
ger wesentliche Entscheidungen in ihrem privaten und
beruflichen Leben mit Blick auf rentenrechtliche Rah-
menbedingungen getroffen hatten. Eine Reihe von soge-
nannten Härten wurde in der Folge durch die Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts ausgeglichen. Ich
sage hier in aller Klarheit für die SPD: Falls dennoch in
einzelnen Bereichen Unterversorgung aufgrund der da-
maligen Maßnahmen besteht, sind wir gerne bereit, den
Handlungsbedarf zu prüfen und die Probleme sehr
schnell abzuarbeiten.


(Beifall bei der SPD)


Was bei der Anhörung aufgefallen ist, ist Folgendes:
Es ist von den Vertretern der Linkspartei gesagt worden,
die Sachverständigen, die sich damals gegen die Vor-
schläge der Linkspartei ausgesprochen haben, seien die
Sachverständigen der anderen Fraktionen. Da machen
Sie es sich viel zu einfach. Der Deutsche Gewerkschafts-
bund, die Sozialverbände und die Deutsche Rentenversi-





Ottmar Schreiner


(C)



(D)(B)

cherung sind keine Organisationen von irgendwelchen
Fraktionen in diesem Haus. Das sind unabhängige Orga-
nisationen, die sich eine Einflussnahme strikt verbitten
würden.

Ich habe mir die Mühe gemacht, mir die schriftlichen
Erklärungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes und
der Sozialverbände, in Sonderheit die des Sozialver-
bands Deutschland e. V., entlang dieser Anhörung etwas
genauer anzuschauen. Sie werden so gut wie keinen ein-
zigen Vorschlag der Linkspartei finden, der von diesen
Verbänden nicht deutlich kritisiert worden ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


Es ist bedauerlich, dass die Linkspartei letztlich keinen
der Kritikpunkte, die von den Gewerkschaften und den
Sozialverbänden angesprochen worden sind, aufgenom-
men hat und in veränderte Vorschläge einfließen ließ.

Ich will einmal versuchen, das am Beispiel von zwei
Bereichen deutlich zu machen. Der erste Bereich – er
wurde bereits vom Kollegen Gysi angesprochen – be-
trifft die Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwe-
sen der ehemaligen DDR, die besonders schlecht bezahlt
worden sind. Offenkundig war es als eine Entschädigung
für die sehr schlechten Löhne gedacht, für diese Be-
schäftigten im DDR-Rentenrecht einen Steigerungsfak-
tor von 1,5 einzuführen. Jedweder Steigerungsfaktor war
dem westdeutschen Rentenrecht völlig fremd.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: In der Knappschaft! – Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Bei der Knappschaft gibt es das auch!)


– Bei der Knappschaft gibt es andere Regelungen; aber
es gibt keine Steigerungsfaktoren, die generell in der ge-
setzlichen Rentenversicherung wirken. Das bundesdeut-
sche Recht kennt diese Steigerungsbeträge nicht.

Ein anderes Problem betrifft die Frage, ob die niedri-
gen Löhne im Gesundheitsbereich der ehemaligen DDR
heute rentenrechtlich noch korrigierbar sind und korri-
giert werden sollten. Wenn man das macht, Kollege
Gysi, dann muss man konsequenterweise hinzufügen,
dass es damals auch in Westdeutschland Niedriglohnsek-
toren gab, wenn auch nicht in dem Ausmaße wie heute.
Man müsste also auch für diese Bereiche im Nachhinein
eine spürbare Verbesserung bewerkstelligen, weil man
sich ansonsten dem berechtigten Vorwurf aussetzte: Für
die einen tut ihr was, und die anderen lasst ihr links,
rechts oder sonst wo liegen. – Das ist politisch nicht
durchzuhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das zweite Beispiel, das ich im Zusammenhang mit
Ihren Anträgen nennen will, bezieht sich auf die Beseiti-
gung von Rentennachteilen für Zeiten der Pflege von Fa-
milienangehörigen in der ehemaligen DDR. Das ist für
mich ein besonders beeindruckendes Beispiel, weil ich
immer zu denen gehört habe, die der Meinung waren,
dass wir notwendige Pflegezeiten entsprechend honorie-
ren müssen. Es gibt auch aktuell eine Debatte darüber,
das verstärkt zu tun; das ist nichts Neues. Nur muss man
dann natürlich konsequenterweise dazusagen, dass wir
im bundesdeutschen Recht 1992 zum ersten Mal eine
Anrechnung von Pflegezeiten hatten und dass die von
Ihnen begehrte Anerkennung auf Zeiten fällt, in denen
westdeutsche Versicherte, die notwendige Pflegedienste
leisteten, keinerlei rentenrechtliche Ansprüche erwer-
ben konnten. Wenn man diese Zeiten anerkennen würde,
müsste man es für alle machen. Es macht keinen Sinn,
eine isolierte Ostregelung zu forcieren, weil das in wei-
ten Teilen des Westens auf großes Unverständnis stoßen
würde.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709305700

Herr Kollege Schreiner, der Herr Kollege Gysi würde

Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1709305800

Das abzulehnen, wäre jetzt wirklich merkwürdig. –

Bitte.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709305900

Herr Schreiner, es geht doch um folgendes Problem:

Den Krankenschwestern etc. in der DDR war das doch
versprochen worden,


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Warum denn?)


weil sie zu geringe Löhne bekamen. – Moment! Das
habe ich doch gesagt. – Deshalb war ihnen bei der Rente
ein Erhöhungsfaktor versprochen worden. Das war et-
was, worauf sie sich bei der Arbeit verlassen hatten.
Aber dann streichen Sie den Erhöhungsfaktor und sagen,
dass das westdeutsche Recht dies nicht kenne. So be-
kommt man doch keine Vereinigung hin. Auch bei der
Pflege hatten sie sich darauf verlassen, dass diese Zeiten
als Rentenanwartschaftsjahre gelten. Aber dann sind sie
einfach gestrichen worden. Verstehen Sie? Da ist doch
Vertrauen verloren gegangen. Diese Menschen sagen:
Ich habe immer gearbeitet, und das war mir zugesichert.
Dann kommt die deutsche Einheit, und dann wird dieser
Faktor gestrichen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die DDR hat sich verflüchtigt! Ihr habt euch davongemacht! Ihr habt die Kasse mitgenommen!)



Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1709306000

Kollege Gysi, wir sind im Kern in dieser Frage nicht

so furchtbar weit auseinander. Wir sind in der Frage aus-
einander, ob dieser Stabilisierungsfaktor, der nur im
DDR-Recht galt und vermutlich auch nur für ganz we-
nige Bereiche – mir ist nicht klar, ob dies außerhalb des
Gesundheitswesens noch für irgendeinen anderen Sektor
galt –, der Logik nach in die Konstruktion der gesetzli-
chen Rentenversicherung mit Beitrags- und Lohnbezo-
genheit, mit Beitragsbemessungsgrenze usw. hineinpasst.
Es bleibt aber das Kernproblem einer rentenrechtlichen
Besserstellung von Leuten im Osten wie im Westen,


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Nein, das wollen wir nicht!)


(A)






Ottmar Schreiner


(A) (C)



(D)(B)

die in schlecht bezahlten Niedriglohnsektoren gearbeitet
haben, und Lösungsversuche stoßen bei der SPD auf
ausgesprochen große Sympathien.


(Beifall bei der SPD)


Ich will dazu einen Kollegen der CDU zitieren, und
zwar den Kollegen Karl-Josef Laumann. Er ist inzwi-
schen Fraktionsvorsitzender der CDU im nordrhein-
westfälischen Landtag und gleichzeitig Chef der Christ-
lich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. Ich schätze
den Kollegen Laumann sehr. Er hat vor kurzer Zeit die
Einführung der Rente nach Mindesteinkommen gefordert.
Er sagte, ein Durchschnittsverdiener müsse 27 Jahre in
die Rentenkasse einzahlen, um die Grundsicherung zu
bekommen.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


Das sei nicht leistungsgerecht. Wer Jahrzehnte einge-
zahlt habe, müsse mehr bekommen als jemand, der nie
Beiträge überwiesen habe. Dazu kann ich nur sagen:
Bravo! Das ist völlig richtig. – Der Grundsatz „Leistung
muss sich lohnen“ ist doch das Mantra, das die FDP pau-
senlos vor sich herträgt. Der Grundsatz „Arbeit muss
sich lohnen“ muss für Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer und auch später bei der Rente gelten. Das ist
doch völlig unbestritten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bekämpfung drohender Altersarmut, und zwar
nicht erst die im Jahr 2030 drohende Altersarmut, ist
– über die 19 Anträge der Linkspartei hinaus – die ei-
gentliche Herausforderung. Ich zitiere aus Welt Online
von gestern Morgen:

Altersarmut wächst in Berlin rapide.
In Berlin leben immer mehr ältere Menschen, und
die Älteren werden immer ärmer. Im Jahr 2009 wa-
ren in der gesamten Stadt mehr als 57 500 Men-
schen darauf angewiesen, zusätzlich zu ihrer Rente
eine Leistung der Sozialhilfe vom Staat zu bekom-
men.

Die Rentenarmut wächst rapide. Das ist mit Ergebnis ei-
ner Politik, die den Niedriglohnsektor – prekäre Be-
schäftigungsverhältnisse – systematisch ausgeweitet hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Durch Ihre Politik in Berlin!)


– Es mag sein, dass auch wir da beteiligt waren.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Agenda 2010!)


Ich sage Ihnen nur: Wer erkannt hat, dass das ein Fehler
war, und ihn korrigieren will, ist mir tausendmal lieber
als Leute, die mit dem Kopf durch die Wand wollen, wie
Sie, Herr Kolb.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sage Ihnen nochmals: Der beste Beitrag zur Be-
kämpfung drohender Altersarmut ist es, Menschen für
anständige Arbeit anständig zu entlohnen. Das gilt für
Ostdeutschland, aber auch für Westdeutschland. Wir
wissen aus den Zahlen, die wir haben, dass in absehbarer
Zeit 30 bis 40 Prozent der Männer in Ostdeutschland
eine Rente unterhalb der Grundsicherung erwartet. Bei
den Frauen sind die Zahlen noch deutlich höher. Wir
kennen Zahlen aus Westdeutschland, nach denen sich die
Situation dort nicht ganz so dramatisch darstellt, wir es
aber auch dort mit wachsender Altersarmut zu tun be-
kommen.

Es ist kein Leben in Würde, wenn Menschen, die
jahre- und jahrzehntelang in die Rentenversicherung ein-
gezahlt haben, im Alter von der Sozialhilfe leben müs-
sen. Deshalb besteht hier dringender Reformbedarf, weit
über die 19 Einzelpositionen aus den Anträgen der Lin-
ken hinaus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir von der SPD haben uns vor einiger Zeit dazu ent-
schieden, eine Kommission mit dem vorrangigen Ziel
einzusetzen, Vorschläge für die Bekämpfung der drohen-
den Altersarmut zu entwickeln.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das tut die Regierung auch!)


Bei der einen oder anderen Frage werden die Probleme,
die von der Linken dargestellt worden sind, mit aufge-
griffen; das liegt auf der Hand.

Lassen Sie mich zum Abschluss eine Bemerkung zu
einem Thema machen, das in keinem unmittelbaren Zu-
sammenhang zu dem steht, worüber wir heute beraten.
Gleichwohl bin ich der Meinung, dass dieses Thema für
alle Mitglieder des Hohen Hauses beschämend ist. Es
geht um die Art und Weise, wie wir in den letzten Jahren
und Jahrzehnten rentenpolitisch mit ehemaligen DDR-
Flüchtlingen umgegangen sind. Das ist wahrlich kein
Ruhmesblatt der deutschen Rentenpolitik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hier geht es zu erheblichen Teilen um Menschen, die bei
Gefahr für Leib und Leben die damalige DDR verlassen
haben. Es waren Menschen, die teilweise mit erhebli-
chen Repressalien fertigwerden mussten und sich ent-
schieden hatten, das Land zu verlassen. Die ehemaligen
DDR-Flüchtlinge sind durch die Überleitungsgesetzge-
bung Anfang der 90er-Jahre deutlich schlechter gestellt
worden. Vorher sind sie nach dem sogenannten Fremd-
rentengesetz behandelt worden und hatten sich – ähnlich
wie andere aus der ehemaligen DDR – auf den Fortbe-
stand dieser Regelung zu ihren Renten verlassen. Da
sind sie bitter enttäuscht worden. Teilweise mussten sie
mit Einkommensminderungen von mehreren Hundert
Euro rechnen. Ich glaube, es stünde dem ganzen Haus
gut an, bei dieser Frage alsbald zu einer vernünftigen
Lösung zu kommen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.





Ottmar Schreiner


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709306100

Das Wort hat der Kollege Pascal Kober von der FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1709306200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Gysi, Sie haben Ihre Redezeit bedauerli-
cherweise nicht dafür genutzt, uns deutlich zu machen,
worin sich die Anträge in diesem Jahr von den Anträgen
vor zwei Jahren unterscheiden.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Lesen Sie sie mal!)


Insofern können Sie in der Tat nicht damit rechnen, dass
Ihre Anträge, die die gleichen wie vor zwei Jahren sind


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Es sind zumindest zwei mehr!)


und damals von der großen Mehrheit des Hauses abge-
lehnt wurden, jetzt von der Mehrheit dieses Hauses an-
genommen werden.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dazwischen war eine Bundestagswahl!)


Für uns gilt in der Tat: Leistung muss sich lohnen. Das,
was Sie vorgelegt haben, ist aber keine parlamentarische
Leistung. Deshalb wird die große Mehrheit dieses Hau-
ses Ihre Anträge auch in diesem Jahr ablehnen.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Was wissen Sie, was Leistung ist!)


Zweiter Punkt. Herr Gysi, Sie wollten in Ihrer Rede,
soweit ich ihr folgen konnte,


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


an vielen Einzelbeispielen deutlich machen, warum die
Überleitung der Renten, so wie sie geschehen ist, unge-
recht sein soll. Die meisten Beispiele bezogen sich auf
die Frage von Fristen und Stichtagen. Nun ist es aber
Wesen des Gesetzgebungsprozesses, dass wir mit Stich-
tagen und Fristen arbeiten müssen. Es gäbe keine Wei-
terentwicklung des Rechts, wenn wir nicht Stichtage und
Fristen setzen und diese dann auch anerkennen würden.
Wenn wir dies nicht täten, würde nämlich immer altes
Recht gelten und neues Recht nicht möglich sein.

Sie haben in Ihrer Rede versucht, die grundsätzlich
richtige Entscheidung zur Rentenüberleitung anhand ei-
ner Fülle von Einzelbeispielen zu kritisieren.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Grundsätzlich richtig!)


Sie versuchen nach wie vor, das Vertrauen in diese
grundsätzliche Entscheidung zu erschüttern. Ich möchte
dazu etwas Grundsätzliches sagen. Die Redner haben in
dieser Debatte, aber auch schon in den vergangenen Jah-
ren immer wieder darauf hingewiesen: Man muss fest-
stellen, dass es eine Herkulesaufgabe und eine Meister-
leistung gesetzgeberischer, aber auch finanzieller Art
war, zwei ganz unterschiedliche Rentensysteme zusam-
menzuführen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass die Grundsatzentscheidung, das DDR-Rentensys-
tem in das bundesdeutsche Rentenversicherungssystem
zu überführen, richtig war, bestreitet niemand. Auch na-
tionale und internationale Gerichte bestätigen seit Jah-
ren, dass die Grundsatzentscheidung, im wiedervereinig-
ten Deutschland ein einheitliches und gemeinsames
beitrags- und lohnbezogenes Rentenrecht einzuführen,
richtig war.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Die Alternative wäre gewesen, dass bestimmte Ein-
zelregelungen des DDR-Rechts in das Sozialgesetz-
buch VI hätten übertragen werden müssen, obwohl dies
in vielen Fällen nicht passt und den Grundsätzen des
Sozialgesetzbuchs VI widerspricht. Durch eine solche
Übertragung von Einzelregelungen des DDR-Rentensys-
tems in das bundesdeutsche Rentenrecht wäre es im
Übrigen zu neuen Ungerechtigkeiten gekommen. Bei ei-
nem so komplexen Projekt wie der Überführung zweier
so komplexer Systeme zu einem gemeinsamen System
Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, ist unmöglich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


Wir müssen selbstverständlich auch beachten, dass die
Umsetzung dessen, was in manchen Anträgen gefordert
wird, bedeuten würde, dass wir Privilegien einzelner Be-
rufsgruppen in der DDR gegenüber anderen Berufsgrup-
pen in der DDR in unser heutiges gesamtdeutsches Ren-
tenrecht übernähmen.

Wir sollten festhalten: Die Integration des Rentensys-
tems der DDR in das Rentensystem der Bundesrepublik
ist wahrlich eine große Leistung. Dadurch ist dafür ge-
sorgt, dass Millionen von Menschen im Alter einen Le-
bensstandard haben, der ihnen durch das DDR-Renten-
system nicht gewährt worden wäre.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unbestritten gehören die Rentnerinnen und Rentner der
ehemaligen DDR in ihrer Gesamtheit zu der Gruppe, die
finanziell gesehen am meisten von der Einheit profitiert
hat.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Schon zweieinhalb Jahre nach der deutschen Einheit
hatte sich der Wert der Rentenzahlungen für das Gebiet
der ehemaligen DDR mehr als verdreifacht. Das ver-
deutlicht die große Leistung, die damals insgesamt er-
bracht worden ist. Ohne die Überleitung der Renten wür-
den die Rentnerinnen und Rentner im Osten der
Republik heute fast alle in Armut leben.





Pascal Kober


(A) (C)



(D)(B)

Trotzdem sehen wir als FDP durchaus Handlungsbe-
darf. Die FDP tritt dafür ein – Herr Kolb hat es schon
ausgeführt –, dass wir den Menschen über eine günstige
Nachversicherungslösung auf freiwilliger Basis eine
Perspektive geben, um manche individuellen Härten ab-
zumildern.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Wovon sollen die sich denn nachversichern?)


Vorredner heute und in vergangenen Debatten zu diesem
Thema haben stets betont, wie schwierig eine gerechte
Lösung ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


Im Koalitionsvertrag haben FDP und CDU/CSU festge-
halten, dass wir das Rentensystem von Ost und West
vereinheitlichen werden. Persönlich habe ich die Hoff-
nung, dass wir im Zuge dieses Verfahrens zahlreiche
Einzelfragen der Rentenüberleitung erneut behandeln
und abschließend beantworten können.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Wir können bei diesem Thema keine Einzelfallge-
rechtigkeit schaffen, auch wenn das wünschenswert
wäre. Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der Linken,
machen es sich bei diesem Thema wieder einmal viel zu
einfach. Die Lösung des Problems liegt für Sie darin,
einfach allen Forderungen einzelner Berufsgruppen pau-
schal und vollkommen nachzugeben. Dies kann aber
wieder zu neuen Ungerechtigkeiten zwischen den ver-
schiedenen DDR-Erwerbsbiografien und den daraus re-
sultierenden Rentenansprüchen führen. Wir dürfen nicht
versuchen, Einzelfallgerechtigkeit herzustellen; denn
das würde zu neuen Ungerechtigkeiten führen.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Quatsch!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei, man
sollte bei diesem Thema vielleicht auch darüber nach-
denken, dass heutzutage viele Menschen aus der ehema-
ligen DDR eine geringere Rente erhalten, weil ihnen aus
politischen Gründen durch das System der DDR eine
bessere Ausbildung oder bessere Berufschancen unter-
sagt oder vorenthalten wurden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Guter Aspekt!)


Das muss man in diesem Zusammenhang ansprechen,
auch wenn wir die Ungerechtigkeit des DDR-Systems
nicht durch unser Rentenrecht im Nachhinein rückgän-
gig machen können. Ich persönlich finde das schmerz-
lich, kann an dieser Stelle aber nur in Erinnerung rufen,
wo die Zuständigkeiten für dieses Unrecht liegen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709306300

Das Wort hat die Kollegin Monika Lazar vom Bünd-

nis 90/Die Grünen.

Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709306400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion gerieren
sich heute wieder einmal als Rächer der Enterbten und
tun so, als ob sie die Einzigen wären, die sich um die
Rentnerinnen und Rentner im Osten kümmern.


(Zurufe von der LINKEN: Machen wir doch auch! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Stimmen Sie zu! Dann sind Sie dabei!)


Vergessen wird, wie die Lage der Rentnerinnen und Rent-
ner in der DDR war. Zu Beginn der Debatte wurden schon
einige Zahlen genannt; ich möchte noch einige nennen.
Anfang der 60er-Jahre lag das Rentenniveau bei etwa
27 Prozent des Bruttoarbeitseinkommens. Von 1972 bis
zum Ende des Jahrzehnts stieg die Mindestrente von
160 Mark auf 270 Mark. 1989 beschloss die SED, den
Mindestsatz von 300 Mark auf 330 Mark anzuheben. Im
Juni 1990 betrug die durchschnittliche Ostrente 475 DDR-
Mark. Vier Jahre später lag sie bei 1 200 D-Mark.


(Zuruf von der CDU/CSU: Durchschnittlich!)


– Durchschnittlich.

Es ist beschämend, wie die Menschen in der DDR be-
handelt wurden. Zahlreiche Rentnerinnen und Rentner
waren aufgrund des geringen Rentenniveaus gezwun-
gen, nach Eintritt in das Rentenalter weiter zu arbeiten.
Man sollte sich genauso vor Augen halten, unter wel-
chen Bedingungen die Menschen gelebt und gearbeitet
haben.

Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Linken, haben
zum Beispiel auch einen Antrag für die Bergleute aus
der Braunkohleveredelung eingebracht. Ich komme aus
dem Süden von Leipzig, einer Landschaft, die früher
– auch jetzt noch – stark von der Braunkohleindustrie
geprägt war. Ich weiß, wie die Lebensbedingungen und
Arbeitsbedingungen der Menschen dort waren. Es wurde
in den Betrieben keinerlei Rücksicht auf die Menschen
genommen.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist das Schlimme!)


Deshalb können Sie sich doch jetzt hier nicht als Retter
darstellen.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Quatsch!)


Die SED war doch damals dafür zuständig.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Betriebe wurden bankrottgefahren, und jetzt stellen
Sie sich so hin, als seien Sie überhaupt nicht schuldig.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Die DDR gibt es gar nicht mehr!)


– Die DDR existiert zum Glück nicht mehr.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das müssen Sie sich einmal merken, dass sie nicht mehr existiert! Unsinn, niveaulos!)






Monika Lazar


(A) (C)



(D)(B)

Nach der Ablehnung Ihrer Anträge im Jahr 2009 ha-
ben Sie im Bundestagswahlkampf ein Flugblatt ge-
macht.


(Zuruf von der LINKEN: Das machen wir wieder!)


Die Kolleginnen und Kollegen der ostdeutschen Länder
können sich sicherlich gut daran erinnern. Ich habe die
sächsische Version davon mitgebracht.


(Michael Leutert [DIE LINKE]: Super! Das machen wir wieder!)


– Bitte nicht vorher lachen. – Wissen Sie, Kolleginnen
und Kollegen von der Linken, wer genauso gestimmt hat
wie Sie? Henry Nitzsche, ehemaliger Rechtsausleger der
CDU, später fraktionsloser Abgeordneter im Deutschen
Bundestag und jetzt im nationalkonservativen Lager in
Sachsen unterwegs. Sind das wirklich Ihre Mitstreiter?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Was können die Rentner dafür? – Weitere Zurufe von der LINKEN)


– Wir sehen das Problem durchaus differenziert. Mein
Kollege hat schon gesagt, dass wir bei einigen in den
Anträgen angesprochenen Punkten durchaus Verände-
rungsbedarf sehen.

Die DDR-Geschiedenen sind bereits angesprochen
worden. Ihr Verein ist sehr aktiv, und ich persönlich habe
auch sehr gute Kontakte und unterstütze ihn. Die DDR-
Geschiedenen haben – das richtet sich an die Kollegin-
nen und Kollegen von den Regierungsfraktionen – übri-
gens auch Beistand von europäischer Ebene bekommen.
Sie klagen jetzt beim Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte, und auch der CEDAW-Ausschuss, also
der UN-Überprüfungsausschuss zur Bewertung der Dis-
kriminierung der Frauen, will sich der Sache annehmen.
Wir hatten schon in der letzten Wahlperiode einen An-
trag dazu eingebracht. Heute steht ein Antrag zur Ab-
stimmung, der – mein Kollege hat das schon angedeutet –
vom Bundesrat übernommen wurde. Wir würden uns
wirklich sehr freuen, wenn insbesondere für diese
Gruppe Abhilfe geschaffen wird. Es gibt eine Rege-
lungslücke, und wir müssen einer größeren Gruppe Be-
troffener gerecht werden und sollten nicht erst auf die
europäische Rechtsprechung warten.

Eine langfristige Lösung ist, wie viele Rednerinnen
und Redner zu Recht schon gesagt haben, mit den Anträ-
gen der Linksfraktion natürlich nicht zu erreichen. Wir
müssen uns gemeinsam mit allen Fraktionen bemühen,
endlich ein einheitliches Rentensystem zu schaffen.
Viele Bundesregierungen in der Vergangenheit haben
sich das schon vorgenommen. Bisher ist es leider nicht
geglückt. Wir sind sehr gespannt, was die aktuelle Bun-
desregierung vorlegen wird. Vielleicht schaffen wir es ja
in dieser Wahlperiode, zu einem einheitlichen System zu
kommen, das diesen Namen auch verdient.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709306500

Das Wort hat der Kollege Max Straubinger von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Kipping [DIE LINKE]: Ich habe mich gemeldet!)


– Das ist zu spät. Ich habe Herrn Straubinger schon auf-
gerufen.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1709306600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte eine Vorbemerkung machen: Das Renten-
überleitungsgesetz war und ist für die Menschen in der
ehemaligen DDR ein großer Erfolg. Es gibt ihnen eine
materielle Sicherheit im Alter, die in der DDR nie mög-
lich war und nie möglich gewesen wäre. Trotz aller Son-
derversicherungssysteme und Zusatzsysteme wäre diese
materielle Sicherheit für die Menschen in der ehemali-
gen DDR nie erreicht worden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten hat das
Rentenüberleitungsgesetz einen großen Beitrag geleistet.
Es hat nämlich – das ist die soziale Komponente – zum
Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, von
Ost und West, beigetragen. Hinter diesem Erfolg stehen
die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler und die Steu-
erzahler in unserem Land, die die Grundlage dafür
schaffen, dass die Leistungen, die den Menschen über
das Rentensystem zuteilwerden, erbracht werden kön-
nen.

Natürlich ist es immer möglich, für Verbesserungen
für vermeintlich Benachteiligte einzutreten, wie die
Fraktion Die Linke dies heute wieder darzustellen ver-
sucht. Damit will sie sich in der Öffentlichkeit bei Perso-
nenkreisen, die sie begünstigen will, anbiedern. Diese
Menschen sollen glauben, dass die Linke die aus ihrer
Sicht berechtigten Ansprüche hier einbringt. Ich möchte
schon herausstellen, dass es in der DDR aufgrund eines
Unrechtssystems zu diversen Sonderzulagen und Son-
derzusagen gekommen ist. Ich habe mir berichten lassen,
dass die Menschen in der ehemaligen DDR es ebenfalls
als große Ungerechtigkeit empfunden haben, dass die In-
telligenzrente wesentlich höher war, die Beitragszahlun-
gen dafür niedriger. Das können wir in einem bundes-
deutschen Rentensystem nicht fortführen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Rentenüberleitungssystem ist gelungen, und deshalb
lehnen wir Ihre Anträge zu den einzelnen Bereichen ab.

Es ist entscheidend, dass wir der Öffentlichkeit unser
Rentensystem erklären. Wir müssen immer wieder sa-
gen, dass Beitragszahlungen die Grundlage dieses Sys-
tems sind und Ansprüche auf diese Art und Weise erwor-
ben werden. In der ehemaligen DDR gab es den von der
Linken heute so sehr bekämpften Niedriglohnsektor. Er
wurde so begründet: Ihr bekommt zwar jetzt niedrige
Löhne, aber dafür später eine höhere Rente. Die Leis-
tung der Arbeit sollte sozusagen erst in der Zukunft be-
lohnt werden. Auch das ist ein eigenartiges System ge-





Max Straubinger


(A) (C)



(D)(B)

wesen. Wir kämpfen dafür, dass der entsprechende Lohn
sofort ausgezahlt wird. Wir verweisen nicht auf die Zu-
kunft.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auch daran wird die Ungerechtigkeit des DDR-Systems
deutlich. Diese Ungerechtigkeit wollen Sie, verehrte
Kolleginnen und Kollegen von der Linken, im deutschen
Rentensystem fortführen. Auch deshalb lehnen wir diese
Anträge ab.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Heute wurde wieder vorgetragen, dass es zukünftig
mehr Altersarmut geben würde. Natürlich gilt es, das zu
beachten, und natürlich lohnt es sich auch, sich damit
auseinandersetzen. Ich möchte aber daran erinnern: Ich
komme aus einem Landstrich, in dem die Löhne nach
dem Zweiten Weltkrieg grundsätzlich niedrig waren. Er
ist ausschließlich landwirtschaftlich geprägt, ohne indus-
trielle Arbeitsplätze. In Niederbayern fand der Auf-
schwung erst in den 70er-/80er-Jahren statt. Letztendlich
würde das bedeuten, dass in diesem Landstrich alle
Menschen der Altersarmut anheimgefallen sind, weil in
den Jahrzehnten nach dem Krieg nur geringe Löhne er-
wirtschaftet werden konnten. Es gab Perioden, in denen
in einzelnen Landkreisen eine Arbeitslosigkeit von
40 Prozent und mehr geherrscht hat, insbesondere im
Winter, weil mit der Landwirtschaft viele Saisonberufe
verbunden sind. Trotzdem hat unser Rentensystem es zu-
stande gebracht, dass wir keine höhere Altersarmut zu
verzeichnen haben als vielleicht das Ruhrgebiet. Das
zeigt sehr deutlich, dass die beste Grundlage gegen Al-
tersarmut in unserem Land Arbeitsplätze sind. Es lohnt
sich, hier dafür einzutreten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Geringere Rentenansprüche sind oft verbunden mit
hoher Arbeitslosigkeit, wie sie zum Beispiel in der Ver-
gangenheit bei Rot-Grün geherrscht hat. Damals gab es
5 Millionen Arbeitslose, heute sind es nur noch 3 Millio-
nen Arbeitslose; aber auch das sind 3 Millionen Arbeits-
lose zu viel. Deshalb ist es hier mitentscheidend, nicht
bessere Versprechungen gegenüber den Menschen zu
machen, sondern daran zu arbeiten, dass wir Arbeits-
plätze, dass wir sozialversicherungspflichtige Beschäfti-
gungsverhältnisse haben, durch die die Menschen hohe
Rentenansprüche erwerben.

Ein Letztes, verehrte Damen und Herren. Kollege
Schreiner hat auf ein Problem hingewiesen, das mit dem
Fremdrentengesetz und den Flüchtlingen aus der ehema-
ligen DDR und der damit verbundenen Bewertung dieser
Zeiten zu tun hat. Wir haben entsprechende Petitionen
im Bundestag. Es gilt, diese Petitionsverfahren abzuwar-
ten. Ich glaube nicht, dass wir dies so einfach lösen kön-
nen. Wir müssen aufpassen, dass wir keine neuen Tatbe-
stände der möglichen Ungerechtigkeit schaffen. Deshalb
gilt für uns, dies alles sehr sachgerecht zu beurteilen,
aufzunehmen und natürlich auch in einem parlamentari-
schen Verfahren darüber zu diskutieren. Hier sind alle
eingeladen, weiterhin, wenn es notwendig und möglich
ist, an gerechten Lösungen in unserem Rentensystem
mitzuarbeiten.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709306700

Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Heinrich von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1709306800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin sehr dankbar, dass ganz am Anfang
der Debatte ein Kollege von mir, Herr Rehberg, mit fol-
gender Frage begonnen hat: Woher kommen wir? In der
ganzen Debatte sind wir immer wieder zu dieser Frage
zurückgekehrt. Wo beginnt denn die Überleitung, die im
Titel dieser Debatte steht? Ich möchte den Bogen span-
nen. Bei einer Überleitung denkt man an eine Brücke.
Wenn es ein Woher gibt, dann muss es auch ein Wohin
geben. Ich bin dankbar, dass Sie, Frau Lazar, gesagt ha-
ben: Wir wollen eine Perspektive, wohin das führen soll.

Zu den Anträgen von Ihnen, von den Linken, ist viel
gesagt worden, nicht erst heute und, wie Kollege Kolb
gesagt hat, wahrscheinlich nicht zum letzten Mal. Die
19 Anträge sind unseres Erachtens nicht im ureigensten
Interesse der Gruppen, für die Sie hier sprechen. Das
Vorgehen wird kaum einer der Gruppen – manche sagen
uns das sogar – gerecht. Da wird instrumentalisiert, und
es riecht nach seltsamen Motiven. Herr Gysi, wenn Sie
hier sagen, dass der Grund, keinen Antrag bezüglich der
Flüchtlinge zu stellen, der ist, dass diese gern gemein-
sam etwas machen wollen, dann muss ich darauf hinwei-
sen, dass ich das auch schon von anderen Gruppen ge-
hört habe. Diese dürften Sie dann auch nicht vertreten.

Am Ende kann die Linke letztlich allen diesen Grup-
pen sagen, dass sie sich für sie eingesetzt hat. Frau
Schmidt, Sie haben vollkommen recht: Das ist ein Stück
weit Populismus. Wir hören – wir haben miteinander
darüber gesprochen – aus den Gruppen andere Einstel-
lungen dazu. Es ist inzwischen zur Genüge gesagt wor-
den, dass es eine große gesellschaftliche Leistung ist, die
ihresgleichen sucht. Die Komplexität der Lösung, die
dann noch nötig sein kann, kommunizieren Sie nicht,
weil es viel zu schwierig ist, das in drei Sätzen zu sagen.
Herr Schreiner, da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Da
sind die 63 Zusatz- und Sonderversorgungssysteme. Da
ist die juristische Realität, die vielem davon im Weg
steht. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfas-
sungsmäßigkeit bestätigt. Die UN-Menschenrechtskom-
mission ist damit befasst worden und hat dem Ganzen
stattgegeben. Der Europäische Gerichtshof hat gesagt:
Das ist so nicht widersprüchlich. Es gibt die Grundsätze
des Bundessozialgerichts und rentenrechtliche Regelun-
gen im SGB. So viele Dinge muss man dazusagen, wenn
man solche einfachen Forderungen – polemisch, wie ich
meine – nutzen möchte.





Frank Heinrich


(A) (C)



(D)(B)

Auch die Fachleute, die auch Sie in den Anhörungen
gehört haben, waren eindeutig. Dazu gab es Bedingun-
gen und Prinzipien, über die wir nicht einfach springen
dürfen: Der Gleichheitsgrundsatz – wir haben hier von
Ost und West gesprochen – muss auf beiden Seiten ge-
währleistet sein – Herr Schaaf, das haben Sie in Ihrer
Zwischenfrage erwähnt –, der Grundsatz der Lohn- und
Beitragsbezogenheit ist ein hohes Gut in unserem Land,
die Systematik der auch schon vorher bestehenden
Rechtsverordnungen und die Vorgaben im Einigungsver-
trag, darüber können wir uns nicht einfach hinwegset-
zen. Ich halte es für polemisch, dass Sie das einfach tun
und so einfach kommunizieren wollen.

Die Frage, die sich mir stellt, lautet: Wie ernst neh-
men Sie dieses Anliegen tatsächlich? Wenn einzelne
kleine Nachbesserungen nötig sind, dann sind wir bereit,
daran mitzuarbeiten. Die meisten der Forderungen sind
allerdings realitätsfern, insbesondere wenn Sie – da bin
ich mir mit den Kollegen von der SPD einig – Anträge
für Personengruppen mit großer Nähe zum Staat, wie
man das allgemein sagen kann, formulieren.

Eines noch ganz persönlich zur Debattenkultur, zur
politischen Auseinandersetzung. Sie stellen sich hier hin
und fordern, dass wir alle gemeinsam so entscheiden sol-
len – als ob Sie diese Anliegen vertreten! Ich verstehe
nicht, dass sich, seit ich der Sprecher bzw. der Berichter-
statter meiner Fraktion im Bundestag zu diesem konkre-
ten Thema bin, nicht einer von Ihnen mit mir zusammen-
gesetzt und gesagt hat: Das Anliegen ist uns so wichtig,
dass wir hier gemeinsam etwas bewegen sollten. – Kein
Versuch Ihrerseits, Gespräche dieser bilateralen Art zu
führen. Das ist bei den anderen Fraktionen anders gewe-
sen. Ob das wirklich ein Anliegen um der Sache willen
ist, möchte ich zumindest bezweifeln.

Ein zweiter Gedanke. Nachdem ich die Frage gestellt
habe, inwiefern es Ihnen hier um Quantität – 19 Anträge –
anstatt um Qualität geht, stellt sich auch die Frage nach
dem Wort „gerecht“. In all Ihren Anträgen kommt das
Wort „gerecht“ vor.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Fragen Sie sich nicht, warum Ihnen keiner von Ihren eigenen Leuten mehr zuhört? Kein Einziger hat ein einziges Mal geklatscht!)


Durch die Wende – das haben Sie an keiner Stelle ver-
schwiegen; das habe auch ich in meinen Reden hier ex-
plizit gesagt – sind Ungerechtigkeiten passiert – Sie ha-
ben das von uns an verschiedenen Stellen gehört –:
durch Stichtage – Herr Kober hat das gesagt –, durch
Fristenregelungen. Und doch sind wir in unserem
Rechtssystem an diese Regeln gebunden. Welche Ge-
rechtigkeit spielen wir gegen welche aus? Generationen-
gerechtigkeit? Einzelfallgerechtigkeit? Wir brauchen
Rechtssicherheit für die kommenden Generationen.

Gestern telefonierte ich mit einer Frau in ungefähr
meinem Alter. Sie sagte mir in etwa Folgendes: Egal wie
wir in dieser zugegebenermaßen verfahrenen und teil-
weise ungerechten Situation entscheiden, wir werden
wegen der Komplexität immer wieder neue Ungerech-
tigkeiten schaffen. – Gestern fiel in einem weiteren Ge-
spräch auch der Begriff der Minimalstungerechtigkeit,
die wir anstreben. Ich glaube, wir sind mit den momenta-
nen Möglichkeiten nah an sie herangekommen. Wir wol-
len schauen – das ist unsere Haltung als Koalition; das
ist deshalb auch im Koalitionsvertrag verankert –, dass
wir so nah wie möglich an die Grundsätze der Gerechtig-
keit herankommen. Aber da gibt es die Grenze des Ein-
zelfalls. Diese Grenze kann das Gesetz nicht überwin-
den, schon gar nicht bei einem so starken Bruch in der
deutschen Geschichte, einschließlich der Fehler, die
auch noch danach – wohlgemerkt: danach – gemacht
wurden. Ich denke, an der Minimalstungerechtigkeit
sind wir nahe dran.

Jetzt gibt es noch Möglichkeiten des Weiterdiskutie-
rens. Sie von der Opposition redeten vorhin von einer
Fondslösung, die die größten Schwierigkeiten und die
größten Schärfen, die durch die Gesetze passiert sind,
auszugleichen versucht. Wir setzen uns da zusammen;
das haben wir schon vereinbart. Wie diese Fondslösung
aussehen könnte und ob es eine Fondslösung geben
wird, kann ich noch nicht sagen.

Insgesamt betrachtet unterstreiche ich noch einmal:
Es war eine gewaltige gesellschaftliche Leistung, das hat
sich immer wieder gezeigt; das haben auch Sie an einer
Stelle in Ihrem Antrag – fairerweise muss ich das sagen –
geschrieben. Aber die wirtschaftlichen Fehler von vor
der Wende, die sich in unzähligen Lebensläufen, in die
widerrechtlich eingegriffen wurde, niedergeschlagen ha-
ben, kann man heute trotz aller rechtmäßigen Bestrebun-
gen nicht einfach ausgleichen. Ungerechtigkeit kann
man nicht gegen Gerechtigkeit aufwiegen, auch ein de-
mokratischer Rechtsstaat kann das nicht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709306900

Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.


Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1709307000

Ich komme zum Ende.

Unser Anliegen: Woher, wohin? Wohin wollen wir?
Wir wollen zu einem einheitlichen Rentenrecht kom-
men. Dazu haben wir uns bekannt, deshalb werden
wir uns auch mit Ihnen auseinandersetzen; Herr Streng-
mann-Kuhn, Herr Schaaf, Sie haben darauf hingewiesen.
Wir unterstützen dieses Bestreben. Allerdings dürfen be-
stimmte Gruppen nicht erneut benachteiligt werden. Wir
gehen das an; wir werden in diesem Jahr damit begin-
nen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709307100

Das Wort hat jetzt als letzte Rednerin zu diesem Ta-

gesordnungspunkt die Kollegin Maria Michalk von der
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(D)(B)


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1709307200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Normalerweise bin ich eine begeisterte Anhängerin der
Volksweisheit: Wiederholung ist die Mutter des Er-
folgs. – Aber die Rentenantragsserie der Linken zeigt
ganz deutlich, dass dieser Ansatz dann nicht stimmt,
wenn bei der Lösung des Grundproblems einfach an der
falschen Stelle angesetzt wird.

Sie fordern mit Ihren Anträgen – dabei hangeln Sie
sich an den einzelnen Sachverhalten entlang, und das
zum wiederholten Male – eine gründliche Überprüfung
und Korrektur der Rentenüberleitung. Das – das ist in
der Debatte sehr deutlich geworden – ist nach fast
20 Jahren der Überleitung in eine beitrags- und lohnbe-
zogene Rentensystematik einfach der falsche Ansatz. Sie
können noch so viele Anträge stellen, Sie werden nie-
mals unsere Zustimmung dazu bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Denn Politik ist nicht, das Wünschenswerte zu formu-
lieren und die anderen für die Umsetzung bezahlen zu
lassen. Das war gelegentlich – nach Gutsherrenart – die
Methode der alten SED-Regierung. Unser Prinzip heißt,
das Wünschenswerte mit dem Machbaren zu verglei-
chen, sich am Realistischen zu orientieren und das dann
durchzusetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die politische Grundsatzentscheidung war damals auf
dem Weg zur deutschen Einheit richtig. Wir müssen uns
noch einmal in Erinnerung rufen: Das Rentenniveau lag
damals bei 40 Prozent; und jetzt liegt es bei 88, 89 Pro-
zent. Wer meint, das sei keine besondere Leistung, der
verkennt die gesamtdeutsche Solidarität, für die ich mich
hier noch einmal ausdrücklich bedanken möchte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich verkenne natürlich auch nicht, dass es bei Stich-
tagsregelungen, die im politischen Geschäft normal und
manchmal nicht abwendbar sind, auch Einzelschicksale
gibt, die einem in der Seele leidtun. Aber im Osten – das
war dort die Realität – gab es ein System ohne rote Li-
nie. Herr Gysi, es wird Ihnen nicht gelingen, die Grund-
sätze des Einigungsvertrages durch die Hintertür aufzu-
heben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich nenne einmal das heute schon mehrfach ange-
führte Beispiel der Krankenschwester. Ich frage mich:
Wieso mussten in den meisten Fällen die Frauen zu ei-
nem so niedrigen Lohn diese ganz schwere Arbeit ver-
richten? Es gab damals noch keine Pflegebetten oder
Badewannen mit Lift. Erinnern Sie sich an die damali-
gen Zustände: Das war eine äußerst schwere Arbeit in
Schichten. Die meisten Frauen haben nebenbei Kinder
erzogen, und wenn es ganz dicke kam, dann hatten Sie
auch noch einen Mann, der sie betrogen hat. Dann haben
sie oft, wissend, dass es keinen Versorgungsausgleich
gibt, der Scheidung zugestimmt, weil das für sie der bes-
sere Weg für die Zukunft war.

Wer meint, man könne jedes Einzelschicksal mit ei-
nem Grundsatzsystem korrigieren, der verkennt, was Po-
litik leisten kann. Wir bemühen uns in unseren Diskussi-
onen durchaus, Brüche zu erkennen und Lösungen zu
finden. Ich halte in diesem Zusammenhang nichts davon,
immer nur Durchschnittszahlen zu zitieren. Sie sind in-
terpretationswürdig; in manchen Statistiken werden Be-
rufsgruppen involviert – zum Beispiel Ingenieure oder
Ärzte –, die nach heutigem Recht eigene Versorgungs-
werke haben. Insofern kann man nicht jede Statistik kor-
rekt miteinander vergleichen. Das führt zu einem fal-
schen Ansatz.

Uns ist wichtig, dass man jetzt nicht so tut, als ob wir
mit unseren vielfältigen Bemühungen in diesem komple-
xen Prozess der Überführung dieses Wirrwarrs von Ren-
tensondersystemen Probleme verursacht hätten. Dazu ist
es aufgrund des Systems gekommen, das diejenigen zu
vertreten haben, die die Anträge stellen. Es geht nicht,
dass Sie erst die Sozialsysteme an die Wand fahren,
quasi das Haus anbrennen und sich jetzt wiederholt zum
Feuerwehrmann aufspielen. Das funktioniert nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deshalb sage ich es noch einmal ganz konkret: Dass
wir uns bemühen, merken Sie doch; das war auch in der
rot-grünen Regierungszeit so. Als es zum Beispiel um
das Problem ging, eine Regelung für die geschiedenen
Ehefrauen zu finden, hat es eine interministerielle Ar-
beitsgruppe gegeben. Von den Anhörungen der Experten
wurde schon gesprochen. Auch die Länder waren an die-
ser Abstimmung und an der interministeriellen Arbeits-
gruppe beteiligt. Sie haben eben kein Ergebnis vorlegen
können, das politisch diskutiert und beschlossen werden
konnte, weil es neue Ungerechtigkeiten bedeutet hätte.
Deshalb ist die Lösung nicht so einfach.

Ich sage Ihnen – ich habe von diesem Pult aus ja wie-
derholt zu diesem Thema gesprochen –:


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Leider!)


Wir erkennen, dass sich das Prinzip „Wer arbeitet, soll
mehr Lohn haben als jemand, der nicht gearbeitet hat“
im Grunde genommen in der Rente widerspiegeln muss.
Klar haben wir die Grundsicherung im Alter. Das ist ein
Rechtsanspruch. Aber wir sind uns einig: Es ist nicht ge-
rade sehr bequem, das zu beantragen. Ich kenne vor allen
Dingen viele Frauen, die sich schwertun, diesen Antrag
zu stellen. Ich sage aber immer wieder: Das ist ein
Rechtsanspruch.

Die Kommission, deren Einsetzung wir in unserem
Koalitionsvertrag beschlossen haben, wird dieses Ge-
samtbild betrachten, weil das dann nicht mehr alleine
nur ein ostdeutsches Problem ist. Ich bitte Sie herzlich,
dafür Verständnis zu haben, dass wir bei unserer Grund-
satzhaltung bleiben, weil sie von Fachexperten, in vielen
Anhörungen und von Gerichten bestätigt worden ist. Ar-
beitsminister aller Couleur in diesem Haus haben keine
Patentlösung vorlegen können. Das ist der Beweis dafür,





Maria Michalk


(A) (C)



(D)(B)

dass das ein sehr schwieriger Prozess ist, dem wir uns
stellen werden. Darüber freue ich mich.

Wir werden hier wiederholt darüber diskutieren, aber
nicht auf der Grundlage Ihrer Anträge, sondern wir ge-
hen das Gesamtpaket an.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709307300

Ich schließe die Aussprache.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich Ih-
nen noch einige Hinweise zum Abstimmungsverfahren
geben.

Zunächst möchte ich Ihnen mitteilen, dass eine grö-
ßere Zahl von Erklärungen nach § 31 der Geschäftsord-
nung von Mitgliedern der SPD-Fraktion vorliegt, die wir
zu Protokoll nehmen.1)

Wir kommen zunächst zur namentlichen Abstimmung
über die 19 Anträge der Fraktion Die Linke zu Korrektu-
ren bei der Überleitung der Alterssicherungen der DDR
in das bundesdeutsche Recht. Bitte beachten Sie: Abge-
stimmt wird über die Anträge selbst und nicht über das
Votum der Beschlussempfehlung. Es ist vereinbart, die
insgesamt 19 namentlichen Abstimmungen auf einem
Stimmzettel durchzuführen. Die Stimmzettel erhalten
Sie, falls noch nicht geschehen, von den Plenarassisten-
ten hier im Saal. Schreiben Sie bitte zunächst Ihren Na-
men und die Bezeichnung Ihrer Fraktion deutlich in
Druckbuchstaben auf den Stimmzettel. Stimmzettel ohne
Namensangabe sind ungültig. Der Ausschuss für Arbeit
und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 17/4769 unter den Buchstaben a bis s
die Ablehnung der Vorlagen. Auf dem Stimmzettel fin-
den Sie unter Ihrem Namen eine Auflistung der 19 abzu-
stimmenden Anträge. Sie können über jeden einzelnen
Antrag mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ abstimmen.
Einzelne Abstimmungen mit mehr als einem oder kei-
nem Kreuz sind ungültig. Sie können die Stimmzettel
auf Ihrem Platz ankreuzen. Nachdem Sie den Stimmzet-
tel ausgefüllt haben, werfen Sie ihn in eine der aufge-
stellten Urnen.

Bevor wir nun zur Abstimmung kommen, möchte ich
Sie an die unmittelbar folgenden zwei namentlichen Ab-
stimmungen mit der üblichen Stimmkarte erinnern.

Zunächst folgt die Abstimmung über die 19 Anträge
der Fraktion Die Linke. Ich bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, die Plätze einzunehmen. – Sind an al-
len Wahlurnen die notwendigen Schriftführer? – Das ist
der Fall. Ich eröffne die Abstimmung über die
19 Anträge der Fraktion Die Linke. Ich bitte, die Stimm-
zettel einzuwerfen.

Ich will daran erinnern, dass die Namen auf den
Stimmzetteln eingetragen sein müssen; sonst ist der
Stimmzettel ungültig.

1) Anlagen 2 bis 4
Gibt es noch Mitglieder des Hauses, die ihren Stimm-
zettel nicht eingeworfen haben? – Das scheint nicht der
Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen.

Ich darf die Kolleginnen und Kollegen bitten, sich
wieder auf ihre Plätze zu begeben, damit man den Über-
blick behalten kann.

Da die vollständige Auswertung der Stimmzettel ei-
nen erheblichen Zeitbedarf erfordert, werden die Schrift-
führerinnen und Schriftführer zunächst noch kein zah-
lenmäßiges Ergebnis ermitteln können, sondern nach
Sichtung der Stimmzettel feststellen, ob die Anträge an-
genommen oder abgelehnt wurden. Das vorläufige Er-
gebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gege-
ben.2)

Bevor wir zu der namentlichen Abstimmung über die
Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen kommen, weise ich vorsorglich
darauf hin, dass wir unmittelbar nach dieser namentli-
chen Abstimmung bei den Beratungen ohne Aussprache
eine weitere namentliche Abstimmung zu Tagesord-
nungspunkt 34 b vorzunehmen haben. Ich bitte Sie also,
den Saal nach dieser namentlichen Abstimmung nicht zu
verlassen.

Jetzt setzen wir die Abstimmungen fort. Der Aus-
schuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter
Buchstabe t seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/4195 mit dem Titel „Verbesserung der
Versorgung der im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar
1992 Geschiedenen“. Wir stimmen nun über den
Buchstaben t der Beschlussempfehlung zu der Vorlage
von Bündnis 90/Die Grünen namentlich ab.

Hier wird wie üblich über die Beschlussempfehlung
und nicht über den Antrag abgestimmt, damit es hier
kein Missverständnis gibt.

Haben die Schriftführerinnen und Schriftführer die
vorgesehenen Plätze eingenommen? – Das ist der Fall.
Dann eröffne ich die Abstimmung.

Hat ein Mitglied des Hauses seine Stimmkarte noch
nicht eingeworfen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann
schließe ich den Wahlgang und bitte, auszuzählen. Das
Ergebnis der namentlichen Abstimmung wird Ihnen spä-
ter bekannt gegeben.3) Wir setzen die Beratungen fort.

Ich darf zunächst einmal darum bitten, dass sich die
Kolleginnen und Kollegen wieder zu ihren Plätzen bege-
ben, damit wir die Beratungen vernünftig fortsetzen kön-
nen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 33 a bis 33 f
sowie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 k auf:

33 a) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/
CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes-

2) Ergebnis Seite 10471 C
3) Ergebnis Seite 10471 C





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Immissionsschutzgesetzes – Privilegierung des
von Kindertageseinrichtungen und Kinder-
spielplätzen ausgehenden Kinderlärms

– Drucksache 17/4836 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 1. Juli 2010 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und den Vereinigten
Arabischen Emiraten zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung
auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen

– Drucksache 17/4806 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Be-
schleunigung der Zahlung von Entschädi-
gungsleistungen bei der Anrechnung des
Lastenausgleichs und zur Änderung des Auf-
bauhilfefondsgesetzes (ZEALG)


– Drucksache 17/4807 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 20. August 2009 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Schwei-
zerischen Eidgenossenschaft über die Wehr-
pflicht der Doppelstaater/Doppelbürger

– Drucksache 17/4810 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss

e) Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU
und FDP

Einvernehmensherstellung von Bundestag und
Bundesregierung zur Ergänzung von Art. 136
des Vertrages über die Arbeitsweise der Euro-
päischen Union (AEUV) hinsichtlich der Ein-
richtung eines Europäischen Stabilitätsmecha-
nismus (ESM)


hier: Stellungnahme des Deutschen Bundesta-
ges nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgeset-
zes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zu-
sammenarbeit von Bundesregierung und
Deutschem Bundestag in Angelegenhei-
ten der Europäische Union

– Drucksache 17/4880 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffen
Bockhahn, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Beh-
rens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Keine weiteren Einlagerungen ins Zwischenla-
ger Nord (Lubmin)


– Drucksache 17/4848 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 2 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Tom Ko-
enigs, Renate Künast, Claudia Roth (Augsburg),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Berichte zur NS-Vergangenheit des Bundesmi-
nisteriums für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz veröffentlichen

– Drucksache 17/4696 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Stephan
Kühn, Daniela Wagner, Bettina Herlitzius, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Altschuldenhilfe für ostdeutsche Wohnungs-
unternehmen neu ausrichten

– Drucksache 17/4698 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffen

(Weil am Rhein)

der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Werner Simmling, Ernst
Burgbacher, Sibylle Laurischk, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP

Anwohnerfreundlicher Ausbau der Rheintal-
bahn

– Drucksache 17/4861 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute
Kumpf, Christian Lange (Backnang), Rainer Ar-





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

nold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Ausbau der Rheintalbahn als Modell für Bür-
gernähe, Lärm- und Landschaftsschutz
– Drucksache 17/4856 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz
Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Tierheime entlasten – Einheitliche Regelungen
schaffen

– Drucksache 17/4851 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Haushaltsausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz
Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Tierschutzgesetz ändern – Kennzeichnung von
Pferden tierschutzgerecht ausgestalten

– Drucksache 17/4850 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Günter
Gloser, Klaus Brandner, Dr. h. c. Gernot Erler,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Reformprozesse in Nordafrika und Nahost
umfassend fördern

– Drucksache 17/4849 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

h) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

zum Entwurf eines Beschlusses des Europäi-
schen Rates zur Änderung des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union hin-
sichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
– Ratsdok. 17629/10 (EUCO 30/10, Anlage I)

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundesta-
ges nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgeset-
zes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zu-
sammenarbeit von Bundesregierung und
Deutschem Bundestag in Angelegenhei-
ten der Europäischen Union
Herstellung des Einvernehmens bezüglich der
Ergänzung von Art. 136 AEUV zur Einrich-
tung eines Europäischen Stabilitätsmechanis-
mus (ESM) verantwortlich gestalten
– Drucksache 17/4881 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej
Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

zum Entwurf eines Beschlusses des Europäi-
schen Rates zur Änderung des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union hin-
sichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
– Ratsdok. 17629/10 (EUCO 30/10, Anlage I)
hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-

regierung gemäß Art. 23 Abs. 3 des
Grundgesetzes

– Drucksache 17/4882 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel
Sarrazin, Alexander Bonde, Dr. Gerhard Schick,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Herstellung des Einvernehmens zwischen
Bundestag und Bundesregierung zur Ände-
rung des Art. 136 des Vertrages über die Ar-
beitsweise der Europäischen Union hinsicht-
lich eines Stabilitätsmechanismus für die
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
hier: Stellungnahme des Deutschen Bundesta-

ges nach Art. 23 Abs. 3 des Grundgeset-
zes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zu-
sammenarbeit von Bundesregierung und
Deutschem Bundestag in Angelegenhei-
ten der Europäischen Union

– Drucksache 17/4883 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Tressel, Nicole Maisch, Ingrid Hönlinger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Verkehrsträgerübergreifende Schlichtung ge-
setzlich fixieren
– Drucksache 17/4855 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 34 a bis 34 h auf.
Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen,
zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Ich weise darauf hin, dass wir zu Tagesordnungs-
punkt 34 b namentlich abstimmen werden. Bitte bege-
ben Sie sich erst an die Urnen, wenn zur namentlichen
Abstimmung aufgerufen wird.

Tagesordnungspunkt 34 a:

Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Einsetzung eines Gremiums gemäß § 16 des Re-
strukturierungsfondsgesetzes

– Drucksache 17/4859 –

Wer stimmt für den Antrag auf Drucksache 17/4859? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist ein-
stimmig angenommen. Damit ist das Gremium gemäß
§ 16 des Restrukturierungsfondsgesetzes eingesetzt.

Tagesordnungspunkt 34 b:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkel-
mann, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Keine Privatisierung von Äckern, Seen und
Wäldern

– Drucksachen 17/239, 17/587 Buchstabe b –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Brackmann
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Roland Claus
Alexander Bonde

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/587, den An-
trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/239 ab-
zulehnen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, wieder ihre Plätze
an den Urnen einzunehmen. Wir stimmen auch diesmal
über die Beschlussempfehlung ab. Die Beschlussemp-
fehlung lautet, den Antrag der Fraktion Die Linke abzu-
lehnen. – Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist
der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

Gibt es noch Mitglieder, die ihre Stimmkarte nicht
eingeworfen haben? – Das scheint nicht der Fall zu sein.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte, mit der
Auszählung zu beginnen.1)

Ich bitte darum, jetzt wieder die Plätze einzunehmen,
damit wir mit den Abstimmungen fortfahren können.

Wir kommen jetzt zu den Beschlussempfehlungen des
Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 34 c:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 218 zu Petitionen

– Drucksache 17/4711 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 218 ist einstimmig an-
genommen.

Tagesordnungspunkt 34 d:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 219 zu Petitionen

– Drucksache 17/4712 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 219 ist angenommen
mit den Stimmen aller Fraktionen bei Gegenstimmen der
Fraktion Die Linke.

Tagesordnungspunkt 34 e:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 220 zu Petitionen

– Drucksache 17/4713 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 220 ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der SPD-Frak-
tion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen.

Tagesordnungspunkt 34 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 221 zu Petitionen

– Drucksache 17/4714 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 221 ist angenommen mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen, der SPD-Fraktion,

1) Ergebnis Seite 10473 D





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

bei Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Ent-
haltung der Fraktion Die Linke.

Tagesordnungspunkt 34 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 222 zu Petitionen

– Drucksache 17/4715 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 222 ist angenommen mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Oppositionsfraktionen.

Tagesordnungspunkt 34 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 223 zu Petitionen

– Drucksache 17/4716 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 223 ist angenommen mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen
der SPD-Fraktion und des Bündnisses 90/Die Grünen
und Enthaltung der Fraktion Die Linke.

Jetzt rufe ich den Zusatzpunkt 3 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP

Eskalation der Gewalt in Libyen

Es gibt eine Änderung in der Rednerreihenfolge. Die
Aussprache soll eröffnet werden von Staatsminister
Dr. Werner Hoyer.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


D
Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1709307400


Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Wenn wir in diesen Tagen auf Libyen
schauen, dann sehen wir dort genau das Gegenteil des-
sen, was wir als human, ethisch und verantwortbar be-
zeichnen und anstreben. Wir sehen Verwüstung, Ver-
zweiflung, Verletzte und unzählige Tote.

Das Bild ist natürlich nicht komplett. Der Informati-
onszugang ist begrenzt. Es ist wieder einmal eine Situa-
tion, in der wir uns bewusst machen können, welche Be-
deutung eine freie, überall tätig sein dürfende Presse für
uns hat. Wir sehen Menschen, die gezielt ermordet wer-
den, weil sie ihre Freiheit und ihre Würde zurück-
erlangen wollen.

Wir sehen einen Diktator, der nach 40 Jahren Herr-
schaft nicht davor zurückschreckt, mit offen kommuni-
ziertem Vernichtungswillen gegen das eigene Volk vor-
zugehen. Wir sehen einen Diktator – hier liegen die
Unterschiede zu den anderen Ereignissen der letzten
Wochen –, der sich zu einer Zeit, wo sich andere kon-
struktiv in den Nahost-Friedensprozess eingebracht ha-
ben, für einen anderen Weg entschieden hat. Wir sehen
einen Diktator, der unverhohlen auf das Instrument der
Erpressung setzt – nicht erst jetzt. Ich wiederhole dies
deshalb, weil wir Europäer uns bewusst sein müssen, um
was für ein Regime es sich hier handelt. Wir alle haben
die letzte Rede Gaddafis im Fernsehen gesehen. Sie war
nicht nur bizarr und schockierend, sie weckte auch deut-
liche Zweifel an seinem Realitätssinn.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war vorher auch schon so!)


Aber das macht es gerade so gefährlich. Die Lage vor
Ort bleibt unübersichtlich. Wir schauen daher äußerst
besorgt und angesichts des Vorgehens des Regimes sehr
empört auf die Lage in Libyen.

Anders als in Ägypten sind in Libyen die Vorausset-
zungen für den Sieg der Freiheit ungleich schwerer. Das
liegt am Regime. Das liegt natürlich aber auch an den
schwierigen tribalen Strukturen des Landes. Es ist ge-
wissermaßen eine Parallele zu dem, was wir in den 90er-
Jahren im früheren Jugoslawien gesehen haben, wo alle
ethnischen Konflikte plötzlich wieder hochkamen und
virulent wurden, nachdem die Eisdecke des Kommunis-
mus weggezogen worden war. In Libyen ist unter dem
Wüstensand vieles verborgen geblieben, was es an triba-
len Konflikten gegeben hatte, bis Gaddafi vor mehr als
40 Jahren die Macht übernahm.

Meine Damen und Herren, unsere erste Sorge gilt na-
türlich den deutschen sowie den europäischen und nicht-
europäischen Staatsangehörigen. Viele der ursprünglich
über 600 deutschen Staatsangehörigen konnten das Land
inzwischen verlassen. Die Evakuierungsmaßnahmen
laufen weiterhin auf Hochtouren. Zusätzliche Kapazitä-
ten wurden sowohl kommerziell als auch seitens der
Bundeswehr bereitgestellt. Ich bedanke mich bei der
Bundeswehr ebenso wie bei der Lufthansa für die her-
vorragende Zusammenarbeit. Wir konnten Deutsche
auch auf anderem Wege, per Schiff und auf dem Land-
weg, aus dem Land herausholen. Wir danken unseren
Partnern, die in ihre Evakuierungsbemühungen auch
deutsche Staatsbürger einbezogen haben, so wie wir es
umgekehrt selbstverständlich auch getan haben.

Die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister
haben von Anfang an die Gewaltanwendung des liby-
schen Regimes mit deutlichen Worten verurteilt und ein
sofortiges Ende der Gewalt gefordert. Europa hat sich
inzwischen deutlich positioniert. Als derjenige, der am
Sonntag und am Montag die Verhandlungen für
Deutschland im Rat geführt hat, sage ich: Ich hätte mir
gewünscht, Europa wäre schneller, deutlicher und ge-
schlossener gewesen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin mir der Probleme der Südländer der Europäi-
schen Union selbstverständlich bewusst, und wir haben
auch keinen Nachholbedarf an Solidarität. Aber das darf
nicht dazu führen, unsere eigenen Werte zu verraten. Wir
müssen hier in dieser Angelegenheit klar Position bezie-





Staatsminister Dr. Werner Hoyer


(A) (C)



(D)(B)

hen. Wir haben das im Außenministerrat am Montag,
wie ich finde, noch nicht endgültig befriedigend getan.
Mittlerweile hat das Politische und Sicherheitspolitische
Komitee der Europäischen Union nachgelegt, sodass wir
damit jetzt ganz zufrieden sein können. Aber es ist schon
bemerkenswert, dass der Weltsicherheitsrat der Verein-
ten Nationen, der nicht zuletzt auf deutsches Betreiben
hin zusammengetreten ist, in dieser Frage eine klarere
Positionierung vorgenommen hat. Wir werden den Welt-
sicherheitsrat der Vereinten Nationen auch noch an man-
chen Stellen brauchen.

Außenminister Westerwelle hat früh auf die Notwen-
digkeit von Sanktionen hingewiesen, sollte das System
seinen Kurs der Gewalt gegen die eigene Bevölkerung
weiterverfolgen. Das ist leider der Fall.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das Problem ist Brüderle!)


– Nein. Es gibt hier gar keinen Zweifel, dass dann, wenn
diese Gewaltexzesse weitergehen – und sie gehen weiter –,
an Sanktionen kein Weg vorbeiführt. Diese kann man al-
lerdings nicht einmal eben aus dem Ärmel ziehen. Wenn
Sie zum Beispiel Asset Freeze machen wollen, müssen
Sie schon sehr präzise die Konten, deren Inhaber und
den strafrechtlich relevanten Vorwurf definieren. Man
kann sich also nicht überschlagen; aber an Sanktionen
geht kein Weg vorbei.

Morgen wird sich auch der Menschenrechtsrat der
Vereinten Nationen mit dem Thema Libyen befassen,
das ja pikanterweise Mitglied des Menschenrechtsrates
der Vereinten Nationen ist.

Meine Damen und Herren, wir dürfen über die eska-
lierende Lage in Libyen die Situation und die Entwick-
lung in den anderen Ländern der Region nicht vernach-
lässigen. Diese ist – das müssen wir uns immer wieder
klarmachen – in jedem der betroffenen Länder anders.
Wir haben kein geschlossenes, homogenes Bild für die
Problemlagen in den nordafrikanischen und arabischen
Ländern. Aber eines ist völlig klar: Die Europäische
Union muss ihre Nachbarschaftspolitik neu kalibrieren,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


und zwar gilt das für die Mittelmeerpolitik ebenso wie
für die Politik gegenüber dem Osten; denn die Diskus-
sion, die wir jetzt über Gaddafi und andere „nette“ Men-
schen führen, haben wir vor wenigen Wochen auch über
Lukaschenko geführt. Das Grundproblem bleibt.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Richtig!)


Daraus müssen wir die entsprechenden Konsequenzen
ziehen.

Wir haben seitens der Bundesregierung in der letzten
Woche konkrete Vorschläge für eine Neuausrichtung der
Politik der Europäischen Union vorgelegt. Dadurch, aber
auch bereits durch frühere deutsche Beiträge zu den Dis-
kussionen um Tunesien und Ägypten ist es uns gelun-
gen, den Entscheidungsfindungsprozess in der Europäi-
schen Union nachhaltig zu prägen. Auch da muss ein
Bewusstseinswandel stattfinden. Wir können es uns
nicht mehr leisten, dass es in der Europäischen Union
Länder gibt, die aufgrund ihrer geografischen Positionie-
rung in Europa entweder nur nach Süden oder nur nach
Osten blicken. Als Mitglied der großen Europäischen
Union und auch des Binnenmarktes der Europäischen
Union ist eben auch Finnland ein Mittelmeerland. Wir
müssen auch diejenigen, die weit vom Mittelmeerbe-
reich entfernt sind, mit in die Verantwortung nehmen;
genauso geht auch das, was in Weißrussland passiert,
einen Portugiesen etwas an. Wir als Deutsche sind dieje-
nigen, die es sich aufgrund ihrer zentralen Lage – geo-
grafisch, politisch und auch wirtschaftlich – am allerwe-
nigsten leisten können, den Blick nur auf den Süden oder
nur auf den Osten zu verengen. Deswegen werden wir
auch hier eine engagierte Führungsrolle wahrnehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Es geht jetzt im Kern darum, Ländern wie Ägypten
und Tunesien eine Transformationspartnerschaft anzu-
bieten. Wir müssen bei der Gratwanderung zwischen
Ownership, die wir immer in den Vordergrund rücken
müssen, und Verteidigung der eigenen Werte insbeson-
dere demokratische und rechtsstaatliche Transformati-
onsprozesse gezielter unterstützen. Es kann nicht im
Sinne des Erfinders sein, dass am Ende eines rein forma-
len Wahlprozesses entweder diejenigen, die jetzt schon
recht gut organisiert sind, wieder die alten Strukturen be-
festigen oder diejenigen, die aufgrund ihrer bisherigen
Organisation in der Opposition einen riesigen Vorteil ge-
genüber anderen haben, am Ende des Tages sagen: Jetzt
haben wir die Wahlen gewonnen; das waren auch die
letzten Wahlen, die in diesem Land stattgefunden haben.
Das ist die Lehre, die wir aus den Erfahrungen mit Alge-
rien in den 90er-Jahren gezogen haben. Deswegen müs-
sen wir uns so stark einbringen und Angebote bei der
Entwicklung des rechtsstaatlichen und verfassungsrecht-
lichen Rahmens für die beteiligten Länder machen.

Meine Damen und Herren, seien wir aber auch ehr-
lich:


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Au ja, gute Idee!)


Die Menschen in Tunesien, in Ägypten und in anderen
Ländern haben nach Freiheit gerufen, nach Partizipation,
nach Würde; aber sie haben auch nach Brot gerufen.
Wenn keine Verbesserung der sozialen und ökonomi-
schen Lage erreicht wird, kann der ganze Prozess, der
uns mit so viel Mut und so viel Freude ausgestattet hat,
auch schnell in sich zusammenbrechen. Deswegen müs-
sen wir auch ökonomisch handeln. Das heißt, wir müs-
sen sehen, wann und wie – möglichst schnell, sofern ver-
antwortbar – der Tourismus wieder in Gang gesetzt
werden kann. Dass das gegenwärtig nicht möglich ist, ist
ein riesiger Verlust für ein Land wie Tunesien.





Staatsminister Dr. Werner Hoyer


(A) (C)



(D)(B)

Aber wir müssen auch – das müssen wir in der Euro-
päischen Union klar durchdeklinieren – unsere Märkte
öffnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich erinnere mich an entsprechende Vorgänge aus den
90er-Jahren. Damals wurde gesagt: Wenn wir den Men-
schen in Nordafrika keine Perspektive bieten können,
weil wir beispielsweise noch nicht einmal ein paar Ton-
nen Dosentomaten aus Marokko in die Europäische
Union importieren wollen, dann werden wir unglaub-
würdig. – Auch bei diesem Thema muss sich daher et-
was ändern.

Die Migrationsfrage wird uns sehr beschäftigen. Sie
hat bisher, seien wir ehrlich, eine überschaubare Dimen-
sion. Die Bilder sind furchtbar. Sie sind deshalb so
furchtbar, weil man relativ schlecht vorbereitet war und
weil man die Lager zwischenzeitlich geschlossen hatte.
Wenn ich die Gesamtzahl der Flüchtlinge mit der Zahl
von Asylbewerbern, die es in Deutschland im Jahr 2010
gab, vergleiche, dann muss ich sagen, dass die Situation
nicht so dramatisch ist. Aber dies kann sich ändern,
wenn wir es nicht schaffen, den Menschen vor Ort wie-
der eine Perspektive zu bieten. Das kann sich ändern,
wenn die Gewaltexzesse weitergehen. Am Ende des Ta-
ges werden wir es an Solidarität sicherlich nicht fehlen
lassen. Aber gegenwärtig ist all das, was angesichts die-
ser Situation gefordert wird, ein bisschen übertrieben.

Wir haben eine klare Aufgabe. Das Fenster der Frei-
heit ist geöffnet. Ob es möglicherweise vorzeitig wieder
geschlossen wird, wird von den Menschen in den betrof-
fenen Ländern abhängen. Ich möchte aber nicht, dass wir
uns eines Tages den Vorwurf machen müssen, dass wir
den Menschen nicht genügend geholfen haben, die Mög-
lichkeit der Freiheit zu nutzen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709307500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Angelika Graf für

die SPD-Fraktion.


Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1709307600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das friedliche Aufbegehren der Bürgerinnen und Bürger
in vielen arabischen Staaten ist das, was man historisch
wohl als Meilenstein bezeichnen wird. Es wurden Dikta-
toren gestürzt, die 30 oder 40 Jahre lang an der Macht
waren und ihr Volk geknechtet haben.

Als Ben Ali stürzte und Mubarak aufgab, waren die
anderen arabischen Autokraten in den Nachbarländern
relativ ruhig. Nur der libysche Revolutionsführer al-
Gaddafi hat sich geäußert. Er hat öffentlich den Sturz
dieser Diktatoren bedauert und riet zur Übernahme sei-
ner „Herrschaft der Massen“-Doktrin, die er in seinem
Grünen Buch beschrieben hat. Auch in anderen Ländern
gibt es grüne Bücher. Ich nenne beispielsweise Turk-
menistan. Dort jedenfalls hat derjenige, der ein grünes
Buch herausgegeben hat, sicherlich Schwierigkeiten,
was seine geistigen Kapazitäten anbelangt.

Menschenrechtsverletzungen zeichnen alle diese Re-
gime aus bzw. haben sie ausgezeichnet: Tunesien, Ägyp-
ten und auch Libyen. Wir sehen die Bilder aus Libyen.
Der besagte Diktator lässt die protestierenden Massen
beschießen. Er lässt den Aufstand blutig niederschlagen
oder versucht es zumindest. Er hat angeblich die eigene
Luftwaffe in Alarmbereitschaft versetzt und lässt die
Aufständischen bombardieren oder von eigens ange-
heuerten afrikanischen Söldnern jagen. Die Zahlen wi-
dersprechen sich zwar etwas, aber wir können davon
ausgehen, dass in den letzten Tagen zwischen 600 und
2 000 Menschen bei diesem Aufstand ums Leben ge-
kommen sind. Ich denke, das wird leider noch nicht das
Ende sein.

Wie war die Situation in Libyen? Wichtige Grund-
rechte wurden missachtet. Es gab kein Recht auf freie
Meinungsäußerung. Opposition war ein Fremdwort. All
das rächt sich jetzt. Die Aufständischen und all diejeni-
gen, die für ihre Rechte kämpfen, werden wohl in den
nächsten Wochen und Monaten die Schwierigkeit haben
– das könnte in den anderen Ländern besser funktionie-
ren –, sich eine Plattform für einen eigenen Staat zu
schaffen.

Wir müssen uns aber auch mit der Frage beschäftigen,
warum es so viele Flüchtlinge aus diesen Ländern gibt.
Die Flüchtlingssituation hat gravierende Ausmaße ange-
nommen. Die Menschen fliehen auf der einen Seite in
die Nachbarländer. Die Nachbarländer haben aber die
bereits von mir beschriebenen Probleme. Sie werden
wohl nicht in der Lage sein, diese Flüchtlinge vernünftig
aufzunehmen.

Auf der anderen Seite gibt es die Flucht nach Europa.
Da frage ich mich, ob es sich jetzt nicht rächt, dass die
EU mithilfe von Gaddafi bisher versucht hat, sich diese
Flüchtlinge vom Hals zu halten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie werden die Möglichkeit, die sich ihnen nun bietet,
ergreifen und über das Mittelmeer fliehen. Sie werden,
wie gesagt, auch versuchen, in die anderen Länder zu
fliehen. Sie versuchen, auch vor der wirtschaftlich desas-
trösen Situation in ihrem Land zu fliehen.

Ich kann Ihnen, Herr de Maizière, nicht recht geben,
wenn Sie sagen: „Wir können nicht alle armen Afrikaner
nach Europa lassen.“ – Ich denke, wir müssen unserer
Verantwortung gerecht werden, die wir deshalb haben,
weil sich die EU eben bisher die Menschen mithilfe von
Gaddafi vom Hals gehalten hat. Dieser Verantwortung
müssen wir gerecht werden, und wir müssen dafür sorgen,
dass auf der einen Seite in den Nachbarländern Strukturen
entstehen, die es den Flüchtlingen, soweit es in dieser Si-
tuation irgend möglich ist, ermöglichen, ein menschen-
würdiges Leben zu führen. Auf der anderen Seite müssen





Angelika Graf (Rosenheim)



(A) (C)



(D)(B)

Abgegebene Stimmen: 577;
davon

ja: 312
nein: 264
enthalten: 1

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann

Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier

Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Endgültiges Ergebnis Klaus Brähmig Eberhard Gienger Franz-Josef Holzenkamp
wir auch innerhalb Europas So
Italien – üben. Martin Schu
Fraktion im Europäischen P
schen Länder massiv dazu a
nerhalb Europas zu üben; de
allein Italien die Last der Vor
genblick erleben.

Wir müssen die Bürgerinn
ten jetzt unserer Unterstützu
der Marshallplan, den Günte
Steinmeier angeregt haben, i
ser Marshallplan ist etwas, w
Wir müssen aber akut etwas
der Flüchtlinge tun. Wir müs
bei der Demokratisierung die
Die Demokratisierung diese
zum Erfolg und zu mehr Ruh
zu einer vernünftigen regiona
hört auch, dass wir die Wirts
onen existieren, anerkennen;
beit werden weiterhin aus Lib
Raum fliehen. Das ist etwas,
schenrechtsratssitzung geme
chen sollten. Ich denke, es ist
byen dabei ist.


(Beifall bei lidarität – zum Beispiel mit lz von der Sozialistischen arlament hat die europäiufgefordert, Solidarität innn es kann nicht sein, dass gänge trägt, die wir im Au en und Bürger solcher Staang versichern. Ich denke, r Gloser und Frank-Walter st die richtige Lösung. Dieas auf Dauer wirken kann. gegen die schlimme Lage sen daran arbeiten, dass wir ser Region weiterkommen. r Region ist der Schlüssel e im Mittelmeerraum sowie len Entwicklung. Dazu ge chaften, die in diesen Regi denn Menschen ohne Aryen und aus dem gesamten was Sie auch bei der Meninsam mit Libyen bespre auch eine Chance, dass Li der SPD)

Vizepräsidentin Gerda H
Bevor ich dem nächsten R

ich Ihnen kurz die von d
Schriftführern ermittelten E
chen Abstimmungen mitte
zum Ergebnis der Abstimmu
der Fraktion Die Linke zu K
von DDR-Alterssicherungen
auf den Drucksachen 17/163
Die Auszählung der namen
eine Mehrheit von Nein-Stim
die Anträge abgelehnt. Das d
mentlichen Abstimmungen w
schen Bericht veröffentlicht.1


(Jörn Wunderlich [DIE gerade mits Wir kommen nun zum E Abstimmung über die Besc schusses für Arbeit und Sozi tion Bündnis 90/Die Grünen. besserung der Versorgung de 1. Januar 1992 Geschiedene 578. Mit Ja haben 313 gestim eine Enthaltung. Die Beschlu genommen. 1)

asselfeldt:
edner das Wort erteile, will
en Schriftführerinnen und
rgebnisse der namentli-

ilen. Ich komme zunächst
ngen über die 19 Anträge
orrekturen der Überleitung
in bundesdeutsches Recht
1 und 17/3871 bis 17/3888.
tlichen Abstimmungen hat

men ergeben. Damit sind
etaillierte Ergebnis der na-
ird später im Stenografi-

)

LINKE]: Ich wollte
chreiben!)

rgebnis der namentlichen
hlussempfehlung des Aus-
ales zum Antrag der Frak-
Es ging dabei um die Ver-
r im Beitrittsgebiet vor dem
n. Abgegebene Stimmen:

mt, mit Nein 264. Es gab
ssempfehlung ist damit an-





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Daniela Ludwig
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Reiner Deutschmann
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Holger Krestel
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel

(Lüdenscheid)


Dr. Daniel Volk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


Nein

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann


(Hildesheim)

Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Kerstin Griese
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)


Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler

Christine Lambrecht

Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling

Franz Thönnes

atrin Kunert
ren Lay
bine Leidig
lph Lenkert

Kornelia Möller

Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter

Sven-Christian Kindler
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz

Nun zum Ergebnis der n
über die Beschlussempfehlu
ses zu dem Antrag der Frakti
tisierung von Äckern, Seen u
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann

amentlichen Abstimmung
ng des Haushaltsausschus-
on Die Linke „Keine Priva-
nd Wäldern“. Abgegebene
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Ingrid Remmers
Paul Schäfer (Köln)

Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Johanna Voß
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann

BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm
Birgitt Bender
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius

Stimmen: 578. Mit Ja haben
Es gab 196 Enthaltungen. Au
lung ist damit angenommen.
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Enthalten

CDU/CSU

Manfred Kolbe

313 gestimmt, mit Nein 69.
ch diese Beschlussempfeh-
Christian Lange (Backnang) Wolfgang Tiefensee Niema Movassat Maria Klein-Schmeink
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf

Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothee Menzner
Cornelia Möhring

Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
K
Ca
Sa
Ra





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 578;
davon

ja: 313
nein: 69
enthalten: 196

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Daniela Ludwig
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)


Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Reiner Deutschmann
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Holger Krestel
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Hans-Christian Ströbele

Nein

DIE LINKE
Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothee Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Ingrid Remmers
Paul Schäfer (Köln)

Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Johanna Voß
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann

Enthalten

CDU/CSU
Josef Göppel

SPD
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann


(Hildesheim)

Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Kerstin Griese
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CS und dem BÜNDNIS Die Lage in Libyen hat sic unübersichtlich dargestellt. konnten auch heute ein nur bild geben. Vorrangiges Ziel der deutschen und europäisc Die CDU/CSU-Fraktion dank rung und dem Auswärtigen schwierigen Lage innerhalb Staatsbürger sicher nach Hau Die libysche Führung hat Menschen zu verantworten; e der libyschen Führung. Dies d ben. Es muss deshalb Sankt Gaddafi geben. Die EU mu sprechen. U, der SPD, der FDP 90/DIE GRÜNEN)


h in den letzten Tagen sehr
Herr Staatsminister, Sie

sehr unvollständiges Lage-
musste zunächst der Schutz
hen Bürger in Libyen sein.
t deshalb der Bundesregie-
Amt, dass sie in dieser
kürzester Zeit deutsche

se haben ausfliegen lassen.

den Tod mehrerer Hundert
s klebt Blut an den Händen
arf nicht ohne Folgen blei-

ionen gegen die Regierung
ss hier mit einer Stimme
[Bremen] [BÜNDNIS
Iran sitzt da auch!)

Der UNO-Sicherheitsrat
die libysche Zivilbevölkerung
Regimes geschützt werden
Deutschland und andere EU-
fen und eine Dringlichkeitssi
ein Mandat der Vereinten Na
Libyen zu unterbinden, mit
gebracht werden sollen. Die S
gesagt worden, was dafür t
sollte ohnehin selbstverständ

Es gibt unterschiedliche Za
lingssituation. Der Rote Hal
schen, die ins benachbarte T
hilft uns nicht weiter, wenn w
reden. Um diese zu verhinder
der Migration in Afrika – das
90/DIE GRÜNEN]:

muss darüber beraten, wie
vor Söldnern des Gaddafi-
kann. Wir erwarten, dass

Staaten die Initiative ergrei-
tzung beantragen. Nötig ist
tionen, um die Flüge nach

denen Söldner in das Land
perrung der Konten – es ist

echnisch erforderlich ist –
lich erfolgen.

hlen hinsichtlich der Flücht-
bmond meldet 5 700 Men-
unesien geflohen seien. Es
ir Flüchtlingsströme herbei-
n, müssen wir die Ursachen
ist zu Recht von Herrn Ho-

(Beifall bei der CDU/CSU – Marieluise Beck Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck Volker Beck Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Nun hat der Kollege Dr. Andreas Schockenhoff für die CDU/CSU das Wort. Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Libyen steht in Flammen, und das libysche Regime trägt hierfür die volle Verantwortung. Mit brutaler Gewalt unterdrückt es die Proteste der eigenen Bevölkerung. Diktator Gaddafi hat zur Ermordung der Demonstranten aufgerufen. Ein Regime, das sein eigenes Volk derart behandelt, begeht systematische Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese Verbrechen gegen die Bürgerinnen und Bürger müssen sofort aufhören. Dieses Vorgehen ist vollkommen inakzeptabel. Wir verurteilen es auf das Schärfste. Die Demonstranten nehmen ihre Menschenund Bürgerrechte wahr. Meinungsfreiheit und das Recht, sich friedlich zu versammeln, sind fundamentale Rechte eines jeden Menschen, die respektiert und geschützt werden müssen. Sie haben dabei Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth Monika Lazar Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann Kuhn Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Wolmirstedt)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1709307700

Es ist völlig inakzeptabel, dass vor allem ein EU-Land
aus falsch verstandener Partnerschaft zu Libyen die EU
am dringend erforderlichen Handeln hindert und damit
zugleich eine Ignoranz der brutalen Menschenrechtsver-
letzungen zum Ausdruck bringt.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Am kommenden Montag beginnt die nächste Sit-
zungsperiode des UN-Menschenrechtsrates. Es ist für
mich ein völlig unerträglicher Gedanke, dass Libyen
dann wieder in diesem Gremium sitzt, und dies im Bei-
sein von Lady Ashton, die ihre Teilnahme angekündigt
hat. Herr Staatsminister, ich erwarte, dass Lady Ashton
für die EU die geeigneten Worte findet. Ich bin dankbar,
dass sich die Bundesregierung im Vorfeld der Sitzung
des UN-Menschenrechtsrates dafür starkmacht.





Dr. Andreas Schockenhoff


(A) (C)



(D)(B)

yer und von meiner Vorrednerin gesagt worden – kurz-
fristig wie auch langfristig bekämpfen. Wir müssen da-
für sorgen, dass den Menschen in ihrer Heimat stabile
Verhältnisse und wirtschaftliche Perspektiven geboten
werden. Wir brauchen natürlich auch eine Stärkung der
europäischen Grenzschutzorganisation FRONTEX, aber
nicht, um die Menschen draußen zu halten


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Um sie einzuladen?)


– nein –, sondern um den Menschen dort, wo sie sind,
eine echte Lebensperspektive zu geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die CDU/CSU-Fraktion kann Innenminister de Maizière
nur zustimmen: Wir sollten keine Flüchtlingsströme or-
ganisieren, sondern Aufbauhilfe leisten und Lebenspers-
pektiven in den Heimatländern bieten.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Heuchlerisch ist das!)


Bei aller Tragik müssen wir die Ereignisse auch als
eine Chance begreifen und beherzt agieren. Ich unter-
stütze ausdrücklich die Initiative der Bundesregierung,
den betroffenen Ländern eine Transformationspartner-
schaft anzubieten.


(Zuruf von der LINKEN)


– Wir brauchen uns nicht gegenseitig Vorwürfe zu ma-
chen. – Natürlich müssen wir die Nachbarschaftspolitik
der Europäischen Union im Süden wie im Osten völlig
neu überdenken und uns fragen, was wir falsch gemacht
haben und warum wir erst dann reagieren, wenn es
brennt.

Die Europäische Union darf universelle Menschen-
rechte nicht nur predigen; sie muss vielmehr für diejeni-
gen einstehen, die die Geltung dieser Rechte für sich ein-
fordern. Es wird uns in der Europäischen Union auf
Dauer nicht gut gehen, wenn es unseren Nachbarn
schlecht geht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709307800

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Gehrcke für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709307900

Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Verehrte Kolle-

ginnen und Kollegen! Ich finde, im ganzen Hause muss
Klarheit darüber bestehen, dass wir fordern und nicht
bitten, dass die Gewalt gegen Demonstranten in Libyen
sofort und endgültig eingestellt wird.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU])

Das ist die erste Forderung. Da kann es überhaupt kein
Vertun geben. Wir müssen dem libyschen Staat, der Fa-
milie Gaddafi und ihm selbst deutlich machen, dass
nichts, aber auch gar nichts diese Orgie der Gewalt
rechtfertigen kann und dass wir uns als deutsches Parla-
ment schützend an die Seite der Demonstranten stellen.
Das ist zwar eine symbolische Geste, aber solche sym-
bolischen Gesten sind in bestimmten Situationen poli-
tisch außerordentlich wichtig.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich sage genauso klar: Wer in der jetzigen Situation
anfängt, mit dem Gedanken an militärische Maßnahmen
zu spielen und in der Öffentlichkeit über den Einsatz von
Militär zu spekulieren, der hilft der Familie Gaddafi bei
der Durchsetzung ihrer Gewaltpolitik.


(Beifall bei der LINKEN)


Das schafft ein Klima, das nicht mehr zu steuern ist. Ich
halte auch nichts von der Debatte, Flugverbotszonen ein-
zurichten. Wenn man sie einrichtet, hat man immer das
Problem, sie gewaltsam durchsetzen zu müssen. Damit
befindet man sich mitten in einer militärischen Ausein-
andersetzung. Das Militär ist in der jetzigen Situation
das schlechteste Mittel, das man anbieten oder mit dem
man drohen kann. Das muss völlig klar sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich mache Ihnen zwei andere Vorschläge. Ich würde
mich freuen, wenn wir uns demnächst mit Anträgen zu
diesem Thema befassen könnten. Ich möchte unbedingt,
dass sich die Europäische Union und auch Deutschland
selbst für Flüchtlinge aus dem gesamten arabischen
Raum öffnen


(Beifall bei der LINKEN)


und in der jetzigen Situation FRONTEX nicht verstär-
ken. Vielmehr muss man sich jetzt zurücknehmen. Das
wäre ein erster Vorschlag. Vielleicht können wir uns dar-
auf einigen. Das wäre eine konkrete Hilfe für die Men-
schen, nicht ausreichend, aber immerhin eine Hilfe.
Mein zweiter Vorschlag: Lassen Sie uns gegenüber allen
Staaten der Europäischen Union, aber auch in unserem
eigenen Land dafür eintreten, dass die Waffenlieferun-
gen sofort eingestellt werden, und zwar endgültig.


(Beifall bei der LINKEN)


Vor diesem Problem kann man sich nicht drücken. Über
alles andere reden Sie, aber über solche Probleme reden
Sie nicht. Das hat Ursachen.

Ich möchte über einen weiteren Punkt diskutieren. Ich
frage mich: Machen Sie sich eigentlich Gedanken darü-
ber, wie gering die Europäische Union und auch unser
Land in den arabischen Ländern angesehen sind? Ma-
chen Sie sich keine Gedanken darüber, dass man dort be-
merkt, dass unsere Politik mit doppelten Standards ar-
beitet?


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ihre!)






Wolfgang Gehrcke


(A) (C)



(D)(B)

Ich habe mich gefragt, warum gerade jetzt, nach-
dem vieles passiert ist, eine kritische Abrechnung mit
Mubarak beginnt. Zuvor haben alle geschwiegen. Ich
frage mich, warum Gaddafi gerade jetzt – zu Recht, das
möchte ich betonen – angegriffen wird, obwohl man
vorher mit ihm zur Abwehr der Flüchtlingsströme pak-
tiert hat. Das ist doch die Realität. Glauben Sie nicht,
dass das die Menschen nicht spüren?


(Beifall bei der LINKEN)


Ich war dieser Tage in Ägypten und anderen arabischen
Ländern. Auf der Straße spürt man, dass die Europäische
Union, unser Land und auch unsere Bundesregierung
keine Glaubwürdigkeit mehr besitzen. Ich bin der Auf-
fassung, wir müssen unsere Nahostpolitik, unsere Politik
gegenüber den arabischen Ländern grundsätzlich korri-
gieren.

Herr Hoyer hat recht: Es gibt unterschiedliche Ursa-
chen für die Proteste, aber es gibt auch vergleichbare.
Ich möchte Ihnen einige nennen. Erstens. In allen Bewe-
gungen erleben wir sehr stark, dass speziell junge Men-
schen soziale Rechte einfordern. Die soziale Entwurze-
lung ist eine der Ursachen der Proteste. Wenn man die
nicht bekämpft, wird man keine demokratische Entwick-
lung befördern können. Ein zweiter Punkt, der eine Rolle
spielt, ist der Wunsch nach wirklicher Demokratie, das
heißt, die klare Ablehnung kleptokratischer Regime in
diesen Ländern. Ein dritter Punkt hat etwas mit Würde
zu tun. Wenn Menschen über lange Zeit entwürdigt wor-
den sind, hat das politische Auswirkungen und Nachwir-
kungen. Das ist in vielen Ländern identisch.


(Beifall der Abg. Angelika Graf [Rosenheim] [SPD])


Entwürdigung muss gestoppt werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben allen Anlass, uns selbstkritisch mit diesem
Thema auseinanderzusetzen. Warum gehen wir den
selbstkritischen Auseinandersetzungen aus dem Weg,
wenn wir uns wirklich ändern wollen? Das ist nicht
glaubwürdig, das hat keinen Effekt, und das stärkt De-
mokratien nicht, sondern schwächt Demokratien.

Es ist falsch, den Ägypterinnen und Ägyptern, die
sich selbst befreit haben, jetzt zu sagen: Wenn es um
eine Verfassung und den Aufbau von Demokratie geht,
dann stehen wir euch zur Verfügung. Ihr könnt von uns
lernen. – Umgekehrt ist es richtig: Wir können von vie-
len Ägypterinnen und Ägyptern sowie Libyerinnen und
Libyern lernen, die ihren Kopf für die Demokratie
– nicht für weise Ratschläge – hingehalten haben.

Schönen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709308000

Nächster Redner ist für die Fraktion Bündnis 90/Die

Grünen der Kollege Hans-Christian Ströbele.

(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Oh! Redezeit! Das ist ja eine Premiere!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das „liebe“ sage ich heute aus voller Überzeugung, weil
ich den Eindruck habe, dass wir uns im Grunde weitge-
hend einig sind bei der Beurteilung der Situation Nord-
afrikas, insbesondere derjenigen Libyens.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das ist ja mal was!)


In Nordafrika gibt es – ich habe einmal nachgezählt –
ein Dutzend Länder, in denen die Bevölkerung tage-,
manchmal wochenlang für Demokratie, für Freiheit, für
Menschenrechte, für Würde, aber auch für Brot und Ar-
beit auf der Straße ist. Das zeigt uns, dass auch Völker,
die islamisch geprägt sind, sehr wohl etwas von friedli-
cher Revolution verstehen und eine friedliche Revolu-
tion machen können, und zwar ohne unsere Anleitung.
Und das ist gut so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Nun stellen wir bezüglich Libyens leider fest, dass
das Volk auf der Straße ist und sich bemüht, diesen Dik-
tator loszuwerden, dieser aber zurückschlägt und das
Volk unterdrückt. Die Krone der Unterdrückung und Re-
pression ist der kaum für möglich gehaltene Umstand,
dass er sein eigenes Volk aus Flugzeugen der Luftwaffe
bombardieren und beschießen lässt und dass er Söldner
aus anderen afrikanischen Staaten einfliegen und sein
Volk zusammenschießen lässt.

Auch ich sitze, wie wahrscheinlich viele von uns,
abends vor dem Fernseher oder vor dem Radio und höre
wie vor gut 20 Jahren die Nachrichten und frage mich:
Klappt es? Ist er bald weg? So war es in Bezug auf
Ägypten, wo es die ganze Nacht darum ging: Geht
Mubarak jetzt, oder geht er nicht? So ist es jetzt wieder
bezüglich Libyens, nur dass die Situation für die Bevöl-
kerung dort noch viel dramatischer und schlimmer ist,
weil Menschen getötet werden, und zwar nicht Hun-
derte, sondern – wenn die Meldungen stimmen – bereits
über 2 000.

Das ist unerträglich. Die internationale Gemeinschaft,
die UNO und Europa müssen klar sagen, dass das Mord-
taten sind. Sie müssen die Fakten benennen und dürfen
es nicht dabei bewenden lassen, vielmehr müssen sie
auch Konsequenzen ziehen und Sanktionen verhängen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zunächst fragen wir uns natürlich: Was hat Europa da-
mit zu tun, was haben wir damit zu tun, dass das Gaddafi-
Regime so reagieren kann? Wir müssen uns daran erin-
nern, dass der Diktator Gaddafi mit seinem Hofstaat
noch vor wenigen Wochen und Monaten in Europa ho-
fiert worden ist. Er durfte seine Zelte auf großen Plätzen





Hans-Christian Ströbele


(A) (C)



(D)(B)

in europäischen Hauptstädten aufschlagen. Alle waren
stolz, wenn sie mit ihm eingeladen wurden.


(Zuruf von der LINKEN: Sie auch!)


Damit haben wir nicht etwa lediglich auf das falsche
Pferd gesetzt; wir haben vielmehr wieder einmal den
Fehler gemacht, den wir in vielen Ländern der Welt
– nicht nur in Nordafrika – machen: Wir haben auf Po-
tentaten gesetzt, weil wir dachten, Stabilität sei wichtiger
als Menschenrechte. Das darf nicht wahr sein. So kann
das nicht weitergehen.

Wir haben an Libyen sogar Technologien geliefert,
mit denen die Machthaber jetzt die Handys abschalten
und den Zugang zum Internet sperren können. Wir haben
Polizeihilfe geleistet. Europa hat über 100 000 Kalasch-
nikows geliefert. Wir müssen es uns eine Lehre sein las-
sen, dass solche Unterstützungsleistungen, dass solche
Hilfen für Militär und Polizei, die als Unterdrückungs-
instrumente fungieren, gegen die Bevölkerung einge-
setzt werden, wie es jetzt in Libyen der Fall ist.

Es reicht nicht aus, dass wir sagen: Wir verurteilen
das, wir stehen an der Seite der Bevölkerung, die auf die
Straße geht und der Ermordung droht. Wir müssen etwas
tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU])


Sanktionen sind erforderlich, und zwar zunächst gegen
den Clan von Gaddafi. Sie dürfen nicht ausreisen. Wenn
sie ausreisen wollen, müssen sie festgehalten und festge-
setzt werden. Sie müssen vor den Internationalen Straf-
gerichtshof gestellt werden. Das müssen wir ganz offen-
siv fordern. Diese Verfahren müssen wir einleiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir müssen die Konten sperren. Wir müssen ihre Ver-
mögen einfrieren. All das kann jetzt auf den Weg ge-
bracht werden, damit es irgendwann in den nächsten Ta-
gen oder Wochen umgesetzt werden kann.

Wir müssen aber auch den Soldaten Zuflucht gewäh-
ren, die ihre Flugzeuge nach Europa bringen wollen, um
ihre Bevölkerung nicht bombardieren zu müssen. Diesen
Piloten und den Kapitänen und Matrosen, die mit Schif-
fen unterwegs sind, müssen wir Asyl anbieten. Darüber
hinaus müssen wir den Menschen helfen, die jetzt in Li-
byen verfolgt werden. Ich meine die Tunesier und Ägyp-
ter, die ermordet werden, deren Frauen vergewaltigt wer-
den, die verfolgt werden, die in Nachbarländer fliehen.
Diesen Menschen müssen wir helfen. Gerade Länder
wie Tunesien und Ägypten müssen wir unterstützen, da-
mit sie diesem Flüchtlingsstrom einigermaßen Herr wer-
den können. Sie müssen in die Lage versetzt werden, die
Flüchtlinge zu humanitären Bedingungen unterzubrin-
gen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709308100

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Letzter Satz. – Damit nicht genug: Das Volk in Li-
byen erwartet von uns ganz konkrete Unterstützung. Wir
sollten medizinische, humanitäre Hilfe anbieten, und wir
sollten in den Gebieten, die bereits befreit sind, eine sol-
che Hilfe bereits jetzt anbieten. Das ist möglich. Das
kann auf den Weg gebracht werden.

Ich habe heute in der Zeitung gelesen, –


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709308200

Herr Kollege, keinen neuen Anlauf, bitte.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– dass deutsche Kriegsschiffe unterwegs sind. Sie
sollten der Bevölkerung in den befreiten Gebieten so
helfen. Das ist jetzt unsere Aufgabe. Daran müssen wir
arbeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709308300

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Wolfgang Götzer

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Wolfgang Götzer (CSU):
Rede ID: ID1709308400

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Die gesamte arabische Welt befindet sich derzeit in
Aufruhr. Der Funke, der sich in Tunesien entzündete, ist
auf Ägypten, Algerien, die Golfregion und andere arabi-
sche Länder und nun auch auf Libyen übergesprungen.

Ich glaube allerdings nicht, dass man angesichts der
Entwicklung in der arabischen Welt von einem Domino-
effekt sprechen kann. Zu unterschiedlich sind Ausgangs-
lage, aktuelle Situation und Perspektiven in den einzel-
nen Ländern. Libyen ist kein historisch gewachsener
Staat. Die Revolten in Tunis und Kairo stellten nie die
Einheit des jeweiligen Landes infrage. In Libyen verhält
sich das anders. Außerdem gibt es kein homogenes
Staatsvolk. Deshalb drohen alte Stammeskonflikte jetzt
wieder aufzubrechen. Anders als in Ägypten und Tune-
sien sind keinerlei Ansätze für eine Zivilgesellschaft und
nicht einmal rudimentäre demokratische Strukturen zu
erkennen. Es gibt keine politische Landschaft und vor al-
lem niemanden, der das Land auf Anhieb repräsentieren
oder in einer Übergangsphase regieren könnte. Auch ist
das libysche Militär, anders als beispielsweise in Ägyp-
ten, kein stabilisierender Faktor. Die Armee ist vielmehr
gespalten. Deshalb ist die Zukunft Libyens ungewiss.

Aber nicht nur in den genannten Punkten unterschei-
den sich die aktuellen Vorgänge in Libyen von den Vor-





Dr. Wolfgang Götzer


(A) (C)



(D)(B)

gängen in der übrigen arabischen Welt. Vor allem die
brutale Gewalt, mit der Gaddafi sein eigenes Volk nie-
dermetzeln lässt, ist ohne Beispiel. Hunderte von Men-
schen – wahrscheinlich muss man inzwischen von Tau-
senden sprechen, darunter auch Ausländer – sind in den
letzten Tagen gewaltsam ums Leben gekommen, nur
weil sie für Freiheit, Menschenrechte und ein Leben in
Würde auf die Straße gegangen sind. Viele Tausende
sind auf der Flucht. Während eines bizarren Sekunden-
auftritts droht der Diktator seinem eigenen Volk sogar
mit Bürgerkrieg und spricht in einer theatralisch-grotes-
ken Ankündigung von seiner Bereitschaft zum Märtyrer-
tod.

Bei dem Vorgehen des Regimes gegen die Demon-
stranten handelt es sich mittlerweile längst nicht mehr nur
um die leider allzu bekannten Menschenrechtsverletzun-
gen, die in Libyen seit nunmehr 42 Jahren zum Alltag ge-
hören. Die wenigen Bilder, die wir aus dem isolierten
Land bekommen, zeigen eine Reaktion des Regimes, die
nur noch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit be-
zeichnet werden kann. Dieses barbarische Vorgehen ge-
gen das eigene Volk ist weltweit schärfstens verurteilt
worden. Bemerkenswert finde ich in diesem Zusammen-
hang die Reaktion der Arabischen Liga, die Gaddafi un-
missverständlich aufgefordert hat, die Gewalt einzustel-
len, so wie es bereits zu einem frühen Zeitpunkt die
Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister getan
haben. Die Bundesregierung gehört damit zu den Ersten,
die in der internationalen Staatengemeinschaft klar Posi-
tion gegen den libyschen Despoten und sein Regime be-
zogen haben.

Oberste Priorität muss nun für uns haben, alle sich
noch in Libyen befindenden Deutschen sicher außer
Landes zu bringen. Des Weiteren darf es keinen Zweifel
an der gemeinsamen Haltung der EU gegenüber der liby-
schen Regierung geben.


(Christoph Strässer [SPD]: Dann sag das mal dem Berlusconi!)


– Ja, ja. – Auch wenn die Interessenlage in der EU viel-
schichtig ist, muss Europa, wenn es um die elementars-
ten Menschenrechte geht, mit einer Stimme sprechen.
Ich stimme Ihnen völlig zu, Herr Staatsminister Hoyer,
dass man da schon früher hätte mehr erwarten können.
Es ist Zeit, dass es jetzt zu einer gemeinsamen Haltung
der EU kommt.

Sollte Gaddafi weiterhin mit brutaler Gewalt sein Re-
gime aufrechterhalten wollen – leider sind keine Anzei-
chen dafür erkennbar, dass er umdenkt –, müssen Sankti-
onen folgen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Libyen im
Chaos versinkt. Für Deutschland, die EU und die ge-
samte westliche Welt ist es von elementarer Bedeutung,
Libyen bei der Ingangsetzung eines Demokratisierungs-
prozesses zu unterstützen und zu verhindern, dass es
zum Rückzugsgebiet für islamistische Terroristen wird.

Auch die nachhaltige Eindämmung der Flüchtlings-
ströme – nicht nur aus Libyen – liegt im klaren Interesse
aller EU-Länder. Das wird aber nicht funktionieren,
wenn sich Europa abschottet, sondern nur, wenn wir da-
bei behilflich sind, dass die Probleme in Nordafrika
selbst gelöst werden.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Was heißt das?)


– Hilfe zur Selbsthilfe.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Und was heißt das?)


– Das heißt, es sollte keinen unbegrenzten Zufluss von
Flüchtlingen geben, Herr Kollege – das hat Kollege
Schockenhoff vorhin bereits angesprochen –,


(Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])


sondern wir müssen vor Ort für bessere Lebensbedin-
gungen, für bessere politische und wirtschaftliche Be-
dingungen sorgen.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die Vorgänge
in der arabischen Welt haben inzwischen – da stimme
ich dem Bundesaußenminister zu – die Dimension einer
Zeitenwende, einer historischen Zäsur angenommen.
Auch wenn der Westen wenig Einfluss auf die weitere
Entwicklung der Ereignisse hat, kommt es jetzt darauf
an, klar Position zu beziehen und ebenso besonnen wie
entschlossen zu agieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709308500

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Rolf Mützenich

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1709308600

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! In der Tat, wir sind Zeugen einer dramatischen,
furchtbaren und mörderischen Entwicklung in Libyen,
und wir fordern, ich glaube, als gesamter Deutscher
Bundestag: Das muss sofort beendet werden. Wir brau-
chen einen Gewaltverzicht.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir müssen eine friedliche Entwicklung in Libyen ein-
fordern und diese nach unseren Möglichkeiten unterstüt-
zen.

Ich warne ein bisschen davor, auf die Posen von
Gaddafi hereinzufallen. Er ist voll zurechnungsfähig. Er
ist verantwortlich für die Taten, und er muss dafür auch
einstehen. Wenn ihn das eigene Volk oder die eigenen
Institutionen nicht zur Rechenschaft ziehen, dann muss
der Internationale Strafgerichtshof handeln, dann müs-
sen die Möglichkeiten, die wir in der internationalen Ge-
meinschaft in den letzten Jahren gegen die Verletzung
der Menschenrechte entwickelt haben, sofort genutzt
werden. Ich hoffe, dass die Bundesregierung dies im Si-
cherheitsrat der Vereinten Nationen unterstützt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Dr. Rolf Mützenich


(A) (C)



(D)(B)

Ich bin der festen Überzeugung, dass das, was inner-
halb der Europäischen Union in den letzten Tagen unter-
nommen worden ist, in die richtige Richtung geht. Ich
will das auch an die Adresse der Bundesregierung sagen.
Ich glaube, Sie haben diesmal schneller, umfassender
und deutlicher reagiert. Im Gegensatz zu den Erfahrun-
gen im Zusammenhang mit Tunesien und Ägypten ist
die Rolle Deutschlands in der Europäischen Union zur-
zeit vorbildhaft. Aber das heißt auch, Herr Kollege
Schockenhoff: Sie müssen mit Ihrem Parteifreund
Berlusconi


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Na!)


über die Sonderrolle Italiens sprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Ich bitte Sie! Also wirklich! Was soll das denn?)


Zumindest müssen Sie versuchen, ihn mithilfe der Kon-
takte, über die Sie aus der Vergangenheit vielleicht noch
verfügen, zu überzeugen; ich glaube, alles andere ginge
in genau die falsche Richtung. Wenn man das nicht auf
Parteiebene machen will, dann muss es letztlich die Bun-
deskanzlerin in ihren Konsultationen mit dem Regie-
rungschef tun.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Was soll denn das? Eigentlich mag ich Sie ja ganz gern!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine bestimmte De-
batte, vor der ich ein bisschen warnen möchte, sollten
wir in Deutschland nicht befördern.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Wo ist eigentlich Ihr Parteifreund Mubarak?)


Ich habe wirklich Verständnis für die herrschende Skep-
sis, auch für die der Menschen in Deutschland, die vor
dieser Entwicklung natürlich Angst haben; das ist gar
keine Frage. Wir wissen noch nicht, was in allen Einzel-
heiten auf uns zukommt. Aber ich finde, wir Politikerin-
nen und Politiker dürfen die Situation nicht dramatisie-
ren. Wir dürfen auch nicht die falschen Maßstäbe
anlegen.

Ein Beispiel ist die Diskussion über die Flüchtlinge.
Ich bin der festen Überzeugung, Libyen und seine Nach-
barländer werden an den Grenzen viel größere Probleme
mit Flüchtlingen und Binnenflüchtlingen haben, als es in
Europa jemals der Fall sein wird. Auch das gehört zum
Bild der Lage. Wir müssen bei diesem Thema alle Mög-
lichkeiten, die wir in unserer Geschichte entwickelt ha-
ben, nutzen, auch in Sachen Toleranz.

Insbesondere finde ich, dass wir ein vollkommen fal-
sches Bild von den Menschen zeichnen, die zurzeit ver-
suchen, in ihrer Region, in ihren Ländern neue Gesell-
schaften aufzubauen. Sie demonstrieren doch nicht, um
fliehen zu können. Sie wollen in ihren Ländern bleiben.
Sie wollen sich selbst ermöglichen, in ihrem Land zu le-
ben. Darin müssen wir sie auch von hier aus unterstüt-
zen, und wir dürfen nicht dramatisieren.


(Beifall im ganzen Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass die
Chancen überwiegen, sowohl für die Region als auch für
Europa. Junge Frauen und Männer, Arbeiterinnen und
Arbeiter, gut ausgebildete Menschen haben ihr Schicksal
in die Hand genommen. Sie stehen für Modernisierung
und Mobilität und auch für ein anderes Bild einer islami-
schen Gesellschaft. Die Demonstranten haben nicht ge-
sagt, der Islam sei die Lösung für ihre Probleme, sondern
sie wollen eine moderne, mobile, demokratische, freie
Gesellschaft.

Ich finde, Europa muss signalisieren, dass wir diese
Bestrebungen unterstützen und sie als Chance begreifen.
So hat es auch Europa geschafft, nach dem Zweiten
Weltkrieg eine friedliche Entwicklung in unserer Region
einzuleiten. Setzen wir doch ein positives Signal! Das
heißt natürlich auch, dass man ehrlich sein muss. Wir
werden in der Europäischen Union eine neue Flücht-
lingspolitik brauchen. Ich begrüße das, was Herr Staats-
minister Hoyer hierzu für die Bundesregierung erklärt
hat.

Wir müssen uns klar darüber sein, dass wir den Men-
schen bestimmte Möglichkeiten eröffnen und ihnen ei-
nen temporären Aufenthalt anbieten müssen. Auch die
Frage des politischen Asyls wird in diesem Zusammen-
hang eine Rolle spielen. Wir werden im Ausbildungssek-
tor Hilfe leisten müssen. Insbesondere die Abschottung
der Europäischen Union im Agrarsektor muss beendet
werden. Hier geht es um genau das, was Sie eben gesagt
haben. Wir unterstützen das.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben die Chance, in dieser Region eine stabili-
sierende Rolle zu spielen. Insbesondere wird es aber auf
die Länder selbst ankommen. Ich hoffe, dass die Türkei
eine Menge wird bewegen können. Wenn es dann noch
gelingt, dazu beizutragen, dass Ägypten als stabiles, frei-
heitliches Land in dieser Region einen Stabilitätsanker
bildet, werden davon auch Europa und die Menschen,
die hier leben, profitieren können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709308700

Das Wort hat der Kollege Dr. Rainer Stinner für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1709308800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der vorletzten Sitzungswoche haben wir uns mit Tu-
nesien beschäftigt, in der letzten Sitzungswoche mit
Ägypten, und heute befassen wir uns mit Libyen. Man
könnte die Frage stellen: Womit beschäftigen wir uns in
der nächsten Plenarwoche?





Dr. Rainer Stinner


(A) (C)



(D)(B)


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Mit dem Jemen!)


– Es kann so sein; aber wir wissen es noch nicht. Wir
alle wissen nicht, wie sich die Situation entwickelt. Wir
alle wissen auch nicht, was am Ende des Tages bei den
Reformprozessen herauskommt.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: So ist es!)


In den Ländern, mit denen wir uns bisher beschäftigt
haben, herrscht eine vergleichbare Situation: Die Leute,
die normalen Menschen, haben es gewagt, auf die Straße
zu gehen. Ich finde es unglaublich mutig, dass es Men-
schen in Libyen heutzutage immer noch wagen, auf die
Straße zu gehen, obwohl sie dort abgeschossen werden –
so muss man das sagen. Wir können uns vor diesem Mut
der Bevölkerung in Libyen nur verneigen und sie mit
den allerbesten Wünschen begleiten.


(Beifall im ganzen Hause)


Auf der einen Seite gibt es also etwas Vergleichbares,
auf der anderen Seite gibt es aber auch große Unter-
schiede. Das müssen wir, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, zur Kenntnis nehmen und auch sehr deutlich sagen.
Wir können die Situation in Libyen nicht mit der in Tu-
nesien oder Ägypten vergleichen. Während wir in Ägyp-
ten und Tunesien wenigstens eine Chance haben und
Strukturen erkennen können, in die sich etwas hineinent-
wickeln kann, gibt es dafür in Libyen nach meinem Da-
fürhalten bisher nicht den geringsten Ansatzpunkt. Das
ist ein großer Unterschied. Von daher sage ich auch: Was
da passiert, ist hochriskant. Wir wissen nicht, wie das
Ende aussieht. Wir können nur unterstützen, wo wir kön-
nen.

Libyen ist also anders. Deshalb finde ich es auch rich-
tig, dass die Reaktion der Bundesregierung auf die Situa-
tion in Libyen anders ist als im Fall von Ägypten und
Tunesien. Wir müssen uns den Situationen, die wir vor-
finden, anpassen. Ich finde es sehr richtig, dass die Bun-
desregierung bzw. der Außenminister als erster europäi-
scher Führer deutliche Worte gefunden hat. Das war
völlig richtig. In Libyen wird auf der Straße geschossen,
und Libyens Führer hat zum Bürgerkrieg aufgerufen; das
ist in Ägypten und Tunesien nicht passiert. Das ist eine
völlig andere Situation, und es bedarf auch anderer Ge-
genmaßnahmen. Es gibt eventuell die Möglichkeit, ge-
gen Libyen Sanktionen zu verhängen, wobei das viel-
leicht zum Teil nur von symbolischer Bedeutung ist.

Ich möchte aber sehr deutlich sagen, dass ich große
Probleme damit habe, wenn Politiker in Deutschland,
vor allem aber auch im Ausland in diesem Zusammen-
hang von Völkermord sprechen und daran entsprechende
Konsequenzen knüpfen. Das Wort „Völkermord“ bein-
haltet erstens, dass eine bestimmte Situation vorherr-
schen muss, die nach meinem Dafürhalten – aber ich bin
kein Völkerrechtler – heute in Libyen trotz der furchtba-
ren Ereignisse immer noch nicht besteht. Wenn der Ter-
minus „Völkermord“ verwendet wird, bedeutet das
zweitens, dass unmittelbar und notwendigerweise Kon-
sequenzen gezogen werden müssen. Herr Asselborn hat
das gestern Morgen in Deutschland gefordert. Ich hätte
mir gewünscht, dass er auch gesagt hätte: Wir Luxem-
burger sind bereit, heute Nachmittag ein Bataillon der
luxemburgischen Armee in Marsch zu setzen. – Denn
das wäre die Konsequenz. Wer A sagt, von Völkermord
spricht und sagt, man müsse etwas dagegen tun, der
muss auch B sagen und erklären, woher er die Soldaten
nehmen will. Ich sage hier und heute deutlich: Ich bin
nicht bereit, darüber nachzudenken, Bundeswehrsolda-
ten nach Libyen zu schicken. Das wäre aber die Konse-
quenz, wenn man von Völkermord spricht; das müssen
wir sehr deutlich sagen.

Aber wir müssen aus dieser Situation auch etwas ler-
nen. Wir müssen bereit sein, zu erkennen, dass wir ers-
tens von der Region nicht genug gewusst haben und uns
zweitens nicht genügend – wir haben ja auch andere
Baustellen – darum gekümmert haben. Wir müssen dar-
aus lernen, wie wir in Europa vorgehen. Dazu möchte
ich sagen – als Abgeordneter kann man ja deutlicher
sprechen als die Regierung –: Für mich ist es völlig inak-
zeptabel, wie die italienische Regierung bisher mit dem
Thema umgegangen ist.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das müssen wir als Abgeordnete deutlich zum Ausdruck
bringen. Ich kann die Bundesregierung nur ermutigen
und ermuntern – diese Unterstützung soll sie mitneh-
men, und dazu hat sie, jedenfalls von mir und meiner
Fraktion, auch das Mandat –, in der Europäischen Union
in Freundschaft, aber auch in Klarheit dafür zu sorgen,
dass die Mittelmeerpolitik nicht von einem Klub von
Ländern dominiert wird, die ihre eigenen Interessen
– historische Bindungen usw. – verfolgen. Dafür ist das
Thema für uns alle in Europa zu wichtig. Hier muss Eur-
opa an einem Strang ziehen, und Deutschland ist beson-
ders gefordert.

Ich bin besonders froh darüber, dass die Bundesregie-
rung die ersten wichtigen und richtigen Maßnahmen
schnell ergriffen hat. Zunächst einmal ging es darum, in
dem Chaos in Libyen dafür zu sorgen, dass Deutsche
und andere Staatsbürger in Sicherheit gebracht werden –
Leib und Leben retten. Das hat die Bundesregierung ef-
fektiv und effizient gemacht. Das war hervorragend. Ich
glaube, ich kann im Namen aller sprechen, wenn ich den
Deutschen, die vor Ort, aber auch in Deutschland dazu
beigetragen haben, dass das schnell möglich war, aus-
drücklich Dank und Anerkennung ausspreche. Herr
Staatsminister, bitte übermitteln Sie das Ihren Mitarbei-
tern!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ab-
schluss sagen: Wir sind politisch gefordert. Wir sind zu-
nächst gefordert, die wichtigen Dinge, die jetzt, in dieser
Woche und in diesen Tagen, anstehen, anzugehen. Dann
sind wir mittelfristig politisch gefordert, eine neue Mit-
telmeerpolitik in Europa zu entwickeln. Daran müssen
wir arbeiten. Dazu muss Deutschland einen wichtigen
Beitrag leisten. Wir dürfen dieses Thema nicht nur eini-
gen wenigen Staaten überlassen. Deutschland muss seine





Dr. Rainer Stinner


(A) (C)



(D)(B)

Rolle spielen, und wir, das Parlament, werden die deut-
sche Bundesregierung mit Kräften unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das war ausnahmsweise mal eine ganz gute Rede!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709308900

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun der Kollege

Johannes Selle.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1709309000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In die-

sen Tagen erleben wir einmal mehr, wie viele Opfer es
kosten kann, wenn ein Diktator nicht aufgeben will. Man
kann bei der Fülle von Einzelinformationen nicht mehr
erkennen, ob 600, 1 000 oder bereits 2 000 Tote zu be-
klagen sind. Wer in die Menge schießt, hat jeden An-
spruch auf Respekt verloren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Er kämpft für niemanden mehr als für sich selbst.
Eine unübersehbare Zahl von brutalen Bildern kann man
im Netz finden – auch von toten Soldaten, die auf Befehl
Gaddafis getötet wurden, weil sie nicht auf Landsleute
schießen wollten. Wenn Soldaten durch ins Land geholte
Söldner ersetzt werden, dann hat der Diktator allein da-
durch sein Recht verloren, das Volk zu vertreten.

Er kämpft bis zum letzten Blutstropfen um seine
Herrschaft und sein Einkommen. Dabei hat er durch die
Arroganz der Macht schon lange den Blick für die Reali-
tät verloren. Das bedeutet, er nimmt nicht mehr wahr,
dass er ohne die Zustimmung des Volkes handelt. Von
auf das Wohl des Volkes ausgerichteter Politik kann
schon lange keine Rede mehr sein.

Wenn man in dieser Zeit die Zeitungen liest, dann
sieht man, dass jetzt viele nationale und internationale
Vergehen aufgelistet werden, die einen erschaudern las-
sen. Es war bekannt, wes Geistes Kind das Regime ist,
und es fühlt sich nachträglich nicht gut an, für die Stabi-
lität so manchen anderen europäischen Wert vernachläs-
sigt zu haben. Jetzt aber ist die Zeit für klare Worte ge-
kommen. Es reicht nicht, das Ende der Gewalt zu
fordern, sondern es muss die Verurteilung der Verant-
wortlichen verlangt werden.

Es wird ohnehin nicht mehr möglich sein, politisch
mit diesem System zu verhandeln. Alles, was für ein
schnelles Ende getan werden kann, muss auch schnell
getan werden. Dieses System darf durch nichts mehr
Zeit gewinnen, auch damit das libysche Volk in der ver-
bleibenden Zeit nicht das Nachsehen hat und weiter be-
trogen wird. Wenn wir das Regime zögerlich verurteilen,
werden wir auf zögerliches Vertrauen der Bevölkerung
beim Neubeginn treffen. Bei diesem Neubeginn sollten
wir bereit sein, finanzielle Unterstützung und vor allem
Unterstützung beim Aufbau eines pluralen demokrati-
schen Systems zu leisten.

Jede Opposition wurde brutal unterdrückt. Es gibt
keine geübten Strukturen. Wenn wir nicht zu einer geeig-
neten Unterstützung gelangen, werden vom Chaos nicht-
plurale Kräfte profitieren. Auch dafür gibt es Beispiele.

In der taz habe ich gelesen, dass islamische Führer ge-
sagt haben, es bestehe die Pflicht der Muslime, gegen die
libysche Führung aufzubegehren. Die arabische Welt
wird nicht mehr so sein, wie sie war. Das ist die Chance,
über die Selbstbestimmung der nordafrikanischen Völ-
ker und die geografische Nähe zu einer echten und engen
Zusammenarbeit zu kommen. Darüber sollten wir hier
noch oft reden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709309100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Gudrun Kopp für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1709309200

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen!

Wir sind uns darüber einig, dass die Gewaltherrschaft in
Libyen ein Ende haben und die Herrschaft von Gaddafi
überwunden werden muss. Das ist eine Riesenhürde.
Wir haben eben gehört, welche nächsten Schritte zu ge-
hen sind.

Ich möchte an dieser Stelle einmal betrachten, wie es
denn eigentlich einem Volk ergeht, das aufbegehrt und
wohl einen Neubeginn haben möchte, und welche Vor-
aussetzungen dafür vorhanden sind.

Ich betone ausdrücklich, dass vor Ort keine Entwick-
lung ohne eine gute Regierungsführung stattfinden kann.
An dem Beispiel dieses Landes wie auch anderer Länder
sehen wir, wie wichtig es ist, hier zu ganz neuen demo-
kratischen Strukturen zu kommen.

Dabei stellt sich die Frage: Kann man mit der Ent-
wicklungszusammenarbeit in Libyen die neuen Struktu-
ren, die hoffentlich demokratischer Natur sind – wir
müssen das weiter beobachten –, unterstützen? Ein Blick
auf die derzeitige Situation zeigt: Bisher war Libyen
kein Partnerland bei der Zusammenarbeit in der Ent-
wicklungspolitik.

Es gab zwei kleine regionale Projekte, die über die
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ver-
wirklicht wurden. Aber diese Projekte erfolgten in regio-
nalem Zusammenhang und gegen Bezahlung, also nicht
durch Einsatz von Steuermitteln. Das war und ist derzeit
nicht unbedingt erforderlich, weil Libyen über große
Erdölvorkommen und damit auch sehr viele eigene Res-
sourcen verfügt.





Gudrun Kopp


(A) (C)



(D)(B)

Wenn aber die derzeitigen Strukturen überwunden
sein sollten und sich abzeichnet, dass es in Libyen demo-
kratische Strukturen und Kräfte gibt, die den Neuaufbau
wollen, wie wir uns das vorstellen, stellt sich die Frage,
ob wir dann helfen können. Ich verweise darauf, dass das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung


(Günter Gloser [SPD]: Warum ist das eigentlich nicht da? – Gegenruf des Abg. Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Frau Kopp ist doch die Staatssekretärin!)


drei Fonds für Nordafrika und Nahost aufgelegt hat, zu
denen ich einige Details nennen möchte. Es gibt einen
Demokratiefonds, einen Bildungsfonds und einen Wirt-
schaftsfonds. Der Demokratiefonds ist mit 3,25 Millio-
nen Euro ausgestattet, die für den Aufbau und die Unter-
stützung der politischen Stiftungen, die Akademie der
Deutschen Welle, die Gründung von Parteien und die
Organisation von Wahlen bestimmt sind. Der Bildungs-
fonds mit einem Umfang von 8 Millionen Euro hat die
Qualifizierung von jungen Menschen insbesondere im
beruflichen Bereich im Blick. Der Wirtschaftsfonds mit
einem Umfang von 20 Millionen Euro soll dieser Region
helfen, die Perspektiven zu verbessern und insbesondere
durch die Gründung von Kleinstunternehmen und mittel-
großen Unternehmen mithilfe von Mikrofinanzierung
Arbeitsplätze zu schaffen.

Es gibt also einen breiten Rahmen. Wir müssen sehen,
wie sich die Dinge weiterentwickeln.

Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass die
westlichen Länder möglicherweise von außen diktieren
wollen, was demnächst vor Ort in den genannten Län-
dern in Nordafrika und im Nahen Osten passiert. Viel-
mehr muss der Neubeginn von innen heraus vor Ort ge-
staltet werden. Die Menschen vor Ort müssen eine
Perspektive haben, damit sie Arbeitsplätze finden, dort
bleiben können und eine Zukunft haben. Ich glaube, das
ist für uns eine sehr wichtige Aufgabe.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen zudem sehr individuelle, maßgeschnei-
derte Hilfen und Unterstützung. Auch dafür gibt es keine
Allgemeinlösung.

Zum Schluss möchte ich einen Punkt betonen. Der
Kollege Stinner sprach von einer neuen Mittelmeerpoli-
tik, die wir brauchen. Das ist sehr richtig. Denn die Kräf-
teverhältnisse und die Verhältnisse überhaupt haben sich
vollkommen geändert. Im Bereich einer neuen Mittel-
meerpolitik müssen wir aber den Fokus insbesondere auf
die ländliche Entwicklung richten. Für die ländliche Ent-
wicklung und den Agrarsektor ist es absolut notwendig,
dass die EU-Agrarsubventionen im Export gestrichen
werden


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und die Länder eine Chance haben, in Zukunft weiter
agieren zu können, um den Aufbau voranzutreiben, statt
weiter den Mangel zu verwalten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709309300

Nächster Redner ist der Kollege Günter Gloser für die

SPD-Fraktion.


Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1709309400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wer auf seine eigene Bevölkerung schießen
lässt, wer Söldner anwirbt, um Menschen töten zu las-
sen, wer unzählige Menschen auf dem Gewissen hat,
wer seine eigene Bevölkerung als Ratten tituliert, der hat
wahrlich keinen Schutz verdient.


(Beifall im ganzen Hause)


Schutz verdient haben aber die vielen mutigen Men-
schen in Libyen, die auf die Straße gegangen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der LINKEN)


Es gibt auch keinen Streit über die Analyse. Alle ha-
ben gesagt, welche Verhältnisse in Libyen herrschen,
auch im Vergleich zu Ländern wie Ägypten, Tunesien
oder anderen in der Golfregion. Es ist daher wichtig,
jetzt ein Zeichen zu setzen. Manchmal habe ich den Ein-
druck, wir haben immer noch nicht richtig verstanden,
was eine, zwei oder drei Flugstunden vom europäischen
Kontinent entfernt passiert. Angesichts dieser Umbruch-
phase wäre es wichtig gewesen, dass die Europäische
Union, abgesehen von der vielbeschworenen einen
Stimme, zumindest gesagt hätte: Wir setzen uns mittel-
fristig zusammen und beraten über die Konsequenzen
aus einem solchen Umbruch. – Aber ich kann nicht se-
hen, dass man das macht.

Verschiedene Redner haben bereits Kritik an der Vor-
gehensweise geübt. Herr Staatsminister Hoyer, es ist
vollkommen richtig, was Sie gesagt haben. Ich glaube,
Sie können die breite Unterstützung des Hauses für Ihre
Vorschläge bekommen. Aber das, was am Montag auf
europäischer Ebene herausgekommen ist – Sie haben an
den entsprechenden Sitzungen teilgenommen; ich zitiere
Sie jetzt nicht –, ist ein schwaches Bild.


(Beifall des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Wenn ein Regierungschef den Eindruck erweckt – ich zi-
tiere nur aus einer Zeitung, mit einer Fußnote versehen –,
dass er sich als Schutzmacht für Herrn Gaddafi geriert,
und sagt, man könne keine Sanktionen verhängen, weil
sonst möglicherweise Flüchtlinge zu uns kämen, dann
kann ich als Reaktion nur sagen: Das ist nicht die euro-
päische Politik, auf die wir uns vor vielen Jahren ver-
ständigt haben.





Günter Gloser


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Die Fußnote sind Sie uns noch schuldig!)


Bevor ich auf die Binnenwirkung in unserem Land zu
sprechen komme, darf ich mit Einverständnis der Frau
Präsidentin aus der Berliner Erklärung zum 50. Jahrestag
der Europäischen Union zitieren:

Wir leben und wirken in der Europäischen Union
auf eine einzigartige Weise zusammen. Dies drückt
sich aus in dem demokratischen Miteinander von
Mitgliedstaaten und europäischen Institutionen. Die
Europäische Union gründet sich auf Gleichberech-
tigung und solidarisches Miteinander. So ermögli-
chen wir einen fairen Ausgleich der Interessen zwi-
schen den Mitgliedstaaten.

Wenn das so ist, dann müssen wir uns auch in der
Flüchtlingspolitik gegenseitig helfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es hat doch keinen Sinn, dass manche auf der Einhal-
tung jedweder bürokratischen Regelung, die im Rahmen
von Dublin II getroffen wurde, bestehen. Da wir gerade
über Flüchtlingspolitik reden: Herr Staatssekretär Berg-
ner, ich bin Ihnen dankbar, dass jetzt auch das Innenmi-
nisterium vertreten ist. Sonst hätte ich das negativ ange-
merkt. Schließlich geht es auch um eine Aufgabe Ihres
Ministeriums.

Ich möchte einen Aspekt nennen, über den wir uns,
glaube ich, einig sind. Es ist sicherlich kein Wider-
spruch, wenn gesagt wird: Auf der einen Seite müssen
die Länder ihre Aufgaben machen. Auf der anderen
Seite müssen wir dafür sorgen, dass die Wirtschaft wie-
der in Schwung kommt und dass Demokratie und Frei-
heit herrschen. Das bestreitet niemand. Aber, liebe Kol-
leginnen und Kollegen, kann man ernsthaft annehmen,
dass die betreffenden Länder dies alles allein schultern
können, sodass wir uns nicht um Flüchtlingspolitik und
Migrationsfragen wie Arbeitsmigration und Bildungsmi-
gration kümmern müssen? Das alles muss doch im
Gleichklang geschehen. Ich finde es fatal, wenn ein
oberster Polizeifunktionär nach den ersten Flüchtlings-
bewegungen nach Lampedusa sagt: Wir müssen Europa
zur Festung ausbauen. – Das kann nicht die richtige Ant-
wort der Europäischen Union auf die aktuellen Fragen
sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Ich wünsche und hoffe, dass in diesen Stunden Sank-
tionen gegen Gaddafi und seine Clans verhängt werden.
Herr Staatsminister Hoyer, ich war gestern etwas über-
rascht – weil das sozusagen Ihre eigene politische Fami-
lie betrifft –, als ich die Meldung von Reuters gelesen
habe, wonach Herr Brüderle gesagt hat: Sanktionen ste-
hen aktuell nicht an. – Das finde ich angesichts der Tat-
sache, dass Ihr Außenminister zuvor in Kenntnis dessen,
was am Montag in der Europäischen Union passiert ist,
etwas anderes gesagt hat, nicht gut. Die Vielstimmigkeit
in der Regierung sollte ein Ende haben.

Ich möchte am Schluss ausdrücklich den Kolleginnen
und Kollegen, die vor Ort in den deutschen Botschaften,
in verschiedenen Vertretungen und Institutionen tätig
sind, Dank für ihr Engagement und ihre Arbeit sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube, sie haben keine einfache Aufgabe. Das, was
in den letzten Tagen in Libyen passiert ist, ist nicht ver-
gleichbar mit der Situation in anderen Ländern. Auch
deshalb bitte ich, Dank auszurichten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709309500

Für die Unionsfraktion hat der Kollege Fischer das

Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1709309600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Libyen befindet sich in einem Kontext mit Tunesien,
Ägypten, den MENA-Staaten insgesamt. Trotzdem ist
jedes Land unterschiedlich. Wie wir sehen, könnten die
Auswirkungen in Tunesien, Ägypten und Libyen nicht
unterschiedlicher sein. Wir sehen, dass die Rebellion in
Tunesien und Ägypten gegen die eigenen Regierungen
in weiten Bereichen Früchte getragen hat. Wir sehen
aber auch, dass es für die Menschen in Libyen, wo der
Machthaber auf die eigene Bevölkerung schießt, im Au-
genblick keinerlei Perspektiven gibt.

Es gibt immer noch Diktatoren, die ihre Völker in
Geiselhaft nehmen: Castro, Ahmadinedschad, Baschir,
Kim Jong-il und einige andere. Der Massenmörder
Gaddafi zeigt jetzt, dass es noch schlimmer geht: brutale
Unterdrückung seit 40 Jahren, Mord, Inhaftierung, Iso-
lierung, Folterung. Man nimmt den Menschen ihre
Würde. Man gibt ihnen keinerlei Chance zur Teilhabe.
Viele Menschen leben unterhalb des Existenzminimums.
Wie wir vom ehemaligen Justizminister Libyens hören,
war der Massenmörder Gaddafi am Mord von Lockerbie
direkt beteiligt: Er hat ihn befehligt. Dies ist jetzt in
Schweden bekannt geworden. Er hat den Abschuss des
PanAm-Jumbos 103 am 21. Dezember 1988, bei dem
259 Fluggäste und 11 Bewohner Lockerbies ums Leben
kamen, zu verantworten.

Ich danke ausdrücklich unserem Außenminister, aber
auch Herrn Staatsminister Hoyer und Herrn Niebel dafür,
dass man sofort gehandelt hat, dass man sofort Gespräche
in den entsprechenden Nachbarländern von Libyen geführt
und aufgezeigt hat, dass man denen, die dort rebellieren,
Chancen gibt, damit man dort Perspektiven sieht. Ich bin
dankbar, Herr Hoyer, dass Sie mir eben, als ich Sie kurz
gefragt habe, bestätigen konnten, dass es vollkommen
klar ist, dass diese Bundesregierung den Menschen in





Hartwig Fischer (Göttingen)



(A) (C)



(D)(B)

Libyen sofort, wenn wir die Chance haben, Hilfestellung
zu geben, medizinische Hilfe und Nothilfe zukommen
lässt – direkt oder über NGOs –, damit sich die Situation
für die Menschen nicht über Wochen oder Monate
schlecht darstellt. Wir sind dankbar, dass das Versor-
gungsschiff „Berlin“ und die Fregatten „Brandenburg“
und „Rheinland-Pfalz“ bereits auf Kurs gegangen sind
und dass weitere Menschen mit dem Airbus der Bundes-
wehr zurückgeführt werden können, wie bereits gestern
Abend geschehen.

Herr Gehrcke, ich muss kurz auf Sie eingehen, weil
Sie kritisiert haben, dass in der Vergangenheit Gespräche
mit Mubarak und anderen dort auf höchster Ebene statt-
gefunden haben.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Nicht Gespräche!)


– Doch, auch Gespräche. Wir können es im Protokoll
nachlesen. – Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass
gerade in der Vergangenheit Männer wie Herr Gloser,
aber auch Ihr Kollege Aydin als Verantwortliche in den
Parlamentariergruppen bei allen Gesprächen dabei wa-
ren, die dort geführt wurden – daran waren Kollegen aus
allen Fraktionen beteiligt – und in denen die menschen-
unwürdigen Zustände in den einzelnen Staaten, das Un-
terdrücken der Bevölkerung, die Inhaftierung von Men-
schen, die Sperrung der Kontakte zu diesen Menschen
grundsätzlich thematisiert worden sind. Ich lege darauf
Wert, weil es eine der Hauptaufgaben unserer Parlamen-
tariergruppen ist, Brücken zu schlagen, damit es den
Menschen in ihren Ländern besser gehen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich sage ebenfalls ganz deutlich: Wenn wir den Men-
schen Perspektiven geben wollen, dann müssen sie nach-
haltig sein. Dazu gehört, die Märkte zu öffnen. Das müs-
sen wir in dem einen oder anderen Fall, etwa wenn es
um die Landwirtschaft geht, auch dann tun, wenn wir im
eigenen Land Gegenwind verspüren. Nur nachhaltige
Entwicklung, gerade im Maghreb, wird den Menschen
vor Ort helfen und ihnen die Chance geben, in ihren
Ländern Perspektiven zu finden.


(Beifall der Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/ CSU] und Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dazu gehört, dass es zu Einigkeit in der Europäischen
Union kommt. Es gibt derzeit ein klares Auseinander-
klaffen zwischen den Nordländern und den Südländern
in der Europäischen Union, weil die Interessenlagen un-
terschiedlich sind. Es ist entscheidend, dass wir bei den
Gesprächen in den nächsten Tagen und Wochen eine ge-
meinsame Linie finden werden.

Wir brauchen eine begleitende Partnerschaft für diese
Länder und auch für Libyen, sobald sich dort die ent-
sprechenden Gesprächspartner zeigen. Wir brauchen
eine nachhaltige Partnerschaft. Das heißt, wir dürfen
diese Länder, wenn sie aus dem medialen Fokus wieder
verschwunden sind, nicht vergessen, wie es bei anderen
Ländern in der Vergangenheit passiert ist. Ich will da gar
keine Regierung in der Vergangenheit ausnehmen.

Eine Bitte habe ich noch: Ich glaube nicht, dass es an-
gehen kann, dass bereits am Freitag der Menschen-
rechtsrat tagt und Libyer aus der derzeitigen Regierung
am Tisch sitzen. Libyen muss vom Menschenrechtsrat
suspendiert werden. Gaddafi muss vor den Internationa-
len Gerichtshof gezogen werden.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709309700

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 a bis c auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfüh-
rung eines Bundesfreiwilligendienstes
– Drucksache 17/4803 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Doro-
thee Bär, Markus Grübel, Dr. Peter Tauber, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Miriam Gruß, Florian
Bernschneider, Heinz Golombeck, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Für eine Stärkung der Jugendfreiwilligen-
dienste – Bürgerschaftliches Engagement der
jungen Generation anerkennen und fördern

– Drucksache 17/4692 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Auswärtiger Ausschuss
Sportausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Harald
Koch, Heidrun Dittrich, Diana Golze, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Jugendfreiwilligendienste weiter ausbauen
statt Bundesfreiwilligendienst einführen

– Drucksache 17/4845 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
ministerin Dr. Kristina Schröder.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Wehrpflicht geht und mit ihr auch der Zivildienst.
Wie schwer der Abschied fällt, merken viele von Ihnen
zurzeit in ihren Wahlkreisen. Viele kranke, ältere und be-
hinderte Menschen sind in Sorge, weil sie die Arbeit der
Zivis als große Hilfe empfunden haben. Viele soziale
Einrichtungen befürchten, dass sie nicht mehr all das an-
bieten können, was aus Pflege Fürsorge macht: Zeit,
Hilfe und Zuwendung über das medizinisch Notwendige
hinaus.

