Protokoll:
17088

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 88

  • date_rangeDatum: 28. Januar 2011

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:36 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/88 Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . a) Antrag der Abgeordneten Kathrin Senger- Schäfer, Dr. Martina Bunge, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kopfpauschale in der Pflege verhindern – Humane und solidarische Pflegeabsicherung gewährleisten (Drucksache 17/4425) . . . . . . . . . . . . . . . b) Große Anfrage der Abgeordneten Kathrin Senger-Schäfer, Dr. Martina Bunge, Inge Höger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Umsetzung des neuen Pflegebegriffs (gemäß dem Be- richt des Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs) (Drucksachen 17/2219, 17/3012) . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . 9881 D 9883 A 9887 A 9888 D 9890 C 9892 A 9893 B 9893 D 9894 C 9898 D 9899 A 9899 B Deutscher B Stenografisch 88. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Tagesordnungspunkt 18: – Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Betei- ligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an dem Einsatz der Internationa- len Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security As- sistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksachen 17/4402, 17/4561) . . . . . . . – Bericht des Haushaltsauschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/4562) . . . . . . . . . . . . . . . . N E T W te e p W E T 9881 A 9881 B Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 9895 D 9896 D undestag er Bericht ung 8. Januar 2011 t : amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ahl des Bundesbeauftragten für die Un- rlagen des Staatssicherheitsdienstes der hemaligen Deutschen Demokratischen Re- ublik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: 9897 C 9902 D 9897 D 9898 D 9905 A Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9900 C 9901 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Steffen-Claudio Lemme (SPD) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Drit- ter Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des Aktionsplans „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ (Drucksachen 17/2300, 17/2971 Nr. 1.2, 17/4272) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Lothar Binding (Heidelberg), Klaus Brandner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Deutschland braucht dringend eine kohärente Strategie für die zivile Krisenprävention (Drucksache 17/4532) . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Anette Kramme, Katja Mast, Ulla Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche (Drucksachen 17/3173, 17/3733) . . . . . . . . . . D K J J B P D T A H n G r E (D K U C S J N A L A E A z z S S ta IS d R d (T 9905 B 9906 B 9908 D 9910 C 9911 B 9912 C 9913 C 9915 A 9916 C 9917 B 9918 B 9918 B 9918 C 9919 D 9921 B 9921 D 9923 B 9924 A 9924 B 9925 C 9925 D 9926 D r. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . atja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . utta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . eate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ntrag der Abgeordneten Katja Dörner, Ingrid önlinger, Monika Lazar, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Gemeinsames elterliches Sorge- echt für nicht miteinander verheiratete ltern rucksache 17/3219) . . . . . . . . . . . . . . . . . . atja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . tephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärungen nach § 31 GO zur namentlichen bstimmung über die Beschlussempfehlung u dem Antrag der Bundesregierung: Fortset- ung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an dem Einsatz der Internationalen icherheitsunterstützungstruppe in Afghanis- n (International Security Assistance Force, AF) unter Führung der NATO auf Grundlage er Resolutionen 1386 (2001) und folgender esolutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) es Sicherheitsrates der Vereinten Nationen agesordnungspunkt 18) 9927 A 9928 B 9929 A 9930 C 9931 B 9932 B 9932 C 9933 B 9934 B 9935 A 9935 C 9935 D 9936 C 9938 D 0000 A9939 D 9941 A 9942 B 9943 C 9945 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 III Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ute Kumpf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aydan Özoğuz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ute Koczy, Ingrid Nestle und Katja Dörner (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolu- tion 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Tagesordnungspunkt 18) . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Winfried Hermann, Uwe Kekeritz, Memet Kilic, Monika Lazar, Dr. Hermann Ott und Lisa Paus (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an dem Einsatz der Internationalen Si- cherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Re- solutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Ta- gesordnungspunkt 18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . A E O F M B c lu s S S ta IS d R d (T A E A C S K S B c lu s S S ta IS d R d (T A E C L M E P U h D O K S M D P K M (E S z 9945 D 9946 B 9946 D 9947 A 9947 C 9948 A 9949 A 9949 C 9950 B 9951 A 9951 C 9951 D 9952 B 9953 A nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten mid Nouripour, Cornelia Behm, Hans-Josef ell, Priska Hinz (Herborn), Tom Koenigs, anuel Sarrazin und Daniela Wagner (alle ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- hen Abstimmung über die Beschlussempfeh- ng zu dem Antrag der Bundesregierung: Fort- etzung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an dem Einsatz der Internationalen icherheitsunterstützungstruppe in Afghanis- n (International Security Assistance Force, AF) unter Führung der NATO auf Grundlage er Resolutionen 1386 (2001) und folgender esolutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) es Sicherheitsrates der Vereinten Nationen agesordnungspunkt 18) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten gnes Malczak, Dr. Anton Hofreiter, Sven- hristian Kindler, Maria Anna Klein-Schmeink, ylvia Kotting-Uhl, Agnes Krumwiede, Stephan ühn, Beate Müller-Gemmeke, Dr. Wolfgang trengmann-Kuhn und Dorothea Steiner (alle ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- hen Abstimmung über die Beschlussempfeh- ng zu dem Antrag der Bundesregierung: Fort- etzung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an dem Einsatz der Internationalen icherheitsunterstützungstruppe in Afghanis- n (International Security Assistance Force, AF) unter Führung der NATO auf Grundlage er Resolutionen 1386 (2001) und folgender esolutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) es Sicherheitsrates der Vereinten Nationen agesordnungspunkt 18) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten hristoph Strässer, Dirk Becker, Uwe Beckmeyer, othar Binding (Heidelberg), Gerd Bollmann, artin Burkert, Elvira Drobinski-Weiß, Sebastian dathy, Siegmund Ehrmann, Dagmar Freitag, eter Friedrich, Michael Gerdes, Günter Gloser, lrike Gottschalck, Angelika Graf (Rosen- eim), Klaus Hagemann, Dr. Barbara Hendricks, r. Eva Högl, Christel Humme, Josip Juratovic, liver Kaczmarek, Ulrich Kelber, Dr. Bärbel ofler, Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf, teffen-Claudio Lemme, Caren Marks, Katja ast, Petra Merkel (Berlin), Ullrich Meßmer, r. Matthias Miersch, Heinz Paula, Florian ronold, Dr. Sascha Raabe, Dr. Carola Reimann, arin Roth (Esslingen), Bernd Scheelen, arianne Schieder (Schwandorf), Silvia Schmidt isleben), Stefan Schwartze, Rita Schwarzelühr- utter, Ute Vogt und Dagmar Ziegler (alle SPD) ur namentlichen Abstimmung über die Be- 9954 B 9955 B IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 schlussempfehlung zu dem Antrag der Bundes- regierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaff- neter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolu- tion 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Tagesordnungspunkt 18) . . . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolu- tion 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Tagesordnungspunkt 18) . . Anlage 9 Verzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl des Bundesbe- auftragten für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen De- mokratischen Republik teilgenommen haben (Tagesordnungspunkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Amtliche Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9957 B 9958 C 9959 A 9961 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9881 (A) ) )(B) 88. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9945 (A) ) )(B) haben müssen, sondern auch die vielen zivilen Opfer, dieRemmers, Ingrid DIE LINKE 28.01.2011 schen, die um Schutz nachsuchen, diesen nicht verwei- gern dürfen. Ich stimme zu, weil wir nicht nur die zivilen Opfer des militärischen Einsatzes in Afghanistan vor Augen Nord, Thomas DIE LINKE 28.01.2011 Piltz, Gisela FDP 28.01.2011 Anlage 1 Liste der entschuldigte * A G s E e m n m u Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 28.01.2011 Bartol, Sören SPD 28.01.2011 Brüderle, Rainer FDP 28.01.2011 Bülow, Marco SPD 28.01.2011 Burchardt, Ulla SPD 28.01.2011 Connemann, Gitta CDU/CSU 28.01.2011 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 28.01.2011* Friedhoff, Paul K. FDP 28.01.2011 Fritz, Erich G. CDU/CSU 28.01.2011* Gleicke, Iris SPD 28.01.2011 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.01.2011 Hintze, Peter CDU/CSU 28.01.2011 Höger, Inge DIE LINKE 28.01.2011 Klöckner, Julia CDU/CSU 28.01.2011 Dr. h.c. Koppelin, Jürgen FDP 28.01.2011 Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 28.01.2011 Lindemann, Lars FDP 28.01.2011 Link (Heilbronn), Michael FDP 28.01.2011 Dr. Linnemann, Carsten CDU/CSU 28.01.2011 Möhring, Cornelia DIE LINKE 28.01.2011 Nink, Manfred SPD 28.01.2011 S S S S S T W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung zu dem Antrag der Bundes- regierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaff- neter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Re- solution 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 18) Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Ich stimme der Verlängerung des ISAF-Ein- atzes zu, weil die völkerrechtliche Grundlage dieses insatzes durch Resolutionen des UN-Sicherheitsrates indeutig ist, ich fest an die Verpflichtung der Staatenge- einschaft glaube, auch jenseits von allzu eng gefassten ationalen Interessen Verantwortung übernehmen zu üssen, ich spätestens seit dem Völkermord in Bosnien nd Herzegowina verstanden habe, dass wir den Men- chaaf, Anton SPD 28.01.2011 chäfer (Bochum), Axel SPD 28.01.2011 cholz, Olaf SPD 28.01.2011 chwanitz, Rolf SPD 28.01.2011 torjohann, Gero CDU/CSU 28.01.2011 ressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.01.2011 erner, Katrin DIE LINKE 28.01.2011* immermann, Sabine DIE LINKE 28.01.2011 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 9946 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) ) )(B) es unter der Herrschaft der Taliban gegeben hat: Ich denke an all die Frauen, die ohne jeglichen ärztlichen Beistand Kinder gebären mussten, weil die Taliban das Gesundheitswesen durch das Arbeitsverbot für Frauen zerschlagen hatten, an die hohe Kindersterblichkeit und an die drakonischen Strafen, denen ungezählte Männer und Frauen zum Opfer fielen. Ich stimme zu, weil mich Menschenrechtsaktivistin- nen und -aktivisten und Frauen aus der afghanischen Ge- sellschaft eindringlich gebeten haben, mich für den Ver- bleib der internationalen Truppen einzusetzen, weil zahlreiche Fachleute aus der Region, wie der pakistani- sche Journalist und Taliban-Experte Ahmed Rashid oder der afghanische Journalist Sanjar Sohail, eindringlich vor einem Abzug der internationalen Truppen warnen, weil ein sofortiger militärischer Abzug die erreichten Er- folge zunichtemachen, die Rückkehr der Taliban und ih- rer Schreckensherrschaft ermöglichen, die Menschen in Afghanistan in einem neu eskalierenden Bürgerkrieg al- leine zurücklassen und die gesamte Region destabilisie- ren würde. Insofern stimme ich meinem Kollegen Frithjof Schmidt zu, der in der Plenardebatte am 21. Januar 2011 sagte: „Nun zur politischen Frage, ob die Bundeswehr ein weiteres Jahr in Afghanistan bleiben soll. Unsere Antwort ist klar: Ja, das soll sie. Ein Sofortabzug der in- ternationalen Truppen ist und bleibt unverantwortlich. Das wäre ein Treibsatz für einen offenen Bürgerkrieg in Afghanistan.“ Daraus ziehe ich die Konsequenz, dem ISAF-Einsatz für ein weiteres Jahr zuzustimmen. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan lehne ich ab. Ich stimme gegen eine Verlängerung des Mandats der Bundeswehr am Hindukusch. Die Beschlussfassung über den Auslandseinsatz von Soldaten ist für mich eine Gewissensentscheidung, weil über Tod und Leben von Menschen entschieden wird. Mit meinem christlichen Glauben und Menschenbild kann ich diesen kriegerischen Einsatz nicht vereinbaren. Die Zehn Gebote und damit auch das fünfte gehören für mich zu den verbindlichen Kernaussagen des Christen- tums. Doch nicht allein christlich-moralische Beweggründe bestimmen mein Handeln, sondern auch politische, his- torische wie verfassungsrechtliche. Unser Grundgesetz definiert die Bundeswehr als Verteidigungsarmee. Der Auslandseinsatz in Afghanistan deckt diese Auffassung nicht ab. Mein Abstimmungsverhalten begründet sich beson- ders auch aus der tragischen jüngsten Geschichte unseres Landes. Deutschland war durch das NS-Regime Auslö- ser für den Zweiten Weltkrieg und gleichfalls mitverant- wortlich am Ersten Weltkrieg. Ein Land mit solcher mo- ralischer Last hat auf politische Lösungen bei Konflikten zu setzen. Von Bundeskanzler Konrad Adenauer über Willy Brandt bis zu Helmut Kohl galt diese Leitlinie für die deutsche Politik. Deutschland fand damit als Frie- densstaat weltweit Achtung und Anerkennung. Mit dem e A 1 K h d d g w fa n m d ü m ta L d n A n jä d la d ri D te s s 2 a A V g S ic ü v s is p d ra g R li V z a s (C (D rsten Entsendebeschluss für deutsche Truppen nach fghanistan durch die rot-grüne Bundesregierung am 6. November 2001 kam es zu einem Auffassungs- wie urswechsel. Die Mehrheit des Deutschen Bundestages at für den Auslandseinsatz gestimmt. Ich habe gegen en Antrag gestimmt, genau wie meine Fraktion. Seit em bin ich bei meinem Nein zu dem Auslandseinsatz eblieben; das gilt unverändert bis heute. Es gibt keinen gerechten Krieg! Für falsch und frag- ürdig halte ich den Einsatz auch aus historischen Er- hrungen. Ein Krieg ist in Afghanistan nicht zu gewin- en. Diese Erfahrungen haben die Briten ebenso machen üssen wie Russland. Fast zehn Jahre haben die Russen en Krieg geführt; 15 000 russische Soldaten starben, ber 1 Million Afghanen wurde getötet. Nach Angaben der UN-Agentur für Drogen und Kri- inalität, UNODOC, sind durch Drogen aus Afghanis- n mit 30 000 Menschen doppelt so viele Russen ums eben gekommen wie durch den Krieg. Fast 90 Prozent es weltweit gehandelten Opiums stammen aus Afgha- istan, es ist das größte Anbaugebiet auf der Erde. Die nbaufläche ist in den vergangenen Jahren größer und icht kleiner geworden, allein in Westeuropa sterben hrlich 10 000 Menschen an einer Überdosis Drogen, eren Quelle Afghanistan ist. Schließlich gerät immer mehr der Anlass für den Aus- ndseinsatz in Zweifel, weil Experten davon ausgehen, ass al-Qaida seit 2002 nicht mehr aus diesem Land ope- ert, sondern sich in anderen Ländern eingenistet hat. iese Ausgangslage führt auch mit dazu, dass die Solda- n aus der NATO und aus anderen Staaten eher als Be- atzer denn als Befreier empfunden werden, so das Re- ultat aus Umfragen in diesem geschundenen Land. Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Am 26. Februar 010 habe ich der weiteren Beteiligung der Bundeswehr n der International Security Assistance Force, ISAF, in fghanistan zugestimmt, weil ein schneller Rückzug ein akuum hinterlassen hätte, das nicht zu verantworten ewesen wäre. Das trifft leider auch heute noch zu. Ich habe großen Respekt vor der Leistung unserer oldaten, Polizisten und Aufbauhelfer. Trotzdem stehe h dem Einsatz in Afghanistan weiterhin kritisch gegen- ber. Seit gut einem Jahr wird nun eine neue Strategie erfolgt. Es ist letztlich zu früh, die Auswirkungen die- er Strategie zu bewerten. Neben einigen Rückschritten t aber nicht zu übersehen, dass es erste Ansätze einer ositiven Entwicklung gibt: Die zivile Komponente wurde erheblich gestärkt und ie Ausbildung afghanischer Soldaten und Polizisten vo- ngetrieben. Die Sicherheitslage beginnt, sich in eini- en Bereichen leicht zu stabilisieren. Die Zahl der im ahmen von Operationen der Alliierten getöteten Zivi- sten ist immer noch viel zu hoch – aber gegenüber dem orjahr signifikant zurückgegangen. Insgesamt gibt es war mehr Zwischenfälle als in den Vorjahren, was aber uch angekündigt war und auf die gestiegene Truppen- tärke und Operationsdichte zurückzuführen ist. Im Hin- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9947 (A) ) )(B) blick auf die politische Entwicklung sind erste, leider nur kleine Fortschritte erkennbar. Auch wenn die Lage weit davon entfernt ist, gut zu sein, geben diese Entwicklungen Anlass zu der Aussicht, dass mit der Reduzierung unserer Präsenz in Afghanis- tan in absehbarer Zeit begonnen werden kann. Daher stimme ich heute für eine Verlängerung des Mandats – allerdings in der Erwartung und mit dem An- spruch, dass im nächsten Jahr die Erfolge der neuen Strategie deutlicher sichtbar werden. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich kann dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat nicht zustimmen, – weil die Bundeswehr seit einem Jahr nicht mehr nur zur Sicherung des Aufbaus, Stabilisierungseinsatz, sondern zur offensiven Aufstandsbekämpfung, Coun- ter Insurgency, im Rahmen des Partnerings eingesetzt wird. Sie kämpft damit seit 2010 aktiv aufseiten einer Bürgerkriegspartei; – weil ich überzeugt bin, dass die Fortführung der Auf- standsbekämpfung durch Partnering die Sicherheits- lage nicht verbessern, sondern weiter verschlechtern wird; – weil es sich bei diesem Mandat nur um den militäri- schen Teil des Einsatzes handelt und ich ein umfas- sendes Mandat einschließlich der zivilen Aufbaustra- tegie für erforderlich halte; – weil die Bundesregierung bis heute keine unabhän- gige Evaluierung und Wirksamkeitsanalyse des Ein- satzes seit 2001 vorgenommen hat; – weil das Mandat immer noch keinen klaren Abzugs- plan für die nächsten drei Jahre enthält. Die Formulie- rung ist so schwammig, dass sie eine Fortsetzung so lange zulässt, wie es die Bundesregierung für erfor- derlich hält. Wer nicht einmal in der Lage ist, einen Plan aufzustellen, wird das anvisierte Ziel ohnehin nicht erreichen; – weil aus unerfindlichen Gründen immer noch die Tor- nados im Mandat enthalten sind; – weil ich die parlamentarische Kontrolle der zahlrei- chen eingesetzten Spezialkräfte für unzureichend halte und aufgrund schlechter Erfahrungen kein Vertrauen mehr in die Informationspolitik des Verteidigungsmi- nisteriums habe. Ich stimme dennoch nicht mit Nein, – weil ich den Menschen, die sich in Afghanistan in den letzten Jahren für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben signalisieren will, dass wir uns der Verantwortung bewusst sind, die wir nun nach neun Jahren Einsatz mag er noch so fehlerhaft gewesen sein für sie zu tragen haben. Viele von ihnen, beson- ders die Frauen, sind Risiken eingegangen, weil wir ihnen Hoffnungen gemacht haben. Ein Nein zum Mandat könnte im internationalen Kontext als Entzug – – M ta d s d W u k ti 1 a n A U W A A b b s s s d w A te D g w W fe d d E u (C (D der Unterstützung auch für deren Engagement miss- verstanden werden; weil ich glaube, dass ein sofortiger Abzug aller Trup- pen zum jetzigen Zeitpunkt das Land mit einem Bür- gerkrieg zurücklassen würde, der die Menschen mehr gefährden würde als ein schrittweiser Abzug. Dabei scheint mir eine Perspektive von drei Jahren durchaus realistisch, wenn sie denn ernsthaft umgesetzt würde; weil ich es nach wie vor nicht für unmöglich halte, den deutschen Soldatinnen und Soldaten einen sinn- vollen und realistischen Auftrag zum Schutze der Zi- vilbevölkerung zu erteilen. Dies setzt allerdings den politischen Willen voraus, sich von einigen Vorge- hensweisen des Bündnispartners deutlich zu distan- zieren, die offensive Aufstandsbekämpfung, das heißt das Partnering, zu beenden und sich wieder auf die Si- cherung des Aufbaus und die Vorbereitung des schrittweisen Abzugs zu konzentrieren. Aus all diesen Gründen werde ich mich zum ISAF- andat noch einmal enthalten. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Erstens. Der Afghanis- n-Krieg ist nicht zu gewinnen. Alle bisherigen auslän- ischen Militärinterventionen sind am Hindukusch ge- cheitert, angefangen bei Alexander dem Großen über as Britische Empire bis zur Sowjetunion. Auch für den esten verschlechtert sich die Lage von Jahr zu Jahr, nd ein angekündigter Rückzugsbeginn ab 2011 erhöht aum die eigene Durchsetzungsfähigkeit. Zweitens. Der Afghanistan-Krieg hat seine Legitima- on verloren. Die war nach den Terroranschlägen vom 1. September 2001 auf New York sicherlich gegeben; ber seit 2002 operiert al-Qaida kaum noch von Afgha- istan aus. Um zu verhindern, dass Afghanistan wieder usgangsbasis von Terroristen wird, ist ein Krieg dieses mfangs nicht erforderlich, abgesehen davon, dass der esten konsequenterweise dann auch gegen andere usgangsbasen vorgehen müsste. Das weitere Ziel, in fghanistan einen demokratischen Rechtsstaat aufzu- auen, wurde mittlerweile aufgegeben und war ohnehin ereits durch die Zustände in Afghanistan – Wahlfäl- chungen usw. – ad absurdum geführt. So bedauerlich es ein mag, aber wir werden uns als rückschrittlich er- cheinende, jahrhundertealte Traditionen eines völlig an- eren Kulturkreises nicht durch Bomben verändern. Drittens. Der Afghanistan-Krieg zerstört die Glaub- ürdigkeit der Werte des Westens. Seit 2001 wurde in fghanistan die vielfache Anzahl unschuldiger Zivilis- n getötet wie bei den New Yorker Terroranschlägen. ie Verhältnismäßigkeit ist völlig verloren gegangen. Ir- endwelche Angaben zur Anzahl der getöteten Zivilisten erden von der Bundesregierung nicht gegeben. Wer oche für Woche vor den Augen der gesamten Weltöf- ntlichkeit die Tötung von Zivilisten als Kollateralscha- en billigend in Kauf nimmt, züchtet als Reaktion stän- ig neue Terroristen. Betonen möchte ich, dass trotz meiner Bedenken der insatz der in Afghanistan dienenden Soldaten Respekt nd Anerkennung verdient. 45 Soldaten haben diesen 9948 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) ) )(B) Einsatz bisher mit ihrem Leben bezahlt. Der Deutsche Bundestag als verantwortlicher Entsender ist daher im- mer wieder gefordert, eine verantwortungsbewusste Ent- scheidung zu treffen. Ute Kumpf (SPD): Nach einem gründlichen und sehr verantwortungsbewussten Diskussionsprozess hat die SPD im Hinblick auf den Afghanistan-Einsatz einen Strategiewechsel gefordert, dessen wesentliche Ele- mente Teil des Mandatsbeschlusses des Deutschen Bun- destages vom 26. Februar 2010 wurden. Kernforderungen der SPD waren; – die Mittel für den zivilen Aufbau zu verdoppeln und die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans voran- zutreiben, – mehr Nachdruck auf eine gute Regierungsführung und den weiteren Aufbau staatlicher Strukturen zu le- gen, – die Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei deutlich zu verstärken, – eine unabhängige Evaluierung des Afghanistan-Ein- satzes anhand von messbaren und qualitativen Fort- schrittskriterien einzufordern, – den Prozess der innerafghanischen Versöhnung zu un- terstützen und voranzutreiben, – die afghanischen Anrainerstaaten wie Pakistan, Iran, die zentralasiatischen Nachbarn, aber auch China und die Türkei stärker in eine politische Lösung der afghanischen Konflikte einzubinden, – der schrittweise Abzug des deutschen ISAF-Kontin- gents, beginnend 2011 und eine Beendigung des mi- litärischen Engagements zwischen 2013 und 2015. Parallel dazu eine schrittweise Übergabe der Sicher- heitsverantwortung an die afghanischen Streitkräfte. Vor dem Hintergrund der vorgenannten Forderungen ist festzustellen, dass im Jahr 2010 nahezu eine Verdopp- lung der deutschen Mittel für den zivilen Aufbau Afgha- nistans auf 430 Millionen Euro stattgefunden hat. Es sind auch erhebliche quantitative Fortschritte bei der Ausbildung von afghanischen Soldaten und Polizisten erfolgt. Allerdings entspricht die Qualität der Ausbil- dung durch kurze, nur wenige Wochen dauernde Ausbil- dungskurse mit einem hohen Anteil von Analphabeten nicht immer den Erfordernissen. Durch die Berufung des 70-köpfigen „Hohen Frie- densrates“ unter Vorsitz des früheren Staatspräsidenten Burhanuddin Rabbani durch Präsident Hamid Karzai und die Bildung eines Reintegrationsfonds in den bisher etwa 160 Millionen US-Dollar eingezahlt wurden (da- runter ein deutscher Anteil von 50 Millionen Euro über fünf Jahre) sind erste Schritte im Hinblick auf einen innerafghanischen Versöhnungsprozess unternommen worden. Ob dieser Prozess zu den gewünschten Erfolgen führt, ist gegenwärtig noch nicht abschließend zu beur- teilen. R n d li s d F n b s a e 2 b J n d g e n n h 2 h z re w d m Ü rü s a ru in w ti g 3 m B v ri ru N K g te h a u (C (D Kaum Fortschritte sind allerdings im Bereich guter egierungsführung festzustellen. So sind weder nen- enswerte Fortschritte im Einsatz gegen Korruption und en Drogenanbau, noch beim Aufbau der Rechtsstaat- chkeit und flächendeckend tragfähiger Verwaltungs- trukturen zu verzeichnen. Auch ist die Einbeziehung er afghanischen Nachbarländer in einen notwendigen riedensprozess nicht gelungen, bzw. sind bislang keine achhaltigen Initiativen der Bundesregierung feststell- ar, diesen Prozess zu befördern. Wir erwarten hier ein tärkeres Engagement der Bundesregierung. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass nur eine un- bhängige wissenschaftliche Evaluation des Afghanistan- insatzes die erforderliche Wirkungsanalyse des Anfang 010 eingeleiteten Strategiewechsels vornehmen kann und edauern, dass die Koalitionsfraktionen im vergangenen ahr einen gemeinsamen Antrag von SPD und Bünd- is 90/Die Grünen (Bundestagsdrucksache 17/1964) azu abgelehnt haben. Der von der Bundesregierung im Dezember 2010 vor- elegte Fortschrittsbericht Afghanistan beleuchtet neben inigen Erfolgen zwar auch Fehlentwicklungen in Afgha- istan, leistet aber keine qualitative Analyse der vor ei- em Jahr eingeleiteten Maßnahmen. Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten aben bei ihrem Gipfeltreffen in Lissabon am 19. und 0. November eine schrittweise Übergabe der Sicher- eitsverantwortung an die afghanischen Behörden bis um Jahr 2014 beschlossen. Mit diesem Prozess soll be- its in den kommenden Wochen und Monaten begonnen erden. Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht gera- ezu folgerichtig, auch im Laufe dieses Jahres bereits it dem Rückzug der Bundeswehr zu beginnen. Eine bergabe der Sicherheitsverantwortung ohne einen Teil- ckzug der internationalen Kräfte wäre ein Etiketten- chwindel. Ein Verschieben des Abzugsbeginns würde uch den notwendigen Druck auf die afghanische Regie- ng lockern, schrittweise die Sicherheitsverantwortung Afghanistan zu übernehmen und damit einen verant- ortungsbewussten Abzug insgesamt infrage stellen. Die USA werden nach allen vorliegenden Informa- onen bereits im Juli mit dem Rückzug ihres im vergan- enen Jahr vorgenommen Aufwuchses in Höhe von 0 000 Soldaten beginnen. Dieser Prozess wird sich über ehrere Monate hinziehen. Insofern ist die von der SPD erhobene Forderung, den eginn des Rückzugs der Bundeswehr im Jahr 2011 im orliegenden Mandat schriftlich zu fixieren, nur folge- chtig gewesen. Die Bundesregierung ist dieser Forde- ng nachgekommen, wenn auch nur konditioniert. och weniger Verständnis als für die vorgenommene onditionierung haben wir für Aussagen einzelner Mit- lieder der Bundesregierung, namentlich des Bundesver- idigungsministers, der öffentlich den Eindruck erweckt at, ihm sei die Festlegung auf eine Jahreszahl in Bezug uf einen Rückzugsbeginn gleichgültig. Daraus spricht nseres Erachtens eine Missachtung des Parlaments, und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9949 (A) ) )(B) wir hätten an dieser Stelle eine angemessene Klarstel- lung durch die Bundeskanzlerin erwartet. Trotz dieser Begleitumstände stimmen wir dem vor- liegenden Mandat zu, um den auch von uns initiierten Strategiewechsel eine Chance zu geben. Wir erklären aber schon jetzt, dass wir eine erneute Zustimmung zu einer weiteren Mandatsverlängerung, die voraussichtlich im kommenden Jahr dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt wird, an die Einhaltung der Zusage der Bun- desregierung knüpfen „im Zuge der Übergabe der Si- cherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 (zu) reduzieren … und dabei jeden sicher- heitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühest- mögliche Reduzierung (zu) nutzen …“ (Antrag der Bun- desregierung, Bundestagsdrucksache 17/4402. Aydan Özoğuz (SPD): Ich möchte eingangs beto- nen, dass ich große Zweifel am nachhaltigen Erfolg des gesamten ISAF-Einsatzes in Afghanistan habe. Auch im zehnten Jahr der ISAF-Mission leidet das Land unter bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Nicht erst im Jahr 2011 ist klar, dass die Befriedung Afghanistans nicht mit militärischen Mitteln zu erreichen ist. Dementgegen un- terstütze ich ausdrücklich die Bemühungen der interna- tionalen Gemeinschaft zum zivilen Wiederaufbau des Landes. Ich war 2001 noch keine Bundestagsabgeordnete und hätte dem Einsatz nicht zugestimmt. Nun gilt es, mit der Situation, wie sie sich heute darstellt, besonnen umzuge- hen. Es ist für mich ein schwerer Schritt, zu entscheiden, ob ich mit meiner Stimme bis zu 5 350 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr für weitere 12 Monate in die für Körper und Psyche höchst belastende und gefähr- liche Situation in Afghanistan entsende. Es wird auch weiterhin nicht auszuschließen sein, dass neben Soldaten – der ISAF, wie auch der afghanischen Armee – weiter- hin viele unschuldige Zivilisten bei den Einsätzen ster- ben werden. Wir in der SPD-Bundestagsfraktion haben kritisch das Für und Wider der Mandatsverlängerung diskutiert. Aus dieser Diskussion haben wir der Bundesregierung unsere Vorschläge unterbreitet: Beibehaltung des 2010 verdoppelten Betrages für den zivilen Wiederaufbau von jährlich 430 Millionen Euro, Schwerpunktsetzung auf die Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften, mehr Nachdruck auf eine bessere Regierungsführung in Afghanistan und gegen die Korruption sowie die schritt- weise Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Institutionen – Provinz für Provinz. Gerade der letztge- nannte Punkt begründet für uns die Forderung, den Ab- zug des deutschen ISAF-Kontingents, beginnend 2011, einzuleiten und die Beendigung des militärischen Enga- gements im Zeitkorridor zwischen 2013 und 2015 zu vollziehen. Die Verbündeten Kanada und die Nieder- lande haben ihren Abzug jeweils terminiert. Diesen Forderungen ist die Bundesregierung in ihrem Antrag weitgehend nachgekommen. Allerdings bin ich sehr unzufrieden darüber, dass die Bundesregierung bei der Abzugsperspektive 2011 eine Konditionierung vor- genommen hat: „Die Bundesregierung ist zuversichtlich, … z tr ru B s v ta o c w is z w E w v u K B h v g v w in V n 2 d ie E m V te b m M K d ra u a A ri m P D „ in In a b d (C (D die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren u können und wird dabei jeden sicherheitspolitisch ver- etbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzie- ng nutzen, soweit die Lage dies erlaubt“ – Seite 6 in undestagsdrucksache 17/4402. Es ist vollkommen klar, dass bei einer erneuten Zu- timmung zu einer weiteren Mandatsverlängerung, die oraussichtlich im kommenden Jahr 2012 dem Bundes- g zur Abstimmung vorgelegt wird, genau zu prüfen ist, b die Bundesregierung ihrer Zusage, im Rahmen des si- herheitspolitisch Vertretbaren den Abzug der Bundes- ehr noch in diesem Jahr einzuleiten, nachgekommen t und sich auch weiterhin die zögerlichen Erfolge beim ivilen Aufbau dokumentieren lassen. Bei aller Kritik am Afghanistan-Einsatz ist mir be- usst, dass wir Bundestagsabgeordnete das deutsche ngagement nicht Hals über Kopf beenden können – das äre unverantwortlich: gegenüber der afghanischen Be- ölkerung und gegenüber den deutschen Soldatinnen nd Soldaten vor Ort. Weil das neue Mandat keine neuen ampftruppen vorsieht und weil der Schwerpunkt der undeswehr auf der Ausbildung afghanischer Sicher- eitskräfte liegt, werde ich ein zweites Mal der Mandats- erlängerung zustimmen. Ich erwarte vom Verteidi- ungsminister, hier offen und klar die Abzugsperspektive or einem weiteren Mandat sehr deutlich zu terminieren. Mechthild Rawert (SPD): Ich habe dem seit mittler- eile neun Jahren andauernden Einsatz der Bundeswehr Afghanistan auf der Grundlage von Beschlüssen des N-Sicherheitsrates im Rahmen internationaler Missio- en in Afghanistan bislang jedes Mal zugestimmt, am 6. Februar 2010 ausdrücklich auch in Anerkennung des urch Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten initi- rten und auf der Londoner Afghanistan-Konferenz nde Januar 2010 durch die internationale Staatenge- einschaft beschlossenen Neuansatzes „Übergabe in erantwortung“. Auf der Basis dieses nunmehr international anerkann- n Strategiewechsels werden die Hilfen zum Wiederauf- au und zum zivilen Engagement verdoppelt, Maßnah- en zur Bekämpfung der Ausbildung von Polizei und ilitär ebenso wie Maßnahmen zur Bekämpfung der orruption, des Ausbaus des Gesundheitswesens sowie er Rechtsstaatlichkeit gestärkt. Damit werden die Vo- ussetzungen für einen Abzug der Bundeswehr in 2011 nd eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die fghanische Regierung 2014 geschaffen. Die vielfältigen Konflikte in Afghanistan und in den nrainerstaaten können nur politisch und nicht militä- sch gelöst werden. Militärische Interventionen und da- it auch die Anwesenheit der Bundeswehr müssen dem rimat der Politik unterstehen und keinesfalls umgekehrt. arauf verweist der von der Bundesregierung vorgelegte Fortschrittsbericht Afghanistan“, darauf verweisen aber sbesondere auch die von der SPD-Bundestagsfraktion Ihrem Entschließungsantrag erhobenen Forderungen n die CDU/CSU/FDP-geführte Bundesregierung zum eschlossenen Strategiewechsel und dem damit verbun- enen Zeitplan. Diesem Antrag stimme ich zu. 9950 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) ) )(B) Am 28. Januar 2011 entscheide ich mich bei meiner Stimmabgabe für „Enthaltung“. Ich will mich nicht gegen die Mehrheit meiner Fraktion stellen, die dem Antrag der Bundesregierung zustimmen wird. Zugleich kann ich aber auch dem Antrag der Bundesregierung so nicht zu- stimmen. Der den Abgeordneten des Deutschen Bundestages vorgelegte Mandatstext lässt daran zweifeln, dass die Bundesregierung es mit der Durchsetzung des beschlos- senen Strategiewechsels wirklich ernst meint. Es gibt keine eindeutige Festlegung darauf, mit dem Abzug in 2011 zu beginnen. Vielmehr ist sie „zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können“ und wird dabei jeden sicherheitspolitisch ver- tretbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzie- rung nutzen, soweit dies die Lage erlaubt und ohne da- durch unsere Truppen oder die Nachhaltigkeit der Übergabeprozesse zu gefährden. Die Bundesregierung verfolgt hinsichtlich des Aus- landseinsatzes in Afghanistan keine konsistente Strate- gie und keine einheitliche Zielstellung, wie die Aus- einandersetzung um die Interpretation des Mandatstextes durch Außenminister Westerwelle und Verteidigungsmi- nister zu Guttenberg verdeutlicht. Gilt das Primat der Politik über das Militärische oder das Primat des Militä- rischen zulasten politischer und ziviler Konfliktlösungs- strategien? Das Primat der Politik sehe ich auch gefähr- det durch die von Entwicklungsminister Niebel initiierte Verzahnung von Militär und Entwicklungshilfe. Damit wird der neutrale Status der Entwicklungshelfer und -helferinnen gefährdet und das Vertrauen der afghani- schen Bevölkerung in einen zivilen (Wieder-)Aufbau un- tergraben. Die deutsche Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Jede Soldatin, jeder Soldat braucht insbesondere bei Aus- landseinsätzen politische, moralische und auch finanziell ausreichende Unterstützung zur Gewährung bestmögli- cher Sicherheit. Ich bin nach wie vor bereit, diese zu ge- ben. Frieden ist aber mehr als die Abwesenheit von Krieg. Ich schließe mich der Aussage des Vorsitzenden der SPD-Fraktion Frank-Walter Steinmeier an, dass die von CDU/CSU und FDP geführte Regierung nicht mehr mit der Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion für eine deutsche Beteiligung an der Internationalen Schutztruppe (ISAF) 2012 rechnen kann, wenn sie den Prozess des in- ternational vereinbarten Strategiewechsels verlässt. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit der Beteiligung am ISAF-Einsatz unter dem Mandat der Vereinten Nationen und auf Wunsch der af- ghanischen Regierung hat Deutschland Verantwortung gegenüber den Menschen in Afghanistan, den zivilen Helferinnen und Helfern, den Soldatinnen und Soldaten sowie den Vereinten Nationen übernommen. Dieser Ver- antwortung und dem Ziel, Afghanistan beim Aufbau ei- nes stabilen Staates mit rechtsstaatlichen Normen und Menschenrechten für alle Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen, sehe ich uns weiter verpflichtet. Aus die- s d g IS d R d d c S K g A n s s g d A A a s h v A so e n k 2 s p s A k w d g A s u m a v s s re D u A 2 s g lu w (C (D em Grund lehne ich eine Fortsetzung der Beteiligung er Bundeswehr an ISAF nicht ab. Ich werden dem Antrag auf Fortsetzung der Beteili- ung bewaffneter deutscher Streitkräfte am Einsatz der AF in der von der Bundesregierung vorgelegten Form ennoch nicht zustimmen, sondern mich enthalten. Der Strategiewechsel, den die neue amerikanische egierung 2010 vorgenommen hat, hat mehr Menschen as Leben gekostet als in allen Einsatzjahren zuvor. Zu- em hat diese Strategie nicht zur Verbesserung der Si- herheitslage geführt. Weiterhin ist auch der politische taatsaufbau des Landes besorgniserregend und von orruption, eingeschränkter Meinungsfreiheit und man- elnder Einhaltung der Menschenrechte gekennzeichnet. uch die Erfolge beim zivilen Wiederaufbau können icht als gesichert angesehen werden. Nicht militärisch, ondern nur über politische Verhandlungen mit allen ent- cheidenden Akteuren kann der Konflikt in Afghanistan elöst werden. Im Zentrum der Entscheidung über die Fortsetzung er deutschen Beteiligung am ISAF-Einsatz im Norden fghanistans steht die Frage nach Art und Zeitpunkt des bzugs der internationalen Truppen. Gemeinsam mit der fghanischen Regierung und der NATO wurde beschlos- en, zwischen 2011 und 2014 die Übergabe der Sicher- eitsverantwortung an die afghanischen Streitkräfte zu ollziehen. Nicht betroffen von dieser Übergabe sind usbildungstruppen, die weiterhin im Land verbleiben llen. Dies bedeutet, dass damit auch offensive Kampf- insätze einher gehen können, wie das Konzept des Part- erings verdeutlicht. Die Bundesregierung versäumt in ihrem Antrag einen onkreten Abzugsplan mit Zwischenzielen von 2011 bis 014 vorzulegen. Die Veränderung des Bundeswehrein- atzes von einem Stabilisierungseinsatz zu einer kontra- roduktiven offensiven Aufstandsbekämpfung korrigiert ie nicht. Zudem legt sie keine Agenda für den zivilen ufbau bis 2014 und darüber hinaus vor. Ich halte es für dringend erforderlich, sofort einen onkreten, verantwortbaren Abzugsplan der Bundes- ehr ab 2011 bis 2014, mit klaren Zwischenschritten für ie Übergabe in Verantwortung an die afghanische Re- ierung in den Provinzen und Distrikten im Norden von fghanistan, zu erarbeiten. Zudem halte ich die Einsatz- trategie der offensiven Aufstandsbekämpfung für falsch nd korrekturbedürftig. Der deutsche Einsatz im Rah- en der ISAF ist ein Stabilisierungseinsatz. Ein Einsatz ls offensive Aufstandsbekämpfung gefährdet das Leben ieler Menschen auch in der Zivilbevölkerung und chwächt zudem die Chancen auf Frieden durch politi- che Verhandlungen. Entscheidend ist zudem die Vorbe- itung eines zivilen Peacebuilding-Prozesses über das atum des militärischen Abzugs im Jahr 2014 hinaus, m die Erfolge des zivilen Wiederaufbaus zu sichern. ußerdem sollten die Mittel für den zivilen Aufbau über 014 hinaus auf dem erreichten hohen Niveau fortge- chrieben werden. Dabei sollte insbesondere das Enga- ement in den Bereichen Bildung, ländliche Entwick- ng und für die Stärkung der Position der Frau verstärkt erden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9951 (A) ) )(B) Ich werde daher dem Entschließungsantrag der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen zustimmen. Ewald Schurer (SPD): Ich werde mich bei der am morgigen Freitag, den 28. Januar 2011, stattfindenden namentlichen Abstimmung zum oben genannten Antrag im Deutschen Bundestag enthalten. Die auf den beiden Afghanistan-Konferenzen im Ber- liner Willy-Brandt-Haus im Januar und November 2010 erarbeiteten Positionen der SPD, in 2011 mit einem ge- ordneten Rückzug der Bundeswehr zu beginnen, wird von der derzeitigen Bundesregierung nicht eingehalten. Ihre Unverbindlichkeit sieht keinerlei Festlegungen, nur vage Absichtserklärungen vor. Ich bin überzeugt da- von, dass es gegenüber den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, der Armee selbst und in der Verantwor- tung für unser Land keine größere Fürsorge geben kann, als jetzt in 2011 mit diesem Abzug zu beginnen und den Rückzug mittelfristig und bis spätestens 2015 zu been- den. Die mit dem Mandat verbundenen Fortschritte bei der innerafghanischen Versöhnung, bei der Bekämpfung von Korruption und Drogenhandel sowie bei guter Re- gierungsführung sind bis heute mangelhaft. Mir ist klar, dass dieser Abzug geordnet ablaufen muss. Das heißt, dass in Koordination der NATO-Staa- ten gehandelt werden muss, um den dann kleiner wer- denden Kontingenten den maximalen Schutz zu ermögli- chen. Meine Enthaltung ist nur deshalb kein klares Nein ge- worden, weil ich mich ausdrücklich zur Bundeswehr be- kenne und weiß, dass alle radikalpazifistischen Forde- rungen, die ich respektiere, real das Gegenteil bewirken. Ich habe Besuche von Delegationen in Bosnien oder im afrikanischen Ruanda organisiert, um zu lernen, dass UN-mandatierte militärische Einsätze gerade in Bürger- kriegen oftmals die einzig verbleibende Möglichkeit sind, die Menschen vor organisierten Verbrechen zu schützen. Allzu selten gelingt dies in unserer leider zu- nehmend radikalisierten Welt. Militärische Einsätze sollen in ihrem eigentlichen Kern die dringend notwendigen zivilen Aufbaupro- gramme im Idealfall schützen und ermöglichen. In Afghanistan ist kein Krieg zu gewinnen. Die absolute Mehrheit der Menschen in Deutschland wollte auch nie einen führen. Natürlich gibt es eine Verantwortung gegenüber den Menschen in Afghanistan, mit zivilen Programmen für Bildung, Gesundheit, Mädchen- und Frauenförderung und dem Aufbau ziviler Strukturen die Gesellschaft zu fördern. Das geht aber nach fast einem Jahrzehnt militä- rischer Intervention künftig nur noch dann, wenn Afgha- nistan künftig selbst in der Lage ist, Sicherheit für die Menschen zu gewährleisten. Meine Enthaltung ist auch das Ergebnis eines Gewis- senkonfliktes, der mich im zehnten Jahr meiner parla- mentarischen Arbeit zu diesem Ergebnis gebracht hat. B a g n d q e s n k n fü p k d s k L w D m d s d b b d n h d b g F m in s v re c s ü in d li B A a h d Z s (C (D Frank Schwabe (SPD): Ich habe den Einsatz der undeswehr in Afghanistan – immer wieder mit mir und nderen ringend – letztlich für richtig gehalten und auch egen große Widerstände in der Bevölkerung und mei- er eigenen Partei vertreten. Dazu stehe ich und halte en – begrenzten – Einsatz weiterhin in letzter Konse- uenz grundsätzlich für richtig. Aber der Idealzustand iner Demokratie, wie wir sie uns in Deutschland vor- tellen, wird mit militärischen Mitteln in Afghanistan icht erreichbar sein. Wenn das so ist, dann muss eine lare Abzugsperspektive aufgezeigt werden. Es war das Verdienst der SPD – parallel zur internatio- alen Debatte –, diese Abzugsperspektive in Deutschland hrend erarbeitet zu haben. Natürlich haben Abzugs- läne mit klaren Zeitperspektiven mindestens zwei Risi- en: dass sie von akuten Ereignissen infrage gestellt wer- en können und dass sie dem Gegner Orientierung für eine Strategie geben. Das ist wahr, und dennoch sind onkrete Abzugsdaten unabdingbar. Erstens, weil das and, die afghanische Regierung, diese Klarheit für ihr eiteres Wirken braucht. Und vor allem, weil wir in eutschland keine Geheimarmee, sondern eine Parla- entsarmee haben. Wie soll das Parlament als Vertretung es Volkes zur Steuerung der Bundeswehr in der Lage ein, wenn Planungsdaten nicht klar benannt werden? Für ie notwendige Meinungsfindung und die öffentliche De- atte ist das unabdingbar. Ich bin optimistisch, dass die von der SPD beschrie- ene Abzugsperspektive sich im Rahmen eines beginnen- en Abzugs 2011 mit einem Ende in 2014 im internatio- alen Zusammenhang realisieren lässt. Zu entscheiden abe ich heute aber über eine konkrete Mandatierung für ie Bundeswehr. Das von der Bundesregierung einge- rachte Mandat entspricht jedoch nicht den Anforderun- en, die ich im Einklang mit meiner Partei und meiner raktion an dieses Mandat stelle. Die klare Abzugsperspektive fehlt. Der Mandatstext acht dazu keine Aussage. Die Formulierungen, die sich der Begründung zum Abzugsbeginn 2011 finden, sind o stark eingeschränkt, dass sie jede Glaubwürdigkeit ermissen lassen. Die zuständigen Minister der Bundes- gierung sind sich uneins und interpretieren die schwa- hen Formulierungen auch noch unterschiedlich. Zu ent- cheiden habe ich aber über genau dieses Mandat, nicht ber Hoffnungen und Erwartungen an das Handeln der ternationalen Staatengemeinschaft. Deshalb werde ich em Mandat in dieser Form nicht zustimmen. Da ich jedoch den – begrenzten – Einsatz grundsätz- ch befürwortet habe, gegen den sofortigen Abzug der undeswehr bin und unter den Bedingungen einer klaren bzugsperspektive bis 2014 zustimmen würde – und es uch zukünftig tun werde –, werde ich mich heute ent- alten. Sonja Steffen (SPD): Bereits bei der letzten Man- atsverlängerung am 26. Februar 2010 habe ich meine weifel zum Ausdruck gebracht und mich bei der Ab- timmung enthalten. 9952 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) ) )(B) Grundsätzlich unterstütze ich ein internationales En- gagement für die Stabilisierung und den Wiederaufbau Afghanistans. Allerdings ist festzustellen, dass sich un- sere Soldaten unter schwierigsten Bedingungen inzwi- schen mitten in kriegerischen Auseinandersetzungen be- finden, die nicht nur militärische, sondern auch zivile Opfer fordern. Zahlreiche Soldatinnen und Soldaten kehren mit schweren posttraumatischen Belastungsstö- rungen zurück. Bei der letzten Abstimmung hatte ich die Hoffnung, dass der Deutsche Bundestag eine konkrete Abzugs- perspektive entwickelt und beschließt. Nun muss ich feststellen, dass diese der Beschlussvorlage nicht zu ent- nehmen ist. Die schwammige Formulierung „die Bun- desregierung ist zuversichtlich, … die Präsenz der Bun- deswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können“, und der Zusatz „soweit die Lage dies erlaubt“ legen den Beginn des Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan nicht kon- kret fest. Hinzu kommen die Äußerungen des Bundes- verteidigungsministers, die öffentlich den Eindruck er- wecken, der Bundesregierung sei die Festlegung auf eine Jahreszahl in Bezug auf den Beginn des Rückzuges gleichgültig. Der Einsatz der Bundeswehr hat bisher nicht mehr Sicherheit für die Bevölkerung gebracht, sondern die Sicherheitslage hat sich seitdem zunehmend verschlech- tert – und damit auch die Sicherheit für unsere Soldatin- nen und Soldaten. Eine Fortsetzung des Mandats ohne konkrete Abzugsperspektive kann ich mit meinem Ge- wissen nicht verantworten. Deshalb werde ich dem An- trag zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz der ISAF heute nicht zustimmen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ute Koczy, Ingrid Nestle und Katja Dörner (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bun- desregierung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Re- solution 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 18) Mein Nein zum Mandat 2011 bedeutet, dass ich das vorliegende Mandat ablehne. Es ist auf keinen Fall eine Aufforderung, mit dem Abzug der Truppen sofort zu be- ginnen. Dies möchte ich in dieser persönlichen Erklä- rung ausdrücklich hervorheben und klarstellen. Meine Unterstützung gilt weiterhin den zivilen Helfe- rinnen und Helfern sowie den Soldatinnen und Soldaten, die in schwieriger Lage versuchen, Fortschritte für den Aufbau von Afghanistan zu ermöglichen. Ihnen sowie d u E a g a d M le k w b b n G d u m E m e n n b v e b ri 4 u M rü ru u b te u H z w e g k A V s im A a w d lä s m W (C (D en Familienangehörigen gebühren Dank, Anerkennung nd Respekt. Meine inhaltliche Position findet sich nicht in einer nthaltung wieder, selbst wenn ich eine solche mit Blick uf die Verantwortung und die Versprechen, die wir ge- enüber dem afghanischen Volk gegeben haben, für sehr kzeptabel halte. Das liegt an den Mängeln dieses Man- ates, dem ich meine Unterstützung nicht geben kann. Das Mandat 2011 folgt nicht dem Primat „Zivil vor ilitär“. Schon das letzte Mandat 2010 war darauf ange- gt, dass eine Veränderung von „defensiv“ zu „offensiv“ ommen wird, ohne dass dies transparent gemacht urde. So mussten wir erleben, dass das Jahr 2010 das lutigste Jahr des Einsatzes war und viele Menschenle- en gekostet hat. Diese militärische Linie wird mit dem un vorliegenden Mandat fortgesetzt, ohne dass die rundlagen dafür geschaffen werden, eine Bewertung er Wirksamkeit der entwicklungspolitischen, zivilen nd militärischen Maßnahmen zu ermöglichen. Parla- ent und Öffentlichkeit werden über die tatsächlichen reignisse und Vorkommnisse der Tötungen und die assiven Militäreinsätze nicht entsprechend aufgeklärt, ine dringend notwendige öffentliche Debatte findet icht statt. Der Fortschrittsbericht hat dieses Defizit trotz der üchternen und bislang umfassendsten Lagebeschrei- ung nicht überwunden. Auch diese Bundesregierung erweigert sich bei ihrer zweiten Mandatseinbringung, ine externe, unabhängige Evaluation auf den Weg zu ringen. Dies wäre aber dringend nötig, um die Weichen chtig zu stellen. Vier Jahre lang wird Deutschland 30 Millionen Euro für den zivilen Aufbau ausgeben nd es ist nicht präzisiert, wie wirksam und effizient die ittel ausgegeben werden. Öffentliche Diskussionen da- ber finden ebenfalls nicht statt. Die Regierungserklä- ng des Ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit nd Entwicklung hat keine Erkenntnisse darüber ge- racht, mit welchen entwicklungspolitischen Instrumen- n eine Strategie für den Erfolg durchdacht vorgegeben nd durchgeführt werden kann. Dabei liegt doch auf der and, dass für die kommenden Jahre bis zu einem Ab- ug, aber auch darüber hinaus, jetzt Maßstäbe gesetzt erden müssen. Was fehlt und was ich einfordere, ist ine Agenda für den Aufbau bis 2014 und danach. Die Beschränkung des Mandats auf militärische Auf- aben, Fähigkeiten und Kapazitäten halte ich für ver- ehrt. Damit wird der Militärfixiertheit im Blick auf fghanistan Vorschub geleistet und wird die strukturelle ernachlässigung der zivilen Anstrengungen unter die- er Bundesregierung fortgesetzt. Es ist ein Paradox, dass mer wieder zu hören ist: „Militärisch kann man in fghanistan nicht gewinnen“, aber ein Mandat nach dem nderen unter militärischen Gesichtspunkten aufgestellt ird. Dies zu verändern, würde allerdings bedeuten, ass die Bundesregierung gemeinsam mit den Partner- ndern einen Willen dazu haben muss, dies auch tat- ächlich zu verändern. Der Mandatsauftrag ist auch in diesem Fall sehr allge- ein und losgelöst von der konkreten Lageentwicklung. eil Teilziele nicht formuliert werden, die Verschärfung Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9953 (A) ) )(B) der Sicherheitslage nicht aufgegriffen und der Übergang von einem Stabilisierungseinsatz zu einem Kampfein- satz nicht dokumentiert wird, fehlt die Auftragsklarheit. Es ist daher kein Wunder, dass die öffentliche Kritik an der Unterstützung des Einsatzes und die Ablehnung in der Bevölkerung zunehmen. Während auf der einen Seite das Misstrauen gegenüber dem Mandat wächst, verbreitet sich aber auch in Afghanistan der Eindruck, dass nicht mit geeigneten und vor allem nachhaltigen Mitteln auf die verschlimmerte Situation reagiert wird. Verschärfend kommt hinzu, dass das Mandat keine Klarheit über den geplanten Abzug schafft. Sämtliche Fragen zu den Begleitumständen und zur Zeitschiene sind offen. Über die Hintergründe und Umstände des Abzugs wird nicht nur geschwiegen, sie werden außer- dem noch verschleiert. Wichtige Fragen, welche Konse- quenzen der Abzug für die zivile Aufbauarbeit hätte, was bis zu einem Abzug ohne Chaos erreicht werden müsste und wie die Auswirkungen für die angrenzenden Länder in der Region sein werden, finden weder Ein- gang in dieses Mandat noch werden sie in ausreichender Weise offengelegt und diskutiert. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Winfried Hermann, Uwe Kekeritz, Memet Kilic, Monika Lazar, Dr. Hermann Ott und Lisa Paus (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen (Tagesordnungspunkt 18) Wir lehnen eine erneute Verlängerung des ISAF-Man- dats der Bundeswehr ab. Vor einem Jahr weigerte sich die Bundesregierung, in Afghanistan von Kriegseinsät- zen der Bundeswehr zu sprechen. Inzwischen reden alle von Krieg, sogar die Kanzlerin. Das ehemals defensive ISAF-Mandat für den Schutz der Regierung und Verwal- tung in Kabul und mit dem Auftrag, Waffen nur zum Schutz der Bevölkerung oder zum Eigenschutz in der konkreten Situation einzusetzen, ist von NATO und Bundesregierung pervertiert worden in ein Mandat zum Krieg; ein Krieg mit immer mehr Soldaten und mit im- mer mehr Opfern. Unter diesem Mandat wurden im letz- ten Jahr mehr Menschen getötet und verletzt als jemals zuvor unter der Operation Enduring Freedom. Über 10 000 Zivilisten, Polizisten, Staatsangestellte, Soldaten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen haben ihr Le- ben verloren. Die Zahl der NATO-Soldaten wurde um mehr als 30 Prozent auf circa 140 000 erhöht, die der deutschen a ri S a N d S „ in w u g je M z T o d b d w u S z m u d d s v N S tr s e h b im d s tä K A a w d u n a z a S ih L is (C (D uf 5 350 aufgestockt. Die neue Strategie heißt „Partne- ng“: Unter dieser Tarnbezeichnung zieht die NATO eit an Seit mit Afghanen in Kampfeinsätze, zuweilen uch ohne diese. Großoffensiven in Helmand sowie im orden, wo die Bundeswehr die Verantwortung trägt, auern an und sind für Kandahar weiter geplant. Die US- treitkräfte verstärken den Offensivkrieg im Rahmen der Counter-Insurgency“ durch extralegale Hinrichtungen nie gekanntem Ausmaß. Hunderte von Zielpersonen erden Opfer von Kommandooperationen. Immer mehr nbemannte Drohnen werden in Afghanistan und im an- renzenden Pakistan eingesetzt. Die USA verweigern de nähere Auskunft zu diesen Operationen. Aber nach edienberichten soll nur etwa ein Drittel der Getöteten u den Aufständischen gehört haben. Laut der New York imes gab es 2010 sechsmal mehr solcher Kommando- perationen. Auch die Bundeswehr unterstützt dies, in- em sie Zielpersonen für die Targeting-Listen von ISAF zw. NATO benennt und nimmt so billigend in Kauf, ass die Gelisteten Opfer von extralegalen Tötungen erden. Diese Geheimoperationen schüren zusätzlich Hass nd Rachegefühle unter der afghanischen Bevölkerung. ie treiben den Aufständischen immer mehr Kämpfer u. Sie verhindern Verhandlungslösungen; denn wie soll it denen verhandelt werden, die von Drohnen gejagt nd getötet werden? Die Bundesregierung stellt zwar eine Verbesserung er Sicherheitslage fest und gibt sich zuversichtlich, je- och wird die militärische Lage jedes Jahr dramatisch chlechter. So werden trotz Großoffensiven aus der Pro- inz Helmand ein Jahr später schwerste Verluste der ATO gemeldet. Im letzten Monat starben 25 alliierte oldaten, meist aus den USA. Der UN-Sonderbeauf- agte für Afghanistan von 2008 bis 2010, Kai Eide, tellte fest, dass aus der „Clear – Hold – Build“-Strategie ine „Clear-and-again-clear“-Übung geworden ist. Das eißt: Die Regionen werden nicht gehalten oder gar auf- aut, sondern immer wieder gesäubert. In Marja wurde Februar 2010 eine NATO-Offensive gestartet, die in rei Monaten erfolgreich beendet werden sollte. Heute teht fest: Sie ist gescheitert. Die deutschen Soldaten können die befestigten Mili- rlager nur in gepanzerten Wagen und in Konvois für ampfeinsätze oder Patrouillenfahrten verlassen. Das nsehen der Deutschen in Afghanistan sinkt rapide, und uch die Bundeswehr wird immer mehr als Besatzer ahrgenommen. Deutsche Hilfsorganisationen meiden eshalb die Nähe zum Militär. Deren Mitarbeiterinnen nd Mitarbeiter verlassen die sicheren Orte möglichst ur noch in besonders gesicherten Fahrzeugen. Weiter werden 90 Prozent des Opiums in Afghanistan ngebaut, ein immer größerer Teil davon schon im Land u Heroin „veredelt“ und exportiert. Afghanistan ist uch zum größten Exporteur von Cannabis geworden. o sichern sich Warlords und ehemalige Kriegsfürsten re Macht und tragen zur weiteren Destabilisierung des andes bei. Die Fortsetzung des Krieges ein, vier oder mehr Jahre t unverantwortlich. Es spricht nichts für die Zuversicht 9954 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) ) )(B) der Bundesregierung, dass die Sicherheitslage nächstes Jahr besser und in vier Jahren gut ist. Es spricht vieles dagegen, vor allem die Erfahrung der Verschlechterung der letzten Jahre. Jedes weitere Jahr Krieg kann weitere zehntausend Menschen das Leben kosten. Und was ist, wenn auch in vier Jahren die Sicherheitslage den Abzug nicht zulässt? Dann sind aber Zehntausende zusätzlich getötet und verletzt worden. Wir fordern von der Bundesregierung einen wirkli- chen Strategiewechsel. Dazu muss die Bundeswehr un- verzüglich alle militärischen Offensivoperationen und die Beteiligung an Kommandounternehmen stoppen. Sie muss sich auf Notwehr und Nothilfe beschränken. Die Bundesregierung muss zunächst die afghanische Regie- rung zu Waffenstillstandsvereinbarungen mit allen Auf- ständischen bewegen, die dazu bereit sind. Solche gab es immer wieder örtlich und regional. Auch die nationale Friedens-Jirga hatte sich bereits im Jahr 2009 bereit erklärt, die Gespräche mit Kommandeuren der Aufstän- dischen in der Provinz Kunduz jederzeit wieder aufzu- nehmen. Die Verhandlungen zwischen der Regionalver- waltung und den Aufständischen muss unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft über die Zukunft dieser Region und des gesamten Lan- des geführt werden. Ziel sind Vereinbarungen zur Ein- haltung der Menschenrechte und der afghanischen Ver- fassung, zur verstärkten Aufbauhilfen sowie zum raschen Abzug der Bundeswehr. Alle Finanzmittel, die durch die Einstellung der militärischen Operationen und Reduzierung des Militärs frei werden, werden der Be- völkerung bzw. dort aktiven Nichtregierungsorganisatio- nen unter internationaler Aufsicht für den Aufbau zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig muss sich die Bundesregierung bei den NATO-Partnern und in der UNO dafür einsetzen, dass alle militärischen Offensivoperationen, insbesondere die Drohnenangriffe, in Afghanistan sofort eingestellt und Waffenstillstandsvereinbarungen überall regional, in Provinzen und möglichst landesweit mit den Aufständi- schen und unter Beteiligung der Bevölkerung sowie der Nachbarstaaten für einen raschen Abzug des Militärs ge- troffen werden. Der von uns geforderte wirkliche Strate- giewechsel sowie Bemühungen um ein Ende der Gewalt- eskalation sind nicht erkennbar. Immer weiter Krieg zu führen macht keinen Sinn. Deutschland und die NATO müssen wenigstens versuchen, neue Wege zu gehen, da die bisherigen in die Irre geführt haben. Die Bundeswehr darf keine Unterstützung für gezielte Tötungen und offensive Aufstandsbekämpfung leisten. Das gilt für Afghanistan genauso wie für Pakistan. Die Bundesregierung muss sich für Deeskalation und Waf- fenstillstände einsetzen, um den Krieg unverzüglich zu beenden. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Omid Nouripour, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Priska Hinz (Herborn), Tom Koenigs, Manuel Sarrazin und Daniela s h v s d g B u ü h w d c d li E te b g lu ü d F d R w F tr O A w g s d m n S O h te p u (C (D Wagner (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen (Tagesordnungspunkt 18) Die Bundesregierung bleibt dem Parlament zum Ein- atz der Bundeswehr im Rahmen von ISAF eine unab- ängige Evaluation schuldig. Der im Dezember 2010 orgelegte Fortschrittsbericht kann eine solche Wirk- amkeitsanalyse nicht ersetzen. Auch einen konkreten Aufbau- und Abzugsplan hat ie Bundesregierung dem Parlament bis heute nicht vor- elegt. Welche Aufbau- und Stabilisierungsziele will die undesregierung in Abstimmung mit den afghanischen nd internationalen Partnern verwirklichen? Welche berprüfbaren Zwischenziele und Meilensteine müssen ierfür erreicht werden? In welchen konkreten Schritten ird die Bundesregierung ihren Beitrag zur Übergabe er Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Si- herheitskräfte leisten? Auf diese Fragen muss die Bun- esregierung dem Parlament und der Öffentlichkeit end- ch Antworten geben. Jetzt gilt es, die noch bestehenden Chancen für die ntwicklung in Afghanistan aktiv zu ergreifen und wei- rzuentwickeln. Dies gelingt nur, wenn der zivile Auf- au weiter forciert und künftig in den Mittelpunkt estellt wird. Die finanziellen Mittel für den entwick- ngspolitischen Wiederaufbau gilt es auf hohem Niveau ber das Jahr 2014 hinaus zuzusagen. Insbesondere in en Bereichen Bildung, ländliche Entwicklung und rauen muss das deutsche Engagement ausgebaut wer- en. Wir sind uns der momentanen Rückschläge und der isiken der weiteren Entwicklung in Afghanistan be- usst. Dazu haben auch zahlreiche Versäumnisse und ehlentwicklungen des deutschen Engagements beige- agen. Hierzu gehören kontraproduktive militärische perationen, die umgehend beendet werden müssen. ußerdem muss die Praxis des Bundesministeriums für irtschaftliche Zusammenarbeit, dass deutsche Nichtre- ierungsorganisationen Mittel für Projekte nur im Ein- atzgebiet der Bundeswehr beantragen dürfen und sich em Konzept der Vernetzten Sicherheit unterordnen üssen, sofort ein Ende finden. Die Sicherheitslage in vielen Teilen Afghanistans ist och nicht ausreichend stabil. Ohne ein Mindestmaß an icherheit kann der zivile Aufbau jedoch nicht gelingen. hne substanziellen Schutz können die zivilen Aufbau- elferinnen und -helfer ihre wichtige Arbeit nicht leis- n. Daher ist es derzeit notwendig, dass die ISAF-Trup- en und damit die Bundeswehr in Afghanistan bleiben, m einen Beitrag zur Stabilisierung zu leisten. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9955 (A) ) )(B) Gleichwohl sind wir überzeugt, dass mit einem schrittweisen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan 2011 begonnen werden kann. Wir fordern die Bundes- regierung außerdem auf, einen verantwortbaren Abzug der Bundeswehr in Abstimmung mit der afghanischen Regierung bis 2014 anzustreben. Trotz unserer Kritik an der unzureichenden und teil- weise fehlgeleiteten Afghanistan-Strategie der Bundesre- gierung stimmen wir dem Mandat zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr bis zum 31. Ja- nuar 2012 zu. Dies ist eine Gewissensentscheidung. Mit dem Engagement der internationalen Gemein- schaft in Afghanistan haben wir eine Schutzverantwor- tung für die Menschen dort übernommen. Wir sind ver- pflichtet, sie nicht alleine zu lassen. Zustimmung bedeutet für uns auch, weiter Mitverant- wortung zu übernehmen für den schwierigen, teilweise lebensgefährlichen Einsatz der Soldatinnen und Soldaten sowie der zivilen Aufbauhelferinnen und Aufbauhelfer. Ihnen gilt unsere Unterstützung. Ein sofortiger militärischer Abzug würde die erreich- ten Erfolge zum Großteil zunichtemachen, die Men- schen in Afghanistan in einem neu eskalierenden Bür- gerkrieg alleine zurücklassen und die gesamte Region destabilisieren. Dies bestätigen beispielsweise der paki- stanische Journalist Ahmed Rashid, der einen sofortigen Abzug als „Katastrophe“ bezeichnete, sowie der afgha- nische Journalist Sonjar Sohail, der in einem Beitrag für die Heinrich-Böll-Stiftung Kabul vom 23. Januar 2011 eindringlich im Namen der afghanischen Bevölkerung für ein Bleiben der westlichen Truppen plädierte. Eine Destabilisierung der Region kann bis hin zur Macht- ergreifung islamistischer Regime in Afghanistan und so- gar Pakistan führen, was unter dem Aspekt des Atom- bombenbesitzes Pakistans eine besondere Gefährdung nicht nur dieser Region bedeuten würde. Ein einseitiger Abzug der Bundeswehr wäre gleich- zeitig der Ausstieg aus einer verantwortlichen multilate- ralen Politik. Das weitere Vorgehen in Afghanistan muss innerhalb der internationalen Gemeinschaft abgestimmt werden. Es gab keinen deutschen Sonderweg beim Be- ginn des militärischen Engagements, es darf auch keinen deutschen Sonderweg bei dessen Abschluss geben. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Agnes Malczak, Dr. Anton Hofreiter, Sven-Christian Kindler, Maria Anna Klein-Schmeink, Sylvia Kotting-Uhl, Agnes Krumwiede, Stephan Kühn, Beate Müller- Gemmeke, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und Dorothea Steiner (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunter- stützungstruppe in Afghanistan (International w A b H E H ih z J v ri tr n n fo d s F h e n A in d S s s ri T J n g A n S w d d T v o d s h T s d U g ru (C (D Security Assistance Force, ISAF) unter Füh- rung der NATO auf Grundlage der Resolu- tion 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1943 (2010) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen (Tagesordnungs- punkt 18) Die Entscheidung über Auslandseinsätze der Bundes- ehr gehört zu den schwierigsten Entscheidungen, die bgeordnete des Deutschen Bundestages zu treffen ha- en, und fordert wie kaum eine andere das Gewissen und erz der Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Dem ngagement der in Afghanistan eingesetzten zivilen elferinnen und Helfer, Soldatinnen und Soldaten sowie ren Familienangehörigen gilt unsere große Wertschät- ung und unser zutiefst empfundener Dank. Das vorliegende Mandat setzt die im vergangenen ahr begonnene Einsatzstrategie der militärisch offensi- en Aufstandsbekämpfung fort. Unsere Nein-Stimme chtet sich gegen eine Strategie, die zur Eskalation bei- ägt und damit den Anspruch der Stabilisierung Afgha- istans nicht erfüllt. Unsere Ablehnung des Mandates ist icht gleichzusetzen mit der Forderung nach einem So- rtabzug, den wir ausdrücklich zurückweisen, würde er och die Situation in Afghanistan noch weiter destabili- ieren. Neun Jahre nach Beginn der Operation Enduring reedom, OEF, und des ISAF-Einsatzes ist die Sicher- eitslage in Afghanistan geprägt von gewaltsamen Aus- inandersetzungen, bei denen ISAF-Truppen und afgha- ische Sicherheitskräfte gegen Taliban und andere ufständische kämpfen. Der Krieg in Afghanistan kostet sgesamt immer mehr Menschenleben, sowohl unter er afghanischen Zivilbevölkerung als auch unter den oldatinnen und Soldaten. 2010 war das blutigste Jahr eit Beginn des Einsatzes. Dass die Gewalt in Afghanistan so stark zunimmt, teht auch in Zusammenhang mit der offensiven Aus- chtung der militärischen Strategie der internationalen ruppensteller. Mit der von den USA im vergangenen ahr initiierten und von der Bundesregierung mitgetrage- en Truppenaufstockung und dem militärischen Strate- iewechsel zur verstärkten Aufstandsbekämpfung und usweitung der gezielten Tötung von Talibankämpfern ahm die Gewalteskalation dramatisch zu. Nicht nur im üden, wo massive Militäroperationen durchgeführt erden und die Bedrohungslage am höchsten ist, son- ern auch im deutschen Einsatzgebiet im Norden wur- en die Bekämpfung von Aufständischen und gezielte ötungen vorangetrieben. Die Bundeswehr beteiligt sich or allem im Rahmen von Ausbildungsoperationen an ffensiven Kampfeinsätzen. Das Ausbildungskonzept es sogenannten Partnering sieht den gemeinsamen Ein- atz von deutschen Ausbildern und afghanischen Sicher- eitskräften in der Fläche vor, um die Kontrolle in von aliban beherrschten Gebieten zu gewinnen. Die ver- tärkte Gewichtung der Ausbildung innerhalb des Man- ates ist somit nichts anderes als eine verharmlosende mschreibung für die Verfolgung einer Offensivstrate- ie. Die zunehmenden Kampfeinsätzen zur Rückerobe- ng der von Taliban beherrschten Gebiete und steigende 9956 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) ) )(B) Anzahl von Anschlägen durch Aufständische trifft ins- besondere die Zivilistinnen und Zivilisten. Unsere Ab- lehnung des Mandates richtet sich vor allem gegen diese Schwerpunktlegung auf den Einsatz militärischer Ge- walt und die daraus resultierende Eskalation. Durch die Gesamtausrichtung des Mandates ist das Primat des Schutzes der Zivilbevölkerung nicht mehr gewährleistet. Die derzeitige militärische Strategie kostet zahlreiche Menschenleben, verursacht furchtbares menschliches Leid und verspielt damit auch die notwendige Unterstüt- zung der afghanischen Bevölkerung. Eine Umfrage von ARD, ABC, BBC und Washington Post vom Dezember 2010 ergab, dass sich die Einstellung der afghanischen Bevölkerung gegenüber den ISAF-Truppen deutlich ver- schlechtert hat und eine breite Mehrheit der Afghanin- nen und Afghanen inzwischen erstmals eine negative Einstellung gegenüber Deutschland hat. Ziel der Aufstandsbekämpfung und gezielten Tötung ist es, die Taliban zu schwächen und an den Verhand- lungstisch zu bringen. Der vermehrte Einsatz militäri- scher Gewalt hat jedoch nicht zur Schwächung der Tali- ban und anderer Aufständischer geführt. Im Gegenteil, er hat die Chancen auf Frieden durch eine politische Lösung verringert. Für eine solche ist ein regionaler Ansatz, der alle relevanten Akteure in der Region einbe- zieht, zentral. Dabei muss insbesondere die Zusammen- arbeit mit dem benachbarten Pakistan im Vordergrund stehen, denn dort gewinnen die Taliban vermehrt neue Kämpfer und bereiten zahlreiche Angriffe vor. Eine nachhaltige politische Lösung, die von der Gesamtge- sellschaft Afghanistans getragen wird, ist jedoch mit der aktuellen afghanischen Regierung äußerst schwierig. Karzais Regierung und das politische System insgesamt stecken in einer tiefen Legitimitätskrise. Aufgrund des fehlenden Gewaltmonopols beherrschen Warlords und Drogenkartelle Teile des Landes und nehmen großen Einfluss auf die Politik. Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen kam es zu zahlreichen Fällen von Wahlbetrug. Schließlich verliert die politische Führung aufgrund ihres Versagens bei der Korruptions- und Dro- genbekämpfung sowie beim Staatsaufbau zunehmend die Unterstützung der Bevölkerung. Doch wir dürfen uns nichts vormachen: Um die Gewalt in Afghanistan einzu- dämmen, ist eine politische Verhandlungslösung mit al- len relevanten Akteurinnen und Akteuren notwendig. Dabei stehen wir vor dem Dilemma, dass Frieden und Gerechtigkeit in Afghanistan nur schwer miteinander verwirklicht werden können. Dies wird zu Kompromis- sen zwingen, die in demokratischer und menschenrecht- licher Hinsicht kritisch sind. Dennoch darf die Unterstützung der afghanischen Re- gierung dabei, eine Verhandlungslösung mit Aufständi- schen zu erzielen, nicht bedingungslos erfolgen. Bisher wurden Frauen und andere wichtige Bevölkerungsgrup- pen unzureichend oder gar nicht am Versöhnungsprozess beteiligt. Ohne eine gesamtgesellschaftliche Beteiligung ist jedoch eine Versöhnung nicht möglich. Auch der von der internationalen Gemeinschaft bereitgestellte Reinte- grationsfonds für ehemalige Talibankämpfer, der von der Bundesregierung mit insgesamt 50 Millionen Euro mit- finanziert wird, bedarf einer kritischen Betrachtung. Da d o fr m la T d w p d b n n m te B n v d g z k d a u v F Z c A s z g g K m s h V B d z v w R g d li z d v ru b n d E s a O (C (D ie Durchführung des Taliban-Aussteigerprogramms hne jede Kontrolle Karzai überlassen wird, ist höchst aglich, ob die zur Verfügung gestellten Mittel zweck- äßig eingesetzt und nicht für machtpolitische Partiku- rinteressen missbraucht werden. Die Belohnung von alibanführern, die für Menschenrechtsverletzungen und ie Tötung zahlreicher unbeteiligter Zivilisten verant- ortlich sind, erzeugt ein gravierendes Gerechtigkeits- roblem, das sich negativ auf die Unterstützung derer, ie bisher mit den internationalen Kräften kooperiert ha- en, auswirken kann und somit eine nachhaltige Versöh- ung gefährdet. Da Frieden ganz ohne Gerechtigkeit icht möglich ist, müssen Menschenrechtsverletzungen it geeigneten Instrumenten aufgedeckt und aufgearbei- t werden. Das Mandat und die Afghanistanpolitik der undesregierung insgesamt lässt diese mit dem Versöh- ungsprozess verbundenen zentralen Herausforderungen öllig außer Acht. Aufgrund koalitionsinterner Rivalitäten zwischen em Bundesaußenminister und dem Bundesverteidi- ungsminister enthält das Mandat nur vage Aussagen um militärischen Abzug. Das Parlament wird im Un- laren darüber gelassen, wann und wo mit einem Abzug er Bundeswehr aus Afghanistan begonnen werden soll, n welchen Zwischenzielen man sich orientieren will nd wie lange deutsche Truppen noch in Afghanistan erbleiben werden. Völlig unbeantwortet bleibt die rage, wie gewährleistet werden kann, dass auch für die eit nach der Übergabe der Verantwortung für die Si- herheit an die afghanischen Sicherheitskräfte und dem bzug der Bundeswehr die zivile Hilfe fortgesetzt wird. Aufgrund der Aufstockung der finanziellen Mittel ind beim zivilen Aufbau zunehmend Erfolge zu ver- eichnen. Doch auch wenn im Vergleich zu den vergan- enen Jahren deutlich mehr Geld in den zivilen Aufbau esteckt wird, führt er im Vergleich zur militärischen omponente ein Schattendasein. Die Konzentration auf ilitärische Kapazitäten zeigt sich auch an der chroni- chen Vernachlässigung der im politischen Auftrag ste- enden UN-Mission UNAMA in Afghanistan, die im ergleich zur NATO-Mission völlig unterfinanziert ist. ei der Unterstützung des Aufbaus eines funktionieren- en afghanischen Sicherheitsapparates kommt der Poli- eiaufbau viel zu kurz. Die Polizeiausbildung müsste iel deutlicher verstärkt werden. Im Bereich der Ent- icklungszusammenarbeit machen der zunehmende ückzug von Hilfsorganisationen aus Afghanistan auf- rund der sich verschlechternden Sicherheitslage sowie ie Schwierigkeiten beim Mittelabfluss außerdem deut- ch, dass eine Fokussierung auf die Erhöhung der Mittel u kurz gedacht ist. Es muss vor allem die Wirksamkeit er Mittel sichergestellt werden. Hierzu bedarf es einer erstärkten Einbeziehung der afghanischen Bevölke- ng, einer verbesserten Koordination des zivilen Auf- aus, der Bekämpfung der massiven Korruption als ei- em der Haupthindernisse für den wirksamen Einsatz er Mittel sowie einer sinnvollen Schwerpunktsetzung. s bedarf auch eines Gesamtkonzepts für die Wirtschaft- entwicklung Afghanistans, das an die Bedürfnissen der fghanischen Bevölkerung und die Gegebenheiten vor rt angepasst ist. Hierbei müsste der für die afghanische Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9957 (A) ) )(B) Wirtschaft zentrale landwirtschaftliche Sektor besonders berücksichtigt werden. Auch die Modernisierung des afghanischen Bildungssystems und der Ausbau von Hoch- und Berufsschulen sollten bei den Unterstüt- zungsleistungen im Vordergrund stehen. Der Erfolg der Entwicklungszusammenarbeit in Afgha- nistan setzt ebenso wie der Aufbau des Sicherheits- sektors funktionierende Regierungs- und Verwaltungs- strukturen voraus. Es gibt jedoch im Rahmen des vorliegenden Mandats keine Auskunft über den zur Ver- besserung bzw. Schaffung solcher Strukturen benötigten deutschen Beitrag. Statt diese Mängel zu beheben, wird sogar völlig auf eine nähere Beschreibung des zivilen Engagements Deutschlands in Afghanistan verzichtet – die grüne Forderung zur Vorlage eines Gesamtmandates, das die zivile und militärische Komponente umfasst, wird nicht umgesetzt. Unser Votum richtet sich nicht gegen die in Afghanis- tan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten, sondern ge- gen die falsche Afghanistan-Politik der Bundesregie- rung. Als Mitglieder des Bundestages fühlen wir uns unse- ren Soldatinnen und Soldaten und ihren Familien gegen- über dazu verpflichtet, einen Einsatz, der die Eskalation fördert und somit die afghanische Zivilbevölkerung ebenso wie die deutschen Einsatzkräfte auf unverant- wortliche Weise einer größeren Gefahr aussetzt, abzu- lehnen. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christoph Strässer, Dirk Becker, Uwe Beckmeyer, Lothar Binding (Hei- delberg), Gerd Bollmann, Martin Burkert, Elvira Drobinski-Weiß, Sebastian Edathy, Siegmund Ehrmann, Dagmar Freitag, Peter Friedrich, Michael Gerdes, Günter Gloser, Ulrike Gottschalck, Angelika Graf (Rosenheim), Klaus Hagemann, Dr. Barbara Hendricks, Dr. Eva Högl, Christel Humme, Josip Juratovic, Oliver Kaczmarek, Ulrich Kelber, Dr. Bärbel Kofler, Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf, Steffen-Claudio Lemme, Caren Marks, Katja Mast, Petra Merkel (Berlin), Ullrich Meßmer, Dr. Matthias Miersch, Heinz Paula, Florian Pronold, Dr. Sascha Raabe, Dr. Carola Reimann, Karin Roth (Esslingen), Bernd Scheelen, Marianne Schieder (Schwandorf), Silvia Schmidt (Eisleben), Stefan Schwartze, Rita Schwarzelühr-Sutter, Ute Vogt und Dagmar Ziegler (alle SPD) zur namentlichen Abstim- mung über die Beschlussempfehlung zu dem An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Be- teiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheits- unterstützungstruppe in Afghanistan (Interna- tional Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolu- tion 1386 (2001) und folgender Resolutionen, w a fo b b – – – – – is lu n s A e d d n d B d 1 e J a O g R n d li s (C (D zuletzt Resolution 1943 (2010) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen (Tagesordnungs- punkt 18) Nach einem gründlichen und sehr verantwortungsbe- ussten Diskussionsprozess hat die SPD im Hinblick uf den Afghanistan-Einsatz einen Strategiewechsel ge- rdert, dessen wesentliche Elemente Teil des Mandats- eschlusses des Deutschen Bundestages vom 26. Fe- ruar 2010 wurden. Kernforderungen der SPD waren: die Mittel für den zivilen Aufbau zu verdoppeln und die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans voranzutrei- ben, mehr Nachdruck auf eine gute Regierungsführung und den weiteren Aufbau staatlicher Strukturen zu le- gen, die Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei deutlich zu verstärken, eine unabhängige Evaluierung des Afghanistan-Einsatzes anhand von messbaren und qualitativen Fortschrittskriterien einzufordern, den Prozess der innerafghanischen Versöhnung zu un- terstützen und voranzutreiben, die afghanischen An- rainerstaaten wie Pakistan, Iran, die zentralasiatischen Nachbarn, aber auch China und die Türkei stärker in eine politische Lösung der afghanischen Konflikte ein- zubinden, der schrittweise Abzug des deutschen ISAF-Kontin- gents, beginnend 2011, und eine Beendigung des mi- litärischen Engagements zwischen 2013 und 2015, parallel dazu eine schrittweise Übergabe der Sicher- heitsverantwortung an die afghanischen Streitkräfte. Vor dem Hintergrund der vorgenannten Forderungen t festzustellen, dass im Jahr 2010 nahezu eine Verdopp- ng der deutschen Mittel für den zivilen Aufbau Afgha- istans auf 430 Millionen Euro stattgefunden hat. Es ind auch erhebliche quantitative Fortschritte bei der usbildung von afghanischen Soldaten und Polizisten rfolgt. Allerdings entspricht die Qualität der Ausbil- ung durch kurze, nur wenige Wochen dauernde Ausbil- ungskurse mit einem hohen Anteil von Analphabeten icht immer den Erfordernissen. Durch die Berufung des 70-köpfigen „Hohen Frie- ensrates“ unter Vorsitz des früheren Staatspräsidenten urhanuddin Rabbani durch Präsident Hamid Karzai und ie Bildung eines Reintegrationsfonds, in den bisher etwa 60 Millionen US-Dollar eingezahlt wurden – darunter in deutscher Anteil von 50 Millionen Euro über fünf ahre –, sind erste Schritte im Hinblick auf einen inner- fghanischen Versöhnungsprozess unternommen worden. b dieser Prozess zu den gewünschten Erfolgen führt, ist egenwärtig noch nicht abschließend zu beurteilen. Kaum Fortschritte sind allerdings im Bereich guter egierungsführung festzustellen. So sind weder nen- enswerte Fortschritte im Einsatz gegen Korruption und en Drogenanbau, noch beim Aufbau der Rechtsstaat- chkeit und flächendeckend tragfähiger Verwaltungs- trukturen zu verzeichnen. Auch ist die Einbeziehung 9958 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) (C) )(B) der afghanischen Nachbarländer in einen notwendigen Friedensprozess nicht gelungen, bzw. sind bislang keine nachhaltigen Initiativen der Bundesregierung feststell- bar, diesen Prozess zu befördern. Wir erwarten hier ein stärkeres Engagement der Bundesregierung. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass nur eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation des Afghanis- tan-Einsatzes die erforderliche Wirkungsanalyse des An- fang 2010 eingeleiteten Strategiewechsels vornehmen kann, und bedauern, dass die Koalitionsfraktionen im vergangenen Jahr einen gemeinsamen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 17/1964) dazu abgelehnt haben. Der von der Bundesregierung im Dezember 2010 vor- gelegte Fortschrittsbericht Afghanistan beleuchtet neben richtig gewesen. Die Bundesregierung ist dieser Forde- rung nachgekommen, wenn auch nur konditioniert. Noch weniger Verständnis als für die vorgenommene Kondi- tionierung haben wir für Aussagen einzelner Mitglieder der Bundesregierung, namentlich des Bundesverteidi- gungsministers, der öffentlich den Eindruck erweckt hat, ihm sei die Festlegung auf eine Jahreszahl in Bezug auf einen Rückzugsbeginn gleichgültig. Daraus spricht unse- res Erachtens eine Missachtung des Parlaments, und wir hätten an dieser Stelle eine angemessene Klarstellung durch die Bundeskanzlerin erwartet. Trotz dieser Begleitumstände stimmen wir dem vor- liegenden Mandat zu, um dem auch von uns initiierten Strategiewechsel eine Chance zu geben. Wir erklären aber schon jetzt, dass wir eine erneute Zustimmung zu einer weiteren Mandatsverlängerung, die voraussichtlich einigen Erfolgen zwar auch Fehlentwicklungen in Afghanistan, leistet aber keine qualitative Analyse der vor einem Jahr eingeleiteten Maßnahmen. Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten haben bei ihrem Gipfeltreffen in Lissabon am 19. und 20. November eine schrittweise Übergabe der Sicher- heitsverantwortung an die afghanischen Behörden bis zum Jahr 2014 beschlossen. Mit diesem Prozess soll be- reits in den kommenden Wochen und Monaten begonnen werden. Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht gera- dezu folgerichtig, auch im Laufe dieses Jahres bereits mit dem Rückzug der Bundeswehr zu beginnen. Eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung ohne einen Teil- rückzug der internationalen Kräfte wäre ein Etiketten- schwindel. Ein Verschieben des Abzugsbeginns würde auch den notwendigen Druck auf die afghanische Regie- rung lockern, schrittweise die Sicherheitsverantwortung in Afghanistan zu übernehmen, und damit einen verant- wortungsbewussten Abzug insgesamt infrage stellen. Die USA werden nach allen vorliegenden Informatio- nen bereits im Juli mit dem Rückzug ihres im vergan- genen Jahr vorgenommen Aufwuchses in Höhe von 30 000 Soldaten beginnen. Dieser Prozess wird sich über mehrere Monate hinziehen. Insofern ist die von der SPD erhobene Forderung, den Beginn des Rückzugs der Bundeswehr im Jahr 2011 im vorliegenden Mandat schriftlich zu fixieren, nur folge- im v d c E h m d A fü (D kommenden Jahr dem Bundestag zur Abstimmung orgelegt wird, an die Einhaltung der Zusage der Bun- esregierung knüpfen, „im Zuge der Übergabe der Si- herheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab nde 2011 (zu) reduzieren … und dabei jeden sicher- eitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühest- ögliche Reduzierung (zu) nutzen …“, Antrag der Bun- esregierung (Drucksache 17/4402). nlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Hartmann (Wa- ckernheim) (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheits- unterstützungstruppe in Afghanistan (Interna- tional Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolu- tion 1386 (2001) und folgender Resolution, zuletzt Resolution 1943 (2010) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen (Tagesordnungs- punkt 18) Mein Name ist in der Abstimmungsliste nicht aufge- hrt. Mein Votum lautet Ja. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9959 (A) ) )(B) Dr. Peter Gauweiler Hartmut Koschyk Lothar Riebsamen Peter Weiß (Emmendingen) Alois Gerig Eberhard Gienger Michael Glos Josef Göppel Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Thomas Kossendey Michael Kretschmer Josef Rief Klaus Riegert Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Anlage 9 der Mitglieder des Deutsch des Staatssicherheitsdienst (Tagesordnungspunkt 19) CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Leo Dautzenberg Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens U R H M M M M D O F D Jü G D M U F R M Jü A E C R K F T D D A D B H S A B V S D R E E V A Je M D Verzeich en Bundestages, die an der es der ehemaligen Deutschen te Granold einhard Grindel ermann Gröhe ichael Grosse-Brömer arkus Grübel anfred Grund onika Grütters r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg lav Gutting lorian Hahn r. Stephan Harbarth rgen Hardt erda Hasselfeldt r. Matthias Heider echthild Heil rsula Heinen-Esser rank Heinrich udolf Henke ichael Hennrich rgen Herrmann nsgar Heveling rnst Hinsken hristian Hirte obert Hochbaum arl Holmeier ranz-Josef Holzenkamp homas Jarzombek r. Dieter Jasper r. Franz Josef Jung ndreas Jung (Konstanz) r. Egon Jüttner artholomäus Kalb ans-Werner Kammer teffen Kampeter lois Karl ernhard Kaster olker Kauder iegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) r. Stefan Kaufmann oderich Kiesewetter wa Klamt ckart von Klaeden olkmar Klein xel Knoerig ns Koeppen anfred Kolbe r. Rolf Koschorrek D A D K U D P D In M P D D D K D A S D D M D P D M D S D B M D F E H D R U D S B R C R E T D E K nis Wahl des Bundesbeauftragte Demokratischen Republik r. Karl A. Lamers (Heidelberg) ndreas G. Lämmel r. Norbert Lammert atharina Landgraf lrich Lange r. Max Lehmer aul Lehrieder r. Ursula von der Leyen gbert Liebing atthias Lietz atricia Lips r. Jan-Marco Luczak aniela Ludwig r. Michael Luther arin Maag r. Thomas de Maizière ndreas Mattfeldt tephan Mayer (Altötting) r. Michael Meister r. Angela Merkel aria Michalk r. h. c. Hans Michelbach hilipp Mißfelder ietrich Monstadt arlene Mortler r. Gerd Müller tefan Müller (Erlangen) r. Philipp Murmann ernd Neumann (Bremen) ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald enning Otte r. Michael Paul ita Pawelski lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer eatrix Philipp onald Pofalla hristoph Poland uprecht Polenz ckhard Pols homas Rachel r. Peter Ramsauer ckhardt Rehberg atherina Reiche (Potsdam) A D D D K N T G C P D N D D B U A D Jo R D B T Jo Je C D E C D S M K T L M D A D A V S A D M K M (C (D n für die Unterlagen teilgenommen haben nita Schäfer (Saalstadt) r. Wolfgang Schäuble r. Annette Schavan r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt (Fürth) atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff adine Schön (St. Wendel) r. Ole Schröder r. Kristina Schröder (Wiesbaden) ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein) etlef Seif hannes Selle einhold Sendker r. Patrick Sensburg ernd Siebert homas Silberhorn hannes Singhammer ns Spahn arola Stauche r. Frank Steffel rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ieter Stier tephan Stracke ax Straubinger arin Strenz homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen r. Peter Tauber ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Vogel (Kleinsaara) tefanie Vogelsang ndrea Astrid Voßhoff r. Johann Wadephul arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg (Hamburg) 9960 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 (A) ) )(B) Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Bärbel Bas Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose D D F A N A U C C D S B G K C K H P U D F D D T H A H Jo Jo D F D M G D S R D K M M B M W U S C O S E F D S R D S P D C K D F W R U D r. Bärbel Kofler aniela Kolbe (Leipzig) ritz Rudolf Körper nette Kramme icolette Kressl ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) llrich Meßmer r. Matthias Miersch ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ietmar Nietan homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula hannes Pflug achim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert erold Reichenbach r. Carola Reimann önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth (Esslingen) ichael Roth (Heringen) arlene Rupprecht (Tuchenbach) ernd Scheelen arianne Schieder (Schwandorf) erner Schieder (Weiden) lla Schmidt (Aachen) ilvia Schmidt (Eisleben) arsten Schneider (Erfurt) ttmar Schreiner wen Schulz (Spandau) wald Schurer rank Schwabe r. Martin Schwanholz tefan Schwartze ita Schwarzelühr-Sutter r. Carsten Sieling onja Steffen eer Steinbrück r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse ranz Thönnes olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer A H D W U D M B F Je C C D F S C N K A E M S H R D P M R Jö U O D D H H M Jo D H M E B D H M D P D G S H P H S H S C D D H P G Ja P ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz altraud Wolff (Wolmirstedt) ta Zapf agmar Ziegler anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ns Ackermann hristian Ahrendt hristine Aschenberg- Dugnus aniel Bahr (Münster) lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel icole Bracht-Bendt laus Breil ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann r. Bijan Djir-Sarai atrick Döring echthild Dyckmans ainer Erdel rg van Essen lrike Flach tto Fricke r. Edmund Peter Geisen r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß achim Günther (Plauen) r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein anuel Höferlin lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer einer Kamp ichael Kauch r. Lutz Knopek ascal Kober r. Heinrich L. Kolb udrun Kopp ebastian Körber olger Krestel atrick Kurth (Kyffhäuser) einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine Leutheusser- Schnarrenberger hristian Lindner r. Martin Lindner (Berlin) r. Erwin Lotter orst Meierhofer atrick Meinhardt abriele Molitor n Mücke etra Müller (Aachen) B D D H C D D D D B F C Ji M D W Ju D Jo D T D S F S Jo D D D D H D Ja A D H K M H S C E D R S D H W D K W N D A D H D D A U D K H (C (D urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann (Lausitz) irk Niebel ans-Joachim Otto (Frankfurt) ornelia Pieper r. Christiane Ratjen- Damerau r. Birgit Reinemund r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr mmy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert erner Simmling dith Skudelny r. Hermann Otto Solms achim Spatz r. Max Stadler orsten Heiko Staffeldt r. Rainer Stinner tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören hannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) IE LINKE n van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen r. Diether Dehm eidrun Dittrich erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein r. Barbara Höll ndrej Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen atja Kipping arald Koch Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 88. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 9961 (A) (C) (D)(B) Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothee Menzner Kornelia Möller Niema Movassat Wolfgang Nešković Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Paul Schäfer (Köln) Michael Schlecht Dr. Ilja Seifert Kathrin Senger-Schäfer Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Johanna Voß Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Kai Gehring Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe rgen Trittin aniela Wagner olfgang Wieland r. Valerie Wilms sef Philip Winkler tu ng abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/3608 Nr. A.1 Ratsdokument 13615/10 Drucksache 17/3608 Nr. A.2 Ratsdokument 14193/10 Birgitt Bender Alexander Bonde Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Agnes Malczak H D Jü D W D Jo Anlage 10 Amtliche Mitteilung Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitge- teilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- 88. Sitzung Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708800000

