Protokoll:
17055

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 55

  • date_rangeDatum: 8. Juli 2010

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:10 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/55 Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Marina Schuster, Pascal Kober, Serkan Tören, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Religionsfreiheit weltweit schützen (Drucksache 17/2334) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Men- schenrecht auf Religions- und Glau- bensfreiheit stärken (Drucksache 17/2424) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Ulrich Kelber, Ingrid Arndt-Brauer, Sabine Bätzing- Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Brennelemente- steuer – Windfall Profits der Atomwirt- schaft abschöpfen (Drucksache 17/2410) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Lisa Paus, Bärbel Höhn, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Atomkosten anlasten – Brennelementesteuer jetzt einführen 5585 B 5585 C 5585 C 5587 B 5600 A 5600 C 5601 D Deutscher B Stenografisch 55. Sitz Berlin, Donnerstag, I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Peter Danckert, Beatrix Philipp, Gerda Hasselfeldt und Petra Crone . . . . . . Wahl des Abgeordneten Jimmy Schulz als stellvertretendes Mitglied im Kuratorium der „Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 10 und 11a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Antrag der Abgeordneten Volker Kauder, Ute Granold, Erika Steinbach, weiterer V J A P A T E V E S 5583 B 5583 B 5583 B 5585 A AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5588 C 5590 A undestag er Bericht ung den 8. Juli 2010 t : olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . ascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nnette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . om Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . iegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5591 C 5592 C 5593 C 5595 A 5595 D 5596 C 5597 B 5598 D 5598 D 5599 A (Drucksache 17/2425) . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 5602 A 5602 A II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Birgit Reinemund (FDP) . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 38: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Bettina Herlitzius, Friedrich Ostendorff, Undine Kurth (Quedlinburg), weiteren Ab- geordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Ersten Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs – Beschränkung der Massentierhaltung im Außenbereich (Drucksache 17/1582) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die weitere Bereinigung von Bundesrecht (Drucksache 17/2279) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter d e f g h i j k 5603 B 5604 D 5605 A 5606 C 5607 C 5608 D 5609 B 5611 C 5613 A 5613 B 5613 D 5614 D 5615 D 5617 B 5619 A 5619 D 5621 C 5622 A 5622 B 5622 D 5622 D 5624 C 5625 A 5625 B 5625 C 5626 A 5626 A Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neue Initiative für Neuheitsschonfrist im Patentrecht star- ten (Drucksache 17/1052) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag des Bundesministeriums der Fi- nanzen: Entlastung der Bundesregie- rung für das Haushaltsjahr 2009 – Vor- lage der Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2009 – (Drucksache 17/2305) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Auch Verletzten- renten von NVA-Angehörigen der DDR anrechnungsfrei auf die Grundsiche- rung für Arbeitsuchende stellen (Drucksache 17/2326) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Jan van Aken, Christine Buchholz, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Menschenrechte und Friedens- prozess in Sri Lanka fördern (Drucksache 17/2417) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wohnungslosigkeit in Deutsch- land – Einführung einer Bundesstatistik (Drucksache 17/2434) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ingrid Nestle, Winfried Hermann, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: PKW-Energie- verbrauchskennzeichnung am Klima- schutz ausrichten (Drucksache 17/2435) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Reisende besser schützen (Drucksache 17/2428) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Katrin Göring-Eckardt, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mindestbeiträge zur Rentenversiche- rung verbessern, statt sie zu streichen (Drucksache 17/2436) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unterrichtungs- und Mitwirkungsrechte 5626 A 5626 B 5626 B 5626 C 5626 C 5626 C 5626 D 5626 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 III des Bundestages in Bezug auf Europäi- sche Räte stärken (Drucksache 17/2437) . . . . . . . . . . . . . . . . l) Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ge- meinsamen Standpunkt der EU für Waf- fenausfuhren auch bei Rüstungsexporten an EU, NATO und NATO-gleichgestellte Länder konsequent umsetzen (Drucksache 17/2438) . . . . . . . . . . . . . . . . m) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei in Deutschland aufnehmen (Drucksache 17/2439) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: b) Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Modernisierung braucht Rechts- staatlichkeit – Partnerschaft mit Russ- land fördern (Drucksache 17/2426) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Marieluise Beck (Bremen), weiteren Ab- geordneten und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem EFSF-Rah- menvertrag vom 7. Juni 2010 (Drucksache 17/2412) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Peter Altmaier, Michael Brand, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Elke Hoff, Rainer Erdel, Burkhardt Müller-Sönksen, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Ver- besserung der Regelungen zur Einsatz- versorgung (Drucksache 17/2433) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 39: a) Beratung der Zweiten Beschlussempfeh- lung des Wahlprüfungsausschusses: zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Europäi- T b c d e f 5626 B 5627 A 5627 B 5627 B 5627 B 5627 C schen Parlaments aus der Bundesrepu- blik Deutschland am 7. Juni 2009 (Drucksache 17/2200) . . . . . . . . . . . . . . . homas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . ) Beratung der Ersten Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses: zu Ein- sprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009 (Drucksache 17/2250) . . . . . . . . . . . . . . . ) – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Änderungsprotokoll vom 11. Dezember 2009 zum Abkommen vom 23. August 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteue- rungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteu- ern und der Grundsteuern (Drucksache 17/1943) . . . . . . . . . . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Juli 2006 zwischen der Regierung der Bundes- republik Deutschland und der maze- donischen Regierung zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen (Drucksachen 17/1944, 17/2248) . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verwendung von Verwaltungsdaten für Wirtschafts- statistiken und zur Änderung von Sta- tistikgesetzen (Drucksachen 17/1899, 17/2467) . . . . . . . ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- tokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (Drucksachen 17/2067, 17/2370) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu der Verordnung der Bundesregierung: Einhundertneunte Verordnung zur Än- derung der Ausfuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung – (Drucksachen 17/1624, 17/1819 Nr. 2, 17/ 2379) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5628 A 5628 B 5629 C 5629 D 5629 D 5630 B 5630 C 5630 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 g) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deklarationspflicht für Palmöl in Lebensmitteln (Drucksachen 17/1780, 17/2316) . . . . . . . h) Beschlussempfehlung des Petitionsausschus- ses: Sammelübersicht 116 zu Petitionen (Drucksache 17/2317) . . . . . . . . . . . . . . . . i) Beschlussempfehlung des Rechtsausschus- ses: Übersicht 3 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 17/2459) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermitt- lungsausschuss) zu dem ... Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes (Drucksachen 17/1147, 17/1604, 17/1950, 17/2402) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting- Uhl, Priska Hinz (Herborn), Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: EU-Forschungsetat auf Innovation und Nachhaltigkeit für 2020 fokussieren – Ratsentscheidung ITER-Projekt nicht zustimmen (Drucksache 17/2440) . . . . . . . . . . . . . . . . c) – n) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 127 und 128 zu Petitionen (Drucksachen 17/2442, 17/2443, 17/2444, 17/2445, 17/2446, 17/2447, 17/2448, 17/2449, 17/2450, 17/2451, 17/2452, 17/2453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Drucksachen 17/2414, 17/2415) . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . Z A D s D J D C M A B D H S S D M T a b c 5630 D 5631 A 5631 B 5631 B 5631 C 5631 D 5632 D 5633 A 5633 D 5634 B usatztagesordnungspunkt 4: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion IE LINKE: Gesundheitspolitik ohne Per- pektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . ens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . hristine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . aria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nnette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . ärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . arald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . tephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . teffen-Claudio Lemme (SPD) . . . . . . . . . . . r. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ) Antrag der Abgeordneten Sabine Weiss (Wesel I), Holger Haibach, Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU sowie der Abgeordne- ten Harald Leibrecht, Helga Daub, Joachim Günther (Plauen), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Bemü- hungen zur Umsetzung der Millenniums- entwicklungsziele bis 2015 verstärken (Drucksache 17/2421) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Anette Hübinger, Holger Haibach, Dr. Christian Ruck, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Harald Leibrecht, Helga Daub, Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bildung in Entwick- lungs- und Schwellenländern stärken – Bildungsmaßnahmen anpassen und wirk- samer gestalten (Drucksache 17/2134) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Lothar Binding (Hei- delberg), Dr. h. c. Gernot Erler, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Herausforderung Millenniums- Entwicklungsziele 5636 A 5636 B 5637 A 5638 C 5640 A 5641 C 5642 D 5644 C 5645 D 5647 A 5648 A 5649 C 5650 C 5651 C 5651 D 5651 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 V – zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Heike Hänsel, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Steigerung der Ent- wicklungshilfequote auf 0,7 Prozent gesetzlich festlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit dem Global Green New Deal die Millenniumsentwicklungsziele errei- chen (Drucksachen 17/2018, 17/2024, 17/2132, 17/2464) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Halina Wawzyniak, Ulla Jelpke, Jan Korte, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Ge- setzes zur Änderung des Grundgesetzes (Einführung der dreistufigen Volksgesetz- gebung in das Grundgesetz) (Drucksache 17/1199) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . Jimmy Schulz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I M G T a b c d D A D S B K S J 5652 A 5652 B 5653 B 5655 B 5657 A 5658 B 5659 B 5660 A 5661 A 5662 D 5663 A 5663 B 5664 B 5665 A 5666 D 5666 D 5667 D 5668 D 5669 C 5670 D 5671 B 5672 C Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . ngrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manuel Höferlin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . ichael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . abriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes für bessere Beschäfti- gungschancen am Arbeitsmarkt – Be- schäftigungschancengesetz (Drucksachen 17/1945, 17/2454) . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/2455) . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller, Anette Kramme, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Arbeitsmarktpoli- tik erfolgreich umsetzen und ausbauen (Drucksachen 17/2321, 17/2454) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann, Klaus Ernst, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entfristung der freiwilligen Weiter- versicherung in der Arbeitslosenversi- cherung (Drucksachen 17/1141, 17/1636) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, Katrin Göring- Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige entfristen und ausbauen (Drucksachen 17/1166, 17/1636) . . . . . . . r. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . abine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ilvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . 5673 B 5674 A 5674 D 5675 C 5677 A 5678 B 5678 B 5678 B 5678 C 5678 C 5678 D 5680 B 5681 C 5682 D 5684 A 5685 A 5686 D 5673 B 5687 D VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Christine Scheel, Ingrid Hönlinger, Fritz Kuhn, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Insolvenzrechtsreform unver- züglich vorlegen – Außergerichtliche Sa- nierungsverfahren stärken – Insolvenz- planverfahren attraktiver gestalten (Drucksache 17/2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der geän- derten Bankenrichtlinie und der geän- derten Kapitaladäquanzrichtlinie (Drucksachen 17/1720, 17/1803, 17/2472) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses – zu dem Antrag der Fraktionen CDU/ CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Stabilisierung des Finanzsektors – Eigenkapitalvor- schriften für Banken angemessen überarbeiten – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Bericht über die Um- setzung der neu gefassten Banken- richtlinie und der neu gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie (Drucksachen 17/1756, 16/13741, 17/2472) Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . T a b K S N D D U J T B s t P w B ( 2 ( M D M R D D T A P A 5688 C 5689 C 5689 D 5690 C 5692 C 5693 B 5694 C 5695 B 5696 B 5696 C 5696 D 5699 A 5700 C 5701 B 5701 D 5702 C 5703 C agesordnungspunkt 13: ) Antrag der Abgeordneten Karin Roth (Ess- lingen), Burkhard Lischka, René Röspel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Deutschlands Verantwortung für die Gesundheit in Entwicklungslän- dern – Vernachlässigte Krankheiten be- kämpfen, Kinder- und Müttersterblich- keit verringern und Globalen Fonds stärken (Drucksache 17/2135) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Ute Koczy, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Ziele der Bundesregie- rung in der Weltgesundheitsorganisa- tion neu ausrichten (Drucksachen 17/1581, 17/2465) . . . . . . . arin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . abine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . iema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . we Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- orsicherheit zu der Unterrichtung durch den arlamentarischen Beirat für nachhaltige Ent- icklung: Bericht des Parlamentarischen eirats für nachhaltige Entwicklung Berichtszeitraum 6. April 2006 bis 5. März 2009) Drucksachen 16/12560, 17/790 Nr. 35, 17/1807) arcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . r. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . alph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Dr. Eva Högl, Dr. eter Danckert, Sebastian Edathy, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: zu 5704 C 5704 C 5704 D 5706 C 5707 C 5708 B 5710 B 5710 C 5711 C 5712 D 5713 A 5714 C 5715 D 5716 B 5717 B 5718 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 VII dem Vorschlag für eine Richtlinie des Eu- ropäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung und Bekämpfung von Men- schenhandel und zum Opferschutz sowie zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (Ratsdok. 8157/10) hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes Menschenhandel bekämpfen – Opferschutz stärken (Drucksache 17/2344) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Vereinbarte Debatte: Legislativ- und Ar- beitsprogramm der Europäischen Kommis- sion für 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ausgrenzung beenden – Einbürgerungen umfassend er- leichtern (Drucksache 17/2351) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Sport- ausschusses – – – ( 1 K S M A J J V T a b 5720 A 5720 B 5722 A 5723 A 5723 D 5724 B 5725 C 5725 C 5726 D 5728 A 5729 A 5729 D 5730 D 5731 D 5732 A 5732 D 5733 D 5735 C 5736 D 5737 C zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer (Altötting), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Joachim Günther (Plauen), Dr. Lutz Knopek, Gisela Piltz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Eu- ropa in Bewegung – Mit Kompetenz und Verantwortung für einen europäi- schen Mehrwert im Sport zu dem Antrag der Abgeordneten Martin Gerster, Sabine Bätzing, Gabriele Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Den Sport in Europa voran- bringen zu dem Antrag der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Winfried Hermann, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sport in der Europäischen Union – Den Lissabon-Vertrag mit Le- ben füllen Drucksachen 17/2129, 17/1406, 17/1420, 7/2468) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . artin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . xel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . oachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . ens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . iola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Monika Lazar, Katja Dörner, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Bericht der Bun- desregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter vorlegen (Drucksachen 17/1762, 17/2306) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Martina Bunge, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Aktionsplan zur Umsetzung der UN- Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorle- gen 5739 C 5739 D 0000 A5741 A 5741 D 5742 C 5743 B 5743 D 5745 A 5746 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Elisabeth Scharfenberg, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Handlungsaufträge aus dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinde- rungen (Drucksachen 17/1578, 17/1761, 17/2091) c) Antrag der Fraktion der SPD: Erstellung des Berichts der Bundesregierung auf Grundlage der UN-Konvention – Ak- tionsplan zur Umsetzung auf den Weg bringen (Drucksache 17/2367) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Endenergieeffizienz und Energie- dienstleistungen (Drucksachen 17/1719, 17/2280, 17/2466) . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbe- schlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Fe- bruar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerken- nung von Geldstrafen und Geldbußen (Drucksachen 17/1288, 17/2458) . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Sonja Steffen, Christine Lambrecht, Dr. Peter Danckert, wei- t Ä w ( U S S H I T B s l F V u A W d f ( G V K O H W T G G A b k P A d m ( A D K D S B 5746 B 5746 C 5747 A 0000 5747 B 5748 C 5749 D 5750 D 5751 B 5752 C 5752 D 5753 D 5755 A 5755 C 5756 C erer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: nderung des Vormundschaftsrechts und eitere familienrechtliche Maßnahmen Drucksache 17/2411) . . . . . . . . . . . . . . . . . . te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . onja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . alina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ngrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- ung zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk ischer (Hamburg), Arnold Vaatz, Volkmar ogel (Kleinsaara), weiterer Abgeordneter nd der Fraktion der CDU/CSU sowie der bgeordneten Patrick Döring, Oliver Luksic, erner Simmling, weiterer Abgeordneter und er Fraktion der FDP: Erwerb von Zweirad- ührerscheinen erleichtern Drucksachen 17/1574, 17/2456) . . . . . . . . . . ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . olkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . irsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . liver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: roße Anfrage der Abgeordneten Klaus Barthel, arrelt Duin, Hubertus Heil (Peine), weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: Ar- eitsbedingungen im Briefmarkt – Sozial- lausel nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 ostgesetz und Verordnung über zwingende rbeitsbedingungen für die Branche Brief- ienstleistungen auf Grund des Arbeitneh- er-Entsendegesetzes Drucksache 17/1615) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . laus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . ahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . eate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5757 B 5757 C 5758 D 5759 C 5760 B 5760 D 5761 C 5761 D 5763 C 5764 A 5765 B 5766 B 5766 D 5767 D 5767 D 5768 C 5769 D 5771 B 5772 A 5772 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 IX Tagesordnungspunkt 25: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge- schäftsordnung: Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderungen im Hinblick auf den Vertrag von Lissabon (Drucksache 17/2394) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kulturelle Einrichtungen vor Folgeschä- den aus der Frequenzversteigerung der di- gitalen Dividende bewahren (Drucksache 17/2416) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Rosemarie Hein, Kathrin Senger-Schäfer, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: „Soforthilfeprogramm Kultur“ zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur einrichten – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Undine Kurth (Quedlinburg), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Kulturelle Infrastruktur sichern – Substanzerhaltungsprogramm Kultur auflegen (Drucksachen 17/552, 17/789, 17/2320) . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . R D A T E e V V ( M L K S C N T A J d d a ( A F J J W T A K n G t f ( D M C M D B 5773 C 5773 D 5774 D 5775 D 5777 A 5777 D 5778 D 5779 A 5779 C 5781 B 5781 D 5782 C 5783 C 5783 D 5784 C einer Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . gnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: rste Beratung des von der Fraktion der SPD ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur erbesserung des Verbraucherschutzes bei ertragsabschlüssen im Internet Drucksache 17/2409) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ucia Puttrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . erstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . aren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . icole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: ntrag der Abgeordneten Jan Korte, Ulla elpke, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und er Fraktion DIE LINKE: Befugnis des Bun- eskriminalamtes zur Online-Durchsuchung ufheben Drucksache 17/2423) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) rank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . immy Schulz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 30: ntrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, atja Dörner, Fritz Kuhn, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Rechtsanspruch auf Kinderbe- reuung realisieren – Kostenkalkulation ür Kinderbetreuung überprüfen Drucksache 17/1778) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . arcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . aren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5785 C 5786 D 5787 B 5788 C 0000 A5788 C 5789 C 5790 C 5791 B 5792 A 5792 D 5793 C 5793 C 5794 C 5795 B 5796 A 5797 A 5797 C 5797 D 5799 A 5800 A 5801 A 5802 A 5802 D X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Mittel des Nationalen Stipendienprogramms für eine Erhöhung des BAföG nutzen (Drucksache 17/2427) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: EU-Fördermittel aus dem Emis- sionshandel für erneuerbare Energien und zur Verringerung prozessbedingter Emis- sionen (Drucksache 17/2430) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Gerold Reichenbach, Dr. Eva Högl, Gabriele Fograscher weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: zu dem Entwurf der Europäischen Kommission für das Ver- handlungsmandat eines neuen Abkom- mens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Ame- rika über die Verarbeitung von Zah- lungsverkehrsdaten und deren Über- mittlung für die Zwecke des Programms der USA zum Aufspüren der Finanzie- rung des Terrorismus (kurz: SWIFT- Abkommen), Ratsdok. 7936/10 vom 24. März 2010 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Neues SWIFT-Abkommen nur nach eu- ropäischen Grundrechts- und Daten- schutzmaßstäben – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einstellung der Verhandlun- gen mit den Vereinigten Staaten von ( i Z A D r C M A t m n ( i Z A N w B V ü s V V u s d r ( h F E ( D G G J D N 5803 B 5803 C 5805 A 5805 D 5806 B 5807 B 5807 D 5809 A Amerika um ein neues SWIFT-Abkom- men und Verzicht auf ein europäisches Abkommen über ein Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terro- rismus Drucksachen 17/1407, 17/1560, 17/2469) . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Dr. Günter Krings, r. Hans-Peter Uhl, Reinhard Grindel, weite- er Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ SU sowie der Abgeordneten Gisela Piltz, anuel Höferlin, Dr. Stefan Ruppert, weiterer bgeordneter und der Fraktion der FDP: Da- enschutz bei der transatlantischen Zusam- enarbeit zur Bekämpfung des internatio- alen Terrorismus Drucksache 17/2431) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von otz, Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu einem orschlag für einen Beschluss des Rates ber den Abschluss des Abkommens zwi- chen der Europäischen Union und den ereinigten Staaten von Amerika über die erarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten nd deren Übermittlung aus der Europäi- chen Union an die Vereinigten Staaten für ie Zwecke des Programms zum Aufspü- en der Finanzierung des Terrorismus Ratsdokument 11172/10) ier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes in Verbin- dung mit § 9 EUZBBG inanzdaten der Bürgerinnen und Bürger uropas schützen – SWIFT ablehnen Drucksache 17/2429) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . erold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5809 B 5809 C 5809 D 5810 A 5811 A 0000 A5812 C 5813 C 5814 D 5817 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 XI Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Übersicht 3 über die dem Deutschen Bundestag zugeleite- ten Streitsachen vor dem Bundesverfassungs- gericht (Tagesordnungspunkt 39 i) . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Fritz Rudolf Körper (SPD) zur Wahl von Mit- gliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Tagesordnungs- punkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer (SPD) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Künast, Jürgen Trittin, Volker Beck (Köln), Katrin Göring-Eckardt und Claudia Roth (Augsburg) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungs- rates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Ver- söhnung“ (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heinz-Joachim Barchmann, Klaus Brandner, Elvira Drobinski-Weiß, Ulrike Gottschalck, Michael Groß, Hans-Joachim Hacker, Petra Hinz (Essen), Dr. Eva Högl, Christel Humme, Dr. Bärbel Kofler, Steffen-Claudio Lemme, Sönke Rix, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Karin Roth (Esslingen), Dr. Martin Schwanholz und Dr. h. c. Wolfgang Thierse (alle SPD) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „ ( A E K R D S A Y W M R A J H D S G M M N M G K S E P H L t V A Z – – – ( M 5819 A 5819 B 5819 B 5819 C 5820 A 5820 C Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ersten Steinke, Jens Petermann, Frank Tempel, alph Lenkert, Raju Sharma, Katrin Kunert, r. Rosemarie Hein, Jan Korte, Harald Koch, abine Zimmermann, Michael Leutert, Dr. xel Troost, Katja Kipping, Dr. Ilja Seifert, vonne Ploetz, Alexander Ulrich, Katrin erner, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, atthias W. Birkwald, Ulla Lötzer, Ingrid emmers, Niema Movassat, Sahra Wagenknecht, ndrej Konstantin Hunko, Inge Höger, Ulla elpke, Dr. Herbert Schui, Heidrun Dittrich, erbert Behrens, Paul Schäfer (Köln), Dr. iether Dehm, Jutta Krellmann, Dr. Petra itte, Klaus Ernst, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. esine Lötzsch, Werner Dreibus, Ulrich aurer, Petra Pau, Jan van Aken, Cornelia öhring, Dr. Dagmar Enkelmann, Thomas ord, Agnes Alpers, Wolfgang Gehrcke, Dr. artina Bunge, Steffen Bockhahn, Dr. Gregor ysi, Wolfgang Nešković, Sabine Stüber, Dr. irsten Tackmann, Stefan Liebich, Alexander üßmair, Nicole Gohlke, Harald Weinberg, va Bulling-Schröter, Michael Schlecht, Richard itterle, Annette Groth, Karin Binder, Heike änsel und Dr. Barbara Höll (alle DIE INKE) zur Wahl von Mitgliedern des Stif- ungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, ersöhnung“ (Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter vorlegen Beschlussempfehlung und Bericht zu den Anträgen: – Aktionsplan zur Umsetzung der UN- Konvention über die Rechte von Men- schen mit Behinderungen vorlegen – Handlungsaufträge aus dem UN-Über- einkommen über die Rechte von Men- schen mit Behinderungen Antrag: Erstellung des Berichts der Bun- desregierung auf Grundlage der UN-Kon- vention – Aktionsplan zur Umsetzung auf den Weg bringen Tagesordnungspunkt 17 a bis c) aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 5821 A 5821 D 5822 B XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . . Gabriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10: Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: EU-Fördermittel aus dem Emissions- handel für erneuerbare Energien und zur Ver- ringerung prozessbedingter Emissionen (Zu- satztagesordnungspunkt 5) Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5823 D 5825 B 5826 C 5827 C 5829 A 0000 A5830 C 5832 A 5832 B 5833 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5583 (A) (C) )(B) 55. Sitz Berlin, Donnerstag, Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5819 (A) ) )(B) (Tagesordnungspunkt 5) spricht, müßte man auch deutlich machen, daß ge- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Übersicht 3 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Tagesordnungspunkt 39 i) Hiermit erkläre ich im Namen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, dass unser Votum „Ja“ lautet. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Fritz Rudolf Körper (SPD) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ n D A B r Ä b g S j d t t P n l d b r V s W h Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Friedhoff, Paul K. FDP 08.07.2010 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 08.07.2010 Dr. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 08.07.2010 Liebich, Stefan DIE LINKE 08.07.2010* Özoğuz, Aydan SPD 08.07.2010 Pronold, Florian SPD 08.07.2010 Schipanski, Tankred CDU/CSU 08.07.2010* Schmidt (Aachen), Ulla SPD 08.07.2010 Schreiner, Ottmar SPD 08.07.2010 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 08.07.2010* Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 08.07.2010 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 08.07.2010 Zapf, Uta SPD 08.07.2010 Zylajew, Willi CDU/CSU 08.07.2010 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht Ich stimme der mündlich vorgetragenen Erklärung ach § 31 der Abgeordneten Dr. Angelica Schwall- üren vollinhaltlich zu. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungs- rates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöh- nung“ (Tagesordnungspunkt 5) Heute beweist sich, dass die von der Mehrheit des undestages beschlossene Form der Wahl von Stiftungs- atsmitgliedern das falsche Konstrukt ist. Bereits bei der nderung des Gesetzes zur „Stiftung Flucht, Vertrei- ung, Versöhnung“ hat die SPD-Fraktion zum Ausdruck ebracht, dass die Abstimmung über die Besetzung des tiftungsrates im Gesamtpaket unakzeptabel ist. Denn keinesfalls ist damit der Berufungsprozess ob- ektiviert. Im Gegenteil: Nun werden auch Mitglieder es Stiftungsrates mit einer demokratischen Legitima- ion ausgestattet, an deren Engagement für den Stif- ungszweck erhebliche Zweifel bestehen. Sicherlich steht die Mehrheit der vorgeschlagenen ersonen eindeutig hinter den Stiftungszielen. Zur Erin- erung: Im Gesetz heißt es: Zweck der unselbständigen Stiftung ist es, im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Ge- denken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhun- dert im historischen Kontext des Zweiten Weltkrie- ges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihrer Folgen wachzu- halten. Heute steht der Bundestag allerdings vor dem Di- emma, dass zumindest bei zwei Vertretern des Bundes er Vertriebenen aufgrund von Äußerungen in der Presse ezweifelt werden muss, ob diese künftigen Stiftungs- atsmitglieder die Arbeit der Stiftung auch im Sinne der ersöhnung unterstützen werden. Hartmut Saenger spricht beispielsweise in der Preußi- chen Allgemeinen Zeitung über den Beginn des Zweiten eltkrieges wie folgt: Besonders kriegerisch führte sich Polen auf. Der 1918 wieder erstandene Staat schaffte es in der kur- zen Zeit bis 1921 gleich mit vier Nachbarn … im dauerhaften Streit zu liegen. … Erst England machte den Krieg um Danzig zu einem weltweit ausgetragenen Krieg, der dann durch den Kriegs- eintritt der USA wegen seiner Interessen am Pazifik zum globalen Krieg ausuferte. Arnold Tölg sagt im Interview mit der Jungen Frei- eit zum Thema Zwangsarbeiter: Wenn man über Zwangsarbeiterentschädigung 5820 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) ) )(B) rade die Länder, die am massivsten Forderungen gegen uns richten, genügend Dreck am Stecken ha- ben, weil Sie Hunderttausende deutscher Zwangs- arbeiter in zahllosen Lagern hatten. oder: Während in Nürnberg von den Siegern die deut- schen Kriegsverbrecher zurecht verurteilt wurden, haben die gleichen Länder bezüglich Zwangsarbei- tern ähnliche Verbrechen begangen wie Hitler- Deutschland. Deshalb lehne ich die Gesamtliste ab. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer (SPD) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Ta- gesordnungspunkt 5) Heute beweist sich, dass die von der Mehrheit des Bundestages beschlossene Form der Wahl von Stiftungs- ratsmitgliedern das falsche Konstrukt ist. Bereits bei der Änderung des Gesetzes zur „Stiftung Flucht, Vertrei- bung, Versöhnung“ hat die SPD-Fraktion zum Ausdruck gebracht, dass die Abstimmung über die Besetzung des Stiftungsrates im Gesamtpaket unakzeptabel ist. Denn keinesfalls ist damit der Berufungsprozess ob- jektiviert. Im Gegenteil: nun werden auch Mitglieder des Stiftungsrates mit einer demokratischen Legitimation ausgestattet, an deren Engagement für den Stiftungs- zweck erhebliche Zweifel bestehen. Sicherlich steht die Mehrheit der vorgeschlagenen Personen eindeutig hinter den Stiftungszielen. Zur Erin- nerung: im Gesetz heißt es: Zweck der unselbständigen Stiftung ist es, im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Ge- denken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhun- dert im historischen Kontext des Zweiten Weltkrie- ges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihrer Folgen wachzu- halten. Heute steht der Bundestag allerdings vor dem Di- lemma, dass zumindest bei zwei Vertretern des Bundes der Vertriebenen aufgrund von Äußerungen in der Presse bezweifelt werden muss, ob diese künftigen Stiftungs- ratsmitglieder die Arbeit der Stiftung auch im Sinne der Versöhnung unterstützen werden. Hartmut Sänger spricht beispielsweise in der Preußi- schen Allgemeinen Zeitung über den Beginn des Zweiten Weltkrieges wie folgt: Besonders kriegerisch führte sich Polen auf. Der 1918 wieder erstandene Staat schaffte es in der kur- zen Zeit bis 1921 gleich mit vier Nachbarn […] im dauerhaften Streit zu liegen. […] Erst England machte den Krieg um Danzig zu einem weltweiten ausgetragenen Krieg, der dann durch den Kriegs- eintritt der USA wegen seiner Interessen am Pazifik zum globalen Krieg ausuferte. h o i L o G A d s s E d d T t g b r B E d S t a l d e s d r v g u r (C (D Arnold Tölg sagt im Interview mit der Jungen Frei- eit zum Thema Zwangsarbeiter: Wenn man über Zwangsarbeiterentschädigung spricht, müßte man auch deutlich machen, daß ge- rade die Länder, die am massivsten Forderungen gegen uns richten, genügend Dreck am Stecken ha- ben, weil Sie Hunderttausende deutscher Zwangsar- beiter in zahllosen Lager hatten. der: Während in Nürnberg von den Siegern die deut- schen Kriegsverbrecher zurecht verurteilt wurden, haben die gleichen Länder bezüglich Zwangsarbei- tern ähnliche Verbrechen begangen wie Hitler- Deutschland. Mir ist sehr daran gelegen, dass die Stiftung endlich hre Arbeit aufnehmen kann. Dennoch kann ich dieser iste nicht zustimmen, da ich sonst die Wahl der beiden ben genannten Personen mittragen würde. Aus diesem rund stimme ich mit Nein. nlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Künast, Jürgen Trittin, Volker Beck (Köln), Katrin Göring- Eckardt und Claudia Roth (Augsburg) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Tagesord- nungspunkt 5) Mit der Ablehnung der Mitglieder des Stiftungsrates er unselbstständigen „Stiftung Flucht, Vertreibung, Ver- öhnung“ möchten wir unsere Verärgerung über das un- ouveräne Verhalten der Bundesregierung und deren inknicken gegenüber der täglich unbedeutender wer- enden Lobby des BdV zum Ausdruck bringen und aus- rücklich nicht unsere Ablehnung gegenüber den zum eil durchaus kompetenten neuen Mitgliedern des Stif- ungsrates. Mit der heutigen Abstimmung über die Wahl von Mit- liedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertrei- ung, Versöhnung“ geht ein langer Tanz der Bundes- egierung am Nasenring des Bundes der Vertriebenen, dV, und seiner Vorsitzendenen, Erika Steinbach, zu nde. Auf inakzeptable Weise führte der BdV den Bun- esaußenminister vor, der ein Veto gegen die Berufung teinbachs in den Stiftungsrat der „Stiftung Flucht, Ver- reibung, Versöhnung“ eingelegt hatte. Steinbachs Bestellung in den Stiftungsrat hätte die uswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutsch- and nachhaltig belastet und wäre dem Stiftungszweck er Versöhnung insbesondere mit unseren östlichen uropäischen Nachbarn alles andere als förderlich gewe- en. Das Veto bedurfte keiner Kompensationen. Die For- erung des BdV nach einer Erweiterung des Stiftungs- ates, um nach dem Veto gegen Steinbach doppelt so iele Sitze im Stiftungsrat zu erhalten, war total überzo- en. Doch die Bundesregierung ist darauf eingegangen nd hat zudem ihr Vetorecht aufgegeben. Der Stiftungs- at ist nun von 13 auf 21 Mitglieder angewachsen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5821 (A) ) )(B) Das von der Koalition durchgesetzte Benennungsver- fahren degradiert den Bundestag zu einem Abnickgre- mium, indem er über die ihm vorgelegte Stiftungsratsliste nur noch als Ganze abstimmen kann. Die Folgen dieses undemokratischen Verfahrens sind unmittelbar sichtbar. Zumindest zwei der vom BdV benannten Personen, Arnold Tölg und Hartmut Saenger, sind mit Einlassungen aufgefallen, die dem Stiftungszweck der Versöhnung mit unseren Nachbarn diametral entgegenlaufen. Insbesondere die CSU ist hier allein ihrer eigenen Klientel gefolgt. Weder der Wegfall des Bestellungs- rechtes der Bundesregierung – vulgo: Vetorecht – noch die Erhöhung der Zahl der Sitze des BdV im Stiftungsrat sind akzeptabel. Der Bund der Vertriebenen hatte schon vorher einen Sitz mehr als der Deutsche Bundestag im Stiftungsrat. Wenn man an der Zusammensetzung des Stiftungsrates etwas hätte ändern sollen, dann wäre die Beteiligung aller Fraktionen des Deutschen Bundestages an dieser Stiftung und nicht die Erhöhung der Zahl der Sitze für den Bund der Vertriebenen der Grund gewesen. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heinz-Joachim Barchmann, Klaus Brandner, Elvira Drobinski-Weiß, Ulrike Gottschalck, Michael Groß, Hans-Joachim Hacker, Petra Hinz (Essen), Dr. Eva Högl, Christel Humme, Dr. Bärbel Kofler, Steffen-Claudio Lemme, Sönke Rix, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Karin Roth (Esslingen), Dr. Martin Schwanholz und Dr. h. c. Wolfgang Thierse (alle SPD) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Ta- gesordnungspunkt 5) Heute beweist sich, dass die von der Mehrheit des Bundestages beschlossene Form der Wahl von Stiftungs- ratsmitgliedern das falsche Konstrukt ist. Bereits bei der Änderung des Gesetzes zur Stiftung „Flucht, Vertrei- bung, Versöhnung“ hat die SPD-Fraktion zum Ausdruck gebracht, dass die Abstimmung über die Besetzung des Stiftungsrates im Gesamtpaket inakzeptabel ist. Denn keinesfalls ist damit der Berufungsprozess objektiviert. Im Gegenteil: Nun werden auch Mitglieder des Stif- tungsrates mit einer demokratischen Legitimation ausge- stattet, an deren Engagement für den Stiftungszweck er- hebliche Zweifel bestehen. Sicherlich steht die Mehrheit der vorgeschlagenen Personen eindeutig hinter den Stiftungszielen. Zur Erin- nerung. Im Gesetz heißt es: Zweck der unselbständigen Stiftung ist es, im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Gedenken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert im his- torischen Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernich- tungspolitik und ihrer Folgen wachzuhalten. Heute steht der Bundestag allerdings vor dem Di- lemma, dass zumindest bei zwei Vertretern des Bundes der Vertriebenen aufgrund von Äußerungen in der Presse b r V s W h d m g e d A (C (D ezweifelt werden muss, ob diese künftigen Stiftungs- atsmitglieder die Arbeit der Stiftung auch im Sinne der ersöhnung unterstützen werden. Hartmut Saenger spricht beispielsweise in der Preußi- chen Allgemeinen Zeitung über den Beginn des Zweiten eltkrieges wie folgt: Besonders kriegerisch führte sich Polen auf. Der 1918 wieder erstandene Staat schaffte es in der kur- zen Zeit bis 1921 gleich mit vier Nachbarn … im dauerhaften Streit zu liegen … Erst England machte den Krieg um Danzig zu einem weltweit ausgetra- genen Krieg, der dann durch den Kriegseintritt der USA wegen seiner Interessen am Pazifik zum glo- balen Krieg ausuferte. Arnold Tölg sagt im Interview mit der Jungen Frei- eit zum Thema Zwangsarbeiter: Wenn man über Zwangsarbeiterentschädigung spricht, müßte man auch deutlich machen, daß gerade die Länder, die am massivsten Forderungen gegen uns richten, genügend Dreck am Stecken haben, weil sie Hunderttausende deutscher Zwangsarbeiter in zahl- losen Lagern hatten. Oder Während in Nürnberg von den Siegern die deutschen Kriegsverbrecher zurecht verurteilt wurden, haben die gleichen Länder bezüglich Zwangsarbeitern ähn- liche Verbrechen begangen wie Hitler-Deutschland. Die vorgeschlagene Gesamtliste abzulehnen ist für ie SPD-Fraktion keine Option, da das positive Engage- ent der anderen Stiftungsratsmitglieder nicht infrage estellt werden kann. Der SPD-Fraktion ist daran gelegen, dass die Stiftung ndlich die Arbeit aufnehmen kann. Wir stimmen daher er Wahl zu. nlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Kersten Steinke, Jens Petermann, Frank Tempel, Ralph Lenkert, Raju Sharma, Katrin Kunert, Dr. Rosemarie Hein, Jan Korte, Harald Koch, Sabine Zimmermann, Michael Leutert, Dr. Axel Troost, Katja Kipping, Dr. Ilja Seifert, Yvonne Ploetz, Alexander Ulrich, Katrin Werner, Kathrin Senger-Schäfer, Kathrin Vogler, Matthias W. Birkwald, Ulla Lötzer, Ingrid Remmers, Niema Movassat, Sahra Wagenknecht, Andrej Konstantin Hunko, Inge Höger, Ulla Jelpke, Dr. Herbert Schui, Heidrun Dittrich, Herbert Behrens, Paul Schäfer (Köln), Dr. Diether Dehm, Jutta Krellmann, Dr. Petra Sitte, Klaus Ernst, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Gesine Lötzsch, Werner Dreibus, Ulrich Maurer, Petra Pau, Jan van Aken, Cornelia Möhring, Dr. Dagmar Enkelmann, Thomas Nord, Agnes Alpers, Wolfgang Gehrcke, Dr. Martina Bunge, Steffen 5822 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) ) )(B) Bockhahn, Dr. Gregor Gysi, Wolfgang Nešković, Sabine Stüber, Dr. Kirsten Tackmann, Stefan Liebich, Alexander Süßmair, Nicole Gohlke, Harald Weinberg, Eva Bulling-Schröter, Michael Schlecht, Richard Pitterle, Annette Groth, Karin Binder, Heike Hänsel und Dr. Barbara Höll (alle Die Linke) zur Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (Tagesord- nungspunkt 5) Wir stimmen der mündlich vorgetragenen Erklärung nach § 31 der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen vollinhaltlich zu. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: – Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Ent- wicklung ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter vorlegen – Beschlussempfehlung und Bericht zu den Anträgen: – Aktionsplan zur Umsetzung der UN- Konvention über die Rechte von Men- schen mit Behinderungen vorlegen – Handlungsaufträge aus dem UN-Über- einkommen über die Rechte von Men- schen mit Behinderungen – Antrag: – Erstellung des Berichts der Bundesregie- rung auf Grundlage der UN-Konvention – Aktionsplan zur Umsetzung auf den Weg bringen (Tagesordnungspunkt 17 a bis c) Maria Michalk (CDU/CSU): Heute stehen sechs An- träge der Opposition zur abschließenden Debatte und Abstimmung. Darin geht es um den Bericht der Bundes- regierung zur Lage von Menschen mit Behinderung und um die Erarbeitung des nationalen Aktionsplans zur Um- setzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Wie wir alle wissen, bereitet die Bundesregierung derzeit den Aktionsplan sorgfältig vor. Die Zivilgesell- schaft, insbesondere Menschen mit Behinderung und ihre Interessenvertretungen, sind an der Erarbeitung des Fahrplans zur Umsetzung der UN-Konvention beteiligt. Dieses umfassende Verfahren ist nicht selbstverständ- lich. Es zeigt deutlich, wie ernst es der Bundesregierung mit dem Leitgedanken der Inklusion ist. Schon in der Planungsphase findet ein umfassender Dialog statt. In keiner Situation weiß jemand alles. Durch den Dialog ist jedenfalls ausgeschlossen, dass wichtige Querschnitts- t w c k t e s v w B r f s 2 s v b a l U n e s N r K L l t w p K m s w l l m t s K d A r s i m t l d (C (D hemen von Anfang an nicht mit im Fokus stehen und et- as vergessen wird. Der Weg zur wirklichen Inklusion wird lang und si- herlich auch mit Hindernissen gepflastert sein. Umden- en kann nicht verordnet werden. Es braucht Informa- ion, Vorbild und Überzeugung, und zwar nicht nur von in paar Befürwortern einer guten Behindertenpolitik, ondern von allen in unserem Land. Eine zentrale Erkenntnis muss sich durchsetzten: Die orhandene, aber vor allem die gefühlte Behinderung ird von den Betroffenen umso stärker als persönliche enachteiligung empfunden, je weniger von den Barrie- en wir in unserer Gesellschaft abbauen. Unser Koalitionsvertrag ist eine sehr gute Grundlage ür die praktische politische Tagesarbeit. Nach der schon beschriebenen Erarbeitungsphase be- chließt die Bundesregierung voraussichtlich im März 011 den nationalen Aktionsplan. Er selbst ist kein Ge- etz, sondern veranlasst hoffentlich viele politische Akti- itäten und Umsetzungsstrategien vor Ort. Je besser zw. intensiver wir gemeinsam diese Erarbeitungsphase usfüllen, desto leichter wird uns die Umsetzung mit al- en Verantwortungsträgern Schritt für Schritt gelingen. nd ich möchte auch darauf verweisen, dass der natio- ale Aktionsplan nicht als einmal gefundenes und nun wiges Vertragswerk gilt. Vielmehr wird danach die tändige Vervollkommnung im Fokus bleiben müssen. ach den wichtigen Bereichen Bildung, Arbeit und Bar- ierefreiheit sind Bereiche wie politische Partizipation, ultur, Familie und Gesundheit nicht minder wichtig. Auch Arbeitgeber, Sozialverbände und natürlich die änder sind aufgefordert, eigene Aktionspläne zu erstel- en. Daraus entsteht ein Netzwerk von gemeinsamen Ak- ivitäten. Mir ist vollkommen unverständlich, warum immer ieder von der Opposition behauptet wird, der Aktions- lan müsse längst fertig sein und die Umsetzung der onvention dauere viel zu lange. Gerade die Abstim- ungsprozesse mit den eigentlichen Experten auf die- em Feld, den Menschen mit Behinderung, sind enorm ichtig und dürfen keinesfalls aus Zeitgründen entfal- en. Das wäre nicht im Sinne der Konvention und natür- ich auch nicht im Sinne aller Beteiligten. Hier gilt ein- al mehr: Der Weg ist das Ziel! Und ich will noch auf Folgendes hinweisen: die Ver- reterinnen und Vertreter der Organisationen von Men- chen mit Behinderung werden nicht nur, wie von der onvention vorgeschrieben, im Rahmen eines Beirats ie Umsetzung begleiten. Es gibt darüber hinaus einen usschuss, in dem Menschen mit Behinderung ebenfalls epräsentiert sind und mit dem sie aktiv in wichtige Ent- cheidungen eingebunden werden. Beide Gremien sollen m Herbst ihre Arbeit aufnehmen. Wir tun also auch hier ehr, als uns die Konvention vorgibt. Die UN-Konvention sieht für 2011 einen ersten Staa- enbericht vor, in dem der Stand der Umsetzung darge- egt werden soll. Die Bundesregierung hat angekündigt, iesen Bericht im März 2011 vorzulegen. Daneben wird Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5823 (A) ) )(B) es auch in Zukunft einen Bericht über die „Lage behin- derter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe“ geben, und zwar in der Form, wie er bereits für 2009 er- stellt wurde. Die Kritik am Zeitpunkt der Veröffentlichung des Be- richts für 2009 bringt den aktuellen behindertenpoliti- schen Diskurs aus meiner Sicht kein Stück weiter, zumal in 2004 die rot-grüne Regierung beschlossen hatte, dass ein solcher Bericht nur einmalig verpflichtend vorzule- gen sei. Daraus ergäben sich keine weiteren Berichts- pflichten. Deshalb ist die Kritik der Opposition, die aus dem Beratungsgegenstand abzulesen ist, völlig fehl am Platze. Ich stelle noch einmal fest: Auch in Zukunft wird der Berichtspflicht nachgekommen. Im aktuellen Bericht über die Lage von Menschen mit Behinderung wurden die seit 2005 erzielten Fortschritte und die zukünftigen Herausforderungen der Politik für Menschen mit Behinderung transparent dargelegt. Die Berichterstattung wird in dieser Form fortgesetzt. Die Bundesregierung wird dem Deutschen Bundestag noch in dieser Legislaturperiode rechtzeitig zur Beschlussfas- sung einen Bericht vorlegen. Aber wir wissen auch: Papier ist geduldig. Deshalb ist es notwendiger, die dringlichsten Handlungsfelder in der Politik für Menschen mit Behinderung zu identifizieren und aktiv umzusetzen. Die CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion sieht in der Bildungs- und Arbeitsplatz- bzw. Be- schäftigungsgestaltung den wichtigsten Beitrag, weil das zukunftsweisend für die Betroffenen selbst und für un- sere Gesellschaft insgesamt ist. Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinde- rung mahnt zu zügigem Handeln. Der Wirtschaft geht es besser, aber Menschen mit Behinderung profitieren der- zeit leider noch nicht vom spürbaren Aufschwung. Des- halb möchte ich besonders betonen: Veränderungen ent- stehen nur durch Allianzen. Wir müssen Arbeitgeber auf dem Weg zu einer inklusiven Arbeitswelt weiter unter- stützen. Aber wir müssen ihnen auch mehr zutrauen, nicht noch mehr vorschreiben. Und das setzt voraus, sie in die Ausarbeitung konkreter Maßnahmen unmittelbar einzubeziehen. Ich finde, hier haben auch die Kammern und Berufsverbände eine eigene Verantwortung, nicht zuletzt aus dem drohenden Fachkräftemangel heraus. Wir haben bereits seit Jahren eine Ausgleichsabgabe und eine Beschäftigungsquote. Die 480 Millionen Euro aus der Ausgleichsabgabe werden sinnvoll eingesetzt und sind unverzichtbar für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. Aber ich bin mir si- cher: Eine weitere neue Vorschrift zur höheren Aus- gleichsabgabe oder Beschäftigungsquote ist für das Ziel einer inklusiven Arbeitswelt kontraproduktiv. Die Wirt- schaft braucht qualifizierte Mitarbeiter – und diese müs- sen, unabhängig von einem möglichen Assistenzbedarf, auch eingestellt werden! An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass es bereits viele große und mittlere Unternehmen gibt, die seit Jahren Menschen mit Behinderung beschäftigen und aufgeschlossen für deren Bedürfnisse und Fähigkeiten sind. Genau sie möchte ich als Leuchttürme verstanden s g w u b h e B e m s w n w g g h w R c E a e d d s g f d d d d M t s e c s 1 u M h P r s u P s a A P p (C (D ehen, die den anderen Betrieben zeigen: „Seht her, es eht, und wir haben Erfolg damit!“ Gute Vorbilder sind ichtig, und ich will mich bei diesen für ihren Einsatz nd für ihre Einstellung bedanken. Alle Beteiligten ha- en den Nutzen. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist ein ervorragendes Instrument, um berufliche Teilhabe zu rhalten. Und Integrationsvereinbarungen können die eschäftigungssituation spürbar verbessern. Bisher gibt s jedoch nur acht Integrationsvereinbarungen, und auch it dem BEM tun sich besonders mittlere Betriebe chwer, da es ihnen noch an Erfahrungen mangelt. Ja, ir haben gute Instrumente an der Hand – sie sollten och von mehr Unternehmen in der Praxis angewendet erden. Wir wissen um die Differenziertheit der Behinderun- en. Deshalb brauchen wir auch differenzierte Lösun- en. Oftmals kann zum Beispiel mit der Eingliederungs- ilfe psychisch Kranken nicht ausreichend geholfen erden. Wir haben derzeit noch keine bedarfsgerechten ehaangebote. Die Zusammenarbeit der unterschiedli- hen Leistungsträger muss besser, transparenter werden. in anderes Beispiel ist die Schnittstelle des Übergangs us einer Werkstatt in den ersten Arbeitsmarkt. Hier sind nge Abstimmungen nötig. Und ein mehrfacher Wechsel er Betreuungsperson ist sicherlich nicht hilfreich. Ansprechen möchte ich auch die Situation Studieren- er. Studierenden mit Behinderung wird bis zum Ab- chluss einer angemessenen Ausbildung Unterstützung ewährt. In der Regel ist das nach der neuen Studien- orm der Bachelor. Deshalb müssen wir bei der Reform er Eingliederungshilfe zum Beispiel auch das neue Stu- iensystem beachten. Neben vielem Positiven zeigen diese drei Beispiele, ass unverkennbar Kraftanstrengungen nötig sind, um as Ergebnis einer „inklusiven Gesellschaft“, in der enschen mit und ohne Behinderung Haustür an Haus- ür leben, Schreibtisch an Schreibtisch arbeiten, gemein- am lernen, in politischen Gremien diskutieren und ntscheiden oder sich ehrenamtlich engagieren, zu errei- hen. Ich finde, das ist eine anspruchsvolle, aber sehr chöne Aufgabe für uns alle. Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD): Obwohl es in der 6. Legislaturperiode gute Ansätze dieses Parlaments nd der damaligen Bundesregierung gab, das Leben von enschen mit Behinderung zu verbessern – ich möchte ier vor allem die Unterstützte Beschäftigung und das rogramm „Altersgerecht Umbauen“ des Bundesministe- iums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung nennen –, tellt der Bericht zum Ende der vergangenen Legislatur, m den es in den vorliegenden Anträgen geht, in vielen unkten nicht das dar, was der Lebensrealität der Men- chen mit Behinderung entspricht. Das haben nahezu lle Sozialverbände, Vereine der Behindertenselbsthilfe, rbeitsgemeinschaften der Fachverbände und auch der aritätische Wohlfahrtsverband deutlich gemacht. Es ist gut, dass es diesen Bericht in jeder Legislatur- eriode gibt. Er muss aber deutlich besser werden, und 5824 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) ) )(B) unser Antrag sowie die Anträge der Linken und der Grü- nen haben diese Situation aufgegriffen. Wir haben als SPD in unserem Antrag gefordert, die Verbesserung der Datenlage als Ausgangspunkt für eine zukünftig hinrei- chende Berichterstattung in den Blick zu nehmen. Wir sind uns sicher einig, dass der Bericht auf einer Daten- lage basieren muss, die der UN-Behindertenrechtskon- vention entspricht und die sich auf die tatsächlichen Le- benslagen richtet, anstatt zusammenhanglos Statistiken zu präsentieren. Das wäre für die Menschen ein Hohn, die tatsächlich um ihre gesellschaftliche Teilhabe kämp- fen müssen – weil sie bevormundet werden, weil es keine oder unzureichende Barrierefreiheit gibt und weil Menschen mit Behinderung noch immer keine Normali- tät in unserer Gesellschaft sind. Es ist nun so, dass die Bundesregierung in vielen Be- reichen der Teilhabe nicht über ausreichende Informatio- nen zur realen Lebenslage von Menschen mit Behinde- rung verfügt. So ist offenbar nicht bekannt, dass Menschen mit Behinderung zu Tausenden in Heimen und Anstalten völlig von der Teilhabe am gesellschaftli- chen Leben ausgeschlossen sind, dass diese Menschen keine Alternativen angeboten bekommen, weil die insti- tutionelle Kraft der Träger sie nicht loslässt, sie nie be- werten können, dass ein selbstbestimmtes Leben mit al- ler notwendigen Unterstützung in einem barrierefreien Sozialraum eine Chance auf Gleichberechtigung ist. Es wird vielen Angst vor der Selbstständigkeit gemacht, und es werden Lösungen angeboten, die einfach nur er- niedrigend sind. Es kann zum Beispiel sein, dass selbst- bestimmtes Wohnen nur in solchen Wohnungen möglich ist, die in sozialen Brennpunkten oder in anderen Gebie- ten mit geringem Wohnwert liegen. Hier wird die Men- schenwürde mit Füßen getreten. Wären diese Tatsachen bekannt, wäre es in dem Be- richt sicher erwähnt worden. Es gilt daher, ausreichende Daten zum Beispiel zur Situation von psychisch kranken Menschen und Menschen mit Lernschwierigkeiten in unserer Gesellschaft zu erheben, um ihre realen Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe bewerten zu können. Da helfen keine reinen Statistiken der Agentur für Arbeit oder anderer Einrichtungen. Es braucht auch Informationen über Biografien und über die realen Hürden, denen sich Menschen mit Behin- derung tagtäglich gegenüber sehen. Nur so begreifen wir, was die Forderung der UN-Behindertenrechtskon- vention nach Inklusion wirklich für uns bedeutet und wo wir bei Veränderungen ansetzen müssen. Die Erstellung des Berichts und die Erhebung der not- wendigen Daten nach Maßgabe der Forderung der Kon- vention ist also schon ein Stück Umsetzung und Be- wusstseinsbildung. Der Bericht muss auf die Grundlage der Forderungen zur Erhebung und Darstellung von sta- tistischen Daten in Art. 31 der UN-Konvention gestellt werden und die Daten darin diesem Standard angepasst werden. Das Wichtigste dabei ist: Die Betroffenen müs- sen in die Erstellung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Menschen mit Behinderung einbezo- gen werden, denn nur so können die Forderungen der UN-Konvention glaubwürdig umgesetzt werden. Der B e 2 z U t d a s A w n e B c d f d s k e A R F s d F s w s r s g t m a d s v K M s A E n r l l e k s L b e s (C (D ericht muss zum Ende der 17. Wahlperiode rechtzeitig rneut erstellt werden – unsere Frist ist der 31. Oktober 012, um darüber im Parlament ausreichend debattieren u können. Der Bericht sollte dann auch bereits den msetzungsstand der UN-Konvention als Folge des Ak- ionsplanes aufnehmen. Ein zentraler Punkt, der für die Nutzung des Berichts urch das Parlament entscheidend ist: Der Bericht muss uf zukünftige Aufgabenstellungen hinweisen und Lö- ungsperspektiven aufzeigen. Wäre das im Falle der usschreibungspflicht für IFD-Leistungen gemacht orden, hätten wir rechtzeitig politisch umsteuern kön- en und würden nicht in die Situation kommen, dass ine gesetzlich gewollte Struktur der Vermittlung und etreuung von schwerbehinderten Menschen aufgebro- hen wird. Wir sind uns im Deutschen Bundestag darüber einig, ass die UN-Konvention das entscheidende Dokument ür die Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behin- erung ist. Über die Konsequenzen für die Änderung un- erer gesellschaftlichen Verhältnisse anhand dieses völ- errechtlich und gesetzlich verbindlichen Vertrages gibt s vor allem innerhalb der Koalition unterschiedliche nsichten. Während die Union das uneingeschränkte echt auf gemeinsame Beschulung einräumt, hält die DP offenbar immer noch an Förderschulen fest. Das ist ehr bedauerlich, sie steht mit dieser Position aber allein a, denn die Mehrzahl der Eltern möchte hervorragende örderung in der Regelschule anstatt in der Förder- chule. Weil die UN-Konvention so wichtig ist für die Frage, ie wir in 10 oder 20 Jahren in Deutschland leben, müs- en die Betroffenen in die Erstellung des deutschen Be- ichts gemäß Art. 35 der UN-Konvention an den Aus- chuss für die Rechte der Menschen mit Behinderung emäß Art. 33 einbezogen werden. Weiterhin ist wich- ig: Das Parlament muss bei der Berichtserstellung ge- äß Art. 35 der Konvention einbezogen werden. Das ist uch durch die zuständige deutsche Monitoringstelle, as Deutsche Institut für Menschenrechte, bei ihrem Be- uch im Ausschuss deutlich gemacht worden. Auch da- on hängt die Glaubwürdigkeit der Umsetzung der UN- onvention ab! Die UN-Behindertenrechtskonvention ist in aller unde. Landauf, landab wird über sie diskutiert und ge- tritten, sie wird aber auch ignoriert und missbraucht. uf diese Gefahr möchte ich ganz deutlich hinweisen. s ist nicht im Sinne der Konvention, wenn man – ganz ach Ansicht der FDP – mit dem Wunsch- und Wahl- echt der Eltern die Inklusive Bildung blockiert. Natür- ich: Die Kinder sind keine Versuchskaninchen, sie sol- en eine hervorragende Förderung in der Regelschule rhalten. Bei der förderpädagogischen Leistung darf es eine Abstriche geben, und auch die Regelschule muss ich verändern: in der Art des Unterrichts, im Schüler- ehrer-Verhältnis und auch hin zu mehr Barrierefreiheit – aulich und sprachlich. Besonders aber die Barriere im Kopf muss weg, dass s schlechter wird, wenn Kinder von Anfang an gemein- am lernen. Nationale und internationale Studien sowie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5825 (A) ) )(B) viele Praxisbeispiele aus unserem Land zeigen uns doch, dass es uns allen guttut und dass eine konsequent umge- setzte Inklusion im Bildungsbereich die gesellschaftliche Trennung von behindert und nicht behindert überwinden wird. Alle gewinnen hinzu. Es wird aber vonseiten der Institutionen und derjenigen, die eine Inklusive Gesell- schaft nicht wagen wollen, mit der Angst der Eltern ge- spielt, die UN-Konvention wird umgedreht. Ähnliches passiert im Bereich der Pflege von Men- schen mit Behinderung. Es gibt nun schon seit Jahren die Forderung der Sozialhilfeträger und auch von Leistungs- erbringern, den Pauschalbetrag des § 43 a SGB XI anzupassen. Wir haben das immer abgelehnt, weil kein einziger Euro einer Anpassung bei den Betroffenen an- kommen würde. Es ging hier einzig um eine Entlastung der Eingliederungshilfe und um die Verfestigung der be- stehenden Strukturen. Wir haben dann nämlich gesehen, wie weit es mit dem Interesse der Heimbetreiber an den Menschenrech- ten der Betroffenen aussah: Es wurden Hunderte Fach- pflegeheime für Menschen mit Behinderung gebaut, die dann endlich das nötige Geld der Pflegeversicherung in vollem Umfang einstreichen konnten. Es ging hier nie um die Betroffenen! Jetzt wird mithilfe der UN-Konvention argumentiert, das Wohnheim des Menschen mit Behinderung wäre seine selbstgewählte Häuslichkeit, und deshalb dürfe es keine Benachteiligung der Pflegesätze im ambulanten und im stationären Bereich mehr geben. Das ist eine völ- lig verfehlte Entwicklung, der wir uns in der SPD auch weiterhin widersetzen werden. Das Geld, das die Ein- gliederungshilfe hier für Wohnheime ausgibt, sollte für die Förderung ambulanter Wohnformen mitten in der Gemeinde investiert werden. Dort kann man dann viel eher von selbstgewählter Häuslichkeit sprechen, und eine Förderung des Pflegebedarfs durch die Pflegesätze des SGB XI ist auch möglich. Es gibt noch viele weitere Beispiele, die zeigen, wie wichtig es ist, den Geist der Konvention wirklich umzu- setzen, vor allem in der Bildung und im Bereich der Ein- gliederungshilfe, denn das sind die Wegweiser für die kommenden Jahre. Es bleibt die Forderung, mit diesen Reformen das SGB IX gesetzlich und in der Praxis zu starken, die her- vorragenden Instrumente endlich wirksam einzusetzen und die Zergliederung des Systems zu überwinden. Dafür braucht es viel Kraft und Willen, und ich wün- sche mir, dass diese Bundesregierung es schafft, einen Aktionsplan vorzulegen, der diesen Zielen gerecht wird und die Eingliederungshilfe einbezieht, denn es reicht nicht, auf alles einfach das Label „UN-Konvention“ zu kleben und so weiter zu machen wie bisher. Gabriele Molitor (FDP): „Probleme kann man nie- mals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie ent- standen sind.“ – Diese Worte von Albert Einstein sollten auch wir uns zu Herzen nehmen, wenn wir über Verän- derungen und Entwicklungen in der Behindertenpolitik sprechen. n e s z G d m z s l u m B p v e d A b d w f A D i t t I D I g L d k n w s K i S Z f d h t b h e s s d z (C (D Die UN-Behindertenrechtskonvention hat mit ihrem euen Konzept der Inklusion einen Perspektivwechsel ingeleitet. Die Konvention bietet die große Chance, ich von alten Denkmustern und ausgetretenen Pfaden u lösen und neue Wege einzuschlagen. Der Prozess des Neu- und Umdenkens ist in vollem ange. Dies ist mein Eindruck nach vielen Gesprächen, ie ich in letzter Zeit geführt habe. Die UN-Konvention it ihrem Schlüsselbegriff Inklusion und ihre Umset- ung in konkrete Politik ist auch ein wichtiges politi- ches Anliegen der christlich-liberalen Koalition. Ein wenig habe ich den Eindruck, dass dies bei Ihnen, iebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion nd der Fraktion der Linken, noch nicht ganz angekom- en ist. Sie beschäftigen sich in Ihren Anträgen mit dem erichtswesen und fordern einen nationalen Aktions- lan. Unter anderem fordern Sie auch, dass ein inklusi- es Bildungssystem geschaffen wird, und Sie fordern ine gleichberechtigte berufliche Teilhabe. Keine Frage, ies sind alles Punkte, die auch uns am Herzen liegen. us liberaler Sicht sind Bildung und Teilhabe am Ar- eitsmarkt die vorrangigen Themen. Ich sage Ihnen aber auch ganz offen, dass ich besorgt arüber bin, wie das Thema in der Opposition behandelt ird. Forderungen zu stellen, wie Sie das tun, ist ein- ach. Viel schwieriger ist es, die Dinge anzupacken. ber wir in der Regierung scheuen uns nicht davor, die inge anzupacken. Ein Aktionsplan ist, wie Sie wissen, n Arbeit. Sowohl die Länder als auch das Bundesminis- erium für Arbeit und Soziales haben angekündigt, Ak- ionspläne im März 2011 vorzulegen. Das dürfte auch hnen in der Opposition bekannt sein. Wir in der Regierung machen unsere Hausaufgaben. ies scheint jedoch nicht überall so zu sein. Ich möchte hnen ein Beispiel aus Berlin nennen: Sie, liebe Kolle- innen und Kollegen von der SPD und der Fraktion der inken, beanstanden das Berichtswesen und fordern, ass gehandelt wird. Es passiert Ihnen zu wenig. Wie er- lären Sie sich dann, dass Ihre Kollegen im Berliner Se- at Eltern mit ihren Sorgen und Nöten allein lassen, enn es um die Frage der Schulassistenz geht, und das chon seit längerer Zeit? Die Ferien haben schon begonnen. Die Eltern von indern mit Behinderung wissen immer noch nicht, ob hr Kind im nächsten Schuljahr einen Schulhelfer zur eite gestellt bekommt oder nicht. Sie beklagen unklare uständigkeiten, beschwerliche Behördengänge und In- ormationsmangel. Anträge für das neue Schuljahr wur- en bereits abgelehnt, Schulhelferstunden gekürzt – aus aushaltspolitischen Gründen. Sie mahnen im Bundes- ag an, was Sie – wenn Sie Verantwortung tragen – nicht ewerkstelligen. Mich bekümmert das, denn es zeigt deutlich, dass wir insichtlich der Umsetzung der UN-Konvention noch inen weiten Weg gehen müssen: gegen viele Wider- tände. Wie sollen mehr behinderte Kinder eine Regel- chule besuchen können, wenn ihnen die dafür notwen- ige Assistenz verwehrt wird? Das passt für mich nicht usammen. Ich sage Ihnen heute: Ich werde mich immer 5826 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) ) )(B) wieder dafür einsetzen, dass sich etwas ändert, weil mich die Sorge um die Zukunft unserer Kinder antreibt. Die Kernfrage, die wir uns stellen müssen ist, wie wir Menschen mit Behinderungen ein eigenständiges Leben ermöglichen können. Wir müssen hier ganz früh anset- zen. Die Erfahrungen mit integrativen Kindertagesstät- ten haben gezeigt, wie sehr alle Kinder davon profitie- ren, gemeinsam aufzuwachsen und Beeinträchtigungen des anderen nicht als Schwäche zu begreifen. Es ist un- sere Aufgabe, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, so vielen jungen Menschen mit Behinderung wie möglich über den Besuch von Regelschulen die Teilhabe am Ar- beitsmarkt zu ermöglichen. Soweit im Rahmen ihrer Fä- higkeiten möglich, sollen sie selbst entscheiden können, wo sie arbeiten möchten und wie sie sich ihren Lebens- unterhalt verdienen. Unabhängig und eigenständig zu sein, macht Menschen zufrieden. Auch die Frage, wie der Übergang in den Ruhestand geregelt werden kann, bedarf der Klärung. Der Eintritt in diese neue Lebensphase ist für einen Menschen, der bis- her zum Beispiel an einen strukturierten Tagesablauf in einer Werkstatt gewöhnt war, eine Umstellung. Wie wir Menschen mit Behinderung im Alter ein selbstbestimm- tes Leben ermöglichen können, ist eine neue Herausfor- derung. An den Übergangsphasen, sei es aus der Schule in den Job oder aus einer Tätigkeit in den Ruhestand, ist jeweils Hilfestellung und Beratung nötig, damit keiner alleingelassen wird. Der medizinische Fortschritt führt dazu, dass Men- schen immer älter werden. Hinzu kommt, dass ein Mensch im Alter häufig mit mehreren gesundheitlichen Problemen gleichzeitig zu kämpfen hat. Häufig entsteht eine Behinderung erst im Alter, wenn die Bewegungs- oder die Sehfähigkeit plötzlich schlechter wird. Deshalb muss es darum gehen, die medizinische Versorgung an diese altersspezifischen Bedürfnisse anzupassen. Für Leistungsträger und Leistungserbringer bedeutet die stark anwachsende Gruppe älterer Menschen mit Be- hinderung, dass sie sich auf veränderte Aufgaben, zum Beispiel in der Pflege einstellen müssen. An dieser Stelle möchte ich nochmal auf einen Aspekt hinweisen, der mir sehr wichtig ist: Behinderten- politik betrifft viele andere Politikbereiche. Behinderten- politik ist ein Querschnittsthema: Bildung, Verkehr, Wirtschaft, Bauen und Wohnen, Tourismus, Familie und Senioren sind unter anderem für Behindertenpolitik rele- vant. Ich möchte in all diesen Politikfeldern ein Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behin- derung schaffen und zu spürbaren Verbesserungen ge- langen, und ich möchte den Blick dafür schärfen, dass Verbesserungen und Veränderungen der gesamten Ge- sellschaft zugute kommen. Nicht nur Menschen mit Behinderung profitieren zum Beispiel von einer barrierefreien Infrastruktur. Auch die Mutter mit Kinderwagen ist froh, wenn es eine Rampe statt einer Treppe gibt. Das Gleiche gilt für Senioren, die nicht mehr gut zu Fuß sind und mit Gehhilfen oder Rol- lator unterwegs und auf stufenlose Wege angewiesen sind. J d u d g s i s r s o g P G B d M e a r d p h D d d P s p v a D w d j B d s g a a r a v a r M u d a s (C (D Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist die im uni soeben verabschiedete neue Baunorm DIN 18040, ie zwei bereits bestehende Normen zusammengefasst nd weiterentwickelt hat. Ich begrüße dies sehr. Neu ist, ass auch den sensorischen Anforderungen Rechnung etragen wird: Die Gestaltung von visuellen, akusti- chen oder taktilen Bauelementen ist vorgegeben. Damit st auch gewährleistet, dass die Bedürfnisse von Men- chen mit den unterschiedlichsten Behinderungen be- ücksichtigt werden: Seh- oder Hörbehinderung, motori- che Einschränkung, Menschen, die Mobilitätshilfen der Rollstühle nutzen oder die kognitive Einschränkun- en haben. Dies sind kleine Erfolge wie viele kleine uzzleteile, die zusammengesetzt am Ende ein großes anzes ergeben. Wir haben uns ein Ziel gesetzt: Nicht der Mensch mit ehinderung hat sich der Gesellschaft anzupassen, son- ern die Gesellschaft hat sich auf die Bedürfnisse der enschen mit Behinderung einzustellen. Inklusion ist in Prozess; der Aktionsplan der christlich-liberalen Ko- lition ist ein Konzept, wie wir Fortschritte erreichen. Lassen Sie uns die Chance nutzen, alte Denkstruktu- en aufzubrechen und Barrieren aus dem Weg und aus en Köpfen zu räumen. Das wollen wir gemeinsam an- acken, um die Lebenssituation von Menschen mit Be- inderungen nachhaltig zu verbessern. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Wir führen heute eine ebatte über die Umsetzung der UN-Konvention über ie Rechte von Menschen mit Behinderungen und über en Behindertenbericht der Bundesregierung – zwei aar Schuhe, die im gleichen Regal stehen und doch ver- chiedene Farben tragen. Die Linke verlangt die Vorlage eines ersten Aktions- lanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon- ention noch in diesem Jahr. Es zeichnet sich nämlich b, dass anderthalb Jahre nachdem die Konvention in eutschland in Kraft trat, noch lange keiner vorliegen ird. Dieser Schuh drückt Sie offensichtlich erst, wenn er Staatenbericht an die UNO vorliegen muss: im Früh- ahr 2011. Die Koalition lehnt unseren Antrag mit der egründung ab, dass ein unnötiger Zeitdruck kontrapro- uktiv und nicht im Interesse der Betroffenen sei. Sie etzen hingegen auf Gründlichkeit. Ich habe nichts ge- en Gründlichkeit, im Gegenteil. Offenbar haben wir ber verschiedene Vorstellungen von Gründlichkeit. Wie gründlich die Bundesregierung arbeitet, lässt sich m Bericht über die Lage von Menschen mit Behinde- ungen, Drucksache 16/13829, ablesen. Der sozusagen ktuelle Bericht wurde dem Parlament erst zwei Monate or der Bundestagswahl zugeleitet. Eine Befassung war lso nicht mehr möglich. In der gesamten 16. Wahlpe- iode schaffte es die Regierung nicht, die Situation von enschen mit Behinderungen datenbasiert darzustellen nd diskutieren zu lassen. Das nennen Sie gründlich? An dieser Stelle drängt sich mir die Vermutung auf, ass mit dem ersten Aktionsplan und dem Staatenbericht n die UNO, der Pflicht ist, ähnlich verfahren werden oll: Beides wird so spät vorgelegt, dass weder die be- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5827 (A) ) )(B) troffene Öffentlichkeit noch das Parlament auch nur den Hauch einer Chance haben, sich kritisch einzubringen. Damit nicht wieder am Parlament vorbei regiert wird, verlangt die Linke, dass der nächste Behindertenbericht bis spätestens Ende Oktober 2012 vorliegt. Um das Regieren aneinander vorbei zu stören, setzte die Linke den alten – aktuellen – Bericht der vergange- nen Wahlperiode erneut auf die Agenda. So wurde zu- mindest in einer öffentlichen Anhörung des Arbeits- und Sozialausschusses am 3. Mai 2010 breit über ihn disku- tiert. Das ist gründlich, oder? Nahezu übereinstimmend stellten die Sachverständigen fest, dass der Bericht lü- ckenhaft ist, weil die notwendigen Daten nicht erhoben werden, dass der Bericht lückenhaft ist, weil nur einige Lebensbereiche und insbesondere erwerbsarbeitsbezo- gene dargestellt werden, dass der Bericht einseitig ist, weil er die Situation beschönigt, und dass der Bericht unbrauchbar ist, weil er keinerlei Handlungsempfehlun- gen zur Schaffung von Teilhabegerechtigkeit hervor- bringt. Ist das gründlich!? Obwohl es schon länger angemahnt und immer wie- der offensichtlich ist – wir Parlamentarier erhalten auf unsere schriftlichen und mündlichen Anfragen die Ant- wort: „Spezifische Daten zu Menschen mit Behinde- rungen liegen nicht vor“ –, sind seitens der Bundes- regierung keinerlei Maßnahmen zu erkennen, Abhilfe zu schaffen. Im Gegenteil: mit Verweis auf Bürokratieab- bau wird eine differenziertere Datenerhebung verhindert. Dies steht im Widerspruch zu Art. 31 der UN- Behinder- tenrechtskonvention. Um das zu erkennen, braucht nie- mand einen mit allen Ressorts und allen Ländern abge- stimmten Aktionsplan. Das kann sofort getan werden, gern auch gründlich. Zurück zur Umsetzung der UN-Konvention: Die Linke fordert einen guten Aktionsplan, der realistische Ziele formuliert und praxisorientierte Umsetzungsvorha- ben benennt. Aber ich möchte noch einmal klarstellen: Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist eine Konkretisierung der universellen Menschenrechte. Gleichberechtigte Teilhabe von Men- schen mit Behinderungen ist Menschenrecht. Sie ist keine im Nebel schwebende Vision, wie es das zustän- dige Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit ei- ner Veranstaltung am 23. Juni 2010 suggerierte. Würden Sie die Konvention gründlich lesen und ernst nehmen, könnten Sie daraus zügig Maßnahmen ableiten. Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele: Streichen Sie den Kostenvorbehalt in § 9 Abs. 2 SGB XII, damit Men- schen mit Behinderungen frei wählen können, wie, wo und mit wem sie wohnen wollen. Schaffen Sie ein inklu- sives Bildungssystem; beginnen Sie mit wirklichem El- ternwahlrecht. Starten Sie wirkungsvolle Kampagnen zur Bewusstseinsbildung. Schaffen Sie bei der Einglie- derungshilfe die Anrechnung von Einkommen und Ver- mögen ab. Vergeben Sie öffentliche Aufträge nur noch, wenn umfassende Barrierefreiheit geschaffen wird. Seien Sie also gründlich. Sie haben in dieser Wahlperiode nichts, aber auch noch gar nichts unternommen, um für ein Mehr an Gleichstellung für Menschen mit Behinderungen zu sor- g v s S ü l q i A d d s d N l g v s S m b l B A U s D d z e e b h s A l n s e d d c Z k d n U v A Z t m v n d (C (D en. Nichts! Stattdessen basteln Sie Kürzungspakete, on denen Sie – aber auch nur Sie – glauben, dass Men- chen mit Behinderungen nicht betroffen seien. Nehmen ie zur Kenntnis, dass Menschen mit Behinderungen berproportional von der Krise betroffen sind, nicht zu- etzt durch eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosen- uote. Im Übrigen erstaunt mich eines immer wieder, wenn ch die Verantwortlichen höre, sei es Staatssekretär ndreas Storm oder auch Bundesministerin Ursula von er Leyen: Sie reden immer wieder über inklusive Bil- ung. Uns, der Opposition, erzählen Sie jedoch, Sie eien dafür nicht zuständig. Ja was denn nun? Reden Sie och mal über das, für das Sie sich zuständig fühlen. ehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, und zwar gründ- ich. Sorgen Sie für eine aussagekräftigere Statistik. Le- en Sie rechtzeitig einen ehrlichen Bericht über die Lage on Menschen mit Behinderungen vor. Verstecken Sie ich nicht hinter Planung, um Taten zu verhindern. chließlich: Verwechseln Sie den Staatenbericht nicht it dem Aktionsplan, verwechseln Sie den Behinderten- ericht nicht mit dem Staatenbericht. Seien Sie gründ- ich. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die undesregierung entwickelt derzeit einen nationalen ktionsplan, der den Handlungsbedarf, der durch die N-Behindertenrechtskonvention entsteht, offenlegen owie einen Fahrplan zur Umsetzung präsentieren soll. ies begrüßen wir ausdrücklich, ist es zur Umsetzung er UN-Konvention doch zwingend notwendig. Gleich- eitig lässt die Bundesregierung nicht die Auffassung rkennen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention inen gesetzgeberischen Änderungsbedarf mit sich rächte. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, In- alt, Umfang, Prozess und zeitliche Perspektive eines olchen Aktionsplans zu kontrollieren. Hierzu haben wir von Bündnis 90/Die Grünen einen ntrag eingebracht, der eben solche Ansprüche formu- iert. Leider konnten weder die Koalitionsfraktionen och die Fraktionen der SPD und der Linken im Aus- chuss unserem Antrag zustimmen. Dies ist umso bedau- rlicher, als dass sich die Bundesregierung derzeit bei er Erstellung des Aktionsplanes zwar bemüht, jedoch en Anschein erweckt, als beginne man bei der inhaltli- hen Erarbeitung bei Null. Dies ist mitnichten der Fall. um Beispiel sind im Rahmen der Kampagne „Alles In- lusive: Die neue UN-Konvention“ der vorherigen Bun- esregierung gute Grundlagen erarbeitet worden, mit de- en man weiter arbeiten kann. Ein wichtiges Element zur effektiven Umsetzung der N-Behindertenrechtskonvention wäre die Einrichtung on weiteren Focal Points in relevanten Ministerien und bteilungen. Focal Points sind Stellen, die den gesamten uständigkeitsbereich eines Ministeriums oder einer Ab- eilung sowie deren Handeln auf die Übereinstimmung it der UN-Behindertenrechtskonvention prüfen. Eine om Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Natio- en für Menschenrechte herausgegebene Studie zeigt, ass zusätzliche Focal Points helfen können, ein entspre- 5828 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) ) )(B) chendes Bewusstsein zu bilden. Sie können an der Erar- beitung eines Aktionsplanes teilnehmen sowie die Um- setzung der Konvention begleiten und kontrollieren. Es ist schade, dass eine formelle Benennung von weiteren Focal Points durch die Bundesregierung bislang nicht er- folgt ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Aussage der Bun- desregierung auf meine mündliche Frage, wonach eine solche Benennung „nicht ausdrücklich ausgeschlossen“ sei, auch praktisches Regierungshandeln nach sich zieht. Ein Beispiel, wie doch auch einzelne Bundesministe- rien voranschreiten könnten, um herauszufinden, inwie- weit denn die UN-Behindertenrechtskonvention Auswir- kungen auf ihr jeweiliges Politikfeld hat, zeigte schon in der vergangenen Legislaturperiode das Bundesministe- rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung. Dieses gab eine Studie zum Thema „Umsetzung der VN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Rahmen der deutschen Entwick- lungszusammenarbeit“ in Auftrag. Zwar wurden die seit dem Oktober 2008 vorliegenden Empfehlungen weder von der damaligen noch von der jetzigen Bundesregie- rung konkretisiert oder gar umgesetzt – bislang zumin- dest. Mit den Empfehlungen liegen aber Handlungsauf- träge vor, die auch im Aktionsplan der Bundesregierung dementsprechende Berücksichtigung finden müssen. Nicht nur die Bundesregierung ist aufgefordert, die Umsetzung der UN-Konvention voranzubringen, son- dern auch der Deutsche Bundestag. Hierauf verwies zu- letzt Professor Dr. Beate Rudolf vom Deutschen Institut für Menschenrechte bei ihrem Besuch Anfang Juni im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales. Professor Rudolf schlug den Abgeordneten des Ausschusses drei Möglichkeiten vor, wie sie sich im Rahmen des Staaten- berichtes zur UN-Konvention beteiligen können. So sollten die Abgeordneten schon vor dem Kabinettsbe- schluss zum Staatenbericht im nächsten Jahr das Thema erneut auf die Tagesordnung des Ausschusses setzen, sich sodann mit den Fragen, die der Vertragsausschuss der Vereinten Nationen stellen wird, auseinandersetzen und schließlich die Empfehlungen diskutieren und in die Politikgestaltung aufnehmen. Ich fordere meine Kolle- ginnen und Kollegen auf, diesen Hinweisen entspre- chend die kommende Ausschussarbeit zu strukturieren. Darüber hinaus möchte ich nochmals auf die viel zi- tierte Umsetzungspflicht der Bundesregierung als Ver- tragspartnerin gegenüber den Vereinten Nationen zu sprechen kommen. Hier scheint die Bundesregierung zu glauben, dass die Bereiche, die in die alleinige gesetzge- berische Zuständigkeit der Bundesländer fallen, sie nichts angingen. Dies mussten wir Grünen schon auf un- sere Anfragen zu den Themen Kindertagesstätten, Schule und Hochschule erfahren. Jüngst wollten wir von der Bundesregierung wissen, welche Maßnahmen sie trifft bzw. treffen wird, um die UN-Konvention in den Bereichen Bauordnungsrecht und barrierefreies Bauen umzusetzen. Auch hier antwortete die Bundesregierung, dass, sofern es überhaupt einen Änderungsbedarf gäbe, diese Frage nur für die Bundesländer von Belang wäre. Allerdings: Gegenüber den Vereinten Nationen bleibt die Bundesregierung letztlich für das Gesamtergebnis ver- antwortlich und muss sich daher endlich dieser Verant- w n J H B U n S i U s c e K 2 d n k b W m s r s S G A v B u d s N e d l S B w u R c s d b n S d g e D I s h b (C (D ortung stellen. Tut sie dies nicht, wird sie schon kurz ach Vorlage des ersten Staatenberichtes im nächsten ahr ein böses Erwachen erleben. Es bestehen durchaus andlungsmöglichkeiten auch auf Bundesebene. Die undesregierung könnte und müsste gemäß Art. 8 der N-Konvention sofortige bewusstseinsbildende Maß- ahmen ergreifen, um die Menschen von der inklusiven chule zu überzeugen. Außerdem gilt es, das Rechts- nstitut der „angemessenen Vorkehrungen“, wie es in der N-Konvention vorgesehen ist, auszugestalten und ent- prechend für hiesige Regelungen anwendbar zu ma- hen. Lassen Sie mich nun noch einmal etwas zu den aktu- llen Sparvorschlägen der Bundesregierung sagen. Die oalition plant Einsparungen von 16 Milliarden Euro bis 014 beim Bund und bei der Bundesagentur für Arbeit urch die Umwandlung bisheriger Pflichtleistungen ach SGB II und SGB III in Ermessensleistungen. Dies önnte unmittelbare Auswirkungen auf den Bereich der eruflichen Rehabilitation behinderter Menschen haben. ir müssen gemeinsam dafür eintreten, dass die Sparbe- ühungen nicht die Bemühungen zu einem Mehr an elbstbestimmter Teilhabe von Menschen mit Behinde- ungen konterkarieren. Dass uns solche Sparvorhaben auch von anderen taatlichen Ebenen bevorstehen, zeigt das gemeinsame chreiben des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen emeindetages und des Bayerischen Landkreistages. uf dieses Schreiben wies ich schon in meiner Rede om 20. Mai hin. Glücklicherweise haben nun auch die ehindertenbeauftragten der Bayrischen Staatsregierung nd der Kommunen diese Vorstöße zurückgewiesen. Lassen Sie mich zum Schluss noch auf den Bericht er Bundesregierung über die Lage behinderter Men- chen und die Entwicklung ihrer Teilhabe eingehen. ach § 66 SGB IX ist die Bundesregierung aufgefordert, inen Bericht über die Lage behinderter Menschen und ie Entwicklung ihrer Teilhabe an den Bundestag vorzu- egen. Die Anhörung vom 3. Mai 2010 im Arbeits- und ozialausschuss hat gezeigt, dass erstens der vorgelegte ericht den Ansprüchen des § 66 SGB IX nicht gerecht ird, da der Bericht nicht umfassend und detailliert ist, nd zweitens, dass es an gesetzlichen Regelungen zur egelmäßigkeit sowie zum Zeitpunkt der Veröffentli- hung fehlt. Die Erhebung und Aufbereitung ge- chlechtsspezifischer Daten ist unzureichend. Mit unserem Antrag wollten wir die Mängel der Bun- esregierung aufzeigen, die unter rot-grüner Regierungs- eteiligung eingeführte Berichterstattung stärken und ei- en konkreten Vorschlag zur Umsetzung der Art. 31, tatistik und Datensammlung, und 6, Frauen mit Behin- erungen, der UN-Behindertenrechtskonvention vorle- en. Leider wurde von den Koalitionsfraktionen nicht in einziger Punkt unserer Vorschläge aufgenommen. ie doch recht fadenscheinigen Begründungen können nteressierte gerne in der Beschlussempfehlung des Aus- chusses nachlesen. Ein solches Ausweichen und Nicht- andeln der Regierungsfraktionen ist unverständlich und leibt enttäuschend. Besserung täte not. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5829 (A) ) )(B) Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: EU-Fördermittel aus dem Emissionshandel für erneuerbare Energien und zur Verringerung prozessbeding- ter Emissionen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Jens Koeppen (CDU/CSU): Lassen Sie mich bitte mit ein paar kurzen Ausführungen zur Bedeutung von CCS beginnen, um den Antrag im Kontext der gegen- wärtigen Energie- und Klimadebatte diskutieren zu kön- nen. Die Marktintegration von CCS-Prozessen bei der Ge- winnung von Energie aus fossilen Energieträgern, aber auch bei vielen emissionsintensiven Energieprozessen, ist eine wichtige Voraussetzung, die ehrgeizigen Klima- ziele auf nationaler und europäischer Ebene zu errei- chen. Die CCS-Technologien sind aber auch für andere Regionen in der Welt eine Chance, ihre meist steigende Energienachfrage klimafreundlich zu decken. Die stark wachsenden Ökonomien in China und Indien werden weder auf die Nutzung der heimischen Kohle verzichten, noch mittelfristig ihr wirtschaftliches Wachstum vom zusätzlichen Energiebedarf entkoppeln können. Als Brückentechnologie sind CCS-Prozesse für uns in Deutschland erforderlich, um die bezahlbare Energiever- sorgung unserer Bevölkerung mithilfe heimischer Ener- gieträger sicherzustellen und die Importabhängigkeit zu begrenzen. Nach Einschätzung der Europäischen Kommission könnten die im Jahr 2030 durch die Nutzung der ver- schiedenen CCS-Prozesse vermiedenen Emissionen einen Anteil von 15 Prozent der vereinbarten Emissions- reduzierungen ausmachen. Nach Berechnungen der In- ternationalen Energieagentur, IEA, würden die Kosten der Klimaschutzmaßnahmen um 70 Prozent steigen, wenn die Marktintegration der neuen Technologien nicht möglich wäre. Neben dem Beitrag zur Erreichung der Klimaschutz- ziele und zur Sicherung unserer Energieversorgung stellen die CCS-Technologien auch industriepolitisch eine interessante Option – mit riesigen Exportchancen und Entwicklungsansätzen für neue Produkte und Pro- duktionsverfahren – dar. Den Chancen der Technologien bei erfolgreicher De- monstration und Marktintegration stehen in potenziellen Speicherregionen aber erhebliche Ängste der Bevölke- rung gegenüber. Politisches Handeln muss die Chancen der Technologie sichern, aber auch durch große Transpa- renz der Entscheidungsprozesse und einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen mit hohen Sicherheitsanforderun- gen die Akzeptanz der Menschen für die neuen Techno- logien in den Speicherregionen verbessern. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von Bünd- nis 90/Die Grünen, ich sehe in Ihrem Antrag einen ge- wissen Fortschritt, einen Fortschritt hin zu CCS und ei- ner gewissen Offenheit gegenüber dieser Technologie- option. Sie lehnen die neue CCS-Technologie nicht mehr a s n b m d w z z l o k i d s i S z n G Ä b a t z z s d n h d W s n a m d g n e I n b g e t K E n a w C d C d (C (D b, sie lehnen nicht mehr ab, dass CO2 unterirdisch ge- peichert wird. Das begrüße ich. Während durch Sie och vor kurzer Zeit die Technologie generell und mit eschwörender Mimik und Gestik abgelehnt wurde, räu- en Sie mit diesem Antrag sachlich und deutlich ein, ass wir die Technologie brauchen. Sie räumen ein, dass ir die Technologie dringend für saubere Industriepro- esse benötigen, um unsere hochgesteckten Klimaziele u erreichen. Sie wollen CCS für die Industrie, aber nicht für Koh- ekraftwerke. Sie stehen der Speicherung von Kohlendi- xid nur noch skeptisch gegenüber, wenn es aus Kohle- raftwerken stammt. Wenn das Kohlendioxid in ndustriellen Prozessen entsteht, haben Sie hinsichtlich er Speicherung keine Befürchtungen. Diese Unter- cheidung von „gutem“ und „schlechtem“ Kohlendioxid st wissenschaftlich durch gar nichts zu belegen. Die peicherung von Kohlendioxid – egal aus welchen Pro- essen gewonnen – hat keine unterschiedlichen Reaktio- en oder Eigenschaften. Daher meine dringende Bitte: ehen Sie einen Schritt weiter, und hören Sie auf, ngste bei den Menschen hinsichtlich der CCS-Prozesse ei der Kohlenutzung zu schüren. Ihre Unterscheidung, b dem Jahr 2010 Kohlendioxid in „gutes“ und „schlech- es“ CO2 einzuteilen, ist bildungsfern und wird der Ak- eptanz von Klimaschutzmaßnahmen bei Industriepro- essen schaden. Mein dringender Hinweis: Rufen Sie ich bitte Goethes Zauberlehrling in Erinnerung! „Herr, ie Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun icht los.“ Herr, die Not ist groß! Wenn Sie gegen Kohleverstromung sind – was jeder ier weiß –, kritisieren sie die Kohlenutzung, aber scha- en Sie nicht auch der Klimaschutztechnologie CCS. enn Sie CCS-Nutzung für die Energieversorgung kriti- ieren, möchte ich darauf verweisen, dass wir die Tech- ologie auch für unsere Gaskraftwerke benötigen, also uch für die Energie, die Sie – meine sehr geehrten Da- en und Herren von Bündnis 90/Die Grünen – aus- rücklich unterstützen. Es wird immer davon ausgegan- en, CCS sei eine Option, um nur Kohle sauberer zu utzen. Unsere ehrgeizigen Klimaziele stellen aber auch rhöhte Emissionsanforderungen an die Gaskraftwerke. n diesem Zusammenhang möchte ich die CCS-Richtli- ie in Erinnerung rufen. Dort ist in Art. 33 festgeschrie- en, dass es um Feuerungsanlagen von über 300 MW eht. Die EU-Richtlinie gilt also auch für Gas. Ich möchte jetzt aber auf die einzelnen Forderungen ingehen. Sie fordern – ich zitiere – „im Rahmen der ers- en und zweiten Bewerbungsphase bei der Europäischen ommission nur Projekte aus dem Bereich erneuerbare nergie und zur Vermeidung prozessbedingter Emissio- en bei Industrieprozessen zur Förderung durch Mittel us dem Emissionshandel einzureichen.“ Was Sie fordern, ist ein Verzicht auf Technologieent- icklung in Deutschland. Europa fördert nicht weniger CS, wenn Deutschland kein Projekt in Brüssel anmel- et. Das Einzige, was geschieht, ist, dass mit den Mitteln CS-Projekte in anderen EU-Ländern unterstützt wer- en. Sie suggerieren mit Ihrer Forderung, dass so mehr 5830 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) ) )(B) Geld für die Entwicklung erneuerbarer Technologien zur Verfügung steht. Das ist falsch. Die Mittel fließen zu an- deren CCS-Projekten – nicht mehr und nicht weniger. Anders als bei uns ist das Akzeptanzproblem in anderen Ländern kaum erkennbar. Es gibt dort mehr Projekte, als durch die europäische Ebene unterstützt werden. In an- deren EU-Ländern wird Ihr Vorschlag daher sicherlich bejubelt. Unserer Industrie und unseren Energieversor- gern nehmen Sie aber die Chance auf klimafreundliche Prozesse. Fordern und fördern geht bei Ihnen nicht zu- sammen. Sie wollen hohe Klimaschutzziele, geben dann aber der Wirtschaft nicht die Möglichkeit, die ehrgeizi- gen Ziele zu erfüllen. Ihre zweite Forderung – ich zitiere –, aufgrund des kurzen Zeitfensters die Industrie aufzufordern und zu unterstützen, umgehend erfolgsversprechende Projekte bis zum 31.10.2010 vorzuschlagen.“ Das Demonstrationsprojekt, welches im Land Bran- denburg geplant wird, wird seit Jahren vorbereitet. Wie soll die Industrie, wie sollen einzelne Unternehmen mit einer Frist von drei Monaten „erfolgversprechende Projekte“ vorlegen? Bei CCS-Prozessen geht es um In- vestitionen, die im Kraftwerksbereich deutlich die Mil- liardengrenze überschreiten. Auch für die Industrieun- ternehmen bedeuten CCS-Prozesse Investitionen im mindestens – abhängig von der Größe – zweistelligen Millionenbereich. Solche Investitionsentscheidungen, die im Übrigen mit unzähligen Arbeitsplätzen – Gewinn und Verlust dieser – verbunden sind, werden nicht über Nacht getroffen. Es sind immense Ingenieursleistungen gefragt, Projekte brauchen eine Finanzierung, die Pro- jekte brauchen einen wissenschaftlichen Hintergrund etc. In dem Zeithorizont, den Sie hier benennen, kann nichts Seriöses vorgelegt werden. Ein anderer Aspekt, der in diesem Zusammenhang noch wichtig erscheint: Wir wollen bei den CCS-Tech- nologien die Demonstrationsphase starten. Die Techno- logie ist noch nicht im Markt integriert, sondern wird für die Marktintegration, für die wirtschaftliche Verfügbar- keit, durch die Demonstration vorbereitet. Wollen wir die Technologie bei Industrieprozessen nutzen, brauchen wir die europaweite Demonstration durch die Energiean- bieter. Die Energieanbieter machen die Technologie wirtschaftlich für die Industrieprozesse. Kleine oder mit- telständische, aber auch größere energieintensive Unter- nehmen haben gar kein Know-how, um die Exploratio- nen für die CO2-Speicher erfolgreich durchzuführen. Würden die Unternehmen einzeln, jedes für sich, eine Demonstration und die dafür notwendige Einrichtung ei- nes Speichers vorbereiten, wäre CCS sicherlich nicht in den kommenden 10, 15 oder 20 Jahren wirtschaftlich verfügbar. Es müssten Zertifikatepreise erzielt werden, die wir in der kommenden und sicherlich auch der da- rauffolgenden Handelsperiode nicht erreichen werden. Die Nutzung von CCS und Demonstration durch Ener- gieunternehmen ist nicht nur für eine sichere und saubere Energieversorgung notwendig, sondern auch erforder- lich, damit wir uns mit sauberen Industrieprozessen dem internationalen Wettbewerb stellen können. „ F r E l n n h v g t d n z T I n m d k ü g b C g m D n P d s E k a D n d F t d E R E s i n d P n e D 2 u h (C (D Ich komme zu Ihrer letzen Forderung – ich zitiere –, bei der EU-Kommission darauf hinzuwirken, dass die orschung an alternativen Technologien zur Verringe- ung prozessbedingter Emissionen aus Mitteln aus dem U-Emissionshandel gefördert werden kann.“ Hier er- aube ich mir den Hinweis, dass die EU-Kommission icht der richtige Adressat für die Forderung ist. Richtli- ien werden vom Rat oder, wie im Fall der Emissions- andelsrichtlinie, vom Rat und Europäischen Parlament erabschiedet. Zusammenfassend möchte ich hervorheben: Ich be- rüße das Bekenntnis zu CCS der antragstellenden Frak- ion. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die For- erungen, wie sie formuliert sind, weder die Technologie och den Klimaschutz voranbringen. Sie sind weder ielführend noch machbar. Sie verbinden das Thema der echnologieentwicklung noch mit zu viel Ideologie, und hre Feindbilder – wie es die kohleverstromenden Unter- ehmen für Sie sind – lassen Sie eine Position einneh- en, mit der Klimaschutz, Versorgungssicherheit und ie Wettbewerbsfähigkeit nicht vorangebracht werden ann. Wir werden in einigen Wochen hier die Debatte ber das neue CCS-Gesetz haben. Sehr geehrte Kolle- innen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, blei- en Sie auch bei der Diskussion bei Ihrer neuen Pro- CS-Position, und überdenken Sie Ihre Gegnerschaft egenüber CCS bei der Energiegewinnung! Frank Schwabe (SPD): Welche Projekte wollen wir it den Einnahmen aus dem Emissionshandel fördern? iese Frage steht im Mittelpunkt des Antrags der Grü- en, über den wir heute diskutieren. Genauer gesagt, geht es um die Förderung von CCS- rojekten mit Mitteln aus dem CO2-Emissionshandel aus er sogenannten New Entrance Reserve. Nach dem Be- chluss der Europäischen Kommission sollen aus dem uropäischen Emissionshandel 300 Millionen Zertifi- ate für die Förderung von 34 Demonstrationsprojekten us dem Bereich erneuerbare Energien und acht CCS- emonstrationsprojekten bereitgestellt werden. Bei ei- em Preis von 20 bis 30 Euro pro Tonne CO2 bedeutet ies ein Gesamtvolumen von 6 bis 9 Milliarden Euro an ördergeldern. Neben der Förderung mit den Gegenwer- en der Zertifikate aus der New Entrance Reserve wer- en CCS-Projekte noch aus Mitteln des europäischen nergie-Konjunkturpakets gefördert. Der Europäische at hat im März 2009 beschlossen, fast 4 Milliarden uro für konjunkturwirksame Energieprojekte bereitzu- tellen. 1,5 Milliarden Euro daraus sollen für 15 Projekte n den Bereichen CCS und Offshore-Windenergie ge- utzt werden. Aus diesen Mitteln erhalten Vattenfall und as Land Brandenburg bis zu 180 Millionen Euro für das rojekt Jänschwalde. Die Frage, wer welche Gelder erhalten soll, kann man ur beantworten, wenn klar ist, welches Ziel man damit rreichen möchte. Das Ziel ist in diesem Fall, dass eutschland seine Klimaziele erreichen kann. Um das -Grad-Ziel zu erreichen, müssen die Industrieländer nd damit auch Deutschland die Emissionen an Treib- ausgasen bis zum Jahr 2050 um bis zu 95 Prozent sen- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5831 (A) ) )(B) ken. Will Deutschland dieses Ziel erreichen, so ist es notwendig, dass wir das gesamte Energiesystem bis zum Jahr 2050 vollständig dekarbonisieren. Damit verbindet die Sozialdemokratie die ebenfalls notwendigen Ziele ei- ner auch zukünftig für alle Bürgerinnen und Bürger be- zahlbaren und sicheren Energieversorgung. Zudem wol- len wir auf diesem Weg die technologische Vorreiterrolle und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas sichern und ausbauen. Zahlreiche Studien zeigen jedoch auf, dass wir unsere Klimaschutzziele nicht erreichen, falls wir nur die Ener- gieerzeugung dekarbonisieren. Es bedarf eines grundle- genden Umbaus unserer Art zu wirtschaften. Jeder Sek- tor, sei es der Verkehr, die Industrie, die Landwirtschaft und der Gebäudebereich, müssen ihren Beitrag leisten. Das ist auch an diejenigen gerichtet, die noch nicht von einer vollständigen Dekarbonisierung der Energieversor- gung überzeugt sind. Jede Tonne CO2, die die Strompro- duktion in Zukunft ausstoßen wird, steht der Industrie nicht mehr zur Verfügung. Wer Klimaziele erreichen möchte, die Stromversorgung aber nicht hin zur Vollver- sorgung durch erneuerbare Energien umbauen möchte, wird deshalb zum zukünftigen Arbeitsplatzexporteur. Im Bereich der Industrie gibt es jedoch Branchen, bei denen prozessbedingt CO2 entsteht. Im Hinblick auf eine CO2-freie Wirtschaft in der Mitte des Jahrhunderts gibt es für diese Emissionen bisher keine Vermeidungsper- spektive. Wir wollen diese Branchen, wie Stahlproduk- tion, Zement oder Klinker, in Deutschland halten, weil es fundamental ist, dass wir auch im Jahr 2050 noch ein prosperierendes Industrieland sind. Um diese Branchen zu halten und trotzdem unsere Klimaziele zu erreichen, ist es notwendig, dass die Emissionen aus Industriepro- zessen zukünftig mittels CCS-Technologie abgeschieden und gespeichert werden. Den Grünen ist deshalb zuzu- stimmen, wenn sie in Prozessemissionen die Hauptauf- gabe für CCS sehen. Es ist bedenklich, dass es in Deutschland bisher nur Versuchsprojekte der Stromwirt- schaft zur CO2-Abtrennung und -Speicherung gibt, je- doch keine Projekte der Industrie. Und jetzt wird die Zeit sehr knapp, um solche Projekte noch fristwahrend einzu- reichen. Neben dem Bereich der Industrie ist der Einsatz der CO2-Abscheidung im Bereich der Biomassenutzung eine interessante Option. So kann es notwendig werden, Bio- masse in Verbindung mit CCS zu nutzen, um so CO2 der Atmosphäre zu entziehen. Viele Szenarien zur Vermei- dung eines gefährlichen Klimawandels gehen davon aus, dass dies in den nächsten Jahrzehnten notwendig wird. Biomassekraftwerke mit CCS wirken als Nettosenken, das heißt CO2 wird aus der Atmosphäre entfernt. Daher unterstützen wir die Erprobung von CCS in heimischen Demonstrationsprojekten und fordern die zügige Vorlage eines CCS-Gesetzes. Die Verabschie- dung eines nationalen CCS-Gesetzes ist die Grundlage für die Inanspruchnahme von teilweise bereits zugesag- ten EU-Fördermitteln. Falls die Bundesregierung die Förderung von heimischen Demonstrationsanlagen er- reichen möchte, muss sie bis Ende dieses Jahres ein CCS-Gesetz verabschieden. Wir befinden uns heute in d w D d v s h w C u k V e U w d n n r I v d w n d s t E s v n E E w s a D s T i b S l b w b w T S w g g b T l e h m (C (D er letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, und as hat die Bundesregierung bis jetzt geliefert? Nichts! abei liegt mit dem Entwurf eines CCS-Gesetzes aus er letzten Legislaturperiode ein fertiger Gesetzentwurf or. Bis heute hört man von Schwarz-Gelb aber nur, dass ie diskutieren, diskutieren und weiter diskutieren. Man ört, dass über die Größe der Lagerstätten diskutiert ird, über Möglichkeiten für Bundesländer, die kein CS auf ihrem Gebiet haben wollen. Über Sicherheits- nd Umweltstandards wird anscheinend auch noch dis- utiert. Gerade der letzte Punkt ist interessant. Als Teil der erhandlergruppe der SPD-Fraktion beim CCS-Gesetz rinnere ich mich an die Zeit vor einem Jahr, als die nion alles unternahm, um hohe Sicherheits- und Um- eltstandards zu verhindern. Dabei ist offensichtlich, ass diese Technik ohne die Akzeptanz der Bevölkerung icht durchzusetzen ist. Akzeptanz erreicht man jedoch ur, wenn die Verfahren transparent sind, die Bevölke- ung vor Ort umfassend beteiligt wird und berechtigte nteressen berücksichtigt werden. Wer in Gutsherrenart orgeht, wird erreichen, dass diese Technik schon vor em ersten Ausprobieren nicht durchsetzbar wird. Und ir befinden uns bei der CCS-Technologie noch ein ei- em sehr frühem Stadium, die CCS-Technologien befin- en sich noch im Entwicklungsstadium. Daher können ie auch zum jetzigen Zeitpunkt kein tragender Bestand- eil einer CO2-Minderungsstrategie und eines seriösen nergiekonzepts sein, dass das Erreichen der Klima- chutzziele gewährleisten muss. Wir wollen schrittweise orgehen, indem wir zunächst die Erprobung der Tech- ologien in Demonstrationsanlagen in Deutschland und uropa unterstützen. Erst nach der Auswertung dieser rgebnisse werden wir darüber entscheiden können, elche Rolle CCS im Rahmen eines Energiekonzepts pielen kann und soll. Hier setzt auch meine Kritik am Antrag der Grünen n. Folgt man dem Antrag der Grünen, so wäre ein CCS- emonstrationsprojekt in der Stromproduktion ausge- chlossen. Zwar bin ich skeptisch, ob CCS, sollte die echnik funktionieren, jemals wirtschaftlich darstellbar st. Auch ist es richtig, dass der Schwerpunkt von CCS ei den Prozessemissionen liegen sollte. CCS für die tromproduktion aber nicht einmal in einer Versuchsan- age auszuprobieren, würde uns der Möglichkeit berau- en, Erfahrungen mit dieser Technik zu sammeln. Denn ie wollen wir vorgehen, wenn der Ausbau der erneuer- aren Energien nicht so vorangeht, wie wir das für Not- endig halten? Ohne CCS hätten wir dann keine zweite echnik in der Hinterhand. Auch bei einem Umbau der tromversorgung hin zu erneuerbaren Energien sollten ir CCS in einer Versuchsanlage ausprobieren, um nöti- enfalls eine Alternative in der Hinterhand zu haben. Um den Bedrohungen durch den Klimawandel zu be- egnen, ist es wichtig – nach dem Grundsatz der Risiko- egrenzung – auch Alternativpfade voranzutreiben. echnisch wäre es möglich, die globalen Klimaziele al- eine mit Energieeffizienz und erneuerbaren Energien zu rreichen. Politische Ansätze in diese Richtung müssen öchste Priorität haben. Selbst unter diesem Szenario uss CCS aber als Versicherung gegen Verzögerungen 5832 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) ) )(B) ins Lösungsportfolio einbezogen werden. Diese Alterna- tivpfade würde der Antrag der Grünen verbauen. Des- halb können wir ihm nicht zustimmen, auch wenn er richtige Punkte enthält. Michael Kauch (FDP): Die Grünen fordern in ihrem Antrag, der hier zur Debatte steht, dass Deutschland keine Anträge für die Förderung von CCS-Technologie für die Kohleverstromung im Rahmen der NER-300- Förderung an die Europäische Union weiterleitet. Wir als FDP halten das Ansinnen der Grünen für falsch, CCS-Projekte für Kraftwerke von der Förderung von vornherein auszuschließen. Mit ihrer rückwärtsge- wandten Technologiefeindlichkeit schaden die Grünen dem globalen Klimaschutz und verhindern Exportchan- cen für deutsche Kraftwerkstechnik. Wir brauchen CO2-Abscheidung und -Einlagerung bei der Kohleverstromung zur Bekämpfung des Klima- wandels. Dabei spielt bei der globalen Betrachtung Deutschland gar keine so große Rolle. Viel wichtiger sind die Kohlevorkommen der großen CO2-Emittenten. China beispielsweise wird seine Kohle verstromen, ob wir das wollen oder nicht. Und da sagen wir als FDP- Fraktion: Dann doch besser klimafreundlich und am bes- ten mit deutscher Technologie, denn deutsche Kraft- werkstechnik ist weltweit führend! Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen, und um diese Chance zu nutzen, brauchen wir Demonstrationsprojekte hier in Deutschland. Aber auch in Deutschland kann CCS einen Beitrag leisten, um Energieversorgung im Übergang zum erneu- erbaren Zeitalter klimafreundlich und zugleich versor- gungssicher zu machen. Ob die Technologie letztlich wirtschaftlich sein wird, wird die Zukunft zeigen. Falsch wäre allerdings, den Weg für CCS von vornherein zu verbauen. Dies gilt für den Stromsektor genauso wie für CCS bei prozessbedingten CO2-Emissionen. Auch hier sind Demonstrationsprojekte von herausragender Bedeu- tung. Eine allgemeine Anmerkung möchte ich noch zu dem Förderinstrument machen: Es gibt gute Gründe, neuen Technologien eine Anschubfinanzierung zu gewähren, stets mit dem Ziel, dass diese einmal wirtschaftlich sein werden. Wenn man dies macht, dann sollte man aller- dings auch so ehrlich sein und die Fördermittel aus dem Haushalt bereitstellen und nicht, wie in dem vorliegen- den Fall, Emissionszertifikate an Anlagen verteilen, die gar kein CO2 emittieren. Das ist systemwidrig und ver- mittelt den falschen Eindruck, dass diese Förderung quasi gratis ist. Deshalb hat die FDP dieses Förderinstru- ment, das der Europäische Rat beschlossen hat, schon in der Vergangenheit kritisch gesehen. Wenn das Instru- ment aber schon zur Verfügung steht, dann darf ein ideo- logischer Ausschluss bestimmter förderfähiger Anlagen allerdings nicht erfolgen. In diesem Sinne sprechen wir uns gegen den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen aus. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Der Hype um Carbon Capture and Storage, CCS, ist mittlerweile uner- träglich. Als liege die Lösung unserer Klimaprobleme t d v d w G g D 2 u h T K g z s ä B r K t n e l i 5 R d R m t g b D z E d n a w z e g v p w b p t e D D i (C (D ief in der Erde. Immer mehr stellt sich jedoch heraus, ass die Abscheidung und unterirdische Speicherung on Kohlendioxid ein Irrweg ist. Zuletzt musste die Höhe der verfügbaren Speicher eutlich nach unten korrigiert werden. Bis vor kurzem urde auf Basis von Abschätzungen des Bundesamts für eowissenschaften und Rohstoffe, BGR, davon ausge- angen, dass die verfügbaren Speicherformationen in eutschland potenziell eine CO2-Menge von 12 bis 8 Gigatonnen aufnehmen könnten. Dann wäre Platz für ngefähr 30 bis 60 Jahre Verpressung, geht man von den eutigen Kraftwerksemissionen von rund 390 Millionen onnen CO2 und der niedrigeren Effizienz der CCS- raftwerke aus. Im Mittelwert entspräche diese Zeit un- efähr dem Ausstoß einer Kraftwerksgeneration. Das Wuppertal-Institut hat in seinem Zwischenbericht ur Studie RECCS plus diese Abschätzung infrage ge- tellt. Es rechnet nur mit 6 bis 12 Gigatonnen. Auf eine hnliche Größenordnung kommt neuerdings auch das GR selbst in einer aktualisierten Berechnung. Damit eduziert sich die Zeit, in welcher der gesamte heutige raftwerkspark seine CO2-Emissionen mittels CCS un- er die Erde bringen könnte, ungefähr auf die Hälfte, ämlich auf 15 bis 30 Jahre. Das wäre dann nur noch ine halbe Kraftwerksgeneration. Berücksichtigt man nun noch, dass aus Wirtschaft- ichkeitsgründen für Kraftwerke eigentlich nur Speicher nfrage kommen, die eine größere Kapazität haben als 0 Millionen Tonnen, so sind wir nur noch am unteren and, nämlich bei gerade einmal 6 Gigatonnen. Und auch dies ist eine sehr theoretische Zahl, denn ie Erkundungen stehen erst am Anfang. Wie viele äume wegen geologischen Störungen oder Konflikten it anderen unterirdischen Nutzungen, wie etwa Geo- hermie, ausgeschlossen werden müssen, ist noch weit- ehend unbekannt. Ferner werden beim Verpressen die estehenden Formationswässer verdrängt, was natürlich ruck erzeugt und das Fassungsvermögen der Speicher usätzlich vermindern wird. Zudem sind in obiger Rechnung die prozessbedingten missionen der Industrie – 85 Millionen Tonnen – oder ie viel diskutierte Speicherung von Biomasseemissio- en als Option für den Nettoentzug von Treibhausgasen us der Atmosphäre noch gar nicht berücksichtigt. Sie ürden die Speicherzeit noch weiter verkürzen. All dies eigt: Mit enormem Aufwand wird nun eine Technik ntwickelt, die noch nicht einmal eine halbe Kraftwerks- eneration genutzt werden kann, weil dann die Speicher oll wären. Die Menge des CO2, die jedes Jahr tatsächlich ver- resst werden kann, ist zudem technisch begrenzt. Dies ird merkwürdigerweise in der Debatte bislang kaum erücksichtigt. Doch wegen dem höchstmöglichen Ver- ressungsdruck, der maximalen unterirdischen Ausbrei- ungsgeschwindigkeit etc. könnten jährlich maximal nur twa 50 bis 75 Millionen Tonnen gespeichert werden. en Flaschenhals in dieser Größenordnung beschrieb r. J. Peter Gerling vom BGR bei der IZ-Klima-Tagung m Januar 2010 in Berlin. Stimmt dies, so würden die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5833 (A) ) )(B) Speicher zwar länger reichen. Allerdings würde das CCS-System dann gerade einmal leistungsfähig genug sein, um in jedem Jahr die CO2-Emissionen der Industrie unter die Erde zu bringen. Wer es also ernst meint mit der Argumentation, nach der CCS auf jeden Fall für die Industrieemissionen ge- nutzt werden müsse, da diese sich prozessbedingt kaum vermeiden ließen, müsste in Bezug auf Kohlekraftwerke konsequent sein: Für die parallele Verpressung von Emissionen aus Kohlekraftwerken bietet das CCS-Re- gime schlicht keinen Platz! Und genau deshalb dürfen auch keine Fördermittel für Demonstrationsvorhaben fließen, die sich mit der CO2-Abscheidung aus Kohle- kraftwerken beschäftigen. Da gehen wir mit der Forde- rung der Grünen mit. Der Antrag der Grünen weist auch auf die Möglich- keit hin, Biomasse-CO2 ab Mitte des Jahrhunderts abzu- scheiden und zu verpressen, um der Atmosphäre netto CO2 zu entziehen. Wir sind da skeptisch. Denn die ange- dachte Verpressung von Emissionen aus Biomasse- Kraftwerken würde wahrscheinlich energetisch Unfug sein: CCS ist wegen der teuren Abscheidungstechnik und der punktförmigen Verpressung ein im Wesen zen- tralistisch ausgerichtetes System. Biomasseanlagen dagegen – wenn sie energetisch Sinn machen sollen – sind dezentral ausgerichtet. Nur so lässt sich aus über- schaubaren Räumen regional Biomasse beziehen, nur so finden sich Abnehmer für die anfallende Wärme. Setzt man hier CCS ein, so würde aus Tausenden Kilometern Ferne Biomasse angekarrt werden müssen. Zudem müsste die Wärme in den meisten Fällen in die Luft geblasen werden. Beides sind unserer Ansicht nach keine Optionen für eine zukunftsfähige Energiewirt- schaft. Insgesamt sieht die Linke in CCS keinen Beitrag zur Lösung der Klimaprobleme. Das Technologieverspre- chen kommt erst nach 2020 zum Einsatz, also zu spät – wenn es denn überhaupt Realität wird. Die Erneuerbaren sind dagegen heute schon verfügbar. Die Kosten von CCS sind absurd hoch, und die Effizienz der Kraftwerke verringert sich. Außerdem sind die Risiken der Verpressung weitge- hend unbekannt. Über den zähen Widerstand der Bevöl- kerung vor Ort werden sich die Befürworter noch wun- dern. Gorleben lässt grüßen! Vor allem aber sind CCS-Kraftwerke nicht mit einem Energiesystem vereinbar, in dem mehr als ein Drittel er- neuerbare Energien eingespeist werden. Dies hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen mehrmals betont. Gerade die fluktuierende Windkraft erfordert in der Übergangsphase zur Vollversorgung flexible fossile Kraftwerke, wie Gasturbinen, um Berge und Täler bei der Erzeugung auszugleichen. CCS-Kraftwerke sind da- für viel zu träge und würden darüber hinaus unrentabel, wenn sie ständig runtergefahren werden müssten. Dies eint sie übrigens mit der Atomkraft. Mittel für die Forschung und für Demonstrationsvor- haben sollten darum vor allem für regenerative Energien und neue innovative Speicherlösungen ausgegeben wer- d d E s b s E G s d a K r g d s C s k d D k o n s g C d c d u s j D d d r m b z b E b f n s h r g g C w (C (D en. Bei CCS eingesetzt, sind es von vorherein gestran- ete Investitionen. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die uropäische Union wird aus den Erlösen des EU-Emis- ionshandels 300 Millionen Zertifikate im Wert von 6 is 9 Milliarden Euro für die Förderung von 34 Demon- trationsprojekten aus dem Bereich der erneuerbaren nergien und 8 CCS-Demonstrationsprojekte auf rundlage des Beschlusses NER 300 zur Verfügung zu tellen. Antragsteller haben bis zum 30. September 2010 ie Möglichkeit, bei ihrer nationalen Regierung Projekt- nträge einzureichen. Die Regierungen schlagen der EU- ommission bis Jahresende 2010 Projekte zur Förde- ung vor. Das Thema drängt also, wenn Deutschland mit uten Projektvorschlägen am Start sein will. Wir begrüßen ausdrücklich die Möglichkeit der För- erung von erneuerbaren Energien aus Mitteln des Emis- ionshandels. Dagegen sehen wir die Förderung von CS-Projekten an Kohlekraftwerken kritisch. Warum ollen wir CCS im Zusammenhang mit Kohlekraftwer- en fördern, wenn inzwischen selbst die Befürworter ieses Ansatzes nicht mehr glauben, dass das in eutschland jemals großtechnisch zum Einsatz kommen ann? Wenn CCS überhaupt jemals eine Klimaschutz- ption nach 2020 oder 2030 werden sollte, dann sicher icht für Kohlekraftwerke in Deutschland. Bis dahin ind die erneuerbaren Energien unsere wichtigste Ener- iequelle und in jedem Fall günstiger als Kohlekraft mit CS. Denn CCS an Kohlekraftwerken heißt – neben all en ungeklärten offenen Fragen zu Transport und Spei- herung und dem immensen technischen Aufwand bei er Abscheidung – auch ein Drittel Wirkungsgradverlust nd entsprechend höherer Kohleverbrauch. Die Bundesregierung muss deshalb vor allem und ehr schnell darauf hinwirken, dass möglichst viele Pro- ekte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien in eutschland zur Förderung eingereicht werden. Denn as sind die wahren Zukunftstechnologien und hier liegt as Innovationspotential. Doch auf eine Anfrage antwortet die Bundesregie- ung, dass sie sich bisher noch gar keine Gedanken ge- acht hat, welche Projekte aus dem Bereich der erneuer- aren Energien aus Deutschland sie der EU-Kommission ur Förderung vorschlagen könnte. Sie macht keine Wer- ung bei Unternehmen, Projektvorschläge einzureichen. s gibt bei dem Thema eine absurde Fixierung auf CCS ei Kohlekraftwerken im Allgemeinen und auf Vatten- all und Jänschwalde im Speziellen. Das schadet nicht ur dem Klimaschutz, sondern auch dem Wirtschafts- tandort Deutschland. Die mit der CO2-Speicherung in Zusammenhang ste- enden Risiken und Probleme sind noch längst nicht hin- eichend erforscht. Wie kann die Sicherheit der Speicher ewährleistet werden? Wie sollen relevante Haftungsfra- en geklärt werden? Wie wirkt sich die Speicherung von O2 auf die Trinkwasserversorgung aus? So hat sich zum Beispiel gerade im Juni die Wasser- irtschaft in Norddeutschland gegen eine unterirdi- 5834 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 (A) (C) )(B) V sche Speicherung von CO2 ausgesprochen, da ver- drängtes Salzwasser aus salinen Aquiferen das Grundwasser zu versalzen droht und damit die Trink- wasserversorgung in dieser Region gefährdet wäre. Solange solche Fragen nicht geklärt sind, stellt eine großtechnische Demonstrationsanlage wie das von der Firma Vattenfall betriebene CCS-Projekt in Jänschwalde in Brandenburg ein unkalkulierbares Risiko für Mensch und Natur dar und darf nicht einfach so in Betrieb gehen. Man muss sich dabei auch vor Augen führen, über was für Mengen an CO2 wir hier reden, die in einem Kohlekraftwerk anfallen. Das sind allein in Jänschwalde mal eben 23,7 Millionen Tonnen im Jahr. Wenn man das auf eine Betriebslaufzeit von 40 Jahren hochrechnet, dann kommt man auf nahezu 1 Milliarde Tonnen CO2, und dies in nur einem einzigen Kraftwerk. Bei der rheinischen Braunkohle müssten jedes Jahr sogar 100 Millionen Tonnen über riesige Pipelinesys- teme nach Norddeutschland gebracht und dort in Hun- derten von Injektionsstellen verpresst werden. Es ist schlichtweg Irrsinn, zu glauben, mit CCS könnte man mit vertretbarem Aufwand relevante Emissionsreduktio- nen bei Kohlekraftwerken erreichen. CCS an Kohle- kraftwerken ist der untaugliche Versuch, sich vor dem Aber es gibt neben CCS auch andere Optionen zur Verringerung von prozessbedingten Emissionen: durch alternative Werkstoffe und neuartige Produktionsverfah- ren. CCS-Forschung in diesem Bereich ist deshalb vor allem als Rückfalloption zur Erreichung der Klima- schutzziele sinnvoll. Aber gleichzeitig müssen andere Vermeidungsstrategien für prozessbedingte Emissionen viel stärker als bisher gefördert werden. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass im Rahmen von NER 300 nur Projekte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien und für die Verringerung pro- zessbedingter Emissionen bei der Europäischen Investi- tionsbank mit Antrag zur Förderung einreicht werden. Eine „CCS-Lex-Vattenfall“ für Jänschwalde anstelle er- neuerbarer Energien im Hinblick auf NER 300 wäre ein großer Fehler für Deutschland. Erneuerbare-Energien-Technologien haben im Jahr 2009 in Deutschland bereits 93,3 Milliarden Kilowatt- stunden Strom produziert und deckten damit 16,1 Prozent des Strombedarfs in Deutschland ab. In den vergangenen Jahren sind in dieser erfolgreichen Wachstumsbranche 300 000 Arbeitsplätze entstanden. Deutschland verfügt bei den erneuerbaren Energien in vielen Bereichen über die Technologieführerschaft. In nahezu allen Industrie- sowieso notwendigen und überfälligen Umbau der Ener- gieversorgung zu drücken. Ein Beitrag der CCS-Technologie kann vielleicht in der Verringerung prozessbedingter Emissionen liegen, die zum Beispiel in der Stahl- oder Zementindustrie an- fallen. Deutschland hat hiervon einen jährlichen Ausstoß von 80 Millionen Tonnen. Wer das 2-Grad-Ziel ernst nimmt, der muss auch für die Emissionen Vermeidungs- strategien entwickeln. Für diese Emissionen gibt es bis- her nämlich keine großtechnisch anwendbaren und ab- sehbar marktreifen Vermeidungsstrategien. n w E l u z l v d n l Offsetdrucke ertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln (D ationen, aber zunehmend auch in Schwellen- und Ent- icklungsländern schreitet der Ausbau der erneuerbaren nergien immer schneller voran. Für Deutschland bieten sich dabei enorme wirtschaft- iche Chancen, seine Spitzentechnologien zu exportieren nd damit gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz u leisten. Erneuerbare Energien schaffen weltweit Mil- ionen von Arbeitsplätzen, sind unendlich verfügbar und erursachen kein CO2. Dies sind die Technologien, für ie prioritär Geld zur Verfügung gestellt werden sollte, icht für die Sackgasse einer CCS-Technologie in Koh- ekraftwerken. rei, Bessemerstraße 83–91, 1 , Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 55. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705500000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Das Leben geht weiter, auch wenn gelegentlich die
Hoffnungen größer sind als die Möglichkeiten. Aber
dass nicht immer alles so gelingt, wie man sich das vor-
genommen hat, wissen wir aus eigenen Erfahrungen.