Die spürbare Wehmut in den Wochen des Abschieds
ist aber auch eine große, eine schöne Anerkennung für
all das, was junge Männer in den letzten 50 Jahren in
mehr als 37 000 Einrichtungen in Deutschland geleistet
haben. Sie haben mit dem Zivildienst über die Jahre hin-
weg ein dicht geknüpftes Netz der Fürsorge gespannt
und es zu einem tragenden Pfeiler für den Zusammenhalt
der Gesellschaft gemacht. Gerade deshalb haben wir
jetzt die Chance, diesen Dienst weiterzuentwickeln zu
einem freiwilligen Angebot, das Männern und Frauen je-
den Alters offensteht, zu einem Angebot, das Menschen
davon überzeugt, sich Zeit für Verantwortung zu neh-
men, und zu einem Angebot, das Jung und Alt verbindet.
Mit dem Bundesfreiwilligendienst haben wir dafür die
Voraussetzungen geschaffen.

Der Bundesfreiwilligendienst ist der Nährboden für
eine neue Kultur der Freiwilligkeit in Deutschland, für ein
Umfeld, in dem sich jüngere und ältere Menschen beteili-
gen wollen und aus eigener Motivation heraus aktiv wer-
den können.

Kurz die Eckpunkte: Der Bundesfreiwilligendienst
steht Männern und Frauen jeden Alters offen. Die Frei-
willigen sind gesetzlich sozialversichert. Sie erhalten ein
Taschengeld, das in Ost und West die gleiche Ober-
grenze hat. Der Einsatz soll zwischen 6 und 24 Monate
betragen, in der Regel Vollzeit. Bei den über 27-Jährigen
ist eine Teilzeit von mehr als 20 Wochenstunden mög-
lich. Die Einsatzbereiche werden auf Sport, Integration,
Kultur, Bildung, Zivil- und Katastrophenschutz ausge-
dehnt.

Unser Ziel für den neuen Bundesfreiwilligendienst
sind 35 000 Freiwillige pro Jahr. Das ist zwar ein ehrgei-
ziges Ziel, aber ich bin optimistisch, dass wir dieses Ziel
erreichen werden. Optimistisch stimmt mich zum Bei-
spiel, dass schon im Moment 30 000 junge Männer in
Deutschland die Möglichkeit nutzen, ihren Zivildienst
freiwillig zu verlängern. Das ist eine Möglichkeit, die
wir erst ganz aktuell geschaffen haben.

Viele Menschen im Ruhestand sind Gott sei Dank so
fit und wollen etwas von ihrer Lebenserfahrung und ih-
rem Wissen weitergeben. Auch in anderen Lebensab-
schnitten sind Auszeiten, zum Beispiel in Form von Sab-
baticals, attraktiv. Die Bereitschaft, sich zu engagieren,
ist also vorhanden.

Gleichzeitig werden das Freiwillige Soziale Jahr und
das Freiwillige Ökologische Jahr ausgebaut. Insgesamt
fördert der Bund die Freiwilligendienste künftig mit
mehr als 350 Millionen Euro im Jahr. Gemeinsam mit
den Trägern und den Verbänden bin ich davon über-
zeugt, dass das vorliegende Gesetz die Freiwilligen-
dienste in Deutschland insgesamt stärken wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Opposition wird dennoch zum x-ten Mal die an-
geblichen Doppelstrukturen kritisieren.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)


Da Ihnen jetzt wahrscheinlich auch wieder nichts ande-
res einfällt als die scheinheilige Frage, warum wir neben
dem FSJ und dem FÖJ noch einen Bundesfreiwilligen-
dienst brauchen, will ich Ihnen das ganz präzise beant-
worten: Wir brauchen ihn, weil die Länder schlicht nicht
bereit sind, für den Ausbau der Freiwilligendienste
300 Millionen Euro auszugeben.


(Heidrun Dittrich [DIE LINKE]: Die haben sie vielleicht nicht!)


Der Bund hingegen ist dazu bereit. Wir investieren das
Geld in die Engagementförderung. Damit sind wir die
Bundesregierung, die wie keine Bundesregierung zuvor
so viel Geld in den Ausbau des bürgerschaftlichen
Engagements in Deutschland steckt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Vor uns liegt eine gewaltige Gemeinschaftsaufgabe.
Wir müssen dafür werben, dass sich möglichst viele
Männer und Frauen, jüngere und ältere, in einem Frei-
willigendienst engagieren. Dafür brauchen wir passge-
naue Angebote sowie Tätigkeiten, die attraktiv und sinn-
voll sind. Wir brauchen aber auch mehr Anerkennung
für gesellschaftliches Engagement in Deutschland.

Im Januar dieses Jahres habe ich Vertreter der Bun-
desländer, der kommunalen Spitzenverbände, der Hoch-
schulrektorenkonferenz, der Wirtschaftsverbände und
viele andere an einen Tisch geholt, um darüber zu bera-
ten, wie wir die Anerkennungskultur in Deutschland
stärken können. Wir waren uns darüber einig, dass eine
uniforme Anerkennung nicht weiterhilft. Es mag bei-
spielsweise für den einen oder anderen eine super Sache
sein, den Freiwilligendienst als Wartezeit für einen Stu-
dienplatz anrechnen zu lassen. Das bringt aber demjeni-
gen relativ wenig, der im Ruhestand vielleicht noch ein-
mal für ein Jahr in einer Kita aushelfen möchte. Deshalb





Bundesministerin Dr. Kristina Schröder


(C)



(D)(B)

brauchen wir ein ganzes Bündel unterschiedlicher An-
reize, mit denen die jeweiligen Zielgruppen angespro-
chen werden sollen. Dafür müssen wir gemeinsam sor-
gen.

Ich persönlich finde es wichtig, dass wir dabei ganz
besonders junge Menschen mit Migrationshintergrund in
den Blick nehmen. Ich könnte mir beispielsweise vor-
stellen, bei Doppelstaatlern mit den jeweiligen Her-
kunftsländern darüber zu verhandeln, ob dort von der
Wehrpflicht abgesehen werden kann, wenn in Deutsch-
land ein Bundesfreiwilligendienst absolviert wurde. Da-
bei denke ich vor allem an junge Männer mit türkischem
Migrationshintergrund. Bei der Wehrpflicht gibt es mo-
mentan bereits ähnliche Absprachen. Es wäre sehr gut,
wenn wir das auf den Bundesfreiwilligendienst übertra-
gen könnten. Mit Sicherheit ist nichts so wirksam für die
Integration wie ein Bundesfreiwilligendienst. Dieser
Dienst bringt mehr als so manche staatliche Maßnahme.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Caren Marks [SPD])


– Entschuldigung, Ihr Zwischenruf zeugt davon, dass
Sie leider relativ wenig Ahnung haben.

In Deutschland gibt es allein aufgrund des Options-
modells sehr viele junge Männer mit doppelter Staats-
angehörigkeit, die noch Zeit haben, sich für eine Staats-
bürgerschaft zu entscheiden. Die Möglichkeit, hier in
Deutschland einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvie-
ren, kann dabei ein wichtiges Entscheidungskriterium
sein.

Wenn Sie den Geist des Zivildienstes erhalten und
auch weiterhin ein Netz der Fürsorge und der Hilfe in Ih-
rem Wahlkreis haben wollen, dann helfen Sie mit, eine
neue Kultur der Freiwilligkeit in Deutschland zu etablie-
ren. Sagen Sie Ja zum Bundesfreiwilligendienst. Über-
zeugen Sie gemeinsam mit mir die Menschen in unserem
Land davon, dass es sich lohnt, sagen zu können: Ich
habe gedient.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709309800

Die Kollegin Griese hat für die SPD-Fraktion das

Wort.


(Beifall bei der SPD)



Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1709309900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In diesem Land engagieren sich sehr viele Menschen eh-
renamtlich. Ohne sie wären unsere Städte und Gemein-
den ärmer. Sehr viele Jugendliche in unserem Land ma-
chen ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Freiwilliges
Ökologisches Jahr. Wir gehen von etwa 35 000 Jugendli-
chen im Jahr aus. Leider wird nur ein Teil von ihnen
durch den Bund gefördert. Der Bedarf ist noch viel grö-
ßer. Es sind etwa doppelt so viele Jugendliche, die sich
um einen Platz bewerben. Bei den Auslandsdiensten und
in der Kultur – wir haben das gestern Abend noch ein-
mal bei der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und
Jugendbildung sehr deutlich gehört – sind es sogar noch
viel mehr. All diese Jugendlichen wollen sich im Rah-
men des FSJ oder FÖJ in den Bereichen Soziales, Sport,
Kultur oder Ökologie engagieren. Dazu kommen noch
die Jugendlichen bei „weltwärts“ in der Entwicklungs-
politik.

Deshalb möchte ich zuallererst – ich hoffe auch, dass
ich das in Ihrer aller Namen tun kann – all denen danken,
ob Alt oder Jung, ob im FSJ oder in den vielen Einrichtun-
gen der Wohlfahrtsverbände, in Initiativen und Kirchen-
gemeinden, in der Nachbarschaftshilfe, in der Telefon-
seelsorge, in Umweltverbänden, in Kitas und Schulen, in
Behinderteneinrichtungen und Obdachlosenunterkünf-
ten, die sich freiwillig engagieren und die einen so wich-
tigen Beitrag leisten. Ihnen allen ein herzliches Danke-
schön dafür!


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie, liebe Frau Ministerin, haben mit dem Zivildienst
angefangen. Ich will ausdrücklich zum FSJ, zum Frei-
willigen Sozialen Jahr, etwas sagen; denn das hat in den
letzten Jahren großen Zuspruch erfahren und es ist eine
bewährte, langfristig erprobte Form des freiwilligen En-
gagements Jugendlicher. Es ist auch deshalb so gut, weil
es im Übergang zwischen Jugend- und Erwachsenenle-
ben die Möglichkeit gibt, sich persönlich oder beruflich
neu zu orientieren, sich auszuprobieren, Fähigkeiten ein-
schätzen zu lernen. Von diesem Engagement profitieren
natürlich nicht nur die Jugendlichen, sondern die Gesell-
schaft insgesamt. Es ist die Chance, sich um Mitmen-
schen zu kümmern, einander zu begegnen, und für viele,
mit denen man spricht, die dieses Jahr gemacht haben,
war das auch ein Jahr, in dem sich ihr Berufswunsch ent-
wickelt hat. Gerade junge Männer kommen häufig erst
dadurch auf die Idee, in soziale Berufe zu gehen. Wenn
Sie sich mit ehemaligen Zivis oder FSJlern unterhalten,
sehen Sie oft, wie ihre Augen glänzen, wenn sie von die-
ser Arbeit und von den Menschen erzählen, die ihnen an-
vertraut sind.

Der Freiwilligendienst bietet auch eine Chance, weil
Jugendliche dort unabhängig vom Elternhaus mit Men-
schen aus anderen gesellschaftlichen Schichten zusam-
menkommen. Wir haben ja nun leider eine viel zu frühe
Selektion im Bildungswesen. Deshalb ist auch das eine
ganz wichtige Sache. Mit dem Wegfall des Wehr- und
Zivildienstes wird jetzt ein Feld geräumt, wo sich Men-
schen begegnen können.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es so
wichtig, jetzt die Chance richtig zu nutzen und im Zuge
der Aussetzung der Wehrpflicht und des Zivildienstes at-
traktive und gut ausgestattete Freiwilligendienste konse-
quent zu stärken. Die SPD-Fraktion hat der Bundesre-
gierung ihren konstruktiven Beitrag dazu angeboten. Wir
stehen für eine einheitliche Lösung im Interesse der jun-
gen Menschen, die diese Freiwilligendienste machen
wollen, bereit.

(A)






Kerstin Griese


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Sönke Rix [SPD]: Einheitlich! Genau!)


– Danke.

Die Bundesregierung hat diese Chance ja bisher nicht
ergriffen, sondern will weiterhin – auch wenn Sie es
nicht mehr hören können – neben den bewährten, beste-
henden Freiwilligendiensten einen neuen Bundesfreiwil-
ligendienst installieren. Wir alle kennen die juristische
Debatte dazu. Wir sagen aber noch einmal ausdrücklich:
Wir halten diese Doppelstruktur weiterhin nicht für eine
gute und richtige Lösung; denn sie wird mehr Bürokratie
und Kosten verursachen.

Wenn Sie mit den Trägern des FSJ sprechen – viele
von uns tun das; einige haben das gerade auch gestern
Abend wieder getan –, erleben Sie da sehr viel Verunsi-
cherung. Nach einer ersten Phase, die durchaus von
Freude darüber geprägt war, dass es mehr Mittel, wenn
auch leider nicht alle, die durch den Wegfall des Zivil-
dienstes frei werden, für das freiwillige Engagement
gibt, gibt es jetzt sehr große Verunsicherung darüber, wie
diese neuen Bundesfreiwilligendienste organisiert wer-
den sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregie-
rung hat es mit ihrem Hin und Her wirklich geschafft,
alle zu verunsichern: erstens die jungen Menschen, die
wissen wollten, wie es bei ihnen biografisch weitergeht,
zweitens die Menschen in den Einrichtungen, die ihre
Zivis und FSJler zu schätzen wissen, drittens die Träger,
die qualifizierte Angebote machen wollen und Planungs-
sicherheit brauchen. Wir haben jetzt in kurzer Zeit von
fünf verschiedenen Modellen gehört: von der Verkür-
zung des Zivildienstes, von der freiwilligen Verlänge-
rung, von der Abschaffung, von der Aussetzung und nun
vom neuen Bundesfreiwilligendienst.

Hier muss man auch feststellen dürfen: Der Zeitplan
ist nicht optimal, und die Einrichtungen wissen immer
noch nicht, worauf sie sich ab dem 1. Juli einlassen kön-
nen. Deshalb wird es auch schwierig sein, genügend
Menschen zu finden, obwohl wir ausdrücklich sagen:
Wir wollen viel dafür tun, damit sich junge Menschen in
diesem neuen Bundesfreiwilligendienst engagieren.

Es besteht weiterhin die Gefahr einer Zweiklassenge-
sellschaft zwischen denen, die im FSJ sind, und denen,
die im neuen Bundesfreiwilligendienst sind.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! Durch Wiederholung wird es auch nicht wahrer!)


Sie wissen, dass die SPD in ihren Regierungsjahren
auf den Ausbau des FSJ gesetzt hat. Da können Sie si-
cherlich kritisieren, dass das noch nicht genug war. Das
würde ich auch selbstkritisch annehmen; denn gerade die
Jugend- und Familienpolitiker wollten gerne mehr. Da-
bei waren Sie, liebe Frau Kollegin, allerdings auch nicht
immer hilfreich. Aber wir haben auf den Ausbau des FSJ
gesetzt. Wir haben den Zivildienst zum Lerndienst wei-
terentwickelt. Wir haben die generationsübergreifenden
Freiwilligendienste erfunden. Auch das ist, wie ich
glaube, eine wichtige Sache, die Sie ja auch teilweise
fortgesetzt haben. Ich denke, darauf hätte man mehr auf-
bauen müssen.

Wir wünschen uns auch eine sinnvolle Fortsetzung
des freiwilligen Engagements für Ältere. Ich glaube im-
mer noch, es braucht unterschiedliche Konzepte, je
nachdem, ob man einen Dienst für Jugendliche anbietet,
die sich in einer Phase der beruflichen und biografischen
Orientierung befinden, oder ob man neue Möglichkeiten
des freiwilligen Engagements für Ältere schaffen will.
Dieser muss im Hinblick auf die Begleitung anders aus-
sehen.


(Beifall bei der SPD)


Das Jahr 2011 – viele wissen es noch gar nicht – ist
von der Europäischen Union zum „Europäischen Jahr der
Freiwilligentätigkeit zur Förderung der aktiven Bürger-
schaft“ – in der EU-Sprache, ein etwas sperriger Titel –
erklärt worden. In Deutschland werden sich zahlreiche
zivilgesellschaftliche Akteure unter dem Motto „Freiwil-
lig. Etwas bewegen!“ engagieren. Die Rahmenbedingun-
gen sollen – das hat die EU so vorgeschlagen – in diesem
Jahr verbessert werden. Die Freiwilligenorganisationen
sollen gestärkt werden. Das freiwillige Engagement soll
mehr anerkannt werden, und die Menschen sollen für die
Bedeutung der Freiwilligentätigkeiten sensibilisiert wer-
den.

Ich möchte ausdrücklich den Appell an die Bundes-
regierung richten: Nutzen Sie diese Chance! Wir brauchen
ein klares Auftreten der Bundesregierung beim Einsetzen
für die Ziele des Europäischen Jahres der Freiwilligentä-
tigkeit. Die Zuständigkeit ist ja in Ihrem Haus, Frau Mi-
nisterin, und bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der
Freien Wohlfahrtspflege angesiedelt. Ich appelliere wei-
terhin an Sie: Begreifen Sie dieses Europäische Jahr der
Freiwilligentätigkeit als Chance, das freiwillige Engage-
ment europaweit zu unterstützen! Zeigen Sie etwas mehr
Herzblut! Denn es ist eine große Chance, die wir alle er-
greifen sollten. Wir brauchen in Deutschland bessere
Strukturen zur Förderung des freiwilligen Engagements.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709310000

Der Kollege Bernschneider hat für die FDP-Fraktion

das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1709310100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Bun-
desfreiwilligendienst und dem Antrag der Koalitions-
fraktionen zur Stärkung der Jugendfreiwilligendienste
beraten wir heute nicht mehr und nicht weniger als eine
der größten engagementpolitischen Reformen, die es je-
mals in Deutschland gegeben hat.

Bereits im Koalitionsvertrag zwischen Union und
FDP haben die Förderung des bürgerlichen Engage-
ments sowie der quantitative und qualitative Ausbau der
Freiwilligendienste breiten Raum eingenommen. Ich er-





Florian Bernschneider


(A) (C)



(D)(B)

innere an die bisherigen Schritte: Die Neuregelung des
§ 14 c Zivildienstgesetz, aber auch die im Oktober 2010
vorgelegte erste Nationale Engagementstrategie waren
erste wichtige Maßnahmen, die wir heute mit den vorlie-
genden Anträgen und dem Gesetzentwurf fortschreiben.

Damit – es wurde gerade angesprochen – ist dieses
Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit mehr als eine
Worthülse. Diese Koalition tut alles dafür, dieses Euro-
päische Jahr mit Leben zu erfüllen. Ich glaube, wir ge-
hen da mit gutem Beispiel für die anderen europäischen
Länder voran.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Mit der Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch
mit der Aussetzung des Zivildienstes geht diese Koali-
tion einen mutigen Schritt, zu dem bisherige Regierun-
gen leider nicht bereit waren. Wir gehen den Schritt weg
von Pflichtdiensten hin zur Freiwilligkeit. Das ist auch
richtig so. Denn es ist doch absurd, dass wir so lange
darüber diskutiert haben, ob wir einen Pflichtdienst
brauchen. Dabei war doch klar, dass sich jeden Tag drei
junge Menschen auf einen Platz bewerben, um sich frei-
willig engagieren zu können. Wir mussten zwei von ih-
nen eine Absage erteilen, weil eben geförderte Plätze
nicht in genügender Anzahl zur Verfügung standen.

Ich möchte ein besonderes Beispiel herausheben, weil
immer gefragt wird: Gibt es überhaupt genug junge Men-
schen, die sich freiwillig engagieren wollen? Allein im
Freiwilligendienst „kulturweit“ des Auswärtigen Amtes
haben sich auf 300 Plätze 2 000 junge Menschen bewor-
ben. Das macht uns allen deutlich, dass es genug junge
Menschen gibt, die freiwillig tätig werden wollen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In diesem Punkt gebe ich Ihnen durchaus recht, Frau
Kollegin Griese: Nach den Diskussionen um die Verkür-
zung der Dauer der Wehrpflicht und des Zivildienstes,
die wir geführt haben, mag man vielleicht sagen: Da
hätte man auch gleich auf Wehrdienst und Zivildienst
verzichten können. – Als Liberaler würde ich das durch-
aus unterschreiben. Aber manchmal ist es in einer Koali-
tion so, dass erst jemand für einen kleinen Schritt kämp-
fen muss, um dann gemeinsam einen großen Schritt zu
gehen. Wenn man sich diesen großen Schritt anschaut,
nämlich der Wechsel weg von Pflichtdiensten hin zur
Freiwilligkeit, den wir gehen wollen, und wenn man sich
vergegenwärtigt, wie kleinteilig mittlerweile die Kritik
der Opposition an dem Gesamtkonzept ist, dann wird
deutlich, dass wir unsere Arbeit in den letzten Wochen
und Monaten sehr gut erledigt haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich möchte noch einmal an den Anfang dieser Dis-
kussion erinnern. Damals standen wir vor der Frage: Wie
können wir eigentlich all das Gute, das der Zivildienst
gebracht hat, nämlich das Engagement junger Männer
für unsere Gesellschaft und auch die Entwicklungschan-
cen junger Männer zu fördern, beibehalten, wenn wir
den Wehrdienst und den Zivildienst aussetzen? Damals
war das Konzept vom freiwilligen Zivildienst im Ge-
spräch. Da gab es vonseiten der Opposition, aber auch
von der FDP – das wissen Sie – die Befürchtung, dass
ein solcher freiwilliger Zivildienst die bisherigen durch-
aus guten Dienste – das Freiwillige Soziale Jahr und das
Freiwillige Ökologische Jahr – in ihrer Existenz bedro-
hen könnten. Aber wenn Sie heute sehen, was wir Ihnen
hier vorlegen – den Gesetzentwurf zum Bundesfreiwilli-
gendienst und den Antrag der Koalitionsfraktionen zur
Stärkung der Jugendfreiwilligendienste –, dann wird,
glaube ich, klar, dass sich diese Befürchtungen längst in
Luft aufgelöst haben. Wir nutzen die Fördermöglichkei-
ten des Bundes hinsichtlich der bisherigen Jugendfreiwil-
ligendienste, die – das mag einem gefallen oder nicht –
zu einem Großteil in der Zuständigkeit der Länder lie-
gen, endlich voll aus. Wir fördern trotz angespannter
Haushaltslage – auch das muss man einmal herausstel-
len – all jene Plätze für ein FSJ und FÖJ, für die seit lan-
gem zwar Bedarf besteht, für die aber bisher keine Re-
gierung das nötige Geld hatte.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir erhöhen die Förderung für die Bildungsarbeit von
72 Euro auf 200 Euro. In diesen Tagen, in denen auch
viel über die Teilhabechancen junger Menschen disku-
tiert wird, möchte ich – auch weil es ein Herzensanlie-
gen der FDP war – noch einmal sagen, dass für all dieje-
nigen jungen Menschen, die es bisher nicht immer ganz
leicht im Leben hatten und die besonderen pädagogi-
schen Förderbedarf aufweisen, noch einmal 50 Euro zu-
sätzlich investiert werden.

Sie sehen also: Bevor wir überhaupt angefangen ha-
ben, darüber zu diskutieren, ob wir eine zweite Säule
brauchen, haben wir uns erst einmal um das Wichtige
gekümmert, nämlich die bestehenden Jugendfreiwilli-
gendienste zu stärken, ihnen die Stärke zu geben, die sie
seit langem verdient haben.

Dann kann immer noch die Befürchtung bestehen,
dass das nicht ausreicht, dass sie trotzdem in eine Kon-
kurrenzsituation geraten. Deswegen haben wir – das er-
kennen Sie, wenn Sie das Gesetz sehen – das Kopp-
lungsmodell eingeführt, was auch wirklich garantiert,
dass beide Dienste nur stark sein können, wenn sie mit-
einander und nicht gegeneinander arbeiten.

Einen Unterschied gibt es, dass sich nämlich im Bun-
desfreiwilligendienst auch Ältere engagieren können.
Das geht in den Jugendfreiwilligendiensten nicht. Aber
ich erinnern daran: Wir sind mitten im demografischen
Wandel. Wir haben immer mehr Ältere, die aber immer
gesünder und fitter sind. Deswegen ist es auch gut, dass
wir gerade diesen die Möglichkeit geben, sich dauerhaft
– und nicht nur mit Projekten – in einem Freiwilligen-
dienst zu engagieren.

Wenn die Regierungsfraktionen von zwei starken
Säulen sprechen, dann gehört es wohl auch zum alltägli-
chen politischen Hickhack, dass die Opposition eher von
Doppelstrukturen spricht. Ich kann auch gut verstehen,
dass man aufseiten der Opposition eher geneigt ist, die
Grenzen, die uns nun einmal durch die unterschiedlichen
Zuständigkeiten von Bund und Ländern vorgegeben
sind, zu übergehen.





Florian Bernschneider


(A) (C)



(D)(B)


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben bezweifelt, dass es eine Bundeszuständigkeit gibt!)


Aber ich möchte noch einmal daran erinnern: Doppel-
strukturen sind doch überhaupt nicht Kern des Problems.
Was haben wir denn bisher? Wir haben den Zivildienst
und die Jugendfreiwilligendienste. Um es ganz deutlich
zu sagen: Wir haben häufig zwei junge Menschen in der-
selben Einrichtung, die teilweise genau die gleichen
Aufgaben übernehmen, jedoch mit völlig anderen Rah-
menbedingungen. Das ist der Status quo, an dem Sie als
Rot-Grün auch nie etwas getan haben. Deswegen sind
nicht die Doppelstrukturen Kern des Problems, sondern
es geht darum, dass zukünftig, wenn zwei junge Men-
schen freiwillig tätig sind, diese auch die gleichen Rah-
menbedingungen vorfinden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nichts anderes tun wir jetzt. Sie haben die gleiche An-
zahl an Urlaubstagen, die gleiche Anzahl an Arbeitsstun-
den. Sie haben das gleiche pädagogische Rahmenpro-
gramm und am Monatsende auch das Gleiche in der
Tasche.

In Bezug auf das Kindergeld wird immer wieder ein
Punkt angesprochen, über den man zu Recht diskutieren
kann: Ist es gut so, wie es jetzt gelöst ist?


(Ute Kumpf [SPD]: Es ist nicht gut gelöst!)


Ich sage auch im Namen der FDP, dass man über diese
Frage durchaus diskutieren kann, dass man darüber
nachdenken kann, ob man zu einer besseren, zu einer op-
timalen Lösung kommen kann. Ich bin auch zuversicht-
lich, dass uns das vielleicht noch gelingen wird.

In der Anhörung mit den Experten haben wir jetzt die
Chance, diese Detailfragen zu diskutieren. Ich würde mir
aber wirklich wünschen, dass die Opposition – gerade
SPD und Grüne – nicht länger diese Detailfragen nutzt,
um ihre Fundamentalkritik an diesem wirklich guten
Konzept zu begründen, sondern dass sie endlich anfängt,
sich konstruktiv einzubringen. Tun Sie uns, tun Sie sich,
aber tun Sie vor allem den freiwillig Engagierten und
den Einrichtungen vor Ort den Gefallen, diese Diskus-
sion endlich konstruktiv zu führen.

Mit dem vorliegendem Antrag der Koalitionsfraktio-
nen zur Stärkung der Jugendfreiwilligendienste und mit
diesem Gesetzentwurf zum Bundesfreiwilligendienst ha-
ben wir alle hier im Haus die Chance, endlich den Weg
für Freiwilligkeit anstelle von Pflichtdiensten freizuma-
chen. Ich glaube, das ist etwas, was viele von uns unter-
schreiben wollen. Also tun wir es. Begleiten Sie uns da-
bei.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709310200

Die Kollegin Dittrich hat für die Fraktion Die Linke

das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)


Heidrun Dittrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709310300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Wenn in diesem Jahr der letzte Zivi geht,
dann muss der neue Bundesfreiwilligendienst diese
Plätze ersetzen. Die Entscheidung, den Dienst mit der
Waffe zu verweigern, war eine politische Entscheidung
für den Frieden. Den Kriegsdienstverweigerern wurde es
nicht leicht gemacht. Mit Bedacht wurden ihnen die
schwersten Arbeiten im sozialen Bereich zugewiesen,
gewissermaßen zur Abschreckung. Jetzt fehlen mindes-
tens 40 000 Billigarbeitskräfte in der Pflege. Gerade
diese Lücke soll der neue Bundesfreiwilligendienst aus-
gleichen.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Sie haben es nicht verstanden! Aber Sie wollen es auch nicht verstehen!)


Die Heimleiter freuen sich auf die neuen Freiwilligen;
denn sonst wäre die soziale Arbeit nicht gewinnbringend
zu verrichten. Abgesehen davon halten wir es für richtig,
soziale Arbeit nicht profitorientiert zu organisieren, son-
dern sie staatlicherseits zu unterstützen.

Wer hat den Bundesfreiwilligendienst eigentlich er-
funden? Die Bundeswehr.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Die Schweiz war’s!)


Damit Sie merken, dass wir hier keine Märchenstunde
abhalten, zitiere ich kurz aus dem Bericht der Struktur-
kommission der Bundeswehr, veröffentlicht im
Oktober 2010, Seite 28. Dort empfiehlt die Kommission,
einen

… freiwilligen, bis zu 23-monatigen Dienst einzu-
führen, der allen erwachsenen Bürgerinnen und
Bürgern offen steht und ihnen die freie Wahl des
Engagements bietet. Die Möglichkeiten können von
der Pflege und Betreuung (z. B. Krankenhäuser …)


(z. B. … Kindergärten …)

hilfe bis hin zum militärischen Dienst in der Bun-
deswehr reichen.

Die Linke ist als einzige Fraktion gegen den neuen
Bundesfreiwilligendienst,


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Darauf kann man stolz sein!)


weil damit die Strukturen beibehalten werden, die eine
Wiedereinführung der Wehrpflicht und der Ersatzdienste
ermöglichen – das wurde bereits heute Morgen in der
Debatte zum Wehrrechtsänderungsgesetz vermutet –,
falls sich zu wenige Soldaten freiwillig für die Bundes-
wehr melden.

Seit wann plant ein Verteidigungsministerium die so-
zialen Belange der Bundesrepublik mit? Seit wann gilt
der Leitspruch der Bundeswehr „Tu was für dein Land!“
auch für das Familienministerium? Die soziale und
pädagogische Arbeit soll nun in die Form eines militäri-
schen Dienstes gegossen werden. Aus Zwang folgt
nichts Gutes.





Heidrun Dittrich


(A) (C)



(D)(B)

Herr Weise, der Vorstandsvorsitzende der Bundesa-
gentur für Arbeit, hat an der Strukturreform der Bundes-
wehr mitgearbeitet. Auch er verfügt über eine Offiziers-
ausbildung. Er war sich nicht zu schade, die passenden
Arbeitskräfte dafür vorzuschlagen, nämlich die Migran-
tinnen und Migranten, die arbeitslosen Jugendlichen, die
Frauen und die älteren Arbeitskräfte sowie die Frührent-
nerinnen. Übrigens wird der Freiwilligendienst bei der
Bundeswehr mit 1 100 Euro vergütet, der Freiwilligen-
dienst im sozialen Bereich mit ungefähr 500 Euro. Der
lebende Mensch ist also nur die Hälfte wert.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind bei der Bundeswehr keine lebenden Menschen?)


Um die große Arbeitslosigkeit zu verdecken, werden
die genannten Personenkreise gezielt für den Bundes-
freiwilligendienst angeworben. So sieht also die genera-
tionen- und nationenübergreifende Integration in den Ar-
beitsmarkt aus, und zwar im untersten Niedriglohn-
sektor.


(Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Wann kommt das Thema Mindestlohn?)


Diese Menschen fallen natürlich aus der Arbeitslosensta-
tistik heraus. Die Bundesregierung bekämpft nicht die
Armut, indem sie Arbeitsplätze schafft, sondern die Ar-
men. Von Anerkennung – davon hat die Ministerin ge-
sprochen – und Teilnahme an Gemeinschaftsaufgaben
können sich die Menschen nichts kaufen, von dem guten
Gehalt, das ihnen ein Arbeitsplatz bietet, schon.


(Beifall bei der LINKEN – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist das erste Mal, dass Sie verstanden haben, was sie gesagt hat!)


Der Geist des Zivildienstes war der eines Zwangs-
dienstes; wir halten ihn nicht für erhaltenswürdig. Denn
was kommt beim Bundesfreiwilligendienst heraus? Eine
ungeheuerliche Benachteiligung von Frauen. Berufe in
der Alten- und Krankenpflege oder Sozialarbeit werden
zu 80 Prozent von Frauen ausgeübt. Auch in den Frei-
willigendiensten sind seit jeher mehr als 70 Prozent der
Aktiven Frauen; die Tendenz ist steigend. Gerade junge
Frauen werden auf dem Arbeitsmarkt noch mehr be-
nachteiligt, weil frauenspezifische Arbeitsplätze im sozi-
alen und pflegerischen Bereich durch den Einsatz von
Freiwilligen vernichtet werden. Es ist nicht nur eine
schlechte Nachricht, sondern ein Skandal, was Sie den
Frauen kurz vor dem Internationalen Frauentag am
8. März zumuten.


(Florian Bernschneider [FDP]: Sagen Sie das mal den jungen Frauen, die sich engagieren! – Zuruf von der CDU/CSU: Da klatschen nicht einmal Ihre Fraktionskollegen! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Versteht kein Mensch, was Sie erzählen!)


Der Staat soll in die staatliche Fürsorge investieren
und darf sich im sozialen Bereich nicht aus der Verant-
wortung zurückziehen. Sonst treffen wir auf solche An-
zeigen von älteren Menschen: „Jung gebliebene Früh-
rentnerin sucht älteren Herrn, um häusliche Pflegearbeit
zu leisten.“ Die Frührentnerin will also ihre geringe
Rente aufstocken, und das als Ungelernte in der Pflege,
ohne Anspruch auf Mindestlohn. Das ist erzwungene
Freiwilligkeit durch Armut und weniger durch eigene
Motivation, wie die Ministerin Schröder eben meinte.
Freiwillige werden benutzt, um qualifizierte Fachkräfte
zu ersetzen, und das, obwohl schon jetzt ein Mangel an
ausgebildeten Pflegefachkräften besteht. Statt Jugendli-
che zu qualifizieren, sollen sie ohne Mindestlohn im
Pflegebereich arbeiten; denn es herrscht Pflegenotstand.
Die Behinderten und Kranken haben aber das Recht auf
eine menschenwürdige Pflege. Unqualifizierte Kräfte
sind mit der Betreuung von Schwerstkranken oft über-
fordert.

Im geplanten Bundesfreiwilligendienst sollen sich
Freiwillige aller Generationen von 16 bis 70 Jahren dem
Freiwilligendienst verpflichten. Das ist ein schöner Wi-
derspruch. Was denn nun: freiwillig oder dienstver-
pflichtet? CDU/CSU und FDP weisen in ihrem Antrag
darauf hin – ich zitiere –:

… dass ein abgeleisteter Freiwilligendienst ein be-
sonders positives Merkmal im Lebenslauf ist.

Eine Ausbildung als Krankenschwester bzw. Kranken-
pfleger erhalten also jene Personen, die einen Freiwilli-
gendienst abgeleistet haben?

Wir lehnen den Bundesfreiwilligendienst ab und for-
dern ein besseres FSJ und FÖJ im sozialen Bereich.
Beim Freiwilligen Sozialen Jahr darf es sich nur um eine
berufliche Orientierung beim Übergang von der Schule
zur Ausbildung handeln. Es soll kein Ersatz für sozial-
versicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse sein. Wir
möchten auch keine Ausweitung des Niedriglohnbe-
reichs. Wir fordern in unserem Antrag Mitbestimmungs-
möglichkeiten von Jugendlichen und Mindeststandards.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Trägervielfalt in den 16 Bundesländern soll erhal-
ten werden, aber nicht zum Nachteil der Jugendlichen.
Eine angemessene Aufwandsentschädigung ist zu ge-
währleisten. Ein Abbruch bzw. ein Wechsel in einen an-
deren Bereich darf nicht zum Nachteil im Lebenslauf
werden. Deshalb möchten wir ein verbessertes Gesetz
zum Ausbau der Jugendfreiwilligendienste bis 27 Jahre
und lehnen den Bundesfreiwilligendienst ab.


(Beifall bei der LINKEN – Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Na, herzlichen Glückwunsch!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709310400

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kol-

lege Gehring das Wort.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Tauber [CDU/ CSU] – Heiterkeit – Dr. Peter Tauber [CDU/ CSU]: Es kann nur besser werden! – Gegenruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU]: Freu dich nicht zu früh, Peter!)



Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709310500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich kehre jetzt zurück zum Thema unserer Debatte,





Kai Gehring


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


nämlich zum Thema Freiwilligendienste und bürger-
schaftliches Engagement. Ich kann der Koalition nicht
die Kritik ersparen,


(Michaela Noll [CDU/CSU]: Das ist schlecht!)


dass man ihrem Gesetzentwurf zur Einführung eines
Bundesfreiwilligendienstes deutlich anmerkt, dass er un-
ter erheblichem Zeitdruck entstanden ist. Es wurde of-
fenkundig mit heißer Nadel gestrickt. Jedenfalls ist dabei
keine langfristig tragfähige Lösung herausgekommen,
sondern Flickschusterei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist allerdings auch kein Wunder, da die Bundesre-
gierung völlig überstürzt und planlos handeln musste
und gehandelt hat. Minister Guttenberg preschte bei der
Wehrpflicht mit einem wahren Zickzackkurs voran, der
abstrus gewesen ist. Die Wehrpflicht war vor kurzem
noch konservativer Markenkern der Union,


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber konservative Markenkerne taugen eh nichts mehr!)


dann wurde sie von neun auf sechs Monate verkürzt.
Jetzt ist die Aussetzung der Wehrpflicht beschlossen.
Ministerin Schröder war lange Zeit Zaungast, anstatt den
Ausstieg aus dem Zivildienst aktiv, schrittweise und ver-
lässlich zu gestalten. An dieser Stelle hilft keine Weh-
mut, sondern wir müssen beherzt anpacken und überle-
gen, wie wir so schnell wie möglich Alternativen auf-
bauen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Wir packen immer beherzt an!)


Minister Rösler müsste angesichts seiner mangelnden
Aktivität zur Bekämpfung der Pflegemisere und zur Be-
kämpfung des Fachkräftemangels im Sozialbereich ei-
gentlich „Tu-nix-Minister“ heißen.


(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Es fing so nett an!)


Hier fehlen Initiativen vollständig. Frau Ministerin
Schavan hat am Kabinettstisch offensichtlich viele Mo-
nate geschlummert; denn nach wie vor ist keine Vor-
sorge dafür getroffen worden, dass 150 000 junge Män-
ner ein Jahr früher einen Ausbildungs- oder Studienplatz
brauchen. Deshalb stelle ich fest: Der Gesetzentwurf ist
einfach schlecht gemacht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn besser machen?)


So sehr wir als Grüne den Ausstieg aus den Pflicht-
diensten begrüßen und den Ausstieg aus den Pflicht-
diensten für überfällig und richtig halten, so klar kritisie-
ren wir die schlechte Umsetzung der Koalition. Ihnen
fehlt eine konsistente Gesamtstrategie. Sie stehen für
eine schlechte Umsetzung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Für uns sind Freiwilligendienste und das Jugend-
engagement für eine aktive Bürgergesellschaft ein Wert
an sich. Der Ausbau der Freiwilligendienste ist seit vie-
len Jahren überfällig. Wir haben das in den letzten Jah-
ren gebetsmühlenartig vorgetragen und immer wieder
Anträge und Initiativen aus der Opposition heraus und
vorher im Regierungshandeln eingebracht, um die Quan-
tität, Qualität und Attraktivität von Freiwilligendiensten
deutlich zu steigern.


(Florian Bernschneider [FDP]: Das haben Sie nicht geschafft!)


Dass Sie sich dem fünf Jahre lang verweigert haben,
rächt sich heute. Heute rächt es sich, dass die Freiwilli-
gendienste von zwei CDU-Jugendministerinnen über
Jahre hinweg systematisch vernachlässigt wurden.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht, Herr Gehring!)


Es ist bedauerlich, dass Frau Schröder den Bundesfreiwilli-
gendienst jetzt zu einer Art Lückenbüßer für den wegfallen-
den Zivildienst degradiert. Das klappt allein rechnerisch
nicht, weil wir im vergangenen Jahr 90 000 Zivildienstleis-
tende hatten, Sie aber nur 35 000 Freiwilligendienstleis-
tende anstreben.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Die leisten ja längeren Dienst!)


Wenn es darum geht, Zivildiensttätigkeiten wirklich
zu ersetzen, dann muss Herr Rösler etwas tun. Es muss
vor allem darum gehen, dass im Sozial- und Pflegebe-
reich mehr fair bezahlte Beschäftigungsverhältnisse ge-
schaffen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Pflege muss attraktiver werden, und sie muss besser
bezahlt werden. Das ist eine Hausaufgabe dieser Bun-
desregierung.

Unser Kernkritikpunkt am Bundesfreiwilligendienst
bleibt: die Doppelstruktur. Sie bekommen es nicht hin,
die bewährten Freiwilligendienste deutlich auszubauen,
sondern bauen einen staatsfixierten Bundesdienst als
Konkurrenz zu den bewährten Freiwilligendiensten FSJ,
FÖJ etc., die von zivilgesellschaftlichen Trägern organi-
siert werden, auf. Diese Doppelstruktur ist einfach in-
effizient, teuer und nichts anderes als eine Not- und
Übergangslösung. Jedenfalls ist sie nicht der große
Wurf, als den Sie sie heute verkaufen wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])


Sie hätten sich schon vor Jahren mit den Ländern und
mit den Trägern zusammensetzen und nach Lösungen
suchen können. Jetzt ist nichts anderes als eine Arbeits-
beschaffungsmaßnahme für das Bundesamt für den Zi-
vildienst herausgekommen.





Kai Gehring


(A) (C)



(D)(B)

Die Aussetzung der Pflichtdienste hätte als Chance
genutzt werden können, die Zivildienstbürokratie abzu-
bauen und bei den 52 Kreiswehrersatzämtern, die ihre
historischen Aufgaben erfüllt haben, erheblich einzuspa-
ren. Die Mittel, die an dieser Stelle hätten eingespart
werden können, hätten in die Konversion und die Frei-
willigendienste investiert werden können. Dass selbst
die FDP diese Chance auf Bürokratieabbau nicht er-
kennt, wundert mich sehr. Sie müssen die Zivilgesell-
schaft fördern und nicht bürokratische Strukturen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Frau Schröder, Sie haben sich heute selbst sehr dafür
gelobt, dass Sie so viel investieren. Ich möchte Sie aber
darauf hinweisen, dass im bisherigen Zivildiensthaushalt
circa 600 Millionen Euro enthalten waren, in Ihren
neuen Bundesfreiwilligendienst aber nur 350 Millionen
Euro investiert werden. Mich würde interessieren, wo
die anderen 250 Millionen Euro geblieben sind.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Da erklären wir Ihnen gleich mal, wo Ihr Gedankenfehler steckt!)


Dienen die jetzt der Haushaltskonsolidierung? Können
die nicht genutzt werden für die Bekämpfung der Pflege-
misere oder für Qualitätsverbesserungen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])


Frau Schröder, Sie haben sich auch unheimlich dafür
gelobt, dass Sie den Bundesfreiwilligendienst für neue
Gruppen öffnen, ja sogar für Frauen. Was ist denn daran
neu? Die bestehenden Freiwilligendienste sind natürlich
für alle Geschlechter und für alle Generationen offen ge-
wesen,


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


weil es auch den bewährten Freiwilligendienst aller Ge-
nerationen gegeben hat.


(Florian Bernschneider [FDP]: Das stimmt nicht! Das waren immer nur Projekte gewesen!)


Es wäre eine sinnvolle Perspektive gewesen, den be-
währten Freiwilligendienst aller Generationen weiter
auszubauen. Auch an dieser Stelle zeigt sich, dass Ihre
Doppelstruktur nicht notwendig ist.

Bei dem weiteren Gesetzgebungsverfahren und in der
Praxis des neuen Bundesfreiwilligendienstes wird es
sehr wichtig sein, dass die Arbeitsmarktneutralität ge-
währleistet wird. Das müsste auch in Ihrem Interesse
sein; denn es darf nicht sein, dass Bundesfreiwilligen-
dienstleistende reguläre Arbeitskräfte ersetzen, insbe-
sondere dadurch, dass ein neues öffentlich-rechtliches
Dienstverhältnis geschaffen wird.


(Florian Bernschneider [FDP]: Deswegen haben wir das ja so reingeschrieben!)


Der Freiwillige schließt künftig ja keinen Vertrag mit der
Einrichtung vor Ort, sondern mit dem Bundesamt für
den Zivildienst oder wie auch immer es künftig heißen
wird. Dabei ist es ganz wichtig, dass reguläre Jobs nicht
bedroht werden, damit das ohnehin sehr niedrige Lohn-
niveau bei sozialen Dienstleistungen nicht noch stärker
unter Druck gerät. Das müssen wir uns in den nächsten
Monaten und Jahren sehr genau anschauen, damit Ar-
beitsmarktneutralität gewährleistet wird und wir kein
neues Niedriglohnverhältnis schaffen.

Ganz wichtig ist es mir, die bestehende Ungleichbe-
handlung bei den Freiwilligendiensten zu beheben. Alle
Freiwilligendienstleistenden brauchen gleiche Bedin-
gungen und gleiche Qualitätsstandards. Deshalb hätten
Sie den ersten Schritt zuerst machen müssen und nicht
den zweiten oder dritten. Sie hätten jetzt den Entwurf ei-
nes Freiwilligendienststatusgesetzes vorlegen müssen, in
dem Sie klar hätten definieren müssen, was der Freiwil-
ligendienst ist, und zwar in Abgrenzung zu Ausbildung,
Praktika und Arbeitsverhältnissen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709310600

Kollege Gehring, achten Sie bitte auf die Zeit.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709310700

Ich komme zum Schluss. – In diesem Gesetz hätten

auch Sozialversicherungsfragen gelöst werden müssen.
Dieses Gesetz ist jetzt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag
verschoben worden. Das wird sich sicherlich rächen.

Finanzieren Sie nicht Bürokratie, sondern sorgen Sie
dafür, dass die Zivilgesellschaft gestärkt wird und die
bestehenden Freiwilligendienste deutlich ausgebaut wer-
den. Das wäre das Gebot der Stunde, nicht dieser Ge-
setzentwurf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709310800

Für die Unionsfraktion spricht nun die Kollegin Bär.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1709310900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege
Gehring, ich muss mit Ihrer falschen Rechnung anfan-
gen. Sie haben davon gesprochen, dass wir jetzt
90 000 Zivildienstleistende haben und in Zukunft
35 000 Freiwilligendienstleistende haben wollen. Diese
Rechnung könne nicht aufgehen. Zur Wahrheit gehört
aber auch, dass der Zivildienst gegenwärtig für ein hal-
bes Jahr geleistet wird. Wir stellen uns vor, dass diese
35 000 ihren Dienst für ein Jahr bis hin zu zwei Jahren
leisten. Deshalb kann man die Zahlen nicht miteinander
vergleichen.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 35 000 für zwei Jahre? Das ist ja noch weniger!)


– Nein, zusätzlich. Jetzt haben wir sechs Monate. Wir
wollen, dass die Dauer des Dienstes in Zukunft verlän-
gert werden kann.





Dorothee Bär


(A) (C)



(D)(B)


(Sönke Rix [SPD]: Ich dachte, die verlängern alle!)


Deshalb werden wir in Zukunft mehr Dienstleistende ha-
ben. Der Kollege Gehring hat die Rechnung falsch auf-
gemacht. Ich bitte ihn, das noch einmal nachzurechnen.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Das war ein völlig falscher Denkansatz! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 90 000 und 35 000 ist schon ein Unterschied, nicht?)


Uns wurde die Aufgabe gestellt, den Zivildienst neu
zu regeln. Wir haben es uns nicht ausgesucht, dass wir
uns anderthalb Jahre lang nur mit dem Zivildienst be-
schäftigt haben. Natürlich wäre es auch uns recht gewe-
sen, wenn wir den Zivildienst in seiner jetzigen Form
hätten erhalten können. Mit der Aussetzung der Wehr-
pflicht mussten wir aber auch den Zivildienst zum 1. Juli
2011 neu regeln. Wir wissen, dass die ersten anerkannten
Kriegsdienstverweigerer ihren Dienst am 10. April 1961
angetreten haben. Insofern ist es in diesem Jahr genau
50 Jahre her, dass die ersten jungen Männer auf diese
Weise unserem Land gedient haben. Am 10. April 2011
werden wir dieses Jubiläum also noch begehen, für die
Zeit nach dem 1. Juli 2011 müssen wir uns aber ein
neues Modell überlegen.

Zwar war der Zivildienst in erster Linie als Wehrer-
satzdienst vorgesehen, aber er war natürlich wesentlich
mehr. Dieser Dienst war nicht nur für die Gesellschaft
eine ungeheure Bereicherung, sondern auch für die jun-
gen Männer selbst; das stellt man fest, wenn man sich
mit den Zivildienstleistenden unterhält. Dieser Dienst
stellte aber auch eine Bereicherung für kranke Men-
schen, für Menschen mit Behinderungen und für alte
Menschen dar. In dieser Zeit wurden Vertrauensverhält-
nisse aufgebaut, von denen viele auch in der Zeit nach
dem aktiven Zivildienst fortgeführt wurden. Weil wir
diesen – ich sage das in Anführungszeichen – positiven
„Nebeneffekt“ hoch schätzen, weil diese Zivildienstleis-
tenden die Welt menschlicher gemacht haben, wollen
wir dafür Sorge tragen, dass es auch nach dem 1. Juli
2011 mit diesem Erfolgsmodell weitergeht.

Wenn ich mit einem Zivildienstleistenden gesprochen
habe, hatte ich noch nie das Gefühl, dass er nach seinem
Zivildienst nicht glücklicher war als vorher. Schließlich
sind Bindungen entstanden, und er hat fürs Leben ge-
lernt. Dies ist natürlich ein Dienst für das Land – daran
finde ich überhaupt nichts verwerflich, ganz im Gegen-
teil –, aber man leistet den Dienst auch für sich selbst.
Man hat die Chance, in einem unbekannten Bereich Er-
fahrungen zu sammeln, sich weiterzuentwickeln und die
eigene Persönlichkeit zu formen.

Der Zivildienst war auch wichtig für die Stärkung des
Ehrenamtes. Auch das ist ein ganz wichtiger Punkt. Aus
dem Erleben im sozialen Bereich, zum Beispiel beim Ro-
ten Kreuz oder bei den Hilfsdiensten, entwickelte sich oft
ein lebenslängliches Engagement. Diejenigen, die Zivil-
dienst geleistet haben, haben sich in der Folge häufig viel
stärker ehrenamtlich engagiert als Jugendliche, die die-
sen Dienst nicht geleistet haben.
Mehrfach ist gesagt worden, ein einheitlicher Dienst
sei besser. Wir haben lange überlegt, ob es möglich
wäre, Dienste zusammenzulegen. Das gehört zur Wahr-
heitsfindung dazu. Aus finanzverfassungsrechtlichen
Gründen ist das aber nicht möglich, weil der Bund nur
eine eingeschränkte Förderkompetenz für die von den
Ländern verwalteten Jugendfreiwilligendienste hat. An
dieser Stelle muss man auch sagen, dass die Länder nicht
bereit waren – ich betone: leider –, die Verwaltung ihres
Erfolgsmodells künftig einfach an den Bund abzutreten.
Weil das nicht möglich war, haben wir jetzt diese Lö-
sung gefunden und entwickeln dieses Erfolgsmodell. Es
ist kein Konkurrenzmodell; das behaupten Sie. Vielmehr
haben wir ein gutes Nebeneinander entwickelt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sehr positiv ist – das muss man in den Mittelpunkt
stellen –, dass dieser Dienst nicht nur jungen Männern
zur Verfügung steht, sondern Männern und Frauen glei-
chermaßen. Ich sehe da überhaupt keine Benachteili-
gung für Frauen, ganz im Gegenteil.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch gut, aber das ist nicht neu!)


– Natürlich ist das neu. – Er ist auch nicht nur für junge
Menschen, sondern für junge und für ältere Menschen,
für Männer und für Frauen. Er ist für alle Altersbereiche
offen.

Wir haben in Gesprächen mit der Bundesregierung er-
reicht, dass der neue Bundesfreiwilligendienst keine
Konkurrenz ist; denn die Förderpauschalen werden an-
gehoben. Sie werden von monatlich knapp 73 Euro auf
200 Euro bzw. bei Jugendlichen mit besonderem Förder-
bedarf auf 250 Euro erhöht. Die Förderung wird auf alle
besetzten Plätze sämtlicher – auch der regionalen – Träger
ausgeweitet. Auch das ist ein Verdienst. An dieser Stelle
bin ich unseren Haushältern dankbar.


(Ute Kumpf [SPD]: Dafür haben Sie an anderer Stelle bei benachteiligten Jugendlichen gestrichen!)


Wir werden diese Dienste nebeneinanderstellen. Wir
müssen jetzt natürlich – da sind wir alle gefordert – mit
den Ländern darüber sprechen, was die Länder zum Bei-
spiel hinsichtlich der Anrechnung von Wartesemestern,
der Anerkennung des Dienstes als Praktikum und der fi-
nanziellen Ermäßigung für kulturelle Veranstaltungen, in
kommunalen Einrichtungen und im öffentlichen Nahver-
kehr leisten können. Vieles davon liegt nicht in der
Kompetenz des Bundes; das ist für uns als Bundespoliti-
ker natürlich bedauerlich. Aber ich bin sicher: Wenn wir
uns alle gemeinsam hinter diesen Dienst stellen, wenn
wir dies jetzt alle gemeinsam anpacken und versuchen,
35 000 junge und auch ältere Menschen zu erreichen,
wenn wir mit Begeisterung für diesen Dienst werben und
die Kommunen und die Länder mit ins Boot holen, dann
wird dies tatsächlich ein Erfolgsmodell. Deswegen lade
ich alle ein, hier mitzumachen. Sie sollten nicht stolz
darauf sein, dass Sie es ablehnen; das ist peinlich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)






Dorothee Bär


(A) (C)



(D)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709311000

Der Kollege Rix hat für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1709311100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal: Es ist gut, dass es hier im Haus mittler-
weile einen breiten Konsens gibt, dass wir mehr auf
Freiwilligkeit setzen sollten und die Pflicht zum Wehr-
dienst und auch zum Zivildienst abschaffen sollten. Das
ist zu loben. Da darf man ohne Umschweife sagen: Nach
50 Jahren Zivildienst und Wehrpflicht ist es eine histori-
sche Leistung, dass wir nun hier in diesem Hohen Hause
einen breiten Konsens darüber haben, die Wehrpflicht
abzuschaffen bzw. auszusetzen und bei der Bundeswehr,
aber auch bei anderen Diensten auf Freiwilligkeit zu set-
zen. Das ist in Ordnung.


(Beifall bei der SPD)


Wir dürfen dies aber nicht aus dem Grund tun, dass
die Wehrgerechtigkeit nicht mehr gegeben war. Das ist ja
einer der Gründe, der immer genannt wird. Wir dürfen es
erst recht nicht aus finanziellen Gründen tun und sagen:
Wir haben haushaltspolitische Herausforderungen und
wollen an einigen Stellen sparen. Der Wegfall des Zivil-
dienstes und die Wehrdienstreform hängen natürlich eng
mit der Abschaffung der Wehrpflicht zusammen, und die
Ankündigung, die Wehrpflicht abzuschaffen, erfolgte
gleich nach der Haushaltsklausur der Bundesregierung.
Das sind falsche Gründe für die Abschaffung der Wehr-
pflicht. Vielmehr gibt es grundsätzliche Erwägungen, die
dagegen sprechen, Menschen für ein Jahr oder mehrere
Monate zu verpflichten, einen Dienst zu tun. Das ist der
eigentliche Grund, warum wir die Wehrpflicht ablehnen.

So ein historischer Schnitt stellt natürlich eine große
Herausforderung an die Gesellschaft und an den Staat an
sich dar. Was machen wir danach? Eben wurde von Ih-
nen, Herr Bernschneider, gesagt, dass wir eine histori-
sche Engagementreform auf den Weg bringen, indem
wir den Bundesfreiwilligendienst einführen. Ich glaube,
eine historische Engagementreform sieht ganz anders
aus und besteht nicht einfach nur aus der Einführung ei-
nes zusätzlichen Freiwilligendienstes. Eine historische
Engagementreform bedarf auch einer Verbesserung der
Rahmenbedingungen des bürgerschaftlichen Engage-
ments insgesamt.


(Beifall bei der SPD)


Ihre einzige Antwort auf den Wegfall des Zivildiens-
tes ist der Bundesfreiwilligendienst.


(Florian Bernschneider [FDP]: Eine Stärkung der Freiwilligendienste!)


In dem Gesetzesvorhaben, über das wir heute diskutie-
ren, und auch in anderen Gesetzesvorhaben findet sich
keine weitere Maßnahme zur Stärkung des bürgerschaft-
lichen Engagements. Sie verweisen natürlich auf die En-
gagementstrategie. Aber auch hier muss ich darauf hinwei-
sen: Das ist eine Auflistung mehrerer Projekte, die schon
seit Jahren laufen; etwas Neues ist aber nicht dabei. Als
Zweites wird immer erwähnt: Wir stärken auch FSJ und
FÖJ. – Ja, aber am Jugendfreiwilligendienstegesetz ändern
Sie gar nichts. Das Einzige, was Sie getan haben, ist, dass
Sie angekündigt haben, die Pauschalen zu erhöhen. Mehr
wird in diesem Bereich nicht getan.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Nichts außer Ankündigungen!)


Gesetzlich tun Sie an dieser Stelle nichts. Es wird nach
wie vor jedes Jahr vom Haushalt abhängig sein, wie FSJ
und FÖJ finanziell ausgestattet sind. Das ist wirklich
keine historische Leistung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zu einem Gesamtkonzept, das, wie gesagt, nicht vor-
liegt, würde auch gehören, dass neben der Stärkung der
Freiwilligendienste – unser Vorschlag ist, lieber FSJ und
FÖJ weiter zu stärken – auch darauf zu achten ist, wel-
che Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Zivildienst
vielleicht auch im Rahmen sozialversicherungspflichti-
ger Jobs verrichtet werden können. Das versäumen Sie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie wollen in Ihrem Gesetz festschreiben, dass sämtliche
Zivildienstplätze einfach anerkannt werden; das soll auch
für Bundesfreiwilligendienstplätze gelten. Sie haben aber
kein Programm, wie an dieser Stelle – das müssten Sie ei-
gentlich gemeinsam mit Herrn Rösler tun – mehr sozialver-
sicherungspflichtige Jobs entstehen können. Keine Ant-
wort, kein Gesamtkonzept!

Natürlich müssen wir uns auch mit dem Freiwilligen-
dienstestatusgesetz beschäftigen; es ist schon angespro-
chen worden. Es gibt die Ankündigung, dass wir darüber
reden werden. Aber dazu liegt nichts vor. Auch das wäre
Bestandteil einer sogenannten historischen engagement-
politischen Leistung gewesen.

Man muss sich das sportliche Tempo vor Augen hal-
ten. Es ist natürlich so, dass die meisten großen Ver-
bände sagen: Okay, wenn der Bundesfreiwilligendienst
kommt, dann beteiligen wir uns aktiv daran. – Das ist
auch in Ordnung. Aber waren Sie einmal vor Ort und ha-
ben mit Verantwortlichen in den Einrichtungen gespro-
chen? Die Einrichtungen sind total ins Schwimmen ge-
kommen. Je kleiner eine Einrichtung ist, desto mehr kam
sie ins Schwimmen. Sie wissen nicht, woran sie sind:
erst die Verkürzung des Zivildienstes, dann die Ankündi-
gung, dass der Zivildienst wegfällt, dann ein Bundesfrei-
willigendienst, dann eine angebliche Stärkung des Frei-
willigen Sozialen Jahres – aber nichts Konkretes, nichts
Festes. Die Einrichtungen geraten immer mehr ins
Schwimmen. Bis zum 1. Juli dieses Jahres soll das
Ganze umgesetzt sein. Ich frage Sie, ob Sie sich das
wirklich gut überlegt haben.


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren, wenn man von einer histo-
rischen engagementpolitischen Leistung spricht, dann
hätte man auch eine breite Debatte führen müssen, nicht
nur hier im Haus, sondern vor allen Dingen mit der Zi-
vilgesellschaft. Auch das haben Sie versäumt. Sie haben





Sönke Rix


(A) (C)



(D)(B)

keine breite Debatte mit der Zivilgesellschaft geführt:
Wie gehen wir damit um, dass der Zivildienst wegfällt?
Welche Chancen ergeben sich daraus? Der Bundesfrei-
willigendienst soll nicht nur ein Lückenbüßer für den Zi-
vildienst sein. Wir wollen eine Gesamtlösung. Sie haben
es versäumt, darüber einen Dialog mit der Zivilgesell-
schaft zu führen. Das kreiden wir Ihnen natürlich an.

Über Ihre angeblich großen Taten beim FSJ habe ich
schon gesprochen. Es gab nur eine Pauschalerhöhung,
aber keine weiteren Veränderungen im Jugendfreiwilli-
gendienstegesetz.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Eine Verdreifachung!)


Wo bleiben denn die weiteren Anerkennungsmöglich-
keiten? Wo bleibt die wirkliche Stärkung der jungen
Menschen, die diesen Dienst machen?


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Es gab eine Verdreifachung! Haben Sie das gar nicht bemerkt?)


Dazu haben Sie nichts vorgelegt.

Sie sagen immer, unsere Kritik an den Doppelstruktu-
ren sei Detailkritik. Gut, vielleicht ist das ein Detail; das
mag sein. Aber ich glaube, ich habe gerade deutlich ge-
macht, dass es noch viel gravierendere Probleme gibt,
zum Beispiel das Fehlen eines Gesamtkonzeptes. Natür-
lich sind aber auch die Doppelstrukturen ein Problem.


(Florian Bernschneider [FDP]: Aber die gab es schon immer!)


Sie kündigen immer wieder an: Jemand, der den Bun-
desfreiwilligendienst macht, soll genauso behandelt wer-
den wie jemand, der ein FSJ oder ein FÖJ macht. Das ist
aber nicht der Fall. Sie glauben das vielleicht manchmal.
Aber ich sage Ihnen: Das ist schon bei der Kindergeld-
zahlung nicht der Fall. Das zeigt sich auch bei der Aus-
zahlung des Taschengeldes an die Leistenden: Die einen
bekommen es vom Bund, die anderen von den Trägern,
die Höhe ist variabel.


(Florian Bernschneider [FDP]: Hauptsache, es ist auf dem Konto!)


Hier gibt es keine Gleichbehandlung. Die Betroffenen
wundern sich, warum jemand, der in der gleichen Ein-
richtung einen Dienst macht, ein anderes Taschengeld
bekommt. Diese Doppelstruktur bleibt vorhanden. Sie
können sich drehen und wenden, wie Sie wollen: Das ist
unser Hauptkritikpunkt, den wir nach wie vor vortragen.

Hinzu kommen finanzielle Probleme. Es wird immer
noch argumentiert: Das ist finanzverfassungsrechtlich
problematisch. Deshalb können wir nicht ausschließlich
auf FSJ und FÖJ setzen. – Gleichzeitig kündigen Sie an,
die Mittel zu erhöhen. Gleichzeitig kündigen Sie auch
an, für mehr Anerkennung der Freiwilligendienstleisten-
den und der Jugendfreiwilligendienste sorgen zu wollen.
Aber wenn das verfassungsrechtlich bedenklich ist, wa-
rum tun Sie es dann trotzdem? Wenn man Ihrer Logik
folgen würde, dann müsste man sagen: FSJ und FÖJ
können wir gar nicht mehr durchführen, weil wir das ei-
gentlich gar nicht dürfen. – Das passt einfach nicht zu-
sammen.
Kurz und bündig zusammengefasst: Legen Sie ein
Gesamtkonzept vor! Der Zivildienst kann nicht einfach
nur durch den Bundesfreiwilligendienst ersetzt werden,
vielmehr brauchen wir ein gesamtgesellschaftliches
Konzept. Nutzen Sie die Chancen beim Wegfall des Zi-
vildienstes und lösen Sie diese Doppelstrukturen auf!

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709311200

Das Wort hat der Kollege Grübel für die Unionsfrak-

tion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1709311300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute Morgen haben wir über die Aussetzung der Wehr-
pflicht beraten. Infolge der Aussetzung der Wehrpflicht
kommt es auch zur Aussetzung des Zivildienstes. Wir
antworten darauf mit dem Bundesfreiwilligendienst und
mit einer Stärkung der anderen Jugendfreiwilligen-
dienste. Darin steckt eine Chance, darin steckt aber auch
eine große Herausforderung. Sie von der Opposition ha-
ben viel kritisiert, aber keine gangbare Alternative auf-
gezeigt.


(Kerstin Griese [SPD]: Das stimmt doch nicht! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Siehe alle Anträge der letzten Jahre!)


Wir können positiv anmerken: Es gab noch nie so
viele Möglichkeiten für Freiwillige in Deutschland, wie
es künftig geben wird, und es gab noch nie so viel Geld
für Freiwillige im Bundeshaushalt, wie es künftig geben
wird. Die Frau Ministerin hat vorhin darauf hingewie-
sen. Es gibt neue Einsatzbereiche: Soziales, Kultur,
Sport, Ökologie, Integration, Zivil- und Katastrophen-
schutz.


(Sönke Rix [SPD]: Das ist doch nicht neu! Das gab es doch schon immer!)


– Soziales und Ökologie ja, aber gab es zum Beispiel ein
FSJ im Bereich Integration?


(Sönke Rix [SPD]: Natürlich!)


– Nein, das ist neu, Sönke Rix.

Das Nebeneinander wurde angesprochen: Der Bund
nimmt künftig 350 Millionen Euro und die Länder neh-
men 12 Millionen Euro in die Hand. Über den Europäi-
schen Sozialfonds fließen 8 Millionen Euro. Vor diesem
Hintergrund ist es doch klar, dass der Bund die Verant-
wortung behalten will. Hätten wir die Mittel an die Län-
der übertragen, dann würde ich auch für die CDU-ge-
führten Länder nicht meine Hand ins Feuer legen, dass
sie diese 350 Millionen Euro nicht nehmen und andere
wichtige Aufgaben – Polizei, Schule, Kinderbetreuung,
innere Sicherheit, Hochschulen – daraus finanzieren
würden. Ich bin mir sicher, dass nur ein Bruchteil tat-
sächlich bei den Einrichtungen, Trägern und Freiwilli-
gen, bei den Freiwilligendiensten ankommen würde.
Deshalb war dieser Weg richtig.





Markus Grübel


(A) (C)



(D)(B)

Wir stärken die klassischen Jugendfreiwilligen-
dienste: das FSJ, das FÖJ. Wir hatten die Anzahl der
Plätze auf 25 000 gedeckelt, jetzt wollen wir 35 000,
möglicherweise sogar noch mehr Plätze fördern. Früher
wurden die Plätze mit 72 Euro im Monat gefördert,
künftig sind es 200 Euro im Monat. 50 Euro kommen
noch hinzu, wenn ein besonderer pädagogischer Betreu-
ungsbedarf besteht. Es gibt das Kopplungsmodell.

Zugegeben, es gibt Unterschiede beim Kindergeld,
die sich aber begründen lassen. Beim Jugendfreiwilli-
gendienst bleibt der Unterhaltsbedarf bei den Eltern be-
stehen, deshalb wird in dieser Zeit auch Kindergeld
gezahlt. Beim Bundesfreiwilligendienst werden Ta-
schengeld, Unterkunft, Verpflegung, Dienstbekleidung
und Sozialversicherung bezahlt. Daher entfällt der Un-
terhaltsbedarf bei den Eltern, sodass kein Kindergeld
ausgezahlt wird. Es gibt keine Ost-West-Unterschiede
bei der Taschengeldobergrenze – darauf hat die Opposi-
tion früher hingewiesen.

Der Bundesfreiwilligendienst ist arbeitsmarktneutral.
Er darf nicht zu einem Wegfall oder einer Verdrängung
von regulärer Arbeit führen. Aber in einem positiven
Sinne ist er gleichzeitig auch nicht arbeitsmarktneutral:
Junge Menschen erwerben soziale Kompetenz, die sie in
vielfältigen Berufsfeldern einsetzen. Das ist zwar nicht
arbeitsmarktneutral, aber gut. Auch die Berufswahl wird
beeinflusst. Menschen kommen in Berufsfelder, die sie
sich vorher kaum vorstellen konnten. Durch den Freiwil-
ligendienst sind sie plötzlich an Pflegeberufen und vie-
len anderen sozialen Berufen interessiert. Mehr Männer
kommen in klassische Frauenberufe. Zum Beispiel kom-
men auch mehr junge Menschen in die Pflege, was dort
gut tut. So betrachtet ist der Bundesfreiwilligendienst in
der Tat nicht arbeitsmarktneutral, aber diese Auswirkun-
gen sind trotzdem sehr positiv.

Es gibt keine Umsatzsteuerpflicht beim Leistungsaus-
tausch zwischen Bund und Einsatzstellen. Auch das ist
immer wieder angesprochen worden. Der Bundesfrei-
willigendienst ist ein Lerndienst; ich verweise auf die
Seminarangebote und die pädagogische Begleitung. Wir
wollen einen „Bundesfreiwilligendienst plus“ ermögli-
chen, der zwei Jahre dauert: Wir wollen eine Verknüp-
fung des Bundesfreiwilligendienstes mit einem Schulab-
schluss, einen Bundesfreiwilligendienst, ein Freiwilliges
Soziales Jahr plus Realschulabschluss für diejenigen, die
ihn nicht auf dem ersten Bildungsweg gemacht haben.

Wir arbeiten an einem Freiwilligendienstestatusge-
setz, das wir noch in dieser Wahlperiode verabschieden
wollen. Diese Arbeit machen wir gründlich. Sie sagen
beim Freiwilligendienstestatusgesetz, es sollte schneller
gehen; husch, husch! Andererseits beklagen Sie, das es
zu schnell geht. So richtig recht kann man es euch auch
nicht machen.


(Kerstin Griese [SPD]: Es soll zusammen ein Konzept vorgelegt werden! – Sönke Rix [SPD]: Ich wollte einen Gesamtzusammenhang herstellen! Ein Gesamtkonzept!)


Gute Informationen und Werbung für diesen Freiwil-
ligendienst sind jetzt in der Tat wichtig. Es ist eine große
Herausforderung, 35 000 überwiegend junge Menschen
für ein Jahr Freiwilligenarbeit zu begeistern. Ab Mai
wird es Informations- und Werbekampagnen dazu ge-
ben. Die Information der Einsatzstellen findet ja schon
jetzt statt. Neu ist: Auch die über 27-Jährigen sind ange-
sprochen. Der Bundesfreiwilligendienst soll auch für er-
wachsene und ältere Menschen gelten – 20 Stunden die
Woche.

Künftig sparen wir auch Ressourcen. Wir sparen zum
Beispiel beim Bundesamt für den Zivildienst. Von früher
1 000 Stellen wird nur ein Teil für den Bundesfreiwilli-
gendienst gebraucht. Auch im Bereich der Kreiswehrer-
satzämter können wir sparen. Deren Anzahl wird von
52 auf 20 reduziert. Insgesamt heißt das, dass 6 000 Mit-
arbeiter der Bundesverwaltung umgesetzt werden müs-
sen. Auch hier tut sich also etwas.

Ich fasse zusammen. Wir schaffen einen deutlich bes-
seren Rahmen für die Freiwilligenarbeit in Deutschland,
und ich fordere alle auf, auch die Opposition, sich hier
nicht zu verweigern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709311400

Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Tauber für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1709311500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir reden über den neuen Bundesfreiwilligendienst,
aber auch über einen deutlichen Ausbau der Jugendfrei-
willigendienste. Herr Kollege Rix, das hätten Sie ge-
merkt, wenn Sie unseren Antrag ein bisschen ausführli-
cher studiert hätten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube, das muss man an dieser Stelle sagen;


(Sönke Rix [SPD]: Aber Sie sind doch Gesetzgeber in dem Bereich!)


denn das, was wir hier machen – vielleicht ist Ihnen auch
das noch nicht bewusst –, geht nicht nur weit über das
hinaus, was wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben ha-
ben,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist kein Maßstab!)


sondern auch weit über das hinaus, was Sie in den letz-
ten Jahren zu diesem Thema formuliert haben.


(Sönke Rix [SPD]: Fragen Sie einmal Ihre Vorgänger im Familienausschuss, woran das immer gescheitert ist!)


Wir machen hier etwas, was Sie sich in der Vergangen-
heit in Ihren kühnsten Träumen nicht haben vorstellen
können; das muss man deutlich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Dr. Peter Tauber


(A) (C)



(D)(B)

An dieser Stelle beziehen wir uns natürlich auf die
Aussetzung der Wehrpflicht. Deswegen darf ich hier ei-
nige Sätze dazu sagen: Wir setzen die Wehrpflicht aus si-
cherheitspolitischen Gründen aus. Für uns als Union wa-
ren die Wehrpflicht und der Zivildienst immer auch
Ausdruck unserer Überzeugung als Bürgerinnen und
Bürger, dass unser Gemeinwesen nur funktioniert, wenn
alle bereit sind, mehr zu tun, als nur Steuern zu zahlen
und wählen zu gehen. Dieses Symbol, das die Wehr-
pflicht und der Zivildienst darstellten, entfällt nun.

Ich glaube, es ist gut, dass wir etwas Neues schaffen,
um jungen Menschen die Gelegenheit zu geben, in unse-
rem Land Verantwortung für unsere Gesellschaft zu
übernehmen. Genau das machen wir durch den Bundes-
freiwilligendienst. Die Länder alleine – das ist deutlich
geworden – können das gar nicht leisten. Deswegen ist
es gut, dass wir einen Großteil der Mittel, die wir bisher
für den Zivildienst aufgewendet haben, künftig für den
Bundesfreiwilligendienst zur Verfügung stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich glaube, dass das auch deswegen richtig ist, weil
– das wird durch die Zahlen deutlich – 90 Prozent derje-
nigen, die derzeit freiwillig dienen – in welcher Form
auch immer, ob im FSJ oder im FÖJ –, danach zu der
Überzeugung kommen, dass es sich lohnt, sich in dieser
Gesellschaft ehrenamtlich zu engagieren. Ein übergroßer
Teil sagt, sie wollen dieses Engagement, in welcher
Form auch immer, fortsetzen.

Deswegen wollen wir an sehr vielen Stellen neue
Möglichkeiten dafür schaffen, dass junge Menschen sich
ausprobieren und mit ihren Fähigkeiten, Neigungen und
Interessen im Bereich der Integration, des Sports oder
auch der Kultur und eben nicht nur im sozialen Bereich,
auf den wir die Debatte in den letzten Minuten aus mei-
ner Sicht zu sehr verengt haben, einbringen. Wir schaf-
fen dafür die Rahmenbedingungen. Wir geben so viel
Geld für die Freiwilligendienste wie noch nie aus: für
den neuen Bundesfreiwilligendienst, aber auch für die
bestehenden Strukturen.

Wir schaffen in diesem Modell zwei stabile Säulen.
Wir lösen die Konkurrenz, von der Sie dauernd reden,
auf. Wenn Sie die Diskussion wirklich verfolgt haben,
dann wissen Sie, dass es am Anfang eine unheimlich
große Skepsis bei Trägern und Einrichtungen darüber
gab, wie das funktionieren wird. Wenn Sie die letzten
Stellungnahmen gelesen haben, dann wissen Sie auch,
dass die Vorbehalte zum Teil gänzlich verschwunden,
zum Teil deutlich leiser geworden sind.


(Sönke Rix [SPD]: Weil jetzt auch Geld auf dem Tisch liegt!)


Über die Stellen, wo es noch hakt, werden wir in den
nächsten Jahren weiter reden müssen. Denn wir schaffen
hier ja etwas fundamental Neues. Es hätte Ihnen gut an-
gestanden, mitzumachen, statt danebenzustehen und nur
zu meckern. Diese Chance haben Sie eben gerade ver-
passt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich persönlich finde es schade, weil wir auch in den
Berichterstattergesprächen gemerkt haben, dass wir in
sehr vielen Punkten eigentlich in dieselbe Richtung ge-
hen wollen. Dort haben Sie Ihre Bedenken auch nicht so
laut vorgetragen wie eben. Vielleicht liegt es an der Öf-
fentlichkeit und an der Kulisse hier; das weiß ich nicht
genau.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was heißt das denn? – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich weiß nicht, wovon Sie reden!)


Es bleibt dabei: Wir haben noch nie so viel Geld für
Freiwilligendienste zur Verfügung gestellt. Wir haben
die Begrenzung bei der Förderung der Plätze aufgeho-
ben. Länder und Kommunen sind aufgefordert, ihr Enga-
gement ebenfalls fortzusetzen und weiter zu steigern,
statt sich zurückzuziehen. Wir erweitern die Einsatzbe-
reiche und kommen damit den Interessen und Fähigkei-
ten der jungen Menschen viel weiter entgegen.

Wir wollen eine attraktive Werbekampagne machen,
um aufzuzeigen, welche Möglichkeiten junge Menschen
künftig haben. Wir wollen auch eine andere Anerken-
nungskultur, die deutlich über das hinausgeht, was es
bisher gibt.

Sie wissen, dass wir das nicht alleine in diesem Ho-
hen Hause entscheiden können, sondern dass wir mit
vielen reden müssen. Ich bin der Ministerin dankbar,
dass sie schon entsprechende Gespräche geführt hat.


(Sönke Rix [SPD]: Jetzt schon!)


Das wird eine Daueraufgabe bleiben, weil wir ständig
fragen müssen, welche Zertifizierung, Anerkennung und
Qualifizierung jemand aus seinem Einsatzbereich mit-
nehmen kann. Das muss ihm für seinen weiteren Le-
bensweg bescheinigt werden.

Das ist nicht allein in unseren Gremien und in der
Diskussion zu erreichen. Wir müssen mit Einsatzstellen,
Trägern, Ländern und Kommunen reden.


(Sönke Rix [SPD]: Schön, wenn das vorher passiert!)


Dazu haben Sie nach wie vor die Möglichkeit. Ich würde
mich freuen, wenn Sie mitmachen.

Frau Kollegin Dittrich, ich habe mir lange überlegt,
ob ich auf Ihre Rede eingehen soll,


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Lass es! Es lohnt sich nicht!)


auch weil Sie wieder dieselbe Platte aufgelegt haben wie
immer. Ich habe daran gedacht, das vorzulesen, was die
junge Frau aus den neuen Bundesländern, über die Sie
ausführlich gesprochen haben, nach Ihrer Rede auf mei-
nem Facebook-Profil gepostet hat. Ich lese es aber nicht
vor, weil ich dann für die Formulierung der jungen Frau
zu Recht einen Ordnungsruf der Präsidentin bekommen
würde. Sie können es aber nachlesen. Ich glaube, das
hilft Ihnen ein bisschen.

Ansonsten bleibt es dabei: Es ist richtig, junge Men-
schen für ein Engagement für unser Land zu begeistern.





Dr. Peter Tauber


(A) (C)



(D)(B)

„Tu was für dein Land! Tu was für dich!“ ist die richtige
Botschaft. Vielleicht bekommen Sie noch die Kurve und
machen mit. Sonst machen wir das in der christlich-libe-
ralen Koalition, und es wird gut.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709311600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/4803, 17/4692 und 17/4845 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. – Damit sind Sie einverstanden. Dann ist das
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 a bis c auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Anette Kramme, Gabriele Hiller-Ohm, Josip
Juratovic, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Missbrauch der Leiharbeit verhindern

– Drucksachen 17/4189, 17/4756 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsge-
setzes – Verhinderung von Missbrauch der Ar-
beitnehmerüberlassung

– Drucksache 17/4804 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jutta
Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE
LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur strikten Regulierung der Arbeitnehmer-
überlassung

– Drucksache 17/3752 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Verabredet wurde, hierzu eine Stunde zu debattieren. –
Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Ralf Brauksiepe für die Bundesregierung.
D
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1709311700


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Bundesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines
Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlas-
sungsgesetzes vor. Ich möchte einige Bemerkungen zu
den wesentlichen Inhalten machen.

Der Gesetzentwurf enthält Regelungen, in denen die
Vorgaben der sogenannten europäischen Leiharbeits-
richtlinie umgesetzt werden. Es war das erklärte Ziel der
Minister Müntefering und Scholz bei den Beratungen
über diese Richtlinie, den Kernbestand der deutschen
Regelungen zur Zeitarbeit bzw. zur Arbeitnehmerüber-
lassung auch durch die Richtlinie unangetastet zu lassen.
Dieses von der Großen Koalition insgesamt getragene
Vorhaben ist erfolgreich abgeschlossen worden. Das,
was an Umsetzungsbedarf in nationales Recht gleich-
wohl besteht, wird mit diesem Gesetzentwurf geregelt.

Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf eine Regelung
vor, die vermeidet, dass die Zeitarbeit als Drehtür zur
Absenkung von Arbeitsbedingungen missbraucht wird.
Nachdem ein eklatanter Fall von Missbrauch im letzten
Jahr öffentlich geworden ist,


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Sie können es ruhig sagen: Es war Schlecker!)


hat die Bundesregierung sehr sorgfältig geprüft, welcher
gesetzliche Änderungsbedarf besteht angesichts des Um-
standes, dass dankenswerterweise die Tarifvertragspar-
teien auf die Situation reagiert und in den Tarifverträgen
entsprechende Änderungen vorgesehen haben. Die Bun-
desregierung ist nach sorgfältiger Überprüfung zu dem
Ergebnis gekommen, dass gleichwohl ergänzender ge-
setzlicher Handlungsbedarf besteht; denn es geht hier
um Fälle, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mern gekündigt wurde, um sie dann als Zeitarbeitneh-
mer in ihrem ehemaligen Unternehmen zu schlechteren
Bedingungen wieder zu beschäftigen. Ich sage für die
Bundesregierung ganz klar: Wer Zeitarbeit in dieser
Form zur Lohndrückerei missbraucht, der diskreditiert
und missbraucht ein gutes Instrument der Arbeitsmarkt-
politik.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie lassen das zu!)


Das ist mit der Bundesregierung nicht zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Zeitarbeit hat in den letzten Jahren einen wichti-
gen Beitrag dazu geleistet, den Arbeitskräftebedarf von
Unternehmen flexibel zu decken,


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Reguläre Beschäftigung auszutauschen!)


Beschäftigungspotenziale in den Unternehmen zu er-
schließen und Wirtschaftswachstum schneller in mehr
Beschäftigung umzusetzen. Man darf nie vergessen, dass
Zeitarbeit gerade Geringqualifizierten und Langzeitar-
beitslosen eine Chance auf Beschäftigung bietet. Etwa
zwei Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
waren unmittelbar vor ihrer Beschäftigung in der Zeitar-





Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe


(A) (C)



(D)(B)

beit nicht beschäftigt. Ein Drittel der Zeitarbeitskräfte
hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das heißt,
das Instrument bietet Chancen; die wollen wir nutzen.
Missbrauch gilt es mit aller Schärfe zu verhindern.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dann machen Sie doch mal!)


Die positiven Beschäftigungseffekte werden auch
durch den aktuellen Boom in der Zeitarbeitsbranche be-
legt. Der bereits seit April 2009 zu verzeichnende An-
stieg der Zahl der Zeitarbeitnehmer hat sich auch im Jahr
2010 fortgesetzt. Gleichwohl dürfen wir nicht vergessen,
über welche Dimensionen wir reden. Ende Juni 2010 lag
der Anteil der Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitneh-
mer an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
bei 2,6 Prozent. Unter den offenen Stellen ist der Anteil
der Zeitarbeit deutlich größer; da liegt er bei knapp ei-
nem Drittel. Das heißt zweierlei: Die Zeitarbeit spielt
nicht die überragende Rolle bei der Schaffung von Ar-
beitsplätzen. Arbeitsplätze werden nicht überwiegend in
der Zeitarbeit geschaffen. Aber gleichzeitig reden wir
über ein Segment, das so groß ist, dass man sehr behut-
sam über Änderungen reden und sie so justieren sollte,
dass die Menschen faire Arbeitsbedingungen haben,
dass aber die Zeitarbeit als Jobmotor nicht abgewürgt
wird. Genau das ist es, worum es uns mit diesem Gesetz
geht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gegenruf der Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Große Begeisterung!)


Ich bin froh, dass es gelungen ist, auch im Rahmen
des Vermittlungsverfahrens zum Sozialgesetzbuch II ge-
meinsam mit der sozialdemokratischen Opposition zu
Vereinbarungen zu kommen, genauso wie beim Arbeit-
nehmerüberlassungsgesetz, dessen Regelungen betref-
fend die Löhne geändert werden sollen. In diesem Fall
hilft sozusagen das Hartz-IV-Vermittlungsverfahren, um
Fehler zu korrigieren, die damals die Regierung Schrö-
der bei Hartz I gegen die Stimmen der Opposition


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Jetzt wird es aber unverschämt, Herr Kollege! – Katja Mast [SPD]: Sie waren doch dabei!)


gemacht hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Unglaublich, Herr Brauksiepe! Lügen, ohne rot zu werden, das ist das, was in dieser Koalition täglich stattfindet! Du sollst nicht falsch Zeugnis reden, Christdemokrat!)


Ich stelle fest, dass diese Regelungen seinerzeit gegen
die Stimmen der damaligen Opposition beschlossen
worden sind.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ihr wolltet es noch verschärfen! Ablenkungsmanöver! – Katja Mast [SPD]: Die Verschärfungen wurden doch im Bundesrat durchgesetzt! Mit Schwarz-Gelb!)


Es bedurfte bei diesem nicht zustimmungspflichtigen
Gesetz nicht der Zustimmung der Opposition. – Ich
stelle fest: Der Kollege Heil bezeichnet das als Lüge. Es
ist nicht meine Aufgabe, das zu bewerten. Ich rede hier
über Tatsachen.


(Katja Mast [SPD]: Alle Verschärfungen sind von Schwarz-Gelb so beschlossen worden!)


Wenn wir über Hartz IV reden, Herr Kollege:


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das können wir gleich machen!)


Das war ein zustimmungspflichtiges Gesetz.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja!)


Es hat auch die Zustimmung des Bundesrates gefunden,
die Regelung zur Arbeitnehmerüberlassung nicht; das
war ein anderes Gesetz.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU], an die SPD gewandt: So ist das! Sie schmeißen alles in einen Topf!)


Ich bitte Sie, das noch einmal zu prüfen, damit wir bei
der Wahrheit bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich finde es gleichwohl wichtig, dass wir uns gerade
im Hinblick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit den Her-
ausforderungen stellen, die dort bestehen. Arbeitnehmer-
freizügigkeit ist richtig. Es ist ein selbstverständlicher
Bestandteil eines freien Europas, dass Menschen in ei-
nem anderen Land nicht nur Urlaub machen können,
sondern auch arbeiten dürfen.

Arbeitnehmerfreizügigkeit darf aber nicht für Lohn-
drückerei missbraucht werden. Darum geht es uns.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dann sieh zu!)


Deswegen ist es wichtig, dass wir auch im Hinblick auf
die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit in der
Europäischen Union für die sensible Branche der Zeitar-
beit zu Regelungen kommen, durch die eine Lohnunter-
grenze festgelegt ist. Diese Lohnuntergrenze gilt dann
auch für all diejenigen, die zu uns kommen und in der
Zeitarbeitsbranche tätig sein wollen. Es ist gut, dass im
Rahmen des angesprochenen Vermittlungsverfahrens
hierüber ein Konsens erzielt worden ist. Wir wollen eine
Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit, die tariflich verein-
bart ist und die für alle in der Zeitarbeit Beschäftigten im
Inland und im Ausland gilt.

Ich bin dankbar, dass die Koalitionsfraktionen Ent-
sprechendes im Zuge des weiteren Gesetzgebungsver-
fahrens einbringen wollen. Ich habe die SPD bisher so
verstanden, dass sie dabei mitmachen will. Ich hoffe,
dass das keine unzutreffende Einschätzung ist. Ich finde
nämlich, es ist wichtig, dass wir gemeinsam dafür sor-
gen,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Der schwächste Staatssekretär, seit es Schokolade gibt! Unglaublich!)


dass die Zeitarbeit denjenigen Menschen Chancen gibt,
die sie brauchen. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen,





Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe


(A) (C)



(D)(B)

dass die Menschen, die in der Zeitarbeitsbranche tätig
sind, fair bezahlt werden, dass es dort faire Löhne und
faire Arbeitsbedingungen gibt.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bedeutet aber Equal Pay!)


Es muss dort gute Aufstiegschancen geben. Dazu leisten
wir auch mit diesem Gesetzentwurf einen Beitrag.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nicht enden wollender Applaus bei der FDP!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709311800

Hubertus Heil hat jetzt das Wort für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1709311900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Brauksiepe, wissen Sie, warum Olaf Scholz am
Sonntag in Hamburg gewonnen hat?


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Es gab keine Alternative!)


Dafür, dass er die absolute Mehrheit geholt hat, gibt es
viele gute Gründe. Der Hauptgrund ist, dass er glaub-
würdig – das ist der Unterschied zu Ihnen – dafür einge-
standen ist, dass man wirtschaftlichen Erfolg nicht gegen
soziale Gerechtigkeit ausspielen darf.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Deswegen muss man ihn nun nicht gleich wählen!)


Gleiches muss für die Zeit- und Leiharbeitsbranche gel-
ten.

Zeit- und Leiharbeit können – so war es gemeint, als
das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz novelliert wurde –
ein wirtschaftlich vernünftiges Instrument zur Abde-
ckung von Auftragsspitzen in Unternehmen sein. Herr
Staatssekretär, trotz vieler warmer Worte sage ich Ihnen:
Wir dürfen nicht zulassen, dass Zeit- und Leiharbeit wei-
terhin das größte Scheunentor für Lohndumping in
Deutschland sind. Sie tun bisher nichts dagegen.


(Beifall bei der SPD)


Zur Wahrheit gehört, dass wir Ihnen in den Verhand-
lungen einen Mindestlohn für die Zeit- und Leiharbeits-
branche abringen mussten. Da verbiegen Sie hier die
Wahrheit. Das, was Sie in den Verhandlungen angeboten
haben, haben wir nicht zugelassen; wir haben vielmehr
etwas anderes durchgesetzt. Sie wollten nicht einmal ei-
nen Mindestlohn für die Zeit- und Leiharbeitsbranche.
Sie wollten, dass es einen Mindestlohn in dieser Branche
nur in der verleihfreien Zeit gibt.

Sie haben uns dann angeboten, dass man einen soge-
nannten Referenzlohn für die Einsatzzeit bildet, von dem
nach unten abgewichen werden könnte. Zu Deutsch:
Diese Koalition, bestehend unter anderem aus Herrn
Kolb, der Frau von der Leyen in Geiselhaft genommen
hat, wollte, dass Leiharbeitnehmer, wenn sie nicht arbei-
ten, möglicherweise mehr Geld bekommen, als wenn sie
arbeiten. Das ist leistungsfeindlich; das ist schwachsin-
nig. Deshalb haben wir gegen Ihren Widerstand im Vor-
feld des 1. Mai einen gesetzlichen Mindestlohn im Ar-
beitnehmerüberlassungsgesetz für die Zeit- und Leih-
arbeitsbranche durchgesetzt, der nicht abgesenkt werden
kann. Wir haben den Mindestlohn durchgesetzt, nicht
Sie!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Katja Mast [SPD], an die CDU/CSU gewandt: Das waren wir und nicht Sie!)


Jetzt haben Sie eine „Lex Schlecker“ vorgelegt. Wir
werden sie benutzen, um den Mindestlohn vor dem
1. Mai durchzusetzen; so viel Zustimmung ist da. Aber
am wesentlichen Punkt, nämlich an dem Grundsatz
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit von Stamm- und
Leihbelegschaften“, geht diese Koalition kalt vorbei.

Ich habe am späten gestrigen Abend ferngesehen: das
Nachtmagazin in der ARD.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sollst du schlafen!)


– Nein, bei denen darf man nicht schlafen. Da muss man
aufpassen, Fritz Kuhn. Das weißt du auch. Wir haben
wenig Zeit gehabt zum Schlafen. Wir haben gearbeitet
und gemeinsam in diesem Bereich viel erreicht. – In die-
ser Sendung wurde ein Bericht über eine Stamm- und
eine Leihbelegschaft gezeigt. Es wurde sehr eindrucks-
voll beschrieben, wie sich zwei Kollegen, die dieselbe
Qualifikation haben und dieselbe Tätigkeit ausüben
– der eine gehört zur Stammbelegschaft, der andere zur
Leihbelegschaft –, fühlen. Der Verdienstunterschied
liegt bei 900 Euro. Mit anderen Worten: Der Arbeitneh-
mer der Stammbelegschaft bekommt 900 Euro mehr als
der Leiharbeitnehmer, obwohl sie dieselbe Tätigkeit aus-
üben und dieselbe Qualifikation haben. Der Zeitarbeit-
nehmer hat im Übrigen auch weniger Urlaub. Der eine
fühlt sich entwürdigt, weil er für die gleiche Leistung
nicht den gleichen Lohn bekommt. Der andere, der Kol-
lege aus der Stammbelegschaft, sagt: Ich habe Angst,
dass ich demnächst durch Zeit- und Leiharbeiter ersetzt
werde. Das ist die Realität in Deutschland.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben in diesen Verhandlungen gesagt: Wir wol-
len gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Dann hat die FDP
gesagt: nach neun Monaten. – Dazu muss man wissen,
dass 30 Prozent der Leih- und Zeitarbeitnehmer weniger
als drei Monate arbeiten. Die FDP, die CDU und die
Bundesministerin wollten dann, dass nach neun Mona-
ten gar nicht Equal Pay – gleicher Lohn für gleiche Ar-
beit – gilt, sondern sie wollten das umdefinieren und die
Zuschläge, die vor allen Dingen in der Industrie 30 Pro-
zent der Lohnbestandteile ausmachen, herunterdrücken.

Herr Brauksiepe, ich weiß nicht, welchen Einfluss Sie
als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministe-
rium für Arbeit und Soziales tatsächlich haben,





Hubertus Heil (Peine)



(A) (C)



(D)(B)


(Anette Kramme [SPD]: Gar keinen!)


aber Sachkenntnis gibt es in Ihrem Ministerium. Die
Wahrheit ist: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres
Hauses kennen die Situation offensichtlich besser als
Frau von der Leyen und Sie. Das ist der Skandal: Das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist im Be-
reich des Missbrauchs der Zeit- und Leiharbeit im
wahrsten Sinne des Wortes kopflos. Das ist eine
Schande!


(Beifall bei der SPD)


Die gute Nachricht ist, dass wir in den Verhandlungen
mit Ihnen für 1,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer, darunter 900 000 Beschäftigte in der Zeit-
und Leiharbeit, einen Mindestlohn durchgesetzt haben.
Das ist gut, das ist wichtig, und das ist richtig. Genauso
richtig und gut ist, dass wir uns beim Thema Equal Pay
nicht auf einen faulen Kompromiss einlassen. Die deut-
sche Sozialdemokratie wird nicht eher ruhen, als bis wir
den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ für
die Menschen in Deutschland durchgesetzt haben, und
zwar für Männer und Frauen, auch in der Zeit- und Leih-
arbeit.


(Beifall bei der SPD – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Da habt ihr die Chance verpasst! Ihr liegt völlig daneben!)


Ich will Ihnen sagen, warum ich das nicht nur für so-
zial geboten halte: Es stört den Betriebsfrieden, wenn
Kollegen unterschiedlich behandelt werden, obwohl sie
das Gleiche leisten. Das ist leistungsfeindlich.

Auch wirtschaftspolitisch ist es vernünftig, dass wir
die Zeit- und Leiharbeit auf das konzentrieren, was öko-
nomisch gemeint ist, nämlich um Auftragsspitzen in Un-
ternehmen abzudecken, aber nicht, um Lohndumping zu
ermöglichen. Das ist auch aus Gründen der finanzpoliti-
schen Solidität des Haushalts notwendig.

Vor allen Dingen in der Zeit- und Leiharbeit gibt es
immer mehr Menschen, die Vollzeit arbeiten, die jeden
Tag schuften, die morgens in die Fabrik gehen, die sich
anstrengen und mühen, aber die sich dann, weil es zum
Leben nicht reicht, ergänzendes Arbeitslosengeld II vom
Amt abholen müssen. Das verantwortet die schwarz-
gelbe Koalition. Wir werden darum kämpfen, das zu än-
dern. Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit.


(Beifall bei der SPD)


Ich sage Ihnen noch etwas: Ein fauler Kompromiss,
der so tut, als würde er das Problem des Missbrauchs
von Zeit- und Leiharbeit in Deutschland bekämpfen, ist
mit uns nicht zu machen. Sie haben sich seit Jahren ge-
gen die Einführung von Mindestlöhnen gewehrt. Wir ha-
ben die Mindestlöhne Branche für Branche gegen den
schwarz-gelben Widerstand durchkämpfen müssen. Wir
sind jetzt in drei Branchen zum ersten Mal einen großen
Schritt vorangekommen.

Wir werden Sie treiben, und wir werden nicht ruhen,
bis Equal Pay auch für die Zeit- und Leiharbeit durchge-
setzt wird. Da wird es kein Gepfusche an dem Begriff
geben, was „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ meint. In
dieser Hinsicht ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
in seiner Definition des § 3 ziemlich klar. Darin steht:
„… wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des
Arbeitsentgelts“. Das ist übrigens auch das, was in der
Richtlinie steht. Sie versuchen, da herumzudoktern und
so zu tun, als ginge es nur um den Stundenlohn und nicht
um die Zuschläge, die es in der Industrie gibt.

Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor in der Hoff-
nung, dass wir in den Verhandlungen zu Ihrem vorlie-
genden Gesetzentwurf auch im Bereich Equal Pay noch
zu Fortschritten kommen. Ich bin mir da nicht ganz si-
cher, weil wir erleben müssen, dass die FDP in der Sozi-
alpolitik Frau von der Leyen offensichtlich an der Leine
führt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Soll ich das jetzt als Kompliment ansehen?)


Das ist nicht gut für Deutschland, aber in diesem Bereich
ist es offensichtlich so.

Ich sage Ihnen: Wir wollen gleichen Lohn für gleiche
Arbeit. Wir brauchen einen Mindestlohn, den wir schon
gegen Sie durchgesetzt haben. Wir brauchen ein Syn-
chronisationsverbot, um Drehtüreffekte zu vermeiden,
und zwar nicht nur bei Schlecker.

Herr Brauksiepe, es ist sowieso ein Ding der Unmög-
lichkeit, dass Frau von der Leyen erst jetzt – sie ist fast
anderthalb Jahre im Amt – beim Thema Schlecker ge-
merkt hat, dass es einen Missbrauch von Zeit- und Leih-
arbeit gibt. So viel Ignoranz gegenüber den hart arbei-
tenden Menschen in Deutschland ist nicht zu akzep-
tieren.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709312000

Herr Kollege!


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1709312100

Deshalb werden wir kämpfen und dafür sorgen, dass

dieses Gesetz im Interesse der arbeitenden Menschen
besser wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709312200

Das Wort hat der Kollege Heinrich Kolb für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1709312300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Thema Zeitarbeit wird in der letzten Zeit sehr häufig
diskutiert. Herr Kollege Heil, Sie haben heute eine Rede
nach altem Muster gehalten. Ich glaube, es ist jetzt aber
an der Zeit, verbal abzurüsten. Wenn wir morgen in Bun-
destag und Bundesrat die Beschlüsse zu Hartz IV fassen
und anschließend im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
das normieren, was wir in den Verhandlungen im Ver-
mittlungsausschuss gemeinsam verabredet haben, dann
haben wir einen Rahmen für die Zeitarbeit in Deutsch-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) (C)



(D)(B)

land geschaffen, der zum einen Missbrauch verhindert
und der zum anderen dieses Instrument auch in Zukunft
einsatzfähig erhält. Das ist uns wichtig, und das ist auch
richtig so.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Herr Heil, wir wollen Zeitarbeit. Sie ist für uns ein
wichtiges und gutes arbeitsmarktpolitisches Instrument.
Wir wollen, dass Zeitarbeit möglich ist, weil mit ihr eine
Integrationsleistung erbracht wird und weil sie vielen zu-
vor arbeitslosen Menschen, auch Langzeitarbeitslosen,
dazu verholfen hat, in den ersten Arbeitsmarkt zurückzu-
kehren. Dieses Instrument wollen wir uns nicht kaputt-
machen lassen. Deswegen haben die FDP und die Union
in den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss auch so
hart gekämpft.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])


Wir wollen gleichwohl, dass Missbrauch verhindert
wird. – Der Kollege Gabriel möchte eine Zwischenfrage
stellen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709312400

Und Sie möchten die gerne zulassen, Herr Kolb?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1709312500

Ja, sicher. Ich bin schon ganz wild darauf.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709312600

Vielen Dank, dass Sie sozusagen als Leiharbeiter

meine Arbeit übernommen haben.

Herr Gabriel, bitte.


Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1709312700

Ich möchte Sie fragen, ob es zutrifft, dass Sie uns in

den nächtlichen Verhandlungen am 20. Februar ungefähr
drei Stunden lang Ihre Version von Equal Pay wie folgt
erklärt haben: Gleichen Lohn für gleiche Arbeit für
Leiharbeitnehmer und Festangestellte soll es sofort ge-
ben – so war Ihre Vorstellung –, wenn der Lohn geringer
ist als im Tarifvertrag der Zeitarbeitsbranche. Wenn der
Lohn höher ist als der in der Zeitarbeitsbranche, soll das
Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ allerdings
erst nach neun Monaten gelten. Ich würde gerne von Ih-
nen wissen, ob Sie diese Position, die Sie uns stunden-
lang weismachen wollten, immer noch aufrechterhalten.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1709312800

Herr Kollege Gabriel, Sie wissen, dass wir uns auf ei-

nen Kompromiss verständigt haben. Wir stehen zu die-
sem Kompromiss. Ich will aber gerne, weil Sie gefragt
haben, die Gelegenheit nutzen, noch einmal deutlich zu
machen, worum es uns eigentlich geht.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Frage beantworten!)


– Das will ich doch. – Es ist ja nicht so, wie Sie behaup-
ten, dass der Mindestlohn in diesem Bereich etwas
Neues wäre. Es ist vielmehr so, dass es schon heute für
98 Prozent der Zeitarbeiter einen tariflichen Mindest-
lohn sowohl für die Verleihzeit als auch für die verleih-
freien Zeiten gibt. Der tarifliche Mindestlohn gilt vom
ersten Tag an, ganz gleich, ob die Zeitarbeiter ausgelie-
hen sind oder nicht.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Bitte beantworten Sie doch die Frage! – Gegenruf der Abg. Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Warum sind Sie denn so nervös?)


– Ich beantworte doch gerade die Frage. – Herr Gabriel,
Sie können bestätigen, dass ich in den Verhandlungen
immer darauf hingewiesen habe, dass nach der Logik
des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes Equal Pay dann
gilt,


(Katja Mast [SPD]: Neun Monate!)


wenn nicht durch einen Tarifvertrag davon abgewichen
wird. Es ging um die Frage: Soll es in Unternehmen, die
nicht tarifgebunden sind


(Sigmar Gabriel [SPD]: Aha!)


– das ist der Punkt; Herr Gabriel bestätigt es mir –, mög-
lich sein, dass ein Tariflohn der Einsatzbranche gezahlt
werden kann, der unter der Lohnuntergrenze der Zeitar-
beit liegt?


(Sigmar Gabriel [SPD]: Dafür waren Sie!)


– Dafür waren wir.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Lohndrücker sind Sie! – Anette Kramme [SPD]: Schamlos, Herr Kollege!)


Wir haben aber auch festgestellt: Die praktische Rele-
vanz dieses Bypasses – wenn ich das einmal so sagen
darf – ist nicht sonderlich hoch. Das ist eine ordnungspo-
litische Grundsatzfrage. Wir haben in den Verhandlun-
gen am Ende deutlich gemacht, dass wir einen wichtigen
Kompromiss, den wir im Bereich Hartz IV anstreben,
nicht an dieser Frage scheitern lassen werden.

Noch einmal: Entscheidend war, dass wir heute schon
praktisch flächendeckend einen Mindestlohn für deutsche
Zeitarbeiter haben. Deswegen ist es falsch, wenn der Kol-
lege Heil sagt, dass wir für 1,2 Millionen Menschen neue
Mindestlöhne schaffen würden. Das kann man so nicht sa-
gen, weil es für 900 000 Zeitarbeiter schon einen Mindest-
lohn gibt. Dazu kommen 20 000 Menschen aus dem Be-
reich der Aus- und Weiterbildung sowie 170 000 Menschen
aus dem Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes;
das ergibt für mich 190 000.

Es stellt sich aber die Frage, was im Zuge der Freizü-
gigkeit nach dem 1. Mai dieses Jahres mit den Zeitarbei-
tern passiert, die aus dem Ausland nach Deutschland
kommen. Welchen Lohn werden diese Menschen be-
kommen? Da ist jetzt über diese Lohnuntergrenze, die
eine absolute sein soll, sichergestellt, dass ein bestimm-
ter Lohn nicht unterschritten werden kann. Auch polni-
sche, lettische, litauische Zeitarbeiter werden nach dem
1. Mai, wenn sie nach Deutschland kommen, mit Löh-
nen, die mindestens dieser Lohnuntergrenze entspre-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) (C)



(D)(B)

chen, bedient werden. Diese Verabredung haben wir ge-
meinsam getroffen. Dazu stehen wir auch.

Damit will ich zu einem zweiten Thema kommen,
Herr Kollege Heil: Equal Pay. Nachdem ein großes deut-
sches Einzelhandelsunternehmen Anfang letzten Jahres
damit angefangen hatte, die Stammbelegschaft zu entlas-
sen und sie als Zeitarbeiter zurückzuholen, haben Kol-
lege Schiewerling und ich gleichlautend, am selben Tag
und unabgesprochen – da sind wir uns sehr einig – ge-
sagt: Das machen wir nicht mit. Diese Drehtür werden
wir relativ schnell wieder schließen. – Die Tarifpartner
haben das dann sogar selbst getan, was ich gut finde.
Darüber hinaus hat die FDP auch früh, nämlich im Früh-
sommer letzten Jahres, gesagt: Weil es für die deutschen
Zeitarbeiter ja längst einen Mindestlohn gibt, ist die viel
wichtigere Frage die nach dem Equal Pay. – An dieser
Stelle würde ich gerne eine Zwischenfrage des Kollegen
Heil zulassen, Frau Präsidentin, wenn es geht.


(Anette Kramme [SPD]: Sie wollen ja nur zusätzliche Redezeit!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709312900

Ich unterbreche Sie so ungerne im Redefluss, Herr

Kolb. Deshalb wollte ich warten, bis Sie Luft holen.

Bitte schön, Herr Heil.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1709313000

Lieber Kollege Kolb, nachdem Sie Sigmar Gabriel

bestätigt haben, dass Sie unter Mindestlohn einen Lohn
verstehen, von dem man noch nach unten abweichen
kann, hätte ich eine Frage zu dem Thema, was Sie unter
Equal Pay verstehen.

Entspricht es den Tatsachen – ich kenne Sie als einen
wahrhaftigen Menschen,


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


der zu seiner Überzeugung steht, auch wenn sie nicht
meine ist –, dass Sie erstens versucht haben, den Equal-
Pay-Begriff, worunter wir weitgehend gleiche Arbeits-
bedingungen inklusive gleiches Entgelt verstehen, wie
es jetzt auch im AÜG steht, umzudefinieren, und zwei-
tens nicht bereit waren, Equal Pay vor einer Einarbei-
tungszeit von mindestens neun Monaten zuzulassen?
Auf Deutsch: Sie wollten, dass es neun Monate lang kei-
nen gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt und nach den
neun Monaten auch keinen gleichen Lohn für gleiche
Arbeit. Wir reden ja hier vom Gehalt der Stammbeleg-
schaften im Vergleich zu Leihbelegschaften. Entspricht
es den Tatsachen, dass Sie im Gespräch mit mir und der
SPD in den Verhandlungen gesagt haben: „Man muss
den Equal-Pay-Begriff ändern, und erst nach neun Mo-
naten sollen die Menschen gleichen Lohn für gleiche Ar-
beit bekommen“? Ja oder nein? Das ist eine Ja-oder-
Nein-Frage.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1709313100

Das kann man ein bisschen ausführlicher beantwor-

ten.

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1709313200

Nein, das ist eine einfache Frage.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1709313300

Sie stellen die Fragen, ich liefere die Antworten. Ich

bin der Meinung, dass man darauf etwas ausführlicher
antworten muss, und ich will es gerne tun.

Ich will zunächst darauf hinweisen, dass die FDP,
wenn ich mich recht erinnere, als eine der ersten Fraktio-
nen in diesem Hause im Frühsommer letzten Jahres ge-
sagt hat: Es geht nicht in erster Linie um Mindestlohn,
sondern um Equal Pay, also um die Heranführung der
Entlohnung der Zeitarbeiter an die der Stammbelegschaf-
ten. Das war uns wichtig. Wir haben aber auch immer ge-
sagt: Diese Heranführung muss auf der Zeitschiene erfol-
gen. Das ist der eine Teil Ihrer Frage gewesen.

Equal Pay ab dem ersten Tag, was Sie nachdrücklich
und massiv gefordert haben, wäre aus unserer Sicht das
Ende der Zeitarbeit in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Anette Kramme [SPD]: Lobbypolitik für Unternehmen, wie immer! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Vier Monate!)


– Nein, Herr Heil. Wenn Sie hier schon aus den Verhand-
lungen des Vermittlungsausschusses und seiner Arbeits-
gruppen berichten,


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Ja, und aus den Interna!)


dann muss man hier auch sehr deutlich darauf hinwei-
sen, dass Sie in einer Sitzung unmissverständlich gesagt
haben: Wir wollen Equal Pay ab dem ersten Tag.


(Anette Kramme [SPD]: Ja!)


Sie haben hinzugefügt: Wenn wir das nicht bekommen,
machen wir überhaupt keinen Abschluss.


(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)


Am Ende haben wir trotzdem einen Abschluss hinbe-
kommen, was ich auch richtig finde.

Sie haben sich bewegt, wir haben uns bewegt, und wir
sind am Ende trotzdem nicht zusammengekommen, Herr
Heil. Das bedaure ich, weil es schöner gewesen wäre,
wenn man nach außen hin hätte signalisieren können:


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Würden Sie mal meine Frage zu Equal Pay beantworten?)


Politik ist sich in diesem Bereich einig.

Wir haben immer gesagt: Equal Pay, also gleiche Ent-
lohnung für Stammbelegschaften und Zeitarbeiter, muss
auf der Zeitschiene erfolgen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nach neun Monaten!)


Nicht die FDP hat im Vermittlungsausschuss und in der
Arbeitsgruppe Angebote gemacht, sondern die Koalition
hat Angebote gemacht. Das ist doch wahr, Herr Kollege
Heil; da brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln. Herr
Kollege Schiewerling hat für die Koalition zunächst an-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) (C)



(D)(B)

geboten, Equal Pay nach zwölf Monaten festzuschrei-
ben, und dann haben wir als Koalition gesagt: Wir kön-
nen uns Equal Pay auch schon nach neun Monaten
vorstellen. – Das gehört noch zur Beantwortung der
Frage; Frau Präsidentin, ich finde, er hat sich zu früh
hingesetzt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein, nein!)


– Das ist eng an Ihrer Frage, Herr Kollege Heil,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


und zwar deswegen, weil es uns darum ging, eine Auf-
fangfrist zu schaffen. Im Vorfeld dieser Auffangfrist se-
hen wir die Tarifpartner, die Gewerkschaften und die Ar-
beitgeber, gefordert. Diese haben uns ja in den Wochen
bzw. – das kann man fast so sagen – Monaten dieser Dis-
kussion förmlich bombardiert mit Zuschriften des Inhal-
tes: Finger weg! Bloß keine gesetzliche Regelung! Lasst
uns das doch selbst machen, weil wir näher dran sind.

Genau das, Herr Kollege Heil, wollen wir jetzt tun.
Darin sind wir uns in der Koalition vollkommen einig.
Wir geben den Tarifpartnern zwölf Monate Zeit und sa-
gen ihnen: Alle Fragen im Zusammenhang mit diesem
Thema, dessen Wichtigkeit ihr erkannt habt, werdet ihr
jetzt nach Möglichkeit in eigener Verantwortung regeln.
Wenn ihr keine Lösung findet, dann müsst ihr euch ge-
fallen lassen, dass wir handeln.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dann setzen Sie eine Kommission ein! Sehr mutig!)


– Aber diese Kommission wird eine Empfehlung geben,
die umgesetzt werden würde, wenn es notwendig wäre. –
Ich bin allerdings sehr zuversichtlich – das wäre auch
der richtige Weg –, dass Gewerkschaften und Arbeitge-
ber dieses Problem selber lösen und wir ein sehr fein-
gliedriges Netz von Vereinbarungen bekommen.

Das Problem bei Ihrem Ansatz ist, dass man alle
Branchen über einen Kamm scheren würde und dass ab
dem ersten Tag Equal Pay die Folge wäre. Das ist kon-
traproduktiv. Es mag zwar Branchen geben, in denen das
nach einer relativ kurzen Frist möglich ist.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Vier Monate hatten wir angeboten!)


Aber es gibt auch Branchen, in denen die Frist länger
sein muss.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Einarbeitungszeit ist doch tariflich geregelt!)


Diese von uns gewünschte Differenzierung kann nicht
der Gesetzgeber liefern. Es ist vielmehr eine Herausfor-
derung, der sich letztendlich die Tarifpartner stellen
müssen.

Ich will zusammenfassen: In beiden Bereichen gibt es
Lösungen.


(Katja Mast [SPD]: Neun Monate!)


Wir werden mit Ihnen zusammen, Herr Kollege Heil,
eine absolute Lohnuntergrenze vereinbaren. Ich hoffe,
dass Sie dieser Änderung des Arbeitnehmerüberlas-
sungsgesetzes in der zweiten und dritten Lesung zustim-
men werden. Das ist die Nagelprobe für Sie.

Wir werden auch am Thema Equal Pay dranbleiben.
Wir haben früh erkannt, dass das die eigentliche Heraus-
forderung für die Zeitarbeit in Deutschland ist. Die Zeit-
arbeiter, die heute durch einen tariflichen Mindestlohn
gut geschützt sind, interessiert diese Frage. Aber sie ist
vorrangig von den Tarifpartnern zu beantworten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709313400

Jutta Krellmann hat das Wort für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709313500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach die-
sem Gerede hin und her stellt sich die Frage, wo wir
beim Thema Leiharbeit stehen.


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Wir sitzen! Sie stehen!)


Wir sollen einen Mindestlohn in der Leiharbeit bekom-
men, nicht nur in der verleihfreien Zeit; aber von
gleichem Lohn für gleiche Arbeit ist keine Rede mehr.
Dieses Ergebnis zur Leiharbeit ist der Stand der Ver-
handlungen zum Hartz-IV-Regelsatz. Das ist schlicht-
weg enttäuschend.


(Beifall bei der LINKEN)


Der beschlossene Branchenmindestlohn in der Leih-
arbeit ist ein untaugliches Feigenblatt und wird Lohn-
und Sozialdumping weiterhin zulassen. Die Leiharbeits-
firmen werden damit geschützt, und eine spürbare Ver-
besserung für die Beschäftigten wird es nicht geben. Wir
reden über 7,60 Euro im Westen und 6,55 Euro im
Osten. Keiner von Ihnen würde für so wenig Geld ir-
gendwo arbeiten wollen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie auch nicht!)


Diese Beträge sind derzeit in Tarifverträgen festgelegt.
Das haben die Gewerkschaften in den letzten Jahren ver-
einbart, also zu einer Zeit, als Sie die Rahmenbedingun-
gen für das Aushandeln von vernünftigen Tarifverträgen
systematisch zerstört haben. Die Bundesregierung und
„Frau von der Leiharbeit“


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ha! Ha!)


legalisieren damit Lohndumping für immer mehr Be-
schäftigte. Leiharbeiter bekommen weiterhin nur die
Hälfte des Lohnes, den ihre festangestellten Kollegen
bekommen, und das bei gleicher Arbeit.

Die Zahl der Aufstocker in der Leiharbeit steigt jedes
Jahr. Im angeblichen Jobwunderland Baden-Württem-
berg sind seit Mitte letzten Jahres circa 33 000 neue Ar-
beitsplätze entstanden, allein 27 000 davon in der Leih-
arbeitsbranche. Das sind 83 Prozent; ich wiederhole:





Jutta Krellmann


(A) (C)



(D)(B)

83 Prozent. Ihr Jobwunder basiert also auf Leiharbeit. Es
handelt sich um 27 000 Beschäftigte, die auch in Zu-
kunft weniger Geld bekommen als ihre Kolleginnen und
Kollegen nebenan. Ich sage Ihnen: Diese moderne
Lohnsklaverei muss endlich aufhören.


(Beifall bei der LINKEN)


Heute ist der Aktionstag der Gewerkschaften gegen
Leiharbeit und prekäre Beschäftigung. Die Beschäftig-
ten geben sich nicht mit Mindestlösungen zufrieden, und
das zu Recht. Im Moment demonstrieren beispielsweise
Beschäftigte der Firma MetoKote gemeinsam mit Kolle-
gen der Firma John Deere in Mannheim vor den Betriebs-
toren. Warum? Die Firma John Deere hat einen ganzen
Produktionszweig einfach an ihren Zulieferer MetoKote
ausgegliedert und beschäftigt jetzt nur noch Leiharbeit-
nehmer. Das Schlimmste an der Sache ist: Diese Praxis
des Unternehmens bleibt auch nach dem neuen Gesetz-
entwurf der Bundesregierung legal. Wir als Linke unter-
stützen die zahlreichen Proteste der Gewerkschaften und
der Beschäftigten gegen Unternehmenswillkür und pre-
käre Beschäftigung per Gesetz.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesregierung legt hier einen Entwurf vor, der
für viele Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer
keine großen Verbesserungen bringt. Trotzdem stellt sich

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1709313600
Egal, was Sie
neu regeln, wir werden es unterlaufen. – Dem muss man
doch die Stirn bieten können. Das ist Gesetzesbruch mit
Ansage. Das ist unglaublich.


(Beifall der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])


Das kann die Bundesregierung doch nicht dulden. Wer
darf das wieder ausbaden? Die betroffenen Beschäftig-
ten der Leiharbeit, denen Equal Pay verwehrt wird, und
die Menschen, die mit ihren Steuern Aufstockerleistungen
an Arbeitnehmer in Leiharbeitsfirmen subventionieren müs-
sen, leiden darunter. Leiharbeit bedeutet Unsicherheit für die
Betroffenen und auch weniger Geld, weniger Rechte und
weniger Anerkennung der eigenen Arbeit.

Meine Damen und Herren von der SPD, das Tragi-
sche an diesem Kompromiss ist, dass Sie dazu beigetra-
gen haben und morgen dieser Kuhhandel mit Ihren Stim-
men den Bundestag passieren wird. Das ist äußerst
bedauerlich und aus meiner Sicht eine absolut verpasste
Chance.

Wir wollen eine Lösung bei der Leiharbeit, die den
Beschäftigten wirklich hilft. Der vorliegende Antrag der
SPD hört sich nicht schlecht an, liest sich auch nicht
schlecht, ist aber aus meiner Sicht absolut unglaubwür-
dig. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist nicht
einmal das Papier wert, auf dem er steht.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke zeigt, dass es auch anders geht. Wir haben
ein klares Konzept und stehen auch dazu. Unsere zen-
trale Forderung ist: gleiches Geld für gleiche Arbeit von
Anfang an, und ohne Ausnahme.


(Beifall bei der LINKEN)

Wer die Arbeit der Beschäftigten in Deutschland schätzt,
der gesteht den Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeit-
nehmern auch gleichen Lohn zu. Wir wollen die Verleih-
dauer wieder auf maximal drei Monate begrenzen; das
ist ja nichts Neues. Leiharbeit muss wieder ein Thema
für Auftragsspitzen in Unternehmen sein und darf keine
reguläre Beschäftigung ersetzen. Wer ständig die Arbeit
und den Arbeitsplatz wechselt, der hat auch Anspruch
auf eine höhere Bezahlung und verdient mehr Anerken-
nung. Eine Flexibilitätsprämie von 10 Prozent ist an die-
ser Stelle das richtige Zeichen für die Beschäftigten.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber auch die Leiharbeitsfirmen müssen endlich Verant-
wortung übernehmen. Deswegen muss das Synchronisa-
tionsverbot wieder eingeführt werden.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


Sie dürfen ihre Beschäftigten nicht mehr zwingen, als
Streikbrecher zu fungieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Nicht zuletzt ist es notwendig, die Mitbestimmung in-
nerhalb der Betriebe zu stärken; denn nur der Betriebsrat
kann beurteilen und einschätzen, ob Leiharbeit über-
haupt notwendig ist oder für Lohndumping benutzt wird.

Wir waren noch nie so dicht am Kern des Problems
und an einer möglichen Lösung. Die Linke ist damit die
einzige Partei, die zu ihrem Wort steht, weil wir Equal
Pay prinzipiell richtig und wichtig finden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Deshalb fordere ich als Gewerkschafterin die Abgeord-
neten aller Fraktionen, die wie wir gegen Leiharbeit und
prekäre Beschäftigung sind, auf: Stimmen Sie unserem
Gesetzentwurf zu, damit endlich etwas zugunsten dieser
Kolleginnen und Kollegen passiert.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709313700

Beate Müller-Gemmeke hat jetzt das Wort für

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Heute wird also endlich der Gesetz-
entwurf der Regierung in den Bundestag eingebracht.
Seit über einem Jahr warten wir schon darauf. Ministerin
von der Leyen hat bereits zwei Anläufe gestartet; die
wurden aber immer vom Koalitionspartner, der FDP, ge-
stoppt. Die Koalitionsfraktionen sind bei wichtigen sozi-
alpolitischen Themen einfach nicht handlungsfähig. Das
ist die übliche schwarz-gelbe Chaospolitik; aber das ken-
nen wir schon aus dem Vermittlungsausschuss.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das stimmt! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da haben die Grünen aber keine gute Rolle gespielt!)






Beate Müller-Gemmeke


(A) (C)



(D)(B)

Das, was jetzt vorliegt, kann ich nur als Minimalvari-
ante bezeichnen. Die wichtigsten Punkte fehlen, etwa
das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und der
Mindestlohn. Mit diesem Gesetz bleiben die Leiharbeits-
kräfte die Verlierer. Auch der Staat verliert, und zwar
Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen. Dafür wer-
den die Ausgaben für das aufstockende Arbeitslosen-
geld II steigen, und das nur, weil sich die schwarz-gelbe
Koalition lieber um Hoteliers und minimale Entlastun-
gen, beispielsweise beim Arbeitnehmerpauschbetrag,
kümmert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Angelika Krüger-Leißner [SPD] – Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Ihnen fällt auch nichts Neues mehr ein, oder?)


Ich hoffe nur, dass der Gesetzentwurf im Laufe des Ver-
fahrens um den Mindestlohn ergänzt wird. Ich hoffe üb-
rigens auch, dass die Arbeitsbedingungen normiert wer-
den; hier geht es auch um Arbeitszeiten. Das wäre
wenigstens ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist mir aber immer noch unverständlich, warum
sich die FDP so hartnäckig gegen einen Mindestlohn ge-
wehrt hat. Der Mindestlohn in der Leiharbeit ist mit
Blick auf die ab Mai gewährte Arbeitnehmerfreizügig-
keit unerlässlich.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es gibt ihn bereits! 98 Prozent der Zeitarbeitsverhältnisse haben einen tariflichen Mindestlohn!)


Darüber sind sich mittlerweile alle Branchenverbände
inklusive BDA einig; nur die FDP hat es einfach nicht
kapiert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben doch zugestimmt!)


Mit dem Gesetzentwurf muss auch die EU-Leihar-
beitsrichtlinie umgesetzt werden; die Bundesregierung
ist verpflichtet, sie bis zum Ende des Jahres umzusetzen.
Ich finde – das wird Sie kaum überraschen –, dass der
geforderte Gesamtschutz der Leiharbeitskräfte nicht ge-
währleistet ist. Laut Richtlinie müssen die Leiharbeits-
kräfte zumindest die Arbeitsbedingungen von festange-
stellten Beschäftigten erhalten. Sie werden dieser
Vorgabe mit Ihrem Gesetzentwurf aber nicht im Ge-
ringsten gerecht.

Auch die hochgelobte sogenannte Schlecker-Klausel ist
nicht das Papier wert, auf dem sie steht. Es gibt genügend
Möglichkeiten, diese Regelung zu umgehen. Beispiels-
weise können entlassene Beschäftigte sechs Monate lang
geparkt und danach als Leiharbeitskräfte am gleichen Ar-
beitsplatz eingesetzt werden; es können aber auch gleich
andere Leiharbeitskräfte angefordert werden. Damit
bleibt vom Gesetzentwurf bis auf kleine Detailregelun-
gen nicht mehr viel übrig. Die Substitution von Stamm-
belegschaften ist weiterhin möglich; aber das wollten Sie
ja auch nicht verhindern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht nur die im Entwurf enthaltenen Regelungen
sind problematisch. Entscheidend ist, dass die wirklich
wichtigen Verbesserungen fehlen, beispielsweise die
Einführung von Equal Pay und die Wiedereinführung
des Synchronisationsverbots, aber auch mehr Rechte für
Betriebsräte. Das führt dazu, dass die Leiharbeit immer
salonfähiger wird und Stammbelegschaften entweder ak-
tiv oder schleichend ersetzt werden. Aus regulären Be-
schäftigungsverhältnissen werden also Leiharbeitsver-
hältnisse. Ich frage mich, wohin das führen soll. Frau
Connemann von der CDU/CSU, aber auch Herr Kolb
von der FDP finden das natürlich in Ordnung; denn ihrer
Meinung nach gibt es in der Leiharbeit reguläre Beschäf-
tigungsverhältnisse. Das stimmt aber nicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben das Arbeitgebermodell!)


Ich möchte einmal ausführen, was ich unter regulärer
Arbeit verstehe und warum ich die Leiharbeit als prekär
bezeichne.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Da bin ich mal gespannt!)


Reguläre Beschäftigungsverhältnisse sind unbefristet.
Die Beschäftigten werden entsprechend ihrer Qualifika-
tion oder der Art ihrer Tätigkeit bezahlt, und zwar nach
dem gleichen Tarifsystem wie alle anderen auch. Im
Kreis der Kolleginnen und Kollegen haben sie ein stabi-
les soziales Umfeld; man kennt sich, sie erhalten Aner-
kennung und Wertschätzung. Vor allen Dingen gibt es
klare Rahmenbedingungen, das heißt, die Beschäftigten
haben die Möglichkeit, ihr Leben wirklich zu planen.

Jobs in der Leiharbeit sind aber in der Regel befristet,
und zwar nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, häu-
fig nur für die Dauer des Einsatzes, und können jederzeit
vorzeitig gekündigt werden. Wenn der Einsatz zu Ende
ist, bleibt nur noch der Gang in die Arbeitslosigkeit. Das
nenne ich prekär. Leiharbeitskräfte verdienen 30 bis
50 Prozent weniger als regulär Beschäftigte, und zwar
unabhängig von ihrer Qualifikation. Von dem Lohn kön-
nen sie nicht leben, und darüber hinaus werden sie noch
wie Beschäftigte zweiter Klasse behandelt. Auch das be-
zeichne ich als prekär.

Leiharbeitskräfte werden im Betrieb häufig als Kon-
kurrenz angesehen. Sie stehen unter einem deutlich hö-
heren Leistungsdruck; denn sie wollen regulär angestellt
werden. Sie müssen sich immer wieder an neue Tätig-
keiten gewöhnen; die Umgebung wechselt und natürlich
auch die Menschen, die sie um sich herum haben. Aner-
kennung, Wertschätzung – Fehlanzeige. Leiharbeits-
kräfte leben in Unsicherheit. Eine Lebens- und Familien-
planung ist nicht möglich. Auch das bezeichne ich als
prekär.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Agnes Alpers [DIE LINKE])


Alles zusammen zeigt eindrücklich, mit welchen Le-
bensbedingungen die Leiharbeitskräfte tagtäglich zu
kämpfen haben. Hören Sie also endlich auf damit, immer
wieder zu behaupten, die Leiharbeit sei eine reguläre
und normale Beschäftigungsform. Die Realität sieht an-





Beate Müller-Gemmeke


(A) (C)



(D)(B)

ders aus. Die Leiharbeit ist und bleibt unsicher und un-
fair.

Ich frage die Regierungsfraktionen nochmals: Wo soll
das hinführen? In manchen Industriebranchen ist die
Leiharbeit und im Dienstleistungsbereich wird die Leih-
arbeit zur Normalität. Jede fünfte Bäckerei, jeder vierte
Kfz-Betrieb und jedes siebte Bauunternehmen setzt auf
Leiharbeit.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Wo haben Sie das her? Aus der DGB-Studie, die sich 100 Prozent verrechnet hat?)


Im Gesundheitsbereich nimmt die Leiharbeit dramatisch
zu. In Banken, Versicherungen, Kitas, Schulen und sogar
in den Jobcentern werden Leiharbeitskräfte eingesetzt,
wie ich vor kurzem gehört habe und was mich wirklich
schockiert hat. Es geht schon lange nicht mehr um Flexi-
bilität und um das Abfedern von Auftragsspitzen. Es
geht darum, eine zweite Niedriglohnlinie einzuführen.
Es geht um Profit, und es geht um den Wettbewerb um
die niedrigsten Löhne. Diese Tendenz wird mit dem vor-
gelegten Gesetzentwurf nicht gestoppt.

Ich wiederhole: Sozial ist nicht, was Arbeit schafft,
sondern sozial ist nur, was gute Arbeit schafft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Agnes Alpers [DIE LINKE])


Eine verantwortliche Arbeitsmarktpolitik muss die Ar-
beits- und Lebensbedingungen der Menschen verbessern
und Zukunftschancen eröffnen. Um dem gerecht zu wer-
den, müssen Sie Ihren Gesetzentwurf gewaltig überar-
beiten.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709313800

Der Kollege Karl Schiewerling hat das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1709313900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Die Zeitarbeit hat sich in der
Tat von einem Arbeitsmarktinstrument zu einem Wirt-
schaftszweig entwickelt, in dem etwa 1 Million Men-
schen – Stand heute – beschäftigt sind. Das ist durch die
Regelungen der Hartz-Gesetze möglich geworden, ins-
besondere durch die Regelung in Hartz I. Equal Pay
kann demnach unterlaufen werden, indem die Tarifpart-
ner in der Zeitarbeitsbranche von der Möglichkeit Ge-
brauch machen, miteinander Tarifverträge abzuschlie-
ßen; denn dann gilt Equal Pay nicht. Das hat die
damalige rot-grüne Koalition alleine beschlossen. Das
Gesetz war nicht mitbestimmungspflichtig durch den
Bundesrat. Die Union hat dem nicht zugestimmt.

(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Die FDP auch nicht! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber aus anderen Gründen!)


– Ich halte es für wichtig, Herr Kollege Heil, an dieser
Stelle darauf hinzuweisen, weil Sie den Herrn Staatssek-
retär Dr. Brauksiepe als Lügner bezeichnet haben. Mir
liegt daran, dass es durch uns richtiggestellt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


In der Tat waren zwei Drittel der Menschen, die Zeit-
arbeitsverträge neu abgeschlossen haben, vorher arbeits-
los.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich! Warum sollen sie denn sonst in die Zeitarbeit gehen?)


Sie hatten keine Beschäftigung und sind über diesen
Weg in Arbeit gekommen.


(Anette Kramme [SPD]: Wie lange?)


Das möchte ich an dieser Stelle konzedieren.

Ein weiterer Punkt. Zahlreiche Menschen, die sonst
keine Chance hätten, weil sie geringqualifiziert sind,
kommen über den Weg der Leiharbeit in Beschäftigung.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Aber wie lange?)


Sie bleiben in einer Größenordnung von etwa 13 bis
15 Prozent im ersten Arbeitsmarkt, und dies über einen
längeren Zeitraum. Ich kann das beklagen und sagen:
Das ist viel zu wenig, das ist alles vom Teufel. – Ich sage
Ihnen: Die 15 Prozent, die anschließend im ersten Ar-
beitsmarkt bleiben und einer Beschäftigung jenseits der
Zeitarbeit nachgehen, sind froh, dass sie über diesen
Weg in eine solche Situation gekommen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: So ein schlechtes Arbeitsmarktinstrument! So etwas gehört abgeschafft!)


Ich möchte dies nicht kleinreden lassen.

Mit Zeitarbeit wird flexibel auf die Anforderungen
des Arbeitsmarktes reagiert.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Leider nicht nur!)


Ich gestehe gerne zu, dass nicht zuletzt durch die Rege-
lungen, die wir heute haben, Entwicklungen eingetreten
sind, die auch aus meiner Sicht nicht alle glücklich sind.
Deswegen ist es notwendig, die Dinge zu verändern. Ich
sage Ihnen in aller Klarheit: Durch den seit der Neuregu-
lierung durch die Hartz-Gesetze im Jahr 2005 verbreite-
ten Glauben, alles sei möglich und alles sei machbar in
der Wirtschaft – auch bei den Zeitarbeitsfirmen –, hat
sich Missbrauch eingeschlichen, der zuletzt in der Situa-
tion kulminierte, die wir bei einem großen Discounter
erlebt haben.

Genau in dieser Frage haben wir gehandelt. Wie ha-
ben wir gehandelt? Der Kollege Dr. Kolb und ich haben





Karl Schiewerling


(A) (C)



(D)(B)

Anfang letzten Jahres auf das Problem aufmerksam ge-
macht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


Wir haben den Tarifpartnern dann Zeit eingeräumt, das
zu regeln. Die Tarifpartner haben es nicht zu unserer Zu-
friedenheit geregelt. Deswegen machen wir jetzt ein Ge-
setz, um den Drehtüreffekt zu unterbinden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau so!)


Ich will überhaupt nicht in Abrede stellen, dass es
vielfältige Möglichkeiten gibt, Menschen über die Zeit-
arbeit in regulärer Beschäftigung zu beschäftigen. Es
gibt aber vielfältige Erscheinungsformen der Zeitarbeit.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Es regnet, oder es regnet nicht!)


In der Stahlbranche haben wir etwa einen Tarifvertrag,
der Equal Pay für Zeitarbeiter vom ersten Tag an vor-
sieht. Diese Entwicklung begrüßen wir alle miteinander.
Das ist eine richtige und gute Entscheidung.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das ist doch nicht der Job der Gewerkschaften!)


Es gehört allerdings auch zur Wahrheit, dass die Zeitar-
beitnehmer, die unter diesem Tarifvertrag offiziell bei
Equal Pay anfangen, zunächst in abgesenkten Stufen an-
fangen und am Anfang keineswegs dasselbe Gehalt wie
ihre Kollegen bekommen, weil die Einarbeitungszeit zu-
gestanden werden muss.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das ist normal so! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine ganz normale Sache!)


Mir ist es sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass es un-
terschiedlichste Formen und unterschiedlichste Entwick-
lungen gibt. Dort allerdings, wo die Zeitarbeit systema-
tisch zur Lohndrückerei genutzt wird, wollen wir
einschreiten. Das ist richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir machen dies mit dem heute in erster Lesung ein-
gebrachten Gesetzentwurf. Bis zur zweiten und dritten
Lesung werden wir das, was im Vermittlungsausschuss-
verfahren geklärt worden ist, einbringen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann wird auch Herr Heil zustimmen! Und auch Frau Kramme wird zustimmen!)


sodass wir zumindest auf diesem Weg erreichen, dass es
eine Lohnuntergrenze gibt, die im Arbeitnehmerüberlas-
sungsgesetz mit den Instrumentarien des Entsendegeset-
zes so geregelt wird, dass sie nicht mehr unterlaufen
werden kann.

Ich halte diese Dinge, die wir jetzt auf den Weg brin-
gen, für einen wichtigen Fortschritt, für eine gute Ent-
wicklung und für eine gute Botschaft an die Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


In dem Gesetzentwurf, den wir heute einbringen, sind
auch die Dinge enthalten, die Europa uns vorschreibt.
Wir setzen die europäische Zeitarbeitsrichtlinie eins zu
eins um.

Lassen Sie mich abschließend auf einen Punkt hin-
weisen, der mir sehr wichtig ist: Keine Branche und kein
Betrieb auf dieser Welt wird sich auf Dauer halten kön-
nen, wenn sie oder er keine gesellschaftliche Akzeptanz
hat. Es wird im Interesse der Zeitarbeitsbranche liegen,
ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Genau deswegen
ist die Entscheidung im Vermittlungsausschuss richtig,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Diese Entscheidung gibt es nicht im Vermittlungsausschuss!)


dass die Zeitarbeitsbranche jetzt Zeit hat, gemeinsam mit
den Gewerkschaften nach einem Weg zu suchen, wie
Equal Pay sichergestellt werden kann. Schaffen sie das
nicht, dann wird es – wie jetzt in dem Fall des großen
Discounters – nach einem Jahr zu einer Regelung durch
die Bundesregierung kommen.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Wieder ein Jahr!)


Ich halte das unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten
für den richtigen Weg. Glauben Sie mir: Die Tarifhoheit
und die Verantwortung der Gewerkschaften sind uns
sehr wichtig. Im Übrigen –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709314000

Herr Kollege Schiewerling, im Übrigen – –


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1709314100

– dann komme ich zum Ende, Frau Präsidentin –


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709314200

Nicht „dann“. Jetzt.


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1709314300

– könnte ich etwas hinterfotzig darauf hinweisen,

dass wir heute schon Equal Pay vom ersten Tag an haben
könnten, wenn die Gewerkschaften darauf verzichten
würden, Tarifverträge mit der Zeitarbeitsbranche abzu-
schließen. Hätten wir dort keine Tarifverträge, würde
Equal Pay vom ersten Tag an gelten.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709314400

Herr Schiewerling!


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1709314500

Ich weiß, wie schwierig das Ganze ist. Ich denke, dass

wir in den weiteren Beratungen alles tun werden, um den
Menschen eine gute Perspektive zu geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709314600

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

Kollegen Hubertus Heil.





Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) (C)



(D)(B)


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1709314700

Frau Präsidentin, ich habe um das Wort gebeten, weil

Herr Schiewerling mich aufgrund eines Zwischenrufes,
den ich vorhin gemacht habe, angesprochen hat. Ich
möchte die Gelegenheit nutzen, ein Wort des Bedauerns
auszusprechen, und mich bei dem Herrn Staatssekretär
entschuldigen. Ich habe mich in einem Streit in der Sa-
che dazu hinreißen lassen, das Wort „Lügner“ in den
Mund zu nehmen. Das gehört sich in einer inhaltlichen
Debatte nicht; in anderen Zusammenhängen muss man
auch das aussprechen können. Ich habe mich dazu hin-
reißen lassen, weil ich den Eindruck hatte, dass Sie mit
Ihrem Hinweis auf das Stimmverhalten der CDU/CSU,
der damaligen Oppositionsfraktion, beim Thema Hartz I
insinuieren wollten, dass die CDU/CSU damals gegen
die Liberalisierung von Leiharbeit war. Das ist mir so
nicht in Erinnerung. Deshalb nehme ich den Begriff zu-
rück, die Gesamtdarstellung kritisiere ich aber nach wie
vor. Ich bitte Sie um Entschuldigung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709314800

Anette Kramme hat das Wort für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1709314900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Im Prinzip wissen wir alle in diesem Haus
ganz genau, dass die Leiharbeit in der jetzigen Ausge-
staltung ein Irrweg der deutschen Arbeitsmarktpolitik
ist.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Leiharbeit hat häufig niedrigste Löhne gezahlt,
3,60 Euro sind ein Beispiel aus meinem Wahlkreis.
Manchmal sind es 4,00 Euro, manchmal 4,50 Euro. Sehr
häufig sind es Löhne in der Kategorie von 7,00 Euro
bzw. 7,50 Euro. Wir wissen auch: Die Arbeitsverhält-
nisse sind von kürzester Dauer. 55 bis 60 Prozent aller
Arbeitnehmer sind kürzer als drei Monate beschäftigt.
Wir wissen um die härteren physischen Arbeitsbedin-
gungen. Wir wissen um den schlechteren Gesundheits-
schutz. Vor allen Dingen haben wir durch eine neue
Untersuchung gelernt, dass eine systematische Ausgren-
zung von Leiharbeitnehmern in den Betrieben stattfin-
det. Das hat selbstverständlich seine psychischen Aus-
wirkungen.