Die Sitzung ist eröffnet.

Nehmen Sie bitte Platz. Guten Morgen, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen!

Ich rufe unseren Tagesordnungspunkt 18 auf:

– Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)


Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an dem Einsatz der Inter-
nationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in

(International Security Assistance Force, ISAF)

auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und
folgender Resolutionen, zuletzt Resolution
1943 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen

– Drucksachen 17/4402, 17/4561 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Philipp Mißfelder
Dr. Rolf Mützenich
Dr. Rainer Stinner
Wolfgang Gehrcke

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Dr. Frithjof Schmidt

– Bericht des Haushaltsauschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/4562 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Klaus Brandner
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Sven-Christian Kindler

Zu dieser Beschlussempfehlung liegt je eine Ent-
schließungsantrag der Fraktion der SPD, de
Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die G
Über die Beschlussempfehlung zu dem Antra
desregierung werden wir später namentlich ab

(C (D ung 8. Januar 2011 0 Uhr Ich weise schon jetzt darauf hin, dass unmittelbar ach dieser namentlichen Abstimmung die Wahl des undesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssichereitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen epublik mit Stimmkarte und Wahlausweis stattfinden ird. Für die Aussprache zum gerade aufgerufenen Tagesrdnungspunkt sind nach einer interfraktionellen Vereinarung eineinviertel Stunden vorgesehen. – Dazu sehe h keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zuächst der Kollegin Birgit Homburger für die FDP-Frakon. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! enn man die Lage in Afghanistan von außen betrachtet oft genug wird sie gerade auch hier nur oberflächlich etrachtet –, dann sieht man häufig nur die Probleme nd den Anstieg von Sicherheitsvorfällen in den letzten ahren. Man sieht eben nur wenig die Fortschritte und uch nicht, dass das damit zu tun hat, dass wir in Afghaistan zwischenzeitlich eben nicht nur punktuell arbei ext ten, sondern in der Fläche vertreten sind. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1708800100

Wer sich allerdings genauer damit beschäftigt, der kann
erkennen, dass der Strategiewechsel erfolgt ist. Das ist
das Zentrale.

Ich war im letzten Oktober zum wiederholten Mal in
Afghanistan und habe vor Ort die Erfahrung gemacht,
dass es in der Tat deutlich erkennbare Fortschritte gibt,
unter anderem bei der Verantwortungsübernahme durch
die afghanische Polizei und die afghanische Armee, die
sehr viele Fortschritte gemacht haben. Daneben gab es

Fortschritte beim Wiederaufbau, die hier
enntnis genommen, vor Ort aber bestä-
d zwar nicht nur im Verantwortungs-
ndeswehr im Norden, sondern in ganz
r Fraktion
rünen vor.

g der Bun-
stimmen.

aber eben auch
nur wenig zur K
tigt werden, un
bereich der Bu





Birgit Homburger


(A) )


)(B)

Afghanistan. Das hat auch General Petraeus kürzlich
noch einmal bestätigt, als er hier in Deutschland war.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben im letzten Dezember erstmals einen Fort-
schrittsbericht von der Bundesregierung bekommen. Ich
glaube, das ist ein wichtiges Dokument, weil darin eine
ungeschminkte Bestandsaufnahme erfolgt und der Stand
des Engagements realistisch beurteilt wird. Es werden
Fortschritte aufgezeigt, aber es wird auch aufgezeigt, wo
es noch Defizite gibt und wo Aufgaben noch erkennbar
sind.

Diese Fortschritte sind auch im Mandat erkennbar.
Der Schwerpunkt dieses Mandats ist die Unterstützung
bei der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die
Afghanen. Hier ist im Jahre 2010 Erhebliches erreicht
worden. Auf den Konferenzen in London, in Kabul und
in Lissabon hat die internationale Gemeinschaft einen
Fahrplan für die Übergabe der Verantwortung erarbeitet.
Wir werden dieses Jahr in Provinzen und Distrikten, also
zunächst in kleinen Bereichen, mit der Übergabe der
Verantwortung beginnen.

Ziel ist es, dass die nationalen Sicherheitskräfte in
Afghanistan bis Ende 2014 die Verantwortung für alle
Provinzen übernehmen und die Sicherheitsoperationen
dort durchführen. Dieser Fahrplan ist international abge-
stimmt. Er entspricht dem Fahrplan der afghanischen
Regierung und den Vorstellungen von Präsident Karzai.
Dass es gelungen ist, diesen Fahrplan festzulegen, ist ein
großer Erfolg.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Voraussetzung für die Übergabe der Sicherheitsver-
antwortung ist vor allem, dass wir die afghanischen Si-
cherheitskräfte selbst in die Lage versetzen, für Sicher-
heit und Ordnung zu sorgen. Deshalb ist es wichtig, dass
wir einen Strategiewechsel geschafft haben.

Wir haben Anfang 2010 klare Ziele definiert. Das ist
die Grundvoraussetzung, um kontrollieren zu können, ob
sie tatsächlich erreicht werden. Wir haben das Mandat
klar auf die Erreichung dieser Ziele ausgerichtet.

Die deutsche Anstrengung ist deutlich erkennbar. Wir
haben zwischenzeitlich bei der afghanischen Armee und
Polizei erreicht, dass der Aufwuchs der Sicherheitskräfte
weiter vorangeschritten ist, als es für das Jahr 2010 fest-
gelegt war. Das heißt, die Ziele sind übererfüllt worden.
Dass das erreichbar ist, hätte Anfang des Jahres 2010
niemand gedacht. Das ist ein zentraler Fortschritt. Denn
diese Schwerpunktsetzung schafft erst die Vorausset-
zung für eine Abzugsperspektive.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn wir heute über dieses Mandat entscheiden,
dann steht wieder der Beitrag der Bundeswehr im Mittel-
punkt. Deshalb ist es gut, dass in der letzten Woche in ei-
ner Regierungserklärung von Bundesminister Niebel
erstmals der zivile Wiederaufbau im Mittelpunkt gestan-

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(C (D en hat. Das Konzept der vernetzten Sicherheit wird mit eben erfüllt. Wir haben die Hilfe beim zivilen Wiederufbau verdoppelt. Wir haben erhebliche Fortschritte erreicht. Mit unser Unterstützung werden beispielsweise Haushalte mit esserem Trinkwasser versorgt. Wir haben 12 000 Afhanen in unserem Verantwortungsbereich weitergebilet. 42 000 Personen konnten von Mikrokrediten der eutsch-afghanischen Entwicklungszusammenarbeit rofitieren. All diese Maßnahmen versetzen Menschen die Lage, für sich und ihre Familie Verantwortung zu bernehmen. Wir geben ihnen eine großartige Unterstütung, und wir dürfen sie auch in Zukunft nicht alleine ssen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass das erreicht werden konnte, ist vor allen Dingen
r diejenigen ein Erfolg, die bereit sind, an dieser Stelle
erantwortung zu übernehmen und vor Ort ihr Leben
ufs Spiel zu setzen, um Erfolge zu erzielen. Deshalb
öchte ich an dieser Stelle allen Soldatinnen und Solda-
n im Einsatz, aber auch allen Polizisten, die vor Ort in
er Ausbildung tätig sind, und allen zivilen Helferinnen
nd Helfern, die vor Ort Großartiges leisten, ein herzli-
hes Dankeschön sagen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


2011 wird ein entscheidendes Jahr für dieses Engage-
ent. Wer Afghanistan stabilisieren will, der schafft das

icht allein mit militärischen Mitteln. Deshalb ist es so
ichtig, dass wir den Ansatz der vernetzten Sicherheit,
en zivilen Wiederaufbau und die Übergabe der Verant-
ortung an die Afghanen in den Mittelpunkt gestellt ha-
en.

Vor allen Dingen ist es auch wichtig, dass wir an einer
olitischen Lösung weiterarbeiten. Deshalb ist es wich-
g, dass die politischen Initiativen, die die Bundesregie-
ng ergriffen hat, weiter vorangetrieben werden. Sie
üssen im Jahr 2011 im Mittelpunkt der Bemühungen

tehen, um eine Stabilisierung der Region zu erreichen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In der heutigen Abstimmung werden sich die Grünen
rneut der Verantwortung entziehen. Was die Linken ma-
hen, indem sie auch in der Kommunikation nach außen
en Einsatz mit Terrorismus gleichstellen, wie insbeson-
ere Frau Lötzsch, ist unverantwortlich.

Deshalb sind wir froh, dass wir in intensiven Diskus-
ionen hier in den Fraktionen des Deutschen Bundesta-
es eine verantwortliche Entscheidung treffen. Ich danke
or allen Dingen der SPD, dass sie sich mehrheitlich da-
r entschieden hat, diesem Mandat zuzustimmen. Es ist
ichtig, dass die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz
issen, dass sie die breite Rückendeckung des Deut-

chen Bundestages haben. Deshalb ist es gut, dass es
ine breite Mehrheit auch am heutigen Tage für dieses
andat geben wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Birgit Homburger


(A) )


)(B)

Wenn wir den eingeschlagenen Weg fortsetzen, dann
– davon bin ich überzeugt – ist es ein weiter Weg, und es
wird noch ein schwieriger Weg sein. Aber es ist ein Weg
für eine gute Zukunft für die Menschen in Afghanistan,
und es ist ein Weg zur Stabilisierung dieses Landes, das
auch für die Sicherheit unseres Landes entscheidend ist.
Wir werden auch nach 2014 noch langfristig die Auf-
gabe haben, dieses Land zu unterstützen. Aber ich
glaube, es ist ein großer Erfolg, dass Fortschritte erzielt
worden sind und dass es erstmals überhaupt eine Ab-
zugsperspektive gibt. Das ist ein Erfolg auch für diese
Koalition und für diese Bundesregierung. Ich denke,
dass wir gemeinsam auf diesem Weg weitergehen soll-
ten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708800200

Nächster Redner ist der Kollege Sigmar Gabriel für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1708800300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Der Deutsche Bundestag
entscheidet heute erneut über die Entsendung unserer
Soldatinnen und Soldaten nach Afghanistan. Im zehnten
Jahr des Einsatzes ist das wohl die schwierigste Auf-
gabe, die Abgeordnete hier wahrnehmen müssen. Viel zu
viele haben inzwischen ihr Leben verloren oder kehren
traumatisiert oder verletzt zurück. Die Tragödien in den
betroffenen Familien können wir wohl höchstens erah-
nen. Es ist richtig, sich heute für den Mut und die Tapfer-
keit all derjenigen zu bedanken, die sich in Afghanistan
für ein Ende des Terrors, ein Ende der Gewalt und eine
bessere Zukunft einsetzen. Wir Sozialdemokraten tun
dies ausdrücklich.


(Beifall bei der SPD)


Aber wir, die den Einsatz in der Vergangenheit mit-
verantwortet haben und auch heute mitverantworten
wollen, empfinden auch eine Mitverantwortung für die
Tragödien in den vom Tod betroffenen Familien, egal ob
sie in Deutschland leben oder in Afghanistan. Ob uns die
betroffenen Familien immer vergeben können, weiß ich
nicht. Aber darum bitten und unsere Mitverantwortung
und Trauer eingestehen, das dürfen und das müssen wir,
selbst dann, wenn wir von der Notwendigkeit des inter-
nationalen Einsatzes in Afghanistan überzeugt sind.