Trotz des Ergebnisses des gestrigen Abends haben
wir allen Anlass, der deutschen Mannschaft für ein fa-
moses Turnier zu danken. Im Übrigen können wir uns
ein bisschen darüber freuen, dass der Weltmeistertitel
wieder mal in Europa bleibt.


(Beifall)


Es gibt im Übrigen eine Reihe weiterer freudiger Er-
eignisse. Der Kollege Dr. Peter Danckert feiert heute
seinen 70. Geburtstag.


(Beifall)


Ich gratuliere ihm herzlich im Namen des ganzen Hau-
ses. Ebenso herzlich gratuliere ich der Kollegin Beatrix
Philipp zu ihrem gestrigen 65. Geburtstag und der Kol-
legin Gerda Hasselfeldt zu ihrem 60. Geburtstag. Die
Kollegin Petra Crone feierte diesen runden Geburtstag
bereits am vergangenen Samstag.

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Redet

(Beifall)


Ihnen allen unsere geballten guten Wünsche für die
nächsten Jahre und Jahrzehnte.

Auf Vorschlag der FDP-Fraktion soll der Kollege
Jimmy Schulz anstelle des ausgeschiedenen Kollegen
Hellmut Königshaus neues stellvertretendes Mitglied im
Kuratorium der Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung und Zukunft“ werden. Eine Aussprache ist dazu
nicht vorgesehen. Sind Sie auch ohne Aussprache damit
einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist
der Kollege Schulz gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, di
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpun
geführten Punkte zu erweitern:

(D ung den 8. Juli 2010 0 Uhr P 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Steigende Beiträge als Ergebnis der Gesundheitsreform – Weniger Netto vom Brutto P 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Ergänzung zu TOP 38 a)


(siehe 54. Sitzung)

Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Marieluise Beck (Bremen), weiteren Abge-
ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zu dem EFSF-Rahmenvertrag vom
7. Juni 2010

– Drucksache 17/2412 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

ext
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Peter
Altmaier, Michael Brand, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU sowie
der Abgeordneten Elke Hoff, Rainer Erdel,
Burkhardt Müller-Sönksen, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP

Verbesserung der Regelungen zur Einsatz-
versorgung

– Drucksache 17/2433 –
Überweisungsvorschlag:

digungsausschuss (f)

usschuss

huss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
altsausschuss
e verbun-
ktliste auf-

Vertei
Innena
Aussc
Haush





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

ZP 3 Weitere abschließende Beratungen ohne Aus-
sprache

Ergänzung zu TOP 39

a) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes

(Vermittlungsausschuss) zu dem … Gesetz

zur Änderung des Erneuerbare-Energien-
Gesetzes

– Drucksachen 17/1147, 17/1604, 17/1950,
17/2402 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Jörg van Essen

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Sylvia Kotting-Uhl, Priska Hinz (Herborn),
Manuel Sarrazin, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

EU-Forschungsetat auf Innovation und
Nachhaltigkeit für 2020 fokussieren – Rats-
entscheidung ITER-Projekt nicht zustim-
men

– Drucksache 17/2440 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 117 zu Petitionen

– Drucksache 17/2442 –

d) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 118 zu Petitionen

– Drucksache 17/2443 –

e) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 119 zu Petitionen

– Drucksache 17/2444 –

f) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 120 zu Petitionen

– Drucksache 17/2445 –

g) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 121 zu Petitionen

– Drucksache 17/2446 –

h) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 122 zu Petitionen

– Drucksache 17/2447 –

i) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 123 zu Petitionen

– Drucksache 17/2448 –

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(C (D j)

tionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 124 zu Petitionen
– Drucksache 17/2449 –

k) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 125 zu Petitionen
– Drucksache 17/2450 –

l) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 126 zu Petitionen
– Drucksache 17/2451 –

m) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 127 zu Petitionen
– Drucksache 17/2452 –

n) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 128 zu Petitionen
– Drucksache 17/2453 –

P 4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE
LINKE:

Gesundheitspolitik ohne Perspektive
P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Oliver

Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

EU-Fördermittel aus dem Emissionshandel
für erneuerbare Energien und zur Verringe-
rung prozessbedingter Emissionen
– Drucksache 17/2430 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

P 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Günter Krings, Dr. Hans-Peter Uhl, Reinhard
Grindel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Gisela Piltz, Manuel
Höferlin, Dr. Stefan Ruppert, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP
Datenschutz bei der transatlantischen Zusam-
menarbeit zur Bekämpfung des internationa-
len Terrorismus
– Drucksache 17/2431 –

P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck (Köln),
Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zu einem Vorschlag für einen Beschluss des
Rates über den Abschluss des Abkommens





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

zwischen der Europäischen Union und den
Vereinigten Staaten von Amerika über die
Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und
deren Übermittlung aus der Europäischen
Union an die Vereinigten Staaten für die Zwe-
cke des Programms zum Aufspüren der

(Ratsdokument 11172/10)


hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes in Verbindung mit
§ 9 EUZBBG

Finanzdaten der Bürgerinnen und Bürger Eu-
ropas schützen – SWIFT ablehnen

– Drucksache 17/2429 –

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Der Tagesordnungspunkt 10 wird abgesetzt. Die
nachfolgenden Tagesordnungspunkte der Koalitions-
fraktionen rücken jeweils einen Platz vor.

Schließlich sollen der Tagesordnungspunkt 11 a abge-
setzt und der Tagesordnungspunkt 11 b ohne Debatte
überwiesen werden. Hierdurch rücken dann die nachfol-
genden Tagesordnungspunkte der SPD-Fraktion entspre-
chend vor. – Auch hierzu kann ich eine größere Unruhe
nicht erkennen, sodass ich davon ausgehe, dass wir das
einvernehmlich so vereinbaren können.

Ich muss Sie darauf hinweisen, dass wir heute Mor-
gen einen partiellen Stromausfall hatten.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das Telefon geht wieder!)


– Mir wäre die umgekehrte Reihenfolge lieber gewesen,
also dass die Uhren funktionieren würden und Sie für
eine Weile nicht telefonieren könnten. Jetzt scheint es
eher umgekehrt zu sein.

Jetzt sehe ich, dass es anscheinend eine positive
Rückkopplung zwischen den Telefonapparaten und den
Uhren gibt, was der Bundestagsverwaltung bis heute
Morgen nicht bewusst war. Wenn es nicht so funktio-
niert, wie wir uns das vorstellen, stellen wir ein ambu-
lantes Gerät zur Verfügung.


(Heiterkeit)


An den vereinbarten Redezeiten ändert sich dadurch je-
denfalls nichts.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Kauder, Ute Granold, Erika Steinbach, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Marina Schuster, Pascal
Kober, Serkan Tören, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Religionsfreiheit weltweit schützen

– Drucksache 17/2334 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien b)

Beck (Köln), Tom Koenigs, Josef Philip Winkler,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Das Menschenrecht auf Religions- und Glau-
bensfreiheit stärken

– Drucksache 17/2424 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Das ist offen-
ichtlich einvernehmlich.

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort
unächst dem Kollegen Volker Kauder für die CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1705500100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren!

Schutzlos ausgeliefert – Im ostindischen Bundes-
staat Orissa werden Christen verfolgt und getötet.
Die Täter sind Hindus. Und die Behörden schauen
zu.

n einem ganzseitigen Beitrag hat die Frankfurter Allge-
eine Sonntagszeitung am letzten Wochenende ausführ-

ich über das Thema berichtet, das heute Gegenstand
ieser Debatte ist und das uns in der Bundestagsfraktion
on CDU/CSU und auch in der FDP immer wieder be-
chäftigt: Verfolgung von Christen, Bedrängung von
hristen, Missachtung eines der zentralen Menschen-

echte, nämlich das Recht, seinen Glauben frei zu leben
nd ausüben zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Orissa ist nur ein aktuelles Beispiel für das, was welt-
eit geschieht. Deshalb haben wir heute Morgen
chwester Justine Senapati und Vater Dr. Augustine
ingh aus Orissa eingeladen. Sie sitzen auf der Tribüne,


(Beifall)


egleitet von den Vertretern der christlichen Kirchen hier
m Sitz von Bundestag und Bundesregierung in Berlin.
ie beiden waren beim Menschenrechtsrat in Genf.
eute sind sie in Deutschland und werben dafür, das
os, das Schicksal bedrängter und verfolgter Christen
icht zu vergessen.





Volker Kauder


(A) )


)(B)

Am Beispiel Orissa können wir sehen, wo die Pro-
bleme liegen. Indien ist der Verfassung nach eine mo-
derne Demokratie. Die Bundesregierung Indiens schützt
die Religionsausübung und die Religionsfreiheit und be-
kennt sich immer wieder dazu, dass alle Menschen – in
Indien geht es vor allem um Christen, Hindus und Mus-
lime – ihre Religion frei ausüben können. Aber in den
einzelnen Bundesstaaten kann die Zentralregierung vie-
les von dem nicht umsetzen. So kommt es zu brutalen
Übergriffen. Christen werden verfolgt, bedrängt und ver-
trieben. Allein in der Region Orissa wurden in der letz-
ten Zeit 60, 70 Kirchen und 4 000 Häuser angezündet.
Es werden Christen getötet, vergewaltigt, und noch im-
mer sind Zehntausende in Flüchtlingslagern unterge-
bracht. Das ist keine Christenverfolgung durch den
Staat. Aber wir erwarten schon, dass nicht das eintritt,
was die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung ge-
schrieben hat, nämlich dass die Behörden zuschauen.
Wir erwarten, dass die Behörden die Christen schützen
und alles dafür tun, dass sich so etwas nicht wiederholt.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Christen werden weltweit verfolgt. In über 60 Staaten
gibt es Verfolgung oder Bedrängung. Zwei Drittel der
verfolgten Christen leben in diesen 60 Staaten. 200 Mil-
lionen Christen sind von Bedrängung und Verfolgung
betroffen.

Ich will kurz einige Beispiele ansprechen. Wir haben
vor wenigen Wochen einen Besuch in die Türkei unter-
nommen, um dort vor allem das bedrängte Kloster Mor
Gabriel zu besuchen. Um es klar zu sagen: Es gibt in der
Türkei keine Christenverfolgung durch den Staat. Aber
es gibt Bedrängungen, die dazu führen, dass Christen ih-
ren Glauben nicht leben können. Wir haben in der letzten
Legislaturperiode hier im Deutschen Bundestag in einem
Antrag die türkische Regierung aufgefordert, die Re-
pressalien, das Drucksystem gegen das Kloster Mor
Gabriel aufzuheben. Bis zum heutigen Tag ist nichts ge-
schehen, und dies ist nicht hinzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir eröffnen in den Beitrittsverhandlungen mit der Tür-
kei Kapitel um Kapitel. Aber ein Land, das näher zu Eu-
ropa will, muss den elementaren Menschenrechtsgrund-
satz, dass Religionsfreiheit gelebt werden kann, erfüllen.
Da gibt es kein Wenn und kein Aber.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir bzw. die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes
haben im Grundgesetz die Konsequenzen aus unserer
dramatischen jüngeren Geschichte gezogen. Christen
wurden auch in unserem Land während der Terrorherr-
schaft des Nationalsozialismus verfolgt. Deshalb ist die
Religionsfreiheit in unserem Grundgesetz ein zentraler
Artikel. Er ist unmittelbar verbunden mit dem Kernsatz,
der die Menschenrechte betrifft: „Die Würde des Men-

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(C (D chen ist unantastbar.“ Und zur Würde des Menschen ehört auch sein religiöses Bekenntnis. Wir, die christlichen Demokraten, und die FDP setzen ns dafür ein, dass in diesem Land Religionsfreiheit geebt werden darf. Ich kenne die Diskussionen in vielen ommunen. Ich sage ausdrücklich: Ich bin dafür – wer ür Religionsfreiheit ist, der ist dafür –, dass Muslime in iesem Land Moscheen bauen können und dass sie in iesen Moscheen beten können. (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ber ich erwarte genau das Gleiche von allen anderen
ändern in der Welt. Ich erwarte, dass die Christen in
er Türkei ihre Kirchen so bauen können wie die Mus-

ime in Deutschland ihre Moscheen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE] – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sehr gut! Bravo!)


In vielen Ländern dieser Welt erleben wir eine subtile
edrängung von Christen. Die Christen sind im Übrigen
ie am meisten verfolgte Gruppe in der ganzen Welt.
bertritte von einer anderen Religion zum Christentum
erden unter Strafe gestellt. Christen wird es untersagt,

ür ihre Religion einzutreten, weil dies als unerlaubte
erbung gilt. Es wird verboten, dass Christen in diesen

ändern die Ausbildung ihrer Pfarrer und Priester durch-
ühren, und Christen wird ein besonderer Stempel in den
usweis gedrückt, damit sie möglichst viele Probleme

m täglichen Leben haben. Ich weiß, dass die Verfolgung
on Christen viele Ursachen hat. Auf der einen Seite
eht es darum, die eigene Religionsmehrheit zu schüt-
en. Auf der anderen Seite sind nationale Themen ur-
ächlich. In einigen Fällen sind die Radikalität der Ver-
olgung und die emotionale Auseinandersetzung auch
in Ergebnis der wirtschaftlichen Situation, der Armut in
iesen Ländern.