Über die Jobcenter geben wir immerhin 500 Millio-
nen Euro für Aufstockungsleistungen aus. Das ist ein
Skandal, weil wir damit die Dumpingpolitik der Leih-
arbeitsunternehmen finanzieren. Selbstverständlich un-
terstützen wir die Leiharbeitnehmer damit, aber wir ge-
statten es dadurch einer Branche auch, mit Löhnen zu
arbeiten, die unter regulären Bedingungen nicht möglich
wären.


(Beifall bei der SPD)

Vor allen Dingen wissen wir, dass Leiharbeitsfirmen
immer häufiger als Hilfsmittel dienen, tarifvertragliche
Strukturen in Stammbetrieben zu unterlaufen. Das macht
vielen Menschen in dieser Republik Angst. Das geht
weit über das Phänomen hinaus, dass wir circa 1 Million
Leiharbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland
haben.

Wir müssen von dem Ammenmärchen abrücken, das
Herr Schiewerling am heutigen Tag hier wieder verbrei-
tet hat: Es gibt keine positiven Arbeitsmarkteffekte der
Leiharbeitspolitik.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh doch!)


Es gibt keine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh doch!)


sondern im Regelfall kommt nach drei Monaten das
Ende des Arbeitsverhältnisses. Das ist keine Brücke,
sondern allenfalls ein Steg, möglicherweise auch nur ein
Strohhalm.

Der Handlungsbedarf ist unübersehbar. Auch der
Handlungsdruck kann nicht übersehen werden. Ich sage,
dass wir als SPD durchaus in einer besonderen Verant-
wortung sind. Wir haben geholfen, die Büchse der Pan-
dora zu öffnen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nicht „geholfen“! Es war Ihre Büchse!)


Wir wollen aber auch dazu da sein, diese Büchse der
Pandora wieder zu schließen und zu regulären Bedin-
gungen zu kommen.

Meine Damen und Herren von der FDP einerseits und
von der CDU/CSU andererseits, wir haben in den letzten
Wochen hart über die Leiharbeit verhandelt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das stimmt!)


Ich kann Ihnen sagen, wie ich das beurteile: Ihr Verhal-
ten in den Verhandlungen war schamlos und von Igno-
ranz gekennzeichnet.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na, Frau Kramme! Dafür müssen Sie sich aber auch entschuldigen!)


Wir haben einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn
gefordert. Sie haben klipp und klar gesagt, den wollen
Sie nicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So etwas kann man auch nur ablehnen!)


In dieser Republik verdienen 23 Prozent aller Arbeitneh-
mer weniger als 8,50 Euro pro Stunde.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oft auf der Basis von Tarifverträgen! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sogar ohne Tarifverträge, Herr Kolb! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich habe gesagt: oft!)


Fast ein Viertel aller Arbeitnehmer arbeitet unter
schlechtesten Arbeitsbedingungen. Wir mussten dieses
Nein, dieses No-Go hinnehmen, aber wir haben gesagt,
dass wir zumindest etwas für den Bereich der Leiharbeit





Anette Kramme


(A) (C)



(D)(B)

tun müssen. Wir haben deshalb einen Mindestlohn für
die verleihfreie Zeit und Equal Pay für Verleihzeiten ge-
fordert. Sie haben uns dann ein Angebot unterbreitet.
Dieses Angebot war von Lächerlichkeit gekennzeichnet.
Sie haben Leiharbeit zu Equal-Pay-Bedingungen nach
neun Monaten angeboten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eine Auffanglinie, und im Vorfeld gibt es Vereinbarungen!)


Dabei wissen wir alle: Leiharbeitnehmer sind überwie-
gend nur zu drei Monaten in den Betrieben. Was soll die-
ses Angebot? Hilfreich war es sicherlich nicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dass Sie das nicht verstanden haben, haben wir gemerkt!)


Sie haben sich zunächst nicht einmal auf einen Min-
destlohn einlassen wollen. Sie haben die feine Differen-
zierung getroffen, dass ein Mindestlohn nur für verleih-
freie Zeiten gelten soll. Im Übrigen haben Sie von einem
sogenannten Referenzlohn gesprochen, der auch hätte
unterschritten werden dürfen. Gott sei Dank haben wir
das verhindern können. Dieser Mindestlohn ist jetzt vor-
gesehen. Das ist mit Sicherheit ein erster Schritt in die
richtige Richtung.

Ihr Arbeitnehmerüberlassungsgesetz enthält einen
weiteren wichtigen Schritt, allerdings ist das nur ein
ganz kleiner Schritt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Werden Sie denn trotzdem zustimmen, Frau Kramme? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir haben doch noch Ausschusssitzungen!)


Sie schließen Fallkonstellationen wie bei Schlecker aus,
aber im Prinzip wissen wir alle in diesem Haus, dass wir
ein weiteres Aufwachsen des Niedriglohnsegments nicht
zulassen dürfen. Sie bleiben Ihrem Weg jedoch treu und
betreiben Subventionspolitik zugunsten der Unterneh-
men und Arbeitsrechtspolitik gegen Leiharbeitnehmer
und Leiharbeitnehmerinnen.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709315000

Frau Kollegin, Herr Kolb würde Ihnen gerne eine

Zwischenfrage stellen.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1709315100

Aber sicher, ja.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709315200

Bitte.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat doch schon genügend geredet heute!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1709315300

Frau Kramme, nachdem Ihnen das alles nicht gefällt,

möchte ich nur gern wissen: Werden Sie am Ende zu-
stimmen, wenn wir jetzt im AÜG das umsetzen, was wir
gemeinsam besprochen haben, oder werden Sie es ableh-
nen?

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Warten Sie doch die Ausschussanhörung ab! Das hier ist die erste Lesung!)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1709315400

Wir werden dem Gesamtpaket zustimmen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gut!)


und zwar deshalb, weil wir Mindestlöhne für die Leih-
arbeit, einen Mindestlohn für das Bewachungsgewerbe
und einen Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche
haben werden, weil wir erreicht haben, dass es Schul-
sozialpädagogen gibt etc. Wir wollen den Menschen
diese positiven Leistungen nicht vorenthalten, aber Sie
wissen: Von dem Weg, den wir gehen müssen, gehen Sie
mit uns gemeinsam nur ein kurzes Stück. Das ist zu we-
nig.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber Sie stimmen zu! Das ist gut!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen glei-
ches Geld für gleiche Arbeit, sonst zerstört Leiharbeit
weitere Normalarbeitsverhältnisse. Es darf keine Ver-
träge von Fall zu Fall mehr geben. Leider müssen wir
immer wieder beobachten, dass Verleiher Leiharbeitneh-
mer nur für kurze Zeiträume beschäftigen. Wenn der
Entleiher den Leiharbeiter nicht mehr braucht, geht da-
mit gleichzeitig die Kündigung einher. Deshalb sollte es
keine Verträge von Fall zu Fall mehr geben. Wir sind
auch der Auffassung, dass ein Leiharbeitnehmer, wenn
er für die Dauer eines Jahres beschäftigt war, das Recht
haben soll, in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen
zu werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir sagen ganz klar: ein Platz, ein Jahr. Es geht auch da-
rum, die Rechte des Betriebsrates zu stärken. Wir wollen
ein echtes Mitbestimmungsrecht nach § 87 des Betriebs-
verfassungsgesetzes. Betriebsräte sollen mit darüber ent-
scheiden können, ob es Leiharbeitnehmer in ihrem Be-
trieb gibt, wie lange sie beschäftigt werden und in
welchen Bereichen sie eingesetzt werden.

Wenn wir alle in diesem Hause ehrlich miteinander
umgehen, können Sie im Prinzip nichts anderes machen,
als dieser Vorlage zuzustimmen. Dazu fordere ich Sie an
dieser Stelle auf.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709315500

Johannes Vogel hat das Wort für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1709315600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Opposition ist dafür da, die Regierung zu kritisieren.
Nur, wenn ich mir das Verhalten von Ihnen, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen von der SPD, in den letzten Mona-





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) (C)



(D)(B)

ten und auch heute wieder anschaue, habe ich das Ge-
fühl, Sie kritisieren sich selbst.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja! Allerdings!)


Rente mit 67? Das war jemand anderes; das wollen wir
nicht mehr. Leiharbeit? Die kennen wir nicht. Was haben
wir da gemacht?


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kann man nicht auch einfach mal etwas lernen, etwas beobachten und Fehler einsehen?)


Sie kritisieren sich selbst. Der Unterschied zwischen uns
und Ihnen ist, dass wir das, was Sie richtigerweise einge-
führt haben, erhalten wollen und gemeinsam schauen
wollen: Wie können wir Missbrauch wirklich verhin-
dern?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum tun Sie denn dann gar nichts?)


Nur, Sie kommen mir vor wie jemand, der, wenn Schim-
mel in der Garage ist, das ganze Haus abreißen will. Das
macht keinen Sinn. Man muss die wirklichen Probleme
lösen und darf nicht das Gute kaputtmachen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Probleme lösen Sie denn? – Zuruf von der SPD: Gehen Sie doch mal einen Tag arbeiten!)


Zwei Worte dazu. Erst einmal, weil das hier gerade
wieder falsch dargestellt wurde, zur Frage: Was ist gut
an der Zeitarbeit? Die Zeitarbeit ist für Flexibilität da, ja.
Aber sie ist auch ein Jobmotor. Sie hilft Menschen aus
der Arbeitslosigkeit


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie baut Arbeit um! – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Ach! Durch Wiederholung wird es nicht wahrer! Es bleibt falsch!)


– zwei Drittel der Zeitarbeiter kommen aus der Arbeits-
losigkeit – und gibt ihnen einen Einstieg in den ersten
Arbeitsmarkt. Eben wurde gesagt, das sei nicht dauer-
haft. Da kann ich nur auf das IAB verweisen. Das IAB
hat letztes Jahr festgestellt, dass drei Viertel der Lang-
zeitarbeitslosen durch die Zeitarbeit dauerhaft in den Ar-
beitsmarkt integriert werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Leiharbeit! Aber nicht auf dem regulären Arbeitsmarkt!)


Das wollen wir nicht wegschmeißen. Sie machen sich
daran schuldig, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Opposition.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schuldig sind die sowieso!)


Jetzt schauen wir einmal auf den echten Missbrauch.

(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist der unechte?)


Wegen der angeblichen Bedrohung durch Dum-
pinglöhne von ausländischen Leiharbeitern gibt es da
jetzt einen Mindestlohn. Den haben wir gemeinsam ver-
einbart,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gegen euren Widerstand!)


weil wir natürlich nicht wollen, dass das Lohnniveau in
Deutschland dort unterschritten wird. Herr Heil, ich är-
gere mich wirklich darüber, wie Sie das darstellen, dass
Sie hier einen Pseudounterschied aufmachen und sagen,
wir hätten einen echten Mindestlohn verhindern wollen;
auch über die Zwischenfrage Ihres Parteivorsitzenden
habe ich mich eben gewundert.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ihr wolltet nicht mal den Begriff!)


– Herr Heil, wir zwei saßen in der Unterarbeitsgruppe.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Placebo!)


Sie wissen doch ganz genau, über welches Detail wir
diskutiert haben.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da gab es sogar eine Verständigung! Die wurde hinterher aber wieder infrage gestellt!)


Wenn hier, wie eben, aus internen Runden zitiert
wird, mache ich es auch. Wir haben die Frage gestellt, ob
es denn sinnvoll sein kann, wenn wir Equal Pay stärken
wollen, dass jemand in den ersten Monaten als Zeitarbei-
ter, wenn er einmal lange in einem Unternehmen ist,
mehr verdient und dann ab der Grenze, ab der Equal Pay
einsetzt – sagen wir einmal, es wäre nach neun Monaten;
was auch immer die Tarifpartner da vereinbaren –, auf
einen niedrigeren Lohn zurückfällt. Wir haben gesagt:
Das ist doch absurd. – Herr Heil, Sie wissen genau: Sie
haben zugestimmt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


Auch Sie haben gesagt, dass das absurd ist und dass es
das nicht sein kann. Da ist es unredlich, uns hier zu un-
terstellen, wir hätten nur einen Pseudomindestlohn ange-
boten.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ist egal! Wir haben uns durchgesetzt! Das reicht uns schon!)


Sie wissen genau, dass wir eine sachgerechte Lösung
wollen und hier niemand den Mindestlohn mit Blick auf
das Ausland infrage gestellt hat, liebe Kolleginnen und
Kollegen. So sieht es aus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie gut, dass wir uns durchgesetzt haben! Ihr habt verloren, wir haben gewonnen, die Leute haben etwas davon! Alles in Ordnung!)


– Wir haben alle gewonnen, wenn die Leute etwas davon
haben.





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) (C)



(D)(B)


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, eben!)


Darum geht es nämlich in der Politik. Da geht es nicht
darum, wer gewonnen hat, sondern darum, dass wir eine
gute Lösung für die Menschen finden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Leute haben gewonnen! Das habe ich ja gesagt! Gegen euch!)


Das Problem Mindestlohn haben wir also gelöst. Wir
haben Ihrer Lösung letztlich zugestimmt, weil wir gesagt
haben: Da geht es nur um wenige Fälle; daran kann es
nicht scheitern. Deswegen finden wir eine gemeinsame
Lösung.

Auch beim Equal Pay werden wir eine gute Lösung
finden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die haben wir schon gefunden!)


– Ja. – Wir werden das an die Tarifvertragsparteien über-
geben. Wir haben gesagt: Wir können uns nicht auf eine
vernünftige Lösung einigen. Denn wenn der Gesetzge-
ber eine Frist festlegt, dann ist das wie ein grober Keil.
Die passt nicht auf alle Probleme für alle Menschen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Da wollten Sie neun Monate! – Gegenruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja! Als Auffangfrist!)


Wir haben uns einmal die Praxis angeschaut. Ich nenne
Ihnen ein Beispiel: Im Unternehmen START Zeitarbeit
NRW sitzt die Landesregierung Nordrhein-Westfalen,
Ihre Landesregierung, mit im Aufsichtsrat. Die haben
eine sehr differenzierte Lösung für Equal Pay gefunden.
Da wird schrittweise an Equal Pay angeglichen. Da wird
unterschieden zwischen ungelernten und qualifizierten
Arbeitskräften. Das sind sachgerechte Lösungen, die den
Menschen wirklich helfen. Solche Lösungen können nur
die Tarifvertragsparteien finden. Deshalb haben wir ge-
sagt: Wir wollen Equal Pay. Aber wir wollen eine kluge
Lösung, die die Zeitarbeit nicht kaputtmacht. Das ist bei
den Arbeitgebern und Gewerkschaften richtig aufgeho-
ben. Genauso werden wir es deshalb jetzt auch machen,
liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Heil, als mein letzter Satz: Sie haben eben auf
Olaf Scholz verwiesen. Sie haben gesagt – ich habe es
mir aufgeschrieben –, die SPD habe in Hamburg Erfolg
gehabt, weil sie wirtschaftlichen Erfolg und soziale Ge-
rechtigkeit zusammenbringen will. Wissen Sie, was? Ich
glaube, Sie haben recht. Das war der Erfolg von Olaf Sc-
holz. Das Problem ist, dass Sie diesem Anspruch hier im
Deutschen Bundestag nicht genügen.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Oh! Mister 6 Prozent sagt das!)


Was wir jetzt mit dieser Lösung machen – ich freue
mich, dass Sie ihr zustimmen –,

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Guido!)


ist, die Brücke, die die Zeitarbeit in den Arbeitsmarkt
bildet,


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das stimmt einfach nicht!)


mit einem Geländer zu versehen, damit weniger Men-
schen straucheln. Sie wollen sie abreißen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ach was!)


Da machen wir nicht mit. Insofern freue ich mich, dass
wir doch noch eine Lösung gefunden haben, der auch
Sie zustimmen werden.


(Caren Marks [SPD]: Im Gegensatz zu Ihnen geht es uns ja um die Menschen, die davon betroffen sind!)


Auch bei Equal Pay werden wir über die Tarifvertrags-
parteien eine gute Lösung finden. Das ist die beste Lö-
sung für die Menschen in diesem Land und auf dem Ar-
beitsmarkt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: FDP und soziale Gerechtigkeit, wir lachen uns tot!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709315700

Ulrich Lange hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-

tion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1709315800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ziemlich genau vor einem Jahr haben wir an glei-
cher Stelle die Causa Schlecker diskutiert. Wir alle wa-
ren uns einig, dass wir die Wiederholung eines solchen
Falles nicht erleben wollen.

Wir haben seither aus der Branche positive Signale
bekommen. Die Tarifvertragsparteien haben gehandelt.
Aber unsere Ministerin hat schon damals deutlich ge-
sagt: Wenn es nicht zu einer wirklich befriedigenden Lö-
sung kommt, dann werden wir gesetzgeberisch handeln. –
Heute liegt dieser Gesetzentwurf in erster Lesung vor.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo ist die von der Leyen eigentlich?)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine Lö-
sung in Sachen Drehtüreffekt gefunden, die, glaube ich,
aus dem Rechtsgedanken der „Zuvor-Arbeitsverhält-
nisse“ heraus diese Missbrauchsmöglichkeit sehr wohl
schließen wird. – Ich sehe schon Ihr Kopfschütteln, aber
wir werden ja sehen. Ich glaube schon, dass wir auf dem
richtigen Weg sind.

Wir haben aber auch feststellen können, dass die An-
kündigung eines Gesetzentwurfes bei den Tarifvertrags-
parteien eine enorme – ich sage es ausdrücklich so –
pädagogische Wirkung hatte.





Ulrich Lange


(A) (C)



(D)(B)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das stimmt! Das müssen Sie doch anerkennen, Herr Heil!)


Denn daraufhin wurde gehandelt. Ich glaube, die ganze
Branche hat gemerkt, dass es ohne gesellschaftliche Ak-
zeptanz nicht möglich ist, Zeitarbeit zu halten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Sie überschätzen sich dermaßen! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sind Sie Gesetzgeber oder Lehrer?)


– Jurist. Dazu werde ich Ihnen auch gleich noch etwas
erklären, Herr Heil.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mit oder ohne Doktor? – Heiterkeit bei der SPD)


– Ohne. Aber Fachanwalt für Arbeitsrecht. Und zu Ihrer
etwas missverständlichen Auslegung werde ich Ihnen
gleich noch etwas sagen.

Wir setzen mit diesem Gesetzentwurf gleichzeitig
eine EU-Richtlinie um. Anders als Rot-Grün bei einigen
Richtlinien schießen wir dabei nicht über das Ziel hin-
aus. Auch darüber haben wir in diesem Haus schon ein-
mal diskutiert.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Sagen Sie doch mal, was Sie besser machen!)


In einem zweiten Schritt – da wird die SPD ja mit ins
Boot kommen; so habe ich das jetzt auch verstanden –
werden wir eine Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit im
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz einführen, und zwar auf
Antrag der Tarifvertragsparteien.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das war unser Vorschlag!)


– Herr Heil, wenn ich es richtig verstanden habe, dann
haben Sie vorhin von einem „gesetzlichen Mindestlohn“
gesprochen. So habe ich es verstanden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Kann ich dazu gleich etwas sagen?)


– Ja, bitte.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709315900

Herr Heil, Sie möchten eine Zwischenfrage stellen? –

Und Sie möchten sie gerne zulassen, Herr Lange? – Bitte
schön.


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1709316000

Ich lasse sie zu und freue mich auf die Beantwortung.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1709316100

Herr Kollege, weil Sie Fachanwalt für Arbeitsrecht

sind, will ich Ihnen das gerne erläutern. Sie werden das
dann auch so sehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Frage!)


– Man muss übrigens nicht unbedingt eine Zwischen-
frage stellen, Herr Kollege, man kann auch eine Zwi-
schenbemerkung machen.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ein Blick in die Geschäftsordnung erleichtert manchmal das Verständnis!)


Herr Kollege, ich mache es ganz fix, damit wir nicht
so lange brauchen.

Wir wollten den Weg über das Arbeitnehmer-Entsen-
degesetz gehen, der zur Erstreckung von tarifvertragli-
chen Mindestlöhnen eingeübt ist. Ihre Seite wollte den
Weg über das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, sodass
ein Tarifvertrag jetzt nicht klassisch nur erstreckt und zur
Grundlage genommen wird, sondern es wird im AÜG
gesetzlich eine verbindliche Lohnuntergrenze – sprich:
ein Mindestlohn – verankert. Deshalb ist es aus unserer
Sicht ein branchenspezifischer, aber gesetzlicher Min-
destlohn für die Leih- und Zeitarbeitsbranche. Das kön-
nen Sie nicht bestreiten. Wenn wir den Weg über das
Entsendegesetz gegangen wären, dann wäre es ein Bran-
chentarifvertrag gewesen, den wir für allgemeinverbind-
lich erklären. Aber das Rechtsinstrumentarium AÜG
sieht das bisher noch nicht so vor. Nur zur Aufklärung,
okay?


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1709316200

Okay. – Ich darf auch gleich darauf antworten: Das

Wort „branchenspezifisch“ haben Sie vorhin in Ihren
Ausführungen, wenn ich richtig aufgepasst habe, nicht
verwendet. Sie hatten ganz allgemein vom gesetzlichen
Mindestlohn gesprochen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber nicht vom allgemeinen!)


Wir kommen wahrscheinlich am Ende des Tages, wenn
wir alle zustimmen, in der juristischen Auslegung zu-
sammen.

Frau Kollegin Kramme, Sie haben gesagt, bei Ihnen
im Wahlkreis – ich habe nachgeschaut, Sie kommen über
die Landesliste in Bayern – würde es Zeitarbeit für
3,50 Euro die Stunde geben. Das kann ich nicht nach-
vollziehen; das kann nur im Zusammenhang mit Tarif-
bruch möglich sein.


(Anette Kramme [SPD]: Fragen Sie bei der iGZ nach!)


Aber die richtige Antwort müssen die Tarifparteien ge-
ben. Denn auch der 1. Mai – das ist klar – kann eines
nicht: das Wertesystem tarifautonomer Regelungen au-
ßer Kraft setzen. Darauf möchte ich ganz besonders hin-
weisen.

Unsere Aufgabe ist es, grenzenlose Lohnunterbietung
in einem am Ende grenzenlosen Europa zu verhindern.
Das und nicht die Einführung von staatlichen Mindest-
löhnen ist die Aufgabe, die wir hier als Gesetzgeber zu
leisten haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Am Ende des Tages muss es auch wieder über den
Weg der Tarifparteien nach einer mehrmonatigen – ich
unterstreiche: mehrmonatigen – Einarbeitungszeit glei-
chen Lohn für gleiche Arbeit im – jetzt auch wieder –
gleichen Land geben.





Ulrich Lange


(A) (C)



(D)(B)


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie viele Monate?)


– Ich habe „nach einer mehrmonatigen“ gesagt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie viel ist „mehrmonatigen“? Können Sie das beantworten? Drei, vier, fünf?)


– Sechs, sieben,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha!)


acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn. Ich kann weiter
zählen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: 12 Monate, 14 Monate?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709316300

Möchten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Krell-

mann zulassen?


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1709316400

Nur, wenn dieses Mal die Uhr richtig angehalten

wird. Bitte mir nicht auch noch meine Zeit nehmen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709316500

Die ist auch vorhin angehalten worden, solange Sie

geantwortet haben. – Frau Krellmann, bitte.


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709316600

Vielen Dank, dass Sie meine Frage zulassen. – Wir

sind uns einig, dass wir über einfache Arbeit reden,
oder?


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nicht nur!)


In erster Linie reden wir aber über einfache Arbeit. Was
glauben Sie, wie lange man braucht, um sich in Dinge
einzuarbeiten? Wissen Sie, dass in so gut wie jedem Ta-
rifvertrag schon heute Regelungen über die Einarbei-
tungszeit enthalten sind? Warum wollen Sie dann noch
eine zusätzliche Regelung haben? Die Tarifvertragspar-
teien haben das doch schon vereinbart, oder?


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1709316700

Frau Kollegin Krellmann, damit geben Sie mir ja ge-

radezu die Antwort. Wir überlassen es den Tarifvertrags-
parteien, weil sie wissen, wie lange man braucht, um
sich einzuarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich bedanke mich ganz herzlich dafür, dass Sie das, was
ich gerade eben gesagt habe, jetzt bestätigt haben.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch „mehrmonatigen“ gesagt!)


Eines möchte ich in diesem Zusammenhang aber
auch noch einmal ganz klar sagen: Wenn die Tarifver-
tragsparteien zu keinem Ergebnis kommen, dann
schwingen wir schon noch einmal die pädagogische
Keule und dann werden wir auch hier eine gesetzliche
Regelung finden; denn eines muss bitte klar sein: Es
geht hier nicht um eine Schonfrist für die Branche,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein!)


sondern es geht ganz klar um eine Handlungsfrist für die
Tarifvertragsparteien. Das möchte ich an dieser Stelle
ganz deutlich unterstreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Idee der seriö-
sen Zeitarbeit


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wird von Ihnen kaputtgemacht!)


ist weiterhin richtig. Herr Kollege Heil, das haben Sie
damals in rot-grüner Koalition beschlossen, und in dem
AÜG-Bericht, der auch noch unter Olaf Scholz, der
heute ja schon mehrfach lobend erwähnt worden ist, er-
stellt wurde, wird dies unterstrichen.

Sie haben sich – das halten wir Ihnen zugute – der
Verantwortung gestellt. Wir korrigieren heute in erster
Lesung die von Rot-Grün verantwortete schrankenlose
Zeitarbeit und geben der Zeitarbeit gemeinsam mit Ihnen
ein neues Gesicht.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709316800

Herr Kollege.


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1709316900

Wir bieten den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-

mern mit der Brücke Zeitarbeit eine arbeitsmarktpoli-
tisch faire Chance.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709317000

Gitta Connemann hat das Wort für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1709317100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute

geht es einmal mehr um die Frage: Was ist gute Arbeit?
Am besten kann dies sicherlich Frank-Jürgen Weise be-
urteilen. Er ist bekanntlich Chef der Bundesagentur für
Arbeit und der Arbeitsmarktexperte in Deutschland.
Seine Kompetenz ist über Parteigrenzen hinweg aner-
kannt; denn Sie, meine Damen und Herren von Rot-
Grün, haben ihn 2004 in sein Amt berufen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dann muss es ja gut sein!)


Herr Weise wurde nun befragt, ob er den Rekordstand
bei der Zeitarbeit für eine gute Sache halte. Seine Ant-
wort lautete: Ja, zu arbeiten sei immer besser, als nicht
zu arbeiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)






Gitta Connemann


(A) (C)



(D)(B)

Er wurde auch gefragt, ob die Arbeit eine Brücke in den
regulären Arbeitsmarkt sei. Seine Antwort lautete wie-
der: Ja, die Zeitarbeit sei ein Sprungbrett in einen festen
Job. Das Wort von Herrn Weise hat Gewicht – eigent-
lich; es sei denn, es passt gerade nicht in Ihr Konzept.


(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])


Meine Damen und Herren von der SPD, wenn wir Ih-
rem Antrag folgen würden, dann wäre dies das Aus für
die Zeitarbeit in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Es wäre auch das Ende für den Turbo am Arbeitsmarkt.
Denn jede dritte neue Stelle am Arbeitsmarkt kommt aus
der Zeitarbeit.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist ja gerade die Katastrophe!)


Das hat damit zu tun, dass Flexibilität am Arbeitsmarkt
erforderlich ist, die nicht grundsätzlich gewährt wird.
Deshalb ist Zeitarbeit gefragt.

Es wäre aber vor allem ein besonders schwerer
Schlag für die Schwächsten am Arbeitsmarkt. Denn die
Zeitarbeit gibt gerade denen eine Chance, die vorher
keine hatten: Geringqualifizierte, Menschen ohne Schul-
bildung oder ohne Ausbildung.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 60 Prozent haben eine Berufsausbildung!)


100 000 ehemalige Hartz-IV-Empfänger haben so al-
lein im letzten Jahr Arbeit gefunden. Zwei Drittel der
neu eingestellten Zeitarbeiter waren vorher arbeitslos
oder noch nie beschäftigt. Sie haben jetzt Arbeit, und
zwar, Frau Müller-Gemmeke, reguläre Arbeit.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, sie haben prekäre Arbeit!)


Ich bitte Sie insoweit, einen Blick ins Gesetz zu wa-
gen. Denn wenn Sie statt irgendwelcher Unterlagen nur
ein einziges Mal das Gesetz lesen würden, dann würden
Sie feststellen, dass jeder Zeitarbeitnehmer Anspruch
auf Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz, nach Ent-
geltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgeltfort-
zahlungsgesetz und übrigens auch auf einen Tariflohn
hat. Denn die Tarifbindung liegt in der Zeitarbeit bei
98 Prozent.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!)


Es gibt keine andere Branche mit einem vergleichbaren
Niveau.

Ich bitte Sie, das endlich zur Kenntnis zu nehmen.
Denn es sind Tatsachen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


die Herr Weise kennt und die Sie ignorieren, weil sie
nicht in Ihre Welt passen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Reden Sie mal mit den Menschen!)

In dieser Welt steht Zeitarbeit für Lohndumping. Ihr
vermeintlicher Beleg auch ganz aktuell in den letzten Ta-
gen war ein fünfseitiger Newsletter des DGB. Danach ist
das durchschnittliche Lohnniveau in der Zeitarbeitsbran-
che niedriger als in der Gesamtwirtschaft. Welche Er-
kenntnis!


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein Drittel!)


In der Zeitarbeit haben überdurchschnittlich viele Un-
gelernte bzw. Hilfsarbeiter einen neuen Job gefunden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Immer mehr Qualifizierte!)


Es braucht keine Weisheit, um zu wissen, dass Hilfsar-
beiter nun einmal weniger Geld verdienen als ein Fach-
arbeiter.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Alles Hilfsarbeiter? Das ist doch Quatsch!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709317200

Frau Kollegin Connemann, würden Sie eine Zwi-

schenfrage der Kollegin Müller-Gemmeke zulassen?


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1709317300

Ja, sehr gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709317400

Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Kollegin Connemann, ich habe eine Nachfrage. Sie
reden die ganze Zeit davon, dass die Leiharbeitskräfte
unqualifiziert sind, zum Teil nie gearbeitet haben und
endlich eine Chance brauchen. Nehmen Sie zur Kennt-
nis, dass über 60 Prozent der Leiharbeitskräfte eine ab-
geschlossene Berufsausbildung haben?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Ich finde es schlimm, dass man bei 1 Million Men-
schen, die in der Leiharbeit arbeiten müssen, weil es zur-
zeit keine anderen Jobs mehr gibt, so tut, als wenn sie
alle Probleme, Hemmnisse und keine Qualifikation ha-
ben und vielleicht auch noch faul sind. Ich finde es lang-
sam unerträglich, dass so über diese Menschen geredet
wird.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Das war der erste Punkt.

Ich muss noch einen zweiten Punkt ansprechen. Man
tut immer so, als wenn es diese 1 Million Arbeitsplätze
in der Leiharbeit nicht gäbe, wenn sie nicht so attraktiv
wäre, wie es jetzt der Fall ist. Dazu frage ich Sie: Ist tat-
sächlich die ganze Branche ein Sozialunternehmen, das
nur deshalb Leiharbeitskräfte einstellt, um gute Bedin-
gungen zu bieten? Oder geht es um Auftragslagen, so-





Beate Müller-Gemmeke


(A) (C)



(D)(B)

dass die Jobs auch ohne Leiharbeit besetzt werden müss-
ten?


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1709317500

Frau Kollegin Müller-Gemmeke, Sie haben eben da-

von gesprochen, was Sie unerträglich finden. Ich finde
es unerträglich, von Ihnen ganz bewusst falsch zitiert zu
werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie später nachlesen!)


Denn ich habe mit keinem Wort meiner Rede – Sie kön-
nen das im Plenarprotokoll nachlesen –


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: In den Fußnoten!)


in irgendeinem Zusammenhang gesagt, Zeitarbeitneh-
mer seien faul.

Gerade das finde ich unglaublich. Denn Zeitarbeit-
nehmer sind diejenigen, die eine Chance, die ihnen ge-
boten wurde, ergreifen. Diffamieren Sie nicht immer
diese Personen, die ihre Chance ergreifen!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Vielleicht hören Sie einfach zu!


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir sind hier nicht auf einer Cocktailparty!)


Wenn Sie nicht so schreien würden, dann könnte ich die
Frage endlich beantworten.


(Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


– Sie dürfen nicht reden. Vielleicht sollten Sie mit Ihrer
Fraktion darüber reden.

Das Zweite ist, dass Sie behaupten, ich hätte gesagt,
60 Prozent hätten keinen Abschluss.


(Widerspruch der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das ist vollkommen unzutreffend. Ich habe Ihnen ge-
sagt, dass 100 000 Zeitarbeitnehmer im letzten Jahr ei-
nen Job gefunden haben, die zuvor im Hartz-IV-Bezug
gewesen sind; das war meine Formulierung.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das sagt aber nichts über die Qualifikation der Menschen aus!)


Bei diesen 100 000 handelt es sich um Langzeitarbeits-
lose oder solche, die zuvor noch nie eine Beschäftigung
hatten. Ich bitte Sie, auch Folgendes zur Kenntnis zu
nehmen: Zeitarbeit baut Brücken in den ersten Arbeits-
markt.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 7 Prozent! – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Sie haben als Letztes gesagt, die Zeitarbeit sei eine
soziale Branche. Das ist sie sicherlich nicht. Die Zeitar-
beit ist eine Wirtschaftsbranche – der Kollege Schiewer-
ling hat darauf zutreffend hingewiesen – wie viele an-
dere,


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Nein, sie verteilt Menschen!)


eine Wirtschaftsbranche, die zum Beispiel an Tarifver-
trägen teilnimmt, eine Wirtschaftsbranche, die Men-
schen einstellt und manchmal auch Menschen entlässt.
Sie befristet allerdings Arbeitsverträge nicht annähernd
in dem Umfang, wie Sie es behaupten. Ein Drittel der
Arbeitsverträge ist befristet, wie in allen anderen Wirt-
schaftsbereichen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe etwas anderes gefragt!)


Die Zeitarbeit ist nicht besser als andere Wirtschaftsbe-
reiche, aber sie ist auch nicht schlechter.

Das, was Sie machen, ist eine dauerhafte Diffamie-
rungskampagne auf Kosten von hart wirtschaftenden Be-
trieben und ihren Mitarbeitern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das ist offensichtlich Ihr Stil, den ich persönlich wirk-
lich abstoßend finde; das sei an dieser Stelle auch gesagt.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben meine Frage nicht beantwortet!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709317600

Frau Connemann, es gäbe noch den Wunsch von Frau

Kipping nach einer Zwischenfrage.


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1709317700

Gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709317800

Bitte schön.


Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709317900

Frau Connemann, Sie haben hier den Eindruck er-

weckt, die Opposition diffamiere Leiharbeiter und Leih-
arbeiterinnen, nur weil wir die Bedingungen und die Pra-
xis der Leiharbeit als Sklavenarbeit kritisieren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sklaverei ist abgeschafft!)


Ich will an dieser Stelle festhalten, dass das ein ganz
hilfloser Dreh Ihrerseits ist, vor der notwendigen Kritik
die Augen zu verschließen. Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu
nehmen, dass schon beim gestrigen Treffen des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales mit einer Delegation
des DGB einer Ihrer Kollegen versucht hat, diesen Dreh
anzuwenden, dass ihm aber vonseiten der DGB-Delega-
tion sehr deutlich widersprochen wurde. Betriebsräte,
die die Realität der Leiharbeit in ihren Betrieben selber
erlebt haben, haben sehr deutlich gesagt: Wir selber be-
zeichnen Leiharbeit als Sklavenarbeit, weil wir erleben,





Katja Kipping


(A) (C)



(D)(B)

dass sie sowohl für die Betroffenen als auch für die
Kernbelegschaft, die dadurch gleichermaßen permanent
unter Druck gesetzt wird, eine Belastung ist. Ich bitte
Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Frage! – Katja Kipping [DIE LINKE], an die CDU/CSU gewandt: Geschäftsordnung lesen! – Abg. Katja Kipping [DIE LINKE] nimmt Platz)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1709318000

Frau Kollegin Kipping, darf ich Ihnen antworten?


(Zurufe von der CDU/CSU: Aufstehen! Aufstehen!)


Frau Kollegin Kipping, Sie haben mich angespro-
chen, und ich werde Ihnen antworten. Die Tatsache, dass
Sie diffamieren, zeigt allein die Verwendung des Wortes
„Sklavenarbeit“.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Alle, die nicht Ihrer Meinung sind, diffamieren!)


Ich finde es unglaublich, dass annähernd 1 Million Men-
schen in diesem Land allein durch diese Bemerkung Ih-
rerseits als Sklaven bezeichnet werden. Das mag viel-
leicht in früheren Zeiten in anderen Teilen dieses Landes
so üblich gewesen sein. Bei uns, in diesem Land, ist das
nicht mehr üblich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Haben Sie selbst gemacht! Ich habe es mit eigenen Ohren gehört!)


Ich wünsche mir, dass Sie nicht ungeprüft irgendwel-
che Begrifflichkeiten übernehmen, sondern dass Sie sel-
ber Tatsachen und Fakten prüfen. In dem Gespräch, das
Sie gestern mit dem DGB geführt haben, haben Sie si-
cherlich hinterfragt, auf welcher Datengrundlage der be-
sagte Newsletter entstanden ist. Das wird Ihnen der
DGB an dieser Stelle vielleicht auch gesagt haben: Zwi-
schenzeitlich hat der Autor dieses Newsletters – das ist
in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nachzulesen –
eine methodische Unschärfe eingeräumt und sich dafür
entschuldigt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aha!)


Haben Sie danach gefragt?

Haben Sie danach gefragt, dass die Tarife für die Zeit-
arbeit von DGB-Gewerkschaften, unter anderem von
Verdi, abgeschlossen worden sind und dass gemäß die-
sen Tarifverträgen in der Zeitarbeit flächendeckend ein
Grundlohn in Höhe von 7,60 Euro im Westen und ein
Grundlohn in Höhe von 6,65 Euro im Osten gelten?

Bitte, erklären Sie mir, was das mit Zeitarbeit zu tun hat.
Das ist wieder eine reine Diffamierung, für die Sie sich
schämen sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Keiner von uns stellt infrage, dass es schwarze Schafe
in der Zeitarbeitsbranche gibt.


(Caren Marks [SPD]: Die gibt es genug im Kabinett!)


Ja, Firmen wie Schlecker treiben Schindluder mit der
Zeitarbeit. Das, was dort geschieht, ist Schein-Zeitarbeit,
nichts anderes. Deshalb hat die Bundesregierung gehan-
delt, auch auf Intervention unseres sozialpolitischen
Sprechers Karl Schiewerling und von Dr. Kolb.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Herr Dr. Kolb! Dr. Müller-Lüdenscheid!)


Zukünftig ist deshalb ein „Schleckern“ in Deutschland
nicht mehr möglich. Im gleichen Gesetzentwurf setzt die
Ministerin die EU-Arbeitsrichtlinie um. Wir tun noch
mehr – auch darauf ist hingewiesen worden –: Wir wer-
den im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Lohnun-
tergrenze verankern. Damit schützen wir die Zeitarbeit
vor ausländischer Billigkonkurrenz;


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Machen Sie lieber Kulturpolitik! Davon verstehen Sie wenigstens was!)


denn der Tariflohn gilt dann für alle.

Vielleicht erklärt sich dadurch aber auch die Kampa-
gne des DGB. Zukünftig müssen nämlich er bzw. seine
Tochtergesellschaften offen Verantwortung für das über-
nehmen, was er unterschreibt,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es! – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Für seine Tochtergesellschaften? Null Ahnung!)


übrigens auch für alle Vereinbarungen, die jetzt getroffen
werden, was das Entgelt, Equal Pay oder die Höchst-
überlassungsdauer angeht. Ich bin gespannt, was vorge-
schlagen werden wird.

Der DGB hat heute unter anderem bei VW protestiert.
Ich habe das gesehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die protestieren gegen sich selbst!)


VW hat inzwischen zwei Zeitarbeitsunternehmen. In die-
sen Zeitarbeitsunternehmen werden mehr als 7 000 Mitar-
beiter innerhalb des Konzerns verliehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Übrigens mit Zustimmung der Gewerkschaft!)


– Übrigens mit Zustimmung der Gewerkschaft.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!)


Dasselbe Prozedere treffen wir an unter anderem bei
DB Zeitarbeit, Vivento Interim Services, BASF Job-
markt – jeweils mit Wissen und Unterstützung der dorti-
gen Betriebsräte und des DGB.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709318100

Frau Kollegin.






(A) (C)



(D)(B)


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1709318200

Dies zeigt mir sehr deutlich: Alle, die mit der Frage

„Was ist gute Arbeit?“ befasst sind, sind gut beraten,
sich nicht von Vorurteilen, sondern von Fakten leiten zu
lassen –


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709318300

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1709318400

– und Verantwortung zu übernehmen. Wir haben da-

für den Aufschlag gemacht. Stimmen Sie deshalb dem
Gesetzentwurf zu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ganz bestimmt nicht! Wir haben jetzt erste Lesung!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709318500

Damit schließe ich die Aussprache.

Ich will deutlich machen, dass ich mich sehr freue,
dass die Kollegen des US-Congress, die unserer Debatte
beiwohnen, eine so lebendige Diskussion erleben konn-
ten. Herzlich willkommen hier bei uns!


(Beifall)


Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
dem Antrag der Fraktion der SPD mit dem Titel „Miss-
brauch der Leiharbeit verhindern“. Der Ausschuss emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache
17/4756, den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksa-
che 17/4189 abzulehnen. Wer stimmt für die Beschluss-
empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen. Zuge-
stimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dagegenge-
stimmt haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Die
Linke hat sich enthalten.

Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
würfe auf den Drucksachen 17/4804 und 17/3752 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Gibt es dazu andere Vorschläge? – Das ist
nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 8 a bis c auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Doro-
thee Bär, Markus Grübel, Nadine Schön, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU so-
wie der Abgeordneten Miriam Gruß, Nicole
Bracht-Bendt, Sibylle Laurischk, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP

100 Jahre Internationaler Frauentag

– Drucksache 17/4860 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Karin
Roth (Esslingen), Dr. Sascha Raabe, Lothar Bin-
ding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Gleichberechtigung in Entwicklungsländern
voranbringen

– Drucksache 17/4846 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika
Lazar, Kerstin Andreae, Ekin Deligöz, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Frauen verdienen mehr – Gleichstellung ist In-
novationspolitik

– Drucksache 17/4852 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Es ist verabredet, hierzu eine Stunde zu debattieren. –
Ich sehe und höre keinen Widerspruch zu der beschlos-
senen Redezeit. Dann werden wir so verfahren.

Besonders willkommen sind uns viele Männer im
Saal.


(Unruhe)


– Zwar sind Männer bei dieser Debatte willkommen,
aber sie müssen nicht unnötig ausführlich auf sich auf-
merksam machen, indem sie auch noch hin und her lau-
fen. Ich nehme an, dass sie der Debatte folgen wollen,
und zwar in besonderer Weise und mit besonderer Auf-
merksamkeit.

Als Erster gebe ich das Wort der Kollegin Dorothee
Bär für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1709318600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als vor
92 Jahren und fünf Tagen eine Sozialdemokratin das
erste Mal ihre Rede mit den Worten „Meine Herren und
Damen“ eröffnet hat, hat das Protokoll „Heiteres Ge-
lächter“ vermerkt, weil es eben das allererste Mal war,
dass vor 92 Jahren und fünf Tagen eine Frau im Parla-
ment das Wort ergriffen hat. Heutzutage lacht bei den
Anreden „Meine Damen und Herren“ und „Meine Her-
ren und Damen“ kein Mensch mehr. Deswegen müssen





Dorothee Bär


(A) (C)



(D)(B)

wir einmal festhalten, was sich in den letzten 100 Jahren
an dieser Stelle entwickelt hat.

Wenn wir jetzt nicht 2011, sondern das Jahr 1911 hät-
ten, dann wären die meisten von uns nicht hier. Die
meisten, die hier wären, dürften keine Hosen anhaben.
Wahlrecht gab es sowieso keines. Wenn überhaupt ein-
mal eine Erlaubnis bestanden hätte, dann hätte man sich
wahrscheinlich auf seinen Ehemann berufen müssen.
Wir müssen also festhalten, dass in den letzten
100 Jahren sehr viel passiert ist.

Das 100-jährige Jubiläum das Weltfrauentages neh-
men wir zum Anlass, zum einen einen historischen
Rückblick zu machen und zum anderen, um uns zu fra-
gen, wo wir heute, im Jahr 2011, gleichstellungspolitisch
stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Als 1911 der Weltfrauentag ins Leben gerufen wurde,
stand eine Hauptforderung im Raum. Diese Hauptforde-
rung war ein Wahlrecht für Frauen. Auch das können wir
uns heute nicht mehr vorstellen. Daneben gab es die Ab-
lehnung des Ersten Weltkrieges. Später wurde dieser
Frauentag vor allem durch arbeits- und sozialrechtliche
Forderungen getragen.

In der DDR wurde dieser Frauentag zunehmend zu ei-
ner Art sozialistischem Muttertag.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das muss die Frau Bär genau wissen! Die kennt sich ja aus!)


Die Frauenbewegung in Westdeutschland hat sich bis in
die 90er-Jahre überhaupt sehr schwer mit diesem Tag ge-
tan. Aber man muss festhalten, dass sich der Weltfrauen-
tag in den vergangenen Jahren im wiedervereinten
Deutschland eine neue Selbstverständlichkeit gegeben
hat.

Was vor 100 Jahren die Frage nach dem Stimmrecht
für Frauen war, ist heute für uns die Frage nach der Be-
setzung von Frauen in Führungspositionen; denn wir
müssen festhalten, dass Frauen in Führungspositionen
nach wie vor massiv unterrepräsentiert sind. Wir führen
diese Debatte mittlerweile fast jede Woche. Die Zahlen
werden von Woche zu Woche nicht besser. Nur 3,2 Pro-
zent der Vorstandssitze in den 200 größten Unternehmen
werden von Frauen besetzt. Keinem einzigen Vorstand
in den Top-100-Unternehmen steht eine Frau vor. Selbst-
verständlich sehen wir hier einen ganz konkreten Hand-
lungsbedarf.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Selbstverständlich widmen wir uns auch dem Thema,
was sinnvoll ist, um diese Zustände zu ändern. Wir ha-
ben in der Vergangenheit schon öfter über das Thema
Quote gesprochen: Quote ja, Quote nein? Wir ringen ins-
gesamt auch in unseren Fraktionen – das ist kein Ge-
heimnis – um die Details. Aber wir wissen, dass das
nicht nur ein gesellschaftliches Topthema ist; denn im-
merhin haben wir dieses Thema auf die Agenda gebracht –
im Gegensatz zu den vorangegangenen Regierungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Caren Marks [SPD]: Es scheint bei den bayerischen Abgeordneten generell Bewusstseinsverlust zu geben, nicht nur bei Guttenberg!)


Trotz des gekünstelten Gelächters der Oppositionsfrakti-
onen muss man festhalten – dies habe ich schon in mei-
ner letzten Rede angesprochen –, dass Ihre Ministerin,
eine gewisse Frau Bergmann, an die sich niemand mehr
erinnern kann, es nicht geschafft hat, sich durchzusetzen,
weil sie von Schröder ohne Ende abgewatscht wurde,
und sich auch noch für Sachen entschuldigen und recht-
fertigen musste, die sie nicht wollte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Mechthild Rawert [SPD]: Ihre Regierung hat sie gerade zur Beauftragten erklärt! – Sönke Rix [SPD]: Hat Ihnen das Frau von der Leyen gesagt?)


Wir stehen neben dem Thema Quote und neben der
Geschlechtergerechtigkeit in diesem Land auch zu ande-
ren Themen – auch in unserem Antrag –, nämlich zu der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf, was für uns im
Vordergrund steht. Was für mich aber noch entscheiden-
der ist als die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weil
das noch schwieriger durchzusetzen ist, ist die Vereinba-
rung von Familie und Karriere. Wir setzen uns für den
Ausbau der Kinderbetreuung ein. Auch dafür macht
diese Regierung sehr viel. Wir wollen flexiblere Arbeits-
zeitmodelle und sagen: Wir wollen auf keinen Fall, dass
es in diesem Land mit der übertriebenen Anwesenheits-
kultur so weitergeht, die leider Gottes noch immer gilt;
denn auch die Qualität steht im Vordergrund, nicht nur
die Quantität.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben jedes Jahr wieder dieselbe Debatte über die
Entgeltungleichheit. Deshalb haben wir das Logib-D
eingeführt. Logib-D stößt nicht nur in Europa auf ein
ganz großes Interesse. So stellen wir Logib-D morgen,
am 25. Februar, auf der 55. Frauenrechtskonferenz der
Vereinten Nationen in New York, die seit Dienstag tagt,
einem internationalen Publikum vor, weil jeder von uns
lernen und wissen möchte, wie wir das Instrument um-
setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir rollen das gesamte frauenpolitische Feld weiter
auf. Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen zu dem
wichtigen Thema der Bekämpfung von Gewalt gegen
Frauen wollen wir noch weitergehen. Hierzu gehören
häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung,
aber natürlich auch Bräuche, Riten und Traditionen zum
Schaden von Frauen. Hierunter fallen für uns ganz be-
sonders die Genitalverstümmelung, die Zwangsehen und
die sogenannten Ehrenmorde. Schätzungen zufolge ha-
ben 20 bis 25 Prozent aller Frauen mindestens einmal in
ihrem Leben körperliche Gewalt erlitten. Deswegen füh-
ren wir unser Programm gegen häusliche Gewalt fort.
Wir wollen ein bundesweites Hilfstelefon für von Ge-





Dorothee Bär


(A) (C)



(D)(B)

walt betroffene Frauen einrichten. Hierzu haben wir be-
reits die nötigen Mittel in den Haushalt eingestellt.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt das alles denn endlich?)


Beim Brückenschlag zum Thema 100 Jahre Frauen-
bewegung und 100 Jahre Weltfrauentag sehen wir, dass
sich Frauen seit vielen Jahren für ihre Rechte engagie-
ren. Vieles ist seitdem besser geworden; das darf man
auf jeden Fall festhalten. Trotzdem sind wir noch lange
nicht am Ziel. Die Frauen haben für ihr Wahlrecht und
für die Zulassung an Universitäten gekämpft. Die Frauen
haben in diesem Hohen Hause dafür gekämpft, dass sie
Hosenanzüge anziehen dürfen.


(Sönke Rix [SPD]: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!)


Die Frauen mussten gegen unbewusste Rollenbilder an-
gehen und sich gegen gläserne Decken durchsetzen. Ich
bin mir aber sicher, dass wir gemeinsam weiterkommen
können. Dabei würde es helfen, wenn die Debatte von
denselben immer wiederkehrenden reflexhaften Beißre-
aktionen der SPD befreit würde und wir alle an einem
Strang ziehen könnten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Wenn ihr etwas Konkretes vorlegen würdet!)


Dafür wäre ich sehr dankbar.

Stellvertretend für alle großartigen Frauen, die sich
heute in diesem Hohen Hause befinden, möchte ich eine
besondere Frau herausgreifen. Ich darf hoffentlich im
Namen aller der Kollegin Katharina Landgraf zu ihrem
heutigen Geburtstag gratulieren. Liebe Katharina, alles
Gute!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709318700

Das Wort hat Caren Marks für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1709318800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! 100 Jahre Interna-
tionaler Frauentag – in der Tat, welch gleichstellungspo-
litische Zeitstrecke. Die Koalitionsfraktionen präsentie-
ren uns heute zu diesem Jahrestag einen Antrag, über
den sofort abgestimmt werden soll nach dem Motto:
heute schnell debattieren, und dann bloß nicht weiter
darüber reden.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Über diesen Antrag von
Union und FDP lohnt eine weitere Debatte allerdings
nicht wirklich.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Dieser Antrag enthält genauso wenig Substanz wie die
Gleichstellungspolitik der Bundesregierung, nämlich keine.
Ein Beleg dafür ist folgendes Zitat aus dem Antrag:
Der Internationale Frauentag verpflichtet als Feier-
tag der Frauenbewegung dazu, der Lobbyarbeit von
Frauen im politischen Raum Gehör zu schenken
und frauenpolitische Projektarbeit zu stärken.


(Heiterkeit bei der SPD)


Ich denke, hier ist kein Kommentar notwendig.

Die SPD hingegen meint es mit der Gleichstellungs-
politik ernst, so wie bereits vor 100 Jahren. 1911 gingen
mehr als 1 Million Frauen auf die Straße und kämpften
für ihre Rechte, insbesondere für das Recht, zu wählen.
Sieben Jahre später führte die Sozialdemokratie unter er-
bittertem Widerstand konservativer Kräfte das Frauen-
wahlrecht ein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den zurückliegen-
den Jahrzehnten hat die Frauenbewegung in Deutschland
in der Tat viel erreicht. Ich glaube, darauf können wir
stolz zurückblicken. Aber wir sind gleichstellungspoli-
tisch längst noch nicht am Ziel; auch das ist richtig.
Frauen und Männer sind zwar juristisch gleichgestellt,
nicht aber in der Realität. So gibt es nach wie vor eine
strukturelle Benachteiligung von Frauen, insbesondere
im Erwerbsleben. Wir suchen Frauen in Führungsetagen
noch immer mit der Lupe. Gleicher Lohn für gleiche und
gleichwertige Arbeit – Fehlanzeige. Der Anteil von
Frauen im Niedriglohnbereich und in Minijobs ist über-
proportional hoch, Teilzeitarbeit ist überwiegend weib-
lich. Die Ursachen dafür liegen in veralteten Rollenste-
reotypen und auch in der nach wie vor schlechten
Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Es gäbe also für die Bundesregierung und insbeson-
dere für die zuständige Ministerin einiges zu tun; denn
die bis jetzt vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingun-
gen helfen Frauen nicht wirklich weiter. Um Benachtei-
ligung abzubauen und eine eigenständige Existenzsiche-
rung zu ermöglichen, sind weitere gesetzliche Maß-
nahmen unumgänglich. Die Bundesfrauenministerin und
die schwarz-gelbe Koalition verharren jedoch in Lethar-
gie. Sie stehen leider für gleichstellungspolitischen Still-
stand, Frau Schröder.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Damit kennen Sie sich aus!)


Dabei, Frau Ministerin, müssten Sie, nachdem Sie es
schon nicht selbst entgegengenommen haben, nur das
aktuelle Gutachten der Sachverständigenkommission für
den ersten Gleichstellungsbericht lesen und entspre-
chend handeln. Aber wie im aktuellen Antrag ersichtlich
setzen Sie und die Koalition unbeirrt und ignorant auf
Freiwilligkeit, Appelle und Projekte – und das alles vor
dem Hintergrund, dass selbstverständliche Frauenrechte
immer hart erkämpft werden mussten. Von alleine und
mit Freiwilligkeit ging es gleichstellungspolitisch leider
nie voran.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die SPD streitet deshalb für gesetzliche Regelungen.
Sie sind wirklich notwendig, um verkrustete Strukturen





Caren Marks


(A) (C)



(D)(B)

aufzubrechen. Wir fordern einen flächendeckenden ge-
setzlichen Mindestlohn, da dieser vor allem Frauen zu-
gutekäme. Weiter müssen wir für eine Aufwertung von
sogenannten typischen Frauenberufen, beispielsweise in
der Altenpflege, kämpfen.

Nur durch eine gesetzliche Quote von mindestens
40 Prozent wird eine angemessene Vertretung von
Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen möglich wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dass in den 100 größten Unternehmen in Deutschland
Frauen nur zu 2,2 Prozent in den Vorständen vertreten
sind, ist nicht nur beschämend. Es ist diskriminierend.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein Antrag der SPD zur Quote wird ja morgen diskutiert.

Wir fordern endlich gesetzliche Regelungen zur
Durchsetzung von Entgeltgleichheit; denn 23 Prozent
Lohnunterschied sind skandalös. Wir fordern weiterhin
familien- und geschlechtergerechte Arbeitszeitmodelle
wie die sogenannte Große Teilzeit für beide Geschlech-
ter und auch ein Rückkehrrecht für Eltern von Teilzeit in
Vollzeit.

Außerdem fordern wir die gesetzliche Eingrenzung
der Minijobs. Immer mehr Minijobs zulasten guter, das
heißt existenzsichernder Arbeit sind nicht zu akzeptie-
ren. Minijobs werden für Frauen zur Armutsfalle, ganz
besonders im Alter.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das alles
sind konkrete Schritte für die Verwirklichung von
Gleichstellung und mehr Geschlechtergerechtigkeit und
damit für mehr Fortschritt in unserem Land. Die
schwarz-gelbe Bundesregierung einschließlich der Kanz-
lerin ist jedoch nicht bereit, wirklich aktiv zu handeln
und etwas zu ändern.

Abschließend möchte ich eine bemerkenswerte Fest-
stellung der Sachverständigenkommission für den ersten
Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zitieren:

Die Kosten der gegenwärtigen Nicht-Gleichstellung
übersteigen die einer zukunftsweisenden Gleich-
stellungspolitik bei weitem.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709318900

Frau Kollegin.


Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1709319000

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ob das der

Bundesfinanzminister weiß?

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709319100

Sibylle Laurischk hat das Wort für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1709319200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! 100 Jahre Internationaler Frauentag – ein langer
Weg von den ersten Forderungen nach dem Frauenwahl-
recht über die Kampagne beispielsweise von Elisabeth
Selbert zur Formulierung der Gleichberechtigung von
Frauen und Männern in Art. 3 Grundgesetz liegt hinter
uns Frauen. Der Weg ist nicht zu Ende. Seit 1994 steht in
Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes Satz 2. Dieser lautet:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hin.

Auch die Opposition hatte in der Zeit reichlich Gelegen-
heit, auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzu-
wirken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Stichworte wie Equal Pay und die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf – anscheinend nur ein Thema für
Frauen und leider immer noch nicht für Männer – be-
schreiben noch offene Punkte. Zurzeit wird das Thema
insbesondere an der unzureichenden Zahl von Frauen in
Führungsgremien der Bundesbehörden oder der Wirt-
schaft gemessen. Dies zu ändern, ist Ziel der Koalition
von FDP und CDU/CSU. Wir setzen auf einen Stufen-
plan und den im Mai letzten Jahres überarbeiteten soge-
nannten Corporate Governance Codex, der Berichts-
pflichten zum Stand der Beteiligung von Frauen enthält.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht ihr jetzt schon seit zehn Jahren!)


Die Aussage ist klar: Frauen wollen entsprechend ihrer
Ausbildung Führungsaufgaben und Verantwortung über-
nehmen. Angesichts des demografischen Wandels ist dies
auch gar keine Frage mehr. Dieses gesellschaftlich und
damit auch wirtschaftlich gebotene Ziel muss angesteu-
ert werden – auch von den Männern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das sage ich auch an die Adresse von Herrn Kauder, der
mir im Moment den Rücken zuwendet.


(Heiterkeit bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieses Ziel ist sowohl in der Politik als auch in der
Wirtschaft umzusetzen. Ich möchte in diesem Zusam-
menhang darauf hinweisen, dass sich die FDP, seit weit
über 100 Jahren eine echte Emanzipationsbewegung,


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Innovative, dynamische Partei! Das merkt man doch!)


auf ihrem nächsten Bundesparteitag im Mai mit einem
Satzungsänderungsantrag der liberalen Frauen, in dem





Sibylle Laurischk


(A) (C)



(D)(B)

eine 40-Prozent-Quote für die Führungsgremien der Par-
tei gefordert wird, auseinandersetzen muss.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Gutes Gelingen!)


Die Unternehmen sind ihrerseits aufgefordert, zu han-
deln. Sollten wir keine erhebliche Erhöhung des Anteils
von Frauen in Führungspositionen von Unternehmen bis
2013 feststellen können, ist die Einführung einer Quote
meines Erachtens absehbar.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Gleichstellungspolitik ist aber nicht nur ein Thema
der Bundespolitik, auch Europa fordert dies ein. So ist
das Thema „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ in
der Strategie für die Gleichstellung von Frauen und
Männern 2010 bis 2015 verankert. An der Umsetzung
dieser europäischen Strategie müssen wir mit Nachdruck
arbeiten. Frauen müssen sich klar darüber sein, dass nur
ein qualifizierter und ausgeübter Beruf ihrer Altersarmut
entgegenwirkt.

Trotz des 100. Geburtstages des Internationalen Frauen-
tages: Gewalt gegen Frauen und familiäre Gewalt sind
nach wie vor Alltag. Verlässlich finanzierte Frauenhäu-
ser und Unterkünfte für Frauen in Not gibt es auch nach
100 Jahren Gleichstellung noch nicht. In den Kommu-
nen kämpfen die Frauen um jeden Cent zur Finanzie-
rung. Schutz und Hilfe für gewaltbetroffene Frauen und
deren Kinder müssen jedoch flächendeckend vorliegen.
Die christlich-liberale Koalition hat jetzt zumindest ei-
nen Haushaltstitel geschaffen, um eine bundeseinheitli-
che Notrufnummer für gewaltbetroffene Frauen einzu-
richten. Unbürokratische Hilfe soll so möglich werden.

Ein letztes Stichwort zum Internationalen Frauentag,
das Ausländerinnen besonders betrifft: die Bekämpfung
der Zwangsheirat. Ein Gesetzentwurf hierzu liegt vor. Es
ist vorgesehen, die Mindestbestandszeit einer Ehe zur
Begründung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts von
zwei auf drei Jahre zu erhöhen. Der Gesetzentwurf hat
das Ziel, Opfer von Zwangsheirat besser zu schützen.
Die Erhöhung der Ehebestandszeit steht meines Erach-
tens dazu im Widerspruch. Im Koalitionsvertrag heißt es
hierzu, die Erhöhung der Ehebestandszeit sei zu prüfen.
Meine Herren, meine Damen, ich bitte um Prüfung.

Als Liberale bin ich stolz, einer Emanzipationsbewe-
gung anzugehören, die weit älter als 100 Jahre ist.
100 Jahre Internationaler Frauentag bedeuten 100 Jahre
Ringen um Gleichberechtigung.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unterstützen Sie auch die Quotenforderung in der FDP?)


Uns Frauen bleibt die Einsicht: Geschenkt wird uns
nichts; wir müssen für unsere Rechte immer wieder aufs
Neue kämpfen. Wir sollten dies gemeinsam tun. Dann
sind wir stark.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709319300

Die Kollegin Kipping hat für die Fraktion Die Linke

das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709319400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

100 Jahre Frauentag – zu den Wurzeln dieses Tages ge-
hören auch folgende Etappen: Am 8. März 1857 streiken
in New York Textilarbeiterinnen. Am 8. März 1908
kommen über 100 streikende Textilarbeiterinnen bei ei-
nem Fabrikbrand ums Leben, weil sie während des
Streiks in der Fabrik eingeschlossen wurden. Vor
100 Jahren wurde der Frauentag in einigen Ländern erst-
mals am 19. März begangen. Am 8. März 1917 waren es
wieder Textilarbeiterinnen, die in Russland gegen Hun-
ger, Krieg und Zarismus streikten. Anknüpfend an diese
Arbeitskämpfe wurde der Frauentag von der Zweiten
Kommunistischen Frauenkonferenz auf Initiative von
Clara Zetkin auf den 8. März gelegt.


(Beifall des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])


Betrachten wir die Geschichte des Frauentages, so kön-
nen wir festhalten: Der Frauentag ist nicht bei Kaffee-
kränzchen entstanden, er ist nicht Blumenrabatten ent-
sprungen, sondern er ist aus Kämpfen um Rechte
entstanden. Genau an diese Tradition des Frauentages
sollten wir anknüpfen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Art, den Frauentag zu begehen, hat sich über die
Jahrzehnte verändert, aber an der Notwendigkeit, um
Frauenrechte zu kämpfen, hat sich nichts, aber auch gar
nichts verändert. Kämpfe um Geschlechtergerechtigkeit
sind hochaktuell – und das weltweit.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Geschlechterungerechtigkeit hat viele Gesichter. Das
beginnt damit, dass auf den obersten Etagen der Wirt-
schaft faktisch immer noch „oben ohne“ – also ohne
Frauen – gilt. Schließlich sind noch nicht einmal
10 Prozent aller Aufsichtsratsposten in Frauenhand. Es
geht damit weiter, dass Frauen im Durchschnitt ein Vier-
tel weniger verdienen als Männer und dass Frauen über-
durchschnittlich stark in Minijobs gedrängt werden. Wir
wissen: Auf Minijobs folgen Minirenten. Altersarmut ist
somit gerade bei Frauen vorprogrammiert. Hier müssen
wir deutlich gegensteuern.


(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dringend! Ganz dringend!)


Geschlechterungerechtigkeit geht weiter mit den
Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften. Das führt zum einen
dazu, dass Frauen, die womöglich ihr Leben lang ge-
wohnt waren, von ihrer eigenen Hände Arbeit zu leben,
dann, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren und der Part-
ner etwas über den entsprechenden Grenzen verdient,





Katja Kipping


(A) (C)



(D)(B)

sofort in die Position von Taschengeldempfängerinnen
gedrängt werden. Oder es führt dazu, dass Alleinerzie-
hende, die einen neuen Partner kennenlernen, mit diesem
faktisch nicht zusammenziehen können, weil er ansons-
ten sofort als Aufstocker in Hartz-IV gedrängt werden
würde, wenn sein geringes Einkommen auf das Einkom-
men des Kindes angerechnet wird.

Bei der Geschlechterungerechtigkeit spielt die unge-
rechte Verteilung der verschiedenen Tätigkeiten zwi-
schen den Geschlechtern eine Schlüsselrolle; denn leider
ist es immer noch so, dass vor allen Dingen die Haus-
und Familienarbeit den Frauen obliegt. Sie werden eher
in die Rolle der Hinzuverdienenden gepresst, während
die Männer die Rolle des Hauptverdienenden überneh-
men. Das Ehegattensplitting zementiert diese überkom-
mene alte Arbeitsteilung. Deswegen gehört das Ehegat-
tensplitting abgeschafft.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Niemals! Das wird niemals abgeschafft!)


– Frau Bär, Sie sagen, das gehört nicht abgeschafft. Da-
mit unterstreichen Sie noch einmal eindeutig, dass Sie
diese überkommene Arbeitsverteilung zementieren wol-
len.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie haben es nicht kapiert, das Splitting! Es gilt auch umgekehrt!)


Das Statistische Bundesamt führt aus, dass die Arbeits-
verteilung wirklich ungerecht ist. 75 Prozent der Putzarbei-
ten und 85 Prozent der Arbeit mit Wäsche werden immer
noch von Frauen erledigt. Der Armuts- und Reichtumsbe-
richt weist aus, dass von den Müttern mit Kindern ab
sechs Jahren gerade einmal 17 Prozent vollzeiterwerbs-
tätig sind. Diese Zahlen zeigen, wie stark die überkom-
mene Arbeitsverteilung immer noch unseren Alltag be-
stimmt.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Mir geht es
nicht darum, Männer oder Frauen mit den angeblichen
Segnungen der Erwerbsarbeit zwanghaft zu beglücken.
Aber meine Kritik an dieser Verteilung setzt dann an,
wenn Menschen – vor allen Dingen Frauen – von der Er-
werbsarbeit – entweder aufgrund von überkommenen
Geschlechterrollen oder aufgrund eines Mangels an Ki-
taplätzen – sozusagen weggedrängt werden. Das ist für
uns als Linke nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Doch reden wir anlässlich einer Debatte über den
Frauentag nicht nur über Probleme, sondern auch über
Perspektiven, die Mut machen. Für mich ist die von der
Feministin Frigga Haug entwickelte Vier-in-einem-Pers-
pektive Mut machend und ermunternd. Diese geht davon
aus, dass es vier gleichwertige Tätigkeitsbereiche gibt:
erstens die Erwerbsarbeit; zweitens die Sorgearbeit, auch
bekannt als Reproduktionsarbeit oder Haus- und Famili-
enarbeit; drittens die Weiterentwicklung bzw. die Wei-
terbildung, auch vorstellbar als Muße; viertens die Poli-
tik, die in einer Demokratie nicht nur
Berufspolitikerinnen und Berufspolitikern obliegen
sollte.

(Beifall bei der LINKEN)


Zunehmend begeistern sich Frauen für einen solchen
Aufbruch in ein Leben im Viervierteltakt, in dem eine
Arbeitswoche aus vier gleichen Teilen besteht: ein Vier-
tel Erwerbsarbeit, ein Viertel Sorgearbeit, ein Viertel
Weiterentwicklung und Muße sowie – um das Ganze
vollständig zu machen – ein Viertel Politik. Eine konse-
quente Arbeitszeitverkürzung für Männer und Frauen
gleichermaßen wäre die Grundlage für einen Aufbruch
in ein solches Leben im Viervierteltakt.


(Beifall bei der LINKEN)


Kämpfen wir nicht nur am Frauentag, sondern an al-
len Tagen im Jahr konsequent und engagiert dafür, dass
die Erwerbsarbeitszeit verkürzt wird und die vorhande-
nen Tätigkeitsfelder gerecht zwischen den Geschlech-
tern verteilt werden. Das heißt, dass ein Großteil der
prestigeträchtigen Jobs von Männer- in Frauenhand
wechseln muss; im Gegenzug würde man gerne Sorgear-
beit abgeben. Kämpfen wir dafür, dass die Bedarfsge-
meinschaft auf den Prüfstand kommt. Kämpfen wir für
gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Kämpfen wir
für globale soziale Rechte, und sorgen wir dafür, dass
aus den Chefsesseln Sitzgelegenheiten werden, die min-
destens zu 50 Prozent von Frauen besetzt sind.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709319500

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kol-

legin Deligöz das Wort.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709319600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Bär, wenn ich die Entwicklung der Debatten
verfolge, höre ich durchaus Zwischentöne aus Ihrer
Fraktion: Offenbar nehmen Sie die Frauenpolitik zuneh-
mend ernst. Ich hätte aber gern, dass das durch Taten be-
stätigt wird. Wenn ich mir Ihren Antrag durchlese und
mir das Verhalten Ihrer Ministerin in den vergangenen
Wochen anschaue, dann muss ich feststellen: An dem,
was Sie zu tun gedenken, ist nicht einmal im Ansatz zu
erkennen, dass Sie Frauenpolitik ernst nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Stattdessen streiten sich zwei Ministerinnen in der Öf-
fentlichkeit. Die Kanzlerin kommt in Basta-Manier,
zieht darunter einen Strich und zieht sich auf die Position
zurück, dass der Wirtschaft „noch einmal die Chance ge-
geben werden“ solle, auf der Grundlage von Absichtser-
klärungen „freiwillig zu Fortschritten zu kommen“.

Jetzt ist es so: Sie kreiden uns an, dass wir vor zehn
Jahren, unter der rot-grünen Regierung, über freiwillige
Vereinbarungen geredet haben; das sei zu wenig gewe-
sen.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Dank Rot-Grün hat sich nichts getan!)






Ekin Deligöz


(A) (C)



(D)(B)

Warum machen Sie genauso weiter, wenn es angeblich
schon vor zehn Jahren falsch war? Dann ändern Sie es
doch!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Caren Marks [SPD]: Man kann dazulernen!)


Wenn es ein Fehler war, dann muss man es jetzt ändern.
Kreiden Sie es uns nicht an, sondern machen Sie es
heute anders!

Noch eines: Es hat mich schon gestört, dass Sie eben
„eine gewisse Frau Bergmann“ gesagt haben. Ihre Re-
gierung hat Frau Bergmann zur Beauftragten in einem
sehr wichtigen Themengebiet benannt, nämlich bei der
Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern.
Sie hat in dieser Gesellschaft einen wirklich wichtigen
Auftrag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Als Familienministerin kennt sie kein Mensch mehr!)


Jetzt sprechen Sie, Frau Bär, aber von „Frau Bergmann,
an die sich niemand mehr erinnern kann“, so als ob sie
unwichtig sei. Wie ernst nehmen Sie diesen Auftrag,
wenn Sie Frau Bergmann dermaßen degradieren? Wie
ernst nehmen Sie denn dieses Thema?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Mit diesen Fragen sollten Sie sich einmal selber befas-
sen.

Jetzt komme ich zu Ihrem Antrag. Sie sagen in Ihrem
Antrag, dass sich die Herausforderungen aus dem Ersten
Gleichstellungsbericht ergeben würden. Da schlucke ich
ganz schön. Brauchen wir denn in diesem Parlament
wirklich Berichte, die erst von den Ministerien und der
Regierung abgenommen werden müssen, bevor sie vor-
gelegt werden, um zu wissen, wie es Frauen in diesem
Land geht? Müssen wir es erst schriftlich vorliegen ha-
ben? Müssen wir einem Bericht entnehmen, was in die-
sem Land zu tun ist?


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Die CDU ja!)


Was noch viel schlimmer ist: Dieser Bericht liegt eigent-
lich schon vor; der Sachverständigenrat hat ihn bereits
im Januar vorgelegt.


(Caren Marks [SPD]: Ja! Genau!)


Nur haben Sie, Frau Ministerin, den Bericht noch nicht
abgenommen, sondern gerade einmal Ihren Staatssekre-
tär hingeschickt, um ihn abnehmen zu lassen; dann ha-
ben Sie ihn sofort wieder in die Schublade verbannt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)


Jetzt sagen Sie: Wir warten einmal, was die Ministerien
dazu sagen. – Was ist denn das für ein Selbstverständnis
von einer Frauenministerin? Wenn es nichts mit Ihrem
Selbstverständnis zu tun hat, dann seien Sie zumindest
so ehrlich, zu sagen, dass Ihnen schlicht und einfach die
Ergebnisse nicht gefallen. In dem Bericht steht nämlich,
dass noch viel getan werden muss, um echte Chancenge-
rechtigkeit in diesem Land zu schaffen. Dieser Befund
gefällt Ihnen nicht. Da ist es viel geschickter, den Be-
richt in der Schublade verschwinden zu lassen, anstatt
ihn uns vorzulegen und im Parlament darüber zu debat-
tieren. Sie müssen schon ehrlich sagen, was Sie mit dem
Bericht machen.

Jetzt komme ich zum 100. Internationalen Frauentag.
Ja, richtig: Viele Frauen haben gekämpft und sind auf
die Straße gegangen. Diesen Frauen sind wir etwas
schuldig; wir müssen ihre Erbschaft antreten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das, was die Frauen geschaffen haben, verpflichtet.
Wenn wir aber in dem Tempo, das die Regierung gerade
an den Tag legt, weitermachen, dann sind wir in weiteren
100 Jahren nicht viel weiter. Dann bleiben wir auf der
Stelle stehen. In 100 Jahren drehen wir uns dann um und
sind dankbar, dass es vor 200 Jahren wenigstens ein paar
Frauen gegeben hat, die aktiv geworden sind.

Ich sage Ihnen aber auch, was mich an der Diskussion
in Deutschland insgesamt stört. Wir haben in den letzten
Tagen viel gelesen; viele Bücher sind veröffentlicht wor-
den. In all diesen Debatten reden wir immer über das
Trennende zwischen den Frauen: Es werden die Frauen
mit Kindern gegen die ohne Kinder ausgespielt, Haus-
frauen gegen Berufstätige, Junge gegen Alte, Frauen mit
Männern gegen solche ohne Männer, man spricht von
freiwilligen Annäherungen oder aber von einer Ver-
pflichtung. Ich finde, wir sollten heute hier im Bundes-
tag den Mut haben, all diese Debatten hinter uns zu las-
sen; denn konzentrieren müssen wir uns auf die heutigen
und künftigen Rahmenbedingungen. Konzentrieren
müssen wir uns auf das, was das Parlament, die Politik
machen kann, um die Dinge zu verändern und um dieses
zu Land gestalten.

Ich spreche noch einmal die zehn Jahre Erfahrung mit
der Selbstverpflichtung an. Wenn die Politik es nicht
wagt, konkrete Schritte und Vorgaben zu machen, wird
sich in diesem Land nichts, aber auch rein gar nichts än-
dern. Wir sind in der Verantwortung, angesichts dieser
100 Jahre Frauentag etwas zu ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Frau Allmendinger – viel zitiert, heute hier noch nicht –
sagt: Frauen wollen Kinder und Karriere. Sie wollen al-
les. Sie sind auf dem Sprung. Sie wollen erwerbstätig
sein. – Die Zahl der Erwerbstätigen ist eindeutig gestie-
gen, und zwar kontinuierlich. Gleichzeitig gibt es auch
die bittere Wahrheit: Das Arbeitsvolumen nimmt ab und
37 Prozent – nur 37 Prozent – der Frauen in diesem Land
haben einen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob.
84 Prozent der Teilzeitstellen sind von Frauen besetzt.





Ekin Deligöz


(A) (C)



(D)(B)

Es gibt noch eine Zahl, die mich selber ehrlich gesagt
erschreckt hat, sodass ich zweimal nachschauen musste:
Lediglich 25 Prozent der Frauen in diesem Land erzie-
hen minderjährige Kinder. 75 Prozent der Frauen haben
entweder keine Kinder mehr im Haushalt oder haben
volljährige Kinder. Trotzdem wird auf dem Arbeitsmarkt
ein Argument immer gegen sie verwendet. Die Unter-
nehmen und auch die FDP sagen nämlich: Frauen kön-
nen gar nicht in die Führungsetagen, weil ihnen die Ver-
einbarkeitsfrage im Weg steht. – Das mag für 25 Prozent
gelten. Warum sind die anderen 75 Prozent dann aber
trotzdem nicht vertreten? Warum muss man sie dann
trotzdem mit der Lupe suchen? Da kann doch das Argu-
ment der Unvereinbarkeit von Familie und Beruf nicht
gelten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Noch eines: Sie, Frau Ministerin, glorifizieren in der
heutigen Ausgabe der Zeit die Ehe. Das kann jeder hal-
ten, wie er will. Das ist eine private Sache. Das Steuer-
recht und das Sozialversicherungsrecht in Deutschland
sind aber doch auf der Grundlage gestaltet, dass Frauen
zu Hause bleiben und eben nicht erwerbstätig sind.


(Beifall der Abg. Agnes Alpers [DIE LINKE])


Es führt de facto zur Benachteiligung von Frauen. So-
lange das so ist, sind wir in der Pflicht, das infrage zu
stellen. Wenn die politischen Strukturen Frauen benach-
teiligen, dann müssen sie geändert werden. Das gilt auch
und gerade für die ehebezogenen Leistungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Was müssen wir tun, Frau Ministerin? Zu tun gibt es
viel: Gleichstellungsgesetz, Quote, gleicher Lohn für
gleichwertige Arbeit, eine Weiterentwicklung des Ehe-
gattensplittings zu einer Individualbesteuerung. Die
Liste ist lang. Vor allem aber brauchen wir endlich eine
Frauenministerin, die auch zur Frauenpolitik steht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Politik muss meines Erachtens ermutigen. Sie, Frau Mi-
nisterin, entmutigen Frauen. Politik muss gestalten. Sie
aber schieben auf. Das ist zu wenig. Dies gilt insbeson-
dere angesichts der Verpflichtung gegenüber all den
Frauen, die vor 100 Jahren auf die Straße gegangen sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709319700

Das Wort hat die Bundesministerin Dr. Kristina

Schröder.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der 100. Weltfrauentag ist für meine Generation ein Tag,
um Danke zu sagen, Danke für all das, was Generationen
von Frauen vor uns erkämpft haben:


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


das Frauenwahlrecht, die formale rechtliche Gleichstel-
lung von Mann und Frau, Selbstbestimmung und Unab-
hängigkeit – Dinge, die für uns heute ganz selbstver-
ständlich sind. Deshalb ist der 100. Weltfrauentag ein
Feiertag weiblicher Emanzipation, und zwar nicht nur
von traditionellen Rollenmustern, sondern junge Frauen
emanzipieren sich auch von manchen Vorkämpferinnen
weiblicher Emanzipation.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Mein Gott, ist das langweilig!)


Viele Frauen meiner Generation haben es satt, sich von
anderen Frauen sagen zu lassen, wie man als emanzi-
pierte Frau zu leben hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Jetzt kommt die alte Leier wieder!)


Wir wollen Wahlfreiheit. Wir wollen uns für Lebens-
modelle entscheiden können, und zwar auch für solche,
die nicht den Vorstellungen anderer Frauen entsprechen,
ohne dafür wahlweise als egoistisch oder feige hinge-
stellt zu werden.


(Ute Kumpf [SPD]: Was für ein Quatsch!)


Deshalb sollte von der heutigen Debatte vor allen
Dingen auch einmal folgendes Signal ausgehen: Respekt
vor privaten Lebensentscheidungen statt Diffamierung
von bestimmten Rollenmodellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dafür müssen wir uns nur auf etwas verständigen, was
eigentlich selbstverständlich ist: Gleichberechtigung ist
nicht Gleichschaltung und Gleichsetzung. Gleichberech-
tigung berücksichtigt die Verschiedenartigkeit von Män-
nern und Frauen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dagmar Ziegler [SPD]: Wo haben Sie das denn ausgegraben?)


– Sie fragen mich, woher ich das habe? Das sage ich Ih-
nen: Die Frauenrechtlerin Helene Weber hat diesen
Satz 1949 vor dem Deutschen Bundestag gesagt,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


und zwar kurz nachdem sie im Parlamentarischen Rat als
eine von vier Frauen den wohl revolutionärsten Grund-
satz unseres Grundgesetzes erkämpft hat: „Männer und
Frauen sind gleichberechtigt.“

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau in unse-
rer Gesellschaft zu fördern – nicht im Sinne von Gleich-
setzung, von Ergebnisgleichheit, sondern von Chancen-
gleichheit –, das bleibt unsere gemeinsame Aufgabe,
liebe Kolleginnen und auch liebe Kollegen.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Tun Sie was dafür!)






Bundesministerin Dr. Kristina Schröder


(A) (C)



(D)(B)

Da ist viel zu tun. Frauen sind in Führungspositionen
kaum vertreten. Wir alle sind uns einig, dass sich das än-
dern muss. Das fängt bei den Arbeitszeiten und bei der
Arbeitskultur an. Unsere Arbeitswelt ist gerade in den
Führungsetagen auf Männer oder – ich sage es allgemei-
ner – auf Menschen zugeschnitten, die familiäre Verant-
wortung delegieren können


(Dagmar Ziegler [SPD]: Wer soll das denn ändern? Die Männer, die da sitzen, oder wer?)


oder die von vornherein auf Familie verzichten.

Eine 70-Stunden-Woche nach dem Prinzip „Karriere
wird nach Feierabend gemacht“ bezahlen diejenigen mit
eingeschränkten Karrierechancen, die nach Feierabend
die Kinder bettfertig machen.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wie langweilig!)


Frauen erwarten deshalb zu Recht mehr von uns als
lächerliche Überbietungswettbewerbe der Opposition
nach dem Motto: Wer fordert die höchste Quote?

Frauen erwarten vielmehr, dass wir bei den Ursachen
ungleicher Chancen ansetzen und dass wir ihre Bedürf-
nisse in den Blick nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn Frauen Teilzeit arbeiten, um Zeit für Familie zu
haben – gestern konnten wir in einer Allensbach-Studie
lesen, dass 59 Prozent der unter 45-Jährigen in Deutsch-
land dieses Modell für das optimale halten –, dann sind
diese Frauen doch nicht feige. Das ist eine selbstbe-
wusste Entscheidung, die wir genauso respektieren und
ermöglichen müssen wie diejenige, ganz auf den Beruf
zu setzen oder ganz für die Familie da zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der LINKEN: Die müssen aber anständige Löhne dafür bekommen!)


Nicht die Frauen müssen sich also ändern. Ändern
muss sich unsere Arbeitswelt.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Männer! – Caren Marks [SPD]: Und die Ministerin!)


Die windelweiche Selbstverpflichtung unter der rot-grü-
nen Bundesregierung 2001 war doch ein Rohrkrepierer.
Es gab viel joviales Schultergeklopfe, aber keine Inhalte.
Aber so war Gerhard Schröder eben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ich setze deshalb auf gesetzliche Regelungen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Erstens. Ich will Unternehmen gesetzlich verpflich-
ten, sich konkrete Zielvorgaben für den Vorstand und für
den Aufsichtsrat zu setzen.

(Caren Marks [SPD]: Sie merken doch selbst, was das für ein Unsinn ist, den Sie da erzählen!)


Diese Zielvorgaben können die Unternehmen – anders
als es bei Ihrer Selbstverpflichtung der Fall war – nicht
ignorieren.


(Beifall der Abg. Ingrid Fischbach [CDU/ CSU])


Zweitens. Die Unternehmen werden auch gesetzlich
verpflichtet, diese Zielvorgaben transparent zu machen.
Da wird es ruck, zuck Rankings geben. Diese Zielvorga-
ben müssen vor der Belegschaft, vor dem Betriebsrat,
vor einer kritischen Presse und vor der Öffentlichkeit ge-
rechtfertigt werden.


(Caren Marks [SPD]: Vor der „kritischen Presse“!)


Drittens. Ich will Sanktionen, wenn die eigenen Ziel-
vorgaben nicht eingehalten werden,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


zum Beispiel die Anfechtbarkeit von Aufsichtsratswah-
len.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Immer mehr Unternehmen haben sich gerade in den
letzten Wochen und Monaten selbst solche Zielvorgaben
gesetzt. Das ist nicht mehr nur die Telekom. In den letz-
ten Monaten sind BMW, Daimler, Bosch, Eon, Merck
und Airbus hinzugekommen. Es geht also, meine Damen
und Herren.

Union und FDP setzen auf eine Politik der fairen
Chancen, die allen Frauen zugutekommt. Diese Politik
hat die Union in den letzten Jahrzehnten geprägt. Es war
eine unionsgeführte Bundesregierung, bei der es die
erste Frau in einem Bundeskabinett gab: Elisabeth
Schwarzhaupt.


(Elke Ferner [SPD]: Was hat es den Frauen gebracht? Gar nichts!)


Es war die Union, die vor 25 Jahren das Frauenressort
eingerichtet hat. Es war die Union, die die Anerkennung
von Kindererziehungszeiten bei der Rente durchgesetzt
hat,


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: So ist es!)


die einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz
eingeführt hat,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


die die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs-
kosten und haushaltsnahen Dienstleistungen durchge-
setzt hat, und es war die Union, die den Ausbau der Kin-
derbetreuung auf den Weg gebracht hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Marks [SPD]: Wie bitte? Bis zum Schluss hat sich die Union dagegen gewehrt!)


Jetzt geht es darum, die Jungen und die Männer stärker
einzubeziehen.





Bundesministerin Dr. Kristina Schröder


(A) (C)



(D)(B)


(Mechthild Rawert [SPD]: Ah!)


Wenn wir Frauen zu fairen Chancen verhelfen wollen,
dann müssen wir auch Männern die Chance geben, sich
von Rollenmustern zu lösen und auf Partnerschaft zu set-
zen.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Es geht nicht um Fairness, es geht um Gerechtigkeit! Das ist etwas anderes!)


Auch das hat schon Helene Weber gesagt:

Es gibt in der Politik wie überall zwischen Mann
und Frau eine Partnerschaft.

Auf diese Partnerschaft sollten wir bauen. Das muss eine
gleichberechtigte Partnerschaft werden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709319800

Frau Ministerin, Sie können natürlich weiterreden,

aber ich mache Sie darauf aufmerksam, dass das zulas-
ten der Redezeit Ihrer Kolleginnen und Kollegen geht.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das ist in Ordnung! Sie kann noch ein bisschen weiterreden!)


Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:

Ich komme zum Schluss. – Setzen wir auf diese Part-
nerschaft und schaffen wir die Voraussetzung für Wahl-
freiheit und selbstbestimmte Entscheidungen von Män-
nern und Frauen. Wir werden das ebenso packen wie die
Frauen, die vor 100 Jahren das Wahlrecht erkämpft ha-
ben: mit Selbstbewusstsein, mit Stolz und mit einer ge-
sunden Portion Sturheit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709319900

Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Roth das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1709320000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Ministerin, die Leidenschaft Ihres Vortrags


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – René Röspel [SPD]: Wir haben gelitten!)


kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eigentlich
um Wichtiges geht, nämlich um die Frage, wie die Bun-
desregierung, das Parlament, von mir aus fraktionsüber-
greifend, Rahmenbedingungen schaffen kann, damit die
sicher schon gut fortgeschrittene Gleichberechtigung in
Deutschland noch besser wird.


(Beifall bei der SPD)


Das heißt, es geht um Fortschritt und nicht um Pause. Es
geht nicht darum, hier zu sagen, was wir alles schon er-
reicht haben, Frau Ministerin.

(Caren Marks [SPD]: Ein Schulaufsatz, vierte Klasse, war das!)


Vor 100 Jahren haben 1 Million Frauen dafür ge-
kämpft, dass das Frauenwahlrecht eingeführt wurde. Da-
mals hat sich die Sozialdemokratie das Frauenwahlrecht
auf ihre Fahnen geschrieben. Es bedurfte auch noch ei-
ner Revolution im wahrsten Sinne des Wortes, ehe das
Frauenwahlrecht 1919 eingeführt wurde.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ging nicht nach dem Motto: Schauen wir mal, wir
machen mal eine Quote, und dann gucken wir mal, ob es
geht oder nicht. Nein, wir haben Rahmenbedingungen
gesetzt. Die Rahmenbedingung war die Einführung des
Frauenwahlrechts. Dafür sind wir dankbar, und darauf
sind wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
stolz.


(Beifall bei der SPD)


Ich will mich jetzt nicht nur zu dem Thema Wahlfrei-
heit einlassen. Es gilt: Wahlfreiheit setzt voraus, dass
das, was wir wählen wollen, auch wählbar ist. Es kann
aber nicht von Wahlfreiheit gesprochen werden, wenn
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht vorhan-
den ist.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Richtig!)


Das ist eine Binsenweisheit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich will auf den Antrag der SPD zu sprechen kom-
men. Wir nehmen diesen 100. Geburtstag zum Anlass,
um nicht nur über Deutschland und die Frauenpolitik in
Deutschland zu reden, sondern auch über die Frage der
Gleichstellung der Frauen in der Welt, vor allem in Ent-
wicklungsländern. Deshalb ist das Ministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hier ja
auch vertreten. Es geht vor allen Dingen darum, dass wir
die Unterdrückung der Frauen dort überhaupt erst einmal
wahrnehmen. Sie haben wirklich noch einen langen Weg
vor sich. Ich weiß das, wir alle wissen das. Es geht in der
Entwicklungspolitik im wahrsten Sinne des Wortes auch
darum, dass über das Leben von Millionen von Frauen in
den Entwicklungsländern entschieden wird.

Eine Zahl ist mir heute ganz wichtig: 75 Prozent der
unbezahlten Arbeit in diesen Ländern übernehmen die
Frauen. Wenn die Frauen nicht bereit wären, diese unbe-
zahlte Arbeit zu erledigen, würden diese Länder ganz
anders dastehen. Diese Situation der Frauen muss sich
aber ändern. Es ist unsere Aufgabe, dies im Rahmen der
Entwicklungspolitik zu unterstützen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Armut ist weiblich; dies ist auch bei uns so, aber vor
allen Dingen dort. Es geht darum, den Frauen in diesen
Ländern beispielsweise die Möglichkeit zu eröffnen,
nicht nur einen Schulabschluss, sondern auch einen Uni-





Karin Roth (Esslingen)



(A) (C)



(D)(B)

versitätsabschluss zu erreichen, auch und gerade um
weiterzukommen.

Es ist wichtig, dass auch die Vereinten Nationen fest-
gestellt haben, dass die Gleichberechtigung der Frauen
– das gilt auch für uns – ein zentrales Thema ist und die
soziale Lage der Frauen, insbesondere in den Entwick-
lungsländern, dadurch verbessert wird. Frauen sind der
Motor für wirtschaftliches Wachstum und für soziale
Verantwortung. Das gilt natürlich auch bei uns, aber vor
allen Dingen in Entwicklungsländern. Die Frauen, die
sich dort engagieren, sind ehrgeizig und übernehmen
Verantwortung.

Interessant ist, dass die Quotenregelungen in diesen
Ländern – Frau Ministerin, jetzt hören Sie einmal zu –


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


dazu geführt haben, dass Frauen in den Parlamenten in
Afrika vertreten sind, zum Beispiel in Angola, Burundi,
Tansania und Uganda mit über 30 Prozent. Ruanda hat
mit über 56 Prozent die weltweit höchste Frauenquote
im Parlament. Das kam nicht einfach nur so, sondern
wurde durch eine Frauenquote in den entsprechenden
Wahlgesetzen erreicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Insofern sollten wir uns hier in Deutschland nichts
vormachen: Ohne Frauenquote in den Unternehmen
werden wir die Gleichberechtigung nicht erreichen. Das
wissen wir im Grunde alle. Die Schonfrist ist zu Ende.
Nach zehn Jahren der Selbstverpflichtung der Unterneh-
men ist jetzt Schluss. Ich hoffe, dass das Thema morgen
noch einmal einen besonders prominenten Part be-
kommt.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Wir sind der Meinung: Die Frauen in den Entwick-
lungsländern setzen auf uns als Vorbild. Dass wir in den
Parlamenten so gut vertreten sind, ist ja auch ein Ergeb-
nis der Frauenquote in den Parteien.


(Caren Marks [SPD]: Ja!)


Diejenige Partei, die noch keine Frauenquote hat, über-
legt sich ja zurzeit, eine einzuführen. Das wissen wir.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen Sie ermuntern: Führen Sie die Frauenquote
ein!

Entscheidend für uns Frauen, die etwas bewegen wol-
len – Frau Ministerin, natürlich gemeinsam mit den
Männern, partnerschaftlich sowieso –, ist, dass wir die
entscheidenden Prioritäten setzen und Strukturen schaf-
fen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709320100

Kollegin Roth, achten Sie bitte auf die Zeit.

Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1709320200

– Danke. – In der Entwicklungspolitik, Frau Staats-

sekretärin, brauchen wir natürlich weiterhin Genderpoli-
tik. Wir brauchen weiterhin die Zielgrößen und die ent-
sprechende Finanzierung. Wir brauchen im Entwick-
lungsbereich die Unterstützung der Frauenpolitik und
der Frauenorganisationen in diesen Ländern. Das ist zen-
tral. Das gilt im Übrigen auch für die Bekämpfung von
Menschenrechtsverletzungen, zum Beispiel sexualisier-
ter Gewalt gegen Frauen. Dies muss ein Ende haben. Da-
für müssen wir eintreten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709320300

Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Bracht-Bendt

das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Nicole Bracht-Bendt (FDP):
Rede ID: ID1709320400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
1911 zogen in Berlin die Frauen auf die Straße, um für
das Frauenstimmrecht zu kämpfen. Auch 100 Jahre nach
Einführung des Internationalen Frauentages sind Frauen
häufig schlechter gestellt als die Männer. Frauen sind in
vielen Ländern bis heute die Schwächsten der Gesell-
schaft. Unter dem Vorwand der Tradition werden Mäd-
chen von Bildung ausgeschlossen. Weltweit sind 12 Mil-
lionen Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder,
Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung.

In Deutschland ist die Gleichheit von Männern und
Frauen in Art. 3 des Grundgesetzes verankert. Dennoch
– das wissen wir alle – sind wir noch nicht am Ziel; ich
sage als Stichwort nur Entgeltgleichheit bzw. Entgeltun-
gleichheit. Deshalb ist der Internationale Frauentag ein
guter Anlass, um Probleme beim Namen zu nennen.


(Caren Marks [SPD]: Das reicht nicht! Wir wollen sie gelöst haben!)


Ich will Ihnen einige Beispiele nennen. In den letzten
15 Jahren ist die Zahl der Familienernährerinnen deut-
lich gestiegen. Im Westen stieg die Zahl von 6,3 auf
9,5 Prozent, im Osten von 10,4 sogar auf 13,1 Prozent.


(Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Mit drei Billigjobs und trotzdem zu wenig Geld!)


Viele Frauen werden nicht freiwillig zu Hauptverdiene-
rinnen; Sie haben recht. Sie werden es, wenn zum Bei-
spiel plötzlich der Mann arbeitslos wird. Hinzu kommt
die steigende Zahl der Alleinerziehenden. Deshalb wer-
den Fragen der Einkommens- und Aufstiegschancen von
Frauen immer bedeutender. Obwohl in Deutschland
51 Prozent der Hochschulabsolventen Frauen sind, be-
trägt der Verdienstunterschied 23 Prozent. In Europa ha-





Nicole Bracht-Bendt


(A) (C)



(D)(B)

ben wir damit die rote Laterne; da gibt es nichts zu be-
schönigen.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie wäre es mit einem Mindestlohn?)


Die Ursachen sind vielfältig. Deshalb muss an ver-
schiedenen Stellen – ich sage: an verschiedenen Stellen –
angesetzt werden.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aha! Wo denn?)


Es beginnt bei der Berufsauswahl; das liegt mir beson-
ders am Herzen. Hier dominieren immer noch traditio-
nelle Bilder. Jungen lernen Kfz-Mechatroniker und In-
dustriemechaniker, Mädchen werden Verkäuferin, Fri-
seurin oder Bürokauffrau. Aber leider entscheiden sich
Mädchen oft für Berufe, die von vornherein eine Ein-
bahnstraße sind. Damit verbunden sind häufig ein niedri-
ges Einkommen und wenige Aufstiegsmöglichkeiten.
Wir müssen die Ausbildung von Frauen in technischen
Fächern fördern.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau! Stimmt!)


Es reicht nicht, wenn einmal ein Berufsberater in die
Schule kommt. „Fit machen fürs Leben“ muss in der
Schule immer wieder Thema sein.

Eine andere Frage lautet: Warum bekommt ein Kfz-
Mechatroniker mehr Gehalt als eine Altenpflegerin? Auf
diese Frage weiß ich keine Antwort. Die Unterbewer-
tung von sozialen Berufen zu beenden, ist für mich ein
gesellschaftliches Anliegen. Das müssen wir in Angriff
nehmen. Ich bin froh, dass Gesundheitsminister Rösler
in der Pflege einen Schwerpunkt setzt.


(Beifall bei der FDP)


Ein anderer Grund, warum Frauen statistisch gesehen
weniger verdienen als Männer, sind die Erwerbsunter-
brechungen; sie wurden schon mehrmals angesprochen.
Anders als in Frankreich und Skandinavien steigen viele
Frauen in Deutschland mehrere Jahre aus dem Berufsle-
ben aus, um sich ganz der Erziehung der Kinder zu wid-
men. Viele Frauen arbeiten Teilzeit – wir hörten vorhin:
84 Prozent –, und zwar nicht, weil sie dazu gedrängt
werden, sondern weil viele Frauen Teilzeit arbeiten wol-
len – ich wiederhole: arbeiten wollen. Das muss klarge-
stellt sein.

Jeder Monat, den eine Frau im Beruf aussetzt, bedeu-
tet Abstriche bei der Rente. Ich glaube, dass viele Frauen
die Änderungen im Unterhaltsrecht nicht kennen. Vor
dem Hintergrund, dass jede zweite Ehe geschieden wird,
ist eine längere Auszeit aus dem Beruf gefährlich. Des-
halb wird das erfolgreich gestartete Aktionsprogramm
„Perspektive Wiedereinstieg“ von großer Bedeutung sein.

Altersarmut von Frauen ist für mich ein Schreckge-
spenst. Gleichstellungspolitik muss darauf abzielen, so-
ziale Risiken in den Lebensläufen und Erwerbsbiogra-
fien zu erkennen, und eine Bandbreite von Möglich-
keiten bereithalten. Im Mittelpunkt muss der Abbau von
Stereotypen bei Bildung, Ausbildung und Beschäftigung
stehen.
Gleichstellungspolitik für heute und morgen muss
Vielfalt bedeuten. Familienfreundliche Personalpolitik
in Unternehmen – sie wurde schon mehrmals angespro-
chen – muss Hand in Hand gehen mit ganz unterschiedli-
chen Möglichkeiten, das Berufsleben individuell zu ge-
stalten. Bei der Gleichstellungspolitik müssen wir alle
ran: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Aber wir wol-
len keine Ergebnisgleichheit.

Danke.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709320500

Das Wort hat die Kollegin Ziegler für die SPD-Frak-

tion – wenn der Kollege Wunderlich sie bitte vorbeilässt.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)



Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1709320600

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Männer stehen uns

eben doch öfter einmal im Weg.


(Heiterkeit)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die franzö-
sische Regierung gilt ja nicht unbedingt als Hort linken
Sektierertums. Und doch hat gerade Frankreich unter
seinem konservativen Präsidenten Sarkozy beschlossen,
dass bis 2017 40 Prozent der Aufsichtsrats- und Verwal-
tungssitze mit Frauen besetzt sein müssen. Damit hat
Frankreich das nachvollzogen, was Norwegen bereits
vor Jahren erfolgreich eingeführt hat, nämlich gesetzli-
che Quotenregelungen, um den Stillstand in Sachen
Gleichstellung endlich zu überwinden. Das ist natürlich
im Interesse der Frauen, aber – seien wir ehrlich – auch
im Interesse der Unternehmen selbst.

Wir wissen genauso wie die Franzosen und die Nor-
weger, dass freiwillige Maßnahmen nahezu wirkungslos
sind. Wir haben es mehrfach betont: Das, was wir uns er-
hofft haben, ist seit zehn Jahren nicht in dem Maß einge-
treten, wie wir es uns vorgestellt haben. Die Menschen
sehen das und ziehen ihre Schlüsse daraus. Ich freue
mich, dass auch die FDP-Frauen zum Teil ihre Schlüsse
daraus gezogen haben. Wir werden also immer mehr.
Wir werden Zeugen eines gesellschaftlichen Bewusst-
seinswandels. Immer mehr Frauen und Männer sagen:
Wir brauchen keine freiwilligen Maßnahmen, sondern
verbindliche gesetzliche Regelungen.

Was aber tut unsere Ministerin Schröder? Einzig bei
ihr und bei der Bundesregierung zeichnet sich leider kei-
nerlei Erkenntnisgewinn ab. Sie verkündet immer wie-
der unverdrossen, wiederum ein Gesetz vorlegen zu wol-
len, mit dem sie erneut auf Freiwilligkeit bei den
Unternehmen setzt. Als mögliche Sanktion hebt sie den
Zeigefinger –


(Caren Marks [SPD]: Aber nur ein bisschen!)


mehr ist nicht. Das kann nicht sein. So viel Naivität kön-
nen wir nicht mehr zulassen.


(Beifall bei der SPD)






Dagmar Ziegler


(A) (C)



(D)(B)

Um die Gleichstellung endlich voranzutreiben, braucht
es die ganze Frau.

Ihre Kollegin von der Leyen ist da von einem anderen
Kaliber; das haben wir in den letzten Wochen erlebt. Um
von ihren Versäumnissen bei Hartz IV abzulenken, hat
sie flugs eine 30-Prozent-Quote für Frauen in Aufsichts-
räten gefordert. Leider ist sie dann von unserer Bundes-
kanzlerin Merkel zurückgepfiffen worden.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Haben Sie das Thema verwechselt? – Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Ist das Ihre Rede für morgen?)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Bär, das Ver-
sagen der Frauenministerin kommt uns teuer zu stehen.
Denn wenn Frauen weiterhin vergebens auf gleiche Teil-
habe in Wirtschaft und Gesellschaft warten müssen,


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wir kämpfen ja dafür!)


dann schwindet das Vertrauen in unsere demokratischen
Institutionen. Die Bemerkung bzw. Unterstellung der
Ministerin, wenn sich Frauen für Teilzeit entschieden,
dann sei das frei gewähltes Schicksal, fand ich ziemlich
vermessen. Das ist für viele Frauen purer Hohn.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Hat sie Schicksal gesagt?)


Der Schaden, den Ihre Untätigkeit anrichtet, lässt sich
auch konkret in Cent und Euro beziffern.


(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Man muss auch mal reagieren und nicht Reden vom Vortag vorlesen!)


Denn Frauen, die man mit Niedriglöhnen abspeist – Frau
Bär, davon haben Sie sicherlich noch nichts zu spüren
bekommen –, sind später häufig von Altersarmut betrof-
fen. Auch die Vernachlässigung unserer gut ausgebilde-
ten weiblichen Fachkräfte in der Wirtschaft bedeutet für
diese Wirtschaft Milliardenverluste. Man muss sich ein-
mal hinsetzen und die Fakten genau anschauen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Kosten für eine aktive und wirkungsvolle Gleich-
stellungspolitik wären sehr viel geringer. Deshalb kann
ich Ihnen wirklich nur noch einmal ins Stammbuch
schreiben: Lesen Sie das Gutachten! Ziehen Sie für den
ersten Gleichstellungsbericht kluge Schlüsse aus dem
Gutachten, und lassen Sie es nicht in der unteren Schub-
lade verschwinden! Wir befürchten allerdings, dass ge-
nau das passiert. Deshalb bleibt unseren Frauen wohl nur
übrig, auf die nächste Wahl zu warten. Ich verleihe aber
meiner Erwartung und Hoffnung trotzdem noch einmal
Ausdruck und sage: Es gibt viele Frauen in der Koaliti-
onsfraktion, die so denken wie wir. Lassen Sie uns doch
einfach einmal gemeinsam eine Initiative starten!


(Beifall bei der SPD – Dorothee Bär [CDU/ CSU]: Wo ist denn Ihr Fraktionsvorsitzender heute? Die Debatte interessiert ihn überhaupt nicht! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wo sind denn Steinmeier und Trittin? – Gegenruf der Abg. Caren Marks [SPD]: Jedenfalls verhindern die keine Quote wie Sie! Sie sitzen nur da und begreifen nichts! – Gegenrufe von der CDU/CSU: Oh!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709320700

Die Kollegin Fischbach hat für die Unionsfraktion

das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1709320800

Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ich glaube, Frau Marks, wir haben heute
eine Chance verpasst; das haben Sie gerade wieder be-
legt. Wenn unsere Mütter und Großmütter das Thema
Frauen und Gleichberechtigung vor 100 Jahren so ange-
gangen hätten, dann hätten sie es, glaube ich, nicht ge-
schafft, dass Frauen heute gleichberechtigt, selbstbe-
wusst und eigenverantwortlich leben können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Mit Ihnen an der Seite nicht! Das stimmt! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Aber mit Ihnen, Frau Marks! Ganz bestimmt!)


Aber sie haben eines besser gemacht als wir. Dass wir
das heute in dieser Debatte zum Teil nicht hinbekommen
haben, stimmt mich etwas traurig; ich hätte die Chance
gern genutzt. Anstatt dass wir uns an den Stellen, an de-
nen wir gemeinsam etwas erreichen können, gemeinsam
auf den Weg machen, schaffen wir es immer wieder, uns
gegenseitig – –


(Christel Humme [SPD]: Machen Sie mal einen Vorschlag! Wir haben noch keinen Vorschlag gehört!)


– Sehen Sie, das ist genau der Punkt, Frau Humme: Ein
bisschen mehr Ruhe, den anderen ausreden lassen, ihn
respektieren, auch seine Entscheidung respektieren,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


das wäre ein guter Weg.

Frau Marks, Sie haben gesagt, von alleine gehe
gleichstellungspolitisch nichts voran; da haben Sie recht.
Aber es geht auch nichts voran, wenn wir die Männer
nicht mitnehmen.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Ach, die Armen! – Caren Marks [SPD]: Wir haben unsere Männer mitgenommen!)


– Nicht „die Armen“, Frau Roth, das ist genau falsch.
Das ist genau der Punkt, der uns alle Möglichkeiten, die
wir haben, kaputtmacht.

Wir brauchen Mehrheiten. Wenn die Männer nicht mit-
ziehen, können wir uns so weit aus dem Fenster lehnen,
wie wir wollen. Wir müssen die Männer mitnehmen.
Das haben unsere Großmütter und Mütter früher auch
geschafft.





Ingrid Fischbach


(A) (C)



(D)(B)


(Michaela Noll [CDU/CSU]: Genau! Das ist der einzige Weg!)


Sie haben die Männer überzeugt, dass es richtig war.

Wir wollen das ja nicht, weil wir angeblich besser
sind, sondern wir haben andere Dinge zu bieten; denn
wir sehen die Dinge anders.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir gehen aufgrund unserer Entwicklung und Ge-
schichte pragmatischer an die Dinge heran und treffen
Entscheidungen anders. Deswegen ist es wichtig, dass
wir davon überzeugen, dass dann, wenn Frauen mitmi-
schen – an allen Stellen und in allen Bereichen –, bessere
Ergebnisse erzielt werden. Das gilt genauso für Auf-
sichtsräte und Vorstände. Alle Unternehmen, die Frauen
in der Führungsriege haben, schreiben bessere Ergeb-
nisse.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich finde es wirklich schade, dass wir diese Chance
heute vertun.


(Caren Marks [SPD]: Welche Chance denn? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Was denn für eine Chance?)


Es ist ein 100. Geburtstag. An dieser Stelle sollte man
doch wirklich einmal schauen, was wir gemeinsam auf
den Weg bringen können, und nicht immer dazwischen-
rufen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ach Gott! Was wollen Sie denn jetzt gemeinsam machen?)


Es gibt Forderungen, die wir gemeinsam durchsetzen
müssen. Es ist für mich und für viele junge Frauen nicht
hinnehmbar, dass Frauen in Deutschland bei gleicher
Ausbildung und gleichwertiger Arbeit heute noch
23 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kol-
legen.


(Beifall des Abg. Willi Brase [SPD] – Zuruf von der SPD: Was tun Sie denn?)


Lassen Sie uns doch einmal an die Ursachen herange-
hen, gemeinsam Grenzen überschreiten und sagen: Das
wollen wir jetzt verändern; das ist unsere Aufgabe, die
wir gemeinsam angehen. – Ich glaube, hierfür brauchen
wir bei unseren Kollegen gar keine große Überzeu-
gungsarbeit zu leisten.


(Sönke Rix [SPD]: Legen Sie mal was vor! Bringen Sie mal einen Gesetzentwurf ein!)


Vielleicht müssen wir vermehrt bei den Gewerkschaf-
ten Überzeugungsarbeit leisten, die die Löhne ja auch
ausverhandeln. Wenn ich mir die dortigen Vorstandsrie-
gen anschaue, dann muss ich ganz ehrlich sagen: Für Ta-
rifabschlüsse sind vorrangig Männer verantwortlich.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Erzählen Sie doch nicht so einen Blödsinn! Als ob die Gewerkschaften die Eingruppierungen festlegen!)

– Sie handeln doch die Tarifverträge aus. Da müssen Sie
hier nicht den Kopf schütteln.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Aber doch nicht die Eingruppierungen!)


– Aber Boni und Sonderzahlungen. Haben Sie schon
einmal an Verhandlungen teilgenommen? Wer denkt
denn daran, dass Frauen andere Erwerbsbiografien oder
auch Erwerbsbrüche in ihrer Biografie haben?


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist ja nicht zu fassen! Ein bisschen mehr Seriosität!)


Hier muss man doch ansetzen und dafür sorgen, dass die
Situationen anders bewertet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wie wird denn Teilzeitarbeit bei uns bewertet? Auch
hier müssen wir etwas tun. Sie sehen es doch: Sie reagie-
ren genau so, wie man nicht reagieren sollte.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ein bisschen mehr Seriosität erwarte ich von Ihnen!)


– Das ist genau der Punkt. Wenn man die Gewerkschaf-
ten auch einmal in die Pflicht nimmt, dann sagen Sie:
Die haben nichts damit zu tun, das müssen die Unterneh-
men machen. – Ich möchte, dass sich die Gewerkschaf-
ten nach 100 Jahren auch den Frauenfragen verpflichtet
fühlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie können 100-mal dagegenrufen; das nützt nichts. Das
sind diejenigen, die verhandeln.

Ich wünsche mir, dass auch in den Gewerkschaften
Frauen an der Spitze sind. Für andere Bereiche werden
entsprechende Forderungen aufgestellt. Warum nicht in
Bezug auf die Gewerkschaften? Wir müssen mit bestem
Beispiel vorangehen. Wir als CDU/CSU-Fraktion kön-
nen das.

Die Frau Ministerin hat noch einmal deutlich gemacht
– dafür bin ich sehr dankbar –, welche gleichstellungs-
politischen Erfolge unter einer CDU/CSU-Bundesregie-
rung erzielt wurden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gab Zeiten – das geben wir ehrlich zu –, in denen das
nicht das große Thema war. Da hatten wir andere Pro-
bleme, die wir lösen mussten, und das Thema trat etwas
in den Hintergrund. Das bedeutet aber nicht, dass wir das
Schiff nicht wieder gemeinsam in Fahrt und auf den Weg
bringen können.

Ich finde, wir haben eine gute Chance, gemeinsam für
Verbesserungen zu sorgen, damit die Grundsatzarbeit,
die unsere Mütter und Großmütter geleistet haben, nicht
umsonst war. Lassen Sie uns die Arbeit fortführen.

Ich möchte mit einem Auszug aus der Stellungnahme
des Katholischen Frauenbundes in Deutschland schlie-
ßen, der zu seinem 100. Geburtstag geschrieben hat:

Heute nutzen wir die Möglichkeiten unserer Zeit,
um einen Neuaufbruch zu schaffen – mit dem Ge-





Ingrid Fischbach


(A) (C)



(D)(B)

wicht der hundertjährigen Geschichte im Gepäck,
mit dem Wind der hundertjährigen Geschichte im
Rücken. Morgen werden unsere Töchter dort das
fortsetzen, wozu heute die Zeit für Veränderungen
noch nicht reif war. Sie werden dies tun, wenn wir
mutig auch für jene Forderungen eintreten, die
nicht selbstverständlich Beifall finden.

Dazu lade ich Sie herzlich ein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709320900

Das Wort hat die Kollegin Schön für die Unionsfrak-

tion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die ungarische Schauspielerin Zsa Zsa Gabor
hat einmal gesagt: Wenn ein Mann zurückweicht, weicht
er zurück. Eine Frau weicht nur zurück, um besser An-
lauf nehmen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das ist ein schönes und passendes Zitat, wenn wir in
diesen Tagen den 100. Geburtstag des Weltfrauentags
feiern. Es ist ein Tag mit einer beeindruckenden und
wechselvollen Geschichte. Diese Geschichte haben wir
im Antrag der Regierungskoalition bewusst in den Vor-
dergrund gestellt.

Liebe Kollegin Marks, Sie haben diesen guten Antrag
eben kritisiert. Ich frage mich, warum die Oppositions-
parteien nicht selber einen Antrag zum 100. Jahrestag
vorgelegt haben.


(Caren Marks [SPD]: Unser Antrag kommt morgen! Wir haben morgen etwas Konkretes: die Quote! Nicht so ein Laber-Rhabarber! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben einen!)


Die Grünen haben einen Antrag vorgelegt, der aber
auf einen speziellen Teil des ganzen frauenspezifischen
Spektrums reduziert ist. Das finde ich sehr schade.

Wir erinnern in unserem Antrag an die Genese der
Frauenbewegung, an ihren unterschiedlichen Verlauf in
Ost und West – die Kollegin Bär hat das dargestellt –
und auch an die weltweite Bedeutung dieses Tages. Wir
erinnern an all die Verbesserungen für Frauen und an
diejenigen, die dazu beigetragen haben.

Wir definieren in unserem Antrag aber auch zukünf-
tige Herausforderungen. Denn 100 Jahre Weltfrauentag
sind nicht nur ein Grund zum Feiern, sondern in erster
Linie Ansporn und Verpflichtung für die nächsten
100 Jahre.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ich will kurz auf die Herausforderungen eingehen. Ich
sehe die Hauptherausforderung derzeit darin, in unseren
Anstrengungen nicht nachzulassen. Denn gerade weil
schon so vieles erreicht wurde, scheint das Thema vor
allem junge Menschen nicht sonderlich zu interessieren.
Studien bestätigen das.

Fragt man 20-jährige Frauen und Männer nach ihrer
Meinung zur Gleichstellung, wie es in der Sinus-Studie
der Fall war, so stellt man fest, dass sie ganz selbstver-
ständlich davon ausgehen, dass sie gleiche Chancen ha-
ben. Bei genauer Nachfrage werden die Unterschiede im
Rollenverständnis und in den Lebensentwürfen jedoch
sehr wohl erkennbar. Dabei wird deutlich: Gleichberech-
tigung ist noch längst nicht in allen Köpfen angekom-
men. Das ist aber notwendig. Denn nur dann, wenn sich
im Denken etwas ändert, wird sich auch in der Praxis et-
was ändern. Umgekehrt gilt: Nur dann, wenn sich in der
Praxis etwas tut, wird sich auch im Denken etwas än-
dern.

Dass es in der Praxis Nachholbedarf gibt, ist deutlich
geworden. Die einzelnen Punkte sind heute Nachmittag
oft genug genannt worden: Frauen in Führungspositio-
nen, in der Wissenschaft und in den Hochschulen, in den
Medien, sowohl aktiv als auch passiv – das ist noch nicht
angesprochen worden –, aber auch die politische Partizi-
pation auf allen Ebenen. In all diesen Bereichen schlum-
mern noch große Potenziale. Dabei geht es nicht darum,
wie Herr Ackermann vielleicht glaubt, etwas farbiger
und schöner zu machen, sondern es soll schlicht und ein-
fach fairer und besser gemacht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Thema ist nach wie vor aktuell. Es besteht nach
wie vor Handlungsbedarf, was das Denken und die Pra-
xis angeht. Ich wünsche mir, dass der Weltfrauentag in
diesen Tagen dem Ganzen neuen Schwung gibt, und
zwar mit Ihrer aller Unterstützung.

Wir sollten am 8. März unser Augenmerk allerdings
nicht nur auf die Frauen als Gestalterinnen richten, son-
dern auch auf die Verbrechen, die ihnen angetan werden.
Tagtäglich werden Frauen misshandelt, missbraucht und
zum Verkauf ihres Körpers gezwungen. Um diesen
Frauen zu helfen, gibt es viele Hilfsorganisationen und
Angebote. Ich denke, auch der 100. Weltfrauentag ist
eine gute Gelegenheit, um all den Menschen, die sich für
diese Frauen einsetzen, ein Wort des Dankes zu sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auch auf internationaler Ebene bestehen noch große
Herausforderungen. Weltweit werden Frauen als Mittel
der Kriegsführung vergewaltigt. Bei Kriegen und Kata-
strophen sind gerade Frauen die Hauptleidtragenden.

Man muss aber auch sehen, dass es gerade die Frauen
sind, die in von Kriegen und Naturkatastrophen zerrütte-
ten Ländern die Gesellschaft zusammenhalten. Es sind
die Frauen, die Aufbauarbeit, Versöhnungs- und Zu-
kunftsarbeit leisten. Es sind starke Frauen in den Ent-
wicklungsländern und Krisenregionen, die am heutigen





Nadine Schön (St. Wendel)



(A) (C)



(D)(B)

Tag besonders unseren Respekt und unsere Solidarität
verdienen.

Gerade in diesen Tagen haben wir es tagtäglich vor
Augen: In Tunesien, Ägypten und Libyen werden wir
Zeugen einer nie für möglich gehaltenen Demokratisie-
rungsbewegung. Dabei marschieren häufig die Frauen
vorweg. Es sind mutige Frauen, denen am Weltfrauentag
unsere Solidarität gilt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich freue mich, dass wir in diesen Tagen und auch zu-
künftig intensiv über diese Themen diskutieren können.
Ich bin stolz darauf, den 100. Jahrestag des Weltfrauen-
tags mit Ihnen und all den Frauenverbänden und -organi-
sationen sowie den Gleichstellungsbeauftragten, die in
diesen Tagen in Berlin tagen, und natürlich mit allen
Frauen feiern zu können. Ich sage: Happy Birthday, auf
die nächsten 100 Jahre und darauf, dass wir Frauen in
diesen 100 Jahren noch oft zurückweichen, allerdings
nur um Anlauf zu nehmen!

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709321000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache
17/4860 mit dem Titel „100 Jahre Internationaler Frau-
entag“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Gegen die Frauenopposition!)


Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 17/4846 und 17/4852 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Bettina Herlitzius, Friedrich Ostendorff,
Undine Kurth (Quedlinburg), weiteren Abgeord-
neten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Ge-
setzes zur Änderung des Baugesetzbuchs –
Beschränkung der Massentierhaltung im Au-
ßenbereich

– Drucksache 17/1582 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 17/4724 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Götz
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir später na-
mentlich über diesen Gesetzentwurf abstimmen werden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich würde gern die Aussprache eröffnen, werde das
aber erst tun, wenn all diejenigen, die an dieser Debatte
teilnehmen wollen, einen Sitzplatz gefunden haben und
alle anderen ihre Gespräche außerhalb des Plenarsaales
fortsetzen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Götz für die Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1709321100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Jahr
wollen wir das Baugesetzbuch anpassen und die Baunut-
zungsverordnung ändern. Dabei geht es vor allem da-
rum, den Klimaschutz stärker zu verankern, den Vorrang
der Innenentwicklung zu stärken und die Genehmi-
gungsverfahren weiter zu entbürokratisieren. Das ist
nichts Neues, sondern steht so in der Koalitionsvereinba-
rung. Es macht allerdings wenig Sinn, Woche für Woche
jede einzelne Bestimmung im Baugesetzbuch oder in der
Baunutzungsverordnung kleckerweise hier im Plenum
auf die Tagesordnung zu setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist purer Aktionismus, wenn die Grünen ständig
neue Einzelanträge zum Bauplanungsrecht produzieren.
Heute ist es der Außenbereich nach § 35 des Baugesetz-
buches. Einmal geht es um die Spielhallenproblematik in
der Baunutzungsverordnung, ein anderes Mal um Kin-
derlärm in Wohngebieten.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie mal zum Thema!)


Hierzu ändern wir übrigens gerade das Bundes-Immissi-
onsschutzgesetz. Außerdem haben wir erklärt, dass wir
zusätzlich die Baunutzungsverordnung ändern werden,
um Rechtssicherheit zu schaffen.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich mal gespannt!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ma-
chen Sie konstruktiv mit, wenn wir wie vorgesehen das
Bauplanungsrecht insgesamt novellieren! Lassen Sie
einfach diese Spielchen mit Einzelanträgen! Sie verwir-
ren damit nur die Leute vor Ort, die mit dem Baugesetz-
buch wirklich arbeiten müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Mit dieser Rede kommen Sie vor Ort aber nicht mehr an!)


Das Gesetzgebungsverfahren für das gesamte Bau-
und Planungsrecht wird gründlich vorbereitet. Ich be-
grüße, dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau und





Peter Götz


(A) (C)



(D)(B)

Stadtentwicklung das Deutsche Institut für Urbanistik
damit beauftragt hat, eine Reihe von Expertengesprä-
chen mit dem Titel „Berliner Gespräche zum Städte-
baurecht“ durchzuführen. Auf diesem Weg konnten
frühzeitig Erfahrungen von Experten, und zwar aus der
Wissenschaft und der Praxis vor Ort, gewonnen werden.
Es war auch selbstverständlich, dass die kommunalen
Spitzenverbände ebenso frühzeitig in dieses Verfahren
eingebunden waren. Die durchgeführte Auswertung ist
eine ausgezeichnete Grundlage für die anstehende No-
vellierung des Baugesetzbuchs und der Baunutzungsver-
ordnung.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da steht die Massentierhaltung nicht drin!)


Diese Auswertung bestätigt nochmals, dass sich das
geltende Bau- und Planungsrecht dem Grunde nach be-
währt hat. Es wird in den Städten und Gemeinden in ho-
hem Maße akzeptiert. Deshalb sind – auch das sage ich
an dieser Stelle – revolutionäre Veränderungen nicht zu
erwarten. Vielmehr wird es im Wesentlichen darum ge-
hen, die bestehenden Planungsinstrumente weiterzuent-
wickeln und fortzuschreiben. Dabei ist auch klar, dass
wir die Belange des Klimaschutzes und die Anpassun-
gen an den Klimawandel als dauerhafte Zukunftsaufgabe
der Städte und Gemeinden stärker verankern werden.
Klimaschutz hat vor allem eine städtebauliche Dimen-
sion. Ihm können die Gemeinden bei ihren Vorgaben zur
örtlichen Bodennutzung Rechnung tragen.

Wir wollen im Bau- und Planungsrecht den Bereich
der Entwicklung von Windenergie an Land angemessen
regeln. Dies entspricht übrigens den Grundzügen unse-
res bereits beschlossenen Energiekonzepts. Konkret geht
es dabei um die Absicherung des Ersatzes alter durch
neue Windenergieanlagen. Davon sind sowohl Anlagen
im Bebauungsplangebiet als auch im Außenbereich be-
troffen. Wenn wir über Änderungen in Bezug auf den
Außenbereich nachdenken, sind wir ganz schnell bei der
privilegierten landwirtschaftlichen Nutzung, mit der wir
uns ebenfalls auseinandersetzen müssen.

Wir wissen sehr wohl, dass die Ansiedlung von Anla-
gen der Intensivtierhaltung im planungsrechtlichen Au-
ßenbereich in bestimmten Regionen stark zugenommen
hat. Dies führt vor Ort zu entsprechenden Nutzungskon-
flikten in den Gemeinden. Deshalb war dieses Problem
auch Thema der eingangs von mir zitierten „Berliner
Gespräche zum Städtebaurecht“. Dort war man überwie-
gend der Auffassung, dass die Kommunen nach der gel-
tenden Rechtslage über eine Reihe von bauplanungs-
rechtlichen Steuerungsinstrumenten verfügen, um mit
den Nutzungskonflikten umgehen zu können.

Die Kommunen haben heute einen ganzen Instrumen-
tenkasten, aus dem sie das Passende für ihre Gemeinde
auswählen können, von der Aufstellung eines einfachen
Bebauungsplanes für den Außenbereich nach § 30 Bau-
gesetzbuch über die Aufstellung mehrerer Bebauungs-
pläne, die den Außenbereich der Gemeinde ganz oder
teilweise erfassen, bis zur Ausweisung von Sondergebie-
ten in Bebauungsplänen für gewerbliche Tierhaltungsbe-
triebe. Im letztgenannten Fall würde außerhalb dieser
Gebiete in der jeweiligen Gemeinde der gesamte Privile-
gierungstatbestand nicht mehr greifen. Das heißt, ein ge-
plantes Bauvorhaben muss unter Hinweis auf das Son-
dergebiet nicht mehr genehmigt werden.

Es gibt also vor Ort viele Möglichkeiten, mit dieser
Problematik umzugehen. Sie muss allerdings auch ge-
nutzt werden. Die Entscheidung darüber treffen nicht
wir hier in Berlin, sondern ausschließlich die Gemeinden
in Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten,


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben ja nichts zu sagen! Das ist doch völliger Quatsch! Die kommen doch zu uns!)


und das ist auch in Ordnung. Sie tun dies im Rahmen ih-
rer kommunalen Planungshoheit.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schieben die Verantwortung auf andere!)


Meines Wissens sind zum Beispiel im Landkreis
Emsland gegenwärtig mehrere Gemeinden dabei, mit
den Instrumenten der geltenden Bauleitplanung die Ent-
wicklung größerer Anlagen zur Haltung von Tieren zu
steuern.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das lassen Sie uns mal genau anschauen, was da passiert!)


Unabhängig davon werden wir dieses Thema mit in die
Beratungen zum Baugesetzbuch aufnehmen, und wer-
den, wenn notwendig, auch eine Lösung finden. Es ist
unsere politische Aufgabe, im parlamentarischen Ver-
fahren das Für und Wider sorgfältig abzuwägen. Ich
kann Ihnen versichern: Das werden wir auch tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wichtig ist uns, dass wir uns nicht nur mit dem Au-
ßenbereich beschäftigen, sondern auch mit der Innenent-
wicklung. Innenstädte und Ortskerne sind die Schlüssel
für eine gute Stadtentwicklung. Dort findet die Identifi-
kation der Bürgerinnen und Bürger statt. Innenstädte und
Ortskerne dienen der Versorgung und sind der kulturelle
und gesellschaftliche Mittelpunkt – auch wenn Ihnen das
offensichtlich nicht gefällt. Urbanität und Baukultur set-
zen den qualitativen Anspruch für eine positive und at-
traktive Kommune, in der man gerne lebt. Unser Ziel ist,
diese Entwicklung im Inneren zu stärken und die Neu-
inanspruchnahme von Flächen auf der grünen Wiese
weitgehend zu vermeiden.

2006 haben wir mit dem Gesetz zur Erleichterung von
Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte
eine Reihe von Instrumenten für die Stärkung der Innen-
entwicklung geschaffen. Nun wollen wir sowohl im
Baugesetzbuch als auch in der Baunutzungsverordnung
weitere Verbesserungen für die Kommunen im Interesse
der Kommunen vornehmen. Schließlich wollen wir Pla-
nungs- und Genehmigungsverfahren weiter beschleuni-
gen. Das wird zu Kostenentlastungen führen.

Beim Bau- und Planungsrecht hat sich seit Jahrzehn-
ten bewährt, notwendige Änderungen sorgfältig vorzu-





Peter Götz


(A) (C)



(D)(B)

bereiten. Dies ist durch die frühzeitige Einbindung von
Experten und Kommunen geschehen. Die im November
vergangenen Jahres vorgestellten Ergebnisse der Gesprä-
che zum Städtebaurecht sind eine ausgezeichnete Grund-
lage, auf der aufgebaut werden kann. Im Namen der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion danke ich dafür Baumi-
nister Dr. Peter Ramsauer und allen daran Beteiligten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Er ist gar nicht hier! – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Im Geiste!)


– Man kann auch jemandem danken, der nicht hier ist,
Herr Kollege.

Im Planungsrecht ist es eine gute Tradition, mit aus-
gewählten unterschiedlichen Städten, Gemeinden und
Kreisen zur Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens
die Auswirkungen der beabsichtigten Änderungen in
Planspielen zu erproben. Das ist besser als irgendwelche
Schnellschüsse.

Im Gegensatz zu den Grünen wollen wir das Bau- und
Planungsrecht nicht gestückelt, sondern im Zusammen-
hang beraten und in diesem Jahr zum Abschluss bringen.
Das ist für die, die in den Kommunen damit arbeiten
müssen – davon bin ich fest überzeugt –, der bessere
Weg. Deshalb lehnen wir den Einzelantrag zu § 35 des
Baugesetzbuches ab.

Ich lade alle Fraktionen dazu ein, aktiv an der Weiter-
entwicklung des Baugesetzbuches und der Baunutzungs-
verordnung mitzuwirken. Dann werden wir gemeinsam
ein gutes Ergebnis erzielen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1709321200

Das Wort hat nun Hans-Joachim Hacker für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1709321300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Zahl der Vegetarier in Deutschland hat sich in den letz-
ten zwei Jahrzehnten vervielfacht. Sicherlich ist es die
Aufgabe der Ernährungsforschung, herauszufinden, wo-
ran das liegt. Es ist nicht auszuschließen, dass es nicht
nur an dem einen oder anderen Essen liegt, das einem
einfach nicht schmeckt, sondern auch an dem Wissen
darüber, wie Tiere gehalten werden. Wer kennt nicht die
Berichte über die Haltungsbedingungen von Geflügel,
Schweinen und anderen Tieren zur Nahrungsproduktion,
und wer war davon nicht schon einmal schockiert und
abgestoßen?

Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutsch-
land fragen immer kritischer danach, wie Tiere gehalten
und wie Fleisch und Geflügel produziert werden. Diese
Fragen drängen sich auf. Die Bundespolitik darf nicht
wegschauen, insbesondere deshalb nicht, weil immer
wieder Lebensmittelskandale öffentlich werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer Fleisch und Geflügel in Deutschland isst, soll als
Verbraucher nicht nur sicher sein, dass es nicht verseucht
oder vergiftet ist, sondern auch wissen, dass die Tiere
artgerecht gehalten werden. Dafür setzt sich die SPD-
Bundestagsfraktion ein.

Nach unserer Auffassung stehen nicht zuletzt tier-
schutzrechtliche Regelungen im Mittelpunkt der Be-
trachtungen. Sie können und müssen weiter verbessert
werden. Eine baurechtliche Regelung allein löst das Pro-
blem nicht.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber man sollte es einmal machen!)


Beispielsweise bedarf die Tierschutz-Nutztierhaltungs-
verordnung dringend einer Überarbeitung. Das haben
auch Fachgespräche am heutigen Tage noch einmal be-
legt. Das ist seit langem eine Forderung von uns. Diese
Forderung muss erfüllt werden.

Bereits seit mehreren Jahren entstehen immer mehr
und immer größere Tiermastanlagen in Deutschland;
weitere sind geplant und stehen vor der Realisierung.
Wir alle kennen die Probleme im Land Niedersachsen.
Dort werden mehr als 5 Millionen Puten, also etwa zwei
Drittel der Puten in Deutschland, gehalten. Dort werden
57 Millionen Hühner – das sind 50 Prozent der Masthüh-
ner in Deutschland – gehalten. Die riesigen und immer
größer werdenden Anlagen müssen kontrolliert und bes-
ser überwacht werden. Dazu gehört auch – das fordern
wir ebenso – die Einführung eines Tierschutz-TÜV;
denn wir als Verbraucher wollen, dass Tiere ordentlich
und artgerecht gehalten werden.


(Beifall bei der SPD)


Zur Wahrheit gehört auch: Die Tierproduktion ist ein
gewaltiger Markt mit hohen Umsätzen und vielen Ar-
beitsplätzen. Es liegt an uns, einen Weg zu finden, um
Tierschutz und Nahrungsmittelproduktion in Einklang
zu bringen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Ge-
setzentwurf vorgelegt, der eine Lösung dieser Problema-
tik im Baugesetzbuch sucht. Beabsichtigt ist eine Rege-
lung, nach der künftig für Massentieranlagen im
Außenbereich keine Privilegierung mehr möglich sein
soll.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gewerbliche! Bäuerliche ja!)


Der Gesetzentwurf greift allerdings – hier verweise ich
auf meine Eingangsausführungen – die Problematik der
Massentierhaltung nur einseitig auf.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kann er auch nur!)


Fragen des Tierschutzes, der Kontrollen und der
Hygiene werden nicht thematisiert. Dazu gibt es in die-
sem Gesetzentwurf keine Lösungsansätze.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch nicht Gegenstand des Hans-Joachim Hacker Baugesetzbuches! Dazu werden wir auch Vorschläge machen!)





(A) (C)


(D)(B)


Es greift aber zu kurz, sich dem Thema lediglich bau-
rechtlich zu nähern.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch ein erster Schritt! Warum gehen Sie nicht diesen ersten Schritt mit?)


Der Gesetzentwurf enthält zudem eine juristische Un-
schärfe, die in der Rechtsanwendung eher zur Verwir-
rung führt, als dass damit Klarheit geschaffen wird. Was
meinen Sie denn mit dem Satz:

Ein Vorhaben, das der Tierhaltung dient und nicht
nach Satz 1 Nr. 1

– des § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch –

zugelassen werden kann, ist in der Regel auch nicht
nach Satz 1 Nr. 4 zulässig.

Was bedeutet diese Regelung? Diese Formulierung öff-
net der subjektiven Auslegung Tür und Tor und führt
nicht dazu, dass die von vielen nachvollziehbar kriti-
sierte Massentierhaltung im Außenbereich beendet wird.

Ihr Gesetzentwurf spricht in der Überschrift selbst le-
diglich von einer Beschränkung der Massentierhaltung
im Außenbereich. In der Begründung zum Gesetzent-
wurf wird dann auch richtigerweise ausgeführt – ich zi-
tiere –,

dass die vorgeschlagene Regelung nicht zu einem
Totalverbot der Massentierhaltung führt. Vielmehr
kann diese auch in Zukunft insbesondere dort zuläs-
sig sein, wo die Gemeinden entsprechende bauleit-
planerische Entscheidungen treffen.

Das ist aber bereits nach geltender Rechtslage weitestge-
hend möglich.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht!)


Die Zielgenauigkeit und die praktische Wirksamkeit
Ihres Vorschlages zur Ergänzung des § 35 Abs. 1 Bauge-
setzbuch werden nicht nur von Mitgliedern der SPD-
Bundestagsfraktion hinterfragt, sondern auch von unab-
hängigen Fachexperten. Hinzu kommt: Die Positionen
der Länder sind in dieser Frage ebenfalls unterschied-
lich. In einigen Ländern werden hygienerechtliche Vor-
schriften diskutiert und in den Bundesrat eingebracht;
hier erinnere ich an den Vorschlag von Nordrhein-West-
falen. Andere Länder lehnen eine Änderung des § 35
Baugesetzbuch hinsichtlich der Problematik der Massen-
tierhaltung im Außenbereich jedenfalls zum gegenwärti-
gen Zeitpunkt ab.

In der Tat gibt es auch heute schon baurechtliche
Möglichkeiten, um die Ansiedlung von gewerblichen
Tierhaltungsanlagen zu steuern. Hierzu gehören die Auf-
stellung von Bauleitplänen oder die Ausweisung von ge-
eigneten Standorten für solche Anlagen im Flächennut-
zungsplan.

Im Kern geht es aber nicht darum, Anlagen generell
zu verhindern, sondern Standorte dort zu planen, wo sie
verträglich sind. Das muss der baurechtliche Ansatz
sein. Diesem baurechtlichen Ansatz verschließt sich die
SPD-Bundestagsfraktion nicht. Darüber hinaus – das
will ich noch einmal unterstreichen – bedürfen tier-
schutzrechtliche Regelungen, insbesondere das Tier-
schutzgesetz und weitere Verordnungen, in unterschied-
lichen Bereichen einer dringenden Klarstellung.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit dem Baurecht nichts zu tun!)


Die Widersprüche, die hier existieren, müssen gelöst
werden. Das ist aber mit einer Änderung des § 35 Bau-
gesetzbuch nicht möglich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Völlig klar! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch nicht unser Ziel!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es
gibt auch nicht die Alternative, Tierhaltungsbetriebe statt
im Außenbereich im Innenbereich anzusiedeln. Das ist,
so denke ich, auch nicht streitig. Diese Alternative stellt
sich nicht; denn schon zur Vermeidung von Verkehr ist
es notwendig, Tierhaltungsanlagen in der Nähe von
landwirtschaftlichen Betrieben anzusiedeln, in denen
Futter produziert und Gülle unschädlich abgefahren wer-
den kann.

Ich möchte auf Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
vom Bündnis 90/Die Grünen, zugehen und Sie zu einer
Diskussion einladen, in der es darum geht, wie wir ein
besseres Steuerungsinstrument im Planungsprozess für
die Errichtung von Anlagen der Massentierhaltung fin-
den können.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können doch nicht jahrelang diskutieren! Wir müssen auch mal etwas tun!)


– Wir wollen nicht jahrelang diskutieren. Eine solche
Regelung muss kommunalfreundlich sein und darf die
Möglichkeiten der Gebietskörperschaften nicht überstei-
gen.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 900 Anlagen sind beantragt!)


Eine solche Regelung, wie ich sie hier angemahnt
habe, muss kommunalfreundlich sein, und sie muss so-
wohl baurechtliche Aspekte lösen wie auch Erforder-
nisse der spezialgesetzlichen Regelungen einbeziehen.