Wir Sozialdemokraten und die übergroße Mehrheit
der SPD-Bundestagsfraktion werden nach reiflicher
Überlegung und Debatte auch in diesem Jahr dem Ein-
satz der Bundeswehr im Rahmen des Einsatzes der Ver-
einten Nationen zustimmen. Für uns ist klar: Die Be-
gründung der Vereinten Nationen für den internationalen
Einsatz in Afghanistan gilt auch heute noch. Der Einsatz
in Afghanistan hat aus Sicht der Vereinten Nationen
nach wie vor das Ziel, eine von dort ausgehende Gefahr
für den Weltfrieden dauerhaft zu beseitigen. Das Land
soll nie wieder zur Basis für den internationalen Terro-

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(C (D smus werden können und auch nicht Ausgangspunkt r eine zunehmende Unsicherheit und Instabilität der esamten Region bleiben. Wir würden durch einen Abbruch des Einsatzes nicht ur die Chance auf eine friedliche Zukunft Afghanistans efährden, wir würden nicht nur Hunderttausende Famien und Millionen Menschen ihrer Hoffnung auf eine essere Zukunft und ein freieres und menschenwürdiges Leben berauben, wir würden auch uns und die Men chen in Deutschland erneut den größeren Gefahren ausetzen, die von einem instabilen Afghanistan und einer estabilisierten Region in diesem Teil der Welt ausgeen. Ja, wir wollen Menschen in Afghanistan schützen, ir wollen auch Brunnen bohren, Schulen bauen und rauenund Menschenrechten zum Durchbruch verheln. Aber wir wollen auch uns selbst und die Sicherheit er internationalen Staatengemeinschaft schützen. Das t nach wie vor der Kern der Begründung für diesen insatz. Diese Begründung müssen wir auch heute unser zweifelnden Bevölkerung gegenüber deutlich ma hen. Es ist notwendig, viele Fehleinschätzungen der Verangenheit zu korrigieren, nicht zuletzt die Realitätsvereigerung im Umgang mit den Bürgerkriegsparteien in fghanistan. Ich erinnere mich noch gut daran, was für ommentare laut wurden, als der damalige Vorsitzende er SPD, Kurt Beck, nach einer Reise nach Afghanistan urückkam und sagte: Wir müssen auch mit den Talibanhrern reden, die zu einem Versöhnungsgespräch bereit ind. – Wir sind verhöhnt und verlacht worden. Heute ist lar: Ohne einen solchen Versöhnungsprozess wird Stailität in Afghanistan nie zu erreichen sein. Seit etwa einem Jahr sind aus den Fehlern des Afghaistan-Einsatzes in der Vergangenheit endlich Konsequenen gezogen worden, und es hat einen Strategiewechsel er internationalen Staatengemeinschaft gegeben. Heute önnen wir feststellen: Der Strategiewechsel war nicht ur dringend notwendig, sondern er hat sich auch durchesetzt, weil die afghanische Regierung selbst und viele ndere Nationen zu den gleichen Schlussfolgerungen geommen sind. Am wichtigsten ist: Ein gutes Jahr danach können wir rkennen, dass der Strategiewechsel beim internationan Einsatz sowohl auf der militärischen als auch auf der ivilen Seite bei den Vereinten Nationen in Afghanistan ffenbar erste Erfolge zeitigt. Erstmals in der nunmehr ehnjährigen Geschichte des Einsatzes besteht eine reastische Chance auf eine Trendwende in Afghanistan. Wir Sozialdemokraten haben seit längerer Zeit für iesen Strategiewechsel gekämpft. Es war der damalige ußenminister der Großen Koalition, Frank-Walter teinmeier, der in seinem Zehnpunkteplan diesen Strateiewechsel gefordert hat, lange bevor er Realität wurde. ls die SPD diese neue Strategie in Deutschland und in er internationalen Staatengemeinschaft im Afghanisn-Konflikt forderte, hat es wieder öffentliche Kritik ehagelt. Wie schon bei der Forderung von Kurt Beck Sigmar Gabriel )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

nach einer Einbeziehung der verhandlungsbereiten Tali-
ban in eine politische Lösung wurde auch unsere Forde-
rung nach einer Beendigung der internationalen Kampf-
handlungen und damit auch der Beteiligung der
Bundeswehr an Kampfhandlungen im Jahr 2014 insbe-
sondere von CDU und CSU in Bausch und Bogen ver-
worfen.


(Beifall bei der SPD)


Es war Ihr Verteidigungsminister, der damals erklärt
hat – ich zitiere –:

Wir brauchen … kein Enddatum.

Die Bundeskanzlerin meinte seinerzeit:

Ich fände es falsch, wenn wir jetzt ein konkretes
Abzugsdatum nennen.

Das ist das Zitat desjenigen, der heute öffentlich er-
klärt, dass er dieses Enddatum richtig finde, sonst würde
er dem Mandat wohl kaum zustimmen.

Sie werden verstehen, dass wir Sozialdemokraten
froh darüber sind, dass unsere Beurteilung der Situation
in Afghanistan und des damit verbundenen Strategie-
wechsels offenbar deutlich realistischer und klarer war
als manches, was aus der Regierung damals zu hören
war.


(Beifall bei der SPD)


Es ist schade, dass die Bundeskanzlerin bei dieser De-
batte und Entscheidung nicht dabei sein kann.


(Zuruf des Bundesministers Dr. Guido Westerwelle)


– Ich höre, sie kommt gleich. – Teile Ihrer Regierung ha-
ben aus der Entwicklung des letzten Jahres noch immer
nichts gelernt. Alle Vertreter der internationalen Staaten-
gemeinschaft sind sich einig, dass es für die Realisierung
dieser neuen Strategie absolut unerlässlich ist, schritt-
weise mit der Übergabe von Sicherheitsverantwortung
an die afghanische Armee und Polizei in einzelnen Dis-
trikten, Provinzen und Städten im Jahr 2011 zu beginnen
und damit auch die Reduzierung von internationalen
Streitkräften zu verbinden. Der amerikanische Präsident
Obama hat das in dieser Woche in seiner Rede an die
Nation noch einmal bekräftigt und gesagt: Ab Juli dieses
Jahres beginnt der Rückzug amerikanischer Truppen aus
Afghanistan. – Der Druck dieses Zeitplans, beginnend
2011, soll dazu beitragen, dass auch die unterschiedli-
chen Gruppen und Ethnien außerhalb der Aufständi-
schen in Afghanistan besser zusammenarbeiten.

Es darf kein Verlassen auf eine dauerhafte militäri-
sche Präsenz der internationalen Streitkräfte in Afgha-
nistan geben. Wer 2011 nicht anfängt, der wird 2014
nicht draußen sein. Alle haben das verstanden, auch der
Außenminister der Bundesregierung, nur einer offenbar
nicht, nämlich der Verteidigungsminister. Wie anders ist
sein Satz sonst zu verstehen, es sei ihm „völlig wurscht,
ob man das Jahr 2004 oder 2013, 2010 oder 2011 oder
2012 nennt“. Völlig wurscht sei ihm das. Von mir aus
kann Ihr Verteidigungsminister Ihren Außenminister und
auch Ihre Bundeskanzlerin ignorieren; aber wenn Ihrem
Verteidigungsminister die Strategie der internationalen

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(C (D taatengemeinschaft „völlig wurscht“ ist, dann ist er chlicht und ergreifend fehl auf seinem Platz, nichts aneres. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir jedenfalls stimmen heute der Mandatsverlänge-
ng mit großer Mehrheit zu, weil wir den Strategiewech-

el in Afghanistan für richtig und erfolgversprechend hal-
n und nicht weil wir etwa die regierungsinternen
ompromissformulierungen im Mandatstext richtig fin-
en. Uns ist es egal, welche kabinettsinternen Verren-
ungen Sie da machen mussten, um Ihren Minister auf
inie zu bekommen. Wir stimmen zu, weil wir sicher
ind, dass die Truppenreduzierung im Rahmen dieses
trategiewechsels im Jahr 2011 beginnen kann und wird
nd weil wir 2014 mit unserer Bundeswehr nicht mehr
n Kampfhandlungen in Afghanistan beteiligt sein wol-
n.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Um eines müssen wir die Bundeskanzlerin auch in ih-
r Abwesenheit schon bitten: Bitte, bringen Sie Ihrem
erteidigungsminister bei, dass es nur eine Institution
ibt, die über den Einsatz, den Verbleib und den Rück-
ug der Bundeswehr entscheidet, und das ist nicht der
erteidigungsminister. In seinen Kreisen müsste sich
ach 90 Jahren herumgesprochen haben, dass in
eutschland nur ein demokratisch legitimiertes Parla-
ent über die Bundeswehr entscheidet und nicht ein
inister einer Regierung.


(Beifall bei der SPD)


Mit seinen Bemerkungen zum Rückzugstermin offen-
art der Minister eine seltsame Distanz und auch einen
angelnden Respekt gegenüber zwei Verfassungsinsti-
tionen: gegenüber der eigenen Bundesregierung und

egenüber diesem Parlament. Die Bundeskanzlerin kann
as gerne weiter schleifen lassen – das ist uns notfalls
gal –; aber als Abgeordnete des Deutschen Bundestages
erden wir uns das nicht gefallen lassen. Das ist jeden-
lls ganz sicher.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist gut, dass wir es uns mit den Einsätzen der Bun-
eswehr in diesem Haus immer schwer machen.
eutschland braucht keine schneidigen Entscheidungen
ber die Einsätze der Bundeswehr, und wir brauchen üb-
gens auch keine Bundeswehr, in der nur der ein richti-
er Soldat oder ein Held ist, der sozusagen unter Feuer
estanden hat. Ich will jedenfalls nicht, dass am Ende
ur noch die Unterscheidung zwischen traumatisierten
nd glorifizierten Soldatinnen und Soldaten existiert.


(Beifall bei der SPD)


Der Friede bleibt der Ernstfall, und die Bundeswehr
leibt eine demokratische und in ihrer Inneren Führung
ivile Parlamentsarmee und keine auf Abruf bereitste-
ende Interventionstruppe.


(Beifall bei der SPD)






Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

Darauf haben wir gerade jetzt zu achten, wenn es an die
größte Reform der Bundeswehr in ihrer eigenen Ge-
schichte geht.

Die Bundeswehr ist eine Erfolgsgeschichte der Bun-
desrepublik Deutschland, eine deutsche, weil die Solda-
tinnen und Soldaten der Bundesrepublik erstmals in der
Geschichte unseres Landes nie in Gefahr waren, einen
Staat im Staate zu bilden, sondern weil sie Staatsbürger
in Uniform sind. Sie ist eine europäische Erfolgsge-
schichte, weil niemand, kein Nachbar in Europa oder
sonst irgendwer auf der Welt – von England bis Skandi-
navien, von Griechenland bis Frankreich, von Polen bis
nach Russland –, vor dieser Bundeswehr Angst haben
muss. Im Gegenteil: Unsere europäischen Nachbarn und
unsere internationalen Verbündeten können sich auf die
Bundeswehr als verlässlichen Partner bei der Friedens-
und Freiheitssicherung verlassen. Das ist eine riesige Er-
folgsgeschichte unseres Landes.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Es geht um Vertrauen!)


Der Grund für diese Erfolgsgeschichte sind gerade
die innere Zivilität, die Innere Führung und das Bild des
Staatsbürgers in Uniform. Umso sorgfältiger müssen wir
heute mit dieser Erfolgsgeschichte umgehen. Wir wer-
den die Bundeswehr mit dem Abschied von der Wehr-
pflicht völlig verändern. Wir dürfen nicht schon gleich
am Anfang die falschen Signale setzen. So war es eben
von Anfang an falsch, die Bundeswehrreform als Spar-
operation anzulegen. Vieles wird mehr kosten und nicht
weniger.


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Wir reden von Afghanistan!)


Deshalb zerplatzen jetzt die vollmundigen Sparankündi-
gungen des Verteidigungsministers wie Seifenblasen.
Die Bundeswehr muss eben nicht nur effizient, sondern
vor allen Dingen effektiv sein. Sie ist etwas anderes als
ein zu verschlankendes Unternehmen.

Die Fehlsteuerung der Bundeswehrreform bekommen
gerade auch die im Einsatz in Afghanistan befindlichen
Soldatinnen und Soldaten zu spüren. So müssen viele
von ihnen ausreichende Schutzkleidung und Ausstattung
mit über 1 000 Euro privat selbst bezahlen. Als wäre das
nicht schon schlimm genug, legt der Verteidigungs-
minister auch hier im Bundestag partei- und fraktions-
übergreifend geforderte Verbesserungen bei den Leistun-
gen an die Hinterbliebenen von getöteten Soldaten
ebenso auf Eis wie die geforderten Verbesserungen für
die berufliche Weiterverwendung der Soldaten nach dem
Einsatz. Das haben wir hier gemeinsam gefordert. Die
Bundesregierung und der Verteidigungsminister setzen
es nicht um.

Der Bundeskanzlerin und ihrem Finanzminister müs-
sen wir doch einmal klar sagen, dass es dann, wenn ihr
Verteidigungsminister offensichtlich mit anderen Aufga-
ben zu tun hat, ihre Aufgabe und ihre Pflicht ist, diese
Forderungen des Parlaments zu erfüllen. Schließlich ist
es die Armee des Parlaments, und wir tragen die Verant-

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(C (D ortung. Die Bundesregierung hat das umzusetzen, was er Deutsche Bundestag für seine Parlamentsarmee entchieden hat. Sie können hier nicht die Verlängerung der Einsätze eantragen, aber bei der Einsatzversorgung auf der remse stehen. Es wäre auch verantwortungslos, wenn wir im Zuammenhang mit der Mandatsverlängerung heute nicht uch auf die Ereignisse der letzten Wochen und Monate u sprechen kämen. Unsere Debatte steht aufgrund der eldpostaffäre, aber noch viel mehr durch die beiden geteten jungen Soldaten in Kunduz und auf der „Gorch ock“ in einem besonderen Licht. Jeder Verteidigungsminister hat wohl das Risiko, dass s 365 Tage im Jahr gibt, an denen er in Bedrängnis ommen kann und öffentliche Erklärungen abgeben uss. Es ist gewiss nicht sinnvoll, aus jedem der denk aren Vorfälle gleich einen Skandal zu machen oder eine ücktrittsforderung anzuschließen. Gewiss ist es ebenso chtig, wenn zuerst die Sachverhalte aufgeklärt und Verntwortlichkeiten geklärt werden, bevor über denkbare onsequenzen öffentlich verhandelt wird. Ich habe desegen die Einlassungen des Verteidigungsministers hier Deutschen Bundestag in der letzten Woche ganz gut achvollziehen können; das kann ich hier offen zugeben. Bis heute versteht aber niemand, warum eigentlich wischen dem Tod einer Seekadettin auf der „Gorch ock“ und der Entsendung eines Ermittlungsteams auf ieses Schiff mehr als zwei Monate vergehen müssen. Und warum wird eigentlich weder die Öffentlichkeit och das Parlament über Wochen über den zweiten Toesfall, den Tod des Soldaten in Kunduz, korrekt unterchtet? Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder der inister hat es gewusst und selbst die Öffentlichkeit und as Parlament nicht angemessen informiert, oder er urde durch sein Ministerium nicht vernünftig inforiert. Nur diese beiden Möglichkeiten gibt es. Beide Alternativen müssten Gründe für die Kanzlerin ein, dort einzugreifen. Sie kann weder dulden, dass eier ihrer Minister das Parlament und die Öffentlichkeit ewusst hinters Licht führt, noch dass sie einen Minister eruft, der sein Ministerium offensichtlich nicht im Griff at und schwerwiegenden Vorfällen nicht von selbst achgeht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Bei der Aufklärung des Bombardements in Kunduz
onnte der Verteidigungsminister noch sagen, ihm seien
ie Unterlagen und vor allem die Feldjägerberichte nicht
ollständig vorgelegt worden. Wenn schon im Verteidi-
ungsministerium bei ungeklärten Todesfällen von Solda-
n nicht generell eine Information des Ministers angeord-
et ist – spätestens nach diesen damaligen Vorwürfen
nd der schwierigen Aufklärung muss doch ein wacher
inister bei ungeklärten Todesfällen die entsprechende

mfassende Berichterstattung, zum Beispiel einschließ-





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

lich der Feldjägerberichte, selbst anfordern. Das ist seine
originäre Aufgabe.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dort genau hinschauen zu wollen und genau wissen
zu wollen, was eigentlich passiert ist, ist nicht nur die
Pflicht eines Ministers, sondern auch eine Frage des In-
teresses am Schicksal der eigenen Soldaten sowie eine
Frage der Mitmenschlichkeit.


(Beifall bei der SPD)


Stattdessen erleben wir zum wiederholten Mal, wie
schon beim Bombardement in Kunduz, dass der Vertei-
digungsminister seine Aktivitäten nach den Regeln des
deutschen Medienbetriebes ausrichtet. Erst wird abge-
wiegelt und erklärt, alles sei in Ordnung.


(Zuruf von der FDP: Da ist er aber nicht der Einzige!)


– Nein. Sie werden aber zugeben, dass er darin beson-
ders gut ist.


(Florian Hahn [CDU/CSU]: Das ist ja genau Ihr Problem!)


Das kritisieren Sie ja selber gelegentlich. Ich verstehe
schon, dass Sie das so lange gut finden, wie er nicht in
Probleme kommt. Wenn der Medienwind sich dann
dreht, wird aber das genaue Gegenteil gesagt und schein-
bar hart durchgegriffen.

Nicht alleine wir kritisieren das. Ich zitiere einmal aus
einem der vielen Berichte in der Zeit. Dort heißt es: „Ein
Muster wird sichtbar.“ Das Muster ist die rasche Schuld-
zuweisung. Ob Kunduz, geöffnete Briefe, ungeklärte
Todesfälle oder jetzt bei der Finanzierung der Bundes-
wehr, die Muster ähneln sich tatsächlich frappierend.
Immer heißt es am Anfang: Erstens. Natürlich werden
bei uns Fehler gemacht. Zweitens. Aber nicht ich, son-
dern andere sind schuld. – Danach werden die Betroffe-
nen kurzerhand entlassen. Eine Zeitung hat dies „das
Prinzip Guttenberg“ genannt. Ich sage Ihnen: Mit Prinzi-
pien hat dies nichts zu tun, aber mit der „Methode
Guttenberg“ hat das eine ganze Menge zu tun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Hahn [CDU/CSU]: Ihnen kann es doch nicht schnell genug gehen!)


Wie sagt der Herr Verteidigungsminister treffend?
Wir brauchen „eine Bundeswehr, die das Verantwor-
tungsprinzip auch bei jedem einzelnen Beteiligten lebt
und trägt“. Nur für sich selbst möchte er dieses Verant-
wortungsprinzip möglichst nicht gelten lassen. Es sind
immer andere, die ihren Kopf hinhalten müssen: Oberst
Klein, General Schneiderhan, Staatssekretär Wichert und
jetzt Kapitän Schatz. Nach etwas mehr als einem Jahr
Amtszeit gibt es schon verdammt viele politische Opfer
dieses Ministers in seinem Betrieb.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D atürlich muss das immer markig klingen. Jetzt wird leich eine Generalinspektion der Bundeswehr angekünigt. Das liegt ziemlich nahe am Generalverdacht. Für ine solche Unterstellung gegenüber der Bundeswehr ibt es keine Grundlage. Trotzdem ist das die Botschaft, ie in die Bundeswehr hineingesandt wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Moderne Führung sieht jedenfalls anders aus. Eine
oderne Führung aber braucht die Bundeswehr heute
ehr denn je. Der Erfolg der Bundeswehr in der Vergan-

enheit und noch mehr in der Zukunft basiert auf ihrer
neren Zivilität. Darauf wollen sich Menschen verlas-

en, die zur Bundeswehr gehen. Dazu gehören nicht zu-
tzt das Recht auf Anhörung und auf rechtliches Gehör

owie der Schutz vor Willkür. Das gilt für Mannschaf-
n, Unteroffiziere, Seekadetten ebenso wie für Offiziere
nd Kommandeure. Wer dieses Recht verletzt, verstößt
klatant gegen die Prinzipien der Inneren Führung der
undeswehr und des Staatsbürgers in Uniform, wie sie
ie Sozialdemokraten Georg Leber und Helmut Schmidt
ef in der Bundeswehr verankert haben. Wir werden
icht zulassen, dass diese Erfolgsgeschichte durch Ihre
egierung kaputt gemacht wird.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708800400

Herr Kollege Gabriel, Sie berücksichtigen bitte die

eit.


Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1708800500

Das geschieht alles nur, weil sich der Minister inzwi-

chen fernsteuern lässt. Wie die Frankfurter Allgemeine
eitung treffend schreibt, gibt es eine strategische Ver-
indung, eine strategische Partnerschaft zwischen der
ild-Zeitung und dem Minister. Der Bild-Zeitung ist
ichts vorzuwerfen. Sie will eine gute Auflage.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Oh! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Man sieht die Schleimspur!)


er Minister aber verkauft dafür seine Mitarbeiter und
oldaten. Das ist der Kern des Vorwurfs, den wir Ihnen
achen müssen.


(Beifall bei der SPD)


Damit wir uns richtig verstehen: In Afghanistan und
uch sonst wo braucht die Bundeswehr einen ruhigen
egisseur, aber nicht einen schillernden Darsteller. Das
t das Letzte, was wir brauchen. Von einem ruhigen Re-
isseur aber ist Ihr Verteidigungsminister derzeit weit
ntfernt. Sorgen Sie dafür, dass sich das ändert! Sonst
efährden Sie nicht nur die Einsätze der Bundeswehr,
ondern auch die Zukunft dieser Armee; denn sie
raucht eine ruhige Hand und nicht jemanden, der sich
on öffentlicher Berichterstattung fernsteuern lässt.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


as ist das Ergebnis von etwas mehr als einem Jahr. Das
erden wir nicht hinnehmen.





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Hahn [CDU/CSU]: Thema verfehlt!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708800600

Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Andreas

Schockenhoff für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1708800700

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Sie haben wohl heute Morgen die Presseberichte
über die Aktuelle Stunde vorgestern gelesen, Herr
Gabriel. Darin ist nachzulesen, dass Ihre Fraktion bei der
Debatte über die Vorfälle in der Bundeswehr wirklich
ein sehr schwaches Bild abgegeben hat.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: So ist es! – Thomas Oppermann [SPD]: Das stand im Bayernkurier!)


Ich kann deshalb nachvollziehen, dass Sie mit Ihrem
ganzen Gewicht heute,


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


wo es um einen ganz anderen Tagesordnungspunkt geht,
diesen Eindruck korrigieren wollen. Ich kann Ihnen sa-
gen: Zu diesem Thema, Herr Gabriel, ist zwar nicht in
der Person, wohl aber nach dem Inhalt Ihrer Rede der
Eindruck noch dünner geworden.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Sima Samar, die Vorsitzende der unabhängigen
Menschenrechtskommission in Afghanistan, ist insbe-
sondere für ihren unermüdlichen Einsatz für die Rechte
der Frauen in ihrem Land bekannt. Ich traf sie vor zwei
Wochen in Kabul und war beeindruckt von ihrem Mut,
sich bei ihrer Arbeit auch von Morddrohungen nicht ein-
schüchtern zu lassen. Frau Samar äußerte sich äußerst
kritisch gegenüber der Regierung Karzai. Auf meine
Frage, wie sie die Zukunft unseres zivil-militärischen
Engagements in Afghanistan bewertet, machte sie mir
unmissverständlich klar, dass wir Afghanistan nicht ver-
lassen dürften, bevor es nachhaltig stabilisiert sei; sonst
drohe die Rückkehr der menschenverachtenden Herr-
schaft der Taliban. Das wirft die Fragen auf: Wo stehen
wir in Afghanistan, und wie lange bleiben wir noch in
Afghanistan?

Man spürt, dass der Strategiewechsel, den wir vergan-
genes Jahr vollzogen haben, sowohl militärisch als auch
beim zivilen Aufbau greift. Deshalb muss der zivil-mili-
tärische vernetzte Ansatz unbedingt weiterverfolgt wer-
den. Es ist richtig: Rein militärisch können wir die Lage
in Afghanistan nicht erfolgreich verändern. Unsere öf-
fentliche Expertenanhörung im Auswärtigen Ausschuss
Ende November hat aber auch ergeben, dass es ohne mi-
litärische Absicherung keine nachhaltige Entwicklungs-
hilfe in Afghanistan geben und dass für die Menschen
eine Verbesserung ihrer Lage nicht dauerhaft erfahrbar
werden kann. Dies haben Vertreter von in Afghanistan
tätigen Nichtregierungsorganisationen auch beim Kon-

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(C (D ress der CDU/CSU-Fraktion zur zivil-militärischen Zuammenarbeit im Dezember bestätigt. Es ist deshalb gut, ass die von den Vereinten Nationen mandatierten ISAFruppen und die afghanischen Sicherheitskräfte gegenber den regierungsfeindlichen Kräften in Afghanistan ie Initiative zurückgewonnen haben. Die Aufständichen sind – ich sage das aufgrund der wechselnden Erhrungen mit aller Vorsicht – spürbar in der Defensive, ilitärisch und politisch. Die Bevölkerung kehrt wieder Gebiete zurück, die von den Aufständischen kontrolert waren, und arbeitet immer enger mit den ISAFruppen zusammen. Gleichzeitig setzen die internatioale Gemeinschaft und die Bundesregierung ihre vor eiem Jahr in London gemachten Zusagen für den zivilen ufbau zügig um und verzeichnen erste Erfolge. Die Kolleginnen und Kollegen, die Afghanistan in ngster Zeit besucht haben, konnten sich selbst davon berzeugen, dass der Aufbau der afghanischen Sichereitskräfte, Armee und Polizei, jetzt zügig vorankommt, uch aufgrund der Ausweitung der deutschen Trainingsapazitäten. Die gesetzten quantitativen Ziele wurden orzeitig erreicht. Deutschland arbeitet mit seinen Ausildungsprogrammen mit Nachdruck daran, dass afghaische Kräfte so schnell wie möglich selbst für Sichereit sorgen können. Dies soll vollständig 2014 in ganz fghanistan möglich sein, ist momentan aber noch nicht er Fall. Deshalb müssen die internationalen Kräfte, also uch die Bundeswehr, derzeit noch diese Aufgabe wahrehmen. Nur auf dieser Grundlage kann Entwicklungsilfe nachhaltige Erfolge erzielen und die lokale Regiengsführung verbessert werden. Die Strategie der Übergabe in Verantwortung ist der chtige Weg. Meines Erachtens ist heute die Zuversicht erechtigt, dass wir 2011 den Prozess der Übergabe in fghanische Verantwortung beginnen können. Im Zuge ieses Prozesses wollen wir auch die Präsenz der Buneswehr ab Ende 2011 reduzieren. Niemand möchte läner als unbedingt notwendig Kampftruppen in Afghanisn belassen. Deshalb tun unsere Soldatinnen und oldaten und unsere zivilen Mitarbeiter alles für eine ageentwicklung, die eine Reduzierung unserer militärichen Präsenz so schnell wie möglich Realität werden sst. Herr Gabriel, ich möchte Ihnen gern unsere Verfasung und das Parlamentsbeteiligungsgesetz erläutern. ie haben hier gesagt: Nicht der Verteidigungsminister ieht Soldaten zurück, sondern wir im Parlament ziehen oldaten zurück. – Herr Gabriel, wir stimmen heute über ine Obergrenze ab. Wenn Sie den Verteidigungsminisr darauf festlegen wollen, dass er bis zum letzten Tag ieses Mandates diese Obergrenze zu 100 Prozent auschöpft, dann ist dies Ihre Position. Die Position der oalition ist, dass die Bundesregierung innerhalb der ge etzten Obergrenze jede Möglichkeit nutzt, sobald es die icherheit und die Nachhaltigkeit zulassen, auch vor nde des Ablaufs dieses Mandats mit der Reduzierung er Truppenstärke zu beginnen. Unser Dank gilt den Männern und Frauen, die vor Ort nter schwierigen und gefährlichen Bedingungen hart Dr. Andreas Schockenhoff )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

für die Stabilität und Entwicklung Afghanistans arbei-
ten. Verantwortbare Übergabe hat – auch das gehört
dazu – Vorrang vor angestrebten Zeitplänen. Die Ab-
zugsperspektive für unsere Soldatinnen und Soldaten
muss sich an konkreten Fortschritten vor Ort bemessen.
Es darf auf keinen Fall ein Sicherheitsvakuum entstehen,
das das Erreichte oder die noch in Afghanistan tätigen
Soldaten und zivilen Kräfte gefährdet. In dem Maße, in
dem Afghanen die Lage sicher und nachhaltig kontrol-
lieren, können und wollen wir Kampftruppen zurückzie-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Um unser Ziel einer völligen Übergabe der Verant-
wortung bis 2014 zu erreichen, sind meines Erachtens
insbesondere fünf Dinge notwendig.

Erstens müssen die Fähigkeiten der afghanischen Si-
cherheitskräfte weiter verbessert werden. Daran wird mit
Nachdruck gearbeitet.

Zweitens muss die afghanische Seite mit uns an ei-
nem Strang ziehen und ihren bei der Kabuler Konferenz
eingegangenen Verpflichtungen – gute Regierungsfüh-
rung, Korruptionsbekämpfung, Aufbau einer unabhängi-
gen Justiz – konsequent und ambitioniert nachkommen.

Drittens muss der Versöhnungsprozess funktionieren
und zu Ergebnissen führen. Eine politische Lösung, also
ein Prozess der Verständigung und des politischen Aus-
gleichs mit verschiedenen Gruppen der Aufständischen,
ist zwingend notwendig, wenn wir ein hinreichend stabi-
les Afghanistan schaffen wollen, von dessen Boden
keine Gefahr für die Region und die Staatengemein-
schaft mehr ausgeht. Herr Gabriel, auch in diesem Zu-
sammenhang muss ich Ihnen sagen: Wir haben nie etwas
anderes behauptet.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Tatsache ist, dass die Taliban zu einer solchen Versöh-
nung bisher nicht bereit waren. Im Jahr 2010 sind aber
erste Schritte in Richtung einer politischen Konfliktbe-
wältigung eingeleitet worden. Herr Gabriel, das hat auch
etwas damit zu tun, dass die ISAF die Initiative zurück-
gewonnen und die Taliban deutlich in die Defensive ge-
drängt hat, und zwar sowohl militärisch als auch poli-
tisch. Auch das hat dazu geführt, dass jetzt dieser
Prozess der Versöhnung und des Ausgleichs möglich ge-
worden ist. Dafür müssen die Spielräume natürlich ge-
nutzt werden.

Viertens müssen wir einen regionalen Lösungsansatz
weiter mit Nachdruck verfolgen. Die Kabuler Konferenz
vom letzten Jahr hat hier wegweisende Fortschritte ge-
bracht. Die Beziehungen zwischen Islamabad und Kabul
haben sich in letzter Zeit erfreulicherweise kontinuier-
lich verbessert. Pakistan fühlt sich jedoch – aus seiner
Sicht – von einem wachsenden indischen Einfluss in
Afghanistan bedroht. Deshalb brauchen wir auch einen
pakistanisch-indischen Dialog über Afghanistan.

Fünftens müssen wir den Afghanen die Gewissheit
geben, dass wir sie 2014 nicht im Stich lassen. Wir müs-
sen unsere Unterstützung beim Wiederaufbau und im

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(C (D ereich der Sicherheit fortsetzen. Dabei wird sich unser ngagement in Afghanistan qualitativ verändern. Es ist nd bleibt aber langfristig. Die für Ende des Jahres gelante Afghanistan-Konferenz in Bonn ist für die Strukrierung des weiteren Vorgehens eine wichtige Wegarke. Herr Gabriel, Sie haben eine breite Zustimmung der PD angekündigt. Sie waren gerade in Afghanistan und onnten sich vor Ort davon überzeugen, dass die jetzt ingeschlagene Strategie richtig ist. Herr Gabriel, Sie haen in einem FAZ-Interview gesagt, dass Sie das Stimmerhalten der meisten Grünen nicht nachvollziehen könen. Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Im Gegensatz zu en meisten Grünen vergisst die Mehrheit der Sozialdeokraten nicht, dass es die rot-grüne Regierung mit Au enminister Fischer war, die den Einsatz mit dieser Innsität begonnen hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


rau Künast und Frau Roth, wie der SPD-Vorsitzende
nd die übergroße Mehrheit der SPD-Fraktion sollten
uch die Grünen anerkennen: Wir sind jetzt auf einem
uten Weg, diesen Einsatz zu einem guten Ende zu füh-
n.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708800800

Das Wort erhält nun der Kollege Gregor Gysi für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708800900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der

ombardierung Belgrads, einem völkerrechtswidrigen
rieg, bildete sich in Deutschland eine Kriegskoalition

us Union, SPD, FDP und Grünen.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: Ungeheuerlich so etwas! – Zuruf von der FDP: Das kann doch wohl nicht wahr sein!)


ie stand auch beim Krieg in Afghanistan, der inzwi-
chen über neun Jahre dauert. Die Linksfraktion beginnt
eute mit einer Afghanistan-Konferenz unter dem Titel
Das andere Afghanistan“. Ich begrüße ausdrücklich
eun Afghaninnen und Afghanen, die aus dem Land des
rieges kommen und auf der Tribüne Platz genommen
aben. Auch um ihr Schicksal geht es.


(Beifall bei der LINKEN)


re Gegner sind die Taliban, die Warlords, aber auch die
ATO.

Es gibt eine repräsentative Emnid-Umfrage von Be-
inn 2010 und von Beginn 2011 zur Ablehnung bzw. Zu-
timmung der Bevölkerung betreffend den Afghanistan-
rieg. Dabei wurden die Vokabeln der Regierung und
icht etwa unsere verwendet. Es gab drei Antwortmög-





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

lichkeiten. Die erste mögliche Antwort war: Ich bin für
die militärische Unterstützung der Aufbauhilfe. – Das,
was wir Krieg nennen, ist – ganz im Sinne der Regierung –
so umschrieben worden. Die zweite mögliche Antwort
war: Ich bin für den Abzug der Bundeswehr und für die
Leistung von Aufbauhilfe. Die dritte mögliche Antwort
war: Ich bin für den Abzug der Bundeswehr, aber ohne
künftige Aufbauhilfe. – 28 Prozent unterstützten zu Be-
ginn des Jahres 2010 die Regierungspolitik. Heute sind
es nur noch 15 Prozent. Ich bitte Sie, darüber nachzu-
denken, wen Sie hier repräsentieren.


(Beifall bei der LINKEN)


2010 waren 50 Prozent für den Abzug der Bundeswehr
und für Aufbauhilfe; heute sind es 53 Prozent. Aber es
gibt eine erschreckende Zahl: Vor einem Jahr wollten
18 Prozent keine Bundeswehr, aber auch keine Aufbau-
hilfe mehr; heute wollen dies 26 Prozent. Denken Sie
einmal darüber nach, weshalb immer mehr Menschen
keine Aufbauhilfe wollen! Das liegt an Ihrer Art der
Politik. Die Leute glauben nicht mehr daran; sie sehen
darin keinen Sinn.


(Beifall bei der LINKEN)


Bei der Umfrage kommt heraus, dass 79 Prozent für den
Abzug der Bundeswehr sind. Nur im Bundestag sind die
Verhältnisse exakt umgekehrt.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Meine Partei war von Anfang an gegen den Krieg.
Terrorismus kann man nicht mit der höchsten Form des
Terrorismus, mit Krieg, bekämpfen.


(Birgit Homburger [FDP]: Das ist ungeheuerlich!)


Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Struck sagte:
Am Hindukusch wird unsere Freiheit verteidigt. – Wenn
ich die schwerbewaffneten Polizisten rund um den Bun-
destag sehe, habe ich den Eindruck, dass am Hindukusch
unsere Freiheit immer mehr eingeschränkt wird. Wir
sind eine potenzielle Adresse für Terrorakte geworden.


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich noch etwas zu Krieg und Terror sa-
gen. Die Terrororganisation al-Qaida sitzt nicht mehr in
Afghanistan, sondern in Pakistan. Sie wird ausschließ-
lich aus Saudi-Arabien bezahlt. Die USA haben beste
Beziehungen zu Saudi-Arabien. Das nenne ich verlogen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie kommen nicht darum herum. Sie wollten von An-
fang an den Krieg gewinnen, wir den Frieden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der FDP: Kölle Alaaf!)


Inzwischen sagt auch der Fortschrittsbericht der Bundes-
regierung von Dezember 2010, dass der Konflikt militä-
risch nicht zu lösen sei. Die Schlussfolgerung der NATO
ist aber: mehr Soldaten, mehr Kriegsgerät. Außerdem
heißt es, dass man den Krieg afghanisieren will, so wie
die USA den Krieg im Irak irakisieren. Auch die Bun-

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(C (D eswehr plant für das nächste Jahr eine weitere Verleung von schwerem Kriegsgerät, von Panzern, Artillerie nd Tigerkampfhubschraubern. Das Ganze läuft auf eine Eskalation des Krieges hiaus. Eine Eskalation des Krieges bedeutet immer auch ine Eskalation der Opfer des Krieges. Im ersten Halbhr 2010 stieg laut UN-Report die Zahl der toten und erletzten Zivilisten in Afghanistan um ein Drittel auf 268. (Zuruf der Abg. Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


urch die Eskalation des Krieges gibt es auch eine hö-
ere Zahl von Todesopfern unter den Soldatinnen und
oldaten. Seit Beginn des Krieges sind über 2 300 Sol-
atinnen und Soldaten umgekommen, darunter 46 Sol-
atinnen und Soldaten der Bundeswehr. Auffallend ist,
ass die Zahl der getöteten Soldatinnen und Soldaten
hrlich steigt; im letzten Jahr waren es schon 711. Die
ahl von Bundeswehrsoldaten mit seelischen Verletzun-
en hat sich gegenüber 2006 verzwölffacht. Waren es
amals 55, sind es heute 655. Hinzu kommen noch
33 Soldaten mit anderen psychischen Erkrankungen.
010 wurden also über 1 000 Soldaten stille Opfer des
rieges, und das sind nur die Soldatinnen und Soldaten,
ie sich gemeldet haben. Die Dunkelziffer ist viel höher.

Man braucht keinen Tatort, um zu begreifen, dass wir
icht nur Afghanistan schaden, sondern auch unser Land
egativ verändern.


(Beifall bei der LINKEN)

enn man aus einer Landesverteidigungsarmee eine In-
rventionsarmee macht und Kriege führt, verändert man

uerst die Armee und dann die Gesellschaft.
Es gibt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirt-

chaftsforschung, die besagt: Bis Ende 2010 haben wir
sgesamt 25 Milliarden Euro für diesen Krieg ausgege-

en. Stellen Sie sich doch einmal vor, wie viel besser Af-
hanistan dastünde, wenn wir nur die Hälfte dieses Gel-
es in den zivilen Aufbau des Landes gesteckt hätten!


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt werde ich Ihnen etwas zu den Folgen des Krie-
es sagen, und daran kommen Sie nicht vorbei. Die erste
olge des Krieges: Das Ansehen der Taliban ist nicht ge-
unken, sondern hat wieder zugenommen.


(Zuruf von der CDU/CSU: In Ihrer Fraktion, oder wo?)


as ist das Gegenteil von dem, was Sie erreichen woll-
n.

Zweitens. Die Warlords sind mächtiger als zu Beginn
es Krieges.

Drittens. In Armut leben nicht mehr 33 Prozent, son-
ern 42 Prozent der Bevölkerung.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ein Quatsch!)


Ich bitte Sie! Das sind UNO-Zahlen. Die können Sie
icht als Quatsch abtun. Nehmen Sie sie einfach mal zur
enntnis.


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Viertens. Unterernährt sind nicht mehr 30 Prozent,
sondern 39 Prozent der Bevölkerung.

Fünftens. In Slums leben nicht mehr 2,4 Millionen,
sondern 4,5 Millionen Menschen.

Sechstens. Den Zugang zu sanitären Einrichtungen
haben nicht mehr 12 Prozent, sondern nur noch
5,2 Prozent der Bevölkerung.

Siebentens. Die Mohnfelder für den Rauschgiftanbau
der Warlords umfassen nicht mehr 131 000, sondern
193 000 Hektar.

Wofür führen Sie eigentlich diesen Krieg? Was soll in
den nächsten Jahren anderes passieren, außer dass sich
dies verschlimmert?


(Beifall bei der LINKEN)


Ihr Ansatz ist völlig falsch, verfangen in der Logik des
Krieges und im Denken des Primats des Krieges.

Die Bundesregierung täuscht jetzt aber auch die Öf-
fentlichkeit. Ich muss sagen, dass der Streit zwischen
Bundesminister Westerwelle und Bundesminister zu
Guttenberg um die Frage, ob man einen Termin für den
beginnenden Abzug der Soldaten nennt, peinlich ist.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: Welcher Streit denn? Es gibt keinen Streit!)


Herausgekommen ist Folgendes: Man sagt, dass der Ab-
zug Ende 2011 beginnt, wenn es die Lage erlaubt. – Für
die Bevölkerung übersetzt, heißt dies: Es beginnt kein
Abzug. Aber ich sage Ihnen eines: Jetzt hat Präsident
Obama Sie blamiert. Er hat gestern erklärt: Ab Juli wer-
den amerikanische Soldaten abgezogen. – Sie denken
noch nicht einmal daran, dies zu realisieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Nur die Linke war und ist konsequent für die sofor-
tige Beendigung des Krieges und den schnellstmögli-
chen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Wir wol-
len keine Verlängerung des Kriegsmandats, sondern
endlich die Erteilung eines Abzugsmandats.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen statt der Fortsetzung des Krieges eine zivile
Konfliktlösung stärken. Wir schlagen eine Beendigung
des Krieges durch Deutschland und eine Aufbauhilfe für
Afghanistan in drei Schritten vor.

Erstens wollen wir die Bundeswehr abziehen. Die
Kampfverbände könnten bis spätestens Ende Mai 2011
abgezogen sein, und den letzten Bundeswehrsoldaten
könnten wir bis spätestens Ende September 2011 abge-
zogen haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens fordern wir eine massive Unterstützung der
zivilen Strukturen. Es geht um die Bekämpfung von Ar-
mut, die Förderung von Bildung, die Gleichstellung von
Frauen und andere wichtige Menschenrechte.

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(C (D Drittens schlagen wir Maßnahmen und eine neue und ndere Petersberger Konferenz zum Wiederaufbau Afhanistans nach dem Krieg vor. Meine Forderung lautet ganz einfach – und ich will ich nur an SPD und Grüne wenden –: Liebe Mitglieder er Fraktionen von SPD und Grünen, treten Sie endlich nd für immer aus der Kriegskoalition aus! (Anhaltender Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Ich verwahre mich gegen den Ausdruck „Kriegskoalition“!)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708801000

Jürgen Trittin ist der nächste Redner für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1708801100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gysi,

h habe auch vor der Position, die Sie hier formuliert
aben, Respekt. Aber eines kann ich Ihnen nicht durch-
ehen lassen: Sie können sich nicht im Deutschen Bun-
estag hinstellen und sagen, die Menschen in Afghanis-
n seien von den Taliban genauso bedroht wie von der
ATO. Wer einen Einsatz der NATO und einer Reihe
eiterer Staaten – darunter viele muslimische Staaten –

uf der Basis eines Mandates der Vereinten Nationen in
ins setzt mit Terroristen und Verbrechern, der hat den
chuss nun wirklich nicht gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir entscheiden heute über ein Mandat in einer geän-
erten strategischen Lage. Es geht schon lange nicht
ehr um die Frage: War es richtig oder falsch? Es geht

eute in Afghanistan um die Frage der Übergabe in Ver-
ntwortung an die Afghaninnen und Afghanen selber. Es
eht nicht mehr um die Frage eines militärischen Sieges
ber die Taliban; es geht um die Bedingungen, unter de-
en man in diesem Land einen Kompromiss findet. Ihre
ufregung ist gar nicht mehr zeitgemäß; denn es geht
icht mehr um das Ob eines Abzuges von Kampftrup-
en;


(Zuruf von der LINKEN: Doch, offensichtlich schon!)


s geht darum, dass wir dort noch lange, auch über 2014
inaus, im zivilen Einsatz sein werden. Es geht um die
rage, wie – nicht ob – wir einen Abzug der Truppen ge-
talten,


(Zuruf von der LINKEN: Ja, schnell!)


hne einen neuen Bürgerkrieg heraufzubeschwören und
ine ganze Region erneut zu destabilisieren. Das ist die
rage, der sich der Deutsche Bundestag hier zu stellen
at.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)






Jürgen Trittin


(A) )


)(B)

Deswegen müssen heute auch diejenigen für eine befris-
tete internationale Präsenz sein, die die Entsendung nicht
befürwortet haben. Diejenigen, die die Entsendung be-
fürwortet haben, müssen sich heute mit der Frage befas-
sen, wie man einen Abzug verantwortlich organisiert;
genau darum geht es.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Mandat der Bundesregierung kann ich nur sa-
gen: Sie haben sich erfolgreich um den Titel „König des
Konjunktivs“ beworben.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn „König“ mal reicht!)


Sie konnten bis heute keinen im Hinblick auf Aufbau,
Zeit und materielle Ziele konkretisierten Plan vorlegen.
Ihre Formulierung besagt, dass es vielleicht zum Abzug
kommt, vielleicht auch nicht. Damit ermöglichen Sie
Spekulationen und Wetten – übrigens auch bei den Kon-
fliktparteien in Afghanistan –, dass man vielleicht doch
ein bisschen länger bleibe und man sich deswegen im
Friedensprozess nicht so sehr anstrengen müsse, schnell
zu einer politischen Lösung zu kommen.

Ich verstehe es nicht, Herr Westerwelle, Herr zu
Guttenberg – Sie legen sonst Wert auf Schneidigkeit und
Eindeutigkeit –: Wieso sind Sie nicht zu einer so klaren
Sprache in der Lage wie der amerikanische Präsident? Er
hat in seiner Rede zur Lage der Nation gesagt:

And this July, we will begin to bring our troops
home.

Punkt! Kein Konjunktiv, kein „if”, gar nichts! Ich er-
warte von der Bundesregierung, dass sie hier ein Mandat
mit dieser Klarheit und Eindeutigkeit vorlegt, nicht ein
Mandat mit Tausend Hintertüren, wie Sie es heute vorge-
legt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie wissen sehr wohl, dass es NATO-Partner gibt, die
sehr konkrete Abzugsdaten vorgelegt haben; das gilt für
verschiedene unserer Nachbarn. Ich frage Sie: Was kön-
nen die, was Sie nicht können?

Es gibt einen zweiten Punkt. Die Bemühungen um
eine Stabilisierung und das Finden einer politischen Lö-
sung, eines Kompromisses dürfen sich nicht gegenseitig
konterkarieren. Aber die Strategie, auf der einen Seite
darauf zu setzen, mit den Taliban und anderen Aufstän-
dischen einen Kompromiss zu finden, und auf der ande-
ren Seite ein „Capture or Kill“ zu praktizieren, ist in sich
widersprüchlich. Sie konterkariert sich und muss been-
det werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch dazu finde ich in dem Mandat nichts.

Ja, wir müssen den zivilen Aufbau voranbringen. Wir
müssen einen politischen Kompromiss finden. Aber,
meine Damen und Herren, eine Verhandlungslösung
kann nicht losgelöst von Kriterien gefunden werden. Es
muss auch bei einem so schwierigen politischen Kom-

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(C (D romiss rote Linien geben, was Rechtsstaatlichkeit, enschenund Frauenrechte angeht. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


s kann nicht sein, dass man einen Friedensprozess um
den Preis durchführt, und am Ende zahlen den Preis
ie afghanischen Frauen. Das kann nicht sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


uch dazu findet sich in diesem Mandat nur Allgemei-
es.

Ich sage Ihnen: Wir streiten nicht darüber, dass ein
ofortabzug nicht geht. Wir streiten nicht darüber, dass
s richtig ist, dass Soldatinnen und Soldaten unter gro-
en Gefahren weiterhin im Auftrag der Vereinten Natio-
en dort präsent sind; das ist nicht der Streit, den wir ha-
en. Wir streiten darüber, dass Sie in Ihrem Mandat nicht
efinieren, was Sie in welchem Zeitraum in Afghanistan
rreichen wollen und wie lange diejenigen, die dort in
ußerster Gefahr ihren Kopf hinhalten müssen, dieses
och tun müssen.

Herr Bundesverteidigungsminister, das kann Ihnen als
berstem Dienstherrn doch nicht wirklich, wie Sie ge-
agt haben, wurst sein.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wurscht!)


s ist nicht wurscht, wenn man dort täglich seinen
ienst verrichten muss. Es ist nicht wurscht, wenn man
nter diesen Gefahren dort tätig sein muss. Aber wenn
an das tut, weil man das für einen ernsten Auftrag hält

nd seinen Job ernst nimmt, dann hat die politische Füh-
ng in diesem Land die verdammte Pflicht und Schul-

igkeit, denjenigen, die dort im Dienst sind, eine klare
eitliche Perspektive zu geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as ist verantwortliche Führung und nicht Wurschtigkeit
adeligen Sinne.

Meine Damen und Herren, Sie haben hier keinen Auf-
au- und keinen Abzugsplan vorgelegt. Sie haben im
ern keinen Plan. Sie laufen der Entwicklung einfach ir-
endwie hinterher. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie
enjenigen, die dort als zivile Aufbauhelfer, als Polizei-
usbilder, als Soldatinnen und Soldaten tätig sind, Klar-
eit über die Perspektive geben. Wir erwarten auch, dass
ie den Menschen klar sagen, dass dies keine Perspek-
ve ist, die mit dem Abzug und der Beendigung der mi-
tärischen Kampfhandlungen 2014 endet, sondern dass
s eine internationale zivile Präsenz in Afghanistan auch
ber 2014 hinaus geben wird und wir nicht den Fehler
iederholen werden, an dieser Stelle zu sagen: Dieses
and ist uns jetzt egal geworden.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wurscht!)


as erwarten wir von Ihnen. Aber diese Klarheit finden
ir in Ihrem Mandat nicht





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Deswegen sagt die Mehrheit meiner Fraktion zwar
nicht Nein zur Präsenz der Soldatinnen und Soldaten
dort. Aber wir können Ihrem schwammigen Mandat der
Konjunktive nicht zustimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708801200

Das Wort erhält der Kollege Henning Otte für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Henning Otte (CDU):
Rede ID: ID1708801300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der
Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung des ISAF-
Mandats in Afghanistan ist ein richtiger, ein notwendiger
und für unsere Soldaten ein gefährlicher Einsatz. Die
heutige Entscheidung zur Verlängerung des Mandates
macht sich niemand von uns leicht. Es ist notwendig,
den von Rot-Grün im Jahre 2001 begonnenen Weg, das
Land Afghanistan vom Terrorismus zu befreien und zi-
vile friedliche Strukturen zu etablieren, fortzusetzen, um
ihn zu einem Erfolg zu führen. Das Ziel dieses Einsatzes
ist, das Land Afghanistan zu stabilisieren und damit
auch die Sicherheit Deutschlands zu stärken.

Die afghanische Regierung hat sich verpflichtet, ab
2014 eine selbsttragende Sicherheit zu erreichen. Dazu
wollen wir mit der Verlängerung dieses Mandates einen
Beitrag leisten. Es ist ehrlich, zu sagen, dass sich der
Einsatz weitaus schwieriger gestaltet, als dies zu Beginn
im Jahr 2001 von Rot-Grün vermutet wurde. Die Intensi-
tät der Einsätze ist vielleicht sogar unterschätzt worden,
die politischen Ziele sind bestimmt überschätzt worden.

Jetzt, über neun Jahre später, sind ein klarer Blick,
eine ehrliche Beurteilung der Lage vor Ort und eine re-
alistische Betrachtung der Perspektiven gefragt. Die
Lage in Afghanistan ist nicht zufriedenstellend. Aber
vieles hat sich in Afghanistan bisher verbessert: Infra-
struktur, Bildung, Gesundheitsversorgung, das zivile Le-
ben, insbesondere für Frauen und für Kinder. Wer das
verneint, war noch nicht in diesem Land oder ignoriert
diesen Fortschritt. Herr Gysi, wenn Sie von Herrn Trittin
zurechtgewiesen werden, dann müssen Sie sich schon
einmal selbst fragen, wie verwirrt Sie in Ihrer Vorstel-
lung sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der LINKEN)


Wer jetzt einen sofortigen oder voreiligen Abzug for-
dert, der gefährdet die erreichten, ja erkämpften Erfolge
und gefährdet Menschenleben und eine friedliche Per-
spektive. Daher muss dieser Einsatz fortgesetzt werden,
nicht auf Dauer, sondern mit einer realistischen Abzugs-
perspektive,

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(C (D (Beifall des Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/ CSU])


eiterhin engagiert und weiterhin mit einem klaren Kon-
ept. Die christlich-liberale Bundesregierung hat dieses
lare Konzept, und sie hat bei der Londoner Konferenz
influss gewonnen. Der Schutz der afghanischen Bevöl-
erung steht ebenso im Vordergrund wie die Ausbildung
er afghanischen Sicherheitskräfte unter dem Leitmotiv
Übergabe in Verantwortung“. Diese Übergabe in Ver-
ntwortung muss von der afghanischen Regierung aber
eines Erachtens noch viel stärker als Übernahme der
igenverantwortung verinnerlicht werden. Dazu ist es
otwendig, den Druck auf die Karzai-Regierung zu er-
öhen, Korruptionsbekämpfung oder den Aufbau einer
nabhängigen Justiz voranzubringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bin unserer Bundesregierung sehr dankbar dafür,
ass sie im vorliegenden Antrag deutlich den Willen
um Ausdruck bringt, jeden sicherheitspolitisch verant-
ortbaren Spielraum nutzen zu wollen, um möglichst ab
011 mit dem Abzug zu beginnen. Aber, Herr Trittin, es
t genauso richtig, dass deutlich wird, dass eine solche
eduzierung nicht zu einer Gefährdung der bisherigen
rfolge, nicht zu einer Gefährdung der hilfsbedürftigen
enschen vor Ort und nicht zu einer Gefährdung der Si-

herheit unserer Soldaten führen darf.

Hier gibt es einen offenen Dissens in diesem Haus.
DU/CSU, FDP und SPD stehen zu dieser Verantwor-
ng. Die Grünen, Herr Trittin, wollen mit ihrem Ent-

chließungsantrag einen für die Taliban nachvollziehba-
n Plan des Abzugs haben. Wer – wie die Grünen – ein

isschen zustimmt, sich ein bisschen enthält, aber meis-
ns dagegen stimmt, der erweckt den Eindruck, er laufe
mfragewerten nach, schadet dem Ansehen Deutsch-
nds in der Welt und gefährdet die Sicherheit unserer
oldatinnen und Soldaten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt es aber echt dicke!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708801400

Herr Kollege Otte, einen Augenblick. – Gestatten Sie

ine Zwischenfrage des Kollegen Ströbele?


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Nein!)



Henning Otte (CDU):
Rede ID: ID1708801500

Nein. Herr Ströbele sollte erst einmal versuchen, in

er eigenen Fraktion zu Wort zu kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, es sind unsere Soldatinnen
nd Soldaten, die einen gefährlichen Auftrag für unser
and erfüllen müssen. Sie verdienen für ihren tapferen
insatz im Kampf in diesem Krieg in Afghanistan un-
ere volle Rückendeckung. Sie brauchen das notwendige
erät, die richtige Ausbildung sowie eine angemessene
nd richtige Versorgung im Einsatz und nach dem Ein-





Henning Otte


(A) )



(B)

satz. Die CDU/CSU-Arbeitsgruppe hat hierzu einen An-
trag zur Verbesserung der Einsatzversorgung auf den
Weg gebracht.

Auch Soldatinnen und Soldaten aus meinem Bundes-
land, nämlich Angehörige der 1. Panzerdivision, sind in
Afghanistan. Ich bin unserem Verteidigungsminister,
Herrn zu Guttenberg, auch dafür sehr dankbar, dass er
auf Einladung unseres Ministerpräsidenten David
McAllister diese Kameradinnen und Kameraden in einer
Feierstunde in den Einsatz entsandt hat und damit wieder
einmal ein deutliches Zeichen der Verbundenheit zum
Ausdruck gebracht hat.