Ich bin dankbar, dass die Bundesregierung das Thema
hristenverfolgung/Christenbedrängung in den Katalog

hrer Arbeit aufgenommen hat. Wir fordern, dass die Re-
igionsfreiheit im Bereich der Entwicklungshilfe als
eil der Menschenrechtsdiskussion ein zentrales Thema

st. Ich bin Bundesaußenminister Guido Westerwelle
ankbar, dass er das Thema Christenverfolgung nicht
ur in seinen Katalog einer wertegeleiteten Außenpolitik
ufgenommen hat, sondern das Thema auch in Genf an-
esprochen hat und dies heute vor dem Deutschen Bun-
estag erläutern will.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich weiß, dass die Bundeskanzlerin auf ihren vielen
eisen nach China und in andere Länder der Welt dieses
hema ebenfalls angesprochen hat. Ich finde, wir müs-
en dieses wichtige Menschenrechtsthema mit aller
raft ansprechen und dürfen nicht zurückweichen, wenn

s heißt: Wenn ihr dieses Thema ansprecht, könnte es
nangenehme Konsequenzen haben. – Meine Erfahrung





Volker Kauder


(A) )


)(B)

ist: Wenn wir darauf hinweisen, in welchen Ländern Be-
drängungen und Verfolgungen von Christen stattfinden,
dann hat dies auch Wirkung. Denn dauerhaft will keines
dieser Länder am Pranger der Öffentlichkeit stehen. Sie
wollen nicht, dass man erkennt, wie man mit Menschen
umgeht, die anderen Glaubens als die Mehrheit in dem
entsprechenden Land sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deswegen macht es Sinn, dies anzusprechen.

Wir verstehen diese Debatte nicht als eine Anklage,
sondern als Aufforderung, dieses elementare Menschen-
recht auch umzusetzen. Wir wollen, dass am Beispiel
Europa auch andere Länder erkennen können, welche
beglückende Erfahrung im Zusammenleben der Men-
schen es ist, wenn jeder seine Religion friedlich leben
und nach ihr friedlich sein Leben ausrichten kann. Reli-
gion, der Glaube an etwas nach diesem Leben, die Über-
zeugung, dass es da etwas anderes gibt, dass es etwas
Transzendentales, dass es Gott gibt, diese glückliche Er-
fahrung muss jeder in der Welt machen können. Solange
dies nicht erreicht ist, werden wir nicht lockerlassen und
dies regelmäßig zum Thema unserer politischen Diskus-
sion hier in Deutschland und in der ganzen Welt machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705500200

Nächster Redner ist der Kollege Christoph Strässer

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1705500300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Kollege Kauder, vieles von dem, was Sie gesagt haben,
unterstreiche ich eins zu eins. Es ist nicht ganz das
Thema, über das wir uns streiten sollten. Denn in der
Überschrift Ihres Antrags geht es nicht um Christenver-
folgung, sondern um Religionsfreiheit weltweit. Das ist
ein weiter gefasstes Thema als das, was Sie angespro-
chen haben. Gleichwohl ist es wichtig.

Zu einer Stelle – die mich ein klein wenig betroffen
gemacht hat – möchte ich eine Bemerkung machen. Sie
haben hier vorgetragen, dass sich die CDU/CSU und die
FDP in diesem Hause für Religionsfreiheit und gegen
Christenverfolgung aussprechen. Ich bitte Sie ganz
ernsthaft, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich nicht nur
die Fraktionen auf der rechten Seite des Hauses dafür
aussprechen, sondern dass sich der gesamte Deutsche
Bundestag – auch SPD, Grüne und die Linkspartei – da-
für einsetzt. Das ist völlig klar.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ich spreche nur für die CDU/CSU-Fraktion und nicht für die FDP! Wenn Sie es wünschen, tue ich das auch für Sie!)



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(C (D Die Zeiten sind nun Gott sei dank vorbei; die wollen ir auch nicht wiederhaben. Aber es ist schon gut, dass ch Gelegenheit habe, darauf zu reagieren. Es ist wichtig, estzustellen, dass wir jedenfalls an dieser Stelle keinen eitgehenden Dissens haben. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Da gibt es keinen Streit!)


Ich darf darauf hinweisen, dass wir im Deutschen
undestag am 24. Mai 2007 gemeinsam – SPD und
DU/CSU – mit großer Mehrheit einen Antrag mit der
berschrift „Solidarität mit verfolgten Christen und ande-

en verfolgten religiösen Minderheiten“ beschlossen ha-
en. Wir haben noch vor wenigen Wochen in diesem Haus
ber Anträge, die dieses Thema betreffen, diskutiert. Da-
über bin ich sehr froh. Ich teile nicht die Meinung des
ollegen Heinrich, der, als wir über Oppositionsanträge

um Thema „Folter und Todesstrafe“ nicht zum ersten,
ondern zum zweiten und dritten Mal diskutierten, ge-
agt hat, dass dies eine Art von Polemik sei und die Ar-
eit behindere. Ich glaube, das genaue Gegenteil ist der
all. Gerade die Beispiele, die Sie, Herr Kauder, genannt
aben, zeigen, dass es wichtig ist, sich immer und immer
ieder mit diesem Thema auseinanderzusetzen, solange

s in der Welt zu Verfolgungen aufgrund der religiö-
en Zugehörigkeit kommt. Ich glaube, das sind ein
ichtiger Beitrag und ein wichtiges Signal für die De-
atte, die wir hier heute beginnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte einige Punkte ansprechen, über die wir,
ie ich glaube, dringend diskutieren müssen. Der An-

rag, den Sie gestellt haben, enthält viele Punkte, die eins
u eins dem entsprechen, was wir in der Großen Koali-
ion beschlossen haben, und die in der Gesellschaft kon-
ensfähig sind. Aber unter bestimmten Voraussetzungen
pringt dieser Antrag an einigen Stellen zu kurz. Deshalb
öchte ich zwei Probleme ansprechen, die mir ganz
ichtig sind; diese haben nichts mit einer Relativierung
on Christenverfolgung zu tun. Wir haben mit großer
ufmerksamkeit die Berichte von Frau Granold und
errn Kober über ihre Reise nach Orissa verfolgt. Es ist
edrückend und beschämend, dass es nicht gelingt, die
enschen dort zu schützen.

Wenn wir über Menschenrechtsverletzungen im Zu-
ammenhang mit Religionsfreiheit reden – das sage ich
it aller Klarheit –, dann darf und kann das jedoch nicht

nter dem Aspekt der Quantität geschehen. Ja, es ist so:
ie Christen sind in diesen Gesellschaften, um die es
eht, wahrscheinlich die religiöse Minderheit, die am
eisten verfolgt wird. Aber – darauf möchte ich ganz
assiv hinweisen – wenn wir uns in unserer Politik auf

iese Gruppe konzentrieren und andere am Rande las-
en, sie allenfalls marginal erwähnen, dann ist das kein
eitrag zur Glaubwürdigkeit deutscher Menschenrechts-
olitik.

Sie haben zwei andere betroffene Gruppen am Rande
ngesprochen: die Bahai und verfolgte Muslime in be-
timmten Regionen dieser Welt. Da würde ich mir ein





Christoph Strässer


(A) )


)(B)

bisschen mehr Deutlichkeit wünschen. Wenn wir wis-
sen, dass in diesen Zeiten fünf Führer der Bahai-Reli-
gion – sie hat nicht viele Anhänger und gehört zu den am
meisten gefährdeten Religionen der Welt – aufgrund ih-
rer Religionszugehörigkeit im Iran von der Todesstrafe
bedroht sind, dass es dort Verfahren gibt, dass aber in
diesen Anträgen dazu nichts steht, dann können wir die-
sen nicht zustimmen; denn das gehört in das Zentrum
unserer Auseinandersetzung. Darüber müssen wir bei
diesem Thema reden.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht nicht darum, einen Katalog von Qualitäten
und Quantitäten von verfolgten Minderheiten in der Welt
aufzustellen.

Wir haben in den letzten Jahren immer wieder ein
Thema angesprochen. Es gibt eine große verfolgte Min-
derheit in China: die Buddhisten in Tibet. Sie sind stän-
dig in der Gefahr, von diesem Regime verfolgt zu wer-
den, nicht nur aufgrund der Diskussionen über die
Eigenständigkeit Tibets, sondern auch aufgrund ihrer
kulturellen und religiösen Zugehörigkeit. Auch dieses
Thema gehört in die Anträge. Darüber müssen wir reden.
Wenn wir das nicht tun, dann ist dieser Antrag an dieser
Stelle unvollständig. Wir können ihm in dieser Form
nicht zustimmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist, ist der welt-
weite Schutz der Religionsfreiheit. „Weltweit“ umfasst
– das findet man leider nicht in Ihrem Antrag – natürlich
auch unseren eigenen Kontinent. An der einen oder an-
deren Stelle muss man darüber nachdenken, wie der Zu-
stand der Religionsfreiheit in Europa ist. Dies muss
man unter einem anderen Aspekt sehen; ich will das gar
nicht gleichstellen. In Europa gibt es in der Auseinander-
setzung um Religionsfreiheit keine Verfolgung und Ge-
fahr für Leib und Leben mehr. Aber wir haben natürlich
auch Diskussionen, und die Religionsfreiheit ist vielfäl-
tig. Ich wünsche mir, dass wir über Fragen wie die des
Baus von Minaretten ganz offene Diskussionen führen.
Dies betrifft auch die Frage: Wie ist es eigentlich um die
Religionsfreiheit bestellt, wenn wir – zu Recht – die Isla-
mische Charta und die Beschlüsse des Menschenrechts-
rates in Genf zur Islamophobie kritisieren und es in
Deutschland noch immer einen § 166 des Strafgesetzbu-
ches gibt?


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, das ist Äpfel mit Birnen vergleichen!)


Das sind Punkte, die wir nicht ignorieren dürfen. Wir
müssen über diese Themen reden. Ich denke, es wird uns
in diesem Hohen Hause guttun, da ein Stück Selbstkritik
zu üben.


(Beifall des Abg. Dr. h. c. Gernot Erler [SPD])


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(C (D Ich möchte mit einem Glückwunsch an einen Kolleen schließen, der nicht im Deutschen Bundestag sitzt, ber vielen von uns aufgrund seiner Arbeit im Deutschen nstitut für Menschenrechte bekannt ist: Heiner Bielefeldt. ch glaube, es ist ein gutes Signal, dass jemand wie einer Bielefeldt als Sonderberichterstatter der Verein en Nationen für die Fragen der Religionsfreiheit beannt worden ist. Ich finde, wir sollten uns darum kümern, dass er hier im Deutschen Bundestag – wir haben ine Anhörung im Menschenrechtsausschuss, zu der wir hn eingeladen haben – zu diesen Fragen Stellung immt. Wir müssen über diese Anträge diskutieren. Wir erden uns auch positiv in diese Diskussion einmischen. ch hoffe, dass wir an dieser Stelle gute Beratungen hinekommen und dass der Deutsche Bundestag bei der eltung der Menschenrechte und insbesondere der Reliionsfreiheit in der ganzen Welt – in Deutschland, Euopa und darüber hinaus – klare Signale setzt. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705500400

Für die Bundesregierung erhält nun das Wort der Herr

undesaußenminister Dr. Guido Westerwelle.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
ärtigen:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Kolleginnen und Kollegen! Eine aktive Menschen-
echtspolitik ist Markenzeichen deutscher Außenpolitik.
er Einsatz für Religionsfreiheit ist Teil unserer aktiven
enschenrechtspolitik. Ich habe um das Wort gebeten,
eil ich nachdrücklich unterstreichen möchte, dass das
ngagement der Antragsteller und, wie ich denke, des
esamten Hohen Hauses für Religionsfreiheit, für Plura-
ität und gegen Verfolgung und Unterdrückung aus reli-
iösen Gründen nicht nur das Anliegen des Parlamentes
st, sondern ausdrücklich auch ein zentrales Anliegen der
undesregierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wenn Millionen Christen in der Welt ihren Glauben
icht frei leben können, dann wollen wir nicht schwei-
en. Es ist richtig, dass dies ein Anliegen ist, das uns
ber die Parteigrenzen hinweg verbindet. In vielen Län-
ern darf die Bibel weder gekauft noch gelesen werden;
ottesdienste werden behindert; Christen werden ins
efängnis geworfen oder kommen ins Arbeitslager.
uch vor Angriffen auf Leib und Leben sind sie nicht
efeit. Viele Staaten unterdrücken die freie Religions-
usübung mit Verboten, Polizei und Strafen. Anderer-
eits lassen sie ihre Bürger oft genug frei gewähren,
enn sie Jagd auf Andersgläubige machen. Beides sind
ormen der Unterdrückung von Religionsausübung:
ie staatliche Pression und Verfolgung, aber auch das
ulassen von Verfolgung durch Mob und durch Kräfte,
ie die Toleranz nicht akzeptieren wollen.





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen zur Kenntnis nehmen – hier müssen wir
uns auf Schätzungen verlassen –, dass Nichtregierungs-
organisationen weltweit von mindestens 100 Millionen
verfolgten Christen ausgehen. Uns geht es aber nicht nur
um ein Engagement für den christlichen Glauben, die
christlichen Religionen. Vielmehr geht es hier um eine
grundsätzliche Frage. Wir sind der Überzeugung: Jeder
Mensch muss den Glauben leben dürfen, den er für sich
als wahr erkannt hat. Religionsfreiheit ist immer auch
die Freiheit, seine Religion ungehindert auszuüben oder
zu wechseln. Auch gar keiner Religion anzugehören, ist
ein Ausdruck von Religionsfreiheit. Das ist das plurale
Verständnis von Religionsfreiheit, das uns nicht nur
über das Grundgesetz, sondern auch in unserer täglichen
Politik hier verbindet.


(Beifall im ganzen Hause)


Religionsfreiheit muss also für Angehörige christli-
cher Minderheiten wie für Anhänger anderer Religionen
gelten. Wenn wir die Freiheit für Christen auf der ganzen
Welt glaubhaft einfordern, dann heißt das natürlich auch,
dass der Staat in Deutschland zuerst die Freiheit aller
religiösen Bekenntnisse bei uns zu Hause schützt. Ich
unterstreiche nachdrücklich, was der Fraktionsvorsit-
zende der CDU/CSU, Volker Kauder, hier dazu gesagt
hat: Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit – nicht
nur weil wir von Verfassungs wegen dazu verpflichtet
sind, sondern weil wir es in uns selbst fühlen und es an-
streben –, dass wir, so wie wir in anderen Ländern auf
Religionsfreiheit setzen, immer und immer wieder alles
dafür tun werden – mit der gesamten staatlichen Gewalt
und dem gesamten zivilen Engagement, das es bei uns
gibt –, dass auch bei uns in vollem Umfang Religions-
freiheit gewährt wird. Das ist mehr als nur eine Frage
von Gebäuden. In Wahrheit ist es auch eine Frage des
gesellschaftlichen Klimas. Auch darum wollen wir uns
gemeinsam bemühen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wenn sich Christen nur um die Freiheit von Christen
kümmern, Hindus nur um die Freiheit von Hindus, Mus-
lime nur um die Freiheit von Muslimen, dann ist das
nicht das Miteinander von Religionen, das wir meinen.
Das Zusammenleben unterschiedlicher Religionen
gelingt nur mit Respekt und Dialog. Wir wollen uns da-
bei nicht selber etwas vormachen. Es hat auch bei uns
Jahrhunderte gedauert – ich rede nicht vom Mittelalter –,
bis sich in Europa ein Wertekanon entwickelt hat, in
dessen Mittelpunkt der Mensch steht, einschließlich der
freien Ausübung der Religion.

Wir sollten uns als Deutsche auch daran erinnern,
dass Religionsausübung in Deutschland noch im letzten
Jahrhundert alles andere als selbstverständlich war. Mil-
lionenfacher Mord, auch auf religiöser Zugehörigkeit
begründet, hat auf deutschem Boden stattgefunden. Des-
wegen ist es nicht belehrend, gegenüber anderen Län-

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(C (D ern auf Religionsfreiheit zu drängen; es ist vielmehr die ehre aus unserer eigenen Geschichte, dass wir uns für eligiöse Pluralität überall in der Welt einsetzen. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie Würde des Menschen, die Freiheit, die Eigenverant-
ortung, das ist unser Fundament; das ist auch ein Er-

olg der europäischen Aufklärung. Für dieses Staatsver-
tändnis stehen wir, und für dieses Staatsverständnis
etzen wir uns weltweit ein.

Wir müssen aber allen Versuchen entgegentreten, die
chtung der Menschenrechte unter den Vorbehalt kul-

ureller Eigenheiten zu stellen. Sehr oft hört man: Dieses
der jenes müsse man verstehen; denn es sei gewisser-
aßen das Ergebnis kultureller Herkunft und kultureller
igenheit. Das ist eine Form der Relativierung von Wer-

en, die wir nicht akzeptieren können. Religionsunter-
rückung ist nicht Ausdruck von Kultur, es ist Ausdruck
on Unkultur.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


as vertreten wir auch in unserer Politik, und dafür en-
agieren wir uns auch gemeinsam.

Oft genug wird aus Religionsfreiheit und Meinungs-
reiheit ein Gegensatz konstruiert. Es ist uns ein wichti-
es Anliegen, immer und immer wieder darauf aufmerk-
am zu machen: Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit
ind gewissermaßen zwei Früchte vom selben Baum,
ämlich vom großen, wunderschönen Baum der Freiheit.
arum geht es. Auch wenn man als jemand, der religiös
enkt, lebt, erzogen worden ist, das Gefühl hat, dass der
igene Glaube, vielleicht durch Karikaturen oder Mei-
ungsäußerungen, beeinträchtigt wird, gibt es dennoch
eine Rechtfertigung, gegen irgendjemanden gewalttätig
u werden. Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit sind
eine Gegensätze. Sie sind in Wahrheit ein wunderbares
aar, meine sehr geehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich möchte für die Bundesregierung mit einem klaren
ekenntnis schließen. Wer Hass zwischen den Religio-
en schürt, verfolgt vor allem politische Ziele, keine reli-
iösen. Religion darf nie Vorwand für Hass, nie Ent-
chuldigung für Gewalt und Krieg sein. Deswegen wird
ich die Bundesregierung im, wie ich denke, Namen des
anzen Hohen Hauses auch international dafür einset-
en, indem ein Kernbestandteil unserer Menschen-
echtspolitik das Bekenntnis zur Religionsfreiheit ist.
ch selbst habe beim Menschenrechtsrat der Vereinten
ationen in Genf ziemlich am Anfang meiner Amtszeit
ie Religionsfreiheit, ausdrücklich auch die Freiheit der
hristen im Hinblick auf ihre Religion und ihr religiöses
ekenntnis, in den Mittelpunkt meiner Ausführungen
estellt, weil ich den Eindruck habe, dass wir nicht zu-
assen dürfen, dass dies ignoriert wird.





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)(B)

Mit Professor Bielefeldt ist vor wenigen Wochen
ein Deutscher zum UNO-Sonderberichterstatter für Re-
ligions- und Glaubensfreiheit ernannt worden. Wir
wünschen ihm für seine Arbeit eine glückliche Hand und
viel Erfolg. Sein Anliegen ist das Anliegen der Bundes-
regierung, und ich bin sicher, es ist das Anliegen des
ganzen Hohen Hauses.

Wenn die Öffentlichkeit sieht, dass wir bei diesen fun-
damentalen Wertefragen übereinstimmen, dann, so denke
ich, ist das ein gutes Zeichen. Man kann das – wenn Sie
mir erlauben, dies als Abgeordneter am Schluss meiner
Rede zu sagen – auch durch gemeinsame Beschlussfas-
sungen dokumentieren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705500500

Nächster Redner ist der Kollege Raju Sharma für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Raju Sharma (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705500600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In ihrem

Antrag fordern die Koalitionsfraktionen, Religionsfrei-
heit weltweit zu schützen. Wir als Linke können das nur
unterstützen. Denn natürlich schätzen und achten wir die
Freiheit jedes Menschen, seinen Glauben frei von Unter-
drückung und Verfolgung zu leben,


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


genauso wie wir die Freiheit grundsätzlich achten; denn
tatsächlich ist die Linke die Partei der Freiheit.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Christoph Strässer [SPD]: Oh ja! Vor allem die Partei der Wahlfreiheit!)


Hören Sie ruhig zu! Das mag einige von Ihnen überra-
schen,


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Freuen Sie sich darüber!)


weil wir die Rechtsnachfolgerin der SED sind, die be-
kanntermaßen die Freiheit nicht geschätzt und geachtet
hat, anders als wir Linke heute. Wir stehen zu dieser Ver-
gangenheit, wir stellen uns ihr, und wir haben aus ihr ge-
lernt.


(Beifall bei der LINKEN)


Heute ist die Linke diejenige unter allen demokratischen
Parteien, die im innerparteilichen Diskurs die Meinungs-
vielfalt nicht nur toleriert, sondern als Reichtum begreift
und deshalb unterstützt und fördert.


(Beifall bei der LINKEN – Dagmar Ziegler [SPD]: Das haben wir letzte Woche gesehen! – – g g d G a D s D t g t a A d l C l e e g f c R f is e d C h v c I l w g g d a – p s R t (C (D Volker Kauder [CDU/CSU]: Wo ist Sahra Wagenknecht?)


Warten Sie es ab, Herr Kauder. – Auch in unserer Pro-
rammdebatte wird der Begriff der Freiheit einen wichti-
en Platz einnehmen; denn anders als die FDP haben wir
ie Freiheit nicht als Statue, sondern als Statut.


(Lachen bei Abgeordneten der FDP)


Auch das hat in der Linken Tradition: Freiheit und
leichheit begreifen wir nicht als Gegensatz, sondern

ls sich ergänzende und sich bedingende Elemente der
emokratie, ohne dass eines von beiden größer ge-

chrieben würde.


(Beifall bei der LINKEN)


eshalb nimmt es auch nicht wunder, dass das bekann-
este Zitat zur Freiheit von einer Sozialistin stammt. Das
ilt ganz besonders für den Bereich, der den Menschen
ief berührt und sein Selbstverständnis betrifft; somit ist
uch ganz klar: Freiheit ist immer auch die Freiheit des
ndersgläubigen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christoph Strässer [SPD])


Wir verurteilen es natürlich, wenn in vielen Ländern
ieser Welt Religionsfreiheit noch keine Selbstverständ-
ichkeit ist. Ein Beispiel ist Tibet, das im Antrag von
DU/CSU und FDP leider gar nicht erwähnt wird. Völ-

ig zu Recht hat der Dalai Lama den Friedensnobelpreis
rhalten. In seinen Bemühungen um die Tibeter verdient
r aus meiner Sicht unsere volle Unterstützung,


(Beifall bei der LINKEN)


enauso wie alle anderen Menschen, die sich weltweit
ür das Menschenrecht auf Religionsfreiheit starkma-
hen und dafür eintreten, dass sich Rechtslage und
echtspraxis in ihrem Land so entwickeln, dass das öf-

entliche Bekennen der eigenen Religion gewährleistet
t.

Der Antrag der Koalitionsfraktionen findet insofern
benso grundsätzlich meine Zustimmung wie der von
en Grünen. Allerdings bin ich der Meinung, dass sich
DU/CSU und FDP um etwas mehr Ausgewogenheit
ätten bemühen können. Ihr Antrag konzentriert sich
orwiegend – das ist schon gesagt worden – auf die
hristlichen Minderheiten, was das im Antrag enthaltene
slam-Bashing noch verstärkt und die verschiedenen Re-
igionen unnötig gegeneinander in Stellung bringt.

Zudem erweist sich die Haltung der Koalition nicht
irklich als konsequent; denn wer die UN-Resolution
egen die Diffamierung von Religionen – sicher richti-
erweise – ablehnt und darin einen Beweis für die Unter-
rückung der Meinungsfreiheit im Islam sieht, der sollte
uch einen Blick in das deutsche Strafgesetzbuch werfen
auch das ist schon gesagt worden –: Zumindest in der
raktischen Handhabung ist das in § 166 des Strafge-
etzbuches enthaltene Verbot einer Beschimpfung von
eligionsgesellschaften nicht allzu weit von der geschol-

enen Resolution entfernt.





Raju Sharma


(A) )


)(B)


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch!)


Ich meine, wir sollten alle Religionen mit demselben
Respekt behandeln.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Außerdem stünde es der Regierung nicht schlecht an,
ein Urbi et Orbi auch für sich zu beherzigen. In Sachen
Religionsfreiheit lohnt sich nämlich nicht nur der Blick
in die Welt, sondern auch ins eigene Land. Eine staatli-
che Unterdrückung oder Verfolgung einzelner Religions-
gemeinschaften ist hier zwar nicht zu beklagen, aber be-
dingungslose Religionsfreiheit ohne jede Einschränkung
findet man auch bei uns nicht, jedenfalls dann nicht,
wenn man auch die konsequente Gleichbehandlung al-
ler Glaubensgemeinschaften darunter versteht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir arbeiten daran!)


Wenn nämlich ein Muslim zu häufig sein Gotteshaus
besucht, dann kann es schon passieren, dass er als poten-
ziell Verdächtiger in der Antiterrordatei landet.


(Frank Schäffler [FDP]: Quatsch! – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Ach was!)


Ein eifriger Kirchgänger muss das nicht befürchten.

Wenn deutsche Behörden Fluggastdaten an die USA
übermitteln, die nicht nur Angaben über die Mitglied-
schaft in Gewerkschaften enthalten, sondern auch solche
über Essgewohnheiten oder die Religionszugehörigkeit,
dann geschieht das bekanntermaßen nicht, um den Bord-
service für die Passagiere zu optimieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch in manch anderer Hinsicht findet staatliche Un-
gleichbehandlung statt. Noch immer werden die evange-
lische und die katholische Kirche gegenüber anderen Re-
ligionsgemeinschaften bevorzugt. Eine konsequente
Trennung von Staat und Religion ist in Deutschland
noch längst nicht Wirklichkeit. Ich sage nur: Staatsleis-
tungen, Kirchensteuer, Religionsunterricht. Hier könnten
wir von unseren Nachbarn lernen: In Frankreich ist der
Laizismus als Grundsatz in der Verfassung festgeschrie-
ben – wir haben Gott in der Präambel des Grundgeset-
zes.


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Das ist auch gut so!)


Immerhin bekennt sich die Koalition in ihrem Antrag
auch zur Freiheit der Nichtgläubigen, die anerkannt
und geschützt werden soll. Es besteht also ein breiter
Konsens darüber, dass die Zeit des Missionierens end-
gültig vorbei ist. Wenn Menschen zum Glauben finden,
dann sollten sie das in Freiheit tun: hier und im Rest der
Welt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Die Zeit des Missionierens ist nicht vorbei!)


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(C (D Das Wort hat nun der Kollege Volker Beck, Bünd is 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr esterwelle, ich will Ihr Angebot ausdrücklich aufgreien, in den Ausschussberatungen zu gemeinsamen Bechlussfassungen zu kommen, weil ich denke, das hema der Religionsund Glaubensfreiheit ist so wich ig, dass der Deutsche Bundestag das über die Grenzen on Koalition und Opposition hinweg tun sollte, weil er o seine Position stärker zum Ausdruck bringen kann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705500700
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705500800

Herr Sharma, Sie haben hier das Religionsverfas-
ungsrecht der Bundesrepublik Deutschland kriti-
iert. Das Entscheidende ist, dass wir alle Glaubensge-
einschaften und weltanschaulichen Haltungen gleich

ehandeln. Es gibt unterschiedliche Rechtstraditionen:
rankreich und die Türkei haben einen eher laizistischen
nsatz, und in der Türkei existiert außerdem die Beson-
erheit der Privilegierung des sunnitischen Islam. In
eutschland besteht die „hinkende“ Trennung von Staat
nd Kirche. Das Entscheidende, das wir hier in Deutsch-
and tun müssen, ist, dass wir alle Religionen gleich be-
andeln. Das heißt aber nicht zwingend, dass wir die
rundsätze unseres Religionsverfassungsrechtes deshalb

ufgeben müssten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, ich nehme wohl wahr,
ass diese Debatte heute hier anders verläuft als in der
ergangenheit. Trotzdem erfolgte in Ihrem Beitrag, Herr
auder, und auch in Ihrem Antrag eine zu einseitige
entrierung auf die Verfolgung der Christen. Ich denke,
ir erweisen den Christen, die in anderen Ländern ver-

olgt werden, einen Bärendienst, wenn wir nicht um das
echt der Religionsfreiheit streiten, sondern uns einsei-

ig auf „unsere“ Leute fokussieren, die woanders ver-
olgt werden. Das ist die falsche Perspektive. Es muss
m das Prinzip der individuellen, der kollektiven und
uch der negativen Glaubensfreiheit gehen. Wenn wir
m das Prinzip streiten, dann können wir weltweit auch
iel für die verfolgten Christen tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nicht nur Christen aus Orissa haben auf der Tribühne
latz genommen, sondern auch ein Vertreter des Natio-
alen Geistigen Rats der Bahai, einer kleinen Weltreli-
ion mit 300 000 Gläubigen im Iran. Was wird aber da-
urch ausgesagt, dass zahlenmäßig weniger Bahai als
hristen verfolgt werden, weil es nun einmal weniger
ahai als Christen gibt? Gerade für diese religiöse Min-
erheit ist die Situation im Iran dramatisch, weil die ira-
ischen Muslime nicht akzeptieren, dass es nach
ohammed einen neuen Offenbarer gab, der für sich in





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

Anspruch genommen hat, eine neue Religion zu begrün-
den. Das ist aber kein Argument, mit dem man Glau-
bensfreiheit ausschalten kann, sondern wir müssen die
Verfolgung der Bahai im Iran massiv kritisieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Seit 2004 wurden 313 Bahai festgenommen. Am
22. Juni 2010, also vor wenigen Wochen, wurden 50 Häu-
ser von Bahai im Iran zerstört. Der Prozess gegen die
zwei Frauen und fünf Männer des Nationalen Geistigen
Rats der Bahai läuft. Sie sitzen ein, und zwar nur dafür,
dass sie einer Religionsgemeinschaft angehören, die
dem iranischen Regime nicht passt, weil sie nach ihrer
Ansicht mit dem Islam nicht konform zu bringen ist.
Vieles aus der Liste der Diskriminierungen und der Ver-
folgung der Bahai im Iran erinnert daran, wie in den ers-
ten Jahren des Dritten Reiches gegen die Juden vorge-
gangen wurde. Kein bürgerliches Recht auf Erbe, auf
Besitz, auf Schulbesuch, auf Freiheit und auf den Schutz
von Leib und Leben ist für die Bahai im Iran garantiert.

Deshalb sollten wir hier keinen Wettbewerb zwischen
den verschiedenen Verfolgtengruppen in diesem Bereich
anfangen, sondern massiv da einschreiten, wo eine
Gruppe von Menschen oder Einzelne verfolgt werden,
weil sie einen anderen Glauben haben als die Mehrheit
oder das Regime eines Landes. Darum geht es, wenn wir
über die Religionsfreiheit streiten, und es geht auch da-
rum, dass wir das, was wir von anderen Ländern verlan-
gen, auch im eigenen Land konsequent umsetzen, ob-
wohl es bei uns natürlich keine religiöse Verfolgung
gibt. Deshalb verlangen wir in unserem Antrag, auch da-
rüber zu reden, ob der § 166 Strafgesetzbuch zur Be-
schimpfung von religiösen Bekenntnissen mit der von
uns hier gemeinsam geübten Kritik an der Resolution
des UN-Menschenrechtsrats gegen die Diffamierung
von Religionen noch zusammenpasst, also ob wir uns
hier nicht auch an die eigene Nase fassen müssen.

Gleichstellung der Religionen und diskriminierungs-
freie Garantie der Glaubensfreiheit – Herr Bielefeldt hat
in einer Schrift der Kommission Justitia et Pax ausge-
führt, dass es darum geht, für das Recht der Religions-
freiheit universell und diskriminierungsfrei einzutreten –
bringt für uns als Bundestag gemeinsam mit den Län-
dern die große Aufgabe mit sich, endlich die Weltreli-
gion des Islam in Form von anerkannten islamischen
Religionsgemeinschaften innerhalb des deutschen Reli-
gionsverfassungsrechtes gleichzustellen. So können wir
diesen die Rechte geben, die unser Religionsverfas-
sungsrecht beim Religionsunterricht und bei der Ausbil-
dung von Geistlichen gewährt, und diese Religionsge-
meinschaft auch mit Blick auf andere rechtliche
Konsequenzen, die sich aus der Anerkennung ergeben,
gleichstellen. Denn nach dem Christentum ist der Islam
in Deutschland die zweitgrößte religiöse Gruppe. Es
kann nicht sein, dass eine so große Zahl von Menschen
bei der Inanspruchnahme ihrer Grund- und Menschen-
rechte letztendlich nicht gleichgestellt ist.

Ich hoffe, dass es bei den Beratungen dazu kommt,
dass unser Antrag und der Antrag der Koalition zu einem
gemeinsamen Beschluss zusammengeführt werden.

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(C (D enn ich glaube, nur dann, wenn der Bundestag bei dem hema Menschenrechte mit einer Stimme spricht, wird eine Stimme auch weltweit wirklich gehört werden. Ich eine, die Glaubensfreiheit ist es wert, dass wir uns die er Mühe unterziehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705500900

Nun erhält Johannes Singhammer das Wort für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1705501000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Wir in Deutschland wissen vom Wert der Freiheit
es Glaubens. Ohne Religionsfreiheit gibt es keinen dau-
rhaften inneren Frieden. Im kollektiven Gedächtnis vie-
er Menschen bei uns, aber auch in Europa, sind die
rfahrungen des Dreißigjährigen Krieges, dieses
chrecklichen Krieges, fest eingebrannt. Drei Jahrzehnte
rieg, Morde und Verwüstung haben – neben dynasti-

chen und hegemonialen Gründen – vor allem auch die
useinandersetzung um Religionsfreiheit zum Kern ge-
abt. Während dieses bitteren Dreißigjährigen Krieges
rkannte man, dass kein Fürst, kein Staat, keine Obrig-
eit, kein Mob dem einzelnen Menschen sein persönli-
hes Verhältnis zu Gott vorschreiben kann. Als eine ge-
chichtliche Erfahrung stellt unser Grundgesetz in Art. 4
bs. 1 und 2 unmissverständlich fest:

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die
Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Be-
kenntnisses sind unverletzlich.

Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleis-
tet.

as gilt für alle. Das gilt auch für Menschen, die nach
eutschland zugewandert sind und nicht einem der

hristlichen Bekenntnisse angehören. Deshalb ist der
au von Gebetshäusern und Moscheen durch unsere
erfassung garantiert.