Die SPD-Bundestagsfraktion enthält sich bei der Ab-
stimmung über diesen Gesetzentwurf,


(Peter Götz [CDU/CSU]: Kraftvolle Enthaltung!)


weil mit diesem Gesetz die Balance zwischen den not-
wendigen Verbesserungen im Tierschutz und den Mög-
lichkeiten zur Lebensmittelproduktion nicht hergestellt
wird. Der Gesetzentwurf enthält Unschärfen – ich hatte
darauf hingewiesen – mit dem Begriff „in der Regel“,
mit denen wir dem Lösungsziel nicht näher kommen.





Hans-Joachim Hacker


(A) (C)



(D)(B)

Damit ist das Thema aber für uns längst nicht beendet.
Die Diskussion über die baurechtlichen Aspekte muss
fortgesetzt werden.

Ich greife an dieser Stelle das Ergebnis der Berliner
Gespräche zur Novelle des Baugesetzbuches auf; Herr
Götz, Sie hatten das schon angesprochen. Das wird in
der SPD-Bundestagsfraktion ernsthaft diskutiert. Wir
werden die Vorlagen in den weiteren Diskussionsprozess
einfließen lassen. Unter den Experten gab es bei dieser
Diskussion zum Thema Massentierhaltung keine einheit-
liche Auffassung dahin gehend, dass eine Änderung des
§ 35 Baugesetzbuch notwendig ist. Die Experten haben
gesagt, das bedarf einer ernsthaften Prüfung. Ich sage es
noch einmal: Die SPD-Bundestagsfraktion verschließt
sich solchen Überlegungen nicht. Wir müssen aber justi-
ziable Regelungen finden, die nicht zu mehr Unklarheit
führen, als bisher besteht, und es den Kommunen ermög-
lichen, hier effektiver zu arbeiten.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Peter Götz [CDU/CSU] – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann legen Sie die doch vor, wenn Sie meinen, das reicht nicht aus!)


Der Ort für weitere Diskussionen sind die Beratungen
über die bevorstehende Novelle des Baugesetzbuches.
Herr Scheuer, ich fordere Sie als Staatssekretär auf, die
Erkenntnisse aus den genannten Berliner Gesprächen
und aus weiteren Expertengesprächen, die Sie in Ihrem
Hause ja durchgeführt haben, dem Parlament zugänglich
zu machen. Wir wollen, dass wir jetzt zu konkreten Lö-
sungen kommen.

Ich plädiere dafür, dass wir darüber eine sachliche
Diskussion führen – hier in Berlin, aber auch in den
Wahlkreisen. Damit meine ich insbesondere, dass wir
diese Diskussion fair führen und in den Wahlkreisen den
Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr versprechen als
das, was wir hier schon gemeinsam als richtig erkannt
haben und als Lösungsmöglichkeit ansehen.


(Beifall bei der SPD – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir mal versuchen!)


Notwendig ist, alle Fragen zur Änderung des Bauge-
setzbuches wie in den letzten Jahren oder gar Jahrzehn-
ten im Paket zu beleuchten, und nicht, über Einzelan-
träge oder einzelne Gesetzentwürfe das Thema zu
zerfasern. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion stehen
einer Diskussion über die Massentierhaltung, ihrer Be-
grenzung und rechtlichen Reglementierung – das will ich
noch einmal unterstreichen – offen gegenüber, meinen
aber auch, dass weitere Regelungen in § 35 – ich denke
insbesondere an Abs. 1 Nr. 6 über Biogasanlagen – ebenso
in die Prüfung einbezogen werden sollten. Ich lade Sie
zu einer solchen Diskussion ein.

Ich glaube, die Begründung, warum wir uns bei der
Abstimmung über diesen Gesetzentwurf enthalten – da-
bei haben wir uns ja insbesondere auf die juristischen
Unschärfen bezogen –, ist überzeugend rübergekommen.
Ich werbe auch bei den Grünen um Verständnis

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir nicht! Wir sind schon ein Stück weiter!)


und bitte sie, sich auf den Weg der Diskussion mit den
anderen Fraktionen in diesem Haus zu begeben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben eine Lösung! Wir sind schon weiter!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1709321400

Das Wort hat nun Kollegin Petra Müller für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Müller (FDP):
Rede ID: ID1709321500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Ihrem Gesetz-
entwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/
Die Grünen, erzeugen Sie zunächst einen Widerspruch:
einen Widerspruch zwischen dem landwirtschaftlichen
Raum einerseits und der industriellen Fleischproduktion
auf der anderen Seite. Hier eine krasse Grenze zu kon-
struieren, macht für uns Liberale keinen Sinn. Pflanzli-
cher Anbau, Tierhaltung, traditioneller extensiver Bau-
ernhof oder Intensivtierhaltung – das alles sind wichtige
und notwendige Bestandteile einer modernen und diffe-
renzierten Landwirtschaft.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir Liberale stehen zu allen,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Uwe Beckmeyer [SPD]: Das stimmt!)


zu den Unternehmen, zu den Einzelbauern, zu den Ange-
stellten und auch zur modernen intensiven Tierhaltung.
Diese ist notwendig,


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


weil der Fleischkonsum in Deutschland seit den 50er-
Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Gleichzeitig ist die
Fleischwarenindustrie ein erfolgreicher mittelständi-
scher Wirtschaftszweig. Mit Ihrer grünen Propaganda
zum „traditionellen kleinbäuerlichen Betrieb“ ist keines
von beidem machbar:


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Weder die Erzeugung sozialverträglich preiswerter Le-
bensmittel noch ein Wirtschaftszweig mit 85 000 Be-
schäftigten in der Fleischproduktion ist damit möglich.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht nur um Arbeitsplätze!)


Für beides steht die christlich-liberale Koalition. Wir set-
zen uns für jeden Arbeitsplatz in diesem Berufszweig
ein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Petra Müller (Aachen)



(A) (C)



(D)(B)

Worum geht es in Ihrem Gesetzentwurf? Sie wollen
die Abschaffung der Intensivtierhaltung durch die Hin-
tertür Baugesetzbuch erreichen.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Denn eines ist klar: Ihr Vorschlag macht Genehmigun-
gen fast unmöglich. Sie gefährden Arbeitsplätze im Mit-
telstand, und Sie sorgen dafür, dass in Deutschland die
Lebensmittelversorgung keinerlei Perspektive hat. Das
werden wir nicht zulassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das wollen wir! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das haben Sie jetzt aber verstanden!)


– Super!

Aus Sicht der Stadtplanung sind Eingriffe in Geneh-
migungsverfahren nicht notwendig. Die Kommunen ha-
ben heute schon Möglichkeiten, die Errichtung von Tier-
haltungsanlagen zu beeinflussen: entweder auf dem Weg
der Bauleitplanung oder durch das Versagen des Einver-
nehmens im Rahmen des Genehmigungsverfahrens.

Gerade von dem zweiten Fall fühlen sich viele Kom-
munen abgeschreckt, weil sie Haftungsprobleme sehen.
Dieses Problem ist bekannt und nicht neu. Hier würde
ich mit Ihnen gemeinsam eine Lösung suchen. Der Kol-
lege von der SPD hat schon angedeutet, dass er diskussi-
onsbereit ist.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist Herr Hacker!)


– Danke, ich weiß. Aber er hat sich umgedreht und hört
mir im Moment nicht zu. Das finde ich nicht nett. Ein
schöner Rücken kann zwar entzücken, aber nicht immer.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Ich bitte um Entschuldigung, Frau Müller!)


Wir können in diesem Hause zum Beispiel über stär-
ker spezifizierte Planungsvorbehalte bei der gewerbli-
chen Tierhaltung diskutieren. Wir können auch über Zu-
rückstellungen nach § 15 Abs. 3 Baugesetzbuch und
über die Verlängerung der Jahresfrist nachdenken. All
das können wir sicher tun.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber jetzt reden wir über § 35!)


Wenn Sie Tierschutz wollen, dann muss es konsequente
Regeln, hohe Standards und Kontrollen geben. Da kön-
nen wir zusammenarbeiten. Aber städtebaulich mithilfe
des Baugesetzbuches Tierethik zu steuern, das kann
nicht sein.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch nicht das Ziel!)


Sie können damit keinen Skandal wie den Dioxinskandal
verhindern.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von Bünd-
nis 90/Die Grünen, Sie müssen sich in die Pflicht neh-
men lassen.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das machen wir!)


Genehmigungsverfahren sind vor allem dazu da, Pro-
jekte, Investitionen und unternehmerisches Handeln zu
ermöglichen, nicht zu verhindern.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also wollen Sie die Massentierhaltung! Das ist eine deutliche Aussage! Ja zur Massentierhaltung!)


Ich muss noch eines sagen: Packen Sie bitte die Fach-
politiker aus und die Wahlkämpfer ein. Sie sind eine
Verhinderungspartei. Deshalb lehnt die FDP Ihren Ge-
setzentwurf ab.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1709321600

Das Wort hat nun Kollege Alexander Süßmair für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Alexander Süßmair (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709321700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Dann läute ich jetzt mal die Runde
der Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker aus dem Aus-
schuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz ein.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir beraten heute abschließend den Gesetzentwurf
von Bündnis 90/Die Grünen zu dem Bereich Massentier-
haltung. Sie wollen eine Einschränkung der Privilegie-
rung von forstwirtschaftlichen und landwirtschaftlichen
Betrieben.


(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gewerblich!)


Ihre Intention ist vollkommen nachvollziehbar. Ich
möchte ganz klar sagen, dass wir von der Linken diese
Intention unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Auch die rechtliche Regelung?)


Ich muss aber dennoch einschränkend sagen, dass ich
Ihren Gesetzentwurf als Etikettenschwindel empfinde;
denn er hält nicht das, was er verspricht. Im Titel Ihres
Gesetzentwurfs steht unter anderem „Beschränkung der
Massentierhaltung im Außenbereich“. Damit ergibt sich
für mich schon die erste ungeklärte Frage: Was ist Mas-
sentierhaltung? Wir haben derzeit keine klare Definition
für Massentierhaltung. Diesen Begriff müssen wir aber






(A) (C)



(D)(B)

klären, wenn wir diesbezüglich etwas ändern wollen. Sie
drücken sich in Ihrem Gesetzentwurf aber um die Defi-
nition des Begriffs Massentierhaltung.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


Sie sprechen nur davon, dass die Tierhaltung „ihrer Pro-
duktionsweise nach eine landwirtschaftstypische“ sein
muss. Aber was bedeutet das genau?


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Beispiel Fläche!)


Ich gebe ein Beispiel. Ist ein Ökobetrieb mit 30 000 Le-
gehennen in einer Stallanlage – solche Anlagen gibt es
schon, zum Beispiel im brandenburgischen Wittstock –
schon eine Massentierhaltung, die man aber akzeptieren
könnte, weil sie unter ökologischen Gesichtspunkten be-
trieben wird?

In vielen Regionen gibt es eine sehr große Anzahl
landwirtschaftlicher Betriebe mit nach heutigen Maßstä-
ben intensiver Tierhaltung – allerdings in kleiner Dimen-
sion. Ein weiteres Beispiel: In einem Dorf in Westfalen
gibt es zehn Betriebe mit jeweils 2 000 Mastschweinen.
In dem Ort gibt es dann 20 000 Mastschweine. Nach An-
nahme der Grünen fällt das wohl nicht unter Massentier-
haltung, da es sich um einzelne landwirtschaftliche Be-
triebe – aber in einem einzigen Ort – handelt.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Fläche!)


Wenn es nur ein Betrieb mit 20 000 Schweinen wäre,
wäre das Massentierhaltung, obwohl die Zahl der
Schweine in beiden Fällen gleich wäre.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Fläche wäre es gewerblich!)


Wir müssen die Massentierhaltung definieren, um sie
vor Ort regeln und verbieten zu können. Es ist aber für
uns von der Linken nicht nur eine rein quantitative
Frage, sondern auch eine qualitative Frage.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb geht das meiner Ansicht nach nicht über das
Baurecht, sondern zum Beispiel über Regelungen zu
Emissionen, zu Haltungsformen der Tiere, zu ökologi-
schen und kulturellen Auswirkungen und auch zu den
Arbeitsbedingungen.


(Beifall bei der LINKEN)


Industrielle Tierhaltung ist keine Frage des Baugesetz-
buches, sondern Ergebnis eines marktradikalen Denkens
und eines Willens zur Profitmaximierung des Kapitals.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Marx aber nicht aufgeschrieben!)


Produktionskosten werden – auf Kosten der Tiere, der
Umwelt und des Menschen – auf das absolute Minimum
gedrückt. Deshalb ist auch die Linke gegen die Industri-
alisierung und Konzentration von Tierhaltung.


(Beifall bei der LINKEN)

Ihr Antrag taugt aber nicht, das zu verhindern; denn
Sie täuschen das nach außen nur vor. Selbst Sie schrei-
ben in der Begründung:

Hinzuweisen ist darauf, dass die vorgeschlagene
Regelung nicht zu einem Totalverbot der Massen-
tierhaltung führt.

Und weiter:

Vielmehr kann diese auch in Zukunft insbesondere
dort zulässig sein, wo die Gemeinden entspre-
chende bauleitplanerische Entscheidungen treffen.

Diese Feststellung beschreibt für mich aber schon das
nächste gravierende Problem, das ich in diesem Antrag
sehe. Sie wollen den Gemeinden bei der Ansiedlung von
großen Einheiten der Tierhaltung mehr Spielraum ein-
räumen. Dabei verkennen Sie allerdings meiner Mei-
nung nach folgende Gefahr: Wie wollen Sie denn ver-
hindern, dass sich Betriebe, deren Bauten man im
Außenbereich dann nicht mehr haben will, in Gewerbe-
und Industriegebieten ansiedeln? Angesichts der chro-
nisch leeren Kassen der Kommunen bin ich mir sicher,
dass sich genügend Gemeinden finden werden, die noch
Industrie- oder Gewerbegebiete haben, in denen Platz
ist.

Die Massentierhaltung insgesamt können wir dadurch
aber nicht verhindern. Das Einzige, was eventuell pas-
siert, ist, dass die Genehmigungsverfahren länger dau-
ern; aber es wird eben nicht verhindert. Statt im Bau-
recht sind unserer Meinung nach rechtliche Regelungen
im Bereich der Bürgerbeteiligung, des Naturschutzes
und vor allem des Emissionsschutzes gefragt, um kon-
zentrierter industrieller Tierhaltung ein Ende zu setzen
und unsere Nahrungsmittelproduktion wieder enger an
die Natur zu koppeln.


(Beifall bei der LINKEN – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Also nicht im Außenbereich! Deshalb braucht man Fläche!)


Was noch viel entscheidender ist: Wir brauchen
– zum Nutzen für Tiere, Umwelt und Menschen – einen
grundlegenden Ideologiewechsel in der Agrarpolitik.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1709321800

Das Wort hat nun Kollege Friedrich Ostendorff für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Der § 35 des Baugesetzbuches mit der Privile-
gierung der Landwirtschaft im Außenbereich ist ein sehr
gutes planerisches Instrument. Er schützt den Außenbe-
reich vor Zersiedelung und planloser Bebauung. Es gibt
jedoch durch den Ausnahmetatbestand in Abs. 1 Nr. 4
seit 1983 unter anderem die Möglichkeit der gewerbli-
chen Tierhaltung – nur darum geht es – ohne Flächen-





Friedrich Ostendorff


(A) (C)



(D)(B)

bindung. Dies führte in den letzten Jahren oftmals zu
krassen Fehlentwicklungen


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


beispielsweise durch Schweinemäster, die ihre Flächen
hinsichtlich der Anzahl der Schweine bis zum Letzten
ausgereizt haben. Als Bauernhof unterliegen sie der Flä-
chenbindung.

Sie bauen – oftmals viele Hundert Meter vom Hof
entfernt in die freie Landschaft – 40 000er-Hühnchen-
ställe – 22 Hühnchen, je 1,6 Kilogramm schwer, auf ei-
nem Quadratmeter – und weitere Schweineställe nach
§ 35 Abs. 1 Nr. 4 gewerblich expansiv obendrauf. Allein
900 dieser 40 000er-Hühnchenställe sind bundesweit
noch in der Planung. Die Nr. 4 des § 35 Abs. 1 Bauge-
setzbuch wurde 1983 nicht für solche Massenställe
geschaffen, sondern für Anlagen, die nur in atypischen
Fällen – wie Kompostanlagen – in den Außenbereich ge-
hören. Herr Hacker, wir brauchen deshalb eine Ände-
rung des § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch, um klarzustellen,
dass die gewerbliche Massentierhaltung nicht zu den pri-
vilegierten Vorhaben beim Bauen im Außenbereich ge-
hört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Drei Motive leiten unseren Antrag:

Erstens. Massentierhaltungen haben nichts mit Bau-
ernhöfen zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese Anlagen ohne eigene Futterfläche und ohne eigene
Fläche für Gülle- und Mistverbringung dürfen im Au-
ßenbereich nicht genehmigungsfähig sein. Tierhaltung
muss an die Fläche des Bauernhofes gebunden sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Die Riesenställe sind eine erhebliche Be-
lastung für Tier, Umwelt und Natur und zerstören ganze
Landschaften.

Drittens. Die Großtierhaltungsanlagen produzieren
massive Ammoniakemissionen, Ausscheidungen wie
Bioaerosole und Gerüche. Sie beeinträchtigen die Le-
bensqualität und Gesundheit der Anwohner und Nach-
barn.

Herr Götz, die Bürgerinnen und Bürger wollen das
nicht mehr hinnehmen. Sie engagieren sich landauf,
landab in Hunderten von Bürgerinitiativen. Während der
Grünen Woche haben über 20 000 Menschen ihren Pro-
test auf einer vom Netzwerk „Bauernhöfe statt Agrar-
fabriken“ organisierten Demo unter dem Motto „Wir ha-
ben es satt!“ nach Berlin getragen. Hier sind wir alle
gemeinsam gefordert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Bürgerinnen und
Bürger wollen wissen, wie wir den Fehlentwicklungen
auf dem Lande begegnen wollen. Wenn wir jetzt nicht
die Bremse ziehen, wird die freie Landschaft, die wir für
die Artenvielfalt und Naherholung so schätzen und brau-
chen, zum landwirtschaftlichen Gewerbegebiet.
Herr Götz, die Kommunen sind absolut machtlos: Es
gibt keine Regelungsmechanismen für die Kommunen.
Die Werkzeuge der Kommunen sind stumpf, ihre An-
wendung ist aufwendig und kostenintensiv.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In der letzten Woche konnte ich im münsterländischen
Billerbeck mit der Baudezernentin und der Bürgermeiste-
rin sprechen. Wir haben uns angesehen, was es bedeutet,
in Billerbeck Gewerbebetriebe anzusiedeln, und welche
Planungsprozesse dabei in Gang gesetzt werden: bürger-
freundlich, langfristig angelegt, mit allen abgestimmt.
Bei der Massentierhaltungsanlage, die 300 Meter von der
Molkerei entfernt steht, hat die Kommune keine Mög-
lichkeit, einzugreifen.


(Sören Bartol [SPD]: Das stimmt doch nicht!)


Die Anlage steht im Landschaftsschutzgebiet, oben auf
dem Berg; jeder in der Gemeinde sieht sie, denn sie ist
von überall einzusehen. Hier ist die Kommune machtlos;
der Investor hat die Planungshoheit, niemand sonst. Herr
Götz, dieser Zustand ist unhaltbar. Wir müssen diesen
Wildwuchs beenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir liegen doch bei der Beurteilung der Lage gar
nicht weit auseinander. Staatssekretär Ferlemann hat hier
in der Antwort auf unsere Frage bestätigt, dass § 35
Abs. 1 Nr. 4 Baugesetzbuch „nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts eher eng auszulegen“
ist. Ministerin Aigner kritisiert die Fehlentwicklung im
ländlichen Raum. Staatssekretär Peter Bleser hat in der
Neuen Osnabrücker Zeitung vom 12. Februar Nachdenk-
lichkeit hinsichtlich der Konzentration der Schweine- und
Hähnchenmast gezeigt. Viele von uns haben sich zu
Hause klar positioniert. Wir müssen doch jetzt nur das,
was wir zu Hause erklären, mit der Gesetzeslage im
Bund in Einklang bringen. Das kann doch nicht so
schwer sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Der Gesetzentwurf ist ungeeignet!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns ver-
suchen, so wie das Parlament der Niederlande gemein-
sam vorzugehen. Das niederländische Parlament hat vor
wenigen Tagen einen Baustopp für industrielle Massen-
tierhaltungsanlagen beschlossen. Intensive Viehhaltung
als ein System organisierter Verantwortungslosigkeit
solle abgeschafft werden – so das niederländische Parla-
ment. Der Beschluss wurde mit großer Mehrheit gefasst;
auch die Sozialdemokraten in den Niederlanden haben
zugestimmt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie uns durch eine kleine Weiterentwicklung
des Baugesetzbuches eine wichtige Weichenstellung für
die weitere Entwicklung des ländlichen Raumes vorneh-
men, für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, für
eine nachhaltige regionale Entwicklung, für den Erhalt
der Landschaften und der Lebensqualität im ländlichen
Raum.





Friedrich Ostendorff


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bürgerinnen und Bürger draußen erwarten unser
Handeln; sie werden es uns danken.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1709321900

Das Wort hat nun Max Lehmer für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1709322000

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben bei der Entwicklung der Landwirtschaft klare
Ziele:


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Export! Ihr wollt Exportweltmeister werden!)


Wir wollen die Entwicklungsmöglichkeiten unserer
landwirtschaftlichen Betriebe erhalten. Wir wollen eine
starke und wettbewerbsfähige Land- und Ernährungs-
wirtschaft in Deutschland erhalten und sie weiterentwi-
ckeln. Wir wollen auch in Zukunft eine durch bäuerliche
und unternehmerische Betriebsstrukturen gestaltete flä-
chendeckende Landbewirtschaftung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen ausdrücklich keine Großinvestoren in der
tierischen Veredelung haben.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum lasst ihr das denn zu?)


Dafür müssen wir aber auch die entsprechenden Ent-
scheidungsspielräume für wirtschaftliche Betriebsfor-
men erhalten. Die Entwicklung bleibt nicht stehen, Herr
Kollege Ostendorff.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Fläche wollt ihr!)


Nur so können sich die Landwirte am Markt behaupten
und die aufgrund des weltweiten Bevölkerungswachs-
tums steigende Nachfrage nach Lebensmitteln decken.

Herr Ostendorff, mit den Systemen, von denen Sie re-
den, können wir nicht einmal ansatzweise den Bedarf in
Deutschland decken. Ich habe nachgeschaut: Der Beitrag
der Biolandwirtschaft bei Rindfleisch beträgt 4,5 Pro-
zent, bei Schweinen unter 1 Prozent.


(Zuruf des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Hören Sie doch einmal zu, Herr Kollege. – Bei der
Eierproduktion sind es 3,5 Prozent und bei der Milch
2 Prozent. Sie sind weit davon entfernt, wenigstens die
Menschen in unserem Land mit Lebensmitteln zu ver-
sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie müssen bei der Wahrheit bleiben und die Dinge so
nehmen, wie sie sind. Unverhältnismäßige Einschrän-
kungen der Grundstückseigentümer und der Betriebsin-
haber in ihrem Grundrecht auf Eigentum und freies Un-
ternehmertum sind hier kontraproduktiv und abzu-
lehnen. Das Vorhaben der Opposition, vor allen Dingen
der Grünen, ist allzu leicht zu durchschauen. Hier geht es
nicht um Korrektur oder Beseitigung von Fehlentwick-
lungen; die sehen wir auch in manchen Punkten. Bei Ih-
rer beabsichtigten Beschränkung der sogenannten Mas-
sentierhaltung – die muss erst einmal definiert werden;
das sagte die Kollegin schon – geht es um die Verhinde-
rung der weiteren positiven Entwicklung eines wichtigen
großen Wirtschaftsbereiches im ländlichen Raum.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der gesamte Gesetzentwurf ist von einer ungerecht-
fertigten Übertreibung und Polemik gekennzeichnet.
Dies zeigt sich nicht nur an der Verwendung des Begriffs
„Massentierhaltung“, der schon an sich unsachlich und
abwertend ist, sondern auch an der Beschwörung des
– so heißt es im Text – unrealistischen Szenarios einer
flächendeckenden industriellen Fleischproduktion im
Außenbereich.

Lassen Sie mich das anhand von Zahlen erläutern: Im
Durchschnitt gibt es in Deutschland 337 Schweine pro
Betrieb. Je nach Bundesland schwankt die durchschnitt-
liche Anzahl an Schweinen pro Betrieb zwischen 80 und
etwa 1 000 Stück. Damit liegt Deutschland zwar knapp
über dem europäischen Schnitt, aber noch weit hinter den
Niederlanden – diese Zahlen haben Sie richtig zitiert – mit
1 340 Schweinen pro Betrieb und Dänemark mit knapp
2 000 Schweinen pro Betrieb.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Durchschnitt steht doch gar nicht zur Debatte!)


Auch bei der Legehennenhaltung sind die in Deutsch-
land durchschnittlich in einem Betrieb gehaltenen Hen-
nen mit 700 Stück pro Betrieb zwar mehr als im europäi-
schen Durchschnitt. Dennoch ist die Zahl der Lege-
hennen pro Betrieb – Frau Höhn, hören Sie zu – in sechs
anderen EU-Ländern erheblich größer als bei uns, näm-
lich in Belgien, Dänemark, Finnland, den Niederlanden,
Schweden und Großbritannien.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das für eine Statistik?)


In den Niederlanden werden im Schnitt sogar über
25 000 Legehennen pro Betrieb gehalten. Darum neh-
men sie dort jetzt Änderungen vor. Sie liegen aber um
den Faktor 40 über unseren durchschnittlichen Betriebs-
größen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Zahlen zeigen, dass es sehr große lokale und re-
gionale Unterschiede gibt. Wir müssen dabei auch be-





Dr. Max Lehmer


(A) (C)



(D)(B)

rücksichtigen, dass unsere Landwirte im internationalen
Wettbewerb stehen und die tierische Erzeugung an die
50 Prozent des Produktionswertes der deutschen Land-
wirtschaft ausmacht. Die Tierhaltung erfolgt dabei fast
ausschließlich in familiengeführten Betrieben. Das ist
bitte unbedingt festzuhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Tierhaltung in größeren Beständen kann darüber hin-
aus nicht gleichgesetzt werden mit einer nicht artgerech-
ten Haltung; das tun Sie immer wieder. Die Beschrän-
kung bestimmter Haltungsformen in Deutschland führt
zudem oft nur dazu – das bitte ich zu bemerken –, dass
die Produktion ins Ausland verlagert wird. Dort können
wir die Haltungsbedingungen nicht mehr kontrollieren.
Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Legehennenhaltung.
Die Entwicklung zeigt, dass seit dem Verbot der Käfig-
haltung in Deutschland der Selbstversorgungsgrad mit
Eiern von 70 Prozent auf unter 55 Prozent gesunken ist.
Die Haltung in dieser Produktion ist nicht tiergerechter.
Das Gegenteil ist der Fall; das bitte ich zu berücksichti-
gen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich verschweige nicht, dass es auch in Deutschland
Strukturen gibt, die wir kritisch beobachten müssen.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


Obwohl die Strukturen in weiten Bereichen in Ordnung
sind, ist es uns bewusst, dass es in einigen Regionen Ent-
wicklungen gibt, bei denen Stallbauvorhaben an die
Grenzen der gesellschaftlichen Akzeptanz stoßen; das ist
richtig. Darauf wollen und werden wir reagieren; das hat
Herr Götz schon gesagt. Wir werden aber nicht mit pau-
schalen Verboten reagieren. Die helfen hier nicht weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen im Rahmen der im Koalitionsvertrag ver-
einbarten Novelle zum Baugesetzbuch eine ergebnisof-
fene Diskussion über die zukünftige Steuerung der Be-
triebsentwicklung im Außenbereich führen. Es macht
keinen Sinn, jetzt den Teilbereich der Tierhaltung in grö-
ßeren Beständen vorab ohne ausreichende Prüfung
reglementieren zu wollen.

Außerdem, Herr Ostendorff, haben Behörden und Ge-
meinden bereits nach geltendem Recht – ich bin selbst
seit 35 Jahren in Kommunalparlamenten tätig – vielfäl-
tige planerische Möglichkeiten, die Genehmigung ge-
werblicher Tierhaltungsanlagen sozial- und umweltver-
träglich zu steuern. Beispiele sind die Aufstellung von
Flächennutzungs- oder Bebauungsplänen. Insbesondere
durch positive Planung können die Verantwortlichen vor
Ort die Zulässigkeit von Vorhaben der gewerblichen
Tierhaltung beeinflussen.

Darüber hinaus darf eine Genehmigung auch bei pri-
vilegierten Vorhaben ohnehin nur dann erfolgen, wenn
öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Über all diese
bereits bestehenden Möglichkeiten sollten die Kommu-
nen verstärkt informiert werden.
Wir müssen dafür sorgen, dass eine geradezu offen-
sichtliche Tatsache weiterhin fest im Bewusstsein veran-
kert bleibt: Die Landwirtschaft ist nicht Gegner des länd-
lichen Raumes, sondern eine tragende Säule für die
Erwerbsmöglichkeiten und die Wertschöpfung im ländli-
chen Raum sowie die Erzeuger hochwertiger Nahrungs-
mittel. Zur Landwirtschaft gehören aber auch gewerbli-
che Tierhaltungsbetriebe.

Wenn durch den Gesetzentwurf der Grünen Entwick-
lungsmöglichkeiten durch Verbote eingeschränkt wer-
den, gefährdet das den ländlichen Raum als Produktions-
standort sowie Arbeitsplätze, und zwar nicht nur in den
Landwirtschaftsbetrieben, sondern auch in den vor- und
nachgelagerten Bereichen, die im ländlichen Raum er-
hebliche Arbeitsplatzpotenziale beinhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zu-
sammenfassen: Im vorliegenden Gesetzentwurf ist die
Thematik völlig überzeichnet. Es wird sogar die Be-
fürchtung geäußert, dass sich der Außenbereich – ich zi-
tiere – „… nahezu flächendeckend in einen Standort der
industriellen Fleischproduktion“ verwandelt. Dies ist
keineswegs der Fall. Außerdem ist die vorgeschlagene
Regelung sehr pauschal und nicht ausreichend geprüft.
Im Rahmen der bevorstehenden Novelle zum Baurecht
werden wir uns der Thematik sach- und fachgerecht um-
fassend annehmen und gewiss auch passende Lösungen
finden.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1709322100

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich Kol-

legen Hans-Michael Goldmann von der FDP-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1709322200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der § 35 des Baugesetzbuches ist zweifellos
kein ganz einfacher Paragraf.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein guter!)


Er leidet darunter, dass er im Grunde genommen eine
bundesrechtliche Regelung beinhaltet, die vor Ort in völ-
lig unterschiedlichen Situationen anzuwenden ist. Der
§ 35 des Baugesetzbuches ist ein guter Paragraf,


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir uns einig!)


weil er genau das schützt, was Sie, lieber Kollege Osten-
dorff, im Grunde genommen im Sinn haben, nämlich die
traditionelle bäuerliche Landwirtschaft. Aber das, was
Sie in Ihrem Antrag zum Ausdruck bringen, bedeutet ge-
rade das Ende der bäuerlichen Landwirtschaft,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜND Hans-Michael Goldmann NIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, der gewerblichen!)





(A) (C)


(D)(B)


– nein, nicht der gewerblichen –, weil Sie die Entwick-
lung eines landwirtschaftlichen Betriebes unmittelbar an
Fläche binden.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist richtig!)


Dazu ist ein einigermaßen aufwachsender Milchvieh-
betrieb heute aber gar nicht in der Lage, weil er aufgrund
der schlechten Milchpreise und der explodierenden
Frachtkosten nicht die Fläche erwerben kann, die er
braucht, um auf dem Milchmarkt einigermaßen vernünf-
tig zurechtzukommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie die Milch auch noch gewerblich machen?)


Mit der Regelung, die Sie vorschlagen, öffnen Sie ge-
nau den Anlagen Tür und Tor, die Sie scheinbar nicht
wollen; denn diese Betriebe werden in die Vorrangge-
biete gehen, die die Kommunen werden ausweisen müs-
sen,


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie doch mal die Kommunen! Die wollen die doch gar nicht!)


– Herr Ostendorff, hören Sie doch zu –, um die Säule der
intensiven Produktion in Deutschland zu sichern. Ver-
schiedene Kollegen haben schon gesagt, dass es nicht
nur gilt, träumerische Ökolandwirtschaft zu realisieren,
sondern dass es gilt, alle Säulen agrarischer Produktion
zu realisieren:


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


die ökologische, die konventionelle, die regionale und
natürlich auch die intensive.

Kollege Ostendorff, ich bin von der fachlichen Seite
Ihres Antrags sehr enttäuscht, das will ich ganz deutlich
sagen. Dieser Antrag beinhaltet einen fundamentalen
Fehler. Er setzt Massentierhaltung mit Qualzucht gleich
und sagt im Grunde genommen: Alle, die heute gegen
diesen Antrag sind, stimmen dafür, dass Tiere in Ställen
gequält werden.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht nicht drin!)


Ihnen geht es überhaupt nicht um die Sache. Bei diesem
Antrag geht es Ihnen allein um eine populistische Bot-
schaft.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie springen damit auf einen Zug auf. Das halte ich für
die Produktionssituation in der Landwirtschaft insge-
samt für gefährlich.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist höchst gefährlich für Ihre Politik!)

– Frau Höhn, es wäre schön, wenn Sie das im Ausschuss
zur Kenntnis bringen würden.

Ich komme aus einer Region, in der es sehr viel Inten-
sivhaltung gibt. Ich will gerne sagen: Wir sind an der
Grenze angekommen. Darüber sind wir uns alle einig.
Nur, wissen Sie, woran das liegt? Wir waren zu dumm,
um es einmal ganz ehrlich zu sagen. Als ich in den
Kreistag kam, habe ich gesagt: Wir müssen unsere
Räume besser ordnen. Aber nein, die Räume sollten
nicht geordnet werden. Wenn Sie das kommunale Instru-
mentarium, das es heute schon gibt,


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es nicht!)


– Entschuldigung, ich habe davon Ahnung, Sie nicht –,


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch!)


für die regionale Raumordnung und die kommunale Pla-
nung nutzen, wenn Sie Keimgutachten, Brandschutzgut-
achten und die gute fachliche Praxis bei Filteranlagen
nutzen, haben Sie mit diesem Sachverhalt überhaupt
kein Problem. Wir müssen das endlich anpacken und
umsetzen. Dann können wir eine tierschutzgerechte in-
tensive Haltungsform auch zukünftig in Deutschland
realisieren.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das wird super in Niedersachsen realisiert? Massentierhaltung en gros, oder was?)


Ihr Antrag taugt nichts, und das wissen Sie genau. Ih-
nen geht es nur um Stimmung, und das ist schlecht für
jemanden, der sonst so tut, als ob er Ahnung hätte.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1709322300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-
wurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung
des Baugesetzbuchs – Beschränkung der Massentierhal-
tung im Außenbereich. Der Ausschuss für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 17/4724, den Gesetzentwurf der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1582
abzulehnen. Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf
auf Verlangen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen na-
mentlich ab.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle vorgese-
henen Plätze von den Schriftführern besetzt? – Das ist
der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Haben alle anwesenden Mitglieder des Hauses ihre
Stimme abgegeben? – Das ist offensichtlich der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben. Inzwischen setzen wir die Bera-
tung fort.1) Ich bitte die lieben Kolleginnen und Kolle-





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

gen, Platz zu nehmen, damit der kommende Redner auch
Gehör finden kann.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 30 auf:

Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbe-
auftragten

Jahresbericht 2010 (52. Bericht)


– Drucksache 17/4400 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Wehrbeauftragen des Deutschen Bundestages, Hellmut
Königshaus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragter des Deut-
schen Bundestages:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Bitte erlauben Sie mir eine kurze Vorbemer-
kung, bevor ich zum Jahresbericht komme. Wir werden
morgen in Regen drei unserer Soldaten, die in Afghanis-
tan Opfer eines hinterhältigen Anschlages wurden, ge-
denken. Ich habe mit zweien von ihnen erst vor wenigen
Wochen in Afghanistan gesprochen wie auch mit einigen
der jetzt Verwundeten. Ich bin daher in diesen Tagen mit
meinen Gedanken vor allem bei den Hinterbliebenen,
den Verwundeten und ihren Angehörigen. Ich wünsche
den Verwundeten natürlich eine baldige Genesung.

Ereignisse wie dieses erinnern uns immer wieder da-
ran, welche Risiken unsere Soldatinnen und Soldaten im
Einsatz auf sich nehmen. Gerade im Angesicht dieses
tragischen Ereignisses möchte ich all denen, die jetzt lei-
den, mein tief empfundenes Mitgefühl aussprechen. Ich
möchte den Kameradinnen und Kameraden der Gefalle-
nen und Verwundeten, die auch nach diesem tragischen
Geschehen weiter treu ihren Dienst und ihren Auftrag
ausführen, dafür meinen besonderen Dank und meine
Anerkennung aussprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vor dem Hintergrund solchen Leides, vor dem Hinter-
grund von Tod und Verwundung können Sie sicher nach-
vollziehen, weshalb ich mich als Wehrbeauftragter so
nachdrücklich um Ausbildung, Ausstattung und Ausrüs-
tung, und zwar vor, nach und bei dem Einsatz, kümmere.
Es ist unsere gemeinsame Pflicht, ohne Rücksicht auf
Kosten oder sonstige Belange die Sicherheit unserer Sol-
datinnen und Soldaten auf das bestmögliche Niveau zu
bringen.

1) Ergebnis Seite 10548 C
Dieser Jahresbericht ist natürlich nicht nur den Solda-
tinnen und Soldaten im Einsatz gewidmet, sondern allen
Angehörigen der Bundeswehr. Sie nehmen eine für die
Gesellschaft unverzichtbare und leider immer noch viel
zu wenig gewürdigte Aufgabe wahr. Auch ihnen gelten
mein Dank und meine Anerkennung. Mit der sehr früh-
zeitigen Befassung mit diesem Jahresbericht macht die-
ses Hohe Haus deutlich, dass es den Streitkräften und ih-
ren Anliegen eine herausragende Bedeutung beimisst.
Das ist, wie ich weiß, ein wichtiges Signal für die
Truppe.

Der Jahresbericht enthält keine Anmerkungen zu den
zuletzt in der Öffentlichkeit diskutierten aktuellen Ereig-
nissen, die beispielsweise unter den Stichworten „Gorch
Fock“ oder Feldpost erörtert wurden. Er behandelt eben
nicht jene Vorgänge, deren Bedeutsamkeit sich erst im
laufenden Jahr zeigte, auch wenn sie sich bereits im ver-
gangenen Jahr, im Berichtsjahr, zutrugen.

Dennoch will ich hier einige Worte zum Thema
„Gorch Fock“ anfügen, weil die öffentliche Diskussion
dazu Veranlassung gibt. Viele in der öffentlichen Mei-
nung und in den Medien sahen bereits in der Befassung
mit den Vorgängen einen unzulässigen Angriff auf die
hergebrachten Traditionen der Marine. Darum aber geht
es hier ganz gewiss nicht. Tradition kann Gemeinschaft
stiften und Werte vermitteln. Tradition findet aber dort
ihre Grenzen, wo Rechte von Soldatinnen und Soldaten
verletzt werden. Allein der Rückzug auf Tradition ist
keine gelebte Innere Führung.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Grundgesetz und die Grundsätze der Inneren
Führung werden nicht durch die Tradition begrenzt, son-
dern umgekehrt. Genau um eine solche Grenzziehung
geht es hier. Angehörige der Ausbildungscrew der
„Gorch Fock“ haben von ihrem Recht Gebrauch ge-
macht, sich an den Wehrbeauftragten zu wenden, weil
sie sich in ihren Rechten verletzt sahen. Ihr Vorbringen,
das aus meiner Sicht von Gewicht ist, habe ich meinem
gesetzlichen Auftrag entsprechend an das Parlament und
an den Bundesminister der Verteidigung herangetragen.
Damit ist natürlich keine abschließende Wertung ver-
bunden und schon gar keine Vorverurteilung. Aber es ist
natürlich Anlass, in eine Prüfung der Praxis der Segel-
ausbildung auf dem Schiff im Allgemeinen und des Füh-
rungsverhaltens Einzelner im Besonderen einzutreten.

Ich würde es begrüßen, wenn die pflichtgemäße Er-
füllung meines gesetzlichen Auftrages nicht in den Ver-
dacht parteipolitischer Motive gerückt würde. Als Wehr-
beauftragter des gesamten Deutschen Bundestages bin
ich von der Verfassung zum Schutz der Rechte der Sol-
daten und zur Unterstützung der parlamentarischen Kon-
trolle der Streitkräfte berufen. Ich darf und werde mich
niemals instrumentalisieren lassen, schon gar nicht par-
teipolitisch.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])






Wehrbeauftragter Hellmut Königshaus


(A) (C)



(D)(B)

Meine Damen und Herren, der Jahresbericht 2010 hat
drei Schwerpunkte. Besonders eingehend behandelt er
das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Dienst“. Da-
neben widmet er sich, wie schon in den Jahren zuvor,
eingehend den Einsätzen und den fortbestehenden Pro-
blemen im Bereich des Sanitätsdienstes. Mängel und
Defizite in der Ausbildung und Ausrüstung reichen von
den Defiziten bei der einsatzvorbereitenden Ausbildung
über Mängel bei der persönlichen Ausstattung bis hin
zur Frage nach Bewaffnung und Eignung des eingesetz-
ten Gerätes. Verbesserungen in diesem Bereich sind un-
verkennbar. Sie dürfen aber nicht über noch bestehende
Mängel und Defizite hinwegtäuschen. Ich werde Sie
hierzu demnächst erneut in einem Sonderbericht näher
unterrichten.

Zu den Problemen im Einsatz gehört allerdings auch
der Aspekt der Fürsorge. Insbesondere die Einsatzdauer
und die Verlässlichkeit der Einsatzplanung, die Kommu-
nikation mit der Heimat sowie die Betreuung und Ver-
sorgung während des Einsatzes und nach dem Einsatz
sind Stichworte, die die Problemfelder leider noch im-
mer kennzeichnen.

Meine Damen und Herren, Sie haben heute Vormittag
in erster Lesung die Aussetzung der Wehrpflicht beraten.
Gerade jetzt wird die Verbesserung der Attraktivität des
Dienstes in den Streitkräften besonders dringlich. At-
traktivität schließt übrigens die Frage nach der Absiche-
rung und Versorgung der Soldatinnen und Soldaten im
Einsatz, aber auch ihrer Familien ein. Hier gibt es weiß
Gott noch viel zu tun, insbesondere bei der Versorgung
der Hinterbliebenen.

Ich bin sehr dankbar, dass der Deutsche Bundestag
noch bestehende Versorgungslücken schließen will; das
ist Beschlusslage. Es ist zu wünschen – das ist nämlich
noch nicht gesichert –, dass die Bundesregierung hierzu
die notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen vorbe-
reitet. Darüber hinaus muss natürlich auch der tägliche
Dienst mit den Erwartungen und Bedürfnissen der Fami-
lien in Einklang gebracht werden. Insbesondere eine hei-
matnahe Stationierung und Ausbildung ist zu fordern.
Wir müssen die Chance der Strukturreform unbedingt
nutzen, einzelne Truppengattungen regional zu konzen-
trieren, um den Umfang des Wochenendpendelns zum
Dienstort – nur als Stichwort genannt – und lehrgangsbe-
dingter Trennungen von der Familie so weit wie möglich
zu reduzieren.

Ein besonders dringendes Problem ist dabei übrigens
nach wie vor die Kinderbetreuung. Ich begrüße es, dass
hierzu erste Maßnahmen ins Auge gefasst sind. Es wird
jetzt aber darauf ankommen, dass sie auch schnell umge-
setzt werden. Denn die Vereinbarkeit von Familie und
Dienst ist keine Frage von ein bisschen mehr oder weni-
ger Fürsorge, sondern dieser Anspruch ist uns vom
Grundgesetz aufgegeben: „Ehe und Familie stehen unter
dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“ Das
gilt natürlich erst recht dann, wenn der Staat selbst der
Dienstherr ist. Ich wiederhole das immer wieder. Ich
glaube, es ist auch wichtig, sich immer wieder daran zu
erinnern, wenn es um die konkrete Umsetzung geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Besondere Aufmerksamkeit benötigt auch weiterhin
der Sanitätsdienst. Der Mangel an Ärzten und Pflegeper-
sonal konnte noch nicht ausgeglichen werden. Ich habe
auch schon darüber gesprochen, als wir den Jahresbe-
richt 2009 erörtert haben. Ja, es hat in diesem Bereich
zwar Verbesserungen gegeben, aber wir sind noch lange
nicht am Ziel. Der Mangel an Ärzten und Pflegepersonal
konnte nicht ausgeglichen werden. Seit mehreren Jahren
kann der Sanitätsdienst seinen Auftrag nicht mehr ohne
Rückgriff auf zivile Ressourcen erfüllen. Das macht mir
Sorge; das wird in der Zukunft ein immer drängenderes
Problem werden. Wenn die Streitkräfte vom Einsatz her
gedacht werden, dann muss der Sanitätsdienst in der
Lage sein, die sanitätsdienstlichen Leistungen aus eige-
ner Kraft zu erbringen.

Damit an dieser Stelle kein falscher Eindruck ent-
steht: Unsere Streitkräfte sind insgesamt in einer guten
Verfassung. Wenn es gelingt, die Bundeswehr zu einer
neuen Struktur zu führen, die sie noch leistungsfähiger,
aber auch noch lernfähiger macht und die auch eine Feh-
lerkultur herbeiführt, dann hat sie eine gute Zukunft.

Lassen Sie mich an dieser Stelle abschließend noch
Dank sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
meinem Amt, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
den beteiligten Partnerdienststellen, im Ministerium, in
den militärischen Strukturen. Einen letzten Dank möchte
ich auch an den Minister richten – an einem Punkt hat er
das wirklich verdient –:


(Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])


Immer dann, wenn es um problematische Einzelfälle
geht, ist er jederzeit ansprechbar, insbesondere auch
ohne Kamera und ohne Presse


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sagt er auch die Wahrheit?)


– dann sagt er sicher auch die Wahrheit –,


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Aber nicht immer, oder? – Gegenruf von der CDU/CSU: Also, Herr Kollege!)


und kümmert sich um diese konkreten Fälle. Für diese
Form der Empathie muss man ihm, glaube ich, danken.
Die Betroffenen haben das immer sehr geschätzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Damit möchte ich die Vorstellung meines Jahresbe-
richts beenden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709322400

Bevor wir in der Debatte fortfahren, möchte ich Ih-

nen, sehr geehrter Herr Königshaus, und Ihren Mitarbei-





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)


Katja Keul Manfred Behrens (Börde) zu Guttenberg Dr. Norbert Lammert
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Stephan Kühn
Renate Künast

Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Holger Haibach
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann

Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner

Olav Gutting
Florian Hahn

Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz

Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Karl-Theodor Freiherr

Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter

Dorothee Bär
Thomas Bareiß

Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer

Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
terinnen und Mitarbeitern im
für die Vorlage des Berichts
danken.


(Beifall im ga Meine Damen und Herre noch das von den Schriftfüh Endgültiges Abgegebene Stimmen: 534; nein: 291 enthalten: 178 Ja CDU/CSU Josef Göppel SPD Gabriele Hiller-Ohm Dietmar Nietan Silvia Schmidt Peer Steinbrück DIE LINKE Eva Bulling-Schröter Jan Korte BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Marieluise Beck Volker Beck Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz Namen des ganzen Hauses und für die Arbeit herzlich nzen Hause)


n, ich darf Ihnen zunächst
rerinnen und Schriftführern

Ergebnis

Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Lisa Paus
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Nein

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Aumer
ermittelte Ergebnis der na
über den Gesetzentwurf de
Grünen zur Änderung des B
kung der Massentierhaltung i
geben: abgegebene Stimme
stimmt 65, mit Nein 291. Es
Gesetzentwurf ist damit abge

davon

ja: 65

Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
mentlichen Abstimmung
r Fraktion Bündnis 90/Die
augesetzbuchs – Beschrän-
m Außenbereich – bekannt
n 534. Mit Ja haben ge-
gab 178 Enthaltungen. Der
lehnt.

Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Dr. Michael Luther
Karin Maag
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Schön (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Daniela Ludwig
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

SPD

Holger Ortel

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Reiner Deutschmann
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Heiner Kamp
Michael Kauch
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Holger Krestel
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Lars Lindemann
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Oliver Luksic
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


Enthalten

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann


(Hildesheim)

Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Elvira Drobinski-Weiß
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Kerstin Griese
Michael Groß
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Rolf Hempelmann
Gustav Herzog
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Manfred Nink
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

chen. Dieser erste von Ihnen
besticht durch seine übersic
dem Leser leichter macht. D
ges Detail. Zwar verfassen S
Deutschen Bundestages Ihre
Parlamentarier – ich hoffe, d
botenen Sorgfalt seiner Lekt
lich wirkt er auch in die wei
ist schließlich wünschenswer
Menschen für den Zustand d
ren; denn der interessierte un
ist ebenso wie der uniformi
der Truppe eine wesentliche
ankerung der Streitkräfte in d
eine Gesellschaft, die Anteil
halb der Bundeswehr geschi
und Klagen der Soldaten, di
Gesellschaft in den Einsatz g
sellschaft, der die Bundeswe
Fremdkörper betrachtet,


(Beifall bei der CDU ebenso wie wir keine Bundesw jetzt, da wir für den Übergan hen, als Fremdkörper fühlt. De verantwortete Jahresbericht htliche Gestaltung, die es as ist gar kein so unwichtiie als Wehrbeauftragter des n Bericht zunächst für uns ass wir uns alle mit der geüre widmen –, aber natürte Öffentlichkeit hinaus. Es t, dass sich möglichst viele er Bundeswehr interessied informierte Staatsbürger erte Staatsbürger innerhalb Voraussetzung für die Verer Gesellschaft. Wir wollen an dem nimmt, was innereht – auch an den Sorgen e für die Sicherheit dieser ehen. Wir wollen keine Gehr egal ist oder die sie als /CSU und der FDP)


ehr wollen, die sich gerade
g zur Freiwilligenarmee ste-
swegen ist jedes Detail wich-
muss, indem etwa mit Einze
bericht operiert wird, Pausch
zungen gefällt werden oder
Körpergewicht einer tödlich v
kutiert. Dadurch werden in e
nötigem Umfang die Familie
daten belastet, die sich Ermit

Als Abgeordnete des Deuts
natürlich ein Recht auf Inform
der Parlamentsarmee Bundesw
das Verteidigungsministerium
auftragten. Das gilt zwar nich
narproblem und jeden Dienstu
den Bericht des Wehrbeauftra
che Gesamtschau vollzogen w
gende Vorfälle, über die wir s
und unmittelbar informiert we
Umwegen über die Presse. Al
Einzelplan 02 muss ich sage
dass ich mir gelegentlich ein
gewünscht hätte.

Diese Medaille hat aber
Seite. Die Politik sollte auch
und die zuständigen Ermitt
lheiten aus dem Feldjäger-
alurteile über Marinebesat-
ganz Deutschland über das
erunglückten Kadettin dis-
rheblichem und völlig un-
n von Opfern und von Sol-
tlungen ausgesetzt sehen.

chen Bundestages haben wir
ation über die Vorgänge in
ehr, und zwar sowohl durch

als auch durch den Wehrbe-
t für jedes einzelne Diszipli-
nfall – wofür es schließlich

gten gibt, in dem eine jährli-
ird –, aber für schwerwie-

chnellstmöglich, vollständig
rden müssen, also nicht auf
s Berichterstatterin für den
n, Herr Wehrbeauftragter,
e noch frühere Einbindung

natürlich noch eine andere
die Disziplinarvorgesetzten
lungsbehörden ihre Arbeit
Königshaus, einmal ein ganz schlichtes Lob ausspre- sche Ziele, für die Auflage oder für die Quote noch zu-
sätzlich auf den Betroffenen herumgetrampelt werden
und Kollegen! Sehr geehrter Wehrbeauftragter! Vorweg
möchte ich Ihnen und Ihren Mitarbeitern, lieber Herr cher Debatten muss die Frage erlaubt sein, ob für politi-
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Werner Schieder (Weiden)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier

Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Christine Buchholz
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen

Nun können wir in der Debatte fortfahren. Ich erteile de
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1709322500

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Andrej Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothee Menzner
Cornelia Möhring

Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Ingrid Remmers
Paul Schäfer (Köln)

Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Johanna Voß
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Jörn Wunderlich

r Kollegin Anita Schäfer für die CDU/CSU-Fraktion das

tig, durch das die Beschäftigung mit der Truppe erleich-
tert wird.

Meine Damen und Herren, andererseits gibt es Gren-
zen dafür, wie viele Details aus aktuellen Vorgängen in
die Öffentlichkeit getragen werden. Angesichts kürzli-





Anita Schäfer (Saalstadt)



(A) (C)



(D)(B)

machen lassen, bevor öffentliche Urteile abgegeben wer-
den, auch wenn der mediale Druck groß ist, wobei ich
mir von Medienseite ebenfalls etwas mehr Zurückhal-
tung wünschen würde.

So viel zum Formalen; nun komme ich zum Inhalt.

Meine Damen und Herren, in dem Bericht wird auf
drei Schwerpunkte hingewiesen, die gegenüber den Vor-
jahren gleich geblieben sind. Bei diesen sehen wir erneut
einiges an Schatten, aber mittlerweile auch einiges an
Licht.

Erstens: die Attraktivität des Dienstes und die Verein-
barkeit von Familie und Dienst. Gerade mit Blick auf die
Nachwuchswerbung für eine künftige Freiwilligenar-
mee, so stellt der Wehrbeauftragte richtig fest, stelle sich
die Frage der Attraktivität in allen Bereichen. Der Ent-
wurf des Wehrrechtsänderungsgesetzes, den wir heute
Morgen in erster Lesung behandelt haben, bildet hier die
Grundlage für weitere Verbesserungen. Ich begrüße es
sehr, dass der Bundesverteidigungsminister bereits ange-
kündigt hat, 200 weitere Eltern-Kind-Arbeitszimmer
einrichten zu wollen.

Das Programm des Ministeriums zur Attraktivitäts-
steigerung enthält viele weitere wertvolle Anregungen.
Es liegt an uns, diese umzusetzen. Durch das Reformbe-
gleitgesetz, das bald vorliegen wird, wird uns die Mög-
lichkeit dazu gegeben. Wir von der Union haben bereits
eine interne Unterarbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit
der Verbesserung der Attraktivität des Dienstes bei der
Bundeswehr befasst,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


nicht zuletzt hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Fami-
lie.

Der zweite Punkt sind die fortbestehenden Probleme
im Sanitätsdienst. Hier geht es insbesondere um den er-
heblichen Mangel an Fachpersonal. Die dagegen ergrif-
fenen Maßnahmen werden erst mittel- bis langfristig
vollständig umgesetzt werden können. Das ist umso
wichtiger, als die Bundeswehr weiterhin im Wettbewerb
mit dem zivilen Gesundheitssektor steht.

Drittens können wir bei den Auslandseinsätzen erneut
konstatieren, dass sich die Ausrüstungssituation laufend
verbessert. So ist die früher stets kritisierte Ausstattung
mit geschützten Fahrzeugen und Bewaffnung in Afgha-
nistan mittlerweile zufriedenstellend. Aber noch immer
sehen die Soldaten dieses Gerät vielfach erst im Einsatz-
land. Deswegen müssen und deswegen werden wir un-
sere Anstrengungen in diesem Bereich fortsetzen.

Bei einem anderen leidigen Thema zeichnet sich
ebenfalls eine Verbesserung ab: Der neue Rahmenver-
trag zur Betreuungskommunikation sichert einen Verbin-
dungsumfang, der den gestiegenen technischen Mög-
lichkeiten und Anforderungen entspricht, sodass
beispielsweise trotz des erheblich gestiegenen Kontin-
gentumfangs künftig wieder das Skypen, also die Video-
telefonie, nach Hause möglich wird. Zudem erhält jeder
Soldat pro Woche 30 Freiminuten zum Telefonieren
nach Hause, und zwar zusätzlich zum Auslandsverwen-
dungszuschlag, der eigentlich Belastungen wie die teure
Kommunikation aus dem Einsatz bereits berücksichtigt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der Hinweis des Wehrbeauftragten auf Ausbildungs-
mängel gerade beim Gebrauch von Schusswaffen er-
scheint vor dem Hintergrund der derzeit öffentlich dis-
kutierten jüngsten Vorfälle bei der Bundeswehr
besonders prägnant. Ausdrücklich betont der Bericht die
Notwendigkeit drillmäßigen Übens. Eigentlich eine
Selbstverständlichkeit: Nur ständige Wiederholung gibt
beim Umgang mit gefährlichem Gerät und bei dem Aus-
üben gefährlicher Tätigkeiten die notwendige Sicherheit.
Das steht im Gegensatz zu der medialen Kritik an militä-
rischem Drill, die etwa in der Berichterstattung über die
Vorgänge auf der „Gorch Fock“ zu lesen war. Dieser
Drill ist kein Selbstzweck, sondern dient der Vorberei-
tung der Soldaten auf einen Dienst, in dem sie das Ge-
lernte buchstäblich im Schlaf beherrschen müssen.
Selbstverständlich findet dies aber seine Grenzen an den
Grundsätzen der Inneren Führung, des Strafrechts und
der Menschenwürde.

Ich möchte zum Schluss noch ein aktuelles Ereignis
ansprechen. Am vergangenen Freitag erreichte uns er-
neut eine schlimme Meldung aus Afghanistan. Ein An-
greifer in afghanischer Armeeuniform erschoss heimtü-
ckisch drei Bundeswehrsoldaten innerhalb eines
Beobachtungspostens und verwundete sechs weitere,
zwei davon schwer. Leider ist das in der Berichterstat-
tung quasi nur als Fußnote erwähnt worden. Es war of-
fenbar wichtiger, über andere Fußnoten zu debattieren.

Ich möchte den Angehörigen der drei Gefallenen an
dieser Stelle unser Mitgefühl und Beileid aussprechen,
besonders angesichts der schweren Stunden, die ihnen
morgen mit dem Abschiednehmen bei der Trauerfeier
bevorstehen. Zudem wünsche ich den Verwundeten eine
rasche und vollständige Genesung. Es ist besonders bit-
ter, dass dieser Angriff im Rahmen der Ausbildung für
die afghanischen Sicherheitskräfte geschah, die in weni-
gen Jahren die Verantwortung für ihr Land übernehmen
sollen, damit wir uns zurückziehen können.

Unsere Soldaten kämpfen dort in einem Konflikt, in
dem sich der Gegner an keinerlei Regeln des Völker-
rechts hält, während wir diese peinlich genau befolgen
und bereits beim bloßen Verdacht auf Verstöße staatsan-
waltschaftliche Ermittlungsverfahren einleiten und Un-
tersuchungsausschüsse einrichten, wie es die Pflicht ei-
nes Rechtsstaates ist. Dennoch erfüllen unsere Soldaten
dort weiter den gefährlichen Auftrag, den wir ihnen ge-
geben haben, auch um die Sicherheit Deutschlands zu
gewährleisten. Dafür verdienen sie unseren Dank, unse-
ren Respekt und unsere volle Unterstützung.

Ich wünsche mir, dass sich das in der öffentlichen De-
batte noch stärker zeigt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(D)(B)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709322600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Karin Evers-Meyer

für die SPD-Fraktion.


Karin Evers-Meyer (SPD):
Rede ID: ID1709322700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch meine Fraktion möchte den Familien und Angehö-
rigen der gefallenen Soldaten in Afghanistan sagen, dass
wir mit ihnen fühlen in dem Wissen, dass in dieser Situa-
tion nichts ihren Schmerz stillen kann und nichts ihrem
Schmerz gerecht wird. Den verwundeten Soldaten wün-
schen wir baldige und vollständige Genesung. All unse-
ren Soldaten im Einsatz wünschen wir, dass sie heil und
gesund zurückkommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich danke dem Wehrbeauftragten und seinen Mitar-
beitern für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Gerade
in letzter Zeit haben wir erfahren müssen, dass wir mehr
wertvolle Informationen von ihm bekommen als von un-
serem Verteidigungsminister.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das ist doch keine Kunst! Das ist glaubwürdiger!)


Aus dem Bericht des Wehrbeauftragten geht erfreu-
lich klar hervor, dass die Bundeswehr nicht genug für
Soldatinnen und Soldaten und deren Familien tut. Die
Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist ein „zentraler
Attraktivitätsfaktor“; so steht es im aktuellen Bericht des
Wehrbeauftragten. Das kann ich hier und heute nur noch
einmal mit Nachdruck unterstreichen. Wenn die Bundes-
wehr zukünftig ohne Wehrpflichtige auskommen muss,
dann gilt das umso mehr. Die bessere Vereinbarkeit von
Familie und Dienst ist nicht nur eine wesentliche Er-
leichterung für Soldatinnen und Soldaten und ihre Fami-
lien, sondern ist auch ein ganz wichtiges Argument für
junge Leute, wenn sie vor der Entscheidung für oder ge-
gen die Bundeswehr als Arbeitgeber stehen.

Vor vier Jahren hat die Bundeswehr eine Teilkonzep-
tion zum Thema „Familie und Dienst“ vorgelegt. In der
Folge gab es sogar einige hoffnungsvolle Pilotprojekte.
Aber insgesamt ist eigentlich viel zu wenig passiert. Ein
großes Problem ist die Kinderbetreuung. Es gibt genau
einen einzigen Betriebskindergarten der Bundeswehr,
und der ist ausgerechnet in Bonn, und zwar im Verteidi-
gungsministerium. Das ist sicherlich gut und richtig für
die Mitarbeiter im Ministerium. Aber das ist natürlich
weit entfernt von einem ernstzunehmenden Betreuungs-
angebot für die Truppe. Auch wenn man den Grundsatz
verfolgt, dass man zuerst die Kooperation mit Kinderta-
gesstätten vor Ort sucht, bleibt das Problem, dass der
Soldatenberuf und seine besonderen Anforderungen
eben nicht mit den Öffnungszeiten eines kommunalen
Kindergartens in Einklang zu bringen sind. Deswegen ist
ganz klar: Bundeswehr und Verteidigungsministerium
müssen die Kinderbetreuungsmöglichkeiten ausbauen
und zu einem Teil ihres Attraktivitätsportfolios machen.

(Beifall bei der SPD)


Natürlich kostet das auch Geld. Bisher gilt, dass Kin-
derbetreuung kein zusätzliches Geld kosten darf. Aber
mit diesem Ansatz wird es bestimmt nicht gehen. Wenn
wir eine Bundeswehr wollen, die als Arbeitgeber wirk-
lich attraktiv ist, dann werden wir alle miteinander so
ehrlich sein müssen und das dann auch so sagen. Ge-
nauso sage ich, dass nicht alles, was zur Familienfreund-
lichkeit beiträgt, letztendlich mehr Geld kostet. Bei-
spielsweise leiden Soldatinnen und Soldaten darunter,
dass bei der Personalerfassung oft nicht berücksichtigt
wird, dass der Partner oder die Partnerin auch Soldat ist.
Die Folge ist dann, dass bei Versetzungen eben nicht be-
dacht wird, welche Verwendung für den Partner einge-
plant ist. Das könnte man zum Beispiel durch einen Ein-
trag in die Personaldaten verhindern. Ähnliches gilt für
die Planung von Fortbildungen. Hier könnte die Bundes-
wehr recht kurzfristig ihren guten Willen zeigen und un-
termauern.

Kommen wir jetzt zum Thema Auslandseinsätze.
Noch wichtiger wird die Frage der Vereinbarkeit von Fa-
milie und Beruf, wo Soldatinnen und Soldaten in den
Einsatz gehen. Der Bericht des Wehrbeauftragten räumt
diesem Punkt zu Recht besonders viel Platz ein. Das
fängt an bei der Einsatzdauer. Im Jahr 2010 gab es eine
schleichende Verlängerung der Afghanistan-Mandate
über die eigentlich vorgesehenen vier Monate hinaus. Im
Januar dieses Jahres ging ein Kontingent nach Afghanis-
tan, dessen Soldaten schon vor der Abreise gesagt
wurde, dass sie für sechs Monate eingesetzt seien, man-
che sogar noch länger. Wir haben das hier vor einigen
Wochen schon einmal angesprochen. Ich will es trotz-
dem wiederholen: Das schadet unseren Soldaten, weil
die Anfälligkeit für psychische Erkrankungen mit jedem
zusätzlichen Tag im Einsatz steigt.


(Beifall bei der SPD)


Der Wehrbeauftragte hat auch dazu im letzten Jahr ei-
nige Berichte bekommen. Es ist ebenfalls nicht einzuse-
hen, dass auf einmal die breite Masse der Soldatinnen
und Soldaten zu Spezialisten geworden ist, für die wir
eine längere Einsatzdauer eigentlich vorgesehen haben.
Das sollten und sollen wirklich Ausnahmen bleiben.
Sonst müssen Sie so ehrlich sein und begründen, warum
ganze Kontingente ein halbes Jahr und länger in den Ein-
satz gehen.

Was bei diesen Einsätzen oft unter den Tisch fällt: Die
lange Abwesenheit hat spürbare Folgen für die Familien.
Da fehlt die Mama oder der Papa einfach mal für ein hal-
bes Jahr, und zwar nicht, weil er mit einem Schirmchen-
drink auf den Malediven sitzt, sondern weil er in einen
gefährlichen Einsatz geht. Das zehrt an den Nerven der
Angehörigen. Es ist nicht in Ordnung, dass sich viele
Soldatinnen und Soldaten und ihre Familien nicht mehr
auf das Wort ihres Dienstherrn verlassen können, wenn
es um die Länge ihres Auslandseinsatzes geht.


(Beifall bei der SPD)






Karin Evers-Meyer


(A) (C)



(D)(B)

Verschlimmert wird das noch durch eine undurchsich-
tige Einsatzplanung. Im Bericht ist von Fällen zu lesen,
in denen es keine rechtzeitige Information über verscho-
bene In- und Out-Termine gab. Das betraf übrigens auch
Kontingente für das Kosovo, bei denen in der zweiten
Septemberwoche noch nicht feststand, wann in der zwei-
ten Monatshälfte die Rückflüge stattfinden sollten. Dass
die Soldaten dann nach ihrer Ankunft in Deutschland
noch durch die halbe Republik reisen müssen, um zu ih-
rem Heimatstandort zu kommen, das komplettiert das
Bild eines Arbeitgebers, der solche Fragen offensichtlich
nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit behandelt.

Das sind natürlich Kleinigkeiten im Vergleich zu Tod
und Verwundung im Einsatz. Aber es sind wichtige
Dinge, die nicht nur das Leben der Soldatinnen und Sol-
daten erleichtern, sondern auch der Bundeswehr helfen;
denn sie erhält als Gegenwert zufriedenere Mitarbeiter,
die sich wertgeschätzt fühlen. Die Bundeswehr sollte da-
her nicht den Fehler begehen, Dinge wie Familienbe-
treuung und Fürsorge während eines Auslandseinsatzes
als Sozialdudelei zu verniedlichen. Ich glaube, viele
große Unternehmen in Deutschland haben mittlerweile
gelernt, dass das ein großer Fehler ist. Die meisten haben
dazugelernt, und das Verteidigungsministerium sollte
sich diesem Lernprozess anschließen.


(Beifall bei der SPD)


Ein weiterer Punkt in dieser Reihe ist das Thema
„Kommunikation aus dem Einsatzland“. Wir haben uns
im Ausschuss wiederholt damit beschäftigt. Im Vergleich
zu dem, was unsere Partnernationen den Soldatinnen und
Soldaten anbieten, befindet sich unsere Bundeswehr im-
mer noch im letzten Jahrtausend. Neue Mobilfunkver-
träge sollen bis Mitte des Jahres stehen. Aber es ist
schon jetzt abzusehen, dass auch diese Verträge nicht
ausreichen werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist doch eigentlich ganz einfach: Dinge wie Skype
gehören heute einfach zur Alltagskommunikation, be-
sonders wenn man über Tausende von Kilometern kom-
munizieren muss. Das sollte sich auch in den Vertrags-
anforderungen niederschlagen; es fehlt aber bisher. Ich
bitte, das noch einmal zu überprüfen. Alles andere führt
doch nur zu unnötiger Frustration. Unsere Soldatinnen
und Soldaten warten dringend auf eine Verbesserung und
vertrauen auf die Ankündigung des Ministeriums. Wenn
es entgegen dieser Ankündigung bis Mitte des Jahres im-
mer noch keine Lösung für die Kommunikation aus den
Einsatzgebieten gibt, dann wird dieses Vertrauen ver-
schenkt.

Das führt mich zum nächsten Schwerpunkt im Jahres-
bericht, zum Thema „Verlässlichkeit und Qualität“. Wir
haben heute Vormittag über den Entwurf zum Wehr-
rechtsänderungsgesetz 2011 beraten. Zum 1. Juli 2011
soll die Wehrpflicht wegfallen. Was mir bei der Diskus-
sion bisher zu kurz kommt, ist die Frage, wie die Bun-
deswehr in Zukunft eigentlich den Nachwuchs gewinnen
will, den sie braucht. Die Bundeswehr wird sich nach
dem Wegfall der Wehrpflicht doch viel intensiver als
bisher um Nachwuchsgewinnung kümmern müssen. Das
wird für die Truppe zu einer wirklichen Herausforderung
werden.

Die Nachwuchsgewinnung wird durch den demogra-
fischen Wandel noch erschwert. Unsere Bundeswehr
wird in Zukunft also viel mehr mit der freien Wirtschaft
um gute Köpfe konkurrieren müssen. Wenn ich mir die
Äußerungen aus der Bundeswehrführung der letzten
Tage dazu vergegenwärtige, dann bin ich skeptisch, ob
das schon überall erkannt worden ist. Ich glaube wirk-
lich, dass es ein falsches Signal ist, wenn die Bundes-
wehrführung davon spricht, in Zukunft vor allem Ge-
ringqualifizierte ansprechen zu wollen. Umgekehrt wäre
es richtig: Sie sollten den Anspruch haben, die wirklich
gut Qualifizierten anzuwerben. Dazu braucht man natür-
lich auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung. In
Zukunft steigen also die Anforderungen an eine effizi-
ente Nachwuchsgewinnung.

Die Bundeswehr hat bei einer Stärke von rund
185 000 Mann einen jährlichen Regenerationsbedarf von
10 000 Kurzzeitdienern und 17 000 Zeit- und Berufssol-
daten. Wenn wir für die Zeit- und Berufssoldaten ein
Verhältnis von drei Bewerbern auf eine Stelle und für
Kurzzeitdiener ein Verhältnis von zwei zu eins ansetzen,
dann können wir feststellen, dass die Bundeswehr jähr-
lich mehr als 70 000 Bewerber benötigt.

Legt man die Ausgaben anderer Armeen für die
Nachwuchswerbung zugrunde, müsste die Bundeswehr
künftig pro Jahr deutlich über 1 Milliarde Euro aufwen-
den, um neue Kräfte anzuwerben. Wie diese wirklich
beträchtliche Summe von über 1 Milliarde Euro im Ver-
teidigungshaushalt aufgebracht werden soll, ist noch im-
mer nicht klar.

Auch die geplante Reduzierung der Zahl der Kreis-
wehrersatzämter macht uns große Sorgen. Damit sinken
die Chancen der Bundeswehr, auch in der Fläche präsent
zu sein.

Natürlich spielt die Bezahlung eine wichtige Rolle;
aber das ist nicht das Einzige. Fairness, Transparenz und
Verlässlichkeit dürfen nicht auf der Strecke bleiben.
Dazu gibt es ein paar negative Beispiele: Die verspro-
chene Sonderzahlung, die Weiterzahlung des Weih-
nachtsgeldes, ist nicht erfolgt. Das hat unsere Soldaten
sehr enttäuscht. Ich hoffe, dass wir in dieser Frage wei-
terkommen.

Mir ist sehr wichtig, zu sagen, dass meine Fraktion er-
wartet, dass uns hinsichtlich der Vorkommnisse auf dem
Schulschiff „Gorch Fock“ möglichst bald ein vollständi-
ger Bericht vorliegt. Wir erwarten mit Ungeduld die Er-
gebnisse der angekündigten Untersuchung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709322800

Das Wort hat nun der Kollege Christoph Schnurr für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Christoph Schnurr (FDP):
Rede ID: ID1709322900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich darf im Namen der FDP-Fraktion zu Beginn meiner
Ausführungen und meiner Berichterstattung zum Jahres-
bericht des Wehrbeauftragten zum Ausdruck bringen,
dass auch unsere Gedanken bei den Hinterbliebenen der
bei den tragischen Ereignissen der letzten Woche in Af-
ghanistan Gefallenen sind. Wir hoffen, dass die Verwun-
deten schnellstmöglich genesen. Wir senden von dieser
Stelle – ich glaube, ich tue das auch im Namen des gan-
zen Hauses – die besten Wünsche.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE])


Der Wehrbeauftragte hat dem Parlament Ende Januar
dieses Jahres den Jahresbericht für 2010 vorgelegt. Er
hat die Erkenntnisse, die er im Jahr 2010 bei unter-
schiedlichsten Truppenbesuchen, bei Gesprächen, bei di-
versen anderen Gelegenheiten mit den Soldatinnen und
Soldaten sowie Angehörigen der Bundeswehr, aber auch
mit unterschiedlichen Institutionen gewonnen hat, in
dem Jahresbericht gebündelt und ihn dem Deutschen
Bundestag sehr zeitnah übergeben. Ich glaube, es ist der
erste Bericht, der dem Deutschen Bundestag so zeitnah
übergeben wurde. Ich bedanke mich ausdrücklich dafür,
dass wir die Gelegenheit haben, ebenfalls zeitnah über
diesen Bericht zu diskutieren.

Herr Minister, ich setze auch in diesem Zusammen-
hang auf die Offenheit Ihres Hauses, darauf, dass Sie den
Inhalt des Berichts nicht nur prüfen werden, sondern
dass Ihr Haus die Stellungnahme zu diesem Bericht nach
Möglichkeit zeitnah dem Parlament übermittelt, damit
wir dann hier über die Konsequenzen, die aus dem Jah-
resbericht 2010 resultieren, angemessen diskutieren kön-
nen.

Sie, Herr Königshaus, nehmen Ihre verantwortungs-
volle Aufgabe als Wehrbeauftragter sehr ernst. Dies
zeigt sich insbesondere dadurch, dass Sie den Verteidi-
gungsausschuss im Jahr 2010 bereits zweimal unterrich-
tet haben. Es ist gut, zu wissen, dass Sie uns nicht nur am
Ende des Jahres mit dem komprimierten Jahresbericht
informieren, sondern dass Sie die Mitglieder des Vertei-
digungsausschusses auch regelmäßig über Ergebnisse
und Ereignisse unterrichten, die sich in der Truppe ab-
spielen.

Auch der 52. Jahresbericht legt viele Missstände dar,
die jedoch zum Teil – das ist das Positive daran – wieder
abgestellt sind. Der Jahresbericht 2010 hat im Wesentli-
chen drei Schwerpunkte: die Vereinbarkeit von Familie
und Dienst, die Situation in den Auslandseinsätzen und,
damit verbunden, die Ausrüstung der Soldaten sowie die
Probleme im Sanitätsdienst.

Im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Dienst
besteht Nachholbedarf. In der Kinderbetreuung gibt es
zwar erste Erfolge; ein flächendeckender großer Durch-
bruch ist aber noch nicht erzielt worden. Es ist darüber
nachzudenken, ob beispielsweise eine Kinderbetreuung
an den Universitäten und an den Bundeswehrschulen
sinnvoll erscheinen würde. Nachzudenken ist auch über
weitere Betriebskindergärten, insbesondere vor dem Hin-
tergrund, dass der Frauenanteil in der Truppe mittlerweile
bei knapp 9 Prozent liegt. Wir wollen diesen Anteil auf
15 Prozent steigern. Deswegen ist es begrüßenswert, dass
der Bundesminister im letzten Jahr angekündigt hat, an
200 Standorten weitere Eltern-Kind-Arbeitszimmer ne-
ben denen zu schaffen, die bereits existieren. Das ist ein
erster Schritt in die richtige Richtung. Ich bin mir sicher,
dass es nicht der letzte Schritt sein wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn wir über die Auslandseinsätze und die vorhan-
dene Ausrüstung sprechen, dann dürfen wir nie verges-
sen, dass Ausbildung und Ausrüstung die höchste Priori-
tät haben müssen. Die haben sie auch. Das Training mit
den Handwaffen und den Fahrzeugen kann nicht oft ge-
nug unter harten Bedingungen erfolgen, damit die Solda-
tinnen und Soldaten dieses Material im Einsatz auch in
schwierigen Situationen sicher beherrschen. Das ist ein
ganz wichtiger Punkt.

Wir sind hier auf dem richtigen Weg, wenngleich es
noch viel zu tun gibt. Deswegen ist es eine richtige Ent-
scheidung gewesen, im Verteidigungsministerium eine
Ad-hoc-Arbeitsgruppe zu gründen, die aus den Erfah-
rungen im Einsatzkontingent Ausrüstungsmängel identi-
fiziert, damit diese dann abgestellt werden können. Es ist
auch richtig, dass wir als Parlamentarier den Haushalts-
ansatz für den einsatzbedingten Sofortbedarf im Jahr
2011 auf 300 Millionen Euro angesetzt haben, der un-
mittelbar unseren Soldatinnen und Soldaten in den Aus-
landseinsätzen zugutekommt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass das richtig war, sehen wir daran, dass sich die An-
zahl der geschützten Fahrzeuge insbesondere in Afgha-
nistan maßgeblich erhöht hat.

Ein wichtiger Punkt, der nicht nur im letzten Bericht
erwähnt wurde, sondern auch immer wieder im Ge-
spräch mit den Soldaten ein Soft Skill ist, ist die Mög-
lichkeit der Kommunikation mit der Heimat. Der ehema-
lige Anbieter hat einiges geleistet, wenngleich wir uns
alle erhofft haben, dass die Möglichkeiten der Soldatin-
nen und Soldaten, mit ihren Angehörigen in Deutschland
zu kommunizieren, besser werden. Deswegen ist es rich-
tig und gut, dass nicht nur eine Ausschreibung stattge-
funden hat, sondern dass auch die Entscheidung getrof-
fen wurde, einen neuen Anbieter zu suchen und die
damit verbundenen Leistungen für die Soldatinnen und
Soldaten im Auslandseinsatz wesentlich zu verbessern.
Hierzu gehört nicht nur, dass mehr Computerarbeits-
plätze und höhere Geschwindigkeitsraten für Telefonie
und Internet zur Verfügung stehen, sondern auch, dass
das Ministerium zugesagt hat, den Soldatinnen und Sol-
daten 30 Telefonfreiminuten in der Woche zur Verfü-
gung zu stellen. Das sind erste Schritte, um die Attrakti-
vität der Bundeswehr zu steigern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Christoph Schnurr


(A) (C)



(D)(B)

Der Sanitätsdienst ist selber zum Patienten geworden.
Das hat der Wehrbeauftragte bereits angeführt. Auch
hier haben wir mit einem erhöhten Mittelumfang die Tal-
fahrt beenden können. Im letzten Jahr fehlten noch rund
600 Ärzte. Mittlerweile hat sich diese Zahl auf 360 redu-
ziert. Wir konnten sogar 85 Seiteneinsteiger aus der
freien Wirtschaft für die Bundeswehr gewinnen.

Wir müssen neue Anreize schaffen. Angesichts der
Herausforderungen, vor denen wir jetzt stehen, insbe-
sondere der Umstrukturierung der Bundeswehr, müssen
wir die Bundeswehr noch attraktiver machen. Herr
Wehrbeauftragter, ich wünsche Ihnen für die Arbeit in
diesem Jahr, die sicherlich vor dem Hintergrund der
Strukturreform und der Aussetzung der Wehrpflicht,
aber auch vor dem Hintergrund der bestehenden Ein-
sätze äußerst interessant werden wird, alles Gute.

Am Ende meiner Rede – Frau Präsidentin, ich sehe
das Licht – möchte ich den Soldatinnen und Soldaten im
Auslandseinsatz, aber auch ganz bewusst deren Fami-
lien, Angehörigen und den Freunden der Soldaten sowie
den Soldatinnen und Soldaten in Deutschland danken.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709323000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Inge Höger für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709323100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu-

nächst einmal möchte ich meinen Dank an den Wehrbe-
auftragten für diesen wertvollen Bericht und seine wich-
tige Arbeit aussprechen. Solange es eine Bundeswehr
gibt, ist die Institution des Wehrbeauftragten in jedem
Fall sinnvoll und notwendig.


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Danach auch!)


Der Bericht zeigt aber auch, warum die Vorstellung einer
Bundesrepublik ohne Armee so attraktiv ist. Ein Teil der
aufgeführten Missstände und Exzesse wie Bedrohung
von Untergebenen oder gar Körperverletzung oder ent-
würdigende Behandlung ist wohl eher ein Zerrbild als
ein Spiegel der Gesellschaft.


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Sie machen ein Zerrbild!)


Da helfen die jährlichen Berichte, wenigstens die Pro-
bleme der real existierenden Bundeswehr zu beschrei-
ben.

Wie wichtig die Arbeit des Wehrbeauftragten als An-
walt der Soldatinnen und Soldaten ist, zeigten die letzten
Monate schmerzlich. Besorgte Bundeswehrangehörige
haben sich über die Feiertage an mein Büro und wohl
auch an viele andere Abgeordnete gewandt. Die Anlässe
sind in der Zwischenzeit hinlänglich bekannt, aber noch
lange nicht aufgeklärt: geöffnete Briefe, lebensgefährli-
che Missstände auf der „Gorch Fock“ und Waffenspiele
in Afghanistan. Das alles beunruhigte Soldaten, lange
bevor es die Bild-Zeitung aufgriff. Meinen Brief mit der
Bitte um Aufklärung beantwortete das Verteidigungsmi-
nisterium erst gut einen Monat später. Auch die erste Sit-
zung des Verteidigungsausschusses in diesem Jahr trug
kaum zur Klärung bei. Dort erzählte der Staatssekretär
Kossendey, der Soldat sei in Afghanistan beim Waffen-
reinigen gestorben.

Auch der Minister redet zwar gerne mit ausgewählten
Medien, nimmt aber seine Auskunftspflichten gegenüber
Abgeordneten nicht allzu ernst.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Heucheln Sie doch kein Interesse an der Bundeswehr! – Florian Hahn [CDU/CSU]: So ein Schmarren!)


Ohne einen Wehrbeauftragten wären dem Verteidigungs-
ausschuss wohl wieder einmal wesentliche Informatio-
nen vorenthalten worden. Eine wirkliche parlamentari-
sche Kontrolle der Armee ist so kaum möglich.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich bin dankbar für das Korrektiv des Wehrbeauftragten.
Doch eigentlich ist es Aufgabe des Ministeriums, alle
wesentlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.
Stattdessen wird vertuscht und verschleiert. So kann das
nicht weitergehen.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der LINKEN: Kein Wunder bei dem Minister!)


Der größte und gewichtigste Teil der Probleme der
Soldatinnen und Soldaten bezieht sich auf die Ausland-
seinsätze der Bundeswehr und ganz speziell auf den
Kriegseinsatz in Afghanistan. Der Bericht des Wehrbe-
auftragten macht sichtbar, was es konkret bedeutet, dass
Deutschland eine „Armee im Einsatz“ hat. Die verfah-
rene Lage in Afghanistan wird überdeutlich. Wir können
nachlesen, dass die „Intensität der Einsätze kontinuier-
lich zugenommen“ hat, dass Soldaten „nahezu täglich in
Feuergefechte verwickelt“ sind, dass sie „durch zuneh-
mend militärisch organisierte Hinterhalte und Angriffe
bedroht“ sind. So steigt die Zahl der Soldatinnen und
Soldaten ständig, die dies nicht mehr verkraften. Im Jahr
2010 wurden 40 Prozent mehr posttraumatische Erkran-
kungen festgestellt als im Vorjahr. Das ist nur die Spitze
des Eisberges; die Dunkelziffer ist hoch. Diese Erkran-
kungen, aber auch die immer häufigeren und immer län-
geren Kriegseinsätze belasten auch die Angehörigen.
Deshalb wenden sich auch immer mehr Familienangehö-
rige an den Wehrbeauftragten.

In dem Bericht des Wehrbeauftragten wird auch sehr
deutlich, dass es der Bundesregierung mehr um militäri-
sche Interessen als um die Soldatinnen und Soldaten
geht. So dauern die Versorgungsverfahren zur Anerken-
nung von posttraumatischen Erkrankungen sehr lange,
und nur etwa ein Drittel der Anträge auf Wehrdienstbe-
schädigung im Falle von PTBS wurde anerkannt. Das ist
zynisch.


(Beifall bei der LINKEN)






Inge Höger


(A) (C)



(D)(B)

Es kann nicht sein, dass Soldaten und ihre Angehörigen
den Preis für die Kriegspolitik der Regierung zahlen und
dann auch noch mit den Folgen alleingelassen werden.


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Meine Güte!)


Kriege ohne Traumatisierung gibt es nicht; das gilt für
Soldaten ebenso wie für die Zivilbevölkerung – ein wei-
terer Grund, warum die deutsche Kriegsbeteiligung so
schnell wie möglich beendet werden muss.


(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Frau Höger, es reicht!)


Es gibt nur einen wirklichen Schutz für die Soldatin-
nen und Soldaten: Das ist ein Ende dieses Krieges. In
den letzten zwölf Monaten starben elf deutsche Soldaten
in Afghanistan. Etwa 70 wurden verletzt. Jeder Einzelne
von ihnen ist einer zu viel.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Mehrheit in diesem Haus hat es in der Hand, we-
nigstens weitere Opfer zu verhindern. Holen Sie die
Bundeswehr zurück! Beenden Sie diesen Kriegseinsatz!


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709323200

Das Wort hat nun der Bundesminister der Verteidi-

gung, Freiherr zu Guttenberg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesmi-
nister der Verteidigung:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Frau Höger, das war wieder einmal eine bemer-
kenswerte Rede,


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Vor allen Dingen selbst geschrieben!)


die Sie mit den Worten „solange es eine Bundeswehr
gibt“ eingeleitet haben.


(Inge Höger [DIE LINKE]: Ja!)


Ich kann nur sagen: Solange es die Linke gibt, wird es
auch die Bundeswehr geben.


(Inge Höger [DIE LINKE]: Das hängt von der Stärke der Linken ab!)


Gott sei Dank ist das der Fall.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ich darf auch Ihr hartes Urteil über das Ministerium,
das letztendlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
und alle Soldaten trifft, mit Nachdruck zurückweisen.
Das haben sie nicht verdient. Ein solches Urteil sollte
man nicht fällen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten Herrn Kö-
nigshaus ist „den Soldatinnen und Soldaten der Bundes-
wehr sowie ihren Angehörigen gewidmet“. Weiter heißt
es im Vorwort:
Sie nehmen eine für die Gesellschaft unverzicht-
bare und viel zu wenig gewürdigte Aufgabe wahr.

Das ist, wenn man so will, der Schlüsselsatz in Ihrem
Jahresbericht, der auch das gesamte Spannungsfeld auf-
zeigt, in dem wir uns immer wieder befinden und das
letztlich auch bei den Soldaten sowie bei den Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern der Bundeswehr vorzufinden
ist. Ich kann daher nur das unterstreichen, was Sie mit
diesem Satz zum Ausdruck bringen, nämlich dass immer
noch viel zu wenig gewürdigt und wahrgenommen wird,
was an Dienst für unser Land – auch fern davon – geleis-
tet wird. Daher haben unsere Soldaten Dank und nicht
ein solches Pauschalurteil verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese klare Aussage wird dann mit vielen Beispielen
untermauert. Ich will dem Wehrbeauftragten für seine
Tätigkeit danken. Er macht meinen Dienst nicht immer
ruhiger; das liegt aber in der Natur der Sache. Ich glaube,
dass wir eine sehr gute Form gefunden haben, die Pro-
bleme aufzugreifen, anzugehen und zu bearbeiten. Ich
bin überzeugt von der Richtigkeit der Einrichtung des
Amts eines Wehrbeauftragten, weil es unsere Arbeit er-
gänzt und weil wir Dinge oftmals erst über den Wehrbe-
auftragten erfahren. Deshalb ist es eine wichtige und für
Sie, Herr Königshaus, oft auch eine hoch emotionale Ar-
beit, die sicherlich nicht immer ganz einfach ist. Uns eint
das Ziel, dass wir die Sorgen, die Nöte und die Hoffnun-
gen der Soldatinnen und Soldaten nicht nur ernst neh-
men, sondern sie aufgreifen und unsere Bemühungen
letztlich in Ergebnisse münden lassen. Wir wollen ein
klares Bild zeichnen, das die Realitäten wiedergibt.
Wenn Vorwürfe von Soldaten kommen oder Vorwürfe
über einzelne Soldaten uns erreichen – manchmal errei-
chen sie uns erst über die Medien –, dann gehen wir ver-
nünftig und ruhig damit um und versuchen, Abhilfe zu
schaffen.

Die Einrichtung des Wehrbeauftragten macht sicht-
bar, wie eng der Dienst in unseren Streitkräften an das
Grundgesetz gebunden ist. Der jährlich vorgelegte Be-
richt ist immer auch willkommener Anlass, die Frage
nach dem Zustand und nach dem inneren Gefüge unserer
Streitkräfte zu stellen.

Die teilweise eher laute öffentliche Diskussion über
einzelne Missstände der letzten Monate darf uns aller-
dings nicht den Blick auf eine Sache verstellen: Es ist
mir wichtig, dass wir keine voreiligen Schlüsse über die
innere Gesamtlage der Bundeswehr ziehen. Wir müssen
uns immer wieder deutlich machen, dass es sich um
Fehlverhalten Einzelner handelt und dass das nicht den
Zustand der gesamten Bundeswehr widerspiegelt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist und bleibt ein gefährlicher Dienst, den unsere
Soldatinnen und Soldaten in unserem Auftrag leisten.
Morgen Nachmittag – darauf wurde von fast allen Red-
nern hingewiesen – kommen wir zusammen, um in Re-
gen der drei in der vergangenen Woche gefallenen Sol-
daten zu gedenken. Herr Königshaus, Sie haben mit zwei
der gefallenen Soldaten noch gesprochen. Ich selbst war
einen Tag vor diesem schrecklichen Vorfall in dem





Bundesminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg


(A) (C)



(D)(B)

OP North. Ich habe dort Soldaten getroffen und mit ih-
nen gesprochen. Dieser Vorfall hat mich daher in beson-
derer Weise erschüttert. Wir denken an Hauptfeldwebel
Georg Missulia, wir denken an den Stabsgefreiten
Konstantin Menz und an den Hauptgefreiten Georg
Kurat, alle aus der 4. Kompanie des Panzergrenadierba-
taillons 112 in Regen. Wir sind mit unseren Gedanken
und Gebeten bei ihnen, bei den Angehörigen, insbeson-
dere aber auch bei den Verwundeten. Es waren zehn Ver-
wundete an diesem Tag. Es gab zwei unterschiedliche
Vorfälle. Wir wünschen uns baldige und beste Genesung
gerade für die Verwundeten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die öffentliche Anteilnahme ist in den letzten einein-
halb bis zwei Jahren sehr gewachsen. Das ist trotz der
Schrecklichkeit der Vorfälle ein positives Zeichen, da
die Menschen aufnehmen und wahrnehmen, was unsere
Soldaten leisten. Es zeigt, dass die Menschen in unserem
Land hinter unseren Soldaten stehen. Ohne diesen Rück-
halt könnten die Soldatinnen und Soldaten ihren Dienst
auch gar nicht in dieser Weise leisten.

Wenn wir heute über diesen Bericht diskutieren, de-
battieren wir immer über Verantwortung, über die Ver-
antwortung des Dienstherrn, über meine Verantwortung
und die Verantwortung, die wir alle gegenüber der Bun-
deswehr und den Soldaten haben. Gleichwohl dürfen wir
uns auch durch Vorfälle wie am vergangenen Freitag,
durch Rückschläge, gerade was den Einsatz in Afghanis-
tan betrifft, nicht entmutigen lassen. Wegen eines sol-
chen Vorfalls dürfen wir unseren afghanischen Partnern
nicht generell misstrauen. Auch das ist ein wichtiger
Punkt. Wenn wir jetzt ein pauschales, generelles Miss-
trauen gegenüber unseren afghanischen Partnern an den
Tag legen würden, wäre das ein gänzlich falscher Schritt.
Es entspricht unserer Verantwortung, dass wir an unserer
Strategie des Aufbaus der afghanischen Sicherheits-
kräfte und der engen Kooperation mit ihnen festhalten.

Der Wehrbeauftragte kennt die Sorgen und Nöte un-
serer Soldaten von vielen Reisen und Besuchen. Zu
Recht betont er in seinem Bericht die Bedeutung und
Notwendigkeit der Solidarität und Unterstützung der Ge-
sellschaft. Neben den Auslandseinsätzen liegen weitere
Schwerpunkte des Berichts auf der Situation des Sani-
tätsdienstes und vor allem auf der Attraktivität des
Dienstes in der Bundeswehr, insbesondere bei der Ver-
einbarkeit von Familie und Beruf. Diese Anregungen
– allesamt wertvolle Anregungen – werden bei der be-
vorstehenden Neuausrichtung der Bundeswehr in unsere
Überlegungen mit einfließen. Sie sind teilweise schon
Bestandteil dessen, was konzeptionell vorliegt, was es an
Überlegungen gibt und worüber in den nächsten Wochen
zu entscheiden ist. Deshalb verbessern wir mit einem
Maßnahmenpaket die Attraktivität des Dienstes in der
Bundeswehr insgesamt.

Dort, wo in dem Bericht auf bestehende Mängel hin-
gewiesen wird, gehen wir den Einzelfällen konsequent
nach. Wir werden, wo immer es möglich ist, auch Ab-
hilfe schaffen. Insbesondere die Kritik an Ausrüstung
und Ausbildung der Streitkräfte nehme ich außerordent-
lich ernst. Es wurde im letzten Jahr einiges erreicht, frag-
los in den letzten Monaten. Der Bericht würdigt das
auch; aber wir können es nicht dabei belassen. Weitere
Verbesserungen müssen folgen, und sie werden auch fol-
gen. Wir haben uns dem mit aller Kraft anzunehmen.

Wir alle sind dabei in der Pflicht, ein jeder an seinem
Platz: der Wehrbeauftrage, Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen des Deutschen Bundestages, der Bundesminis-
ter der Verteidigung und das Bundesministerium der
Verteidigung. Vergessen wir nicht: Es geht um die Si-
cherheit unseres Landes, es geht um unsere Soldatinnen
und Soldaten. Von daher sage ich dem Wehrbeauftragten
noch einmal Danke. Wir alle müssen weiterhin die Kraft
aufbringen, gemeinsam an der Aufarbeitung dessen zu
arbeiten, was an Missständen gegeben ist. Wir müssen
aber auch das aufgreifen, was in der Breite an Positivem
in der Bundeswehr vorzufinden ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709323300

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Omid

Nouripour für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709323400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

trauern um die getöteten Soldaten. Wir fühlen mit den
Angehörigen. Wir wünschen den seelisch wie körperlich
Versehrten schnellstmögliche und vollständige Gene-
sung. Wir danken denjenigen, die wir als Parlament in
den Einsatz geschickt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Der Vorfall, der uns morgen nach Regen führen wird,
zeigt nicht nur, wie gefährlich dieser Einsatz ist, sondern
auch unsere Verantwortung als Parlament. In diesem Zu-
sammenhang möchte ich auch Ihnen, Herr Wehrbeauf-
tragter, und Ihrem Stab herzlich danken. Sie üben eine
wichtige Hilfsfunktion aus, damit wir eine Parlamentsar-
mee haben können. Herzlichen Dank dafür.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Sie sind als Institution nicht nur international einma-
lig, sondern gerade in diesen Zeiten deswegen besonders
wichtig, weil es irgendeine Person geben muss, denen
die Soldaten in diesen Zeiten tatsächlich vertrauen kön-
nen. Herr Minister, wenn Sie dem Wehrbeauftragten hier
danken, ihn an anderer Stelle aber eine wandelnde Defi-
zitanalyse nennen, ist das nicht nur ein unfreundlicher
Akt, sondern auch ein Zeugnis dafür, dass Sie die Ein-
maligkeit und Wichtigkeit dieser Institution nicht erfasst
haben. Natürlich macht er Ihnen Arbeit. Aber die Tatsa-
che, dass Sie ihn als Klotz am Bein empfinden, zeigt,
dass es Ihnen nicht darum geht, die Verhältnisse zu ver-
bessern, sondern darum, einen bequemen Job machen zu
können.





Omid Nouripour


(A) (C)



(D)(B)


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Eindeutig falsch! Das stimmt nicht!)


So geht es nicht.

Die Vorfälle auf der „Gorch Fock“ und bei der Feld-
post sind nur zwei Beispiele für eine viel zu zäh verlau-
fende Aufklärungsarbeit. Das hat etwas mit Ihrem Kri-
senmanagement zu tun, Herr zu Guttenberg. Am Fall der
„Gorch Fock“ erkennt man exemplarisch, wie viele Ha-
ken Sie geschlagen haben: Freitagvormittag haben Sie
sich jede Vorverurteilung verbeten. Freitagnachmittag
wurde der Kommandant geschasst.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Sie Mittwoch schon gefordert, Herr Nouripour!)


– Nein, habe ich nicht. – Am Samstag war von einer
Suspendierung die Rede. Am Montag haben Sie dann
gesagt, Sie hätten die Abkommandierung nur befohlen,
um ihn zu schützen. Ich glaube, dass das sowohl der
Kommandant als auch die Stammbesatzung der „Gorch
Fock“ anders empfunden haben und es bis heute tun.
Herr Minister, an dieser Stelle haben Sie wiederum den
Überblick verloren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich auf zwei Punkte aus dem Bericht des
Wehrbeauftragten eingehen, zum einen auf den direkten
Draht der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz
zu ihren Familien; das ist von fast allen Rednern ange-
sprochen worden. Die Kollegin Evers-Meyer hat völlig
zu Recht gesagt, dass die Situation bisher desolat war.
Der alte Vertrag – ich weiß, dass Sie das nicht zu verant-
worten haben – war alles andere als gut. Das Problem
ist: Der neue Vertrag ist es auch. Ich will ein paar Bei-
spiele nennen: Höchstens ein Drittel der Soldatinnen und
Soldaten wird skypen können, was gerade in Zeiten, in
denen man sich nicht so ganz auf die Feldpost verlassen
kann, wahnsinnig wichtig ist.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Die Peak-Zeiten, also die Hochzeiten, in denen die
Rechner tatsächlich benutzt werden, nämlich nach dem
Abendessen, werden bei der Bereitstellung der Kapazitä-
ten nicht wirklich berücksichtigt. Besonders witzig ist:
Der Vertrag ist so gestrickt, dass die Gebühren für die
Soldatinnen und Soldaten im Einsatz steigen, wenn das
eintritt, was die Bundesregierung verspricht, nämlich
dass bereits zum Ende des Jahres Soldatinnen und Solda-
ten abgezogen werden und das Kontingent verkleinert
wird. Der Vertrag wurde ohne jeden Überblick abge-
schlossen. Es wäre schön, wenn Sie bei der Lösung sol-
cher Probleme einmal mit dem Wehrbeauftragten reden
und ihm zuhören würden.

Das zweite Beispiel: Vereinbarkeit von Familie und
Beruf. Natürlich ist die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf einer der zentralen Bausteine im Hinblick auf die
Attraktivität der Bundeswehr, gerade wenn die Wehr-
pflicht ausgesetzt wird. In dieser Situation stellen Sie
sich hin und sagen: Ich mache etwas dafür; denn ich
werde 200 zusätzliche Eltern-Kind-Zimmer bereitstel-
len. – Das zeigt, wie kurzsichtig Ihre Überlegungen sind.
Ich habe viele Kasernen besucht. Die dortige Angebots-
situation ist ambivalent. Viele Menschen wissen nicht so
genau, was sie mit den Eltern-Kind-Zimmern machen
sollen. Die Bundeswehr braucht – wie der Rest der Ge-
sellschaft – echte Betreuungsangebote. Allerdings ist an
dieser Front bisher Fehlanzeige.

Uns wurde ein Katalog mit Vorschlägen vorgelegt,
wie die Attraktivität der Bundeswehr gesteigert werden
kann. Dabei war auch von Inländern ohne deutschen
Pass die Rede. Herr Wehrbeauftragter, in diesem Zusam-
menhang möchte ich eine Bitte wiederholen: Ich glaube,
dass es den Realitäten und den Veränderungen unserer
Gesellschaft entspräche, wenn Sie sich in Ihrem nächs-
ten Bericht mit der Situation der Menschen mit Migrati-
onshintergrund in der Bundeswehr beschäftigen würden;
denn sie haben, wie Sie dann erfahren würden, nicht nur
eigene Probleme, sondern bringen auch eigene Erfahrun-
gen mit. Es ist sinnvoll, sich mit dieser Thematik zu be-
schäftigen.

Nach dem Katalog mit Vorschlägen, der uns vorgelegt
wurde, soll es möglich sein, Menschen ohne deutschen
Pass bei der Bundeswehr zu beschäftigen. Ich spreche
hier von Inländern ohne deutschen Pass; damit wird der
Unterschied zu Söldnern deutlich. Herr Minister, wir ha-
ben erfahren, dass Sie das abgelehnt haben; Sie wollen
das nicht. Mein Verdacht ist: Sie verfallen hier einer Lo-
yalitätsparanoia und sind nicht imstande, zu erkennen,
dass wir hier über die Kinder dieses Landes reden; da
gibt es keine Schwierigkeiten mit der Loyalität.

Lassen Sie mich zum Schluss einen weiteren Punkt
ansprechen, nämlich das von Ihnen beschriebene Part-
nering. Natürlich müssen wir in dieser Situation in erster
Linie von den Afghanen fordern, dass sie das Vertrauen
wieder herstellen; sie müssen uns erklären, wie sie das
machen wollen. Da ist einiges zu tun. Es geht nicht da-
rum, die Intensität der Ausbildung der afghanischen Sol-
daten durch die Bundeswehr grundsätzlich infrage zu
stellen. Die Frage ist nur, ob man das ganze Konzept für
sakrosankt erklären sollte, ob man also sagen sollte: So,
wie es ist, ist es richtig; alles andere machen wir nicht.
Ich glaube, dass die Verunsicherung in der Truppe viel
zu groß ist, um einfach zu sagen: Alles bleibt so, wie es
ist; es gibt keinerlei Überprüfung des Konzepts. Sie soll-
ten da besser zuhören, um auch bei diesem Thema den
Überblick zu behalten.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709323500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/4400 an den Verteidigungsausschuss vor-
geschlagen. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Christine
Lambrecht, Sören Bartol, Petra Ernstberger,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Maklerkosten gerecht verteilen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Daniela Wagner,
Ingrid Hönlinger, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Bestellerprinzip in die Mietwohnungsver-
mittlung integrieren

– Drucksachen 17/3212, 17/4202, 17/4614 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Jan-Marco Luczak
Christine Lambrecht
Dr. Stefan Ruppert
Jens Petermann
Ingrid Hönlinger

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Damit sind
Sie, wie ich sehe, einverstanden.

Wenn die Kolleginnen und Kollegen, die der Debatte
nicht folgen wollen, ihre Gespräche außerhalb des Saa-
les führen, können wir mit der Aussprache beginnen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der
Kollege Christian Ahrendt für die FDP-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der FDP)



Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1709323600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Wir haben heute Abend zwei An-
träge abschließend zu beraten: den Antrag der SPD-
Fraktion, die Maklerkosten gerecht zu verteilen, und den
Antrag über die Einführung eines Bestellerprinzips. Las-
sen Sie mich zu Beginn eines feststellen: Wir brauchen
weder den einen noch den anderen Vorschlag; denn die
derzeitigen gesetzlichen Regelungen sind völlig ausrei-
chend.

Zum einen haben wir einen Grundsatz in unserem Zi-
vilrecht, der sich klar durch alle Regelungen zieht. Es
handelt sich dabei um den Grundsatz der Vertragsfrei-
heit. Die Menschen sollen, weil wir ihnen vertrauen,
dass sie ihre Dinge am besten selbst regeln können, ihre
Verträge selber schließen und die Preise, die im Rahmen
der Verträge zu verabreden sind, selber aushandeln kön-
nen. Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, darüber zu
befinden, wie das, was die Parteien aushandeln, gerecht
verteilt werden soll. Das ist der erste Punkt: Wir brau-
chen Vertragsfreiheit und keine Verteilung im Zivilrecht.
Schon aus diesem Grund ist das, was Sie vorschlagen,
meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der
SPD, abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Wenn man Ihren Antrag im Detail liest, wird sichtbar,
wie suspekt er ist. Wir machen hier ein Recht für Groß-
städte, das auch für alle anderen Bereiche in Deutsch-
land gilt. Wenn es in einer Großstadt aus verschiedenen
Gründen zu einer Wohnungsnot kommt, die zu Markt-
verschiebungen führt, dann heißt das nicht, dass bei-
spielsweise wir in Mecklenburg-Vorpommern dieselbe
Situation haben. In Mecklenburg-Vorpommern ist es
eher so, dass Vermieter Schwierigkeiten haben, Mieter
für ihre Wohnungen zu finden. Dort müssen die Mieter
nichts bezahlen, weil der Markt dafür sorgt, dass der
Vermieter die Maklerkosten trägt. Der Mieter hat eine
wesentlich bessere Verhandlungsposition. Sie aber wol-
len die Kosten des Maklers zur Hälfte auf den Mieter
übertragen. Es ist völlig falsch, zu versuchen, ein Recht
aufgrund Gerechtigkeits- und Verteilungserwägungen zu
verschieben, nur weil man etwas, was in München,
Stuttgart oder Berlin gilt, auch auf das – ich darf das so
salopp formulieren – platte Land übertragen möchte.

Dritter Punkt. Das, was Sie wollen, ist bereits gesetz-
lich geregelt. Wir haben das Wohnraumvermittlungsge-
setz. Darin ist auch enthalten, was die Grünen wollen. In
diesem Gesetz steht, dass ein Makler bei der Wohnraum-
vermittlung nur dann tätig werden darf, wenn er vom
Vermieter einen Auftrag hat. Das ist das Bestellerprin-
zip. Außerdem ist darin eine Begrenzung der Makler-
courtage festgeschrieben, und zwar auf zwei Mieten. In-
sofern wurde mittels dieses Gesetzes reagiert, um
ungerechte Marktentwicklungen zu verhindern, die für
Verbraucher belastend sein können. Das ist ein weiterer
Punkt, der es nicht sinnvoll erscheinen lässt, auch nur
annähernd über das, was Sie hier vorschlagen, nachzu-
denken.


(Beifall bei der FDP – Dr. Peter Danckert [SPD]: Nachdenken schadet aber nicht!)


– Nachdenken schadet nie, Herr Kollege Danckert. Aber
manchmal ist es auch sinnvoll, nachzudenken, bevor
man einen Antrag vorlegt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir brauchen
keine Bevormundung im deutschen Recht. Unser deut-
sches Recht, insbesondere unser Zivilrecht, gründet auf
Vertragsfreiheit. Die Menschen sind in der Lage, ihre
Verträge selbst auszuhandeln. Sie sollen das nach den
vorhandenen Marktsituationen auch selbst tun. Aus den
genannten Gründen lehnen wir Ihre Vorschläge ab.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709323700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine Lamb-

recht für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) (C)



(D)(B)


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1709323800

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen!

Herr Ahrendt, wenn Sie sagen, wir brauchen dieses Ge-
setz nicht, weil die Menschen das alles selbst regeln kön-
nen, dann mag das vielleicht für Menschen wie Sie gel-
ten, für die zwei Wohnungsmieten Maklergebühr keine
große Rolle spielen. Aber für eine ganze Reihe von
Menschen, die auch bedingt durch die Anforderungen
der Arbeitswelt häufiger umziehen müssen und viel-
leicht nicht über das Einkommen eines Bundestagsabge-
ordneten oder eines Anwalts verfügen, spielt es eine
ganz große Rolle, ob sie jedes Mal diese Maklergebühr
bezahlen müssen oder nicht. Deshalb glaube ich sehr
wohl, dass dieses Thema hierher gehört.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will das mit einigen Zahlen belegen. Wir haben in
Deutschland circa 23 Millionen Mietverhältnisse. Bei ei-
ner Umzugsquote von 11 Prozent – sie ist so hoch auf-
grund der Anforderung, dass die Menschen flexibel sein
und den Wohnort wechseln müssen, wenn sie woanders
einen Arbeitsplatz bekommen können – haben wir jedes
Jahr 2,3 Millionen neue Mietverhältnisse. Davon ist fast
die Hälfte, nämlich 1 Million, mit Maklergebühren be-
legt, Tendenz steigend.


(Christian Ahrendt [FDP]: Und die andere Million?)


Angesichts dessen können Sie hier doch nicht sagen, das
spiele alles keine Rolle, die Menschen müssten diese
Verträge mit Maklerkosten ja nicht abschließen. Denn
die Realität ist eine andere. Es ist nicht so, dass nur in
Großstädten wie Berlin, Hamburg, München, Stuttgart
und Frankfurt die Situation vorherrscht, dass die Men-
schen gar keine andere Möglichkeit mehr haben, an ge-
eigneten Wohnraum zu kommen, als durch Verträge, die
über Makler abgewickelt werden,


(Sebastian Körber [FDP]: Das stimmt überhaupt nicht! Blödsinn!)


sondern das gibt es durchaus auch in ganz anderen Be-
reichen.


(Christian Ahrendt [FDP]: Aber in MecklenburgVorpommern gibt es viele Wohnungen!)


Beispielsweise findet man in einem riesigen Ballungsge-
biet wie der Rhein-Main-Region so gut wie keine Woh-
nung mehr, wenn man keinen Makler einschaltet.

Jetzt kann man natürlich sagen, man habe doch die
Freiheit, einen Vertrag zu schließen, bei dem Maklerge-
bühren anfallen, oder es zu lassen. Das bedeutet aber
nichts anderes, als sich zu entscheiden, ob man eine
Wohnung bekommt oder nicht. Das ist eine ziemlich
zynische Auslegung der Vertragsfreiheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen ist es dringend erforderlich, das von Ihnen
eben angeführte, nach dem Wohnraumvermittlungsge-
setz geltende Bestellerprinzip kritisch zu hinterfragen.
Sie selbst haben gesagt, dass der Makler nur dann tätig
werden darf, wenn der Vermieter ihn beauftragt. Aber
was geschieht denn dann? Die Kosten der Beauftragung
werden auf denjenigen abgewälzt, der den Wohnraum
anmietet. Der Vermieter bestellt – da haben Sie recht –,
aber bezahlen muss dann alleine der Mieter. Das hat
nichts mehr mit dem Bestellerprinzip zu tun, und deswe-
gen wollen wir einen fairen Ausgleich bei dieser Belas-
tung erreichen.

Ich sehe durchaus ein, dass auch ein Mieter etwas da-
von hat, wenn ein Makler eingebunden wird, denn
selbstverständlich koordiniert dieser Besuchs- und Be-
sichtigungstermine usw. Deswegen ist uns der Antrag
der Grünen zu weitgehend, nach dem allein der Vermie-
ter oder Verkäufer die Maklergebühren tragen soll.

Wir wollen einen Ausgleich, weil beide davon profi-
tieren und weil es in der jetzigen Situation, die sich noch
dramatisch verschlechtern wird – vielleicht nicht in je-
dem Ort Mecklenburg-Vorpommerns, aber auch in
Kleinstädten und Dörfern, beispielsweise in der Rhein-
Main-Region –, schwierig ist, an bezahlbaren und akzep-
tablen Wohnraum zu kommen.

Für Sie mag das vielleicht nicht von Belang sein, aber
für eine ganze Menge Menschen ist es sehr wohl wich-
tig, ob sie zusätzlich zu Umzugs- und Renovierungskos-
ten auch noch Maklergebühren zu entrichten haben,
wenn sie umziehen und ein neues Mietverhältnis einge-
hen müssen. Springen Sie deshalb über Ihren Schatten,
und unterstützen Sie unseren Antrag! Das würde zeigen,
dass Sie die Lebensrealität der Menschen durchaus
wahrnehmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Christian Ahrendt [FDP]: Weil wir sie wahrnehmen, wollen wir es ja nicht!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709323900

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun der Kollege

Dr. Jan-Marco Luczak.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1709324000

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolle-

ginnen und Kollegen! Ich will gar nicht lange um den
heißen Brei herumreden: Auch die Union wird diese bei-
den Anträge, die von SPD und Grünen vorgelegt wur-
den, ablehnen. Ich will Ihnen gerne erläutern, warum das
so ist: Ihre Anträge gehen erstens von falschen Annah-
men aus, sie sind zweitens zum Teil kontraproduktiv,
und drittens sind sie vom ganzen Ansatz her auf staatli-
che Interventionen ausgelegt und damit ordnungspoli-
tisch verfehlt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zunächst einmal zu den falschen Annahmen. Ich bin
selber gerade erst vor kurzem in Berlin umgezogen. Ich
habe durchaus lange nach einer Wohnung suchen müs-
sen. Deswegen habe ich mich recht intensiv mit dem Im-
mobilienmarkt in Berlin, also in einer großen Stadt, wie
Sie das in Ihrem Antrag schreiben, auseinandergesetzt.





Dr. Jan-Marco Luczak


(A) (C)



(D)(B)

Ich kann Ihnen also aus persönlicher Erfahrung – der
Umzug liegt erst einige Monate zurück – berichten.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das klassische Durchschnittseinkommen in Deutschland! Das ist doch total naiv!)


Nach meiner Erfahrung ist das ganz eindeutig: Hier in
Berlin haben Sie keinerlei Probleme, eine Wohnung zu
finden, die gänzlich ohne Provision vergeben wird. – Da
Sie dazwischenreden, sage ich: Es mag sein, dass es dar-
auf ankommt, wo man sucht.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht auch darauf, welches Einkommen man hat! Schon einmal darüber nachgedacht, dass nicht jeder unser Einkommen hat? Das ist ja unglaublich!)


Dazu muss man aber sagen, dass man in seiner Freiheit
nicht beschränkt ist, sich auf ein bestimmtes Gebiet zu
beschränken.

Der Bundestag hat sich vor knapp anderthalb Jahren,
zu Beginn der 17. Legislaturperiode, neu zusammenge-
setzt. Ich gehe davon aus, dass auch einige Kollegen von
der SPD-Fraktion sich eine neue Wohnung in Berlin ge-
sucht haben, auch wenn aufgrund des Wahlergebnisses
vermutlich mehr von Ihnen aus Berlin weggezogen als
zugezogen sind. Das war ja auch nicht schlecht so.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Toller Witz!)


– Ja, finde ich auch. – Jedenfalls dürften Sie in der Sache
keine anderen Erfahrungen gemacht haben als ich.

In Ihrem Antrag behaupten Sie aber das komplette
Gegenteil. Dort sagen Sie nämlich, dass Makler „regel-
mäßig“ eingeschaltet werden. Das entspricht nicht mei-
ner Erfahrung.


(Christine Lambrecht [SPD]: Sie sind jetzt vielleicht auch nicht das Maß aller Dinge! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Müssen wir uns an Ihrem persönlichen Schicksal ausrichten?)


Ich bin nun ein bisschen verwirrt. Die Kollegin Lamb-
recht hat nämlich in einer früheren Debatte zu diesem
Thema zu Protokoll ausgeführt, dass im Bundesdurch-
schnitt lediglich bei der Hälfte der Neuvermietungen ein
Makler eingeschaltet wird. Was gilt denn nun? Wird er
regelmäßig eingeschaltet, in der Hälfte der Fälle oder
noch seltener? Sie scheinen sich bei Ihren Zahlen selber
nicht so ganz sicher zu sein.


(Christine Lambrecht [SPD]: Die Hälfte reicht schon!)


Ich glaube eigentlich nicht, dass Sie unter kollektivem
Gedächtnisschwund leiden.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu „Gedächtnisschwund“ sollte Ihre Fraktion generell schweigen!)

Deswegen glaube ich, dass Sie Ihre Erfahrungen zurück-
stellen, um politisches Kapital aus der Sache zu schla-
gen. Das hat mit politischer Seriosität an dieser Stelle
aber nur noch recht wenig zu tun.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu „politischer Seriosität“ sollten Sie auch grundsätzlich schweigen!)


Zugegebenermaßen mag die Wohnungsmarktsituation
in Berlin anders sein als in anderen Regionen. Das muss
man sich schon genau anschauen. In den neuen Bundes-
ländern gibt es zum Beispiel aufgrund der demografi-
schen Entwicklung, wohl auch, weil viele Menschen in
wirtschaftlich besser aufgestellte Regionen ziehen, Ge-
biete, in denen nach wie vor ein hoher Wohnungsleer-
stand herrscht. Dort gibt es so wenig Nachfrage, dass die
Vermieter im Grunde gezwungen sind, einen Makler ein-
zuschalten, wenn sie ihre Wohnung schnell wieder ver-
mieten wollen. Weil die Nachfrage in diesen Gebieten so
gering ist, zahlt fast immer der Vermieter die Provision.
Sonst würde er seine Wohnung nämlich überhaupt nicht
vermieten können. Dort herrscht also eine Situation, die
die Grünen mit ihrem Antrag letztlich erreichen wollen.
Der Markt hat an dieser Stelle sozusagen das Besteller-
prinzip durchgesetzt.

Anders ist das zum Beispiel in Baden-Württemberg
und Nordrhein-Westfalen. Soweit dort überhaupt eine
Provision verlangt wird – das ist sehr unterschiedlich –,
ist es vollkommen üblich, dass die Maklercourtage zwi-
schen Mieter und Vermieter gleichmäßig aufgeteilt wird.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sprechen Sie eigentlich in eigener Sache? Sind Sie eigentlich befangen? Ihre Firma?)


Dort herrscht also eine Situation, die die SPD mit ihrem
Antrag herbeiführen möchte. Einer gesetzlichen Rege-
lung, eines staatlichen Eingriffs hat es in beiden Fällen
nicht bedurft.

Bei den regionalen Unterschieden, die ich hier gerade
aufgezeigt habe, muss man auch beachten, dass es inner-
halb der Regionen ganz unterschiedliche Marktsegmente
gibt. Die Höhe der Maklerkosten ist sehr unterschied-
lich. Es gibt große und kleine Wohnungen. Es gibt eher
einfach ausgestattete Wohnungen, und es gibt Wohnun-
gen mit gehobener Ausstattung. Es gibt Wohnungen, die
von Kleinvermietern angeboten werden, und es gibt
Wohnungen, die von Wohnungsgesellschaften angebo-
ten werden. Manchmal ist die Nachfrage groß, manch-
mal ist sie gering. Manchmal wird eine Provision ver-
langt und manchmal eben nicht. Wenn man sich das
genau anschaut, stellt man also fest, dass sich die Situa-
tion bezüglich der Maklerprovisionen für Mietwohnun-
gen in Deutschland regional ausgesprochen unterschied-
lich darstellt und entwickelt hat.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sind Sie eigentlich deutschlandweit tätig mit Ihrem Unternehmen? Jetzt stellt sich die entscheidende Frage: Ist das nun ein Grund, diese Unterschiede durch ein Gesetz, also durch staatlichen Zwang aufzuheben? Ist das ein Grund, Dr. Jan-Marco Luczak alles über einen Kamm zu scheren, oder ist es nicht vielleicht klug, mal dahinter zu schauen und zu fragen, woher diese Unterschiede kommen? Dazu findet man in Ihren beiden Anträgen kein Wort. Ich sage, dass eine bundesweit einheitliche, staatlich festgelegte Regelung den unterschiedlichen Interessenlagen und den bestehenden regionalen Unterschieden in keiner Weise gerecht wird. (Christine Lambrecht [SPD]: Das haben wir doch jetzt auch! Zulasten der Mieter!)





(A) (C)


(D)(B)


Im Übrigen ist die Wohnungssituation keineswegs sta-
tisch, sondern es gibt durchaus Veränderungen. Auf
diese Veränderungen kann der Markt – Angebot und
Nachfrage – am flexibelsten, am schnellsten und damit
auch am besten reagieren.

Man muss sich verdeutlichen – das hat Kollege Ah-
rendt hier schon angesprochen –, was mit Ihren beiden
Anträgen verfolgt wird. Es handelt sich dabei um einen
ganz erheblichen Eingriff in die Vertragsfreiheit der Par-
teien. Es müsste schon bedeutende Gründe geben, um ei-
nen solchen Eingriff in ein immerhin auch grundrecht-
lich, nämlich durch Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes
geschütztes Recht zu rechtfertigen. Solche Gründe kann
ich aber nicht erkennen. Im Gegenteil: Man sieht an den
regionalen Unterschieden, dass der Markt tatsächlich
funktioniert und den unterschiedlichen Gegebenheiten
Rechnung trägt.

Schauen wir einmal weiter: Ihr Antrag blendet völlig
die Entwicklungen und Veränderungen aus, die auf dem
Immobilienmarkt durch neuere technische Entwicklun-
gen entstehen, zum Beispiel das Internet. Es gibt diverse
Plattformen. Ich nenne nur das Beispiel Immobilien-
scout. Dort findet man 1,2 Millionen Immobilienange-
bote, sowohl Miet- als auch Kaufwohnungen, und zwar
pro Monat.


(Christine Lambrecht [SPD]: Die sind doch trotzdem beim Makler!)


Diese Internetportale ermöglichen es sowohl Miet- als
auch Kaufinteressenten, sich schnell und unkompliziert
einen Angebotsüberblick zu verschaffen und eine geeig-
nete Immobilie auszusuchen.

Wer keine Maklercourtage zu zahlen bereit ist, kann
die entsprechenden Angebote mit einem einfachen Klick
aussortieren. Er klickt einfach an, dass er nur die Ange-
bote sehen möchte, bei denen keine Provision zu zahlen
ist. Kein Problem, dann bekommt er auch nur diese an-
gezeigt. Vor allen Dingen können auch Vermieter und
Verkäufer mit nur wenigen Klicks ihre Immobilien sel-
ber in diesen Portalen einstellen. Dazu brauchen sie kei-
nen Makler.

Allein durch diese in den letzten Jahren stark zuneh-
mende Anbahnung und Abwicklung von Vertragsver-
hältnissen über das Internet gibt es immer weniger Not-
wendigkeit, überhaupt einen Makler einzuschalten.
Wenn man in die Zukunft denkt, geht Ihr Antrag tenden-
ziell ohnehin ins Leere. Sie schreiben an anderer Stelle
in Ihrem Antrag ja auch selbst, dass die Anbahnung des
Vertrages häufiger direkt über den Vermieter oder den
Verwalter erfolgt. In diesen Fällen wäre es ohnehin un-
zulässig, eine Maklerprovision zu verlangen. Das ist ja
auch richtig. Aber Sie nehmen das nicht zum Anlass, Ih-
ren Antrag einmal kritisch zu hinterfragen, sondern Sie
ignorieren diese Tatsache einfach. Da muss ich wieder
sagen, dass Sie mit diesem Antrag Schaufensterpolitik
betreiben.

Das vermeintliche Problem, das Sie mit Ihrem Antrag
aufgreifen, ist also, wenn es überhaupt je eines war, in
den letzten Jahren deutlich kleiner geworden. Es wird in
Zukunft noch kleiner werden. Damit schwindet zugleich
die Rechtfertigung für diesen erheblichen Eingriff in die
Privatautonomie, den Sie hier vornehmen wollen. Damit
wir uns richtig verstehen: Ich bin bestimmt niemand, der
immer sagt, der Markt regelt alles.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Nein, nein!)


An bestimmten Stellen ist es durchaus richtig, dass man
gesetzgeberisch tätig wird, aber an dieser Stelle, wenn es
um die Maklerprovision geht, zeigen uns die tatsächli-
chen Gegebenheiten: Der Markt funktioniert. Deswegen
ist es ordnungspolitisch völlig verfehlt, hier staatlich in-
tervenieren zu wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Es geht auch um Ihre konkrete Firma!)


Meine Damen und Herren von der SPD und von den
Grünen, eines kommt noch hinzu. Ihr Antrag ist – selbst
wenn man Ihr Anliegen teilen würde – in der Sache so-
gar kontraproduktiv. Denn Sie lassen außer Acht, dass es
nicht nur Außenprovisionen – über diese reden Sie hier –,
sondern auch Innenprovisionen gibt.


(Christine Lambrecht [SPD]: Sie kennen sich aber aus!)


Bei diesen geht es darum, dass ein Vermieter einen Mak-
ler mit der Vermittlung beauftragt, aber die Provision
selber, also im Innenverhältnis, zahlt. Dazu schreiben
Sie in Ihrem Antrag, dass man auch hier hälftig teilen
müsse.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Das entbehrt doch jeder Realität! Diese Fälle gibt es doch gar nicht!)


Das würde ja in der Konsequenz dazu führen, dass der
Mieter, der vorher möglicherweise überhaupt keine Pro-
vision zahlen musste, auf einmal die Hälfte zahlen muss.
Ich glaube, da geben Sie ihm Steine statt Brot. Das ha-
ben Sie bestimmt nicht damit gewollt. Das scheint erneut
deutlich zu machen, dass Sie Ihren Antrag offensichtlich
nicht bis zu Ende gedacht haben.

Wir haben bislang nur von Mietern und Vermietern
gesprochen, aber der Antrag der SPD ist durchaus wei-
tergehend. Es geht nicht nur um Miete, sondern Sie wol-
len ja auch bei Kaufimmobilien die Provision reglemen-
tieren. Da wird es nun ganz absurd. Jeder Verkäufer
möchte für seine Immobilie natürlich einen bestimmten
Kaufpreis erzielen. Wenn Sie jetzt aber den Verkäufer
gesetzlich zwingen, die Hälfte der Provision selbst zu





Dr. Jan-Marco Luczak


(A) (C)



(D)(B)

zahlen, dann kann man sich doch an drei Fingern abzäh-
len, was dann passieren wird. Selbstverständlich wird
der Verkäufer den zu tragenden Provisionsteil, also die
Hälfte, schlicht auf den Kaufpreis aufschlagen. Zumin-
dest würde das jeder wirtschaftlich denkende Mensch so
tun. Eine Entlastung für den Käufer erreichen Sie damit
also keineswegs. Im Gegenteil: Sie würden letztlich nur
eine Kostenspirale in Gang setzen, die für alle Beteilig-
ten zu einer Erhöhung der Kosten führt. Deswegen ist
Ihr Antrag an dieser Stelle absolut kontraproduktiv.

Es gibt – zugegebenermaßen – vielleicht einen, der
sich darüber freuen würde. Das ist nämlich der Makler
selber, weil sich die Provision nach dem Kaufpreis rich-
tet. Er kriegt dann, wenn der Kaufpreis deswegen höher
ist, auch eine höhere Provision. Auch die Notare werden
das vielleicht ganz nett finden, weil sich auch deren Ge-
bühren nach dem Kaufpreis richten. Aber ich glaube, Ihr
Antrag ist nicht so zu verstehen, dass Sie den Maklern
und den Notaren hier etwas Gutes tun wollen, sondern
Sie wollten eigentlich Mieter und Käufer entlasten. Das
ist wieder einmal ein Beispiel dafür: Sie haben an dieser
Stelle nicht bis zum Ende gedacht.

Ihnen geht es vor allen Dingen um die Mieter, jeden-
falls in Ihrer Antragsbegründung. Da heißt es immer nur:
Im Übrigen gilt das entsprechend auch für Kaufimmobi-
lien. – Aber vornehmlich fokussieren Sie sich auf die
Mieter. Da verhält es sich im Kern auch nicht anders.
Natürlich wird sich ein Vermieter, wenn er jetzt die
Hälfte der Provision zahlen muss, auch fragen: Wie
kriege ich diese Provision wieder herein? Das heißt, er
wird tendenziell eine höhere Miete verlangen, um das
Geld über die Zeit wieder hereinzubekommen. Das führt
aber dann dazu, dass ein Mieter nicht nur einmal mit ei-
ner Provision belastet wird, sondern dauerhaft über eine
höhere Miete.

Meine Damen und Herren, auch die von mir sonst
sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen von den
Grünen haben ihren Antrag, so scheint mir, nicht ganz
bis zum Ende gedacht.


(Christine Lambrecht [SPD]: Na ja! Wenn Sie es sagen!)


Sie schreiben nämlich in Ihrem Antrag, dass gerade in
Zeiten eines flexibilisierten Arbeitsmarktes, wo Arbeit-
nehmer häufig umziehen müssen, die Maklercourtage
ein Preissteigerungsfaktor sei, der wirtschaftlich eine
spürbare und eine extreme Belastung darstelle. Meine
Damen und Herren, das ist schlichtweg falsch. Sie soll-
ten bei Ihren Anträgen auch einmal ein Stück weit über
den Tellerrand schauen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Zu Ende denken soll man und über den Tellerrand schauen soll man! Das sind ja richtig tiefschürfende Ratschläge, die Sie da geben! Das ist ja eine Qualität! Kaum zu glauben!)


Wenn Sie auch einmal andere Rechtsgebiete in den Blick
genommen hätten, dann hätten Sie nämlich festgestellt,
dass man die Maklerkosten, die beruflich veranlasst sind
– wenn man also beruflich bedingt umziehen musste –,
steuerlich absetzen kann. Insofern findet an dieser Stelle
gar keine Belastung der Mieter statt. Insofern geht Ihr
Argument an dieser Stelle auch völlig ins Leere.

Ich komme zum Schluss. Meine sehr verehrten Kolle-
ginnen und Kollegen von den Grünen und von der SPD,
normalerweise erwarte ich von Ihnen eigentlich kein
Verständnis. Da aber die Anträge, die Sie uns hier vorle-
gen, die tatsächlichen Gegebenheiten verkennen, ihr in-
haltliches Ziel zum Teil sogar konterkarieren, also in
dieser Hinsicht nicht zu Ende gedacht sind, und auch
ordnungspolitisch insgesamt verfehlt sind, werden Sie,
glaube ich, vielleicht doch Verständnis dafür haben, dass
die Union diesen Anträgen beim besten Willen nicht fol-
gen kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wo ist der Tellerrand geblieben?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709324100

Nächster Redner ist der Kollege Jens Petermann für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jens Petermann (Plos):
Rede ID: ID1709324200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Worum geht es bei diesen Anträgen im Kern? Es
geht um soziale Gerechtigkeit bei der Anbahnung eines
Mietverhältnisses; so könnte man das Thema der De-
batte überschreiben. Übrigens wird diese Debatte auf-
merksam verfolgt. Das haben mir Zuschriften bereits
nach der ersten Lesung gezeigt. Die Leute schauen also,
was wir hier treiben; das finde ich sehr interessant. SPD
und Grüne haben mit ihren Anträgen zu einem großen
Sprung angesetzt. Ob auch das Ziel damit erreicht wird,
das wird sich zeigen.

Zur Ausgangslage. In Großstädten und Ballungsräu-
men mit geringen Leerständen erfolgt die Vermittlung
von Wohnraum meist über einen Makler, der vom Eigen-
tümer beauftragt wird. Der potenzielle Mieter hat bei
derartigen Angeboten regelmäßig keinen Verhandlungs-
spielraum. Entweder zahlt er die Provision, oder er ist
außen vor. Gerade der stark zunehmende Flexibilisie-
rungsdruck in unserer Gesellschaft führt zu einem rapi-
den Anstieg der Umzugsraten. Kollegin Lambrecht, Sie
hatten die Zahlen geschildert; sie sind insoweit auch va-
lide.

Die angespannte finanzielle Situation der Betroffenen
wird durch diese Praxis noch verstärkt und führt nicht
selten zu einer weiteren Verschuldung. Das trifft übri-
gens verstärkt auch auf Studentinnen und Studenten zu,
die es doppelt so hart trifft, wenn sie auf den privaten
Wohnungsmarkt angewiesen sind. Beispielsweise in der
beliebten Thüringer Universitätsstadt Jena werden von
privat überwiegend Wohnungen über Makler angeboten.
Zu den ohnehin schon überdurchschnittlich hohen Mie-
ten kommen neben den üblichen Kautionen noch die
Provisionen, sodass ein Student, ohne auch nur einen
Tag studiert zu haben, bereits mit 2 000 Euro in Vorkasse





Jens Petermann


(A) (C)



(D)(B)

gegangen ist, ohne überhaupt eine möblierte Unterkunft
zu bekommen; Geld, das übrigens oft nur geborgt ist.

Man kann also durchaus von einer sozialen Schief-
lage sprechen, derer wir uns annehmen müssen und an-
nehmen sollen. Hier wird auch das Verständnis von
sozialer Politik sehr deutlich. Ich sage Ihnen: Der Woh-
nungsuchende ist eindeutig in der schwächeren Position
und bedarf unseres besonderen Schutzes.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Verhandlungsmacht liegt bei knappem Wohn-
raum immer beim Vermieter. Damit kommt das im Bür-
gerlichen Gesetzbuch geschützte Privatrechtsverhältnis
auf Augenhöhe, Kollege Ahrendt, zunehmend abhanden.
Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie versucht
haben zu erläutern. Wir müssen also den Mieter, aber
auch den Käufer vor einer Abwälzung der Maklerkosten
schützen.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen setzt den
richtigen Schwerpunkt.


(Beifall des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Er stellt eine konsequente Umsetzung des Bestellerprin-
zips dar, indem der Besteller der Maklerleistung diese al-
lein zu zahlen hat. Allerdings ist der Immobilienkauf au-
ßen vor geblieben. Wenn Sie diesen Punkt noch mit
aufgenommen hätten, wäre Ihr Antrag perfekt gewesen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Perfekt wollen wir gar nicht sein!)


Meine Damen und Herren der Koalition, wenn das,
was Sie meinen, eine Einschränkung der Privatautono-
mie und der Vertragsfreiheit ist, dann ist dies jedenfalls
an dieser Stelle gerechtfertigt. Worum es geht, hat be-
reits Rousseau erklärt – den haben Sie beim Studium
vielleicht auch einmal kennengelernt –:


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der steht nicht im Internet!)


Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es
die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das
befreit.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Gesetz soll also den Schwächeren schützen. Dem
sind wir verpflichtet. Darum ist die hier geforderte Rege-
lung unseres Erachtens auch zulässig.

Das gesamte Wohnraummietrecht kennt Regelungen
mit Einschränkungen für den Eigentümer. Kein Mensch
käme auf die Idee, die gesetzlichen Kündigungsfristen
für Mietwohnungen mit dem Argument der Einschrän-
kung der Privatautonomie zu streichen,


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Da wäre ich vorsichtig!)


jedenfalls nicht in einem sozialen Rechtsstaat. Ich denke,
die Koalition geht davon aus, dass wir einen solchen ha-
ben. Zeigen Sie doch einfach einmal Ihre soziale Seite,
sofern davon noch etwas vorhanden ist!


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Haben sie nicht!)


Blenden Sie die unsoziale Lobbypolitik aus, damit Stu-
dierwillige nicht auf der Strecke bleiben, nur weil sie
nicht von wohlhabenden Eltern abstammen und sich eine
solche Wohnung nicht leisten können! Die Linke sagt:
Wer die Musik bestellt, soll sie auch bezahlen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das gilt auch für Maklerkosten.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709324300

Das Wort hat nun die Kollegin Daniela Wagner für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wir haben Sie gelobt!)



Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709324400

Ich habe es zur Kenntnis genommen, Herr Kollege.

Wir wollen aber auch noch steigerungsfähig sein.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie ha-
ben es schon in anderen Reden gehört: Die Grünen wol-
len, dass die Umlagefähigkeit von Maklerkosten gestri-
chen und ein konsequentes Bestellerprinzip in das
Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung integriert
wird. Unser Antrag zielt darauf ab, den im Dienstleis-
tungssektor übrigens eigentlich absolut üblichen Markt-
mechanismus auch für die Maklerprovision einzusetzen.
Ich habe von Ihnen bisher noch nie gehört, dass das Be-
stellerprinzip falsch wäre, aber hier ist es ganz offen-
sichtlich fehl am Platz.

Sie wissen, wenn jemand in unserem Land eine
Dienstleistung bestellt, dann zahlt er diese in der Regel
auch. Das Bestellerprinzip wird auch der Unterschied-
lichkeit unserer Wohnungsmärkte, die Sie zu Recht be-
nannt haben, am ehesten gerecht. Die Situation sieht in
Kassel in der Tat anders aus als in Frankfurt. Sie sieht in
Nordrhein-Westfalen auch anders aus als im Großraum
Stuttgart. Im Übrigen ist der Hauptnutzer der Leistung
natürlich in erster Linie der Eigentümer, also der Ver-
mieter. Er ist deswegen in aller Regel auch derjenige, der
bestellt. Denn für den Mieter ist es im Grunde genom-
men vollkommen gleichgültig, ob er mit dem Hausei-
gentümer, mit dem Hausverwalter – was zunehmend der
Fall ist – oder mit einem Makler die Verhandlungen und
Gespräche führt und die Wohnungsbesichtigung durch-
führt. Er hat nichts davon. Und wenn er etwas davon hat
und selber bestellen will, dann soll er es auch bezahlen.
Das ist, denke ich, die richtige Herangehensweise.

Im Übrigen stellt die Maklerprovision insbesondere
in angespannten Mietwohnungsmärkten einen nicht zu
unterschätzenden Preissteigerungsfaktor dar. Zum Bei-





Daniela Wagner


(A) (C)



(D)(B)

spiel sind die Mieten in den Jahren von 2005 bis 2011 in
Hamburg um 22 Prozent und in Berlin um 20 Prozent
gestiegen. Ganz interessant ist in diesem Zusammen-
hang das Frühjahrsgutachten des Jahres 2011, das diese
Zahlen darstellt und gleichzeitig feststellt, dass diese
Mietsteigerungen keineswegs auf Qualitätssteigerun-
gen, zum Beispiel durch umfassende Sanierungen, zu-
rückzuführen sind. Das heißt, diese Mietsteigerungen er-
geben sich aus den jeweiligen Wohnungsmärkten.

Deswegen wollen wir insbesondere auf diesen schwer
angespannten Wohnungsmärkten die Mietwohnungsu-
chenden, die Mieterpartei bei der Maklerprovision etwas
entlasten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben auch im Ausschuss schon die Einwände er-
hoben, das würde gegen die Privatautonomie und die
Vertragsfreiheit verstoßen. Das verstehe ich nun über-
haupt nicht. Es ist schon jetzt so, dass es natürlich auch
in diesem Geschäft begrenzende Regeln gibt. Nach dem,
was Sie sagen, wäre es auch ein Eingriff in die Vertrags-
freiheit, wenn man diese Gebühren begrenzt; denn man
kann nicht versuchen, beliebig hohe Maklergebühren
von jemandem abzupressen, selbst dann nicht, wenn
man den Eindruck haben kann, dass er genug Geld hat.

Deswegen sage ich Ihnen: Wir greifen keineswegs in
die Vertragsfreiheit ein. Nein, im Gegenteil: Wir schla-
gen sogar vor, den schwächeren Marktteilnehmer mit ei-
nem klassischen Marktmechanismus – wer bestellt, be-
zahlt – auf geschicktere Art und Weise erfolgreicher zu
schützen und dem stärkeren Marktteilnehmer unter Um-
ständen mehr abzuverlangen. Das soll sich aber jeweils
im Einzelfall regulieren. Wer bestellt, bezahlt!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709324500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Dr. Peter Danckert für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1709324600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

gen! Mein Auftrag von der Fraktion war, nachdem
meine Christine Lambrecht alles Wesentliche zu dem
Antrag von unserer Fraktion gesagt hat, auf die Argu-
mente einzugehen, die aus dem Kreis der Kollegen hier
gekommen sind.