Lieber Herr Gabriel, wer meint, in einer solchen De-
batte um eine Mandatsverlängerung hier im Plenum ak-
tuelle Vorwürfe in die Diskussion einbringen zu sollen,
sollte bedenken, dass man solche Äußerungen nicht mit
Kalkül, sondern mit Bedacht tätigen sollte. Ich hielt es
nicht für angemessen, dass Sie uns heute diese Diskus-
sion um aktuelle Vorwürfe aufzwingen wollten. Es ist,
wie ich finde, vielmehr wichtiger, dass wir unseren Sol-
daten mit dem zur Entscheidung stehenden Parlaments-
auftrag eine klare Rückendeckung geben und ihnen das
volle Vertrauen für ihren schweren Auftrag aussprechen.
Sie stehen ein für unser Land. Sie verdienen unsere Un-
terstützung. Deswegen stimmt die CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion dieser Mandatsverlängerung zu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708801600

Nächster Redner ist der Kollege Djir-Sarai für die

FDP-Fraktion. Bevor ich Ihnen, Herr Djir-Sarai, aller-
dings das Wort gebe, darf ich Sie einen Augenblick um
Geduld bitten. Der Kollege Ströbele hatte unmittelbar im
Anschluss an die Rede des Kollegen Otte um die Mög-
lichkeit einer Kurzintervention gebeten. Das sollten wir
dann auch sofort abwickeln.

Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege, Sie haben leider meine Zwischenfrage
nicht zugelassen, nachdem Sie davon gesprochen haben,
dass das, was wir wollen, die Soldaten in Afghanistan in
Gefahr bringt.

Ich stelle fest, dass Sie hier und heute einem Mandat
zustimmen wollen, was für Afghanistan bedeutet, dass
der Krieg ein Jahr fortgesetzt wird – mit einer sicheren
Option für weitere drei Jahre. Im letzten Jahr, im Jahr
2010, hat dieser Krieg weit über 10 000 Opfer in Afgha-
nistan gekostet; weit über 10 000 Menschen wurden in
diesem Krieg getötet. Wenn Sie diesen Krieg jetzt zu-
nächst um ein Jahr und danach noch einmal um drei
Jahre verlängern, nehmen Sie billigend in Kauf, dass
weitere Zehntausende von Menschen in Afghanistan im
Krieg umkommen. Da frage ich Sie und auch alle ande-
ren, die jetzt zustimmen wollen: Wollen Sie das wirklich
in Kauf nehmen, und wollen Sie weiter behaupten, dass
eine Beendigung des Krieges in der Form, dass in allen

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(C (D eilen des Landes, in denen das heute schon möglich ist, in Waffenstillstand verkündet und eingehalten wird, (Florian Hahn [CDU/CSU]: Warum ist das möglich?)


ie Soldaten der Bundeswehr mehr in Gefahr bringt als
ie Fortführung des Krieges?

Ich habe vorgestern im Auswärtigen Ausschuss den
ußenminister gefragt, wie er zu der Zuversicht kommt,
ass die Sicherheitssituation in Afghanistan in einem
ahr besser sein wird und dass in vier Jahren die Situa-
on in Afghanistan gut sein wird. Er hat mir darauf
eine Antwort gegeben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist falsch!)


ie Erfahrungen der letzten Jahre, in denen die Sicher-
eitssituation in Afghanistan Jahr für Jahr schlechter ge-
orden ist, zeigen doch, dass diese Zuversicht überhaupt
icht gerechtfertigt ist und es dafür keine entsprechen-
en Fakten gibt. Deshalb konnte der Außenminister auch
eine nennen.

Ich appelliere heute an Sie, den Krieg nicht fortzuset-
en. Deutschland ist zu einer kriegführenden Nation ge-
orden,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Unglaublich!)


nd diese Bundesregierung führt Krieg in Afghanistan.
as heißt, wir haben eine kriegführende Kanzlerin und

inen kriegführenden Verteidigungsminister, also einen
riegsminister.


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie kriegen von Ihrer eigenen Fraktion keine Redezeit mehr!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708801700

Das Wort hat nun der Kollege Djir-Sarai für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Bijan Djir-Sarai (FDP):
Rede ID: ID1708801800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Seitdem dieses Haus vor fast zehn Jahren das erste
al das ISAF-Mandat beschlossen hat, hat sich vieles in
fghanistan verändert: Mehr als 13 000 Kilometer Stra-
en wurden gebaut, es wurde in die Infrastruktur inves-
ert, es wurden Schulen gebaut, die medizinische Ver-
orgung und die Energieversorgung wurden verbessert.
ies alles sind Erfolge für die Menschen in Afghanistan.
urch den tagtäglichen Einsatz der Bundeswehr und der
ntwicklungsexperten am Hindukusch ist vieles besser
eworden.

Ein wesentlicher Pfeiler unserer Strategie ist und
leibt daher der zivile Aufbau. Minister Niebel hat in
einer Regierungserklärung die Erfolge speziell auf die-
em Gebiet deutlich herausgestellt. Es ist ein großer Er-
lg, dass sich die Situation für die Bevölkerung in Af-

hanistan, speziell für Frauen und Kinder, deutlich
)





Dr. Bijan Djir-Sarai


(A) )


)(B)

verbessert hat. Das alles ist erst durch den internationa-
len Einsatz möglich geworden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Während dieses Einsatzes waren und sind wir uns zu
jeder Zeit unserer Verantwortung bewusst: der Verant-
wortung gegenüber unseren fleißigen und tapferen Sol-
daten, der Verantwortung gegenüber den Menschen in
Afghanistan und gegenüber der deutschen Bevölkerung.

Wir als Parlamentarier haben mehrheitlich immer ver-
antwortungsvoll auf die Entwicklungen in Afghanistan
reagiert. Wir haben uns ausführlich mit unseren interna-
tionalen Verbündeten und mit den Afghanen beraten, sei
es in London, in Kabul oder in Lissabon. Dabei haben
wir wichtige Strategien zur Stabilisierung Afghanistans
und zur globalen Sicherheit entwickelt.

Uns ist eines besonders wichtig: In Afghanistan wer-
den wir keinen Erfolg haben, wenn wir nur einen militä-
rischen Ansatz verfolgen. Neben dem zivilen Aufbau ist
es deshalb ganz besonders wichtig, den Einsatz politisch
zu begleiten, also politische Lösungen zu entwickeln.
Politische Lösungen bedeuten vor allem Gespräche und
Verhandlungen, und zwar auch unter der konsequenten
Einbindung der Nachbarländer Afghanistans. Eine Stabi-
lisierung Afghanistans ist ohne den Dialog mit der ge-
samten Region nicht möglich. Je besser die politische,
wirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektive der Re-
gion ist, desto besser sind die Aussichten auf nachhaltige
Stabilität in Afghanistan.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Weil wir das wollen, arbeiten wir daran, die notwendi-
gen politischen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Bei der heutigen Entscheidung geht es nicht um eine
Einsatzverlängerung, wie wir sie in den letzten Jahren
beschlossen haben. Das muss ganz deutlich herausge-
stellt werden. Dieses Mal entscheidet dieses Haus über
ein Mandat mit einer klaren Abzugsperspektive und vor
allem mit einer klaren Perspektive für die Zeit nach
2014. Ich begrüße die Einschätzung der Bundesregie-
rung, dass schon Ende 2011 mit der Reduzierung der
Kampftruppen begonnen werden kann, wenn die Sicher-
heitslage dies zulässt. Diese Perspektive hat die Bundes-
regierung entwickelt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Klar ist aber auch, dass zunächst weiteres militärisches
Engagement benötigt wird, um den zivilen Aufbau wei-
ter abzusichern und um in Afghanistan kein Vakuum zu
hinterlassen. Das ist wichtig für die afghanische Bevöl-
kerung und für unsere Soldaten im Einsatz.

Wir haben ein klares Ziel, wir haben die Sicherheits-
lage fest im Blick, und wir haben eine gute Perspektive.
Für mich ist daher klar: Die Voraussetzungen für eine
breite Zustimmung zu diesem Mandat sind gegeben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Roderich Kiesewetter ist der nächste Redner für die DU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708801900


Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1708802000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf die
inke: Es ist schon erstaunlich, dass hier nicht der kom-
unistische Wolf gesprochen hat, sondern der Schafs-

elz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich möchte einige außenpolitische Aspekte beleuch-
n und klarstellen, warum wir von der Union das Man-
at auch aus außenpolitischer Sicht in vollem Umfang
nterstützen.

Die Kollegen Schockenhoff und Ruck und ich waren
or zwei Wochen in Afghanistan und Pakistan. Wir ha-
en in beiden Ländern mit Parlamentariern und Parla-
entspräsidenten gesprochen. Sie haben uns gegenüber

roße Erwartungen, aber auch Befürchtungen geäußert.
beiden Ländern wurde die Sorge zum Ausdruck ge-

racht, dass wir bis 2014 komplett abziehen könnten.
ir haben deutlich gemacht: Wir werden vielleicht
hoffentlich! – mit den Kampftruppen bis 2014 aus
fghanistan abgezogen sein; aber keiner weiß, wie sich
as entwickelt. Vor einem Jahr wussten wir auch noch
icht, wie gut unsere neue Strategie innerhalb eines Jah-
s greifen würde. Deshalb gilt es, nicht einen Abzugs-

lan zu erarbeiten, sondern, auch nach Afghanistan und
akistan, verbindliche Zeichen zu geben: Wir arbeiten
aran; wir lassen euch und die Region nicht im Stich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ein wichtiger Aspekt ist, dass – auch das ist ein hoff-
ungsfrohes Zeichen – die zivil-militärische Zusammen-
rbeit im Norden, in Masar-i-Scharif und in Kunduz, in
eeindruckender Weise funktioniert. Das wurde uns von
en Beteiligten, auch von den Nichtregierungsorganisa-
onen, in umfassender Weise bestätigt. Das ist gut, und
s zeigt, wie konstruktiv sich die Zusammenarbeit ent-
ickelt hat und wie eng wir mit der afghanischen Seite

usammenarbeiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht mir um zwei
ichtige Punkte: zum einen um die innerafghanische
erspektive, zum anderen um einen regionalen Aspekt.
ur innerafghanischen Perspektive. Die Übergabe in
erantwortung ist ein von Afghanistan selbstbestimmter
rozess. Wir können Afghanistan nur ermutigen und die
ahmenbedingungen schaffen. Es ist ein hoffnungsfro-
es Zeichen, dass die Afghanen die Agenda für die Bon-
er Konferenz selbst erarbeiten.

Wie die Afghanen den innerafghanischen Dialog ge-
talten, ist ihre Sache. Sicherlich gelten dabei aus unse-
r Sicht rote Linien, zum Beispiel Anerkennung der af-





Roderich Kiesewetter


(A) )


)(B)

ghanischen Verfassung, Gewaltverzicht, Abschwören
der al-Qaida, aber auch Schutz der Frauen und Minder-
heiten. Den Verlauf des innerafghanischen Prozesses
aber müssen die Afghanen selbst gestalten; wir können
sie nur unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen auch darauf achten, dass sich die Taliban
nicht weiter radikalisieren. Dass wir an dieser Stelle mit-
helfen, ist ganz entscheidend. Wichtig ist, dass unser
Mandat das Zeichen gibt: Die Übergabe in Verantwor-
tung muss unumkehrbar und durchhaltefähig sein.

Der zweite wichtige Punkt, den ich hier ansprechen
möchte, ist die regionale Perspektive. Die Abgeordneten
in Pakistan haben parteiübergreifend berichtet, dass sie
bilaterale Gespräche mit den indischen und den afghani-
schen Parlamentariern führen. Wir, insbesondere
Dr. Schockenhoff, hat sie ermutigt, einen trilateralen
Dialog zu beginnen. Die Pakistanis wollen das aufgrei-
fen. Was könnte ein schöneres Zeichen sein, als dass aus
der Region heraus ein trilateraler Dialog entsteht und
vielleicht so etwas wie eine regionale Kooperation über
die Parlamente geschaffen wird? Jedenfalls sollten wir
hier die deutsch-pakistanische Freundschaftsgruppe des
pakistanischen Parlaments, die das will, intensiv unter-
stützen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Allein schon deshalb, weil wir diesen regionalen Dia-
log fördern wollen, dürfen wir nicht abziehen. Wir müs-
sen vielleicht unseren Ansatz ändern und den zivilen
Aufbau stärken. Wir müssen auch Bedingungen dafür
schaffen, dass mehr zivile Aufbauhelfer tätig werden
können; dazu werden wir heute in der Debatte über zi-
vile Krisenprävention noch etwas hören. Aber an all die
Skeptiker in Bezug auf den Einsatz und die Verlänge-
rung appelliere ich: Denken Sie darüber nach, dass wir
mit unserem Einsatz die Voraussetzungen dafür schaf-
fen, dass der innerstaatliche Dialog in Afghanistan und
der regionale Dialog gestärkt werden!

Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für die Kon-
taktgruppe brechen. Dank unserem Botschafter Steiner
ist jetzt auch Iran Mitglied der Kontaktgruppe. Damit
sind es nun insgesamt bereits 14 islamische Staaten. Das
nächste Treffen wird in der islamischen Welt, nämlich in
Dschidda, stattfinden. Das ist ermutigend, weil es ein
Zeichen dafür ist, dass sich die islamische Welt an dem
Dialog beteiligt.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal die Kern-
botschaften unserer Fraktion darstellen:

Erstens. Wir wollen kein Machtvakuum und kein Si-
cherheitsvakuum, das bei einem vorschnellen Ende des
Engagements entstehen würde.

Zweitens. Wir wollen die Übergabe in Verantwor-
tung, wie sie international abgestimmt ist, zu einem er-
folgreichen Ende führen.

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(C (D Drittens. Wir wollen uns nicht an Zeitplänen orientien, sondern an den verantwortbaren Schritten der Über abe. Hier müssen wir die Afghanen ermutigen und betärken, aber auch darauf achten, dass Punkte wie echtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung noch ehr im Fokus der afghanischen Politik stehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Viertens. Das zivil-militärische Engagement muss ge-
tärkt werden. Die Bundeswehr sichert das ab.

Die afghanische Regierung muss ihre Verpflichtun-
en erfüllen. Darauf müssen wir auch immer wieder
rängen. Wir sind nicht zum Selbstzweck da, sondern
ir sind da, weil die afghanische Regierung das
ünscht, und wir sind so lange da, bis die afghanische
egierung es alleine kann. Deshalb müssen wir auch die
nerstaatliche Aussöhnung beflügeln und den trilatera-
n Dialog mit Pakistan und Indien fördern. Ich appel-
ere an dieser Stelle auch an Indien, dass es gegenüber
akistan seine Beziehungen zu Afghanistan wesentlich
ansparenter darstellt, um auch dort mehr Vertrauen zu
chaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Ziel
t die selbstverantwortete Sicherheit möglichst ab 2014.
enn uns das gelingt, ist das ein Riesenerfolg. Wir kön-

en heute aber noch nicht absehen, wie sich die Lage bis
014 entwickeln wird. Was wir im letzten Jahr erlebt ha-
en, ist ermutigend. Wir müssen so weitermachen und
nserer Bevölkerung das Zeichen geben, dass wir ge-
einsam daran arbeiten. Das wissen dann auch unsere
oldaten, Polizisten und zivilen Aufbauhelfer im Einsatz
u schätzen.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708802100

Letzter Redner ist der Kollege Florian Hahn für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1708802200

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Es ist mir absolut unverständlich,
ass in Talkshows, in Diskussionsrunden und auch von
inem kleinen Teil hier in diesem Hohen Hause immer
ieder behauptet wird, dass die afghanische Bevölke-
ng den sofortigen Abzug der internationalen Truppen
öchte. Diese Behauptung ist entweder naiv oder vor-

ätzlich falsch.


(Zuruf von der LINKEN): Oder richtig!)


Ich weiß nicht, mit wem diese Leute gesprochen ha-
en, aber ich weiß aus vielen Gesprächen, die ich geführt
abe und führe, beispielsweise mit einem jungen Afgha-
en, der in Kunduz bei den Parlamentswahlen kandidiert
at und mit dem ich in einem regen Austausch stehe,
ass die Afghanen vor allem Angst vor einem haben,





Florian Hahn


(A) )


)(B)

nämlich davor, dass sie den Schutz der internationalen
Gemeinschaft von heute auf morgen verlieren und am
Ende wieder völligem Chaos, Terror und Unterdrückung
ausgesetzt sind.

Ich glaube nicht, dass jemand ernsthaft der Meinung
sein kann, dass sich die Frauen, die unter den Taliban
komplett entrechtet waren, diese wieder zurückwün-
schen. Ich glaube auch nicht, dass die Afghanen wollen,
dass ihre Schulen wieder geschlossen werden. Sie wol-
len Bildung, sie wollen natürlich eine Gesundheitsver-
sorgung, Wasser- und Stromversorgung, und sie wollen
am Ende des Tages Frieden und Freiheit und in ihrer
Kultur dieses leben.

Es gibt viele Beispiele dafür, wie sich die Situation
der Bevölkerung in Afghanistan durch diesen Einsatz in
den letzten Jahren verbessert hat. Wir haben hier aus-
führlich darüber gesprochen. Diese Erfolge wollen wir
in keinem Fall preisgeben, sondern stabilisieren und aus-
bauen. Gelingen kann uns dies derzeit aber nur durch un-
sere militärische Absicherung. Ohne diese würde das Er-
reichte schnell wieder in sich zusammenfallen, und die
Aufständischen würden wieder die Oberhand gewinnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dennoch muss unser Ziel die schrittweise Übergabe
in Verantwortung sein. Dies machen wir im Mandat
deutlich.

Für den zivilen Aufbau verwenden wir viel Geld – bis
zu 430 Millionen Euro jedes Jahr. Diese Mittel müssen
zielgerichtet und nachhaltig eingesetzt werden. Nachhal-
tigkeit bedeutet hier für mich Hilfe zur Selbsthilfe in
Afghanistan. Bei den geförderten Projekten muss es pri-
mär darum gehen, die afghanische Bevölkerung in die
Lage zu versetzen, ihr Land selbst aufzubauen und das
jeweilige Projekt mittelfristig selbstständig zu führen.
Die Menschen müssen ein Interesse daran haben, das,
was sie selbst aufgebaut haben, auch dauerhaft zu erhal-
ten. Hier müssen wir noch mehr Anreize schaffen.

Nehmen wir hier einmal das Beispiel Sicherheits-
kräfte und stellen wir uns die Frage: Wie können wir
personelle Fluktuation und Korruption in diesem Be-
reich eindämmen? Meines Erachtens sollten wir weg
von der rein monetären Entlohnung der Sicherheitskräfte
und mehr hin zu einem nachhaltigen Leistungspaket
kommen. Damit meine ich, dass neben pünktlicher
Lohnzahlung weitere Anreize geschaffen werden, bei-
spielsweise durch die Bereitstellung von Wohnraum mit
Wasser- und Stromversorgung und durch den Zugang zu
Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen für die ganze
Familie in einem sicheren Umfeld.

Ist ein Polizist in einem solchen System korrupt, dann
verliert er diesen Status und diese Privilegien. Dies ist
wesentlich schmerzhafter als nur der Verlust eines Mo-
natsgehalts, das er sich im Zweifel dann woanders be-
sorgt. Dieser Ansatz ist in zweierlei Hinsicht nachhaltig
und sinnvoll. Auf der einen Seite entstehen Loyalitäten
zum Staat. Auf der anderen Seite wird wichtige Infra-
struktur aufgebaut.

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(C (D Der Weg zu einem friedlichen Afghanistan ist steinig. ir können nicht hundertprozentig voraussagen, ob wir as Ziel erreichen werden. Aber eines ist für mich völlig lar: Der jetzige Weg des vernetzten Ansatzes ist der inzig gangbare. Ein zu schneller und unüberlegter Abug würde das bisher Erreichte wieder zunichtemachen. as ist weder im Interesse der afghanischen Bürger noch unserem Interesse. Denn von Afghanistan darf keine efahr mehr für uns und die internationale Gemein chaft ausgehen. Das wollen wir mit dem Einsatz am indukusch für uns erreichen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Engagement, das alle militärischen und zivilen
räfte tagtäglich zeigen, hat unsere vollste Wertschät-

ung und breite Unterstützung verdient. Mir ist dabei im
weifel die entrüstete Zustimmung der SPD, wie es der
ollege Stinner letzte Woche trefflich formuliert hat, lie-
er als die zustimmende Ablehnung oder Enthaltung der
eisten Grünen.

Sie haben vorhin mehr Klarheit gefordert, Herr
rittin. Ihre Haltung bzw. die Haltung Ihrer Partei zur
andatsverlängerung ist nicht klar. Viele enthalten sich,

ie einen sagen Nein, die anderen Ja. Was ist denn mit
er klaren Haltung der Grünen? Nicht zuletzt die Solda-
n wollen auch wissen, wie Ihre klare Haltung aussieht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie fordern einen genauen Plan für die zukünftige
ntwicklung in Afghanistan. Wo war denn der genaue,
lare Plan für den Abzug, als Sie in den Einsatz gegan-
en sind? Sie sind doch in diesen Einsatz gegangen.

Wir haben jetzt einen klaren Plan, zum Beispiel für
en Aufbau der Sicherheitskräfte in Afghanistan. Wenn
ir diese Meilensteine erreichen, dann können wir auch
chritt für Schritt die Verantwortung übergeben und
benfalls Schritt für Schritt aus Afghanistan abziehen.

Für unsere Soldaten im Einsatz ist es wichtig, dass
ir ihnen die notwendige und verdiente Rückendeckung
eben. Stimmen Sie für diese Mandatsverlängerung! Un-
eren Soldatinnen und Soldaten und allen Einsatzkräften
ünsche ich bei ihrem Tun Gottes Segen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708802300

Zu einer Kurzintervention erhält die Kollegin Heike

änsel das Wort.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708802400

Danke schön, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr

ollege Hahn, Sie haben wie sämtliche Vorredner ein-
chließlich Herrn Trittins gesagt, die NATO würde die
ebenssituation der Menschen in Afghanistan verbes-
ern. Deshalb frage ich Sie: Würden Sie erstens zur
enntnis nehmen, dass der Einsatz von Streubomben,
on weißem Phosphor, dass gezielte Tötungen, Entfüh-





Heike Hänsel


(A) )


)(B)

rungen und die Vorfälle in Abu Ghureib keine Verbesse-
rung der Lebenssituation der Menschen darstellen, son-
dern dass sie das als Terror wahrnehmen? Würden Sie
zweitens zur Kenntnis nehmen, dass Sie in Afghanistan
ein Warlord-System mit Kriegsverbrechern in wichtigen
Funktionen aufbauen, die jahrzehntelang das Land terro-
risiert haben


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn Milosevic getroffen?)


und die Menschen genauso bedrohen wie zuvor die Tali-
ban,


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Unglaublich!)


und dass sie sich deswegen gegen dieses System wehren,
das Sie dort installieren? Mohammed Atta, der Gouver-
neur von Masar-i-Scharif und der Gouverneur von Kun-
duz: All das sind Kriegsverbrecher. Die Menschen in
Afghanistan wissen, wie sie mit ihnen umgegangen sind
und was sie zu verantworten haben. Dass Sie zu denen
beste Beziehungen pflegen, können sie doch nicht gut-
heißen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir haben eine afghanische Delegation von zehn Per-
sonen eingeladen. Sie sollten einmal hören, was diese
Menschen zu berichten haben. – Ich komme zum
Schluss. – Ich habe gestern den Auswärtigen Ausschuss,
den Entwicklungsausschuss und den Menschenrechts-
ausschuss eingeladen, sich anzuhören, was die Afgha-
ninnen und Afghanen zu sagen haben. Es ist bis auf den
Kollegen Leibrecht niemand gekommen. Das empfinde
ich wirklich als beschämend. Sie haben kein Interesse an
der Lebenssituation der afghanischen Bevölkerung.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1708802500

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich

schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf der
Drucksache 17/4561 zum Antrag der Bundesregierung
zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicher-
heitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung
der NATO. Zur Beschlussempfehlung des Ausschusses
liegen mir zahlreiche Erklärungen zur Abstimmung nach
§ 31 der Geschäftsordnung vor, die wir dem Protokoll
dieser Debatte beifügen.1)

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung, den Antrag auf Drucksache 17/4402 anzunehmen.
Über diese Beschlussempfehlung stimmen wir jetzt
namentlich ab. Ich darf darum bitten, dass Sie darauf
achten, ob die Stimmkarten, die Sie verwenden, auch tat-
sächlich Ihren Namen tragen. Darf ich die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer bitten, mir ein Signal zu geben,

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1) Anlagen 2 bis 8 2)

(C (D enn die Urnen besetzt sind? – Das ist offensichtlich der all. Dann eröffne ich die Abstimmung. Gibt es noch eine Kollegin oder einen Kollegen, die zw. der ihre bzw. seine Stimmkarte nicht abgegeben at? – Das ist nicht erkennbar. Dann schließe ich die Abtimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schrifthrer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis er Abstimmung geben wir Ihnen später bekannt.2)


Ich darf Sie nun bitten, wieder Platz zu nehmen, weil
ir eine Reihe weiterer Abstimmungen und anschlie-
end, wie Sie wissen, einen Wahlgang durchzuführen
aben. – Könnten Sie, Herr Kollege Solms, mir viel-
icht behilflich sein, den Fanclub, der sich um Sie he-
m versammelt hat, und Sie, Frau Kollegin Ernstberger,

uch Ihren Freundeskreis auf die noch hinreichend vor-
andenen Sitzplätze zu verteilen? – Herr Kollege
auder, können wir jetzt mit den Abstimmungen fort-
hren?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Bitte!)


Ich bedanke mich.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ent-
chließungsanträge.

Ich rufe zunächst den Entschließungsantrag der SPD-
raktion auf der Drucksache 17/4563 auf. Wer stimmt
r diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage-

en? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Entschlie-
ungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion Die
inke auf der Drucksache 17/4564 auf. Wer stimmt für
iesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Damit ist dieser Entschließungsantrag
benfalls mit Mehrheit abgelehnt.

Ich komme zum Entschließungsantrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen auf der Drucksache 17/4585.
er stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer

timmt dagegen? – Wer möchte sich der Stimme enthal-
n? – Auch dieser Entschließungsantrag hat keine
ehrheit gefunden.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Wahl des Bundesbeauftragten für die Unterla-
gen des Staatssicherheitsdienstes der ehemali-
gen Deutschen Demokratischen Republik

Bevor ich den Wahlgang aufrufe, bitte ich einen Au-
enblick um Aufmerksamkeit für einige Bemerkungen
u diesem Anlass und insbesondere zur amtierenden Be-
uftragten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute auf den Tag
enau vor 24 Jahren, am 28. Januar 1987, forderte
ichail Gorbatschow in seiner Rede „Über die Umge-

taltung und die Kaderpolitik der Partei“ auf dem Ple-
um des Zentralkomitees der KPdSU tiefgreifende poli-
sche Reformen. Perestroika und Glasnost begannen die
elt zu verändern. In der DDR ließ das SED-Politbüro-
itglied und damalige Chefideologe Kurt Hager darauf-

Ergebnis Seite 9902 D





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

hin verlautbaren – Zitat –: „Würden Sie, … wenn Ihr
Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet
fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“ Je-
des Land wähle seine Lösung. – Er hat recht behalten,
wenn auch anders als erwartet.

Auf den Tage genau drei Jahre nach Gorbatschows
Rede, am 28. Januar 1990, tagte in Ostberlin der Zen-
trale Runde Tisch und beschloss die Vorverlegung der
Wahl zur ersten freien Volkskammer auf den 18. März
1990, deren Ergebnis uns schließlich als demokratisch
gewähltes gesamtdeutsches Parlament zusammengeführt
hat.

Sehr geehrte Frau Birthler, nach der Wahl des neuen
Beauftragten endet im März nach über zehn Jahren Ihre
Amtszeit als Bundesbeauftragte für die Unterlagen des
Ministeriums der Staatssicherheit der ehemaligen DDR.
Die Stasi-Unterlagen-Behörde trägt heute ebenso selbst-
verständlich Ihren Namen wie dies vor einem Jahrzehnt
der Name Ihres Vorgängers war. Die verdienstvolle Ar-
beit der Behörde verdankt sich vielen engagierten Mitar-
beitern, deren Einsatz ich aus Anlass des Wechsels an
der Spitze ausdrücklich würdigen möchte.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Behörde braucht wie jede andere – manche mei-
nen vielleicht auch, wie keine andere sonst – einen Kopf,
der dem Thema in der Öffentlichkeit zu der Aufmerk-
samkeit verhilft, die es verdient. Ihnen, Frau Birthler, ist
das im vergangenen Jahrzehnt vorbildlich gelungen, mit
großer Empathie für die Opfer der SED-Diktatur, die ihr
eigenes Schicksal rekonstruieren wollen, und mit der ge-
botenen Konsequenz in der Sache, wenn es darum ging,
Geschichts- und Lebenslügen zu widerlegen.

„Es geht nicht nur um das Schicksal von 17 Millionen
DDR-Bürgern“, haben Sie immer wieder gesagt, „son-
dern es geht mit diesem gesamteuropäischen Thema
auch um den prinzipiellen Unterschied zwischen Dikta-
tur und Demokratie“. Der prinzipielle Unterschied zwi-
schen Diktatur und Demokratie, das ist immer Ihr
Thema gewesen. Als ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin
haben Sie großen Wert darauf gelegt, dass in den Stasi-
akten nicht nur die Rede davon ist, was Menschen einan-
der antun, sondern auch davon, wie großartig sich Men-
schen selbst unter den Bedingungen einer Diktatur
verhalten können, dass man es eben nicht nur mit Quel-
len der Kontrolle und der Repression zu tun hat, sondern
auch mit Zeugnissen der Nichtanpassung, des Mutes und
der Zivilcourage. Dies ist ein Aspekt, der als Zukunfts-
ressource unserer Zivilgesellschaft noch weit mehr Be-
achtung verdient als bisher.

Sie, liebe Frau Birthler, haben sich um dieses Anlie-
gen große Verdienste erworben. Wir sind Ihnen dazu zu
großem Dank verpflichtet. Für Ihren weiteren Lebens-
weg wünsche ich Ihnen alles Gute.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE d li R d ru d n li S n z a d m te m Z fe S W k w ra W b s is g g a ic S g 1)

(C


(D GRÜNEN – Die Abgeordneten der CDU/ CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/Die Grünen erheben sich)


Ich rufe nun den Wahlgang auf.

Die Bundesregierung hat zum Bundesbeauftragten für
ie Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehema-
gen Deutschen Demokratischen Republik Herrn
oland Jahn vorgeschlagen.

Ich gebe Ihnen einige Hinweise zum Wahlverfahren.

Nach § 35 Abs. 2 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes wird
er Bundesbeauftragte auf Vorschlag der Bundesregie-
ng vom Deutschen Bundestag mit mehr als der Hälfte

er gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder gewählt. Zu sei-
er Wahl sind also mindestens 312 Stimmen erforder-
ch.

Die blauen Stimmkarten für die Wahl wurden verteilt.
ollten Sie noch keine Stimmkarte haben, besteht jetzt
och die Möglichkeit, diese von den Plenarassistenten
u erhalten.

Außerdem benötigen Sie Ihren blauen Wahlausweis
us Ihrem Stimmkartenfach. Bitte achten Sie unbedingt
arauf, dass der Wahlausweis auch wirklich Ihren Na-
en trägt.

Die Wahl findet offen statt. Sie können die Stimmkar-
n also an Ihrem Platz ankreuzen. Stimmkarten, die
ehr als ein Kreuz oder kein Kreuz, andere Namen oder
usätze enthalten, sind ungültig.

Bevor Sie die Stimmkarte in eine der Wahlurnen wer-
n, übergeben Sie bitte Ihren Wahlausweis einer der
chriftführerinnen oder einem der Schriftführer an den
ahlurnen. Der Nachweis der Teilnahme an der Wahl

ann nur durch die Abgabe des Wahlausweises erbracht
erden.

Die Schriftführerinnen und Schriftführer bitte ich, da-
uf zu achten, dass vor der Stimmabgabe tatsächlich der
ahlausweis übergeben wird.

Ich darf nun die Schriftführerinnen und Schriftführer
itten, die vorgegebenen Plätze einzunehmen und mir zu
ignalisieren, wenn alle Wahlurnen besetzt sind. – Das
t offensichtlich der Fall. Dann eröffne ich den Wahl-
ang.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist noch ein Mit-
lied des Hauses anwesend, das seine Stimmkarte nicht
bgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe
h den Wahlgang. Ich bitte die Schriftführerinnen und
chriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Er-
ebnis der Wahl geben wir Ihnen später bekannt.1)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a und 20 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kathrin
Senger-Schäfer, Dr. Martina Bunge, Agnes Alpers,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Ergebnis Seite 9905 A





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Kopfpauschale in der Pflege verhindern – Hu-
mane und solidarische Pflegeabsicherung ge-
währleisten

– Drucksache 17/4425 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Kathrin Senger-Schäfer, Dr. Martina Bunge, Inge
Höger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE


(gemäß dem Bericht des Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs)


– Drucksachen 17/2219, 17/3012 –

Zu der Großen Anfrage liegt ein Entschließungsan-
trag der Fraktion Die Linke vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann können wir so verfah-
ren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst der Kollegin Frau Senger-Schäfer für die Fraktion
Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708802600

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich

sage Ihnen: So geht das nicht! Wer gute Pflege benötigt,
muss in jedem Fall, egal ob arm oder reich, sehr gute
Qualität erhalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Das sieht die Mehrheit der Menschen in diesem Land
übrigens genauso. Aber der Bundesregierung ist das an-
scheinend egal; denn sie schweigt und ergeht sich grund-
sätzlich in Floskeln. Daher möchte ich Sie auffordern:
Erklären Sie das mal den Pflegebedürftigen und ihren
Angehörigen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungs-
koalition, ich sage es noch einmal: So geht das nicht!
Die Menschen haben ein Recht darauf, von der Regie-
rung zu erfahren, wohin ihre Reise geht.


(Beifall bei der LINKEN)


Dies gilt besonders für einen so sensiblen Bereich wie
die Pflege.

Stellen Sie sich einmal vor: Die eigene Mutter,
87 Jahre alt, muss ins Krankenhaus, weil sie auf dem
Glatteis ausgerutscht ist. Nach erfolgreicher Operation
steht jetzt die Entlassung an. Was vorher schon vermutet
wurde, ist nun bittere Realität – jetzt besteht Gewissheit –:
Entlassungsdiagnose Demenz. Schnell wird klar: Die
Mutter kann ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen.

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(C (D ie braucht Pflege und Betreuung. Die Angehörigen sind st immer überfordert; denn die Mutter läuft nachts verirrt allein über die befahrene Straße, um zum Beispiel inkaufen zu gehen. Wer, werte Kolleginnen und Kolleen, traut sich denn zu, seine Angehörigen in einer solhen Situation rund um die Uhr zu versorgen? Genau dam geht es. In solchen Fällen zahlt die Pflegeversicherung fast ichts. Grund ist der enge Pflegebegriff, der allein auf örperliche Verrichtung abstellt. Ob Pflegebedürftigkeit egeben ist, richtet sich allein nach der Minutenzahl, die ötig ist für die alltäglichen Verrichtungen wie zum Beipiel Nahrungsaufnahme, das Anund Auskleiden und as Waschen. Es geht hierbei nicht um den speziellen Betreuungsedarf eines Menschen, der nachts in seiner Verwirrtheit ogar zu seiner eigenen Bedrohung wird. Spätestens an iesem Punkt müsste die Bundesregierung doch einseen, dass die bestehenden Regelungen völlig unzureihend sind. ie Linke wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen as Prinzip „Still, satt und sauber“. Die jetzige Pflegeversicherung grenzt Menschen von eistungen aus. Damit muss jetzt endlich Schluss sein. ber Sie schauen weg und suchen auch aus wahltaktichen Gründen nach immer neuen Ausreden. Die Linke ill, dass dieses Thema endlich auf die Tagesordnung ommt. Ihre ausweichenden Antworten auf unsere Frage ssen nun verschiedene Schlussfolgerungen zu. Erstens. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat gar eine Ahnung, wie sie den neuen Pflegebegriff umsetzen ill. Zweitens. Vielleicht haben Sie gar kein Interesse dan, diesen neuen Pflegebegriff umzusetzen. Drittens. Sie wollen möglichst eine kostenneutrale chmalspurversion des Pflegebegriffs. Die Bundesregierung agiert damit nach dem Prinzip: on der linken Tasche in die rechte Tasche. Es gibt faksch nicht mehr Geld. Dann muss, wenn zum Beispiel r Menschen mit Demenz zu Recht mehr ausgegeben ird, bei anderen Pflegebedürftigen zu Unrecht gekürzt erden. as nehmen wir so nicht hin. Wenn Abgeordnete der Union meinen, den Himmel uf Erden könne es in der Pflege nicht geben, dann darf as nicht bedeuten, dass wir Missstände nicht sofort benden, wenn wir sie erkennen. Das kann doch nicht sein. Kathrin Senger-Schäfer )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Pfui!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Was heißt das in der Praxis? Sie wollen die Kopfpau-
schale in der Pflegeversicherung. Bislang heißt das
Monster in Ihren Worten verpflichtende, individuali-
sierte und generationsgerechte Pflegezusatzversiche-
rung. Heute lesen wir in den Zeitungen, dass Sie sich
auch darüber schon nicht mehr einig sind und dabei auch
nicht wissen, welchen Weg Sie gemeinsam als Regie-
rungskoalition gehen wollen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir sind immer einig!)


Klären Sie uns doch einmal auf – dazu haben Sie dann
Zeit –, und schenken Sie uns bitte reinen Wein ein.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn sich aber diese Wahnsinnspläne von den Kolle-
ginnen und Kollegen der Union und der FDP durchset-
zen, dann gibt es kein Zurück mehr; denn dann entstehen
Ansprüche und Anwartschaften aufgrund privater Ver-
träge, die nicht so einfach rückgängig zu machen sind.
Wie immer belasten Sie damit allein die Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner so-
wie die Arbeitslosen und die Hartz-IV-Beziehenden. Die
Arbeitgeber bleiben wieder einmal außen vor.


(Zuruf von der LINKEN: Pfui!)


Die Linke ist in diesem Fall völlig anderer Meinung.
Wir brauchen einen umfassenden neuen Pflegebegriff.
Der Vorschlag liegt seit 2009 auf dem Tisch. Jetzt
kommt es auf den politischen Willen an. Statt „Still, satt
und sauber“ heißt es für uns: Teilhabe und Selbstbestim-
mung.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Begutachtung muss sich am individuellen Bedarf
ausrichten. Pflegeleistungen müssen finanziell angemes-
sen ausgestattet sein. Deshalb tritt die Linke für die soli-
darische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung auch in
der Pflege ein.


(Beifall bei der LINKEN)


Nur so können wir die vielen Probleme, die sich im
Pflegebereich und in anderen Bereichen stellen, mit den
pflegebedürftigen Menschen, den Angehörigen und den
Beschäftigten lösen. Menschen, die im Alter Pflege
brauchen, gehören selbstverständlich zu unserer Gesell-
schaft.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708802700

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708802800

Das sind meine letzten beiden Sätze. – Wie human

eine Gesellschaft ist, sieht man daran, wie man mit den
Schwächsten umgeht. Darüber, liebe Kolleginnen und
Kollegen der Regierung, sollten Sie nachdenken.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Kollege ohannes Singhammer das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708802900


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1708803000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Weil wir hier über einen Antrag der Linken debat-
eren, sage ich: Die Pflegeversicherung ist nicht auf der
uche nach dem Weg zum Kommunismus gefunden
orden,


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: So ein Bart, Herr Singhammer! So ein Bart!)


ondern die Pflegeversicherung ist die Frucht der sozia-
n Marktwirtschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie Fundamente der Pflegeversicherung sind von CDU/
SU und FDP gelegt worden.

Die Pflegeversicherung hat folgende Grundlagen:
raktizierte Nächstenliebe für Menschen, denen es
chwerfällt, sich selbst zu helfen, Wertschätzung und
espekt für die Älteren, Einstehen der Gesunden und
eistungsfähigeren für Kranke und Schwächere. Dieses
undament trägt nach wie vor.

Weil die Nachfrage groß ist, müssen wir das Gebäude
flegeversicherung erweitern. Die drei zusätzlichen
tockwerke sind:

Erstens: Leistungsanpassung. Wer fachkundige Men-
chen mit Herzensbildung für die Pflege gewinnen will,
uss sie ordentlich, gut und entsprechend ihrer Leistung

ezahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zweitens. Wir brauchen eine Neuinterpretation des
egriffs „Pflegebedürftigkeit“, um vor allem mehr De-
enzkranke gut und besser versorgen zu können.

Drittens. Wir brauchen den Aufbau eines Kapital-
tocks, um vor allem den Jüngeren Leistungen garantie-
n zu können, wenn sie im Alter selbst auf Unterstüt-

ung hoffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Gleichzeitig stehen wir vor großen demografischen
erausforderungen. Während in Deutschland heute rund
Millionen Pflegebedürftige umsorgt werden, werden

s nach aller Voraussicht im Jahr 2020 schon fast
Millionen Menschen sein, und in den folgenden Jahren
erden es auch nicht weniger werden. Diese Entwick-
ng vollzieht sich bei einer gleichzeitig schrumpfenden
evölkerungszahl, die uns ohnehin zunehmend vor
roße Herausforderungen stellt.

Union und FDP haben im Koalitionsvertrag eine klare
erspektive für den Ausbau der Pflegeversicherung ent-
ickelt, die wir in diesem Jahr in Gesetzesform gießen
ollen. Dabei gelten folgende Leitlinien: Im Mittelpunkt





Johannes Singhammer


(A) )


)(B)

steht derjenige, der Pflege braucht. Das kann – das
macht die Bedeutung dieser Debatte aus – im Laufe ei-
nes Menschenlebens fast jeder sein. Um den Stürmen
der Demografie trotzen zu können, brauchen wir eine
Erweiterung – das Haus „Pflegeversicherung“ braucht
dieses zusätzliche Geschoss –: Erstmals müssen auch in
der gesetzlichen Pflegeversicherung Reserven gebildet,
muss Geld auf die hohe Kante gelegt werden. Wir brau-
chen einen Kapitalstock. Im Koalitionsvertrag heißt es:
generationengerecht, obligatorisch und individuell. Das
gilt genau so, wie wir es im Koalitionsvertrag festgelegt
haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Aber was heißt das wirklich? – Elke Ferner [SPD]: Also Beitragserhöhungen!)


– Passen Sie auf! Ganz ruhig!

Damit ziehen wir die Konsequenzen daraus, dass eine
rein umlagefinanzierte, lohnabhängige Pflegeversiche-
rung an ihre Grenzen stoßen wird. In diesem und in den
nächsten Jahren ist die Pflegeversicherung solide finan-
ziert. Aber wir müssen – das zeichnet kluge Politik aus –
auch für den Zeitraum vorsorgen, in dem sehr viele
Menschen pflegebedürftig werden können. Deswegen
werden wir einen Kapitalstock aufbauen. Wir werden
ihn so ausgestalten, dass vier Ziele erreicht werden:

Erstens müssen die Mittel sozial gerecht aufgebracht
werden. Niemand darf dabei überfordert werden. Des-
halb müssen wir insbesondere darauf achten, dass ein
solcher Kapitalstock auch für sozial Schwächere finan-
zierbar ist.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708803100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Ferner?


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1708803200

Ich gestatte die Zwischenfrage gern, schlage aber vor:

Hören Sie sich erst einmal meine vier Punkte an


(Elke Ferner [SPD]: Gut!)


und fragen Sie dann nach.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Dann bleiben keine Fragen offen!)


Zweitens wollen wir eine unbürokratische Lösung.
Wir wollen nicht allzu viel bürokratischen Aufwand bei
der Erhebung und Verwaltung der Mittel.


(Elke Ferner [SPD]: Das ist etwas Neues!)


Der bürokratische Aufwand muss in einem angemesse-
nen Verhältnis zum Ertrag stehen. Es würde wenig Sinn
machen, wenn wir einen erheblichen Anteil der Mittel
für die Bürokratie aufwenden müssten.

Drittens ist es, denke ich, angesichts der Haushalts-
lage realistisch, mit nicht allzu großen Zuschüssen aus
dem Bundeshaushalt zu kalkulieren.

Viertens – das ist ganz wichtig – muss die Kapitalre-
serve zukunftsfest gestaltet werden. Sie muss – das ist

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(C (D or allem für die Jüngeren ganz entscheidend – vor allen ugriffen des Staates geschützt sein, sie muss sozusagen einem Tresor eingeschlossen sein. Es steht allerdings nirgendwo, dass eine solche Rückge vererbt werden kann oder dass sie bei Nichtnotwenigkeit eines Pflegebedarfs zurückgezahlt wird. Das ist Übrigen auch das Prinzip der privaten Vorsorge, der rivaten Krankenversicherung. Auch da gibt es kein echt auf Vererbung. Wichtig ist, dass dieser Kapital tock sicher bleibt, und zwar genau für den Zweck, für en er angelegt worden ist. – So, Frau Ferner. Frau Kollegin, bitte schön. Sie haben, wie den Tickermeldungen heute zu entneh en ist, gestern gesagt, dass Sie quasi eine kollektive eserve aufbauen wollen. Das beißt sich ein bisschen amit, Herr Singhammer, dass Sie zunächst gesagt haen, dass die Formulierungen im Koalitionsvertrag weirhin Bestand haben. Vielleicht kann Herr Lanfermann, er ja schon dagegen geschossen hat, das gleich in seiner ede aufklären. Würden Sie, Herr Singhammer, der ffentlichkeit sagen, dass der Aufbau einer Kapitalre erve, in welcher Form auch immer, bedeutet, dass es tzt eine Beitragsanhebung gibt, um in Zukunft eine eitragsanhebung zu vermeiden? (Jens Spahn [CDU/CSU]: Das liegt in der Natur der Sache!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708803300
Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1708803400

önnen Sie der staunenden Öffentlichkeit auch erzählen,
ie stark die Beiträge erhöht werden und ob die Beiträge

bhängig vom Einkommen erhoben werden oder ob Sie
uch da eine Kopfpauschale einführen wollen?


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1708803500

Liebe Frau Kollegin Ferner, ich habe Ihnen gerade die

rundsätze unseres Kapitalstocks beschrieben. Dieser
apitalstock wird – auch das kann ich Ihnen ankündigen –
emeinsam von der Koalition beschlossen werden; wir
erden gemeinsam zu Lösungen kommen. Wir werden
ie Lösungen so gestalten, dass sie sozial gerecht sind,


(Elke Ferner [SPD]: Das wäre etwas Neues!)


ass sie finanzierbar sind und vor allem dass sie genau
as erreichen, was die Jüngeren erwarten, nämlich dass
r sie im Alter vorgesorgt wird. Ich sage noch etwas

azu: Wir werden das in diesem Jahr regeln. Wir werden
icht warten wie Sie in den vergangenen Jahren, als Sie
n der Regierung waren. Wir werden das jetzt machen,
eil wir wissen: Je länger wir warten, desto schwieriger
ird es, eine Lösung zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Unabhängig vom Kapitalstock müssen die Pflegeleis-
ngen regelmäßig an die Kostenentwicklung angepasst
erden; ansonsten verlieren die Leistungen der Pflege-
ersicherung immer wieder an Wert. Das werden wir





Johannes Singhammer


(A) )


)(B)


wieder aufkommenden Misstrauen, das diese Beziehung
und die Pflege belastet, Abschied nehmen. Alles in allem sind die Rechnungen, die Sie vorschla-
Ich sage hier aber auch: Dies alles gibt es nicht zum
Nulltarif. Es muss bezahlt werden, aber auch bezahlbar
sein. Wenn man die Vorschläge, die Sie von den Linken
hier machen, betrachtet, kann man nur sagen: Sie ver-
sprechen das Blaue vom Himmel.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Was wollen Sie alles? Den Pflegebedürftigen, den Ange-
hörigen und dem Pflegepersonal wird alles Mögliche
versprochen, insbesondere eine 25-prozentige Anhebung
der Sachleistungsbeträge und eine individuelle Pflegeas-
sistenz. Zu der Frage, wer das bezahlen soll, schweigen
Sie sich aus.


(Zuruf von der CDU/CSU: Freibier für alle!)


Allein diese Forderung – von den anderen habe ich noch
gar nicht gesprochen – bedeutet, dass die Beitragssätze
um mindestens 0,3 Prozentpunkte angehoben werden
müssten.


(Heinz Lanfermann [FDP]: 0,5 Prozent!)


– Wahrscheinlich, Herr Kollege Lanfermann, wesentlich
mehr.

Wenn wir auch die anderen Vorschläge, die Sie ma-
chen, umsetzen würden, dann betrieben wir eine Politik

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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 579;
davon

ja: 420
nein: 116
enthalten: 43

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer

Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Norbert Brackmann

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(D ir hingegen wecken keine Erwartungen, die wir nicht uch erfüllen können. (Zuruf von der LINKEN: Das stimmt, dass Sie keine Erwartungen wecken!)


ir machen mit einer durchgerechneten Finanzierung,
inem klaren Plan und vor allem einem entschlossenen
npacken seriöse Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708803600

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf die Debatte

r einen Moment unterbrechen und Ihnen die Ergeb-
isse der namentlichen Abstimmung und der Wahl mit-
ilen.

Ich gebe Ihnen zunächst das von den Schriftführerin-
en und Schriftführern ermittelte Ergebnis der nament-
chen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des
uswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesre-
ierung „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
cher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Si-
herheitsunterstützungstruppe in Afghanistan“ bekannt:
bgegebene Stimmen 579. Mit Ja haben gestimmt 420,
it Nein 116, Enthaltungen gab es 43. Die Beschluss-

mpfehlung ist damit angenommen.

laus Brähmig
ichael Brand
r. Reinhard Brandl
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
eo Dautzenberg
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
nak Ferlemann
grid Fischbach

Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
gen, Rechnungen, die Sie gar nicht bezahlen können.
tun. Es ist in der bisherigen G
Den Grundsatz „Stationär bzw.
ser ist uns wichtig – wollen wir
Für ältere Menschen sind gera
sonders wichtig.

Der heute geltende Begriff
trägt der Situation von Mensc
Bewegungs- und Selbstversorg
zureichend Rechnung und bela
gehörigen. Deshalb müssen wi
kontingente so regeln, dass e
dass auch Zuwendung bei der
wollen zu einer Kultur des Ver
auch was das Verhältnis zwisch
zu Pflegenden betrifft, und wir
esetzeslage so angelegt.
Reha vor Pflege“ – die-
konsequent durchsetzen.
de diese Leistungen be-

der Pflegebedürftigkeit
hen mit eingeschränkter
ungsmöglichkeit nur un-
stet immer mehr die An-
r insbesondere die Zeit-
ine menschliche Pflege,
Pflege möglich ist. Wir
trauens kommen, gerade
en Pflegekräften und den
müssen von dem immer

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ach dem Motto „Nächste Aus
ollen wir nicht, meine sehr g
n.


(Widerspruch bei der SPD ir wollen auch nicht, dass ir ert werden, die auf Rücklagen rivaten Pflegeversicherung in echt vorbildlich angehäuft w nktioniert das Prinzip der Rüc (Elke Ferner [SPD]: Weil s ken habe ie jedoch haben vor, dort in d eht allerdings nicht. Denn du ind die Rücklagen geschützt. (Cfahrt Griechenland“. Das eehrten Damen und Her und der LINKEN)


gendwelche Pläne disku-
zurückgreifen, die in der
der Tat und auch zu
orden sind. Denn dort
klagenbildung.

ie die besseren Risi-
n!)

ie Kasse zu greifen. Das
rch Art. 14 Grundgesetz





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr

zu Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange

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r. Max Lehmer
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r. Ursula von der Leyen
gbert Liebing
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r. Jan-Marco Luczak
r. Michael Luther
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r. Thomas de Maizière
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
r. Angela Merkel
aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
arlene Mortler
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

adine Schön (St. Wendel)

r. Philipp Murmann
ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
r. Michael Paul
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lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
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r. Peter Ramsauer
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

othar Riebsamen
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r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
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hristian Schmidt (Fürth)

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(Weil am Rhein)


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r. Frank Steffel
rika Steinbach
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homas Strobl (Heilbronn)

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ichael Stübgen
r. Peter Tauber
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r. Hans-Peter Uhl
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olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
r. Johann Wadephul
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arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

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nnette Widmann-Mauz
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lisabeth Winkelmeier-
Becker
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r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
illi Zylajew

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r. Hans-Peter Bartels
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othar Binding (Heidelberg)

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laus Brandner
illi Brase
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(Hildesheim)


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(Tuchenbach)


(Schwandorf)





(A) )

Ottmar Schreiner
Dr. Martin Schwanholz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Ute Vogt
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Uta Zapf
Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Sebastian Körber
Holger Krestel
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Christian Lindner

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r. Martin Lindner (Berlin)

r. Erwin Lotter
liver Luksic
orst Meierhofer
atrick Meinhardt
abriele Molitor
n Mücke

etra Müller (Aachen)

urkhardt Müller-Sönksen
r. Martin Neumann

(Lausitz)

irk Niebel
ans-Joachim Otto

(Frankfurt)


ornelia Pieper
r. Christiane Ratjen-
Damerau
r. Birgit Reinemund
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
jörn Sänger
rank Schäffler
hristoph Schnurr
mmy Schulz
arina Schuster
r. Erik Schweickert
erner Simmling
dith Skudelny
r. Hermann Otto Solms
achim Spatz
r. Max Stadler
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
lorian Toncar
erkan Tören
hannes Vogel

(Lüdenscheid)

r. Daniel Volk
r. Guido Westerwelle
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)


ÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN

arieluise Beck (Bremen)

ornelia Behm
ans-Josef Fell
riska Hinz (Herborn)

om Koenigs
mid Nouripour
rista Sager
anuel Sarrazin
aniela Wagner

ein

DU/CSU

olfgang Börnsen

(Bönstrup)

r. Peter Gauweiler
anfred Kolbe
orbert Schindler

PD

grid Arndt-Brauer

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laus Barthel
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r. Peter Danckert
ichael Groß
olfgang Gunkel
abriele Hiller-Ohm
etra Hinz (Essen)

aniela Kolbe (Leipzig)

ilde Mattheis
r. Wilhelm Priesmeier
erold Reichenbach
önke Rix
erner Schieder (Weiden)

r. Carsten Sieling
onja Steffen
erstin Tack
üdiger Veit
r. Marlies Volkmer
altraud Wolff

(Wolmirstedt)


IE LINKE

n van Aken
gnes Alpers
r. Dietmar Bartsch
erbert Behrens
arin Binder
atthias W. Birkwald
eidrun Bluhm
teffen Bockhahn
hristine Buchholz
va Bulling-Schröter
r. Martina Bunge
oland Claus
evim Dağdelen
r. Diether Dehm
eidrun Dittrich
erner Dreibus
r. Dagmar Enkelmann
laus Ernst
olfgang Gehrcke
icole Gohlke
iana Golze
nnette Groth
r. Gregor Gysi
eike Hänsel
r. Rosemarie Hein
r. Barbara Höll
ndrej Hunko
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r. Lukrezia Jochimsen
atja Kipping
arald Koch
n Korte
tta Krellmann
atrin Kunert
aren Lay
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alph Lenkert
ichael Leutert

tefan Liebich
lla Lötzer
r. Gesine Lötzsch
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orothee Menzner
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(A) )


Aber nach Ihren Ausführungen bleibt mir nur, Sie zu fra-
gen: Haben Sie den Mut, das, was Sie richtigerweise

Es geht nicht darum, nur zu diskutieren, sondern auch
darum, zu entscheiden.
denken, in Ihrer Fraktion un
durchzusetzen? Eine Individua
nämlich nicht mit dem zu verei
gen haben. Es geht darum, M
die unserer Hilfe bedürfen. Also
durchzusetzen?