Wir sagen allerdings auch denjenigen Staaten, die
ich für in Deutschland lebende Landsleute einsetzen,
amit diese ihre Religion zu Recht ungestört ausüben
önnen, dass sie dabei die christlichen Minderheiten im
igenen Land nicht aus dem Blick verlieren sollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


abei genügt nicht die formale Gleichstellung auf dem
apier, sondern sie muss in der wirklichen Praxis erfol-
en.

Vor wenigen Tagen habe ich gemeinsam mit einem
ollegen und mit führenden Repräsentanten der katholi-

chen und der evangelischen Kirche und der Evangeli-
chen Allianz Christen in der Türkei besucht. Was
an gesehen hat, muss man auch ansprechen. Unser
indruck war: Viele christliche Minderheiten spüren ei-
en Mangel an Religionsfreiheit und Toleranz, weshalb
erade viele jüngere Christen für sich keine Perspektive





Johannes Singhammer


(A) )


)(B)

mehr sehen und das Land verlassen. Den christlichen
Kirchen droht dort die Gefahr der Marginalisierung. Es
leben zum Teil nur noch ein paar Familien in Dörfern,
die früher mehrheitlich von Christen bewohnt waren.

Kirchen und Klöster in Anatolien sind aber nicht
nur uralte, ehrwürdige Bauwerke, die es aus touristi-
schen Gründen zu erhalten gilt, sondern es muss Kirchen
und Klöstern auch gestattet sein, christliches Leben zu
entfalten. Deshalb erfüllt es mich mit Sorge, wenn bei-
spielsweise jetzt in Deutschland mehr Mitglieder der sy-
risch-orthodoxen Kirche leben als in ihrer angestammten
Heimat, der Provinz Mardin.

Die seit 1971 unterbundene Priesterausbildung
muss, gerade für die orthodoxe Kirche, wieder möglich
sein, und die theologische Ausbildung, die eigenverant-
wortlich zu organisieren ist, ist notwendig, um eine
schleichende Austrocknung des kirchlichen Lebens zu
verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, Religions-
freiheit wird nicht durch klare und eindeutige Rechts-
sätze gewährleistet. Darin sind wir uns einig. Religions-
freiheit wird vor allem auch durch den tagtäglichen
Umgang von Verwaltung, Administration und Gerichten
mit christlichen Minderheiten oder auch anderen religiö-
sen Minderheiten gewährleistet oder auch verhindert.

Festzustellen ist aber auch: Religionsfreiheit heißt
nicht Wertneutralität. Wir in Deutschland haben in ei-
nem langen und schmerzhaften Prozess über Jahrhun-
derte hinweg eine religiöse bzw. weltanschauliche
Neutralität des Staates verwirklicht, die aber keines-
wegs eine vollständige Wertneutralität der staatlichen
Ordnung bedeutet. Die Zwei-Schwerter-Lehre und der
Investiturstreit im Mittelalter haben letztlich zu Art. 140
unseres Grundgesetzes geführt, in dem unter anderem
geregelt ist:

Es besteht keine Staatskirche.

Bei den Gründervätern der Bundesrepublik Deutsch-
land herrschte die Überzeugung vor, dass erst der Abfall
von Gott den Weg freigemacht hatte für das schranken-
lose Machtsystem tiefster menschlicher Erniedrigung
des Nationalsozialismus. Auf dieser Grundlage unserer
Verfassung haben wir die Religionsfreiheit definiert und
garantiert. Wir wollen diese Erfahrungen nicht besser-
wisserisch anderen aufdrängen, aber es ist uns von der
Union wie auch, glaube ich, allen Mitgliedern dieses
Hauses wichtig, dass die Religionsfreiheit als Men-
schenrecht über nationale Grenzen hinweg verwirklicht
wird. Deshalb werden wir darauf achten, dass die Frei-
heit des Gewissens und Glaubens bei unseren Partnern
und den Mitgliedern der internationalen Völkergemein-
schaft gewährleistet wird, und wir werden diese auch
einfordern.

Ein wichtiger Schutzschirm für verfolgte und be-
drohte Minderheiten, insbesondere Christen, ist die Her-
stellung der Öffentlichkeit bei uns und weltweit. Des-

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(C (D alb hilft diese Debatte hier und heute vielen verfolgten enschen in unterschiedlichsten Ländern vor allem ann, wenn wir uns mit einer einigen und gemeinsamen otschaft an die Weltöffentlichkeit wenden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705501100

Das Wort erhält nun die Kollegin Angelika Graf für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1705501200

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Eine ganze Reihe Kollegen, darunter der Herr Au-
enminister und auch Sie, Herr Singhammer, hat auf die
eschichte der Religionsfreiheit hingewiesen. Ich
öchte noch ein Puzzlestück hinzufügen. Der Augsbur-

er Religionsfriede vom September 1555, in dem der
rundsatz „cuius regio, eius religio“ festgelegt wurde,
ilt als weltpolitisches Ereignis und läutete nach den
eformationskriegen quasi die offiziell festgeschrie-
ene Koexistenz beider christlichen Konfessionen und
amit die Neuzeit in den Kirchen ein. Den Dreißigjähri-
en Krieg hat er allerdings nicht verhindern können.
eligionsfreiheit im heutigen Sinne war das damals nur
nsatzweise, ging es doch bei dieser Regelung darum,
ass die Untertanen der Herrscher der jeweiligen Fürs-
en- und Königshäuser der Konfession ihres Landesfürs-
en folgen mussten, was bedeutete, dass sie bei einem

echsel des Herrscherhauses auch immer ihre Konfes-
ion wechseln mussten.

Tatsächliche Religionsfreiheit ist ganz eindeutig ein
eichen der Moderne, auch weil sie in der heutigen Zeit

ndividuelle Freiheit ausdrückt. Der von mir sehr ge-
chätzte und schon mehrfach angesprochene UN-Son-
erberichterstatter für Religions- und Glaubensfragen,
einer Bielefeldt, sagte neulich in einem Interview – ich

itiere –:

Die Religionsfreiheit ist ein individuelles Freiheits-
recht, wie die Meinungsfreiheit auch. Es geht um
die Freiheit, sich zu einem Glauben zu bekennen
oder auch nicht.

as heißt, man darf nicht dazu gezwungen werden, sei-
en Glauben zu verbergen, aber auch nicht, ihn zu offen-
aren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Möglichkeit, im
eutschen Bundestag zum Beispiel bei der Eidesformel
en letzten Satz wegzulassen.

Religionsfreiheit bedeutet auch die Freiheit, den
lauben ohne Druck und Zwang, aber auch ohne Konse-
uenz für Leib und Leben oder die berufliche Existenz
u wechseln oder zu behalten. Dies ist in einer Vielzahl
on Ländern – das ist schon mehrfach angesprochen
orden – nicht möglich. Beispiele dafür sind der Iran
der Saudi-Arabien. Dort steht auf Apostasie, also den
bfall vom Islam, die Todesstrafe, ebenso wie in Pakis-

an auf die Beleidigung des Propheten Mohammed. Dort
ie in vielen anderen Ländern darf nicht für einen Reli-





Angelika Graf (Rosenheim)



(A) )


)(B)

gionswechsel, zum Beispiel hin zum Christentum, ge-
worben werden.

Volker Beck hat schon sehr eindrucksvoll die Lage
der Bahai im Iran geschildert. Christen und Angehörige
anderer Religionen, zum Beispiel die Jesiden, die Juden,
die Hindus, erleben in vielen Ländern und Regionen
Verfolgung. Nicht zu vergessen – Herr Singhammer hat
das angesprochen – ist die Situation der syrisch-orthodo-
xen Christen in Mor Gabriel im Südosten der Türkei.
Ich selbst war in diesem Kloster und konnte mich von
der schlimmen Lebenssituation der Menschen dort über-
zeugen.

Die Menschenrechtspolitiker dieses Hauses haben
über alle Fraktionsgrenzen hinweg schon in der Vergan-
genheit bei Besuchen in den jeweiligen Ländern gegen-
über den politisch Verantwortlichen immer deutlich ge-
macht, dass die Religionsfreiheit und damit auch der
Wechsel der Religion zu den Grundfreiheiten des Men-
schen gehört, wobei ich allerdings nicht verschweigen
möchte, dass manche Gruppierung absolut inakzeptable
Werbemaßnahmen einsetzt. So bietet zum Beispiel eine
koreanische Organisation Opfern von Unwetter und
Überschwemmung – das habe ich in Kambodscha selbst
erlebt – nur dann ein festes Dach über dem Kopf oder
Bildung für die Kinder an, wenn der Übertritt zum
christlichen Glauben erfolgt. Ich denke, das tut der Sa-
che des Christentums keinen guten Dienst.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Religionswechsel geschehen bei uns aus sehr unter-
schiedlichen Beweggründen. Viele Menschen haben auf-
grund bestimmter Lebensumstände aus eigenem Willen
in einem anderen Glauben oder in einer anderen Konfes-
sion eine neue Heimat gefunden. Aber wir sollten auch
nicht vergessen: Es ist noch nicht so lange her, dass
Menschen in Deutschland wegen einer sogenannten
Mischehe, also der Ehe zwischen einem evangelischen
und einem katholischen Christen, aus der Kirche ausge-
schlossen wurden. Erst die Ökumene hat hier einen gu-
ten Weg geebnet.

Religionsfreiheit ist ausgesprochen modern und zeit-
gemäß. Ich frage mich oft: Gilt das auch für das Gottes-
bild, welches Christen wie Muslime haben? Welchen
Sinn, so wurde vor wenigen Tagen in einem Artikel in
der Zeit gefragt, hat es, wenn wir zu Gott flehen, um un-
serem Fußballverein zum Sieg zu verhelfen? Besteht
nicht auch der gegnerische Verein aus Kindern Gottes?

Erschreckt hat mich das Minarettverbot in der
Schweiz, womit die Errichtung des Wahrzeichens einer
anderen Religion in einer mitteleuropäischen Stadt un-
möglich gemacht werden sollte. Ich danke Ihnen, Herr
Kauder, ganz ausdrücklich, dass Sie deutlich gemacht
haben, dass das in Deutschland nicht infrage kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich begrüße deshalb sehr, dass der Hamburger Weihbi-
schof Hans-Jochen Jaschke unmissverständlich klarge-
macht hat, dass ein Minarett zur Moschee gehört wie

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(C (D er Turm zur Kirche, und dass er davor gewarnt hat, uslime und andere Andersgläubige, die in unserer Ge ellschaft ihren Platz haben, durch diese oder ähnliche ktionen auszugrenzen; denn wir können nur dann welteit wirkungsvoll für die Religionsfreiheit kämpfen, enn wir selbst sie hochhalten. Dazu gehört zum Bei piel auch, dass wir uns mehr darum kümmern, dass mame in Deutschland ausgebildet werden. Das würde ns deutlich weiterbringen. (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zurück zu Heiner Bielefeldt. Die Religions-
reiheit dürfe, so sagt er, nicht dazu missbraucht werden,
eligionen gegen jede Kritik oder gesellschaftliche Aus-
inandersetzung zu immunisieren. – Bielefeldt hat recht.
eligionen müssen als Teil unserer gesellschaftlichen
rozesse heute mehr denn je miteinander kommunizie-
en und sich und ihr Auftreten immer wieder neu selbst-
ritisch unter die Lupe nehmen. Das macht die Vielzahl
er Kirchenaustritte rund um die Missbrauchsfälle in der
atholischen Kirche und den Skandal um Bischof Mixa
berdeutlich. Dort hat die Kirche deutliche Versäum-
isse gezeigt.

Ich weiß, dass die ganz große Mehrheit der in Deutsch-
and lebenden Muslime fundamentalistische Gruppierun-
en ablehnt. Ich sehe aber auch, dass unsere offene
esellschaft sich verändert, weil sie sich von diesen fun-
amentalistischen Strömungen bedroht fühlt. Das Mi-
arettverbot in der Schweiz macht deutlich, dass in letzter
onsequenz auf Dauer die Religionsfreiheit gefährdet

ein könnte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sorgen mache ich mir auch um die jungen Muslimin-
en und Muslime, die die Tendenzen in der Mehrheits-
esellschaft natürlich spüren. Wir müssen daran arbei-
en, sie vor fundamentalistischen Gegenströmungen zu
chützen. Wir müssen ihnen die Werte unserer offenen
esellschaft besser vermitteln. Deswegen plädiere ich

ehr für einen staatlichen Islamunterricht in jedem
undesland. Wir müssen auf die Länder einwirken, da-
it so etwas endlich realisiert werden kann; denn dies
äre eine Möglichkeit, die Fragen und Bedürfnisse der

ungen Musliminnen und Muslime aufzunehmen, und
in wichtiger Teil des Weges, den junge Menschen in un-
erem Staat finden müssen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Religionsfreiheit bedeutet den Schutz und die Freiheit
ller Glaubensrichtungen – auch in Deutschland. Das
erden wir in unserem Antrag, den wir Ihnen in Kürze
orlegen werden, auch deutlich machen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705501300

Pascal Kober erhält nun das Wort für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1705501400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sehnsucht nach Freiheit, die Sehnsucht nach Freiheit der
innersten Bindungen und der innersten Grundüberzeu-
gungen von äußerem Zwang – wir würden heute sagen:
die Sehnsucht nach der Freiheit des Gewissens, die
Glaubens- und Religionsfreiheit – ist geradezu der Aus-
gangsimpuls für die gesellschaftliche Freiheitsbewe-
gung, in deren Folge sich die freiheitlichen Demokratien
auf dem Boden unveräußerlicher Grundrechte ausgebil-
det haben.

Es ist kein Widerspruch, dass wiederum der Grund-
wert der Glaubens- und Gewissensfreiheit in unserer
Geistesgeschichte seinen Ausgangspunkt in der jüdisch-
christlichen Tradition hat, nach Jahrhunderten der Ver-
dunklung durch theologische Missinterpretation wieder-
entdeckt und aufgedeckt in der Reformation und säkular-
politisch durchdacht, ausformuliert und erkämpft in der
Freiheitsbewegung der Aufklärung.

Jüdisch-christliche Tradition, Reformation und Auf-
klärung – wir wären uns selbst nicht treu, liebe Kollegin-
nen und Kollegen, sondern geradezu selbstvergessen,
würden nicht gerade wir als christlich-liberale Koalition
für das unveräußerliche Recht auf Glaubens- und Gewis-
sensfreiheit, auf Religionsfreiheit weltweit entschieden
eintreten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was die Religionsfreiheit, für die die christlich-libe-
rale Koalition weltweit im Rahmen ihrer kohärenten und
wertegeleiteten Außenpolitik eintritt, aber nicht meint,
und was die Toleranz unter den Religionen und Weltan-
schauungen, die wir einfordern, nicht meint, ist eine rela-
tivistische Toleranz oder Religionsfreiheit, die der Frage
nach der Gültigkeit von Werten, die, wenn man so will,
der Wahrheitsfrage ausweicht.

Denn wem alles gleich gültig ist, dem ist auch alles
gleichgültig. Das ist das genaue Gegenteil einer wertege-
bundenen und wertegeleiteten Außenpolitik


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


und das genaue Gegenteil der Idee universell gültiger
unveräußerlicher Menschenrechte.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin auch christlich! Ich bin auch liberal! Nicht so ausgrenzen!)


Das Konzept der Religionsfreiheit, für das wir als
christlich-liberale Koalition weltweit eintreten, ist das
Konzept einer Toleranz, die nicht alles für richtig hält
und auch nicht jedem recht gibt. Wer beispielsweise un-
ter dem Deckmantel der Religionsfreiheit anderen an-

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(C (D ere Grundrechte vorenthalten möchte, hat mit unserem ntschiedenen Widerspruch zu rechnen. eligionsfreiheit gibt es für uns nur innerhalb des Rahens der für alle gültigen universellen und unteilbaren enschenrechte. Was wir mit unserer wertegeleiteten Außenpolitik von llen Religionen und Weltanschauungen einfordern, ist egenseitige Toleranz, aber keine Toleranz, die dem Diaog um Wertefragen ausweicht, sondern eine Toleranz, ie den Dialog um die Wahrheit und Gültigkeit von Weren, die den Dialog um die Weise eines friedlichen Zuammenlebens aller innerhalb der Friedensordnung, die ie unveräußerlichen Menschenrechte jedem gewähren, ucht. Deshalb sind die Mittel und Wege, mit denen die hristlich-liberale Regierungskoalition weltweit für Menchenrechte eintritt, vor allen Dingen der entschiedene enschenrechtsdialog auf allen Ebenen, die Menschen echtsbildung, die wirtschaftliche Zusammenarbeit und ntwicklung aufgrund der Einsicht, dass gesellschaftlihe Freiheit und Rechtsstaatlichkeit einerseits und ökoomische Unabhängigkeit andererseits einander positiv edingen. Als christlich-liberale Koalitionsfraktionen fordern wir it unserem Antrag die Bundesregierung auf, in ihren nstrengungen für Religionsfreiheit und Menschen echte nicht nachzulassen, und sichern zugleich unsere nterstützung zu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Nächste Rednerin ist die Kollegin Annette Groth für ie Fraktion Die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Als linke, ökumenisch geprägte Protestanin begrüße ich die heutige Debatte über die Glaubensnd Gewissensfreiheit als ein elementares Menschenrecht. eligion ist für viele Menschen von zentraler Bedeutung. eshalb müssen sich Staaten gegenüber Religionen und eltanschauungen neutral verhalten und eine freie Reli ionsausübung gewährleisten. Wie einige Vorrednerinnen und Vorredner unterstütze ch ausdrücklich die deutliche Kritik am Minarettverbot n der Schweiz. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705501500

(Beifall bei der LINKEN)

Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705501600

ber auch in Deutschland versuchen Bürgerinitiativen
äufig, den Bau von Moscheen zu verhindern. So wird
ie Religionsfreiheit behindert.


(Beifall bei der LINKEN)






Annette Groth


(A) )


)(B)

Seit einiger Zeit beobachte ich mit großer Sorge, dass
in Deutschland, aber auch in anderen EU-Staaten mit
Begriffen wie „islamistisch“ eine ganze Religion diskre-
ditiert wird. Eine solche Kategorisierung trägt dazu bei,
dass bei der Mehrheitsgesellschaft Ressentiments gegen
Muslime geschürt werden. Als Reaktion auf diese Dis-
kriminierung und Stigmatisierung könnten Muslime in
die Arme von Extremisten getrieben werden. Deshalb
hat sich die US-Regierung kürzlich von Begriffen wie
„radikaler Islam“ und „islamistischer Terror“ ganz ver-
abschiedet.

Verehrte Damen und Herren, zu einer fortschrittlichen
Menschenrechtspolitik gehört die Analyse der tieferen
Ursachen von religiösen Konflikten. Oft zeigt sich,
dass Diskriminierungen oder Gewaltakte gegen eine be-
stimmte Religion der Katalysator für soziale und ökono-
mische Konflikte sind. Wenn Angehörige einer Religion
von der Politik bevorzugt werden, werden bei anderen
Religionsgemeinschaften Ressentiments geschürt. Dann
wird Religion als Machtinstrument missbraucht.

Herr Kauder sowie andere Rednerinnen und Redner
haben den Fall Orissa bereits erwähnt. An den Überfällen
waren Mitglieder der Lokalregierung und der indischen
Volkspartei BJP, deren Mitglieder nationalistische Hin-
dus sind, beteiligt. Ein Grund für diese gewaltigen Aus-
schreitungen sind die große Armut und der seit Jahren ge-
schürte Hass auf Andersgläubige. Viele der 35 Millionen
Einwohnerinnen und Einwohner Orissas leben in großer
Armut. Diese sozialen Verhältnisse machen es religiösen
Hasspredigern leicht, die Frustration über die sozialen
Ungerechtigkeiten auf andere zu lenken.

Im Bundesstaat Karnataka hat die regierende BJP
kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das den Religions-
wechsel weg vom Hinduismus verhindern soll. Dieses
Gesetz stellt „unredliche Bekehrung“ unter Strafe und
legt fest, dass jeder Übertritt zum Christentum den Be-
hörden gemeldet werden muss. Mit der toleranten indi-
schen Verfassung ist dieses Gesetz eigentlich nicht ver-
einbar. Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie
solche Diskriminierungen, ganz gleich, ob sie Muslime,
Christen oder andere Religionsgemeinschaften betreffen,
in ihren Gesprächen mit Indien deutlich verurteilt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Verehrte Damen und Herren, die Regierung in Orissa
hat auf die Armut mit einer zerstörerischen Industriali-
sierung reagiert. Durch die Ansiedlung eines Stahlwerks
mit 4 Milliarden Euro Umsatz wurde eine fundamentale
Veränderung der betroffenen Region eingeleitet. Das
Stahlwerk verbraucht riesige Wassermengen und zerstört
die Lebensgrundlage von vielen Bäuerinnen und Bauern.
Dadurch wird die Wut vieler Betroffener noch mehr ge-
steigert.

Es gibt in vielen Ländern ähnliche Auseinanderset-
zungen zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Religio-
nen. Ich habe Orissa als Beispiel gewählt, weil hier ex-
emplarisch der Zusammenhang zwischen Armut und
religiösem Fanatismus aufgezeigt wird. Wenn durch das
geplante Freihandelsabkommen der EU mit Indien

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(C (D iele Millionen armer Bäuerinnen und Bauern ihre Exisenzgrundlage verlieren, weil billige subventionierte Leensmittel aus der EU den indischen Markt zerstören, efürchte ich, dass die Hassprediger noch mehr Zulauf nd Gehör finden könnten als bisher. Deswegen müssen ir auch durch eine gerechte Handelspolitik dazu beitraen, dass Armut sich nicht weiter verschärft. Die Linke fordert von der Bundesregierung eine Menchenrechtspolitik, die sich für alle Verfolgten und Berohten, egal welcher Religionsgemeinschaft sie angeören, einsetzt. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705501700

Nächster Redner ist der Kollege Tom Koenigs für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705501800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Der Antrag der Regierungsfraktionen behandelt
or allem die Verletzung der Religionsfreiheit in fernen
ändern. Das ist aber nicht genug. Wer die Religions-

reiheit beschneidet oder missachtet, der missachtet auch
uropa; denn Europa ist ein politisches Projekt der bür-
erlichen Freiheiten einschließlich der Religionsfreiheit
nd gerade der Religionsfreiheit. Diese grundlegenden
reiheitsrechte sind im Grad ihrer Durchsetzung und in
er Entwicklung ihres Instrumentariums ein Markenzei-
hen Europas und nicht nur, Herr Bundesaußenminister,
eutschlands.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn ich mich in Europa umsehe, dann sehe ich aber
ebatten, die an diesem Fundament des europäischen
elbstverständnisses rütteln. Die Mehrheit der Schwei-
er ist gegen Minarette. Italienische und spanische Kom-
unen stellen die Vollverschleierung der Frau unter
trafe. In Belgien und Frankreich strebt man ein Verbot
on Burka und Niqab an. Über ein Verbot der Burka
urde erst vorgestern wieder in der französischen Natio-
alversammlung beraten. Immer haben diese Debatten
ine deutlich fremden- und freiheitsfeindliche, eine natio-
alistische und vor allem antieuropäische Konnotation.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


arauf müssen wir achten; denn das sind Diskussionen,
ie auch zu uns nach Deutschland kommen werden, und
abei geht es um den Kern unserer Freiheitsrechte, der
reiheitsrechte von Deutschland und von Europa.

Den freiheitsfeindlichen und reaktionären Tendenzen
üssen wir eine sachliche Erwägung dessen entgegen-

etzen, was Menschenrechte und Freiheiten sind und wo
ie durch Menschenrechte und Freiheiten anderer be-
renzt werden. Sie dürfen nur dann begrenzt werden,
enn sie Freiheiten und Menschenrechten anderer ent-
egenstehen.





Tom Koenigs


(A) )


)(B)

Europa steht dafür, dass das einzelne, schwache Indi-
viduum vor Begehrlichkeiten von starken, überindividu-
ellen Institutionen geschützt wird, auch vor Staaten oder
Schulen, selbst vor Religionsgemeinschaften, egal wie
hoheitlich, traditionsreich oder hochwürdig sie daher-
kommen mögen. Wenn wir Abstriche am Schutz dieser
Menschenrechte zulassen, dann gefährden wir das politi-
sche Projekt Europa.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb sollten wir uns davor hüten, nicht Stellung zu
beziehen oder wegzuschauen, wenn wir dergleichen se-
hen können.

Leute wie Sarkozy oder Wilders sagen es nicht so
deutlich, aber im Hintergrund der Debatten um Burka
und Minarette steht immer noch die Vorstellung von ei-
nem christlichen Abendland. Sie sagen in etwa: Europa
ist da, wo die Burka nicht ist, und dass manche Religio-
nen mit unseren Werten weniger zusammenpassen als
andere. Europa ist aber mehr als das christliche Abend-
land. Europa ist nicht das Projekt einer Religion, sondern
das von vielen Gläubigen und Ungläubigen, Religionen
und Religionsgemeinschaften sowie Areligiösen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Noch ist die Religionsfreiheit in Europa besser umge-
setzt als in vielen anderen Teilen der Welt – und zwar
nicht nur in den Gesetzestexten, sondern auch im gesell-
schaftlichen Miteinander. Religionsfreiheit weltweit zu
schützen heißt aber auch, weltweit und in Europa einen
Fundamentalismus zu bekämpfen, der nicht nur unter
Muslimen, sondern auch unter Christen, Juden, Orthodo-
xen und Ungläubigen zurzeit immer stärker wird.

Religionsfreiheit und Liberalität sind Identitätszei-
chen Europas. Für viele in der Welt ist Europa gerade
wegen dieser Freiheit so attraktiv. Wenn wir auf Europa
stolz sein wollen, dann sollten wir das gerade deswegen
sein. Die Idee Europa braucht Religionsfreiheit. Wir
sollten sie mit allem Nachdruck vor jeder Relativierung
schützen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705501900

Das Wort erhält jetzt die Kollegin Erika Steinbach für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Pascal Kober [FDP])



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1705502000

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Wenn weltweit so viel Religionsfreiheit herrschen
würde wie in der Europäischen Union, dann müssten wir
uns heute manche Gedanken nicht machen. Das muss
ich einmal deutlich feststellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Die Situation in Deutschland und in Europa, die eprägt ist von Debatten über Detailfragen, wie hier Reigionsfreiheit ausgestaltet werden kann, lässt sich überaupt nicht mit der Situation von vielen religiösen Minerheiten – dazu zählen in vielen Staaten auch die hristen –, die unter Existenzsorgen leiden, vergleichen. it Blick auf die Umsetzung der Menschenrechte und es Rechts auf Religionsfreiheit kann man sagen, dass azwischen wirklich Welten liegen. Wir in Europa und insbesondere in Deutschland sind eprägt – das hat der Kollege Singhammer vorhin zu echt angesprochen – von den Erfahrungen des Dreißig ährigen Krieges. Durch diese religiöse Auseinandersetung von Christen gegen Christen wurde die deutsche evölkerung um 20 bis 40 Prozent dezimiert. Diese Er ahrung, die uns geprägt hat, hat uns zu der Überzeugung ebracht, dass es Religionsfreiheit geben muss. Aber urch die Jahrhunderte waren Religionskämpfe auch mmer machtpolitische Instrumente, und es waren auch eidgesteuerte Elemente dabei. Auch das ist deutlich erennbar. Angesichts der historischen Entwicklung unseres andes durch die Jahrhunderte freuen wir uns natürlich, ass Religionsfreiheit inzwischen ein elementares Menchenrecht ist; wir müssen dieses Recht wirklich engaiert vertreten. Dieses Recht wird nicht nur im Grundgeetz garantiert, sondern auch in der Allgemeinen rklärung der Menschenrechte und im Internationalen akt für bürgerliche und politische Rechte. Aber seit vielen Jahren müssen wir mit großer Sorge eobachten, dass Religionsfreiheit zwar in vielen Länern auf dem Papier steht – Papier ist geduldig –, dass ber diese Religionsfreiheit nicht umgesetzt wird. rundsätzlich wird sie zugesichert, aber zum Beispiel n den muslimischen Ländern wird sie sehr häufig nur nter dem Diktum der Scharia angewandt. In mindesens 64 Ländern der Erde – mindestens –, in denen fast 0 Prozent der Weltbevölkerung leben, ist die Religionsreiheit sehr stark eingeschränkt oder sie existiert überaupt nicht. Die kleine Religionsgemeinschaft der Bahai – Herr eck, Sie brauchen uns nicht zu überzeugen – lebt unter roßer Bedrängnis und in existenzieller Not. Wir führen tändig Gespräche mit ihren Vertretern in Deutschland. atürlich stehen wir auch an der Seite der Bahai, aber as heißt doch nicht, dass wir nur dort den Blick hinwenen dürfen. Wir dürfen nicht verkennen, dass weltweit or allem Christen die am häufigsten verfolgte und uner Druck stehende religiöse Minderheit sind. Sie sind ie größte Religionsgemeinschaft weltweit, aber in den ändern, in denen sie verfolgt werden, sind sie in einer inderheitensituation. Keine andere Religionsgemeinschaft wird intensiver erfolgt als die christliche. Ich will nur wenige Beispiele ennen, man könnte eine seitenlange Liste aufführen. In ndonesien wurden in den Jahren 2000 bis 2001 rund 00 000 Christen von den Molukken vertrieben. Im indichen Bundesstaat Orissa wurden zwischen 2007 und Erika Steinbach )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

2009 rund 50 000 Christen vertrieben, ermordet oder
vergewaltigt. Ich freue mich sehr, dass heute Vertreter
der christlichen Minderheit hier sind. Bitte nehmen Sie
folgende Botschaft mit zu Ihren Glaubensgeschwistern:
Wir stehen an Ihrer Seite. Wir haben Sie nicht vergessen.
Wir unterstützen Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Lassen Sie mich weitere Beispiele nennen: Im Irak
leiden rund 385 000 Christen unter Verfolgung. Wir
müssen feststellen: 80 Prozent aller aus religiösen Grün-
den verfolgten Menschen sind Christen. Man geht welt-
weit von mindestens 200 Millionen verfolgten Christen
aus. Das größte Ausmaß nimmt die Diskriminierung und
Unterdrückung leider in mehrheitlich muslimisch ge-
prägten Ländern an.

Selbst in der Türkei – das halte ich für besonders be-
denklich –, die ihren Blick bekanntermaßen in Richtung
Europa gelenkt hat, leben Christen nicht ungefährdet.
Die Religionsfreiheit steht im Grunde genommen nur
auf dem Papier. Der Bau von Kirchen ist nicht möglich,
theoretisch wohl, aber in der Praxis lässt es sich fast
nicht umsetzen. Christliche Geistliche schweben in Le-
bensgefahr, etliche sind schon umgebracht worden. Mis-
sion, ein Teil der christlichen Religion, ist unmöglich.
Predigten dürfen nur an bestimmten Tagen abgehalten
werden. Eine Zahl spricht Bände: Vor 60 Jahren betrug
der Anteil der Christen in der Türkei 20 Prozent. Derzeit
beträgt der Anteil an Christen in der Türkei nur noch
0,15 Prozent. Diese wenigen werden trotz der Beitritts-
verhandlungen gezielt unterschwellig unterdrückt. In
Ankara hören Sie nur Stimmen der Unterstützung und
des Verständnisses, aber vor Ort sieht die Welt völlig an-
ders aus.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Erst kürzlich hat mir ein Pastor aus Izmir, dessen Na-
men ich nicht nennen will, von seinen Ängsten und von
seiner Drangsal berichtet. Diese ungute Entwicklung
muss uns alle hier im Hause zutiefst beunruhigen. Nicht
nur in Deutschland, sondern auch weltweit brauchen wir
ein friedliches Miteinander der Religionen. Herr Kollege
Koenigs, Sie haben ausgeführt, dass es eigentlich kein
christliches Abendland gibt. Ich sage Ihnen: Wir leben
auf dem Fundament eines christlich geprägten Abend-
landes, und das lasse ich mir auch nicht ausreden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Dann müssen Sie einmal einige Stellen in der Bibel nachlesen!)


Als Christin füge ich auch hinzu: Selbstverständlich
stehe ich solidarisch an der Seite anderer Christen. Herr
Beck, Sie wissen doch selber, wo Sie solidarisch stehen.
Ich als Christin stehe solidarisch an der Seite verfolgter
Christen auf dieser Welt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hoffentlich nicht nur! – Gegenruf – M w s d D s d h d I s u e B c v F a V w g G i g i e M s (C (D des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist logisch!)


Nein, nicht nur, das habe ich eben deutlich gemacht.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann gibt es keinen Dissens!)


issverstehen Sie die Dinge doch nicht so, wie Sie es
ollen.

Ich glaube, es war gut und richtig, dass Deutschland
einerzeit verfolgte christliche Iraker aus Syrien und Jor-
anien aufgenommen hat. Es ist gut, dass wir uns im
eutschen Bundestag in einer Kernzeitdebatte dafür aus-

prechen, dass kein Mensch auf diesem Erdball wegen
er Ausübung seiner Religion und seiner Religionszuge-
örigkeit verfolgt wird.

Herr Außenminister, ich bedanke mich bei der Bun-
esregierung dafür, dass Sie bei Ihren Gesprächen mit
hren Auslandskontakten immer wieder darauf hinwei-
en, dass die Religionsfreiheit für uns ein hohes Gut ist
nd dass wir von unseren Gesprächspartnern durchaus
rwarten, dass sie das auch ernst nehmen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705502100

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Volker

eck das Wort.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Er ist gar nicht angesprochen worden!)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705502200

Ich will es ganz kurz machen. Das ist keine persönli-

he Bemerkung, Herr Kauder, sondern eine Kurzinter-
ention. Eigentlich wollte ich eine Zwischenfrage an
rau Steinbach stellen.

Von Christ zu Christin: Sehen wir uns nur an der Seite
nderer Christen, oder sehen wir uns an der Seite von
erfolgten? Das halte ich für die christliche Haltung.


(Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Das hat sie doch gesagt!)