Eines ist mir besonders aufgefallen, das ist die Tatsa-
che, dass hier ein Kollege von der CDU/CSU gespro-
chen hat, der Kollege Luczak, der nicht nur Rechts-
anwalt, sondern nach der App, die man vom Bundestag
aufs iPhone geliefert bekommt, auch Inhaber der Firma
Luma Hausverwaltung ist. Ich finde es allerdings sehr
interessant, dass er sich hier als Experte auf diesem zu-
gegeben sehr schwierigen Terrain bewegt, eine Propa-
gandarede für die Hausverwaltungen hält und sich damit
ganz in der Nähe der Vermieter befindet.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Hausverwalter sind keine Makler! Das sind ja schon Unterschiede!)


Möglicherweise gibt es an dieser Stelle einen Interessen-
konflikt.

Die jetzige Situation muss meines Erachtens dringend
geändert werden. Momentan beauftragen die Vermieter
den Makler, und es wird ein Vertrag zulasten Dritter ge-
schlossen. Das ist eine sehr unfaire Regelung. Deshalb
liegen heute hier zwei Anträge vor, die beide in die rich-
tige Richtung gehen.

Zum einen wird in dem Antrag der Grünen ganz klar
gesagt: Wer den Auftrag erteilt, soll am Ende auch be-
zahlen. Wir sagen an dieser Stelle: Der erste Schritt muss
sein, dass es einen fairen Kompromiss zwischen Vermie-
ter und Mieter gibt. Beide haben einen Nutzen von die-
ser Sache.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


Deshalb haben sie sich den Betrag für den Makler ge-
recht zu teilen.

Diese beiden Anträge gehen also in die richtige Rich-
tung. Deshalb glaube ich, dass es richtig ist, unseren An-
trag zu unterstützen, damit wir für die Mieter, die in al-
lererster Linie die Zeche bezahlen müssen, an dieser
Stelle eine Erleichterung schaffen. Durch diesen Antrag
kommt es zur Entlastung der Mieter, die bei der Beschaf-
fung von Wohnraum in eine schwierige Situation gera-
ten. Ich bitte um Unterstützung unseres Antrages.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709324700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlung des Rechtsausschusses auf Drucksache 17/4614.
Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak-
tion der SPD auf Drucksache 17/3212 mit dem Titel
„Maklerkosten gerecht verteilen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion
Die Linke bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion und Ent-
haltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 17/4202 mit dem Titel „Besteller-
prinzip in die Mietwohnungsvermittlung integrieren“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist ebenfalls angenommen, und zwar mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Ge-
genstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und
der Fraktion Die Linke.





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur
Förderung der Nutzung von Energie aus erneu-

(Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien – EAG EE)


– Drucksachen 17/3629, 17/4233 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 17/4895 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Dirk Becker
Michael Kauch
Dorothee Menzner
Hans-Josef Fell

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/4896 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Schulte-Drüggelte
Sören Bartol
Heinz-Peter Haustein
Michael Leutert
Sven-Christian Kindler

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor.

Interfraktionell wurde vereinbart, eine halbe Stunde
zu diskutieren. – Ich sehe, damit sind Sie einverstanden.
Dann können wir so verfahren.

Die Aufmerksamkeit für die Redner scheint gesichert
zu sein. Damit eröffne ich die Aussprache. Als erste
Rednerin hat das Wort für die Bundesregierung Frau
Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ka
Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1709324800


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der sperrige Titel „Europarechtsanpassungsgesetz Er-
neuerbare Energien“ beschreibt nur unzureichend,
worum es heute Abend geht. Dahinter verbirgt sich:
Deutschland ist vorbildlich, wenn es um die Förderung
erneuerbarer Energien geht.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das war es zumindest bisher!)


Unser nationales Recht entspricht bereits weitgehend
dem, was die Europäische Union mit ihrer Erneuerbare-
Energien-Richtlinie vorgibt. Mit dem Erneuerbare-Ener-
gien-Gesetz und dem Erneuerbare-Energien-Wärmege-
setz haben wir die Weichen richtig gestellt, übrigens in
vorbildlicher Art und Weise zuallererst in Baden-
Württemberg. Das Land ist bundesweit Vorreiter, wenn
es darum geht, erneuerbare Wärme zu fördern.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Vorlage kam von den Grünen!)


Beide Gesetze sind die zentralen Säulen für eine Ent-
wicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland, die
weltweit Anerkennung findet und inzwischen mehr als
340 000 Arbeitsplätze bei uns geschaffen hat.

Wenn wir heute das Europarechtsanpassungsgesetz
Erneuerbare Energien beschließen, geht es darum, den
eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu beschreiten.
Ich möchte zwei Punkte aus dem Gesetzentwurf nennen,
die mir besonders wichtig sind.

Erstens. Wir wollen den Wärmemarkt durch eine Vor-
bildfunktion bei den öffentlichen Gebäuden stärken. Die
Richtlinie der Europäischen Union sieht vor, dass ab
dem nächsten Jahr alle bestehenden öffentlichen Ge-
bäude eine Vorbildfunktion für die Nutzung erneuerbarer
Energien übernehmen müssen, wenn sie grundlegend re-
noviert werden.

Dies ist ein wichtiger Schritt, die Nutzung erneuerba-
rer Wärme weiter voranzubringen. Es geht darum, die
Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude zu stärken, wenn
beispielsweise ein Rathaus oder das Landratsamt vor Ort
durch Solarthermie oder aus einem lokalen Biomasse-
heizkraftwerk beheizt wird. Dies kann andere dazu er-
muntern, ebenfalls auf erneuerbare Energien umzustei-
gen. Natürlich steigt der Anteil erneuerbarer Energien an
der Wärmeversorgung, wenn die öffentliche Hand kon-
sequent erneuerbare Energien nutzt.

Wir nehmen bei dieser Vorbildfunktion aber auch
Rücksicht auf die finanzielle Situation der Städte und
Gemeinden. Für überschuldete Gebietskörperschaften
sehen wir eine Ausnahmeregelung vor. So verhindern
wir, dass Kommunen überfordert werden, und so haben
wir einen guten Kompromiss zwischen den kommunalen
Interessen und dem Klimaschutz gefunden.

Zweitens wollen wir die Kosten der Förderung für die
Stromverbraucher im Rahmen halten. Wenn die Kosten
der Förderung eines erneuerbaren Energieträgers nicht
mehr in einem vernünftigen Verhältnis zu seinem Anteil
am Gesamtstromaufkommen der erneuerbaren Energien
stehen, wenn es also zu einer deutlichen Überförderung
kommt, dann gefährdet das die allseits große Akzeptanz
für die erneuerbaren Energien und das Erneuerbare-En-
ergien-Gesetz insgesamt. Das kann niemand wollen.

Deshalb nehmen wir heute eine erneute Anpassung
der Photovoltaikförderung vor, indem wir die Degres-
sion teilweise vom 1. Januar 2012 auf den 1. Juli dieses
Jahres vorziehen. Die Degression in diesem Jahr kann in
der Summe bis zu 24 Prozent – je nach Zubauraten – be-
tragen. Dieser Schritt war zwingend erforderlich. Wir
verhindern so eine unverhältnismäßige Belastung der
Stromverbraucher durch zu stark steigende EEG-Kosten.

Es ist erstaunlich, aber auch gut, dass dieser Schritt
diesmal auch von denen akzeptiert wird, die bei der An-
passung vor gut einem halben Jahr noch den Niedergang





Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche


(A) (C)



(D)(B)

der deutschen Photovoltaikindustrie prophezeit haben.
Dafür gab es damals keinen Anlass. Es war ein Stück
weit Panikmache zulasten der Verbraucherinnen und
Verbraucher. Wir müssen in diesem Jahr auf jeden Fall
erneut korrigieren. Auch in Zukunft kann es hier zu wei-
teren Anpassungen kommen, wenn sich die Schere zwi-
schen sinkenden Anlage- und Modulkosten sowie den
Vergütungssätzen weiter öffnen sollte.

Mit der Begrenzung des Grünstromprivilegs ab dem
1. Januar 2012 auf 2 Cent je Kilowattstunde schränken
wir Mitnahmeeffekte zulasten der Stromverbraucher ein.
Auch das ist ein Beitrag zur Kostenbegrenzung.

Beide Maßnahmen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
sind unverzichtbar und dringend notwendig.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sozusagen alternativlos!)


Sie konnten nicht bis zur großen EEG-Novelle 2012
warten, die Ende des Jahres in Kraft treten soll. Wir ver-
bessern so die Kosteneffizienz des EEG und geben
Anreize für Innovationen. Mit der EEG-Novelle 2012
werden die nächsten Schritte folgen. Wir wollen die
Erfolgsgeschichte des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
fortschreiben. Wir wollen die erneuerbaren Energien in
Deutschland weiter fit für die Zukunft machen und
bauen dabei auf Ihre Unterstützung.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709324900

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege Dirk

Becker.


(Beifall bei der SPD)



Dirk Becker (SPD):
Rede ID: ID1709325000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ja, Frau Staatssekretärin, es geht hier im We-
sentlichen um die Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude
bei unserem Bestreben, den Anteil der erneuerbaren
Wärme bis zum Jahr 2020 in Deutschland von derzeit
7 auf 14 Prozent zu steigern, und zwar im Gesamtkon-
text der Klimaschutzpolitik in der EU und in Deutsch-
land. Warum eine Vorbildfunktion? Wir werden bis zum
Jahr 2015 die Einsatzpflicht im Hinblick auf die erneuer-
bare Wärme für alle Gebäude beschließen und ausgestal-
ten. Wichtig ist, dass wir schon heute sagen, wie man in
den Gebäuden auf allen staatlichen Ebenen die vorgege-
benen Ziele erreichen kann, wie es gelingen kann, erneu-
erbare Wärme einzusetzen. Da stellt sich in der Tat die

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1709325100
Was versteht man eigent-
lich unter einer Vorbildfunktion? Über diese Fragestel-
lung wird in diesen Tagen auf unterschiedlichen politi-
schen Ebenen diskutiert. Keine Sorge, es gelingt mir
auch bei diesem Thema, deutlich zu machen, dass die
Vorbildfunktion nicht gewahrt wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wie überall mittlerweile!)

Der Normalfall für den Einsatz erneuerbarer Energien
ist doch wohl dann gegeben, wenn die alte Heizungsan-
lage ausfällt, wenn sie kaputt ist, wenn sie sozusagen fäl-
lig ist und sowieso repariert werden muss. Aber genau
diesen Tatbestand lassen Sie nicht zu. Sie verkomplizie-
ren das Ganze. Zusätzlich müssen nämlich 20 Prozent
der Gebäudehülle erneuert werden, und das innerhalb ei-
nes Zeitraums von zwei Jahren. Das heißt, für jeden, der
erneuerbare Wärme nicht einsetzen will, wird es nach
der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs leicht, die
Einsatzpflicht zu umgehen. So dienen Sie dem Klima-
schutz nicht. Mit Vorbildfunktion hat das rein gar nichts
zu tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie begründen Ihr Vorgehen zum Teil mit der Rück-
sicht auf die finanzielle Situation der Kommunen. An
dieser Stelle bin ich bei Ihnen: Wir dürfen die Kommu-
nen, die in einer schwierigen finanziellen Lage sind,
nicht überfordern. Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen der Regierungskoalition, da gibt es auch andere In-
strumente. Man sollte den Kommunen ihre Steuerein-
nahmen lassen, anstatt unsinnige Steuergeschenke zu
machen, mit der Folge, dass den Kommunen Geld fehlt.


(Oliver Luksic [FDP]: Sie haben elf Jahre Zeit gehabt, das zu machen!)


– Wir haben diese Steuergeschenke nicht beschlossen.
Unsere Fraktion hat zusammen mit den anderen Fraktio-
nen in dieser Woche die Bürgermeister der Großstädte
angehört. Ihre Fraktion hat das als einzige nicht getan.
Tun Sie jetzt nicht so, als wären Sie eine Kommunalpar-
tei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Oliver Luksic [FDP]: Sozialkosten hochgeschraubt!)


Der entscheidende Punkt ist in der Tat die finanzielle Si-
tuation der Kommunen.

Allerdings: Ist es denn richtig, hier nur einen Umge-
hungs- und Ausnahmetatbestand herzustellen, die Kom-
munen aber dauerhaft in der Falle zu belassen, hohe
Brennstoffkosten tragen zu müssen – wir erleben gerade
die Entwicklung des Ölpreises –, anstatt ihnen über den
kommunalen Klimaschutz, über ein umfangreiches
Marktanreizprogramm Wege zu eröffnen, Investitionen
zu tätigen, die sie nachhaltig entlasten? Das wäre der
richtige Weg gewesen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will auf einen weiteren Punkt eingehen. Es wird
seit langem darüber gestritten, wie man Biogas, Bio-
methan am sinnvollsten einsetzt. Wir haben in der Gro-
ßen Koalition die Pflicht zum Einsatz von Biomethan im
Neubaubereich ganz bewusst an die Nutzung der
Kraft-Wärme-Kopplung gebunden. Warum? Weil wir
gesagt haben: Biogas ist eben kein erneuerbares Abfall-
produkt, nicht irgendein Produkt, das einfach so da ist,
sondern ein wertvolles Gut. Wir erleben doch zurzeit,





Dirk Becker


(A) (C)



(D)(B)

wie über Biogas auf unterschiedlichsten Ebenen disku-
tiert wird und welche Akzeptanzprobleme damit verbun-
den sind. Auch um die Akzeptanz des Biogases nach
Effizienzkriterien auszurichten, müssen wir bei der Ver-
wendung von Biomethan darauf achten, dass es so effizi-
ent, so klimaverträglich wie möglich eingesetzt wird.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Machen wir ja!)


Dieser Einsatz ist eben nicht die schlichte Verwertung in
der Therme, sondern die Verwertung bei der Kraft-Wärme-
Kopplung. Wenn eine Vorbildfunktion der öffentlichen
Gebäude angestrebt wird, dann muss das Effizienzkrite-
rium gerade in diesem Bereich vorbildlich berücksichtigt
werden. Daher muss es hier bei der KWK-Verpflichtung
bleiben, und es darf nicht der Verbrennung in der
Therme der Vorrang gegeben werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Reiche, ich will noch auf die Themen PV und
Grünstromprivileg – auch Sie haben sich dazu geäußert –
eingehen. Dabei geht es nicht um die ureigenen Rege-
lungstatbestände des Europarechtsanpassungsgesetzes
Erneuerbare Energien; wir regeln diese Bereiche mit der
Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes mit. Ich sage
ganz klar: Ja, auch wir wollen die Absenkung der PV-
Vergütung im Markt. Warum? Weil die Marktentwick-
lung hier weitere Vergütungsabsenkungen zulässt. Es ist
ein Erfolg, dass die Kosten durch die Nutzung erneuer-
barer Energien wesentlich schneller als geplant gesun-
ken sind. Das hilft uns allen. Die Zubauzahlen und die
Entwicklungszahlen machen uns stolz. Es zeigt sich,
dass das EEG das richtige Instrument ist und im Kern
daher so bleiben muss, wie es ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


An einer Stelle haben wir eine andere Auffassung.
Wir glauben, dass es der falsche Weg ist, wieder mit ei-
nem unterjährigen Schritt nur für 2011 dieses Preissen-
kungspotenzial abzuschöpfen. Wir hätten uns vielmehr
gewünscht – auch für alle Investoren, für alle Anleger –,
über zwei Jahre Verlässlichkeit im Markt zu haben, in-
dem wir jährlich in vier Absenkungsschritten bis zum
1. Januar 2013 dazu kommen, dass der Strom aus großen
PV-Anlagen günstiger ist als der Strom aus Offshore-
windparks. Wir hätten damit Verlässlichkeit und Plan-
barkeit. Wir glauben, das wäre besser gewesen.

Jetzt ist wieder nicht klar, was zum 1. Januar 2012
kommt. Herr Fuchs sagt, dass es noch einmal einen kräf-
tigen Schlag werde geben müssen. Wichtig wäre hier ge-
wesen, auch um unterjährig keine neue Marktüberhit-
zung zu provozieren, dass man dem Markt längerfristig,
für zwei Jahre, Sicherheit gegeben hätte. Wir haben Ih-
nen das angeboten, aber Sie haben sich jetzt auf einen
anderen Vorschlag verständigt.

Wichtig bleibt für mich, dass wir, wenn wir dann im
Rahmen der EEG-Novelle über das Thema PV reden,
auch noch andere Aspekte berücksichtigen wie zum Bei-
spiel die Frage, dass man auch regional nach Sonnenein-
strahlung prüft. Möglicherweise könnte man hier PV-
Anlagen fördern.

Letzter Punkt: das Grünstromprivileg. Frau Reiche,
an diesem Punkt darf ich der Koalition zunächst einmal
sagen: Wir begrüßen es ausdrücklich, dass Sie von Ihrem
ursprünglichen Vorhaben, was die Neuregelung des
Grünstromprivilegs anbelangt, abgewichen sind und
jetzt sagen: Wir machen jetzt einen klaren Schritt – das
sind die 2 Cent –, aber die Neuausrichtung erfolgt mit
der Novelle zum 1. Januar 2012. – Das ist richtig und
wichtig, um nicht in bestehende Verträge einzugreifen.

Aber eines müssen wir schon jetzt wissen: Wir müs-
sen den Stromhändlern frühzeitig sagen, wie es in 2012
weitergeht. Wir können damit nicht bis irgendwann nach
der Sommerpause warten; denn es geht darum, auch für
den Strombezug aus erneuerbaren Energien im Jahr
2012 Verlässlichkeit herzustellen. Von daher die Bitte an
Sie im Ministerium, möglichst frühzeitig gerade das
Thema Grünstromprivileg zu regeln, einen Vorschlag zu
unterbreiten und dabei nicht nur die schlichte Absen-
kung auf 2 Cent zu prüfen, sondern auch die wichtige
Frage zu klären, wie sich die Reststrommenge zusam-
mensetzen soll. Wir schlagen vor, die Reststrommenge
ganz klar mit dem Gütesiegel „Ökostrom“ oder „KWK-
Strom“ zu versehen.

Das sind nur einige Punkte. Alles Weitere werden wir
im Rahmen der EEG-Novelle diskutieren.

Noch einmal: Vorbildfunktion – gerade der Wärmebe-
reich ist der schlafende Riese, wie Herr Röttgen gesagt
hat – in diesem Bereich sieht deutlich anders aus.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709325200

Nächster Redner ist der Kollege Michael Kauch für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1709325300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der

Tat: Wir setzen mit dem Europarechtsanpassungsgesetz
eine Richtlinie für die Vorbildfunktion öffentlicher Ge-
bäude im Wärmemarkt um und stellen gleichzeitig die
Weichen dafür, dass es im Bereich der erneuerbaren
Wärme weiter vorangeht. Wir wissen, wir sind in
Deutschland ziemlich gut, was erneuerbare Energien
beim Strom angeht, und wir sind ziemlich schlecht,
wenn es um die Wärme und um den Verkehr geht. Das
muss sich ändern; denn wir haben bei der erneuerbaren
Wärme große Potenziale, nicht nur an CO2-Einsparung,
sondern auch an kostengünstiger CO2-Einsparung. Das
müssen wir mit unseren Förderinstrumenten stärker um-
setzen und heben.

Es macht einen Unterschied, ob die FDP regiert oder
nicht. Das zeigt sich beispielsweise beim Thema Biogas.





Michael Kauch


(A) (C)



(D)(B)

Seit vielen Jahren war es unser Anliegen, dass wir mehr
Technologieoffenheit in das Wärmegesetz bekommen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist Verschleuderung und nicht Technologieoffenheit!)


Es ist unser Anliegen, dass wir diese Form von erneuer-
barer Wärme nicht weiter so diskriminieren, wie es die
alte Regierung gemacht hat.


(Dirk Becker [SPD]: Die CDU hat diskriminiert!)


Die Vorgabe, die Sie beim Biogas machen und die
Herr Becker hier angesprochen hat, nämlich das Biogas
sei zu wertvoll, um es zu verheizen – im Übrigen nicht in
der Therme; hier ist von effizientester Technik die Rede;
das ist der Brennwertkessel –, müssten Sie mit der glei-
chen Logik auch beim russischen Erdgas machen. Denn
es geht nicht um die Frage, welches Molekül – egal ob
ein Biogasmolekül oder ein Erdgasmolekül – gerade in
der ineffizienten Anlage ankommt. Das können Sie am
Schluss im Gasnetz ohnehin nicht mehr unterscheiden.
Vielmehr geht es darum, dass wir die Produktion und die
Verwendung effizient machen, aber bitte nicht nur bei
denen, die Biogas verkaufen wollen, sondern auch bei
denen, die Erdgas verkaufen. Wir stehen hier insgesamt
vor einer Effizienzfrage.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie es doch! – Ulrich Kelber [SPD]: Machen Sie ein Angebot!)


Wir haben auf die Argumente reagiert, dass nämlich
der Einsatz von Biogas in der Tat eine sehr kostengüns-
tige Lösung ist – was grundsätzlich für die Verbraucher
erst einmal nichts Schlechtes ist –, dass man hier hohe
Anfangsinvestitionen spart und dass wir deswegen beim
Biogas auch etwas anspruchsvoller sein können als bei
anderen Formen erneuerbarer Wärme. Deshalb haben
wir vorgesehen, dass das Biogas dort, wo die Solarther-
mie nur 15 Prozent der Wärme erbringen muss, 25 Pro-
zent erbringen muss. Das macht es gerade noch wettbe-
werbsfähig, ermöglicht aber dem Bauherrn, selbst zu
entscheiden, welche Technologie er wählt. Ich möchte
die Entscheidung, was für die Menschen gut ist, nicht
immer Beamten und Politikern überlassen. Sie sollen
selbst entscheiden, welche Technologie sie einsetzen
wollen.


(Beifall bei der FDP)


Meine Damen und Herren, wir haben mit diesem Ge-
setz vernünftige Regelungen für die Kommunen ge-
schaffen, insbesondere für diejenigen, die überschuldet
sind. Das sage ich als jemand, der aus einem Wahlkreis
kommt, der sich seit Jahren in der Haushaltssicherung
befindet, wo sich die SPD-Kommunalführung trotzdem
immer wieder schicke Leuchtturmprojekte gönnt, für die
energetische Sanierung der Schulen aber kein Geld hat.
Das ist nämlich auch die Wahrheit bei den ach so armen
Kommunen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Für bestimmte Prestigeprojekte ist immer Geld da. Für
die energetische Sanierung von Schulen fehlt es dann.
Deswegen haben wir gesagt: Die Verwaltung darf nicht
einfach unter dem Tisch entscheiden, das Gesetz fallen
zu lassen, weil man ja so überschuldet ist. Stattdessen
haben wir geregelt, dass der Rat der Stadt als das demo-
kratische Gremium entscheiden muss. Er muss sagen:
Liebe Bürger, uns ist das Prestigeprojekt wichtiger, als
erneuerbare Wärme in die Gebäude zu bekommen. Das
bedeutet für die Kommunen einen politischen Druck. Sie
sollen nicht so verfahren, wie es ihnen von Herrn Becker
unterstellt wird, nämlich zu versuchen, diesem Gesetz
auszuweichen.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709325400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kelber?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1709325500

Ja, klar.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709325600

Bitte sehr.


(Zuruf von der FDP: Der soll sich auf die Rednerliste setzen lassen!)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1709325700

Sie tun mir ja so leid. – Ich bin glücklicherweise ein

Vertreter einer Stadt, die noch nicht im Haushaltssiche-
rungskonzept ist, aber da sie vor einiger Zeit kurz davor-
gestanden hat, haben wir uns natürlich mit den Regula-
rien eines Haushaltssicherungskonzepts sehr genau
auseinandergesetzt. Teilen Sie meine Auffassung, dass
eine Stadt wie die Ihre, die im Haushaltssicherungskon-
zept ist, gar keine freiwilligen Prestigeprojekte beschlie-
ßen kann, weil die Kommunalaufsicht ihr das als Aus-
gabe verbietet?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1709325800

Lieber Herr Kelber, ich kann Ihnen ein klassisches

Beispiel aus der Stadt Dortmund nennen, die seit unge-
fähr 50 Jahren von der SPD geführt wird.


(Ulrich Kelber [SPD]: Auch wiedergewählt mit großer Mehrheit!)


– Auch nach einem Haushaltsbetrug wiedergewählt. –
Ich kann Ihnen sagen, dass beispielsweise der U-Turm,
das Museum, das Dortmund für die „Kulturhauptstadt
Europas 2010“ neu gebaut hat, ein sehr schönes Museum
ist. Dem Radeberger-Konzern – das ist wohlgemerkt
eine Tochtergesellschaft von Oetker, also nicht gerade
ein armes Unternehmen – wurde in diesem Zusammen-
hang für 35 Millionen Euro die städtebauliche Verant-
wortung abgenommen. Das hat der Regierungspräsident
sanktioniert. Es ist also durchaus möglich, Prestigepro-
jekte zu bauen und dafür die Schulen nicht energetisch
zu sanieren. Das zeigt leider die Realität in unseren Städ-
ten, gerade auch im Ruhrgebiet, wo die SPD herrscht.





Michael Kauch


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das war aber ein CDU-Regierungspräsident!)


Wenn Sie sagen, die Koalition tue nichts für die Kom-
munen, dann möchte ich Sie darauf hinweisen, dass al-
leine mit dem Hartz-IV-Kompromiss auf Initiative von
Union und FDP die Kommunen schrittweise bis zum
Jahr 2014 um 3,5 Milliarden Euro jährlich durch die
Übernahme der Grundsicherung im Alter entlastet wer-
den.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nicht erst, nachdem wir das verlangt haben?)


Hier sind es wieder besonders die Städte mit einer
schwierigen Sozialstruktur, die davon profitieren. Be-
haupten Sie also nicht, Sie seien die Kommunalpartei.
Wir tun etwas für die Kommunen. Wir entlasten sie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Ihre Partei hat das doch in den Verhandlungen abgelehnt!)


Meine Damen und Herren, wir haben mit dem Gesetz
für die erneuerbaren Energien auch noch andere wich-
tige Dinge erreicht. Wir tun das, was wir immer gesagt
haben, nämlich die erneuerbaren Energien aufzubauen,
die Verbraucher dafür aber nur so viel zahlen zu lassen,
wie es unbedingt nötig ist.


(Ulrich Kelber [SPD]: Damit Sie noch genügend Geld für RWE übrig haben!)


Sie von der SPD und Sie von den Grünen haben im letz-
ten Jahr Zeter und Mordio geschrien, als wir 15 Prozent
bei der Photovoltaik abgesenkt haben. Sie haben gesagt,
der Markt bricht zusammen, die Photovoltaikindustrie
geht pleite.


(Ulrich Kelber [SPD]: Stimmt nicht! – HansJosef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir nicht gesagt!)


Nichts davon ist passiert. Die Werte liegen um mehr als
das Doppelte über dem Zielkorridor. Wir liegen bei
7 000 Megawatt. Sie hatten unter Gabriel noch
1 900 Megawatt als Ziel.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum schreien Sie so?)


Die Photovoltaik boomt, und zwar trotz der Kürzungen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Trotz FDP!)


Deswegen sind wir verpflichtet, die Einsparungen, die
der Weltmarkt hergibt, auch an die Verbraucher weiter-
zugeben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben die Leute im letzten Jahr hinters Licht geführt,
und wir hatten recht mit unserer Politik.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie nicht so schreien!)

Als Letztes, meine Damen und Herren, möchte ich sa-
gen: Wir haben der Bundesregierung mit einem Ent-
schließungsantrag auch eine Aufgabe mitgegeben. Wir
wollen das nationale EEG erhalten, aber wir wollen
ebenso Brücken zu einem europäischen Strombinnen-
markt auch für die erneuerbaren Energien bauen, und
zwar unter anderem deswegen, damit wir Projekte wie
Desertec an den deutschen Markt anbinden können. Des-
halb haben wir der Bundesregierung gesagt: Bis Mitte
2012 erwartet der Deutsche Bundestag ein Gesamtkon-
zept für flexible Kooperationsmechanismen in der EU.
Das öffnet die Märkte anderer europäischer Länder. Wir
werden das in dieser Wahlperiode abschließen und den
Investoren einen klaren Rahmen geben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709325900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dorothee Menzner

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709326000

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Die Energiepolitik der schwarz-gelben Koalition er-
scheint mir einmal mehr wie eine Slalomfahrt bei Nebel.
Eigentlich haben wir es hier mit der Anpassung nationa-
len Rechts an europäische Vorgaben zu tun, aber – das ist
schon angesprochen worden – ganz verschämt und fast
nebenbei werden die Vergütungen für Photovoltaikstrom
weiter abgesenkt und ein erster Schritt zur Eliminierung
des Grünstromprivilegs gemacht. Das hat mit Europa-
recht überhaupt nichts zu tun. Man hätte das hier nicht
eben einmal so nebenbei abhandeln müssen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ach, Frau Menzner!)


Aber wir Parlamentarier sind es ja schon fast gewohnt,
da wir uns immer öfter Ad-hoc-Aktionen gefallen lassen
müssen. Das ist allerdings das Gegenteil von dem, was
Ihr Umweltminister immer propagiert, nämlich Pla-
nungssicherheit für die Akteure.

Gezielte Falschinformationen schüren Ängste bei der
Bevölkerung, zum Beispiel davor, dass erneuerbare En-
ergien den Strompreis verteuern würden. Ich merke, dass
diese Angst teilweise sogar bis in die eigenen Reihen
geht.

Tatsache ist aber, dass der weitaus größte Teil des
Strompreises auf die Erstellung von Strom und nicht auf
das EEG bzw. staatliche Abgaben oder Steuern zurück-
zuführen ist. Diese machen den geringsten Teil des
Strompreises aus. Tatsache ist auch, dass der Strompreis
an der Börse in den letzten zwei Jahren um 1,5 Cent je
Kilowattstunde gesunken ist – also von wegen steigende
Strompreise. Tatsache ist auch, dass in den letzten bei-
den Jahren die großen Stromversorger jeweils circa
35 Milliarden Euro an Gewinnen eingefahren haben. Da
bleibt also das Geld. Darauf ist die Kostensteigerung zu-





Dorothee Menzner


(A) (C)



(D)(B)

rückzuführen und nicht darauf, dass wir erneuerbare En-
ergien so stark ausgebaut haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Oder haben Sie eine Mitteilung Ihres Stromlieferanten
bekommen mit dem Inhalt: „Wir freuen uns, Ihnen mit-
teilen zu können, dass der Strompreis gesunken ist und
dass wir, obwohl es mehr erneuerbare Energien im Netz
gibt, den Preis nicht anheben müssen“? Nein, das findet
nicht statt. Erhöhungen werden sofort an den Kunden
weitergegeben, aber keine Preissenkungen.

Was passiert denn nun praktisch? Stück für Stück
wird mittels Ad-hoc-Aktionen das EEG in seine Einzel-
teile zerlegt. Für dieses Jahr ist jedoch die Vorlage eines
Erfahrungsberichts über das EEG angekündigt. Diesen
auszuwerten und daraus Schlüsse zu ziehen, ist mit uns
durchaus machbar. Natürlich kann man darüber reden,
ob die Photovoltaikförderung weiterhin auf diesem ho-
hen Niveau bleiben muss, aber bitte nach Evaluierung
und nicht vor Vorlage der Ergebnisse. So weiß doch kein
Mensch, was demnächst kommt.

Wenn Sie das umsetzen, was in Ihrem Koalitionsver-
trag steht, wird die Einspeisevergütung in wenig mehr
als zwei Jahren um 40 oder gar 50 Prozent abgesenkt.
Das ist ein Nachsteuern im Hauruckverfahren. Das sorgt
nicht für Verlässlichkeit. Das kaschiert die Probleme, die
Sie eigentlich haben. Das eigentliche Problem ist näm-
lich, dass Sie den Einfluss auf die Höhe des Stromprei-
ses und auf die Stromwirtschaft längst verloren haben,
dass Sie sich von den großen EVUs auf der Nase herum-
tanzen lassen, dass Sie die erneuerbaren Energien gegen
andere Energien ausspielen und den Lobbyisten der
Stromwirtschaft die Gewinne hinterherwerfen. Ihre Poli-
tik hat den Namen Verbraucherschutz nicht verdient, und
das ist mit uns nicht zu machen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1709326100

Das Wort hat nun der Kollege Hans-Josef Fell für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709326200

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Die Regierungsfraktionen betonen immer wieder
– Frau Staatssekretärin Reiche hat es vorhin ausdrück-
lich getan –, dass sie hinter dem Ausbau der erneuerba-
ren Energien stünden. Das Europarechtsanpassungsge-
setz wäre nun eine gute Gelegenheit, dies auch wirklich
unter Beweis zu stellen. Aber anstatt eines großen Wur-
fes haben Sie die Vorgaben der EU verwässert und eine
Vielzahl von Ausnahmeregelungen gestreut. Dies ist
wirklich kein Hinter-den-erneuerbaren-Energien-Stehen.

Ich nenne beispielsweise den Wärmebereich. Es wäre
schön gewesen, wenn Sie die Gesetzesnovelle nun ge-
nutzt hätten, um den Wärmesektor einmal richtig voran-
zubringen und die EU-Vorgaben auch für den Altbau-
sektor endlich umzusetzen, damit wir dort eine
Bauverpflichtung bekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nichts davon ist zu sehen.

Herr Kauch, Ihre Umsetzung ist auch nicht technolo-
gieoffen. Noch immer wird die Windenergie im Wärme-
gesetz diskriminiert. Dafür haben Sie das Biogas in die
Wärmenutzung aufgenommen, womit verhindert wird,
dass innovative Technologien tatsächlich auf den Markt
kommen; denn das wirkt sich auf die Bestände der Ther-
men aus. Das ist keine innovative Technologie.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das meint er mit technologieneutral: keine neuen Technologien!)


Insofern wurde eine große Chance für den Ausbau des
Wärmesektors vertan und die Technologie eben nicht
nach vorne getrieben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Statt dass sich die Regierungsfraktionen endlich ge-
gen die Kampagne der Energiekonzerne und des BDEW
stellen, bleiben die dreisten Verleumdungen gegen die
erneuerbaren Energien als Strompreistreiber unwider-
sprochen. Sie sollten endlich Gesetze verabschieden, die
einen Missbrauch verhindern. Anstatt den Ökostroman-
teil zu erhöhen, setzen Sie einen Deckel und lassen sogar
die EEG-Umlagebefreiung für Atomstrom zu. Das ist
ein Beleg, dass Ihnen der Atomstrom wichtiger ist als
der Ökostrom. So haben Sie das Grünstromprivileg nicht
optimal umgesetzt und haben keinen optimalen Zustand
erreicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Quatsch!)


Zur Photovoltaik. Wir sind fraktionsübergreifend der
Meinung, dass die Photovoltaikvergütung in dem Um-
fang gesenkt werden sollte, wie dies ohne Probleme für
die Photovoltaikbranche möglich ist. Darin sind wir uns
in der Tat einig. Aufgrund der – von Schwarz-Gelb ab-
gelehnten – Markteinführung der Photovoltaik durch das
rot-grüne EEG ist eine industrielle Erfolgsgeschichte
entstanden, die wohl keine Parallele in der weltweiten
Industriegeschichte hat. Die Produktionskosten befinden
sich sensationell im steilen Sinkflug. Folglich ist es ein
richtiger Schritt, weitere marktabhängige Vergütungsab-
senkungen noch in diesem Jahr vorzunehmen. Aber statt
aus der Vergangenheit zu lernen, wiederholen Sie genau
den Fehler des letzten Jahres und konzentrieren die Ab-
senkung auf ein einziges Datum. Ein neuer Schlussver-
kaufseffekt ist ebenso zu befürchten wie daraus resultie-
rende Attacken der erbitterten Photovoltaikgegner in
Ihren Reihen. Ich kann nur an Sie appellieren: Wenn im
Juni der Markt wieder explodiert, dann geben Sie sich
bitte selbst die Schuld und nicht der Solarbranche. Ge-
stehen Sie dann endlich Ihren Fehler ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Photovoltaik ist eine wichtige Zukunftstechnolo-
gie. Die chinesische Regierung hat das begriffen und
vergibt zinsgünstige Kredite. Allein die Kredite an zwei
chinesische Solarunternehmen sind höher als die ge-





Hans-Josef Fell


(A) (C)



(D)(B)

samte deutsche EEG-Vergütung für Photovoltaik. Die
Bundesregierung redet stattdessen lieber die Nutzung
der Solarenergie schlecht, redet von hohen Kosten und
überlässt den Chinesen einen der größten Exportmärkte
der kommenden Jahre. Ich würde mich freuen, wenn ir-
gendein Vertreter der Koalition endlich einmal das Wort
Industriepolitik in den Mund nehmen würde, wenn es
um erneuerbare Energien geht, und wenn nicht immer
nur von der Strompreistreiberei gesprochen werden
würde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist wider den Geist des EEG!)


Meine Damen und Herren, Sie haben mit der zusätzli-
chen Absenkung der Solarvergütung und auch mit der
Korrektur beim Grünstromprivileg – ich erwähnte es
schon – wenigstens einige Trippelschritte in die richtige
Richtung gemacht. Das sehen wir ein. Wir werden des-
wegen Ihr Gesetz nicht ablehnen, sondern uns enthalten.
Aber wir hätten uns eine wesentlich bessere Umsetzung
mit größeren Chancen gewünscht. Uns ist auch klar: Sie,
meine Damen und Herren von Union und FDP, haben
mit dem Nichtergreifen wichtiger neuer Maßnahmen er-
neut bewiesen, dass Sie die Blockierer für einen schnel-
len Transformationsprozess unserer Energiewirtschaft
hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien sind. Ihre
Atomwünsche blockieren dies einfach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709326300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth

von der CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1709326400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sachverständigen haben uns in der Anhörung zu diesem
Gesetzesvorhaben bescheinigt: Deutschland ist bei der
Umsetzung dieser Erneuerbaren-Energien-Richtlinie
weit fortgeschritten. Ob es das Erneuerbare-Energien-
Gesetz ist, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, die
Biokraftstoffförderung oder auch die Nachhaltigkeits-
verordnungen – wir sind europaweit vorbildhaft. Daher
bedurfte es lediglich einiger kleinerer Anpassungen im
Rahmen des EEG und auch des EEWärmeG, um diese
EG-Richtlinie umzusetzen. Beim EEG handelt es sich
um kleine Anpassungen beim Herkunftsnachweisregis-
ter. Das ist ein elektronisches Register für die Herkunfts-
nachweise für Strom aus erneuerbaren Energien. Das
soll demnächst beim UBA geführt werden. Weiterhin
geht es um Informationspflichten bei einem Netzan-
schlussbegehren für EEG-Anlagen. Das soll konkreti-
siert, klargestellt und auch zügiger ausgestaltet werden.
Das alles sind kleine Schritte, die wir aufgrund dieser
Richtlinie noch gehen mussten.

Wir haben dann allerdings noch zwei Bereiche – das
haben auch verschiedene meiner Vorredner gesagt – im
Rahmen des EEG novelliert, bevor wir dann im Sommer
dieses Jahres die große Novelle in Angriff nehmen wer-
den. Es geht auf der einen Seite um die Neuregelung der
Photovoltaikvergütung, und auf der anderen Seite geht
es um das Grünstromprivileg.

Die große Akzeptanz in der Bevölkerung für erneuer-
bare Energien ist ein großes Pfund, mit dem wir wuchern
können, da auch wir als Parlament insgesamt den Aus-
bau der erneuerbaren Energien wollen. Nichts anderes
sieht auch das Energiekonzept der Bundesregierung vor.
Deshalb müssen wir mit dieser Akzeptanz auch sehr
sorgsam umgehen und schauen, dass wir die Bürgerin-
nen und Bürger, die Stromkunden, die über die Strom-
preise letztendlich auch die Kosten für die erneuerbaren
Energien aufzubringen haben, nicht überfordern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb ist es doch vernünftig – wenn wir im Bereich
PV insgesamt 17 000 Megawatt installierter Leistung
haben, von denen mehr als 7 000 im Jahr 2010 installiert
worden sind –, dass wir jetzt schon bezüglich der Vergü-
tung des PV-Stroms nachsteuern. Ich glaube, es ist
durchaus erträglich, was wir da – für Dachanlagen zum
1. Juli und für Freiflächenanlagen zum 1.September –
vorgesehen haben. Das ist aber auch noch von der
Marktentwicklung in den Monaten März, April und Mai
2011 abhängig. Diese Regelung findet auch in der Bran-
che weite Akzeptanz. Deshalb kann ich, ehrlich gesagt,
einige Angriffe aus der Opposition überhaupt nicht
nachvollziehen. Es ist doch kein Qualitätszeichen, dass
PV-Strom so teuer wie möglich ist, sondern im Gegen-
teil, es ist ein Qualitätszeichen, dass er so preisgünstig
wie möglich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Wann haben Sie das aufgeschrieben? Im September? – Weiterer Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)


Bei der Frage des Grünstromprivilegs haben wir auch
schon einmal eingegriffen; denn letztendlich können
nach derzeitiger Regelung Energieversorgungsunterneh-
men von der Zahlung der EEG-Umlage ausgenommen
werden, wenn sie mindestens 50 Prozent erneuerbaren
Strom am Markt vertreiben. Dann sind auch die restli-
chen 50 Prozent des sogenannten grauen Stroms von der
EEG-Umlage befreit. Das führt aber eben auch dazu,
dass diejenigen, die dann noch als Umlagezahler blei-
ben, entsprechend mehr Umlage bezahlen müssen.

Aufgrund der preislichen Entwicklung in diesem Jahr
schien es geraten, dass wir diese Regelung schon vorzei-
tig in Angriff nehmen, bevor wir uns, wie gesagt, im
Sommer an eine Neuregelung begeben, um Mitnahmeef-
fekte zulasten der nichtprivilegierten Stromversorger zu
verhindern. Aber eines muss ganz klar sein: Die Frage,
wie wir erneuerbare Energien besser in den Markt bzw.
ins Netz integrieren, wird die zentrale Frage sein, die wir
im Rahmen der EEG-Novellierung gemeinsam zu disku-
tieren haben. Es wird vorrangig nicht darum gehen, ob es
hier einen etwas höheren Bonus und da ein bisschen we-
niger Vergütung gibt – wie auch immer – oder welche
Degressionsschritte gewählt werden. Letztendlich müs-
sen wir einen qualitativen Schritt in die richtige Rich-
tung machen: Die erneuerbaren Energien müssen er-
wachsen werden; sie müssen sich dem Markt noch mehr





Dr. Maria Flachsbarth


(A) (C)



(D)(B)

stellen und müssen ernstzunehmende Wettbewerber wer-
den. Dabei stellen wir die Bedeutung des EEG überhaupt
nicht infrage.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt eine Bemerkung zum Erneuerbare-Energien-
Wärmegesetz. Wir haben da tatsächlich eine Tür geöff-
net: Das Ordnungsrecht schreibt jetzt vor, dass bei einer
grundlegenden Sanierung von Bestandsgebäuden der öf-
fentlichen Hand Anlagen zur Nutzung erneuerbarer En-
ergien mit installiert werden.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird nichts passieren!)


Hier geht es um die Vorbildfunktion der öffentlichen
Hand. Wir wissen aber, wie es unseren Kommunen der-
zeit geht: Ihre Finanzen sind, um es zart auszudrücken,
sehr knapp gestrickt. Deshalb haben wir Härtefallrege-
lungen vorgesehen:


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch gerade aus Dortmund gehört, dass das kein Problem ist!)


Bei akuter Haushaltsnotlage tritt die Nutzungspflicht
nicht ein. Allerdings konnten wir im Rahmen der parla-
mentarischen Beratungen Verfahrensregeln durchset-
zen, dass die Räte diese Problematik in aller Offenheit
thematisieren und darüber abstimmen müssen, damit der
Bürger darüber informiert ist, wofür in seiner Stadt, in
seiner Kommune Geld ausgegeben wird und wofür
nicht.

Ich bin sicher, dass wir einen ausgewogenen Entwurf
eines Europarechtsanpassungsgesetzes vorgelegt haben,
mit dem wir unsere Klimaschutzziele in einem ehrgeizi-
gen, aber dennoch realistischen Rahmen umsetzen. Ich
bitte um Ihre Zustimmung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709326500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Umsetzung der Richtlinie zur Förderung der Nutzung
von Energie aus erneuerbaren Quellen. Der Ausschuss
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit emp-
fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/4895, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung – Drucksachen 17/3629 und 17/4233 – in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion Die Linke
bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an-
genommen.
Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit angenommen.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU])


Uns liegt eine Erklärung nach § 31 der Geschäftsord-
nung vor, die wir zu Protokoll nehmen.1)

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/4895 empfiehlt der Ausschuss, eine Ent-
schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koa-
litionsfraktionen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion und Enthal-
tung der Fraktion Die Linke angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/4897. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Entschließungsantrag ist damit abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Joa-
chim Hacker, Dagmar Ziegler, Petra Ernstber-
ger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide
nach Abzug der Bundeswehr

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten
Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Jan van Aken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Friedliche Zukunft der Kyritz-Ruppiner
Heide und Interessen der Region sichern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia
Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Agnes
Malczak, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kyritz-Ruppiner Heide in ihrer Einheit er-
halten – Voraussetzungen für eine chancen-
reiche Regionalentwicklung schaffen

– Drucksachen 17/1961, 17/1972, 17/1989, 17/4276 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anita Schäfer (Saalstadt)

Michael Groschek
Elke Hoff
Paul Schäfer (Köln)

Agnes Malczak

1) Anlage 24





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Anita Schäfer von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1709326600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Vor sechs Wochen hat der offizielle Auflö-
sungsappell des Bundeswehrstandortes Wittstock statt-
gefunden. Die letzten Soldaten werden bis zum 30. Sep-
tember 2011 abziehen. Damit endet die militärische Nut-
zung der Kyritz-Ruppiner Heide. Drei verschiedene
Bundesregierungen haben den Bedarf gesehen, das ehe-
mals sowjetische Übungsgelände weiter zu nutzen, wenn
auch in erheblich geringerem Umfang als vormals die
Rote Armee. Zudem wäre mit zahlreichen Einschrän-
kungen zugunsten der Anwohner und nicht mit scharfer
Munition geübt worden. Dieser Bedarf hat sich in den
letzten Jahren geändert.

Was sich nicht geändert hat, ist die Notwendigkeit für
ein umfassendes Training unserer Soldaten, gerade für
das Zusammenwirken von Luft- und Bodenstreitkräften.
Der gegenwärtige Einsatz in Afghanistan unterstreicht
diese Notwendigkeit. Aber der damalige Verteidigungs-
minister Jung ist zu dem Schluss gekommen, dass hier-
für künftig auf den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock
verzichtet werden kann. Der durch seinen Nachfolger
angestoßene Umbau der Bundeswehr, der mit einer Re-
duzierung einhergeht, bestätigt dies im Nachhinein.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wen meinen Sie? Den Doktor?)


– Ich meine Freiherrn zu Guttenberg.

Eines muss klar sein: Die Ausbildung für alle Einsatz-
arten, auch unter mitteleuropäischen Bedingungen,
bleibt unverzichtbar. Wir sind daher aufgefordert, diese
auch nach dem Verzicht auf Wittstock sicherzustellen.
Das bedeutet im Sinne der Lastenteilung im Bündnis
auch weiterhin Übungsbetrieb in Deutschland. Weder
können wir Deutsche die damit einhergehende Belastung
einfach vollständig auf unsere Partner abwälzen, noch
können wir uns in ein Luftschloss zurückziehen und alle
Übungsplätze schließen, wie es im Antrag der Linken
einmal mehr durchklingt.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wir wollen heute über Wittstock sprechen!)


Für die Stadt Wittstock


(Heiterkeit bei der SPD – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Sehr gut! Das war doch gut, Frau Schäfer!)


war die mit dem Schießplatz verbundene Garnison über
viele Jahre lang eine Grundlage für stabile und sichere
Arbeitsplätze, die nicht der Abhängigkeit von verschie-
densten Faktoren unterlagen und deren Zahl mit der ur-
sprünglich geplanten Nutzung noch erheblich angewach-
sen wäre. Für die Region geht es nun darum, eine zivile
Nachnutzung zu finden, die diese Pläne kompensiert.
Mittlerweile sind die ersten Schritte für eine Konversion
des Truppenübungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide ein-
geleitet. Gegenwärtig befasst sich eine Arbeitsgemein-
schaft unter Beteiligung des Landes Brandenburg und
der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit diesem
Thema.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Siehe SPDAntrag!)


Deren zweite Sitzung soll im Frühjahr stattfinden. Ein
Gutachten zur Weiterverwertung, insbesondere im Hin-
blick auf die Munitionsbelastung, befindet sich derzeit
im Zulauf. – Herr Hacker, zuhören!


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Ja, Frau Schäfer, ich höre!)


Insofern sind zahlreiche Forderungen der vorliegenden
Oppositionsanträge bereits überholt.

Bei allen vorangegangenen Differenzen besteht kein
Zweifel daran, dass jetzt allen Beteiligten daran gelegen
ist, sobald wie möglich zu einer Abgabe der Liegen-
schaft zu gelangen. Vor Oktober ist damit jedoch nicht
zu rechnen. Zusätzlich wird die notwendige Altlastensa-
nierung dazu beitragen, dass die zivile Nutzung der Ky-
ritz-Ruppiner Heide erst in einiger Zeit realisiert werden
kann. Für die Nutzung durch die Bundeswehr wurde ein
finanzieller Bedarf von rund 220 Millionen Euro ermit-
telt. Eine zivile Nutzung setzt aber ganz andere Stan-
dards voraus. Hier muss man von einer deutlich höheren
Kostenbelastung ausgehen.

Was die in allen drei Anträgen geforderte teilweise
oder vollständige Eingliederung der Kyritz-Ruppiner
Heide in das nationale Naturerbe betrifft, das in unserem
Koalitionsvertrag mit 25 000 Hektar festgeschrieben ist:
Für tragfähige Entscheidungen müssen der Bund, die
Länder und die Bundesanstalt ausreichend Zeit für die
Klärung noch offener Fragen haben.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Sehr gut! SPDAntrag!)


Daher werden voraussichtlich zunächst 12 000 Hektar in
diesem Projekt für die Kyritz-Ruppiner Heide reserviert.
Nach Auswertung der derzeitigen Gespräche wird man
dann sehen, welche Flächen entsprechend überführt wer-
den können.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: SPD-Antrag!)


Sosehr ich der Region eine touristische Weiterentwick-
lung durch die Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide wün-
sche: Quasi im Schnellwaschgang, wie die drei vorlie-
genden Anträge dies suggerieren,


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Nein, Frau Schäfer! Das stimmt nicht!)


wird man dies nicht erreichen können.

Viel wichtiger ist es, hierfür eine sichere rechtliche
und finanzielle Basis zu schaffen. Zeitliche und inhaltli-
che Festlegungen, wie sie ganz konkret in den Anträgen





Anita Schäfer (Saalstadt)



(A) (C)



(D)(B)

gefordert werden, sind aber derzeit nicht glaubhaft
machbar. Der Antrag der Linken taugt schon wegen der
erwähnten sicherheitspolitischen Luftschlösser darin
nicht als Grundlage.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Gott sei Dank!)


Bei dem Antrag der Fraktion der SPD ist zwar anzu-
erkennen, dass man sich bei ihm sehr viel mehr um
Sachlichkeit bemüht hat, gleichwohl ist auch er abzuleh-
nen.


(René Röspel [SPD]: Also! Nicht so hart!)


Denn ihm ist mit dem Antrag von Bündnis 90/Die Grü-
nen und dem Antrag der Linken gemein, dass er vor allen
notwendigen Prüfungen weitgehende Festlegungen des
Bundes fordert.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Darauf komme ich noch zu sprechen!)


– Ich warte darauf. Ich bin auf die Rede gespannt.

Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709326700

Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Joachim Hacker

von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1709326800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Es ist eigentlich schade, dass wir heute
erst zu vorgerückter Stunde über eine so wichtige The-
matik für den Landkreis Ostprignitz, für die Region
Kyritz-Ruppiner Heide sprechen. Wenn ich Ihre Rede
richtig verstehe, Frau Schäfer, dann hätten Sie dem SPD-
Antrag eigentlich zustimmen können; denn genau das,
was Sie hier vorgetragen haben, haben wir in unserem
Antrag gefordert. Genau das war Gegenstand unseres
Antrages. Wir haben unseren Antrag mit dem Land
Brandenburg abgestimmt, und wir haben auch den Bund
nicht über Gebühr in die Verantwortung drängen wollen,
weil der Bund nur bestimmte Aufgaben hat. Er hätte
aber gemeinsam mit dem Land und natürlich auch mit
den Akteuren vor Ort dieses Verfahren gestalten können.

„Die Heide ist frei!“ – dieser Aufkleber ist auf Schil-
dern in vielen Orten im Norden Brandenburgs zu lesen,
mit denen sich Bürgerinnen und Bürger in diesen Städten
und Gemeinden in der Ostprignitz gegen den geplanten
Luft-Boden-Schießplatz der Bundeswehr zur Wehr ge-
setzt hatten. Dieser Aufkleber ist Ausdruck des jahrelan-
gen und am Ende erfolgreichen Bemühens von Bürgeri-
nitiativen, aber auch der Bemühungen aus dem
politischen Bereich; wir haben das Thema in den letzten
Jahren zum Teil auch hier im Bundestag begleitet.

Wir wollen, dass für diese Region eine Perspektive
zur Entwicklung des sanften Tourismus geschaffen wird.
Mit der Entscheidung des Bundesverteidigungsministe-
riums vom Juli 2009, den Luft-Boden-Schießplatz auf-
zugeben, haben sich für die Region neue Chancen für die
zivile Nutzung und natürlich auch für den Naturschutz
eröffnet.


(Beifall der Abg. Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Damit endet die Verantwortung der Bundeswehr und
der Bundesregierung aber nicht; denn nach einer jahr-
zehntelangen militärischen Nutzung müssen deren Fol-
gen bewältigt werden. Munition und andere Altlasten
müssen beseitigt werden, um die Heide nicht nur von der
militärischen Nutzung zu befreien, sondern um sie vor
allen Dingen für die Menschen in der Region, aber auch
für Besucher aus Nah und Fern zu öffnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Für diese strukturschwache Region können Potenzi-
ale für den sanften Tourismus, aber auch für Windparks
und andere erneuerbare Energien erschlossen werden.
Genau dies ist Gegenstand des Antrages der SPD-Bun-
destagsfraktion, liebe Kollegin Schäfer. Der zentrale Ge-
danke ist der Ausgleich zwischen wirtschaftlicher Nut-
zung und Naturschutz.

Die Zukunft der Kyritz-Ruppiner Heide kann aber nur
gemeinsam mit den Menschen in dieser Region gestaltet
werden. Die Bürgerinitiativen waren erfolgreich. Jetzt
müssen sie auch an der Zukunftsplanung für diese Re-
gion beteiligt werden. Die SPD-Fraktion hat deswegen
in ihrem Antrag gefordert, die lokalen Akteure mit ein-
zubeziehen. Unsere Forderungen richten sich aber auch
ganz klar an den Bund. Er ist in der Pflicht, mit seiner ei-
genen Koordinierungsstelle für Konversionsfragen an
Nachnutzungskonzepten zu arbeiten und die Altlasten zu
beseitigen. Das kann nicht allein Angelegenheit des Lan-
des Brandenburg sein. Ich habe gehört – Frau Schäfer,
Sie sind ja auch dafür –, dass das im gegenseitigen Ein-
vernehmen zwischen dem Bund und dem Land Branden-
burg geschehen soll. Die Entwicklung der Kyritz-Ruppi-
ner Heide war seit Jahren ein parteiübergreifendes
Anliegen. Nach Vorlage der auf der Tagesordnung ste-
henden Anträge gab es Bemühungen, einen fraktionsü-
bergreifenden Antrag zu entwickeln. Ein solcher Antrag
– das muss hier gesagt werden – ist am Starrsinn der
Unionsfraktion im vorigen Jahr gescheitert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trauerspiel!)


Er ist, um das konkret zu benennen, am Starrsinn der
Landesgruppe Brandenburg der CDU/CSU-Fraktion ge-
scheitert, die nicht bereit war, einen solchen fraktionsü-
bergreifenden Antrag zu gestalten. Frau Behm, ich ent-
sinne mich noch gut an unsere Gespräche. Wir hätten das
hier gemeinsam gestalten können. Frau Schäfer, wir wa-
ren auch bereit, auf die Belange und Forderungen Ihrer
Fraktion einzugehen.


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Vor 20 Jahren haben Sie das nicht gemacht!)






Hans-Joachim Hacker


(A) (C)



(D)(B)

Wir haben aber nicht ein Signal bekommen, dass Sie
zum Zusammenwirken bereit sind.

Wenig hilfreich – auch das muss an dieser Stelle ge-
sagt werden – war der Antrag der Linken. Sie haben von
vornherein reine Kritik an der Bundeswehr geübt. Sie
haben mit dieser blassen Kritik


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Was heißt blass? Die war nicht blass!)


von vornherein einen Kompromiss ausgeschlossen. Das
war offenbar Ihre Absicht.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist nicht wahr!)


Sie wollten sich vermutlich vor Ort entsprechend präsen-
tieren. Sie haben nichts dazu beigetragen, dass wir hier
einen fraktionsübergreifenden Kompromiss erreichen.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sie haben doch gar nicht verhandelt mit uns!)


– Sie haben einen Antrag gestellt, der von vornherein
nicht kompromissfähig war, Frau Tackmann. Lesen Sie
doch Ihren eigenen Antrag!


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist doch einfach Unsinn!)


Wir sagen klar: Wir wollen einen Nutzungsmix. Ne-
ben Flächen für die touristische Nutzung soll es unter
Naturschutz gestellte Flächen geben, aber auch Flächen
für die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen. Allein
dieser Mix kann die Region voranbringen.

Wenn der Antrag heute nochmals von der Koalition
abgelehnt wird, wenn nochmals der Versuch unternom-
men wird, sich aus der Verantwortung zu stehlen, sagen
wir: Frau Schäfer, diese Fahnenflucht kann nicht erfolg-
reich sein. „Die Heide ist frei“ bedeutet eben nicht, dass
die Bundesregierung und die Bundeswehr frei von Ver-
antwortung sind. Die Heide ist erst dann frei, wenn sie
frei von Munition und Altlasten ist, wenn Tier und
Mensch das Gelände gefahrlos betreten können


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Das hätte alles schon sein können! und eine vernünftige Balance zwischen wirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz erreicht wurde. Genau das ist der Inhalt unseres Antrages. Frau Schäfer, ich lade Sie und die CDU/CSU-Fraktion noch einmal ein: Stimmen Sie unserem Antrag zu. (Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Danke!)


Sie haben gleich die Chance dazu.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709326900

Das Wort hat jetzt der Kollege Joachim Spatz von der

FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1709327000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

lege Hacker, dass wesentliche Forderungen, die in Ihrem
Antrag stehen, bereits jetzt in der Umsetzungsphase
sind, ist kein Grund dafür, dem Antrag zuzustimmen;


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Richtig!)


das ist vielmehr ein Beleg dafür, dass die Koalition und
die Bundesregierung in Partnerschaft mit den lokalen
und den Landesautoritäten auch ohne Ihren Antrag hand-
lungsfähig sind.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Warum haben Sie in der ersten Lesung dagegen gestimmt?)


Bundesminister Jung hat entgegen dem, was vom
Verteidigungsministerium jahrelang als notwendig er-
achtet worden ist, auf die Nutzung verzichtet. Wir sind
froh darüber. Als neuer Abgeordneter kann ich dem vor-
behaltlos zustimmen. Andere Kollegen, die jahrelang die
andere Richtung vertreten haben, haben sich damit ein
bisschen schwerer getan. Auch das sei hier einmal er-
wähnt.

Natürlich muss jetzt durch die BImA in Partnerschaft
mit den lokalen und Landesgebietskörperschaften ein
Nachnutzungskonzept gefunden werden. Seit dem
5. November 2010 gibt es einen Lenkungskreis, dem die
Betroffenen angehören. Unter Leitung der BImA und
Beteiligung des Landes Brandenburg, des Landkreises
und des Bundesministeriums der Verteidigung wird ein
abgestimmtes Konversionskonzept gesucht. Eines ist
aber schon klar: Die weitgehenden Festlegungen, die
von diesem Lenkungskreis getroffen werden, sind für
den Bund ein bisschen schwierig; denn die Kosten der
Dekontaminierung sind natürlich noch nicht genau zu
beziffern. Schließlich geht es hier nicht um ein kleines
Areal, sondern um ein Riesenareal. Natürlich muss man
erst einmal wissen, über welche Größenordnung man
verhandelt, bevor man letztendlich Festlegungen trifft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Einbindung der lokalen Autoritäten ist, wie ge-
sagt, gewährleistet. Auch wir sind für ein gemischtes
Nutzungskonzept. Die Einbeziehung der Kyritz-Ruppi-
ner Heide in das nachhaltige Energiekonzept für Bran-
denburg ist vorgesehen. Ferner ist eine touristische Ent-
wicklung vorgesehen. Auch die Stiftung „Nationales
Naturerbe“ und ähnliche Dinge sollen eine Rolle spielen.
Ein großes, einheitliches Konzept ist auch aus unserer
Sicht relativ unwahrscheinlich.

Im Übrigen sind wir dafür, dass verschiedene Eigen-
tumsformen in diesem Gebiet möglich sind; auch private
Investoren sollen erlaubt sein. Deswegen ist es nicht
vertretbar, dass, wie von Linken und Grünen gefordert,
bereits zum jetzigen Zeitpunkt private Investoren gene-
rell ausgeschlossen werden. Wer in anderen Städten lebt
– auch in meiner Heimatstadt Würzburg gibt es ein gi-





Joachim Spatz


(A) (C)



(D)(B)

gantisches Konversionsprogramm –, der weiß, dass das
nur mit privaten Investoren funktionieren kann. Andern-
falls ist es für die beteiligten Kommunen überhaupt nicht
zu stemmen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt aber nicht, dass man die Heide auseinanderreißen muss!)


Das ist Fakt. Natürlich kann man sich die Welt schönma-
len, aber mit Realität hat das dann nichts zu tun.

Zu den Linken kann man in dem Fall keine ernstzu-
nehmende Stellungnahme abgeben. Es ist wie bei jedem
Thema, das mit der Bundeswehr zu tun hat – wir haben
das heute bei der Wehrrechtsreform gesehen –: An al-
lem, was eine funktionierende Armee benötigt, in die-
sem Fall die Möglichkeit, Luft-Boden-Übungen durch-
zuführen, wird Generalkritik geübt. Dies wird auch an
anderer Stelle kritisiert. Das geht natürlich überhaupt
nicht. Sie verabschieden sich völlig von der seriösen
Diskussion über den vorliegenden Fall, die Umnutzung
der Kyritz-Ruppiner Heide, und üben Generalkritik an
der Bundeswehr. Damit haben Sie ein Stück weit – da
gebe ich dem Kollegen von der SPD recht – die Anträge
der anderen Oppositionsparteien kontaminiert. Das sage
ich ganz deutlich.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Kontaminiert?)


– Ja, in der Tat, kontaminiert mit Ihrer Fundamentalkri-
tik an der Bundeswehr und ihren Übungsmöglichkeiten.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir wollen für die Zu-
kunft bei der Bundeswehr bestimmte Fähigkeiten erhal-
ten. Dazu gehören Luftfähigkeiten. Das betrifft auch die
anderen Übungsplätze, die Sie apostrophiert haben. Wir
wollen diese erhalten und nicht schließen. Wir achten
darauf, dass auch bei diesen Übungsplätzen ein ausge-
wogenes Verhältnis zwischen militärischen Notwendig-
keiten und den berechtigten Interessen der Anwohner er-
halten bleibt. Wie gesagt: Dieser Fundamentalkritik
können wir uns nicht anschließen.

Wir wünschen, dass die Kooperation zwischen Land,
Bund und Kommune in unserem konkreten Fall zu einer
positiven Entwicklung vor Ort führt.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709327100

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Kirsten Tackmann

von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709327200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

geht heute Abend nicht um irgendwelche 12 000 Hektar
märkischen Boden; vielmehr geht es bei der Kyritz-Rup-
piner Heide um ein Symbol für eine lebendige Bürgerde-
mokratie. Der Verzicht auf das Bombodrom war formal
eine Entscheidung von Regierenden; aber erzwungen
wurde sie durch ein breites überparteiliches Bündnis in
der Region mit überregionaler Unterstützung.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bürgerinitiativen „Freie Heide“ und „Freier Him-
mel“ waren neben „Pro Heide“ und vielen anderen Initi-
ativen Motor dieses Widerstandes. Die Linke war immer
an ihrer Seite. Wir haben gemeinsam gekämpft, auch
wenn die Ziele im Einzelnen unterschiedlich waren: ge-
gen Kriegsübungen, gegen Naturzerstörungen oder ein-
fach nur gegen die Blockade der regionalen Wirt-
schaftspotenziale. Fast 20 Jahre lang hat die Bundeswehr
versucht, eine Nutzung des Geländes als Bombodrom zu
erzwingen, und zwar gegen eine übergroße demokrati-
sche Mehrheit in der Region und mit rechtsstaatswidri-
gen Mitteln, wie in dem Urteil des Oberverwaltungsge-
richts Berlin-Brandenburg festgestellt wird. Am Ende
war es die Hartnäckigkeit des politischen und juristi-
schen Widerstands, die zum Erfolg geführt hat.


(Beifall bei der LINKEN)


Das sollte auch denen Mut machen, die in Nordhorn und
Siegenburg für die Schließung von Übungsplätzen
kämpfen.

Wieso erzähle ich das? Weil die Bundespolitik gegen-
über der Region in ganz besonderer Verantwortung steht,
nach diesem sehr langen, sehr steinigen Weg zu einer
friedlichen Zukunft in der Kyritz-Ruppiner Heide zu
kommen.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehe ich auch so!)


Angesichts des breiten überparteilichen Bündnisses vor
Ort wäre es ein wichtiges Signal gewesen, einen gemein-
samen überfraktionellen Gruppenantrag zu erarbeiten.
Das ist leider gescheitert – das wurde hier schon gesagt –,
aber es ist nicht an den Linken gescheitert.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der FDP)


In unserem Antrag haben wir ausdrücklich den Dis-
kussionsstand in der Region aufgegriffen, weil uns das
besonders wichtig ist. Unsere Kernforderungen lauten:

Erstens. Wir fordern den rechtssicheren und unum-
kehrbaren Verzicht auf eine militärische Nutzung des
Geländes und die Streichung aus dem Standortkonzept.
Es gibt nach wie vor viel Misstrauen in der Region. Ich
finde, dass man hier wirklich eine klare Entscheidung
treffen muss.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Wir fordern einen Zeitplan für den Abzug
der Bundeswehr. Es wurde hier schon gesagt: Der Abzug
hat bereits begonnen.

Drittens. Wir fordern die Übernahme aller Verpflich-
tungen nach Art. 14 Grundgesetz durch den Eigentümer
Bund. Das heißt, er muss dieses Eigentum zum Gemein-





Dr. Kirsten Tackmann


(A) (C)



(D)(B)

wohl verwenden. Dazu müssen die Region und die Lan-
desregierung eng in alle Entscheidungen einbezogen
werden. Das ist mit der Schaffung verschiedener Ar-
beitsgremien unterdessen auf den Weg gebracht worden.
Allerdings wurde der Antrag der Linken zur finanziellen
Unterstützung der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft
Kyritz-Ruppiner Heide durch den Bund abgelehnt. Ich
finde, das ist nicht richtig.


(Beifall bei der LINKEN)


Viertens fordern wir, unverzüglich mit einer nut-
zungsorientierten Kampfmittel- und Altlastenbeseiti-
gung zu beginnen und sie bedarfsgerecht zu finanzieren.
Niemand will die gesamte Heide sofort beräumen; aber
es sollte zumindest bedarfsgerecht und nutzungsorien-
tiert geschehen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Joachim Spatz [FDP]: Was Sie wollen, ist ein Blankoscheck!)


Das ergibt sich nach Auffassung der Linken vor allen
Dingen daraus, dass der Bund nach jahrzehntelanger
Blockade der Region zur Wiedergutmachung aufgefor-
dert ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist auch inakzeptabel, dass für diese Beräumung nach
wie vor kein Geld zur Verfügung steht und auch nicht in
Aussicht gestellt wurde.

Unsere fünfte Forderung lautet, auf die Privatisierung
der gesamten Fläche zu verzichten; das wurde bereits be-
tont. Ich finde, das ist richtig.

Sechstens. Dem Naturschutz soll auf dem Gelände ein
besonderer Stellenwert eingeräumt werden. Dazu soll
die Option der Aufnahme des Geländes in das Nationale
Naturerbe ernsthaft geprüft werden.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist doch längst erfolgt!)


Über das Nationale Naturerbe gibt es sehr intensive Dis-
kussionen, nicht nur in der Region, sondern auch darüber
hinaus. Als Linke teilen wir ausdrücklich die Position
der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Kyritz-Ruppiner
Heide. Das heißt, wir könnten uns die Aufnahme in das
Nationale Naturerbe vorstellen, wenn dabei eine sanfte
touristische Nutzung möglich bleibt.

Bei dieser Frage gehen aber zwei Dinge ganz be-
stimmt nicht:

Erstens. Diese Entscheidung darf nicht über die Re-
gion und die Landesregierung hinweg entschieden wer-
den, schon gar nicht im Haushaltsausschuss des Bundes-
tages.

Zweitens. Die bereits für das Nationale Naturerbe
vorgesehenen 25 000 Hektar an anderen Orten müssen
um die Kyritz-Ruppiner Heide aufgestockt werden. Sie
darf nicht Bestandteil dieser 25 000 Hektar sein; denn
diese 25 000 Hektar stehen bereits in einer Liste und
wurden nach einem Kompromiss verteilt. Sie müssen
absolut „on top“ kommen; sonst geht das gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke, dass die Linke einen sehr wichtigen Antrag
vorgelegt hat, der von der Region, von denen, die die
Kyritz-Ruppiner Heide freigekämpft haben, in ganz gro-
ßer Breite befürwortet wird. Schon der Respekt vor die-
ser Bewegung sollte Sie eigentlich dazu bringen, den
Antrag zu unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709327300

Das Wort hat die Kollegin Cornelia Behm vom Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709327400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Dass der Weg in die zivile Zukunft der Kyritz-
Ruppiner Heide ein langer und steiniger werden würde,
das ahnte man seit langem, ist doch das Gelände, das
Anfang der 50er-Jahre zwangsenteignet worden ist, von
den Sowjets genutzt worden, um diverse international im
Einsatz befindliche militärische Geräte, unter anderem
Bomben, zu prüfen und zu testen; daher kam auch der
Name „Bombodrom“. Dass aber so schwer eine Eini-
gung darüber zu erzielen ist, wie mit den kostenträchti-
gen Altlasten auf der einen Seite und den verständlichen
Ansprüchen der Region und der Anrainer auf der ande-
ren Seite umzugehen ist, das ist in der Tat ein Trauer-
spiel.

Das Bemühen um einen Gruppenantrag blieb erfolg-
los – es ist hier schon erwähnt worden –, weil sich die
Union sperrte. Das ist ein Armutszeugnis, wird doch den
Menschen vor Ort von allen Parteien – ich wiederhole:
von allen Parteien – immer wieder versprochen, dass sie
sich für eine zivile Nutzung des Geländes einsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Bevölkerung in den 14 Anliegergemeinden hat
im Übrigen schon 1990, als die Sowjets abzogen, Pläne
zur Nutzung der Heide gemacht. So wurde damals bei-
spielsweise ein Wegenetz für die touristische Erschlie-
ßung konzipiert. Diese Pläne wurden aber zu Makulatur,
als die Bundeswehr 1992 ankündigte, das Gelände als
Truppenübungsplatz nutzen zu wollen, und zwar als
Luft-Boden-Schießplatz.

Nun ist die Heide frei. Doch noch immer gibt es poli-
tisches Gezerre um Zuordnung, Zuständigkeit und Ver-
antwortung. Man könnte vom Glauben abfallen. Denn
am 11. November des vergangenen Jahres hatte der
Haushaltsausschuss des Bundestages mit der Mehrheit
der Regierungskoalition beschlossen, die Kyritz-Ruppi-
ner Heide in das Nationale Naturerbe zu übertragen, und
zwar nicht, wie wir es in unserem Antrag fordern, zu-
sätzlich zu den im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und
FDP vereinbarten 125 000 Hektar. Die 13 000 Hektar
sollten vielmehr auf die sogenannte zweite Tranche von
25 000 Hektar, die noch nicht übertragen worden sind,





Cornelia Behm


(A) (C)



(D)(B)

angerechnet werden. Nicht einmal mit den eigenen
Fachpolitikern hatten die Haushälter das abgesprochen.
Ich habe danach mit ihnen geredet: Die eigenen Leute
waren entsetzt.

Da blockiert der Bund mit seinen Schießplatzplänen
erst 17 Jahre lang die Entwicklung einer Region,


(Zuruf von der CDU/CSU: Was? 17 Jahre?)


verbrennt Tausende Euro in zig verlorenen Gerichtspro-
zessen – Steuergelder und Geld der klagenden Kommu-
nen –, und dann versucht er, sich auf Kosten von zahlrei-
chen anderen Regionen in Deutschland, die darauf
warten, dass wertvolle Naturschutzflächen durch den
Status Nationales Naturerbe dauerhaft geschützt werden,
der Verantwortung für die Heide zu entledigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ist denn hier kein Bewusstsein dafür vorhanden, dass der
Bund in der Bringpflicht ist?

Diese sogenannte zweite Tranche darf nicht beschnit-
ten werden. Ich fordere Sie auf, liebe Kolleginnen und
Kollegen aus Union und FDP – ich richte mein Wort ins-
besondere an die Haushälter –: Nehmen Sie den Be-
schluss des Haushaltsausschusses zurück! Beschließen
Sie meinetwegen eine dritte Tranche, die nur natur-
schutzfachlich wertvolle ehemalige Militärflächen ent-
hält. Im Zuge der Reform der Bundeswehr wird zusätz-
lich zur Kyritz-Ruppiner Heide noch eine ganze Menge
an Flächen anfallen. Aber stellen Sie endlich die Wei-
chen für eine zivile Nutzung des ehemaligen Bombo-
droms!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709327500

Das Wort hat jetzt der Kollege Norbert Brackmann

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Norbert Brackmann (CDU):
Rede ID: ID1709327600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Zunächst einmal zu den Regelkreisläufen,
über die wir heute zu sprechen haben: Das Gelände, über
das wir heute sprechen – ein naturbelassenes Gebiet –,
ist der Natur für eine besondere staatliche Aufgabe ent-
zogen worden. Heute sind wir in der glücklichen Lage,
dass diese militärische Nutzung aufgegeben werden
kann. Deswegen ist es doch geradezu ein Gebot der
Nachhaltigkeit, in einem solchen Moment zu sagen: Wir
müssen das, was wir der Natur vor einiger Zeit vorüber-
gehend entzogen haben, der Natur auch wieder zuführen.
Genau dieses Ziel verfolgen wir mit Blick auf die Zu-
kunft der Kyritz-Ruppiner Heide.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Von daher ist diese neue Nutzung ein Glücksfall für
Natur und Mensch gemeinsam. Wir befinden uns glück-
licherweise überhaupt nicht auf dem Weg zu einem
„Heide 21“,


(Zuruf von der CDU/CSU: Da hat er recht!)


sondern Bund und Land, Kreis, BImA und die betroffe-
nen Menschen vor Ort sind mittlerweile in sehr kon-
struktiven Gesprächen über die Zukunft der Kyritz-Rup-
piner Heide. Das sollten wir alle begrüßen


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir auch!)


und nicht das Gegenteil davon tun. Die Gespräche brau-
chen Zeit; denn es soll einen gesellschaftlichen Konsens
über die Zukunft dieser Fläche geben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Dagegen steht der Haushaltsausschuss!)


– Dagegen steht eben nicht der Haushaltsausschuss. Der
Haushaltsausschuss hat etwas beschlossen, weil es für
bestimmte große Entscheidungen nur ganz bestimmte
Zeitfenster gibt. Es handelt sich hier nicht um ir-
gendeine zusammenhängende Fläche mit einer Größe
von 11 900 Hektar, sondern um eine Fläche, von der
über 9 000 Hektar als FFH-Gebiet ausgewiesen sind und
die damit allerhöchsten Naturschutzwert hat. Der Haus-
haltsausschuss hat diese Fläche nur im Gesamtzusam-
menhang gesichert, um sie nicht zerbröseln zu lassen.
Denn wir machen Umweltschutz nach Umweltgesichts-
punkten und nicht nach Länderquoten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])


Deswegen haben wir auch keine Chancen für die Zu-
kunft „gebaut“; denn wir wissen, dass in allen Ländern
hochwertigste Umweltflächen angeboten werden und
zur Verfügung stehen. Das Stichwort ist ja schon gefal-
len. Man mag zu gegebener Zeit über eine dritte Tranche
reden können;


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


aber heute ist es erst einmal an der Zeit, das zu entschei-
den, was wir entscheiden können, nämlich diese zusam-
menhängende, höchst wertvolle Naturschutzfläche dau-
erhaft für den Naturschutz zu sichern. Damit haben wir
als Haushaltsausschuss einen deutlichen Hinweis gege-
ben.


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Das ist auch keine Frage, die nur den betroffenen
Landkreis betrifft. Das ergibt sich schon daraus, dass das
gesamte Gebiet, wenn man es der Natur tatsächlich weg-
nehmen und komplett für andere, touristische Zwecke
nutzen wollte


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Partiell!)


– partiell, aber wir reden hier ja auch über Geld –, für
rund 600 Millionen Euro dekontaminiert werden müsste.
Das übersteigt mit Sicherheit die Leistungsfähigkeit ei-
nes Landkreises.





Norbert Brackmann


(A) (C)



(D)(B)

Wir sind doch schon viel weiter, als Sie hier glauben
machen. Selbst wenn wir dort nur die partielle Nutzung
sicherstellen und die entsprechenden Flächen dekonta-
minieren wollen, kommen wir immer noch, je nachdem,
wie man es macht, auf einen Preis von bis zu 81 Millio-
nen Euro. Auch die wollen erst einmal aufgebracht wer-
den.

Sie haben hier gehört, dass wir von der Regierungs-
koalition in Verantwortung für die Natur einstehen. Ich
glaube, das ist auch für die betroffene Region ein ganz
wertvolles und wichtiges Signal.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Vor diesem Hintergrund geht es darum, diese Fläche
ganz konkret zu sichern und die Möglichkeit für eine
Mischnutzung zu eröffnen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Jetzt kommt die Katze aus dem Sack!)


Ich habe darauf hingewiesen, dass über 9 000 Hektar
FFH-Gebiet sind. Damit bleiben immer noch 3 000 Hek-
tar übrig, die, wenn Sie so wollen, im Konsens mit den
Menschen vor Ort für eine andere Nutzung bereitgestellt
und als andere Naturschutzflächen ausgewiesen werden
können.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Da werden wir Sie aber stellen!)


– Ja, stellen Sie sich dieser Diskussion.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Nein, Sie werden wir stellen!)


Sie sind herzlich eingeladen. Die Diskussion wird ja ge-
führt.

Um für all dies einen Konsens zu erzielen, braucht
man Zeit. Ein altes afrikanisches Sprichwort lautet: Das
Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. –
Man könnte auch sagen: Gut Ding will Weile haben.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Viele Köche verderben den Brei!)


Geben Sie uns für die Diskussion also die erforderliche
Zeit. Wir sind davon überzeugt, dass das Ganze ein gutes
Ende nehmen wird. Wir haben die entsprechenden Vor-
kehrungen getroffen. Dazu bedarf es nicht der Unterstüt-
zung durch Ihre Anträge.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709327700

Als letzter Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich das Wort der Kollegin Dagmar Ziegler von
der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1709327800

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Mich wundert, dass es zwi-
schen Ihren Reden und dem, was im Haushaltsausschuss
beschlossen wurde, eine eklatante Spanne gibt. Nur da-
mit wir wissen, worüber wir hier debattieren, will ich
den zweiten Punkt, der im Haushaltsausschuss beschlos-
sen wurde, noch einmal zitieren:

Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregie-
rung auf, in der o. g. Gesamtumsetzung die noch
ausstehende Übertragung der Liegenschaft Witt-
stock … mit rund 11.900 Hektar vollständig zu be-
rücksichtigen.

Ich lege hier Wert auf das Wort „vollständig“.


(Norbert Brackmann [CDU/CSU]: Das kennen wir, Kollegin Ziegler! – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Hört! Hört! – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie jetzt richtig zitiert?)


Ich zitiere einmal Frau Schäfer, in deren Rede am
10. Juni 2010 im Bundestag es heißt:

Daher ist auch die zum Beispiel von der SPD gefor-
derte Einbeziehung in den Flächenpool des Natio-
nalen Naturerbes nicht angebracht. … Wichtig ist
es, dass nun die verschiedenen Stellen des Bundes
gemeinsam mit dem Land Brandenburg sämtliche
Modalitäten der Eigentumsübertragung klären und
hinsichtlich künftiger Nutzungsüberlegungen früh-
zeitig auch die Interessenträger vor Ort in die ent-
sprechenden Verfahren einbinden.

Herr Brackmann, Sie kann ich auch gleich zitieren:

Bevor diese Schritte abschließend erfolgt sind,
kommt die Opposition mit der Forderung daher, ge-
eignete Flächen in das Nationale Naturerbe zu über-
führen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Hört! Hört!)


Wir verschließen uns keinesfalls einer solchen
Überlegung, jedoch ist dies der zweite Schritt vor
dem ersten. Ob und in welcher Form die Liegen-
schaft dem Nationalen Naturerbe zugeführt werden
kann, ist abhängig von der Ermittlung der Muni-
tions- und Altlastenbelastung und der Feststellung
der naturfachlichen Eignung.

Ich frage mich: Wo sind wir hier? In der Rede von
Herrn Ackermann von der FDP heißt es – Zitat –:

Es gilt nun, das Verfahren für die umfassende zivile
Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide mit den betrof-
fenen Kommunen eng zu verzahnen und den Willen
der Bürger vor Ort zu berücksichtigen.

Das war am 10. Juni letzten Jahres. Im November
letzten Jahres hat der Haushaltsausschuss dann die voll-
ständige Übertragung dieser Flächen in das Naturerbe
definitiv beschlossen. Heute reden Sie wiederum so, als
wäre dieser Haushaltsbeschluss nicht relevant; man
könne noch einmal vor Ort über eine Mischnutzung und
alle möglichen Modalitäten reden.

Vor Ort fühlt man sich mittlerweile wirklich vergack-
eiert. Man wird den Initiativen, die sich seit Jahren um
eine zivile Nutzung bemüht haben, nicht gerecht.

Deshalb kann ich Sie nur bitten, Ihr Reden und Tun
miteinander in Einklang zu bringen und dem Antrag der





Dagmar Ziegler


(A) (C)



(D)(B)

SPD-Fraktion zuzustimmen. Denn sonst verspielen Sie
das Vertrauen vor Ort. Das Hü und Hott der Koalition
bringt uns in der Sache nicht voran; es verunsichert viel-
mehr die Menschen. Überall wird gesagt: Wir wissen
nicht, was dabei herauskommt.

Alles, was jetzt vor Ort an Kommunikation stattfin-
det, kommt uns vor wie eine Beschäftigungstherapie. Es
stand von vornherein fest, was die Koalition will. Das
andere ist nur noch Schauwerk vor Ort. Dagegen ver-
wahren wir uns.

Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu. Dadurch kön-
nen Sie beweisen, dass Sie wirklich das meinen, was Sie
hier immer vortragen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709327900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Verteidigungsausschusses auf Druck-
sache 17/4276. Der Ausschuss empfiehlt unter Buch-
stabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1961
mit dem Titel „Zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner
Heide nach Abzug der Bundeswehr“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen von SPD und Linken bei Enthaltung von
Bündnis 90/Die Grünen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 17/1972 mit dem Titel „Friedliche Zukunft
der Kyritz-Ruppiner Heide und Interessen der Region si-
chern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist angenommen mit den Stimmen der Koaliti-
onsfraktionen und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen
der Fraktion Die Linke bei Enthaltung von Bündnis 90/
Die Grünen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c
seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 17/1989 mit dem Titel „Kyritz-Ruppiner Heide in
ihrer Einheit erhalten – Voraussetzungen für eine chan-
cenreiche Regionalentwicklung schaffen“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Ent-
haltung der SPD-Fraktion und Gegenstimmen der Frak-
tion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Regelung von De-Mail-Diensten und zur
Änderung weiterer Vorschriften

– Drucksachen 17/3630, 17/4145 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 17/4893 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Clemens Binninger
Gerold Reichenbach
Manuel Höferlin
Jan Korte
Dr. Konstantin von Notz

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Clemens Binninger von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1709328000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

E-Mail und Internet sind mittlerweile Massenkommuni-
kationsmittel geworden. Wir alle nutzen täglich E-Mail.
Bürgerinnen und Bürger senden uns täglich E-Mails.
Auch Behörden versenden E-Mails.

Trotzdem muss uns eines immer bewusst sein: Eine
E-Mail hat kein besonders hohes Sicherheitsniveau. Sie
hat etwa das Sicherheitsniveau einer Postkarte, die Sie
an das schwarze Brett hängen, mit dem Text nach außen.
Sie ist also alles andere als sicher. Ein jährliches Volu-
men von etwa 17 Milliarden Briefsendungen in Deutsch-
land macht deutlich, dass durchaus ein großes Potenzial
für sicheren E-Mail-Verkehr besteht. Genau dieses
Potenzial wollen wir ausschöpfen, indem wir heute in
zweiter und dritter Lesung das De-Mail-Gesetz verab-
schieden und damit einen Rahmen für eine sichere, kom-
fortable und vertrauensvolle Kommunikation mit E-Mail
schaffen. Das ist ein wichtiger Baustein für eine mo-
derne Verwaltung und eine moderne Gesellschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie mich die Kerninhalte des Gesetzes ganz
kurz darlegen, weil sie von Bedeutung sind. Mit dem
De-Mail-Gesetz schaffen wir den rechtlichen Rahmen
dafür, dass ein Provider, der diese Technik anbieten will,
vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstech-
nik zertifiziert sein und hohe Sicherheitsanforderungen
erfüllen muss. Ich füge hinzu: Es kann bis heute noch
keinen zertifizierten De-Mail-Provider geben. Aber so-
bald das Gesetz in Kraft tritt, können die Zertifizierungs-
maßnahmen anlaufen.

Wer De-Mail als Nutzer in Anspruch nimmt, muss
sich beim ersten Mal zweifelsfrei identifizieren. Das
heißt, man weiß, wer hinter der De-Mail-Adresse steht.
Das weiß man heute bei der E-Mail-Adresse nicht. Wir
regeln in diesem Gesetz auch, dass der Versand von De-
Mails verschlüsselt erfolgen muss, und zwar auf zwei
unterschiedlichen Niveaus: Transportverschlüsselung





Clemens Binninger


(A) (C)



(D)(B)

auf dem gesamten Weg und als zusätzliche Option bei
hohem Sicherheitsbedürfnis eine Ende-zu-Ende-Ver-
schlüsselung. Wir regeln des Weiteren, dass eine Ver-
sandbestätigung gesendet wird, wenn De-Mails ver-
schickt werden. Eine solche Bestätigung schafft
Rechtssicherheit und ermöglicht es Unternehmen, insbe-
sondere kleinen Unternehmen und mittelständischen Be-
trieben, ihre Kommunikation mehr über De-Mail rechts-
sicher abzuwickeln.

Wir schaffen noch etwas anderes Wichtiges: Wir
verbinden Sicherheit und Komfort. Machen wir uns
nichts vor: Es gibt schon immer Methoden, mit denen
man E-Mails verschlüsseln kann. Auch die elektronische
Signatur gibt es schon seit einigen Jahren. Nichts davon
konnte sich durchsetzen, weil es offensichtlich zu kom-
pliziert, zu anspruchsvoll und zu technisch für den Nut-
zer war. Deshalb ist unser Ziel, mit dem De-Mail-Gesetz
einen Rahmen zu schaffen, der beides gewährleistet: Si-
cherheit und Komfort. Ich glaube, das ist uns mehr als
geglückt. Es wird sicher sein, und es wird komfortabel
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will noch ein paar Sätze zum Verfahren sagen; das
ist mir wichtig. Die Koalition hat sich ausreichend Zeit
für dieses Gesetz genommen. Wir haben keinen Punkt,
der an uns herangetragen wurde, beiseitegewischt, nach
dem Motto „Wir wissen es besser“. Wir haben viele Ge-
spräche mit Vertretern der Wirtschaft und von Verbän-
den, mit den Kollegen der Opposition und mit Länder-
vertretern geführt. Wir haben wirklich versucht, auf
jeden Punkt einzugehen. Wir haben eine Sachverständi-
genanhörung durchgeführt. Wie es für Sachverständi-
genanhörungen üblich ist, gab es Lob und Kritik. Wir
haben aber auch Anregungen, die wir erhalten haben,
umgesetzt. In dem von uns vorgelegten Änderungsantrag
haben wir viele Punkte, die wir für bedenkenswert hal-
ten, aufgegriffen. So haben wir es am Ende geschafft, ein
Gesetzeswerk zu etablieren, das nach meiner Meinung
nicht nur einen ersten Schritt, sondern einen wichtigen,
soliden Schritt hin zu einer digitalen Raumordnung dar-
stellt. Es schafft Sicherheit für alle Beteiligten und ist ein
echter Fortschritt für unser Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Trotzdem gibt es noch immer Kritikpunkte. Ich
nehme an, dass wir nachher einiges dazu hören werden.
Auch ich will auf die Kritikpunkte eingehen, die in der
Ausschussberatung deutlich wurden und mit denen wir
uns sehr lange befasst haben.

Erster Punkt. Warum gibt dieses Gesetz keinen ein-
heitlichen Domainnamen vor? Warum gibt es keine
staatlich verordnete E-Mail-Adresse? Anfangs wurde
gesagt, man brauche das, weil sonst die Gefahr der Ver-
wechslung von normalen E-Mails mit sicheren De-Mails
bestehe. Wir wissen aber nun – davon haben wir uns
mehrfach überzeugt –, dass es sich um getrennte Sys-
teme handelt.

Die Gefahr, dass man eine E-Mail versehentlich als
De-Mail erhält, geht gegen null, weil man in seinem
E-Mail-Postfach gar keine De-Mails empfangen kann. Im
E-Mail-Postfach erhält man nur seine normalen E-Mails.
De-Mails sind sicher. Eine Verwechslungsgefahr ist aus-
geschlossen, weil man nur dort De-Mails empfangen
kann, wo man auch dafür registriert ist. Es ist deshalb
nicht notwendig, anhand des Namens eine Unterschei-
dung zu treffen. Es wäre sogar gefährlich, wenn man den
Bürgern suggerieren würde: Sie müssen nicht mehr
schauen, wo eine E-Mail ankommt; Hauptsache, die
Adresse ist eindeutig gekennzeichnet; dann ist sie sicher.
So wenig wie die Sicherheit eines Autos oder eines Aus-
weisdokumentes an der Farbe festzumachen ist, so we-
nig gilt dies für den Namen einer Domain bei einer Mail.
Deshalb war es ordnungspolitisch, aus Sicherheitsgrün-
den und technisch nicht notwendig, hier eine staatlich
verordnete E-Mail-Adresse vorzugeben. Wir haben als
Kriterien festgelegt, dass die entsprechenden Adressen
nur für De-Mails genutzt werden dürfen. Ich wiederhole:
Eine einheitliche, staatlich vorgegebene Domain war
nicht notwendig.

Zweiter Punkt: Warum gibt es nicht nur Ende-zu-
Ende-Verschlüsselungen, sondern auch Transportver-
schlüsselungen? Es stimmt natürlich – das werden wir
sicherlich nachher von der Opposition hören –, dass
Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen ein etwas höheres Si-
cherheitsniveau als die Transportverschlüsselung auf
dem gesamten Weg gewährleisten. Aber schon die
Transportverschlüsselung wird den Bedürfnissen der
Nutzer mehr als gerecht und hebt das Sicherheitsniveau
einer De-Mail.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Nein!)


Wir haben Folgendes gesagt: Wenn der Nutzer es will
– Stichwort „Eigenverantwortung“ –, dann muss er die
Möglichkeit haben, zwischen Transportverschlüsselung
und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu wählen. Eine
staatliche Vorgabe darf es aber nicht geben. Genau in
diesem Sinne haben wir uns entschieden: Transportver-
schlüsselung als Standardsicherheit; wer dies will, kann
von der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung Gebrauch ma-
chen.

Was würde denn passieren, wenn wir nur die höchste
Verschlüsselungsform vorgeben würden? Das würde für
den Nutzer mehr Aufwand nach sich ziehen. Er bräuchte
mehr technisches Know-how. Ich garantiere Ihnen:
Dann würde das De-Mail-Gesetz den gleichen Weg ge-
hen wie die elektronische Signatur und andere kompli-
zierte Anwendungen. Es gäbe keine Massenanwendung,
sondern es entstünde eine Nische. Das war nicht unser
Ziel. Wir wollten den Rahmen dafür schaffen, dass
De-Mails zu einem Massenkommunikationsmittel wer-
den – sicher und komfortabel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube, dass wir auch an einem anderen wichtigen
Punkt sehr gute Arbeit geleistet haben, nämlich bei der
Kommunikation zwischen Behörden und Bürgern. Wenn
ein Bürger mit einer Behörde per De-Mail kommuni-
zieren will, muss er das der Behörde eröffnen. Das ist
schon einmal ein Beitrag zum Verbraucherschutz. Eine
De-Mail gilt erst dann als zugestellt, wenn dieser Bürger
sich an seinem Postfach angemeldet hat, unabhängig





Clemens Binninger


(A) (C)



(D)(B)

vom jeweiligen Tag. Und nur für den Fall, dass er aus-
schließlich per De-Mail mit seiner Behörde kommuni-
zieren will, den Postweg also ausgeschlossen hat, gilt die
Zustellfiktion, dass das zugesandte Schriftstück dem
Empfänger nach drei Tagen als zugestellt gilt, wie im
normalen Briefverkehr. Daran gibt es wirklich nichts zu
kritisieren.

Gestatten Sie mir, auch ein paar Sätze zur Opposition
zu sagen.

Bei der Linkspartei bin ich mir nicht ganz sicher, ob
sie an diesem Thema überhaupt interessiert ist. Die
Form, wie Sie in den letzten Monaten im Ausschuss und
auch in der Anhörung Ihre Beiträge dazu geleistet haben,
wirkte relativ uninspiriert und gelangweilt. Wahrschein-
lich kommt nachher wieder die einzige Nummer, die Sie
können: Wir schaffen angeblich das Briefgeheimnis ab.
Das ist völlig falsch: Im Gesetzentwurf steht eindeutig,
dass am Briefgeheimnis nicht gerüttelt wird. Es gilt das
Gleiche wie für den gedruckten Brief. Ohne Richtervor-
behalt gibt es keinen Zugriff auf den Inhalt. Da ist bei
den De-Mails nicht anders. Von der Linkspartei gab es
also wenige Beiträge.

Zur SPD muss ich sagen: Ich verstehe sie nicht. Die-
ser Gesetzentwurf hatte ja einen Vorläufer: das Bürger-
portalgesetz. Dadurch wäre im Wesentlichen das Gleiche
geregelt worden. Seine Ausarbeitung haben wir in der
Großen Koalition begonnen, konnten sie aber wegen
Ablaufs der Legislatur nicht mehr zu Ende bringen. Da-
mals war die SPD dafür, heute ist sie gegen den vorlie-
genden Gesetzentwurf, obwohl wir den damaligen Ge-
setzentwurf weiterentwickelt haben.


(Gerold Reichenbach [SPD]: Eben!)


Ich glaube, das macht es Ihnen ein bisschen schwie-
rig, Herr Kollege Reichenbach. Der Bürger weiß bei Ih-
nen nicht so richtig, woran er ist. Gestern waren Sie
noch dafür, heute sind Sie schon dagegen oder vielleicht
auch beides am gleichen Tag. Auf jeden Fall haben Sie
keine konstante Meinung. Das ist zu wenig, um einen
wichtigen Beitrag zu diesem wichtigen Thema zu leis-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich wiederhole: Bei Ihnen weiß man nicht, woran man
ist.

Bei den Grünen weiß man, woran man ist:


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)


Sie sind, wie bei allen anderen Themen, dagegen. So wie
es sich gehört, sind sie auch gegen dieses Gesetz.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr fantasievoll diese Ankündigung!)


Sie sind zwar schon ein bisschen für E-Government, und
ein bisschen modern wären Sie schon gern, aber wenn es
dann konkret wird, dann verlässt Sie der Mut.

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie doch unseren Entschließungsantrag!)


– Herzlichen Dank für diesen Zwischenruf, Kollege
Winkler. Ich habe Ihren Entschließungsantrag gelesen.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und werden zustimmen!)


Gestatten Sie mir, dass ich den zahlreichen interessierten
Kollegen nur drei Punkte – bitte kurz zuhören, es lohnt
sich! – aus Ihrem Entschließungsantrag dazu vorstelle,
was die Grünen gerne hätten. Wenn es bei De-Mail nach
den Grünen ginge, dann würde der Staat vorgeben, dass
es nur eine Verschlüsselungstechnik gibt,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sicherste!)


nämlich die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, selbst wenn
damit für den Bürger ein Mehraufwand verbunden ist
und er es daher vielleicht gar nicht anwendet.

Wenn es nach den Grünen ginge, dann gäbe es eine
staatlich verordnete E-Mail-Adresse, die staatliche Ein-
heitsadresse. Auch das steht in Ihrem Antrag.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es nach den Grünen ginge, dann würde nicht nur
die staatliche Einheitsadresse vorgegeben, sondern dann
würden vom Staat einheitlich auch das Porto und der
Preis vorgegeben.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Die Höchstgrenzen!)


All das steht in Ihrem Antrag. Das ist nicht modern und
nicht innovativ. Das, was Sie da machen, ist Internetso-
zialismus, nichts anderes!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja abstrus! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es hat sich gelohnt, dass wir diese Debatte führen! Internetsozialismus!)


– Wenn ich gewusst hätte, dass Sie so darauf anspringen,
dann hätte ich es gleich zu Beginn meiner Rede gesagt;
das hätte sich gelohnt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es reicht, zu wissen, welche Punkte in Ihrem Antrag ste-
hen.

Ich glaube, wir haben hier einen wichtigen Schritt
zum Thema digitale Raumordnung sowie für einen si-
cheren und komfortablen E-Mail-Versand gemacht. Die
Koalition wird das weiterentwickeln. Wir werden Ende
des Jahres ein E-Government-Gesetz vorlegen und bei
diesem Thema einen Baustein auf den anderen setzen.

Ich darf mich zum Schluss ganz herzlich bei den Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesministerium
des Innern bedanken, die uns über viele Monate hinweg
fachlich sehr kompetent unterstützt haben. Herr Staatsse-





Clemens Binninger


(A) (C)



(D)(B)

kretär, wenn Sie den Dank bitte an die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in der Abteilung von Herrn Schallbruch
weitergeben.

Die christlich-liberale Koalition hat heute einen guten
Beitrag für ein wichtiges und modernes Thema vorge-
legt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709328100

Das Wort hat der Kollege Gerold Reichenbach für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gerold Reichenbach (SPD):
Rede ID: ID1709328200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sie haben recht: Grundsätzlich sind die Idee
und das Vorhaben De-Mail zu begrüßen. Sie haben es
angesprochen: Wir haben uns mit dem Vorschlag eines
Bürgerportalgesetzes – damals noch gemeinsam in der
Großen Koalition – auf den Weg gemacht. Ziel war: Der
Bürger soll schnell, bequem, sicher und rechtssicher
online mit der Behörde auch vertrauliche Daten kommu-
nizieren können. Vertrauenswürdige und sichere Kom-
munikation, die Verbindlichkeit und Rechtssicherheit
gewährt, war das Ziel.

Das Projekt gelingt nur dann, wenn De-Mail von den
Bürgerinnen und Bürgern angenommen wird, wenn es
für den Bürger, für den Verbraucher einen Mehrwert gibt
bzw. wenn es einen Vorteil für ihn hat. Zu dieser Idee
stehen wir noch immer.


(Manuel Höferlin [FDP]: Dann stimmen Sie doch zu!)


Ihre Frage, Kollege Binninger, warum wir jetzt nicht zu-
stimmen, haben Sie selbst beantwortet, nämlich weil
Schwarz-Gelb es weiterentwickelt hat. Wie so vieles,
was Schwarz-Gelb weiterentwickelt hat, hat sich auch
dies nicht zum Besseren, sondern zum Schlechteren ent-
wickelt.


(Manuel Höferlin [FDP]: Sie stehen nicht für Weiterentwicklung!)


Genau das wurde Ihnen doch von der Mehrheit der
Sachverständigen – übrigens auch von den wohlwollen-
den Sachverständigen, die von CDU und FDP benannt
worden sind – in der Anhörung bestätigt. Sie haben dem
Gesetzentwurf nach wie vor erhebliche Schwächen und
Mängel bescheinigt, die Sie mit den von Ihnen jetzt ein-
gebrachten Änderungsanträgen und mit der kleinen
nachgereichten Änderung nicht wirklich beheben.


(Manuel Höferlin [FDP]: Doch!)


Die Mängel, die der Gesetzentwurf nach wie vor vor-
weist, sind gravierend, und sie gehen überwiegend zulas-
ten des Verbrauchers.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es gibt keine erleichterte Portabilität, und bei der ein-
heitlichen Kennung geht es nicht um Sicherheitsfragen.
Die Portabilität kennen wir heute bereits von der Mobil-
telefonnummer, die man, wenn man den Provider wech-
selt, mitnehmen kann. Diese Situation ist mit der Situa-
tion bei E-Mails nicht vergleichbar. Wie wir wissen,
ändert sich, wenn man den Provider wechselt, auch die
E-Mail-Adresse.

Hier geht es darum, einen rechtsverbindlichen
Schriftverkehr zu organisieren, der mit Behörden, Ver-
sicherungen oder wichtigen Geschäftspartnern geführt
werden soll. Das ist so, als müssten Sie, wenn Sie im
normalen Briefverkehr aus Kostengründen zu einem an-
deren Diensteanbieter wechseln, allen Beteiligten – den
Behörden, den Versicherungen usw. – mitteilen, dass Sie
jetzt eine neue Adresse haben.

Wie das zu mehr Wettbewerb auf dem Markt insbe-
sondere für den kleinen Kunden führen soll, das wissen
nur CDU und FDP. Sie haben die Verbraucherinteressen
den Marketinginteressen der großen Unternehmen geop-
fert. Das ist doch der Hintergrund.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es fehlt eine verbindlich angebotene sichere Ende-zu-
Ende-Verschlüsselung, die dem Gesetzeszweck einer
vertrauenswürdigen und zuverlässigen Kommunika-
tionsform gerecht wird. Wenn ich eine wirklich sichere
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung will, dann muss ich
mich laut Ihrem Entwurf nach wie vor selbst darum
kümmern, so wie ich es jetzt auch schon kann und so,
wie ich auch jetzt schon eine E-Mail mit einer sicheren
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und einer Signatur aus-
statten kann. Es gibt nur einen Unterschied: Dann darf
ich dafür bezahlen.

Sie verschärfen die Zustellungsfiktion im digitalen
Raum faktisch zulasten des Verbrauchers. Die Beweis-
last für den Empfang bzw. Nichtempfang von Nachrich-
ten wird auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt, und
dies in einem hochkomplizierten technischen System.
Nach den Änderungen im Verwaltungszustellungsgesetz
soll der Bürger nicht mehr wie bisher nur glaubhaft ma-
chen, sondern einwandfrei beweisen müssen, dass er
nicht auf sein Postfach zugreifen konnte oder die Abhol-
bestätigung fälschlicherweise generiert wurde, weil etwa
nach dem Einloggvorgang die Verbindung abgebrochen
ist und er sich nicht erneut einloggen konnte.

Diese Verschärfung führen Sie ohne Not herbei, und
zwar nicht mehr in der normalen Welt wie früher bei der
Post, sondern in einem hochtechnischen System, bei
dem ich es unter Umständen mit mehreren Diensteanbie-
tern zu tun habe. Das ist eindeutig eine Verschiebung zu-
lasten der Nutzer und Verbraucher.


(René Röspel [SPD]: Pfui!)


Bei der Aufhebung der Pseudonymisierung, der Heraus-
gabe von Namen und Anschriften, soll der Provider ab-
wägen, ob das Verlangen rechtsmissbräuchlich ist oder
schutzwürdige Interessen des Nutzers überwiegen. In





Gerold Reichenbach


(A) (C)



(D)(B)

anderen Bereichen stellen wir eine solche Abwägung un-
ter einen Richtervorbehalt. Hier wird die Abwägung ei-
nem Provider überlassen, wogegen sich sogar die Provi-
der selbst gewehrt haben.

Mit den Identitätsbestätigungsdiensten, die Sie in § 6
Ihres Gesetzentwurfs planen, werden Sie Ihr Sicherheits-
versprechen nicht einlösen, weil nicht überprüft werden
kann, ob jemand, der seine Identitätsbestätigung durch
Anmeldung in einem De-Mail-Dienst bekommen hat,
nicht anschließend mit dieser Bestätigung als ein ver-
meintlich sicheres Unternehmen De-Mails verschickt
und etwa für Kaffeefahrten oder Ähnliches wirbt nach
dem Motto: Sie haben gewonnen.

Wie soll sich der Bürger unter diesen Bedingungen
für das De-Mail-Verfahren entscheiden, wenn er dabei
schlechter gestellt ist als bei der normalen Briefpost?
Der Vertreter des Anwalts- und Notarvereins hat in der
Anhörung gesagt: Ich kann keinem meiner Klienten das
De-Mail-System empfehlen.

Wieso soll sich aufgrund Ihres Gesetzes der Bürger in
den De-Mail-Verkehr begeben? Weil es ein Geschäfts-
modell ist? Weil es den Behörden und Versicherungen
Kosten erspart? Weil sich für die Behörden und Unter-
nehmen im Gegensatz zum Briefverkehr die Beweislast
zulasten des Bürgers verschiebt? Weil es zwar etwas si-
cherer ist als E-Mails, aber nicht wirklich sicher? Oder
weil der Bürger im Gegensatz zu einer sicheren Ver-
schlüsselung, die er mit wenig Aufwand und ohne Kos-
ten selbst vornehmen kann, dafür Gebühren zahlen
muss?

Genau das ist der Mangel an Ihrem Gesetz. Sie haben
nicht versucht, dieses Gesetz verbraucherfreundlich aus-
zugestalten, sondern Sie haben versucht, dieses Gesetz
behördenfreundlich, unternehmensfreundlich und provi-
derfreundlich auszugestalten. Das wird leider dazu füh-
ren, dass die Akzeptanz beim Bürger nicht herbeigeführt
werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nebenbei sind Sie noch nicht einmal sicher, ob Ihr
Gesetzentwurf überhaupt mit EU-Normen und den
neuen Post-DIN-Normen kompatibel ist. Deswegen ist
es kein Zufall, dass jetzt auch die Europäische Union an
die Bundesregierung Fragen hinsichtlich der europa-
rechtskonformen Ausgestaltung Ihres De-Mail-Gesetzes
richtet. Die Antwort liegt auf der Hand: Das Projekt ist
gut, aber Sie sind gerade dabei, es in den Sand zu setzen.
Deswegen können wir diesem Gesetz nicht zustimmen.

Weil viele von diesen Kritikpunkten, die ich eben vor-
getragen habe, auch in dem Entschließungsantrag der
Grünen enthalten sind, werden wir diesem Entschlie-
ßungsantrag zustimmen.

Nehmen Sie die Kritik an, ziehen Sie das Gesetz zu-
rück, und versuchen Sie, es zu verbessern! Denn im
Grundsatz ist De-Mail eine vernünftige Sache, aber nicht
in der Form, wie Sie es jetzt hier probieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709328300

Das Wort hat der Kollege Manuel Höferlin von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Manuel Höferlin (FDP):
Rede ID: ID1709328400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Meine

Damen und Herren! Mit dem De-Mail-Gesetz schafft die
christlich-liberale Koalition die Rahmenbedingungen für
eine moderne digitale Kommunikation. Bürgerinnen und
Bürger haben jetzt endlich die Möglichkeit, mit Behör-
den, mit Unternehmen, aber auch untereinander verbind-
lich Informationen digital auszutauschen. Es gab bisher
immer Schwierigkeiten bei der Frage, welche Verbind-
lichkeit E-Mails in der Kommunikation haben. Es konnte
nur schlecht nachgewiesen werden, dass eine E-Mail zu-
gestellt wurde.

Herr Reichenbach, nachdem ich Ihre Ausführungen
gehört habe, muss ich feststellen, dass Sie offensichtlich
bestimmte Eigenschaften von De-Mail immer noch nicht
begriffen haben. Es geht nämlich darum, dass bei einer
E-Mail nicht nachgewiesen werden kann, ob sie zuge-
stellt wurde, aber bei der De-Mail eben doch.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wen trifft denn die Beweislast? – Gerold Reichenbach [SPD]: Ja, wen trifft denn die Beweislast?)


Das zweite Problem der E-Mails war und ist immer
noch, dass die Nutzer nicht mit Sicherheit wissen, mit
wem sie kommunizieren. Genau das ändern wir jetzt mit
der Einführung von De-Mail.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


De-Mails sind eben rechtsverbindlich und können vor
Gericht dann auch als Beweismittel eingesetzt werden,
wenn es um die Frage der Zustellung geht. Die Zustel-
lung wird mithilfe einer Übermittlungsbestätigung er-
bracht. Das kann nachgewiesen werden. Das ist rechtssi-
cher. Das ist auch ein Nutzen für die Bürgerinnen und
Bürger, wenn sie De-Mails verschicken. De-Mail ist an
dieser Stelle einfacher E-Mail überlegen.

Diese neue Verbindlichkeit – das ist richtig – stellt
auch gesteigerte Anforderungen an die Sicherheit von
De-Mail. Die christlich-liberale Koalition hat im Aus-
tausch mit zahlreichen Sachverständigen und dem Bun-
desamt für Sicherheit in der Informationstechnik hohe
Sicherheitsstandards für De-Mail entwickelt. Wir haben
auch in der Anhörung mit zahlreichen Experten gespro-
chen. De-Mails müssen beim Transport auf jeden Fall
verschlüsselt sein. Das ist die Mindestanforderung an die
Sicherheit, die bei dieser digitalen Korrespondenz gebo-
ten ist.

Daneben können De-Mails, wenn gewünscht, eben
auch mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung versehen
werden oder mit einer Unterschrift nach dem Signatur-
gesetz oder auch mit einer Verschlüsselung nach dem
Signaturgesetz. De-Mail und Signaturgesetz stehen eben
nicht im Widerspruch zueinander, sie ergänzen sich ge-





Manuel Höferlin


(A) (C)



(D)(B)

genseitig. Genau das haben wir so in der christlich-libe-
ralen Koalition auch gewollt und ins De-Mail-Gesetz ge-
schrieben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das hat auch einen einfachen Grund; denn eine zen-
tral vorgegebene Ende-zu-Ende-Verschlüsselung würde
auch der Verbreitung von De-Mail entgegenstehen. Das
haben die Erfahrungen mit dem Signaturgesetz gezeigt.
Es gibt schon seit über 15 Jahren die Möglichkeit, Ende-
zu-Ende-Verschlüsselung bei E-Mails anzuwenden.
Diese hat sich deshalb nicht durchgesetzt, weil sie für
den einzelnen Nutzer schwer umzusetzen ist, weil es für
ihn umständlich ist, weil er nicht überall von unterwegs
mailen kann. Alle Verfahren, die uns in der Anhörung
von den Experten genannt wurden, bieten keine echte
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Wir wollten nicht gene-
rell solche Verfahren vorschreiben; denn das würde die
Verbreitung von De-Mail verhindern bzw. ihr nicht för-
derlich sein. Zugleich wollten wir aber den Nutzern, die
es möchten, die Möglichkeit zur Ende-zu-Ende-Ver-
schlüsselung geben. Dieses Ziel wollten wir erreichen,
und das ist uns auch gelungen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, die christlich-liberale Ko-
alition hat mit dem De-Mail-Gesetz einen Rahmen ge-
schaffen, in dem im freien Wettbewerb verschiedene An-
bieter ein modernes Produkt entwickeln können, das
diesen Sicherheitsanforderungen Genüge tut.

Die Kollegen von den Grünen dagegen haben einen
Entschließungsantrag gestellt, der einmal mehr beweist,
dass sie teilweise sehr viel und sehr lautstark fordern
können, dass das aber nicht immer mit Sachverstand und
Augenmaß zu tun hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür bekommen Sie sogar Herrn Grindel zum Klatschen!)


– Da kann man auch klatschen, sehr geehrter Herr Kol-
lege. – Die Grünen fordern zum Beispiel ein definiertes
Höchstporto für De-Mails. Wir lehnen dies ab. Wir wol-
len keinen Preis für die De-Mail festsetzen. Wir wollen,
dass darüber der Wettbewerb entscheidet. Deswegen
müssen wir Wettbewerb schaffen. Wir tun dies mit dem
De-Mail-Gesetz, was letztendlich verbraucherfreund-
lich ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie wollen, dass De-Mail nicht verpflichtend für die
Bürgerinnen und Bürger ist. Das haben wir aber ins Ge-
setz geschrieben. Die christlich-liberale Koalition hat je-
dem Bürger freigestellt, die De-Mail zu nutzen. Er muss
sogar erst den Kommunikationsweg öffnen. Noch nicht
einmal das Veröffentlichen im Verzeichnis reicht aus.
Nein, der Nutzer muss wirklich bewusst sagen, er
möchte die De-Mail benutzen. Genauso wollten wir es
haben. Auch das ist verbraucherfreundlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Mit Ihrem Wunsch nach Portabilität verhält es sich
genauso. Auch das haben Sie, Herr Reichenbach, nicht
verstanden. Wenn man keine Domäne einheitlich festlegt
und jeder eine Domäne benutzen kann, so wie er es
möchte – das haben wir mit den Domänennamen im In-
ternet erreicht –, dann ist es ein portables System.


(Gerold Reichenbach [SPD]: Sie haben nicht zugehört! Typisch FDP!)


Wenn wir alle nur eine Domäne benutzen würden, wie
Sie das fordern, dann würde es sich um eine Staats-De-
Mail handeln, wie es der Kollege Binninger schon rich-
tig gesagt hat. Genau das wollten wir eben nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ein solches Monopol bei der digitalen Kommunikation
und eine Sammlung von Kommunikationsdaten können
wir Liberale jedenfalls nicht unterstützen.

Unser Entwurf für die De-Mail bietet jedoch nicht nur
Sicherheit und hohe Standards. Er schafft auch neue
Möglichkeiten für Verbraucher und Unternehmen. Es
zeichnet sich schon jetzt ein intensiver Wettbewerb zwi-
schen verschiedenen Anbietern im De-Mail-Bereich ab.
Dadurch können sich auch die Sicherheitsstandards wei-
terentwickeln. Außerdem gibt es einen Wettbewerb um
günstige Tarife. Letztlich profitieren davon die Nutzerin-
nen und Nutzer.

Mit dem De-Mail-Gesetz in der jetzt von uns geän-
derten Fassung haben wir es geschafft, einen vernünfti-
gen und nutzerfreundlichen Rahmen für moderne digi-
tale Kommunikation zu schaffen. Die De-Mail ist sicher,
rechtsverbindlich, schnell und preiswert. In diesem Rah-
men können die Anbieter nun ihre Dienste anbieten. Ge-
nau das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns.
Ich bitte alle Fraktionen um die Zustimmung zu diesem
Gesetz.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709328500

Das Wort hat die Kollegin Halina Wawzyniak von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709328600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wir Linken begrüßen es, wenn elektronische Kom-
munikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Ver-
waltung einer höheren Vertraulichkeit und Authentizität
unterliegt. Mit diesem Gesetzentwurf wird dieses Ziel
allerdings nicht erreicht. Deshalb wird die Linke diesen
Gesetzentwurf ablehnen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie verkaufen De-Mail als große Vereinfachung für
Bürgerinnen und Bürger. Wenn Ihnen aber tatsächlich
daran gelegen wäre, neue, gute und sichere Kommunika-
tionswege zu schaffen, hätten Sie nach der Anhörung im





Halina Wawzyniak


(A) (C)



(D)(B)

Innenausschuss am 7. Februar Anregungen aufgenom-
men und Änderungen an Ihrem Entwurf vorgenommen,
und zwar Änderungen, die in der Anhörung angespro-
chen worden sind, und nicht die, die Sie tatsächlich vor-
genommen haben.

Sie fahren aber lieber eingleisig und halten an Ihrem
Entwurf fest, der – einmal vorausgesetzt, die Verbrau-
cher machen mit; das sehe ich bei Ihrem angeblich bür-
gerfreundlichen Gesetz aber noch nicht – eher dem Staat
dient und der Wirtschaft ermöglicht, Kosten zu soziali-
sieren, Profite zu maximieren und Kontrollmechanismen
auszubauen.


(Beifall bei der LINKEN)


Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass Sachver-
ständigenanhörungen zu Alibiveranstaltungen verkom-
men. Im Rahmen der Anhörung spielte die fehlende
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung beispielsweise eine zen-
trale Rolle. Solange eine solche Ende-zu-Ende-Ver-
schlüsselung fehlt oder nicht verbindlich festgeschrieben
ist, können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Da sind
wir tatsächlich Fundamentalisten.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen eine durchgehende Inhalteverschlüsse-
lung und nicht lediglich eine Verschlüsselung vom Ab-
sender zum Provider und dann vom Provider zum Emp-
fänger. Solange das nicht passiert, sehen wir tatsächlich
– da hat Herr Binninger recht – das Post- und Fernmel-
degeheimnis als nicht gesichert an.


(Manuel Höferlin [FDP]: Das stimmt doch nicht!)


Es gibt im Übrigen, wie in der Anhörung vorgetragen,
auch keine kollidierenden Verfassungsgüter, die eine
Außerkraftsetzung dieser Grundrechte begründen könn-
ten; es sei denn, es gibt einen Generalverdacht. Ohne
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist es so, als würde bei-
spielsweise die Post des Finanzamtes an den Bürger und
die Bürgerin und umgekehrt grundsätzlich vorher geöff-
net – ich sage: geöffnet, nicht gelesen –, bevor sie an den
Empfänger weitergeleitet wird. In der analogen Welt
wäre dies unvorstellbar; in der digitalen Welt halten Sie
es offensichtlich für vertretbar. Wir tun das aber nicht,
und das macht den kleinen, aber feinen Unterschied aus.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie werden hier auch selbst unlogisch; denn der Ge-
setzentwurf soll angeblich Kosten sparen. Sie müssen
mir einmal erklären, wie Sie Kosten sparen wollen,
wenn das BSI zusätzliches Personal für jährlich eine
halbe Million Euro und der Bundesdatenschutzbeauf-
tragte Personal für eine Viertelmillion Euro einsetzen
soll.

Oder sehen wir uns die Prognose der Bundesregie-
rung bezüglich der Endpreise für die Verbraucher und
Behörden an. Ich zitiere aus dem Gesetzentwurf:

Außerdem ist nicht auszuschließen, dass der Preis
pro De-Mail-Nachricht unter den heute üblichen
Portokosten liegen wird.
– „Es ist nicht auszuschließen“: Das ist wirklich über-
zeugend. Für mich klingt das nicht nach einer sicheren
Bank.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein weiterer Grund für unsere fehlende Zustimmung
ist das Fehlen einer einheitlichen, verbindlichen und pro-
viderunabhängigen Kennzeichnung der De-Mail-Adresse.
Nur so kann tatsächlich eine Unterscheidbarkeit zu nor-
malen E-Mail-Adressen erreicht werden. Vor allem ist
nur so für den Verbraucher und die Verbraucherin die Si-
cherheit gegeben, dass sie im Rahmen des Wettbewerbs
den Anbieter wechseln können. Und wenn Sie schon
nicht auf mich hören wollen, dann hören Sie wenigstens
auf den Deutschen Landkreistag, der ausdrücklich kriti-
siert, dass die Festschreibung einer einheitlichen Kenn-
zeichnung fehlt.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Binninger, die Mitglieder des Landkreistages
sind genauso wenig wie die Grünen Sozialisten. Für de-
mokratischen Sozialismus war, ist und bleibt die Linke
zuständig, und das ist auch gut so.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gerold Reichenbach [SPD]: Das war jetzt Etikettenschwindel!)


Mit diesem Gesetz leisten Sie leider einen Beitrag, die
vielfältig noch anzutreffende und nicht immer von der
Hand zu weisende Kritik in Bezug auf elektronische Ver-
fahren zur Verwaltungsvereinfachung zu bestätigen. Da-
mit erreichen Sie genau das Gegenteil von dem, was be-
absichtigt war. Das Gesetz schadet mehr, als es nutzt.
Und das machen wir nicht mit.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709328700

Als letzter Redner zu dem Tagesordnungspunkt hat

der Kollege Dr. Konstantin von Notz vom Bündnis 90/
Die Grünen das Wort.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Er hat eine neue Homepage: www.internetsozi.de!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Einig sind wir uns darin: De-Mail könnte eine
gute und attraktive Anwendung sein. Gut gemacht
könnte sie für Rechtssicherheit bei der Onlinekommuni-
kation sorgen. Sehr gut gemacht – das haben Sie, Herr
Kollege Binninger, vorhin ja angedeutet – könnte sie so-
gar den Ausbau von Open-Government-Strukturen stär-
ken. Aber leider erfüllt das Gesetz die Anforderungen an
eine erfolgreiche Einführung nicht. Wenn Sie so wollen:
Es ist nicht wirklich sicher und auch nicht komfortabel,
Herr Kollege Binninger. Deswegen lehnen wir Grünen
diesen Gesetzentwurf ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)






Dr. Konstantin von Notz


(A) (C)



(D)(B)

Unsere Befürchtung bleibt: De-Mail wird floppen,
denn es handelt sich um einen freiwillig zu nutzenden
Service. Und der muss – gerade die FDP ist doch so
wettbewerbsorientiert – attraktiv sein.


(Manuel Höferlin [FDP]: Deswegen haben wir das Gesetz so geschrieben!)


In der vorgelegten Form ist De-Mail eben nicht attraktiv,
sondern hat vor allem gegenüber dem Hauptkonkurrenz-
produkt, nämlich dem traditionellen Brief, massive
Nachteile. Davon möchte ich einige aufzählen.

Mit der Transportverschlüsselung bringt De-Mail
letztlich nichts Neues auf den Markt. Das hat heute
praktisch jeder Mailanbieter als Standard im Angebot.
Innovativ wäre es gewesen, eine Vorgabe für eine an-
wendungsfreundliche Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu
machen. Das haben Sie aber explizit – gegen das Anra-
ten fast aller unbefangenen Fachleute, die in der Anhö-
rung waren – nicht gewollt.


(Manuel Höferlin [FDP]: Oder Ihrer Fachleute!)


Wenn die Bundesnotarkammer erklärt, ein Umstieg
auf De-Mail sei für sie der Tausch einer schusssicheren
Kevlarweste gegen einen römischen Lederharnisch,
dann sind Sie einfach im falschen Film, wenn Sie hier
versuchen, die Bundesnotarkammer und den Landkreis-
tag in die Sozialismusecke zu schieben. Die haben hand-
feste Argumente, und damit müssen Sie sich auseinan-
dersetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Gerade wenn es darum gehen soll, den analogen
Briefverkehr zu digitalisieren – das ist ja das Ziel, wenn
ich es richtig verstehe –, ist es doch dringend geboten,
die Erfolgsgaranten des traditionellen Kommunikations-
verkehrs, nämlich das Grundrecht des Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnisses, auch in den digitalen Raum zu
übertragen. Wer von Ihnen will eigentlich ein Einschrei-
ben egal welchen Inhalts verschicken oder bekommen,
von dem man weiß, dass es an einer Stelle des Transport-
weges aufgemacht wird? Die fehlende Ende-zu-Ende-
Verschlüsselung ist eben – wie hier so getan wird – keine
Petitesse, sondern sie ist der Kardinalfehler Ihres Ge-
setzentwurfs.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])


Das Gesetz bringt aber auch Nachteile hinsichtlich
der Verbraucherfreundlichkeit oder, Herr Kollege Bin-
ninger, wenn Sie so wollen, hinsichtlich des Komforts
mit sich. Als Verbraucher bin ich doch nicht in der Lage,
den Beweis für den Empfang oder Nichtempfang einer
E-Mail anzutreten – Sie sollen mir einmal erklären, wie
das in der Praxis gehen soll –, aber genau das verlangen
Sie in Ihrem Gesetzentwurf.

Die harten Rechtsfolgen bei der Nutzung von De-
Mail werden die Menschen verunsichern; das sage ich
Ihnen heute voraus. Einmal eingewilligt, wird es uner-
bittlich: Spätestens alle drei Tage muss nachgeschaut
werden,


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nein!)


ob beispielsweise ein Gerichtsurteil oder ein Strafman-
dat zugestellt worden ist. Ich sage es Ihnen: Die Angst
vor dem Bagger vor dem Haus nach der versäumten
Kenntnisnahme einer Abrissverfügung via De-Mail wird
die Menschen verunsichern.

Ihr gedanklicher Kardinalfehler bei dem gesamten
Gesetzentwurf ist: Sie tun so, als ob der traditionelle
Briefkasten und das elektronische Postfach dasselbe wä-
ren. Aber die ganzen tradierten Sorgfaltspflichten, die
wir bei der traditionellen Briefpost für den Krankheits-
fall oder den Urlaub entwickelt haben – die Nachbarin,
die den Briefkasten kontrolliert –, können Sie nicht auf
das elektronische Postfach übertragen.

Schließlich verstößt Ihr Gesetzentwurf – Herr Binnin-
ger, jetzt wird es noch einmal ganz interessant – gegen
das Gebot der Technik- und Wettbewerbsneutralität. Ihre
Vorlage ist eine deutsche Insellösung.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Jedes Gesetz, das wir hier beschlossen haben, gilt nur in Deutschland!)


Dieses wettbewerbsrechtliche Problem hat inzwischen
auch die EU-Kommission erkannt. Mich interessieren
Ihre Antworten auf die Fragen, die die EU-Kommission
schon zu diesem Bereich gestellt hat.

Insgesamt ist der Gesetzentwurf einfach zu stark von
Unternehmensinteressen geprägt.


(Manuel Höferlin [FDP]: Eben nicht!)


Wir befürchten, dass das Gesetz die Bildung eines Oligo-
pols einiger weniger Anbieter begünstigen würde. Was
Oligopole für den Wettbewerb bedeuten, können Sie je-
den Tag am deutschen Strommarkt verfolgen.

Ich komme zum Schluss. Geben Sie sich einen Ruck,
besinnen Sie sich! Wir alle wollen, dass De-Mail gut
funktioniert. Dafür muss der Gesetzentwurf aber überar-
beitet werden; sonst floppt De-Mail wie die digitale Si-
gnatur oder der E-Perso. Sie haben nicht mehr viele
Chancen, die Kompetenzen des Bundes in Sachen IT-
Projekte unter Beweis zu stellen. Es hilft der Sache
nicht, das Gesetz jetzt schnell durchzupeitschen, um auf
der CeBIT ein für die PR verwertbares Projekt vorwei-
sen zu können.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709328800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Regelung
von De-Mail-Diensten und zur Änderung weiterer Vor-
schriften. Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/4893, den Gesetz-
entwurf der Bundesregierung – Drucksachen 17/3630





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

und 17/4145 – in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfrak-
tionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen an-
genommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/4894. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koaliti-
onsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfrakti-
onen abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette
Groth, Jan van Aken, Christine Buchholz, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Forderungen des Goldstone-Berichts nach un-
abhängigen Untersuchungen des Gaza-Kriegs
unterstützen

– Drucksache 17/2418 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Annette Groth von der Fraktion Die
Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709328900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Freunde auf der Tribüne! Letzte Nacht haben isra-
elische Kampfjets und Hubschrauber die schwersten An-
griffe auf den Gazastreifen seit dem Krieg 2008/2009
durchgeführt. In den letzten Wochen und Monaten
wurde Gaza immer wieder bombardiert. Die meisten
dieser Angriffe fanden in der von Israel festgelegten Puf-
ferzone statt, die 17 Prozent der Fläche von Gaza ein-
nimmt. Die meisten Opfer sind Bauern und Kinder.
13 Schulen gibt es in der Pufferzone. Weil es zu gefähr-
lich ist, dürfen Rettungswagen und Mitarbeiter internati-
onaler Organisationen nicht in diese Zone. Aber Schul-
kinder müssen jeden Tag dahin. Sie leben in ständiger
Angst. Viele leiden an Depressionen, Bettnässen und an-
deren psychischen Krankheiten.

In einem Brief vom 4. Februar 2011 fragten 13 israe-
lische und palästinensische Menschenrechtsorganisatio-
nen die Hochkommissarin für Menschenrechte der
UNO: Ist der Goldstone-Bericht tot? Zwei Jahre sind seit
der israelischen Offensive „Gegossenes Blei“ auf dem
Gazastreifen vergangen und Gerechtigkeit für die Opfer
steht immer noch aus. Politische Interessen wiegen of-
fenkundig stärker. Gibt es einen Weg aus der vorherr-
schenden Kultur der Straflosigkeit?

Die Goldstone-Kommission hat Kriegsverbrechen auf
israelischer und palästinensischer Seite dokumentiert.
Die Zusammenarbeit mit der Goldstone-Kommission
wie auch Untersuchungen dieser Verbrechen durch un-
abhängige Kommissionen lehnt die israelische Regie-
rung bis heute ab. Nach zweimaliger Fristverlängerung
für nationale Untersuchungen muss jetzt die internatio-
nale Strafgerichtsbarkeit eingeschaltet werden.

Bei dem israelischen Überfall auf Gaza wurden
850 palästinensische Zivilistinnen und Zivilisten getötet,
darunter 350 Kinder und 200 Frauen. Über 5 000 Men-
schen wurden verletzt. Für Hina Jilani, Mitverfasserin
des Goldstone-Berichts, waren die Zeugnisse über das
bewusste Zielen auf Kinder das Schlimmste, was sie je-
mals gehört hat. Frau Jilani war UN-Sonderberichterstat-
terin in Darfur. Die Kommission untersuchte Vorfälle,
bei denen Familien mit weißer Flagge ein Haus verlie-
ßen und die trotzdem gezielt beschossen wurden. Das ist
ein gravierender Verstoß gegen das humanitäre Völker-
recht und gehört bestraft.


(Beifall bei der LINKEN)


Yehuda Shaul, Direktor der israelischen Menschen-
rechtsorganisation „Das Schweigen brechen“ befürchtet,
dass zukünftige Kriege wieder mit den gleichen Mitteln
oder sogar noch schlimmer geführt werden, wenn die
Armee sich keinen unabhängigen Untersuchungen stel-
len muss und Schuldige nicht bestraft werden.

Im 9. Menschenrechtsbericht der Bundesrepublik
heißt es:

Die Verhinderung der Straflosigkeit für schwere
Völkerrechtsverbrechen bleibt ein wichtiges Anlie-
gen.


(Beifall bei der LINKEN)


Der jüdische Widerstandskämpfer Stéphane Hessel
schreibt in seinem Bestseller-Büchlein „Empört Euch“:
Der Gaza-Bericht von Richard Goldstone vom Septem-
ber 2009 sollte Pflichtlektüre sein.

Was den Gaza-Streifen betrifft, so ist er für andert-
halb Millionen Palästinenser ein Gefängnis unter
freiem Himmel. Dass Juden Kriegsverbrechen be-
gehen können, ist unerträglich.

Seit den Diskussionen um den Goldstone-Bericht ste-
hen Menschenrechtsverteidiger in Israel unter großem
Druck. Undemokratische Gesetzesinitiativen boomen.
Damit sollen Aussagen vor internationalen Untersu-
chungskommissionen verboten werden, wenn sie zu ei-
nem Strafverfahren gegen israelische Staatsbürger we-
gen Kriegsverbrechen führen könnten.

Die israelische Friedensbewegung „Gush Shalom“
veröffentlichte in der Tageszeitung Haaretz am
18. Februar 2011 folgendes Inserat: Das ägyptische Volk





Annette Groth


(A) (C)



(D)(B)

kämpft tapfer für die Menschenrechte. Die israelische
Knesset kämpft tapfer darum, die Menschenrechte abzu-
schaffen.


(Zuruf von der FDP: Mein Gott! Das kann ja wohl nicht wahr sein! Das ist doch nicht zu fassen!)


Wenn gravierende Verstöße gegen das Völkerrecht
nicht angeklagt werden, führt dies zu einer Legitimie-
rung von Kriegsverbrechen und einem allgemeinen
Klima der Straflosigkeit. Die Einhaltung des humanitä-
ren Völkerrechts und internationaler Menschenrechts-
normen ist eine wesentliche Voraussetzung für Frieden
in der Region.


(Beifall bei der LINKEN)


Als Mitglied im Weltsicherheitsrat kann die deutsche
Regierung den Goldstone-Bericht auf die Tagesordnung
setzen. Im Namen vieler Menschenrechtsaktivisten for-
dere ich Sie auf, dies zu tun und dafür zu sorgen, dass
Schuldige bestraft werden.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709329000

Da alle übrigen Redner ihre Reden zu Protokoll1) ge-

ben, schließe ich jetzt die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2418 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes

– Drucksache 17/4805 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sollen laut
Tagesordnung zu Protokoll genommen werden.

Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU):
Wir beraten heute den Gesetzentwurf der Bundesre-

gierung zur Änderung des Steinkohlefinanzierungsge-
setzes. Es ist ein kleiner, ein kurzer Gesetzentwurf; denn
er beinhaltet lediglich die Aufhebung eines einzelnen
Absatzes, nämlich des § 1 Abs. 2 des Steinkohlenfinan-
zierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung
vom 27. Dezember 2007. Ein kurzes Gesetz, aber sehr
bedeutend für den Steinkohlenbergbau in Deutschland
und insbesondere für die Revierländer Nordrhein-West-
falen und Saarland. Denn mit diesem Gesetz beschreiten
wir den Weg des endgültigen sozialverträglichen Aus-
stiegs aus der subventionierten Steinkohlenförderung in
Deutschland.

1) Anlage 15
Was ist der Hintergrund? Das Gesetz, das wir heute
ändern, nämlich das Steinkohlefinanzierungsgesetz aus
dem Jahr 2007, stellt eine Landmarke in der Geschichte
der deutschen Steinkohlenförderung dar. Europaweit
einzigartig ist der Vorgang, dass im Wege eines Kompro-
misses ein wirtschaftliches und sozialverträgliches Ge-
samtkonzept zum Auslaufen des subventionierten Berg-
baus in einem Staat der Europäischen Union vorgelegt
wird. Es war ein gut austariertes Konzept, das das Jahr
2018 als anvisierten Endpunkt der heimischen Kohlen-
förderung vorsah. Im Zuge einer Revisionsklausel sollte
2012 noch einmal darüber beraten werden, ob der Zeit-
punkt 2018 endgültig ist oder ob es die Möglichkeit ei-
nes Sockelbergbaus in Deutschland geben wird. Es war
ein gutes Konzept; denn es war wirtschaftlich, so-
zialverträglich und mit dem Enddatum 2018 vor allem
verlässlich.

Wieso also beschäftigen wir uns überhaupt heute mit
einer Änderung? Kurz gesagt: um Schlimmeres abzu-
wenden. Schlimmeres drohte in dem Fall von der EU;
denn Beihilfegenehmigungen und auch die entspre-
chende Kontrolle obliegen der EU. Rechtsgrundlage für
die Gewährung von Kohlenbeihilfe war bisher die Ver-
ordnung (EG) NR. 1407/2002 des Rates. Diese läuft zum
Ende des Jahres aus. Im Juli vergangenen Jahres wurde
nun von der Kommission ein Vorschlag für eine „Verord-
nung des Rates über staatliche Beihilfen zur Erleich-
terung der Stilllegung nicht wettbewerbsfähiger Stein-
kohlenbergwerke“ vorgelegt. Die darin enthaltenen
Bestimmungen hätten für Deutschland das Ende des
subventionierten Bergbaus schon im Jahre 2014 bedeu-
tet. Wäre die Verordnung entsprechend diesem Vor-
schlag in Kraft getreten, hätte dies massive Auswirkun-
gen auf Deutschland gehabt: Der Kohlenkompromiss
hätte nicht eingehalten werden können.

Damit wäre – dieser Punkt wird in der Öffentlichkeit
kaum genannt – der im Kohlenkompromiss vereinbarte
Zeitraum zum Aufbau eines Kapitalstocks der RAG-Stif-
tung zur Übernahme der Ewigkeitslasten massiv ver-
kürzt worden. Dies hätte Auswirkungen auf die Über-
nahme der Ewigkeitskosten gehabt, die in einem
Bergwerk, wie der Name schon sagt, auch noch Jahr-
zehnte nach der Schließung anfallen, etwa zur Wasserer-
haltung und zur Versorgung der Flächen.

Der Beschluss hätte auch der Zulieferindustrie die
benötigte Zeit genommen, sich im Ausland neue Märkte
für die hochtechnisierten Produkte zu suchen.

Schließlich haben Experten für Ende 2014 technische
und praktische Probleme in den betroffenen Bergwerken
vorhergesagt.

Die schlimmste Folge aber wären die Auswirkungen
auf die Beschäftigten gewesen: Mit einem Ausstieg 2014
wäre ein sozialverträglicher Personalabbau kaum mög-
lich gewesen. Dies hätte als unmittelbare Folge be-
triebsbedingte Kündigungen nach sich gezogen. Viele
der jetzt noch 25 000 Kumpels stünden vor der Arbeits-
losigkeit mit entsprechenden Auswirkungen auf die Fa-
milien – und auch auf die Allgemeinheit, die ja die Kos-
ten der Arbeitslosigkeit zahlen muss.

Nadine Schön (St. Wendel)



(A) (C)



(D)(B)

Als saarländische Abgeordnete kann ich sagen, dass
der Vorschlag der Kommission die saarländischen Berg-
leute tief erschüttert hat. In den vergangenen Jahren gab
es mehrfach Phasen, in denen sie und ihre Familien
massiven Existenzängsten ausgesetzt waren. Gleich drei
Mal in wenigen Jahren mussten sie um ihre Existenz
fürchten:

Zum einen waren die Verhandlungen zum Kohlen-
kompromiss 2007 eine harte Zeit voller Unsicherheit für
die Bergleute. Doch hier konnte – wie bereits erwähnt –
eine für alle tragfähige Lösung erzielt werden.

Einschneidend war dann ein Ereignis von genau ges-
tern vor drei Jahren, am 23. Februar 2008. Nach schlim-
men, bergbaubedingten Erderschütterungen in Saar-
wellingen beschloss das Unternehmen den sofortigen
Abbaustopp in der Primsmulde, unserem größten und
profitabelsten Abbaugebiet. Mehrere Tausend Bergleute
wurden freigestellt. Viele fürchteten um ihre Existenz.
Dank einer unglaublich effektiven Gemeinschaftsaktion
unter Führung der saarländischen Landesregierung ist
es gelungen, allen davon betroffenen Bergleuten eine
Perspektive zu geben. Als Mitglied des Ausschusses für
Wirtschaft und Grubensicherheit habe ich diesen Pro-
zess mitbegleitet und weiß um die Bedeutung eines
solchen Transformationsprozesses für alle Beteiligten.
Elementarer Bestandteil dieses Prozesses ist die Mög-
lichkeit für 1700 Bergleute, für einige Jahre in Ibben-
bühren in NRW zu arbeiten. Auch wenn es für die betrof-
fenen Familien hart ist, 500 km von zu Hause arbeiten zu
müssen, so ist dennoch die Verlässlichkeit ein hohes Gut.
Und so können Sie sich vorstellen, dass es ein Schock für
die Bergleute war, als die Kommission Mitte letzten Jah-
res den Zeitpunkt 2018 wieder infrage gestellt hat und
damit zum dritten Mal in kurzer Zeit ihr Arbeitsplatz in
Gefahr war.