1) Namensverzeichnis der Teilnehmer
d Ihrer Koalition auch
lisierung des Risikos ist
nbaren, was Sie vorgetra-
enschen zu unterstützen,
, haben Sie den Mut, das

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gan der Wahl siehe Anlage 9

(Beifall bei de Wir wollen eine Reform de riffs, weg von der Minutenpfl egutachtungssystem, das bei or allen Dingen – das ist der n ie speziellen Bedürfnisse von eistig behinderter Kinder, und r SPD)


s Pflegebedürftigkeitsbe-
ege, hin zu einem neuen
der Teilhabe ansetzt und
ächste wichtige Schritt –
Kindern, insbesondere

von Menschen mit psy-
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Dr. Thomas Gambke

Kai Gehring
Britta Haßelmann
Ulrike Höfken
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Katja Keul
Oliver Krischer
Fritz Kuhn

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(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich gebe Ihnen nun das von den Schriftführerinnen
und Schriftführern ermittelte Ergebnis der Wahl des
Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicher-
heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik bekannt: Mitgliederzahl 622, abgegebene
Stimmen 579, gültige Stimmen 577. Mit Ja haben ge-
stimmt 535 Abgeordnete,1)


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


mit Nein haben gestimmt 21 Abgeordnete, Enthal-
tungen 21.

Herr Roland Jahn hat damit die erforderliche absolute
Mehrheit der Stimmen erreicht. Er ist damit zum Bun-
desbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits-
dienstes der ehemaligen DDR gewählt.

Lieber Roland Jahn, ich gratuliere Ihnen dazu außer-
ordentlich herzlich und wünsche Ihnen alles Gute, Ver-
nunft und Augenmaß für dieses so wichtige, notwendige
und sensibel zu führende Amt. Alles Gute!


(Beifall im ganzen Hause)


Wir setzen damit die Debatte zu unserem jetzigen Ta-
gesordnungspunkt fort, und ich erteile Kollegin Hilde
Mattheis für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Hilde Mattheis (SPD):
Rede ID: ID1708803700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

hätte gerne damit begonnen, Herr Singhammer, Sie zu
loben.


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Dann tun Sie das doch!)


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(C (D enate Künast arkus Kurth ndine Kurth rzy Montag erstin Müller r. Konstantin von Notz riedrich Ostendorff rigitte Pothmer abea Rößner Claudia Roth Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Jürgen Trittin Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Machen Sie sich keine Sorgen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich in
einen Ausführungen vor allen Dingen auf den Pflege-

edürftigkeitsbegriff konzentrieren. Das ist ein Punkt,
er uns von der SPD immer am Herzen lag, und wir mei-
en, dass dieser nach der Reform des Pflege-Weiterent-
icklungsgesetzes als Nächstes einer Reform bedarf.
enn dieser Begriff wird seit Einführung der Pflegever-

icherung im Jahr 1995 diskutiert, und zwar zu Recht: Er
ilt als viel zu eng, zu verrichtungsbezogen und zu ein-
eitig somatisch ausgerichtet. Hauptkritikpunkt ist dabei,
ass wichtige Aspekte der sozialen Teilhabe unberück-
ichtigt bleiben.

Die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla
chmidt hat schon 2006 gesagt, dass wir daran arbeiten
ollen, und hat einen Beirat einberufen, der schon 2009
ie ersten sehr konkreten Ergebnisse vorgelegt hat,
rientiert am Teilhabeanspruch pflegebedürftiger Men-
chen. Wir alle hier im Hohen Hause waren uns einig,
ass das ein richtiger, wichtiger Schritt ist, der unsere
nterstützung verdient. In der Vergangenheit hat sich
ie gesamte Fachwelt wie wir im Ausschuss – ich sage
s noch einmal – für diese Verbesserung der Definition
es Pflegebedürftigkeitsbegriffes eingesetzt und sie als
ächsten wichtigen Reformschritt benannt. Schwarz-
elb hat im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009
rmuliert, dass es zu den Reformschritten gehört, „eine

eue, differenziertere Definition der Pflegebedürftig-
eit“ zu finden, will aber die Auswirkungen neuer An-
ätze nur „überprüfen“. Da sage ich Ihnen: Das ist uns
iel zu wenig.


(Beifall bei der SPD)


Der Minister lädt zu Gesprächsrunden zum Bürokra-
eabbau und zu anderen wichtigen Themen ein. Herr
inister, ich glaube aber, dass Gesprächsrunden alleine

icht reichen. Die Menschen wollen, dass Taten folgen.





Hilde Mattheis


(A) )


)(B)

chischen und kognitiven Beeinträchtigungen berücksich-
tigt. Das ist für uns wichtig.

Wir wollen deshalb von Ihnen wissen, wie weit die im
Koalitionsvertrag angekündigte Überprüfung durch das
Ministerium vorangeschritten ist und welche weiteren
Bausteine die Regierung bei der Unterstützung von Pfle-
gebedürftigen und Pflegenden auf der Grundlage des
wichtigen Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vorsieht.

An dieser Stelle sage ich: Herzlichen Dank an den
Beirat für seine Arbeit. Wir brauchen diese Unterstüt-
zung. Es ist gut, dass sich die Fachwelt einig ist und wir
im politischen Prozess, auch hier im Parlament, das um-
setzen können, worüber die Fachwelt unstreitig disku-
tiert.


(Beifall bei der SPD)


Wir brauchen ein ganzheitliches Konzept zur Pflege.
Deshalb frage ich Sie, Herr Rösler: Was macht die Bun-
desregierung, um die Situation der häuslichen Pflege zu
verbessern? Was macht die Bundesregierung, um die Si-
tuation bei den Arbeitsplätzen und der Ausbildung in der
Pflege zu verbessern? Was macht die Bundesregierung,
um die Prävention, die Reha und das Versorgungs-
management zu verbessern? Was macht die Bundesre-
gierung, damit die Kommunen die nötige Infrastruktur
aufbauen können?


(Beifall bei der SPD)


Zuletzt: Was will die Bundesregierung tun, damit Pflege
finanzierbar ist?

Herr Singhammer, es muss unser gemeinsames Inte-
resse sein, dass Starke für die Schwachen da sind. Das ist
ein sehr christlicher Ansatz. Ich habe die CSU öfter ein-
mal so verstanden, dass das ihr Grundsatz ist. Ich hoffe
doch sehr, dass Sie bei diesem Anliegen den Worten Ta-
ten folgen lassen.

Herr Rösler, es ist Zeit, dass etwas passiert. Die Pfle-
gepolitik ist kein Bereich, in dem es um Eitelkeiten geht.
Es geht vielmehr darum: Wie kann man den Menschen
helfen? Ich fordere Sie auf: Greifen Sie die Empfehlun-
gen des Beirates auf. Wehren Sie sich gegen die Versu-
che der Einführung eines Pflegebegriffs light. Seien Sie
so souverän, zu sagen: Meine Vorgängerin Ulla Schmidt
hat bei der Pflege Gutes getan; wir knüpfen daran an.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708803800

Das Wort hat nun Heinz Lanfermann für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Heinz Lanfermann (FDP):
Rede ID: ID1708803900

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine lieben

Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen hier über ins-
gesamt zwei Vorlagen der Linksfraktion. Ich muss Ihnen
ganz ehrlich sagen: Nachdem Sie vorhin in diesem
Hause so eindrucksvoll bewiesen haben, dass Sie mit der
Bewältigung der eigenen Vergangenheit nicht zurecht-
kommen,

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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Wie bitte? Was soll das denn heißen? – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Es geht um etwas ganz anderes, Herr Lanfermann! Aber das haben Sie wahrscheinlich noch nicht mitbekommen!)


eigen Sie mit diesen Vorlagen, dass Sie auch nicht zur
ewältigung der Probleme der Gesellschaft in der Zu-
unft in der Lage sind.


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Ach! Sie kämpfen doch mit der 5-Prozent-Hürde!)


Sie verlangen in Ihrem Antrag zunächst einmal eine
5-prozentige Steigerung aller Leistungen. Wenn alles
m 25 Prozent teurer wird, heißt das, dass der Beitrags-
atz nicht mehr 2 Prozent, sondern 2,5 Prozent beträgt;
o weit werden Sie mir sicherlich noch folgen können.
ass Sie darüber hinaus noch sechs Wochen bezahlte
flegezeit und einen erheblichen Ausbau der Infrastruk-
r fordern, macht die Sache noch teurer.


(Elke Ferner [SPD]: Was sagt denn Ihre Kanzlerin dazu?)


Ganz am Ende Ihres Antrages betrügen Sie auch noch
ie Rentner;


(Elke Ferner [SPD]: Das haben Sie doch vorgemacht!)


an kann sich nur noch aussuchen, ob die heutigen oder
ie zukünftigen. Sie wollen, dass Rentner in der Pflege-
ersicherung nur noch den halben Beitragssatz zahlen
nd der Rest von der Rentenversicherung getragen wird.
as glauben Sie eigentlich, wer die Rentenversicherung
t, die das bezahlen soll?


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)


er so vorgeht, muss entweder die Renten kürzen oder
ie Beitragssätze erhöhen; so viel zur freien Auswahl.

Minister Rösler hat das Jahr 2011 aus guten Gründen
um Jahr der Pflege ausgerufen. Wir in der Koalition
ollen gemeinsam in der Tat viele Dinge angehen. Es
ibt eine Reihe von Themen oder, wie man so sagt, Bau-
tellen. Alles ist dem Ziel untergeordnet, auch in Zu-
unft – „Zukunft“ ist das entscheidende Wort –, und
war auch in ferner Zukunft, zu gewährleisten, dass alle
enschen, die Hilfe und Pflege brauchen, in den Genuss

iner guten Pflege kommen und eine gute Versorgung er-
alten.

Sie werden ja wohl nicht kritisieren, dass der Minister
tzt viele Gespräche führt; das tun natürlich auch die
raktionen. Aber es geht immer der Reihe nach: erst re-
en, dann denken und prüfen, dann entscheiden und
ann handeln.


(Mechthild Rawert [SPD]: Daran, die Patienten ernst zu nehmen, sollte der Beirat aber schon vorher denken!)


o viel Geduld, zu warten, bis wir in dieser natürlichen
eihenfolge vorgegangen sind, müssen Sie schon haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Heinz Lanfermann


(A) )


)(B)

Natürlich gehört dazu auch die Neudefinition des Be-
griffes „Pflegebedürftigkeit“; das ist richtig. Ihre länge-
ren Ausführungen dazu, Frau Kollegin Mattheis, waren
eigentlich gar nicht nötig. Wir alle waren uns in diesem
Hause einig, dass das in die richtige Richtung geht und
ein guter Ansatz ist. Wir alle haben dem Beirat schon
mehrfach gedankt. Nur, eine Expertise, auch eine gute,
ist noch kein Gesetzentwurf. Dazwischen muss noch ein
bisschen Arbeit geleistet werden. Auch hier muss man
prüfen: Was kann man umsetzen? Wie viel kostet es?

Was die Kosten betrifft, will ich Ihnen sagen, Frau
Kollegin: Sie haben ausgeführt, man brauche ein ganz-
heitliches Konzept. Ich sage Ihnen: Das braucht nicht
nur ein Minister und nicht nur eine Koalition, sondern
auch eine Opposition, die ernst genommen werden will.
Auch Sie müssen ganzheitlich denken und vortragen.
Dazu gehört auch der Aspekt der Finanzierbarkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Denn die Pflege ist der gesellschaftliche Bereich, in dem
sich der demografische Wandel am deutlichsten bemerk-
bar macht.


(Mechthild Rawert [SPD]: Was wollen Sie denn jetzt, Herr Lanfermann?)


Der demografische Wandel führt dazu, dass wir im-
mer weniger Jüngere – damit auch immer weniger Bei-
tragszahler –, aber immer mehr Ältere in unserem Sys-
tem haben. Je älter ein Mensch wird, desto größer ist das
Risiko, pflegebedürftig zu werden. Dieses Risiko steigt
nicht etwa linear, sondern exponentiell. Deswegen muss
man sich mit den zukünftigen Herausforderungen befas-
sen, und deswegen machen wir uns so viele Gedanken
über die Frage: Wie soll es weitergehen, auch im Hin-
blick auf die Finanzierung?

In den Jahren, in denen ich mich mit der Pflegepolitik
und der Pflegeversicherung beschäftigt habe, habe ich
gelernt, dass jedes Wort, das ein bisschen anders klingt,
und jede Überlegung, wie man mit den Problemen fertig
werden kann, sehr schnell zu Missverständnissen führen.
Das liegt insbesondere daran, dass Sie von der Opposi-
tion Ihre politische Arbeit leider zu wenig darauf kon-
zentrieren, uns fertige Konzepte vorzulegen; das haben
Sie schon im letzten Jahr beim GKV-Finanzierungsge-
setz eindrucksvoll bewiesen. Sie legen uns immer nur
Fragmente und Bruchstücke vor. Dies gilt auch mit Blick
auf das beliebte Stichwort „Bürgerversicherung“. Zu
diesem Thema haben Sie uns bisher nur Häppchen vor-
gelegt, immer verbunden mit dem Versprechen, irgend-
wann komme ein ganzheitliches Konzept.

Nein, Sie verbringen einen Großteil Ihrer Zeit und Ih-
rer Medienarbeit damit, immer wieder Spekulationen in
die Welt zu setzen. Sie haben zum Beispiel bei der Ge-
sundheitsfinanzierung als Beitrag, den die Bürger dem-
nächst zahlen müssten, jeden Betrag zwischen 18 und
30 oder 50 und 180 Euro in die Diskussion geworfen.
Nichts davon stimmte. Gestern wurde uns sogar vorge-
halten, das hätte die Koalition gemacht und damit alle
verwirrt. So weit ist es mit der Verwirrung in Ihren Köp-
fen schon gekommen. Nein, nein, es war die Opposition,
die dauernd irgendwelche Zahlen erfunden hat, die nie

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(C (D ine Substanz hatten. Der Minister hat zwar dauernd geagt: „Es stimmt nicht; es ist wesentlich geringer und uch im Konzept ganz anders vorgesehen“, aber Sie ollten es nicht glauben. Ähnlich wird es bei der Pflegeersicherung sein. Da will ich doch noch einmal auf eines hinweisen: enn Sie wirklich den Anspruch erheben wollen, dieses ukunftsproblem bewältigen zu können, dann bitte ich ie, eines zu bedenken: Es gibt – Kollege Singhammer at schon einige Zahlen genannt – ungefähr 2,3 Millioen Pflegebedürftige. In 20 Jahren wird die Zahl um die älfte höher sein; in 40 Jahren werden es doppelt so iele sein, nämlich ungefähr 4,6 Millionen. Da der durchschnittliche Pflegefall dann nicht wenier Geld kosten wird, müssen Sie zumindest in einem rsten Ansatz davon ausgehen, dass die Kosten in 0 Jahren doppelt so hoch sein werden. Wenn der durchchnittliche Beitragssatz heute bei ungefähr 2 Prozent egt, dann wird er allein aus diesem Grund schon 4 Proent betragen. Wir wollen ja den Pflegebedürftigkeitsbegriff ernst ehmen. In diesem Zusammenhang hat der Beirat geagt: Es gibt vier verschiedene Szenarien, und das teurste davon kostet 3,6 Milliarden Euro. – Ich sage Ihnen ufgrund meiner Lebenserfahrung, dass es da auch ungehr landen wird. Nimmt man also 3 Milliarden Euro inzu, bedeutet das 0,3 Beitragspunkte mehr. Das heißt, er Beitragssatz läge, wenn wir jetzt nur die Demenz nd sonst nichts berücksichtigen, bei 2,3 Prozent. In 0 Jahren läge er, wenn wir bei dem jetzigen Umlageystem blieben, bei 4,6 Prozent. Es kommt ein weiterer Faktor hinzu, der leider auch s Geld geht. Wir wissen aufgrund der Schätzung ungehr, wie viele Menschen Leistungsempfänger sein wer en und wie viel das kosten wird. Wir wissen leider uch, dass es nicht bei der gleichen Zahl von Beitragsahlern bleiben wird, sondern dass diese Zahl aufgrund er demografischen Entwicklung zurückgehen wird. Passen Sie auf; das ist wichtig. – Wenn eine kleinere ahl von Menschen eine gleich hohe Summe aufbringen uss, die einen bestimmten Prozentsatz vom Lohn beägt, dann steigt der Prozentsatz. Das heißt, der Beiagssatz liegt dann nicht nur bei 4,6 Prozent, sondern ist och höher. Dem Problem müssen Sie sich stellen. Die Menschen, die heute 20 bis 50 Jahre alt sind, sind Jahre 2051 60 bis 90 Jahre alt. So weit können Sie si herlich alle folgen. Das heißt, wenn Sie für die Altersruppe der heute 20bis 50-Jährigen – ich greife jetzt ur einmal diese heraus; Sie können auch noch ein paar inzunehmen; das spielt nicht die entscheidende Rolle – twas machen wollen, dann müssen Sie berücksichtigen, ass es dann, wenn sie 60 bis 90 sind, noch weniger nge Beitragszahler gibt, die das in einem Umlagesysm bewältigen könnten. Dies ist übrigens auch bei einer Bürgerversicherung o; denn bei einer Bürgerversicherung geht es ja darum, Heinz Lanfermann )


(Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist gut gerechnet!)





(A) )

einen Teil der Einnahmen nicht aus dem Lohneinkom-
men, sondern auch aus dem sonstigen Einkommen zu er-
halten. Man behält aber das Umlageprinzip bei, dessen
Problem ja ist, dass weniger Menschen einzahlen und
viele Menschen etwas herausbekommen wollen. Das
muss ja finanziert werden. Das Umlagesystem ist auf
Dauer nicht geeignet, diese Lasten zu schultern, jeden-
falls nicht alleine. Deswegen brauchen wir das Kapital-
deckungsprinzip, das besagt, dass etwas angespart wird.
Das war ja bei Ihrer Zwischenfrage interessant. Natür-
lich kostet Sparen, damit man später mehr hat, erst ein-
mal Geld. Ich dachte eigentlich, das wäre selbstverständ-
lich. Das kann man doch nicht kritisieren.

Wir müssen heute den jüngeren und mittleren Jahr-
gängen sagen: Wir brauchen diese zusätzliche Säule der
Pflegeversicherung mit Kapitaldeckungsprinzip, mit
Geld, das man anlegt. – Dass das angelegte Geld sicher
ist, dafür sorgen bei uns Gesetze und die Aufsicht.


(Hilde Mattheis [SPD]: Ja, ja! Lanfermanns Märchenstunde!)


– Die Anlagen sind doch in der Wirtschaftskrise nicht
verloren gegangen. Sie müssen doch einmal den Wirt-
schaftsteil der Zeitung lesen.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist es! Nicht nur das Feuilleton!)


Ich kann Ihnen nur versprechen: Diese Jahrgänge
werden dann auch für sich selber sorgen können. Das ist
auch nötig, weil es dann nämlich jüngere Jahrgänge in
ausreichender Zahl, die für sie sorgen können, nicht
mehr gibt. Das ist Vorsorge. Es ist vorausschauende
Politik, auch einmal auf vierzig Jahre zu achten und
nicht nur bis zum nächsten Wahltag zu schauen, wie wir
es von Ihnen hier vorgeführt bekommen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Das ist doch Ihre Prämisse!)


Selbstverständlich hat der Kollege Singhammer recht,
dass man eine solche Lösung so unbürokratisch wie
möglich ausgestaltet – das ist auch gar kein Problem; das
werden wir Ihnen anbieten – und dass man sie zukunfts-
fest macht.


(Zuruf des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Übrigens ist das nicht mit der Riester-Rente vergleich-
bar. Bei Riester sparen Sie nämlich Geld an, damit Sie
im Alter für eine bestimmte Zeit etwas ausgezahlt be-
kommen, das Sie verbrauchen können. Das geht bei der
Pflegeversicherung prinzipiell nicht, weil Sie gar nicht
wissen, ob Sie irgendwann im Alter pflegebedürftig wer-
den. Deshalb müssen Sie also sozusagen auf einen Ver-
sicherungsfall hinarbeiten.


(Hilde Mattheis [SPD]: Individualisieren!)


Warum es sinnvoll ist, dass man die individuelle Vor-
sorge an die Person bindet, ist bereits erklärt worden:
Das hat mit Art. 14 des Grundgesetzes zu tun und damit,
dass man misstrauisch sein muss, ob Politiker nicht Er-
spartes auch einmal für etwas anderes verwenden. Das
wollen wir verhindern.

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(C (D nd wir müssen es verhindern, weil es Politiker gibt, die uf fremdes Geld zugreifen wollen. Das erleben wir bei ren Versuchen – Stichwort: Bürgerversicherung –, an ie Rücklagen derjenigen zu kommen, die in der privan Krankenund Pflegeversicherung Geld angespart haen. ie schielen ja immer darauf und überlegen sich, wie Sie s vereinnahmen können. Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Es war einmal! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Punktlandung!)


(Zuruf der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708804000
Heinz Lanfermann (FDP):
Rede ID: ID1708804100


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708804200

Es war leider keine Punktlandung. Der Kollege hatte

chon deutlich überzogen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Gefühlte Punktlandung! – Gegenruf des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD]: In jeder Hinsicht!)


Nunmehr hat Kollegin Elisabeth Scharfenberg für die
raktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Herr Minister, was ist denn da los? Ich dachte
chon, es geschehen noch Zeichen und Wunder. Da
urde ich heute Morgen mit der Meldung geweckt, dass
ie Koalition endlich auf den Pfad der Vernunft zurück-
ehre


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Den haben wir nie verlassen!)


nd sich von der privaten Zusatzversicherung in der
flege verabschiede.


(Ulrike Flach [FDP]: Darauf haben Sie gerade schon eine Antwort bekommen!)


Vor ein paar Minuten aber flattert eine Erklärung aus
rem Haus, Herr Minister, auf unseren Schreibtisch mit

em Inhalt, das sei noch gar nicht geklärt. Dafür waren
ie Meldungen in den Zeitungen aber sehr eindeutig.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Streit in der Koalition!)


eiter heißt es: Es hätten noch keine politischen Bera-
ngen dazu stattgefunden. Noch nicht einmal Beratun-

en! Das müssen wir uns wirklich auf der Zunge zerge-
en lassen.





Elisabeth Scharfenberg


(A) )


)(B)


(Ulrike Flach [FDP]: Wo waren Sie denn die letzte halbe Stunde?)


Herr Singhammer, ich frage Sie: In welchem Paralleluni-
versum waren Sie da unterwegs?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zustimmung der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Die Meldungen heute waren sehr deutlich und sehr klar,
und sie gab es nicht nur in einem Medium, sondern in et-
lichen.

Meine Damen und Herren, was wird das hier? Wissen
Sie von der Koalition nun, was Sie wollen,


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Immer! – Gegenruf der Abg. Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Nein!)


oder wissen Sie es nicht? Ich bin wirklich fassungslos
angesichts dieses unwürdigen Theaters, das Sie der Be-
völkerung und auch diesem Hause hier vorspielen. So
einfach geht es nicht!

Als Sie im Jahr 2009 Ihren Koalitionsvertrag verhan-
delten, da konnten Sie vor lauter Kraft kaum laufen.
Ganz besoffen waren Sie von Ihren Fantasien von Ka-
pitaldeckung und Individualisierung. Und jetzt, mit ei-
nem nüchternen Blick und einem ordentlichen schwarz-
gelben Kater, haben Sie endlich verstanden, was Sie sich
da eingebrockt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben endlich verstanden, dass eine private Zusatz-
versicherung – anders gesagt: eine Kopfpauschale – so-
zial ungerecht ist. Sie haben endlich verstanden, dass das
Ganze mehr Bürokratie verursacht als alles andere.


(Ulrike Flach [FDP]: Falsch gelesen! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das steht auch nicht im Koalitionsvertrag!)


Und Sie haben endlich verstanden, dass der Sozialaus-
gleich mit Steuern, von dem Sie immer so gerne erzählt
haben, nicht finanzierbar ist und auch nicht funktionie-
ren würde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Oder – das frage ich mich jetzt – haben Sie es doch
nicht verstanden? Wenn Sie nämlich bei dem bleiben,
worauf Sie sich im Koalitionsvertrag geeinigt haben,
dann profitiert davon ausschließlich die private Versi-
cherungsindustrie, die sich ja schon seit Unterzeichnung
des Koalitionsvertrages angesichts der satten Gewinne,
die schon für sie bereitstehen, feixend die Hände reibt.
Ich richte daher den dringenden Appell an Sie: Verkau-
fen Sie sich und die Pflegebedürftigen in unserem Land
nicht so billig! Bekennen Sie sich hier und jetzt eindeu-
tig dazu, dass Sie sich von diesem Unsinn im Koalitions-
vertrag ein für allemal verabschieden! Ich hätte auch
gern die Bestätigung des Herrn Ministers. Die Aussage
von Herrn Singhammer ist ja schön und gut, aber eine
offizielle Bestätigung des Ministers gegenüber der Be-
völkerung und diesem Hause fände ich mehr als ange-
messen, um keine weitere Verunsicherung zu schaffen.

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(C (D (Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer macht denn hier die Verunsicherung, Tag und Nacht?)


Meine Verblüffung geht noch weiter. Dass jetzt sogar
err Singhammer das Konzept von uns Grünen überneh-
en will, finde ich gut.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was?)


ngeblich – man weiß ja nicht, was man glauben soll –
ill die Koalition eine kollektive Kapitalreserve auf-
auen. Es ist bekannt, dass wir Grüne bereits seit vielen
ahren für dieses Modell eintreten. Wir nennen sie soli-
arische Demografiereserve. Wenn Sie das anders nen-
en möchten, soll uns das recht sein; Hauptsache ist, Sie
erstehen das Prinzip und setzen es dann auch um.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hauptsache, sie lernen was dazu!)


Die Idee ist, im bestehenden System einer solidari-
chen Pflegeversicherung einen Teil der Beitragsmittel,
ie die Versicherten je nach Leistungskraft einzahlen,
eiseitezulegen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Immerhin stellen Sie die Kapitalrücklage nicht infrage! Das ist schon mal was!)


us dieser Rücklage, die von der Versichertengemein-
chaft gemeinsam und solidarisch aufgebaut wird, kön-
en die steigenden Pflegekosten in einer alternden Ge-
ellschaft abgefedert werden. All das geschieht dann
ben nicht nach dem Motto „Jeder für sich“, sondern so-
darisch. Das ist sozial gerecht. Das ist gerechter gegen-
ber den Beitragszahlern der Zukunft, die wir mit den
osten der Zukunft, die auch wir verursachen werden,
icht alleinlassen wollen.

Sie sollten Ihrem Herzen einen Stoß geben und den
tzten Schritt machen! Sie wissen so gut wie wir, dass
ie Trennung von sozialer und privater Pflegeversiche-
ng ungerecht und darüber hinaus nicht begründbar ist.
s kann nicht sein, dass sich weiterhin 10 Prozent der
evölkerung in diesem Land aus der Solidarität in die
rivate Pflegeversicherung verabschieden können. Die
0 Prozent haben nicht nur im Durchschnitt mehr Ein-
ommen und mehr Wohlstand, sondern sie tragen auch
in geringeres Risiko, im Alter pflegebedürftig zu wer-
en.

Die beiden Systeme müssen zusammengeführt wer-
en. Solidarität bedeutet, dass sich alle Bürgerinnen und
ürger daran beteiligen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


eswegen brauchen wir eine Pflegebürgerversicherung.
dieser Bürgerversicherung brauchen wir eine solidari-

che Demografiereserve, wie ich sie gerade beschrieben
abe.

Zumindest einige von Ihnen haben den Mut gezeigt,
ich von den unsinnigen Einigungen im Koalitionsver-
ag zu verabschieden. Bringen Sie nun auch den Mut





Elisabeth Scharfenberg


(A) )


)(B)

auf, diesen Weg konsequent weiter und auch bis zum
Ende zu gehen! Ich hoffe – und warne Sie eindringlich
davor –, dass dieser gute und richtige Kurswechsel nicht
nur ein Täuschungsmanöver ist. Sie werden doch wohl
nicht vorhaben, den Wählerinnen und Wählern vor den
diversen Landtagswahlen, die in den nächsten Wochen
auf uns zukommen, ein bisschen Wohlfühlpolitik anzu-
kündigen und dann am Ende alles wieder ganz anders zu
machen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denen ist alles zuzutrauen!)


Ankündigungen haben wir von Ihnen für den Bereich
der Pflegepolitik wahrlich genug gehört in den letzten
Wochen. Diese Schlafwagenpolitik muss endlich aufhö-
ren.

Die Kolleginnen und Kollegen der Linken haben mit
einigen Punkten in ihrem Entschließungsantrag, bei dem
wir uns übrigens enthalten werden, völlig recht. Wir
warten dringend auf die Einlösung Ihres Versprechens,
die Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffes umzuset-
zen. Die wissenschaftlichen Empfehlungen für diese ele-
mentar wichtige Reform liegen seit nunmehr zwei Jah-
ren auf dem Schreibtisch. Dort verstauben sie jetzt. Auch
diese elementare Reform muss jetzt endlich angepackt
werden.

Wir warten weiterhin auf die Familienpflegezeit, mit
der die Ministerin Schröder seit gut einem Jahr hausieren
geht. Bis heute liegt uns kein Gesetzentwurf vor.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Es passiert nichts! Eine völlige Fehlbesetzung im Ministerium!)


Dass wir von diesem Konzept nicht viel halten, damit
haben wir nicht hinter dem Berg gehalten. Trotzdem
wäre es schön, wenn Sie uns endlich etwas Handfestes
auf den Tisch legen würden, damit die Politik der An-
kündigung zu einer Reform führt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir warten ferner auf die Reform der Pflegeausbil-
dung, die Sie, Herr Rösler, uns seit Monaten ankündi-
gen. Wir warten auch weiterhin auf die Maßnahmen ge-
gen den Fachkräftemangel in der Pflege; auch das
kündigen Sie uns seit Monaten an, Herr Minister.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Warten auf Godot!)


Kurzum: Sagen Sie jetzt klar, verbindlich und un-
missverständlich, was Sache ist, und eiern Sie nicht he-
rum! So sehr uns Ihr Kurswechsel bestätigt und auch
freut,


(Ulrike Flach [FDP]: Den es nicht gibt!)


so sehr beharren wir darauf, dass Ihre Ankündigungs-
und Verunsicherungspolitik in der Pflege endlich been-
det wird.


(Ulrike Flach [FDP]: Entweder-oder! Sie müssen sich entscheiden!)


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(C (D lar ist: Einen falschen Plan in den Papierkorb zu wern, heißt noch lange nicht, dass der Schreibtisch aufgeumt ist. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Parlamentarische Staatssekretä n Annette Widmann-Mauz. A Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten olleginnen und Kollegen! Mit der Finanzierungsreform er gesetzlichen Krankenversicherung hat diese Koalion bereits bewiesen, dass sie Probleme anpacken und ernünftige Lösungen finden kann. Wenn Sie unseren oalitionsvertrag in der Öffentlichkeit ständig missinterretieren – ich könnte auch sagen: manipulieren –, dann t das Ihr Problem. (Lachen bei Abgeordneten der SPD – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sind Sie schon so schwach?)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708804300

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1708804400

a können wir Ihnen nicht helfen. Ich weiß auch nicht,
uf welchem Boot und mit welchem Kurs Sie heute fah-
n. Unser Kurs ist klar: Wir werden auch in diesem Jahr

ernünftige Lösungen in Bezug auf die Finanzierung
zw. die Reform der Pflegeversicherung und vor allen
ingen für die Sicherstellung einer qualitativ hochwerti-
en und menschenwürdigen Pflege vorlegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ll das, was Sie beschreiben, sind Ihre Interpretationen
nd hat nichts mit dem zu tun, was wir wollen. Wir ha-
en nie Kopfpauschalen für die Pflege gefordert. Eine
ollegin hat hier angesprochen, wir hätten eine Indivi-
ualisierung des Pflegerisikos geplant. Ich weiß nicht,
as Sie lesen; in unserem Koalitionsvertrag finden Sie
as jedenfalls nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sollten die Prognosen recht behalten, dann wird die
ahl der Menschen, die – aus unterschiedlichen Gründen –
flegebedürftig sind, bis zum Jahr 2050 auf rund 4 Mil-
onen gestiegen sein. Ein großer Teil dieser Menschen
ird an Demenzerkrankungen leiden. Fachleute rechnen
amit, dass jede zweite Frau und jeder dritte Mann ir-
endwann im Laufe seines Lebens von einer Demenz be-
offen sein wird.

Gerade deshalb ist es für uns sehr wichtig, zu prüfen,
b unser heutiges Pflegewesen in den zentralen Punkten
ukunftsfest ist. Zentrale Punkte sind die Ausbildung
nd die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte in unserem
and, die Betreuungssituation pflegebedürftiger Men-
chen sowohl in den Heimen als auch im familiären, im
äuslichen Umfeld und die Sicherstellung der Finanzie-
ng. Wir wollen und müssen dieses System zukunftsfest

estalten und werden die dazu notwendigen Änderungen





Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz


(A) )


)(B)

im System vornehmen. Wir haben heute die Chance, das
im Sinne eines soliden und zukunftsorientierten Pflege-
wesens zu tun; denn wer heute handelt, wird die sich ab-
zeichnenden Entwicklungen positiv beeinflussen kön-
nen.

Wir haben uns in den vergangenen Wochen intensiv
mit der Lebenssituation pflegebedürftiger Menschen be-
schäftigt und werden das in diesem Jahr auch weiterhin
tun. Wir hinterfragen die Ausbildungs- und Arbeitssitua-
tion unserer Pflegekräfte, wir werden die häusliche
Pflege stärker unter die Lupe nehmen, und wir werden
uns der Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs
widmen.


(Hilde Mattheis [SPD]: Werden, werden, werden!)


Last, but not least geht es auch um eine solide Finan-
zierung. Diese könnte mit dem, was die Linksfraktion
uns heute vorgelegt hat, überhaupt nicht gewährleistet
werden. Herr Lanfermann, in dem Paket ist noch mehr
enthalten, als Sie erwähnt haben; die Linke will nämlich
die Teilabsicherung zu einer Vollabsicherung machen. In
dem Fall könnte man die Kosten und Ausgaben multipli-
zieren. Das zeigt, wie unrealistisch Teile dieses Parla-
ments an dieses Thema herangehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Na, na, na!)


Wir wollen eine Reform mit Langzeitwirkung. Das
gelingt uns nur gemeinsam mit den Menschen, für die
dieses System bestimmt ist. Deshalb werden wir auch
nicht mit der Finanzierungsdebatte beginnen, sondern
zunächst mit den Menschen reden, die Pflege betrifft.
Das sind alle pflegebedürftigen Menschen, ihre Angehö-
rigen und die Pflegekräfte. Ihnen hören wir zu, und dann
handeln wir. Das ist eine sinnvolle Vorgehensweise.
Deshalb hat Minister Dr. Rösler auch im Dezember letz-
ten Jahres damit begonnen, den Pflegedialog mit den Be-
teiligten zu führen.

Mit den Expertinnen und Experten und mit den Be-
troffenen haben wir zunächst über den Fachkräftemangel
gesprochen. Denn wir alle wissen doch, was eine gute
Pflege ausmacht und dass sie mit gut ausgebildeten
Fachkräften und entsprechend verfügbaren Betreuungs-
kräften steht und fällt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708804500

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Seifert?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1708804600


Ja.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708804700

Frau Staatssekretärin, habe ich Sie jetzt richtig ver-

standen, dass Sie die Ergebnisse der Gohde-Kommis-
sion, die ja jahrelang getagt hat und von Ihrer Regierung
eingesetzt wurde, im Grunde genommen wegschmeißen
und jetzt von vorne anfangen, um herauszukriegen, was

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(C (D in vernünftiger Pflegebegriff ist? Wenn das der Fall ein sollte, dann haben Sie die Menschen, die das wirkch brauchen, bitter enttäuscht. A Herr Seifert, ich weiß nicht, ob Sie mir in den letzten inuten richtig zugehört haben. h habe zum Begriff der Pflegebedürftigkeit gesagt, ass wir das angehen und daran arbeiten, dies umzuseten. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sie erfinden ihn also neu!)

Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1708804800

(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ja, habe ich!)


Entschuldigung, jetzt bin ich dran.

Ich will und kann Sie hier ganz beruhigen. Der Minis-
r hat den ehemaligen Vorsitzenden des Beirats und die
itarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Mitglieder

es Beirats bereits wieder eingeladen, um genau die
chwierigkeiten bei der Umsetzung zu besprechen und
ach Lösungen zu suchen; denn es reicht nicht, auf ein
apier zu verweisen, aber den Übergang in die Realität
u vernachlässigen. Wir arbeiten intensiv daran, und
war gemeinsam mit den Expertinnen und Experten, die
iese gute Grundlage geschaffen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen dafür sorgen, dass die Pflegeberufe end-
ch die Anerkennung erhalten, die sie verdienen.


(Hilde Mattheis [SPD]: Werden! Werden!)


azu gehört vor allen Dingen auch, dass die Berufsaus-
ildung in der Pflege moderner und attraktiver gestaltet
ird. Wir wollen die Qualifikation in den Pflegeberufen
reiter anlegen. Das ist gerade für die Motivation in der
flege und für eine Lebensperspektive in diesem Beruf
ichtig. Daran wollen wir arbeiten.


(Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Nur Absichtserklärungen!)


Wir haben dies im Koalitionsvertrag beschlossen und
ollen das im Rahmen eines neuen Pflegeberufsgesetzes

ngehen, in dem die Ausbildungsinhalte für die Pflege-
erufe neu definiert werden. Geplant ist, die Ausbildung
der Altenpflege, in der Gesundheits- und Kranken-

flege und in der Kinderkrankenpflege zusammenzufüh-
n. Damit geben wir gerade den Absolventinnen und
bsolventen dieses Ausbildungsfeldes mehr berufliche
ntwicklungsmöglichkeiten an die Hand.


(Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Nichts Konkretes!)


Wir haben eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einge-
chtet. Diese wird bis März dieses Jahres Eckpunkte
nd damit eine Grundlage für das Gesetz erarbeiten.

Wir halten die Zusammenführung der Ausbildung in
en Pflegeberufen zu einem gemeinsamen Ausbildungs-
trang deshalb für erforderlich, weil wir heute die Kern-
ompetenzen für die Pflege älterer Menschen ja nicht





Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz


(A) )


)(B)

nur in Pflegeheimen oder bei der häuslichen Pflege, son-
dern genauso in Krankenhäusern und anderen, neuen
Wohnformen benötigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die umfas-
sende und zeitgemäße Ausbildung unserer Nachwuchs-
kräfte ist ein wichtiger Bereich, aber hier dürfen wir mit
unseren Anstrengungen nicht aufhören. Genauso wichtig
ist es, dass wir eine gute Bezahlung für die Pflegekräfte
erreichen. Wir haben mit dem Mindestlohn für die Pfle-
gehilfskräfte begonnen. Das ist eine Absicherung nach
unten.


(Hilde Mattheis [SPD]: Aber auf massiven Druck von uns!)


Es kann und muss aber auch einen angemessenen An-
stieg nach oben geben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Gerade die Einrichtungen wissen nur zu gut, wie wichtig
genau diese Arbeitsbedingungen sind, um qualifizierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an sich zu binden; denn
sie suchen händeringend nach entsprechenden Fachkräf-
ten.

Der Bedarf wird weiter zunehmen. Die Gründe dafür
liegen auf der Hand. Die meisten Menschen wollen so
lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung, in ih-
rem gewohnten Umfeld, versorgt werden. Deshalb ist
gerade die häusliche Betreuung auch ein zentraler Punkt
für eine zukunftsgerichtete Pflege. Wir wissen aber, dass
das traditionelle Familienbild, in dem der Spruch gilt:
„Gepflegt wird zu Hause“, aufgrund der unterschied-
lichsten Entwicklungen in der Gesellschaft und hinsicht-
lich der familiären Strukturen von vielen Menschen
heute nicht mehr so gelebt werden kann, wie sie das viel-
leicht gerne tun würden. So werden wir zwar immer äl-
ter, gleichzeitig ist die Zahl der Kinder rückläufig, und
es gibt mehr Singlehaushalte als früher.

Deshalb hat die Bundesregierung gehandelt, und wir
handeln weiter. Wir haben die Beschäftigungsordnung
geändert. Damit haben wir dafür gesorgt, dass auch aus-
ländische Haushaltshilfen pflegerische Alltagsverrich-
tungen und die Betreuung bei uns legal durchführen kön-
nen. Das ist ein klares Beispiel dafür, dass wir uns mit
unseren Vorstellungen hinsichtlich einer guten Pflege an
den Wünschen der Betroffenen ausrichten.

Diese Wünsche erfährt man, indem man vor Ort und
mit den Betroffenen im Gespräch ist. Deshalb werden
wir diesen Pflegedialog auch fortsetzen. Minister Rösler
hat für Februar zum zweiten Pflegedialog eingeladen.

Ich finde es ausgesprochen wichtig und richtig, dass
auch die pflegenden Angehörigen als diejenigen, die die
Hauptlast physisch und psychisch aushalten müssen, in
den Pflegedialog mit einbezogen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Diese Menschen pflegen, trösten und schenken Zeit und
Liebe, oft bis zur eigenen Erschöpfung. Genau diesen
Menschen wollen wir helfen. Wir wollen sie in ihrem

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(C (D ngagement unterstützen und gemeinsam mit ihnen berlegen, wie passende Hilfsangebote für sie aussehen önnen, damit sie nicht nur auf dem Papier bestehen, ondern auch von ihnen angenommen werden. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wollen, wollen, wollen!)


Auch andere Initiativen sind unterstützenswert. Sie
aben das Thema Familienzeit angesprochen. Ich ver-
eise zum Beispiel auf das hervorragende Modell der
eitspende. Damit können sozial verantwortliche Unter-
ehmen ihren Beschäftigten anbieten, sich zeitweise um
ie Betreuung und Unterstützung von pflegebedürftigen
enschen zu kümmern.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708804900

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Rawert?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1708805000

Ja, bitte.


Mechthild Rawert (SPD):
Rede ID: ID1708805100

Frau Staatssekretärin, Sie haben davon gesprochen,

ass ausländische Haushaltshilfen nun auch pflegerische
rundtätigkeiten ausüben dürfen. Sind Sie der Meinung,
ass die gesetzlichen Grundlagen im Hinblick auf die
rbeitnehmerfreizügigkeit, die für die neuen EU-Bei-
ittsländer am 1. Mai in Kraft tritt, ausreichen?

Ich habe eine zweite Frage. Die Bundesregierung hat
en Ersten Gleichstellungsbericht überreicht bekommen,
er eine Frauenquote, die Einführung des Mindestlohns
nd die Aufhebung des Ehegattensplittings empfiehlt.
elche Bedeutung hat der Gleichstellungsbericht für

en Bereich Pflege, insbesondere für die Situation pfle-
ender Angehöriger?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1708805200

Zunächst zur Freizügigkeit, Frau Kollegin Rawert.

ie Freizügigkeit ab dem Frühjahr wird noch mehr
öglichkeiten bieten, dass auch ausländische Pflege-

räfte, Hilfskräfte und Betreuungskräfte in Deutschland
tig sein können. Die rechtlichen Bedingungen für eine

ozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind gege-
en.

Wir wissen, dass viele Menschen, die derzeit teil-
eise auch illegal Menschen aus dem europäischen Aus-
nd beschäftigen, ein großes Bedürfnis nach Hilfestel-
ng haben. Deshalb sind diese Themen Bestandteil der
flegedialoge.

Wir wollen mit den im Inland Beschäftigten, den Or-
anisationen, den Pflegeverbänden, aber auch mit den
ngehörigen nach Problemlösungen suchen, damit wir
em Bedarf an Unterstützung im Haushalt – oft ist Ver-
gbarkeit rund um die Uhr notwendig – stärker Rech-

ung tragen können. Diese Fragen beraten wir zurzeit.
enn wir gesetzgeberischen Handlungsbedarf sehen,





Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz


(A) )


)(B)

dann werden wir sicherlich dem Parlament in diesem
Jahr entsprechende Lösungen unterbreiten.

Zu Ihrer zweiten Frage, welche Bedeutung die Gleich-
stellung in der Pflege hat. Pflege ist weiblich. Nicht nur
die Beschäftigten, sondern auch die Betroffenen sind
aufgrund der höheren Lebenserwartung in der Regel
Frauen. Ich habe das vorhin insbesondere für den Be-
reich der Demenz ausgeführt.

Wir wissen, dass auch die pflegenden Angehörigen
häufig Frauen sind. Es geht uns darum, die Strukturen
und Bedingungen insgesamt zu verbessern, damit die
Hauptlast nicht bei den Frauen liegt. Aber wir müssen
die Ursachen angehen.

Deshalb müssen wir entsprechende Einstufungen vor-
nehmen und den allgemeinen Betreuungsbedarf stärker
berücksichtigen. Es geht um die Vernetzung der Ange-
bote gerade auch in den verschiedenen Wohnformen, da-
mit den Anliegen der Betroffenen stärker Rechnung ge-
tragen werden kann.

Was die pflegenden Frauen zu Hause angeht, ist es
sehr wichtig, dass sie auch ihre Erfahrungen im Alltag
verarbeiten können und Hilfe und Unterstützung erhal-
ten, um mit dieser verantwortungsvollen, befriedigen-
den, aber auch sehr schwierigen Aufgabe fertigzuwer-
den. In diesem Sinne verlaufen die Gespräche. Wir
werden Ihnen im Parlament von den Ergebnissen berich-
ten und entsprechende Maßnahmen einleiten.

Dass uns die Qualität sehr wichtig ist, damit die gute
Pflege auch weiterhin gesichert wird, sehen Sie daran,
dass wir uns nicht mit der Situation im Zusammenhang
mit der Pflege-Transparenzvereinbarung abfinden. Wir
werden dem Parlament gemeinsam mit den Koalitions-
fraktionen einen Vorschlag unterbreiten, damit das gel-
tende Recht, das noch von der Vorgängerregierung unter
der Großen Koalition verabschiedet wurde, möglichst
schnell geändert wird, damit wir zu Entscheidungen
kommen, die für mehr Transparenz und letzten Endes
mehr Qualität in der Pflege sorgen können.

Ich habe zu dem Themenkomplex der Demenz und
der Herausforderungen für die entsprechenden betreueri-
schen Fähigkeiten, aber auch für die Einbeziehung von
Unterstützung gerade dann, wenn es sich nicht um Ver-
richtungen dreht, sondern wenn es um die Betreuung
und Begleitung geht, gesprochen, und deshalb wird sich
die Diskussion der kommenden Wochen und Monate
sehr stark auf die Entwicklung sachgerechter Strukturen
und Angebote richten; denn wir wollen dem Anspruch,
den Menschen in dieser besonderen Lebenssituation zu
helfen, gerecht werden.

Versorgungsforschung, also die Frage, wie Versor-
gung für Menschen mit Demenz aussehen muss, ist uns
ganz wichtig; denn hier sind große Defizite vorhanden.
Der Leuchtturm, den die Bundesregierung mit einem
großen Forschungsprojekt unterstützt hat, bietet auch
hier gute Grundlagen für die Entwicklung neuer Ange-
botsformen. Wir werden diese Auswertung zur Grund-
lage nehmen, um unsere Entscheidungen sachgerecht
voranzubringen.

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(C (D Um all dies gewährleisten zu können, brauchen wir ine solide Finanzierung. Kollege Lanfermann hat das rinzip der Kapitaldeckung erläutert. Es ist ein Sparen in uten Zeiten für die Zeiten, in denen ein größerer Bedarf orhanden ist. Das ist etwas, was Sinn macht, was nottut nd was unserer Gesellschaft guttut. Wir werden auch in iesem Punkt den Koalitionsvertrag erfüllen und Ihnen ie Vorschläge unterbreiten. Aber auch hier gilt: Sorgfalt or Schnelligkeit. Die Pflegeversicherung ist in ihrem estand bis zum Jahr 2014 finanziert. Deshalb werden ir uns dieses Jahr nehmen, um gute Ergebnisse für die enschen in unserem Land zu erreichen. Wir nehmen ie Herausforderungen im Dialog mit den Menschen an. azu wünsche ich uns konstruktive Beratungen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Karl Lauterbach für die SPD-Frak on. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Zunächst einmal muss auch ich einräumen, dass h Herrn Singhammer heute gerne gratuliert hätte. Aber s gibt offenbar keinen Anlass. Ich bin mir nicht im Klan darüber, was gilt. Ich will aber klar sagen: Wenn Ihr nsatz der war, dass eine individualisierte Kapitalde kung unsinnig ist, dann hätten Sie damit recht, ohne enn und Aber. Diese Übung haben wir schon einmal ehabt. Das ist eine kleine Zusatzversicherung, die einen ohen bürokratischen Aufwand bringt und bei der die bschlusskosten so hoch sind, dass man die ersten 0 Jahre einzahlt, um die Abschlusskosten zu decken, odass selbst die private Assekuranz, die privaten Kranenversicherungen, an dieser Versicherung kein Intesse haben. Die ist normalerweise ein sehr maßgebli her Ratgeber zumindest für die FDP und für Herrn ösler. Wenn somit selbst die private Assekuranz das icht verfolgt, dann müssten Sie doch sagen: Das räuen wir ab. – Heute wäre eine gute Gelegenheit dazu ewesen. Jetzt wissen wir wieder nichts. Aber die Arguente sind stabil. Das kann zu nichts führen; das ist Bükratie pur. Es ist im Übrigen auch auf der folgenden Grundlage nsinn: Wenn der eine eine solche Kapitaldeckung hat, er andere aber nicht und beide Menschen im selben immer liegen, dann kann es den Pflegekräften doch icht ernsthaft zugemutet werden, dass der eine Patient nders gepflegt wird als der andere. Eine Zweiklassenflege, wie sie vielleicht dem einen oder anderen FDPeologen noch recht wäre, ist doch dem Personal und en Menschen nicht zuzumuten. Daher sage ich: Räuen Sie das Ding ab, machen Sie sich sauber, verab chieden Sie sich davon! Der Koalitionsvertrag – das hat selbst Frau Merkel esagt – war kein großer Wurf. Sie war damals müde. Dr. Karl Lauterbach )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708805300

(Beifall bei der SPD)

Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1708805400

(Beifall bei der SPD)


(Heiterkeit bei der SPD)





(A) )

Das stand in einem Bericht im Spiegel. Das war nach
den langen Wahlkämpfen, und sie war in einer Phase der
Müdigkeit. Das war nicht das Beste. Somit gibt es im
Koalitionsvertrag, der nicht komplett gelungen ist,
Dinge, die besser sind, und Dinge, die schlechter sind.
Das ist eben ein Murks. Da muss man die Größe haben,
zu sagen: Das ist ein Murks. Das ist uns nicht gelungen.
Das räumen wir jetzt ab. – Dann hätte ich Respekt vor
Ihnen. Herr Singhammer, bleiben Sie am Ball. Ich gehe
davon aus, dass Sie wissen, wovon Sie sprechen. Setzen
Sie sich gegen die Ideologie und die private Assekuranz
durch, Herr Singhammer. Unsere Unterstützung haben
Sie. Das teile ich Ihnen im Namen meiner Fraktion mit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gehen wir jetzt auf die belehrenden Äußerungen des
jungen Wissenschaftlers Lanfermann ein.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hochmut kommt vor dem Fall, Herr Professor!)


Er hat uns gerade erläutert, die Menschen würden immer
älter, künftig werde es weniger Beitragszahler geben
usw. Das war sehr tiefgreifend. Herr Lanfermann, wir
alle haben zugehört. Aber zwei wichtige Sachen haben
Sie schlicht vergessen. Sie haben gesagt, es wären im-
mer mehr Menschen zu pflegen. Aber das hängt doch
davon ab, wie viele Menschen im Jahr 2050 depressiv
oder demenzerkrankt sind. Das wissen Sie doch heute
noch nicht.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aber Sie, oder was?)


– Nein, aber ich sage auch nichts dazu. Herr Lanfermann
hingegen macht hier Angaben und rechnet uns vor, wie
es sein wird. – Die Wahrheit ist: Wenn es uns gelingt,
Depressionen und Demenz besser zu behandeln, dann
wird es viel weniger Pflegebedarf geben. Von daher bitte
ich Sie: Langweilen Sie uns nicht mit diesen Ausführun-
gen, sondern sagen Sie, was Wahrheit ist!


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Arrogant bis zum Himmel! Das können Sie mit Ihren Studenten machen!)


Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wie groß der
Bedarf sein wird.

Jetzt zu den Alternativen, die Sie genannt haben. Es
gibt zwei Möglichkeiten, die Kapitaldeckung einzufüh-
ren.

Die erste Möglichkeit ist eine kleine Zusatzkopfpau-
schale, damit man keinen Sozialausgleich braucht. Dann
baut sich das Geld allmählich auf, sodass man, nachdem
die Babyboomer alle tot sind, eine gute Rendite erwirt-
schaftet. Grob gesprochen: Die Kapitaldeckung muss
dann so klein sein, damit sich das nie lohnt. Es kommt
dann zu spät. Der Ertrag ist so gering, dass es sich
schlicht nicht lohnt. Das ist Bürokratie. Man hat keinen
Sozialausgleich; aber man bekommt auch nichts zusam-
men. Man läuft sozusagen unter der Messlatte durch.