Können wir uns gemeinsam darauf verständigen, dass
ir das Aggiornamento des II. Vatikanums zugrunde le-
en, obwohl Sie keine Katholikin sind? Wir können
ott, den Vater aller Menschen, nicht anrufen, wenn wir

rgendwelchen Menschen, die nach dem Ebenbild Gottes
eschaffen sind, die brüderliche Haltung verwehren. Das
st vielleicht eine gute gemeinsame Grundlage. Da geht
s nicht um Christen oder Nichtchristen, sondern um
enschen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1705502300

Herr Kollege Beck, wer durch des Argwohns Brille

chaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705502400

Siegmund Ehrmann ist der nächste Redner für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1705502500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon mehrfach ange-
sprochen worden: Europa und Deutschland sind durch
fürchterliche Epochen gegangen. Das, was wir als unteil-
bare Menschenrechte verstehen, ist auch in unserem
Land nicht vom Himmel gefallen.

Die Freiheit des Glaubens und die Freiheit des religiö-
sen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind Rechte des
Einzelnen. Wir messen ihnen in unserer Verfassung den
höchsten Rang zu. Ob Christ, Jude, Muslim, Buddhist,
Hindu oder Mitglied einer anderen Glaubensgemein-
schaft, alle haben das Recht, ihren Glauben zu leben, zu
predigen, nach außen zu tragen. Das zeigt sich zum Bei-
spiel an den Moscheen und Gotteshäusern, im Tragen
des Kreuzes oder im Verzehr koscheren Essens.

Doch nicht nur Art. 4 des Grundgesetzes schützt die
Mitglieder von Glaubens- und Religionsgemeinschaften.
Das Grundgesetz gibt uns außerdem auf, dafür Sorge zu
tragen, dass keiner aufgrund seines Glaubens benachtei-
ligt wird. Gläubige, die offen zu ihrer Religion stehen,
müssen nicht fürchten, deswegen diskriminiert zu wer-
den. Religionsfreiheit schließt allerdings auch ein, sich
nicht religiös zu bekennen.

Das ist der Verfassungsrahmen in unserem Land. Die
Realität zeigt jedoch, dass es auch hier immer wieder zu
Konflikten kommt, bei denen die Religionsfreiheit auf
dem Prüfstand steht. Ich erinnere an die Debatten über
die Ladenschlusszeiten, die Kopftücher oder die Mo-
scheebauten. Die Bedeutung der werteprägenden Kraft
von Religion und Glauben für das soziale Miteinander
hebt Böckenförde in der oftmals zitierten Aussage her-
vor:

Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Vo-
raussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.
Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit
willen, eingegangen ist.

Diese Voraussetzungen liegen eben auch in einer
Werteorientierung, die von Religion und Glauben ge-
prägt sind. Unser demokratisches Gemeinwesen nimmt
Religions- und Glaubensgemeinschaften nicht etwa billi-
gend in Kauf. Sie sind vielmehr eine Voraussetzung für
das Zusammenleben. So weit der Blick auf unser Land.

Die Topografie der Verfolgung religiöser Minder-
heiten ist hier an vielen Beispielen aus der Welt konkre-
tisiert worden. Ich möchte zwei Beispiele anfügen:

Kürzlich bin ich darauf aufmerksam gemacht worden,
dass insbesondere in Belarus aufgrund der Sonderstel-
lung der russisch-orthodoxen Kirchen andere Religions-
gemeinschaften durch eine repressive Politik und ent-
sprechende Maßnahmen kriminalisiert und in die
Defensive getrieben werden.

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(C (D Ein weiteres Beispiel bietet auf dem afrikanischen ontinent Eritrea. Hier sind lediglich vier Konfessionen rlaubt. Alle anderen Religionen werden automatisch riminalisiert. Das belegen die Zahlen der Inhaftierunen, welche die Sicherheitsdienste von Gläubigen andeer Religionsgemeinschaften vornehmen. Die Nichteinhaltung der Glaubensund Religionsfreieit ist – ich habe es eingangs deutlich gemacht – nicht ur ein außereuropäisches Problem. Das Minarettverbot n der Schweiz ist angesprochen worden. Ich beobachte as auch in unserer Region: Wenn es um den Bau von oscheen und Minaretten geht, ist das nicht ganz so tressfrei, wie es hier in der Debatte angedeutet wird. a werden – das ist rechtsstaatlich nicht zu beanstanen – die Instrumente des Bauund Planungsrechts beutzt. Gleichwohl gibt es tiefe Nachbarschaftskonflikte, inter denen sich auch andere Motive verbergen. Auch as, denke ich, muss benannt werden, wenn wir uns mit iesen grundlegenden Fragen auseinandersetzen. (Beifall bei der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die meisten Moscheen stehen im Gewerbegebiet! So sieht es aus!)


(Beifall bei der SPD)


Noch etwas möchte ich ausdrücklich ansprechen: Na-
ürlich ist die Religionsfreiheit im positiven Sinne ein
ostbares Gut. Aber dazu gehört auch die Freiheit, die
eligion zu wechseln sowie keiner anzugehören. Es ist
amit aber auch die Freiheit verbunden, sich kritisch zu
esonderen religiösen Auffassungen zu äußern; denn
icht nur Gläubige werden in manchen Ländern erpresst,
elästigt und bedroht. Gleiches gilt für Atheisten und
ritiker. Es gibt Länder, in denen nicht nur Andersgläu-
ige, sondern eben auch Kritiker und Atheisten bedroht
ind. Da wird das Spannungsverhältnis zwischen positi-
er Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit deutlich.

Wir werden uns – das sage ich abschließend – in den
usschüssen mit den Anträgen auseinandersetzen.
eine Fraktion wird sich mit einem eigenen Antrag an

ieser Debatte beteiligen. Ich möchte an einen Gedanken
rinnern, den Hans Küng in seinen Ausdeutungen des
eltethos formuliert hat: Was sind die Bedingungen für

en Frieden? Kurz zusammengefasst stellt er fest: Die
edingungen für den Frieden setzen einen Dialog der
ulturen voraus. Ein Dialog der Kulturen ist nur mög-

ich, wenn es auch zu einem Dialog der Religionen
ommt. Dieser Dialog – wie auch der Dialog der Reli-
ionen – setzt den Respekt vor den Überzeugungen der
nderen voraus.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705502600

Dr. Stefan Ruppert erhält das Wort für die FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1705502700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ich freue mich, dass wir an so prominenter Stelle
ein so wichtiges Thema wie die Religionsfreiheit, die
wir weltweit schützen wollen, behandeln. Ich glaube, der
Erfolg deutscher Außenpolitik wird davon abhängen,
dass wir dieses Thema sehr ernst nehmen. Die Ge-
schichte von der linearen Säkularisierung in Deutsch-
land und weltweit – dabei geht es um den Bedeutungs-
verlust der Religionen –, die bisweilen erzählt wird, ist
meiner Meinung nach so nicht richtig.

Immer noch – als protestantischer Christ sage ich:
zum Glück – bewegt Religion viele Menschen. Religion
ist in der Lage, Emotionalität und Verhalten entschei-
dend zu beeinflussen. Deswegen ist die Globalisierung
kein rein ökonomischer Prozess, sondern der Erfolg der
Globalisierung wird auch davon abhängen, welchen
Respekt wir Religionen bzw. religiösen Überzeugungen
und dem religiösen Miteinander weltweit zollen.

Meine Oma, die ich sehr schätze, sagt häufig – – Viel-
leicht sieht sie mich an dieser Stelle.


(Heiterkeit im ganzen Hause)


Ich will sie jetzt nicht grüßen. Aber sie sagt häufig – –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705502800

Aber Sie hätten doch sicher keine Einwände, wenn

ich im Namen des Deutschen Bundestages herzliche
Grüße übermitteln würde.


(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause – Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Auch der Bundesregierung!)



Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1705502900

Ich danke dem Präsidenten. – Meine Großmutter – sie

ist eine tolerante und weltoffene Frau, deshalb meint sie
es eigentlich nicht so, wie sie es sagt – sagt als über-
zeugte Lutheranerin aus Frankfurt: Der guckt schon so
katholisch. An diesem Sprachgebrauch sieht man, dass
das Gegeneinander von Konfessionen bisweilen bis weit
in das letzte Jahrhundert hinein sehr wirksam war. Wir
müssen den religiösen Dialog, den Respekt und die Tole-
ranz in Deutschland und weltweit pflegen. Das ist eine
Arbeit, die jeden Tag geleistet werden muss.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube auch nicht, dass es das Gegeneinander,
das hier bisweilen im Raum stand, gibt. Es ist kein Ge-
gensatz, auf der einen Seite auf die Situation von ver-
folgten Christen weltweit aufmerksam zu machen und
auf der anderen Seite religiöse Toleranz gegenüber allen
Religionen und religiöse Toleranz, auch nichts zu glau-
ben, zu fordern. Dieser Gegensatz wurde hier bisweilen
konstruiert. Wir weisen auf die Verfolgung der Christen
hin und sagen, dass viele Hundert Millionen Menschen
weltweit bedroht sind. Wir kämpfen aber auch für Welt-
offenheit und Toleranz gegenüber allen Religionen.

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(C (D Ich glaube, das ist das Fundament einer guten Außenolitik, wie diese Koalition sie prägt. Insofern sollten wir a keinen Gegensatz konstruieren. Ich bin sehr froh über iese Debatte am heutigen Vormittag. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Das war zauberhaft!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705503000

Die letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

st die Kollegin Ute Granold für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1705503100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am

nde dieser Debatte brauche ich vieles von dem, das ich
ier sagen wollte, gar nicht mehr zu erwähnen, da es be-
eits besprochen wurde. Lassen Sie mich ganz kurz auf
inige Punkte eingehen. In einer Presseerklärung steht,
ass der Menschenrechtsbeauftragte von missio Deutsch-
nd, Dr. Oehring – er ist heute auch anwesend –, gesagt
at, er finde es sehr gut, dass zu prominenter Zeit eine
ebatte über die Religionsfreiheit weltweit stattfindet,
ei der wahrscheinlich wortgewaltige Reden gehalten
erden. Aber was kommt danach? Den Worten müssen
aten folgen.

Ich denke, als ein Land, in dem Religionsfreiheit be-
teht, haben wir den Auftrag, den Menschen in Not, und
war unabhängig davon, welcher Religion sie angehö-
en, zu helfen. Diesem Auftrag sind wir auch bislang
achgekommen. Wir haben – Kollege Strässer und auch
ndere haben es vorhin angedeutet – im Jahr 1999 über
ine Große Anfrage der Union zur Religionsfreiheit, zu
en christlichen Minderheiten, zur Christenverfolgung
ebattiert. Wir haben dann in der Großen Koalition einen
emeinsamen Antrag auf den Weg gebracht. Nun liegt
er Antrag der christlich-liberalen Koalition vor. Mittler-
eile haben wir schon einiges umgesetzt.

Wenn Sie, Herr Kollege Koenigs und Herr Beck, im-
er wieder auf Deutschland und Europa zurückkommen

nd da die großen Probleme sehen – zum Beispiel christ-
iche Fundamentalisten? – dann haben Sie ein etwas ver-
ischtes Bild. Ich finde das sehr bedauerlich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir leben hier auf der Basis der Werte des christlichen
bendlandes. Ich nehme mir sehr wohl das Recht he-

aus, als Katholikin – gerade wurden die Protestanten
enannt – dort in der Welt, wo die Christen unterdrückt
erden, den Finger in die Wunde zu legen. Eine Reli-
ion wie zum Beispiel der Islam muss sich auch daran
essen lassen, wie sie sich da verhält, wo sie eine Min-

erheit ist, beispielsweise in Europa, in Deutschland,
nd wie sie sich da verhält, wo sie in der Mehrheit ist;
ch denke hier zum Beispiel an die Türkei oder den Iran.





Ute Granold


(A) )


)(B)

Wir haben in unserem Antrag natürlich die Bahai und
die Muslime angesprochen. Ich würde Sie bitten, dass
Sie den Antrag noch einmal lesen.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bezweifelt niemand!)


Es geht auch nicht darum, dass wir irgendeine Religion
bevorzugt herausheben oder überhaupt nicht erwähnen,


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist genau der Punkt!)


sondern es geht darum, dass wir jedem seine Religion in-
dividuell lassen, dass jeder die Möglichkeit hat, seine
Religion in der Gemeinschaft zu leben. Die Freiheit,
keine Religion zu haben, oder auch die Möglichkeit, eine
Religion zu wechseln, sind vielerorts nicht gegeben.
Denken wir an Ägypten, den Iran und viele andere mehr.

Selbstverständlich kümmern wir uns auch um all dies.
Dieses Kümmern möchte ich ansprechen. Welche Mög-
lichkeiten haben wir, unseren bedrängten christlichen
Glaubensbrüdern und -schwestern, aber auch anderen in
vielen Regionen dieser Welt zu helfen? Orissa in Indien
wurde angesprochen. Wir haben Gäste aus Orissa, und
der Kollege Kober und ich waren vor Ort. Dort sind die
Christen massiv verfolgt worden; auch heute noch be-
steht eine ganz furchtbare Situation. Der Bundesstaat
kommt nicht in die Gänge, um die schlimmen Verbre-
chen aufzuarbeiten, die 2008 geschehen sind. Heute sind
noch viele unter prekären Verhältnissen auf der Flucht.
Wir haben mit den Christen dort gesprochen. Sie waren
so froh, dass es eine Solidarität im Glauben gibt, dass
wir aus dem fernen Europa gekommen sind, um gemein-
sam Gottesdienst zu feiern und Solidarität zu zeigen. Es
ist den Menschen sehr viel wert, Öffentlichkeit zu schaf-
fen. Wir haben es versprochen und dann im Ausschuss
beraten. Wir haben mit den Botschaftern gesprochen.

Ich möchte aber auch erwähnen, dass wir in Gujarat
waren. Das liegt in Westindien und ist einer der reichsten
Bundesstaaten Indiens. Dort wurden 2 000 Muslime um-
gebracht. Die dortige Regierung war in dieses Massaker
involviert. Auch das muss aufgearbeitet werden.

Wir kümmern uns im Besonderen um die Christen –
das stimmt. Ich denke an die Aktion damals, als wir den
Flüchtlingen aus dem Irak helfen wollten, die zum größ-
ten Teil nach Syrien oder Jordanien geflüchtet waren und
meist keine Möglichkeit hatten, in den Irak zurückzu-
kehren. Diese Flüchtlinge sagten: Wir rennen um unser
Leben. Davon hat uns etwa eine junge Mutter berichtet,
die sagte: Wir möchten irgendwohin, nur nicht zurück in
den Irak, weil wir nicht wissen, ob wir da am Leben blei-
ben werden.

Wir richten hier einen Fokus auf die Christen, weil An-
gehörige anderer Religionen, die verfolgt werden – auch
Muslime –, Rückzugsmöglichkeiten im arabischen Raum
haben, die Christen aber nicht. Deshalb galt unser Au-
genmerk auch im Zusammenhang mit dem Irak den
christlichen Religionsgemeinschaften. Bis zum heutigen
Tage konnten 1 569 Angehörige religiöser Minderheiten
von den 2 500 irakischen Flüchtlingen nach Deutschland
kommen. Ich denke, das ist eine gute Sache; hier war

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(C (D eutschland Vorbild für Europa, das insgesamt 10 000 lüchtlinge aufnehmen wird. Diesen Weg haben wir geeinsam beschritten; wir sollten ihn weitergehen. Es gibt viele Bereiche, in denen wir weiter tätig weren können, über die wir mit den Regierungen sprechen üssen. Unser Außenminister hat beim Menschen echtsrat in Genf eine Rede gehalten. Wir waren kurz daach auch beim Menschenrechtsrat und wurden auf eine Rede angesprochen: Die wertegeleitete Außenpoliik und das Achten auf die Religionsfreiheit waren in den esprächen ein wichtiger Baustein. Deutschland hat ine führende Stellung in der Welt. Wenn es darum geht, en Finger in die Wunde zu legen, wenn Menschenechte, insbesondere die Religionsfreiheit, verletzt weren, stellen wir die Bedingungen, die erfüllt werden üssen. Als Letztes möchte ich sagen, dass auch wir von der nion konkret handeln: Wir haben in Erinnerung an den rsten christlichen Märtyrer den Stephanus-Kreis geründet und treffen uns, um anhand verschiedener Läner wie Indien und der Türkei über die Religionsfreiheit eltweit zu sprechen. Dabei wollen wir – auch finan iell – helfen und speziell die Menschen unterstützen, ie in Not sind, die in Haft sind oder einem anderen rangsal ausgesetzt sind. Wir haben für die Menschen in rissa Geld von Misereor beschafft, damit sie aus ihren lten Zelten herauskommen. Über 5 000 ihrer Häuser urden zerstört. Wir haben dafür gesorgt, dass Zelte geauft werden, bevor der Monsun kommt. Danke an isereor! Das ist ein kleiner Tropfen auf den heißen tein; aber viele kleine Tropfen helfen sicherlich auch. Ich möchte Sie alle bitten, weiter zu helfen. Wenn robleme bestehen, müssen wir sie ansprechen und Öfentlichkeit schaffen. Viele wissen gar nicht, wie chlimm die Situation in Indien ist. Wir müssen das anprechen, damit zum Beispiel Indien beim Thema Menchenrechte, insbesondere bei der Religionsfreiheit, eien besseren Weg beschreitet. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 17/2334 und 17/2424 an die in der Taesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ind Sie damit einverstanden? – Das ist offenkundig der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 4 a und b: a)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705503200
Kelber, Ingrid Arndt-Brauer, Sabine Bätzing-
Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Brennelementesteuer – Windfall Profits der
Atomwirtschaft abschöpfen

– Drucksache 17/2410 –





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia
Kotting-Uhl, Lisa Paus, Bärbel Höhn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Atomkosten anlasten – Brennelementesteuer
jetzt einführen

– Drucksache 17/2425 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
diese Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
die Kollegin Ingrid Arndt-Brauer für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ingrid Arndt-Brauer (SPD):
Rede ID: ID1705503300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! 2009 hat der damalige Bundesumweltminister
Gabriel das erste Mal von einer Brennelementesteuer ge-
sprochen, in dem Ansinnen, auch die Energieversorger,
die Atommeiler betreiben, an den Kosten, die die Atom-
energie verursacht, zu beteiligen. Gestern ist das Wort
Brennelementesteuer im schwarz-gelben Kabinett ange-
kommen.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Angekommen? Sie haben doch nur geredet, aber nie Richtfest gefeiert!)


Die Steuer ist im Rahmen des Sparpaketes als Erbringer
von 2,3 Milliarden Euro pro Jahr angelegt. Leider gibt es
wenig Inhaltliches zu vermelden. Ich habe das Gefühl,
dass kein Konzept hinterlegt ist. Deswegen möchten wir
mit unserem Antrag das Wort ein wenig mit Inhalt fül-
len. Wir wären froh und dankbar, wenn Sie zu unser aller
Nutzen die Inhalte übernehmen würden.


(Beifall bei der SPD)


Im Jahre 2000 wurde der Atomausstieg vereinbart,
der im Jahr 2021 abgeschlossen sein wird. Seit 2000 hat
sich die Energieversorgung in unserem Land allerdings
gravierend geändert. Die Kosten für die sichere Lage-
rung radioaktiver Abfälle und die Sanierungskosten ha-
ben sich seither vervielfacht. Wir alle wissen nicht, ob
die Rückstellungen, die von den Atomkraftwerksbetrei-
bern gebildet werden, ausreichen werden. Kosten, die
nicht von den Verursachern getragen werden, muss der
Steuerzahler tragen. Das Bundesumweltministerium
rechnet alleine für die Sanierung von Asse II und Mors-
leben mit Kosten in Höhe von 7,7 Milliarden Euro.

Die Atomenergiewirtschaft ist begünstigt, da sie keine
CO2-Zertifikate kaufen muss. Da sie keine CO2-Schad-
stoffe ausstößt – in der Wertschöpfungskette schon, aber

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(C (D icht bei der Energieerzeugung –, ist die Atomenergie geenüber fossilen Energieträgern begünstigt. Die Emisionszertifikate, die kostenlos ausgegeben wurden, wurden ingepreist. Die Risiken der Atomenergie sind nirgendwo ingepreist worden. Sie entstehen erst, wenn das Risiko ntstanden ist. Die daraus entstehenden Mitnahmegewinne der Atomnergie betragen laut Öko-Institut 3,4 Milliarden Euro. eder abgeschriebene Meiler produziert, wenn er läuft, Million Euro Gewinn am Tag. Ja, mindestens. Nach einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale arktwirtschaft beliefen sich die Finanzhilfen und Steu rvergünstigungen für die Atomenergie im Zeitraum von 950 bis 2008 auf 125 Milliarden Euro. Eine Steuer, um iese Gewinne abzuschöpfen, ist mehr als berechtigt. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die müssen auch investieren!)


(Ulrich Kelber [SPD]: Mindestens!)


Eine derartige Steuer wird keine Auswirkungen auf
en Strompreis haben. Denn er entsteht an der Strom-
örse und richtet sich nach den Grenzkosten des letzten
ossilen Kraftwerkes. Die Atomenergie ist für den
rundlaststrom zuständig. Das heißt, sie ist davon nicht
etroffen.

Wir haben im Hinblick auf die Höhe der von uns ge-
lanten Steuer aus den Zertifikatspreisen eine Preis-
panne errechnet. Sie soll 2,5 Cent pro Kilowattstunde
etragen. Wir brauchen allerdings noch 0,6 Cent pro Ki-
owattstunde für die Altlasten, die wir auch finanzieren
üssen.

Die Brennelementesteuer ist eine Steuer auf den Ver-
rauch von Brennelementen. Sie ist europarechtskon-
orm.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sozialistische Planwirtschaft!)


n Schweden gibt es sie in ähnlicher Form seit den 80er-
ahren. Daran hat sich nie jemand gestört. Es hat auch
ie jemand ihre Abschaffung verlangt.

Die Brennelementesteuer ist unabhängig von einer
aufzeitverlängerung – im Gegenteil. Sie wurde im Hin-
lick auf Laufzeiten bis 2021 berechnet. Ich denke, län-
er müssen die Laufzeiten der Atomkraftwerke in die-
em Land auch nicht sein. Wir dürfen diesem Land
urch alte Reaktoren nicht noch mehr Risiken zumuten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as würde in der Konsequenz übrigens eine beträchtli-
he Erhöhung der Steuer nach sich ziehen.

Wir fordern die Bundesregierung zu Folgendem auf:

Erstens. An den Laufzeiten, die im Jahr 2000 verein-
art wurden, muss festgehalten werden.





Ingrid Arndt-Brauer


(A) )


)(B)

Zweitens. Eine Verbrauchsteuer auf die Spaltung von
Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von
Elektrizität, also eine Brennelementesteuer, muss einge-
führt werden.

Drittens. Der Tarif der Brennelementesteuer wird an-
fänglich, umgerechnet auf die erzeugte Elektrizitäts-
menge, 3,1 Cent je Kilowattstunde betragen.

Viertens. Alle zwei Jahre fordern wir von der Bundes-
regierung einen Bericht über die Entwicklung der Kos-
ten der Kernenergie bzw. über die Auswirkungen, die die
Erhebung der Brennelementesteuer auf die Ertragsteuer-
einnahmen der Gebietskörperschaften hat. Es muss na-
türlich einen fairen Bund-Länder-Ausgleich geben. Es
kann nicht sein, dass die Gewinne der Atommeiler durch
diese Steuer verringert werden, wodurch in den Ländern
weniger Steuereinnahmen anfallen würden. Hier muss
es, wie gesagt, einen Ausgleich geben. Das ist allerdings
zu machen.

Fünftens bitten wir die Bundesregierung, auf europäi-
scher Ebene einen Anstoß zu geben und auch die Betrei-
ber von Atomkraftwerken im restlichen Europa zur
Finanzierung der Kosten der Atomenergienutzung he-
ranzuziehen, damit wir bei der Energiebesteuerung in
Europa eine Harmonisierung hinbekommen.

Ich möchte Sie ausdrücklich bitten, dieses Vorhaben
zu unterstützen, diese Steuer einzuführen und im Sinne
der zukünftigen Generationen eine verantwortungsvolle
Politik zu machen. Sie sprechen ja immer von nachhalti-
gem Wachstum. Ich sage Ihnen: Wachsende Nachhaltig-
keit sollte die Maxime sein. Dazu möchte ich Sie auffor-
dern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705503400

Dr. Frank Steffel ist der nächste Redner für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Frank Steffel (CDU):
Rede ID: ID1705503500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Sehr geehrte Frau Kollegin Arndt-Brauer, Sie haben
völlig recht: Die Bundesregierung hat gestern beschlos-
sen, dass ab dem 1. Januar 2011 für die Betreiber von
Kernkraftwerken in Deutschland eine Steuer auf den Ver-
brauch von Brennstäben eingeführt wird. Diese Brenn-
elementesteuer bringt dem Bund jährlich 2,3 Milliarden
Euro Steuereinnahmen und wird für den Schuldenabbau
im Rahmen des Sparpakets genutzt. Wir halten diese
Steuer aus ökologischen und ökonomischen Gründen für
richtig und zielführend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Dann haben Sie dazugelernt!)



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(C (D Ich glaube, Sie sollten sich mit Ihren Zwischenrufen ehr zurückhalten, denn Folgendes ist schon sehr beremdlich: Nachdem gestern die Bundesregierung diesen irklich wichtigen Beschluss getroffen hat, diskutieren ir heute Ihre Anträge dazu im Parlament, obwohl Sie afür elf Jahre Zeit hatten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben das in der Großen Koalition doch abgelehnt! Jetzt bleiben Sie doch bei der Wahrheit! Das ist unglaublich!)


Ihnen steckt die Niederlage beim Fußball noch in den
nochen. Bleiben Sie gelassen! Lassen Sie uns das
hema sehr präzise diskutieren.

Sie hatten unter Rot-Grün sieben Jahre dazu Zeit.
undesumweltminister Trittin hatte erst mit Herrn
afontaine und dann mit Herrn Eichel als Finanzminister
eit, das Thema anzustoßen, möglicherweise sogar im
ahmen der Laufzeitverkürzung festzulegen, die Sie
000 beschlossen haben. Dann hatten Sie in der Großen
oalition beide Ressorts. Herr Gabriel, Ihr Parteivorsit-

ender, der jetzt schlaue Vorschläge macht, hatte mit Fi-
anzminister Steinbrück vier Jahre Zeit, das Thema zu
iskutieren und voranzubringen. Sie haben es nicht ge-
an. Heute machen Sie schlaue Vorschläge. Das geht frei
ach Goethe: Man spürt die Absicht. Man ist verstimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie eigentlich Lesen gelernt?)


Wir halten es für richtig, diese Brennelementesteuer
inzuführen, denn die Kernenergie ist eben nicht vom
O2-Emissionshandel betroffen und somit gegenüber an-
eren Energieträgern bevorzugt. Wir halten das auch für
ichtig, weil gerade die Kosten für Endlagerung und für
en Rückbau der Kernkraftwerke im Wesentlichen vom
teuerzahler in Deutschland getragen werden. Wir halten
as für richtig, weil der Strommarkt mehr Chancen-
leichheit braucht und gerade die großen vier nationalen
tromversorger hier einen Wettbewerbsvorteil gegenüber
ielen kleinen und mittelständischen Stromanbietern ha-
en. Auch hier wollen wir Chancengerechtigkeit und
ehr Wettbewerb.

Wir halten es für richtig, weil der Begriff „Steuer“ ir-
eführend ist. Es handelt sich im Wesentlichen nämlich
icht um eine Steuer, sondern um einen Subventionsab-
au. Auch das ist Teil des Sparpakets. Deshalb sagen
ir: Es werden die wirtschaftlichen Vorteile der Kern-

nergie reduziert und zusätzliche Anreize für regenera-
ive Energien geschaffen. Das ist in den kommenden
ahren der richtige Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke hängt
atürlich politisch mit diesem Thema zusammen; das
issen wir alle. Aber formal sagen wir sehr klar, dass die
inführung der Brennelementesteuer im Rahmen des
parpakets damit nicht direkt im Zusammenhang steht.
ie Bundesregierung wird zu dem Gesamtthema im
erbst ein Energiekonzept vorlegen. Dabei geht es im





Dr. Frank Steffel


(A) )


)(B)

Wesentlichen um das Ziel, unseren Energiebedarf aus re-
generativen Energien zu decken, und um die Frage, wie
lange wir die Kernkraft als Brückentechnologie noch be-
nötigen, nicht mehr und nicht weniger.

Das Ziel ist es, den Energiebedarf der Deutschen so
schnell wie möglich aus regenerativen Energien zu ak-
zeptablen Preisen zu decken. Wir werden mit einem ge-
schlossenen Energiekonzept das Zeitalter der regenera-
tiven Energien vorbereiten. Deshalb freut es uns, dass
uns die Opposition, sowohl die Grünen als auch die So-
zialdemokraten, in ihren Anträgen grundsätzlich zu-
stimmt und wir die Details in den Beratungen im Herbst
sicherlich gemeinsam erarbeiten werden.

Die heutige Debatte zeigt aber auch etwas anderes. Die
heutige Debatte zeigt, dass die bürgerlich-liberale Bun-
desregierung mit dem Sparpaket die richtigen Schwer-
punkte setzt. Wir werden innerhalb von nur zwei Jahren
die Ausgaben von 319 Milliarden Euro auf 301 Milliar-
den Euro senken und die Vorgaben der Schuldenbremse
des Grundgesetzes einhalten. Das ist wirklich eine große
politische Leistung in schwierigen Zeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden – auch dazu bekennen wir uns – Subven-
tionen abbauen. So wie wir das beim heutigen Thema
tun, werden wir das auch in anderen Bereichen tun.
Gleichzeitig werden wir den Staat durch Stellenabbau
dauerhaft effizienter und schlanker machen. Auch das ist
die erklärte Politik und richtige Prioritätensetzung dieser
bürgerlich-liberalen Bundesregierung.

Wir werden keine Steuern erhöhen, während sich ei-
nige jeden Tag mit immer wieder neuen Vorschlägen
selbst übertreffen. Wir sind der Auffassung, dass sich
Arbeit und Leistungsbereitschaft gerade für die Bezieher
kleiner und mittlerer Einkommen in Deutschland weiter-
hin lohnen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden das alles tun und die im Grundgesetz ver-
ankerte Schuldenbremse einhalten, und trotzdem werden
wir in den kommenden Jahren 12 Milliarden Euro mehr
für Bildung und Forschung ausgeben. Auch das ist eine
richtige Schwerpunktsetzung für die Zukunft unseres
Landes und insbesondere für die Zukunft unserer Kin-
der.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Insofern zeigen die heutige Debatte und die Debatten der
letzten Wochen, dass wir mit dem Sparpaket der Bundes-
regierung zum einen verantwortungsvoll mit der Zukunft
unserer Kinder und zum anderen verantwortungsvoll mit
unseren Ressourcen umgehen.

Mein Eindruck ist, dass wir uns in der heutigen De-
batte in sehr vielen Punkten einig sind. Einigen Details
in Ihren Anträgen können wir nicht zustimmen, weil wir
sie auch für übereilt halten, beispielsweise die Fixierung
auf einen konkreten Centbetrag zum gegenwärtigen
Zeitpunkt, da die Ausarbeitung in den zuständigen
Ministerien noch vor uns liegt.


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(C (D (Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben doch gerade von 3,3 Milliarden Euro gesprochen!)


Es ist ja gut, dass Sie immer dazwischenrufen, aber
assen Sie mich meine Gedanken vortragen. Sie haben
eute viel Redezeit beantragt: Nutzen Sie sie!

Wir sind uns darin einig, dass die direkte Bevorzu-
ung der Kernenergiewirtschaft beendet werden sollte
nd die beantragte Brennelementesteuer ein richtiger
nd wichtiger Weg dafür ist.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Glückwunsch zur Einsicht!)


ir sind uns einig, dass die Brennelementesteuer zielge-
ichtet und ein wirksames Instrument ist, und wir sind
ns einig, dass wir bei den Beratungen im Herbst alle
etails in Ruhe besprechen sollten. Denn es geht um ei-
en wichtigen Wirtschaftsbereich in Deutschland und
brigens auch um die Frage, wie sich die Strom- und
nergiepreise in Deutschland aufgrund des internationa-

en Wettbewerbs in den kommenden Jahren und Jahr-
ehnten entwickeln werden.

Insofern freuen wir uns, dass Sie uns heute mit Ihren
nträgen die Gelegenheit geben, noch einmal auf diesen
esamtzusammenhang hinzuweisen. Für uns ist es wich-

ig, dass die Menschen in Deutschland wissen: Mit dem
parpaket setzen wir die richtigen Schwerpunkte für die
ukunft. In der Energiepolitik wollen wir in ein Zeitalter
egenerativer Energien eintreten. – Wir wissen aller-
ings, dass die Kernenergie als Brückentechnologie in
en kommenden Jahren unverzichtbar dafür ist. Auch das
u sagen gehört zur Wahrheit, gehört zum Wirtschafts-
tandort Deutschland, und vor allen Dingen gehört es zur
hrlichkeit in der Politik, die ich uns allen in diesen Ta-
en empfehle.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705503600

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Ulrich

elber das Wort.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das bekommt er nachher alles wieder! Macht euch keine Sorgen! – Dr. Daniel Volk [FDP]: Er hat doch Redezeit!)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705503700

Ich freue mich auf die Zwischenrufe, die ich zu hören

ekommen werde, Herr Kollege.

Herr Steffel, der Versuch der Geschichtsklitterung,
en Sie gemacht haben, kann nicht eine Stunde lang un-
ommentiert bleiben.

Sie haben uns als Sozialdemokraten gefragt, warum
s noch keine Brennelementesteuer gibt. Sie sind ja erst
eit Oktober letzten Jahres Kollege in diesem Haus.
ahrscheinlich ist Ihnen deswegen entgangen, dass die

PD in der Koalition von CDU/CSU und SPD in der
etzten Legislaturperiode den Vorschlag einer Brennele-





Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

mentesteuer gemacht hat, den die Mitglieder Ihrer Frak-
tion in der Bundesregierung abgelehnt haben.

Das war der erste Teil der Antwort.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Dann können Sie jetzt ja dem Sparpaket zustimmen!)


Der zweite Teil. Sie haben mich gefragt, warum in der
Zeit von Rot-Grün keine Brennelementesteuer einge-
führt wurde. Die Antwort haben Sie sich eigentlich sel-
ber gegeben, ohne es zu bemerken. Sie haben gesagt, Sie
wollen, wie wir, die Zusatzgewinne der Atomwirtschaft
aus dem Emissionshandel mit einer Brennelemente-
steuer abschöpfen. Die rot-grüne Koalition hat bis 2005
regiert. Erst seit diesem Jahr gibt es den Emissionshan-
del.