Das Jahr 2018 ist somit ein maßgeblicher Zeitpunkt
für Bergleute in beiden Revierländern. Ein frühzeitiges
Auslaufen im Jahr 2014 wäre fatal gewesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich deshalb mit
großem Einsatz für eine Modifikation des Kommissions-
vorschlags eingesetzt. Ihrem Verhandlungsgeschick und
Einfluss auf europäischer Ebene ist es zu verdanken,
dass der Bergbau in Deutschland wie vereinbart noch
bis 2018 weitergeführt werden kann. Der Kompromiss-
vorschlag sieht vor, dass Beihilfen für die Bergwerke nur
weitergewährt werden dürfen, wenn für jedes Bergwerk
ein definitiver, irreversibler Stilllegungszeitpunkt und
ein entsprechender Stilllegungsplan festgelegt wird.
Dieser Kompromiss ermöglicht also ein Festhalten am
Jahr 2018 als Ausstiegsdatum, er lässt aber keinen
Raum für einen subventionierten Sockelbergbau nach
2018 und macht somit die Revisionsklausel obsolet.

Indem wir heute den § 1 Abs. 2, nämlich die Revi-
sionsklausel, aus dem Gesetz streichen, kommen wir der
Forderung der EU nach einem ernsthaften und endgülti-
gen Ausstiegsszenario nach. Jeder, der meint, ein sub-
ventionierter Sockelbergbau hätte auch nur den Hauch
einer Chance auf Genehmigung der EU, der irrt. Darum
ist es besser, heute ein klares Ausstiegsszenario vorzule-
gen, auf das sich alle einstellen können, als wohl wis-
Zu Protokoll
send, dass das Unterfangen keine Chance hat, auf eine
Fortsetzung über 2018 hinaus zu hoffen. Ein Festhalten
an der Revisionsklausel hätte das Ende des Bergbaus
schon in den nächsten Jahren bedeutet. Deshalb sollten
wir heute gemeinsam den Verzicht auf die Revisions-
klausel beschließen und unseren vereinbarten Weg des
Ausstiegs bis 2018 gemeinsam beschreiten.

Diese Lösung gibt den Bergleuten in den Revierlän-
dern, vor allem in NRW, die Möglichkeit, sich in den
nächsten sieben Jahren umzuorientieren. Im Saarland
haben wir gesehen, dass es durchaus möglich ist, für gut
ausgebildete Bergleute Ersatzarbeitsplätze zu finden.
Das Auslaufen bis 2018 gibt allen die Möglichkeit, die-
sen Prozess sukzessive zu gestalten. Die Sozialverträg-
lichkeit ist damit sichergestellt.

Diese Lösung ist auch dem Steuerzahler zumutbar.
Die Steinkohlensubventionen von etwa 2 Milliarden
Euro pro Jahr machen nach wie vor einen großen Teil
des Bundeshaushalts aus. Es ist nicht abzusehen, dass
sich an der Notwendigkeit zur Subventionierung etwas
ändern wird; denn wir bauen weiterhin deutlich über
dem Weltmarktpreis ab. Steinkohle für unsere Wirtschaft
kann zu wesentlich günstigeren Preisen aus sicheren Ab-
baugebieten im Ausland mit geologisch günstigeren Ab-
baubedingungen importiert werden. Daher ist eine dau-
erhafte Subventionierung nicht nur EU-rechtlich
unmöglich, sondern auch wirtschaftspolitisch nur
schwer zu begründen. Er sieht also ein Ende der Sub-
ventionen vor, ohne gleichzeitig hohe Kosten zur Bewäl-
tigung von Arbeitslosigkeit zu generieren.

Der Kompromiss gibt außerdem der Zulieferindustrie
die Möglichkeit, neue Märkte im Ausland zu erschlie-
ßen. Ein wichtiger Punk; denn deutsche Zulieferer ste-
hen weltweit für Qualität und Innovation, und diese In-
novationen und damit die Arbeitsplätze sollten wir
weiter in Deutschland zu halten versuchen, auch wenn
wir keinen eigenen Absatzmarkt dafür haben. An der
saarländischen Zulieferindustrie können sie sehen, dass
diese Umorientierung auf neue Märkte machbar ist.

Der sozialverträgliche Ausstieg aus dem subventio-
nierten Steinkohlenbergbau kann nicht von heute auf
morgen geschehen. Er braucht Zeit und einen klaren
Ausstiegsplan. Im Einvernehmen mit der EU wollen wir
diesen Weg bis 2018 gehen. Gehen wir ihn gemeinsam,
schaffen wir heute die rechtlichen Voraussetzungen, da-
mit kein Bergmann ins Bergfreie fallen wird.


Michael Gerdes (SPD):
Rede ID: ID1709329100

Basierend auf der nun vorliegenden Änderung des

Steinkohlefinanzierungsgesetzes wird der subventio-
nierte deutsche Steinkohlenbergbau ab dem Jahr 2018
beendet werden. Damit verschwindet die Kohle aber
nicht aus Deutschland. Mittelfristig ist die Abkehr vom
Rohstoff Kohle falsch und nicht machbar.

Auch wenn das Ziel, die Energieversorgung unseres
Landes bis zum Jahr 2050 vollkommen auf erneuerbare
Energien umzustellen, nicht aus den Augen verloren
werden darf, ist unbestritten, dass Steinkohle bis dahin
eine wichtige Rolle spielen wird. Besonders vor dem



gegebene Reden

Michael Gerdes


(A) (C)



(D)(B)

Hintergrund der aktuellen Preisentwicklung und der
Verfügbarkeit auf dem Weltmarkt wird der Rohstoff
Kohle ein wesentlicher Faktor des Energie- und Che-
miestandortes Deutschland bleiben. Niemand glaubt
ernsthaft daran, dass insbesondere die für die Stahlpro-
duktion so wichtige Kokskohle nicht mehr gebraucht
wird. Jede Tonne heimische Kohle wird durch Export-
kohle ersetzt. Niemand glaubt ernsthaft daran, dass das
heutige Preisniveau bei steigender Weltmarktnachfrage
so bleibt. Die Preise werden in die Höhe schnellen. Dazu
reicht ein Blick auf die Ölpreisentwicklung. Deshalb ist
es aus meiner Sicht unverantwortlich, den Zugang zu
heimischen Lagerstätten aufzugeben. Hinzu kommt,
dass große Teile der Exportkohle unter fragwürdigen
Bedingungen gefördert werden.

Im Übrigen steckt im Rohstoff Kohle mehr als die Ener-
gie zur Stromerzeugung. Kohle ist ein wichtiger Rohstoff
für die chemische Industrie. Sie wird unter anderem bei
der Herstellung von Kunststoffen oder Medikamenten
gebraucht. Darauf können wir nicht verzichten. Deshalb
macht auch die sogenannte Revisionsklausel weiterhin
Sinn. Sie ermöglicht eine sachliche Prüfung der dann
bestehenden Weltmarktbedingungen.

In den Bergwerken steckt Zukunft: So suchen die RAG
und auch der Evonik-Konzern derzeit nach Lösungen
zur Nutzung erneuerbarer Energien. Tiefengeothermie,
Schachtturbinen oder Methangasnutzung sind nur ei-
nige wenige Beispiele. In der Stadt Bottrop bietet sich
die Zusammenarbeit mit der dortigen Fachhochschule
geradezu an. Forschung, Wissenschaft und Technologie
sind eng mit dem Bergbau verbunden.

Der deutsche Bergbau bietet eine praxisnahe Ausbil-
dung und gute Forschungsbedingungen. Noch sind rund
29 000 Arbeitsplätze im deutschen Steinkohlenbergbau
vorhanden. Diese sollten nicht ohne Not aufgegeben
werden. Neben diesen Arbeitsplätzen sind auch weitere
in der Zulieferbranche und im Umfeld der Bergwerks-
standorte gefährdet.

Bergbautechnologie „Made in Germany“ – hinter
diesem Titel verbirgt sich immer noch eine weltweit füh-
rende Spitzentechnologie. Diese Chancen dürfen nicht
ungenutzt bleiben. Der Zugang zu deutschen Lagerstät-
ten und eine (gewisse) Unabhängigkeit hinsichtlich der
Verfügbarkeit von Rohstoffen müssen erhalten bleiben.
Deshalb bedarf es der weiteren Unterstützung des deut-
schen Steinkohlenbergbaus. Die Möglichkeit eines nicht
subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland
muss erhalten bleiben. Dafür müssen entsprechende
Rahmenbedingungen geschaffen werden.


Michael Groß (SPD):
Rede ID: ID1709329200

Der 2007 mühsam errungene Steinkohlenkompromiss

war ein ausgewogenes Gesamtpaket für sozialverträgli-
che Lösungen und die Sicherstellung der Finanzierung
der anfallenden Ewigkeitskosten durch die RAG-Stif-
tung. Es ist schon ein einmaliger Vorgang, dass ein Ge-
setz, auf das sich eine ganze Region verlassen hat, durch
verschleppte Verhandlungsführung und Uneinigkeit zwi-
schen den Regierungsparteien von CDU/CSU und FDP
Zu Protokoll
gefährdet wurde. Die Revisionsklausel wurde geopfert
und damit eine objektive Bewertung über die Zukunft
des Bergbaus in Deutschland aufgegeben. Es steht fest,
dass die Bundesregierung auf EU-Ebene schlecht ver-
handelt hat.

Zwar konnte damit der Kernbestandteil des Steinkoh-
lefinanzierungsgesetzes (bis 2018) gehalten werden. Je-
doch wird uns dies in Zukunft schwer zu schaffen ma-
chen. Für den deutschen Steinkohlenbergbau bedeutet es,
dass Beihilfen an die verbliebenen Bergwerke ab 1. Ja-
nuar 2011 nur dann weitergewährt werden, wenn für je-
des Bergwerk ein definitiver, irreversibler Stilllegungs-
zeitpunkt in einem Stilllegungsplan festgelegt ist. Das
von der EU und Brüderle noch ins Spiel gebrachte Aus-
laufen des Bergbaus 2014 widersprach selbst kommis-
sionseigenen Abschätzungen hinsichtlich der sozialen
und regionalen Folgen. Laut einer Prognos-Studie er-
gäbe ein früherer Ausstieg keinerlei Einsparung für öf-
fentliche Haushalte, sondern eine Mehrbelastung durch
Folgekosten der Arbeitslosigkeit von 2,5 Milliarden
Euro für den deutschen Steuerzahler. Ebenso wäre kein
ökologischer Vorteil feststellbar, da heimische Stein-
kohle durch Importkohle ersetzt würde. Noch bietet die
Zeche in Marl 4 000 Menschen Arbeit und 400 jungen
Leuten qualifizierte Ausbildung. Dazu kommen zahlrei-
che Beschäftigte in abhängigen Unternehmen und
Dienstleistungsbetrieben. Kohleförderung brachte bis-
her Umsätze und sicherte Aufträge an Dritte. Heute sind
weitere Arbeitsplatzverluste durch fehlende Kaufkraft
und Investitionen absehbar.

Bisher war deutsche Bergbautechnologie weltweit
führend, gefragt und ein Exportschlager. Nun werden
wir mit Technologie- und Innovationsabwanderung zu
kämpfen haben. Hightechunternehmen lassen sich nicht
an jedem beliebigen Ort ansiedeln. Materielle Standort-
faktoren, qualifizierte Arbeitskräfte, anwendungsorien-
tierte Forschung und günstige sozioökonomische und
kulturelle Faktoren sind entscheidend. Der erforderliche
Strukturwandel in der Kohleregion hängt von materiel-
len Faktoren wie Strukturhilfen und insbesondere auch
von den jeweils prägenden gesellschaftlichen Struktu-
ren, der Partizipation der Betroffenen und den Mitbe-
stimmungsmöglichkeiten ab. Ich erwarte jetzt konkrete
Aussagen zu Strukturhilfen für die Bergbauregionen von
der Bundesregierung.

Nicht zuletzt hat die Bundesregierung die Tür für ei-
nen beihilfefreien Steinkohlenbergbau zugeschlagen.
Sollten Zechen nach 2018 subventionsfrei weiterbetrie-
ben werden können, was bei der derzeitigen Preisent-
wicklung nicht unwahrscheinlich erscheint, müssen die
Subventionen zurückgezahlt werden. In einer marktwirt-
schaftlich orientierten Europäischen Union wäre zu er-
warten gewesen, unternehmerische Entscheidungen zu
fördern, einen subventionsfreien und gewinnorientierten
Bergbau weiterzuführen. Gerade vor dem Hintergrund
der aktuellen Preisentwicklung für Kohle und Koks auf
dem Weltmarkt und dem enorm ansteigenden Energiebe-
darf wäre das eine Chance, die man sich für die Zukunft
nicht verbauen dürfte.



gegebene Reden

(A) (C)



(D)(B)


Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1709329300

Seit mehr als zwei Jahrzehnten tritt die FDP im Deut-

schen Bundestag für ein Auslaufen der Subventionie-
rung des deutschen Steinkohlenbergbaus ein. Nach er-
folgreichen Verhandlungen zwischen dem Bund, den
Ländern Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie der
RAG AG und der IG BCE wurde im Jahr 2007 eine trag-
fähige und ausgewogene Einigung erzielt, die diesem
Ziel Rechnung trägt.

Mit Ihrem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über
die Gewährung staatlicher Beihilfen zur Erleichterung der
Stilllegung nicht wettbewerbsfähiger Steinkohlenberg-
werke vom 20. Juli 2010 hat die Europäische Kommission
diesen vereinbarten Kompromiss weitgehend bestätigt.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich die Verhand-
lungsführung der Bunderegierung auf europäischer
Ebene loben. Durch ihren konsequenten Einsatz für den
bereits gefundenen Konsens haben die geschlossenen
Verträge auch weiterhin Bestand, und es bleibt bei ei-
nem sozialverträglichen Übergang in die Zeit nach Ende
der Steinkohlenförderung. Unverkennbar stellt dies die
politische Verlässlichkeit dieser Bundesregierung unter
Beweis.

Auch in meinem Wahlkreis, nämlich in der Stadt Ib-
benbüren, wird Steinkohle abgebaut. Die Bürgerinnen
und Bürger in dieser Region bereiten sich seit 2007 auf
den Strukturwandel vor. Der notwendige Veränderungs-
prozess wird dort aktiv gestaltet, zielgerichtet gefördert.
Der Übergang in neue Beschäftigungsfelder gelingt so
schrittweise und für den Einzelnen verträglich. Eine Ab-
kehr von den bisherigen Planungen hätte diesen Prozess
empfindlich gestört, erhebliche Verunsicherung hervor-
gerufen und zu einem finanziellen Desaster der RAG
Stiftung geführt. Deshalb war es richtig und wichtig, am
Zukunftsfahrplan 2018 festzuhalten.

Mit dem uns nun vorliegenden Gesetzentwurf zur Ände-
rung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes endet auch ein
langjähriges Kapitel deutscher Wirtschaftsgeschichte.
Der subventionierte Abbau von Steinkohle wird, wie im
Kohlekompromiss 2007 vereinbart, im Jahr 2018 ver-
bindlich auslaufen. Seit dem Beginn der Subventionie-
rung werden bis zu diesem Zeitpunkt mehr als 140 Milli-
arden Euro unwiederbringlich in dunklen Zechen
vergraben worden sein, zulasten unserer Bürgerinnen
und Bürger, die sprichwörtlich die Zeche dafür zahlen
mussten.

Die klare Absage an diese Politik eröffnet in den
nachfolgenden Jahren neue Spielräume für die Bewälti-
gung essenzieller und drängender Zukunftsfragen, bei-
spielsweise für Investitionen in Bildung und Forschung
oder die notwendige Konsolidierung der öffentlichen
Haushalte. Eines möchte ich an dieser Stelle kritisch an-
sprechen. Auch wenn uns mit dem vorliegenden Gesetz-
entwurf ein großer Schritt in Richtung Subventions-
abbau gelungen ist, das süße Gift der Subvention ist
deshalb noch lange nicht sicher verwahrt. Allein die
Beihilfen im Bereich der erneuerbaren Energien nähern
sich bereits heute dem Zweifachen derer, die in der
Spitze für die Förderung der Steinkohle aufgebracht
werden mussten.
Zu Protokoll

Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709329400

Heute beraten wir wieder einmal über ein Versagen

der Großen Koalition. Nach zähem Hin und Her kam es
2006 zum sogenannten Kohlekompromiss zwischen al-
len Beteiligten mit folgenden Eckpunkten: Auslaufen der
Steinkohlensubventionierung bis 2018, Gründung der
RAG-Stiftung und Überprüfung der Vereinbarungen im
Jahr 2012. Doch während sich insbesondere die SPD im
Inland von den Kohlekumpel als Retterin ihrer Arbeits-
plätze feiern ließ, hat sie es in der Regierung versäumt,
das Steinkohlefinanzierungsgesetz auch auf europäi-
scher Ebene bestandsfest zu machen.

Zehntausende Bergleute in NRW und im Saarland
hatten sich auf das Gesetz verlassen. Im Herbst letzten
Jahres mussten sie miterleben, wie wenig Vertragstreue
und Verlässlichkeit in der Demokratie wert sind. Nicht
nur, dass die EU-Kommission versuchte, die Regelungen
zu kippen; auch der deutsche EU-Kommissar Oettinger
und Wirtschaftsminister Brüderle taten alles, das Gesetz
über die EU-Ebene zu Fall zu bringen. Minister Brü-
derle hat dabei zum wiederholten Male seine Ignoranz
gegenüber dem wirtschaftlichen Strukturwandel und der
Bedeutung von Industriearbeitsplätzen bewiesen. Nur
den Protesten der Bergleute im letzten Herbst ist es zu
verdanken, dass die Steinkohlensubventionierung nun
doch bis 2018 sozialverträglich beendet werden kann,
allerdings mit dem Wermutstropfen, dass im Gegenzug
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Revi-
sionsklausel aus dem Steinkohlefinanzierungsgesetz ge-
strichen werden soll.

Wir halten diese Streichung für falsch. Es darf auf
keinen Fall passieren, dass man damit gleichzeitig den
Erhalt des technologischen Know-hows in Deutschland
zu den Akten legt. Ob man das nun „Sockelbergbau“
oder „Referenzbergwerk“ nennt, ist einerlei. Wichtig ist
doch nur eines: Die Technologiesparte der Kohlewirt-
schaft beschäftigt mehr als 15 000 Menschen in NRW.
Nur mit dem Erhalt eines Sockel- oder Referenzberg-
werks können ein moderner Maschinen- und Anlagen-
bau und hochqualifizierte Stellen erhalten werden.

An die Adresse der Grünen sei gesagt: Eine Beendi-
gung der heimischen Steinkohlenförderung hat nichts
mit einem Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohlever-
stromung zu tun. Natürlich ist die Verstromung von
Kohle eine der Hauptursachen für Treibhausgasemissio-
nen bei der Energieerzeugung. Wir teilen auch das Nein
zum Bau neuer Kohlekraftwerke in NRW. Kohle- und
Atomkraftwerke blockieren den auch in NRW dringend
benötigten Umstieg auf erneuerbare Energien. Aber mit
der Beendigung der heimischen Steinkohlenförderung
wird nicht ein Kohlekraftwerk abgeschaltet, sondern nur
die heimische Kohle durch Importkohle ersetzt. Die Ent-
scheidung an diesem Punkt heißt nicht „Kohle, ja oder
nein?“, sondern „Aktive Industriepolitik oder Wirt-
schaftsliberalismus?“. Wir treten ein für eine aktive In-
dustriepolitik, für den Erhalt von Industriearbeitsplät-
zen durch einen sozial-ökologischen Umbau und nicht
für eine Verbesserung der CO2-Bilanz durch die Ver-
nichtung von qualifizierten Arbeitsplätzen in der Indus-
trie.



gegebene Reden

(A) (C)



(D)(B)


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709329500

Wir beraten heute über den Gesetzentwurf der Bun-

desregierung zum Streichen der Revisionsklausel im
Steinkohlefinanzierungsgesetz. Im Jahr 2007 hatten sich
die damalige Große Koalition im Bund, die Länder, RAG
und IG BCE auf eine Beendigung des subventionierten
Steinkohlenbergbaus bis zum Jahr 2018 geeinigt, mit der
Vorgabe, durch eine Revisionsklausel im Jahr 2012 dies
noch einmal zu überprüfen. Doch die damalige Große
Koalition im Bund und auch die damalige schwarz-
gelbe Landesregierung in NRW hatten es dabei ver-
säumt, das deutsche Steinkohlefinanzierungsgesetz von
2007 auch europarechtlich abzusichern – obwohl es
vonseiten der EU-Kommission eine Zustimmung für ein
Fortführen der Subventionen nur bis 2011 gab.

Die Haltung – die EU wird schon tun, was Deutsch-
land sagt – hatte sich spätestens im Juli 2010 gerächt.
Denn die EU-Kommission machte einen Vorschlag für
eine Verordnung des Rates, die Steinkohlenbeihilfen be-
reits im Oktober 2014 einzustellen. Dieses Enddatum
2014 sorgte auch in der Bundesregierung – wie es bei
Schwarz-Gelb nicht ungewöhnlich ist – für Streit. War
Bundeswirtschaftsminister Brüderle anfangs vehement
für ein Auslaufen der Steinkohlenbeihilfen bis 2014, be-
tonte Bundeskanzlerin Merkel in ihrer letzten Presse-
konferenz vor der Sommerpause, dass sie sich persön-
lich für die Beibehaltung des Ausstiegsdatums 2018 in
Brüssel einsetzen werde. Erst später wurde Wirtschafts-
minister Brüderle einkassiert und sprach sich auf einmal
ebenfalls für das Auslaufen 2018 aus. Dies passt in das
Bild der FDP. Zuerst populistische Forderungen erhe-
ben, wenn es aber konkret wird, knickt sie ein.

Das Zugeständnis der Bundesrepublik, das die Bun-
desregierung in Brüssel dann letztlich machen musste,
war, die Revisionsklausel zu streichen. Im deutschen
Steinkohlefinanzierungsgesetz heißt es dazu in § 1
Abs. 2, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bun-
destag bis spätestens 30. Juni 2012 einen Bericht zulei-
tet, auf dessen Grundlage der Deutsche Bundestag unter
Beachtung der Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit,
der Sicherung der Energieversorgung und der übrigen
energiepolitischen Ziele prüft, ob der Steinkohlenberg-
bau weiter gefördert wird. Die EU-Kommission und die
Regierungen verschiedener Mitgliedstaaten werten den
aktuellen Absatz im Gesetz zu Recht als Versuch
Deutschlands, ein endgültiges Ende des subventionier-
ten Steinkohlenbergbaus erneut hinausschieben zu wol-
len.

Wir begrüßen die Entscheidung der Bundesregie-
rung, nun endlich einen Gesetzentwurf zur Streichung
der Revisionsklausel einzubringen. Nur hätte sie dies
viel früher tun können und hätte damit die Verunsiche-
rung Zehntausender Bergbaukumpel verhindert. Die
schwarz-gelbe Koalition kommt mit ihrem Gesetzent-
wurf unseren Anträgen „Steinkohlesubventionen jetzt
überprüfen“ und „Subventionierten Steinkohlenbergbau
sozialverträglich beenden“ endlich nach. Diese Anträge
hatten wir bereits im Juni und Oktober 2010 in den
Deutschen Bundestag eingebracht. Leider hatte die
Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt noch immer die
herablassende Haltung, dass die EU das zu akzeptieren
Zu Protokoll
habe, was Deutschland beschließt. Dass dies nicht funk-
tioniert hat, merken Sie, meine Kolleginnen und Kolle-
gen von der CDU/CSU und FDP, anscheinend erst jetzt.
Ansonsten hätten Sie einen solchen Gesetzentwurf zur
Streichung der Revisionsklausel hier nicht jetzt vorge-
legt, sondern bereits im vergangenen Jahr unseren An-
trägen zugestimmt.

Denn mit dem Streichen der Revisionsklausel kann
Deutschland den berechtigten Sorgen seiner europäi-
schen Partner durch konkrete politische Initiativen ver-
deutlichen, dass Deutschland 2018 endgültig seine Bei-
hilfen für den Steinkohlenbergbau beenden wird. Damit
wird zudem dokumentiert, dass absurde Forderungen
von SPD und Linken nach einem steuerfinanzierten,
dauerhaften nationalen Steinkohlensockel oder Ähnli-
chem über keine politische Mehrheit verfügen.

Aber die Streichung der Revisionsklausel hätte be-
reits viel früher geschehen müssen. Mehr noch: Die
Klausel war von Anfang überflüssig. Diese Regelung
war und ist bis heute die Ursache dafür, dass alle Betei-
ligten sich nicht langfristig auf ein definitives Ende des
Bergbaus einstellen können oder wollen. Denn es war
bereits 2007 bei der Verabschiedung des Steinkohle-
finanzierungsgesetzes und ist auch heute in keiner Weise
absehbar, dass die Steinkohlenförderung in Deutschland
auch nur in die Nähe der Wirtschaftlichkeit kommen
wird. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Si-
tuation des Bundeshaushaltes ist es geboten, die im
Steinkohlenfinanzierungsgesetz verankerte Revisions-
klausel schnellstmöglich zu streichen und so Planungs-
sicherheit für alle zu schaffen. Es muss Schluss sein,
Milliarden in schwarzen Löchern zu versenken, die dann
bei der Bewältigung des Strukturwandels fehlen. Dabei
steht die Sozialverträglichkeit der Beendigung des Stein-
kohlenbergbaus nicht infrage. Bis allerspätestens 2018
ist nun Zeit, alles sauber zu beenden und, wo immer
möglich, in der Zeit das Entstehen neuer Ewigkeitslas-
ten zu vermeiden.

Eine lange Bergbaugeschichte an Saar und Ruhr hat
beträchtliche Altlasten und Ewigkeitskosten hinterlas-
sen. So müssen zum Beispiel Tausende einsturzgefähr-
dete Schächte saniert und durch den Bergbau abge-
senkte und dichtbesiedelte Flächen auf Hunderten
Quadratkilometern dauerhaft entwässert und vor Über-
flutungen geschützt werden. Ob die Einnahmen der
RAG-Stiftung aus dem Verkauf der Evonik für solche
Ewigkeitskosten ausreichen, ist zumindest fraglich. Da
werden wir noch sehr genau hinschauen müssen, damit
nicht am Ende die öffentliche Hand für die Berg-
bauschäden geradesteht. Von der Bundesregierung und
den Koalitionsfraktionen erwarten wir daher, dass sie
die deutsche Rechtslage schnell in Übereinstimmung mit
den Rechtsgrundlagen der Europäischen Union bringt.
Das heißt: Streichung der Revisionsklausel und ein end-
gültiger Schluss bis spätestens 2018. Vielleicht geht es
am Ende ja sogar noch schneller und günstiger für den
Bundeshaushalt.

Ich freue mich auf eine konstruktive Diskussion des
vorliegenden Gesetzentwurfes in den Ausschüssen des
Deutschen Bundestages mit Ihnen.



gegebene Reden






(A) (C)



(D)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709329600

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 17/4805 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Volker Beck (Köln), Katja
Keul, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wach- und Sicherheitspersonal beim Bundes-
tag beschäftigen

– Drucksache 17/4741 –
Überweisungsvorschlag:
Ältestenrat (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Für die Aussprache ist eine halbe Stunde vorgesehen.
Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin
Beate Müller-Gemmeke von Bündnis 90/Die Grünen das
Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Ich weiß, dass es spät ist. Aber den-
noch möchte ich diese Rede nicht zu Protokoll geben,
weil mir das Thema sehr wichtig ist. Ich bedanke mich
bei der SPD dafür, dass sie als einzige andere Fraktion
nachher noch das Wort ergreifen wird. Die Redner aller
übrigen Fraktionen haben ihre Reden schon zu Protokoll
gegeben.

Es ist allseits bekannt, dass die Bundestagsverwaltung
etliche Dienstleistungen an Dritte vergeben hat und dies
nicht nur Vorteile hat, sondern auch Probleme mit sich
bringt. Ausdrücklich hervorheben möchte ich, dass die
Bundestagsverwaltung vieles versucht hat, damit die ex-
ternen Anbieter soziale und tarifliche Standards einhal-
ten. So wird beispielsweise verlangt, dass bestehende
Tarifverträge eingehalten werden. Das ist gut so, und ich
möchte dies noch einmal ausdrücklich anerkennen.

Wenn aber Sicherheitskräfte hier im Bundestag, die
nicht aufstockendes Arbeitslosengeld II beantragen wol-
len, 220 Stunden im Monat arbeiten müssen, um gerade
einmal 1 000 Euro netto zu verdienen, dann ist das mei-
ner Meinung nach ein unhaltbarer Zustand.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Die Abgeordneten werden hier im Bundestag auf
Händen getragen. Es wird alles für unsere Sicherheit ge-
tan, und wir werden immer freundlich und respektvoll
behandelt. Der Alltag im Deutschen Bundestag ent-
spricht der Würde des Hauses, und das schätze ich sehr.
Umso mehr geht es mir unter die Haut, dass manche, die
all das ermöglichen, so wenig verdienen, dass sie an der
Armutsgrenze leben müssen. Das entspricht nicht der
Würde des Hauses.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])


Schlimm finde ich es auch, wenn solche Fakten an die
Öffentlichkeit kommen und das Ansehen des Deutschen
Bundestags darunter leidet. Der Bundestag hat auch eine
Vorbildfunktion als Arbeitgeber, und die sollten wir alle
ernst nehmen. Aus diesem Grunde bringe ich heute un-
seren Antrag ein. Wir wollen, dass in einem ersten
Schritt die Wach- und Sicherheitskräfte wieder direkt an-
gestellt und nach TVöD bezahlt werden.

Die Sicherheitskräfte sollen Löhne erhalten, von de-
nen sie und ihre Familien auch leben können. Aber es
geht auch darum, dass wir ihnen soziale Sicherheit ge-
ben, indem sie unbefristete Beschäftigungsverhältnisse
erhalten. Jetzt müssen sich die Sicherheitskräfte schon
wieder Sorgen machen, ob sie im Juni, nach der neuen
Ausschreibung, noch einen Job haben oder ob sie ar-
beitslos werden. Gerade Ältere wissen ganz genau: Ge-
winnt eine andere Firma die Ausschreibung, droht Ar-
beitslosigkeit bis zur Rente.

Ich hoffe sehr, dass der Antrag nicht nur von der Op-
position, sondern auch von den Regierungsfraktionen
unterstützt wird. Bei solch einem Thema könnten meiner
Meinung nach alle Abgeordneten durchaus an einem
Strang ziehen, und wir könnten den Sicherheitskräften
gemeinsam unsere Wertschätzung deutlich machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])


Das Problem ist nur, dass die Ausschreibung zur Ver-
gabe der Wach- und Sicherheitsdienstleistungen bereits
läuft. Deswegen bitte ich alle Gremien, die sich mit die-
sem Antrag befassen müssen, zügig zu handeln, bevor es
zu spät ist.

Natürlich gibt es auch noch andere Beschäftigten-
gruppen, die auch nicht direkt beim Bundestag beschäf-
tigt sind. Diese Beschäftigten haben wir auch im Blick.
Deshalb soll die Bundestagsverwaltung noch einmal in-
tensiv prüfen, welche ausgegliederten Dienstleistungser-
bringer wieder direkt beim Bundestag angestellt werden
können. Dabei müssen natürlich die Belange der Be-
schäftigten in Bezug auf Arbeitsentgelt und Arbeitsbe-
dingungen sorgfältig mit betrieblichen Überlegungen
wie zum Beispiel im Hinblick auf Qualität und Sicher-
heit abgewogen werden.

Ich weiß, dass die Struktur des Bundestages mit Sit-
zungswochen und sitzungsfreien Zeiten nicht einfach ist.
Dennoch muss es doch Wege geben, möglichst viele Be-
schäftigte fair und sicher beim Bundestag anzustellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitglieder des
Ältestenrates, der Inneren Kommission und des Aus-
schusses für Arbeit und Soziales, ich bitte Sie, sich mög-
lichst zeitnah mit dem Antrag zu beschäftigen und ihn
dem Plenum so schnell wie möglich zur Abstimmung
vorzulegen. Bitte geben Sie sich einen Ruck und ent-
scheiden Sie sich für bessere Arbeitsbedingungen und





Beate Müller-Gemmeke


(A) (C)



(D)(B)

bessere Löhne für das Sicherheitspersonal. Die Beschäf-
tigten haben diese Wertschätzung verdient.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709329700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Ernstberger. Die

Kollegen der anderen Fraktionen werden ihre Reden zu
Protokoll1) geben.


Petra Ernstberger (SPD):
Rede ID: ID1709329800

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Es ist wirklich schon ein bisschen spät. Heute bin
ich einmal die letzte Rednerin. Da mir der Antrag relativ
wichtig ist,


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Uns ja auch!)


finde ich es aber bedeutsam, heute Abend noch hierzu zu
sprechen. Schließlich geht es – diesbezüglich stimme ich
dem Antrag der Fraktion der Grünen voll zu – um die
Glaubwürdigkeit unseres Parlaments und die Vorbild-
funktion des Gesetzgebers, was die Arbeitsbedingungen
und die Bezahlung der Beschäftigten in diesem Hohen
Hause betrifft.

Zweitens – lassen Sie mich das an dieser Stelle auch
sagen – geht es darum, einfach einmal all denjenigen ein
herzliches Dankeschön zu sagen, die täglich dafür sor-
gen, dass unser Umgang hier miteinander geregelt ist.
Dabei geht es nicht nur um das Wach- und Sicherheits-
personal, sondern auch um die Personen, die an den Gar-
deroben, den Fahrstühlen und den Pforten arbeiten, so-
wie um das Reinigungspersonal und die im Bereich der
Haustechnik Beschäftigten.


(Beifall)


Ihnen allen gehört der Applaus und das Lob dafür, dass
sie den parlamentarischen Betrieb aufrechterhalten und
wir unsere Arbeit hier verrichten können.

Nun aber zum Antrag, der zunächst grundsätzlich be-
sagt, dass möglichst alle Vollzeitbeschäftigten von ihrem
Einkommen leben können sollen, ohne dass sie zusätzli-
che Sozialleistungen erhalten. Das ist sozialdemokrati-
sche Politik. Wir sind der Meinung, dass generell in al-
len Bereichen der Arbeitswelt faire Löhne gezahlt
werden müssen. Es geht um faire Löhne, die sicherstel-
len, dass Frau oder Mann nicht auf dem Amt zu einem
Bittsteller gegenüber dem Staat wird, um faire Löhne,
die ausreichen, um monatlich wirklich über die Runden
kommen zu können.

Gerade weil wir das wollen, haben wir vor zwei Wo-
chen hier im Deutschen Bundestag einen neuen Anlauf
für einen flächendeckenden existenzsichernden Mindest-
lohn unternommen.


(Beifall bei der SPD)


1) Anlage 26
Ein entsprechender Gesetzentwurf der SPD sieht eine
Lohnuntergrenze von 8,50 Euro vor. Wer Leistungsge-
rechtigkeit will, wer also will, dass es gute und anstän-
dige Löhne für gute Arbeit gibt, der weiß, dass wir die-
sen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland brauchen;


(Beifall bei der SPD)


denn ein gesetzlicher Mindestlohn verhindert Lohndum-
ping, sorgt für einen fairen Wettbewerb zwischen den
Unternehmen, entlastet den Bundeshaushalt und stärkt
nicht zuletzt die Binnennachfrage in diesem Land.

Der Antrag besagt ganz konkret, dass die Wach- und
Sicherheitskräfte wenig Planungssicherheit haben, da
die Dienstleistungen durch den Bundestag alle sechs
Jahre neu ausgeschrieben werden. Auch diesem Aspekt
in Ihrem Antrag können wir zustimmen. Nur ein gesi-
chertes und möglichst unbefristetes Arbeitsverhältnis
bietet ein geeignetes Fundament, um gute Arbeitsbedin-
gungen einfordern zu können. Nur ein gesichertes Ar-
beitsverhältnis bietet die Grundlage für ein Leben ohne
Existenzangst. Gerade ältere Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer brauchen diese Planungssicherheit. Wir
alle wissen aus unzähligen Debatten hier im Hohen
Haus, wie schwierig es vor allem für Ältere ist, nach
Eintritt der Arbeitslosigkeit wieder Fuß auf dem Arbeits-
markt zu fassen. Weil wir für faire Löhne und für sichere
Arbeitsverhältnisse sind, stimmen wir überein mit den
Forderungen, dass der Bundestag seiner Verantwortung
gerecht wird und die Arbeitsbedingungen und die Ent-
gelte der Wach- und Sicherheitskräfte verbessert.

Dennoch gibt es einige weitere Punkte, die ich erwäh-
nen möchte. Wir müssen uns, wenn wir faire Bedingun-
gen für die Wach- und Sicherheitskräfte fordern, auch
mit den Bedingungen der anderen Beschäftigten befas-
sen, die bei externen Dienstleistern angestellt sind und
ihren Dienst hier im Bundestag verrichten.


(Beifall bei der SPD)


Ich meine die Garderobenfrauen und -männer, den Pfor-
tendienst und die Fahrstuhlführerleistungen. Die Situa-
tion dieser Beschäftigten sollte in die gesamte Diskus-
sion einbezogen werden. Weiterhin müssen wir uns
selbstverständlich damit auseinandersetzen, was das für
die Ausgabenseite des Bundestages bedeutet. Wenn die
Dienstleistungen nicht mehr extern ausgeschrieben, son-
dern vom Bundestag intern wahrgenommen würden,
müssten wir damit rechnen, dass sich die Kosten mehr
als verdoppeln. Dieser Aspekt kommt in dem Antrag et-
was zu kurz.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vier Millionen!)


Noch etwas ist zu beachten: Können alle der derzeiti-
gen externen Dienstleister problemlos wieder in ein
Dienstverhältnis intern im Bundestag übernommen wer-
den, oder sind die Anforderungen, die der TVöD an die
Qualifikationen der Beschäftigten stellt, nicht in man-
chen Teilen so hoch, dass es gegebenenfalls Beschäftigte
geben wird, die der Bundestag nicht intern beschäftigen
kann? Das würde bedeuten, dass sie wegen dieser hohen





Petra Ernstberger


(A) (C)



(D)(B)

Anforderungen eventuell in die Arbeitslosigkeit ge-
schickt werden.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Bundestags-
verwaltung bereits heute sehr genau darauf achtet, dass
die Dienstleistungen nicht immer an den Billigsten ver-
geben werden. Es wird sehr wohl darauf geachtet und
bestanden, dass das Vergaberecht in seinen Möglichkei-
ten ausgeschöpft wird, zum Beispiel hinsichtlich der
Vergütung, der Überstunden, der Ausbildung, der Fort-
bildung und auch der Frauenquote. Zudem wurde die
Verwaltung vom Ältestenrat verpflichtet, bei Ausschrei-
bungen eine Tariftreueklausel aufzunehmen.

Abschließend möchte ich anmerken, dass die Ent-
scheidung darüber, ob eine Dienstleistung extern einge-
kauft wird oder nicht, vom Präsidium des Deutschen
Bundestages getroffen wird. Die aktuelle Ausschreibung
und der entsprechende Vertragsentwurf sehen vor, dass
sich die Vergütung der Sicherheitsmitarbeiter an dem
Entgelttarif für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Ber-
lin und Brandenburg in der Fassung vom 22. November
2010 orientiert. In diesem ist vorgesehen, dass der Stun-
denlohn in der Zukunft auf 7,50 Euro erhöht wird.


(Zuruf von der LINKEN: 10 Euro!)


– Das war netto, 7,50 Euro netto. – Zusätzlich sind sei-
tens der externen Unternehmer umfangreiche Schu-
lungsmaßnahmen sowie Investitionen für Ausrüstung
und Ausstattung in eigener Verantwortung zu überneh-
men.

Wie so oft steckt der Teufel im Detail. Deshalb appel-
liere ich, über das Thema in der Inneren Kommission,
der Unterkommission des Ältestenrates, ausführlich zu
diskutieren, damit wir diese Punkte klären. Der Bundes-
tag hat diese Vorbildfunktion. Wenn es um Arbeitsbedin-
gungen und Löhne geht, muss er dieser Vorbildfunktion
auf diese Art und Weise gerecht werden. Der Kernpunkt
ist doch: Wir müssen politisch entscheiden, was uns
wichtiger ist, die Kostenersparnis für den Bundeshaus-
halt oder die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen der
Beschäftigten, die uns hier das Leben erleichtern.

Ich bedanke mich und wünsche allen noch einen
schönen Abend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709329900

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/4741 an den Ältestenrat und an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Zu den nächsten Tagesordnungspunkten wurden alle
Reden zu Protokoll gegeben. Trotzdem bitte ich Sie,
noch mit mir gemeinsam die formalen Dinge abzuwi-
ckeln, damit das ordentlich ins Protokoll kommt. Die
Namen der Redner sind schriftlich aufgeführt und wer-
den im Protokoll festgehalten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

Die Demokratische Republik Kongo stabilisie-
ren
– Drucksache 17/4691 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung


Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1709330000

Die Demokratische Republik Kongo ist ein Schwer-

punkt des Engagements der Vereinten Nationen. Mit
20 000 VN-Blauhelmsoldaten im Kongo ist dies die
größte Blauhelmmission weltweit. Die VN haben hier
ein umfassendes und robustes Mandat zum Schutz der
Bevölkerung und der Stabilisierung und dem Wiederauf-
bau der Region geschaffen. Doch trotz eines breiten und
tiefgehenden multilateralen Einsatzes der VN, der EU
und anderer internationaler Institutionen sowie vielfäl-
tigen bilateralen Engagements durch die USA, Deutsch-
land und weitere Länder, hat sich die Menschenrechts-
lage, die politische und die wirtschaftliche Situation im
Kongo seit den Wahlen 2006 nur wenig verbessert. Die
Menschen im Kongo und die Bundesrepublik mit ihrer
Unterstützung haben großes Vertrauen in die Zeit nach
den Wahlen gesetzt. Die Lage heute ist sehr ernüchternd.
Zwar ist die Bedeutung des vielfältigen Einsatzes im
Kongo für die Sicherheit der Menschen und die Verbes-
serung ihrer Lebenslage klar erkennbar. Doch passiert
leider immer noch zu wenig, um einen nachhaltigen
Fortschritt anzustoßen. Dies wird einem umso deutli-
cher bei Betrachtung des Human Development Index, in
dem die Demokratische Republik Kongo den Platz 177
von 179 betrachteten Ländern belegt. Das BIP pro Kopf
liegt bei 178 US-Dollar, was einmal mehr die prekäre
Lage der Menschen verdeutlicht. Wenn ich hier fordere,
dass Deutschland sich stärker engagieren muss, dann ist
dies aber kein einseitiges Anliegen. Es ist für alle offen-
sichtlich, dass die Regierung der Demokratischen Repu-
blik Kongo sich aus der Verantwortung stiehlt und es
fast so wirkt, als bestünde kein Interesse der Eliten des
Landes, die Lage der über 60 Millionen anderen Ein-
wohner ihres Staates zu verbessern. Die verbreitete Kor-
ruption, die Vettern- und Misswirtschaft treten als
Symptome offen zutage. Auf dem Korruptionsindex von
Transparency International belegt die Republik Kongo
einen besorgniserregenden 162. von 180 Plätzen. Hier
müssen wir als Bundesrepublik die Demokratische Re-
publik Kongo zur Einhaltung von Rechtsstaatsprinzipien
drängen. Auch unsere Zusammenarbeit muss von der
Erfüllung verbindlicher Ziele abhängig gemacht wer-
den. Dies sollte sogar bis zur Verhängung von Sanktio-
nen führen. Es kann nicht sein, dass die Bundesrepublik
mit ihren Trägern der Entwicklungszusammenarbeit ge-
radezu verhöhnt wird, wie es kürzlich bei dem Vorgehen,
bar jeder Grundlage, der kongolesischen Justiz gegen

Hartwig Fischer (Göttingen)



(A) (C)



(D)(B)

die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit der
Fall war. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist
wertegebunden. Daher muss es in Zukunft möglich sein,
die Zusammenarbeit mit korrupten Regionen vollständig
einzustellen. Zum Kampf gegen die Korruption gehört
die Einrichtung einer unabhängigen Behörde, die über
Antikorruptionsmaßnahmen wacht. Ebenso muss eine
vernünftige Bezahlung der Beamten und Richter ange-
strebt werden, damit der Anreiz zu bestechlichem Ver-
halten minimiert wird.

Die im Januar beschlossene Verfassungsänderung,
die die Machtposition des Präsidenten Kabila ausbaut,
ist ein Auswuchs der Korruption und Missachtung
rechtsstaatlicher Prinzipien. Die in der Verfassung fest-
geschriebene Dezentralisierung wird eingeschränkt.
Dabei ist gerade die Stärkung der Provinzen für ein
Land, das über sechsmal so groß wie Deutschland ist,
unabdingbar. Nur so kann sich an der Lage der Men-
schen fernab der Hauptstadt Kinshasa etwas ändern.
Die gewollte Machtakkumulation in der Hauptstadt ver-
stärkt vielmehr den Kontrollverlust, der sich nicht nur in
der Desertion und dem Überlaufen der eigenen Soldaten
zu verschiedensten Rebellenmilizen im Osten des Landes
äußert. Die Reform des Sicherheitssektors muss drin-
gend angegangen werden. Dazu werden die EUSEC und
die EUPOL einen wichtigen Beitrag leisten können und
müssen. Dennoch gibt es auch hier noch große Pro-
bleme. Beispielsweise fehlende Soldzahlungen, die die
Loyalität der kongolesischen Armee beeinträchtigen.

Es sind gerade auch die eigenen Soldaten der kongo-
lesischen Armee Forces Armées de la République Démo-
cratique du Congo, FARDC, die für massive Menschen-
rechtsverletzungen verantwortlich sind. In diesem Sinne
ist es nicht nachvollziehbar, warum die DRC nicht längst
die in der Verfassung vorgeschriebene nationale Men-
schenrechtskommission einberufen hat. Zwar hat die
kürzliche Verurteilung von ranghohen kongolesischen
Soldaten für Massenvergewaltigungen ein wichtiges Si-
gnal gesetzt, doch befindet sich der Kongo auch hier
noch am Beginn eines langen und steinigen Weges. Hier
müssen wir als Bundesrepublik mehr Mittel und Projekte
bereitstellen, um die Opfer von Massenvergewaltigun-
gen zu betreuen.

Beunruhigend ist auch, dass die MONUSCO mit
20 000 Soldaten den Ostkongo noch nicht wirklich befrie-
den konnte. Es darf nicht sein, dass die UN-Blauhelmsol-
daten auch in Vorwürfe der Massenvergewaltigung ver-
strickt werden. So verlieren die Vereinten Nationen ihre
Glaubwürdigkeit. Die Bestrebungen, den Anführer der
Lord’s Resistance Army, Joseph Kony, dem Internationa-
len Strafgerichtshof in Den Haag zu überstellen, müssen
vorangetrieben werden. Die FARDC kann hier ihrem
Auftrag gerecht werden und die vielen zerstreuten Mili-
zen wirksam bekämpfen. Unter diesem Zeichen steht
auch das DDRRR-Programm, Disarmament, Demobili-
zation, Repatriation, Resettlement and Reintegration,
der MONUSCO, das versucht, ausländischen Kombat-
tanten ihre Anreize zum Kampf zu nehmen. Zusätzlich
brauchen wir ein Zertifizierungssystem für die Rohstoffe
aus dem Ostkongo. Hier liegen zum Beispiel über
80 Prozent der weltweiten Coltan-Vorkommen. Nur die
Zu Protokoll
Zertifizierung der Rohstoffe sichert, dass alle Staaten zu
Weltmarktpreisen die für die Hightechindustrie wichti-
gen Rohstoffe kaufen können. Gleichzeitig wird damit
erreicht, dass die Wertschöpfung aus der Rohstoffförde-
rung in den kongolesischen Haushalt fließen kann und
damit für die wesentlichen Staatsaufgaben nutzbar ist.
Doch durch die Kontrolle von illegalen Minen durch die
Milizen sprudelt weiter eine Geldquelle, die den Konflikt
am Laufen hält. Diese Quelle gilt es zum Versiegen zu
bringen. Nur so kann ein wichtiger Schritt hin in Rich-
tung einer Verbesserung des Lebens der Menschen im
Ostkongo gemacht werden.


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1709330100

In den letzten Tagen und Wochen gab es viele ermuti-

gende Nachrichten aus Nordafrika. Die Menschen
demonstrieren dort für ihre Freiheitsrechte und versu-
chen, sich ihrer korrupten Herrschaftscliquen zu entle-
digen. Diese guten Nachrichten hören wir aus der De-
mokratischen Republik Kongo, der rohstoffreichsten
Region Afrikas, nicht. Wir hören oder lesen in den Me-
dien in der letzten Zeit kaum einmal etwas über das, was
in diesem Land zurzeit passiert, und das vielleicht des-
halb, weil sich die Öffentlichkeit an die Berichte über
die grauenhaften Zustände, die dort seit vielen Jahren
herrschen, gewöhnt hat. Ob Mord, Vertreibung, Verge-
waltigung, Missbrauch von Kindern, Korruption, feh-
lende oder mangelhafte Grundversorgung mit sauberem
Trinkwasser oder Gesundheitsversorgung – all das
kennzeichnet die Situation in weiten Teilen dieses Lan-
des seit vielen Jahren.

Wie schlimm die Situation vor Ort ist, vermag sich ein
Außenstehender kaum vorzustellen. Gerade ich als Frau
fühle mich betroffen, wenn ich von Massenvergewalti-
gungen und Gewaltexzessen gegen Frauen und Mäd-
chen höre. Die offiziellen Zahlen, die der Antrag zu die-
sen Gräueltaten zitiert, sind für sich genommen schon
schrecklich – doch die Dunkelziffer wird noch unvor-
stellbar höher sein. Nicht jede Frau ist so mutig wie
Anna Mburano aus dem Dorf Luvungi im östlichen
Kongo und berichtet darüber, wie sie am 30. Juni letzten
Jahres als 80-Jährige nacheinander von vier Milizionä-
ren vergewaltigt wurde – quasi vor den Augen untätiger
Blauhelmsoldaten. Solche Schicksale machen einem das
unendliche Leid hinter den Statistiken deutlich, das un-
zählige Menschen in der Demokratischen Republik
Kongo tagtäglich aushalten müssen. Menschen wie
Anna Mburano schulden wir es, trotz aller Misserfolge
nach Mitteln und Wegen zu suchen, dieses Land zu stabi-
lisieren und den Menschen eine Zukunft ohne Gewalt
und Angst zu ermöglichen.

Der Antrag, über den wir heute beraten, listet viele
der Missstände in der Demokratischen Republik Kongo
klar und ehrlich auf. Allein das Wort „katastrophal“
wird sechsmal benutzt, um die Situation in einzelnen Be-
reichen zu beschreiben! Diese Form der ehrlichen
Bestandsaufnahme brauchen wir, wenn wir darüber dis-
kutieren, was wir anders machen können, um die Lage
dort zu verbessern, und wer für das Elend zuständig ist.
Zu allererst ist dafür der korrupte und selbstsüchtige
Machtapparat um Präsident Kabila verantwortlich.



gegebene Reden

Sibylle Pfeiffer


(A) (C)



(D)(B)

Durch die von uns unterstützten Präsidentschaftswahlen
2006 ist er an die Macht gelangt, und er lässt bis heute
fast jedes Bemühen um gute Regierungsführung vermis-
sen.

Aber es werden auch offen die Versäumnisse der
UN-Mission MONUSCO angesprochen. Sie ist mit
20 000 Blauhelmen und einem robusten Mandat ausge-
stattet und die größte UN-Mission derzeit. Doch es fehlt
ihr an Disziplin, Ausbildung, geeigneter Ausrüstung wie
Hubschraubern und offensichtlich auch an Truppen-
stärke, um ihrem Auftrag, dem Schutz der Zivilbevölke-
rung, gerecht zu werden. Schlimmer noch: Es gibt
glaubwürdige Berichte darüber, dass selbst Blauhelm-
soldaten an schlimmen Menschenrechtsverletzungen be-
teiligt sind. Das ist ein Desaster für die nach Sicherheit
suchenden Menschen, aber auch für die Glaubwürdig-
keit der Blauhelmsoldaten insgesamt. Leider sind auch
die nationale Armee und Polizei nicht in der Lage, im
Land für Ruhe und Ordnung zu sorgen und die Bevölke-
rung vor Übergriffen zu schützen. Weder scheinen die
Sicherheitskräfte militärisch in der Lage zu sein, effektiv
gegen Rebellengruppen und Milizen vorgehen zu kön-
nen, noch schaffen es Polizei und Justiz, dem Rechts-
staat Geltung zu verschaffen. Sie sind zu einem Teil der
Probleme in diesem Land geworden.

Dabei ist gerade die Reform des Sicherheitssektors
und dessen Unterstützung ein großes Anliegen der inter-
nationalen Gemeinschaft und der Bundesregierung ge-
wesen. Trotz einiger kleiner Teilerfolge muss man heute
ernüchtert feststellen, dass uns die Unterstützung und
Begleitung dieser Reformbemühungen insgesamt nicht
gelungen ist. Hauptsächlich liegt das an der zu schwa-
chen, korrupten und offensichtlich unwilligen Exekutive,
den Versprechungen und Verpflichtungen gegenüber der
internationalen Gemeinschaft nachzukommen. Daher
müssen wir den politischen Druck erhöhen und im Zwei-
felsfall auch bereit sein, die notwendigen Konsequenzen
zu ziehen. Lange Zeit war der Begriff „Konditionalisie-
rung“ in der Entwicklungspolitik verpönt. Doch wir
müssen einsehen, dass eine Kooperation ohne diese
Form der Sanktionsandrohung mit der Regierung
Kabila kaum mehr möglich scheint. Daher unterstützt
die Unionsfraktion auch ausdrücklich die Bundesregie-
rung darin, Programme der bilateralen Entwicklungs-
politik bei ausbleibendem Erfolg entsprechend zu sank-
tionieren. Das ist nicht nur für die Glaubwürdigkeit
unseres Engagements, sondern auch für die langfristige
Ausrichtung der Zusammenarbeit mit der Demokrati-
schen Republik Kongo dringend nötig. Wir müssen die
Regierung dieses Landes in die Pflicht und Verantwor-
tung nehmen und dürfen nicht zulassen, dass Korruption
und Misswirtschaft folgenlos bleiben. Und wenn nicht
nur die Bundesregierung, sondern auch andere natio-
nale und internationale Geber diesem Beispiel folgen
und wir der illegalen Rohstoffökonomie Herr werden
würden, dann dürfte das für Präsident Kabila und seine
Regierung mittel- und langfristig spürbare Folgen ha-
ben. Nur so können wir es schaffen, dass die Menschen
der Demokratischen Republik Kongo eine Regierung be-
kommen, die bereit ist, die katastrophalen Lebensbedin-
Zu Protokoll
gungen zu verbessern und der Bevölkerung ein men-
schenwürdiges und gewaltfreies Dasein ermöglicht.


Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1709330200

Die Positionen im Antrag der CDU/CSU und FDP

stimmen in weiten Punkten mit unseren Überzeugungen
überein, sodass die Möglichkeit besteht, einen gemein-
samen Berichtsbeschluss des Auswärtigen Ausschusses
für den Bundestag zu erreichen. Für die Debatte möchte
ich folgende Bereiche herausgreifen:

Die Sicherheitslage im Kongo verschlechtert sich zu-
sehends. Besonders betroffen sind Frauen und Mäd-
chen, die neben alltäglicher Diskriminierung in ihren
Menschenrechten massiv verletzt werden. Sexuelle
Übergriffe in Form von Massenvergewaltigungen wer-
den von Gewaltgruppen im Osten des Kongos gezielt
eingesetzt, um die Zivilbevölkerung zu terrorisieren. Seit
Mitte der 90er-Jahre wurden mehr als 200 000 Verge-
waltigungen registriert. Damit gehört die Demokrati-
sche Republik Kongo zu den Ländern mit der größten se-
xuellen Gewalt weltweit. Der UN-Sicherheitsrat hat in
einer Resolution festgestellt, dass Massenvergewalti-
gungen, die in Konflikten als Kriegswaffe eingesetzt
werden, Kriegsverbrechen sind. Demnach ist die kongo-
lesische Regierung aufgefordert, derartige Kriegsver-
brechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im ei-
genen Land zu verurteilen. Hilfe beim Aufbau von Justiz
und rechtsstaatlichen Strukturen soll von der internatio-
nalen Gemeinschaft schwerpunktmäßig vorangebracht
werden. Wenn die kongolesische Regierung ihre Ver-
pflichtungen nicht einlöst, ist die internationale Gemein-
schaft verpflichtet, die Verbrecher und ihre Namen zu er-
mitteln und vor den Internationalen Strafgerichtshof in
Den Haag zu bringen.

80 Prozent der weltweiten Vorkommen von Coltan,
das für die Handyproduktion benötigt wird, befinden
sich im Kongo. Zudem läuft ein Kupfergürtel durch das
Land, der ein Zehntel der weltweiten Kupferreserven
darstellt. Es gibt ein eklatantes Missverhältnis zwischen
dem Ressourcenreichtum des Landes und der krassen
Armut der Bevölkerung. Von den Rohstoffen des Landes
profitieren meist ausländische Unternehmen, die sich
durch entsprechende Vertragsregelungen beträchtliche
Erträge sichern – zum Nachteil der kongolesischen
Wirtschaft und der dort lebenden Menschen. Bei einer
Änderung der Verträge stünde ein Vielfaches dieser Mit-
tel für die Armutsbekämpfung zur Verfügung.

Die Offenlegung von Gewinnung, Ex- und Import von
Rohstoffen sowie der damit zusammenhängenden Ver-
träge und Finanzflüsse wäre ein wichtiger Schritt in
Richtung mehr Transparenz. Es muss eine bessere Zerti-
fizierung von Handelsketten im Bereich mineralischer
Rohstoffe geben. Die Verpflichtung zur Transparenz darf
dabei nicht nur im Herkunftsland der Rohstoffe beste-
hen, sondern muss auch bei den beziehenden Unterneh-
men und Staaten liegen. Ein Meilenstein für mehr Trans-
parenz im Ressourcenbereich ist ein Gesetz der USA.
Demnach sind amerikanische Unternehmen ab 2012
nach der sogenannten Cardin-Lugar-Klausel verpflich-
tet, ihre Zahlungen an ausländische Regierungen auf



gegebene Reden

Heidemarie Wieczorek-Zeul


(A) (C)



(D)(B)

Länder- und Projektbasis detailliert offenzulegen. Rund
90 Prozent aller international operierenden Ölfirmen
sind von dieser Regelung betroffen.

Wir fordern die Bundesregierung daher auf, auf euro-
päischer Ebene eine ähnliche gesetzlich verpflichtende
Regelung zu entwickeln, damit Unternehmen ihre Zah-
lungsströme an Regierungen offenlegen müssen.


Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1709330300

Die Sicherheits- und Menschenrechtslage in der De-

mokratischen Republik Kongo bleibt auch fünf Jahre
nach den ersten freien Wahlen im Land katastrophal. Im
Osten des Landes sind – man muss es leider so drastisch
formulieren – Vergewaltigungen an der Tagesordnung.
Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat allein in
diesem Jahr bereits mehr als 200 Vergewaltigungsopfer
behandelt. Zuletzt wurden am Montag dieser Woche
56 Frauen und Männer nach einer Massenvergewalti-
gung medizinisch versorgt. An den Vergehen sind keines-
wegs nur marodierende Banden beteiligt: An Neujahr
vergewaltigten Mitglieder der kongolesischen Armee
mehr als 50 Frauen in der Ortschaft Fizi in der Provinz
Südkivu. Der einzige kleine Lichtblick in dieser Angele-
genheit: Erstmals wurde anschließend ein hochrangiger
Angehöriger der Streitkräfte nach einer solchen Tat vor
Gericht gestellt und zu einer 20-jährigen Haftstrafe ver-
urteilt.

Die geschilderten Beispiele sind keine Einzelfälle.
Die Vereinten Nationen haben allein im vergangenen
Jahr rund 11 000 Vergewaltigungen registriert. Die
Dunkelziffer dürfte noch weit darüber liegen. Seit Mitte
der 90er-Jahre sind über 200 000 Vergewaltigungen im
Land registriert worden, auch hier liegt die Dunkelziffer
wohl deutlich höher. Vergewaltigungen und andere For-
men sexualisierter Gewalt, die mit der VN-Sicherheits-
ratsresolution 1820 als Kriegsverbrechen und Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit besonders geächtet sind,
werden von bewaffneten Gruppen in der Demokrati-
schen Republik Kongo systematisch als Einschüchte-
rungs- und Herrschaftsstrategie eingesetzt.

Die internationale Gemeinschaft hat sich in unter-
schiedlicher Form im kongolesischen Friedensprozess
stark engagiert, auch bei den Präsidentschafts- und
Parlamentswahlen 2006. Schon damals hatte meine
Fraktion zu Recht angemahnt, dass zwar Wahlen ein
wichtiger Schritt sind, dass es aber ein Follow-up-Kon-
zept geben muss. Schon damals haben wir eine bessere
und koordinierte Unterstützung von EUSEC und
EUPOL gefordert, gerade im Nachgang der Wahlen.

In diesem Jahr stehen wieder Wahlen an im Kongo.
Man sollte dann auch einen Blick darauf werfen, wie die
Situation vor Ort aussieht. Leider muss man feststellen:
Es hat sich nicht viel verändert in fünf Jahren. Die Si-
cherheits- und Menschenrechtslage im Land ist nach wie
vor katastrophal. Teile des Ostkongo sind nach wie vor
nicht befriedet, Rebellengruppen treiben ihr Unwesen,
und Vergewaltigungen sind dort alltägliches Geschehen.
Auch bezüglich der versprochenen Reformen der maro-
den Strukturen von Polizei und Armee fällt das Fazit
nicht gut aus. Presseberichte beschreiben die Armee als
Zu Protokoll
undisziplinierte und schlecht ausgerüstete Truppe. In ih-
ren Reihen finden sich international gesuchte Kriegsver-
brecher, und ihre Mitglieder beteiligen sich in zahlrei-
chen Fällen an Vergewaltigungen und anderer Gewalt
gegen die Zivilbevölkerung. Die Sicherheitssektorre-
form hatte trotz europäischer und internationaler Pro-
gramme von Anfang an Probleme: den mangelnden
Reformwillen der kongolesischen Regierung, die gras-
sierende Korruption, aber auch fehlende Abstimmung
der Programme untereinander.

Nicht nur im sicherheitspolitischen Bereich ist die Bi-
lanz schlecht, auch bei eher zivilen, innenpolitischen
Themen gibt es kaum Fortschritte zu berichten. Die
Menschenrechtssituation im Land bleibt katastrophal.
Dies betrifft nicht nur die schon geschilderten Fälle von
Vergewaltigungen, sondern auch die Lage von Journa-
listen und Menschenrechtsaktivisten. Die Ermordung
des über die Landesgrenzen hinaus bekannten Aktivisten
Floribert Chebeya Bahizire im Juni 2010 macht deut-
lich, welchen Gefahren Regimekritiker in der Demokra-
tischen Republik Kongo ausgesetzt sind. Eine Kommis-
sion zur Aufklärung des Falls wurde erst auf massiven
internationalen Druck hin ins Leben gerufen. Ob der
mittlerweile vor einem Militärgericht eröffnete Prozess
rechtsstaatlichen Kriterien genügt, muss bezweifelt wer-
den.

Nach wie vor sehen wir ein Klima der Straflosigkeit.
Eine unabhängige Justiz, die solche Fälle unabhängig
aufklären und zur Anklage bringen würde, fehlt. Das be-
trifft nicht nur aktuelle Fälle, sondern auch die systema-
tische Aufarbeitung der Verbrechen, die in den Konflik-
ten seit Mitte der 90er-Jahre und zuvor unter der
Herrschaft Mobutus begangen wurden. Korruption ist
ein zentrales Merkmal des öffentlichen Lebens. Dies be-
weist auch der Korruptionsindex von Transparency. Die
Demokratische Republik Kongo landet hier regelmäßig
in der Gruppe der korruptesten Staaten dieser Erde.
Auch hier hat die kongolesische Regierung viel verspro-
chen, passiert ist wenig. Trotz mehrerer groß angekün-
digter Kampagnen hat sich nämlich nichts geändert:
Die Aktionsprogramme der Regierung Kabila 2008 und
2009 dienten der Entfernung unbequemer und der In-
stallation regimetreuer Beamter. Denn der Vorwurf der
Korruption kann dabei gezielt als Waffe eingesetzt wer-
den, um missliebige Provinzgouverneure zu entfernen.

Was aber besonders schwer wiegt, ist die Tatsache,
dass die kongolesische Regierung ihre eigenen zentralen
Reformaufträge der neuen Verfassung nicht umgesetzt
hat. So hat sie weder die von der Verfassung geforderte
Nationale Menschenrechtskommission eingesetzt, noch
die geforderte föderale Neugliederung des Staatsgebie-
tes vorgenommen. Die Politik der Regierung lässt den
Schluss zu, dass es ihr eher daran gelegen ist, weitere
Macht zu akkumulieren, als dem in der Verfassung durch
eine Ewigkeitsklausel geschützten Auftrag zur dezentra-
len Neustrukturierung des Landes nachzukommen. Hin-
weise hierfür liefert die von der Regierung eingesetzte
Verfassungskommission, die unter anderem für eine Aus-
dehnung der Amtszeit und mehrmalige Wiederwahl des
Präsidenten sowie für eine Kürzung des Anteils der Pro-
vinzen an den Steuereinnahmen plädiert.



gegebene Reden

Marina Schuster


(A) (C)



(D)(B)

Mit unserem Antrag wollen wir da ansetzen, wo nach
den letzten Wahlen 2006 leider nicht energisch genug
nachgesetzt wurde. Unser Antrag hat daher zum Ziel,
eine wirksamere Politik gegenüber der Demokratischen
Republik Kongo zu formulieren, die mehr von der kon-
golesischen Regierung einfordert und der dortigen Be-
völkerung zugutekommt. Bereits viel zu lange hat die
kongolesische Regierung die Umsetzung der von ihr ver-
langten Reformschritte lustlos schleifen lassen und stief-
mütterlich als technische Lästigkeiten behandelt. Es ist
an der Zeit, dass die Regierung das klare, eindeutige po-
litische Signal der internationalen Gemeinschaft erhält,
dass Kinshasa den politischen Willen entfaltet und die
dringend notwendigen Schritte entschlossen, zügig und
nachhaltig umsetzen muss. Daher werden wir insbeson-
dere für eine stärkere Konditionalisierung bei der Ver-
gabe von Mitteln und Programmen der bilateralen Ent-
wicklungshilfe sorgen. Diese müssen vor allem auf
Fortschritte bei der Durchsetzung und dem Schutz der
Menschenrechte abzielen. Außerdem müssen die bereits
laufenden Sicherheitssektorreformen auf ihre Wirksam-
keit hin überprüft und stärker mit den internationalen
Partnern abgestimmt werden. Bei all dem muss klar
sein, dass die kongolesische Regierung die Verantwor-
tung für die Politik in ihrem Land trägt.

Während die Weltöffentlichkeit derzeit ihren Blick in
Afrika besonders auf Sudan und die anhaltende Krise in
der Elfenbeinküste richtet, darf nicht vergessen werden,
dass der Friedens- und Konsolidierungsprozess in der
Demokratischen Republik Kongo von zentraler Bedeu-
tung für die Stabilität und die Entwicklung der gesamten
Region ist. Dabei bleibt viel zu tun. Hierzu leistet unser
Antrag einen wichtigen Beitrag.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709330400

Vor genau einer Woche, am 17. Februar 2011, haben

50 kongolesische Menschenrechtsorganisationen einen
dramatischen Appell unterzeichnet. Sie berichten darin
von systematischen Einschüchterungen und Morddro-
hungen durch die kongolesische Polizei und das Militär.
Diese Drohungen müssen ernst genommen werden. Der
bekannteste kongolesische Menschenrechtsaktivist,
Floribert Chebeya, wurde im vergangenen Juni getötet
aufgefunden, nachdem er einer Aufforderung des Poli-
zeipräsidenten Folge leistend das Hauptquartier der Po-
lizei in Kinshasa aufgesucht hatte. Ende September letz-
ten Jahres wurden die Menschenrechtsanwältin Nicole
Bondo Mwaka, der Leiter eines belgischen Hilfsprojek-
tes, Armand Tungulu, und eine weitere Juristin von der
Präsidentengarde festgenommen und verprügelt. Ar-
mand Tungulu wurde dann am 2. Oktober 2010 tot in
seiner Zelle aufgefunden. Dies sind nur einige wenige
Beispiele, die ich hier nennen möchte, weil es diese mu-
tigen Menschen verdient haben, dass man sie würdigt.
Das Europäische Parlament hat aber festgestellt, dass
es sich hier um einen eindeutigen Trend handelt, dass
„viele nichtstaatliche Organisationen im vergangenen
Jahr eine zunehmende Unterdrückung von Menschen-
rechtsaktivisten, Journalisten, Oppositionsführern, Op-
fern und Zeugen in der Demokratischen Republik Kongo
einschließlich Tötungen, rechtswidriger Verhaftungen,
Zu Protokoll
Verfolgungen, Drohanrufen und wiederholten Vorladens
bei den Geheimdienststellen beobachtet haben“.

Sowohl dem Rat der Europäischen Union als auch
der Bundesregierung ist bekannt, dass die allermeisten
Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Re-
publik Kongo auf die Polizei und das Militär zurückge-
hen, die seit Jahren von Deutschland und der EU ausge-
rüstet und ausgebildet werden. Und da kommen Sie mit
diesem Antrag und fordern „eine spürbare finanzielle
und personelle Verbesserung der EUSEC- und EUPOL-
Missionen“. Im Rahmen der Mission EUPOL Kinshasa
wurden für 10 Millionen Euro sogenannte Integrierte
Polizeieinheiten in der Hauptstadt aufgebaut. Das sind
Einheiten, die dazu da sind, Demonstrationen aufzulö-
sen. Das sind letztendlich Einheiten, die dazu da sind,
Menschenrechte zu verletzen. Diese Einheiten wurden
im Rahmen der EUPOL-Mission mit „Schutzschilden,
Helmen, Schlagstöcken und Tränengas sowie Maschi-
nenpistolen der Marke UZI“ ausgestattet. Und die
Hälfte dieses Geldes stammte zudem noch aus dem
Europäischen Entwicklungsfonds. Das ist ein Skandal!

Das ist ein Skandal, der sich hervorragend einpasst
in die aktuellen Ereignisse in Nordafrika und auf der
arabischen Halbinsel, wo sich vom Westen unterstützte
Diktatoren mit Waffen aus Europa gegen ihre eigene Be-
völkerung zur Wehr setzen, wo von Deutschland und der
EU ausgebildete Soldaten und Polizisten auf Demonst-
ranten losgehen. Der heutige Staatspräsident der Demo-
kratischen Republik Kongo, Kabila, wurde unter dem
Schutz einer EU-Militärmission „gewählt“. Anschlie-
ßend ließ er den unterlegenen Kandidaten und Opposi-
tionsführer Bemba von seiner Armee aus dem Land
jagen. Belgien ließ den Oppositionsführer dann festneh-
men, und heute sitzt Bemba in Den Haag in Haft. Mag
sein, dass er dorthin gehört. Dass Deutschland und die
EU aber tolerieren, dass andere Kriegsverbrecher in der
kongolesischen Armee ungestört ihren Dienst tun und
sogar – wie Bosco Ntaganda – in führende Posten der
Armee befördert werden, ist unerhört. Diese Armee, die
auch Kindersoldaten umfasst, wird im Rahmen der
EUSEC-Mission beraten und unterstützt und erhält Waf-
fen und Ausrüstung – teilweise kostenlos – aus Europa.

Dass der vorliegende Antrag den EU-Militäreinsatz
zur Absicherung der Wahl Kabilas als Beitrag zu den
„bisher erzielten Erfolgen“ lobt, ist grotesk. Dieser Ein-
satz war ein militärischer Einsatz zur Absicherung einer
der schlimmsten Diktaturen in ganz Afrika. Vieles wird
ja richtig benannt in Ihrem Antrag, dass die Menschen-
rechtslage unter Kabila „katastrophal“ ist, dass sich der
Krieg in einigen Regionen intensiviert hat und auf an-
dere Regionen übergegriffen hat. Vor diesem Hinter-
grund fordern Sie mehr Geld für die kongolesische Poli-
zei und das kongolesische Militär, mehr Geld, das
eigentlich für Entwicklungshilfe und humanitäre Not-
hilfe gedacht ist, das bei der Versorgung der über 2 Mil-
lionen Binnenvertriebenen fehlt.

Entlarvend ist auch der einzige tatsächliche „Erfolg“
des deutschen und des europäischen Engagements am
Kongo, den Sie in Ihrem Antrag nennen: die Annahme
und Verabschiedung einer neuen Verfassung im Jahre



gegebene Reden

Sevim Daðdelen


(A) (C)



(D)(B)


Sevim Dağdelen
2005. An dieser Stelle ist der Antrag nämlich schon wie-
der veraltet, denn die Verfassung wurde kürzlich durch
Kabila und seine geschmierten Anhänger im Parlament
wieder geändert, um dessen Wiederwahl zu sichern.
Künftig soll der Präsident nur noch in einem Wahlgang
gewählt werden. In einem Land, in dem jegliche Opposi-
tion mit Militär und Polizei unterdrückt wird, ermöglicht
dies eine Wiederwahl schon mit 20 Prozent der Stimmen,
die sich auch kaufen lassen.

Wie die Repression gegen die Opposition aussieht,
konnte man etwa am 15. Dezember 2010 in Goma beob-
achten. Damals wollte einer der aussichtsreichsten Prä-
sidentschaftskandidaten außer Kabila, Vital Kamerhe,
in der wichtigen Provinzhauptstadt Goma eine Rede hal-
ten. Die Regierung untersagte diese Veranstaltung, und
die Polizei trieb seine Anhänger mit Tränengas und
Warnschüssen auseinander. Auch in Goma unterhält die
EUPOL einen Stützpunkt, und sie ist an der Ausbildung
der Polizei beteiligt. Angehörige der EUPOL-Mission
seien aber bei den Vorfällen nicht anwesend gewesen.
Das behauptet die Bundesregierung zu wissen. Zugleich
aber behauptet sie, dass sie nicht wüsste, welche Poli-
zeieinheiten an der Verhinderung der Wahlkampfveran-
staltung beteiligt waren. Offensichtlich ist es ihr auch
egal, oder sie will es gar nicht wissen, was die von ihr
ausgebildeten und ausgestatteten Polizisten im Dienste
Kabilas anrichten.

Was uns an Libyen dieser Tage schockiert, dass Sol-
daten aus Hubschraubern auf Zivilisten feuern, ist am
Kongo fast schon Alltag. Es muss endlich Schluss sein
mit der polizeilichen und militärischen Unterstützung
von Despoten. Die Einsätze EUPOL und EUSEC stehen
symbolisch für diese Politik und müssen deshalb sofort
beendet werden – und nicht etwa ausgeweitet, wie es der
vorliegende Antrag fordert.


Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709330500

Als Partnerland der deutschen Entwicklungszusam-

menarbeit ist Deutschland in vielfältiger Weise im
Kongo aktiv und unterstützte das Land im Jahr 2009 in
einer Höhe von 82,2 Millionen Euro. Das Riesenland
Kongo hat viele Schätze. Es geht im Kongo nicht nur um
Menschenrechte, mehr Demokratie, Kampf gegen Kor-
ruption und mehr Rechtsstaatlichkeit, sondern auch um
den Erhalt der Artenvielfalt.

Ich bin alarmiert, weil die kongolesische Regierung
plant, die Erlaubnis zu geben, Öl im Virunga-National-
park zu fördern. Das wäre ein grotesker Rückschritt für
all die Bemühungen, diesen Park zu erhalten. Dieser
einzigartige Park gehört zum Weltkulturerbe der
UNESCO. Hervorzuheben ist, dass dort die seltenen
Berggorillas leben, die letzten ihrer Art. Wir müssen un-
seren ganzen Einfluss geltend machen, um zu verhin-
dern, dass dieses wertvolle Stück Erde von kurzfristig
denkenden Ölkonzernen zerstört wird. Vor allem im Hin-
blick auf die Wahlen im November 2011 muss die
Chance genutzt werden, die Öffnung des Parks für eine
Ölförderung zu verhindern. Mit der MONUC, die ab Juli
als MONUSCO weiter präsent sein wird, steht in der
Demokratischen Republik Kongo die größte Friedens-
Zu Protokoll
mission der Vereinten Nationen weltweit. Leider konnte
auch die MONUC in der Vergangenheit nicht verhin-
dern, dass es immer wieder zu unvorstellbaren Grau-
samkeiten gegen die Zivilbevölkerung kam. Zu den
schlimmsten zählen die Massenvergewaltigungen, Täter
gibt es dabei auf allen Seiten. Der Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat im
November die Massenvergewaltigungen aufs Schärfste
verurteilt. Die Bundesregierung muss sich gegenüber
der kongolesischen Regierung dafür einsetzen, dass
diese Form der sexualisierten Gewalt verhindert wird.
Das Mandat der MONUSCO muss angepasst und vor al-
lem präzisiert werden. Bei sexualisierter Gewalt gegen
Frauen und Kinder darf die internationale Gemein-
schaft nicht wegschauen.

Die Befriedung des Kongo ist eine Herkulesaufgabe.
40 Jahre Krieg, 30 000 Kindersoldaten, Millionen Tote,
Vertriebene und Traumatisierte. Langfristig braucht der
Kongo einen funktionierenden Sicherheitssektor, um
selbstständig für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und
Bürger Sorge tragen zu können. Allein am Willen der Be-
teiligten hat es in der Vergangenheit allzu oft gemangelt.
Vor allem die kongolesische Regierung muss sich da
noch sehr weit bewegen. Ich begrüße es, dass die deut-
sche Regierung die Reform des Sicherheitssektors unter-
stützt, indem sie den Aufbau der kongolesischen Polizei
durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenar-
beit, also die neue GIZ, unterstützt und darüber hinaus
zur Demobilisierung und Reintegration von ehemaligen
Soldaten und Kindersoldaten beiträgt. Allerdings kann
die internationale Gemeinschaft hier noch viel mehr
tun – und sie muss es tun. Denn die international ge-
wünschten Rohstoffe wirken für die Konflikte im Kongo
als Brandverstärker.

Die Demokratische Republik Kongo ist ein Parade-
beispiel für das „paradox of plenty“. Das Land ist ex-
trem reich an Rohstoffen – gleichzeitig lebt die Bevölke-
rung in extremer Armut. Wie geht es zusammen, dass
80 Prozent der weltweiten Reserven an Coltan und
10 Prozent der Kupferreserven im Kongo liegen und
dennoch über 80 Prozent der Bevölkerung von weniger
als 0,20 US-Dollar am Tag leben? Die Herausforderun-
gen sind doch: Wie können die Einnahmen aus der
Rohstoffgewinnung erhöht werden und in eine breite
Entwicklung für die Menschen fließen? Wie können Un-
ternehmen zur Verantwortung gezogen werden? In wel-
chen Bereichen bedarf es verpflichtender Mechanis-
men? Wie kann die Bevölkerung mitentscheiden, was
passiert? Welche Gesetze müssen implementiert werden,
damit sich nicht wenige auf Kosten vieler bereichern?

Die Aktivitäten der Bundesanstalt für Geowissen-
schaften und Rohstoffe in Kooperation mit der Internati-
onalen Region der Großen Seen, ICGLR, zum Aufbau
von Zertifizierungsmechanismen halte ich für wegwei-
send: Denn nur durch den Aufbau eines legalen Han-
delsnetzes können illegal operierende Militärs aus dem
Mineralienhandel gedrängt werden. Und nur so erhal-
ten die Minenbetriebe und vielen Kleinschürfer die
Möglichkeit, ihre Waren direkt auf dem Weltmarkt zu
verkaufen. Sie auf diesem Weg zu begleiten, das ist eine
zentrale Aufgabe.



gegebene Reden





Ute Koczy


(A) (C)



(D)(B)

Dennoch ist es mit dem Aufbau von Zertifizierungs-
systemen und der Unterstützung der Transparenzinitia-
tive EITI – die Aktivitäten, auf die sich das BMZ im Roh-
stoffsektor so gerne bezieht – nicht getan.

Zum Antrag der Koalition: Der Antrag der Koalition
ist in der Sache sehr begrüßenswert. Er benennt die
wichtigsten Probleme und Herausforderungen und geht
in die richtige Richtung. Ich finde, er hat Lücken. Ent-
wicklungszusammenarbeit wird von der Koalition
scheinbar vor allem als Sanktionsinstrument verstanden.
Da ist immer wieder die Rede von Kürzungen der Ent-
wicklungsgelder; ein umfassendes Konzept, was die Ent-
wicklungszusammenarbeit im Kongo leisten soll, sucht
man vergebens.

Und wir müssen auf die aktuellen Entwicklungen im
kongolesischen Rohstoffsektor reagieren – diese igno-
riert Ihr Antrag leider völlig: Obwohl Sie den Punkt Bi-
odiversität behandeln, findet sich nichts zur geplanten
Ölförderung im UNESCO-Weltnaturerbe Virunga-Na-
tionalpark. Sie gehen auch nicht auf die aktuelle Lizenz-
vergabe und geplante massive Steigerung der Ölproduk-
tion durch die kongolesische Regierung ein.

Außerdem greifen Sie nicht das aktuelle Problem
Uran auf – weder den illegalen Abbau, für den es trotz
offiziellem Verbot Hinweise gibt, noch die anvisierte
Uranförderung in der DRC durch AREVA. Wenn Sie wis-
sen wollen, welche Konsequenzen eine solche Förderung
für die DRC hätte, dann schauen Sie sich die Situation im
Niger an – dort werden laut Menschenrechtsgruppen und
Umweltverbänden Sicherheits-, Arbeitsschutz- und Um-
weltauflagen durch den französischen Konzern ignoriert.
Daher muss ein solcher Antrag diesen kommenden Pro-
blemen Rechnung tragen und darf im Interesse des Lan-
des nicht dazu schweigen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709330600

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/4691 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 19:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung
nichtehelicher Kinder

– Drucksache 17/3305 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 17/4776 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Granold
Sonja Steffen
Stephan Thomae
Jörn Wunderlich

Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1709330700

Wir beraten heute abschließend das Gesetz zur weite-

ren Gleichstellung nichtehelicher Kinder im Bereich des
Erbrechts. Bis 1970 waren nichteheliche Kinder im
rechtlichen Sinne nicht mit ihrem Vater verwandt und
hatten im Verhältnis zu diesem auch kein Erbrecht. Erst
mit dem Gesetz über die rechtliche Gleichstellung der
nichtehelichen Kinder wurde ihnen für Erbfälle, die sich
nach Inkrafttreten besagten Gesetzes 1970 ereigneten
bzw. ereignen, ein Erb- und Pflichtteilsrecht zuerkannt.
Explizit ausgenommen waren aber jene Kinder, die vor
dem 1. Juli 1949 geboren und deshalb bei der Gesetzes-
reform älter als 21 Jahre waren.

Diese Stichtagsregelung stellt unzweifelhaft einen
Anachronismus dar, den wir mit dem vorliegenden Ge-
setz beenden wollen. Eine Abschaffung der Stichtagsre-
gelung wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach dis-
kutiert. Unter Verweis auf das vermeintliche Vertrauen
der ehelichen Verwandten des Vaters in den Fortbestand
der geltenden Rechtslage wurde bisher aber von einer
weiteren Gleichstellung abgesehen. Das ist bedauerlich
und stellt uns deshalb heute vor besondere Herausforde-
rungen. Offensichtlich gab und gibt es vereinzelt immer
noch eine gesellschaftliche Vorstellung, wonach eine
Ungleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen
Kindern gerechtfertigt sei. Das ist nicht akzeptabel. Der
Ausschluss nichtehelicher Kinder vom gesetzlichen Er-
brecht nach ihrem Vater und dessen Verwandten wird
heute zu Recht einhellig als Unrecht angesehen. Das ist
der Ausgangspunkt des vorliegenden Gesetzentwurfs.

Die jetzt vorgeschlagene Änderung sieht vor, dass
auch vor dem 1. Juli 1949 geborene nichteheliche Kin-
der, die bisher nicht gesetzliche Erben ihres Vaters und
seiner Verwandten waren, künftig den ehelichen Kindern
gleichgestellt werden. Dazu soll der bisherige Stichtag
1. Juli 1949 rückwirkend für Erbfälle aufgehoben wer-
den, die nach dem 28. Mai 2009 eingetreten sind, also
dem Tag, an dem der Europäische Gerichtshof für Men-
schenrechte entschieden hatte, dass die bisherige Un-
gleichbehandlung gegen die Europäische Menschen-
rechtskonvention verstößt. In allen Erbfällen ab dem
29. Mai 2009 sind somit eheliche und nichteheliche Kin-
der erbrechtlich gleichgestellt.

Für die Union ist es ein wichtiges Anliegen, jegliche
Diskriminierung nichtehelicher Kinder ein für alle Mal
zu beseitigen. In diesem Sinne haben wir, um nur ein
Beispiel zu nennen, in der letzten Legislaturperiode die
nichtehelichen Kinder auch im Bereich des Unterhalts-
rechts gleichgestellt. Von diesem Gedanken lassen wir
uns auch jetzt leiten.

Unser Ziel ist daher, die Ungleichbehandlung nichte-
helicher Kinder nicht nur für die Zukunft, sondern so
weit wie möglich auch im Hinblick auf schon eingetre-
tene Erbfälle zu beseitigen. Ich sage an dieser Stelle sehr
deutlich: Auch aus Sicht der Union wäre eine uneinge-
schränkte Rückwirkung auf die Zeit vor dem 29. Mai
2009 wünschenswert gewesen. Die nichteheliche Geburt
rechtfertigt keinerlei Ungleichbehandlung. In den Aus-
schussberatungen haben wir vor diesem Hintergrund in-
tensiv die Frage einer weitergehenden Rückwirkung ge-

Ute Granold


(A) (C)



(D)(B)

prüft. Dieser Punkt war auch ein Schwerpunkt der
Gespräche, die wir mit externen Experten im Rahmen ei-
nes erweiterten Berichterstattergesprächs geführt ha-
ben.

Wir haben in diesem Zusammenhang auch intensiv
alternative Lösungen geprüft und diskutiert. Ein vermit-
telnder Vorschlag bestand beispielsweise darin, dem
nichtehelichen Kind nachträglich einen Anspruch gegen
die Erben in Höhe des gesetzlichen Pflichtteils einzuräu-
men. Ein alternativer Vorschlag sah vor, den neuen
Stichtag einige Jahre vorzuziehen. Im Ergebnis wurden
diese Überlegungen jedoch dann insbesondere aus
praktischen Erwägungen verworfen.

Denn die nachträgliche Einbeziehung von Erbfällen,
die teilweise schon viele Jahre zurückliegen, wäre mit
erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden.
Die betroffenen Erbfälle sind oftmals bereits rechtskräf-
tig entschieden und auch abgewickelt. Diese Fälle nach
einer langen Zeit nachträglich wieder aufzurollen, wäre
rechtlich höchst kompliziert und, wenn überhaupt, nur
äußerst schwer zu realisieren. Dabei ist auch zu berück-
sichtigen, dass sich die Ansprüche in den meisten Fällen
nicht mehr durchsetzen ließen, da die Vermögenswerte
nicht mehr vorhanden sein dürften und daher die Erben
den Einwand der Entreicherung erheben könnten. Auf
dieses Problem haben auch die Sachverständigen hinge-
wiesen. Im Übrigen stehen einer weitergehenden Rege-
lung verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf
das Rückwirkungsverbot und den Vertrauensschutz der
Erben entgegen. Darauf wurde auch von der Bundesre-
gierung in der Gesetzesbegründung ausführlich hinge-
wiesen. Vor diesem Hintergrund haben wir uns im Er-
gebnis gegen eine weitergehende Rückwirkung auf die
Zeit vor dem 29. Mai 2009 entschieden.

Umso wichtiger ist es daher für uns gewesen, dass zu-
mindest bei Erbfällen nach der Entscheidung des Euro-
päischen Gerichtshofs für Menschenrechte die nichtehe-
lichen Kinder vollständig gleichgestellt werden. In
diesem Sinne sieht die Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses vor, dass die im Regierungsentwurf vorgese-
hene Ausnahmeregelung, wonach erbrechtliche Ansprü-
che zwischen den weiteren Verwandten ausgeschlossen
sein sollen, wenn am 29. Mai 2009 das nichteheliche
Kind, der Vater und die Mutter schon verstorben waren,
ersatzlos gestrichen wird. Aus unserer Sicht gibt es für
eine solche Ausnahme keinen sachlichen Grund. Es
wäre nicht nachzuvollziehen, wieso die Abkömmlinge
des nichtehelichen Kindes in den beschriebenen Fall-
konstellationen vom Erbrecht abgeschnitten und inso-
fern gegenüber den Abkömmlingen der ehelichen Kinder
benachteiligt sein sollten. Das würde die bisherige Dis-
kriminierung der nichtehelichen Kinder lediglich perpe-
tuieren. Ich denke, hier hat der Rechtsausschuss eine
richtige und wichtige Änderung beschlossen.

Wir haben uns im Rechtsausschuss auch mit der
Frage befasst, ob das Gesetz zusätzlich um eine flankie-
rende Regelung erweitert werden soll, die eine nach-
trägliche Anrechnung von Zuwendungen des nichteheli-
chen Vaters auf das Erbe des nichtehelichen Kindes
ermöglicht. Dies wurde von einigen Sachverständigen
Zu Protokoll
angeregt. Im Ergebnis bestand hierfür jedoch aus unse-
rer Sicht kein Bedarf. Sofern der Erblasser noch lebt,
kann er durch Verfügungen unter Lebenden für Gerech-
tigkeit sorgen. In den Fällen, in denen der Erblasser be-
reits tot ist, erscheint eine solche Regelung ebenfalls
nicht erforderlich, da eine Regelungslücke in den weni-
gen zu erwartenden Problemfällen durch richterliche
Rechtsfortbildung geschlossen werden kann.

In den Ausschussberatungen haben wir noch ein an-
deres Gesetz mit behandelt, und zwar konkret einen Vor-
schlag der Bundesregierung zur Änderung der ZPO. Die
Ergänzung, die wir in das Gesetz eingefügt haben, be-
trifft die sogenannte Monatsanfangsproblematik beim
Pfändungsschutzkonto. In der Praxis gibt es in diesem
Zusammenhang ganz offenbar Anwendungsschwierig-
keiten. Es geht dabei um die Auszahlung von nicht
pfändbaren Beträgen, die dem Konto des Schuldners
zum Monatsende gutgeschrieben werden, aber eigent-
lich erst für den Folgemonat bestimmt sind. Unklar ist in
der Praxis, ob diese Beträge im Monat der Gutschrift
oder erst im darauffolgenden Monat angerechnet wer-
den.

Um weitere Unsicherheiten zulasten der betroffenen
Schuldner zu vermeiden, ist nunmehr eine gesetzliche
Präzisierung vorgesehen. Demzufolge soll die Bank den
überwiesenen Betrag zunächst bis zum Ende des auf den
Zahlungseingang folgenden Kalendermonats zurückhal-
ten und gegebenenfalls erst dann an den Gläubiger aus-
kehren. Damit soll sichergestellt werden, dass Beträge,
die der Existenzsicherung in einem bestimmten Monat
dienen, den Empfängern auch in diesem Monat zur Ver-
fügung stehen und nicht durch eine Weiterleitung an den
Gläubiger entzogen werden. Insofern handelt es sich um
eine technische Modifizierung, die im Interesse der Be-
troffenen Klarheit schafft.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass wir mit
dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Änderungs-
vorschlägen des Rechtsausschusses einen guten Weg ge-
funden haben, um nichteheliche Kinder im Bereich des
Erbrechts endlich gleichzustellen. Aus praktischen und
verfassungsrechtlichen Gründen war eine weiterge-
hende Rückwirkung leider nicht möglich. Insgesamt ha-
ben wir in guter und konstruktiver Zusammenarbeit eine
überzeugende Lösung gefunden. Ich hoffe daher heute
auf breite Zustimmung.


Sonja Steffen (SPD):
Rede ID: ID1709330800

Recht und Gesetz müssen laufend an die gesellschaft-

liche Weiterentwicklung und an die aktuelle Lebenswirk-
lichkeit angepasst werden. Leider mangelt es dem Ge-
setzgeber dabei immer einmal wieder an der notwen-
digen Konsequenz. Ein Beispiel hierfür ist die erbrecht-
liche Gleichstellung nichtehelicher Kinder.

Im Verlauf der Einführung des Gesetzes über die
rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder, NEhelG,
vom 19. August 1969 wurde eine Ausnahmeregelung ge-
schaffen, die dazu führte, dass vor dem 1. Juli 1949 ge-
borene nichteheliche Kinder bis heute mit ihren Vätern
als nicht verwandt gelten und daher auch kein gesetzli-
ches Erbrecht haben. Bis heute wurde es versäumt, diese



gegebene Reden

Sonja Steffen


(A) (C)



(D)(B)

Gruppe umfassend gleichzustellen. Die damit verbun-
dene erbrechtliche Problematik ist seit langem bekannt,
wie die hierzu eingereichten Petitionen belegen. Aller-
dings war erst eine Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs für Menschenrechte nötig, um ein Gesetzge-
bungsverfahren in Gang zu setzen.

Wir, die SPD-Bundestagsfraktion, begrüßen es aus-
drücklich, dass mit dem heute zur Abstimmung stehen-
den Gesetzentwurf die vor dem 1. Juli 1949 geborenen
nichtehelichen den ehelichen Kindern für die Zukunft
auch erbrechtlich gleichgestellt werden. Wir werden
dem Gesetz daher zustimmen. Im Zuge der parlamenta-
rischen Beratungen wurde eine wichtige Korrektur vor-
genommen: Das ab dem 29. Mai 2009 geltende Erbrecht
wurde auch auf Verwandte des nichtehelichen Kindes
und des Vaters ausgedehnt. Die Diskriminierung wegen
nichtehelicher Geburt wird damit zumindest ab dem
Stichtag der Urteilsverkündung durch den EGMR um-
fassend beseitigt.

Der Stichtag ist allerdings der Knackpunkt des Geset-
zes. Hier hätte ich mir ein mutigeres Datum als den
29. Mai 2009 gewünscht. Natürlich darf bei bereits ein-
getretenen und abgewickelten Erbfällen der Vertrauens-
schutz, den die gesetzlichen Erben genießen, nicht außer
Acht gelassen werden. Eine weiterreichende Rückwir-
kung hätte zu erneuten Auseinandersetzungen bei schon
abgewickelten Erbengemeinschaften führen können. Be-
sonders schwierig wäre es zum Beispiel bei Fällen ge-
worden, bei denen der Nachlass bereits verbraucht
wurde. Dem Gesetzgeber sind hier aufgrund des Ver-
trauensschutzes auch verfassungsrechtlich sehr enge
Grenzen gesetzt.

In den unterschiedlichen Berichterstattergesprächen
wurde aber aus meiner Sicht deutlich, dass zumindest
eine Rückwirkung auf den 1. April 1998, dem Tag des In-
krafttretens des Erbrechtsgleichstellungsgesetzes, mög-
lich und umsetzbar gewesen wäre. Erst seit 1998 wird
ein nichteheliches Kind grundsätzlich Mitglied der Er-
bengemeinschaft. Bei vorhergehenden Erbfällen galt
nur ein Erbersatzanspruch.

Ein Weg wäre gewesen, bei Erbfällen zwischen April
1998 und Mai 2009 einen Anspruch in Anlehnung an
den Pflichtteilsanspruch einzuräumen. Leider haben
sich die Koalitionsfraktionen und das Bundesjustizmi-
nisterium mit einer solchen, meiner Meinung nach ge-
rechteren Lösung nicht anfreunden können.

Auch zukünftig werden alle nichtehelich geborenen
Menschen, die vor dem 1. Juli 1949 geboren sind und
deren Väter bis zum 29. Mai 2009 verstorben sind, eben
nicht erbrechtlich den ehelichen Kindern gleichgestellt.
Noch ist nicht absehbar, wie der EGMR in dieser Frage
zukünftig entscheiden wird. Zumindest in Fällen, in de-
nen wie bei dem verhandelten Erbfall aus dem Jahr
1998 keine näherstehenden gesetzlichen Erben vorhan-
den sind, könnte der EGMR auch nach Verabschiedung
dieses Gesetzes eine Konventionswidrigkeit feststellen.

Alles in allem werden wir einige Menschen, die mit
Petitionen oder sogar vor dem Europäischen Gerichts-
hofs für Menschenrechte ihr Recht auf Gleichstellung
Zu Protokoll
eingefordert haben, mit der jetzigen Regelung leider
nicht erreichen. Sie werden zu Recht enttäuscht sein.

Abschließend möchte ich die Gelegenheit nutzen,
darauf hinzuweisen, dass mit diesem Gesetzgebungsver-
fahren ein Weg gefunden wurde, um auch eine wichtige
Weiterentwicklung im Bereich des Pfändungsschutzkon-
tos schnell vorzunehmen. Die ersten Erfahrungen mit
dem sogenannten P-Konto haben Anwendungsschwie-
rigkeiten bei der Auszahlung von Beträgen gezeigt, die
am Monatsende gutgeschrieben, aber für den Folgemo-
nat bestimmt waren. Durch die gesetzliche Klarstellung
werden nun im Interesse der Betroffenen bestehende Un-
sicherheiten ausgeräumt.


Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1709330900

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer

Schritt auf dem von Art. 6 Abs. 5 GG vorgegebenen Weg.
Darin wird dem Gesetzgeber aufgetragen, für nichtehe-
liche Kinder die gleichen Bedingungen für ihre leibliche
und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Ge-
sellschaft zu schaffen wie für ehelich geborene Kinder.

Diesem Ziel kommen wir im Erbrecht mit der Verab-
schiedung des Gesetzentwurfes bedeutend näher. Rück-
wirkend ab dem 29. Mai 2009 werden nun nichtehelich
geborene Kinder und auch deren Abkömmlinge im Er-
brecht mit ehelich geborenen Kindern gleichgestellt.
Dies ist nicht nur eine deutliche Verbesserung der Posi-
tion unehelich geborener Kinder. Wir beheben damit
auch den Verstoß gegen Art. 8 und Art. 14 der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention, den der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung
vom 28. Mai 2009 festgestellt hatte. Ich habe bewusst
gesagt, dass wir uns dem Ziel des Art. 6 Abs. 5 GG nä-
hern. Eine Gleichstellung unehelicher Kinder auch für
die Zeit vor dem 29. Mai 2009 ist aus Praktikabilitäts-
gründen und aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht
möglich. Dies hätte nämlich zur Folge, dass zahlreiche
bereits auseinandergesetzte Erbengemeinschaften wie-
der zusammentreten müssten, um sich erneut auseinan-
derzusetzen.

Dabei würde sich dann die Frage stellen, was ge-
schieht, wenn die Erbmasse im Falle einer Neuauseinan-
dersetzung bereits verbraucht ist. Hier wurde teilweise
vorgeschlagen, es könne eine Art Entreicherungseinrede
eingeführt werden. Dies würde jedoch zu einem weiteren
Gerechtigkeitsproblem führen: Derjenige, der den Nach-
lass bereits verschwendet hat, wäre dann besser gestellt
als der Erbe, der eigentlich für seine eigene Familie vor-
sorgen wollte.

Würde man den Ansatz einer vollständigen Gleich-
stellung konsequent zu Ende denken, müsste man dann
auch die Frage klären, ob Erbansprüche vererbbar sind.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die bisherigen
Erben auf den Schutz ihrer gewonnen Rechtsposition
vertrauen durften. Zuletzt hatte das Bundesverfassungs-
gericht dies in seiner Entscheidung vom 20. November
2003 bestätigt. Eine Gleichstellung nichtehelicher Kin-
der auch für die Zeit vor dem 29. Mai 2009 würde diesen
Vertrauensschutz zunichte machen. Vor diesem Hinter-
grund haben wir uns nach intensiven Diskussionen da-



gegebene Reden

Stephan Thomae


(A) (C)



(D)(B)

für entschieden, den 29. Mai 2009 als Stichtag für die
Gleichstellung zu wählen.

Der vorliegende Gesetzentwurf behandelt neben der
Gleichstellung unehelich geborener Kinder im Erbrecht
noch ein weiteres Thema. Die sogenannte Monatsan-
fangsproblematik war eine Folge des am 1. Juli 2010 in
Kraft getretenen Gesetzes zur Reform des Kontopfän-
dungsschutzes. Sie tritt insbesondere dann auf, wenn ei-
nem Pfändungsschutzkonto eines Schuldners unpfänd-
bare Beträge zum Monatsende gutgeschrieben werden
und für den Folgemonat bestimmt sind.

Ein Pfändungsschutzkonto sichert einem Schuldner
gegenüber seinen Gläubigern einen monatlichen Min-
destbetrag, den er zum Bestreiten seiner Existenz benö-
tigt. Nach dem 1. Juli 2010 waren vermehrt Fälle aufge-
treten, in denen Beträge, die zum Monatsende auf einem
Pfändungsschutzkonto eingegangen und für den Folge-
monat bestimmt waren, dem Schuldner letztlich nicht zur
Verfügung standen.

Das neue Gesetz regelt nun explizit, dass unpfänd-
bare Beträge, die dem Pfändungsschutzkonto eines
Schuldners zum Monatsende zufließen und für den Fol-
gemonat bestimmt sind, von der Bank erst nach Ablauf
des auf den Zahlungseingang folgenden Monats an den
Gläubiger des Schuldners weitergeleitet werden dürfen.
Diese Regelung schafft für alle Beteiligten Klarheit und
ist ein wirksames Mittel gegen die Monatsanfangspro-
blematik. Die FDP-Bundestagsfraktion wird den Ge-
setzentwurf vor diesem Hintergrund befürworten.


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709331000

Ungleichbehandlung beenden! Das war die Forde-

rung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte vor nunmehr knapp zwei Jahren. Dies bezog sich
auf die bis dahin im deutschen Erbrecht vorgesehene
Ungleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen
Kindern, die vor dem 1. Juli 1949 geboren wurden. Nach
dem überarbeiteten Gesetzentwurf soll dies korrigiert
werden und sollen alle vor dem 1. Juli 1949 geborenen
nichtehelichen Kinder künftig auch gesetzliche Erben
ihrer Väter werden.

An der kuriosen Erbrechtsgeschichte hat sich nichts
geändert; ich möchte sie nochmals anführen: Nichtehe-
liche Kinder, die vor dem 01. Juli 1949 geboren sind,
hatten nach der bislang gültigen Rechtslage grundsätz-
lich kein Erbrecht nach ihrem Vater und dessen Ver-
wandten. Umgekehrt genauso: Auch der Vater des ver-
storbenen nichtehelichen Kindes konnte nicht dessen
Erbe sein. Beide galten als nicht verwandt, Art. 12 § 10
Nichtehelichengesetz. Dies ist jetzt leider nicht umfas-
send, wie von der Linken gefordert, sondern nur teil-
weise geändert worden.

Zunächst bestand die Hoffnung – da in den Bericht-
erstattergesprächen sich fast alle Beteiligten fraktionsü-
bergreifend einig waren –, nichteheliche Kinder und
eheliche Kinder erbrechtlich umfassend gleichzustellen.
Diese Hoffnung schwand, als die FDP dann wieder um-
fiel und sich gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner
darauf einigte, die Fälle derart zu beschränken, dass
Zu Protokoll
das nur ab dem Stichtag der Verkündung der Entschei-
dung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte gelten soll. Wieder mal umgefallen! Deshalb blei-
ben, dank des Stichtages 29. Mai 2009, doch noch
Ungerechtigkeiten, weshalb die deutlichen Verbesserun-
gen im Gesetz nicht ausreichen, um dem Gesetz zustim-
men zu können.

Nach wie vor wird bei Kindern, welche in der DDR
geboren sind, unterschiedlich gehandelt, soweit es das
Erbrecht angeht. Denn nur, wenn der nichteheliche Va-
ter seinen Aufenthalt auf dem Hoheitsgebiet der DDR
hatte, war das Kind von ihm auch erbberechtigt. Dazu
möchte ich zitieren:

Der Vater des nichtehelichen Kindes hatte am
2. Oktober 1990 (24 Uhr) seinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Gebiet der ehemaligen DDR. Dann
ist auch auf einen späteren Erbfall das Erbrecht
der DDR anzuwenden, wonach das nichteheliche
Kind und der Vater gegenseitig erb- und pflicht-
teilsberechtigt sind, Art. 235 § 1 EGBGB; §§ 365,
367, 396 DDR-ZG. Der Aufenthalt des Kindes ist
dabei nicht maßgeblich.

Ich finde es schade, dass die ursprüngliche Mehrheit
der Berichterstatter sich nicht durchsetzen konnte, die
Stichtagsregelung entfallen zu lassen, um wirklich alle
Kinder zu erfassen.

Dass hier der Vertrauensschutz seitens des Ministeri-
ums in den Vordergrund gespielt wurde, lässt Fragen of-
fen, die auch nicht dadurch ausgehebelt werden, dass es
bei Aufhebung des Stichtages zu neuen Ungerechtigkei-
ten kommen könnte. Insgesamt kann die Argumentation
der Koalition meine Fraktion und mich nicht restlos
überzeugen. Mit dem eingebrachten Änderungsantrag
wurde zwar die erbrechtliche Gleichstellung auch auf
die Nachkommen nichtehelicher Kinder erstreckt, wenn
der nichteheliche Erblasser zum Zeitpunkt des Stichta-
ges bereits verstorben war, und auch die sogenannte
Monatsanfangsproblematik wurde durch die weiteren
Ergänzungen beseitigt. Ob allerdings auch weiterhin ge-
gen das Diskriminierungsverbot verstoßen wird und wie
hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es zu weiteren Ver-
urteilungen Deutschlands durch den EGMR kommen
kann, müssen gegebenenfalls die Gerichte prüfen.

Bei all den positiven Änderungen, welche durch das
Gesetz eingeführt werden, können wir dem Gesetz aber
aus den vorgenannten Gründen nicht zustimmen.


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709331100

Heute beraten wir abschließend über den Gesetzent-

wurf der Bundesregierung zu einem zweiten Gesetz zur
erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder.
Die Bundesregierung hat diesen Gesetzentwurf vorge-
legt, weil der Europäische Gerichtshof für Menschen-
rechte in seiner Entscheidung vom 28. Mai 2009 festge-
stellt hat, dass das geltende deutsche Erbrecht gegen die
Menschenrechtskonvention verstößt. Denn nichteheliche
Kinder, die vor dem 1. Juli 1949 geboren sind, sind im
Erbrecht ehelichen Kindern nicht vollständig gleichge-
stellt. Deutschland wurde deshalb vom Europäischen



gegebene Reden





Ingrid Hönlinger


(A) (C)



(D)(B)

Gerichtshof für Menschenrechte zu einer Entschädi-
gungszahlung an das betroffene nichteheliche Kind ver-
pflichtet. Der Entscheidung lag ein Erbfall aus dem
Jahre 1998 zugrunde.

Für uns Grüne ist die Gleichstellung von nichteheli-
chen Kindern seit Jahren ein zentrales Anliegen. Wir be-
grüßen die – nach den Gesprächen im Rechtsausschuss –
durchaus vorgenommenen kleinen Änderungen an dem
Gesetzentwurf. Sie stellen zumindest eine Verbesserung
des ursprünglichen Entwurfs dar. Die Bundesregierung
sieht in ihrem Entwurf aber lediglich eine erbrechtliche
Gleichstellung von nichtehelichen Kindern vor, wenn
der Erbfall nach dem 28. Mai 2009 eintritt. Somit wer-
den nichteheliche Kinder, deren Väter vor dem 28. Mai
2009 verstorben sind, erbrechtlich nicht berücksichtigt.

Uns Grünen erschließt sich die Argumentation der
Bundesregierung nicht. Aus grüner Sicht gibt es keinen
sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung. Wir
fragen uns: Wieso soll eine Gleichbehandlung nur ein-
treten, wenn der Erbfall nach dem 28. Mai 2009 einge-
treten ist? Die FDP begründet die Ungleichbehandlung
mit angeblich bestehenden praktischen Problemen.
Zahlreiche bereits abgewickelte Erbfälle müssten neu
aufgerollt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von
der Fraktion der FDP, es geht um die Gleichstellung der
nichtehelich geborenen Kinder, die vor dem 1. Juli 1949
geboren sind, also um Personen, die heute 62 Jahre und
älter sind. Es geht somit nicht um eine unüberschaubare
Anzahl von Fällen, die neu aufgerollt werden müssten.
Alle jüngeren nichtehelichen Kinder sind bereits er-
brechtlich gleichgestellt.

In der Praxis des Erbrechts ist das Aufrollen von be-
reits abgewickelten Erbfällen auch nichts Neues. Das
gibt es immer wieder. Anwaltschaft und Gerichte sind
gewohnt, damit umzugehen. Ganz abgesehen davon darf
der Arbeitsaufwand an Gerichten auch kein Argument
sein, die grundrechtlich geschützte Gleichbehandlung
ehelicher und nichtehelicher Kinder einzuschränken.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der
Fraktion der FDP, Sie führen weiter an, dass Gerechtig-
keitsungleichgewichte aufträten, wenn derjenige, der
den Nachlass verschwendet hat, bessergestellt wird als
ein sparsamer Nachkomme. Der verschwenderische
Erbe könne sich nämlich auf die Einrede der Entreiche-
rung berufen. Der sparsame Erbe müsste sein Erbe tei-
len.

Über dieses Argument kann man nachdenken. Aller-
dings sollte immer der Gesamtkontext im Blick behalten
werden. Die Möglichkeit eines Erben, sich darauf zu be-
rufen, dass er erbrechtliche Ansprüche nur aus einer
noch vorhandenen Erbmasse erfüllen muss und nicht
aus seinem sonstigen Privatvermögen, ist Ausdruck des
Vertrauensschutzes des Erben. Der Vertrauensschutz ist
ein Umstand, den wir bei der Abwägung berücksichtigen
müssen. Hinzu kommt, dass die Einrede der Entreiche-
rung bereits für das gesamte Zivilrecht und damit auch
für das Erbrecht gilt. Somit sind nicht nur Fälle der
Gleichstellung nichtehelicher Kinder betroffen. Viel-
mehr ist es ein allgemeiner zivilrechtlicher Ausdruck,
dass derjenige, der das Vermögen gutgläubig ver-
braucht hat, nicht mehr zur Auszahlung oder Rückzah-
lung verpflichtet ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der
CDU/CSU, Sie begründen die kurze Rückwirkung bis
zum 28. Mai 2009 damit, dass der Vertrauensschutz be-
rücksichtigt werden müsse, der mit der Festlegung des
Stichtags für die Gleichbehandlung ehelicher und
nichtehelicher Kinder auf den 1. Juli 1949 geschaffen
wurde. Das ist sicher richtig. Allerdings muss auch dies
im Rahmen einer Abwägung erfolgen. Dabei müssen wir
berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte in seinem Urteil ausgeführt hat – ich zi-
tiere –:

Der Gerichtshof ist insbesondere der Auffassung,
dass … der Gesichtspunkt des Schutzes des „Ver-
trauens“ des Erblassers und seiner Familie dem
Gebot der Gleichbehandlung nichtehelicher und
ehelicher Kinder unterzuordnen ist.

Das bedeutet: Der Europäische Gerichtshof stellt die
Gleichbehandlung der Kinder über den Vertrauens-
schutz des Erblassers und seiner Erben.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat
in seiner Entscheidung eine umfassende Abwägung zwi-
schen den Interessen des nichtehelichen Kindes und den
Interessen des Erblassers bzw. seiner Familie vorge-
nommen. Damit hat er dem deutschen Gesetzgeber viele
Anhaltspunkte für eine mögliche Abwägung vorgegeben.
Diese Anhaltspunkte müssen wir im Gesetzgebungsver-
fahren berücksichtigen. Wir können uns nicht zurückleh-
nen und zuschauen, wie der nächste Einzelfall von den
höchsten Gerichten entschieden wird, um eine endgül-
tige Gleichstellung von nichtehelichen und ehelichen
Kindern zu erreichen. Hier ist auch entscheidend, dass
der Erbfall, den der Europäische Gerichtshof zu beurtei-
len hatte, lange vor dem Stichtag lag, den die Bundesre-
gierung in ihrem Gesetzentwurf zugrunde legen will,
nämlich bereits im Jahr 1998.

Abschließend ist festzuhalten: Das Erbrecht ist si-
cherlich keine einfache Materie. Gleichwohl darf die
Bundesregierung sich nicht ihrer Verantwortung entzie-
hen, eine wirklich gerechte und ausgleichende Regelung
für nichteheliche Kinder zu schaffen, zumal diese Kinder
ihre personenstandsrechtliche Situation in keiner Weise
mit verursacht haben. Der Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung geht in die richtige Richtung, er geht jedoch
nicht weit genug. Wir werden uns bei der Abstimmung
daher enthalten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709331200

Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss

empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 17/4776, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 17/3305 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist in zweiter Lesung mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen und der Fraktion der SPD bei Ent-





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

haltung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem
Stimmverhältnis angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Silvia
Schmidt (Eisleben), Anette Kramme, Petra Ernst-
berger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Ausschreibungspflicht für Leistungen der In-
tegrationsfachdienste stoppen – Sicherstel-
lung von Qualität, Transparenz und Effizienz

– Drucksache 17/4847 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1709331300

Die SPD fordert in ihrem Antrag die Aufhebung der

Ausschreibungspflicht für Leistungen der Integrations-
fachdienste. Im Folgenden möchte ich Ihnen, liebe Kol-
legen, darlegen, dass Sie mit Ihren Ausführungen zu die-
ser Forderung falsch liegen.

Aufgrund der prognostizierten demografischen Ent-
wicklung in unserem Land und dem daraus hervorge-
henden Fachkräftemangel ist es unser Ziel, das Arbeits-
kräftepotenzial von schwerbehinderten Menschen zu
aktivieren. Bisher ungenutzte Potenziale müssen intensi-
ver für den Arbeitsmarkt genutzt werden, und nicht nur
deshalb, sondern auch aufgrund unserer moralischen
Verpflichtung, alle Menschen in unsere Gesellschaft zu
integrieren und dafür zu sorgen, dass jeder die Möglich-
keit hat, sich an unserem Gemeinwohl zu beteiligen und
einen möglichen Beitrag dazu zu leisten und für diesen
auch Wertschätzung zu erfahren.

Die Bundesregierung prüft gerade in Abstimmung mit
den Ländern, wie vorhandene Bundesmittel aus der Aus-
gleichsabgabe zur Verbesserung der Ausbildungs- und
Beschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen
genutzt werden können.

Ein zentrales Element zur Eingliederung schwerbe-
hinderter Menschen sind die Integrationsfachdienste,
deren Leistung die Kolleginnen und Kollegen der SPD
in ihrem Antrag zu Recht als eine „kontinuierliche
hervorragende Arbeit in einer verlässlichen bundesein-
heitlichen Struktur“ bewerten. Die CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion unterstützt auch weiterhin die Arbeit der
Integrationsfachdienste und erkennt deren zentrale Be-
deutung an.

Grundsätzlich muss gesagt werden, dass die Bun-
desagentur für Arbeit Arbeitsmarktdienstleistungen im
Rahmen des Vergaberechts beschafft, und dies gilt
selbstverständlich auch für die Leistungen der Integra-
tionsfachdienste zur Vermittlung schwerbehinderter
Menschen – mit Ausnahme von Rehabilitationsleistun-
gen, welche nach den §§ 111 und 113 SGB IX ausgenom-
men sind.

Nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ist ein gleicher
Zugang aller privaten Dienstleister zu öffentlichen Auf-
trägen im Rahmen wettbewerblicher Vergabeverfahren
zu gewährleisten. Das Vergaberecht ist ein geeignetes
Instrumentarium, um den erforderlichen Anforderungen
an die zu erbringenden Dienste flexibel gerecht zu wer-
den. Wir brauchen Dienstleister für diese bedeutungs-
volle Aufgabe, die zuverlässig sind und die fachkundige
und leistungsfähige Dienste anbieten. Und entscheidend
hier ist nicht primär der Preis der Dienstleister. Ent-
scheidend ist die im Interesse der schwerbehinderten
Menschen erforderliche Qualität der Dienstleistung.

Doch natürlich gibt es auch Sonderfälle. Kommt etwa
für die Leistung aus besonderen Gründen nur ein Unter-
nehmen in Betracht, wäre eine freihändige Vergabe auch
ohne die Ermöglichung von Wettbewerb selbstverständ-
lich zulässig. Daraus wird auch ersichtlich, dass beim
Vergaberecht lediglich der Prozess der Vergabe festge-
legt ist, nicht jedoch die Qualität der Leistung.

Zudem erfolgt dadurch eine präzise Struktur der zu
erbringenden Leistung. Eine Dynamik, Flexibilität und
ein gewisser Druck an den ausführenden Dienstleister,
eine zeitgemäße und dem aktuellen Forschungsstand ge-
mäße Leistung anzubieten, ist zentral für eine erfolgrei-
che Integration schwerbehinderter Menschen.

Demnach ist der Träger verpflichtet, mit Angebotsab-
gabe ein detailliertes inhaltliches Konzept vorzulegen,
in welchem eventuelle behinderungsspezifische Beson-
derheiten der Teilnehmer zu berücksichtigen sind. Dazu
gehört es, erstens eine Analyse und Aufarbeitung der
Bewerberprofile durchzuführen, zweitens ein Bewerber-
coaching-Konzept und Strategien zur Aktivierung von
Eigenbemühen darzulegen, drittens Methoden aufzuzei-
gen, wie Teilnehmern ermöglicht werden kann, Teile der
Maßnahmen bei einem Arbeitgeber zu absolvieren, und
viertens ein Konzept zur Nachbetreuung vorzulegen. Zu-
dem erfolgt eine weitere Systematisierung durch die
Festlegung einer Präsenzzeit der Teilnehmer auf 15 Stun-
den; diese sind notwendig, um einen angemessenen
Raum zu bieten, die komplexen inhaltlichen Anforderun-
gen vermitteln zu können.

Aber nicht nur inhaltlich werden wichtige Maßstäbe
festgesetzt, sachgerechte Anforderungen werden auch
an die technische Ausstattung gestellt. So muss der
Stand der Technik den gesetzlichen Vorgaben, beispiels-
weise nach der Arbeitsstättenverordnung oder Bild-
schirmarbeitsverordnung, entsprechen.

Der Antragsteller bemängelt eine fehlende Kontinui-
tät durch das Vergaberecht. Eine Laufzeit der Verträge
über einen Zeitraum von 33 Monaten gewährt durchaus
eine verlässliche Planungssicherheit für die beauftrag-
ten Träger.

Nach § 46 SGB III hat der Gesetzgeber in Abs. 4 Satz 1
vorgegeben: „Das Vergaberecht findet Anwendung.“ Im

Paul Lehrieder


(A) (C)



(D)(B)

Antrag wird eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen
Dienstes zitiert, in welcher behauptet wird, dass der Ab-
satz nur mit der Formulierung „Das Vergaberecht ist
anzuwenden“ zwingendes Recht sein würde. Das vom
Bundesministerium der Justiz herausgegebene „Hand-
buch der Rechtsförmlichkeit“ geht im Gegenteil davon
aus, dass die beiden Formulierungen eine identische Be-
deutung haben. Ein Ermessen wird in der Regel durch
das Wort „kann“ ausgedrückt, was hier nicht der Fall
ist.

Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass § 46
Abs. 4 Satz 1 SGB III einen deklaratorischen Verweis auf
das Vergaberecht beinhaltet, welcher besagt, dass das
Vergaberecht dann anwendbar ist, wenn die Vorausset-
zungen des Vergaberechts vorliegen. Diese liegen dann
vor, wenn Verträge der Integrationsämter mit privaten
Dritten abgeschlossen werden, sofern es sich nicht um
Rehabilitationsleistungen handelt.

Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg einer
Integrationsmaßnahme ist fachlich qualifiziertes und
geschultes Personal. Durch die existierenden hohen An-
forderungen an die Qualifikation des in der Maßnahme
eingesetzten Personals in den Ausschreibungsunterla-
gen wird ein ausreichend hoher Qualitätsstandard für
die Durchführung festgelegt. Den besonderen Bedürf-
nissen schwerbehinderter Menschen wird damit Rech-
nung getragen – nicht jedoch mit dem vorliegenden An-
trag.


Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1709331400

In ihrem Antrag plädiert die SPD für die Abschaffung

der Ausschreibungspflicht für Integrationsfachdienste.
Dem Antrag liegen dabei zwei Grundannahmen zu-
grunde, deren Beweis die Sozialdemokraten aber schul-
dig bleiben, erstens dass die Art der Vergabe über die
Qualität der Integration von behinderten Menschen ent-
scheidet und zweitens dass Integration von behinderten
Menschen ausschließlich über die Integrationsfach-
dienste geleistet werden könne.

Sozialrecht und Vergaberecht stehen meines Erach-
tens nicht im Widerspruch zueinander. Mit dem Vergabe-
recht steht uns ein Instrumentarium zur Verfügung, um
auch den Anforderungen beim Einkauf von Diensten zur
Erbringung von Sozialleistungen gerecht zu werden.
Dies trifft sowohl auf die notwendigen Anforderungen
an die Eignung bei der Auswahl fachkundiger, leistungs-
fähiger und zuverlässiger Dienstleister als auch auf die
Ermittlung des im Hinblick auf die Qualität der Leis-
tungserbringung wirtschaftlichsten Angebots zu. Der
Preis allein ist dabei nicht entscheidend. Das Vergabe-
recht regelt lediglich den Prozess der Vertragsan-
bahnung. Um die Qualität auch bei der Ausführung der
Leistung sicherzustellen, sind entsprechende vertrags-
rechtliche Regelungen, zum Beispiel Zielesteuerung,
Kontrolle, Rückkopplung und Nachjustierung vorzuse-
hen. Entscheidend sollte für uns alle sein, dass Integra-
tion gelingt, und nicht, durch wen. Nicht zuletzt haben
wir nach Art. 3 Grundgesetz allen privaten Dienstleis-
tern den gleichen Zugang zu öffentlichen Aufträgen im
Zu Protokoll
Rahmen wettbewerblicher Vergabeverfahren zu gewähr-
leisten.

Die vergaberechtliche Rechtsprechung stellte klar,
dass Freihandvergaben nur an Einrichtungen möglich
sind, die unmittelbarer Teil der staatlichen Verwaltung
und daher vom Wettbewerb mit gewerblichen Unterneh-
men ausgeschlossen sind. Da Integrationsfachdienste
keine staatlichen Regiebetriebe, sondern Dienste Dritter
sind, stand die freihändige Vergabe für Auftragsverga-
ben der Bundesagentur für Arbeit an Integrationsfach-
dienste nicht mehr länger zur Verfügung. Schließlich
wurden die entsprechenden Regelungen bei der Novel-
lierung der VOL/A im Jahre 2009 gestrichen, weil sie
mit großen rechtlichen Unsicherheiten behaftet waren
und ihren Zweck, Wettbewerbsverzerrungen zu vermei-
den, nicht mehr erfüllten.

Von der geänderten Rechtslage ist aber nur ein Teil
der Integrationsfachdienste betroffen. Nur in Baden-
Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen haben
bisher Integrationsfachdienste nahezu flächendeckend
Leistungen zur Vermittlung schwerbehinderter Men-
schen erbracht. In Hamburg, Hessen, Niedersachsen
und Rheinland-Pfalz waren bzw. sind sie nur teilweise
beauftragt. In anderen Ländern, in Berlin, Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt
und Thüringen, werden diese Leistungen durch andere
Dienstleister am Markt erbracht.

Das Vergaberecht ist nur ein Instrument zur Beschaf-
fung der erforderlichen Ressourcen für die Erbringung
der Sozialleistungen. Im Vordergrund steht daher die
Frage, welche Leistungen benötigt werden und angebo-
ten werden müssen.

Die Qualitätskriterien spielen unter den Ausschrei-
bungsbedingungen eine herausragende Rolle. Im Rah-
men der Wertung der Angebote erhält die Qualität eine
hohe Gewichtung im Verhältnis zum Preis, sodass die
Position bewährter und kompetenter Maßnahmeträger
im Ausschreibungsverfahren gestärkt wird. Vergleich-
bare Ausschreibungen zur Unterstützten Beschäftigung,
bei denen bereits umfangreiche Qualitätsanforderungen
an die Bieter gestellt worden sind, wurden auch von Ver-
bänden, die Ausschreibungen tendenziell kritisch gegen-
überstehen, inhaltlich grundsätzlich positiv gewürdigt.
Es kann auch nicht gesagt werden, dass Integrations-
fachdienste in ihrer Existenz bedroht sind, wenn sie bei
einer Ausschreibung einmal nicht den Zuschlag bekom-
men. Im Übrigen bieten die komplexen Maßnahmepa-
kete nach § 46 SGB III den Diensten die Chance, ein
weit größeres Geschäftsfeld zu erschließen, als dies bei
den reinen Vermittlungsleistungen der Fall war.

Eine Evaluation sowohl der Ausschreibungen als
auch der Umsetzung der Maßnahmen ist vorgesehen.
Die Maßnahmen der beruflichen Eingliederung schwer-
behinderter Menschen wurden erstmalig und unabhän-
gig voneinander mit regional unterschiedlichen Zeit-
schienen im Herbst 2010 ausgeschrieben. Als Beginn
der Maßnahmen war der 3. Januar 2011 vorgesehen.
Eine erste inhaltliche Auswertung der Durchführungs-
qualität, insbesondere Analyse der Eingliederungsquo-
ten, wird dann frühestens Ende 2012 erfolgen können.



gegebene Reden

Dr. Matthias Zimmer


(A) (C)



(D)(B)

Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der
Integrationsmaßnahmen ist fachlich qualifiziertes und
geeignetes Personal. Zwar ist es vor dem Hintergrund
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der-
zeit vergaberechtlich nicht möglich, Vorgaben an die
Dienstleister zur Entlohnung ihrer Fachkräfte zu stellen,
doch kann auch durch die Anforderungen an die Quali-
fikation des in der Maßnahme eingesetzten Personals im
Rahmen der Ausschreibungsunterlagen ein ausreichend
hoher Qualitätsstandard für die Durchführung bestimmt
und damit den besonderen behinderungsbedingten Be-
dürfnissen der Teilnehmer Rechnung getragen werden.
Darüber hinaus unterstützen sachgerechte Anforderun-
gen an die technische Ausstattung, die dem Stand der
Technik und den gesetzlichen Vorgaben entsprechen
muss, die erfolgreiche Durchführung der Maßnahmen
zur beruflichen Eingliederung schwerbehinderter Men-
schen.

Lassen sie uns nun gemeinsam die Evaluation der
Ausschreibungspflicht abwarten! Uns eint das Ziel einer
qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Integration
behinderter Menschen. Lassen sie uns dabei offen sein
für neue Lösungen und Wege! Es geht um Integration
und nicht um Ideologie. Entscheidend für uns ist, dass
Integration gelingt, und nicht, durch wen.


Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1709331500

Die Integrationsfachdienste wurden geschaffen, da-

mit in dem Bereich der Vermittlung und Begleitung
schwerbehinderter Menschen auf dem ersten Arbeits-
markt eine qualitativ hochwertige Dienstleistung und
eine einheitliche und regional vernetzte Struktur ge-
währleistet werden können. Verantwortung dafür tragen
die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter ge-
meinsam.

Menschen mit Behinderung sind auch selbst in diesen
Diensten mitbeschäftigt und sorgen dafür, dass die
Chancen auf Teilhabe am Arbeitsleben insgesamt stei-
gen. Dabei arbeiten die IFD sehr erfolgreich: Sie bieten
kompetente und individuell passgenaue Unterstützung
für die Betroffenen und auch für die Arbeitgeber. Die
IFD haben hervorragende Kontakte zu Arbeitgebern
und können diesen erklären, wie man am besten einen
schwerbehinderten Arbeitnehmer einstellt, können ihnen
die Berührungsängste nehmen und sie bei der Einrich-
tung von barrierefreien Arbeitsplätzen unterstützen – das
Erfolgsgeheimnis der IFD!

So unterstützten die Integrationsfachdienste im Jahr
2007 rund 89 800 besonders betroffene schwerbehin-
derte Menschen. Im Jahr 2005 waren es noch 77 600.
Bei 30 400 in 2007 schwerbehinderten Menschen ge-
nügte eine qualifizierte Beratung bzw. eine kurzzeitige
Intervention, um den Integrationserfolg zu erzielen.
2005 waren es noch 26 500. Bei knapp 69 300 Personen
war hingegen eine umfangreichere und auch längerfris-
tige Begleitung erforderlich, um ein bestehendes Ar-
beitsverhältnis zu stabilisieren oder sie in ein neues zu
vermitteln. 2005 waren das noch 51 000 Personen.

Im Jahr 2009 haben die Integrationsfachdienste auf
diesem Wege 7 324 schwerbehinderte Menschen in Ar-
Zu Protokoll
beit vermittelt. Insgesamt stieg die Zahl der unterstütz-
ten Menschen mit Behinderungen von 2005 bis 2009
sogar um 29 Prozent – von 77 600 auf rund
100 000 Personen. Dabei ist besonders zu beachten,
dass es sich bei den Klienten der IFD um eine sehr
schwer vermittelbare Zielgruppe handelt: Es sind über-
wiegend Menschen mit einer schweren seelischen, geis-
tigen oder körperlichen Behinderung, seh- oder hörge-
schädigte schwerbehinderte Menschen sowie Menschen
mit mehrfachen Behinderungen.

Die Integrationsfachdienste leisten somit seit Jahren
kontinuierlich hervorragende Arbeit in einer verlässli-
chen bundeseinheitlichen Struktur, auch wenn die Leis-
tungen regional sehr unterschiedlich und durchaus aus-
baufähig sind. Eine Weiterentwicklung des Systems ist
jedoch einer Öffnung und Zerschlagung vorzuziehen.
Eine Zerschlagung ist zu befürchten, da die Integra-
tionsfachdienste seit vergangenem Jahr Aufträge für
Vermittlungsleistungen durch die Bundesagentur für Ar-
beit nicht mehr freihändig erhalten, sondern sich dafür
mit anderen Anbietern an Ausschreibungen beteiligen
müssen. Die Anwendung der Ausschreibung für die Ver-
gabe von IFD-Leistungen wird vom zuständigen Bun-
desministerium für Arbeit und Soziales fälschlicher-
weise für verbindlich und alternativlos gehalten.

Ausschreibungen sind nicht grundsätzlich abzuleh-
nen – das sage ich ganz bewusst –; sie sind uns ja zum
Teil auch durch europäische und nationale Wettbe-
werbspolitik verordnet. Das gilt hier aber nicht, denn
der Sozialbereich ist ausnahmsweise von Ausschreibun-
gen auszunehmen; es herrscht hier kein freier Wettbe-
werb in einem freien Markt. Ökonomen sprechen von ei-
nem sogenannten Marktversagen. Der Sozialmarkt
erfordert eigene Steuerungsformen.

Nach unserer Auffassung lässt das Vergaberecht un-
ter Beachtung des EU-Rechts grundsätzlich eine Aus-
nahme zu, denn die Staaten haben im Rahmen des EU-
Rechts nach wie vor die Verantwortung zur Steuerung
und Gestaltung des Angebots und können begründete
Ausnahmeregelungen setzen, wie dies in einzelnen Be-
reichen innerhalb der VOL/A auch vorgenommen wurde.

Eine einfache Übertragung aus anderen Wirtschafts-
bereichen ist nicht sachgerecht, und das wird hier kon-
kret auch keinen Erfolg bringen.

Ausschreibungen, wie wir sie aus der Praxis der Bun-
desagentur für Arbeit im Bereich der beruflichen Reha-
bilitation kennen, treiben seit Jahren Anbieter in einen
Preiskampf und zerstören die Qualität, anstatt das vor-
handene, nachgewiesenermaßen erfolgreiche System
beruflicher Teilhabe weiterzuentwickeln. Die Ausschrei-
bung von Leistungen in dem Bereich der individuellen
Dienstleistungen für schwerbehinderte Menschen ist
völlig ungeeignet, erfolgreich die Vermittlung und Be-
gleitung am Arbeitsmarkt zu organisieren. Häufige Trä-
gerwechsel, die den Vermittlungserfolg durch Über-
gangszeiten und neu zu knüpfende Kontakte zu
Unternehmen und Verwaltung behindern, sind für die In-
tegration von Menschen mit Behinderungen auf dem all-
gemeinen Arbeitsmarkt kontraproduktiv. Erforderlich ist
vielmehr eine kontinuierliche und verlässliche Leistung –



gegebene Reden

Silvia Schmidt (Eisleben)



(A) (C)



(D)(B)

beginnend von der ersten Kontaktaufnahme über die
Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis hin
zu den begleitenden Hilfen.

Es gibt keinen Nachweis – und auch das zuständige
Ministerium konnte ihn bisher nicht erbringen –, dass
Ausschreibungen generell und so, wie von der BA im
Speziellen durchgeführt, tatsächlich zu einer gesteiger-
ten Ergebnisqualität führen. Solange dieser Nachweis
nicht da ist und immer nur beschworen wird, lehnt die
SPD-Bundestagsfraktion Ausschreibungen im Bereich
der Rehabilitation ab. Lassen Sie uns gemeinsam darü-
ber diskutieren, wie das Rehasystem weiterzuentwickeln
ist, anstatt weiter der Ausschreibungsideologie anzu-
hängen!

Die Ausschreibung ist somit nicht nur ein System-
bruch, sondern, was mindestens genauso schwer wiegt:
Die Ministerialbürokratie versucht mindestens seit
2009, das Parlament in dieser Frage auszuklammern.
Wie unser Antrag aufzeigt, wurde der Gesetzgeber we-
der durch die Berichte zur Rehabilitation oder zur Lage
der Menschen mit Behinderung noch durch Informatio-
nen für den Ausschuss oder Berichterstattungen infor-
miert. Erst im März 2010, als die Änderung der Verga-
beordnung durch das BMAS längst beschlossen war und
das Inkrafttreten zum 1. Mai nicht mehr aufgehalten
werden konnte, hat man eine nachträgliche Rechtferti-
gung ausgearbeitet.

Dieses Verhalten kann für den Gesetzgeber nicht ak-
zeptabel sein – das sage ich auch in Richtung meiner
Kolleginnen und Kollegen aus den Regierungsfraktio-
nen –; denn es hebelt eine gesetzlich verankerte Struktur
auf dem Verordnungswege aus – ohne jede Chance der
politischen Steuerung durch das Parlament. Was wird
die Folge sein? Fachlich wird die Qualität in der Ver-
mittlung sinken, weil sich künftig viele andere, nicht
qualifizierte Anbieter mitbewerben dürfen.

Die IFD sind aber nur der Anfang – es kommen nach
und nach alle ambulanten Leistungen unter Beschuss,
und es besteht die Gefahr, dass bisher stationäre Leis-
tungen zu ambulanten umgewidmet und für die Aus-
schreibung geöffnet werden. Das nehmen wir nicht hin
und werben mit unserem Antrag dafür, hier einen ande-
ren Weg zu gehen und die Einheitlichkeit des SGB IX zu
stärken.

Das Beste kommt wie immer zum Schluss: Es gibt ei-
nen einstimmigen Beschluss der Arbeits- und Sozial-
minister, der das Anliegen unseres Antrages unterstützt.
Ich rate daher, sich in dieser Sache nicht Äpfel für Bir-
nen verkaufen zu lassen. In dem Beschluss und in unse-
rem Antrag steht es richtig: Freihändige Vergabe muss
wieder ermöglicht werden, die Ausschreibungspflicht
muss gestoppt werden.

Jeder Abgeordnete sollte die IFD im Wahlkreis auch
einfach mal besuchen und sich anschauen, wie da gear-
beitet wird und was da an Kompetenz zur Arbeitsmarkt-
integration vorhanden ist. Die Diskussion im Ausschuss
wird zeigen, ob wir gemeinsam das bestehende System
weiterentwickeln können oder ob die Marktideologie
Zu Protokoll
sich hier Bahn bricht und uns ein bewährtes System ka-
puttmacht.


Gabriele Molitor (FDP):
Rede ID: ID1709331600

Die Frage, wie Menschen mit Behinderung einen für

sie passenden Arbeitsplatz finden, ist zentral. Selber
Geld zu verdienen, davon leben zu können und selber be-
stimmen zu können, wie das Leben gestaltet sein soll,
macht unabhängig. Jeder Mensch soll unabhängig von
seinem Handicap entscheiden können, wie er sein Leben
gestalten möchte. Für mich als Liberale ist das ein zen-
traler Ansatz unserer Politik für Menschen mit Behinde-
rung.

Gerade Menschen mit Behinderung müssen beson-
dere Anstrengungen unternehmen, um ihr Leben so ge-
stalten zu können, wie sie es sich selber wünschen. Einen
Arbeitsplatz zu haben, auch außerhalb des geschützten
Raumes einer Werkstatt, ist ein wesentlicher Teil eines
selbstbestimmten Lebens. Ich weiß aus vielen Gesprä-
chen, dass Menschen mit Behinderung arbeiten wollen
und hochmotiviert sind. Sie dabei zu unterstützen, einen
für sie passenden Arbeitsplatz zu finden, muss bereits in
der Schule beginnen. Beratung und Betreuung ist dann
effizient, wenn sie die individuelle Behinderung berück-
sichtigt und Möglichkeiten aufzeigt, ein Arbeitsverhält-
nis aufzunehmen oder fortzuführen, zum Beispiel durch
technische Hilfsmittel oder durch die Anpassung des Ar-
beitsplatzes. Theoriereduzierte Ausbildungsgänge sowie
modulare Ausbildungsgänge bieten zum Beispiel lernbe-
hinderten Menschen die Möglichkeit, eine Ausbildung
zu absolvieren und einen Abschluss zu erlangen. Auch
Unternehmen könnten durch gezieltes Jobcoaching er-
mutigt werden, Menschen mit Behinderung einzustellen.

Integrationsfachdienste haben die Aufgabe übernom-
men, Menschen mit Behinderung bei Eingliederung und
Teilhabe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu unter-
stützen. Sie sitzen an der Schnittstelle von Unternehmen
und zukünftigen Arbeitnehmern und haben somit eine
wichtige Mittlerrolle.

Im Jahr 2009 erfolgte die Anpassung des deutschen
Vergaberechts an europarechtliche Vorgaben. Die Ände-
rungen in der Vergabeordnung für Leistungen haben
dazu geführt, dass die freihändige Vergabe von Integra-
tionsfachdiensten nicht mehr möglich ist. Bisher wurde
dieser Ausnahmetatbestand durch die Vergabeordnung
für Leistungen gestützt. Das bedeutet, dass künftige
Maßnahmen zur Eingliederung von Menschen mit Be-
hinderung grundsätzlich nach § 46 SGB III von der Bun-
desagentur für Arbeit öffentlich ausgeschrieben werden
müssen.

Eine große Diskussion wurde mit dieser gesetzlichen
Neuregelung ausgelöst. Die Kritiker befürchten, dass
durch die Ausschreibung der qualitativ hohe Standard
der Arbeit der Integrationsfachdienste leidet und viele
sich nicht behaupten können. Diese Befürchtung ist
nicht haltbar. Eine Ausschreibung muss durchaus kein
Nachteil sein, wie es aber auch der vorliegende Antrag
der SPD-Fraktion suggeriert.