Die zweite Möglichkeit ist: Man nimmt mehr, eine
größere Kopfpauschale. Dann braucht man aber erneut

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(C (D inen Sozialausgleich. Das ist dann ein weiterer Miniozialausgleich. In diesem Zusammenhang stellt sich die rage: Berücksichtigt man auch andere Einkommen wie iet-, Zinsund Kapitalerträge? Wie messe ich das Ein ommen? Das ist eine Riesenbürokratie. Somit sind Sie mit dem Murks im Prinzip wie folgt efangen: Entweder die Kapitaldeckung ist zu klein, als ass es sich lohnt, oder man braucht erneut einen Sozialusgleich. Dann hat man aber eine gigantische Bürokrae. Insofern sind im Prinzip alle Vorschläge, wenn ich anz offen sprechen darf, Murks. Sie haben zum jetzigen eitpunkt nicht die Größe, zu sagen, dass sich das nicht hnt. Schauen Sie doch in andere Bereiche. Es gibt Bedarf. ir könnten Ihre Arbeit benötigen. Die Staatssekretärin at gerade davon gesprochen, was alles gut sei. Tatsache t: Zum Thema Bürokratieabbau in den Pflegeeinrichngen haben wir von Ihnen bisher noch nichts gehört. s gibt keinen einzigen Ansatz, die Bürokratie in den flegeeinrichtungen zu beseitigen. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Haben Sie eine Idee?)


Wir haben Ideen. Wenn wir regieren würden, wäre es
chon erledigt.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Dann lassen Sie sie doch mal rüberkommen!)


ir werden von Ihnen ständig kritisiert, als wenn wir
eine Vorstellungen hätten. Bringen Sie in Erinnerung:

Moment regieren noch Sie. Sie können uns nicht
tändig vorwerfen, wir wären untätig. Wir haben Vorstel-
ngen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Was sind denn Ihre Vorschläge?)


on Ihnen kommt nichts.


(Beifall bei der SPD)


Zum Pflege-TÜV: Sie waren noch nicht einmal in der
age, den bereits bestehenden Pflege-TÜV in die Fläche
u bringen. Da sind Sie jetzt auf ein Schiedsverfahren
it völlig offenem Ausgang angewiesen. Nichts ist ge-
ngen.

Zum Abschluss: Auch zur Vorsorge von Pflegebe-
ürftigkeit ist bisher nichts gekommen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Da reparieren wir doch Ihr Gesetz!)


Verlassen Sie sich darauf: Wir werden in der Tat die
rsten Gesetze in diesem Bereich machen; denn bis Sie
die Schuhe kommen, sind Sie abgewählt. Ich verspre-

he Ihnen: Im ersten Jahr unserer Arbeit legen wir zu-
ammen mit den Kolleginnen und Kollegen der Grünen
rauchbare Gesetze vor.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wissen die Grünen schon davon?)


h glaube, dass die Regierungsbank hier in der Mitte
es Hauses ist.





Dr. Karl Lauterbach


(A) )


)(B)

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Jetzt haben Sie schon Orientierungsprobleme!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708805500

Das Wort hat nun Willi Zylajew für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Willi Zylajew (CDU):
Rede ID: ID1708805600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

Interessante beim Kollegen Lauterbach ist, dass er
– wohl vom Dozieren her darauf trainiert – immer wie-
der zu Dingen spricht, die nicht auf der Tagesordnung
stehen. Von den Linken liegen ein Antrag und eine
Große Anfrage zur Beratung vor. Herr Lauterbach, wenn
Sie das im Protokoll nachlesen, werden Sie feststellen,
dass Sie keinen einzigen Satz dazu gesagt haben.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das stimmt!)


Da frage ich mich: Was macht es für einen Sinn, wenn
wir hier eine Debatte führen und uns mit Vorlagen aus-
einandersetzen und dann jemand Redezeit verschleißt,
ohne etwas zur Sache zu sagen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrike Flach [FDP]: Das macht er immer so! – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Zur Sache wohl!)


Nach meiner Auffassung sind die Vorlagen für eine
sachliche Debatte nicht geeignet; sie sind vielmehr rein
populistisch.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Na, na, na!)


– Kollege Ilja Seifert, auf Sie komme ich noch zu spre-
chen. – Diese Debatte sollte aber schon dazu genutzt
werden, dass wir uns mit dem Anliegen auseinanderset-
zen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Richtig!)


Wir sind für jeden dankbar, der dazu einen konstruktiven
Beitrag leistet.

Wir als Union und unser Koalitionspartner können sa-
gen: Die Pflegeversicherung ist ordentlich finanziert.
Wir müssen sie für künftige Herausforderungen ertüchti-
gen. Das werden wir auch tun. Darauf können sich die
Menschen im Land verlassen; das war immer so. 1995
haben wir die Pflegeversicherung eingeführt. Zwischen
1998 und 2005, also größtenteils unter Ministerin
Schmidt, ist nichts passiert. In der letzten Wahlperiode
haben wir den Anstoß gegeben, zu dynamisieren, die
Dementen zu berücksichtigen,


(Jens Spahn [CDU/CSU]: So sieht’s aus!)


die ambulante Pflege zu stärken. All das ging auf unsere
Initiative zurück. Von Ihnen ist da gar nichts gekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir laden dieses Jahr die Pflegeaffinen aller Parteien
ein, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Aber, Frau

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(C (D enger-Schäfer, so geht es nun wirklich nicht. Sie könen nicht einfach sagen: So geht es nicht! as ist schon stark. Sie fordern die Erweiterung von eistungen; aber dann kommt nichts mehr. Sie sagen gar ichts dazu, wer das bezahlen soll. (Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Doch!)


(Lachen bei der LINKEN)


Frau Ferner – sie ist leider nicht mehr da – hat durch
re Zwischenfrage erfahren wollen, wie der Kapital-

tock ausgestaltet sein soll. Darf ich die Kolleginnen und
ollegen der SPD, die ich, zumindest die fachkompeten-
n, weit überwiegend schätze, einmal dezent darauf hin-
eisen, dass in unserem Koalitionsvertrag aus dem Jahre
005 eine Demografiereserve vereinbart war? Dort
tand: Wir bauen eine Demografiereserve auf. Jetzt soll
as plötzlich etwas Schlimmes, Negatives, Gefährliches,
icht Zukunftsweisendes sein. Die Halbwertszeit Ihres
edächtnisses ist da minimal.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Spätrömische Demenz!)


Frau Mattheis, wir werden die Erweiterung des Pfle-
ebedürftigkeitsbegriffs umsetzen. Das war doch das
iel. Frau Schmidt hat das als Ministerin geschickt ge-
acht: zunächst die Reform, erst dann Veränderung des
egriffs. Sie ist sehr clever vorgegangen. Sie hat nicht
rst den Begriff verändert und dann die Reform durchge-
hrt. Wir werden das anders machen. Die Menschen

önnen sich darauf verlassen, dass wir das umsetzen,
as notwendig ist, und das tun, was Sie nicht geschafft
aben.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass hier breit
iskutiert wird. Frau Scharfenberg sucht eine Mehrstim-
igkeit. Wir, CDU/CSU und FDP, haben eine kreative
ehrstimmigkeit, um zu den besten Ergebnissen zu

ommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Kreative Mehrstimmigkeit! Das ist ja mal was Neues!)


ie können sicher sein – die Kollegen Singhammer und
anfermann haben das hier in bestem Einvernehmen er-
lärt –: Wir arbeiten an der besten Lösung, und die wird
uch kommen.

Wir haben noch ein paar andere Dinge zu berücksich-
gen – ich will sie schnell ansprechen –: neuer Pflegebe-
riff, Dynamisierung, Demenzversorgung, neue Wohn-
rmen, Ausbildung. Wenn all das erledigt ist, reden wir

ber die Finanzierung. Die Einhaltung dieser Reihen-
lge ist wichtig. Sie würden wahrscheinlich zunächst

ie Finanzierung sicherstellen und dann fragen: Was ma-
hen wir mit dem Geld bzw. dem Defizit? So vorzuge-
en, ist nicht unsere Art.

Zurück zum Antrag, Drucksache 17/4425. Auf Seite 2,
tzter Absatz – Herr Singhammer hat das angesprochen –,

teht: Das Leistungsniveau der Pflegeversicherung ist
eutlich anzuheben usw. Wenn man sämtliche zusätzli-
hen Kosten zusammenrechnet – ich habe mir die Mühe





Willi Zylajew


(A) )


)(B)

einmal gemacht –, dann brauchen wir etwa 10 bis
20 Milliarden Euro mehr, und das bis zum Jahre 2027,
nicht erst 2040. Sie sagen überhaupt nichts dazu, wie die
Umsetzung Ihrer Forderungen finanziert werden soll.
Das ist unredlich. Das wird auch jeder merken.


(Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Wir hatten vorhin das Thema Afghanistan-Einsatz! Ein Drittel der Kosten!)


Die Linken erwecken bei mir manchmal den Ein-
druck: Nachdem sie es nicht geschafft haben, die gute
soziale Marktwirtschaft von außen zu zerstören,


(Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Von außen? Sie haben die gute soziale Marktwirtschaft von innen zerstört! So sieht es nämlich aus!)


versuchen sie es jetzt durch überzogene Anträge von in-
nen;


(Lachen bei der LINKEN)


aber auch das wird nicht funktionieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Halten Sie eine Büttenrede?)


Ich fasse die Notwendigkeiten noch einmal zusam-
men.


(Kathrin Senger-Schäfer [DIE LINKE]: Wir haben bald Karneval! Aber bitte ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit!)


Wir brauchen eine ordentlich finanzierte Pflegeversiche-
rung. Wir brauchen eine Vorsorge für die geburtenstar-
ken Jahrgänge. Wenn uns die Jahrgänge 1949 bis 1969
auf der Lastenseite erreichen, muss eine Beitragsreserve
vorhanden sein. Diese Reserve müssen wir heute anspa-
ren. Wir wollen, dass jetzt mehr Menschen wenig mehr
bezahlen, um einen Kapitalstock aufzubauen, damit
nicht später weniger Menschen sehr viel mehr zahlen
müssen, um die Leistungen halbwegs zu erhalten; denn
Letzteres kann nicht der richtige Weg sein. Wir müssen
fair sein gegenüber denen, die als Angehörige auf eine
ordentliche Leistung warten, und denen, die als poten-
zielle Pflegefälle – das sind auch wir – auf eine Leistung
warten. Wir müssen auch den Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeitern, die wir anwerben wollen, deutlich machen,
dass die Pflegeversicherung auf Dauer ordentlich finan-
ziert ist. Wer begibt sich denn in ein so schwieriges Ar-
beitsfeld, wenn ein paar Linke oder andere immer wie-
der sagen: „Das ist alles nicht solide finanziert; das ist
nicht in Ordnung; da kann man sich auf nichts verlas-
sen“? Das ist nicht der richtige Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Frau Senger-Schäfer, ich kann nur feststellen: Ihr An-
trag war rein populistisch. Trotzdem haben wir ihn für
eine halbwegs vernünftige Diskussion genutzt. Ich hoffe
sehr, dass Ihr kompetenter Sachverstand für Pflege, Herr
Dr. Seifert, uns deutlich macht, dass es auch bei den Lin-
ken noch einige gibt, die das Thema Pflege ordentlich,
sachlich und konstruktiv bearbeiten.

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(C (D Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708805700

Das Wort hat nun Ilja Seifert für die Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708805800

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Herr Zylajew, ich weiß nicht, was ich von diesem
ob halten soll. Sie schaffen es jedenfalls nicht, mich ge-
en meine Kollegin auszuspielen.


(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Das ist schade!)


Wir haben in der Pflege – das weiß jeder, der sich mit
iesem Thema befasst – kein Erkenntnisproblem, son-
ern ein Umsetzungsproblem. Wir wissen doch, was wir
rauchen. Jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt,
eiß, dass es bald darum gehen wird, Pflege und assis-
erende Begleitung, die mindestens genauso wichtig ist,
us den Heimen in die Wohnungen zu verlagern.


(Beifall bei der LINKEN)


arüber redet aber fast niemand. Das muss man doch
umindest einmal erwähnen.

Herr Kollege Zylajew, wir haben auch keinen Bedarf
n einer Demografiereserve. Vielmehr brauchen wir ei-
en Bonus, der sich aus der Produktivitätsentwicklung
bleitet. In die Berechnung muss die Steigerung der Pro-
uktivität einbezogen werden und nicht, wie viele Leute
rbeiten.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist, woraus wir Einnahmen generieren können. Es
eht nicht um die Anzahl der Beschäftigten, die nach der
emografieprognose immer weniger werden. Es geht
m einen Produktivitätsfaktor.

Lassen Sie uns darüber reden – das ist der zentrale
unkt –, was wir eigentlich brauchen. Ich freue mich ja,
ass es mit Ihnen, Herr Zöller und Herr Singhammer,
nd Ihnen aus Nordrhein-Westfalen, Herr Zylajew, eine
oalition aus CDU und CSU gegen die FDP gibt; das
nde ich prima.


(Beifall bei der LINKEN – Ulrike Flach [FDP]: Das ist aber nicht Teil der Debatte gewesen!)


ir machen mit, wenn wir dazu kommen, die Bedürf-
isse derer, die jetzt auf Hilfe angewiesen sind, zu de-
ken und nicht immer weiter in die Zukunft zu schauen.
as im Jahr 2050 sein wird, interessiert heute keinen
enschen. Wir müssen jetzt den Leuten helfen, die Hilfe

rauchen.

Sie haben die Regierung beauftragt, einen neuen Pfle-
ebegriff zu erarbeiten. Der Beirat zur Überprüfung des
flegebedürftigkeitsbegriffs unter Vorsitz von Jürgen





Dr. Ilja Seifert


(A) )


)(B)

Gohde hat einen sehr guten Vorschlag vorgelegt. Ich
hatte diesen Beirat im Vorhinein kritisiert. Als das Er-
gebnis auf dem Tisch lag, habe ich mich für meine Kritik
entschuldigt. Ursprünglich dachte ich, dass seine Mit-
glieder nur ein Gefälligkeitsgutachten erstellen. Sie ha-
ben aber richtig ordentliche Arbeit geleistet.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie sagen, dass es nicht um „satt, sauber, trocken“ geht,
sondern um die Ermöglichung von Teilhabe, auch wenn
jemand auf fremde Hilfe angewiesen ist – ob das in jun-
gen Jahren ist, wie bei Menschen mit Behinderung, oder
im Alter.

In jedem Falle wollen die Menschen teilhaben. Je-
mand, der im Sterben liegt, hat natürlich ein anderes Teil-
habebedürfnis als jemand, der noch sein ganzes Leben
vor sich hat, arbeiten geht und seine Freizeit genießen
will. Es ist völlig klar, dass wir das auseinanderhalten
müssen. Es geht, wie gesagt, darum, Teilhabe zu ermög-
lichen, und nicht darum, die Heime vollzubekommen.
Vor diesem Problem stehen wir zurzeit.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt ein Umsetzungsproblem. Frau Staatssekretä-
rin, wir brauchen daher keine Kommission, die sich ei-
nen neuen Begriff ausdenkt. Wir müssen vielmehr den
Begriff, der ausgearbeitet worden ist, mit Leben erfüllen.
Dazu hat unser heutiger Antrag, wie ich finde, eine sehr
gute Diskussionsgrundlage geliefert. Lassen Sie uns auf
dem Wege weitermachen. Dann kommen wir auch zu ei-
nem Ergebnis, welches den Menschen, die heute Pro-
bleme haben, helfen wird.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708805900

Das Wort als letzter Redner zu diesem Tagesord-

nungspunkt hat Kollege Steffen-Claudio Lemme für die
SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Steffen-Claudio Lemme (SPD):
Rede ID: ID1708806000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Dr. Rösler und Frau Staatssekretärin Widmann-
Mauz! Der Grundsatz meiner Fraktion ist: Das Lebensri-
siko, pflegebedürftig zu werden, darf nicht privatisiert
werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das hat auch keiner vor!)


Aber die jüngste Gesundheitsreform ist gerade erst in
Kraft getreten, da machen sich Bundesgesundheitsminis-
ter Philipp Rösler und seine Gefolgschaft erneut ans
Werk. Rastlos sind sie – das muss man schon sagen –,
haben sie sich doch nicht weniger vorgenommen, als die
gesamte Gesundheitsversorgung radikal wirtschaftlichen

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(C (D riterien zu unterwerfen. Laute Proteste von Bürgerinen und Bürgern, von Gewerkschaften und Sozialveränden werden schlichtweg ignoriert oder gar belächelt. es Geistes Kind diese Bundesregierung ist, haben die enschen in Deutschland aber mittlerweile erkannt. Sie aben bei dieser Regierung die berechtigte Furcht vor em Damoklesschwert einer weiteren Entsolidarisierung nserer Sozialsysteme; denn die nächste Angriffswelle es Rösler’schen Kreuzzuges gegen die Prinzipien des iteinanders in unserer Gesellschaft ist in Stellung ge racht – ihr Ziel: die gesetzliche Pflegeversicherung. Wurde die Opposition im vergangenen Jahr mancherrts noch für ihre Warnungen zu den Konsequenzen der esundheitsreform gescholten, ist die Lage heute doch indeutig. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die Finanzen sind super!)


ie Versicherten tragen die finanzielle Hauptlast. Die
rbeitgeber werden aus der Parität für immer entlassen,
nd die private Krankenversicherung wird kräftig aufge-
äppelt. Jetzt betreibt diese Bundesregierung aus CDU/
SU und FDP die Privatisierung des Pflegerisikos.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Da müssen Sie selber schmunzeln!)


Was Sie jetzt vorhaben, ist Folgendes: erstens die Ein-
hrung einer zusätzlichen Kopfpauschale für die Pflege

nd damit einer faktischen Mehrbelastung der Versicher-
n, zweitens die damit verbundene Entsolidarisierung
er Pflegeversicherten durch die Aufgabe des Prinzips
irtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Einzelnen bei der
eitragserhebung, drittens die Schaffung eines Zusatzge-

chäftes für private Versicherungsunternehmen. Hinzu
ommt die perspektivische Verlagerung auf ein reines
opfpauschalensystem mit individuellen Kapitalstöcken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfrak-
onen, die Versicherten, Pflegebedürftigen und deren
ngehörigen erwarten mehr. Eines muss Ihnen klar sein:
ie setzen mit Ihren Plänen die hohe Akzeptanz der noch
ngen Pflegeversicherung leichtfertig aufs Spiel.


(Beifall bei der SPD)


ie Menschen wollen keinen radikalen Umbau der Fi-
anzierung. Sie wollen eine passgenaue und an den Be-
ürfnissen des Einzelnen orientierte Pflege. Die Versi-
herten erwarten zu Recht ausreichend und gut geschultes
ersonal, ein Ende der Pflege im Minutentakt und bessere
oraussetzungen für die Pflege daheim durch ihre Ange-
örigen. Kurz: Sie wollen Verbesserungen bei der Quali-
t der Pflege, insbesondere bei der Pflegeinfrastruktur.


(Beifall bei der SPD)


Ich will an dieser Stelle aber auch noch einige Worte
um Antrag der Fraktion Die Linke verlieren, der Anlass
ieser Debatte ist. Zu meinem Bedauern muss ich fest-
tellen, dass Sie mit Ihrem Antrag wieder einmal nicht
ie Debatte in der Sache suchen. Die von Rot-Grün ein-
eführte freiwillige Riester-Rente wird mit Herrn Rös-
rs Plänen in einen Topf geworfen.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Denken Sie mal darüber nach!)






Steffen-Claudio Lemme


(A) )


)(B)

Da werden die Neuerungen des Pflege-Weiterentwick-
lungsgesetzes von 2008 geschmäht. Weiterhin wird der
demografische Wandel, der auch ein maßgeblicher Fak-
tor ist, schlicht ausgeblendet. Ich sage Ihnen: Mit den
Forderungen in Ihrem Antrag nach einer deutlichen An-
hebung des Leistungsniveaus wecken Sie bei den Men-
schen nur falsche Erwartungen. Sie dienen der eigentli-
chen politischen Auseinandersetzung nicht.

Ich fasse noch einmal zusammen. Wir als SPD sagen
Nein zur Privatisierung der Pflege und auch Nein zu ei-
ner Politik der überzogenen Erwartungen. Jetzt muss es
notwendigerweise darauf ankommen, die Pflege im Hin-
blick auf Qualität und Infrastruktur im Sinne der Betrof-
fenen zu stärken.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708806100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/4425 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist
die Überweisung so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache
17/4557. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschlie-
ßungsantrag ist mit den Stimmen der beiden Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Linken bei Enthaltung
von SPD und Grünen abgelehnt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung

Dritter Bericht der Bundesregierung über die
Umsetzung des Aktionsplans „Zivile Krisen-
prävention, Konfliktlösung und Friedenskon-
solidierung“
– Drucksachen 17/2300, 17/2971 Nr. 1.2,
17/4272 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Roderich Kiesewetter
Edelgard Bulmahn
Joachim Spatz
Stefan Liebich
Kerstin Müller (Köln)


b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Edelgard
Bulmahn, Lothar Binding (Heidelberg), Klaus
Brandner, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Deutschland braucht dringend eine kohärente
Strategie für die zivile Krisenprävention
– Drucksache 17/4532 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)


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(C (D Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Joachim Spatz r die FDP-Fraktion das Wort. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Joachim Spatz (FDP):
Rede ID: ID1708806200

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Ich fühle mich leider Gottes ein bisschen an meine
eit im Bayerischen Landtag erinnert, in dem, als es um
ildungspolitik ging, viele Kollegen den Saal verlassen
aben, sodass die Kolleginnen und Kollegen des ent-
prechenden Ausschusses wieder unter sich waren. Das
t schade,


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ihr habt es doch in der Hand!)


eil es sich bei ziviler Krisenprävention und vernetzter
icherheit um eines der Zukunftsthemen deutscher Au-
enpolitik handelt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nach der Neubestimmung der NATO-Strategie, die
aßgeblich unter deutscher Mitwirkung erfolgte, gibt es

wei weitere große Herausforderungen der strategischen
usrichtung der deutschen Außen- und Sicherheitspoli-
k in den nächsten Jahren. Zum einen geht es um eine
erstärkte europäische Integration dieser Themen aus
ielen verschiedenen Gründen. Zum anderen geht es um
ie Schwerpunktverlagerung weg von militärischen In-
trumenten hin zu ziviler Krisenprävention und, falls
ine Krise schon eingetreten ist, natürlich um vernetzte
icherheit, also – wenn Sie so wollen – einen Compre-
ensive Approach, sprich: die Berücksichtigung anderer
eterminanten der Sicherheitsbildung.

Dazu haben wir in den letzten Jahren sowohl in Af-
hanistan als auch anderswo die Erfahrung machen müs-
en, dass militärische Mittel an der einen oder anderen
telle notwendig sein mögen, aber in den seltensten Fäl-
n ausreichen, um eine stabile Situation in den betroffe-
en Ländern herzustellen. Good Governance, Aufbau
on Polizei und von Rechtsstaatlichkeit sowie die Schaf-
ng wirtschaftlicher Betätigungsmöglichkeiten für ein
enschenwürdiges Auskommen in den Ländern sind ge-

auso wichtige Themen, wie der Aufbau von Bildungs-
inrichtungen und der gleichberechtigte Zugang zu Bil-
ung.

Der Bericht, den die Bundesregierung Ihnen vorge-
gt hat, gibt einen guten Überblick über den Sachstand
er Weiterentwicklung der deutschen Außenpolitik auf





Joachim Spatz


(A) )


)(B)

diesen Gebieten. Außerdem weist er auf Entwicklungs-
perspektiven hin. Der Unterausschuss schlägt Ihnen vor,
diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, und fordert Sie
auf, die Form der Berichterstattung durch die Bundes-
regierung dahin gehend zu ändern, dass nur alle vier
Jahre ein umfassender Bericht vorgelegt wird. In den
drei dazwischen liegenden Jahren sollen Zwischenbe-
richte zu Schwerpunktthemen erstellt werden. Die feh-
lende Schwerpunktsetzung im Bericht war Teil der Kri-
tik.

In dem Politikansatz manifestiert sich sowohl die
Kontinuität als auch die Weiterentwicklung der deut-
schen Außenpolitik. Die Kontinuität besteht darin, dass
wir, vor allem was die Instrumente anbetrifft, einen An-
satz der rot-grünen Regierung aufgreifen. Ein Instrument
ist der Ressortkreis, der die Aufgabe hat, die betroffenen
Politikbereiche – Auswärtiges, Verteidigung, Inneres
und wirtschaftliche Zusammenarbeit – zusammenzufüh-
ren. Wir nehmen den Beirat „Zivile Krisenprävention“
als Mitgestalter dieser Politik wieder verstärkt in den Fo-
kus, und wir unterstützen das ZIF, das im Rahmen der zi-
vilen Friedensmission eine wichtige Rolle spielt.

Neu ist, dass sich der Unterausschuss „Zivile Krisen-
prävention und vernetzte Sicherheit“ der Themen, die
hier diskutiert werden, annimmt. Wir kümmern uns so-
wohl um die konzeptionelle Weiterentwicklung dieses
Feldes als auch um einzelne Länder. Es ist wichtig, zu
wissen, dass es positive Beispiele für die zivile Krisen-
prävention gibt; am Schluss meiner Ausführungen
komme ich auf ein Beispiel zu sprechen.

Wichtig ist auch, dass wir die Kapazität trotz schwie-
riger Zeiten weiter ausbauen. Ich weiß, dass uns nachher
wieder vorgeworfen wird, dass wir an der einen oder an-
deren Stelle gekürzt haben.


(Burkhard Lischka [SPD]: Das ist so! Das lässt sich nicht infrage stellen! – Edelgard Bulmahn [SPD]: Nicht nur Sonntagsreden, sondern auch Taten!)


Man muss aber berücksichtigen, dass dem militärischen
Bereich in dieser Zeit ein Abschmelzen der Kapazitäten
in einem nicht unerheblichen Maße zugemutet wird. In
diesem Konzert ist schon das Sichern von Finanzmitteln
ein Erfolg; dessen können wir uns sicher sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Aufgrund unserer Rolle innerhalb der EU, der Vereinten
Nationen, der NATO und im Rahmen unserer Zusam-
menarbeit mit unserem Partner in Afrika, der Afrikani-
schen Union, haben wir noch erhebliche Überzeugungs-
arbeit zu leisten, was die Umsteuerung hin zu den neuen
Instrumenten anbetrifft. Ich verhehle nicht, dass ich
gerade in den Beziehungen zur Afrikanischen Union ein
Window of Opportunity, wie das so schön heißt, sehe.
Das heißt, ich glaube, dass wir in der Afrikanischen
Union einen Partner haben, der uns hilft, aufkeimenden
Konflikten in diesen Ländern mit niedrigschwelligen
zivilen Mitteln zu begegnen. Dieses Window of Oppor-
tunity sollten wir nutzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Das positive Beispiel – lassen Sie mich das zum chluss noch sagen – ist der Sudan. Heute Vormittag ist iel über Afghanistan gesprochen worden. Im Sudan ist s gelungen, jedenfalls bis jetzt, einen schwierigen Proess mit den Mitteln der zivilen Krisenprävention zu eistern. Experten behaupten, dass dieser Konflikt, enn er militärisch ausgetragen würde, in den nächsten ehn Jahren Schäden in Höhe von Hunderten von Milarden Euro verursachen würde, von den menschlichen erlusten und den tragischen Schicksalen gar nicht zu den. (Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


h wünsche mir, dass wir diesem Konflikt auch in Zu-
unft mit den Mitteln der zivilen Krisenprävention er-
lgreich begegnen.

Ich wünsche mir ferner, dass das konstruktive Mitei-
ander, das in unserem Unterausschuss vorherrscht – das
ei hier auch einmal erwähnt –, bestehen bleibt; denn das
t im Sinne der Sache.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708806300

Das Wort hat nun Edelgard Bulmahn für die SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1708806400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

erren und Damen! Willy Brandt prägte vor vielen Jah-
n den Satz:

Nicht der Krieg, der Frieden ist der Vater aller
Dinge.

In den letzten drei Wochen konnte die ganze Welt er-
ben, dass erfolgreiche zivile Krisenprävention möglich
t. Im Sudan konnte eine drohende Welle der Gewalt,
omöglich sogar ein Bürgerkrieg, durch ein konsequen-
s ziviles Konfliktmanagement der internationalen Staa-
ngemeinschaft und vor allen Dingen der Afrikanischen
nion verhindert werden. Noch kurz vor Beginn des Re-
rendums über die Unabhängigkeit des Südsudans war

ei vielen die Befürchtung sehr groß, dass es zu einem
ürgerkrieg kommen könnte. Heute können wir feststel-
n, dass das Referendum gerade aufgrund des großen
ternationalen Engagements friedlich verlaufen ist.
ies ist ein Modell für eine erfolgreiche Politik, die der

ivilen Krisenprävention und dem zivilen Konflikt-
anagement strategischen Vorrang zumisst. Das sollte
r uns Anlass sein, die erfolgreichen präventiven An-

ätze von staatlichen wie nichtstaatlichen Akteuren im
udan fortzusetzen und zu intensivieren.

Zehn Jahre ist es jetzt her, dass die damalige rot-grüne
undesregierung mit ihrem Gesamtkonzept „Zivile Kri-

enprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidie-





Edelgard Bulmahn


(A) )


)(B)

rung“ der zivilen Krisenprävention in der deutschen
Außenpolitik eine herausragende Rolle, eine Vorrang-
stellung zugewiesen hat. Mit dem Aktionsplan aus dem
Jahre 2004 haben wir die strategische Bedeutung der zi-
vilen Krisenprävention und des zivilen Konfliktmanage-
ments noch einmal unterstrichen. Er war und ist ein
Meilenstein auf dem Weg, die Prävention von Gewalt-
konflikten und die zivile Konfliktbearbeitung zu einer
wichtigen politischen Querschnittsaufgabe in Deutsch-
land zu machen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dies hat – ich sage das noch einmal ausdrücklich –
eindeutig Vorrang gegenüber militärischen Interventio-
nen. Dieser Aktionsplan hat Strukturen und Institutionen
geschaffen, die erfolgreich arbeiten und im Übrigen in-
ternational hoch angesehen sind. Für viele Nichtregie-
rungsorganisationen hat er den Rahmen geschaffen, in
dem sie ihre wichtige Arbeit durchführen und ausbauen
können.

Der Dritte Bericht der Bundesregierung über die Um-
setzung des Aktionsplans, über den wir hier heute debat-
tieren, macht jedoch deutlich, dass die jetzige Bundesre-
gierung diese erfolgreiche Arbeit nur halbherzig
fortsetzt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Joachim Spatz [FDP]: Stimmt ja nicht! – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das kann man so nicht sagen!)


Der Umsetzungsbericht, der ja eher ein Kompendium als
ein Bericht ist, zeigt vor allem eines: die Perspektiv-
losigkeit und das mangelnde Interesse dieser Bundes-
regierung an präventiven Konfliktlösungen und auch am
zivilen Konfliktmanagement.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das stimmt nicht!)


Es ist deshalb erfreulich, dass das Parlament – ich
sage ausdrücklich: das gesamte Parlament – dieses wich-
tige Thema aufgegriffen hat. Der Unterausschuss hat
sich auf eine veränderte Form des Berichtes verständigt.
Statt einer summarischen und kleinteiligen Aufzählung
aller Aktivitäten, wie sie jetzt vorliegt, müssen in Zu-
kunft die Ziele und Perspektiven deutlicher herausge-
stellt und die Schwerpunkte und Maßnahmen klar be-
schrieben und gewichtet werden. Es ist gut und richtig,
dass in Zukunft nicht nur die Bundesregierung, sondern
auch das Parlament Schwerpunktthemen benennen kann.

Allein das Berichtswesen zu ändern, reicht nicht aus.
Deutsche Außenpolitik muss Friedenspolitik sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb brauchen wir in Deutschland eine kohärente
Strategie für zivile Krisenprävention. Die Zielsetzung
deutscher Außenpolitik, die strategische Umsetzung und
die Priorität der zivilen Krisenprävention müssen darge-
legt werden, um davon ausgehend konkrete Handlungs-
felder, Maßnahmen und Projekte abzuleiten. Analog

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(C (D em Prozess auf europäischer Ebene gilt es, die politichen Ziele aus deutscher Sicht zu formulieren und dabei ie zivilen und krisenpräventiven Zielsetzungen kurz nd prägnant zu beschreiben. Zusätzlich brauchen wir – darüber haben wir uns im nterausschuss immer wieder ausgetauscht – eine inrne und eine externe Evaluierung der Fortschritte und rfolge, um Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der ivilen Krisenprävention zu gewinnen und ihre gesellchaftliche und politische Akzeptanz zu erhöhen. Das ist ringend notwendig. Die Bundesregierung muss der ziilen Krisenprävention ohne Wenn und Aber Vorrang egenüber militärischen Aktionen geben. ie zivile Krisenprävention muss mehr politisches Geicht erhalten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Joachim Spatz [FDP]: Das macht sie!)


eshalb sollte die Ressortkoordinierung künftig nicht
ur in einem Ressortkreis, sondern auch über einen
taatssekretärsausschuss, der echte Entscheidungskom-
etenzen – im Übrigen auch finanzielle Entscheidungs-
ompetenzen – besitzt, erfolgen.

Auch der zivilgesellschaftliche Beirat beim Auswärti-
en Amt, eine wichtige Schnittstelle zwischen staatli-
hen und nichtstaatlichen Akteuren, muss aus seinem
chattendasein herausgeführt werden. Dass die Bundes-
gierung in diesem wichtigen Gremium Informationen

ur weitergibt, aber die vielfältigen Kompetenzen, die in
iesem Gremium versammelt sind, nicht umfassender
utzt, ist schlicht und einfach falsch. Die Warnsignale
r drohende Gewalteskalationen – ein weiterer Punkt –

ollten frühzeitiger und systematischer zusammenge-
hrt und umgehend in konkrete Maßnahmen umgesetzt
erden. Early Warning und Early Action gehören zu-

ammen, und nur wenn diese beiden Aspekte zusammen
etrachtet werden, können wir erfolgreich sein.

Krisenprävention ist nicht alleine eine nationale Auf-
abe. Der nichtständige Sitz im VN-Sicherheitsrat und
er neugeschaffene Europäische Auswärtige Dienst bie-
n große Chancen, internationale Krisenprävention

uch aus deutscher Sicht entscheidend mitzugestalten.
eine sehr geehrten Damen und Herren aus den Koali-

onsfraktionen, nutzen Sie diese Chancen.

Zivile Krisenprävention hat heute eine immer größer
erdende Bedeutung bei der Lösung der weltweiten
onflikte. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn es

chon zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekom-
en ist. Auch dann ist ziviles Konfliktmanagement ge-
agt und notwendig.

Wenn man diese Auffassung hat, Herr Spatz, und
enn man das teilt – davon gehe ich aus –, dann heißt
as aber auch, dass dafür die notwendigen finanziellen
essourcen zur Verfügung gestellt werden müssen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Edelgard Bulmahn


(A) )


)(B)

Insofern – das muss ich ganz klar sagen – kann ich leider
nicht oft genug betonen, wie fatal die Kürzungen im
Haushalt 2011 waren und sind.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Wir laufen Gefahr, als verlässlicher Partner überhaupt
nicht mehr ernst genommen zu werden. Deshalb müssen
wir im Haushaltsjahr 2012 dringend wieder mehr finan-
zielle Mittel für die zivile Krisenprävention bereitstellen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gerade die deutschen Nichtregierungsorganisationen,
die seit Jahren eine ganz wichtige und wertvolle Arbeit
leisten, müssen in die Lage versetzt werden, ihre erfolg-
reiche Arbeit fortzuführen. Genau das ist im Augenblick
gefährdet.

In unserem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen,
haben wir konkrete Vorschläge gemacht, wie wir zu ei-
ner kohärenten Strategie für die zivile Krisenprävention
kommen können. Es ist jetzt an uns allen, aber vor allen
Dingen an der Bundesregierung und den Koalitionsfrak-
tionen, die Weichenstellungen vorzunehmen. Sie müssen
unter Beweis stellen, dass Sie es wirklich ernst meinen
und dass Sie wirklich davon überzeugt sind, dass zivile
Krisenprävention Vorrang haben muss. Denn nur so
kann deutsche Außenpolitik im Sinne Willy Brandts
auch weiterhin Friedenspolitik sein. Die SPD-Fraktion
wird daran mitarbeiten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708806500

Das Wort hat nun Roderich Kiesewetter für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1708806600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein-
mal haben wir allen Grund, froh zu sein, dass wir seit ei-
nem Dreivierteljahr den Unterausschuss „Zivile Krisen-
prävention und vernetzte Sicherheit“ haben.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: So ist es! Das ist neu und besser!)


Ich möchte an dieser Stelle dem Vorsitzenden, Herrn
Spatz, und auch der stellvertretenden Vorsitzenden, Frau
Kerstin Müller, Dank und Anerkennung dafür ausspre-
chen, dass es ihnen gelungen ist, ein übergreifendes
Klima des Austausches und der Verständigung, aber
nicht der Reibereien zu schaffen. Mit diesem Unteraus-
schuss leisten wir – das gilt für alle, die in diesem Unter-
ausschuss mitwirken – spürbar etwas für die Bundesre-
publik Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit dem Aktionsplan ist seit dem Jahr 2004 etwas ge-
lungen, was für Deutschland in den letzten Jahren eine

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(C (D rt Alleinstellungsmerkmal war; inzwischen ist es aber uch in anderen Ländern in der Europäischen Union retiv weit gediehen. Wir beziehen uns auf die Sichereitsstrategie der Europäischen Union von 2003. Ich möchte jetzt nicht weiter auf den Aktionsplan und en Bericht dazu eingehen, sondern einige Punkte, die ie, Frau Bulmahn, angesprochen haben, aufgreifen. Ihr ntrag enthält viele wichtige Punkte, und insbesondere re Empfehlungen können wir weitestgehend mittra en. Folgendes kann ich jedoch nicht teilen: Ihre Kritik m Haushaltsansatz, an den angeblich mangelnden trukturen und auch an der Gewichtung der zivilen Krienprävention in der Arbeit der Bundesregierung. Mit der Konstituierung des Unterausschusses vollzieen wir geradezu die parlamentarische Vernetzung mit er politischen Leitungsebene in den Ressorts. Ferner at der Ressortkreis im letzten Jahr mit den konzeptioellen Arbeiten zu der Frage begonnen, was vernetzte icherheit ist; sicherlich ist da noch viel zu leisten. Diese ufgabe wird aber gemeinsam mit dem Zentrum für Inrnationale Friedenseinsätze und der SWP durchgehrt. Ich glaube, hier ist keinerlei Kritik angebracht. elbst in unserem Koalitionsvertrag stellen wir politiche und diplomatische Mittel an die erste Stelle; sie haen bei der Krisenprävention und -bewältigung Vorrang. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Raabe? Gerne. Sehr geehrter Herr Kollege, Sie sagten, dass Sie un ere Kritik am Haushaltsansatz – an der finanziellen usstattung der kommenden Haushalte – nicht teilen. ier geht es um die Frage, wie man die zivile Krisenpräention umsetzen kann. Ist Ihnen bekannt, dass sich die rganisationen, die die zivile Krisenprävention, die Frau eidemarie Wieczorek-Zeul sehr erfolgreich eingeführt nd beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusamenarbeit und Entwicklung angesiedelt hat, durchführen nd in allen Ländern hervorragende Arbeit leisten, zu echt auf das Wort der Vorgängerin von Herrn Niebel erlassen haben, dass die entsprechenden Mittel kontiuierlich gesteigert werden? Es gibt nämlich auf der anzen Welt viele Gebiete, in denen die zivile Krisenpräention sinnvoll eingesetzt wird. Ist Ihnen auch bekannt, ass die Mittel dafür gemäß der finanziellen Vorauschau, der Finanzplanung, eher zurückgefahren als geteigert werden? Wie verträgt sich das mit Ihrer Ausage, dass finanziell alles zum Besten gestellt sei? Danke, Herr Kollege. – Das habe ich nicht gesagt. Ich ollte in meiner Rede genau darauf eingehen. Damit wir twas Zeit sparen, möchte ich diesen Teil vorziehen, um amit auch Ihre Fragen zu beantworten. Ich nenne ein aar entscheidende Punkte. Roderich Kiesewetter )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708806700
Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1708806800
Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1708806900
Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1708807000




(A) )

Sicherlich ist die zivile Krisenprävention integraler
Bestandteil unseres Politikansatzes. Aber im Hinblick
auf den finanziellen Anteil vergleichen wir hier Äpfel
mit Birnen. Sie selbst haben der Einführung der Schul-
denbremse zugestimmt. Wir alle leisten ressortübergrei-
fend unsere Beiträge zur Einhaltung der Schulden-
bremse.


(Burkhard Lischka [SPD]: Nein, das ist eine Frage der Prioritätensetzung!)


Allerdings – das ist der entscheidende Unterschied – ha-
ben wir im Bereich der vernetzten Sicherheit allein für
Afghanistan im letzten Jahr 400 Millionen Euro ausge-
geben. Wir planen, in diesem Jahr 180 Millionen Euro
allein für den Bereich der vernetzten Sicherheit in
Afghanistan auszugeben.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Rechnen Sie die mal raus!)


Wir unterstützen das BICC, das Bonner Zentrum für
Konversion, das im Südsudan aktiv ist. Hartwig Fischer
und mir ist es gelungen, viele Hundertausend Euro für
das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze und für
den Verein für Mediation im Kosovo freizumachen. Das
heißt, Hartwig Fischer und ich haben uns intensiv dafür
eingesetzt, dass Mittel freigegeben werden.


(Burkhard Lischka [SPD]: Das hat aber die Millionen-Einsparungen nicht verhindern können! – Edelgard Bulmahn [SPD]: Sie haben Kürzungen von 30 Prozent vorgenommen! Das ist drastisch! Das ist gravierend!)


Folgendes ist mir aber wichtiger – das ist ein ent-
scheidender Punkt, auf den wir eingehen müssen –: Die
heutigen finanziellen Ansätze liegen etwa auf der Höhe
des Jahres 2008. Es war ein Verdienst des früheren Au-
ßenministers, dass es ihm im Jahr 2007 gelungen ist, die
Mittel für zivile Krisenprävention von 12 Millionen auf
65 Millionen Euro zu erhöhen; heute liegen wir bei
68 Millionen Euro.


(Edelgard Bulmahn [SPD]: Das ist die richtige politische Priorität!)


Wir haben die Mittel dafür gekürzt – das ist richtig –;
aber das war im Rahmen des Gesamtansatzes bei der
Haushaltskonsolidierung notwendig.


(Burkhard Lischka [SPD]: Ihr habt die Mittel um 30 Prozent gekürzt!)


– Es sind nicht 30 Prozent, sondern 3 bis 5 Prozent.

Ich möchte Ihnen vortragen, wie sich die Höhe der
Mittel für zivile Krisenprävention und vernetzte Sicher-
heit entwickelt hat – ich wusste, dass Sie darauf einge-
hen –: 12 Millionen Euro im Jahr 2007, 65 Millionen
Euro im Jahr 2008, 110 Millionen Euro im Jahr 2009,
90 Millionen Euro im letzten Jahr. Jetzt liegen wir wie-
der auf der Höhe von 2008. Das sind immer noch
50 Prozent mehr, als Rot-Grün zur Verfügung gestellt
hat.


(Burkhard Lischka [SPD]: Jetzt geht es bergab!)


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(C (D Nach OECD-Kriterien gibt allein das BMZ 500 Milonen Euro für den Bereich „Frieden und Sicherheit“ us; das Auswärtige Amt gibt für Krisenprävention in fghanistan 180 Millionen Euro aus. Das heißt, wir lieen insgesamt – wir wollen das doch ressortübergreifend etrachten – bei über 750 Millionen Euro. Also ist es ine Milchmädchenrechnung, wenn Sie von einer Kürung um 30 Prozent ausgehen. Die Mittel wurden nur m etwa 5 Prozent gekürzt. (Edelgard Bulmahn [SPD]: Man sollte schön bei der Haushaltswahrheit bleiben!)


inzu kommt – auch das sollten wir uns vor Augen füh-
n –, dass bei akuten Krisen immer zusätzliche Mittel

ereitgestellt werden.

Dass unser Haushaltsansatz gut ist, zeigt der Mittelab-
uss: Im Jahr 2009 sind 90 Prozent der Mittel abgeflos-
en, im letzten Jahr 95 Prozent. Das heißt, die Mittel für
ie zivile Krisenprävention werden bei uns wirksam ein-
esetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


iel wichtiger ist aber, dass wir auch einige Ihrer An-
ätze aufgreifen, die Strukturen straffen und wirksamer
achen, dass wir uns auf inhaltliche Arbeit konzentrie-
n. Dazu enthält Ihr Antrag sehr gute Vorschläge.

Ich möchte zwei Punkte nennen: die Definition von
ernetzter Sicherheit – ein Punkt für unseren Unteraus-
chuss, Herr Spatz – und ein Frühwarnsystem für
eutschland. Das sind Fragen, die mich ganz intensiv
eschäftigen: Wo siedeln wir ein Frühwarnsystem für
eutschland an? Im Kanzleramt oder in einem Ministe-
um? Wer ist dafür verantwortlich?

Außerdem – es klang vorhin auch in Ihrer Rede an,
rau Bulmahn –: Wir müssen viel mehr Werbung ma-
hen: für das, was Deutschland im Bereich ziviler Kri-
enprävention und vernetzter Sicherheit macht, aber
uch für das, was die Regierung leistet.


(Burkhard Lischka [SPD]: Das macht man aber nicht mit Kürzungen!)


ir halten uns hier etwas zu weit im Hintergrund. Ich
laube, es ist wichtig, dass wir das darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein anderer Punkt, der ganz entscheidend ist: Wir
ollten unsere Mittel auch international sinnvoll einset-
en. Sie dürfen nicht verpuffen. Der Sudan ist ein gutes
eispiel, wie es funktionieren kann. Wir brauchen mehr
ohärenz zwischen der Europäischen Union, der NATO
nd vor allen Dingen der OSZE, weil diese Organisation
erade im Rahmen des Korfu-Prozesses in diesem Be-
ich sehr viel leisten kann.

Ein weiterer Punkt, den ich heute früh in der Afgha-
istan-Debatte angesprochen habe: Was nützt uns das
iele Geld, das wir für zivile Krisenprävention ausgeben,
enn wir nicht das Personal, die Fachkräfte in Deutsch-
nd gewinnen, die bereit sind, für lange Zeit dorthin zu
ehen?





Roderich Kiesewetter


(A) )


)(B)


(Edelgard Bulmahn [SPD]: Das geht aber auch nicht ohne Geld, Herr Kiesewetter!)


Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir dieses Pro-
blem gemeinsam lösen können. Ich glaube, es ist ganz
wichtig, dass wir zivile Fachkräfte ins Ausland schicken,
die dort ihre Erfahrungen einbringen, nach Deutschland
zurückkehren und hier Klarheit schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte
abschließend sagen: Es nützt nichts, wenn wir Gutes tun;
wir müssen auch darüber reden. Ich möchte das mit dem
Frühwarnsystem verknüpfen: Wir brauchen eine Ein-
richtung, die Krisen erkennt, die langfristige Trends be-
obachtet, die eine enge Verbindung zu Thinktanks, der
SWP, anderen Einrichtungen und der Wissenschaft hat,
die in der Lage ist, unsere Einsätze in der Friedensarbeit
weltweit zu begleiten, die im Ausland eine Kommunika-
tionsstrategie verfolgt, die klarmacht, was Deutschland
mit seiner zivilen Krisenprävention im Ausland errei-
chen will, die aber auch die deutsche Bevölkerung davon
überzeugt. Wir tun viel Gutes. Wir müssen es aber besser
in die Öffentlichkeit bringen. Das sollten wir gemeinsam
anpacken.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708807100

Das Wort hat nun Kathrin Vogler für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708807200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als

die Bundesregierung 2004 den Aktionsplan „Zivile Kri-
senprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidie-
rung“ vorlegte, war ich beim Bund für Soziale Verteidi-
gung beschäftigt; das ist ein Fachverband für gewaltfreie
Politik und konstruktive Konfliktaustragung. Wir sahen
diesen Aktionsplan damals mit gemischten Gefühlen: ei-
nerseits mit Erwartungen, weil wir immer gefordert hat-
ten, dass die Politik die zivile Konfliktbearbeitung end-
lich ernst nimmt, andererseits mit großer Skepsis, weil
auch dieser Aktionsplan nicht frei von militärischer Lo-
gik war. Das war auch nicht anders zu erwarten. Wenn
wir uns erinnern: Damals befand sich die Bundeswehr
schon drei Jahre im Krieg in Afghanistan.

Auch unsere Projektpartner im Ausland haben uns
immer wieder völlig zu Recht gefragt: Wie wollt ihr uns
eigentlich im Friedensprozess unterstützen, während
euer Land selbst Krieg führt? Für mich gehört deshalb
beides zusammen: den Krieg zu bekämpfen, auch wenn
er als humanitärer Einsatz oder Krieg gegen den Terror
daherkommt, und gleichzeitig eine Kultur des Friedens,
eine Kultur der Gewaltfreiheit zu entwickeln und umzu-
setzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn Gewalt – das sehen wir heute in Afghanistan – zer-
stört nicht nur auf der Gegenseite, sondern sie verändert
auch unsere Gesellschaft, und das zum Negativen. Pro-

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(C (D kte wie der Zivile Friedensdienst haben daher eine anz besondere, auch eine politische Dimension. Sie zeien nämlich reale Alternativen auf, wo andere Krieg für lternativlos halten. Ich will aus dem Sudan berichten. Ich war im Novemer letzten Jahres mit einigen Kolleginnen und Kollegen us meiner Fraktion dort. Alle haben erwartet, dass es ach den Jahrzehnten blutigen Bürgerkriegs und nach em schwierigen Prozess im Hinblick auf das Unabhänigkeitsreferendum jetzt zu neuen Gewalttaten kommen ürde. Dass das nicht geschah, dafür haben auch die achkräfte des Zivilen Friedensdienstes im Sudan mit ren Partnern gesorgt. Wir konnten die Ergebnisse im ovember beobachten. Sie haben es tatsächlich ge chafft, die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Grupen und sogar die verfeindeten Parteien zusammenzuringen und mit allen gemeinsam ein Aktionsprogramm r ein gewaltfreies Referendum zu erarbeiten – einen riedensvertrag von unten, der von allen Beteiligten ann auch tatsächlich umgesetzt wurde. as, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann nur zivile onfliktbearbeitung: Die Menschen unterstützen, eigene iedliche Lösungen zu finden. Aber die Vermittler können ihren Erfolg nicht mehr iern. Ende 2010 wurde der zivile Friedensdienst im udan eingestellt. Die Fachkräfte sind ausgereist, und ie so wichtige Unterstützung, die der DED dort bisher eleistet hat, unterbleibt. Warum? Das kann uns das zutändige Ministerium, das BMZ, immer noch nicht erlären. Ich frage Sie jetzt: Wie ernst nehmen Sie die ziile Krisenprävention, wenn Sie in so einer kritischen ituation ein solches Projekt beenden? (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Eine Antwort auf diese Frage liefert der dritte Um-
etzungsbericht. Über viele Seiten hinweg beschäftigen
ie sich da nämlich mit Ausstattungshilfe für auslän-
ische Streitkräfte, militärischer Ausbildungshilfe, mili-
rischer Terrorismusbekämpfung, UNO-Militärmissio-
en, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der EU und
ogar mit der NATO-Operation in Afghanistan. Ihnen
t, mit Verlaub, das Zivile tatsächlich völlig abhanden
ekommen. Positive Beispiele wie der zivile Friedens-
ienst im Sudan kommen dabei unter die Räder. Deswe-
en ist dieser Bericht eine erschütternde friedenspoliti-
che Bankrotterklärung.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das stimmt doch nicht!)


Meine Fraktion, Die Linke, will einen konsequenten
usbau der zivilen Konfliktbearbeitung, aber bitte nicht

ls Feigenblatt, sondern als ernsthafte Alternative zum
ilitär. Dafür braucht es mehr Ideen, mehr Mittel. Da

nterstütze ich die Forderung von Frau Bulmahn. Wir
rauchen mehr Personal, mehr ausgebildete Fachkräfte.
or allem jedoch brauchen wir ein Ende der fatalen





Kathrin Vogler


(A) )


)(B)

zivil-militärischen Zusammenarbeit, nicht nur in Afgha-
nistan.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708807300

Das Wort hat nun Kerstin Müller für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wohin wir in diesen Tagen auch schauen, ob nach Tune-
sien oder Ägypten, auf das Referendum im Sudan – das
wurde erwähnt –, auf die Elfenbeinküste oder auch auf
die Krise in Afghanistan, über die wir heute Morgen
sprachen –, alle diese Krisen zeigen: Wirksame Präventi-
onspolitik ist bitter nötig. Wir suchen in all diesen Kri-
sen, zum Teil auch Kriegen, nach Konzepten für einen
dauerhaften Frieden, für einen Friedensaufbau.

Ich gebe Ihnen recht: Das Referendum im Sudan ist,
obwohl wir alle das Schlimmste befürchtet haben, näm-
lich dass es im Grunde schon während des Referendums
zu einer Eskalation kommt, erst einmal ein gelungenes
Beispiel ziviler Krisenprävention. Ich will das auch klar
anerkennen. Ich glaube, dass wir alle daran mitgearbeitet
haben. Wir haben das ja über den interfraktionellen An-
trag gemeinsam, Frau Schuster – jetzt ist sie weg –, auf
den Weg gebracht. Die Bundesregierung hat verschie-
dene Dinge umgesetzt. Jetzt muss es natürlich auch so
weitergehen. Es bleibt nämlich nur dann bei der Abwe-
senheit von Gewalt, wenn die internationale Gemein-
schaft jetzt entschlossen weiter zivile Krisenprävention
betreibt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1708807400

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Vogler?

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Gerne.


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708807500

Frau Kollegin Müller, darf ich Sie, wenn Sie jetzt die

große Gemeinsamkeit beschwören, daran erinnern, dass
die Fraktion Die Linke bei diesem interfraktionellen An-
trag zum Sudan wie auch bei allen anderen interfraktio-
nellen Anträgen, die Sie im Bereich der auswärtigen
Politik angestoßen haben, ausgegrenzt worden ist? Neh-
men Sie bitte zur Kenntnis, dass wir uns nicht für alles,
was Sie in diesem Antrag als Konzept vorgelegt haben,
so unwidersprochen vereinnahmen lassen wollen; denn
auch in dem Sudan-Konzept spielt die militärische Karte
wieder eine gewisse Rolle.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Ja, ich nehme das zur Kenntnis. Ich will sehr deutlich
sagen: Ich habe ja zu der ersten Runde auch die Linke
eingeladen. Das muss man leider bei der Koalition und,

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(C (D h glaube, vor allen Dingen bei der CDU abladen, die es Grundsatz der Linken verweigert, gemeinsam über olche Anträge zu diskutieren. Das finde ich bedauerch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union. (Zuruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU])


Richtig. – Aber man lässt sie ja aus der Verantwortung.
enn wir mit ihnen diskutiert hätten, wäre ja klar ge-
orden, dass sie bestimmte Teile des Antrages nicht tei-
n. Ich glaube, da müssen Sie noch einmal in sich ge-
en. Wenn man nämlich möchte, dass Sudan ein gutes
eispiel ziviler Krisenprävention bleibt, dann darf man
ines nicht tun: sogar Beobachtermissionen, die im Kern
ach Kapitel 6 eingerichtet sind – das ist nämlich die
NMIS-Mission im Südsudan –, als Kriegseinsatz diffa-
ieren und ablehnen. Das ist nun wirklich keine gelun-

ene Präventionspolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich möchte die Antwort noch ergänzen: Ihr Kollege
an Aken – ich habe sehr gut hingehört – hat in der letz-
n Sitzung des Auswärtigen Ausschusses ergänzt, dass
ie Linke erwartet, dass man das UNMIS-Mandat fort-
hrt. Wir sind gespannt, ob Sie zustimmen.

Ich komme zurück zum Thema: Der Aktionsplan „Zi-
ile Krisenprävention“ steht für eine Grundausrichtung
eutscher Außenpolitik, die zwar unter der rot-grünen
egierung auf den Weg gebracht wurde, aber auch sei-
erzeit schon gemeinsam mit fast allen Fraktionen des
eutschen Bundestages im Bundestag beschlossen
urde. Das bedeutet: Deutschland will und muss vor al-
m zivile Friedensmacht in der Welt sein. Das ist der
nspruch des Aktionsplans.

Ich glaube auch, dass es ein wichtiger weiterer Schritt
ar, den neuen Unterausschuss „Zivile Krisenprävention
nd vernetzte Sicherheit“ einzurichten. Das hat wieder
ewegung in die Sache gebracht. Das war auch notwen-
ig. Obwohl es seit Jahren einen zusätzlichen Bedarf an
ivilen Präventionsmaßnahmen gerade bei der UNO gibt
nd eigentlich jeder weiß, dass Vorbeugen nicht nur bes-
er als Heilen, sondern auch billiger ist, müssen wir
eute leider feststellen, dass die Regierungen seit 2005
ie Umsetzung und die Weiterentwicklung des Aktions-
lans sträflich vernachlässigt haben. Es hat zwar eine
ufstockung der Finanzmittel gegeben, Frau Buhlmann,

ber politisch – das haben wir auch so bilanziert – hat
er Aktionsplan keine wirkliche Rolle mehr gespielt und
er Beirat vor sich hergedümpelt. Auch die Diskussio-
en im Ressortkreis finden nicht mehr auf Staatssekre-
rsebene, sondern auf einer ganz anderen Ebene statt.
as bedeutet eine Abwertung der zivilen Krisenpräven-
on. Wir als Parlament müssen gemeinsam versuchen,
it diesem neuen Unterausschuss die zivile Krisenprä-

ention zu stärken. Das ist unser Anliegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meiner Meinung nach sieht man das auch im dritten
msetzungsbericht – auch das haben wir ja gemeinsam





Kerstin Müller (Köln)



(A) )


)(B)

so bilanziert –, in dem erkennbar eher Defizite den roten
Faden bilden: Viel zu viele Einzelmaßnahmen werden
kommentarlos, kritiklos und eher konzeptlos aneinan-
dergereiht. Es fehlen klare Zielvorgaben; es fehlt eine
Wirksamkeitsanalyse der Politik anhand transparenter
Kriterien. Deshalb ist es richtig, dass wir heute hier ge-
meinsam dieses Berichtswesen ändern. Wir hoffen, dass
es jetzt zu einem Aktionsplan kommt, der klare Zielvor-
gaben gibt. Nur dann kommen wir in der Krisenpräven-
tion weiter.

Ich möchte noch eine Anregung bezüglich eines
Punktes geben, auf den wir uns bisher nicht einigen
konnten. Man sucht immer noch nach einem politischen
Kopf, nach so etwas wie einem „Mr Zivile Krisenprä-
vention“ bzw. einer „Mrs Zivile Krisenprävention“. Wir
alle, die wir hier sitzen, sind schon länger in der Politik
und wissen, dass ein Thema, solange es einen solchen
politischen Kopf nicht hat, auch nicht wirklich wichtig
ist. Die Folge ist, der Ressortkreis steuert die Politik
nicht, sondern begutachtet sie nur, und der Beirat soll be-
raten, wird aber nicht gehört. Deshalb haben wir eben
keine systematische Frühwarnung. Wir handeln nicht
frühzeitig. Das muss sich ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Vorstellung ist, dass der Aktionsplan zu einer
Art Roadmap wird, dass deutsche Friedenspolitik end-
lich als Querschnittsaufgabe umgesetzt wird. Ich finde
es zum Beispiel sehr gut, dass Minister Niebel hier an-
wesend ist. Damit zeigt er, dass zivile Krisenprävention
auch für die Entwicklungspolitik ein wichtiger Punkt ist.
Es muss uns allen darum gehen, die zivile Krisenpräven-
tion aus der Nische ins Zentrum der Politik zu rücken.

Ein weiterer wichtiger Vorschlag ist dabei – die Euro-
päische Union hat das schon –, dass wir uns endlich ein
ziviles Headline Goal, ein nationales ziviles Planziel set-
zen, anhand dessen man zeigen kann, wohin die Reise
gehen soll. Man muss dann auch ganz klar beschließen,
dass mehr zivile Fähigkeiten bei der EU und bei der
UNO aufgebaut werden müssen. Dafür muss auch
Deutschland Personalpools zur Verfügung stellen. Das
ist nötig, damit die UNO und die Europäische Union
auch wirklich als zivile Friedensmacht in der Welt auf-
treten können.

Ich komme zum Schluss. Wenn wir die zivile Krisen-
prävention jetzt nicht stärken, dann werden wir – ich be-
zeichne das jetzt einfach einmal so – das Afghanistan-
Trauma nicht überwinden können. Man wird uns viel-
leicht irgendwann einmal vorhalten: Wer die Zeichen der
Zeit nicht erkennt, den bestraft das Leben. Ich hoffe,
dass das nicht passiert.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708807600

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat jetzt die Kollegin Sibylle Pfeiffer von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ollegin Kerstin Müller hat es gesagt: Vorbeugen ist esser als heilen. Überheben wir uns nicht manchmal orentlich? Sind wir nicht manchmal eine ganze Portion nmaßend? Wenn es so einfach wäre, wie Sie behaupten, enn es einfach darum ginge, viel Geld zur Verfügung u stellen, warum haben wir dann zum Beispiel – ich enne Zahlen vom letzten Jahr – mindestens 300 Krisenerde, über 126 bewaffnete Auseinandersetzungen und indestens 28 harte, militärische Auseinandersetzungen ehabt? Machen wir uns nichts vor: Viel Geld hilft nicht nbedingt viel. Wir müssen uns überlegen, wo und warum Krisenerde entstehen. Meistens entstehen sie dadurch, dass es Entwicklungsländern ethnische Probleme gibt. Hier ewegen wir uns im Bereich der Kultur und der Traditioen. Ich frage mich: Wie wollen wir kurzfristig Kultur nd Traditionen aufbrechen? Gehen Sie in die Länder nd sagen Sie den Menschen, sie sollten mit ihrer Kultur nd ihrer Tradition brechen, um Frieden zu schaffen. as ist ein Bohren dicker Bretter, dass mir angst und ange wird. Das ist das eine. Das Zweite ist: Wo entstehen Krisen? Krisen entsteen vor allen Dingen dort, wo die Menschen keine wirtchaftliche Basis haben, wo sie nicht wissen, wie sie die rbeitslosigkeit überwinden können, wo sie trotz guter usbildung bis hin zum Hochschulstudium keine Areitsplätze haben, wo sie mit einer Arbeitslosigkeit unter 6bis 30-Jährigen von bis zu 50 Prozent zu kämpfen aben, wo ihre wirtschaftliche Basis nicht funktioniert zw. gar nicht vorhanden ist. Dort entstehen Krisen. Als ktuelles Beispiel nenne ich Tunesien. Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage der ollegin Vogler von den Linken? Schade, ich war gerade so mittendrin. Aber wahr cheinlich finde ich meinen Faden wieder, Frau Kollein. (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ich kann auch eine Kurzintervention machen!)

Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1708807700
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708807800
Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1708807900


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708808000

Aber ich weiß nicht, ob ich eine Kurzintervention ge-

ehmige.


(Heiterkeit)


leiben Sie lieber bei der Zwischenfrage, das geht
chneller.


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708808100

Herzlichen Dank, Kollegin Pfeiffer. – Sie haben aus-

eführt, dass Sie es als Anmaßung empfinden, wenn be-
auptet wird, dass einfach nur ausreichend Mittel zur
erfügung gestellt werden müssen. Sicherlich können
ir damit nicht alle Probleme dieser Welt lösen. Da ha-
en Sie völlig recht. Geld alleine ist nicht alles. Das se-





Kathrin Vogler


(A) )


)(B)

hen wir daran, dass zum Beispiel die am höchsten gerüs-
tete Militärmacht, nämlich die USA, die eine Menge für
ihre angebliche Sicherheit ausgibt, trotzdem nicht unan-
greifbar ist.

Ich möchte auf Ihre Ausführungen eingehen. Sie ha-
ben gesagt, zugrunde liegen meist ethnische Konflikte,
und dabei geht es um Kultur und Tradition. Diesem
Punkt möchte ich gerne widersprechen, gerade auch
durch meine Erfahrung im Sudan. Natürlich entbrennen
die Konflikte häufig an ethnischen Grenzen, aber die un-
terschiedlichen Ethnien werden auch gezielt gegeneinan-
der gehetzt und gezielt instrumentalisiert, weil es um
Macht und Ressourcen geht, weil es um Land oder Was-
serreserven oder andere natürliche Reserven geht, die
von Interesse sind. Wir könnten durchaus mehr tun, in-
dem wir dafür sorgen, dass die Menschen in anderen
Ländern die Möglichkeit bekommen, ihre Wirtschaft so-
lide aufzubauen, dass sie nicht von Ausbeutung ihrer
Bodenschätze oder von Landraub betroffen sind, und in-
dem wir eine Klimapolitik machen, die der Versteppung
und Verwüstung großer Teile Afrikas entgegenwirkt.
Stimmen Sie mir zu, dass wir diesen Bereich stärker ge-
wichten sollten und dort viel mehr Mittel zur Verfügung
stellen sollten?


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1708808200

Das habe ich in meiner Rede nicht ausgeschlossen,

oder? Ich habe gesagt: zum Beispiel. Natürlich ist auch
das ein Teil der Friedens- und Konfliktpolitik, die vor
Ort gemacht wird. Insofern sind wir nicht weit voneinan-
der entfernt. Wir würden wahrscheinlich andere Ansätze
wählen, und die Ideologie wäre sicherlich eine andere,
aber im Prinzip bin ich bei Ihnen.

Ich sprach gerade davon, dass es wichtig ist, den
Menschen eine wirtschaftliche Basis zu ermöglichen.
Wir machen in der Entwicklungszusammenarbeit viel in
Sachen Bildung und Ausbildung. Ich glaube, dass wir in
der Entwicklungszusammenarbeit sehr wohl erfolgreich
waren, was die Zahl der jungen Menschen angeht, die
wir ausgebildet und denen wir Weiterbildungsmöglich-
keiten eröffnet haben, denen wir berufliche Bildung er-
möglicht haben. Das ist ein Teil der Prävention, die wir
anbieten können. Der andere Teil der Prävention ist, Un-
terstützung zu leisten, wenn es darum geht, kleine und
mittlere Betriebe aufzubauen und ihre Existenz zu si-
chern. Dabei spielt das Handwerk eine wichtige Rolle. In
Deutschland stellt das Handwerk die gesellschaftliche
Basis dar, aber in den Entwicklungsländern finden wir
kaum Handwerksbetriebe, die Jugendliche ausbilden
und Dienstleistungen anbieten. Insofern haben wir dort
ein breites Betätigungsfeld, auf dem wir unterstützend
tätig sein können.

Ich glaube nicht, dass wir dafür sehr viele Mittel brau-
chen. Notwendig ist einerseits der politische Wille. An-
dererseits aber – damit komme ich wieder zum Thema
„anmaßend und überheblich“ – reicht der politische
Wille alleine nicht aus. Entscheidend ist, dass auch un-
sere Partner vor Ort wollen und mitziehen. Wir können
ihnen nicht etwas aufzwingen, indem wir sagen: Wenn
ihr macht, was wir euch vorschlagen, dann ist alles wun-
derbar. – Stattdessen sind Überzeugungsarbeit und der

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(C (D ille zum Frieden notwendig. Es gibt viele Ursachen, arum der Wille zum Frieden nicht vorhanden ist, unter nderem aus den von Ihnen genannten Gründen, Frau ogler; da kann ich Ihnen durchaus zustimmen. Ganz kurz noch zu dem Bericht der Bundesregierung nd dem Antrag der SPD; das ist mir noch wichtig. Auch iele Berichte helfen nicht viel. Wenn wir das Berichtsesen jetzt verschärfen, ändert das nichts an den Probleen vor Ort. Auch durch eine zusätzliche Staatssekrersrunde erzielen wir weder einen politischen Mehrwert och mehr Informationen, die wir uns unter Umständen ünschen. Deshalb kommen wir an diesem Punkt nicht usammen. Aber ein Großteil des Antrages ist sehr wohl nterstützenswert, und aus diesem Grunde werden wir onstruktiv weiter miteinander arbeiten. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärtien Ausschusses zu dem Dritten Bericht der Bundesreierung über die Umsetzung des Aktionsplans „Zivile risenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsoliierung“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 17/4272 in Kenntnis der nterrichtung auf Drucksache 17/2300 eine Entschlieung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussemphlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be chlussempfehlung ist bei Enthaltung der Fraktion Die inke mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen angeommen. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/4532 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales ten Anette Kramme, Katja Mast, Ulla Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche – Drucksachen 17/3173, 17/3733 – Berichterstattung: Abgeordnete Gitta Connemann Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wierspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Kollegen Dr. Matthias Zimmer von der CDU/ SU-Fraktion das Wort. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708808300

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1708808400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir disku-

tieren über ein Thema, das in den Verhandlungen des
Vermittlungsausschusses eine wichtige Rolle spielt. In-
sofern kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass
es heute weniger um Lösungsansätze für dieses Thema
als vielmehr um eine öffentlich inszenierte Empörung im
Stil der Anklage durch die Opposition geht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist Ihr Verständnis von Parlamentarismus, ja? – Weiterer Zuruf der Abg. Katja Mast [SPD])


– Das kann ich verstehen, Frau Mast.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Alberner Quatsch!)


Ich denke, die Zwischenrufe, die von der linken Seite
des Hauses kommen, bestätigen den Verdacht, den ich
hatte, sehr deutlich.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sagen Sie doch etwas zum Thema!)


Ich darf um Verständnis dafür bitten, dass ich am Be-
ginn der Debatte zunächst einige sehr sachliche Anmer-
kungen mache.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja, das ist ein guter Vorsatz!)


Zunächst einmal scheint es einen sehr breiten Kon-
sens darüber zu geben, dass im Bereich der Weiterbil-
dung Handlungsbedarf besteht.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


So hat auch der Staatssekretär Brauksiepe in der Debatte
am 7. Oktober 2010 ausgeführt, dass er die Forderungen
nach einem Mindestlohn in der Weiterbildungsbranche
im Grundsatz für richtig hält. Das Ministerium hat den
Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung eines ent-
sprechenden Tarifvertrages dennoch abschlägig beschie-
den, weil eine zentrale Voraussetzung nicht vorlag, näm-
lich die Repräsentativität des Tarifvertrages.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bestreite ich!)


Die Tarifbindung belief sich allenfalls auf 25 Prozent.


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Keiner darf gegen das Gesetz verstoßen!)


I
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1708808500


Insbesondere der Arbeitgeberverband ist jetzt ge-
fordert, seine Basis zu verbreitern, zusätzliche Mit-
glieder zu gewinnen, um so zu einer höheren Tarif-
bindung in der gesamten Branche zu kommen.

Dabei sind wir, so höre ich, auf einem guten Weg.

Ich möchte aber noch eine etwas grundsätzlichere
Überlegung nachschieben. Es geht um den Begriff des
öffentlichen Interesses, wie er im Tarifvertragsgesetz

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(C (D orkommt. Niemand hindert uns ja beispielsweise daran, as Erfordernis der Repräsentativität im Entsendegesetz Wege der Gesetzgebung für den Fall einzuschränken, ass ein öffentliches Interesse vorliegt. Wir sprechen ier nämlich über einen Bereich, der durch ein staatlihes Nachfragemonopol gekennzeichnet ist. Die Bunesagentur für Arbeit und die Optionskommunen fragen iese Leistungen exklusiv für die Bereiche des SGB II nd des SGB III nach. Die Ausund Weiterbildung dient inem öffentlichen Interesse, nämlich der Reduzierung er Arbeitslosigkeit. Das öffentliche Interesse ist also urch die arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen umchrieben. Wir wollen, dass das zur Ausund Weiterbildung einesetzte Geld effektiv und nachhaltig eingesetzt wird. b dies dort der Fall ist, wo Dumpinglöhne gezahlt weren, bezweifle ich. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Aus- und Weiterbildung einem ruinösen Lohn-
umping zu unterwerfen, dient also nicht dem öffentli-
hen Interesse, eher im Gegenteil: Von Lehrkräften, die
eutlich unter einem angemessenen Einkommen bezahlt
erden, kann ich vermutlich eher keine effektive und
achhaltige Aus- und Weiterbildungsleistung erwarten,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Da haben Sie recht! – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Wieso dauert es immer so lange, bis Sie es verstehen?)


urch die arbeitslose Menschen befähigt werden, wieder
Arbeit zu kommen. Insofern liegt die Unterbindung

iner solchen Abwärtsspirale durchaus im öffentlichen
teresse.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


as Geld, das hier nur scheinbar eingespart wird, müs-
en wir an anderer Stelle vielleicht doppelt und dreifach
usgeben.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Genau! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Nun ist gesagt worden: Selbst wenn wir eine Erstre-
kung des Tarifvertrages erreichen, gilt das nicht für alle
otenziellen Anbieter. – Das ist richtig. Ich denke aber,
ass man diesem Problem durch eine Änderung in der
ergabeordnung beikommen kann.

Bildungsträger, die sich um Aufträge der Bundes-
gentur für Arbeit bemühen, müssen gemäß der Aner-
ennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung
ertifiziert sein. Die darin formulierten Anforderungen
n die Träger sind vielfältig. Es geht dort um didaktische
nd fachliche Eignungen, um Qualitätssicherung, um
enntnisse des Arbeitsmarktes und vieles mehr. Die Er-
llung der Anforderungen ist durch den Träger umfas-

end nachzuweisen. Warum nimmt man in den Zertifi-





Dr. Matthias Zimmer


(A) )


)(B)

zierungsprozess nicht auch die Anforderung auf, dass
eine anständige Bezahlung geleistet wird, was in der Re-
gel durch die Mitgliedschaft in einem Tarifverbund
nachgewiesen wird?


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Warum nicht?)


Was spricht dagegen, den Fachkundenachweis durch ei-
nen Nachweis solider Betriebsführung zu ergänzen, der
durch tarifliche Bezahlung erbracht wird?

Eines ist doch auch wahr: Solide und nachhaltige Be-
triebsführung hat auch etwas damit zu tun, Mitarbeiter
zu binden. Dort, wo Dumpinglöhne gezahlt werden, ist
die Fluktuation der Mitarbeiter hoch und die Nachhaltig-
keit der Arbeit niedrig. Also könnte es auch hier im öf-
fentlichen Interesse liegen, die Nachhaltigkeit der Arbeit
und die Solidität der Betriebsführung zu fördern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eine letzte Frage: Warum ist der damalige Verord-
nungsgeber im Jahr 2004 nicht auf den Gedanken ge-
kommen, diesen wichtigen Aspekt zum Bestandteil der
Zertifizierung zu machen?


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ja! Wer war denn damals der Verordnungsgeber?)


Die Debatte über einen Mindestlohn in der Weiterbil-
dung ist mit vielen juristischen Fallstricken behaftet.
Über das Ziel sind wir uns weitgehend einig, anders als
bei der Frage des gesetzlichen Mindestlohns. Ich hoffe
sehr, dass bei den Verhandlungen im Vermittlungsaus-
schuss genügend juristische und politische Kreativität
zusammenfließt, um dieses Problem einer sauberen,
nachhaltigen und für die Betroffenen vorteilhaften Lö-
sung zuzuführen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Gesunder Menschenverstand! Vielleicht können wir das mal versuchen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708808600

Das Wort hat die Kollegin Katja Mast von der SPD-

Fraktion.


Katja Mast (SPD):
Rede ID: ID1708808700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Verehrter Kollege Zimmer, Ihre Rede bietet im Vergleich
zu der Debatte, die wir am 7. Oktober geführt haben, im-
merhin schon eine Perspektive.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Eine gute Rede!)


Sie haben akzeptiert, dass es in der Weiterbildungsbran-
che ein Problem gibt. Wohlgemerkt, es geht um die
23 000 Beschäftigten dieser Branche, die nur Aufträge
der Bundesagentur für Arbeit ausführen. Sie ringen um
eine Lösung des Problems. Auch das ist ein Mehrwert
der heutigen Debatte.

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(C (D Ich will aber auch die Unterschiede betonen. Wir, die PD, haben einen Antrag vorgelegt, in dem wir vorchlagen, den Mindestlohntarifvertrag der Branche über as Entsendegesetz für allgemeinverbindlich zu erklän. Das ist unser Weg, um die Würde der Arbeit in der eiterbildung zu schützen. Sie sagen, dass das nicht möglich ist; der Tarifvertrag ei nicht repräsentativ. Das sei Vorschrift. Im Gesetz gibt s aber keine solche Vorschrift. Insofern besteht ein Unterschied im Handeln: Wir üssen uns nicht hinter juristischen Argumenten verste ken, wie Sie das in den Debatten tun, sondern wir forern die schwarz-gelbe Regierung auf, zugunsten der eschäftigten politisch zu handeln und dadurch etwas zu rreichen. (Beifall bei der SPD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Heißt das, dass wir uns über die Gesetze hinwegsetzen?)


Es geht darum, das, was in Ihrem Koalitionsvertrag
teht, in die Tat umzusetzen. Ich will kurz darauf einge-
en. Ihr Koalitionsvertrag trägt die Überschrift „Wachs-
m. Bildung. Zusammenhalt“. Auf Seite 1, noch in der
liederung, findet sich der wichtige zweite Punkt „Bil-
ungsrepublik Deutschland“. Auf Seite 52 findet sich
er folgenschwere Satz:

Qualität in Bildung und Erziehung erfordert beson-
ders gut ausgebildete Fachkräfte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auf Seite 54 findet sich der wichtige Satz:

Lebensbegleitendes Lernen zu stärken ist eine ge-
samtgesellschaftliche Aufgabe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb,
enn Sie diese Sätze ernst nehmen, dann hätten Sie

chon im Oktober unserem Antrag zustimmen können.
ann hätten Sie mit uns gemeinsam den Weg gehen kön-
en, für die 23 000 Beschäftigten in der Weiterbildungs-
ranche einen Mindestlohn zu vereinbaren. Wohlge-
erkt, es geht um einen Stundenlohn von 10,93 Euro für

ädagogische Kräfte in den neuen Bundesländern und
on 12,28 Euro in den alten westdeutschen Bundeslän-
ern. Für pädagogische Arbeit, lebensbegleitendes Ler-
en und die Bildungsrepublik Deutschland ist das nicht
u viel.


(Beifall bei der SPD)


In Ihrem Koalitionsvertrag finden sich viele warme
orte. Wir wollen keine kalten Taten, sondern warme

aten von Ihnen.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Und heiße Nadeln!)


Wir wollen keine heißen Nadeln. Damit haben Sie
ielleicht den Koalitionsvertrag gestrickt. Ich hatte ges-
rn Abend das Vergnügen, in Ihrem Koalitionsvertrag
achzulesen, was Sie darin über die Würde der Arbeit
chreiben. Kein Treffer. Was steht über gute Arbeit im
oalitionsvertrag? Kein Treffer.





Katja Mast


(A) )


)(B)

In Ihrem gesamten Koalitionsvertrag setzen Sie sich
nicht mit der Kernfrage auseinander, dass Menschen, die
arbeiten gehen und mit ihren Steuermitteln zum Wohl-
stand dieser Republik beitragen und Bildung und Stra-
ßen finanzieren, von ihrer Hände Arbeit leben und in
Würde arbeiten gehen sollten. Das ist der Kernkonflikt
zwischen Ihnen und uns.


(Beifall bei der SPD)


Deshalb bringen wir diesen Antrag ein. Ich freue
mich darauf, bei diesem Thema weiterhin den Finger in
die Wunde zu legen. Wenn wir bei den Regelsätzen nicht
gemeinsam weiterkommen – das ist unsere Kernforde-
rung –, dann werden wir wieder einen entsprechenden
Antrag hier im Deutschen Bundestag stellen; denn heute
werden Sie wahrscheinlich nicht den Mut finden, unse-
rem Antrag zuzustimmen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708808800

Das Wort hat der Kollege Johannes Vogel von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1708808900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Mast, ich freue mich immer, wenn Sie den
Finger in die Wunde legen wollen. Das ist auch die Auf-
gabe der Opposition. Sie haben einen ganz konkreten
Weg vorgeschlagen, was Sie machen wollen. Sie müssen
sich schon noch etwas Besseres überlegen, damit der
Finger auch richtig wehtut;


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Nicht der Finger soll wehtun, sondern die Wunde! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ihre Wunde soll wehtun!)


denn mit dem Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, ge-
lingt das, ehrlich gesagt, nicht.

Noch einmal: Die Bundesregierung entscheidet über
die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, nicht
das Parlament. Ich sage das aus einem bestimmten
Grund.


(Katja Mast [SPD]: Das sind politische Entscheidungen!)


– Das sind politische Entscheidungen. Ich komme gleich
darauf zurück. Sie werden schon noch merken, warum
ich das sage.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Man darf die Bundesregierung aber auch auffordern!)


Es wurde eben schon gesagt: Sogar der Herr Parlamenta-
rische Staatssekretär Brauksiepe hat für das inhaltliche
Anliegen Sympathie erkennen lassen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Haben Sie die auch, diese Sympathie?)


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(C (D r hat aber auch klar gesagt: Die Bundesregierung kann icht einfach nach Gutdünken entscheiden, sondern sie uss klare Voraussetzungen zugrunde legen. – Diese ind eben nicht gegeben. Ich weiß, Frau Kollegin üller-Gemmeke wird wahrscheinlich gleich ausführen, (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


ass das öffentliche Interesse und die Kriterien, die wir
nführen, natürlich dem Tarifvertragsgesetz entnommen
ind. Aber die Bundesregierung muss klare Kriterien su-
hen. Dazu kann ich nur sagen: Da liegt es doch sehr
ahe – es ist vernünftig, und es ist unsere politische Auf-
ssung, dass es gut ist –, das Votum des Tarifausschus-

es heranzuziehen. Da ist mit drei zu drei geurteilt wor-
en.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist immer mit drei zu drei geurteilt worden!)


s hat es noch nie in der Bundesrepublik gegeben, dass
in Tarifvertrag nach Arbeitnehmer-Entsendegesetz für
llgemeinverbindlich erklärt wurde, der keine Mehrheit

Tarifausschuss hatte. Das ist auch gut so. Das wird es
uch hier nicht geben, weil der Tarifausschuss dafür da
t, die volkswirtschaftliche Gesamtsicht zu berücksich-
gen und die Entscheidung dem politischen Gutdünken
u entziehen. Deshalb – das ist einer der beiden Grün-
e – werden wir Ihren Antrag ablehnen, liebe Frau Kol-
gin.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das ist unglaublich!)


Der zweite Grund betrifft die Repräsentativität. Wenn
ie beide Augen zudrücken, kommen Sie auf einen Re-
räsentativitätsgrad von maximal 25 Prozent. Das heißt,
5 Prozent der Beschäftigten der Branche sind von dem
arifvertrag überhaupt erfasst. Ich sage: Das öffentliche
teresse hat auch etwas damit zu tun, einen fairen Aus-

leich zwischen der Mehrheit und der Minderheit herzu-
tellen. Das heißt aber nicht, dass die Minderheit die

ehrheit binden kann. Wenn weniger als 25 Prozent der
eschäftigten allen anderen Arbeitnehmern und Arbeit-
ebern etwas diktieren können sollen, dann ist das nicht
ir, liebe Kollegin Mast, und ist ein falscher Weg. Das
t der zweite Grund, warum wir Ihren Vorschlag ableh-
en.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Sie sind der Mindestlohnbremsklotz der Nation! – Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Oh, das wirft mich ja jetzt geradezu aus dem Konzept. –
h will eine Frage herausarbeiten. Die ist nämlich ganz

pannend, Frau Kollegin Mast. Sie haben eben vom poli-
schen Willen gesprochen. Ich habe schon gesagt, dass
s noch nie geschehen ist, dass ein Tarifvertrag mit einer
o geringen Repräsentativität ohne Mehrheit im Tarif-
usschuss für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.
ie verhielt es sich denn mit dem Tarifvertrag? Er war





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)

am 31. August 2009 im Tarifausschuss. Ganz interessant
ist, dass zu diesem Zeitpunkt auch noch ein anderer Ta-
rifvertrag im Tarifausschuss behandelt wurde. Dabei
ging es um das Wach- und Sicherheitsgewerbe. Zwi-
schen den beiden Fällen gibt es erstaunliche Gemein-
samkeiten bzw. Parallelen. Auch die Branche des Wach-
und Sicherheitsgewerbes steht im Arbeitnehmer-Entsen-
degesetz. Es hat einen Antrag gegeben, und es hat einen
Mindestlohntarifvertrag gegeben. Der Tarifausschuss
wurde befasst, und die Repräsentativität war sogar hö-
her. Das Votum war drei zu drei. Seltsamerweise bean-
tragen Sie nicht, dass dieser Tarifvertrag für allgemein-
verbindlich erklärt wird. Warum? Vielleicht weil das ein
Tarifvertrag war, bei dem im Tarifausschuss die Arbeit-
geberseite für die Allgemeinverbindlichkeit votiert hat,
aber die Arbeitnehmerseite, zumindest die DGB-Vertre-
ter, dagegen war, weil er mit einer christlichen Gewerk-
schaft ausgehandelt wurde. Es ist legitim, dass die Ar-
beitnehmerseite das so vertritt, aber das zeigt doch, wie
wichtig es ist, dass wir objektive Kriterien haben und
nicht politisches Gutdünken zugrunde legen. Das ist
nämlich das, was Sie wollen. An dieser Stelle passt es
Ihnen nicht, obwohl dieselben Voraussetzungen vorlie-
gen wie bei der Weiterbildungsbranche. In beiden Fällen
war das Votum drei zu drei im Tarifausschuss. Der An-
trag auf Allgemeinverbindlichkeit passt Ihnen aber poli-
tisch nicht, und deshalb sind Sie dagegen.

Das zeigt, dass es sehr richtig ist, dass wir die Allge-
meinverbindlichkeit aufgrund klarer und objektiver Kri-
terien erklären. Wichtig ist das Kriterium der Repräsen-
tativität. Arbeitgeber und Arbeitnehmer – das deutsche
Erfolgsmodell der Tarifautonomie – sollen sich gemein-
sam dafür entscheiden, dass der Tarifvertrag für allge-
meinverbindlich erklärt wird. Wir liefern diese Entschei-
dung nicht dem politischen Gutdünken aus. Sie, liebe
Frau Kollegin Mast, haben mit der Ungleichbehandlung
des Wach- und Sicherheitsgewerbes und der Weiterbil-
dungsbranche wieder einmal bewiesen, warum das so
richtig ist; denn sonst herrscht politische Willkür. Das ist
übrigens auch der Grund, warum wir gegen den gesetzli-
chen Mindestlohn sind. Dann wäre die Lohnfindung
nämlich nicht mehr in der Hand der Tarifvertragspar-
teien, sondern sie wäre der politischen Willkür ausgelie-
fert. Wir würden dann einen Überbietungswettbewerb
erleben. Das wäre das Ergebnis Ihrer Ungleichbehand-
lung. Das haben Sie nicht erwähnt und nicht erklärt.

Bei uns ist die Tarifautonomie in guten Händen; denn
wir akzeptieren politisch, dass es die Aufgabe von Ar-
beitgebern und Arbeitnehmern ist, darüber zu entschei-
den, und dass Allgemeinverbindlichkeiten an klare Kri-
terien geknüpft sein müssen, damit sie im Interesse des
Ganzen und aller Menschen liegen. Deshalb lehnen wir
Ihren Antrag ab.

Neue Argumente – ich habe mich so darauf gefreut –
habe ich seit der ersten Lesung im Ausschuss von Ihnen
leider nicht gehört. Ich muss Sie enttäuschen: Bei uns hat
es deshalb auch keinen Meinungsumschwung gegeben.
Ihr Antrag ist nichts anderes als eine reine Showveran-
staltung. Er ist nicht vernünftig und ist der falsche Weg,
die Qualität in der Weiterbildung zu sichern.

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(C (D Vielen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Jutta Krellmann von er Fraktion Die Linke. (Beifall des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708809000


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708809100

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde nicht, dass
as eine Showveranstaltung ist. Ich durfte im Vermitt-
ngsausschuss bislang noch gar nicht mitreden. Von da-

er fühle ich mich völlig ausgeschlossen. Selbst wenn
ie alle hier nur meinetwegen säßen, damit ich einmal
itdiskutieren kann, dann wäre das doch ein Grund.

Herr Zimmer, ich bin nicht dafür da, Herrn
rauksiepe zu rehabilitieren. Er hat schon vor zwei Jah-
n in seinem Wahlkreis einen Mindestlohn in der Wei-
rbildung versprochen. Aber zwei Jahre lang ist nichts
assiert. Auch das Ministerium, in dem er jetzt arbeitet,
at einen Mindestlohn in der Weiterbildung abgelehnt.
a er gesagt hat: „Im Grunde bin auch ich für einen
indestlohn“, müssen doch die Menschen in seinem
ahlkreis fragen: Was ist denn aus dem geworden, was

ie uns vor zwei Jahren versprochen haben? Dass erst
tzt etwas passiert und dass es so lange dauert, bis Men-

chen zu ihrem Recht kommen, empfinde ich vom
rundsatz her als eine absolute Katastrophe.


(Beifall bei der LINKEN)


wei geschlagene Jahre wird daran gearbeitet, und erst
tzt passiert etwas. Aber nun wird alles hin und her dis-
utiert. So habe ich mir Politik nicht vorgestellt.

Sie haben ein Plädoyer zugunsten der Tarifpolitik ge-
alten. Toll! Jeder Tarifpolitiker weiß: Tarifpolitik ist
chneller als der Bundestag. Die Tarifpolitiker kommen
enigstens zu Ergebnissen.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Dann soll man sie doch machen lassen, Frau Kollegin!)


ie reden miteinander, diskutieren und tauschen Argu-
ente aus. Dann gibt es am Ende Tarifverträge. Wenn

as nicht klappt, dann gibt es beispielsweise einen
treik. Aber man hat ein Ergebnis und schiebt solche
robleme nicht über Jahre vor sich her.

Ich persönlich empfinde es als eine absolute Katastro-
he, dass man ausgerechnet im Bereich der Weiterbil-
ung über dieses Thema reden muss. In der Weiterbil-
ung arbeiten hochqualifizierte Leute. Das sind Leute,
ie ein Pädagogikstudium abgeschlossen haben bzw.
olkswirtschaft oder Betriebswirtschaft studiert haben. –
err Lange, Sie dürfen sich gerne umdrehen und mir zu-
ören; das fände ich fair.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Was Sie alles fair finden! Das finde ich auch!)






Jutta Krellmann


(A) )


)(B)

– Es ist nett, dass Sie sich umgedreht haben. Vielen
Dank.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Gern! Haben Sie auch etwas zu sagen? Das ist doch hier die Frage!)


Sich um den Bereich der Weiterbildung nicht zu küm-
mern und gleichzeitig über Facharbeiterqualifikation zu
reden, das empfinde ich als ein absolutes Vorführen von
Menschen. Es kann nicht sein, dass alle sagen: „Wir
brauchen qualifizierte Fachkräfte“, und dass man denje-
nigen, die qualifiziert sind und in der Weiterbildung ar-
beiten, ein vernünftiges Entgelt vorenthält.

Nun zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage, ob die
Tariffähigkeit nachgewiesen ist. Nach Ihren Informatio-
nen liegt der Anteil bei nur 25 Prozent.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Maximal!)


Die zuständigen Gewerkschaften haben mir gesagt, es
gebe nicht nur die direkte Tarifbindung. Vielmehr gibt es
noch Haustarifverträge und Anerkennungstarifverträge,
die genau das anerkennen, was die Tarifvertragsparteien
vereinbaren. Addiert man alles, dann kommt man in der
Summe auf weit über 50 Prozent. Das heißt in der Kon-
sequenz: Die Grundlage, von der Sie ausgegangen sind,
nämlich dass es nur 25 Prozent sind, ist nicht richtig. Die
Gewerkschaften selbst vertreten etwas völlig anderes.

Ich kenne auch die Praxis, dass Arbeitgeber manch-
mal Haustarifverträge und Anerkennungstarifverträge
abschließen, weil sie sich nicht an einen Arbeitgeberver-
band binden wollen. Das ist die Realität, auch in dieser
Branche. Wenn Sie dies nicht anerkennen, dann haben
Sie haarscharf am Ziel vorbeigeschossen.

Ich hoffe, dass im Vermittlungsausschuss – obwohl
ich nicht dabei bin – etwas Positives für die Menschen
herauskommt. Es geht nicht darum, ob und wie wir hier
über solche Dinge diskutieren und ob es einen Schlagab-
tausch gibt, sondern darum, dass die Menschen endlich
das bekommen, was sie brauchen; deswegen sind wir
hier. Ich appelliere daher an diejenigen, die am Gesche-
hen viel direkter als ich beteiligt sind: Sorgen Sie für ei-
nen Mindestlohn in der Weiterbildungsbranche! Wenn
Ihnen daran wirklich gelegen ist, dann stimmen Sie dem
Antrag der SPD genauso wie wir zu.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das ist doch mal eine tolle Antwort!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708809200

Das Wort hat die Kollegin Beate Müller-Gemmeke

von Bündnis 90/Die Grünen.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Gute Frau! – Heiterkeit)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Lieber Kollege Dr. Zimmer, ich höre

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(C (D mer wieder gerne Ihre Reden und Ihre wohlüberlegten orte, und ich bin oft Ihrer Meinung. Die Frage ist aber mer: Welche Unterstützung haben Sie eigentlich in Ih r eigenen Fraktion, wenn Sie so reden und solche Vorchläge machen? Vor allem frage ich mich: Welche Unrstützung haben Sie bei der FDP? Ich gehe davon aus, ass sie minimal ist. Das ist die eine Sache. Das Zweite ist: Ich habe zu meinem Bedauern nicht ehört, dass Sie handeln werden, wann Sie handeln weren, wie Sie handeln werden, dass es in der Weiterbilungsbranche wirklich vorangeht. Außerdem muss ich agen – wir bleiben dabei –: Mindestlöhne sind notwenig; sie müssen bei uns in Deutschland endlich Realität erden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Auch heute muss öffentlich gesagt werden, mit welch
chräger Begründung die Bundesregierung – Herr Vogel,
h halte daran fest – den Mindestlohn in der Weiterbil-
ungsbranche abgelehnt hat. Sie sagen, es sei kein öf-
ntliches Interesse vorhanden, weil die Tarifbindung

öchstens 25 Prozent betrage,


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Und keine Mehrheit im Tarifausschuss!)


ährend laut Ihrer merkwürdigen Interpretation 50 Pro-
ent notwendig seien. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz
ennt aber keine 50-Prozent-Schwelle; die kennt nur das
arifvertragsgesetz. Wegen dieses Sachverhalts habe ich
ber eine Kleine Anfrage genauer nachgefragt. In der
ntwort der Bundesregierung konnte man sehen, dass

ie kleinlauter geworden ist. Plötzlich wurde nur noch
on einer „gewissen Tarifbindung“ gesprochen, und
war mit einem Verweis auf einen Kommentar von Pro-
ssor Thüsing und Professor Bayreuther.

Natürlich ist eine „gewisse Tarifbindung“ notwendig;
chließlich wollen wir alle nicht, dass irgendein Hunger-
hntarifvertrag der vermeintlich christlichen Gewerk-

chaften für allgemeinverbindlich erklärt wird.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Ach so!)


ennoch: Was heißt denn nun eine „gewisse Tarifbin-
ung“, bezogen auf die Weiterbildungsbranche? Diese
ntwort ist uns die Bundesregierung schuldig geblieben.

Es reicht auch nicht, einen passenden Kommentar zur
arifbindung zu suchen und sich dann bei der Frage nach
en Kriterien, wann ein öffentliches Interesse gegeben
t, in Schweigen zu hüllen. Die Bundesregierung hätte
infach einmal den Kommentar von Professor Thüsing
eiterlesen müssen. Zwei Seiten weiter kommentiert er
ämlich das „öffentliche Interesse“. Dort steht, dass
uch im Tarifvertragsgesetz allgemeine sozialpolitische
ielsetzungen berücksichtigt werden dürfen. Dann heißt
s – jetzt wird es richtig interessant; hören Sie gut zu; ich
itiere –:

Erst recht wird das im Geltungsbereich des neuen
AEntG gelten müssen, nachdem der Gesetzgeber
… ausdrücklich festgelegt hat, dass das Gesetz faire





Beate Müller-Gemmeke


(A) )


)(B)

und funktionierende Wettbewerbsbedingungen ge-
währleisten, sozialversicherungspflichtige Beschäf-
tigung erhalten und die Ordnungs- und Befrie-
dungsfunktion der Tarifautonomie sichern soll.

Es müssen also nicht eine Tarifbindung von 50 Prozent,
sondern nur eine gewisse Tarifbindung und vor allem so-
zialpolitische Zielsetzungen laut Arbeitnehmer-Entsen-
degesetz berücksichtigt werden, und deswegen – ich
bleibe dabei – ist die Begründung für die Ablehnung des
Mindestlohns in der Weiterbildungsbranche schlichtweg
nicht akzeptabel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mein Fazit: Die Bundesregierung interpretiert die Ge-
setzeslage falsch, und zwar zulasten der Beschäftigten.
Vor allem sind die Bundesregierung und auch Sie, die
Regierungsfraktionen, nicht in der Lage, eine sozialpoli-
tische Vision dafür, was öffentliches Interesse in der Zu-
kunft ist, zu entwickeln. Besonders skandalös und unver-
ständlich finde ich das bei der Weiterbildungsbranche im
Bereich SGB II und III.

Ich appelliere also an die Regierungsfraktionen: Ge-
hen Sie in sich! Lesen Sie nochmals ganz genau die
Kommentare zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz, und
unterstützen Sie den Mindestlohn in der Weiterbildungs-
branche! Denn die Beschäftigten haben faire Arbeitsbe-
dingungen und gerechte Löhne verdient.

Am Schluss muss ich Ihnen auch noch sagen: Seien
Sie doch nicht immer dagegen – insbesondere nicht ge-
gen Mindestlöhne!

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708809300

Das Wort hat jetzt der Kollege Paul Lehrieder von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1708809400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Liebe Kollegen von der SPD, ja, Sie ha-
ben erkannt, dass Weiterbildung ein zentraler Aspekt bei
der Erhaltung des Arbeitskräftepotenzials in unserem
Land ist. Ja, wir wollen das dritte arbeitsmarktpolitische
Instrument fortführen. Im Frühjahr letzten Jahres haben
wir uns mit der SPD auf eine Jobcenterreform einigen
können. Im Herbst haben wir versucht, eine Änderung
der Regelsätze auf den Weg zu bringen. Da sind Sie
schon von Bord gegangen, liebe Freunde von der SPD.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wo sind wir von Bord gegangen?)


Derzeit laufen – Kollege Zimmer hat soeben darauf hin-
gewiesen – zähe Verhandlungen im Vermittlungsaus-
schuss. Als Nächstes wollen wir uns im Frühjahr der
Flexibilisierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente
zuwenden.



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(C (D (Abg. Katja Mast [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Ich würde sie zulassen, wenn der Präsident es erlaubt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708809500

Dann können Sie gerne eine Zwischenfrage stellen,

rau Mast. Er hat schon erklärt, dass er sie zulassen will. –
rau Mast, bitte.


Katja Mast (SPD):
Rede ID: ID1708809600

Vielen Dank, Herr Präsident und Herr Kollege

ehrieder. – Ich habe folgende Frage: Sie rekurrieren bei
en Verhandlungen über die Regelsätze für Arbeitslo-
engeld-II-Empfänger die ganze Zeit auf den Vermitt-
ngsausschuss. Dort spielt das Thema Mindestlohn

uch eine Rolle. Welche – vor allen Dingen mit den
undesländern – abgestimmte Position hat Schwarz-
elb denn zum Mindestlohn in der Weiterbildungsbran-

he?


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1708809700

Wir haben insbesondere im Hinblick auf den 1. Mai

011 eine Diskussion über einen Mindestlohn in der
eiharbeitsbranche geführt. Im Übrigen haben wir, so-
ohl die Kollegen von der FDP als auch wir von der
DU/CSU, unsere Verhandlungsführer in den Verhand-
ngen sitzen. Sie werden Verständnis dafür haben,


(Lachen bei der SPD)


ass man Verhandlungen nicht quasi auf dem Marktplatz
es Plenums des Bundestags führen kann. Das würde Ih-
en so passen. Nein, liebe Kollegen, dazu werden Sie
on mir keine Antwort erwarten können.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das haben wir befürchtet!)


ie haben auch keine Antwort erwartet, wenn Sie ehrlich
ind.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie haben keine Antwort! Das ist die Wahrheit!)


Ich habe bereits die Flexibilisierung der arbeitsmarkt-
olitischen Instrumente erwähnt. Die Vorredner haben
ereits auf das staatliche Nachfragemonopol hingewie-
en, das gerade in der Weiterbildung natürlich bei der öf-
ntlichen Hand liegt. Meine Damen und Herren von der
PD, auch die christlich-liberale Koalition erkennt die
entrale Bedeutung von Weiterbildungsmaßnahmen an.
llerdings sehen wir einen Mindestlohn in der Weiter-
ildungsbranche als nicht zielführend an. In den Tarif-
erhandlungen der Vergangenheit sind Löhne für einfa-
he Arbeiten oft so weit angehoben worden, dass sie für
iele Unternehmen schlicht zu teuer wurden. In der Wei-
rbildung wird hochqualifizierte Arbeit geleistet; das
ill ich nicht verhehlen. Oft blieben die niedrigsten Ta-
fgruppen unbesetzt. In den vergangenen Jahren wurden
manchen Branchen Arbeitsplätze gestrichen oder ins
usland verlagert. Von der Schaffung neuer Stellen
onnte keine Rede sein.





Paul Lehrieder


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der
SPD, Sie bewegen sich auf dem falschen arbeitsmarkt-
politischen Weg. Das Aushandeln der Löhne muss grund-
sätzlich die Aufgabe der Sozialpartner sein und auch blei-
ben; denn eine funktionsfähige Tarifautonomie braucht
starke Arbeitgeberverbände und starke Gewerkschaften.
Ich hätte nie gedacht, dass ich hier im Plenum des Bun-
destags einmal für starke Gewerkschaften und starke Ar-
beitgeberverbände plädieren darf. In Art. 9 Abs. 3 des
Grundgesetzes wird die Tarifautonomie den Arbeitgeber-
und Arbeitnehmervertretern zugewiesen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben aber auch ein Arbeitnehmer-Entsendegesetz!)


Im vorliegenden Fall gab es im Tarifausschuss ein Vo-
tum von 3 : 3. Das heißt, dass keine Mehrheit erreicht
worden ist, weder für das eine noch für das andere.

Herr Kollege Vogel hat bereits darauf hingewiesen,
dass Sie – unter anderen Vorzeichen – keine Mindest-
löhne im Bereich des Sicherheitsgewerbes fordern, weil
es dort natürlich nicht ins System passt.

Nur mit einer starken Position können die Gewerk-
schaften und die Arbeitgeberverbände für ihre Mitglie-
der verbindliche und wirkungsvolle Abmachungen tref-
fen. Es wurde bereits von den Vorrednern, auch von der
Kollegin Müller-Gemmeke, die Frage aufgeworfen: Be-
steht ein öffentliches Interesse an einer Allgemeinver-
bindlichkeit, wenn die Tarifbindung schwach ist und bei-
spielsweise bei nur 25 Prozent liegt? Das muss man sehr
kritisch sehen. Es kann nicht sein, dass die Minderheit
die Mehrheit zum Teil dominiert und dass die Minder-
heit für die Mehrheit Tarifverträge abschließt.

Es ist sicher notwendig, Ausnahmen zu machen und
in einzelnen Bereichen Mindestlohntarifverträge als all-
gemeinverbindlich zu erklären, wie in der Pflegebran-
che; das haben wir im Sommer gemacht. Da betrug das
Stimmenverhältnis aber 6 : 0.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708809800

Herr Kollege Lehrieder, erlauben Sie noch eine Zwi-

schenfrage der Kollegin Müller-Gemmeke?


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1708809900

Ja, selbstverständlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708810000

Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lieber Herr Kollege Lehrieder, jetzt muss ich doch
nachfragen. Sie haben gerade gesagt, es gehe nicht, dass
die Minderheit über die Mehrheit bestimmt.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1708810100

Ja, das sollte nicht sein.

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(C (D Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Im Tarifvertragsgesetz hat man eine Schwelle von

0 Prozent festgelegt. Ausschlaggebend dafür ist die An-
ahl der Arbeitnehmer, die in Unternehmen, welche in
rbeitgeberverbänden organisiert sind, beschäftigt sind.

etzt gibt es das Problem der Tarifflucht. Das heißt, im-
er mehr Arbeitgeber entziehen sich ihrer Verantwor-
ng und machen sich sozusagen vom Acker. Das führt

azu, dass diese Regelung wie ein Zirkelschluss wirkt:
e mehr Arbeitgeber sich davonmachen, desto geringer
ind die Chancen der Gewerkschaften, die geforderte
uote zu erreichen. Wenn dieses Problem von der Bun-
esregierung erkannt wird, dann muss sie doch zu der
uffassung gelangen, dass man staatlicherseits eingrei-
n und die Allgemeinverbindlichkeit erklären muss, da-
it die Arbeitgeber endlich aufhören, Spielchen mit den
ewerkschaften zu treiben.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1708810200

Liebe Frau Kollegin Müller-Gemmeke, Sie wissen

enauso gut wie ich – darüber haben wir bereits in der
tzten Legislaturperiode diskutiert –: Bei einer unzurei-

henden Tarifbindung kann man im Falle von Verwer-
ngen über das MiArbG, das Mindestarbeitsbedingun-

engesetz, versuchen, entsprechende Änderungen zu
rreichen. Aber dazu bedarf es, wie gesagt, der Feststel-
ng von gesellschaftspolitischen Verwerfungen. Nur
enn diese vorliegen, weil beispielsweise eine Tarif-
ucht zu beklagen ist und das Ergebnis dementspre-
hend nicht hinnehmbar ist, kann man auf diese Weise
ingreifen. Eine solche Tarifflucht ist aber in der Weiter-
ildungsbranche nicht festzustellen. Kollege Zimmer hat
chon an die Arbeitgeber in der Weiterbildungsbranche
ppelliert, sich stärker tariflich zu binden. Ansonsten
uss man überprüfen, ob ein anderer Weg möglich ist.

Sie können versichert sein – da bin ich mit dem Kol-
gen Brauksiepe völlig einer Meinung, der vor einem
alben Jahr Ausführungen dazu gemacht hat –: Wir stre-
en eine Absicherung in der Weiterbildungsbranche an,
m eine qualitativ hochwertige und eine vom Erfolg ge-
rönte Weiterbildung gerade der Langzeitarbeitslosen
uch in Zukunft gewährleisten zu können. Das heißt, wir
erden die Entwicklung sorgfältig beobachten. Dazu be-
arf es, mit Verlaub, keines Antrags der SPD.

Zum Schluss meiner Antwort kurz zusammengefasst:
ei Verwerfungen ist ein Eingreifen möglich; dies geht
ber das MiArbG, aber nicht über das Arbeitnehmer-Ent-
endegesetz.

Im Vermittlungsausschuss wird diskutiert, ob die Vo-
ussetzungen auch für die Zeitarbeit gegeben sind. Das
rgebnis bleibt noch abzuwarten; ich hatte bereits darauf
ingewiesen. Für die Weiterbildungsbranche kann aber
ereits jetzt gesagt werden, dass, wie bereits ausgeführt,
ie Voraussetzungen derzeit nicht erfüllt werden. Der
on den Sozialpartnern vorgelegte Mindestlohntarifver-
ag ist nicht repräsentativ, da nur eine Bindung von
öchstens 25 Prozent an den Tarifvertrag besteht. Die für
as Arbeitnehmer-Entsendegesetz erforderliche Tarif-
indung beträgt – auch hierauf wurde bereits hingewie-





Paul Lehrieder


(A) )


)(B)

sen – mindestens 50 Prozent. Ansonsten würde die Min-
derheit die Mehrheit dominieren; auch das hatte ich
bereits gesagt.

Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarif-
vertrages setzt voraus, dass sie im öffentlichen Interesse
geboten erscheint. Ob nun tatsächlich ein öffentliches
Interesse in dieser Angelegenheit besteht, muss vom
Ministerium noch überprüft werden. Das öffentliche In-
teresse muss in jedem Fall höher gewichtet werden als
das der Tarifvertragsparteien und deren Mitglieder. Dem
Ministerium ist in dieser Fragestellung ein Beurteilungs-
spielraum einzuräumen; auch das wurde bereits ausge-
führt. Der derzeitige Sachstand belegt aber keinen
Rechtsanspruch auf eine Allgemeinverbindlichkeits-
erklärung.