Ich möchte kurz daran erinnern, was der Sinn und
das Ziel öffentlicher Ausschreibungen ist. Eine Aus-



gegebene Reden

Gabriele Molitor


(A) (C)



(D)(B)

schreibung ist ein Teil des Verfahrens zur Vergabe von
Aufträgen im Wettbewerb. Ihr Ziel ist es, eine möglichst
passgenaue, qualitativ gute oder hochwertige Leistung
zu bekommen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales steht
zu dem Grundsatz der Ausschreibung. Im Rahmen der
Arbeitsmarktpolitik gibt es drei Zielsetzungen, die eine
Ausschreibung erfüllen muss: Effektivität, Qualität und
Wirtschaftlichkeit. Damit wird gewährleistet, dass der
Kunde, in diesem Fall ein Mensch mit Behinderung, der
arbeiten möchte und hierbei Unterstützung braucht,
bestmöglich beraten wird. Wenn Anbieter an einem Ort
gute Beratung leisten, dann werden sie dies auch zu-
künftig tun können. Entscheidend ist dabei auch der
Aspekt der Nachhaltigkeit. Nicht der kurzfristige Ver-
mittlungserfolg zählt, sondern das langfristige Arbeits-
verhältnis eines Unternehmens mit einem Arbeitnehmer
mit Behinderung.

Und Integrationsfachdienste leisten in der Tat gute
Arbeit. Das belegen die Vermittlungszahlen. Insofern
sind die Befürchtungen der Integrationsfachdienste, bei
öffentlichen Ausschreibungen nicht mehr berücksichtigt
zu werden, nicht zutreffend. Gute Leistung wird sich
auch weiterhin durchsetzen.

Die Kritik an der Ausschreibung berücksichtigt über-
dies nicht, dass das Vergabeverfahren nicht willkürlich
erfolgt, sondern anhand festgelegter Prüfkriterien. Die
Anbieter müssen nachweisen, dass sie über umfassende
aktuelle fachliche Erfahrungen, Kenntnisse und Fertig-
keiten für die zu erbringende Leistung verfügen. Dies
heißt beispielsweise: Um einen Zuschlag zu erhalten,
müssen entweder innerhalb der letzten drei Jahre ver-
gleichbare Leistungen durchgeführt worden sein oder
muss das Personal bereits solche Beratungen durchge-
führt haben.

Ich möchte noch auf einen weiteren Aspekt eingehen:
die regionale Ausprägung. Damit Menschen mit Behin-
derung eine kompetente Beratung erhalten, bewertet die
örtliche Agentur bzw. der Träger der Grundsicherung
die vorliegenden Angebote. Es ist sehr sinnvoll, diese
Bewertung nicht zentral vorzunehmen, da ein Vertreter
vor Ort die lokalen Besonderheiten kennt und beurteilen
kann, ob das unterbreitete Angebot passend ist.

Schließlich ist auch jedes Bundesland mit seinen Inte-
grationsfachdiensten unterschiedlich aufgestellt. In
Nordrhein-Westfalen sind sie sehr häufig bei der Ver-
mittlung von Menschen mit Behinderung einbezogen,
genauso auch in Baden-Württemberg oder Bayern. Ge-
nerell lässt sich aber festhalten, dass die Unterschiede
in der Vermittlung nicht davon abhängen, ob ein Inte-
grationsfachdienst eingeschaltet ist oder nicht. Damit ist
die Aussage, die gerne in diesem Zusammenhang ins
Feld geführt wird, widerlegt: dass allein und ausschließ-
lich ein Integrationsfachdienst, der langjährig in der
Region tätig ist und über entsprechende Strukturen ver-
fügt, der richtige Arbeitsvermittler für Menschen mit Be-
hinderung ist.

Mir ist wichtig, festzuhalten, dass die Qualität der
Vermittlung unter den geänderten Vergabebedingungen
Zu Protokoll
nicht geringer sein wird als zuvor. Das ist schließlich der
entscheidende Punkt. Ganz grundsätzlich begrüßt die
FDP das Mehr an Wettbewerb. Gute und kompetente
Leistung wird sich durchsetzen. Dies ist in jedem Fall im
Sinne der Menschen, die einen Arbeitsplatz suchen.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709331700

Der vorliegende Antrag versucht, zu verhindern, dass

ein seit langem bestehendes Problem größer wird: die
Vermittlung von schwerbehinderten Menschen auf den
regulären Arbeitsmarkt.

Die Linke spricht sich seit langem gegen den Wettbe-
werb im Bereich Arbeitsvermittlung, Weiterbildung und
Arbeitsplatzsicherung aus. Vor diesem Hintergrund be-
fürwortete die Linke die freihändige Vergabe von Mitteln
durch die Arbeitsagentur an die Integrationsfach-
dienste. Dafür gibt es gute Gründe: Die erfolgreiche und
dauerhafte Vermittlung von Menschen mit schweren Be-
hinderungen auf den regulären Arbeitsmarkt bleibt
schwierig. Die Krise hat bestehende Hindernisse noch
verschärft und vermehrt. Die UN-Konvention jedoch
schreibt ausdrücklich soziale Teilhabe als individuelles
Recht von Menschen mit Behinderung fest. In Art. 27
„Arbeit und Beschäftigung“ schreibt sie vor, staatlich zu
sichern und zu fördern, dass behinderte Menschen in ei-
nem offenen, inklusiven und für Menschen mit Behinde-
rungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld
frei wählen können. Diese Gleichstellung gilt auch hin-
sichtlich des Entgelts.

Das für dieses Ziel in den letzten Jahren entwickelte
Instrument sind die Integrationsfachdienste. Sie sichern
Kontinuität in der Vermittlung. Hier ist Sachverstand
versammelt. Hier wuchsen in den letzten Jahren vertrau-
ensvolle Kontakte. Integrationsfachdienste begleiten
behinderte Menschen von der Schule bis in die Unter-
nehmen. Durch öffentliche Ausschreibung entsteht die
Gefahr, dass Leistungsangebote mit nur befristet ange-
stellten Fachkräften gewinnen, weil kein Anbieter weiß,
wie lange er sich am Markt behaupten wird. Es wird der
billigste Anbieter dominieren, der wahrscheinlich Dum-
pinglöhne zahlt, und es besteht die Gefahr, dass Men-
schen mit Behinderungen in nur arbeitnehmerähnlichen
Verhältnissen an den regulären Arbeitsmarkt ausgelie-
hen werden.

Dr. Richard Auernheimer, ehemaliger Staatssekretär
in Rheinland-Pfalz, schätzt in einer öffentlichen Anhö-
rung von Sachverständigen in Berlin am 3. Mai 2010 zur
Drucksache 16/13829 gegenüber der Bundesregierung
ein:

Die Ausschreibung führt zu einer neuen Struktur
von Anbietern, die wirtschaftlich in der Lage sind,
überall in der Bundesrepublik anzubieten und auf-
zutreten. Das Sozialraum-Prinzip wird damit aufge-
hoben, bevor es überhaupt umgesetzt werden kann.
Was vermieden werden sollte, entsteht neu. Nämlich
ein von den Anbietern vorbestimmtes Geschehen.

Wir sollten alles vermeiden, was die Integrations-
fachdienste schwächt oder über marktwirtschaftliche
Mechanismen abschafft. Die Gefahr, dass über öffentli-



gegebene Reden

Dr. Ilja Seifert


(A) (C)



(D)(B)

che Ausschreibungen mehr zerstört als produktiv ge-
macht wird, ist groß. Wenn Sachverstand, Fachkenntnis
und vertrauensvolle Beziehungen erst einmal zerstört
sind, wird es sehr schwer, sie wieder zusammenzubrin-
gen. Das beweisen die Änderungen in den rechtlichen
Regelungen zur Arbeitsvermittlung der letzten Jahre.

Der vorliegende Antrag versucht, eine solche Auflö-
sung gewachsener Strukturen zu verhindern. Deshalb
wird die Fraktion Die Linke den vorliegenden Antrag in
den Ausschüssen konstruktiv diskutieren.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709331800

Heute sprechen wir über ein sehr erfolgreiches In-

strument zur Vermittlung und Begleitung von behinder-
ten Menschen mit besonderen Problemlagen in den ers-
ten Arbeitsmarkt: die Integrationsfachdienste, IFD.

Integrationsfachdienste arbeiten träger- und schnitt-
stellenübergreifend und bieten eine Komplexleistung an,
die ein ganzes Bündel am Unterstützungsmaßnahmen
beinhaltet. Der Gesetzgeber hat mit der Verankerung
der IFDs in das SGB IX im Jahr 2000 einen umfassen-
den Auftrag beschrieben, den es sich lohnt, nochmals
genau vor Augen zu führen. So heißt es gemäß § 110
SGB IX wie folgt:


(1) Die Integrationsfachdienste können zur Teil-

habe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben

(Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung)

indem sie

1. die schwerbehinderten Menschen beraten, unter-
stützen und auf geeignete Arbeitsplätze vermitteln,

2. die Arbeitgeber informieren, beraten und ihnen
Hilfe leisten.


(2) Zu den Aufgaben des Integrationsfachdienstes

gehört es,

1. die Fähigkeiten der zugewiesenen schwerbehin-
derten Menschen zu bewerten und einzuschätzen
und dabei ein individuelles Fähigkeits-, Leistungs-
und Interessenprofil zur Vorbereitung auf den all-
gemeinen Arbeitsmarkt in enger Kooperation mit
den schwerbehinderten Menschen, dem Auftragge-
ber und der abgebenden Einrichtung der schuli-
schen oder beruflichen Bildung oder Rehabilitation
zu erarbeiten,

1a. die Bundesagentur für Arbeit auf deren Anfor-
derung bei der Berufsorientierung und Berufsbera-
tung in den Schulen einschließlich der auf jeden
einzelnen Jugendlichen bezogenen Dokumentation
der Ergebnisse zu unterstützen,

1b. die betriebliche Ausbildung schwerbehinderter,
insbesondere seelisch und lernbehinderter Jugend-
licher zu begleiten,

2. geeignete Arbeitsplätze (§ 73) auf dem allgemei-
nen Arbeitsmarkt zu erschließen,

3. die schwerbehinderten Menschen auf die vorge-
sehenen Arbeitsplätze vorzubereiten,
Zu Protokoll
4. die schwerbehinderten Menschen, solange erfor-
derlich, am Arbeitsplatz oder beim Training der be-
rufspraktischen Fähigkeiten am konkreten Arbeits-
platz zu begleiten,

5. mit Zustimmung des schwerbehinderten Men-
schen die Mitarbeiter im Betrieb oder in der
Dienststelle über Art und Auswirkungen der Behin-
derung und über entsprechende Verhaltensregeln
zu informieren und zu beraten,

6. eine Nachbetreuung, Krisenintervention oder
psychosoziale Betreuung durchzuführen sowie

7. als Ansprechpartner für die Arbeitgeber zur Ver-
fügung zu stehen, über die Leistungen für die Ar-
beitgeber zu informieren und für die Arbeitgeber
diese Leistungen abzuklären,

8. in Zusammenarbeit mit den Rehabilitationsträ-
gern und den Integrationsämtern die für den
schwerbehinderten Menschen benötigten Leistun-
gen zu klären und bei der Beantragung zu unter-
stützen.

Für die Beauftragung der Integrationsfachdienste
sind gemäß § 111 SGB IX die Integrationsämter oder die
zuständigen Rehabilitationsträger verantwortlich. Der
Jahresbericht 2009/2010 der Bundesarbeitsgemeinschaft
der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen, BIH,
zeigt, dass die Nachfrage bei den Integrationsämtern
kontinuierlich steigt. So stieg die Zahl der unterstützten
Menschen mit Behinderungen von 2005 bis 2009 um
29 Prozent, von etwa 77 600 auf rund 100 000 Perso-
nen. Weiter heißt es in dem Bericht, dass die Vermitt-
lungsquote in eine Beschäftigung bei durchschnittlich
31,7 Prozent liegt, somit konnten im Jahr 2009
7 324 schwerbehinderte Menschen vermittelt werden.
450 waren hierbei Schulabgänger oder Mitarbeiter ei-
ner Werkstatt für behinderte Menschen. Die Zahl der zu
sichernden Arbeitslätze ist in den letzten vier Jahren an-
gestiegen. Im Jahr 2009 wurden 11 027 Menschen in
Arbeit betreut, rund 75 Prozent konnten erfolgreich ge-
sichert werden. Dass auch Arbeitgeberinnen und Arbeit-
geber den Integrationsfachdienst in den letzten Jahren
immer mehr zu schätzen wissen, zeigt die Zahl der un-
mittelbaren Nachfragen aus den Betrieben und Dienst-
stellen. So besagt der BIH-Jahresbericht, dass diese
Zahl von 5 557 Fällen im Jahr 2005 auf 7 332 Fälle im
Jahr 2009 gestiegen ist.

Die Bundesagentur für Arbeit, BA, ist im Gegensatz
zu den Integrationsämtern nur noch für den Bereich der
Vermittlung zuständig. Im Rückblick war es allerdings
ein Fehler, dass der Gesetzgeber die Leistung aufgeteilt
und die BA nicht mehr als Auftraggeber eines umfassen-
den Integrationsfachdienstes vorgesehen hat. Problema-
tisch blieb in all den Jahren zudem die Beauftragung
und Finanzierung durch die Bundesagentur für Arbeit,
BA, sowie durch die SGB-II-Träger. Der in der Produkt-
information zu § 37 SGB III bzw. § 16 SGB II verein-
barte monatliche Grundbetrag reichte in der Vergangen-
heit kontinuierlich nicht aus, um kostendeckend zu
wirtschaften. Nichtsdestotrotz hob nicht zuletzt der Be-
richt der Bundesregierung über die Lage behinderter



gegebene Reden

Markus Kurth


(A) (C)



(D)(B)

Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe vom
17. Juli 2009 (Drucksache 16/13829) die guten Arbeits-
ergebnisse der Integrationsfachdienste hervor. Dies sei
insbesondere „angesichts der Tatsache, dass zum 1. Ja-
nuar 2005 die Strukturverantwortung für die Integra-
tionsfachdienste von der Bundesagentur für Arbeit auf
die Integrationsämter übergegangen ist und organisato-
rische Änderungen die Folge waren“, bemerkenswert.

Anstatt nun jedoch kontinuierlich an einer weiteren
Verbesserung der Rahmenbedingungen zu arbeiten, kün-
digte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor
einigen Monaten an, die Integrationsfachdienste fortan
nicht mehr über die sogenannte freihändige Vergabe,
sondern über den Weg der öffentlichen Ausschreibung
zu beschaffen. Als Folge dieser Ankündigung brach im
vergangenen Jahr ein regelrechter Sturm der Entrüstung
und Empörung aufseiten der Träger der Integrations-
fachdienste, Integrationsämtern und der Verbände der
Menschen mit Behinderungen los.

Dies war nicht verwunderlich, zeigten doch Erfah-
rungen mit öffentlichen Ausschreibungen durch die Bun-
desagentur für Arbeit, dass diese in den vergangenen
Jahren viel zu häufig negativ waren. Nicht nur in Einzel-
fällen ist es etwa zu erheblichen Einbußen insbesondere
bei der Vergütung des Personals, aber auch bei der Qua-
lität und Verlässlichkeit gekommen. Aus diesem Grunde
bewerten auch Bündnis 90/Die Grünen seit Jahren die
Ausschreibungspraxis durch die Bundesagentur kritisch.
Das Instrument der öffentlichen Ausschreibung kann
zwar – vernünftig angewendet – durchaus sinnvoll sein,
um Wirtschaftlichkeit und Vergleichbarkeit der Leis-
tungserbringer sicherzustellen. Es bestehen aber be-
gründete Zweifel, ob gerade die Ausschreibungen im
Bereich der Weiterbildung, Rehabilitation und Beschäf-
tigungsförderung vorrangig der Qualitätssicherung und
nicht nur der Kostenreduzierung dienen.

Mit der Ankündigung der Bundesregierung, künftig öf-
fentlich auszuschreiben, gingen sodann viele Auseinan-
dersetzungen und Unterrichtungen im federführenden
Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales einher, die
Bündnis 90/Die Grünen initiierten. Ich habe in diesem Zu-
sammenhang mehrere Aufträge an den Wissenschaftlichen
Dienst des Deutschen Bundestages vergeben, um heraus-
zufinden, ob die öffentliche Ausschreibung aus vergabe-
und europarechtlichen Gründen alternativlos sei, wie
die Bundesregierung stets behauptete. Eine Ausarbei-
tung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen
Bundestages zur Anwendung des Vergaberechts nach
§ 46 SGB III bestätigte hierbei unsere Rechtsauffassung,
wonach eine öffentliche Ausschreibung von Leistungen
Dritter – hier die Integrationsfachdienste – keineswegs
„alternativlos“ sei. Zwar ist die öffentliche Ausschrei-
bung von Rehabilitationsdienstleistungen nicht verbo-
ten. Sie ist aber auch in keinem Fall zwingend geboten
und bedarf der sorgfältigen Abwägung und Prüfung im
Einzelfall.

Unabhängig von dieser rechtlichen Frage scheint die
öffentliche Ausschreibung schlichtweg politisch gewollt.
Das geht unzweideutig aus der von uns Grünen angefor-
derten Unterrichtung durch das Bundesministerium für
Zu Protokoll
Arbeit und Soziales, BMAS, aus dem Mai 2010 hervor.
Nach Auffassung des Ministeriums seien die Integra-
tionsfachdienste bei der Vermittlung schwerbehinderter
Menschen in Arbeit schon heute regional unterschied-
lich erfolgreich. Daher sei der Einwand nichtig, eine of-
fene Ausschreibung „bedeute den Abschied vom Gedan-
ken des einheitlichen IFD“ und gefährde somit letztlich
die Qualität. Das Bundesministerium für Arbeit und So-
ziales geht sogar davon aus, dass offene Ausschreibun-
gen, sofern die Ausschreibungsunterlagen eine gute
Qualität der Maßnahmen sicherstellten, mittelfristig
„eher zu einem besseren Dienstleistungsniveau führen“.

Nicht nur aufgrund der aktuellen Ereignisse rund um
die Vergabe der Leistungen der Integrationsfachdienste
ist es erforderlich, noch einmal grundlegend über die
Ausschreibungspraxis der Bundesagentur für Arbeit zu
sprechen und unter sachlichen Gesichtspunkten zu ent-
scheiden:

Während in den 90er-Jahren arbeitsmarktbezogene
Maßnahmen grundsätzlich freihändig vergeben wurden,
werden seit dem Sommer 2003 Arbeitsmarktdienstleis-
tungen vermehrt über den Weg der öffentlichen Auf-
tragsvergabe beschafft. Der Anteil der im Bereich Ar-
beitsmarktdienstleistungen durchgeführten öffentlichen
Ausschreibungen lag im Jahr 2009 bei rund 80 Prozent.
Neben Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen
Eingliederung nach § 46 SGB III werden derzeit etwa
Maßnahmen im Bereich der beruflichen Rehabilitation
– Diagnose Arbeitsmarktfähigkeit, DIA-AM, nach § 33
SGB IX und Unterstützte Beschäftigung nach § 38 a
SGB IX – oder Fördermaßnahmen für Jugendliche
– BvB, abH, BaE, AQJ – öffentlich ausgeschrieben.

Die fünf Regionalen Einkaufszentren, REZ, in Deutsch-
land schreiben hierfür die Leistungen anhand sogenannter
Verdingungsunterlagen aus. Letztere umfassen alle verga-
berelevanten Aspekte des Leistungsumfangs, der Bieter-
auswahl, der laufenden Berichterstattung während der
Beauftragungen usw. Die Arbeitsagenturen vor Ort be-
stellen bei den REZ ihre Maßnahmen. Ziel der öffentli-
chen Auftragsvergabe war und ist eine höhere Wirt-
schaftlichkeit und Qualität in der Leistungserbringung
sowie Transparenz bei der Auftragsverteilung.

Bündnis 90/Die Grünen haben wie bereits beschrie-
ben den Prozess der Beschaffung von arbeitsmarktpoli-
tischen Maßnahmen über die öffentliche Auftragsver-
gabe stets kritisch begleitet. Auch wenn wir die Ziele
einer öffentlichen Ausschreibung nach mehr Wirtschaft-
lichkeit, Qualität und Transparenz – verbunden mit der
Hoffnung nach Einbindung kleiner, regionaler Anbieter,
zielgruppenspezifischer Angebote und hoher Planungs-
sicherheit für die Träger – stets unterstützten und für
richtig erachten, haben wir mögliche Alternativen der
Auftragsbeschaffung nie aus den Augen verloren. Ein
Grünes Fachgespräch „Optimierung der Vergabepraxis
arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen – Das aktuelle Ver-
gabeverfahren der Bundesagentur für Arbeit auf dem
Prüfstand“ vom 10. Mai 2006 offenbarte immer wieder
die Schwachstellen der öffentlichen Ausschreibung.
Diese scheinen nunmehr auch fünf Jahre nach diesem



gegebene Reden





Markus Kurth


(A) (C)



(D)(B)

Fachgespräch nicht ausgeräumt, sodass wir über Alter-
nativen sprechen sollten.

Ich bin der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e. V.,
bag arbeit, dem Zusammenschluss von fast 400 Beschäf-
tigungs- und Qualifizierungsunternehmen in Deutsch-
land, dankbar für ihre Reforminitiative zum Vergabe-
recht. Die bag arbeit schlägt vor, die öffentliche
Ausschreibung durch ein Mix aus Präqualifizierungs-
verfahren, beschränkter Ausschreibung und freihändi-
ger Vergabe zu ersetzen. Voraussetzung für alle Vergabe-
verfahren sollte nach Ansicht der bag arbeit die
Durchführung eines vorgeschalteten Zulassungsverfah-
rens zur Zertifizierung der Träger – sogenanntes Prä-
qualifizierungsverfahren – sein. Hierdurch könnten die
Verwaltungsaufwendungen reduziert und Qualitätsstan-
dards verbessert werden. Außerdem möchte die bag ar-
beit, dass die Trennung zwischen Besteller – Arbeitsa-
gentur – und Einkäufer – Einkaufszentren – wieder
aufgehoben wird und die Federführung an den lokalen
Bedarfsträger übergeht, da dieser am besten die Förder-
bedarfe der Teilnehmer berücksichtigt und die Leis-
tungsfähigkeit der Anbieter kennt. Für die Vergabe der
Maßnahmen selbst schlägt die bag arbeit eine Zweitei-
lung vor: Für Maßnahmen, die abschließend beschreib-
bar sind, sollte ein beschränktes Ausschreibungsverfah-
ren zur Anwendung kommen. Maßnahmen jedoch, die
nicht abschließend beschreibbar sind – dies betrifft ins-
besondere Maßnahmen mit innovativen Elementen –
werden über die freihändige Vergabe beschafft. Hierbei
sollen in der Regel drei geeignete Träger aufgefordert
werden, ein Angebot abzugeben. Zwar sieht die bag ar-
beit ihren Vorschlag im Einklang mit der VOL/A 2009,
damit gemäß Vergaberecht aber nicht in jedem Einzel-
fall eine Begründung für die Wahl einer beschränkten
Ausschreibung erfolgen muss, empfehlen sie jedoch eine
Klarstellung des Verordnungsgebers in einer Neufas-
sung der VOL/A 2011.

Ich denke, dass wir auf der Grundlage der Reform-
initiative der bag arbeit in den kommenden Monaten mit
allen relevanten Akteuren ins Gespräch kommen sollten,
um gemeinsam über mögliche Alternativen zu diskutie-
ren.

Die Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behin-
derungen ist weiterhin prekär. Es ist besorgniserregend,
dass vor diesem Hintergrund die Integrationsämter mit
der Veränderung des Vergabeverfahrens keine Grund-
lage mehr sehen, Vermittlungskräfte wie bisher bei den
Integrationsfachdiensten vorzuhalten. Ich habe die
große Sorge, dass wir hier ein Instrument kaputtmachen,
das doch vorweisbar erfolgreich und ermutigend war
und ist. In unruhigen schwarz-gelben Zeiten, in der der
Bundesagentur Milliarden gekürzt werden und eine Kür-
zung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen unter dem
Stichwort „Evaluation“ droht, heißt es, ganz besonders
wachsam zu sein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709331900

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/4847 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 21:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der
Vereinbarung vom 16. April 2009 über die Än-
derungen des Übereinkommens vom 5. Sep-
tember 1998 zwischen der Regierung der Bun-
desrepublik Deutschland, der Regierung des
Königreichs Dänemark und der Regierung der
Republik Polen über das Multinationale
Korps Nordost

– Drucksache 17/4809 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss


Dr. Karl A. Lamers (CDU):
Rede ID: ID1709332000

Wir beraten heute die Vereinbarung vom 16. April

2009 zwischen Deutschland, Dänemark und Polen, die
Veränderungen der Aufgaben dieses Stabes „Multinatio-
nales Korps Nordost“ in Stettin und Veränderungen des
Status dieses Hauptquartiers im Rahmen der NATO-
Kommandostruktur festschreibt.

Erlauben Sie einen Rückblick auf die Entstehungsge-
schichte dieses Korpsstabes: Er entstand 1999 aus dem
deutsch-dänischen Korpsstab Jütland, COMLANDJUT,
der bis dahin in Rendsburg, Schleswig-Holstein, statio-
niert gewesen war. Dieser Stab hatte im Rahmen der
Bündnisverteidigung die Aufgabe, im Verteidigungsfall
die Halbinsel Jütland als gemeinsame deutsch-dänische
Aufgabe zu verteidigen.

Nach den weltgeschichtlichen Umwälzungen der
90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts und nach der Auf-
lösung des Warschauer Pakts war klar, dass die NATO-
Planungen für den Verteidigungsfall nicht unverändert
fortgeführt werden konnten. Zwar war Deutschland nun
– wie sich der damalige Verteidigungsminister Rühe
ausdrückte – nur noch von Freunden umgeben, aber
trotzdem blieb die Bündnisverteidigung als Hauptauf-
gabe der NATO bestehen. Gerade dieser Stabilitätsraum
der NATO übte ja sehr große Anziehungskraft auf die
ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten und einen Teil der
Nachfolgestaaten der Sowjetunion aus, und es gab ein
sehr großes Bedürfnis dieser Länder, Teil dieses Stabili-
tätsraumes zu werden.

Daher war es nicht verwunderlich, dass die Regierun-
gen Deutschlands, Dänemarks und Polens am 5. Septem-
ber 1998 eine Übereinkunft schlossen über die Transfor-
mation des bisherigen Hauptquartiers LANDJUT in ein
trinationales Hauptquartier der drei Ostsee-Anrainer-
staaten. Wohlgemerkt: Polen war zu diesem Zeitpunkt
noch nicht NATO-Mitglied, und so ist diese Vereinba-
rung zu einem Meilenstein der Integration dieses ehe-
maligen Mitgliedstaates des Warschauer Pakts in den
Sicherheitsraum der NATO geworden. Gewiss bedeutete
dies nicht, dass von dieser Vereinbarung schon eine
volle Schutzwirkung des Bündnisses für Polen entstand.
Aber die Gründung dieses Korpsstabes in der pommer-
schen Metropole Stettin, Polen, war so etwas wie ein Si-

Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)



(A) (C)



(D)(B)

gnal für die im Jahr darauf vollzogene Aufnahme Po-
lens, Tschechiens und Ungarns in die NATO. Der neue
Korpsstab war zunächst nicht Teil der Kommandostruk-
tur der NATO. Aber er entwickelte sich weiter. 2004 ka-
men neue Aufgaben auf den Stab zu, als im Rahmen der
zweiten Erweiterungsrunde der NATO die ehemaligen
Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen dem
Bündnis beitraten. Nun suchte das Bündnis nach Mög-
lichkeiten, diese und andere der neuen Mitglieder in das
Bündnis zu integrieren.

In dieser Lage schlugen Deutschland, Dänemark und
Polen der NATO vor, den Multinationalen Korpsstab
Nordost, MNCNE, als Hauptquartier für Kräfte niederer
Verfügbarkeit in die Kommandostruktur des Bündnisses
zu integrieren. Der NATO-Rat fasste daraufhin am
26. August 2004 den Beschluss, das MNCNE in die
NATO-Streitkräftestruktur einzubinden. Der Korpsstab
in Stettin erhielt damit den Status eines internationalen
militärischen Hauptquartiers.

Die Aufgaben, die der Stab MNCNE nun im Rahmen
der NATO zu erfüllen hatte, waren und sind die Befähi-
gung zur Führung von multinationalen Großverbänden
im Rahmen von Operationen der NATO, die Beteiligung
an friedenserhaltenden Operationen und zur Hilfeleis-
tung bei Katastrophen größeren Ausmaßes. Vielleicht
die wichtigste Funktion war und ist jedoch die Integra-
tion neuer Mitglieder in die Bündnisstrukturen und die
Stabilisierung der Nord- bzw. Nordostflanke der NATO.
Die drei Gründerstaaten waren nun nicht mehr allein:
Estland, Lettland und Litauen traten 2004 bei, die Slo-
wakische und die Tschechische Republik 2005, die Verei-
nigten Staaten von Amerika 2006, Rumänien 2008 und
Slowenien 2009.

Die am 16. April 2009 zwischen Deutschland, Däne-
mark und Polen in Stettin gezeichnete Vereinbarung
nahm all diese Veränderungen der letzten Jahre in den
Blick und schaffte einen Rechtsrahmen für die künftige
Arbeit des Korpsstabes Nordost in Stettin. Deutschland,
Dänemark und Polen fungieren weiterhin als Rahmen-
staaten, die wesentliche Beiträge zur Führung, Organi-
sation und Finanzierung des Hauptquartiers Nordost
leisten. Die übrigen bereits genannten Staaten sind Teil-
nehmerstaaten und leisten ihre Beiträge, sind jedoch
nicht für die Führung und Organisation des Hauptquar-
tiers zuständig.

Das NATO-Hauptquartier MNCNE hat in all den
Jahren seit der Gründung 1999 wichtige Beiträge zum
Funktionieren und Zusammenwachsen des Bündnisses
geleistet. Der multinationale Stab, in dem heute elf Nati-
onen vertreten sind, hat bereits in zwei Einsätzen jeweils
ein halbes Jahr lang im Rahmen der ISAF in Afghanis-
tan seine Einsatz- und Führungsfähigkeit unter Beweis
gestellt. Dabei hat er sich auch unter kriegsmäßigen
Einsatzbedingungen als Kommandobehörde der NATO
voll und ganz bewährt.

Deutschland als größter Partner in diesem Stab leis-
tete von Anfang an wichtige Beiträge. Deutschland stellt
58 Offiziere und Unteroffiziere in diesem Stab; weitere
20 Soldaten und Beamte der Wehrverwaltung sind zu de-
ren Unterstützung in Stettin tätig. Das Kommando des
Zu Protokoll
Stabes rotiert zwischen Deutschland, Dänemark und
Polen. Deutschland hat im Gegensatz zu Dänemark und
Polen die Vereinbarung von 2009 noch nicht ratifiziert.
Es ist nun höchste Zeit, dass wir dem Beispiel der beiden
anderen Partnerländer folgen und diesen mit der Unter-
zeichnung das Gefühl vermitteln, dass uns die Angele-
genheit des MNCNE nach wie vor sehr wichtig ist.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmt dem Ge-
setz der Bundesregierung zu.


Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1709332100

Frieden ist nach Karl Jaspers nur in Kooperation und

nicht in abgegrenzter Koexistenz. Außen- und sicher-
heitspolitisch beispielhaft belegt dies die multinationale
Einbindung der Bundeswehr in die EU und die NATO.
Das Zusammenwirken unterschiedlich leistungsfähiger
Verbände in multinationalen Strukturen, die sich in Aus-
bildung, Ausrüstung, Tradition, Sprache und vor allem
auch in den Führungsphilosophien unterscheiden, ist
ein wertvoller und richtiger Schritt zu mehr Synergie
und auch haushalterisch gebotener europäischer sicher-
heitspolitischer Zusammenarbeit. Nach dem Wegfall der
Bedrohung durch den Warschauer Pakt wurden erhebli-
che Streitkräftereduzierungen erreicht, sodass allein
dadurch mehr Zusammenarbeit geboten war, um alle mi-
litärischen Aufgabenfelder wahrzunehmen. Darüber hi-
naus dürfen aber auch die friedenspolitischen Aspekte
nicht übersehen werden; so ist die Aufstellung multina-
tionaler Streitkräfte auch ein Beitrag zur gemeinsamen
Sicherheit zur Vertrauensbildung zwischen Völkern und
Staaten.

Das Multinationale Korps Nordost, MNK NO, ist ei-
nes der Hauptquartiere der NATO zur Führung von
Operationen und ist heute ein wichtiger Bestandteil der
NATO-Kommandostruktur in Europa. Der Korpsstab,
der im Frieden keine Truppen führt, ist befähigt zur Füh-
rung multinationaler Großverbände im Rahmen der
Bündnisverteidigung der NATO, zur Beteiligung an frie-
denserhaltenden Operationen und zur Hilfeleistung bei
Naturkatastrophen. Das MNK NO hat sich eine Schlüs-
selrolle bei der Integration neuer Mitglieder im Rahmen
der NATO-Osterweiterung erarbeitet. Nachdem beim
NATO-Gipfel in Madrid 1997 den vormaligen Ostblock-
staaten Polen, Ungarn und Tschechien ein NATO-Bei-
tritt angeboten worden war, einigten sich die Verteidi-
gungsminister Dänemarks, Deutschlands und Polens am
16. April 1998 auf die Aufstellung eines gemeinsamen
Korps. Ausgehend vom deutsch-dänischen Korps
LANDJUT wurden Truppen aus Polen nach dessen
NATO-Beitritt in das Korps integriert. Bereits am
5. September 1998, noch vor dem auf den 12. März 1999
terminierten Beitritt, unterzeichneten sie in Stettin das
Übereinkommen zur Bildung des Korps, in dem dessen
Grundlagen festgelegt wurden.

Neben dieser militärpolitischen Integrationsfunktion
des Korps steht es grundsätzlich für NATO-Einsätze zur
Verfügung. Der Korpsstab wurde bereits zweimal erfolg-
reich im Rahmen der Internationalen Sicherheits- und
Unterstützungstruppe für jeweils sechs Monate in Af-



gegebene Reden

Roderich Kiesewetter


(A) (C)



(D)(B)

ghanistan eingesetzt und konnte so seine besondere Eig-
nung für Einsätze unter Beweis stellen.

In dem Übereinkommen vom 5. September 1998 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland,
der Regierung des Königreichs Dänemark und der Re-
gierung der Republik Polen über das Multinationale
Korps Nordost sind die Aufgaben und Aufträge des Mul-
tinationalen Korps Nordost in Stettin geregelt. Gemein-
sames Verständnis und Ziel der Vertragsstaaten seiner-
zeit im Jahr 1998 war es, das Hauptquartier des Korps
als multinationales Hauptquartier außerhalb der NATO-
Kommandostruktur zu errichten. Nach über 20 Jahren
muss das Übereinkommen aber jetzt an neue Gegeben-
heiten angepasst werden.

Die neue Streitkräftestruktur der NATO, die im Juli
2002 vom Nordatlantikrat gebilligt worden ist, besteht
aus aktiven und mobilmachungsfähigen Land-, Luft- und
Seestreitkräften, die sich in unterschiedlichen Bereit-
schaftsstufen befinden, um auf das gesamte Spektrum
möglicher Bedrohungen und Risiken reagieren zu kön-
nen. Vor dem Hintergrund dieser strategischen Neuaus-
richtung der NATO wurde im April 2004 durch die Ver-
tragsstaaten entschieden, das Hauptquartier des Korps
in Stettin weiterzuentwickeln. Durch Beschluss des
Nordatlantikrats vom 26. August 2004 wurde das Haupt-
quartier des Multinationalen Korps Nordost in die
NATO-Streitkräftestruktur eingebunden. Zudem wurde
ihm durch diesen Beschluss mit Wirkung zum 31. August
2004 der Status eines internationalen militärischen
NATO-Hauptquartiers unter Anwendung des Protokolls
vom 28. August 1952 über die Rechtsstellung der auf-
grund des Nordatlantikvertrags errichteten internatio-
nalen militärischen Hauptquartiere verliehen.

Maßgeblich prägend für die Neuausrichtung des
Korps ist das Kriterium der Multinationalität. Es fordert
die Öffnung des Korps für Beteiligungen anderer NATO-
Staaten, ohne dass diese zwingend als Rahmenstaaten,
sogenannte Framework Nations, dem Übereinkommen
vom 5. September 1998 beitreten. Diese Staaten als Teil-
nehmerstaaten, sogenannte Participating Nations, leis-
ten ihre Beiträge durch die Bereitstellung von Personal
und Finanzmitteln und sind im Gegensatz zu den Rah-
menstaaten nicht für Struktur, Funktionsfähigkeit und
Finanzierung des Hauptquartiers und nicht für die Füh-
rung des Korps verantwortlich. Als Teilnehmerstaaten
beteiligen sich bereits acht weitere Staaten am Multina-
tionalen Korps Nordost: Estland, Lettland und Litauen
seit 2004, die Slowakei und die Tschechische Republik
seit 2005, die Vereinigten Staaten seit 2006, Rumänien
seit 2008 und Slowenien seit 2009. Durch die Erfüllung
verschiedenster Kriterien konnte mit dem Beschluss des
Nordatlantikrats im Februar 2006 das Hauptquartier
des Multinationalen Korps Nordost als Hauptquartier
für Kräfte niedriger Verfügbarkeit im Rahmen der
NATO-Streitkräftestruktur anerkannt werden.

Das sind erfreuliche Entwicklungen, die die Erfolgs-
geschichte des MNK NO aufzeigen und wiederum ver-
deutlichen, dass auch der gesetzliche Rahmen von 1998
angepasst werden muss. Deshalb wurde am 16. April
2009 in Stettin die uns vorliegende Vereinbarung zwi-
Zu Protokoll
schen der Regierung der Republik Polen, der Regierung
des Königreichs Dänemark und der Regierung der Bun-
desrepublik Deutschland über die Änderungen des
Übereinkommens zwischen der Regierung der Republik
Polen, der Regierung des Königreichs Dänemark und
der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über
das Multinationale Korps Nordost in englischer Sprache
unterzeichnet. In dieser Änderungsvereinbarung werden
die Regelungen zum Rechtsstatus des Hauptquartiers
angepasst, die Aufgaben und Aufträge des Multinationa-
len Korps Nordost neu gefasst sowie die Bestimmungen
zum Haushalt des Multinationalen Korps Nordost geän-
dert. Ferner werden Begriffe deutlicher gefasst, damit
durch die Multinationalität des Korps jetzt klarer zwi-
schen den Rahmenstaaten und den Teilnehmerstaaten
unterschieden werden kann.

Im Verlauf seiner zehnjährigen Geschichte hat sich
die Anzahl der am MNK NO beteiligten NATO-Staaten
kontinuierlich erhöht. Heute leisten Soldaten aus elf Na-
tionen ihren Dienst im Stab des MNK NO: Die Grün-
dungsnationen des Korps – Deutschland, Dänemark und
Polen – nahmen im Verlauf der letzten Jahre zunächst
die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen,
später Tschechien, die Slowakei und die USA sowie in
der jüngsten Vergangenheit Rumänien und Slowenien
auf. Am Stab des Korps sind neun NATO-Bündnispart-
ner beteiligt, federführende Truppensteller sind aber die
drei Gründungsnationen Deutschland, Dänemark und
Polen. Damit hat sich das Korps in den vergangenen
13 Jahren seit seiner Gründung als Integrationsinstru-
ment in außergewöhnlichem Maße bewährt und
Deutschlands außen- und sicherheitspolitische Rolle im
unmittelbaren europäischen Umfeld gefestigt, für Ver-
trauen gesorgt und auch die Zusammenarbeit unter un-
seren Nachbarstaaten spürbar verbessert.

20 Jahre nach der Wiedervereinigung freut es mich,
feststellen zu können, dass die europäische Integration
nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sicherheitspoli-
tisch, auch dank des Multinationalen Korps Nordost, er-
hebliche Fortschritte gemacht hat. Mit Blick auf die
künftig notwendige weitergehende sicherheitspolitische
Integration Europas ist Deutschland durch seine Beteili-
gung an multinationalen Korps, zum Beispiel auch mit
dem Eurokorps und dem Deutsch/Niederländischen
Korps gut vorbereitet für eine weitere, noch tiefere si-
cherheitspolitische Zusammenarbeit auf europäischem
Boden. Und darum geht es uns. Nicht zuletzt aufgrund
seiner geografischen Lage als derzeit einziges Haupt-
quartier ostwärts des ehemaligen Eisernen Vorhanges
kommt dem Stettiner Korps eine Schlüsselfunktion bei
der Integration neuer NATO-Mitglieder zu.

Neben den Einsätzen, die das MNK NO zum Beispiel
zweimal im Rahmen von ISAF leistete, ist der wichtigere
Auftrag die Integration der neuen östlichen NATO-
Partner und deren Heranführung an die NATO-Kom-
mandostruktur und -verfahren, sowie die glaubhafte Sta-
bilisierung der NATO-Nordostflanke. Darum ist es not-
wendig und richtig, den Gründungsvertrag zwischen
Dänemark, Deutschland und Polen von 1998 entspre-
chend zu ändern. Deutschland hat als einziger Vertrags-
partner den Vertrag noch nicht ratifiziert. Die CDU/



gegebene Reden

Roderich Kiesewetter


(A) (C)



(D)(B)

CSU-Bundestagsfraktion stimmt dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung zu, weil es notwendig ist. Das MNK
NO braucht eine verlässliche und aktualisierte Rechts-
grundlage für die gewachsenen Herausforderungen.
Schaffen wir diesen Rahmen!


Lars Klingbeil (SPD):
Rede ID: ID1709332200

Das Multinationale Korps Nordost ist seit elf Jahren

ein vorbildliches Beispiel für gelungene militärische
Zusammenarbeit. Die ursprüngliche Idee, das Haupt-
quartier des Korps als multinationales Hauptquartier
außerhalb der NATO-Kommandostruktur zu etablieren,
ist durch die strategische Neuausrichtung der NATO
hinfällig geworden. Seither wurde das Hauptquartier
des Korps zu einem sogenannten Hauptquartier für
Kräfte niedriger Verfügbarkeit weiterentwickelt und in
die NATO-Streitkräftestruktur eingegliedert. Hierfür
wurden technische Veränderungen im Übereinkommen
vom 5. September 1998, welches die Bundesrepublik
Deutschland zusammen mit dem Königreich Dänemark
und der Republik Polen unterzeichnet hatte, nötig. Die-
sen Änderungen können wir so zustimmen.

Durch die Änderungen wurde auch die Multinationa-
lität des Korps möglich gemacht. Somit können sich nun
andere NATO-Staaten am Korps beteiligen, ohne dass
sie zwingend als Rahmenstaaten dem Übereinkommen
beitreten müssen. Diese Teilnehmerstaaten leisten ihre
Beiträge durch Personal und Finanzmittel. In jeder Hin-
sicht also ein gelungenes Beispiel für multinationale Zu-
sammenarbeit! So beteiligten sich seit 2004 Estland,
Lettland, Litauen, die Slowakei, die Tschechische Repu-
blik, die Vereinigten Staaten von Amerika, Rumänien
und Slowenien am Korps. Darüber hinaus war der
Korpsstab bereits zweimal im Rahmen von ISAF über je-
weils sechs Monate in Afghanistan im Einsatz. Unser
Dank und Respekt gilt allen Soldatinnen und Soldaten,
die sich daran beteiligt haben.

Es muss unser Ziel sein, die erfolgreiche multinatio-
nale Zusammenarbeit über das operative Level hinaus
zu intensivieren. Die verschiedenen Streitkräfte der
NATO-Staaten stehen allen ähnlichen Herausforderun-
gen gegenüber. Wir müssen uns also in anderen Berei-
chen besser koordinieren und so Synergieeffekte möglich
machen. Ich denke hierbei zum Beispiel an die Beschaf-
fung oder an eine bessere und langfristige Aufgabentei-
lung. Lassen Sie uns das erfolgreiche Konzept des Mul-
tinationalen Korps Nordost als Anlass nehmen, um die
multinationale Zusammenarbeit zu intensivieren!


Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1709332300

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges war es Westeuropa

vergönnt, in Frieden und Stabilität zu leben. Die Ursa-
che für diese Entwicklung liegt im Willen zur europäi-
schen Integration und in dem klaren Bekenntnis zur
transatlantischen Partnerschaft. Eine der wichtigsten
Säulen deutscher Sicherheitsarchitektur ist die Mitglied-
schaft in der NATO. Seit 1955 ist Deutschland in dieses
Verteidigungsbündnis eingebunden, das darüber hinaus
auch einen gemeinsamen Wertekanon besitzt. Dies sind
Zu Protokoll
die Förderung demokratischer Prozesse sowie die Si-
cherung des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes
der Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten. Seit
der Wiedervereinigung unseres Landes haben wir auf
dem internationalen Parkett verstärkt Verantwortung
übernommen und sind damit auch den Erwartungen un-
serer europäischen und transatlantischen Partner nach-
gekommen.

Grundlegendes Merkmal einer gemeinsamen Vertei-
digungsarchitektur sind multinationale Hauptquartiere,
denen im Ernstfall die Truppen aus verschiedenen Mit-
gliedstaaten unterstehen. Das Multinationale Korps
Nordost in Stettin wurde 1998 durch das Königreich Dä-
nemark, die Republik Polen und die Bundesrepublik
Deutschland aus der Taufe gehoben. Es sollte den drei
Ländern die Möglichkeit einer engeren militärischen
Kooperation auch als vertrauensbildende Maßnahme
bieten.

Im Jahr 2004 wurde vor dem Hintergrund der strate-
gischen Neuausrichtung der Allianz beschlossen, das
Korps der NATO als einen weiteren Bestandteil der ge-
meinsamen Streitkräftearchitektur anzubieten. Gleich-
zeitig wurde es im Zuge der NATO-Osterweiterung auch
für neue Mitgliedsländer geöffnet. Die baltischen Staa-
ten sind genauso vertreten wie die Tschechische Repub-
lik und die Slowakei, Rumänien, Slowenien. Damit liegt
der Fokus des Multinationalen Korps Nordost auf Ost-
und Südosteuropa. Deutschland als zentraleuropäische
Nation kommt dabei seiner Mittlerfunktion nach und
schafft so die Voraussetzung für eine Einbindung der
noch jungen NATO-Mitgliedstaaten in das bestehende
Verteidigungsbündnis.

Das Hauptquartier ist dabei im Rahmen von Einsät-
zen innerhalb der NATO, der Vereinten Nationen oder
regionaler Kooperationen flexibel einsetzbar. Angehö-
rige des Stettiner Hauptquartiers waren im Rahmen der
International Security Assistance Force sowohl 2007 als
auch 2010 im ISAF-Hauptquartier in Kabul eingesetzt.
Damit sammelte das Personal die notwendigen Erfah-
rungen, um auch in Zukunft schnell und flexibel auf
komplexe und sich verändernde sicherheits- und vertei-
digungspolitische Herausforderungen reagieren zu kön-
nen.

Im Falle Deutschlands ist dabei die Befassung des
Parlamentes die notwendige Voraussetzung, deutsche
Soldaten in einen Auslandseinsatz entsenden zu können.
Aufgrund der geschilderten Entwicklungen der letzten
Jahre wurde es erforderlich, das Übereinkommen aus
dem Jahr 1998 gemäß dem vorliegenden Gesetzentwurf
anzupassen. Dabei lässt sich konstatieren, dass dies
ohne eine Mehrbelastung des Haushaltes gelingen wird.

Die Nordatlantische Allianz bleibt auch in Zukunft
die wichtigste Säule deutscher Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik. Internationale Kooperationen wie das
Multinationale Korps Nordost schaffen dabei Vertrauen,
und sie sparen langfristig Ressourcen. Daher ist dem
vorliegenden Gesetzentwurf aus Sicht der FDP-Bundes-
tagsfraktion zuzustimmen.



gegebene Reden

(A) (C)



(D)(B)


Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709332400

Das neue Strategische Konzept der NATO, das im

letzten Herbst in Lissabon verabschiedet wurde, lässt
keinen Zweifel: Die NATO soll als eine Art selbster-
nannter Weltpolizist überall auf der Welt vor allem die
sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen
der NATO-Staaten durchsetzen. Dafür sollen jetzt die
Strukturen des Militärbündnisses optimiert werden. Die
heute vorliegende Regierungsvereinbarung zwischen
Dänemark, Deutschland und Polen zur Änderung der
1998 vereinbarten Arbeitsgrundlage des Multinationa-
len Korps Nordost dient genau diesem Zweck. Im Rah-
men des NATO-internen Zulassungsprozesses für ein
solches Hauptquartier ist es unter anderem erforderlich,
die bisherigen Kooperationsbeziehungen zu den ande-
ren elf NATO-Streitkräften, die derzeit das Personal für
die Stäbe stellen, auf eine andere Arbeits- und Rechts-
grundlage zu stellen. Das Korps soll geöffnet werden für
andere NATO-Staaten, um damit auch eine verbesserte
Einsatzfähigkeit als verlegbares Hauptquartier für In-
terventionseinsätze zu erreichen.

Im Klartext gesprochen: Es könnte sein, dass bei der
nächsten Militärintervention à la Afghanistan das Mul-
tinationale Korps Nordost die Koordination im Einsatz
übernimmt. Quasi als Probelauf wurden 2007 und 2010
jeweils für sechs Monate bereits Teile des Korpsstabes
in die Führungsstrukturen im ISAF-Hauptquartier Ka-
bul integriert. 2014 ist wohl eine erneute Beteiligung ge-
plant.

Die Linke lehnt dies ab. Deutschland bzw. die Bun-
deswehr wäre gut beraten, sich aus dieser militärischen
Integration zurückzuziehen. Hier werden Sachzwänge
und Automatismen geschaffen, hinter denen sich die Re-
gierung im Zweifelsfall bequem verstecken kann – denn
ohne das Bundeswehrpersonal, das etwa 80 Personen
umfasst, wäre der Korpsstab kaum einsetzbar.

Was der Einsatz eines solchen Korpsstabes bedeuten
kann, wurde und wird in Afghanistan vorexerziert. Ob-
wohl bis 2009 gegenüber der deutschen Öffentlichkeit
noch die Illusion eines Stabilisierungseinsatzes in Af-
ghanistan gepflegt wurde und sich die Bundeswehr offi-
ziell auf den Norden als Einsatzgebiet beschränkte, war
man im Hauptquartier in Kabul auch mit deutschen Of-
fizieren vertreten. Und es war und ist das ISAF-Haupt-
quartier, das die Listen für die gezielten Tötungen erar-
beitet, das das Vorgehen bei Einsätzen der Kampf-
flugzeuge und bei Hausdurchsuchungen koordiniert. Vor
allem aber symbolisiert der vorliegende Gesetzentwurf
das ungebrochene Festhalten der Bundesregierung an
der allgemeinen strategischen Ausrichtung der NATO.
Die negativen Erfahrungen der letzten zehn Jahre, nicht
nur mit dem ISAF-Einsatz, sondern auch mit dem US-
geführten globalen Krieg gegen den Terrorismus oder
mit der gewaltsamen Kontrolle internationaler Seewege,
werden ausgeblendet. Geht es nach dem Willen der Bun-
desregierung, soll das Multinationale Korps Nordost
auch in Zukunft für solche Aufgaben Gewehr bei Fuß
stehen – ungeachtet der ernsten Konsequenzen für die
internationale Sicherheit. Dies ist der falsche Weg. Mehr
Frieden und mehr Sicherheit wird es nur mit weniger
NATO geben.
Zu Protokoll

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709332500

Wir diskutieren heute über das sogenannte Multinati-

onale Korps Nordost, einen multinationalen Streitkräfte-
verband der NATO mit einem Stabshauptquartier im
polnischen Szcezcin bzw. Stettin.

Lassen Sie mich zunächst sagen, dass das Multinatio-
nale Korps Nordost aus meiner Sicht ein hervorragen-
des Beispiel für den positiven Wandel der Sicherheitspo-
litik in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges ist.
1962 wurde das erste und einzige multinationale Korps
der NATO, das deutsch-dänische Korps LANDJUT ins
Leben gerufen. 1998 wurde beschlossen, diesen Verband
zu einem trinationalen Korps unter Beteiligung Polens
weiterzuentwickeln und das Hauptquartier des Stabes
nach Szcezcin, Stettin, zu verlegen.

Wenngleich Polen, Dänemark und Deutschland die
Truppensteller dieses integrierten Verbandes sind, so
beteiligen sich mittlerweile elf Staaten, darunter Slowe-
nien und die baltischen Staaten, an der laufenden Stabs-
arbeit in Stettin. Das ist aus meiner Sicht ein wichtiges
Signal und Symbol für den europäischen Integrations-
prozess auch im Bereich der Sicherheitspolitik. Auf der
anderen Seite diskutieren wir ja heute über die Anpas-
sung des Korps, die aus Sicht der Bundesregierung nötig
ist, weil sich die Vertragsstaaten im April 2004 entschie-
den haben, das Hauptquartier des Korps in ein soge-
nanntes Hauptquartier für Kräfte niedriger Verfügbar-
keit weiterzuentwickeln.

Hier gibt es aus meiner Sicht erheblichen Klärungs-
bedarf. Diese Entscheidung ist nicht nur sieben Jahre
her. Sie wurde auch auf der Grundlage des damaligen
Strategischen Konzepts aus dem Jahr 1999 sowie der
2002 gebilligten neuen Streitkräftestruktur getroffen.
Seitdem ist in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik
in Europa und darüber hinaus viel geschehen: Der
Krieg in Afghanistan – militärisch durch die NATO ge-
führt – ist in seinem zehnten Jahr. Gleichzeitig hat sich
die NATO auf dem Gipfel in Lissabon im vergangenen
Jahr ein neues Strategisches Konzept gegeben. NATO-
Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat wieder-
holt betont, dass die NATO effizienter und strukturell
schlanker werden soll. Stäbe, Ausschüsse und Haupt-
quartiere sollen reduziert werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich mich dann aber
schon, inwiefern das Multinationale Korps Nordost in
der jetzigen Form und Ausgestaltung in der künftigen
Struktur der NATO seinen Platz hat. Wir reden hier
heute quasi über die Nachwehen einer Entscheidung aus
dem Jahr 2004!

Deshalb fordere ich die Bundesregierung dringend
auf, hier Klarheit zu schaffen. Dem Deutschen Bundes-
tag wurde bisher nicht schlüssig auseinandergesetzt,
welche Teile der 2002 gebilligten Streitkräftestruktur
der NATO weiter Bestand haben sollen. Welche militäri-
schen, multinationalen Verbände sollen künftig beste-
hen, und wie sollen sie organisiert werden? Und vor al-
lem: Welche Aufgaben sollen ihnen zukommen? Das
Strategische Konzept der NATO schweigt sich hier mit
Blick auf die wirklich wichtigen Details aus. Ich hoffe,
dass wir in den weiteren Beratungen in den Ausschüssen



gegebene Reden





Omid Nouripour


(A) (C)



(D)(B)

bis zur zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfes
noch informiert werden und diesen Klärungsbedarfen
Rechnung getragen wird. Ansonsten hielte ich eine Zu-
stimmung zum Vorschlag der Bundesregierung hierzu
für schwierig.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709332600

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-

fes auf Drucksache 17/4809 an den Verteidigungsaus-
schuss vorgeschlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? –
Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Tagesordnungspunkt 22:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ilja
Seifert, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Mitgliedschaft in der International Organisa-
tion of Social Tourism

– Drucksache 17/4844 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss


Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1709332700

Mit dem vorliegenden Antrag soll die Bundesregie-

rung aufgefordert werden, dass Deutschland umgehend
einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Internationalen
Organisation für Sozialtourismus, OITS, stellt und dort
auch aktiv mitarbeitet. Begründet wird das mit der damit
verbundenen Möglichkeit der direkten Einflussnahme
auf die Fortentwicklung des Sozialtourismus auf euro-
päischer Ebene, dem Kennenlernen guter Praxisbei-
spiele in anderen Staaten sowie der möglichen Nutzung
dieser Beispiele auf nationaler Ebene.

Der Antrag weist zu Recht darauf hin, dass die Teil-
habe aller Bevölkerungskreise am Tourismus erklärtes
Ziel der Bundesregierung ist. In den Tourismuspoliti-
schen Leitlinien der Bundesregierung vom Dezember
2008 heißt es: Auch Menschen mit gesundheitlichen, so-
zialen oder finanziellen Einschränkungen sollen reisen
können. – Dazu stehen wir.

Deshalb fördert die Bundesregierung bereits in er-
heblichem Umfang den Bau und die Einrichtung von Fa-
milienferienstätten, Jugendbildungs- und Begegnungs-
stätten, Jugendherbergen, die internationale Jugend-
arbeit im Rahmen des Kinder- und Jugendplans des
Bundes sowie den gezielten bilateralen Jugendaus-
tausch über das Deutsch-Französische Jugendwerk und
das Deutsch-Polnische Jugendwerk. Darüber hinaus
fördert die Bundesregierung Projekte der Nationalen
Koordinierungsstelle Tourismus für Alle, NatKo, und
der Arbeitsgemeinschaft Behinderung und Medien, abm.
Mit dieser Projektförderung soll ein Beitrag zur aktiven
Freizeitgestaltung einschließlich des Reisens für Men-
schen mit chronischer Erkrankung und Behinderung ge-
leistet werden. Denn: Barrierefreies Reisen ist ein wich-
tiges Element für die Teilhabe von Menschen mit
Behinderungen am gesellschaftlichen Leben.

Wie Sie sehen, engagiert sich die Bundesregierung
bereits in vielfältiger Weise für die Förderung des soge-
nannten Sozialtourismus, der in einzelnen Ländern im
Übrigen durchaus unterschiedlich interpretiert wird und
nicht einheitlich definiert ist. Zudem unterstützen auch
die Bundesländer Familien mit relativ geringem Ein-
kommen bei der Finanzierung gemeinsamer Ferien in
einer gemeinnützigen Familienferienstätte mit Individu-
alzuschüssen.

Auf lokaler Ebene gibt es weitere Programme zur
Kinder- und Jugenderholung, etwa in Ferienlagern, die
über Jugendämter, von freien Trägern und aus öffentli-
chen Mitteln finanziert werden.

Ein möglicher Nutzen einer Mitgliedschaft Deutsch-
lands in der bisher relativ unbekannten Internationalen
Organisation für Sozialtourismus ist nur schwer erkenn-
bar. So sind etwa Praxisbeispiele anderer Staaten oder
Perspektiven des Sozialtourismus auf europäischer
Ebene schon Gegenstand des Projektes „Calypso“ der
Europäischen Kommission, auf das auch ausdrücklich
auf der Internetseite der OITS hingewiesen wird.

Ziel von „Calypso“ ist die Förderung des grenzüber-
schreitenden Austausches für Touristen benachteiligter
Zielgruppen in Europa außerhalb der Saison. Dabei sol-
len mit staatlichen Mitteln finanzierte Urlaubsreisen be-
stimmter Bevölkerungsgruppen in andere Mitgliedstaa-
ten organsiert werden.

Mit diesem Projekt haben wir uns im vergangenen
Monat intensiv im Tourismusausschuss beschäftigt. Eine
Bestandsaufnahme der sogenannten bewährten Prakti-
ken in den zunächst 21 teilnehmenden Mitgliedstaaten
kam aber zu dem Schluss, dass sich die Praktiken weder
vergleichen noch bewerten lassen, weil sie sehr unter-
schiedlich ausgestaltet sind und auch sehr unterschied-
lichen touristischen Traditionen unterliegen, insbeson-
dere in den südeuropäischen Mitgliedstaaten. In dieser
Studie konnte nicht belegt werden, wie die dargestellten
Praktiken oder daraus abgeleiteten möglichen europäi-
schen Programme sich wirtschaftlich auswirken. Die ge-
plante Ausgestaltung von „Calypso“ lässt die Entste-
hung eines Subventionswettlaufs zwischen den Mit-
gliedstaaten befürchten mit der Gefahr, dass sich finan-
ziell selbsttragende Angebotsstrukturen zugunsten sub-
ventionsabhängiger Strukturen verdrängt würden. Eine
solche mögliche Entwicklung lehnen wir strikt ab.

Die Bundesregierung hat zu Recht darauf hingewie-
sen, dass es sich haushaltspolitisch nicht rechtfertigen
ließe, mit staatlichen Mitteln den Urlaub bestimmter Be-
völkerungsgruppen in anderen Mitgliedstaaten zu finan-
zieren. Mit anderen Worten: Wollen wir wirklich, dass
deutsche Steuerzahler den Urlaub beispielsweise däni-
scher Rentner in Spanien finanzieren, um dort im Winter
die dortigen Hotels besser auszulasten? Das kann doch
wohl nicht wahr sein!

Wir sind der Bundesregierung daher sehr dankbar,
dass sie in einem Bericht für den Tourismusausschuss
diese Initiative abgelehnt hat, da sie weder unter sozia-

Marlene Mortler


(A) (C)



(D)(B)

len noch unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten
zu rechtfertigen sei. Wir stimmen der Bewertung zu, dass
ein solches Austauschprogramm weder wünschenswert
noch praktikabel, umsetzbar oder finanzierbar wäre,
ganz zu schweigen von der Ausgrenzung der betroffenen
Menschen, die sich als Reisende zweiter Klasse fühlen
müssten. Deutschland wird sich deshalb auch in Zukunft
nicht an diesem EU-Projekt beteiligen.

Es gibt auch formale Gründe, die gegen das Ziel des
vorliegenden Antrags sprechen. So sind Mitglieder der
OITS bisher fast ausschließlich private und öffentliche
Organisationen, die meist gemeinnützige Ziele verfol-
gen. Dazu gehören nach Aussage der OITS nationale
Tourismusorganisationen, Urlaubszentren, Jugendher-
bergsnetzwerke, Gewerkschaftsorganisationen, Koope-
rativen, Nichtregierungsorganisationen und Bildungs-
einrichtungen. Dies ist also eigentlich eine klassische
internationale Nichtregierungsorganisation.

Nur wenige Länder sind offensichtlich über einzelne
Ministerien oder staatliche Organisationen Mitglied,
zum Beispiel Frankreich oder Spanien, wo der soge-
nannte Sozialtourismus eine lange historische Tradition
hat. Damit erscheint es formal und inhaltlich sehr frag-
lich, ob Deutschland als Land Mitglied werden soll oder
kann. Neben den aus öffentlichen Mitteln und von ge-
meinnützigen Organisationen unterstützen Urlaubsan-
geboten sollten wir aber auf gar keinen Fall die vielfäl-
tigen Möglichkeiten aus den Augen verlieren, die der
Tourismusstandort Deutschland schon heute für die ge-
nannten Zielgruppen bietet.

So gibt es in vielen ländlichen Regionen durchaus
preiswerte und attraktive Urlaubsformen wie Urlaub auf
dem Bauernhof. Zuweilen sind diese so günstig, dass
selbst ich als Agrar- und Tourismusexpertin stutze und
mich frage, wie sich das für den Anbieter rechnen kann.
Viele familiengeführte Bauernhöfe bieten nicht nur
Familien in der Hauptsaison, sondern auch älteren Rei-
senden oder Personen mit geringem Einkommen eine
persönliche, individuelle Betreuung in familiärer Atmos-
phäre. Diese und andere Urlaubsangebote im ländlichen
Raum wollen wir mit der im Koalitionsvertrag festgeleg-
ten Tourismuskonzeption für den ländlichen Raum för-
dern. Mit solchen Schritten können wir den sogenannten
Sozialtourismus sicherlich besser fördern als mit einer
Mitgliedschaft in dieser internationalen Organisation,
die wir ausdrücklich ablehnen.


Ingbert Liebing (CDU):
Rede ID: ID1709332800

Wir diskutieren heute über den Antrag der Fraktion

Die Linke, die die Bundesregierung zur Mitgliedschaft
in der International Organisation of Social Tourism,
OITS, auffordert.

Was bedeutet eigentlich „Sozialtourismus“? Die Or-
ganisation OITS und die Fraktion Die Linke haben
selbst keinen eindeutigen Begriff dafür. „Sozialtouris-
mus“ wird umschrieben als Tourismus von Personen,
die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, einer
körperlichen oder geistigen Behinderung, persönlicher
oder familiärer Isolation, eingeschränkter Mobilität
Zu Protokoll
oder geografischer Schwierigkeiten ganz oder teilweise
unfähig sind, ihr Recht auf Tourismus wahrzunehmen.

Die Teilhabe aller Bevölkerungskreise am Tourismus
ist erklärtes Ziel der Bundesregierung, wie sie auch in
ihren Tourismuspolitischen Leitlinien festgestellt hat.
Diesem Ziel fühlt sich auch die CDU/CSU-Fraktion ver-
pflichtet. Der von den Linken geforderte Weg ist aber
nicht zielführend. Er vernachlässigt, dass wir bereits
eine Fülle von Familien-, Jugend-, Studenten- und Senio-
rentourismus und Tourismus für Behinderte haben. Vor
allem im öffentlichen Bereich wird derzeit ein breiter
Zugang zu Erholung, Urlaub und Freizeiten angeboten.

Gern möchte ich an dieser Stelle zur Erinnerung ein-
mal die wichtigsten Anbieter nennen und dabei auch die
Arbeit meiner Fraktionskollegen ausdrücklich loben, die
sich hier im Rahmen ihrer Arbeit für die Förderung sol-
cher Angebote einsetzen.

Aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend werden allein für das
Jahr 2011 insgesamt 42,343 Millionen Euro für die För-
derung des Jugendtourismus eingesetzt: 20,317 Millio-
nen Euro für die Förderung der internationalen Jugend-
arbeit im Rahmen des Kinder- und Jugendplan des
Bundes, KJP, 10,226 Millionen Euro für das Deutsch-
Französische Jugendwerk, 5 Millionen Euro für das
Deutsch-Polnische Jugendwerk und 5 Millionen Euro
für Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätten so-
wie Jugendherbergen.

Die Bundesregierung fördert bereits Familienferien-
stätten, Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätten,
Jugendherbergen sowie die Nationale Koordinierungs-
stelle Tourismus für Alle e. V., NatKo.

Zu nennen wäre auch der Katholische Arbeitskreis
für Familienerholung, deren Vorsitzende meine Kollegin
Frau Winkelmeier-Becker ist. Zusammen mit dem evan-
gelischen Arbeitskreis Familienerholung und mit dem
paritätischen Arbeitskreis für Familienerholung bildet
er die Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung.

Zentrales Anliegen dieser Organisationen ist es, Fa-
milien mit vielen Kindern einen preiswerten Urlaub in
familienfreundlichen Unterkünften anzubieten und den
Zusammenhalt in den Familien zu stärken. Dafür gibt es
in Deutschland 120 gemeinnützige Familienferienstät-
ten, die seit den 50er-Jahren entstanden sind.

Diese Einrichtungen stellen 3 000 Arbeitsplätze und
erwirtschaften bei circa 3 Millionen Übernachtungen
pro Jahr 100 Millionen Euro Umsatz. Sie befinden sich
meist in strukturschwachen Gebieten und geben wirt-
schaftliche Impulse für ländliche Räume. Familienerho-
lung wendet sich an alle Familien, doch werden finan-
ziell benachteiligte und kinderreiche Familien, Alleiner-
ziehende sowie Familien mit behinderten Kindern oder
behinderten Angehörigen besonders berücksichtigt.

Aus dem Bundeshaushalt werden Bau und Renovie-
rung von Familienferienstätten gegenwärtig mit 1,8 Mil-
lionen Euro pro Jahr gefördert, BMFSFJ-Titel, in Kofi-
nanzierung mit den Bundesländern und den Trägern

(jeweils ein Drittel).




gegebene Reden

Ingbert Liebing


(A) (C)



(D)(B)

Angebote für Familienberatung, zur Stärkung der Fa-
milienkompetenz und zur gesundheitlichen Prävention
spielen dabei heute eine große Rolle. Solche Angebote in
Verbindung mit einem Urlaub gibt es bei der kommer-
ziellen Konkurrenz nicht. Familienerholung befindet
sich damit an einer Schnittstelle von Familienpolitik,
Sozialpolitik und Tourismuspolitik.

Dies alles zeigt: Es gibt vielfältige, auch niederprei-
sige Angebote, um allen Bevölkerungskreisen Urlaub
vom Alltag zu ermöglichen. Dafür brauchen wir keine
Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation;
davon hätte keine einzige Familie, die wir im Blick ha-
ben, etwas. Statt also Neues zu fordern, sollten wir lieber
die bewährten Strukturen fördern!

Wichtig ist hierbei eine bessere Vermarktung bei-
spielsweise der Familienferienstätten, die zurzeit ledig-
lich über einen eigenen Katalog erfolgt, der auf Anfrage
verschickt wird. Gegenwärtig erstellt die Bundesarbeits-
gemeinschaft unter Federführung des Evangelischen
Arbeitskreises einen Antrag auf Förderung eines drei-
jährigen Projektes, in dem aufgearbeitet werden soll,
was Familienerholung leistet und wie das Marketing
verbessert werden kann. Die Kosten würden insbeson-
dere aus Personalkosten in Höhe von 200 000 Euro pro
Jahr bestehen, wobei der größte Anteil vom BMFSFJ fi-
nanziert werden soll.

Auch diese konkreten Projekte helfen mehr als die
Forderungen der Linken.

Lassen Sie mich abschließend auf einen Aspekt hin-
weisen, der mir besonders am Herzen liegt. Die Linken
schreiben in ihrem Antrag vom „Recht auf Tourismus“.
Welche Dreistigkeit steckt hinter dieser Haltung der Lin-
ken! Sie sind die direkten Nachfolger der SED. Ihre Par-
teivorsitzende träumt schon wieder offen vom Kommu-
nismus. Sie stehen in direkter Tradition derer, die ihr
Volk in der damaligen DDR mit Mauer und Stacheldraht
eingesperrt haben, in einem Land, in dem es kein „Recht
auf Tourismus“ gab, kein freies Reisen, sondern Reise-
beschränkungen und Ausreiseverbote. Tourismus war
staatlich organisiert und reglementiert. Und gerade sie
reden jetzt vom „Recht auf Tourismus“? Sie sind die Al-
lerletzten in diesem Hause, die diese Forderung in den
Mund nehmen dürfen!


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1709332900

Wahrscheinlich ist es den Regierungsfraktionen ganz

recht, dass die Reden zum heutigen Tagesordnungspunkt
zum Sozialtourismus zu Protokoll gegeben werden. Ich
finde das schade, denn der Antrag der Fraktion Die
Linke, den wir heute beraten und den wir im Ausschuss
für Tourismus noch genauer zu bewerten haben, bietet
eine gute Möglichkeit, über die politische Unterstützung
von Menschen zu sprechen, die sich alleine keinen Ur-
laub leisten können.

Die SPD setzt sich seit langem dafür ein, dass alle
Menschen am Tourismus teilhaben können. Dieses Ziel
haben wir in unserer Regierungszeit 2009 auch in den
Tourismuspolitischen Leitlinien der Bundesregierung
beschlossen. Wir haben festgelegt: Auch Menschen mit
Zu Protokoll
gesundheitlichen, sozialen und finanziellen Einschrän-
kungen sollen reisen können. Klar ist: Dazu bedarf es
vielfältiger Anstrengungen. Der Vorstoß der Fraktion
Die Linke, dass Deutschland sich stärker in der Interna-
tionalen Organisation für Sozialtourismus, OITS, enga-
giert, kann dabei ein Baustein sein. Das BundesForum
Kinder- und Jugendreisen ist in der OITS bereits als
deutsches Mitglied vertreten. Die Fraktion Die Linke
schreibt in ihrem Antrag etwas lapidar, dass Staaten
Mitglied sind und die Bundesregierung beitreten soll.
Das müsste konkreter gefasst werden. Das Referat für
Tourismuspolitik im Bundeswirtschaftsministerium wäre
aus meiner Sicht der richtige Adressat.

Bislang ist die OITS den deutschen Tourismusakteu-
ren kaum bekannt. Das sollte die Regierung aber nicht
davon abhalten, zu prüfen, inwiefern die Mitgliedschaft
des Tourismusreferats einen Mehrwert verspricht, zum
Beispiel durch das Sammeln guter Praxisbeispiele zur
Förderung von Sozialtourismus, genauso aber auch, in-
wieweit sich andere Akteure im Deutschlandtourismus
zur Förderung des sozialen Aspekts einbringen könnten.
Gerade das Thema Barrierefreiheit, das die OITS in ih-
rer Arbeit aufgreift, könnte Deutschland durch eine Be-
teiligung der Nationalen Koordinierungsstelle Touris-
mus für Alle, NatKo, international voranbringen.
Vonseiten der Regierung wäre es ein gutes Signal, wenn
sie für diesen Fall die – überschaubare – finanzielle Un-
terstützung gewährleisten würde.

Festzustellen ist jedenfalls, dass einige unserer EU-
Nachbarn in der OITS gut vertreten sind, allen voran
Frankreich mit der Tourismusdirektion des Wirtschafts-
ministeriums und über 20 Organisationen. Insgesamt
sind in dem internationalen Forum 35 Länder mit rund
165 öffentlichen und privaten Organisationen beteiligt.
Die Förderung des Sozialtourismus hat die EU mit der
2009 gestarteten Initiative „Calypso“ aufgegriffen. Mit
dem Projekt wurde ausgelotet, wie benachteiligten Ziel-
gruppen grenzüberschreitende Reisen ermöglicht wer-
den können. Dazu zählen Menschen mit Behinderungen,
einkommensschwache Familien, Ältere ab 65 Jahren so-
wie junge Erwachsene.

Die Idee: Der Tourismus in der Nebensaison soll da-
bei befördert werden. Nicht nur in Deutschland wissen
wir, wie schwierig es für die Tourismusbranche ist,
durch die Zeiten fernab der Ferien zu kommen. Viele
Saisonarbeitskräfte stehen dann immer wieder aufs
Neue ohne Arbeit da. Leider hat sich die Bundesregie-
rung – im Gegensatz zu 21 Mitgliedstaaten – nicht an
„Calypso“ beteiligt. Die Debatte dazu im Tourismus-
ausschuss hat deutlich gemacht, wie sehr Schwarz-Gelb
allein marktordnungspolitische Bedenken herausstellt –
nach dem Motto: zuerst der freie Markt, dann die be-
dürftigen Menschen. Natürlich muss die Idee des EU-Pi-
lotprojekts weitergedacht werden. So ist es gerade für
Familien mit Schulkindern kaum möglich, außerhalb der
Hauptferienzeiten zu verreisen. Geklärt werden müsste
zudem, wer genau von – zumindest teilweise – bezu-
schussten Austauschangeboten profitieren soll, auch wie
alle Länder möglichst gerecht beteiligt werden.



gegebene Reden

Gabriele Hiller-Ohm


(A) (C)



(D)(B)

Die Regierung sollte hier aber nicht vergessen, dass
es bei dem EU-Projekt auch um die Förderung des euro-
päischen Gedankens geht. Es könnte ein weiterer wichti-
ger Schritt hin zu mehr europäischer Verständigung, To-
leranz und Miteinander sein, wenn gerade Menschen,
die kein Geld zum Reisen übrig haben, Möglichkeiten
erhalten, unsere Nachbarländer einmal kennenzulernen.
Wenn man über den Tellerrand schaut, sollte die Bun-
desregierung beim Thema Sozialtourismus auch direkt
in der Welttourismusorganisation ihren Einfluss wahr-
nehmen. Leider besteht daran wohl wenig Interesse,
wenn man die Bewertung zu „Calypso“ zugrunde legt.

Interessant an der OITS ist der breite thematische An-
satz. Aktuell gibt es drei Arbeitsgruppen für Jugendtou-
rismus, Tourismus für Menschen mit Behinderungen so-
wie fairen Tourismus. Ich finde es hierbei gut, die
Belange von Menschen mit Handicap, die vor den größ-
ten Problemen beim Reisen stehen, mit einzubeziehen.

Letztlich zeigt die Debatte um eine Mitgliedschaft in
der OITS, die im Übrigen auch UNWTO-Mitglied ist,
dann auch: Internationaler Austausch ist das eine, die
nationalen Hausaufgaben zu erledigen, das andere. So-
wohl der Bund als auch die Länder stehen in vielen
Punkten in der Pflicht.

Thema Familienerholung: Wir alle wissen: Das ist
wichtiger denn je. Warum geben dann immer weniger
Bundesländer Zuschüsse für die Erholungseinrichtun-
gen der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung?
Ob Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Hessen
oder Sachsen – hier sparen CDU und FDP die Unter-
stützung für bedürftige Familien einfach ein. Auch in
NRW und Hamburg ist das bislang der Fall. Wie gut,
dass dort nun endlich wieder die SPD regiert!

Zum Thema „Kinder- und Jugendreisen“: Warum
weigert sich die Bundesregierung, den Aktionsplan Kin-
der- und Jugendtourismus weiterzuführen? 2002 hatte
Rot-Grün diese wichtige Initiative gestartet. Nach neun
Jahren ist eine Evaluierung und Fortschreibung drin-
gend nötig. Die Studie des BundesForums zu Kinder-
und Jugendreisen 2008 zeigt, dass Kinder und Jugendli-
che aus einkommensschwachen Haushalten deutlich we-
niger am Tourismus teilhaben. Sie stellt auch fest, dass
bei öffentlich geförderten Kinder- und Jugendreisen
deutliche Kürzungen geplant sind. Bund und Länder
sind in der Pflicht, ausreichend Angebote zu finanzieren.
Erfreulich ist, dass es Regierung und SPD gelungen ist,
mit dem Bildungs- und Teilhabepaket im Rahmen der
Regelsatzneubemessung jetzt auch einkommensschwa-
chen Familien Zuschüsse zu ein- und mehrtägigen Klas-
senfahrten zu gewähren.

Kinder- und Jugendreisen machen rund 30 Prozent
des Deutschlandtourismus aus. Dieses Standbein muss
gezielt gestärkt werden. Problematisch ist allerdings die
Situation der Unterkünfte: Die Regierung spricht selbst
von einem Renovierungsstau. Auch hier muss Bewegung
reinkommen.

An der Förderung der deutschen Jugendherbergen
als gemeinnützig anerkannter Träger der Jugendhilfe
darf hingegen nicht gerüttelt werden. Die rund 550 Häu-
Zu Protokoll
ser, die preiswerte Angebote für Kinder, Jugendliche und
Familien vorhalten, sind für viele Regionen unverzicht-
bar. Nun kommen die Jugendherbergen durch die
schwarz-gelbe Hotelsteuer in Bedrängnis, weil Kommu-
nen wie meine Heimatstadt Lübeck Bettensteuern erhe-
ben müssen, um die Steuerausfälle zu kompensieren.

Thema „Barrierefreies Reisen“: Für Menschen mit
Behinderungen ist das vordringliche Ziel die Herstel-
lung von Barrierefreiheit in der gesamten touristischen
Servicekette. Die Potenziale eines barrierefreien Touris-
mus in Deutschland sind groß und mit einem Umsatz von
fast fünf Milliarden Euro und rund 90 000 zusätzlichen
Vollzeitarbeitsplätzen laut der 2003 vom Bundeswirt-
schaftsministerium in Auftrag gegebenen Barrierefrei-
heitsstudie längst bekannt. Trotzdem hakt es an allen
Ecken und Enden der touristischen Servicekette: bei Zü-
gen, Bahnhöfen, Flugzeugen, dem Zugang zu öffentlich
genutzten Gebäuden oder Leitsystemen durch die Stadt.
Selbst in Hotels, die angeblich barrierefrei sind, ist für
Reisende mit Handicap nicht selten spätestens bei der
Inneneinrichtung der Zimmer Schluss, weil Rollstühle
nicht durch Türen passen, oder sich die Menschen nicht
zurechtfinden. Wer sich ernsthaft um Barrierefreiheit
kümmern will, dem muss klar sein: Jede Lücke in der
barrierefreien Reisekette kann schon das Aus der Reise
bedeuten. Zugleich muss sich die Erkenntnis durchset-
zen: Barrierefreiheit ist für 10 Prozent der Bevölkerung
zwingend erforderlich, für über 30 Prozent hilfreich und
für 100 Prozent komfortabel.

Es besteht allerdings wenig Hoffnung, dass die Regie-
rung im März einen Aktionsplan vorlegen wird, der die
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ernst-
haft in Angriff nimmt. Ich befürchte, dass der Aktions-
plan für mehr Barrierefreiheit nicht über die bisherigen
Maßnahmen hinausgeht. Die SPD wird in enger Abstim-
mung mit den Behindertenverbänden ebenfalls ihre Po-
sitionen veröffentlichen und die Regierung auch auf die-
sem Feld antreiben.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709333000

Die Linke fordert die Bundesregierung mit dem vor-

liegenden Antrag auf, die Mitgliedschaft in der Interna-
tionalen Organisation für sozialen Tourismus zu bean-
tragen und dort aktiv mitzuarbeiten. Warum?

In der aktuellen 27. Deutschen Tourismusanalyse der
Stiftung für Zukunftsfragen heißt es:

Die Reiselust kennt keine Grenzen, das Urlaubs-
budget schon. ... So verreisten in der abgelaufenen
Urlaubssaison vier von fünf Besserverdienenden

(79 %). Dagegen stagnierte die Zahl der reisenden

Geringverdiener in Deutschland auf niedrigem Ni-
veau – nicht einmal jeder Dritte dieser Einkom-
mensgruppe (31 %) konnte sich 2010 eine Urlaubs-
reise von fünf Tagen Dauer leisten.

Hier wird deutlich, dass das vorhandene – und leider
nicht wachsende – Instrumentarium an Förderungen
von bezahlbaren Reisen für alle, zum Beispiel über ge-
meinnützige Familienferienstätten, die Angebote der Ju-



gegebene Reden

Dr. Ilja Seifert


(A) (C)



(D)(B)

gendherbergen, die von Vereinen organisierten Ferien-
lager usw., nicht ausreicht.

Ein zweites Zitat möchte ich anführen. In den Touris-
muspolitischen Leitlinien der Bundesregierung heißt es:

Ziel der Bundesregierung ist die Teilhabe aller Be-
völkerungskreise am Tourismus. Auch Menschen
mit gesundheitlichen, sozialen oder finanziellen
Einschränkungen sollen reisen können.

Deshalb fragte ich am 6. Oktober 2010 in der Frage-
stunde des Bundestages, wie die Bundesregierung dieses
Ziel für auf Hartz IV angewiesene Familien mit Kindern
realisieren will, da in den Regelsätzen Gelder für Reisen
und Erholung nicht vorgesehen sind. Die Antwort des

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1709333100


Vorrangiges Ziel der Grundsicherung für Arbeitsu-
chende ist nicht in erster Linie die Umsetzung der
tourismuspolitischen Leitlinien, sondern die
schnellstmögliche Eingliederung der erwerbsfähi-
gen Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt …

Bei der Entscheidung, welche einzelnen Ver-
brauchspositionen als regelsatzrelevant einzustu-
fen sind, wurde in der Abteilung 11 „Beherber-
gungs- und Gaststättendienstleistungen“ die
Position „Übernachtungen“ nicht als regelbedarfs-
relevant berücksichtigt. Diese Ausgaben sind dem
Bereich Urlaub zuzuordnen, der als nicht existenz-
sichernd anzusehen ist und folglich für den Regel-
bedarf nicht zu berücksichtigen ist.

Es muss davon ausgegangen werden, das auch Fa-
milien mit niedrigem Einkommen, die keine Leis-
tungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende er-
halten, nicht durchgängig Urlaube finanzieren
können.

Diese aus meiner Sicht skandalöse Antwort zeigt, wie
ernst die Bundesregierung eigene Zielstellungen nimmt.
Gerade auch geringverdienende Familien mit Kindern,
Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Behinderun-
gen oder Angehörige von zu pflegenden Menschen brau-
chen den Urlaub für ihre Erholung, Gesundheit und Bil-
dung. Und wer glaubt, dass es hier um Almosen geht und
nicht um Menschenrechte, sollte sich Art. 24 „Recht auf
Erholung und Freizeit“ der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte von 1948 oder die UN-Behinderten-
rechtskonvention, Art. 30 „Teilhabe am kulturellen Le-
ben sowie an Erholung, Freizeit und Sport“, ansehen.

In seiner Stellungnahme zum „Sozialtourismus in Eu-
ropa“ (2006/C 318/12) stellt der Europäische Wirt-
schafts- und Sozialausschuss im Amtsblatt der Europäi-
schen Union vom 23. Dezember 2006 (C 318/67) unter
anderem fest:

Alle Menschen, selbst die am stärksten benachtei-
ligten, benötigen in täglichen, wöchentlichen und
jährlichen Abständen Erholung, Freizeit und Zeit
zur Regeneration von der Arbeit, und sie haben ei-
nen Anspruch darauf.

Wir müssen also mehr tun, um Reisen für alle zu er-
möglichen. Wir sollten dabei auch von anderen lernen,
Zu Protokoll
sollten über den Tellerrand schauen. Dafür gibt es eine
hervorragende Möglichkeit: Die Bundesrepublik
Deutschland wird Mitglied der 1963 gegründeten Inter-
national Organisation of Social Tourism, OITS.

Der Organisation gehören weltweit 140 staatliche
und nichtstaatliche Mitglieder aus dem Bereich des Tou-
rismus an, darunter die Staaten Belgien, Frankreich,
Griechenland, Italien, Mexiko, Polen, Portugal,
Schweiz, Spanien, Türkei. Diese Staaten machen gute
Erfahrungen mit ihrem Engagement im Sozialtourismus.
Deutschland, der „Reiseweltmeister“, fehlt. Lediglich
das BundesForum Kinder- und Jugendreisen e. V.,
BuFo, ist von deutscher Seite Mitglied in der OITS. Das
ist angesichts der Bedeutung des Themas nicht ausrei-
chend.

Eine Mitgliedschaft in der International Organisa-
tion of Social Tourism eröffnet der Bundesrepublik die
Möglichkeit der direkten Einflussnahme auf die Fortent-
wicklung des Sozialtourismus auf internationaler und
europäischer Ebene, das Kennenlernen guter Praxisbei-
spiele sowie deren Nutzung auf nationaler Ebene.

Mein Kollege Jörn Wunderlich hatte im September
2010 die Möglichkeit, an der OITS-Konferenz in Rimini
teilzunehmen und dort auch zu sprechen. Von dieser
Konferenz gibt es die Botschaft, dass man sich auf eine
Mitgliedschaft der Bundesrepublik freut. Deswegen ist
es auch kein Zufall, dass der OITS-Vorstand seine
nächste Tagung während der ITB im März dieses Jahres
in Berlin durchführt.

Bleibt die Frage, ob die Bundesrepublik Mitglied in
einer internationalen Organisation werden muss, um
dort aktiv mitzuarbeiten, oder ob dies eher unüblich ist.
Ende 2010 bat ich den Wissenschaftlichen Dienst des
Bundestages um eine Übersicht, in welchen internatio-
nalen Organisationen die Bundesrepublik Deutschland
Mitglied ist. Die Antwort wäre sicher eine gute Grund-
lage für eine wissenschaftliche Arbeit eines Doktoran-
den, denn die Bundesregierung gestand, keine Übersicht
über diesbezügliche Mitgliedschaften zu haben. Es sind
aber – dies verdeutlichten die Zuarbeiten aus den einzel-
nen Ministerien – nicht wenige. Das für Tourismus zu-
ständige Wirtschaftsministerium ist laut Haushaltsplan
in 22 internationalen Organisationen vertreten, darun-
ter in der Welttourismusorganisation UNWTO. Der
jährliche Mitgliedsbeitrag an diese 22 Organisationen
beträgt rund 23 Millionen Euro. Der Mitgliedsbeitrag in
der Internationalen Organisation für Sozialen Touris-
mus beträgt 4 090 Euro. Das sollten wir uns wohl leisten
können.


Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709333200

In der alltäglichen Debatte der Tourismuspolitik gibt

es einen Bereich, der in Deutschland nur selten explizit
Beachtung findet. Das ist der Sozialtourismus, über den
wir heute beraten, wenn auch leider nur am Rande in-
haltlich. Ich finde es aber außerordentlich wichtig, dass
wir das Thema heute überhaupt auf der Agenda des Ho-
hen Hauses haben. Ich möchte das Thema Sozialtouris-
mus mal etwas von der abstrakten, institutionellen
Ebene runterbrechen. Denn der Beitritt zur OITS kann



gegebene Reden

Markus Tressel


(A) (C)



(D)(B)

nur ein erster Schritt sein. Vielmehr muss es darum ge-
hen, politische Ansätze und sogar eine neue Kultur für
das Thema Sozialtourismus zu finden. Die OITS wird mit
seinen zahlreichen Experten sicher viele Impulse geben
können. Genau diese sind vonnöten. Was jedoch muss
das Ziel sein? Ich möchte auf die Stellungnahme des Eu-
ropäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum
„Sozialtourismus in Europa“, die am 13./14. September
2006 beschlossen worden ist, verweisen. Hier finden
sich einige äußerst interessante Ansätze. Zwei davon
möchte ich in diesem Zusammenhang hervorheben:

Erstens. Unter Punkt 4.2.1 wird die Agence nationale
pour les chèques-vacances, ANCV, mit einem Geschäfts-
volumen von circa einer Milliarde Euro beschrieben.
Dieses Beispiel sollte uns ein Vorbild sein. Weiter heißt
es – daraus möchte ich direkt zitieren –:

Sozial und wirtschaftlich ist das Programm eindeu-
tig rentabel, denn einerseits konnten dadurch viele
ältere Menschen erstmals in Urlaub fahren, andere
Städte und Gegebenheiten kennen lernen, gleichbe-
rechtigte soziale Kontakte knüpfen und ihren kör-
perlichen Zustand verbessern, wobei eine vernünf-
tige Qualität und die Akzeptanz durch die Nutzer
gewährleistet ist; und andererseits werden für je-
den in das Programm investierten Euro 1,70 EUR
wieder eingenommen.

Zweitens. Es heißt in den Empfehlungen unter
Punkt 9.3:

Den Touristikunternehmen sei empfohlen, sich ent-
schlossen an den Sozialtourismusaktivitäten zu be-
teiligen, Der Sozialtourismus vertritt Werte, die mit
einer korrekten Unternehmensführung, Wettbe-
werbsfähigkeit und Rentabilität vereinbar sind …

Etwas anderes, was mich in diesem Zusammenhang
besonders bewegt: Am heutigen Tag findet der Kinder-
und Jugendreisegipfel statt. Gerade für diese Zielgruppe
ist es von außerordentlichem Interesse, Ansätze zu fin-
den, wissen wir doch alle um die außerordentlich positi-
ven Effekte des Reisens in jungem Alter. Nicht umsonst
heißt es: Reisen bildet. Was ist jedoch das Problem? Ei-
ner Statistik der Bundesagentur für Arbeit zufolge be-
steht für circa 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche in
Deutschland die Gefahr, nicht an Kinder- und Jugend-
tourismus teilnehmen zu können. Betroffen von Armut
sind oft junge Menschen, die in Familien leben, in denen
die Eltern arbeitslos sind oder sehr wenig verdienen,
welche einen Migrationshintergrund haben, welche kin-
derreich sind oder die Alleinerziehende sind.

Die Teilhabe am Reisen unterstützt eine gesunde Ent-
wicklung von Kindern und Jugendlichen. Während die
Urlaubsintensität der Deutschen ab 14 Jahren zunimmt,
ergaben Urlaubsreisen mit Kindern bis zu 13 Jahren im
Jahr 2008 mit lediglich 17 Prozent den niedrigsten Wert
seit seiner Erfassung im Jahr 1996, als der Wert noch
bei 22 Prozent lag. Diese Zahlen stammen übrigens aus
einem Papier des Wirtschaftsministeriums mit dem Titel
„Kinder- und Jugendreisen 2009“. Wie uns die Studie
„Deutsche Kinder- und Jugendreisen 2008“ verrät, gibt
es in Deutschland zwar mit 82,2 Prozent eine auch im
Zu Protokoll
internationalen Vergleich hohe Urlaubsreiseintensität
bei Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren. Kinder
und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien

(70,4 Prozent) nehmen allerdings deutlich weniger am

Tourismus teil.

Öffentlich geförderte Kinder- und Jugendreisen sind
dabei sowohl im Kontext von Kinder- und Jugenderho-
lung als auch bezogen auf die internationale Jugend-
arbeit seit den 90er-Jahren rückläufig. Laut Experten
sind staatliche Förderungen im Kinder- und Jugendrei-
sebereich um 30 Prozent und somit auch Zuschüsse an
die Träger gesunken. So besteht nicht nur die Gefahr,
dass Kinder- und Jugendreisen teurer werden. Auch
wird dieses Arbeitsfeld nach einer dynamischen Ent-
wicklung in den 80er- und 90er-Jahren weiterhin von er-
heblichem Ressourcenabbau und Einsparungen betrof-
fen sein. Während die Zahl der außerschulischen
Bildungsmaßnahmen in den Jahren 2000 und 2004 wei-
testgehend konstant geblieben ist, hat sich die Zahl der
Kinder- und Jugenderholungen um 23 Prozent reduziert.
Kinder von Hartz-IV-Empfängern bekommen zwar die
Kosten für mehrtägige Klassenfahrten von den Jobcen-
tern erstattet – siehe § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II –.
Familien, die über geringes Einkommen verfügen, je-
doch keine Leistungen nach dem SGB II beziehen, wer-
den nicht unterstützt.

Wir sehen in allen Punkten: Der politische Weg kann
nur ein integrativer sein. Wir brauchen auch die Reise-
veranstalter. Die OITS bietet da mit seinen 140 Mitglie-
dern, von denen einige Unternehmen sind, ein geeigne-
tes Forum.

Mein Fazit: Ich denke, nach all dem ist es sinnvoll,
dass wir uns an der International Organisation of Social
Tourism beteiligen. Allerdings reicht eine Beteiligung an
einer internationalen Organisation nicht aus, um die an-
gestrebten Ziele zu erreichen. Dazu muss auch ein poli-
tischer Wille in einer wenig sozialpolitisch orientierten
Regierung, wie wir sie momentan haben, erkennbar
sein. Wir müssen in Deutschland eine Kultur des Sozial-
tourismus entwickeln, die es in dieser Form bisher noch
nicht gegeben hat.

E
Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1709333300


Die Bundesregierung hat den Antrag der Fraktion
Die Linke zur Kenntnis genommen. Dem Antrag liegt die
Idee zugrunde, den Tourismus allen Bürgern Deutsch-
lands zugänglich zu machen, unabhängig von deren Al-
ter, sozialem und wirtschaftlichem Status oder einer
möglichen Behinderung. Das entspricht auch dem An-
liegen der Bundesregierung. Die Bundesregierung setzt
sich für die Teilhabe aller am Tourismus ein. Barriere-
freiheit ist ein wichtiger Teil unserer Politik.

Einige Beispiele, die die Unterstützung der Teilhabe
aller am Tourismus dokumentieren:

Die Bundesregierung engagiert sich seit Jahren – und
mit Erfolg – für das barrierefreie Reisen in Deutschland.

Im Rahmen des Kinder- und Jugendplans des Bundes
unterstützt die Bundesregierung internationale Begeg-



gegebene Reden





Parl. Staatssekretär Ernst Burgbacher


(A) (C)



(D)(B)

nungen und andere Reiseformen für Kinder und Jugend-
liche. Die Bundesregierung fördert Maßnahmen der
internationalen Jugendarbeit aus dem Kinder- und Ju-
gendplan des Bundes mit jährlich rund 35 Millionen
Euro.

Seit über fünfzig Jahren fördert die Bundesregierung,
BMFSFJ, den Bau und die Einrichtung gemeinnütziger
Familienferienstätten in Deutschland. Deren Dienstleis-
tungen richten sich ganz besonders an kinderreiche Fa-
milien, Alleinerziehende und Familien mit behinderten
Angehörigen sowie Familien mit niedrigem Einkommen,
die auf dem touristischen Markt häufig keine geeigneten
Angebote finden. Die gemeinnützigen Familienferien-
stätten sind verpflichtet, während der bundesweiten
Schulferien keine Saisonaufschläge zu erheben. Wirt-
schaftlich unterstützungsbedürftige Familien, Menschen
mit Behinderungen und ältere Menschen können in den
meisten dieser Einrichtungen von Preisnachlässen profi-
tieren.

In 13 Bundesländern werden Familien mit relativ ge-
ringem Einkommen bei der Finanzierung gemeinsamer
Ferien in einer gemeinnützigen Familienferienstätte
– zum Teil auch in familiengeeigneten Jugendherbergen
oder auf familiengeeigneten Bauern- und Winzerhöfen –
mit einem Zuschuss des Landes unterstützt.

Auf lokaler Ebene gibt es zum Beispiel Programme
zur Kinder- und Jugenderholung. Damit sind Aufenthalte
von Kindern und Jugendlichen in Ferienlagern usw.
ebenso gemeint wie Naherholungsaufenthalte in der re-
gionalen Umgebung. Der überwiegende Teil dieser Maß-
nahmen wird von freien Trägern organisiert und aus öf-
fentlichen Mitteln finanziert. Die Maßnahmen kommen in
erster Linie solchen Kindern zugute, deren Eltern keinen
Urlaub finanzieren können.

Sowohl Bund als auch Länder und Regionen widmen
der Teilhabe aller am Tourismus große Aufmerksamkeit.
Dafür bedarf es keiner Mitgliedschaft der Bundesregie-
rung in einer internationalen Organisation, die im Übri-
gen den Steuerzahler Geld kosten würde. Das würde
auch deshalb wenig Sinn machen, weil die Kompetenz für
die Entwicklung des Tourismus – auch unter dem Aspekt
der Teilhabe aller – in unserem föderalen System eindeu-
tig bei den Ländern liegt.

Die Organisation lnternationale du Tourism Social
– abgekürzt: OITS –, um die es in dem Antrag geht, ist
affiliertes Mitglied der Welttourismusorganisation,
UNWTO, und arbeitet eng mit dem Sekretariat und den
Mitgliedstaaten der UNWTO – also auch mit Deutsch-
land – zusammen. Insofern hat die Bundesregierung als
Mitglied der UNWTO natürlich Kenntnis von den Akti-
vitäten der OITS. Auch unter diesem Aspekt ist eine
Mitgliedschaft der Bundesregierung in dieser Organi-
sation nicht erforderlich.

Im Übrigen ist das BundesForum Kinder- und Ju-
gendreisen seit 2001 Mitglied in der OITS und arbeitet
im Vorstand der Organisation aktiv mit. Auch anderen
Verbänden und Organisationen, die sich mit der Teil-
habe aller am Tourismus befassen, steht es jederzeit frei,
Mitglied zu werden.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709333400

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/4844 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Jerzy
Montag, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, weite-
ren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu einer menschenrechtskonfor-
men Reform der Sicherungsverwahrung

– Drucksache 17/4593 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe


Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1709333500

Bündnis 90/Die Grünen treten hier heute mit dem An-

spruch an, einen Gesetzentwurf zu einer menschen-
rechtskonformen Reform der Sicherungsverwahrung
– so die selbst gewählte Überschrift für die Drucksache
17/4593 – vorzulegen. Meine lieben Kolleginnen und
Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, mit dem Gesetz-
entwurf, der dann dieser Überschrift folgt, sind Sie al-
lerdings krachend am selbst gesetzten Anspruch ge-
scheitert. Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf ist
weder eine Reform, noch ist er ein Gesetzentwurf für
eine menschenrechtskonforme Reform. Es ist schlicht
und ergreifend der Entwurf eines Aufhebungsgesetzes.
Meinen Sie das wirklich ernst? Sind Sie wirklich der An-
sicht, dass man bloß die Vorschriften für die nachträgli-
che Sicherungsverwahrung zu streichen brauche, und
schon seien alle Probleme gelöst? Leben Sie im Wolken-
kuckucksheim?

Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf ist nun wirk-
lich zu kurz gesprungen. Ich erinnere mich noch sehr gut
an die Einlassungen des Kollegen Montag während der
Debatte um das von der christlich-liberalen Koalition
eingebrachte Gesetz zur Neuordnung der Sicherungs-
verwahrung. Sie haben sinngemäß gesagt, Ihre Fraktion
werde sich nicht konstruktiv an der Debatte beteiligen.
Offen gestanden: Dass Sie Ihr Wort durch einen so des-
truktiven Gesetzentwurf wahr machen würden, damit
hätte ich nicht gerechnet. Es ist doch nun wirklich jedem
klar, dass wir uns bei der derzeitigen Diskussion um die
Sicherungsverwahrung in einem ausgesprochen schwie-
rigen Spannungsfeld bewegen: hier unsere Konzeption
der Maßregeln der Besserung und Sicherung, die nach
der Tradition der Zweispurigkeit des deutschen Straf-
rechts systematisch nicht als Strafen angesehen wurden,
was im Übrigen auch das Bundesverfassungsgericht
stets so gesehen hat – und im Ergebnis die entsprechen-
den nachträglichen gesetzlichen Regelungen immer hat
passieren lassen –, und dort die Auffassung des Europä-
ischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der auf der
Grundlage der EMRK zum Ergebnis kommt, dass das
bisher angewandte System der Sicherungsverwahrung

Ansgar Heveling


(A) (C)



(D)(B)

den Anforderungen von Art. 7 und Art. 5 der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention nicht genügt.

Dieses Spannungsverhältnis müssen wir auflösen.
Das ist ohne Zweifel eine knifflige Herausforderung, vor
der wir stehen, vor der wir im Übrigen nicht alleine ste-
hen. Erkennbar steht auch das Bundesverfassungsge-
richt vor der Frage, wie dieses Spannungsverhältnis
aufzulösen ist. Davon konnte man sich bei der mündli-
chen Verhandlung in Sachen Sicherungsverwahrung vor
gut zwei Wochen in Karlsruhe überzeugen. Oder: Man
hätte sich davon überzeugen können; aus den Reihen
der Opposition hat dem Verfahren jedenfalls niemand
gelauscht. Wenn man sich die vermeintlich einfache Lö-
sung, die Bündnis 90/Die Grünen hier vorlegen, an-
schaut, kann man das auch verstehen. Zu viel Auseinan-
dersetzung mit der Sache hätte sich für dieses Ansinnen
als schädlich erwiesen. Denn vielleicht hätte man ja ins
Nachdenken kommen können.

Faktum ist doch, dass es auch Schutzpflichten des
Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern
gibt. Der Staat muss die Menschen vor gefährlichen
Straftätern wirksam schützen können. Diese Schutz-
pflicht blenden Sie mit Ihrem Gesetzentwurf vollkommen
aus. Das hat noch nicht einmal der Europäische Ge-
richtshof für Menschenrechte getan. Er hat die Schutz-
pflichten, die ihrerseits ihren Ausdruck in der EMRK fin-
den, immerhin gesehen. Aus unserer Sicht hat er sie
dann allerdings nicht oder nicht ausreichend in die Ab-
wägung gegenüber Art. 5 und Art. 7 einbezogen. Das ist
aus unserer Sicht ein Versäumnis des EGMR.

Ihr Versäumnis ist, dass die Schutzpflichten im Ge-
setzentwurf auf Drucksache 17/4593 überhaupt keinen
Niederschlag finden. Das ist zu wenig für einen disku-
tablen Gesetzentwurf. Will man das Spannungsfeld wirk-
lich auflösen, so steht man natürlich scheinbar vor der
Quadratur des Kreises. Eine echte Reform muss das
aber für sich in Anspruch nehmen. Wir haben mit dem
Gesetz zur Neuordnung der Sicherungsverwahrung und
dem Therapieunterbringungsgesetz einen ersten Schritt
dazu unternommen. Dem haben Sie sich von Bündnis 90/
Die Grünen seinerzeit bereits verweigert. Hätten Sie ein
echtes Alternativkonzept dazu vorgelegt, so hätte man
die Verweigerung ja noch verstehen können. Heute stel-
len Sie mit dem Gesetzentwurf auf Drucksache 17/4593
allerdings unter Beweis, dass Sie keine Alternative vor-
legen können. Ihr Gesetzentwurf ist damit nur eins: ein
Dokument des Scheiterns. Uns wird das nicht beirren.
Wir haben mit dem Gesetz zur Neuordnung der Siche-
rungsverwahrung unter Beweis gestellt, dass wir uns
daranmachen, das Spannungsfeld aufzulösen, nicht bloß
– wie Sie – aufzuheben. Damit werden wir fortfahren.
Denn für uns ist die Schutzpflicht des Staates gegenüber
den Bürgerinnen und Bürgern ebenso wichtig wie die
Folgerungen aus Art. 5 und Art. 7 der EMRK. Ihren Ge-
setzentwurf, der nicht einmal im Ansatz ein Reforment-
wurf ist, lehnen wir ab.


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1709333600

Selbstverständlich war bei der Neuregelung der Si-

cherungsverwahrung, die am 1. Januar 2011 in Kraft
Zu Protokoll
getreten ist, davon auszugehen, dass die Sicherungsver-
wahrung ein aktuelles Thema bleibt. Denn es war klar,
dass es weitere Entscheidungen deutscher Gerichte wie
auch des Europäischen Gerichtshofs dazu geben würde.
Wenig überraschend ist deshalb, dass zu dem Streit-
thema Sicherungsverwahrung nun auch eine parlamen-
tarische Initiative von der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen vorliegt. Wenig überraschend ist allerdings
auch der Inhalt der Initiative, denn die Vorschläge sind
bereits bei den Beratungen im Gesetzgebungsverfahren
zu dem Neuregelungsgesetz diskutiert worden.

Das gilt zunächst für das Problem der nach wie vor
unverändert existierenden nachträglichen Sicherungs-
verwahrung im Jugendstrafrecht. Freilich war es die
SPD-Bundestagsfraktion, die bereits in der ersten Le-
sung des Gesetzes zur Neuregelung der Sicherungsver-
wahrung explizit angemahnt hatte, dass die in der Ent-
wurfsbegründung geäußerten Bedenken gegen die
Rechtmäßigkeit der nachträglichen Sicherungsverwah-
rung bei Erwachsenen konsequenterweise zu einer Neu-
regelung der Sicherungsverwahrung auch im Jugendge-
richtsgesetz führen müssen. Deshalb haben wir sowohl
in den Ausschussberatungen als auch bei der abschlie-
ßenden Plenarberatung einen Änderungsvorschlag un-
terbreitet, der den Wegfall der nachträglichen Siche-
rungsverwahrung mit entsprechenden Anpassungen im
Jugendgerichtsgesetz nachzeichnen sollte. Bedauerli-
cherweise ist unser Vorschlag nicht aufgegriffen wor-
den. Von den Koalitionären wurde aber eine Regelung
zugesagt. Deshalb erwarten wir jetzt von der Koalition,
dass sie zu ihren Ankündigungen steht und einen ent-
sprechenden Gesetzentwurf vorlegt, und zwar zügig vor-
legt.

Im Gesetzgebungsverfahren intensiv diskutiert wor-
den sind auch die beiden weiteren Vorschläge von Bünd-
nis 90/Die Grünen, nämlich die Abschaffung der nach-
träglichen Sicherungsverwahrung nicht nur für
Neufälle, sondern für alle Fälle. Diskutiert wurde auch
das Problem, dass im Jahre 1998 unter der damaligen
schwarz-gelben Regierung die Zehnjahreshöchstfrist für
die Sicherungsverwahrung abgeschafft wurde.

Selbstverständlich gelten auch für Täter, die schwere
Straftaten verübt haben, rechtsstaatliche Grundsätze.
Zugleich galt und gilt es, einen gangbaren Weg zu fin-
den, um das Problem zu lösen. Nach dem Urteil des Eu-
ropäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von De-
zember 2009 zur Sicherungsverwahrung galt es, dafür
zu sorgen, die Sicherungsverwahrung zu einem rechtlich
haltbaren Instrument zu gestalten, um gefährliche Täter
sicher unterbringen und die Bevölkerung vor ihnen
schützen zu können. Der nationale Gesetzgeber durfte
und darf die Antwort auf die Frage nicht schuldig blei-
ben, auf welche Weise der berechtigte Anspruch der Ge-
sellschaft auf adäquaten Schutz vor gefährlichen Straf-
tätern und Rückfalltätern zu realisieren ist. Vor dem
Hintergrund der bereits erfolgten Entlassungen von als
gefährlich angesehenen Sicherungsverwahrten ist die
Beunruhigung in der Bevölkerung gewachsen. Es geht
aber nicht nur um ein subjektives Sicherheitsgefühl in
der Bevölkerung. Wir müssen die Tatsache akzeptieren,
dass es eine zahlenmäßig sehr kleine Gruppe von Tätern



gegebene Reden

Christine Lambrecht


(A) (C)



(D)(B)

gibt, die tatsächlich eine permanente Gefahr für die Ge-
sellschaft darstellen. In diesen begründeten Einzelfällen
muss es die Möglichkeit geben, die Gesellschaft vor die-
sen Menschen und diese Menschen vor sich selbst zu
schützen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich deshalb der ge-
setzgeberischen Verantwortung gestellt, dafür zu sorgen,
dass einerseits die Rechte der Verurteilten gewahrt wer-
den und andererseits die Gesellschaft vor gefährlichen
Straftätern geschützt wird. Diesem Abwägungsprozess
Rechnung tragend haben wir uns entschieden, in einer
konstruktiven Auseinandersetzung mit der Bundesjustiz-
ministerin und den Vertretern der Koalition um eine Lö-
sung in diesem Sinne zu ringen. Wir haben uns das nicht
leicht gemacht und es ist uns gelungen, wichtige Ände-
rungen an den ursprünglichen Plänen zu erreichen. Er-
gebnis ist das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Ge-
setz zur Neuregelung der Sicherungsverwahrung.

Wie schon Ende Dezember 2009 hat der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte – allerdings nach wie
vor mit Blick auf das alte Recht – in seinen Entscheidun-
gen am 13. Januar 2011 noch einmal im Wesentlichen
einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot gerügt. In
drei Fällen ging es um die Verlängerung der Sicherungs-
verwahrung über die seinerzeit zulässige Höchstdauer
von zehn Jahren hinaus. Für dieses Problemfeld ist je-
doch letztendlich entscheidend, ob es sich bei der Siche-
rungsverwahrung, so wie sie ausgestaltet ist, um eine
Strafe handelt. In seiner Entscheidung von Dezember
2009 hielt der Europäische Gerichtshof für Menschen-
rechte die Sicherungsverwahrung in der deutschen Pra-
xis für kaum vom Strafvollzug unterscheidbar und be-
wertete sie deshalb als Strafe, die rückwirkend eben
nicht verhängt werden dürfe. Auch in seinen Entschei-
dungen vom 13. Januar 2011 kam der Europäische Ge-
richtshof für Menschenrechte zu dem Ergebnis, dass
durch Sicherungsverwahrung der Beschwerdeführer
über die Zehnjahresfrist hinaus eine Verletzung sowohl
des Art. 5 Abs. 1 EMRK wie auch des Art. 7 Abs. 1
EMRK vorliegt bzw. in einem Fall vorlag.

Ihrer Konzeption nach ist die Sicherungsverwahrung
eigentlich eine Maßregel der Besserung und Sicherung.
An diesem Konzept hat der Gesetzgeber festgehalten
und nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte im Zusammenhang mit der Neurege-
lung der Sicherungsverwahrung ein neues Gesetz erlas-
sen, das Therapieunterbringungsgesetz, ThUG. Es hat
zum Ziel, die Allgemeinheit vor psychisch gestörten Se-
xual- und Gewaltstraftätern zu schützen, indem solche
Täter eine zielgerichtete intensive Behandlung in geeig-
neten Einrichtungen erfahren. Dabei steht die Therapie
im Vordergrund, und die Unterbringung in Spezialein-
richtungen soll gerade keine zweite Haft darstellen.

Jetzt muss sich das Bundesverfassungsgericht mit der
Frage beschäftigen, wie mit den Entscheidungen des Eu-
ropäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzuge-
hen ist, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der
zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Neuregelung der
Sicherungsverwahrung, die die Straßburger Richter
nicht zum Maßstab gemacht hatten. Am 8. Februar fand
Zu Protokoll
in Karlsruhe die mündliche Verhandlung statt, die end-
gültige Entscheidung steht allerdings noch aus. Ob sie
im Sinne der Vorschläge ausfallen wird, die jetzt von der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt wurden, darf
immerhin bezweifelt werden, denn anders als die Straß-
burger Richter, die bei ihrer Rechtsprechung den Aspekt
der staatlichen Schutzpflichten des Staates nicht im Fo-
kus hatten, müssen die Karlsruher Richter dem Recht
des Einzelnen auf Freiheit und dem Verbot rückwirken-
der Bestrafung sowie dem Bedürfnis der Allgemeinheit
auf Schutz vor weiterhin gefährlichen Tätern Rechnung
tragen.


Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1709333700

Den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die

Grünen, weitere Änderungen im Anordnungsrecht der
Sicherungsverwahrung vorzunehmen, lehnt die FDP ab.
Der Gesetzentwurf enthält drei Forderungen: erstens
Abschaffung der nachträglichen Sicherungsverwahrung
für alle Fälle, zweitens Beseitigung der rückwirkenden
Streichung der Zehnjahreshöchstfrist, drittens Abschaf-
fung der nachträglichen Sicherungsverwahrung im Ju-
gendstrafrecht.

Lassen Sie mich zu Beginn ein paar Worte zu dem am
1. Januar 2011 in Kraft getretenen Reform der Siche-
rungsverwahrung sagen: Mit der Neuordnung wurde er-
reicht, dass die Sicherungsverwahrung als schärfste
Sanktion, die das deutsche Strafrecht kennt, nur noch
dort verhängt wird, wo sie zum Schutz der Bevölkerung
auch wirklich nötig ist. Dabei wurden die Regelungen
der Sicherungsverwahrung besser aufeinander abge-
stimmt und damit auch für die Rechtsanwender, also
Richter und Staatsanwälte, wieder übersichtlicher und
nachvollziehbarer. Darauf kann die christlich-liberale
Koalition wahrlich stolz sein.

Nun zu den einzelnen Forderungen des hier vorlie-
genden Gesetzentwurfs: Im Rahmen der Reform wurde
die nachträgliche Sicherungsverwahrung für Neufälle
abgeschafft. In der Praxis hatte sich gezeigt, dass die
nachträgliche Sicherungsverwahrung bei der verfas-
sungsrechtlich gebotenen restriktiven Auslegung dieser
Regelungen nur in wenigen Ausnahmefällen in Betracht
kam, insbesondere weil es fast immer daran fehlte, dass
sich die Gefährlichkeit des Täters erst im Strafvollzug
aufgrund erheblicher neuer Tatsachen ergab. Der BGH
hat seit Sommer 2004 lediglich in gut einem Dutzend
Verfahren entsprechende Anordnungen bestätigt, wäh-
rend bereits bis Mitte 2008 in knapp 100 Fällen die An-
ordnung abgelehnt wurde. Die nachträgliche Siche-
rungsverwahrung war als Instrument schlichtweg
untauglich, um die wirklich gefährlichen Straftäter zu
identifizieren.

Für die sogenannten Altfälle, das heißt die Anlasstat
geschah vor Inkrafttreten der Neuregelung, müssen die
Möglichkeiten zur Anordnung der nachträglichen Siche-
rungsverwahrung jedoch unverändert bestehen bleiben.
Das Instrument der nachträglichen Sicherungsverwah-
rung auf Altfälle auszudehnen, wäre nicht nur unbe-
dacht, sondern auch leichtfertig. Der Gesetzentwurf der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen liefert dafür entspre-



gegebene Reden

Christian Ahrendt


(A) (C)



(D)(B)

chend eine ungenügende Begründung. Mit der Regelung
solle verhindert werden, dass es in Zukunft auch auf
viele Jahre zu einem Nebeneinander der alten und der
neuen Regelungen der Sicherungsverwahrung komme.
Dabei wird der entscheidende Grund, weshalb der Ge-
setzgeber genau dies nicht wollte, offenbar übersehen.
Eine solche Regelung würde im Recht der Sicherungs-
verwahrung eine erneute Lücke reißen, da das neue Sys-
tem wegen des Rückwirkungsverbotes auf die Altfälle
nicht erstreckbar ist. Das mögen die Kollegen von der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen endlich zur Kenntnis
nehmen. Die Behauptung, die neue Rechtslage führe
dazu, dass auf unabsehbare Zeit die nachträgliche Si-
cherungsverwahrung bei Vorliegen der Voraussetzungen
verhängt werden müsse, trifft nicht zu. Die Altfälle wer-
den die Praxis noch in den nächsten fünf bis zehn Jahren
beschäftigen, weil so lange noch Entlassungen aus dem
Strafvollzug anstehen werden. Diese Dauer ist wegen
der genannten Gründe hinzunehmen. Im Vergleich zu
dem Instrument der nachträglichen Sicherungsverwah-
rung insgesamt, das Rot-Grün zu verantworten hat, be-
deuten die neuen Regelungen endlich Rechtssicherheit.

Laut des hier zu beratenden Gesetzentwurfs werde
die Beseitigung der rückwirkenden Streichung der Zehn-
jahreshöchstfrist für erforderlich erachtet. Es wird ge-
fordert, dass das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualde-
likten und anderen gefährlichen Straftaten vom
26. Januar 1998 auf alle Taten Anwendung finden solle,
über deren Taten bis zum Stichtag des 31. Januar 1998
noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Dieser
Forderung darf keineswegs gefolgt werden. Um es ein-
mal deutlich zu machen: Diese Forderung, würde man
sie tatsächlich gesetzlich umsetzen, käme einem Freilas-
sungsgesetz gleich. Vor dem Hintergrund des Schutzes
der Bevölkerung wäre dies ebenfalls unverantwortlich.
Einen Freilassungsautomatismus darf es nicht geben.
Jeder einzelne Fall muss gesondert gewürdigt und unter
Berücksichtigung aller Interessen gerichtlich entschie-
den werden. In der mündlichen Verhandlung des Bun-
desverfassungsgerichts am 8. Februar 2011, die vier
Verfassungsbeschwerden zum Gegenstand hatte, hat
Präsident Voßkuhle als Berichterstatter für zwei der Ver-
fahren in seiner Einführung angemerkt, dass der EGMR
bei seiner Entscheidung zur Unvereinbarkeit rückwir-
kender Sicherungsverwahrung mit der EMRK die Siche-
rungsinteressen der Allgemeinheit „nur ganz am
Rande“ in den Blick genommen habe. Die Rechtspre-
chung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs geht
sogar soweit, dass die vom EGMR als unzulässig beur-
teilte rückwirkende Sicherungsverwahrung gleichwohl
dort fortzusetzen sei, wo ein ganz besonders hohes Maß
an Gefahr für die Allgemeinheit bestehe.

Die FDP fühlt sich darin bestätigt, die Betroffenen
der rückwirkenden Streichung der Zehnjahresfrist auf
den Rechtsweg zu verweisen, weil nur so die gegen-
einander abzuwägenden Belange angemessen berück-
sichtigt werden können.

Das Recht der Sicherungsverwahrung im Jugend-
strafrecht konnte nicht zusammen mit der nun abge-
schlossenen Reform der Sicherungsverwahrung behan-
delt werden, weil es zwei verschiedene Rechtsmaterien
Zu Protokoll
sind. Im Jugendstrafrecht gelten Eigenheiten, die einer
besonderen Berücksichtigung bedürfen. Hier ist aber
auf die bereits benannten Verfassungsbeschwerden hin-
zuweisen, von denen ein Verfahren einen solchen Fall
betrifft. Mit der Entscheidung ist erst im Sommer zu
rechnen, weshalb voreiliges Handeln nicht angebracht
erscheint. Stellt sich also heraus, dass gesetzgeberischer
Handlungsbedarf besteht, werden die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts maßgeblich sein. Mit der
Reform der Sicherungsverwahrung wurden die beste-
henden Rechtsunsicherheiten beseitigt und zugleich der
Schutz der Bevölkerung vor schweren Gewaltstraftätern
verbessert. Dabei wurden zugleich Verstöße gegen die
Europäische Menschenrechtskonvention vermieden.
Weitere Änderungen hält die FDP daher für nicht ange-
bracht.


Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709333800

Es ist bedauerlich, dass wir erneut über das Thema

Sicherungsverwahrung sprechen müssen. Der von den
Grünen vorgelegte Gesetzentwurf ist zu begrüßen.

Wir hätten uns diese Debatte und den Gesetzentwurf
der Grünen sparen können, hätte die Koalition aus der
im letzten Jahr stattgefundenen Anhörung zur Neurege-
lung der Sicherungsverwahrung gleich die richtigen
Konsequenzen gezogen. Aber dazu fehlte ihr der nötige
Wille. Statt tatsächlich europarechtskonform die nach-
trägliche Sicherungsverwahrung nicht nur für Neufälle
abzuschaffen, hat die Koalition aus Rücksicht auf die
Stammtische die Sicherungsverwahrung für Altfälle ein-
fach beibehalten. Dass dies bedenklich ist, ist mehrfach
ausgeführt worden.

In der Anhörung und auch hier im Plenum ist mehr-
fach darauf hingewiesen worden, dass bei Beibehaltung
der Sicherungsverwahrung für Altfälle die nicht uner-
hebliche Gefahr besteht, dass der Europäische Gerichts-
hof für Menschenrechte diese Regelung für nicht mit der
Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar
hält. Und tatsächlich haben diejenigen, die eine solche
Vermutung aufgestellt haben, recht behalten. Das Urteil
des EGMR vom 13. Januar 2011 hat nun ausdrücklich
die Unvereinbarkeit der nachträglichen Sicherungsver-
wahrung mit Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a EMRK festge-
stellt. Der Art. 5 b Abs. 1 verlangt für eine rechtmäßige
Freiheitsentziehung einen Kausalzusammenhang zwi-
schen Verurteilung – Schuldfeststellungen durch das
Strafgericht – und der späteren Anordnung der Siche-
rungsverwahrung – Gefährlichkeitsfeststellungen durch
die Strafvollstreckungskammer. Und genau der fehlt bei
der Anordnung einer nachträglichen Sicherungsverwah-
rung.

Nach einem alten Sprichwort könnte ich mich jetzt
hier hinstellen und sagen: Wer nicht hören kann, muss
fühlen. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition,
müssen nun fühlen. Sie müssen sich ganz schnell auf ih-
ren Hosenboden setzen und eine europarechtskonforme
Neuregelung schaffen. Das „fühlen“ ist allerdings nicht
so schwierig. Sie können nämlich an diesem Punkt ein-
fach den Gesetzentwurf der Grünen übernehmen und
vermutlich in dieser Frage Einstimmigkeit im Hohen



gegebene Reden

Halina Wawzyniak


(A) (C)



(D)(B)

Haus erzielen. Sie müssen dazu nur einmal über Ihren
Schatten springen und den Stammtischen Widerspruch
entgegensetzen. Beweisen Sie einmal Mut und zeigen
Sie, dass nicht die Stammtische, sondern das Recht Ihr
Handlungsmaßstab ist.

Wenn Sie das an sich fragwürdige Instrument der Si-
cherungsverwahrung wenigstens rechtskonform machen
wollen, dann sollten Sie auch einen weiteren Aspekt be-
rücksichtigen. Ein Verstoß gegen die EMRK ist nämlich
auch die rückwirkende Aufhebung der Zehn-Jahres-
Höchstfrist. Und damit Sie Argumentationsmaterial ha-
ben, nenne ich Ihnen auch noch den genauen Paragra-
fen, gegen den die rückwirkende Aufhebung der Zehn-
Jahres-Höchstfrist verstößt. Es handelt sich hierbei um
Art. 5 Abs. 1 Buchstabe a und Art. 7 Abs. 1 EMRK. Auch
für Sie gilt, was jeder Jurastudentin und jedem Jurastu-
denten von Anfang an beigebracht wird: Ein Blick ins
Gesetz erhöht die Kompetenz. Es ist jedenfalls für die
Linke ein unhaltbarer Zustand und eine Beschädigung
des Rechtsstaates, dass Menschen trotz festgestellten
Verstoßes gegen die EMRK weiterhin in Sicherungsver-
wahrung bleiben. Deshalb ist es richtig, dass mit dem
vorgelegten Gesetzentwurf gefordert wird, dass auf all
diejenigen Gefangenen, die wegen Taten, über die bis
zum 31. Januar 1998 noch nicht rechtskräftig entschie-
den worden war, die Rechtslage Anwendung findet, die
bei Begehung ihrer Tat aktuell war. Deshalb fordern wir
die Einhaltung des Rechts und damit, dass all jene, die
bereits länger als zehn Jahre in der Sicherungsverwah-
rung sitzen, obwohl zur Tatzeit die Höchstdauer auf zehn
Jahre begrenzt war, unverzüglich aus der Sicherungsver-
wahrung zu entlassen sind. Besonders wichtig erscheint
uns die Aufhebung der nachträglichen Sicherungsver-
wahrung für Jugendliche und Heranwachsende. Aller-
dings, liebe Freunde von den Grünen, sind Sie hier ein
wenig inkonsequent. Die Sicherungsverwahrung für Ju-
gendliche und Heranwachsende an sich gehört abge-
schafft, sie ist mit dem System des JGG einfach unver-
einbar.

Der Gesetzentwurf der Grünen insgesamt kann aber
nicht unsere Zustimmung finden, wir werden ihn aller-
dings auch nicht ablehnen. So löblich es ist, das Urteil
des EGMR zum Anlass zu nehmen, das Thema Siche-
rungsverwahrung erneut aufzugreifen, so sträflich ist es,
die grundlegenden Kritikpunkte am Recht der Siche-
rungsverwahrung nicht zu thematisieren. Ich will hier
nur kurz die Themen benennen: Therapieunterbrin-
gungsgesetz, die durch § 66 b StGB beibehaltene Mög-
lichkeit, die nachträgliche Sicherungsverwahrung für
alldiejenigen anzuordnen, bei denen aufgrund eines
nicht mehr vorliegenden pathologischen Zustandes im
Sinne der §§ 20 und 21 StGB die Unterbringung in einer
psychiatrischen Klinik für erledigt erklärt worden ist,
Beibehaltung der Raub- und Erpressungsdelikte – auch
der gewaltanwendungsfreien –, Betäubungsmittel- so-
wie Brandstiftungsdelikte als Anlasstaten für die Anord-
nung der Sicherungsverwahrung.

All dies wird – und darauf haben wir als Linke bereits
mehrfach hingewiesen – dem Institut der Sicherungsver-
wahrung, wenn man sich überhaupt auf dieses Institut
Zu Protokoll
als „schärfstes Mittel der Kriminalpolitik“ einlässt,
nicht gerecht.

Mithin enthält der Gesetzentwurf der Grünen bloß
eine wegen des jüngsten EGMR-Urteils zwingend erfor-
derliche Minimalkorrektur. Wesentliche Ungerechtigkei-
ten im Rahmen der Sicherungsverwahrung bleiben auf-
rechterhalten und eine grundsätzliche Kritik am Institut
der Sicherungsverwahrung – wie potenzielles Wegge-
sperrtsein auf Lebenszeit aufgrund unsicherer Gefah-
renprognose, Abkoppelung des Strafrechts vom Schuld-
prinzip und Hinwendung zum Präventivstrafrecht,
Doppelbestrafungsverbot, Abkehr von Resozialisie-
rungsgedanken und kontraproduktive Wirkungen auf die
Therapie während der Strafhaft – wird vom Gesetzent-
wurf nicht aufgenommen. Wir glauben, dass es an der
Zeit wäre, die Debatte um das Thema Sicherungsver-
wahrung noch einmal grundsätzlich aufzumachen. Wir
fordern die Bundesregierung auf, eine Expertenkommis-
sion einzurichten und externen Sachverstand einzuho-
len. Lassen Sie die Fakten sprechen und nicht die
Stammtische. Dann – und da bin ich mir sicher – können
wir das Thema seriös behandeln und lassen uns nicht
von Emotionen treiben. Die Chance wäre mit dem Urteil
des EGMR gegeben. Lassen Sie uns diese Chance nut-
zen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709333900

Die schuldangemessene Bestrafung von Straftätern,

aber auch der Freiheitsentzug für nach der Verbüßung
weiterhin hochgefährliche Menschen können notwen-
dige Maßnahmen sein, zu denen der Staat als äußerstes
Mittel greifen darf und muss. Diese Einsicht folgt der
unabweisbaren Erfahrung, dass es wenige Menschen
gibt, die wegen einer Krankheit, aus Veranlagung oder
fehlender innerer Hemmung eine so große und gegen-
wärtige Gefahr für Dritte sind, dass kein anderes Mittel
als die Freiheitsentziehung zur Abwendung dieser Ge-
fahren möglich ist. Der Schutz der Bürgerinnen und
Bürger vor Gewalt und Willkür ist eine staatliche Kern-
aufgabe, der wir uns zu stellen haben.

Die Sicherungsverwahrung ist aber auch der schwer-
wiegendste Eingriff in das Freiheitsgrundrecht, der in
einem demokratischen Rechtsstaat möglich ist. In der
Sicherungsverwahrung wird Menschen die Freiheit ge-
nommen, weil von ihnen in der Zukunft eine Gefahr für
ihre Mitmenschen ausgeht, der nicht anders als eben nur
durch Freiheitsentziehung begegnet werden kann. Der
Rechtsstaat darf daher nur als absolute Ausnahme und
nur bei Gefahr schwerster zukünftiger Straftaten zum
Mittel der Sicherungsverwahrung greifen.

Seit dem 1. Januar 2011 haben wir neue Regelungen
zur Sicherungsverwahrung. Warum legen wir heute,
nach nur acht Wochen, einen neuen Gesetzentwurf zur
Reform der Sicherungsverwahrung vor? Weil es unab-
weisbar notwendig ist! Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte hat Deutschland am 13. Januar 2011
– zum wiederholten Male – wegen eines Verstoßes gegen
die Europäische Menschenrechtskonvention verurteilt.
Der Gerichtshof hat die Regelungen, wonach die Siche-
rungsverwahrung nicht nur zugleich mit dem Strafurteil,



gegebene Reden





Jerzy Montag


(A) (C)



(D)(B)

sondern noch viele Jahre später zum Ende der Strafhaft
verhängt werden kann, als einen Verstoß gegen Men-
schenrechte beanstandet.

Die sogenannte nachträgliche Sicherungsverwah-
rung ist zwar – für die Zukunft – in Teilbereichen und
halbherzig abgeschafft worden. Aber nach dem Urteil
des EGMR muss dringend nachgebessert werden. Denn
das Straßburger Gericht hat recht. Auch nach der neuen
Reform verstößt Deutschland gegen die Menschen-
rechte. Und ich prophezeie Ihnen weitere Verurteilungen
durch den Gerichtshof, wenn Sie das Gesetz nicht so än-
dern, dass es zu einer menschenrechtskonformen Reform
der Sicherungsverwahrung kommt.

In der Presse sind Stellungnahmen des Bundesjustiz-
ministeriums zu lesen, wonach das Urteil nur die frühere
Rechtslage betreffe, die ja inzwischen durch die Koali-
tion geändert wurde. Das ist falsch. Die Koalition hat
die nachträgliche Sicherungsverwahrung mit der letzten
Reform nicht abgeschafft, sondern nur für die Zukunft
eingeschränkt. Es wurde verbreitet, dass das Urteil letzt-
lich nicht mehr als 20 Personen betreffe. Auch das ist
falsch. Bei Straftaten vor dem 1. Januar 2011 bleibt es
auf Jahrzehnte und für Tausende von Menschen dabei,
dass sie – bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Vor-
aussetzungen – in die nachträgliche Sicherungsverwah-
rung gelangen können. Darin liegt ein tausendfacher
und auf Jahrzehnte fortdauernder Menschenrechtsver-
stoß. Der vielleicht noch größere Skandal liegt aber da-
rin, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung für
Täter, die nach Jugendrecht verurteilt wurden und auch
in Zukunft werden, uneingeschränkt fortbesteht. Damit
werden junge Straftäter schlechtergestellt als schon Er-
wachsene.

Um ein für alle Mal mit Verstößen gegen die Europä-
ische Menschenrechtskonvention Schluss zu machen,
fordern wir mit unserem Gesetzentwurf – wie bereits mit
unserem Änderungsantrag zur Reform – die nachträgli-
che Sicherungsverwahrung nicht nur für Neufälle, son-
dern für alle Fälle abzuschaffen. Zwischen 1974 und
1998 galt eine Zehnjahreshöchstfrist für die Sicherungs-
verwahrung. Sicherungsverwahrte wurden spätestens
nach zehn Jahren Vollzug der Maßnahme aus dieser ent-
lassen. Eingeführt wurde diese Befristung übrigens aus
dem nach wie vor geltenden Gedanken, dass unter Gel-
tung der Grundrechte des Grundgesetzes keine Frei-
heitsentziehung endlos vollstreckt werden darf, und
zwar unter dem SPD-Justizminister Gerhard Jahn.

Die letzte schwarz-gelbe Koalition hat diese Befris-
tung im Januar 1998 aus dem Gesetz gestrichen, ohne
Übergangsbestimmungen und somit rückwirkend auch
für Menschen, die zur Sicherungsverwahrung verurteilt
wurden, als für sie noch die Zehnjahresfrist galt. Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits
im Dezember 2009 festgestellt, dass diese Rückwirkung
dem menschenrechtlichen Verschlechterungsverbot un-
terfällt, und Deutschland deswegen verurteilt. In neuen
Entscheidungen vom 13. Januar 2011 hat der Men-
schenrechtsgerichtshof seine Auffassung bekräftigt und
seine Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht,
dass Deutschland, ein Signatarstaat der Europäischen
Menschenrechtskonvention, die Rechtsprechung des Ge-
richts offensichtlich ignoriert und missachtet.

Die jetzige schwarz-gelbe Koalition hat diesen fort-
währenden Menschenrechtsverstoß durch deutsche
gesetzliche Regelungen nicht beseitigt. Das neue Therapie-
unterbringungsgesetz schafft neue verfassungsrechtliche
Probleme und für die Länder enorme Umsetzungspro-
bleme, statt den Menschenrechtsverstoß zu beseitigen.
Das wollen wir ebenfalls grundlegend ändern und si-
cherstellen, dass es im Recht der Sicherungsverwahrung
keinerlei rückwirkende Verschlechterungen mehr gibt.

Einige hoffen ja, dass sich das Bundesverfassungsge-
richt, dem gegenwärtig ebenfalls einige Beschwerden in
Sachen Sicherungsverwahrung vorliegen, von der unbe-
quemen menschenrechtlichen Rechtsprechung aus
Straßburg absetzt. Ich sehe das nicht so. Für die Siche-
rungsverwahrung gilt das, was das Bundesverfassungs-
gericht bereits zur lebenslangen Freiheitsstrafe gesagt
hat. Der frühere Verfassungsrichter Professor
Dr. Hassemer hat es einmal so formuliert:

Der Mensch muss eine Perspektive haben. Eine
Perspektive von Freiheit.

Das ist eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit,
aber die schwarz-gelbe Koalition weigert sich weiterhin
beharrlich, sie auszusprechen. Genauso weigern Sie
sich, auf Frau Dr. Renate Jaeger, die frühere deutsche
Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschen-
rechte, zu hören, die letzte Woche zur Sicherungsver-
wahrungsdebatte klar und deutlich gesagt hat: „Auch
Mörder haben Rechte“. Diese richtige Grundhaltung
hat nichts mit angeblichem Täterschutz zu tun, der erns-
ter als der Opferschutz genommen werde.

Wir wollen Opfer und gefährdete Menschen schützen
und haben dazu viele konkrete und umfassende Vor-
schläge gemacht. Aber Prävention und Strafverfolgung
können nur gelingen und Bestand haben, wenn sie sich
im Rahmen der Grundrechte und Menschenrechte bewe-
gen, die allen Menschen zustehen, auch solchen, die ge-
fehlt haben und von denen möglicherweise Gefahren für
andere ausgehen.

Wir appellieren an Sie, unseren Gesetzentwurf ernst-
haft zu beraten und unsere Vorschläge zur menschen-
rechtlichen Ausrichtung der Regelungen zur Siche-
rungsverwahrung aufzugreifen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709334000

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-

fes auf Drucksache 17/4593 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es ander-
weitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 24:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Harald
Weinberg, Dr. Martina Bunge, Andrej Hunko,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

zu der legislativen Entschließung des Europäi-
schen Parlaments vom 19. Januar 2011 zu dem
Standpunkt des Rates in erster Lesung im
Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des
Europäischen Parlaments und des Rates über
die Ausübung der Patientenrechte in der
grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung

(11038/2/2010 – C7-0266/2010 – 2008/ 0142[COD])

Ratsdok. 11038/10 und KOM(2008) 0414 endg.

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Art. 23 Abs. 3 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 Abs. 4 des Ge-
setzes über die Zusammenarbeit von
Bundesregierung und Deutschem Bun-
destag in Angelegenheiten der Europäi-
schen Union

EU-Richtlinie über die Ausübung der Patien-
tenrechte in der grenzüberschreitenden Ge-
sundheitsversorgung fördert gesundheitliche
Ungleichheit

– Drucksache 17/4717 –


Stephan Stracke (CSU):
Rede ID: ID1709334100

Nach fast dreijährigen Verhandlungen hat das Euro-

päische Parlament am 19. Januar 2011 die „Richtlinie
zur Ausübung der Patientenrechte in der grenzüber-
schreitenden Gesundheitsversorgung“ angenommen.
Hierbei handelt es sich um einen Kompromiss, den das
Europäische Parlament, die EU-Kommission und der
Rat der EU-Gesundheitsminister ausgehandelt haben.
Dieser Kompromiss stellt auch aus deutscher Sicht eine
ausgewogene Lösung dar. Die Richtlinie gewährleistet
den Rahmen für eine sichere, hochwertige und effiziente
grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung in der
Europäischen Union. Sie sorgt für ein höheres Maß an
Rechtssicherheit für die Patienten, die eine grenzüber-
schreitende Gesundheitsversorgung in Anspruch neh-
men wollen. Die Krankenkassen werden grundsätzlich
verpflichtet, die Kosten für Behandlungen im EU-Aus-
land in der Höhe zu erstatten, wie sie auch im Inland an-
gefallen wären.

Bereits jetzt gibt es Regelungen für Notfallbehandlun-
gen im EU-Ausland. Auch gibt es bereits Regelungen für
Personen, die zwar in einem EU-Mitgliedstaat versi-
chert sind, jedoch in einem anderen Mitgliedstaat leben
und dessen Gesundheitsversorgung in Anspruch neh-
men. Dies stellt die Mehrzahl der Fälle der grenzüber-
schreitenden Gesundheitsversorgung dar. Die vorlie-
gende Richtlinie betrifft daher nur die Fälle, in denen
sich Patienten zielgerichtet für eine Behandlung im Aus-
land entscheiden. Damit ergänzt sie sinnvoll den beste-
henden EU-Rechtsrahmen zur Koordinierung der Sys-
teme der sozialen Sicherheit.

Ihre Grundlage hat die Richtlinie in der Rechtspre-
chung des Europäischen Gerichtshofs, die dieser seit
1998 zur Dienstleistungsfreiheit der Patienten entwi-
ckelt hat. Er hat seitdem in ständiger Rechtsprechung
das Recht der Patienten anerkannt, für eine Behandlung
im Ausland bei seiner heimischen Krankenversicherung
Kostenerstattung bis zu der Höhe verlangen zu können,
wie für eine vergleichbare Behandlung im Inland ange-
fallen wäre.

Allerdings ergeben sich aus der Richtlinie für
Deutschland in dieser Hinsicht keine grundlegenden
Veränderungen. Denn wir halten uns schon lange an die
Vorgaben der EU-Rechtsprechung und haben diese be-
reits im Jahr 2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz
in § 13 Abs. 4 und 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch in
nationales Recht umgesetzt. Die deutschen Versicherten
können daher seit Jahren ambulante Leistungen und
– bei vorheriger Genehmigung – auch Krankenhausbe-
handlungen im EU-Ausland auf Basis von Kostenerstat-
tung in Anspruch nehmen.

Leider haben viele andere Mitgliedstaaten die Recht-
sprechung des Europäischen Gerichtshofs unzureichend
oder gar nicht berücksichtigt. Deshalb bestand dringen-
der Handlungsbedarf im Interesse der Patientinnen und
Patienten der Europäischen Union. Denn es ist unzu-
mutbar, den einzelnen Patienten notfalls auf den Klage-
weg zu verweisen. Gerade für schwer kranke Patienten
stellt dies keine echte Alternative dar. Im Extremfall
könnte der Patient verstorben sein, bevor das Urteil ge-
sprochen wurde. Deshalb war unstreitig, die Ausgestal-
tung der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung
nicht länger der Rechtsprechung des Europäischen Ge-
richtshofs zu überlassen. Die Richtlinie stärkt die Rechte
der Patientinnen und Patienten bei der grenzüberschrei-
tenden Versorgung. Das ist aus deutscher Sicht aus-
drücklich zu begrüßen.