Meine Damen und Herren, ich könnte noch ein paar
Sätze dazu sagen. Aber da meine Vorredner bereits kom-
petent und umfassend dazu ausgeführt haben, möchte
ich an dieser Stelle schließen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wün-
sche ein schönes Wochenende.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Anette Kramme [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708810300

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich dem Kollegen Dr. Ernst Dieter Rossmann von
der SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1708810400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An-

gesichts unserer Auffassung von Bildung ist es uns ein
Bedürfnis, die Unterschiede in der Debatte klarzuma-
chen. Herr Vogel, ich hatte bei Ihnen das Gefühl, Sie hät-
ten über alles reden können. Aber bei Ihnen schien nie
durch, was das eigentlich für ein Skandal in der Weiter-
bildung ist, was das für betroffene Menschen bedeutet,
welche Auswirkungen das auf die Qualität der Weiterbil-
dung hat, was das perspektivisch bedeutet, wenn Weiter-
bildung immer wichtiger wird.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Das bestreitet doch niemand!)


Wir Sozialdemokraten haben im Vermittlungsausschuss
manchmal das Gefühl, zusammen mit Ihnen, Kollegin-
nen und Kollegen von der CDU/CSU, gegen die FDP
das durchsetzen zu müssen, was bei Ihnen wenigstens
beim ersten und zweiten Redner durchschimmerte.


(Beifall bei der SPD – Widerspruch des Abg. Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP])


Nehmen Sie es uns bitte nicht übel, dass wir dies mit ei-
ner gewissen Verve betonen; denn wir haben erkannt,
dass es so nicht gehen kann.

Sie haben den Begriff der Negativspirale angespro-
chen. Natürlich ist das so, ähnlich dem, was wir schon
aus der schulischen Bildung kennen. An den Hauptschu-

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(C (D n, wo die härteste Arbeit geleistet wird – das ist nicht iskriminierend gemeint –, ist die Bezahlung am chlechtesten. Ähnlich ist es vielfach in der beruflichen eiterbildung. Dort, wo Berufsorientierung zu leisten t, wo Langzeitarbeitslose, die es schon mehrere Male ersucht haben, gebildet werden sollen, haben die Doenten und die Lehrer oft das Gefühl: Wir gehören zu enjenigen, um die sich niemand kümmert und für die es einen Schutz gibt. Herr Vogel, (Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Herr Rossmann!)


ie hätten einige Sätze im Sinne der Menschen, die in
er Weiterbildungsbranche arbeiten, sagen sollen, anstatt
in Doktorandenseminar über die eine oder andere recht-
che Frage abzuhalten.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Herr Rossmann, wir sind auch ein Rechtsstaat!)


ls Mitglied dieses Parlaments muss man auch die Er-
bnisse und die Erwartungen der Betroffenen an die
olitik aufgreifen.


(Beifall bei der SPD)


ies würde die Debatte nach vorn bringen und vielleicht
uch ermöglichen, gemeinsam einen neuen Anlauf zu
nternehmen. Aus Sicht von Sozialdemokraten, Grünen
nd Linken und aufgrund rechtlicher Erwägungen ist ein
indestlohntarifvertrag natürlich der Königsweg. Wir

kzeptieren aber auch Umwege, sofern diese zielführend
ind. Ich habe Sie so verstanden, dass wir nicht gleich
en direkten Weg gehen, aber vielleicht über das Verfah-
nsrecht ein bis zwei Schritte vorankommen können.
ber auch das Vergaberecht stellt einen Ordnungsrah-
en dar. Es ist nichts anderes als ein Ordnungsrahmen

egen pure Liberalität und die Auffassung: Egal ob Waf-
ngleichheit herrscht und egal wie sich die Gewichte

erschoben haben, das sollen die Tarifparteien allein
usmachen. Was ist denn Vergaberecht anderes als Aus-
ruck einer besonderen Verantwortung, die man wahr-
immt, indem man öffentliche Aufträge und öffentliche
eistungen mit einem öffentlichen Bildungsauftrag ver-
indet?


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Wo ist denn Ihr konkreter Vorschlag?)


umindest diese beiden Punkte wollte ich Ihnen noch sa-
en.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708810500

Herr Kollege Rossmann, darf ich Sie unterbrechen? –

er Kollege Schiewerling möchte Ihnen gern eine Zwi-
chenfrage stellen.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1708810600

Das darf er; das kann er gern tun.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708810700

Bitte schön.






(A) )


)(B)


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1708810800

Herr Kollege Rossmann, sind Sie bereit, zur Kenntnis

zu nehmen, dass wir diese Debatte im Deutschen Bun-
destag nur führen, weil es einen Antrag der SPD aus
grauer Vorzeit gibt, über den irgendwann einmal disku-
tiert werden muss, dass aber längst fraktionsübergreifend
Übereinstimmung besteht, dass wir eine Regelung für
die Weiterbildungsbranche brauchen? Es gibt überhaupt
keinen Dissens zwischen FDP und CDU/CSU in dieser
Frage, sondern lediglich über den Weg.

Sind Sie auch bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass
wir Schwierigkeiten haben, dies zu regeln, nicht weil wir
nicht regeln wollen, sondern weil das europäische Recht
uns durch die Ausschreibungsverordnungen dazu
zwingt, Wege zu finden, die den europäischen Vorgaben
gerecht werden, und dass es ein Problem ist, eine sach-
gerechte Lösung zu finden?

Sind Sie des Weiteren bereit, zur Kenntnis zu neh-
men, dass kein einziger Redner grundsätzlich eine Rege-
lung ablehnt?


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1708810900

Das Letztere wollen wir anhand der Ergebnisse be-

werten. Wir werben bzw. kämpfen dafür, dass es zu Er-
gebnissen kommt.

Mit Blick auf das Rüffert-Urteil stelle ich fest, dass
nicht nur auf Länder-, sondern auch auf Bundesebene
wahrgenommen wird, dass dieses Urteil des Europäi-
schen Gerichtshofs nicht zu allgemeinem Stillstand in
Bezug auf das öffentliche Vergaberecht führen darf, son-
dern dass es aufgrund von Tariftreue und Qualifizierung
der Vergaben auch Chancen eröffnet. Das registrieren
wir sehr wohl.

Die von Ihnen angesprochene Übereinstimmung
muss sich in Verbesserungen niederschlagen. Man sollte
auch denen danken, die für Verbesserungen streiten und
werben.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Herr Vogel war das nicht!)


Ich finde, dass wir Parlamentarier die Pflicht haben, an-
zuerkennen und zu betonen, dass es Verdi und der GEW
geschuldet ist, dass dieses Thema immer wieder auf die
Tagesordnung kommt. Bei einer Tagung war auch der
Kollege Schummer anwesend.


(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Zum Vergaberecht, ja!)


Er war ganz erstaunt, dass das noch nicht geregelt ist,
und hat gesagt, dass eine entsprechende Regelung kom-
men müsse. Dass dieses Thema immer wieder auf die
Tagesordnung kommt, ist den engagierten Mitarbeitern
und auch manchen Arbeitgebern wie dem Bundesver-
band der Träger beruflicher Bildung zu verdanken. Das
wollte ich in meinen Schlussworten zum Ausdruck brin-
gen.

In diesem Geist kommt man weiter, im liberalen Un-
geist bleibt man stehen.

Danke.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussmpfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu em Antrag der Fraktion der SPD mit dem Titel „Minestlohn für die Weiterbildungsbranche“. Der Ausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 17/3733, den Antrag der Fraktion der SPD auf rucksache 17/3173 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposionsfraktionen angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Katja Dörner, Ingrid Hönlinger, Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Gemeinsames elterliches Sorgerecht für nicht miteinander verheiratete Eltern – Drucksache 17/3219 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wierspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rederin das Wort der Kollegin Katja Dörner von ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! iebe Kollegen! Die Justizministerin hat einen Komproissvorschlag zur Neugestaltung des Sorgerechts bei icht miteinander verheirateten Eltern vorgelegt. Dieser ompromissvorschlag kommt ein halbes Jahr nach dem rteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem es den iskriminierenden Zustand, dass unverheiratete Väter r das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind zwingend uf die Zustimmung der Mutter angewiesen sind, endch beendet hat. Dieser Kompromissvorschlag kommt ehr als ein Jahr nach dem entsprechenden Urteil des uropäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Ich uss sagen: Er kommt für viele betroffene Väter und inder leider viele Jahre zu spät. as ist ein erster Kompromissvorschlag. Dabei hat die inisterin schon im Sommer angekündigt, zeitnah, dikt nach der Sommerpause, einen entsprechenden Ge etzentwurf vorzulegen. Wir haben ihn immer noch nicht esehen. Leider zeigt sich wieder einmal, dass sich die oalition auch bei so einem Thema auf nichts Vernünfties einigen kann. Katja Dörner )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708811000
Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1708811100

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –
Andrea Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: Falsch!
Das stimmt doch gar nicht!)

Ich sage hier ganz klar: Wir Grünen finden diesen
Kompromissvorschlag der Ministerin vernünftig und
gut. – An dieser Stelle könnte die FDP ruhig einmal ap-
plaudieren, aber vielleicht können Sie den Vorschlag Ih-
rer Ministerin ja noch nicht richtig einschätzen.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Stephan Thomae [FDP]: Ich wollte Sie nicht unterbrechen!)


Unsere Einschätzung wird Sie nicht verwundern.
Schließlich haben wir den Antrag, über den wir heute
hier beraten, schon im Herbst vorgelegt, der in den Eck-
punkten dem Vorschlag der Ministerin weitgehend ent-
spricht.

In unserem Modell steht das Kindeswohl ganz klar im
Mittelpunkt. Aus der Perspektive des Kindes gibt es kei-
nen Grund, verheiratete und unverheiratete Eltern beim
Sorgerecht grundsätzlich unterschiedlich zu behandeln.
Den Kindern ist der Trauschein ihrer Eltern im Allge-
meinen herzlich egal. Wir gehen davon aus, dass das ge-
meinsame Sorgerecht dem Kindeswohl in der Regel am
meisten entspricht. Deshalb wollen wir einen einfachen
und niedrigschwelligen Weg zum gemeinsamen Sorge-
recht auch für unverheiratete Eltern. Ich möchte diesen
Weg ganz kurz skizzieren. Die Väter sollen nach unse-
rem Modell ab der Vaterschaftsanerkennung einen An-
trag auf gemeinsames Sorgerecht stellen können. Wenn
die Mutter diesem Antrag innerhalb einer Frist von acht
Wochen – diese Frist zieht auch die Ministerin in Erwä-
gung – nicht widerspricht, wird dem Antrag des Vaters
stattgegeben. Wenn die Mutter dem Antrag widerspricht,
kann der Vater das gemeinsame Sorgerecht beim Fami-
liengericht beantragen. Diesem Antrag soll stattgegeben
werden, wenn das gemeinsame Sorgerecht dem Kindes-
wohl nicht widerspricht. Die Formulierung „nicht wider-
spricht“ ist aus unserer Sicht besonders wichtig, weil
dieser Prüfauftrag signalisiert, dass es das gemeinsame
Sorgerecht in der Regel auch bei diesen Elternkonstella-
tionen geben soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dieses Modell wird aus unserer Sicht den Kindern ge-
recht; denn die Kinder haben ein Recht auf beide Eltern.
Das sollte auch im Sorgerecht seinen Ausdruck finden.
Das Modell wird den Vätern gerecht, die dann auf einem
einfachen Weg das Sorgerecht bekommen können. Es
wird auch den Müttern gerecht, die Bedenkzeit haben
und deren Vorbehalte im Zweifelsfall geprüft werden.

Jetzt ist es an der Union: Beenden Sie endlich Ihre
Blockadehaltung. Wir brauchen eine Lösung, von der
vor allem die Kinder profitieren. Dass es der Union und
vor allem der CSU tatsächlich immer um die beste Lö-
sung für die Kinder geht,


(Caren Marks [SPD]: Das wäre ganz was Neues!)


müssen wir leider bezweifeln. Ich erinnere mich daran,
dass unsere Kollegin Dorothee Bär – sie ist leider heute

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(C (D icht anwesend – im August letzten Jahres anlässlich des eschlusses des Bundesverfassungsgerichts darauf veriesen hat, das alles sei ein bisschen bedenklich, chließlich werde die Institution Ehe dadurch gechwächt, sie habe ja dann keine anderen Vorteile mehr ls das Ehegattensplitting und das könne doch nicht sein. Ich finde, das darf in dieser Diskussion nicht im Fous stehen. Ich wünsche mir für die Debatten zum Sorerecht, die wir in den nächsten Monaten sicherlich noch äufiger führen werden, dass wir davon wegkommen, ns an der Art des Zusammenlebens oder Nichtzusamenlebens von Eltern zu orientieren, und uns tatsächlich arauf konzentrieren, die beste Lösung für die betroffeen Kinder zu finden. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708811200

Das Wort hat die Kollegin Ute Granold von der CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1708811300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

ibt weder eine Blockadehaltung der CDU/CSU noch
aben wir Probleme mit der FDP. Es geht uns darum, in
iner so wichtigen Frage eine Lösung zu finden, die den
teressen der Kinder gerecht wird, und zwar nur der
inder, nicht der Mütter, nicht der Väter.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir sind auf einem guten Weg. Ich gehe davon aus, dass
ir in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen können.

Da meine Redezeit heute ausreichend bemessen ist,
öchte ich kurz ausführen. Es geht um die gemeinsame

lterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern.
s geht nicht um die Alleinsorge – sie ist im Gesetz ge-
gelt –, es geht auch nicht um eine partielle Sorge
etwa Aufenthaltsbestimmungsrecht, Vermögens- und
esundheitssorge –, sondern es geht um das Thema, das
h eingangs genannt habe. Das ist ein sehr sensibler Be-
ich. Ich wäre sehr dankbar und froh, wenn wir alle

achlich und am Interesse des Kindes orientiert darüber
iskutieren könnten.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und
as Bundesverfassungsgericht haben – das wurde bereits
rörtert – im Dezember 2009 bzw. im Sommer 2010 ent-
chieden, dass die derzeitige Regelung in Deutschland,
onach die Väter keine Möglichkeit haben, gegen den
illen der Mutter eine Mitsorge zu erhalten, verfas-

ungswidrig ist und eine neue Regelung vom Gesetzge-
er geschaffen werden muss. Genau daran arbeiten wir
erade.

Das Bundesjustizministerium hat ein Gutachten über
ie Situation und die Lebenslage der sogenannten nicht-





Ute Granold


(A) )


)(B)

ehelichen Eltern und deren Kinder in Deutschland einge-
holt. Viele Zahlen sind schon bekannt. Wir haben uns
auf diese Situation einzustellen – hier haben wir alle ei-
nen Lernprozess vor uns – und entsprechend darauf zu
reagieren.

Wir haben 1998 durch die Kindschaftsrechtsreform
die Möglichkeit geschaffen, dass eine gemeinsame elter-
liche Sorge nach einer Scheidung bestehen bleibt; dies
ist der Regelfall. Wir haben auch die gemeinsame elterli-
che Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern für den
Fall geregelt, dass die Mutter dem zustimmt. Nun wird
reklamiert, dass die Mitsorge nur mit Zustimmung der
Mutter erfolgen kann.

Laut Gutachten ist die Situation mittlerweile so, dass
bei jedem zweiten nichtehelich geborenen Kind eine ge-
meinsame elterliche Sorge besteht. Bei 50 Prozent dieser
Kinder besteht also keine gemeinsame elterliche Sorge.
Genau an diesem Punkt müssen wir ansetzen. Wir müs-
sen zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Kinder
nichtehelich geboren werden. Im Durchschnitt sind dies
in Deutschland ein Drittel der Kinder; in den neuen Bun-
desländern sind es sogar mehr als 50 Prozent. Wir müs-
sen beachten, dass die Väter, Gott sei Dank, inzwischen
sehr engagiert sind bezüglich ihrer Kinder und der Sorge
um die Familie; dies umfasst auch die emotionale Sorge,
die Zeit für die Familie und vieles andere mehr.


(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kann aber noch besser werden!)


Darauf reagieren wir. Dabei wollen wir die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts, aber auch des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte beachten.

Maßstab ist danach das Kindeswohl. Die gemeinsame
elterliche Sorge – da sind wir einer Meinung – entspricht
in der Regel dem Kindeswohl. Ein Kind braucht Mutter
und Vater zu einer gedeihlichen Entwicklung. Ich denke,
da besteht Konsens in diesem Haus. Die Gerichte haben
ausdrücklich auch gesagt, dass für die Möglichkeit des
Vaters, zu einer gemeinsamen Sorge zu kommen, nicht
zu hohe Hürden bestehen dürfen; das muss niedrig-
schwellig sein. Die Grünen haben übrigens bereits in der
letzten Wahlperiode einen Antrag zu diesem Thema ge-
stellt.


(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als einzige Fraktion!)


Den haben wir auch debattiert, im Juli 2009. Damals hat-
ten wir noch keine neuen Erhebungen.

Sie präferierten damals im Gegensatz zu heute ein
Antragsmodell – heute ist es ein Widerspruchsmodell –,
und Sie haben den Antrag an materielle Voraussetzungen
geknüpft, beispielsweise Erfüllung der Unterhaltspflicht,
Umgang usw. Das ist weit mehr als das, was das Bundes-
verfassungsgericht gefordert hat. Insofern würde es dem
Urteil nicht genügen und wäre heute nicht umsetzbar.


(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben es weiterentwickelt!)


Sie haben Ihren Antrag nun weiterentwickelt – wenn
Sie mir zuhören, werden Sie feststellen, dass ich es weiß;

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(C (D h habe es gelesen – und Eckpunkte vorgelegt. Allerings wäre bei den Eckpunkten das eine oder andere achzufragen, beispielsweise zu den Fristen. Was die erfahrenshemmung angeht – sechs Wochen vor der Geurt und acht Wochen nach der Geburt –, so wissen wir icht, wie das zu werten ist; darüber müssten wir noch inmal nachdenken. Eine weitere Voraussetzung ist – das ist der Punkt, der r uns nicht akzeptabel ist –, dass zusätzlich zu den risten, die eingehalten werden müssen, auch noch – kuulativ! – obligatorisch eine Überprüfung des Kindesohls durch das Jugendamt durchgeführt werden soll, enn die gemeinsame Sorge durch Schweigen zustande ommt. Das ist für uns nicht hinnehmbar. (Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht gar nicht in unserem Antrag!)


ie Stellung des Jugendamtes in diesem Verfahren ist
ns zu stark. Wir möchten in der Tat eine niedrigschwel-
ge Regelung zugunsten der Väter. Darüber hinaus wi-
erspricht diese Überprüfung des Kindeswohls durch
as Jugendamt dem, was uns der Gesetzgeber mit auf
en Weg gegeben hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsge-
chts – insofern muss ich dem Einwand, Frau Kollegin,
ass wir so lange brauchen, widersprechen – besteht
chon heute die Möglichkeit, sofort eine gerichtliche
ntscheidung herbeizuführen. Das sollte man der Voll-
tändigkeit halber auch sagen. Ich selbst führe derzeit ei-
ige Verfahren für Väter vor Gericht. Diese wollen eine
ntscheidung. Das ist möglich. Die Gerichte nehmen
re Anträge an, und sie werden auch bearbeitet. Inso-
rn gibt es keinerlei Rechtsnachteile für die Väter, die

chon heute eine gerichtliche Entscheidung wollen.

Sie haben in Ihrem Antrag weitere Punkte genannt,
ie teilweise nicht nachvollziehbar sind. So fordern Sie
ie Möglichkeit der alleinigen elterlichen Sorge im Kon-
iktfall. Bereits heute ist in § 1671 BGB geregelt, dass
der Elternteil bei gemeinsamer elterliche Sorge im
alle des Getrenntlebens beantragen kann, dass ihm das
amiliengericht die elterliche Sorge allein überträgt.

Darüber hinaus fordern Sie, dass bei getrennt leben-
en Eltern und der alleinigen elterlichen Sorge der Mut-
r auch dem Vater die Möglichkeit gegeben sein muss,
ie Alleinsorge zu erhalten. Das ist natürlich zwangsläu-
g der Fall, wenn wir das Gesetz so, wie es von uns an-
edacht ist, auch ändern. Insofern sind diese Forderun-
en selbstverständlich.

Eine kostenlose Kinderbetreuung von Geburt an wäre
Deutschhand wünschenswert, wenn sie finanzierbar
äre. Wir müssten noch einmal darüber reden, inwie-
eit die Länder diesbezüglich belastet werden. Diese
orderung ist schwierig, und wir können sie an anderer
telle diskutieren. Sie haben sie in Ihrem Antrag aufge-
hrt, und das hört sich alles gut an, aber es ist einfach

icht realisierbar.


(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steht auch nicht im Antrag drin! – Ute Granold )





(A) )

Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Sie können sich zumindest Anregungen
holen!)

Sie müssten auch darstellen, wie es bezahlt werden
könnte.

Da wir uns bei unserem Gesetzesvorhaben ausdrück-
lich am Kindeswohl orientieren, möchte ich an dieser
Stelle sagen, dass uns die Gleichstellung von ehelichen
und nichtehelichen Kindern sehr wichtig ist. Die Kinder
werden in eine Situation hineingeboren, für die sie nichts
können. Es ist, wie es ist. Wir haben dokumentiert, dass
es uns damit sehr ernst ist.

Als wir damals die Unterhaltsrechtsreform nach lan-
gen Beratungen auf den Weg gebracht haben, war uns
das Kindeswohl ganz wichtig. Deshalb sind alle Kinder
bei den Rangverhältnissen, also bei der Realisierung der
Unterhaltsansprüche in Mangelfällen, im ersten Rang
gleichgestellt. Auch hinsichtlich der Betreuung werden
die nichtehelichen und ehelichen Mütter gleichgestellt.
Denn wir haben das Kind im Fokus. Wir haben also do-
kumentiert, dass das ein sehr wichtiges Argument für
uns ist.

Wir sagen auch: Der Vater hat ebenso wie die Mutter
ein natürliches Elternrecht, und dem Vater muss niedrig-
schwellig die Möglichkeit eingeräumt werden, die Mit-
sorge zu erhalten, sofern dem nicht gravierende, schwer-
wiegende Gründe entgegenstehen. Deshalb sollte die
gemeinsame elterliche Sorge auch der Regelfall sein.

Da wir uns mit unserem Koalitionspartner zurzeit
noch in der Abstimmung darüber befinden, mit welchem
Verfahren dem Vater die Möglichkeit der Mitsorge ein-
zuräumen ist, möchte ich zum materiellen Recht, das
meines Erachtens viel wichtiger ist, doch noch einige
kurze Ausführungen machen.

Die gemeinsame elterliche Sorge ist der Regelfall.
Das ist die Prämisse. Der Vater erhält mit der Mutter das
gemeinsame Sorgerecht, wenn dieses nicht ausnahms-
weise dem Kindeswohl widerspricht. Insofern ist das
Verfahren, wie der Vater an das Sorgerecht kommt,
nachrangig. Es ist festzulegen, aber es ist nachrangig.
Denn wir sagen, dass die gemeinsame elterliche Sorge
der Regelfall ist.

Wenn die Mutter weiß, dass die gemeinsame elterli-
che Sorge der Regelfall ist, wird sie sich sehr wohl über-
legen, ob sie den Gang zum Gericht erzwingt oder ob sie
sich bei Anerkennung bzw. Feststellung der Vaterschaft
und entsprechender Erklärung des Vaters von vornherein
mit der gemeinsamen elterlichen Sorge einverstanden er-
klärt. Davon sollte man ausgehen. Wenn das nicht der
Fall ist, müssen die Gerichte die erforderlichen Entschei-
dungen treffen.

In den Fällen, in denen die Mutter widerspricht, also
nicht mit der gemeinsamen Sorge einverstanden ist, lie-
gen Spannungen vor. Das eine oder andere Modell von
Ihnen sieht Folgendes vor: Wenn die Mutter nicht rea-
giert, kommt es automatisch zur gemeinsamen Sorge. –
Das wäre nicht der richtige Weg. Wenn die Mutter nicht
reagiert bzw. wenn sie widerspricht, dann soll es ein

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(C (D iedrigschwelliges Verfahren bei Gericht geben. Damit oll dem Vater die Möglichkeit gegeben werden, recht chnell eine inhaltliche Prüfung vornehmen zu lassen. Ich möchte Ihnen das Modell der Union, unser sogeanntes Optionsmodell, vorstellen. Wir wollen dem Var, wie es schon heute aufgrund der Entscheidung des undesverfassungsgerichts möglich ist, das Recht einumen, sofort nach Geburt des Kindes bei Gericht einen ntrag auf gemeinsame elterliche Sorge zu stellen, wenn r von vornherein weiß, dass die Mutter einer Mitsorge icht zustimmen wird. Der Vater soll dieses Recht chnell erhalten, weil gerade in der frühen Phase nach er Geburt wesentliche Entscheidungen für das Kind geoffen werden. Der Vater soll hier die Möglichkeit eralten können, mitzureden. Begleitend soll die Möglicheit eines Eilverfahrens eingeräumt werden, damit der ater sehr schnell eine Entscheidung des Gerichts erhält, ofern dies bei Fragen des Namensrechts, der Taufe oder ar einer Operation des Kindes notwendig erscheint. In anderen Fällen soll der Vater zunächst einmal einen ntrag beim Jugendamt stellen. Das Jugendamt wird en Antrag der Mutter zustellen. Es wird eine Karenzzeit ingeräumt, bevor die Mutter über den Wunsch des Vars nach Mitsorge entscheiden soll. Wir prüfen noch, ie lang diese Karenzzeit sein soll. Danach soll die öglichkeit gegeben werden, dass man miteinander pricht, um eine gerichtliche Auseinandersetzung mögchst zu vermeiden. Die Alternative könnte ein Mediaonsverfahren sein, wohl wissend, dass diese Verfahren ine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Es geht hier aber m den familiären Bereich; deswegen ist es uns wichtig, ass man das Gericht nur dann einschaltet, wenn kein nderer Weg bleibt. Frau Kollegin Granold, Frau Kollegin Dörner würde nen gerne eine Zwischenfrage stellen. Ja. Bitte schön. Sehr geehrte Frau Kollegin, vielen Dank für die Mög chkeit, eine Zwischenfrage zu stellen. – Sie haben, wie ie gesagt haben, unseren Antrag sehr genau gelesen. Ist nen dabei aufgefallen, dass wir mitnichten die Vorstelng haben, dass in jedem Einzelfall eine Prüfung durch as Jugendamt erfolgen soll, inwiefern das Kindeswohl eeinträchtigt sein könnte? Uns geht es darum, dass das ugendamt im Verfahren Kenntnis davon gibt, wenn es rkenntnisse über eine offensichtliche Kindeswohlgehrdung durch den Vater hat. Ist Ihnen aufgefallen, dass wir zwar einen Rechtsanpruch auf ganztägige Kindertagesbetreuung einfordern, ir aber in unserem Antrag mitnichten fordern, dass iese kostenlos erfolgen soll? Katja Dörner )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708811400
Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1708811500
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708811600
Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1708811700




(A) )

Sie haben gerade gesagt, dass der Vater im Prinzip
doch in jedem Einzelfall zum Familiengericht gehen
muss. Inwiefern steht das im Einklang mit Ihrer vorheri-
gen Aussage, dass Sie ein niedrigschwelliges Verfahren
entwickeln wollen?


(Zuruf von der CDU/CSU: Das eine schließt das andere nicht aus!)



Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1708811800

Zu Ihrer Frage zum Verfahren. Das Optionsmodell

sieht zwei Möglichkeiten vor:

Erstens. Der Vater kann nach der Geburt des Kindes
direkt zum Gericht gehen und eine gerichtliche Entschei-
dung herbeiführen, wenn er davon ausgeht, dass er eine
Zustimmung der Mutter nie erhalten wird. So kommt es
schnell zu einer gerichtlichen Entscheidung. Dabei sollte
man jedoch auf Fristen achten: Wir sehen eine Karenz-
zeit vor, während sich die Mutter im Mutterschutz befin-
det. Auch Ihr Antrag sieht Fristen vor. Die FDP will das
ebenfalls. Die Frage ist nur, wie lang diese Fristen sein
sollen.

Zweitens. Der Vater kann einen Antrag beim Jugend-
amt stellen. Der Antrag des Vaters wird der Mutter zuge-
stellt. Die Frage ist, in welcher Zeit die Mutter auf den
Antrag reagieren muss. Die Frage ist auch, was passiert,
wenn die Mutter schweigt. Schweigen bedeutet nach
dem Modell der Union, dass der Vater eine gerichtliche
Entscheidung herbeiführen soll. Es wäre uns natürlich
sehr recht, wenn in diesem Fall die Möglichkeit be-
stünde, mit der Mutter zu sprechen, um eine Lösung für
eine gemeinsame Sorge zu finden – unter Mitteilung der
Voraussetzungen dafür. Dann wäre eine gerichtliche Ent-
scheidung nicht erforderlich.

Beide Wege sollen offenstehen. Damit wird dem Va-
ter der Weg zur Mitsorge geebnet, entsprechend den Vor-
gaben der von mir genannten Gerichte, die beide einen
niedrigschwelligen Zugang zur Mitsorge vorsehen.

Was die Kinderbetreuung angeht, so möchten wir na-
türlich gerne sicherstellen, dass die Kinder eine Betreu-
ung haben – von der Krippe bis zum Hort –, die finan-
zierbar bzw. beitragsfrei gestellt ist. Aber das belastet die
Kommunen und die Länder. Einen Rechtsanspruch ab
der Geburt zu gewährleisten – wenn Sie das meinen –,
ist derzeit nicht darstellbar; das wäre sehr schwierig.
Aber darüber möchte ich nicht weiter philosophieren,
weil es heute in Ihrem Antrag nicht darum, sondern um
die gemeinsame Sorge geht, die, wie auch Sie sagen,
zügig, aber ordentlich auf den Weg gebracht werden
sollte. – Ich hoffe, ich habe Ihre Fragen damit beantwor-
tet.

Zusammenfassend kann ich sagen – ich war ja schon
nahezu am Ende meiner Rede –: Unser Anliegen ist, eine
niedrigschwellige Möglichkeit zu schaffen und in das
Gesetz aufzunehmen, sodass die Väter, die sich um die
Sorge für ihre Kinder bemühen, und zwar um die volle
Verantwortung im Rahmen der elterlichen Mitsorge, sehr
schnell und niedrigschwellig die Mitsorge bekommen
können, entweder außergerichtlich, was uns das Liebste
wäre, oder gerichtlich. Es kann nicht sein, dass ein Vater

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(C (D ei Gericht sehr viel vortragen muss, um zu dokumentien, dass es richtig ist, ihm die Möglichkeit zu geben, die orge zu begleiten. Wir gehen davon aus: Der Regelfall t, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindesohl entspricht. Alles andere müsste dezidiert vorgetraen werden. Ich möchte nicht – das ganz zum Schluss –, dass den ugendämtern die Möglichkeit eingeräumt wird, bei Gecht eine Gefährdung des Kindeswohls vorzutragen, eil eine negative Stellungnahme eines Jugendamtes – a spreche ich aus 30 Jahren Erfahrung als Scheidungsnwältin – bei Gericht nur sehr schwer auszuräumen ist. h meine, eine so wichtige Entscheidung sollte, wenn ie Eltern kein Einvernehmen erzielen, das Gericht vorrteilsfrei treffen können. Eine starke Stellung der Juendämter sehen wir nicht als den richtigen Weg an. Ich bedanke mich bereits jetzt dafür, dass wir in der age sind, über dieses Thema sehr sachlich zu sprechen nd einen Weg zu finden. Wir gehen davon aus, dass wir uch die gesetzliche Regelung in Kürze auf den Weg ringen können. Nochmals: Rechtsnachteile gibt es für einen Vater, weil seit der Entscheidung des Bundesverssungsgerichts im letzten Jahr jeder Vater die Möglich eit hat – davon wird auch Gebrauch gemacht –, eine gechtliche Entscheidung herbeizuführen, um zu seinem echt zu kommen. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt die Kollegin Christine Lambrecht on der SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es t eine sehr schwierige Materie, die wir da neu zu regeln aben; das ist mir heute bei diesen ersten Debattenbeiträen wieder aufgefallen. An die oberste Stelle müssen wir etzen, dass die Neuregelung, die wir treffen, für die Beoffenen – nicht für uns Fachleute, sondern für die Beoffenen – verständlich und transparent ist, sodass sie issen, was auf sie zukommt, und dann auch zügig umesetzt werden kann. Ich glaube, wir alle sollten uns für ie anstehenden Beratungen vornehmen, eine Regelung u treffen, die gewährleistet, dass sich diejenigen, die in ieser Situation sind, nicht erst kundig machen müssen beim Jugendamt, beim Amtsgericht hier, beim Famiengericht da –, sondern das Prozedere auch von einem aien, der betroffen ist – von einem Vater, von einer utter –, nachvollzogen werden kann. Es ist ausgeführt worden: Sowohl vom Europäischen erichtshof als auch vom Bundesverfassungsgericht ind wir aufgefordert worden, hier eine Neuregelung zu effen. Hintergrund ist natürlich, dass es gesellschaftlihe Veränderungen gegeben hat, dass die Zeit nicht mehr o ist, wie sie vor 1998 oder bei der Kindschaftsrechtsform 1998 war. Die Welt hat sich verändert, und damit Christine Lambrecht )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708811900

(Beifall bei der SPD)

Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1708812000




(A) )

sind auch gesellschaftliche Veränderungen einhergegan-
gen.

Beziehungen sind heute ganz anders aufgestellt als
vor 20, 30 Jahren. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit
von Veränderungen. Wir haben uns an dieser Stelle mit
der Neuregelung der elterlichen Sorge zu beschäftigen.
Vom Bundesverfassungsgericht ist für die Zeit, bis eine
Neuregelung in Kraft getreten ist, die Möglichkeit der
sogenannten Antragslösung eröffnet worden. Das heißt,
Väter, denen bisher das gemeinsame Sorgerecht verwei-
gert wurde, haben jetzt die Möglichkeit, entgegen der
früheren Rechtslage wenigstens dafür zu kämpfen, dass
auch ihnen die elterliche Sorge übertragen wird. Wir ha-
ben uns jetzt zu fragen: Wie können wir diese Aufgabe
lösen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Wir könnten die
Regelung treffen, dass für alle Paare, die nicht miteinan-
der verheiratet sind und ein gemeinsames Kind haben,
egal in welcher Konstellation sie sich befinden, generell
die gemeinsame elterliche Sorge gilt. Das könnte man
machen. Ich persönlich muss aber sagen: Ich glaube, das
würde einige Probleme aufwerfen, weil dann nicht im-
mer gewährleistet wäre, dass das tatsächlich zum Wohle
des Kindes ist. Das Wohl des Kindes muss aber die
Voraussetzung sein. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist,
dass Eltern quasi zwangsweise ein gemeinsames Sorge-
recht ausüben, wenn sie keinen Kontakt mehr miteinan-
der haben, vielleicht auch nicht mehr miteinander haben
wollen.


(Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Ich finde, „gemeinsam“ bedeutet auch, dass man sich
verständigen kann. Wie gesagt, das sind alles so Facet-
ten, die wir zu beleuchten haben.

Was die Antragslösung angeht, so muss man, glaube
ich, noch einmal differenzieren. All die Paare, die ein
gemeinsames Kind haben und sich verstehen, haben un-
abhängig davon, ob sie zusammenleben oder nicht,
schon jetzt die Möglichkeit, ohne Jugendamt, ohne Fa-
miliengericht, ohne die Zustimmung von irgendwem zu
entscheiden, wie sie das ausgestalten möchten. Sie haben
nach der Vaterschaftsanerkennung die Möglichkeit, zu
sagen: „Jawohl, wir wollen ein gemeinsames Sorge-
recht“, und erklären dieses nur. Da muss niemand mehr
entscheiden. Es liegt in ihren Händen.

Wir sollten in diesem Gesetzgebungsverfahren auf je-
den Fall dafür sorgen, dass dieser Weg viel häufiger be-
schritten wird, dass die Menschen diese Verantwortung
auch annehmen. Wenn ein Kind geboren wird, dann sol-
len sie sich bitte schön auch Gedanken darüber machen,
wie dieses Sorgerecht ausgestaltet werden soll, wer das
wirklich übernehmen soll. Da müssen ja zahlreiche Fra-
gen beantwortet werden, teilweise auch ganz schnell,
etwa wenn Operationen anstehen. Es gibt aber auch an-
dere Fragen, die sehr schwierig sind, etwa Religions-
zugehörigkeit, medikamentöse Behandlung usw. Eltern
sollen sich durchaus bewusst sein, was das Sorgerecht
bedeutet. Deswegen wäre ich auf jeden Fall dafür, dass
Eltern verpflichtet werden, eine Erklärung abzugeben.

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(C (D ie diese aussieht, ist ihre Sache. Aber sie sollten weigstens sagen, ob sie sich einig sind oder nicht. Zuvor üssen sie sich wenigstens einmal Gedanken darüber achen. Ich erhalte sehr viele Schreiben zu dieser Fragestelng. Die einen wollen es so geregelt haben, die anderen o. Wenn ich mich mit manchen unterhalte und sie frage, arum sie das eigentlich nicht geregelt haben, als sie ich noch verstanden haben, dann sagen sie mir: Darüber aben wir uns gar keine Gedanken gemacht. – Ich sage: as darf nicht weiter so sein. Paare sollen sich, wenn sie in Kind bekommen, wenn sie Eltern werden, mit dieser ragestellung auseinandersetzen und entscheiden. Wenn ie sich dann nicht einigen können, dann muss ein Verhren zur Verfügung stehen, in dem das Ganze dann gegelt wird. Aber Paare sollten sich bitte schön häufiger elbst einigen und Eigenverantwortung übernehmen und icht darauf warten, dass jemand vom Jugendamt oder om Familiengericht diese Frage regelt. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Zwischen diesen beiden Polen, der Antragslösung auf
er einen und der elterlichen Sorge als Regel auf der an-
eren Seite, wird es sicherlich in irgendeiner Weise eine
usgestaltung geben. Ich möchte nicht verhehlen, dass

s bei uns in der SPD-Fraktion unterschiedliche Positio-
en dazu gibt. Da gibt es die Rechtspolitiker, die sagen,
ie könnten mit einer Antragslösung sehr gut leben. Das
eißt, der Vater hat die Möglichkeit, einen Antrag auf
emeinsame Sorge zu stellen, wenn die Mutter dem zu-
or nicht zugestimmt hat. Dann hat auf der ersten Stufe
as Jugendamt zu entscheiden, und dann kann es weiter
um Amtsgericht gehen.

Es gibt bei uns aber auch andere Vorstellungen, nach
enen ein gemeinsames Sorgerecht beispielsweise an die
oraussetzung des Zusammenlebens geknüpft werden
oll. Das ist eine Position, die man sicher einmal zu prü-
n hat. Sie bringt meiner Einschätzung nach auch recht-
che Probleme mit sich; denn wann ein Zusammenleben
orliegt, ist sicherlich nicht so einfach zu definieren. Fal-
n auch Wochenendbeziehungen darunter? Ist das tat-

ächlich ein rechtlich bestimmter Begriff?

Sie sehen, es gibt eine Bandbreite. Deswegen sollten
ir uns jetzt endlich dringend und schnell auf den Weg
achen. Das Bundesverfassungsgericht hat uns hier

uasi eine Notlösung vorgegeben. Ich glaube, es kann
icht sein, dass wir in dieser Situation einfach so weiter-
achen, weil wir es als Gesetzgeber nicht hinbekom-
en, eigenständig eine Lösung zu schaffen. Ich bin auch

ehr optimistisch, dass wir eine Lösung finden werden;
enn wir haben im Familienrecht bisher sehr konstruktiv
nd ohne parteipolitische Scheuklappen zusammengear-
eitet. Das wird sicherlich auch in diesem Fall wieder
elingen.

Ich darf jedoch insbesondere Sie von der Regierungs-
oalition und auch Sie aus dem BMJ, Herr Stadler, auf-
rdern, da bitte nicht länger zu zögern. Ich habe das in
aushaltsreden schon mehrfach angesprochen. Immer
ieder kam: Wir sind dran. Wir machen etwas in Kürze,





Christine Lambrecht


(A) )


)(B)

in Bälde, demnächst. – Jetzt wäre es, glaube ich, so lang-
sam mal an der Zeit, dieses Problem tatsächlich kon-
struktiv anzugehen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708812100

Das Wort hat der Kollege Stephan Thomae von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1708812200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jedes

Kind hat Anspruch auf beide Elternteile. Beide sind ver-
antwortlich für das Kind, sind dem Kind und seinem
Wohl verpflichtet. Umgekehrt ist die Sorge für das Kind
ein originäres Elternrecht. Eltern haben das Recht, für
ihre Kinder zu sorgen, die Sorge innezuhaben, ohne sich
bewähren zu müssen, ohne darum kämpfen zu müssen –
mit einer gravierenden Einschränkung im Bürgerlichen
Gesetzbuch: Dann, wenn der Vater mit der Mutter nicht
verheiratet ist, kann der Vater die gemeinschaftliche
Sorge nur dann erhalten, wenn er entweder die Mutter
heiratet oder aber die Mutter der gemeinschaftlichen
Sorge zustimmt.

Der Vater braucht also mindestens einmal ein Jawort
der Mutter: entweder vor dem Traualtar oder beim Ju-
gendamt. Das ist ein nicht einklagbarer Anspruch. Die-
ses Jawort kann man nach dem BGB nicht vor Gericht
einklagen. Hier hat das Verfassungsgericht mit seiner
Entscheidung vom 21. Juli nun eine kleine Änderung
vorgenommen, zwar nicht mit Blick auf den Traualtar,


(Christine Lambrecht [SPD]: Das wäre ja eine Zwangsheirat!)


aber es muss die Möglichkeit bestehen, einen Antrag auf
Einräumen der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge zu
stellen. Damit gibt es angesichts der momentanen Lage
zwei Probleme.

Das erste Problem ist: Wenn die Mutter nicht zu-
stimmt, herrscht immer gleich Eskalationsstufe rot. Man
muss immer zum Gericht gehen, wenn die Mutter ihr Ja-
wort zur gemeinsamen Sorge nicht gibt. Das Gericht
muss nun ermitteln, was dem Kindeswohl dient. Das ist
oft eine schwierige Frage. In vielen Fällen wird es not-
wendig sein, ein Gutachten eines Kinder- oder Jugend-
psychologen einzuholen. Häufig wird es auch zu eigent-
lich unnötigen Prozessen kommen. Denn was soll ein
Richter sagen, wenn kurz nach der Geburt noch gar
nichts passiert bzw. eingetreten ist, woran er ermessen
kann, ob das Kindeswohl gefährdet ist? Es wird also
ganz oft zu unnötigen Verfahren kommen.

Das zweite Problem ist, dass der Vater taktisch eigent-
lich gut beraten ist, möglichst schnell den Antrag bei Ge-
richt zu stellen; denn je früher er den Antrag stellt, desto
weniger wird sich zugetragen haben, woraus der Richter

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(C (D ann ableiten kann, dass es besser wäre, der Mutter das orgerecht allein zu belassen. (Christine Lambrecht [SPD]: Es geht doch um die Kinder!)


as heißt, es gibt keine Schonfrist für die Mutter. Das ist
as Problem bei der momentanen Situation.

Dieses Problem greifen die Grünen in ihrem Antrag
uf. Deshalb bringe ich diesem Vorschlag auch durchaus
ympathie entgegen. Hier wird nämlich gesagt, dass
an der Mutter eine Bedenkzeit einräumen müsse.
enn der Vater eine Sorgeerklärung abgibt, erhält die
utter zunächst einmal eine Bedenkzeit; sie muss in

ich gehen und überlegen können, ob sie das Sorgerecht
ilen will. Bei diesem Vorschlag gibt es aber auch ei-
ige Probleme, die ich hier nennen möchte.

Ein Problem ist, wie der Vorschlag zu verstehen ist,
ass während des gesetzlichen Mutterschutzes der Lauf
er Achtwochenfrist gehemmt ist. Diese Frist ist dann
ehemmt, wenn die Mutter – so heißt es in Ihrem Antrag –
eine entsprechende Mitteilung macht“. Mir ist nicht
anz klar, wie das zu verstehen ist. Könnte das nicht
azu führen, dass diese Schutzregelung gerade dann ver-
agt, wenn der Schutz am notwendigsten wäre? Eine Ge-
urt, bei der es zu Komplikationen kommt, oder auch
ine Mehrlingsgeburt sind ja zum Beispiel Fälle, bei de-
en die Mutter besonders viele Sorgen hat, sodass sie es
ielleicht vergisst oder unterlässt, die entsprechende
itteilung zu machen. In diesem Fall wäre der Lauf der

rist aber nicht gehemmt. Es wäre also zu überlegen, ob
er besondere Schutz, der durch die Möglichkeit ge-
ährleistet werden soll, den Lauf der Frist zu hemmen,
icht gerade dann zu versagen droht, wenn er besonders
otwendig wäre. Über diesen Vorschlag im Antrag der
rünen müsste man also noch einmal nachdenken.

Der zweite Punkt, der mir auffällt, wurde schon ange-
prochen: Es geht um die Rolle, die Sie in Ihrem Antrag
em Jugendamt zuweisen. In Ihrem Antrag heißt es, dass
as Jugendamt dem Antrag des Vaters dann stattgibt,
enn die Mutter innerhalb der Achtwochenfrist keinen
iderspruch einlegt und – jetzt kommt es – „dem Ju-

endamt keine Erkenntnisse über eine offensichtliche
indeswohlgefährdung durch den Vater vorliegen“. In
einen Augen ist es ein Problem, dem Jugendamt eine

olche Entscheidungsmacht zu geben. Denn wann ist das
indeswohl gefährdet? Wann ist es offensichtlich ge-
hrdet? Wie soll das Jugendamt diese Erkenntnisse er-

alten? Es ist eigentlich nicht die Aufgabe einer Be-
örde, sich solche Erkenntnisse zu verschaffen. Sie hat
uch kaum die Möglichkeiten, darüber zu verhandeln
zw. Parteien oder Sachverständige anzuhören. Das ist
ine originäre Aufgabe der Gerichte. Diesen müsste
iese Aufgabe eigentlich zugewiesen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


s ist nämlich Aufgabe der Gerichte und nicht der Be-
örden, zum Beispiel der Jugendämter, Tatsachen zu er-
itteln und Rechtsfragen zu beantworten.


(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber reden wir auch noch einmal!)






Stephan Thomae


(A) )


)(B)

Der dritte Punkt ist eine mir völlig unverständliche
Regelung; auch über diesen Punkt in Ihrem Antrag müs-
sen wir noch einmal reden. Wenn die Mutter die gemein-
schaftliche Sorge beantragt, dann – so besagt es Ihr An-
trag – kann das Jugendamt dem nur entsprechen, wenn
der Vater innerhalb von acht Wochen zustimmt. Das ver-
stehe ich überhaupt nicht. Was ist, wenn der Vater nun
länger braucht, um seine Zustimmung zu erklären, zum
Beispiel neun oder zwölf Wochen? Wenn er die Zustim-
mung erst nach Ablauf der Achtwochenfrist erteilt, liegt
ja eine gemeinschaftliche Sorgerechtserklärung vor: Die
Mutter will, der Vater will. Braucht der Vater also länger
als acht Wochen, um Ja zu sagen, dann hat er ja trotz-
dem, auch wenn er länger, als von Ihnen vorgesehen, ge-
zögert hat, Ja gesagt, und es liegt eine gemeinschaftliche
Sorgerechtserklärung vor. Warum dann das Jugendamt
dazu noch etwas zu sagen hat und gar das gemeinsame
Sorgerecht versagen kann, verstehe ich nicht.

Das sind die Punkte, die ich an Ihrem Antrag bemän-
gele. Deswegen kann ich ihm nicht zustimmen, auch
wenn ich ihm sonst vieles abgewinnen kann und er mir
in vielen Punkten sehr sympathisch ist. Wir werden
trotzdem den Antrag aufmerksam studieren, weil er viele
wertvolle Ansätze enthält. Ich denke, dass wir deutlich
gemacht haben, weshalb wir diesem Antrag in der jetzi-
gen Form nicht zustimmen können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708812300

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

das Wort der Kollege Jörn Wunderlich von der Fraktion
Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1708812400

Danke schön. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Sorgerecht und Sorgepflicht – das ist ein
hochemotionales Thema, wenn sich die Eltern getrennt
haben. Ich denke, alle, die mit der Thematik befasst wa-
ren, haben Schreiben von Vätern, Müttern, Verbänden,
Interessengemeinschaften, AGs und sonstigen Betroffe-
nen in Deutschland bekommen. Die einen wollen es so,
die anderen wollen es so. In der heutigen Debatte wurde
dazu schon viel gesagt.

Denjenigen, die sich mit dem Sorgerecht nicht so gut
auskennen, möchte ich einen kleinen Einblick geben,
wie es sich überhaupt entwickelt hat, um ein Verständnis
dafür zu bekommen, wieso in Bezug auf das Sorgerecht
für gemeinsame Kinder ein Unterschied zwischen Ehe-
leuten und Nichteheleuten besteht.

Ich gehe weit in die Geschichte zurück. Ich muss alles
in vier Minuten pressen, aber ich versuche es. Nehmen
Sie das BGB vom 1. Januar 1900; ich spreche von Ehe-
leuten. Der Vater war der Patriarch der Familie, er allein
hatte Erziehungsrecht, und er war der gesetzliche Vertre-
ter. Die Mutter hatte nichts zu melden. Sie war für per-
sönliche Zuwendung und Versorgung zuständig. Das hat
sich – das muss man sich vorstellen – durch die Kaiser-

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(C (D eit, die Weimarer Republik, Nazideutschland bis in die onner Republik gehalten. Erst 1953 setzte ein Wandel ein. Die Mutter bekam in Miterziehungsrecht, aber der Vater war nach wie vor esetzlicher Vertreter und hatte das Letztentscheidungscht. Erst 1979, mit Einführung des Gesetzes zur Neugelung des Rechts der elterlichen Sorge, wurde die utter bei der Erziehung gleichberechtigt. Betrachten wir parallel dazu das Scheidungsrecht. Bis 977 galt das Schuldprinzip. Das heißt, wenn Eltern sich cheiden ließen und Kinder vorhanden waren, bekam der ichtschuldige Teil das Sorgerecht für die Kinder. Das urde dann geändert. Es galt nicht mehr das Schuldprin ip, sondern das Zerrüttungsprinzip, aber im Falle einer cheidung wurde im Regelfall nach wie vor nur einem lternteil das Sorgerecht zugesprochen. 1982 hat das undesverfassungsgericht erklärt, dass dies gegen das lternrecht gemäß Art. 6 Abs. 2 GG verstößt. Beiden Elrn steht nach wie vor die elterliche Sorge zu. Das urde letztlich erst 1998, 16 Jahre später, mit dem Kind chaftsrechtsreformgesetz umgesetzt. In den Köpfen der enschen hat sich seither festgesetzt: Wenn Eltern sich cheiden lassen, tragen beide weiterhin die gemeinsame orge für die Kinder. Das hat sich inzwischen manifesert. Bei ledigen Müttern und ledigen Vätern war es ganz nders. Ich gehe noch einmal zurück. 1. Januar 1900: er Vater war noch nicht einmal mit dem Kind verandt. Hintergrund des Ganzen war das gesellschaftli he Bild. Der Sohn aus gutem Hause hatte etwas mit em Kindermädchen oder dem Hausmädchen. Das unheliche Kind, wie es damals hieß – der Makel der Unhelichkeit –, sollte nicht in die Familie des gutbetuchten aters eindringen. Deswegen waren diese Personen per esetz noch nicht einmal verwandt. Auch diese Sichteise hat sich über die verschiedenen Staatsformen bis die Bonner Republik gehalten. Erst 1970 ist das geän ert worden. Hinsichtlich der Verwandtschaft sind wir erade dabei, die letzten Hemmnisse zu beseitigen. Aber inzwischen hat sich die Gesellschaft gewandelt; s ist schon angesprochen worden. Jedes vierte Kind im esten und zwei von drei Kindern in den neuen Bundesndern werden nichtehelich geboren. Nichtehelich ist eute völlig normal in unserer Gesellschaft. Aber die chtlichen Bestimmungen zum Umgangsund Sorgecht wurden dieser Entwicklung nicht angepasst. Da ird unterschieden: Trennen sich Eheleute, behalten eide das Sorgerecht. Trennen sich Nichteheleute, tauhen die hier beschriebenen Probleme auf. Wenn es eine Sorgerechtserklärung gibt, hängt es gegenwärtig om Goodwill der Mutter ab, ob auch der Vater das Sorerecht bekommt. Wenn die Mutter nicht zustimmt, ann der Vater nichts machen. Das hat das Bundesverfassungsgericht kritisiert und ine Übergangsregelung geschaffen. Wir müssen nun seen, wie wir die Rechtslage ändern. Erstens gibt es den eg der Antragslösung; das würde bedeuten, die Regeng ist wie bisher, nur mit einer gerichtlichen Überprüng, wie es auch das Bundesverfassungsgericht in sei er Übergangslösung vorschreibt. Zweitens gibt es die Jörn Wunderlich Möglichkeit der Widerspruchslösung; das heißt, die Mutter widerspricht der Erklärung des Vaters, das Sorgerecht gemeinsam mit der Mutter ausüben zu wollen, und dagegen kann dieser ein gerichtliches Verfahren anstrengen. Drittens gibt es die Möglichkeit der – ich nenne sie einmal so – großen Lösung; danach hätte der Vater von Geburt an durch eine Vaterschaftserklärung gemeinsam mit der Mutter das Sorgerecht; in den anderen Fällen verbliebe das Sorgerecht bei der Mutter, mit der Möglichkeit der Überprüfung in Zweifelsfällen, ob das für das Kindeswohl tatsächlich gut ist, analog § 1671 BGB. Die Positionierung meiner Fraktion in dieser Frage ist ähnlich wie die der SPD noch nicht abgeschlossen. Im Februar werden wir einen Antrag dazu vorlegen. Ich gehe davon aus, dass neben diesem Antrag und dem dann hoffentlich ebenfalls vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung noch weitere Anträge eingehen und wir dann im Ausschuss und in den Berichterstattergesprächen die beste, schönste und praktikabelste Lösung im Sinne unserer Kinder finden werden. Danke schön und schönes Wochenende. (Beifall bei der LINKEN – Stephan Thomae [FDP]: Gleichfalls!)





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Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1708812500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/3219 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 9. Februar 2011, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.