Hervorzuheben ist, dass die Richtlinie nicht zu einer
Aushöhlung der nationalstaatlichen Kompetenzen im
Gesundheitsbereich geführt hat. In den ersten Entwürfen
wollte die EU-Kommission nämlich hier ihre Kompeten-
zen ausweiten. Deutschland wollte dies nicht. Die deut-
sche Gesundheitsversorgung ist eine der besten in der
Welt. Deshalb war es von Anfang an breiter Konsens in
diesem Hohen Haus, dass es hier keiner Vergemein-
schaftung bedarf. Der Deutsche Bundestag hat deshalb
seine Kritik in einem Entschließungsantrag vom Novem-
ber 2008 deutlich gemacht und die Bundesregierung ge-
beten, die autonome Zuständigkeit der Mitgliedstaaten
für ihre Gesundheitssysteme in den Verhandlungen zu
erhalten. Nicht zuletzt hat die christlich-liberale Koali-
tion diesen Standpunkt auch in einem Gespräch des Ge-
sundheitsausschusses mit dem EU-Kommissar für Ge-
sundheit, John Dalli, am 4. Oktober 2010 nochmals
betont. Dabei haben wir herausgestellt, dass die natio-
nale Kompetenz von der Kommission unangetastet blei-
ben muss. Dies ist uns letztlich auch gelungen. Daher
bedanke ich mich auch an dieser Stelle ausdrücklich bei
unserem Gesundheitsminister Dr. Rösler und seinem Mi-
nisterium für das beachtliche Engagement in dieser Hin-
sicht.

Weitere Forderungen aus dem Entschließungsantrag
wurden ebenfalls durchgesetzt. So werden Leistungen der
Pflegeversicherung rechtsklar aus dem Anwendungsbe-
reich der Richtlinie ausgenommen und die Zuständigkeit
der Mitgliedstaaten für die Festlegung von Qualitäts-

Stephan Stracke


(A) (C)



(D)(B)

und Sicherheitsstandards ausdrücklich festgeschrieben.
Außerdem werden die Vorschriften zur Kostenerstattung
strikt nach der Rechtsprechung des Europäischen Ge-
richtshofs ausgerichtet. Bürokratische Regelungen sind
zudem auf das sachlich Notwendige beschränkt.

Vorteile und Rechtssicherheit für die Patienten erge-
ben sich aus den folgenden Regelungen der Richtlinie:

Die Leistungen der grenzüberschreitenden Gesund-
heitsversorgung werden gemäß den Rechtsvorschriften
und den Qualitätsstandards des Staates erbracht, in dem
die Behandlung stattfindet. Der Staat, in dem der Patient
versichert ist, hat diesem auf Anfrage Informationen
über seine Rechte, sich im Ausland behandeln zu lassen,
zur Verfügung zu stellen. Besondere Bedeutung haben
hierfür die nationalen Kontaktstellen, die jeder Mit-
gliedstaat einrichten muss. Sie sind Anlaufstelle für Pa-
tienten und stellen diesen alle wichtigen Informationen
über die Behandlung im Ausland zur Verfügung.

Die Kosten für die Behandlung im ausländischen
Staat werden bis zu der Höhe erstattet, die die Behand-
lung in dem Staat gekostet hätte, in dem der Patient ver-
sichert ist. Es werden jedoch nur Behandlungen bezahlt,
die auch im Heimatstaat im Leistungskatalog der Kran-
kenkassen enthalten sind. Darüber hinausgehende Be-
handlungen und Kosten muss der Patient selbst bezah-
len.

Für bestimmte Behandlungen können die Mitglied-
staaten ein System der Vorabgenehmigungen einführen.
Dies ist ein Schutzinstrument insbesondere zugunsten
der solidarisch finanzierten Krankenversicherungssys-
teme, da dieses vor allem bei hochspezialisierten und
kostenintensiven medizinischen Behandlungen gilt. Um-
gekehrt wird auch der Patient geschützt, da eine Geneh-
migung verweigert werden kann, wenn der Patient ei-
nem zu großen Risiko ausgesetzt sein würde.

Ebenso nimmt die Richtlinie auch Rücksicht auf ethi-
sche Fragen. So entscheiden die Mitgliedstaaten selbst,
welche Behandlungen sie aus ethischen Gründen nicht
erlauben wollen. Behandlungen, die in dem Heimatstaat
des Versicherten aus ethischen Gründen nicht erlaubt
und damit auch nicht erstattungsfähig sind, müssen von
diesem auch dann nicht erstattet werden, wenn sie im
Ausland vorgenommen werden. Als ein Beispiel ist hier
die Präimplantationsdiagnostik zu nennen.

Ganz praktisch bedeutet dies alles aus Sicht der Pati-
enten:

Für Personen, die auf einer Warteliste stehen, kann
sich die Zeit bis zur Behandlung wesentlich verkürzen.
In Großbritannien gibt es zum Beispiel lange Listen für
Hüftoperationen. Diese können nun durch Behandlun-
gen in Deutschland schneller abgearbeitet werden.
Ebenso können vornehmlich Patienten profitieren, die in
Grenzgebieten wohnen oder die sich aus privaten Grün-
den, zum Beispiel weil Familienangehörige dort woh-
nen, in einem anderen Mitgliedstaat behandeln lassen
wollen. Besondere Vorteile ergeben sich auch für Pati-
enten, die beispielsweise wegen einer seltenen Erkran-
kung einer hochspezialisierten Behandlung bedürfen,
die aber nicht in jedem Land angeboten wird.
Zu Protokoll
Nicht zuletzt bietet die Richtlinie große Chancen für
die deutschen Leistungserbringer. Nach Schätzungen
betrifft das europaweite Volumen an grenzüberschrei-
tender medizinischer Versorgung jährlich rund 10 Mil-
liarden Euro. Da unser Gesundheitssystem international
einen hervorragenden Ruf hat, ist mit einer erhöhten
Nachfrage durch ausländische Patienten zu rechnen.
Diese Entwicklung sollten wir aktiv begleiten. Die Argu-
mente, mit der die Linke ihren vorliegenden Antrag zu
begründen versucht, verfangen allesamt nicht.

Die befürchtete europaweite Zwei-Klassen-Medizin
ist abwegig. Im Gegenteil: Die Richtlinie führt zur Stär-
kung der Rechte aller Patienten in der grenzüberschrei-
tenden Versorgung, und zwar unabhängig von ihrer fi-
nanziellen Situation. Das sieht auch das Europäische
Parlament so. Denn die Richtlinie soll den Patienten zu-
gutekommen, die die Versorgung benötigen, und nicht
bloß den Patienten, die über die entsprechenden finanzi-
ellen Mittel verfügen. Genau dieser Zielsetzung wird die
Richtlinie gerecht.

Auch die beschworene Gefahr, dass in ärmeren EU-
Mitgliedstaaten Wohlhabende aus reicheren EU-Mit-
gliedstaaten bevorzugt behandelt werden, ist absurd.
Hier würde alleine ein Blick in die Richtlinie zur Er-
kenntnis beitragen. Denn Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie
schreibt ausdrücklich vor, dass alle Patienten mit den
gleichen inländischen Gebührensätzen abzurechnen
sind. Der von der Linken wieder einmal an die Wand ge-
malte Klassenkampf wird in der Realität nicht stattfin-
den.

Wenn die Linken davon sprechen, dass es ein „Prinzip
des gleichen Zugangs für alle grenzüberschreitenden Ge-
sundheitsdienstleistungen“ gebe, dann wird klar, was mit
dem Antrag eigentlich bezweckt wird, nämlich ein EU-
weit vereinheitlichtes Gesundheitssystem. Wer wie die
Linke sozialisieren will, der wird die medizinische Ver-
sorgung der Menschen in Deutschland nicht verbessern,
sondern deutlich verschlechtern. Denn eine Vereinheitli-
chung wäre nur deutlich unterhalb des deutschen Stan-
dards möglich. Das wird die christlich-liberale Koalition
niemals tun. Wir stehen dazu, dass jeder Mitgliedstaat
für die Gesundheitsversorgung seiner Bürgerinnen und
Bürger selbst verantwortlich bleiben soll. Unser Gesund-
heitssystem ist spitze und soll auch spitze bleiben. Und
natürlich polemisiert die Linke wieder einmal gegen jede
Art von Wettbewerb. Wer Wettbewerb nicht will, will of-
fenbar Staatsmedizin. Die geschichtliche Erfahrung ge-
rade in Deutschland hat jedoch gezeigt, dass dies nicht
der richtige Weg ist. Wettbewerb stellt auch Qualität im
Gesundheitsbereich sicher. Wer Wettbewerb nicht will, ist
ein Qualitätsrisiko für die Patientinnen und Patienten in
Deutschland. Und genau das ist die linke Opposition.

Zum Schluss bekräftige ich noch einmal: Die Richtli-
nie gibt den Patientinnen und Patienten ebenso wie den
Leistungserbringern in der Europäischen Union Rechts-
klarheit und Rechtssicherheit über die Voraussetzungen
der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung. Den
Patientinnen und Patienten wird ein individuelles Ent-
scheidungsrecht an die Hand gegeben, ob sie sich im EU-
Ausland behandeln lassen möchten oder nicht. Dieses



gegebene Reden

Stephan Stracke


(A) (C)



(D)(B)

Recht wollen wir und werden wir nicht verweigern. Die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt daher den Antrag
der Linken ab. Wir werden ihm nicht zustimmen.


Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1709334200

Zu später Stunde kommen wir heute aufgrund eines

Antrags der Linken zu einer EU-Vorlage zusammen und
beschäftigen uns mit der europäischen Gesundheitspoli-
tik. Die infrage stehende Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Europäischen Rates über die Aus-
übung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden
Gesundheitsversorgung hat eine längere Geschichte,
und ich begrüße ausdrücklich, dass wir nun endlich auf
dem Weg sind, Verbesserungen für die Menschen in
Europa zu erreichen. Versicherte müssen den Zugang zu
der gesundheitlichen Versorgung erhalten, egal wo in
Europa sie sich gerade befinden. Dies ist ja auch eine
Forderung des Europäischen Gerichtshofes, die nun
endlich umgesetzt werden muss.

Wir sind uns hier alle einig, dass wir die grenzüber-
schreitende Patientenmobilität brauchen. Differenzen
gibt es allerdings um die Frage, wie wir diese regeln
wollen. Die unterschiedlichen Vorstellungen über die
Umsetzung waren ja bereits der Grund dafür, dass sich
der Umsetzungsprozess so lange verzögert hat. Die
Richtlinie ist für uns politisch von einiger Bedeutung,
zum einen weil einige von uns Nutznießer dieser Rege-
lung sein werden und andererseits weil unsere europäi-
schen Nachbarn leichter als bisher unsere Kliniken und
Behandlungsmöglichkeiten aufsuchen können.

Die Linksfraktion versucht mit ihrem Antrag den Ein-
druck zu erwecken, diese Richtlinie öffne Tür und Tor für
eine Verschärfung der Zweiklassenmedizin. Ich ver-
kenne die Gefahr nicht, dass unterschiedliche Preisge-
füge innerhalb der EU auch im medizinischen Bereich
dazu führen können, dass Menschen aus reichen Län-
dern sich Gesundheitsdienstleistungen in Niedrigpreis-
ländern kaufen können und andere Menschen aus ärme-
ren Ländern sich nicht so frei in Europa bewegen
werden. Das ist bereits jetzt so. Trotzdem kann ich der
pessimistischen Sichtweise der Linken nur bedingt fol-
gen.

Wenn man die Richtlinie liest, wird sehr schnell deut-
lich, dass das Europäische Parlament und der Europäi-
sche Rat auf die jeweiligen Situationen in den jeweiligen
Ländern eingehen mussten und den Ländern keine Vor-
schriften machen, die den Patienten konkret schlechter
stellen. Denn machen wir uns doch nichts vor: Bereits
jetzt ist es doch so, dass de facto nur Menschen, die über
ein entsprechendes Einkommen verfügen und nicht
durch Sprachbarrieren davon abgehalten werden, ins
Ausland gehen, um sich dort gesundheitliche Dienstleis-
tungen zu kaufen. Die Richtlinie versucht lediglich, die-
sen Sachstand aufzugreifen und für gewisse Mindest-
standards bei der Kostenübernahme und bei den
Vorabgenehmigungen zu erreichen, und lässt den Län-
dern hier weiterhin freie Hand.

Sie haben ja recht, dass mit der unsozialen schwarz-
gelben Gesundheitspolitik das Sachleistungsprinzip in
Zu Protokoll
Gefahr ist, aber für die europäische Politik sind die von
Ihnen aufgestellten Prinzipienforderungen und Schluss-
folgerungen vollkommen untauglich oder realitätsfern.
Was Sie mit „Bestimmungslandprinzip“ meinen, bleibt
in Bezug auf die Finanzierung nebulös und würde unter
anderem zur Folge haben, dass die gesundheitlichen
Einrichtungen in Deutschland auf Kosten sitzen bleiben
oder die Versichertengemeinschaft die Kosten überneh-
men müsste.

Wenn Sie wollen, dass die Versicherten des jeweiligen
Landes, dessen Infrastruktur genutzt wird, die Differenz
bezahlen, müssen Sie das auch so offen sagen! Wenn die
gute Versorgungsstruktur in Deutschland für alle EU-
Bürger gelten soll, aber die deutschen Versicherten die
Differenz zahlen müssen, dann würden die jüngst von
der schwarz-gelben Bundesregierung erhöhten Kran-
kenversicherungsbeiträge in Deutschland weiter stei-
gen. Dann sagen Sie das bitte auch direkt den Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmern mit kleinem Einkommen
sowie den Rentnerinnen und Rentner, die ja, wenn es
nach Schwarz-Gelb geht, die zukünftig steigenden Kos-
ten übernehmen sollen. Oder alternativ wird eben im
Gesundheitssystem an Leistungen oder auch Löhnen von
zum Beispiel Krankenhauspersonal gespart, um die zu-
sätzlichen Kosten zu stemmen. Sie machen es sich zu
leicht, wenn Sie sich mit den finanziellen Folgen Ihrer
Forderungen nicht beschäftigen.

Auch die Frage, inwiefern mit Ihren Forderungen ein
Gesundheitstourismus und damit vielleicht auch eine
Überforderung der Gesundheitssysteme der EU-Länder
mit hoher medizinischer Versorgungsqualität verbunden
ist oder der Kurtourismus ins Ausland zulasten der GKV
und hiesiger Einrichtungen geht, blenden Sie aus. Zu all
dem sagen sie nichts. Es ist notwendig, die Patientenmo-
bilität in Europa auszubauen. Es ist aber auch notwen-
dig, hierbei sicherzustellen, dass keine finanzielle Über-
forderung der jeweiligen Gesundheitssysteme erfolgt
und keine ungelenkten Versichertenströme entstehen, die
zu Engpässen in manchen Ländern führen werden. Sie
denken nicht zu Ende, aber wir kennen es nicht anders
bei der Linksfraktion.


Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1709334300

Transparenz, Bürgernähe und Rechtsicherheit: Kei-

ner wird an diesen Begriffen und den sie füllenden Ei-
genschaften etwas kritisieren können. Es sind die Ziele
der EU-Kommission, welche sie mit ihrer Richtlinie zur
Patientenmobilität verfolgt. Künftig können Gesund-
heitsdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat in
Anspruch genommen werden, ohne dass die eigene
Krankenkasse vorher um Erlaubnis gefragt werden
muss. Der EU-Bürger ist frei, zu reisen, und er solle es
auch dann sein, wenn es darum geht, sich im europäi-
schen Ausland ambulant behandeln zu lassen. Die Men-
schen in der EU können das zentrale Recht auf Frei-
zügigkeit nun auch in der Gesundheitsversorgung
einfacher in Anspruch nehmen. Klare Regeln schenken
den Bürgerinnen und Bürgern mehr Freiheit und stärken
den wichtigen Wert der Freizügigkeit. Transparenz, Bür-
gernähe, Rechtsicherheit und eben Freiheit.



gegebene Reden

Jens Ackermann


(A) (C)



(D)(B)

Doch wenn ich eingangs – natürlich rhetorisch – die
Vermutung geäußert habe, dass diesen Zielen niemand
etwas entgegenzusetzen haben kann, dann habe ich die
Rechnung ohne die Linke gemacht. Denn wir beraten
heute den Antrag dieser Fraktion, dass die Bundesregie-
rung der genannten Richtlinie im Rat nicht zustimmen
solle. Leider zeigt sich mit diesem Antrag wieder einmal,
dass die Linke Freiheit als Ungleichheit begreift. Es
wird leider wieder einmal deutlich, dass die Linke Frei-
zügigkeit als Gefahr verkennt.

Das mag auf den ersten Eindruck vielleicht nicht ver-
wunderlich sein. Ist doch die Linke in weiten Teilen die
Nachfolgerin jener Staatspartei, die alle gleichmachen
wollte und der Masse Freiheit vorenthielt. Freizügigkeit
war schließlich eine Gefahr, und in der Doktrin der SED
mussten die eigenen Bürger ja auch durch die Mauer ge-
schützt werden. Zum Glück ist die Zeit des Stacheldrahts
auf deutschem Boden vorbei. Zum Glück sterben keine
Menschen mehr aus politischen Gründen, nur weil sie
von einem Ort an einen anderen möchten. Die Wende hat
den Menschen schließlich diese neuen Freiheiten ge-
schenkt, sie hat sie dabei doch nicht nur auf Deutsch-
land beschränkt, sondern ganz Europa mit eingeschlos-
sen. Und so ist das größte Glück für die Europäer heute
Freiheit. Davon machen die Bürgerinnen und Bürger
Gebrauch, sie bewegen sich zu Recht frei innerhalb der
EU.

Doch die Menschen werden eben auch leicht zu Pati-
enten – in der Heimat, wie im Ausland. Dann ist es wich-
tig, dass sie unbürokratisch und direkt die nötige medizi-
nische Hilfe bekommen und einen Arzt ihrer Wahl
aufsuchen können – hier, wie in anderen Staaten der EU.
Im Notfall ist dies ja schon heute möglich; Reisende sind
hier schon länger über ihre Europäische Krankenversi-
cherungskarte geschützt.

Mit der Richtlinie über die Ausübung der Patienten-
rechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversor-
gung wird nun eine Lücke geschlossen, um medizinische
Versorgung nicht ausschließlich in Notfällen zu ermögli-
chen, ohne dass die Krankenkasse dies genehmigen
müsste. Die Linke wittert nun aber bei mehr Freiheits-
rechten Gefahr. Wenn man sich aber die Begründung an-
sieht, wird hier wahrscheinlich eher ein historischer Re-
flex bedient: Da taucht im Antrag wieder das Mantra
einer Zwei-Klassen-Medizin auf, die dadurch drohe. Ja,
Sie haben richtig gehört: Mehr Freiheitsrechte führen zu
einer Zwei-Klassen-Medizin, sagen die Linken. Das Ar-
gument lautet, dass nur Menschen, die über ein ausrei-
chendes Einkommen verfügten, von der Richtlinie profi-
tieren würden. Gut, es ist natürlich klar, dass all jene,
die sich irgendwo innerhalb der EU behandeln lassen
wollen, auch zunächst dorthin reisen müssen. Klar, das
kostet auch Geld. Doch wer wird denn extra Geld für
eine Reise als Patient drauflegen, um beispielsweise in
Rumänien eine Wurzelbehandlung durchführen zu las-
sen, welche die Leistungen nicht übersteigen darf, die
auch die heimische Krankenkasse übernimmt? Es wird
auch mit dieser Richtlinie nur das von den Kassen er-
stattet, was im Heimatland erstattungsfähig ist. Nicht
mehr und nicht weniger. Hier geht es um die ambulante
Versorgung im EU-Ausland und nicht um besondere
Zu Protokoll
Herzoperationsangebote für Reiche in Luxuskliniken
von Bahrein und Co. Nochmals: Wer gesetzlich versi-
chert ist, bekommt die Kosten für die gleichen Arztter-
mine nun auch in anderen EU-Ländern erstattet. Inso-
fern wird kein Bürger, der nach Paris zum Arzt geht,
besser dastehen, als einer, der nach Magdeburg geht –
mit der Ausnahme, dass er sich natürlich nach Gene-
sung noch den Eiffelturm ansehen kann.

Umgekehrt haben wir in Deutschland ein Gesund-
heitssystem, um das uns andere Länder beneiden. Die
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung um-
fasst eine sehr gute medizinische Versorgung, die höher
liegt als in den meisten EU-Mitgliedstaaten. Wir verfü-
gen hier über hochqualifizierte Ärzte, wir müssen nicht
zwingend unser Land für einen Arzttermin verlassen.
Aber wir können es künftig tun. Davon werden die Men-
schen profitieren – im Urlaub, wie aber auch all jene,
die im Grenzgebiet zu anderen Staaten wohnen. Deren
Auswahl wird steigen, deren Aussichten, einen Termin zu
erhalten, vielleicht sogar wachsen.

Diese Richtlinie eröffnet zunächst mehr Chancen,
aber sie verringert doch keine. Eine Zwei-Klassen-Me-
dizin ist ausgeschlossen, da der Umfang der ambulanten
Leistungen durch diese Richtlinie nicht über jene im
Heimatland hinausgeht. Würde man die Linken-Argu-
mentation übernehmen, dann sind generell Reisen unge-
recht, da sich einige mehr leisten können als andere.
Dann ist der Geburtsort eine soziale Frechheit, da in ei-
nem Dorf vielleicht ein Bäcker ist und im anderen nicht.
Im Übrigen hat die Mauer, die ja auch einige von den
Linken direkt oder indirekt verteidigt haben, nicht zu ei-
ner klassenlosen Gesellschaft geführt.

Aber aus vergangenen Diskussionen wissen wir ja
leidvoll, dass die Linken zur Vereinfachung neigen.
Doch die Tage der Spruchbänder sind zum Glück ge-
zählt. Denn, meine Damen und Herren von der Links-
fraktion: Unsere Welt ist komplexer, als Sie denken. Gute
Politik erfordert Differenzierung. Sachverhalte müssen
erkannt und richtig eingeordnet werden. Das gelingt Ih-
nen mit diesem Argument nicht.

Weiter: Menschen werden auf hohen Kosten sitzen
bleiben, schreiben Sie. Dies ergebe sich dadurch, dass
sich Patienten nicht vorab ambulante Leistungen geneh-
migen lassen müssen. Auch hier verweise ich gern wie-
der auf den Anfang meines Beitrags. Da war von Rechts-
sicherheit die Rede, da die Bürgerinnen und Bürger das
erstattet bekommen, was auch im Heimatland Kassen-
leistung ist. Da bleibt man nicht auf den Kosten sitzen.
Natürlich ist es sinnvoll, sich vorher zu informieren, was
Kassenleistung ist. Gut, aber wir müssen ja hier nicht
über wesentliche Grundzüge gesellschaftlichen Zusam-
menlebens diskutieren. Oder ist es etwa so, Kolleginnen
und Kollegen von der Linken, dass Sie in einem Restau-
rant erst einmal fröhlich die gesamte Speisekarte rauf
und runter essen und dann nach den Preisen fragen? Ist
es etwa so, dass Sie einen Mietvertrag unterzeichnen
und dann nach den monatlichen Kosten fragen? Sich in-
formieren ist ein wesentlicher Bestandteil unseres tägli-
chen Lebens. Ich kann jedem nur empfehlen, immer



gegebene Reden

Jens Ackermann


(A) (C)



(D)(B)

Dinge zu hinterfragen – erst recht bei diesen Argumen-
ten der Linken zu dem Thema.

Die Richtlinie, welche die Patientenrechte stärkt, ihre
Mobilität leichter ermöglicht, lässt Europa mehr und
stärker zusammenwachsen. Was Adenauer und Monet
begonnen haben, was Genscher und Horn weitergeführt
haben, ist die europäische Einheit. Wir sind froh, nicht
mehr durch Kriege und Mauern getrennt zu sein. Wir
wollen dieses Europa der Menschen und Freiheiten. Wir
wollen Rechtsicherheit für die Menschen – auch und ge-
rade, wenn sie als Patienten Gast in unserer Heimat
sind. Diese Richtlinie leistet so einen wichtigen Beitrag
und ist ein Geschenk für die Freiheit aller Europäer. Das
ist wahrer Internationalismus, den die Linke verkennt,
den die Linke schlechtredet. Wir wollen keine neuen
Mauern aufbauen. Wir wollen den Menschen Chancen
geben und unterstützen ganz klar die Richtline über die
Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschrei-
tenden Gesundheitsversorgung. Die Kolleginnen und
Kollegen der Linken sollten wenigstens heute die
Chance wahrnehmen und helfen, endlich einmal Mau-
ern einzureißen. Dieser Antrag ist leider ein Beispiel
großer ideologischer Scheuklappen, der an der Wirk-
lichkeit weit vorbeigeht. Diesen Antrag lehnen wir ab,
da wir die Freiheit wollen!


Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709334400

Eine übergroße Mehrheit von etwa 80 Prozent der Be-

völkerung will, dass bei der Gesundheitsversorgung Rei-
che solidarisch mit Armen sind. Die Qualität der Ge-
sundheitsversorgung soll nicht vom Geldbeutel
abhängen. Das will die Bevölkerung, das will die Linke
und das wollen, zumindest verbal, auch alle anderen im
Deutschen Bundestag vertretenen Parteien.

Doch genau das Gegenteil möchte die Bundesregie-
rung nun im Europäischen Rat beschließen. Diese Ein-
schätzung will ich Ihnen gerne begründen: „EU-Richtli-
nie über die Ausübung der Patientenrechte in der
grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung“ – um
diese Richtlinie geht es im Rat; klingt bürokratisch bis
nett. Schließlich hat niemand etwas gegen Patienten-
rechte, und auch die Linke will, dass eine Gesundheits-
versorgung in anderen EU-Staaten stattfindet – zum
Nutzen der Patientinnen und Patienten. Das ist aber
auch jetzt schon möglich. Nach der geplanten Richtlinie
sollen in der EU Versicherte das Recht haben, sich in an-
deren Staaten gegen Vorkasse versorgen zu lassen, und
die Krankenversicherung zu Hause zahlt dem Versicher-
ten das zurück, was sie auch im Herkunftsland erstattet
hätte. Das ist eine höchst problematische Regelung.
Denn wer profitiert davon? Es profitieren fast aus-
schließlich Versicherte in wohlhabenden EU-Ländern;
die Menschen in den armen Ländern Europas gehen leer
aus. Beispiel Rumänien: Bei den niedrigen Erstattungs-
sätzen, die dort existieren, wird kaum ein Rumäne zu-
künftig eine Behandlung in Deutschland attraktiv fin-
den. Umgekehrt aber könnten viele Deutsche sich in
Osteuropa behandeln lassen, weil die Kostenerstattung
der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung dort
eine Luxusbehandlung ermöglicht. Die osteuropäischen
Patienten haben das Nachsehen, weil die dort ansässi-
Zu Protokoll
gen Ärzte und Zahnärzte zunehmend Versicherte aus den
westeuropäischen Ländern behandeln und für die ein-
heimische Bevölkerung nicht mehr oder nur gegen Auf-
preis zur Verfügung stehen. So wird in den ärmeren Län-
dern die Versorgung gestört. Umgekehrt können die
Menschen aus den ärmeren Ländern jedoch auch nicht
die Ärzte in Westeuropa in Anspruch nehmen, weil dafür
das Geld fehlt. Wie war das? Die Starken stehen für die
Schwachen ein? Genau das Gegenteil passiert mit die-
ser Richtlinie.

Auch innerhalb eines Mitgliedstaates das gleiche
Bild: Nur die Wohlhabenden profitieren von dieser Re-
gelung. Nur Menschen mit ausreichendem Vermögen
oder Einkommen können es sich leisten, die Fahrt,
Übernachtung und die Behandlung im Ausland samt Be-
ratung vorzufinanzieren. Nur diejenigen mit dem nöti-
gen Know-how wissen überhaupt von diesen Möglich-
keiten. Nur wer über ausreichende Sprachkenntnisse
verfügt und obendrein noch gesund genug ist, um zu sei-
ner Behandlung zu fahren, wird diese neuen Möglichkei-
ten nutzen können. Und wer aus einem armen Mitglieds-
staat kommt, der kaum etwas erstattet, muss dafür umso
reicher sein. Ein kranker Geringverdiener aus Deutsch-
land oder ein Hartz-IV-Betroffener wird nicht die billige
Zahnbehandlung am Balaton mitsamt Urlaub vorfinan-
zieren können. Das Nachsehen haben die akut Kranken
und die Armen. Solidarität der Starken mit den Schwa-
chen? Die steht hier noch nicht einmal auf dem Papier.

Weshalb aber wird dieses Projekt der Gesundheits-
richtlinie, die aus der Bolkestein-Richtlinie erwachsen
ist, dann so von der Mehrheit des Europäischen Parla-
ments der Kommission und auch der europäischen Re-
gierungen gefördert? „It’s the economy, stupid!“ könnte
man darauf antworten. Nach dem festen Willen der vor-
herrschenden marktliberalen Kräfte in der EU und ihrer
Mitgliedstaaten soll die Gesundheitsversorgung ver-
marktlicht werden. Die „Gesundheitswirtschaft“, das
liebste Kind nicht zuletzt auch unseres Gesundheitsmi-
nisters, soll gefördert werden. Herr Rösler hält zum Bei-
spiel die deutschen Krankenhäuser für sehr gut aufge-
stellt in dem sich abzeichnenden Wettbewerb und
begrüßt daher die neue Freiheit des Gesundheitsmark-
tes.

Diese Richtlinie will den liberalisierten Gesundheits-
markt. Falls sich diese Ideologie durchsetzt, dann haben
diejenigen Krankenhäuser und Ärzte gute Chancen auf
dem Gesundheitsmarkt, die sich möglichst nicht an den
Kranken, sondern am Geld orientieren. Die Linke will
keine gewinnsüchtigen Gesundheitsdienstleister im
Wettbewerb um die europaweit lukrativsten Patientinnen
und Patienten, sondern eine gute medizinische Versor-
gung von allen Menschen in Europa unabhängig von
Einkommen und Vermögen. Die Richtlinie, wie sie vor-
liegt, schafft also eine Menge Probleme und ist unsozial.
Sie ist aber auch unnötig: Alle Fragen der Übernahme
von Behandlungskosten in der EU-weiten Patientenmo-
bilität können und sollten im Rahmen der bestehenden
EU-Verordnung zur Koordinierung der Sozialschutzsys-
teme gelöst werden. Hier gelten das Bestimmungsland-
und das Sachleistungsprinzip. Patientinnen und Patien-
ten aus dem EU-Ausland werden nach den gleichen



gegebene Reden





Harald Weinberg


(A) (C)



(D)(B)

Leistungs- und Qualitätsstandards behandelt wie inlän-
dische, ohne in Vorkasse gehen zu müssen. Die Abrech-
nung erfolgt zwischen den zuständigen Stellen der Mit-
gliedstaaten. Die Linke begrüßt die europäische
Integration. Wir wollen sie in Richtung einer europäi-
schen Sozialunion befördern und setzen uns für ein de-
mokratisches, soziales, ökologisches und friedliches Eu-
ropa mit guten Lebenschancen für alle ein. Wir wollen,
dass alle in Europa lebenden Menschen eine Gesund-
heitsversorgung auf dem Stand der Wissenschaft erhal-
ten. Wir wollen nicht, dass der Füllstand des Portemon-
naies den Ausschlag dafür gibt, welche Versorgung man
bekommt. Deshalb fordern wir die Bundesregierung mit
dem vorliegenden Antrag auf, die Gesundheitsrichtlinie
im Europäischen Rat abzulehnen. Das wäre ein Signal
gegen den Markt und für die Patientinnen und Patien-
ten.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709334500

Der Antrag der Linken spricht eine wichtige Frage

an, schießt dabei aber über das Ziel hinaus. In der Tat
kann man das Verhalten der schwarz-gelben Bundesre-
gierung in den abschließenden Verhandlungen zur EU-
Patientenrichtlinie kritisieren. Wie so oft hat sie nicht
nach der Lösung gesucht, die für die Patienten am bes-
ten ist, sondern nach der, die die Interessen bestimmter
Berufsgruppen oder Branchen bedient. Ich kann mir
nicht vorstellen, dass sich ein FDP-geführtes Gesund-
heitsministerium ernsthaft gegen das Prinzip der Koste-
nerstattung gewehrt hat. Im Gegenteil: Der Vorschlag
kam Ihnen wahrscheinlich ganz gelegen.

Und die Union hat dies leider auch nicht getan. Wir
hätten es begrüßt, wenn sie zumindest die Idee ihres
Unionskollegen Dr. Peter Liese aus dem Europäischen
Parlament aufgegriffen hätten. Er hatte vorgeschlagen,
dass Krankenkassen planbare Behandlungen im Aus-
land, für die sie eine Vorabgenehmigung erteilen müs-
sen, über ein Gutscheinsystem direkt mit den Leistungs-
erbringern abrechnen. Damit hätte man zumindest bei
sehr aufwendigen und entsprechend teuren Behandlun-
gen verhindern können, dass Patienten in Vorleistung
gehen müssen. Die Bundesregierung hat bislang noch
nicht klar gesagt, warum sie diesen Vorschlag abgelehnt
hat. Natürlich kann man immer argumentieren: Wir wol-
len ja gar nicht, dass Patienten abwandern. Wir wollen
auch im Interesse der grenznahen strukturschwachen
Regionen die Patientinnen und Patienten möglichst im
Land halten, damit dort die Versorgungsstrukturen nicht
noch mehr ausgedünnt werden. Das ist auch grundsätz-
lich nachvollziehbar. Nur gehe ich angesichts Ihrer zö-
gerlichen Herangehensweise bei der Verbesserung der
Versorgungsstrukturen im Inland kaum davon aus, dass
dieser Aspekt für Sie handlungsleitend war.

Eine Befragung von Patienten durch die Techniker
Krankenkasse hat ergeben, dass es in erster Linie Rent-
ner und Personen mit kleinen Einkommen sind, die eine
Behandlung im EU-Ausland in Anspruch nehmen – und
dies oft, um auf diese Weise Zuzahlungen und andere
privat zu tragende Kosten zu vermeiden. Diese Men-
schen können oft keine hohen Vorauszahlungen leisten.
Gerade diese Menschen könnten zukünftig von ihren
Krankenkassen unter Druck gesetzt werden, sich bei
aufwendigen Therapien in Nachbarländern behandeln
zu lassen. Denn auch Krankenkassen haben mitunter ein
Interesse daran, auf diesem Wege Geld zu sparen. Ich
hätte mir gewünscht, dass die Bundesregierung diese
Gefahr in der Debatte angesprochen und entsprechende
Schutzmechanismen eingezogen hätte, damit eine Aus-
landsbehandlung wirklich immer einer autonomen Ent-
scheidung des Patienten entspringt.

Das geringe Interesse der Bundesregierung an den
Bedürfnissen der Patienten sieht man auch bei einem
anderen Punkt: Wer sich im EU-Ausland behandeln las-
sen will, wird hierzulande weiterhin kaum Möglichkeiten
haben, sich über diese Behandlung genauer zu informie-
ren. Die nach der Richtlinie einzurichtende nationale
Kontaktstelle soll auch nach Ihrem Willen nur Informa-
tionen über Versorgungsangebote im Inland bereitstel-
len. Wer eine Beratung über Behandlungsmöglichkeiten,
Qualitätsstandards oder rechtliche Fragen wie etwa
Schadensersatzansprüche in einem anderen Mitglied-
staat sucht, bleibt weiterhin auf die dortigen Kontakt-
stellen verwiesen. Diese Kontaktstellen sind allerdings
nur verpflichtet, Informationen in ihrer jeweiligen Lan-
dessprache zur Verfügung zu stellen. Ein zusätzliches In-
formationsangebot, beispielsweise in Englisch, wurde
durch den Rat abgelehnt. Daher wird absehbar sein,
dass eine umfassende Aufklärung von Patienten vor An-
tritt oder im Nachgang einer Behandlung kaum gewähr-
leistet ist.

Genauso wenig Unterstützung erhalten gesetzlich
versicherte Patientinnen und Patienten, wenn sie wissen
wollen, bis zu welchem Betrag ihnen die Behandlungs-
kosten von ihrer Krankenversicherung erstattet werden
und ob sie gegebenenfalls einen Anteil privat zu tragen
haben. Auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion konnte
die Bundesregierung nicht sagen, wie diese Information
zukünftig sichergestellt werden soll.

Es gibt also weitere drängende Fragen, die wir im
Zusammenhang mit der Richtlinie diskutieren sollten.
Der Antrag der Linken scheint mir da eher wie ein
Schuss ins Blaue zu sein. Wir wissen nicht, wie sich die
Gesundheitsversorgung in den kommenden Jahren in
Europa entwickeln wird. Ich gehe nicht davon aus, dass,
wie die Linke behauptet, die Richtlinie dazu führt, dass
sich die Gesundheitsversorgung in einigen EU-Staaten
dadurch verschlechtern wird, dass vorrangig ausländi-
sche Patienten behandelt werden. Aber die Gefahr eines
Türöffners für ökonomische Erwägungen, hinter denen
die Interessen der Patienten zurückstehen müssen, be-
steht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709334600

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/4717. Wer stimmt
für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Antrag ist bei Zustimmung der Fraktion Die
Linke, Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen und
Ablehnung durch die anderen Fraktionen abgelehnt.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Doro-

(Quedlinburg)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Elberaum entwickeln – Nachhaltig, zukunfts-
fähig und naturverträglich

– Drucksache 17/4554 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus


Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1709334700

Flüsse sind Lebensadern für Kultur, Wirtschaft und

Natur. Sie müssen deshalb viele Funktionen gleichzeitig
erfüllen. Als Wasserstraßen ermöglichen sie den effi-
zienten und umweltfreundlichen Transport von Massen-
gütern. Naturbelassene Flusslandschaften wie das
Elbsandsteingebirge, Kulturlandschaften wie das Welt-
kulturerbe Wörlitzer Gartenreich oder Kunst- und Kul-
turmetropolen wie Dresden locken Tausende von Touris-
ten an und schaffen gerade in wirtschaftsschwachen
Regionen Arbeitsplätze im Gastgewerbe und Tourismus.
Zugleich gehören Flüsse und naturnahe Auen zu den ar-
tenreichsten Naturräumen in unserer Heimat.

Als Koalition bekennen wir uns ausdrücklich zur Na-
türlichkeit der Flüsse und Flusslandschaften, nicht nur
auf Bundesebene, sondern auch in den Bundesländern,
in denen wir Verantwortung tragen. Ich möchte Ihnen
das an zwei Beispielen belegen: erstens am Koalitions-
vertrag zwischen CDU, CSU und FDP im Bund. Hier
heißt es: „Frei fließende Flüsse haben einen hohen öko-
logischen Wert. Die Durchgängigkeit der Flüsse für
wandernde Fische muss wiederhergestellt werden. Für
den Natur- und Hochwasserschutz sollen natürliche
Auen reaktiviert und Flusstäler, wo immer möglich, re-
naturiert werden.“ Zweitens. Im Koalitionsvertrag zwi-
schen der sächsischen CDU und der FDP ist folgende
eindeutige Formulierung enthalten: „Wir bekennen uns
zur Bewahrung der Natürlichkeit der Elbe. Wir wollen
keinen Ausbau der Elbe beispielsweise mit Staustufen“.
Eine zukunftsfähige nachhaltige Entwicklung der gro-
ßen deutschen Flusslandschaften – nicht nur an der
Elbe, sondern auch an Donau und Rhein – setzt voraus,
dass eine tragfähige Balance zwischen wirtschaftlichen,
sozialen und ökologischen Werten und Interessen ge-
schaffen wird. An der Elbe stehen wir vor einer besonde-
ren Herausforderung. Unser Nachbarland Tschechien
plant in Decin kurz hinter der deutschen Grenze den
Ausbau der Elbe mit einer Staustufe, die uns große Sorge
bereitet. Am 28. Februar läuft die Einspruchsfrist beim
tschechischen Umweltministerium ab. Der sächsische
Staatsminister Frank Kupfer, CDU, wird fristgerecht
eine Stellungnahme übergeben. Der Inhalt der Stellung-
nahme wird Gegenstand einer Pressekonferenz von
Staatsminister Kupfer am 1. März 2011 sein. Dieser Stel-
lungnahme möchte ich an dieser Stelle nicht vorgreifen.
Unabhängig davon setzt der Freistaat Sachsen gemein-
sam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit auf die Aufnahme von bila-
teralen Konsultationen mit Tschechien.

Nach meinem aktuellen Kenntnisstand kann anhand
der vorgelegten Umweltverträglichkeitsprüfungsunter-
lagen für die tschechische Staustufe nicht zweifelsfrei
belegt werden, dass im Falle der Realisierung des Pro-
jektes die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtli-
nie für die Elbe auf deutschem Gebiet erreicht werden
können. Dies betrifft insbesondere den „guten Zustand“
nach der Wasserrahmenrichtlinie. Obwohl die einzelnen
Elemente des ökologischen und chemischen Gewässer-
zustands in den vorliegenden Unterlagen betrachtet
wurden, wurde von tschechischer Seite zu den Zielset-
zungen der Wasserrahmenrichtlinie nicht explizit Stel-
lung genommen. Die Vereinbarkeit der geplanten Maß-
nahmen mit den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie
ist eine wesentliche Zulassungsvoraussetzung. Ohne die
Einbeziehung deutscher Natura-2000-Gebiete entspre-
chend dem europarechtlichen Verfahren gemäß Art. 6
FFH-Richtlinie ist von der Möglichkeit von Beeinträch-
tigungen dieser Gebiete und somit dem mangelnden
Nachweis der europarechtlichen Zulässigkeit dieses
Vorhabens auszugehen.

Neben den wasserwirtschaftlichen bestehen erhebli-
che naturschutzfachliche Bedenken gegen die Staustufe
bei Decin: Es ist zum Beispiel von der Gefährdung der
geschützten Fischotterpopulationen auf sächsischer
Seite auszugehen. Neben der fehlenden Durchgängigkeit
für Wanderfische und dem Verlust natürlicher Laich-
und Aufwuchshabitate schafft eine Staustufe in Tsche-
chien ein zweites ganz wesentliches Problem für die
Elbe auf der deutschen Seite: Die Notwendigkeit der Ge-
schiebebewirtschaftung. Durch die Staustufe wird der
natürliche Transport von Schutt und Geröll auf der
Flusssohle unterbrochen. Dieses fehlende Geschiebe
führt zur weiteren Eintiefung der Elbe mit allen bekann-
ten negativen Folgen für die Grundwasserhaltung und
die Landwirtschaft. Hintergrund für den Antrag von
Bündnis 90/Die Grünen ist die Ablehnung der Staustufe
in Decin.

Als Mitglied der Parlamentarischen Gruppe Frei flie-
ßende Flüsse befürworte ich eine ganze Reihe von Posi-
tionen aus dem Antrag. Es ist sinnvoll, der Elbe durch
die Förderung von Ufer- und Auenrenaturierung, Flut-
rinnen- und Altarmanbindung mehr Raum zu geben. Sol-
che Maßnahmen schaffen einen wertvollen Beitrag zum
Schutz der biologischen Vielfalt, denn Auen gehören zu
den gefährdetsten Naturräumen.

Deichrückverlegungen schaffen mehr Raum für die
dynamische Entwicklung des Flusslaufes und sind der
beste natürliche Hochwasserschutz. Ich unterstütze aus-
drücklich die Förderung einer flussangepassten Binnen-
schifffahrt. Die Entwicklung hin zur Containerschiff-
fahrt benötigt weit geringere Ausbautiefen als bisher.
Auf Staustufen kann verzichtet werden.

Einige der Forderungen aus dem Antrag halte ich im
Sinne einer Balance zwischen Wirtschaft, Ökologie und
sozialen Aspekten nicht für konsensfähig. Auch eine
flussangepasste Binnenschifffahrt braucht Unterhalts-
maßnahmen am Fluss. Sollte die Staustufe in Tschechien

Josef Göppel


(A) (C)



(D)(B)

realisiert werden, wird man an zusätzlichen flussbauli-
chen Unterhaltsmaßnahmen und einer Geschiebebe-
wirtschaftung kaum vorbeikommen. Ich sehe keine akute
Gefahr für den Lebensraum Elbe und halte es nicht für
erforderlich, die grundsätzliche Einstellung des Bundes
zu verändern. Insgesamt sind wir an der Elbe im Ver-
gleich zu den anderen großen Flussgebieten in Deutsch-
land wie Rhein und Donau im Bezug auf nachhaltige
Entwicklung auf einem sehr guten Weg.


Ulrich Petzold (CDU):
Rede ID: ID1709334800

Wenn der vorliegende Antrag einen Zweck haben soll,

dann kann es nur Wahlpropaganda im Vorfeld der Land-
tagswahlen in Sachsen-Anhalt sein. Er konstruiert einen
künstlichen Gegensatz zwischen Schifffahrt und Natur-
schutz, der so in der Praxis nicht existiert. Dazu bedient
er sich leider falscher Unterstellungen und unrichtiger
Behauptungen, und gerade das hat die Elbe nicht ver-
dient.

Schon der erste Satz des Antrages ist nachweislich
falsch. Es wird behauptet:

Die Ober- und Mittelelbe bis Geesthacht ist für ei-
nen verlässlichen Gütertransport nach Fahrplan
nicht geeignet.

Nur ein Blick ins Internet hätte zum Beweis des Ge-
genteils gereicht. Am 1. März 1995 startete die erste re-
gelmäßige Elbe-Container-Linie als Kooperationspro-
jekt der Elbehäfen Magdeburg, Aken, Riesa, Dresden,
Decin und Usti. Wir feierten deren 15-jähriges Bestehen
und konnten in der vorigen Woche erfreut feststellen,
dass die Linie zwischen Hamburg und Riesa nicht mehr
nur zweimal, sondern dreimal in der Woche, also mit
drei Berg- und drei Talfahrten, verkehrt. Wenn Sie dann
eine flexible Transportkette im Elberaum fordern, haben
sie verpennt, dass es die mit „Albatros“ längst gibt.

Dann behaupten Sie:

Alle bisherigen Versuche, eine ganzjährige Fahr-
rinnentiefe von 1,60 Meter … zu garantieren, sind
gescheitert.

Wenn Ihr glorreicher Umweltminister Trittin nach
dem Hochwasser 2002 an der Elbe nicht die Weiterfüh-
rung der Unterhaltungsarbeiten gestoppt hätte und so-
gar die Beseitigung der Hochwasserschäden an den
Flussbauwerken verboten hätte, wäre es wohl möglich,
den Unterhaltungsstand so zu verbessern, dass solche
Schadstrecken wie bei Coswig, Anhalt, ohne Behinde-
rung passiert werden könnten. Doch auch ohne Ab-
schluss dieser Unterhaltungsmaßnahmen war im Jahr
2010 nur an 21 Tagen die Fahrrinnentiefe von 1,60 Me-
ter unterschritten. Wenn Sie sich der Mühe unterziehen
würden, einmal nachzurechnen: Das Unterhaltungsziel
von 1,60 Meter Fahrrinnentiefe an 345 Tagen war damit
so gut wie erreicht. Im Gegenteil, auf der Strecke Ham-
burg–Dresden war in der Hälfte des Jahres eine Fahr-
rinnentiefe von mehr als 2,50 Meter vorhanden.

Wenn Sie in diesem Zusammenhang von einem kanal-
artigem Ausbau mit einer Kette von Staustufen sprechen,
so ist das die bewusste Unwahrheit, die Sie seit 1990 wie
Zu Protokoll
eine Monstranz vor sich hertragen. Im Sommer 1991
war ich gemeinsam mit dem letzten Verkehrsminister der
DDR und späteren Bundestagskollegen Horst Gibtner in
der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost. Bereits zu
diesem Zeitpunkt war klar, dass auf dem deutschen Elb-
abschnitt keine einzige Staustufe gebaut würde und die
schon damals angepeilte Fahrrinnentiefe von 1,60 Me-
ter sich mit der Rekonstruktion der vorhandenen, aber
teilweise stark schadhaften Flussbauwerke erreichen
lassen würde. Ausbau, Kanalisierung, Staustufen, das
sind alles Gespenster, mit denen Sie friedliche Bürger
schrecken und für sich mobilisieren wollen. Diesen Un-
sinn lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

Sie behaupten, dass mit fortschreitendem Klimawan-
del die Pegelstände keinen wirtschaftlichen Güterver-
kehr zulassen. Die Niederschläge des Jahres 2010 ha-
ben das Grundwasser gerade auch in der Elbregion so
ansteigen lassen, dass das Landesamt für Hochwasser-
schutz des Landes Sachsen-Anhalt damit rechnet, dass
wir noch bis zum Jahr 2013 mit dem Abfluss dieses
Grundwassers zu tun haben werden. Wir werden allein
durch die Niederschläge des Jahres 2010 noch in den
nächsten Jahren höhere Wasserstände als normal und
dadurch bessere Schifffahrtsbedingungen haben. Außer-
dem ist für die Wirtschaftlichkeit der Schifffahrt längst
nicht mehr die Tonnage und damit die Abladetiefe das
Entscheidende. Sehen Sie sich die Transporte im Hafen
Aken an! Der Maschinenbaustandort Erfurt ist von Aken
abhängig, weil er dort große sperrige Anlagenteile ver-
laden und sicher nach Hamburg zum Überseehafen
transportieren kann. ENERCON in Magdeburg verlädt
die Rotorblätter großer Windkraftanlagen für den Ex-
port längst auf das Binnenschiff. Die Containerum-
schlagszahlen haben sich vom Jahr 2009 auf das Jahr
2010 in Torgau/Riesa/Dresden um 35 Prozent und in
Roßlau/Aken um 54 Prozent gesteigert. Vielleicht regist-
rieren Sie auch: Im Winter 2010/2011 war die Elbschiff-
fahrt eindeutig zuverlässiger als die Bahn, und die Elbe
war schiffbar, als auf den Kanälen schon längst nichts
mehr lief. Die eingesetzten flachgehenden Schubeinhei-
ten haben auch andere Tauchtiefen.

Sie fordern flachgehende Schiffstypen für den Güter-
transport. Die ehemalige grüne sachsen-anhaltische
Umweltministerin Heidecke hatte als Korrespondenz zur
Weltausstellung in Hannover viel Geld ausgegeben für
die Entwicklung eines flach gehenden Elbschiffes. Doch
kaum war der Medienrummel um die EXPO 2000 verflo-
gen, krähte kein Hahn mehr nach diesem Schiff und dem
dafür ausgegebenen Geld. Weder Frau Heidecke noch
Herr Trittin hat jemals wieder danach gefragt. Sie kön-
nen sich die verstaubten Konstruktionsunterlagen und
das Modell noch gern in der Werft ansehen. Wenn Sie
sich heute scheinheilig Sorgen machen um das Geld,
was für den umweltverträglichen Ausbau der Elbe aus-
gegeben wird, sollten Sie sich wenigstens selbstkritisch
auch mit der Zeit beschäftigen, wo sie Verantwortung
trugen für das Geld, was Sie in Ihrer Regierungszeit in
der Elbe versenkt haben.

Immer wieder kommen Sie dann auch auf die Frage
der Kosten für die Unterhaltung der Schifffahrt auf der
Elbe. Die Elbe ist ein Strom in einer Kulturlandschaft.



gegebene Reden

Ulrich Petzold


(A) (C)



(D)(B)

Ihre Unterhaltung ist allein zur Landschaftspflege und
für den Hochwasserschutz unumgänglich. Was würde
denn passieren, wenn wir die Elbe aus ihrem definierten
Flussbett ausbrechen ließen, wie es in den Jahrhunder-
ten vor uns immer wieder geschehen ist? Wenn Sie jetzt
in Ihrem Antrag die Behauptung aufstellen, dass die seit
20 Jahren laufenden Unterhaltungsmaßnahmen zur Ver-
schlechterung des ökologischen Erhaltungszustandes
und zur Sohleneintiefung geführt hätten, ist das die vor-
sätzliche Unwahrheit. Die Sohleneintiefung auf der Ero-
sionsstrecke zwischen Torgau und Roßlau hat sich nach
den Begradigungsmaßnahmen um 1900 verschärft und
hält seitdem an.

Die Bundesrepublik ist mit den Unterhaltungsmaß-
nahmen erstmalig fundiert gegen diese Erosion vorge-
gangen und führt seit der Wiedervereinigung Geschiebe-
versuche auf dieser Strecke durch, um damit eine
wissenschaftliche Grundlage für die Sohlenstabilisie-
rung zu haben. Die von Ihnen geforderten Forschungs-
projekte laufen also längst. Ihr damaliger Minister Trit-
tin war es, der die Forschung und
Sohlenstabilisierungsarbeiten 2002 einstellen ließ und
damit dem weiteren Eingraben der Elbe Tür und Tor ge-
öffnet hat.

Die Behauptung der Verschlechterung des ökologi-
schen Erhaltungszustandes der Elbe ist bösartig und
spricht den Menschen entlang der Elbe das Ergebnis ih-
rer 20-jährigen Bemühungen um die Elbe ab. Mit dieser
Behauptung bestreiten Sie, dass das Wasser der Elbe
wieder sauberer geworden ist und Fauna und Flora sich
erholt haben. Viele Menschen haben sich darum bemüht.
Denen sagen sie jetzt: Eure Mühe hat nichts gebracht. –
Das ist unanständig. Seit einigen Jahren kann man in
der Elbe wieder ohne Angst um die eigene Gesundheit
schwimmen. Fischarten sind zurückgekehrt, sodass jetzt
an einigen Stellen der Kormoran der größte Feind der
Fische ist. Für uns ist es eine Sache der Ehre, den Men-
schen für ihre Bemühungen zu danken und sie nicht zu
beleidigen.

Wenn Sie den Wasserabfluss durch die Elbe verrin-
gern wollen, müssen Sie den Menschen in der Elbniede-
rung dann auch ehrlicherweise sagen, dass bei Vermin-
derung der Abflussverhältnisse an der Elbe sich die
derzeitige Grundwassersituation entlang der Elbe auf
Dauer verfestigen wird. Sie müssen dann den dort leben-
den Menschen sagen, dass sie ihre Keller nicht mehr
wasserfrei und die Fundamente ihrer Häuser nicht mehr
trocken kriegen und dass das Ihre politische Absicht ist.

Sie fordern auch, die Bahnstrecken parallel zu Elbe
stärker zu nutzen. Ich weiß nicht, wann das letzte Mal je-
mand von den Grünen sich nach Bad Schandau in das
Elbtal getraut hat. Wir haben dort allmählich Verhält-
nisse, die an St. Goar am Mittelrhein erinnern. Mit stei-
gender Wirtschaftsleistung der Tschechischen Republik
nimmt der Bahnverkehr dort stetig zu. Sie sagen jetzt
diesen Menschen: Wir wollen, dass ihr noch mehr Ver-
kehr auf der Schiene durch eure Ortschaften kriegt. –
Ich glaube nicht, dass Sie sich mit einer solchen Aussage
zu den Menschen nach Bad Schandau trauen. Eine
Zu Protokoll
Ersatzstrecke durch das Erzgebirge – da bin ich mir si-
cher – würden Sie genauso bekämpfen wie die Eisen-
bahnstrecke parallel zur A 71 durch den Thüringer
Wald.

Ist den Antragstellern aber auch bewusst, welche
Probleme sie mit ihrem Antrag im Verhältnis zu unserem
Nachbarland Tschechien aufwerfen? Bereits die Überle-
gungen des Bundesministeriums für Verkehr, die Unter-
haltung der Elbe an das Verkehrsaufkommen anzupas-
sen, hat in der tschechischen Regierung für erheblichen
Unmut gesorgt und auf tschechischer Seite die Befürch-
tung aufkommen lassen, dass Deutschland Tschechien
absichtlich schädigen will. Die Grünen haben in ihrer
Verantwortung im Außen- und Umweltministerium ge-
nau das grenzüberschreitende Güterverkehrskonzept
nicht zustande gebracht, was sie jetzt mit großer Pose
einfordern. Nicht Anträge mit Paukenschlag, sondern
ruhige, sachliche internationale Zusammenarbeit ist un-
sere Sache und wird sicherlich in einem europäischen
Verkehrskonzept zu besseren Ergebnissen führen, als es
mit einem plakativen Antrag möglich ist.

Wenn Sie in Ihrem Antrag fordern, gewässerökologi-
sche Belange bei Unterhaltungsmaßnahmen durch die
Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost in deutlich stärke-
rem Maß zu berücksichtigen, kann ich Ihnen nur zuru-
fen: Auch schon ausgeschlafen?! Seit vielen Jahren ist
mir bekannt, dass die Baudirektoren Finke und Kautz
des Wasser- und Schifffahrtsamtes Dresden regelmäßige
Beratungen mit dem Biosphärenreservat „Flussland-
schaft Elbe“ pflegen, dass der NABU in diese Gesprä-
che mit einbezogen wird und dass diese Gespräche
durchaus fruchtbar zu signifikanten Ergebnissen führen.

Ihrem Antrag merkt man an, dass er leider, wie so vie-
les von Ihnen, am sprichwörtlichen grünen Tisch fernab
der Realität entworfen wurde. Naturschutz und Elbun-
terhaltung sind heute längst keine Gegensätze mehr. Ein
sinnvolles Miteinander ist schon lange dem Gegen-
einander oder dem Nebeneinander gewichen. Ich kann
nur allen die Einbindung in diese Beratungen empfehlen.
Sie sind beispielhaft. Und ich kann hier nur dem Bio-
sphärenreservat unter Leitung von Herrn Puhlmann
danken, dass hier zukunftsweisend gearbeitet wird. Nur
so können sinnvolle Maßnahmen wie Deichrückverle-
gungen in Bereichen mit wenig Hochwasserstauraum,
Neukonstruktion der Buhnenfüße zur besseren Durch-
strömung der Buhnenzwischenräume, Schaffung von
ökologisch wertvollen Stillwässern hinter Leitschüttun-
gen oder die Öffnung der Elb-Altarme erreicht werden.
Dieses ist erreicht worden ohne Demonstrationen, ohne
Krawall und ohne Ihr Zutun. Deshalb muss ich Ihren
Antrag in aller Deutlichkeit zurückweisen. Wer solche
Klischees bedient und so schäbig mit der Wahrheit um-
geht, schädigt gerade das, wofür er sich einzusetzen vor-
gibt. Durch den Antrag wird nicht der Naturschutz ge-
stärkt, sondern die wunderbare Elbelandschaft ins
Zwielicht einer Naturzerstörung gerückt, die niemand
beabsichtigt. Für Ihre Wahlpropaganda ist mir meine
Heimat, mein Fluss Elbe zu schade. Wir werden uns da-
mit sicher noch in den Ausschüssen beschäftigen.



gegebene Reden

(A) (C)



(D)(B)


Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1709334900

Die Elbe, sie gilt als einer der letzten frei fließenden

Flüsse Deutschlands. Sie durchfließt verschiedenartige
Naturräume, die allein aufgrund der geringen Besied-
lungsdichte zum Teil einmalige Pflanzen- und Tierwelten
hervorgebracht haben. Tourismus zu Wasser und zu
Lande ist daher ein wichtiger Standortfaktor entlang der
Elbe. Ich selbst lebe nördlich von Magdeburg an der
Elbe und habe seit meiner Kindheit das ökologische Ab
und Auf erlebt, und nicht nur wir Sachsen-Anhaltiner
setzen uns für eine zukunftsfähige Elbe, deren Bedeu-
tung für Ökologie und Tourismus zunehmend steigt, ein.
Dies ist auch der Aspekt, auf den in diesem Antrag abge-
stellt wird. Gleichzeitig ist die Elbe eine überregional
bedeutende Wasserstraße. Sie ist eine Wasserstraße, in
die viele auch die Hoffnung auf wirtschaftlichen Auf-
schwung stecken. Politik darf sich aber nicht an Utopien
ausrichten. Die Elbe soll ein natürlicher Fluss bleiben;
niemand wünscht sich einen zweiten Rhein. In Sachsen-
Anhalt hat sich die SPD daher explizit gegen den Bau
des Saale-Seitenkanals ausgesprochen.

Bündnis 90/Die Grünen gehen in ihrem Antrag davon
aus, dass der Versuch, einen wirtschaftlichen Güterver-
kehr auf der Elbe zu ermöglichen, gescheitert ist. Es
stimmt, die reine Menge der transportierten Güter auf
der Elbe nimmt ab. Gleichzeitig ändert sich aber auch
die Art der Güter, die transportiert werden. Neben Mas-
sengüter- und Containerumschlägen nehmen zuneh-
mend hochwertige Transporte von Sperrgütern einen
hohen Stellenwert ein. Turbinen, Transformatoren, Ge-
neratoren, Kompressoren, Schiffskörper von Küstenmo-
torschiffen und Teile für Windkraftanlagen sind als Son-
dertransporte kaum anders zu bewegen als über den
Verkehrsträger Wasserstraße. Welche Bedeutung die
Elbe hat, erkennt man beispielsweise an den Häfen in
Magdeburg, in Roßlau und Bernburg. Ich sehe es vor al-
lem daran, dass dort Arbeitsplätze entstanden sind. Die
Binnenschifffahrt und die Häfen sind für die Elbe-Re-
gion ein Wirtschaftsfaktor, ohne Zweifel.

Das heißt: Auch wenn wir – und da gebe ich Ihnen
recht – über die Ziele der Schiffbarkeit diskutieren müs-
sen: Die gewerbliche Schifffahrt auf der Elbe brauchen
wir weiterhin, dies umso mehr, als wir im Sinne einer
nachhaltigen und umweltschonenden Verkehrspolitik
Transporte so weit wie möglich von der Straße auf
Schiene und Wasserstraßen verlagern müssen. Dazu
müssen die Bundeswasserstraßen eben auch für die ge-
werbsmäßige Binnenschifffahrt nutzbar bleiben. Es ist
aber auch klar: Der Ausbau der Elbe zur Anpassung an
größere Schiffseinheiten ist nicht notwendig. Das lehnen
wir ab. Wir müssen klar definieren, welche Ziele wir mit
der Binnenschifffahrt auf der Elbe verfolgen und was
möglich ist, wenn wir die Naturlandschaften an der Elbe
erhalten wollen. Wir müssen uns klarmachen, welche Al-
ternativen es gibt, welche Folgen diese Alternativen hät-
ten und wo die Vorteile des Schiffes liegen. Ich will nur
ein Problem anführen: Wir diskutieren oft und heftig
über den Lärmschutz an Bahnstrecken. Die Bahntras-
sen, die Alternativen zur Binnenschifffahrt auf der Elbe
sein können, verlaufen direkt durch Städte und Dörfer.
Wie gehen wir damit um? Lärm ist gesundheitsschädi-
Zu Protokoll
gend, noch zu wenig im Fokus, aber zunehmend ernst-
haft problematisiert.

Es geht aus meiner Sicht darum, die Elbe in einem
Zustand zu sichern, der nicht über ein klar definiertes
Maß an Schiffbarkeit hinausgeht. Dieses müssen wir
klar definieren. Es geht genauso darum, die Naturland-
schaften zu erhalten. Es geht darum, die Lebensräume
für die Kraniche, Störche und andere Populationen, die
in Größenordnungen wieder zurückgekehrt sind, zu er-
halten. Auch das muss in einer Zieldefinition klar ent-
halten sein. Ich weiß um den Spagat, der notwendig ist,
die Binnenschifffahrt zu erhalten und gleichermaßen die
Naturlandschaften zu schützen. Seit 1998 versuche ich
mich in dieser Disziplin. Ich weiß, dass es ganz sicher zu
einer Grenze bei der Binnenschifffahrt führen wird. Es
bedeutet auch, dass die erforderlichen wasserbaulichen
Wiederherstellungs- und Unterhaltungsarbeiten zum Er-
halt der Schiffbarkeit und für den Hochwasserschutz
nach neuesten ökologisch verträglichen Methoden erfol-
gen müssen. Dieser Spagat ist nicht einfach. Er ist aber
notwendig und muss von der Mehrheit getragen werden.
Lassen Sie uns im Ausschuss darüber ausführlich disku-
tieren.


Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1709335000

In meiner Funktion als Vorsitzender der parlamenta-

rischen Gruppe „Frei fließende Flüsse“ habe ich große
Sympathie für den Schutz von Flüssen und Auen. Aus
diesem Grund begrüße ich grundsätzlich auch die Ini-
tiative der Grünen.

Die Elbe ist in Deutschland einer der ökologisch
wertvollsten Flüsse – und das, obwohl vor 1990 die Elbe
mit der Saale im Wettbewerb um den Titel „dreckigster
Fluss Mitteleuropas“ stand. Mittlerweile bestehen ge-
rade entlang der Mittelelbe wieder zahlreiche Biosphä-
renreservate, Naturparks oder Naturschutzgebiete. Und
trotzdem: Die Klassifizierung der mittleren Elbe in mä-
ßig und stark veränderte Flussabschnitte zeigt auf, dass
noch viel zu tun ist.

Die Probleme aus Sicht des Umweltschutzes sind da.
Zwischen Saale und Mulde sind viele Altwässer nur un-
zureichend an das Elbwasser angebunden. In der Folge
droht vielen Feuchtgebieten die Verlandung. Gerade in
den Sommermonaten droht der Sauerstoffgehalt der
Elbe oftmals zu kippen, mit verheerenden Folgen. Ein
weiteres Problem stellte auch die 1960 errichtete Stau-
stufe Geesthacht dar. Die Durchlässigkeit der Staustufe
für Fische war und ist umstritten. Mit der neuen zweite
Fischtreppe, die im September des letzten Jahres fertig-
gestellt wurde, könnte kann nun theoretisch sogar der
Stör wieder heimisch werden. Erfolgsmeldungen sind al-
lerdings noch verfrüht, wir müssen die weitere Entwick-
lung sehr genau beobachten.

Wir wollen wie Sie ebenfalls keine weiteren Staustu-
fen in der Elbe. Die FDP hat sich bereits in ihrem Wahl-
programm von 2009 dazu klar geäußert. Auch die ge-
plante Staustufe in Tschechien ist nicht im Interesse
Deutschlands und der Elbe insgesamt.



gegebene Reden

Horst Meierhofer


(A) (C)



(D)(B)

Auch hinsichtlich des Auenschutzes sind wir ähnli-
cher Meinung. Dies ist nicht nur im Interesse des Natur-
schutzes, auch der Schutz der Menschen vor Hochwas-
sern erfordert gezielte Renaturierungsmaßnahmen.
Dazu gehören Deichrückverlegungsmaßnahmen – wohl
wissend, dass dies nur gemeinsam mit den Anwohnern
möglich ist. Sie sehen, in vielen Punkten sind wir uns
nahe.

An einigen Stellen erscheint mir der Forderungskata-
log allerdings nicht ganz stimmig. Ihrem Antrag ist zu
entnehmen, dass Sie eine Verbesserung der Schiffbarkeit
generell mit Argwohn verfolgen. Meines Erachtens kann
eine Verbesserung der Schiffbarkeit in engem Rahmen
durchaus ermöglicht werden, allerdings nur durch Un-
terhaltungsmaßnahmen. Wenn die Schifffahrt sich dem
Fluss anpasst, ist dies begrüßenswert. Der Fluss sollte
sich nur nicht immer der Schifffahrt anpassen müssen.
Die kategorische Kritik an der Schifffahrt ist aus unserer
Sicht übertrieben.

Auch an anderer Stelle möchte ich auf eine Ungenau-
igkeit hinweisen. Sie sprechen einerseits davon, dass das
Problem Wasserknappheit angegangen werden sollte,
Ihres Erachtens durch den Stopp von Bau- und Unter-
haltungsmaßnahmen. Wasserknappheit ist für die mitt-
lere Elbe ein massives Problem. So weit gestehe ich Ih-
nen diese Position zu. Nur, was dann?

Sie fordern gleichzeitig, eine durchgehende Mindest-
tiefe von 1,60 Metern zwischen Geesthacht und Dresden
zu erreichen, ohne dafür zur Verfügung stehende Mittel
zu benennen. Hinzu kommen die Deichrückverlegungen
und die Ausweitung der bestehenden Auen.

Was Sie fordern, entspricht in etwa der Quadratur des
Kreises: mehr Wasser in der Elbe, mehr Wasser in den
Auen, den Wasserentzug der umgebenden Flussland-
schaft minimieren. Ich halte das alles für wünschens-
wert, nur an heißen Sommern können wir leider nichts
ändern. Wir müssen uns voraussichtlich darauf einstel-
len, dass die Elbe nicht dauerhaft einen Mindestwasser-
stand erreichen wird. Mir fehlt an dieser Stelle die Ehr-
lichkeit im Antrag, sich einzugestehen, dass nicht alle
gut gemeinten Ziele miteinander vereinbar sind.

Das Bundesverkehrsministerium hat vor wenigen Wo-
chen einen Bericht erstellt, wonach Bundeswasserstra-
ßen nach Kategorien eingeteilt werden und diese nach
ihrem Verkehrsaufkommen bewertet werden. Eine Kana-
lisierung der Elbe steht demnach ganz sicher nicht an;
und das ist eine gute Nachricht. Die Maßnahmen der
Bundesregierung deuten in die richtige Richtung. Viele
Ihrer Punkte sind oder werden bereits aufgegriffen. Des-
halb und angesichts der genannten Unstimmigkeiten
kann ich Ihrem Antrag in dieser Form nicht zustimmen.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709335100

Das Anliegen der Antragsteller, die Elbe als letzten

großen, noch relativ wenig verbauten und naturnahen
frei fließenden Fluss in Mitteleuropa zu erhalten, findet
die volle Zustimmung der Linken. In der Tat wäre es eine
sowohl umwelt- als auch wirtschaftspolitische Torheit,
an der Elbe all jene Sünden zu wiederholen, mit denen
Zu Protokoll
im Westen der Republik aus Flüssen tatsächlich Wasser-
straßen gemacht worden sind: Straßen für immer grö-
ßere Schiffe zum Preis immer geraderer Ufer, zum Preis
der unwiederbringlichen Hergabe komplexer großer
Landschaften mit ihrer flusstypischen Flora und Fauna,
unter Preisgabe auch eines sinnvollen naturnahen
Hochwasserausgleiches zur Katastrophenvermeidung
und schließlich unter Preisgabe von Landschaftsschön-
heit, die nichts anderes ist als die Preisgabe qualitäts-
voller Lebenswelten für die Menschen. Wer meint, die
Umwelt müsse nun mal zurückstehen, wenn es um Wirt-
schaftlichkeit geht, dem muss entgegengehalten werden,
dass erstens längst erwiesen ist, dass das, was aus be-
triebswirtschaftlichem Einzelinteresse heraus als wirt-
schaftlich gelten mag, sich unter dem Gesichtspunkt der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung oft genug als
höchst ineffizient herausstellt, und dass zweitens alle
Prognosen, die im Zusammenhang mit den verschiede-
nen auf die Binnenschifffahrt bezogenen Verkehrspro-
jekten „Deutsche Einheit“ über die Entwicklung dieser
Schifffahrt erstellt worden sind, sich als höchst unrealis-
tisch herausgestellt haben.

Also: Alles spricht dagegen, immer und immer wieder
den Versuch zu unternehmen, die Ideen von vorgestern
in den Beton von gestern zu gießen.

Das sage ich als Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt
mit Blick nicht nur auf die Elbe selbst, sondern auch auf
ihren Nebenfluss Saale. Die Pläne zum Ausbau der
Saale gehören ebenso in den Papierkorb wie die zum
Ausbau der Elbe. Niemand braucht einen Saale-Seiten-
kanal bei Tornitz, niemand braucht weitere überflüssige
Hafenbauten.

Wenn wir von der Linken dennoch dem vorliegenden
Antrag der Grünen nicht vorbehaltlos zustimmen, dann
deshalb, weil wir der Auffassung sind, dass einige Fra-
gen einer weiteren Präzisierung bedürfen. So sehen wir
Diskussionsbedarf in der Frage, wie mit dem Elbe-Ab-
schnitt zwischen Geesthacht und dem 20 Kilometer wei-
ter flussauf liegenden Lauenburg umgegangen werden
soll. Dem Antrag folgend soll dieser Abschnitt nicht für
dauerhafte Schiffbarkeit eingerichtet sein. Er schließt
aber die Abzweigungen zum Elbe-Lübeck- und zum
Elbeseitenkanal ein und besitzt daher für die Aufnahme
von Warenströmen aus dem Hamburger Hafen heraus-
ragende Bedeutung.

Diskussionsbedarf sehen wir auch hinsichtlich der
konkreten künftigen Ausgestaltung jener Schiffsver-
kehre, die heute auf der Elbe bis nach Dresden und Usti
nad Labem hinauf stattfinden. Hier ist Fantasie gefragt:
Fantasie in grenzüberschreitender Zusammenarbeit,
Fantasie der Anrainerkommunen, Fantasie der Schiff-
fahrtsbetriebe. Die Elbe ohne Schiffsverkehr ist für mich
ebenso unvorstellbar wie eine verbetonierte Elbe. Der
Antrag bietet mit seiner Forderung nach Ermöglichung
einer an die natürlichen Wasserstände angepassten Bin-
nenschifffahrt gute Ansätze für die diesbezügliche wei-
tere Debatte, an der wir uns gern mit dem Ziel der Stär-
kung des Anliegens des Antrages beteiligen wollen.

Im Fazit gilt: Die Entscheidung darüber, wie mit
Flüssen und Flusslandschaften umgegangen wird, wird



gegebene Reden

Roland Claus


(A) (C)



(D)(B)

immer ein Prozess der Abwägung zwischen verkehrs-
und anderen wirtschaftlichen Interessen und Vorhaben
auf der einen sowie ökologischen Interessen und Vorha-
ben auf der anderen Seite sein. In diesem Abwägungs-
prozess hat für uns der sozial-ökologische Umbau
oberste Priorität.


Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709335200

Die Elbe ist der letzte große Fluss Europas, der auf

circa 600 Kilometern natürlich fließt. Hier gilt es, ver-
stärkt Maßnahmen zu ergreifen, die die einzigartige Au-
enlandschaft bewahren. Rückbau- und Renaturierungs-
maßnahmen müssen stattfinden, um Lebensräume für
Tiere und Pflanzen zu schaffen und zu bewahren. Die
Elbe stellt ein wunderschönes Naturerlebnis für den
Menschen dar; darauf muss der Tourismus in der Re-
gion aufbauen. Seit 20 Jahren laufen Bau- und Unter-
haltungsmaßnahmen, die zu keiner wesentlichen Güter-
verkehrssteigerung auf der Elbe geführt haben. Aber der
ökologische Zustand der Elbe würde sich bei einem wei-
teren Ausbau zur Schiffbarmachung erheblich ver-
schlechtern – und das, obwohl die Ober- und Mittelelbe
ein wahres Naturparadies ist.

Der Ausbau der Elbe würde schützenswerte Elbauen,
die wichtige Hotspots der Biodiversität darstellen, ge-
fährden. Eine konstante Mindesttiefe der Elbe könnte
nur mit massiven Eingriffen in das Ökosystem Elbe er-
möglicht werden. Die sich seit einigen Jahren ansie-
delnde Fischerei würde wieder eingehen, weil die Fisch-
bestände durch Betonierung und Begradigung ihre
Laichplätze verlieren und durch Staustufen an der Wan-
derung gehindert würden. Der Fischbestand, der seit
der Wende von 12 Arten in der DDR auf 42 Arten heute
angewachsen ist, würde wieder verringert. Um die Bin-
nenschifffahrt auf der Elbe zu gewährleisten, soll die
Elbe eine Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter zwischen
Geesthacht und Dresden und von 1,50 Meter oberhalb
von Dresden an mindestens 345 Tagen aufweisen. Die
dazu seit 20 Jahren laufenden Bau- und Unterhaltungs-
maßnahmen – 2010 allein 31 Millionen Euro – haben
das Ziel, mehr Verkehr auf die Elbe zu verlagern, nicht
erreicht. Sie führten zur Sohleneintiefung und damit zur
Absenkung der Grundwasserstände.

Wir fordern, durch die Förderung von Ufer- und Au-
enrenaturierungen mehr Raum für die Elbe zu schaffen
und Maßnahmen zur Deichrückverlegung mit den Län-
dern zu ergreifen. Eine nationale Biodiversitätsstrategie
entlang der Elbe muss endlich umgesetzt werden. An der
Elbe zeichnen sich gerade zwei gegensätzliche Entwick-
lungen ab: Auf der tschechischen Seite soll mit EU-Mit-
teln eine Staustufe bei Decin gebaut werden, auf deut-
scher Seite hingegen sollen zukünftig keine Investitionen
mehr in Ausbaumaßnahmen fließen.

Die vom Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung angekündigte Strukturreform der Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung sieht vor, dass zukünftig die In-
vestitionsmittel bei den Bundeswasserstraßen nur noch
dort eingesetzt werden, wo auch ein hohes Güterver-
kehrsaufkommen stattfindet. Die Elbe kann diese Vorga-
ben glücklicherweise nicht erfüllen. Mit unter 1 Million
Zu Protokoll
Tonnen Gütern, die hier jährlich transportiert werden,
ist die Elbe in der Kategorie „Nebennetz“ eingestuft.

Das ist auch gut, denn die Elbe ist nicht für die Güter-
schifffahrt geeignet. Eine ganzjährige Schiffbarkeit ist
nicht sicherzustellen, denn nicht berechenbare Wasser-
stände sind typisch für die Elbe. Die benötigten 1,60 Me-
ter Tiefe für die Schifffahrt sind nicht auf der ganzen
Flusslänge herzustellen. Der Bau der Staustufe bei De-
cin wäre ökonomische Verschwendung und auf deut-
scher Seite nur durch einen kanalartigen Ausbau mit ei-
ner Kette von Staustufen sinnvoll.

Die Stärke der Binnenschifffahrt liegt zweifelsohne
beim kostengünstigen Transport von Massengütern wie
etwa Baustoffe, Erze, Kohle und Stahl; sie dominieren
mit einem Anteil von rund 70 Prozent an der Gesamt-
menge nach wie vor das Geschäft der Binnenschifffahrt.
Genau diese Verkehre sind aber grundsätzlich auch ver-
lagerungsfähig auf den Verkehrsträger Bahn. Unterneh-
men der Grundstoff- und Montanindustrie besitzen auch
Gleisanschlüsse. Die Elbtalstrecke hat nach Angaben
der DB Netz AG eine Kapazität von 144 Zügen pro Tag
und Richtung. An einem Werktag sind derzeit neun Fern-
verkehrszüge, 36 Nahverkehrszüge und 37 Güterzüge
pro Tag und Richtung unterwegs. Es gibt also noch aus-
reichend Kapazität für zusätzlichen Güterverkehr.

Bei einem Verkehrsaufkommen von 900 000 Tonnen,
2009, auf der Elbe würde bei unterstellter vollständiger
Verkehrsverlagerung auf die Schiene eine zusätzliche
Belastung von rechnerischen 2,5 Güterzügen pro Tag
auf die Elbtalstrecke zukommen; bei 1,5 Millionen Ton-
nen wären es 4,1 Güterzüge bei einer angenommenen
Auslastung von 1 000 Nettotonnen je Güterzug. Ange-
sichts der derzeitigen Auslastung der Elbtalstrecke, die
noch erhebliche freie Kapazitäten aufweist, ist eine Ver-
lagerung kapazitiv kein Problem. Einer derartigen Ver-
kehrsverlagerung sind explizit auch keine Infrastruktur-
investitionen zuzurechnen.

Die hochsubventionierten Binnenhäfen sind auch
ohne Ausbau der Elbe gesichert. Häfen sind heute Lo-
gistik- oder Güterverkehrszentren und Gewerbestand-
orte, bei denen nur ein geringer Umschlag über Kai er-
folgt.

Der Güterverkehr auf der Mittel- und Oberelbe ist
angesichts der Transportmengen ökonomisch bedeu-
tungslos. Hingegen würde der Tourismus durch den Aus-
bau des Flusses erheblichen wirtschaftlichen Schaden
nehmen. Der Elberadweg ist seit Jahren Deutschlands
beliebtester Fernradweg. Radtourismus ist eine Chance
für kleine Orte. Jeder Radler gibt im Schnitt 60 Euro pro
Tag aus; 155 000 Fernradler pro Jahr, die im Schnitt
neun Tage auf dem Elberadweg unterwegs sind. Das
Dessau-Wörlitzer Gartenreich mit jährlich 1,1 Millio-
nen Besuchern, 700 festen Arbeitsplätzen und bis zu
900 Saisonkräften braucht Elbewasser. Nach Schätzun-
gen einer Studie der Martin-Luther-Universität Halle-
Wittenberg, Professor Dr. Hans-Ulrich Zabel, würden
durch einen kompletten Ausbau der Elbe 20 000 Arbeits-
plätze verloren gehen, vor allem im Tourismus, aber
auch in der Land- und Forstwirtschaft.



gegebene Reden





Stephan Kühn


(A) (C)



(D)(B)

Wir fordern die Bundesregierung auf, gemeinsam mit
den Landesregierungen und den Kommunen ein Konzept
zum Ausbau der wirtschaftlichen Potenziale der Elbe-
region zu entwickeln. Die grenzüberschreitende Zusam-
menarbeit mit der Tschechischen Republik ist notwen-
dig, um die Elbe auf deutscher Seite nicht zu gefährden.
Es ist notwendig, dass mit der Tschechischen Republik
ein gemeinsames Güterverkehrskonzept und auch ein
gemeinsames Tourismuskonzept entwickelt wird. Hier
müssen klare Abstimmungsverfahren geschaffen wer-
den. Die Planungen für den Bau einer Elbestufe bei De-
cin müssen dringend verhindert werden. Ich fordere die
Bundesregierung ausdrücklich auf, hier tätig zu werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709335300

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/4554 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Tagesordnungspunkt 26:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sevim
Dağdelen, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Für ein wirksames Rückkehrrecht und eine
Stärkung der Rechte der Opfer von Zwangs-
verheiratungen

– Drucksache 17/4681 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1709335400

Der Antrag der Fraktion Die Linke zum Rückkehr-

recht für Opfer von Zwangsverheiratung ist ein neuerli-
cher Beleg für Ihre Absicht in der Ausländerpolitik, je-
den Hebel zu nutzen, um für eine völlig unkontrollierte
Zuwanderung in unser Land zu sorgen. Sie gefährden
damit die Integration der bei uns lebenden Ausländer
und öffnen im Übrigen auch jede Menge Missbrauchs-
möglichkeiten für Schleuser und Schlepper, die sich Ihre
überaus weitgehenden Gesetzesformulierungen zunutze
machen könnten. Die Bundesregierung und die Koaliti-
onsfraktionen haben mit dem hier bereits in erster Le-
sung debattierten Gesetzespaket zur Bekämpfung der
Zwangsheirat und zu anderen Änderungen des Aufent-
haltsrechts überzeugende Lösungen vorgelegt, wie
zwangsverheirateten und verschleppten Frauen wirk-
sam geholfen und wie gleichzeitig durch eine Verlänge-
rung der Mindestehebestandszeit Scheinehen wirksam
begegnet werden kann.

Eine Behauptung muss gleich zurückgewiesen wer-
den, die auch durch Wiederholung nicht richtiger wird.
Sie kritisieren, dass mit der Verlängerung der Mindest-
ehebestandszeit von zwei auf drei Jahre sich die Opfer
von Zwangsheirat länger in ihrer Zwangslange befinden
müssten, um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu er-
halten. Woher wissen Sie überhaupt, dass es die Absicht
der Frauen ist, in Deutschland zu bleiben, dem Land, in
das sie in aller Regel gegen ihren Willen verbracht wor-
den sind? Es ist ja wohl lebensnäher, dass die Frauen
zunächst überhaupt erst einmal aus ihrer Zwangslage
befreit werden wollen. Dazu haben wir mit den ver-
pflichtenden Deutschkenntnissen vor dem Ehegatten-
nachzug eine Grundlage geschaffen, indem jetzt alle
Frauen zumindest sprachlich in der Lage sind, sich Hilfe
zu holen, und auch auf das Leben in Deutschland und
die Rechte, die Frauen in unserem Land haben, besser
vorbereitet sind. Es ist gerade Die Linke gewesen, die
gegen diese verpflichtenden Deutschkenntnisse Sturm
gelaufen ist. Insofern ist es die reine Heuchelei, wenn
Sie sich jetzt als Wahrer der Interessen der zwangsver-
heirateten Frauen profilieren wollen. Das Gegenteil ist
richtig: Sie verweigern den Frauen das menschenrecht-
liche Rüstzeug, um sich selbst gegen die Zwangslage
wehren zu können.

Außerdem erwähnen Sie selbst in Ihrem Antrag die
Härtefallregelung nach § 31 Abs. 2 des Aufenthaltsge-
setzes. Das ist der Widerspruch schlechthin. Auch bei ei-
ner dreijährigen Mindestehebestandszeit kann einer
Frau zur Vermeidung einer besonderen Härte schon weit
vor dem Ablauf von drei Jahren ein eigenständiges Auf-
enthaltsrecht gewährt werden. Der Schutz des Gesetzge-
bers verringert sich also in keiner Weise. Dies sei auch
den Wohlfahrtsverbänden ins Stammbuch geschrieben,
die sich mit Briefen in diesen Tagen an uns wenden und
die Frage der Härtefallregelung bei ihrer Kritik völlig
außen vor lassen. Ich will an dieser Stelle schon deutlich
machen, dass es mich wundert, wie falsch die beste-
hende und künftige Rechtslage von Verbandsvertretern
dargestellt wird, die schließlich auch in der Beratung
von Ausländern tätig sind.

Zu einer integrationspolitisch notwendigen Steue-
rung der Zuwanderung gehört auch, dass wir effektive
Maßnahmen zur Bekämpfung von Scheinehen ergreifen.
Wir haben das Thema schon bei der ersten Lesung des
Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsrechts eingehend
erörtert. Insofern sage ich es noch einmal: Gerade die
Fraktion Die Linke erwähnt in ihrem Antrag die Zahl
der festgestellten Scheinehen und verweist darauf, dass
die Zahl heute – bei einer zweijährigen Mindestehebe-
standszeit – niedriger ist als im Jahre 2000, als wir noch
eine vierjährige Mindestehebestandszeit hatten. Es ist
doch wohl einsichtig, dass die Ausländerbehörden mehr
Scheinehen nachweisen können, je länger Zeit sie haben,
entsprechenden Verdachtsmomenten nachzugehen. Inso-
weit sind die Hinweise der Linken eher ein Plädoyer, zur
alten Rechtslage zurückzukehren.

Richtig wäre Ihre Argumentation dann, wenn uns aus
den Visastellen unserer Auslandsvertretungen, in denen
hochprofessionelle Mitarbeiter tätig sind, die sich seit
Jahren mit dieser Problematik befassen, berichtet
würde, dass es heute signifikant weniger Anzeichen für
eine Scheinehe geben würde als im Jahre 2000. Das Ge-
genteil ist aber richtig. Mir haben erst im letzten Jahr
Mitarbeiterinnen des Generalkonsulats in Istanbul ge-
sagt, dass sie davon ausgehen, dass es sich bei rund
30 Prozent der Antragsteller um Fälle von Scheinehen
handelt. In Ankara und Izmir dürften wegen der beson-

Reinhard Grindel


(A) (C)



(D)(B)

deren Gebiete, für die diese Visastellen zuständig sind,
die Zahlen nicht geringer sein, nur um einmal das Land
mit den meisten Fällen von Ehegattennachzug zu erwäh-
nen.

Aus den Visastellen ist gerade die Klage zu hören,
dass die Ausländerbehörden in Deutschland wegen an-
geblichen Personalmangels nur sehr zögerlich bereit
sind, parallele Anhörungen der Ehegatten vorzuneh-
men. Insofern bleibt nur die Möglichkeit, nach der Ein-
reise des jeweiligen Ehegatten dem Scheineheverdacht
nachzugehen. Dafür wollen wir eine längere Zeit ein-
räumen.

Außerdem können Sie nicht bestreiten, dass es natür-
lich die Fälle gibt, bei denen nach Deutschland gezo-
gene Ehegatten unmittelbar nach dem Ablauf von zwei
Jahren sich scheiden lassen und Partner heiraten, mit
denen sie in ihrem Heimatland bereits in erster Ehe ver-
heiratet waren. Natürlich erhoffen wir uns von der Ver-
längerung der Mindestehebestandszeit auch einen ge-
wissen Abschreckungseffekt, damit es gar nicht erst zu
einer Scheinehe kommt.

Integrationspolitisch abwegig sind auch Ihre Anträge
zum Thema Rückkehrrecht. Wir haben in dem Gesetzent-
wurf der Bundesregierung als Koalition dazu eine sehr
sachgerechte Lösung angeboten. Wir lösen vor allem
zwei große Probleme, die der tatsächlichen Inanspruch-
nahme des Rückkehrrechts bisher im Wege standen. Wir
verlängern die Frist, innerhalb derer zurückgekehrt
werden kann, von bisher sechs Monaten auf bis zu zehn
Jahre, und wir verzichten auf den Nachweis der Unter-
haltssicherung. Wie zum Beispiel der Anwaltsverein an-
gesichts dieser weitreichenden Regelung davon spre-
chen kann, dass das alles ohne praktische Bedeutung
bleibt, ist mir schleierhaft. Da soll starke Polemik die
Schwäche der Argumentation überdecken.

Tatsächlich geht es beim Rückkehrrecht doch darum,
dass unser Rechtsstaat seiner sozialen Verantwortung
einem ausländischen Mitbürger gegenüber gerecht wird,
dessen ursprünglicher Aufenthalt zu einer gewissen Ver-
wurzelung in unserem Land geführt hat, sodass es dem
Ausländer nicht zumutbar ist, in dem ihm fremd gewor-
denen ursprünglichen Heimatland zu verbleiben. Inso-
fern muss es doch aber einen Unterschied machen, ob
eine junge Frau in Deutschland aufgewachsen ist, hier
zur Schule ging und eine Ausbildung gemacht hat und
dann in den Ferien in der Türkei zwangsverheiratet
wurde oder ob sie sich nur wenige Monate bei uns auf-
gehalten hat und dann in ihr Heimatland verschleppt
wurde. Insofern ist es integrationspolitisch zwingend,
dass man die Frage, wie lange und unter welchen Bedin-
gungen ein Rückkehrrecht in Anspruch genommen wer-
den kann, von dem Tatbestand abhängig macht, wie
lange sich die betroffene Frau vorher in Deutschland
aufgehalten hat und ob sie in unserem Land verwurzelt
war oder nicht.

Nach dem Antrag der Linken wäre es denkbar, dass
eine Frau mit 18 in die Türkei verschleppt wurde und mit
65 ein Rückkehrrecht geltend macht. Das ist absurd, und
deshalb ist Ihr Antrag absurd. Es liegt auf der Hand,
dass damit dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet ist. Ich
Zu Protokoll
wiederhole es: Sie spielen damit Schleppern und Schleu-
sern in die Hände.

Ebenso absurd ist es, dass Sie auch geduldete Perso-
nen in den Schutzbereich des Rückkehrrechts einbezie-
hen wollen. Wer nie einen legalen Aufenthaltsstatus in
Deutschland gehabt hat, kann nicht in unserem Land
verwurzelt sein und kann deshalb nicht ein Rückkehr-
recht beanspruchen. Mit diesem Vorschlag verwirken
Sie den Anspruch, in der ausländerrechtlichen Debatte
noch ernst genommen zu werden.

Nur ein letztes Wort zur Frage des EUGH-Urteils, auf
das Sie in Ihrem Antrag eingehen. Wenn überhaupt,
kann dieses nur auf solche Ehegatten Anwendung fin-
den, die zum Zeitpunkt der Aufhebung der Ehe erwerbs-
tätig waren. Nur weil möglicherweise eine sehr kleine
Gruppe in den Wirkungsbereich der längeren Mindest-
ehebestandszeit nicht einbezogen werden kann, gibt es
keinen Grund, von dieser richtigen Regelung Abstand zu
nehmen.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1709335500

Vor gut einem Monat haben wir an dieser Stelle an-

lässlich des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur
Bekämpfung von Zwangsverheiratungen schon einmal
über das Thema eines erweiterten Rückkehrrechtes für
Opfer von Zwangsehen gesprochen. Positiv ist sowohl
bei diesem Antrag als auch bei dem vorliegenden Antrag
der Fraktion Die Linke auf jeden Fall das Grundanlie-
gen, Menschen, die Opfer von Zwangsverheiratung ge-
worden sind, die Möglichkeit zu geben, nach einer Be-
freiung aus dieser Zwangssituation wieder nach
Deutschland zurückzukehren.

Wir als SPD-Fraktion haben schon unter der Großen
Koalition für ein erweitertes Rückkehrrecht gestritten,
und schon damals wollte die Union einem solchen
Recht, das allein die Opfer schützt und stärkt, nur unter
der Bedingung zustimmen, dass wir im Gegenzug einer
Anhebung der Mindestehebestandszeit von zwei auf vier
Jahre zustimmen. Das wollten und konnten wir nicht und
haben wir auch nicht getan. Heute sind sich im Grunde
alle im Parlament vertretenen Parteien einig: Wir brau-
chen ein erweitertes Rückkehrrecht für die Opfer von
Zwangsverheiratungen. Auch die Union hat erfreuli-
cherweise eingesehen, dass sie nur so glaubwürdig er-
scheint in ihrer Kampfansage zur Bekämpfung von
Zwangsehen.

Leider hält sie bislang allerdings an ihrer schon vor
Jahren praktizierten unsittlichen Verknüpfung der Ein-
führung eines erweiterten Rückkehrrechts mit der Anhe-
bung der Mindestehebestandszeit von bisher zwei auf
zukünftig drei Jahre fest. In der Beschreibung der Pro-
bleme und des Ziels, dem mit der Anhebung der Min-
destehebestandszeit begegnet werden soll, heißt es im
Gesetzentwurf der Bundesregierung, dass durch die im
Jahre 2000 erfolgte Verkürzung der Ehebestandszeit auf
zwei Jahre der Anreiz für ausschließlich zum Zwecke der
Erlangung eines Aufenthaltstitels beabsichtigte Ehe-
schließungen erhöht worden sei. Einfach so. Ich kenne
keine einzige Erhebung oder Untersuchung, die das be-
legen könnte. Die Union sagt, sie verfolge mit der Anhe-



gegebene Reden

Rüdiger Veit


(A) (C)



(D)(B)

bung der Mindestehebestandszeit das Ziel, Scheinehen
zu verhindern. Tatsächlich verdammt sie aber Frauen,
die sich in einer schrecklichen Lage befinden und dies
vielleicht nicht beweisen können, weil sie Beweise wie
Fotos, Zeugen und Ähnliches nicht beibringen können,
dazu, noch ein weiteres Jahr in dieser unerträglichen Si-
tuation zu verharren aus Angst, ansonsten auch noch
durch den Verlust des Aufenthaltsrechts gestraft zu wer-
den.

Wie wir lehnt auch die Fraktion Die Linke in ihrem
Antrag eine Anhebung der Mindestehebestandszeit ab.
Das ist richtig! Ebenso wie wir in dem von uns vorgeleg-
ten Gesetzentwurf für ein erweitertes Rückkehrrecht ist
auch die Fraktion Die Linke der Meinung, dass ein sol-
ches Recht auch dann gewährleistet sein muss, wenn das
Opfer seinen Lebensunterhalt in Deutschland nicht al-
leine sichern kann. Unter menschenrechtlichen Ge-
sichtspunkten darf die Befreiung aus einer Zwangsehe
nicht an der Lebensunterhaltssicherungspflicht schei-
tern.

Sehr weitgehend ist allerdings der Vorschlag des vor-
liegenden Antrags, ein erweitertes Rückkehrrecht auch
für Geduldete und Illegale zu fordern. Ich kann zwar das
Anliegen, ins Ausland verschleppten Geduldeten die
Rückkehr zu ermöglichen, gut nachvollziehen, halte es
aber kaum für systematisch durchsetzbar. Eine Duldung
beruht ja in den meisten Fällen darauf, dass die Einreise
in das Herkunftsland nicht möglich ist. Nach dem Ge-
setzentwurf sollen Geduldete jedoch gerade vom Aus-
land her, in das ihre Ausreise eigentlich ja nicht möglich
war/ist, einen Titel für die Wiedereinreise nach Deutsch-
land erhalten.

Und: Die Einführung eines Rückkehrrechts für Ille-
gale würde einer Legalisierung gleichkommen. Auch
das kann ich vom Ansinnen her verstehen, geht es doch
vor allem um den Schutz der Opfer, halte es aber den-
noch für zu weitgehend. Zusammenfassend möchte ich
noch einmal betonen, wie gut es vor allem für die Betrof-
fenen ist, dass es nun so aussieht, als würde es dem-
nächst ein erweitertes Rückkehrrecht für Opfer von
Zwangsehen geben. Sie gestatten mir, unseren eigenen
Gesetzentwurf diesbezüglich allerdings am besten zu
finden!

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Zu diesem Thema habe ich bereits im Januar ausge-

führt, was ich, da sich die Sachlage und unsere Haltung
zu ebendiesem Thema nicht geändert hat, gerne noch
einmal bekräftige: Zwangsheirat ist kein Kavaliersde-
likt. Oft hat sie schreckliche Folgen für die Betroffenen.
Die Gleichberechtigung der Frau ist einer der wesentli-
chen Bestandteile unserer Rechts- und Werteordnung,
deren Vermittlung auch eine der entscheidenden Inte-
grationsaufgaben ist. Integration funktioniert nur bei
Respekt vor dieser Werteordnung. In großfamiliären
Strukturen mit altertümlichen Bräuchen bestehen zu-
sätzliche Zwangslagen für junge Menschen. Falsche
Traditionen oder intolerante kulturelle Konventionen
verhindern eine unabhängige Lebensgestaltung – viel-
fach lebenslänglich.
Zu Protokoll
Zwangsheiraten sind dabei kein Einzelphänomen –
auch nicht in Deutschland. Erfahrungen zum Beispiel
aus Berlin, aber auch aus Flächenländern wie Baden-
Württemberg zeigen, dass es leider viel zu viele junge
Frauen gibt, die in einer Zwangsehe leben müssen. Der
besondere psychische Druck, der auf Mädchen und jun-
gen Frauen in der Zwickmühle zwischen familiärer Soli-
darität und eigener Selbstbestimmung lastet, ist hier
sehr groß. Auch wenn die Zwangsheirat bereits jetzt im
Rahmen der Nötigung strafbar ist, ist den betroffenen
Familien meist nicht bewusst, daß die elterliche oder ge-
schwisterliche Vorschrift des Ehepartners in der deut-
schen Rechtsordnung nicht toleriert wird. Den Eltern
und Familienangehörigen muss ausdrücklich die krimi-
nelle Dimension solchen Tuns klar sein. Die selbstbe-
stimmte Lebensgestaltung, die Freiheit, einen Ehepart-
ner selbst aussuchen zu können, braucht den besonderen
Schutz eines eigenen Straftatbestandes.

Aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion ist allerdings
auch die Verbesserung des Opferschutzes besonders
wichtig. Wir werden eben nicht nur die Täter bestrafen,
sondern auch den Opfern wieder eine Perspektivchance
geben. Es muss ein eigenständiges Wiederkehr- bzw.
Rückkehrrecht für ausländische Opfer von Zwangsver-
heiratungen geben. Gerade die Verschleppung in ein
fremdes Land verschärft diese Zwangslage noch.

Die bisherige Regelung, wonach der Aufenthaltstitel
auch für verschleppte junge Frauen nach sechs Monaten
automatisch erlischt, ermöglichte es, diese Zwangslage
noch stärker auszunutzen und Frauen jede Fluchtper-
spektive zu nehmen. Nachdem das Rückkehrrecht nun
schon sehr lange diskutiert wird und es weder Rot-Grün
noch Rot-Schwarz gelungen ist, dieses Problem anzupa-
cken, ist es der christlich-liberalen Koalition nun zu ver-
danken, dieses wichtige Opferschutzrecht für die Betrof-
fenen geschaffen zu haben. Jetzt erhalten Opfer von
Zwangsheirat und Verschleppung wieder eine Chance,
sich zu befreien. Dem dient auch die Verlängerung der
Antragsfrist für die Aufhebung der Ehe.

Der Gesetzentwurf ist ein Signal für eine Abkehr von
ideologischer Zuwanderungs- und Integrationspolitik.
Die Koalition aus FDP und CDU/CSU geht ohne Scheu-
klappen die bestehenden Defizite der Integrationspolitik
an, um die Chancen der Zuwanderung für unser Land
besser zu nutzen. Dazu gehört auch, die Grundwerte un-
serer Rechtsordnung gegenüber Praktiken aus Her-
kunftsländern durchzusetzen, die mit deutschem Recht
nicht vereinbar sind.

Im Zuge dieser Verbesserungen haben wir der Verlän-
gerung der Mindestehebestandszeit auf drei Jahre zur
Erlangung eines eigenständigen Aufenthaltstitels zuge-
stimmt. Das ist auf Kritik bei Opferverbänden, Kirchen
und Nichtregierungsorganisationen gestoßen. Wir neh-
men diese Besorgnis sehr ernst und werden auch in Zu-
kunft auf die Wirkung dieser Regelung genau achten.
Leider hat die im Jahre 2000 von Rot-Grün durchge-
setzte Absenkung der Ehemindestbestandszeit von vier
auf zwei Jahre die Möglichkeit für Scheinehen erweitert.
Dem will die Koalition entgegensteuern.



gegebene Reden

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) (C)



(D)(B)

Opfern von Gewalt, insbesondere auch häuslicher
Gewalt, die es leider in viel zu großer Anzahl gibt und
die als Argument gegen die Anhebung der Ehemindest-
bestandszeit angeführt werden, kann durch die Härte-
fallregelung geholfen werden. Dies wird auch nochmals
klargestellt. Wir mahnen die Ausländerbehörden zu ei-
ner großzügigen Handhabung im Sinne der Opfer.

Wir lockern die Residenzpflicht für Geduldete und
Asylbewerber, um ihnen die Aufnahme einer Beschäfti-
gung, Ausbildung oder eines Studiums bzw. den Schulbe-
such zu erleichtern. Damit steigern wir die Chancen von
jungen Migranten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen
und sich in unsere Gesellschaft zu integrieren.

Die Koalition wird durch Fördern und Fordern die
Chancen der Zuwanderung für unser Land besser er-
schließen. Ziel bleibt, den Zusammenhalt unserer durch
Zuwanderer bereicherten Gesellschaft zu stärken. Die-
ses Ziel verliert der Linken-Antrag völlig aus den Augen.
Wir lehnen ihn daher ab.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709335600

In der ersten Beratung des von der Bundesregierung

eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung
der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer
von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufent-
halts- und asylrechtlicher Vorschriften gerierte sich die
Regierungskoalition als Vertreter der Frauenrechte. So
würden sie Zwangsverheiratungen, Scheinehen und ge-
nerell Gewalt gegen Frauen – seien sie nun physischer
oder psychischer Natur – energisch bekämpfen. Doch
wie Frauen aus leidvoller Erfahrung aus den letzten
Jahrzehnten wissen, stehen CDU/CSU und FDP nicht
als frauenpolitische Avantgarde für die Rechte der
Frauen ein, schon gar nicht, wenn es um Migrantinnen
geht. Deshalb überrascht es auch nicht, dass gerade
Frauenorganisationen und Beratungsstellen kein gutes
Haar am Gesetzentwurf der Bundesregierung hinsicht-
lich der Bekämpfung von Zwangsverheiratungen lassen.
Denn es ist unglaubwürdig, wenn die Bundesregierung
vorgibt, vor allem im Interesse der Opfer von Zwangs-
verheiratungen zu handeln. Ginge es der Bundesregie-
rung tatsächlich um die Opfer von Zwangsverheiratun-
gen, hätte sie bereits vor Jahren Verbesserungen für die
betroffenen Frauen und im geringeren Umfang auch für
betroffene Männer geschaffen. Zur Stärkung der Opfer
von Zwangsheiraten hätte man in Bezug auf flächende-
ckende, niedrigschwellige Beratungsangebote und Not-
fallunterbringungen oder in Bezug auf verfahrensrecht-
liche Änderungen zur Gewährleistung der Sicherheit
und Anonymität der Opfer im Gerichtsverfahren aktiv
werden können und müssen. Die umfassenden Forderun-
gen der Fraktion Die Linke lassen sich in unserem da-
maligen Antrag mit der Bundestagsdrucksachennummer
16/1564 nachlesen. Entsprechende Vorschläge der
Fraktion Die Linke aus dem Jahr 2006 wurden in der
16. Wahlperiode des Bundestages jedoch von der Gro-
ßen Koalition abgelehnt. Genauso wurde die Forderung,
ein effektives Rückkehrrecht im Aufenthaltsgesetz zu
schaffen, abgelehnt; abgelehnt, obwohl sich im Rahmen
einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend alle Sachverständigen mit einer
Zu Protokoll
Ausnahme hierfür ausgesprochen hatten. Auch dies lässt
sich nachlesen. Und zwar im Ausschussprotokoll 16/13
und in der Ausschussdrucksache 16(13)91g.

Die Linke stand damals an der Seite der Frauen-
rechtsorganisationen und tut dies auch heute.

Im aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung will
sie nun die Mindestehebestandszeit von zwei auf drei
Jahre unter dem Vorwand verlängern, Scheinehen zu be-
kämpfen. Diese Behauptung ist abwegig, und dieser Be-
hauptung widersprechen eklatant die vorliegenden Daten
zur Zahl polizeilich erfasster Scheinehe-Verdachtsfälle,
die im Jahr 2009 mit 1 698 nicht einmal ein Drittel des
Werts aus dem Jahr 2000 erreichte, und 2000 gab es
noch eine Mindestehebestandszeit von vier Jahren.

Die Erhöhung der Ehebestandszeit ist ein Skandal,
und das weiß auch die Bundesregierung. Sie ist nicht zu-
letzt deshalb ein Skandal, weil sie auch gegen Europa-
recht verstößt. Wie die Bundesregierung einräumen
musste, ist die geplante Verlängerung der Mindestbe-
standszeit einer Ehe für die Erlangung eines eigenstän-
digen Aufenthaltsrechts von nachgezogenen Ehegatten
bei türkischen Staatsangehörigen aus europarechtlichen
Gründen nur bedingt anwendbar. So hat der Europäische
Gerichtshof mit dem „Toprak“-Urteil vom 9. Dezember
2010 entschieden, dass die geplante Verlängerung der
Mindestehebestandszeit von zwei auf drei Jahre auf die
größte Gruppe der Migrantinnen und Migranten aus eu-
roparechtlichen Gründen nur sehr bedingt anwendbar
ist. Denn das Assoziationsrecht sieht ein Verschlechte-
rungsverbot für türkische Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer und ihrer Familienangehörigen vor: Einmal
gewährte Erleichterungen im Aufenthalts- und Arbeits-
recht dürfen nicht wieder zurückgenommen werden.

Wider besseres Wissen versucht die Bundesregierung
die Verschlechterungen beim Schutz der Opfer von
Zwangsverheiratungen dadurch zu verschleiern, dass
ein eigenständiger Straftatbestand geschaffen und das
Rückkehrrecht erweitert wird. Ersteres ist lediglich Sym-
bolpolitik und hat mit einer realen Verbesserung nichts
zu tun. Diejenigen, die sich bisher nicht mit dem Strafge-
setzbuch beschäftigt bzw. es ignoriert haben, werden es
auch weiterhin tun. Da spielt es keine Rolle, ob Zwangs-
verheiratung nun in § 240 des Strafgesetzbuches als be-
sonders schwerer Fall der Nötigung oder in einem eige-
nen § 237 Abs. 4 des Strafgesetzbuches geregelt wird.
Und die einzige wirkliche Verbesserung – nämlich die
Einführung eines Rückkehrrechts – ist entsprechend nur
halbherzig angegangen worden.

Das vorgeschlagene Wiederkehrrecht für Opfer von
Zwangsverheiratungen, die von einer Rückkehr nach
Deutschland abgehalten werden, ist unzureichend. § 37
Abs. 2 a des Aufenthaltsgesetzes ist im Entwurf zunächst
nur als eine bloße Ermessensregelung ausgestaltet. Er-
schwerend kommt hinzu, dass dieses Ermessen eine mit
dem Gedanken eines effektiven Opferschutzes unverein-
bare Nützlichkeitsprüfung enthält. So ist Bedingung für
eine Rückkehr, dass sich die Betroffenen aufgrund „der
bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die
Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland
einfügen“ können. Ein Regelanspruch auf Rückkehr



gegebene Reden

Sevim Daðdelen


(A) (C)



(D)(B)


Sevim Dağdelen
ohne eine solche Prüfung der „Integrationsfähigkeit“
ist nur nach achtjährigem rechtmäßigem Aufenthalt und
sechsjährigem Schulbesuch in Deutschland vorgesehen.
Die geplante Regelung wird wegen dieser Restriktionen
nach Einschätzung des Deutschen Anwaltvereins nur
„ein plakatives Signal gegen Zwangsehe“ setzen und
wegen seiner unzureichenden Ausgestaltung „wenig
Praxisrelevanz haben“, wie ihrer Stellungnahme zu ent-
nehmen ist. Auch die nur dreimonatige Bedenkzeit
„nach Wegfall der Zwangslage“ zur Stellung eines
Rückkehrantrags wird sich sicher angesichts der beson-
deren Ausnahmesituation und Belastungen der Betroffe-
nen als viel zu kurz erweisen. Regelungen für ver-
schleppte Personen ohne gefestigten Aufenthaltsstatus
in Deutschland wie zum Beispiel Geduldete fehlen in
dem Gesetzentwurf völlig.

Die Linke fordert deshalb ein wirksames Rückkehr-
recht für zwangsverheiratete und verschleppte Perso-
nen. Zwangsverheirateten oder von Zwangsverheiratun-
gen bedrohten oder gegen ihren Willen ins Ausland
verschleppte Personen, die rechtmäßig ihren gewöhnli-
chen Aufenthalt im Bundesgebiet hatten und an einer
Rückkehr nach Deutschland gehindert werden, muss ein
unbeschränktes Recht auf Wiederkehr eingeräumt wer-
den. Grundsätzlich darf der Aufenthaltstitel nicht durch
einen längeren Auslandsaufenthalt erlöschen. Die Frist
des Erlöschens muss vorsorglich auf drei Jahre verlän-
gert werden. Und Die Linke fordert auch, dass für
zwangsverheiratete und ins Ausland verschleppte Perso-
nen mit gewöhnlichem Aufenthalt, aber ohne rechtmäßi-
gen Aufenthaltstitel in Deutschland ein Rückkehrrecht
und Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
aus humanitären Gründen geschaffen wird.

Eine weitere zentrale Forderung der Linken bleibt,
dass auf die geplante Verlängerung der Mindestehebe-
standszeit verzichtet wird. Wir brauchen vielmehr eine
Härtefallregelung für ein eigenständiges Aufenthalts-
recht von Ehegatten. Das muss durch entsprechende
Klarstellungen so ausgestaltet werden, dass sie insbe-
sondere von Opfern von Gewalt und Zwangsheirat ohne
Angst vor einer Abschiebung jederzeit effektiv in An-
spruch genommen werden kann. Das wäre dann auch
frauenfreundlich.


Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709335700

Bündnis 90/Die Grünen haben mit ihrer Anhörung

„Zwangsverheiratung ist keine Ehrensache“ im Juli
2003 als erste Fraktion im Deutschen Bundestag auf
diese Menschenrechtsverletzung hingewiesen. Im Jahr
2005 hat die rot-grüne Koalition Zwangsverheiratungen
als einen Fall „besonders schwerer Nötigung“ im Straf-
gesetzbuch ausdrücklich verankert. Seit dem Ende der
rot-grünen Koalition hat die Bundesregierung keine ad-
äquaten Versuche unternommen, um Migrantinnen, die
von Zwangsverheiratungen bedroht oder betroffen sind,
zu helfen.

Was die Bundesregierung nun in ihrem Gesetzentwurf
zur Bekämpfung von Zwangsheirat und zum besseren
Schutz der Opfer von Zwangsheirat vorlegt, ist schäbig.
Zu Protokoll
Sie ist offenbar nicht gewillt, für adäquaten Schutz der
Betroffenen zu sorgen.

Wir haben daher als Alternative einen eigenen Antrag
„Opfer von Zwangsverheiratungen wirksam schützen
durch bundesgesetzliche Reformen und eine Bund-Län-
der-Initiative“ in den Bundestag eingebracht. Unser An-
trag sieht einen umfassenden Aktionsplan vor, der von
den Betroffenenverbänden ausdrücklich unterstützt
wird. Kernforderungen unseres Antrags sind die Gewäh-
rung eigenständiger Aufenthaltsrechte und wirksamer
Rückkehrrechte für Migrantinnen und Migranten, die
von Zwangsverheiratungen betroffen sind. So soll jun-
gen Ausländerinnen und Ausländern, die seit fünf Jah-
ren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, von Amts
wegen und unabhängig von der Sicherung des Lebens-
unterhalts eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden.
Die Niederlassungserlaubnis erlischt auch dann nicht,
wenn sich die betreffende Person – zum Beispiel auf-
grund einer Zwangsverheiratung – länger als sechs Mo-
nate im Ausland aufhält. Des Weiteren wollen wir ins
Ausland verschleppten Opfern von Zwangsverheiratun-
gen ein umfassendes Rückkehrrecht gewähren, und zwar
unabhängig von einer bestimmten Voraufenthaltsdauer
oder der Sicherung des Lebensunterhalts.

Daneben schlagen wir die Gründung einer dauerhaf-
ten Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zwangsverheiratun-
gen“ vor, um mit den Ländern verbindliche Regelungen
für das regelmäßig notwendige länderübergreifende
Handeln zu vereinbaren, damit den Opfern von Zwangs-
verheiratungen schnell, unbürokratisch und langfristig
geholfen werden kann. Frauen, die vor einer Zwangs-
verheiratung flüchten, befinden sich in einer physischen
und psychischen Extremlage. Für langwierige, bürokra-
tische Zuständigkeitsstreitigkeiten, insbesondere bei
jungen Volljährigen, haben sie keine Zeit.

Die Bund-Länder-AG soll im Rahmen einer Koopera-
tionsvereinbarung für einen flächendeckenden Ausbau
von niedrigschwelligen Schutzeinrichtungen und Bera-
tungsstellen sorgen. Daneben soll sie Aufklärungskam-
pagnen entwickeln und finanzieren und hierbei insbe-
sondere darauf hinwirken, dass an Schulen die Themen
Zwangsverheiratung und häusliche Gewalt in die Lehr-
pläne aufgenommen werden, dass Lehrerinnen und Leh-
rer entsprechend fortgebildet und sensibilisiert werden
und dass Anlaufstellen geschaffen werden, an die sich
Schülerinnen und Schüler wenden können, wenn sie di-
rekt oder indirekt von Zwangsverheiratungen betroffen
sind.

Schließlich fordern wir Änderungen im Ehe-, Unter-
halts- und Erbrecht, um die Aufhebung der Ehe zu er-
leichtern und die betroffenen Frauen finanziell abzusi-
chern.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist skanda-
lös und ein falsches Signal. Hier möchte ich nur zwei Re-
gelungen hervorheben, die dringend einer Änderung be-
dürfen, um die Situation der Opfer von Zwangsehen zu
verbessern.

Es ist zwar positiv, dass die Bundesregierung endlich
erkannt hat, dass den betroffenen Frauen ein Rückkehr-



gegebene Reden





Memet Kilic


(A) (C)



(D)(B)

recht gewährt werden muss. Diese Rückkehrmöglichkeit
macht die Bundesregierung allerdings von einer positi-
ven Integrationsprognose abhängig. Sie lässt also
Frauen mit einem niedrigen Bildungsgrad oder solche
ohne finanzielle Absicherung in ihrer prekären Lage im
Stich. Ein unterschiedliches Schutzniveau lässt sich
nicht begründen, insbesondere wenn man immer wieder,
wie die Bundesregierung, zu Recht betont, welch
schwerwiegende Straftat die Zwangsheirat ist. Wir sind
dafür, allen Opfern von Zwangsheirat ein umfassendes
Rückkehrrecht einzuräumen ohne Prüfung der Vorauf-
enthaltsdauer, der Sicherung des Lebensunterhalts oder
anderweitiger Integrationsprognosen.

Die zweite Regelung, von der die Bundesregierung
Abstand nehmen sollte, ist die Verlängerung der Min-
destehebestandszeit von zwei auf drei Jahre für ein
eigenständiges Aufenthaltsrecht. Anstatt wie vom Ge-
setzentwurf angeblich vorgesehen, die Opfer von
Zwangsehen besser zu schützen, führt die Verlängerung
der Mindestehebestandszeit zu einer gravierenden Ver-
schlechterung der Situation der Opfer. Schon heute blei-
ben viele misshandelte Migrantinnen aus Angst vor ei-
ner Abschiebung in einer ungewollten und gewalttätigen
Ehe. In Zukunft sollen sie noch ein Jahr länger in dieser
Lebenssituation ausharren. Auch die Härtefallregelung
kann hier nicht ausreichend weiterhelfen, sie entfaltet
aus verschiedenen Gründen in der Praxis leider nicht
die erhoffte Wirkung. Um Mädchen und junge Frauen
stark genug zu machen, um sich aus ihrer Zwangslage
befreien zu können und ihnen die notwendige Unterstüt-
zung und den notwendigen Schutz zu bieten, bitte ich um
Zustimmung zu unserem Antrag.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709335800

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/4681 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Tagesordnungspunkt 27:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Schlecht, Dr. Barbara Höll, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Tarifverhandlungen für Beschäftigte im öf-
fentlichen Dienst der Länder – Höhere Löhne
absichern

– Drucksache 17/4841 –


Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1709335900

Dies ist eine merkwürdige und in jedem Fall überflüs-

sige Debatte. Ich möchte kurz etwas zur Art und Weise
sagen, wie dieser Antrag eingebracht wurde. Wir kennen
den Tagesordnungspunkt schon seit etwa einer Woche,
allerdings nur seine Überschrift. Den Antragstext selbst
haben wir erst vor zwei Tagen erhalten. Leider stimmen
Überschrift und Inhalt nicht im Mindesten überein. Es
gehört wohl zu den parlamentarischen Gepflogenheiten
der Linken, Texte von Anträgen erst sehr kurzfristig be-
kannt zu geben, sodass man die innere Widersprüchlich-
keit des Antrags erst im letzten Moment erfährt. Gemäß
der Überschrift geht es der Fraktion der Linken um hö-
here Löhne für die Beschäftigten des öffentlichen Diens-
tes der Länder. Der Hintergrund ist klar: Es gibt dort
derzeit wieder Tarifverhandlungen, in denen wie immer
hart gerungen wird. Erst im Antragstext offenbart sich
dann das eigentliche Thema: nämlich die Finanzsitua-
tion der Länder.

Ich zitiere: „Der Deutsche Bundestag fordert die
Bundesregierung auf: gesetzliche Vorschläge für die
dauerhafte Verbesserung der finanziellen Ausstattung
der Länder vorzulegen, zum Beispiel durch Veränderung
der Aufteilung der Gemeinschaftssteuern. Die Länder
müssen so in die Lage versetzt werden, einen erfolgrei-
chen Tarifabschluss für die Angestellten im öffentlichen
Dienst der Länder zu gewährleisten.“

Ja, die Finanzsituation der Länder ist angespannt.
Allerdings war sie dies auch schon in früheren Tarifrun-
den. Und es geht auch nicht nur den Ländern so: Der
Bund und die Kommunen müssen ebenso seit Jahren mit
einer angespannten Kassenlage leben, müssen sich der
Aufgabe der Haushaltskonsolidierung stellen. Tatsäch-
lich sind wir mit einer Rekordverschuldung der Länder
konfrontiert, aber auch hier muss man die Lage differen-
ziert betrachten:

Erstens. Es gibt Länder, die durchaus sparsam haus-
halten und sich mit einer ernsthaften Haushaltskonsoli-
dierung finanzielle Spielräume erarbeiten. Und es gibt
eben Länder, die dies nicht tun, und für die schreien Sie
hier um Hilfe.

Zweitens. Die aktuell angespannte Finanzlage ergibt
sich bekannterweise größtenteils aus der zurückliegen-
den Finanz- und Wirtschaftskrise. Auch diese wird von
den Ländern unterschiedlich gut und kompetent bewäl-
tigt.

Drittens. Der erkennbare Wirtschaftsaufschwung
wird allen öffentlichen Kassen nutzen: den kommunalen
genauso wie denen in Bund und Ländern. Deutschland
kommt gut aus der Krise, viel besser übrigens als die
meisten anderen EU-Staaten. Aber auch hier gilt: Die
Länder sind ihres eigenen Glückes Schmied. Die einen
nutzen den Aufwind zur strikten Konsolidierung, andere
Länder wie NRW haben nicht nur nicht verstanden, was
jetzt beim Thema Schuldenabbau zu tun ist. Nein, dort
wird noch kräftig draufgepackt. Diese Suppe muss die
Regierung NRW schon alleine auslöffeln. Es kann doch
niemand von uns verlangen, dass wir groben haushalte-
rischen Unfug von hier aus noch unterstützen.

Viertens. Das zurückliegende Finanz- und Wirt-
schaftskrisenmanagement des Bundes, zum Beispiel in
Form der Kurzarbeiterregelungen und der Qualifizie-
rungsprogramme, war eine Milliardeninvestition und
somit die größte Unterstützungsleistung, die wir den
Kommunen und Ländern angedeihen lassen konnten.
Wir haben Massenarbeitslosigkeit verhindert, wir haben
Jugendarbeitslosigkeit in der Krise reduziert, wir haben
Firmenpleiten abgewendet. Aber auch diese Startvo-

Armin Schuster (Weil am Rhein)



(A) (C)



(D)(B)

raussetzungen wurden in den Ländern leider sehr unter-
schiedlich genutzt.

Nehmen wir zu dieser Krisenbewältigungsleistung
jetzt auch noch die Segnungen des Länderfinanzaus-
gleichs für die Nehmerländer, dann ist Ihre Forderung,
meine sehr verehrten Damen und Herren von den Lin-
ken, grotesk. Selbst beim Verhandlungsergebnis um
Hartz IV haben wir auf die finanziellen Belange von
Ländern und Kommunen in besonderem Maße geachtet.

Gerne führe ich mit Ihnen als baden-württembergi-
scher Abgeordneter auch eine Debatte über Haushalts-
disziplin und den Willen einzelner Landesregierungen zu
großen Sparanstrengungen. Vielleicht können Sie dabei
etwas lernen. Wenn die Linke sich ernsthaft für die Be-
schäftigten der Länder einsetzen will, dann kann sie es
in den Ländern tun, wo sie politische Verantwortung
trägt. Wie alle im Bundestag vertretenen Parteien ist
auch die Linke zumindest in einigen Landesparlamenten
vertreten und in mehreren Ländern Teil einer Landesre-
gierung. Das wären die richtigen Orte, um die hier for-
mulierten politischen Ziele umzusetzen. So stellt die
Linke beispielsweise in Brandenburg den Finanzminis-
ter. Über diesen Weg könnten Sie Einfluss nehmen und
gleichzeitig den Landesparlamenten und der Öffentlich-
keit erklären, wie Sie Ihr Ansinnen – oder soll ich sagen:
Ihre sozialen Wunschkonzerte – zu finanzieren geden-
ken. Auch ich wünsche mir ausreichend Geld für drin-
gende Investitionen, für die finanzielle Anerkennung an
die Beschäftigten, für Bildung und Forschung. Dies
funktioniert aber nur, wenn alle Beteiligten ernsthafte
Anstrengungen unternehmen, um Einnahmen und Aus-
gaben ins Gleichgewicht zu bringen. Ansonsten gilt: Die
Tarifpartner werden angemessene Ergebnisse herbei-
führen. So haben sie es auch in der Vergangenheit gehal-
ten. Und so wie wir es in der Vergangenheit gehalten ha-
ben, so wird sich der Bundestag nicht in die
Verhandlungen einmischen. Wir halten an der Tarifauto-
nomie fest.

Dieser Antrag ist also juristisch wie politisch verfehlt
und indiskutabel. Man fragt sich abschließend, ob es ein
eklatanter Mangel an Kenntnissen in Haushalts-, Fi-
nanzpolitik und Tarifrecht ist oder lediglich politische
Schaustellerei. Der Antrag ist natürlich abzulehnen.


Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1709336000

Der vorliegende reichlich dürre, unvollständige und

dem Problem wirklich nicht angemessene Antrag der
Fraktion Die Linke führt uns wieder einmal eindrucks-
voll vor Augen, was der Unterschied zwischen „gut“
und „gut gemeint“ ist: Denn der Bund und damit auch
der Deutsche Bundestag sind weder für die Tarifver-
handlungen der Länder noch für die knapp 600 000 ta-
rifbeschäftigten Landesbeschäftigten zuständig. Die
finanzielle Lage vieler Länder erfordert mehr, als nur
mit den Personalkosten zu argumentieren.

Im Übrigen ist es schon mehr als enttäuschend, dass
der Antrag die Kommunen mit keinem Wort erwähnt.
Die Gemeinden und Kreise sind aber von der schädli-
chen Politik von Schwarz-Gelb genauso betroffen. Ne-
ben dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat allein
Zu Protokoll
die Absenkung der Unternehmensbesteuerung bei Funk-
tionsverlagerungen und Finanzierungsdienstleistungen
zu Mindereinnahmen von mindestens 650 Millionen
Euro geführt. Das kann man in diesem Zusammenhang
nicht oft genug erwähnen. Gemeindefinanzreformkom-
mission, Finanzkrise und Staatsverschuldung, Schulden-
bremse und Länderfinanzausgleich – nur diese wenigen
Stichwörter genügen, damit klar wird: Das Thema
Finanzverfassung ist und bleibt ein echtes Bohren dicker
Bretter. Der Antrag aber schafft nicht mehr, als auf die-
sem Brett oberflächtlich herumzukratzen.


Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1709336100

Die Fraktion Die Linke hat dem Bundestag einen An-

trag vorgelegt, der den Bund auffordert, sich über eine
Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Länder in
die Tarifverhandlungen einzumischen. Mit der Födera-
lismusreform wurde das öffentliche Dienstrecht in den
Kompetenzbereich der Bundesländer verlagert. Auch
für die Angestellten des öffentlichen Dienstes kam es zu
einer Trennung der Tarifverhandlungen zwischen Bund
und Kommunen auf der einen und den Bundesländern
auf der anderen Seite. Der Vorschlag der Fraktion Die
Linke ist daher aus meiner Sicht ein systemwidriger Ein-
griff.

Der Bund hat Anfang letzten Jahres die Tarifverhand-
lungen für die Angestellten des Bundes und der Kommu-
nen geführt. Der Weg zu einer Einigung zwischen Ar-
beitgebern und Arbeitnehmern war steinig und konnte
letztendlich nur über die Einschaltung von Schlichtern
erreicht werden. Am 4. Februar 2011 hat nun die Ein-
kommensrunde für die Bundesländer begonnen. Auch
hier zeichnet sich kein schnelles Übereinkommen ab. Zu
weit liegen die Forderungen der Gewerkschaften und
der Vertreter der Länder auseinander. Verdi oder der
Deutsche Beamtenbund dbb fordern insgesamt rund
5 Prozent mehr Lohn, aufgeteilt auf 50 Euro Sockelbe-
trag plus 3 Prozent lineare Erhöhung. Die Forderung
nach einer Beteiligung der Arbeitnehmer am Auf-
schwung ist verständlich. Die angespannte finanzielle
Situation der Länder muss jedoch in den Tarifverhand-
lungen ebenfalls berücksichtigt werden.

An dieser Stelle sei jedoch auf das Prinzip der Tarif-
autonomie verwiesen. In Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes
ist das Recht vereinbart, Tarifverträge frei von staatli-
chen Eingriffen zu schließen. Der Bund hat nicht das
Recht, sich in irgendeiner Form in die laufenden Ver-
handlungen zwischen den Ländern und den Arbeitneh-
merorganisationen einzuschalten. Beide Parteien müs-
sen über den Weg der Verhandlungen miteinander zu
einem fairen Tarifabschluss kommen.

Die Fraktion Die Linke erkennt die Unmöglichkeit
der Lohnforderungen aufgrund der finanziellen Situa-
tion der Länder an. Sie fordert daher ihre finanzielle
Unterstützung durch den Bund. Ein Blick auf die Situa-
tion des Bundes jedoch zeigt, dass auch dieser nicht die
finanziellen Kapazitäten hat. Die Neuverschuldung
konnte dank der günstigen Konjunkturlage Anfang die-
ses Jahres weiter reduziert werden. Der Bundesfinanz-
minister Dr. Wolfgang Schäuble strebt eine Aufnahme



gegebene Reden

Dr. Stefan Ruppert


(A) (C)



(D)(B)

von Neuschulden in Höhe von rund 40 Milliarden Euro
an. So positiv diese Entwicklung ist, so wichtig ist es je-
doch, weiterhin am Abbau von Schulden festzuhalten.
Die im Grundgesetz vorgeschriebene Schuldenbremse,
die eine Begrenzung der Nettokreditaufnahme auf maxi-
mal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ab 2016
vorsieht, kann nur durch intensive Sparbemühungen ein-
gehalten werden. Eine konjunkturelle Komponente ist
übrigens bei der Schuldenbremse bereits integriert. In
konjunkturell schlechteren Zeiten ist zwar eine höhere
Neuverschuldung erlaubt, in konjunkturell besseren und
guten Zeiten wird aber eine stärkere Rückführung der
Neuverschuldung durch verschärfte Sparanstrengungen
oder Mehreinnahmen verlangt.

Als möglichen Weg zu einer finanziellen Besserstel-
lung der Länder fordern die Antragsteller eine verän-
derte Aufteilung der Gemeinschaftssteuern. Lassen Sie
mich zunächst unterstreichen, dass der Bund mit der
Hartz-IV-Regelung die Kommunen deutlich entlastet
hat. Der Bund nimmt ihnen ab 2012 in drei Schritten die
Kosten für die Grundsicherung im Alter ab, bis sie ab
2014 vollständig beim Bund liegen soll. Damit hat die
schwarz-gelbe Bundesregierung bereits ein deutliches
Zeichen zur finanziellen Entlastung der Kommunen ge-
setzt.

Eine veränderte Verteilung der Gemeinschaftssteuern
hingegen ist nur möglich, wenn eine strukturelle Verän-
derung des Verhältnisses zwischen Ein- und Ausgaben
von Bund und Ländern stattfindet. Eine regelmäßig so-
wohl auf Länder- als auch auf Bundesebene stattfin-
dende Tarifrunde im öffentlichen Dienst erfüllt dieses
Kriterium nicht. Die Tarifverhandlungen sind nicht auf
die Beseitigung struktureller Lohndefizite, sondern im
Wesentlichen auf die Teilhabe am konjunkturellen Auf-
schwung gerichtet. Außerdem würde eine Veränderung
des Anteils an den Gemeinschaftssteuern das Ergebnis
der Verhandlungsrunde gewissermaßen vorwegnehmen:
Würden aufgrund der zu erwartenden Personalmehr-
ausgaben Veränderungen im Verteilungsschlüssel be-
schlossen, so entstünde daraus der politische Druck, die
„bereits finanzierten“ Forderungen der Gewerkschaft
entsprechend zu erfüllen. Dies widerspräche aber so-
wohl der Unabhängigkeit der Tarifpartner in den Ver-
handlungen als auch der Finanzhoheit der Länder und
ihrer föderalen Unabhängigkeit vom Bund. Den vorlie-
genden Antrag lehnen wir aus den genannten Gründen
ab.


Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1709336200

Der zarte Aufschwung nach der schwersten Wirt-

schaftskrise seit 80 Jahren kommt bei der Mehrheit der
Menschen nicht an. Die Bevölkerungsmehrheit hat für
die Krise gezahlt, aber die Beschäftigten haben nichts
vom Aufschwung. Auch die Bundesregierung weiß, dass
dies nicht lange gut gehen kann. Der Export wird die
deutsche Wirtschaft nicht auf Dauer tragen, weil in ganz
Europa Kürzungspakte gegen die Bevölkerungsmehrheit
anstehen. Wenn unsere Handelspartner aber sparen,
werden unsere Unternehmen nicht dauerhaft vom Aus-
landsgeschäft leben können. Selbst die Bundesregierung
streitet dies nicht länger ab. Der Wirtschaftsminister hat
Zu Protokoll
daher für deutliche Lohnerhöhungen plädiert. Zugleich
betonte er, Lohnerhöhungen lägen in der Verantwortung
der Tarifpartner. Die Bundesregierung weiß natürlich,
dass dies angesichts der Agenda 2010 und der Hartz-IV-
Gesetzgebung ein schlechter Witz ist. Denn diese Ge-
setze wurden ja zu dem Zweck gemacht, die Löhne zu
drücken. Denn wer Angst vor dem sozialen Abstieg hat,
der streikt nicht. Aber nehmen wir den Wirtschaftsminis-
ter dennoch beim Wort: Wenn höhere Löhne in der Ver-
antwortung der Tarifparteien liegen, dann ist bei der Ta-
rifrunde für den öffentlichen Dienst der Länder die
Politik gefragt. Denn die Politik sitzt nun am Verhand-
lungstisch als Arbeitgeber.

Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der
Länder sind ein wichtiges Signal für die Lohnforderun-
gen der Beschäftigten in der privaten Wirtschaft. Die
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert für die Tarif-
beschäftigten der Länder 50 Euro Sockelbetrag plus
3 Prozent lineare Erhöhung. Die Laufzeit des neuen Ta-
rifvertrages soll 14 Monate betragen, und das entspricht
einer Anhebung der Bezüge um 5 Prozent. Dies ent-
spricht laut Niedersachsens Finanzminister Hartmut
Möllring, CDU, einem Mehrbedarf der Bundesländer
von 4,5 Milliarden Euro jährlich. Die Bundesregierung
ist daher gefordert, gesetzliche Vorschläge für die dau-
erhafte Verbesserung der finanziellen Ausstattung der
Länder vorzulegen, zum Beispiel durch Veränderung der
Aufteilung der Gemeinschaftssteuern.

Die Länder müssen so in die Lage versetzt werden, ei-
nen erfolgreichen Tarifabschluss für die Angestellten im
öffentlichen Dienst der Länder zu gewährleisten. Das ist
gerecht: Feuerwehrleute, Polizisten, Lehrer und Richter
leisten unverzichtbare und harte Arbeit für unsere Ge-
sellschaft. Sie arbeiten am Anschlag und pfeifen auf dem
letzten Loch. Und es ist finanzierbar: Höhere Löhne sind
machbar, wenn die Bundesregierung ihre unsinnige
Steuerpolitik korrigiert. Durch die Änderungen der Steu-
ergesetze seit 1998 sind für die Länder jährlich Steuer-
einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe weggebro-
chen. Für das letzte Jahr beziffern Steuer- und Finanz-
experten die so entstandenen Mindereinnahmen auf
25 Milliarden Euro. Durch die Auswirkungen des soge-
nannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom De-
zember 2009 sind die Haushalte der Länder mit weiteren
2 Milliarden Euro belastet worden. Deutschland ist in
Europa Schlusslicht beim Anteil der Beschäftigten im öf-
fentlichen Dienst. Selbst in den USA liegt er höher. Nur
im kleinen Luxemburg sind es noch weniger öffentliche
Beschäftigte im Vergleich zu allen Beschäftigten. Aber:
In Luxemburg ist die Entlohnung besser.

Diese Entwicklung muss umgekehrt werden, und hier
liegt die Verantwortung der Bundesregierung. Wer den
Aufschwung durch höhere Löhne sichern und gute öf-
fentliche Dienste für die Bevölkerung will, muss die
Lohnforderungen von Verdi unterstützen. Dazu müssen
den Ländern die erforderlichen finanziellen Mittel be-
reitgestellt werden. Wer es ernst meint mit der Forde-
rung von Herrn Brüderle nach höheren Löhnen, der
sollte den Antrag meiner Fraktion unterstützen.



gegebene Reden






(A) (C)



(D)(B)



Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1709336300

Heute morgen meldete das Statistische Bundesamt

das staatliche Finanzierungsdefizit Deutschlands im
Jahr 2010: 82 Milliarden Euro. Aufgeteilt auf die staat-
lichen Ebenen betrugen die Defizite des Bundes
57,9 Milliarden Euro, der Länder 17,2 Milliarden Euro
und der Gemeinden 10 Milliarden Euro. Wenn man sol-
che Zahlen betrachtet, dann ist es ausgesprochen unver-
ständlich, wenn aus den Reihen der Koalition schon wie-
der Steuersenkungspläne für 2013 geäußert werden. Da
wird so lange mit dem Feuer gespielt, bis unser Gemein-
wesen vollständig abgebrannt ist. Schon jetzt beträgt die
staatliche Verschuldung fast 2 Billionen Euro.

Daher ist das Anliegen richtig, die finanzielle Aus-
stattung der Länder zu verbessern. Eine Veränderung
der Aufteilung der Gemeinschaftsteuern halte ich aber
nicht für den richtigen Weg. Wir haben für eine bessere
finanzielle Ausstattung aller staatlichen Ebenen in unse-
rem Haushaltskonzept einen Weg vorgelegt: Durch den

BA-Haushalts in gleicher Höhe gegenüber. Damit wird
die Handlungsfähigkeit dieser zentralen Sozialversiche-
rung infrage gestellt. Die Wirtschafts- und Finanzkrise
haben wir auf dem Arbeitsmarkt so gut überstanden,
weil die BA eine Rücklage in Höhe von deutlich über
10 Milliarden Euro hatte und so die Kurzarbeit erfolg-
reich finanziert werden konnte. Jetzt steckt in der BA
schon ein Milliardendefizit, das sich durch diese Ent-
scheidung im Vermittlungsausschuss heftig verschärft.
Die BA selbst rechnet bis 2015 mit einem Defizit von
knapp 10 Milliarden Euro – bei einem unterstellten, kon-
stant guten Konjunkturverlauf.

Wir müssen in der Haushalts- und Finanzpolitik drin-
gend umsteuern. Dies muss sich konkret in der Ausga-
ben- und Einnahmenstruktur auf allen Ebenen wider-
spiegeln. Wichtige Zukunftsaufgaben müssen finanziert
werden, gleichzeitig aber müssen die Gesamtausgaben
maßvoll bleiben. Das ist der Anspruch, den die Bürge-
rinnen und Bürger zu Recht an die Politik stellen. Steu-
Abbau von Subventionen und durch selektive Steuerer-
höhungen für diejenigen mit starken Schultern könnten
wir auch Länder und Kommunen entscheidend entlas-
ten.

Mit dem im Vermittlungsausschuss zu den Hartz-
Reformen ausgehandelten Kompromiss zur Übernahme
der Kosten für die Grundsicherung im Alter wird auf den
ersten Blick zumindest die Finanzsituation der Kommu-
nen verbessert. Ab 2015 sollen diese Kosten nach dem
vorliegenden Vorschlag ausschließlich vom Bund getra-
gen werden. Grundsätzlich ist es auch nicht verkehrt,
wenn der Bund die Kosten der Grundsicherung im Alter
von den Kommunen übernimmt. Aber der jetzt verein-
barte Kompromiss ist ein Geschäft zulasten Dritter,
nämlich zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer, aber auch zulasten der Unternehmen, die ja paritä-
tische Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bezahlen.

Derzeit wenden die Kommunen für die Grundsiche-
rung im Alter rund 3,5 Milliarden Euro auf – mit stark
steigender Tendenz. Der Bund beziffert die Entlastung
der Kommunen bis 2015 auf 12,24 Milliarden Euro
netto. Dieser Nettoentlastung steht eine Belastung des
ersenkungen sind darauf keine Antwort; sie würden die
bereits dramatische Lage der Staatsfinanzen weiter ver-
schärfen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1709336400

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/4841. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Antrag ist gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller anderen Frak-
tionen abgelehnt.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Schon wieder knapp!)


Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 25. Februar 2011,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.