Bitte lassen Sie die Geschichtsklitterung und infor-
mieren Sie sich vorher.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705503800

Eva Bulling-Schröter von der Fraktion Die Linke ist

die nächste Rednerin.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705503900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Durch eine leere Haushaltskasse werden manchmal
Wunder bewirkt. Es wurde anscheinend nämlich das er-
reicht, was die Bundesregierung und auch die vorherigen
Regierungen stets abgewiesen haben: die Einführung ei-
ner Brennelementesteuer zur Abschöpfung der Extrage-
winne der Atomwirtschaft aus dem Emissionshandel.
Wir, die Linke, haben das in jeder Haushaltsberatung ge-
fordert. Das wurde aber immer abgewiesen. Jetzt liegen
entsprechende Anträge von SPD und Grünen vor, und
auch die Bundesregierung wünscht sich das. Aber lieber
jetzt als nie. Schließlich wird mit einer Brennelemente-
steuer ein unhaltbarer Zustand beendet, nämlich der,
dass die Atomindustrie zusätzlich subventioniert wird,
und zwar seit 2005 irrwitzigerweise durch ein vermeint-
lich umweltpolitisches Instrument, den Emissionshan-
del.

Wie funktioniert das? Wir wissen, Unternehmen er-
halten CO2-Zertifikate zum großen Teil kostenlos, ein
Teil wird gehandelt. Durch den Emissionshandel steigt
der Großhandelspreis an der Strombörse; denn die Be-
treiber von Kohlekraftwerken schlagen den Handelspreis
der CO2-Zertifikate auf den Strompreis auf. Dass sie die
Zertifikate bislang geschenkt bekommen haben und so
Milliarden an Extraprofiten einfahren, halte ich für einen
großen Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenigstens ab 2013 müssen die Kohlekraftwerke die
Emissionsrechte ersteigern. Dann endlich könnte der
Emissionshandel von einer Gelddruckmaschine zu ei-
nem Klimaschutzinstrument werden.

Der zweite Skandal ist der, um den es sich hier heute
dreht: Der höhere Handelspreis für Strom nützt auch der

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(C (D tomindustrie, die mit dem ganzen CO2-Emissionshanel eigentlich nichts zu tun hat. Denn der Handelspreis ildet sich an der Strombörse nach den Grenzkosten des eweils teuersten Kraftwerks, das noch zur Versorgung enötigt wird, und dies ist meist ein Kohlekraftwerk, das uch den CO2-Preis kalkulieren muss. AKWs liegen mit hren laufenden Kosten stets darunter, verkaufen aber um Kohlekraftwerkspreis. Die AKW-Betreiber streihen also zusätzliche Profite ein. Diese Windfall-Proits werden die Atomkonzerne auch noch nach 2012 kasieren – darauf haben wir immer wieder hingewiesen, as ist aber immer abgewiegelt worden –, wenn die Kohekraftwerke längst ihre Zertifikate ersteigern müssen. isher wurde das von der Politik als verschmerzbarer ollateralschaden behandelt. Ich halte das für absurd; enn es handelt sich um riesige Summen, die die Stromonzerne starkmachen und für die die Verbraucherinnen nd Verbraucher blechen müssen. (Dr. Daniel Volk [FDP]: Das stimmt doch nicht! Das ist Unsinn!)


as Öko-Institut schätzt die leistungslosen Extraprofite
ro Jahr für die Atomsparten von RWE, Eon, Vattenfall
nd EnBW auf insgesamt rund 3,4 Milliarden Euro.
iese Summe kommt noch obendrauf auf jene 125 Mil-

iarden Euro Finanzhilfen und Steuervergünstigungen
ür die Atomabenteuer, die insgesamt von 1950 bis 2008
eflossen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Linke steht für
inen unverzüglichen Atomausstieg.


(Beifall bei der LINKEN)


is dieser vollzogen ist, muss jedoch eine Brennelemen-
esteuer die Extragewinne der Atomkonzerne aus dem
missionshandel abschöpfen. Es geht also ausdrücklich
icht um einen Handel „Laufzeitverlängerung gegen
rennelementesteuer“, wie es zum Beispiel Herr Kauder
estern im Morgenmagazin zusammenbastelte.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ein, es geht nicht um eine solche Verbindung.

Allerdings müssten auch schnellstens jene Extrage-
inne kassiert werden, die die Kohlekraftwerksbetrei-
er bis 2012 aus dem Emissionshandel ziehen. Ansons-

en könnten Böswillige tatsächlich von einer
evorteilung der Kohle gegenüber der Atomkraft spre-
hen. Unbeachtet bleibt ja weiterhin, dass bis 2012 auch
ie Kohlekraftwerksbetreiber Windfall-Profits haben;
enn sie bekommen bis dahin ihre Zertifikate geschenkt.
as spült ihnen – je nach Zertifikatspreis – 2 bis 3 Mil-

iarden Euro pro Jahr in die Kassen. Diesen gewaltigen
rocken könnte der Bundesfinanzminister auch gerne
insammeln. Dann bräuchte er nicht an die Sozialleis-
ungen heranzugehen. Aber dafür fehlt offensichtlich der
olitische Wille.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Jetzt kommt noch Hartz IV!)


Zurück zur Brennelementesteuer. Was die Höhe an-
eht, so sollten zusätzlich zu den Emissionshandelsge-





Eva Bulling-Schröter


(A) )


)(B)

winnen auch jene Kosten berücksichtigt werden, die für
die Altlastensanierung auflaufen. Die Bruchbuden
Asse und Morsleben sind zu einem gehörigen Teil durch
westdeutsche AKWs bestückt worden.


(Zuruf von der FDP: Morsleben? – Gegenruf von Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wussten Sie das nicht? Erkundigen Sie sich mal! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mehr als die Hälfte!)


Dafür haben sie nur Peanuts bezahlt. Darum ist jetzt ein
Nachschlag fällig.

Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft,
FÖS, hat zur Höhe der Steuer Vorschläge gemacht. Ich
denke, ein Steuersatz, der am Ende rund 3,5 Cent je Ki-
lowattstunde Atomstrom entspricht, wäre durchaus an-
gemessen. Das ergäbe zusätzliche Haushaltseinnahmen
von knapp 5 Milliarden Euro jährlich,


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Wer zahlt die denn?)


also mehr als das Doppelte dessen, was dem Finanzmi-
nister vorschwebt.

Atomkonzerne saftig besteuern statt Sozialleistungen
kürzen – über den tollen Sparhaushalt wurde bereits dis-
kutiert –: Stattdessen geht es immer nur um eine Umver-
teilung von unten nach oben. Es werden die Ärmsten
sein, die durch diesen Sparhaushalt bluten müssen, statt
diejenigen, die die Profite einfahren.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Die Ärmsten zahlen auch den Strompreis! – Gegenruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb wollen sie auch keinen Wettbewerb und die schlechte Wettbewerbssituation weiter beibehalten! Damit wir höhere Strompreise haben! Absurd ist das!)


Atomkonzerne saftig besteuern statt Sozialleistungen
kürzen – das wäre zukunftsfähige Finanzpolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Es wird immer gesagt, das gehe nicht, das sei nicht EU-
kompatibel. Finnland und Schweden machen uns aber
vor, dass eine vergleichbare Steuer möglich ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Argumente, das alles sei nach EU-Recht nicht mög-
lich, sind also vorgeschoben. Ich meine, Herr Schäuble
sollte jetzt handeln.

Ich komme zum Schluss. Wir haben gestern im Um-
weltausschuss sehr intensiv darüber diskutiert. An der
Sitzung hat auch ein Vorstandsmitglied von RWE teilge-
nommen. Nach dem, was er sagt, könnte man meinen,
sie wären sehr arm: Wenn sie eine Brennelementesteuer
zahlen müssten, dann seien sie nicht mehr börsenfähig.
Dabei werden enorme Gewinne erzielt, wie wir in den
Börsenblättern lesen können.

Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, re-
den immer davon, dass der Verbraucher mehr bezahlen
muss. Wir wollen an die Gewinne dieser großen Kon-
zerne heran. Das ist sozial, und es ist ökologisch.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ir wollen mehr regenerative Energien. Mit der von hnen beabsichtigten Laufzeitverlängerung werden Sie en Ausbau regenerativer Energien verhindern. Sie wolen die Konzernmacht weiter stärken. Das wollen wir icht. Aus diesem Grunde brauchen wir diese Steuer und ine Gewinnabschöpfung der großen Konzerne. Danke. Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Birgit Reinemund on der FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705504000


Dr. Birgit Reinemund (FDP):
Rede ID: ID1705504100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was

rau Bulling-Schröter am Ende ihrer Rede gesagt hat,
ollen wir alle: Wir wollen an die Gewinne der Atom-
irtschaft heran und einen Teil davon dem Haushalt zu-

ühren.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Mit Verlängerung oder ohne?)


Wenn die Opposition ein laufendes Gesetzesvorhaben
er Bundesregierung begrüßt und sogar noch beschleu-
igen will, dann frage ich mich, was dahintersteckt.
enn SPD und Grüne die Chance auf eine zusätzliche

innahme wittern, dann löst das sofort den Reflex aus,
estzulegen, wofür diese zusätzlichen Mittel konkret
usgegeben werden sollen. Sie wissen aber genauso gut
ie ich, dass Steuereinnahmen nicht per se zweckgebun-
en sind, sondern in den allgemeinen Haushalt fließen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


o werden der Soli nicht für den Aufbau Ost, die Öko-
teuer nicht für die Umwelt und die Brennelemente-
teuer nicht automatisch zur Finanzierung der Folgekos-
en der Atomwirtschaft verwendet, sondern sie dienen
rimär der Haushaltskonsolidierung.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die müssen aber auch aus dem Haushalt bezahlt werden!)


Seit 1999 sind unter der Verantwortung von SPD-Fi-
anzministern über 300 Milliarden Euro zusätzliche
chulden aufgenommen worden. Die Euro-Krise hat ge-
eigt, welche verheerenden Auswirkungen Staatsdefi-
ite auf die Stabilität der Währung und auf die Stabilität
anzer Staaten haben.


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Was hat das jetzt mit der Brennelementesteuer zu tun?)


Das von der Bundesregierung vorgelegte Gesamtpa-
et zur Haushaltskonsolidierung inklusive der Brennele-
entesteuer in Höhe von beachtlichen 82 Milliarden
uro bis 2014 ist das größte Sparpaket in der Geschichte
eutschlands und bezieht alle mit ein:


(Beifall bei der FDP)






Dr. Birgit Reinemund


(A) )


)(B)

den Finanzsektor, die Wirtschaft, die öffentliche Verwal-
tung und den Sozialbereich, und zwar ausgewogen und
maßvoll. Erstmals werden jetzt die Staatsausgaben real
gesenkt: von 320 Milliarden Euro in diesem Jahr auf
301 Milliarden innerhalb der nächsten zwei Jahre.

Unser erklärtes Ziel ist es, die Neuverschuldung zu-
rückzuführen, die im Grundgesetz verankerte Schulden-
bremse einzuhalten, die Maastricht-Kriterien wieder ein-
zuhalten sowie dem G-20-Beschluss Rechnung zu tragen
und das Staatsdefizit zu halbieren. Dazu muss gerade
auch die Atomwirtschaft ihren Beitrag leisten, besonders
vor dem Hintergrund, dass sie in der Vergangenheit
enorme Kosten für den Bundeshaushalt verursacht hat


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: In Zukunft auch noch!)


und auch in Zukunft verursachen wird, zum Beispiel für
die Sanierung von Asse, wie es im Koalitionsvertrag
festgelegt ist.

In Verbindung mit der geplanten Laufzeitverlänge-
rung kann die Abschöpfung von Zusatzgewinnen, die
Sie alle wollen, deutlich höher ausfallen als die jetzt ein-
geplanten 2,3 Milliarden Euro pro Jahr.


(Ulrich Kelber [SPD]: Besteht dazu Einigkeit in der Koalition?)


Ohne Zweifel wollen wir schnellstmöglich den Über-
gang zu regenerativen Energien schaffen. Trotzdem ist
es – auf der Zeitschiene gesehen – notwendig, im Rah-
men des kommenden Energiekonzepts Kernkraftwerke
als Brückentechnologie länger am Netz zu lassen. Wa-
rum jetzt plötzlich die Eile? Sie hatten elf Jahre Zeit, das
Thema anzugehen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Gerade erklärt!)


Das Vorhaben ist bereits auf den Weg gebracht. Statt Ih-
rer Schnellschüsse und Vorfestlegungen, meine Damen
und Herren von der SPD und den Grünen, gilt für die
christlich-liberale Koalition: Gründlichkeit vor Schnel-
ligkeit.

Das gesamte Sparpaket inklusive Einführung einer
Brennelementesteuer hat das Kabinett gestern be-
schlossen. Wir diskutieren derzeit über eine Steuer, de-
ren konkrete Ausgestaltung mitten in der Prüfung ist.
Viele Fragen sind dabei noch offen: Wie soll die Brenn-
elementesteuer konkret ausgestaltet werden? Wird sie
brutto oder netto erhoben? Gilt sie als Betriebsaus-
gabe? Wie gehen wir mit den enormen Auswirkungen
auf die Gewerbesteuer und damit auf die Einnahmen der
Standortkommunen um?


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Die Gewerbesteuer wollen Sie auch abschaffen!)


Kann eine zusätzliche Energiesteuer EU-konform gestal-
tet werden? – Das ist bei weitem nicht so klar, wie die
Damen der Opposition uns suggerieren wollen.


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Aber in Schweden klappt das auch!)


Hier erwarten wir kurzfristig eine Klärung des Finanz-
ministeriums. Seit gestern gehen Überlegungen von Fi-

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(C (D anzminister Schäuble auch in Richtung Fonds oder Ababe. Das hätte den Charme, dass das Geld dann weckbezogen verwendet werden könnte. Nutzen wir ie Zeit, die besten Lösungen zu finden. Heute tagt die Kommission zur Neuordnung der Geeindefinanzen. Ob die Gewerbesteuer in der Form wei er bestehen wird, um auf den Zwischenruf einzugehen, nd ob diese Auswirkungen einberechnet werden müsen, bleibt zu klären. Am 27. August wird es einen Kabiettsbeschluss über das Energiekonzept für Deutschand geben. Es wäre schon geschickt, diese beiden eratungsergebnisse in die Überlegungen einzubezieen. Beschlossen ist, dass die Atomwirtschaft ihren Beirag leisten muss. Beschlossen ist, dass dieser mindesens 2,3 Milliarden Euro betragen wird. In welcher orm? In der optimalen. Lassen Sie uns nach der Somerpause über rechtlich geprüfte Gesetzentwürfe disku ieren. Ihre Anträge hier und heute sind eher Selbstbechäftigung. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705504200

Das Wort hat die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl von

ündnis 90/Die Grünen.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705504300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ine Aussage aus dem Kabinett ist richtig, nämlich die
ussage von Herrn Finanzminister Schäuble, von der er

ich leider inzwischen schon wieder distanziert hat:
aufzeitverlängerung und Brennelementesteuer stehen

n keinem Zusammenhang. – Sie dürfen auch in keinem
usammenhang stehen. So ein Deal ist Mafiagebaren,
as ist kein demokratisches Regierungshandeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist auch nicht in Ordnung, der Bevölkerung die be-
bsichtigte und nicht besonders geliebte Laufzeitver-
ängerung – wir wissen: längere Laufzeiten verlängern
as Risiko, vermehren den Müll und stehen dem Ausbau
er erneuerbaren Energien im Weg – dadurch schmack-
aft zu machen, dass man sagt: Dafür gibt es Geld von
en Konzernen,


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist eine Sauerei!)


nd das geben wir für euch aus. – All das ist unseriös.
eriös ist, die Brennelementesteuer mit einer Begrün-
ung zu erheben, wie wir sie in unserem Antrag geben.
ir sagen: An die gesellschaftlichen Schulden, die die
tomwirtschaft aufgehäuft hat, seit sie besteht – wir re-
en von 150 Milliarden Euro –, wollen wir rückwirkend
ar nicht heran. Aber die 30 Milliarden Euro, die nach
chätzung der jetzigen Bundesregierung in den nächsten
ahrzehnten durch Rückbau und Sanierung der Endlager
nd der atomaren Forschungseinrichtungen auf uns zu-
ommen, wollen wir nicht auch noch den Steuerzahle-





Sylvia Kotting-Uhl


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rinnen und Steuerzahlern aufbürden. Die soll die Atom-
wirtschaft selbst bezahlen. Dafür wollen wir die
Brennelementesteuer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Warum haben Sie das nicht schon in den sieben Jahren Ihrer Regierungszeit getan? – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das hätten Sie doch lange machen können!)


– Hätten Sie in Bezug auf Atomkraft in Ihrer Regie-
rungszeit auch nur halb so viel vor, wie wir damals ge-
macht haben, dann könnten wir mit Ihnen zufrieden sein.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Aber Sie fordern es doch jetzt!)


– Die Verhältnisse haben sich geändert. Sie hätten vorhin
Herrn Kelber zuhören sollen. Stellen Sie eine Zwischen-
frage!


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben nur geredet!)


Herr Dr. Steffel, der Bundestag führt eine Brennele-
mentesteuer ein, nicht das Kabinett, wenn ich Sie daran
erinnern darf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was Sie gestern beschlossen haben, ist offensichtlich so-
wieso irrelevant; denn bereits gestern haben wir völlig
andere Verlautbarungen gehört. Die Bundesregierung
hat doch überhaupt nicht den Mut gegenüber der Atom-
wirtschaft, diese Brennelementesteuer ohne das Gegen-
geschenk der Laufzeitverlängerung einzuführen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Wo war denn Ihr Mut?)


Die Atomwirtschaft verhandelt doch schon selber wieder
mit, ob überhaupt und unter welchen Bedingungen sie
eine Steuer oder eine Abgabe zahlt.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben doch Vereinbarungen mit der Atomwirtschaft getroffen!)


Erzählen Sie doch nicht, was Sie beschlossen haben.
Uns liegen heute zwei Anträge vor, einer der SPD und
einer der Grünen. Stimmen Sie den Anträgen zu! Dann
haben Sie eine anständige Begründung für die Brennele-
mentesteuer und begeben sich nicht in ein vages, diffu-
ses Feld irgendwelcher Deals, was mit seriöser Politik
nichts mehr zu tun hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Wer hat denn den Deal beschlossen, dass keine Abgabe bei der Stromwirtschaft erhoben wird? Das war doch RotGrün!)


Wir fordern die Brennelementesteuer ohne Verbindung
mit einer Laufzeitverlängerung.

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(C (D Zur Laufzeitverlängerung, die eines der großen treitthemen der Regierung ist, will ich Ihnen noch twas sagen. Sie sollten nicht so viele Ressourcen auf en Streit verschwenden, ob es 8 Jahre, 15 Jahre oder 8 Jahre sein sollen – mal mit Zustimmung des Bundesates, mal ohne Zustimmung des Bundesrates. Dann leen die Bundesländer auch noch eigene Vorschläge vor. as Sie da aufführen, ist doch ein Kasperletheater. Hö en Sie auf damit! Hören Sie auf Ihren Sachverständienrat! Hören Sie auf Ihr Umweltbundesamt! Sie alle echnen Ihnen vor, dass Laufzeitverlängerungen nicht ur unnötig, sondern auch kontraproduktiv für das geeinsame Ziel des Klimaschutzes sind. Sie müssen ja ar nicht auf die Opposition hören; (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das müssen wir wirklich nicht! Gott sei Dank!)


ir wissen ja, dass Sie da beratungsresistent sind. Hören
ie aber auf Ihre eigenen Berater! Machen Sie, was die
hnen empfehlen!

Hören Sie mit diesem internen Regierungsstreit auf,
er Ihre wenigen Ressourcen, die Sie ohnehin schon
auernd mit Streitereien vergeuden, auch an dieser Stelle
och bindet. Konzentrieren Sie sich auf das, was ansteht,
ämlich auf den Umstieg in der Energieversorgung,
m nach 2020 so schnell wie möglich auf einen Anteil
on 100 Prozent erneuerbare Energien zu kommen.
azu brauchen wir eine Flexibilisierung des Kraftwerks-
arks, die Bereitstellung von Speichern und den Ausbau
er Netze. Das haben wir gestern in der Anhörung alle
emeinsam gehört. Hören Sie auf Ihre eigenen Berater!

Wenn Sie darüber hinaus noch ein bisschen mehr tun
nd einen Schritt der Vernunft gehen wollen, dann stim-
en Sie heute einem der vorliegenden Anträge zu. Sie

aben die Wahl zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grü-
en. Unsere Anträge unterscheiden sich nur marginal.
m Ziel – Brennelementesteuer ohne Verbindung mit ei-
er Laufzeitverlängerung – unterscheiden sie sich nicht.
timmen Sie einem dieser Anträge zu. Das wäre einer
er ersten vernünftigen Schritte dieser Koalition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705504400

Das Wort hat der Kollege Thomas Bareiß von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1705504500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

erren! Liebe Frau Kotting-Uhl, zunächst sage ich ein
erzliches Dankeschön für Ihren Antrag – auch für den
ntrag der SPD –, der uns wieder einmal die Gelegen-
eit gibt, uns über die Energiepolitik und auch über das
ichtige Thema der Kernenergie zu unterhalten.

Lassen Sie mich vorweg auf einen der Punkte einge-
en, der Ihnen ganz besonders wichtig ist und auch im
ntrag der SPD eine herausragende Stellung einnimmt,





Thomas Bareiß


(A) )


)(B)

nämlich auf die Frage: Brauchen wir eine Laufzeitver-
längerung?


(Zurufe von der SPD: Nein!)


Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir die Lauf-
zeitverlängerung brauchen und dass dies auch nicht im
Widerspruch zum Ausbau der erneuerbaren Energien
steht,


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Doch!)


sondern dass die erneuerbaren Energien in der Zukunft
dadurch ergänzt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben eine ambitionierte Ausbaustrategie. Bis
2020 wollen wir einen Anteil von 30 Prozent erneuer-
baren Energien erreichen. Mit diesem Ziel haben wir
das, was Sie in den letzten Jahren gefordert haben, noch
getoppt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wir sind beeindruckt!)


Bis 2050 wollen wir den Hauptanteil der Energie aus er-
neuerbaren Energieträgern generieren.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber 100 Prozent sind möglich! Warum machen Sie das nicht?)


Auf dieser Wegstrecke haben wir aber enorme Heraus-
forderungen zu meistern. Dies müssen wir gemeinsam
angehen.

Ich nenne nur das Thema Netzausbau. Wie wollen Sie
gewährleisten, dass, wenn wir im Norden in Offshore-
windparks 20 Gigawatt Leistung aufbauen und im Süden
12 Gigawatt vom Netz nehmen, diese Strommenge über
die Riesendistanz von Norden nach Süden transferiert
wird? Dazu müssen wir die Netze ausbauen. Das ist
dringend notwendig.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705504600

Herr Kollege Bareiß, ich muss Sie unterbrechen. Er-

lauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fell?


Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1705504700

Ja, sehr gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705504800

Bitte schön, Herr Fell.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705504900

Herr Kollege Bareiß, Sie haben gerade das Ziel der

Bundesregierung, bis 2020 30 Prozent des Stroms aus
erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen, als ambitio-
niert bezeichnet. Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass es
eine Unmenge von Studien und Angeboten gibt, nach
denen weit darüber hinausgegangen werden kann, wenn
man die heutige Wachstumsgeschwindigkeit der erneu-
erbaren Energien fortsetzt?

Schon vor Jahren hat der Bundesverband Erneuerbare
Energie der Bundesregierung angeboten, bis 2020 fast
50 Prozent Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu er-

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(C (D eugen und gleichzeitig auch noch 200 000 neue Areitsplätze zu schaffen. – Ich kann mir übrigens gar icht vorstellen, wie in diesem Bereich neue Arbeitslätze geschaffen werden sollen, falls es zu einer Laufeitverlängerung kommt. – Der Vertreter des Sachvertändigenrats für Umweltfragen hat erklärt – so Herr ohmeyer im Umweltausschuss –, bis 2030 könne man m Prinzip auf 100 Prozent erneuerbare Energien umstelen. Das Umweltbundesamt hat dieser Tage ebenfalls ine neue Studie vorgestellt, wonach in kurzer Zeit eine ollversorgung möglich ist. Warum ignorieren Sie all diese Möglichkeiten und beaupten einfach fest überzeugt, man brauche die Laufeitverlängerung, wenn die Möglichkeiten der Nutzung er erneuerbaren Energien ausgebaut werden sollten? In irklichkeit wirkt die Laufzeitverlängerung doch wie ine Bremse, weil nicht mehr genügend Volumen für die rneuerbaren Energien unter Beibehaltung der heutigen achstumsgeschwindigkeit vorhanden ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Wo ist die Frage?)



Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1705505000

Herr Fell, die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt

er Glaube. Ich sage Ihnen ganz offen: Um die Träger
rneuerbarer Energien ans Netz zu bringen und in den
arkt zu integrieren, brauchen wir zwei Dinge: einer-

eits eine bessere Netzinfrastruktur, sowohl im Über-
ragungs- als auch im Verteilungsnetzbereich, anderer-
eits Speichertechnologie.

Überall, wo man Netze ausbauen oder Speicher auf-
auen will – beispielsweise den Schluchseespeicher im
chwarzwald; man versucht dort, ein 1000-Megawatt-
umpspeicherkraftwerk zu errichten –, gibt es vor Ort
rüne Gruppen, die gegen diese Projekte demonstrieren.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Daniel Volk [FDP]: Aha!)


ie behaupten, dass diese Projekte den Kernkraftausbau
egünstigen. Das, was Sie hier sagen, passt nicht zu
em, was Ihre Parteifreunde vor Ort machen. Diesen Wi-
erspruch müssen Sie einmal auflösen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gibt die Probleme mit dem Netzausbau, die ich ge-
ade beschrieben habe. Ein weiterer wichtiger Bereich
ind die Speichertechnologien. Außerdem müssen wir
ie Frage beantworten, wie wir die erneuerbaren Ener-
ien in den Wettbewerb bringen. Auch damit wird in den
ächsten Jahren eine ganz große Herausforderung ver-
unden sein. Wenn ich mir das Ganze ernsthaft an-
chaue, dann komme ich zu der Überzeugung, dass wir
en von Rot-Grün beschlossenen Ausstieg aus der
tomenergie im Jahre 2022 leider nicht schaffen kön-
en.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nicht!)






Thomas Bareiß


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)(B)

Ich bin davon überzeugt, dass wir ihn auch 2025 nicht
schaffen werden.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber eine Menge Wissenschaftler sehen das anders!)


Auch 2030 werden wir ihn wahrscheinlich nicht schaf-
fen, wenn wir so weitermachen wie bisher. Deshalb
brauchen wir die Laufzeitverlängerung. Ich sage Ihnen:
Die Menschen wissen, dass wir die Laufzeitverlänge-
rung brauchen,


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen die Menschen eben nicht! Selbst die Kanzlerin hat das Gegenteil unterschrieben!)


weil wir diese Herausforderung nicht so bewältigen kön-
nen, wie wir es wollten. Wenn Sie ganz ehrlich sind,
dann stimmen Sie uns doch zu. Eigentlich sind Sie dank-
bar, dass wir dieses Thema in den nächsten Monaten
endlich anpacken.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Für den Satz haben Sie aber lange gebraucht!)


Meine Damen und Herren, ich warne davor, dass wir
auch in dieser Debatte irgendwelche Zahlenspielchen
machen. Die einen sagen: Wir brauchen vier bis acht
Jahre. Die anderen sagen: Wir brauchen 28 Jahre. Die
besonders Schlauen sagen: Richtig ist die goldene Mitte;
wir brauchen 15 Jahre. Ich glaube, so vorzugehen, ist
keine seriöse Energiepolitik.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Wir brauchen in den nächsten Monaten eine solide Da-
tenbasis. Eine solche Basis werden wir Ende August be-
kommen: Am 27. August erhalten wir die Szenarienbe-
rechnungen der Institute. Dann muss aufgeschlüsselt
sein, was in den nächsten Jahren technisch machbar ist


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie doch gar nicht prüfen lassen! Sie haben doch 100 Prozent Erneuerbare gar nicht prüfen lassen!)


und an welchen Stellschrauben wir ansetzen müssen.
Wenn wir wissen, was das kostet, müssen wir überlegen,
wie wir diese Kosten decken können und welche gesetz-
lichen Rahmenbedingungen notwendig sind. Unsere
Überlegungen werden wir dann in ein Energiekonzept
gießen. Das ist für mich eine verlässliche Politik in Sa-
chen Energie. Ich glaube, es lohnt sich, sich im Herbst
ganz viel Zeit zu nehmen.

Ich sehe jetzt die große Chance, die Laufzeitverlänge-
rung, die ich für notwendig halte, zu gestalten. Damit
sind viele Themen verbunden. In vielen Punkten kom-
men wir sicherlich zueinander; manchmal werden wir
vermutlich gegeneinander arbeiten.

Ein Thema ist die Brennelementesteuer. Sie wird in
diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen. Eine
Laufzeitverlängerung wird es nicht zum Nulltarif geben.

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(C (D ir haben immer gesagt: Die Laufzeitverlängerung wird s nur in Verbindung mit der Abschöpfung von Zusatzewinnen geben, und die so eingenommenen Mittel weren in Zukunftsprojekte investiert. Ein ganz wichtiges Projekt ist für mich hierbei die nergieeffizienz. Wir sind uns einig, dass wir in diesem ereich viel mehr machen müssen. Wir dürfen an diese ufgabe nicht nur ordnungspolitisch und durch die Stärung des Wettbewerbs, was ich ebenfalls für wichtig und innvoll erachte, herangehen, sondern wir müssen auch eld investieren, gerade im Gebäudesanierungsbereich. (Ulrich Kelber [SPD]: Deswegen haben Sie dort gekürzt!)


Auch ich bin damit nicht einverstanden, lieber Herr
elber. – Wir müssen schauen, wie wir diese Mittel ver-

tetigen. Ich sehe eine gute Chance, durch die Abschöp-
ung von Zusatzgewinnen den Übergang in das regene-
ative Zeitalter sinnvoll zu gestalten.

Wir müssen in diesem Zusammenhang auch die End-
agerfrage klären. Ich bin dankbar, dass wir in der jetzi-
en Koalition dieses Problem der Endlagerung endlich
ngehen. Sie haben das über Jahre verhindert,


(Ulrich Kelber [SPD]: Vorsicht! Wir fragen wieder nach!)


aben dieses Thema aufs Abstellgleis geschoben.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Ja, nichts getan!)


ir packen es an.


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])


as ist ein Schritt in die richtige Richtung: die Probleme
ösen und nicht ständig nur Hindernisse sehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ein weiterer Punkt ist das Sicherheitskonzept. Auch
as wird bei der Laufzeitverlängerung eine Rolle spie-
en. Wenn wir die Kernreaktoren hier – sie gehören
chon heute zu den sichersten der Welt – länger laufen
assen wollen, dann müssen wir den Anspruch, den wir
h schon haben, noch einmal erhöhen und schauen: Wo
ibt es Stellschrauben, mit deren Hilfe wir die Bedenken
er Bevölkerung aufnehmen können? Wie können wir
icherheit noch einmal neu und besser definieren? Dazu
ird es bis Ende Juli Vorschläge der Bundesregierung
eben.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Wirtschaftsminister will weniger Sicherheit als der Umweltminister!)


ir werden dann schauen, wie wir die konkret umset-
en. Das muss im Gesamtpaket eine wichtige Rolle spie-
en.

Der letzte Punkt, liebe Frau Höhn, ist der Wettbe-
erb, und er ist wichtig. Das nehmen wir gern von Ih-
en auf. Auch ich mache mir Sorgen über die Oligopol-
truktur im Strombereich. 60 Prozent des Strommarkts





Thomas Bareiß


(A) )


)(B)

werden über die vier großen Energieversorgungsunter-
nehmen gehandelt.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Und das wollen Sie verlängern! – Gegenruf des Abg. Dr. Daniel Volk [FDP]: Unsinn!)


Wir wollen schauen, wie eine Laufzeitverlängerung da
hineinspielt. Das müssen wir einmal untersuchen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man leicht ausrechnen!)


Darüber müssen wir sprechen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst verlängern und dann mal gucken!)


Wir müssen schauen, welche Instrumente wir finden, um
die Oligopolstruktur für die Zukunft aufzuheben; denn
ein ganz großes Thema ist, den Wettbewerb im Strom-
markt in den nächsten Jahren zu stärken, um stabile
Preise für die Zukunft zu gewährleisten.

Unsere Energiepolitik – ich glaube, das kann man
nicht oft genug sagen – beruht auf drei Säulen. Wir wol-
len sichere und verlässliche Energie für die Zukunft. Wir
wollen vor allen Dingen saubere und klimafreundliche
Energie für die Zukunft. Dabei spielt auch die Kernener-
gie – das nur als Nebensatz – wegen der CO2-Freiheit
eine ganz besondere Rolle. Wir wollen letztendlich eine
bezahlbare und – das sage ich ganz offen – günstige
Energie, nicht nur für Großfamilien mit vielen Kindern,
die auch einen entsprechend hohen Energieverbrauch
haben, sondern auch für die Industrie, weil sie für die
Arbeitsplätze in Deutschland ganz wichtig ist. Auch das
ist Kernbestandteil unserer Energiepolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben überhaupt keine Energiepolitik! Das ist das Hauptproblem!)


– Warten Sie es einmal ab!

Uns wird im September von der Bundesregierung ein
Energiekonzept vorgelegt. Das werden wir diskutieren.
Dazu wird der Bundestag viele Entscheidungen treffen
müssen. Das werden wir also viel diskutieren. Wir ma-
chen ein Energiekonzept aus einem Guss – ich glaube,
das ist dringend notwendig –,


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Atomkonzept aus einem Guss!)


bei dem die Kernenergie eine Rolle spielt, bei dem aber
der Ausbau der erneuerbaren Energien im Vordergrund
steht. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz für die
nächsten Jahre.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705505100

Das Wort hat jetzt der Kollege Oliver Kaczmarek von

der SPD-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir eute im Deutschen Bundestag über die Brennelementeteuer debattieren, dann müssen wir zunächst einmal esthalten, dass die Vorzeichen erfreulicher sind als in er vergangenen Zeit; denn als Sigmar Gabriel noch als undesumweltminister diese Idee vorgebracht hat, urde ihm insbesondere aus den Reihen des damaligen oalitionspartners, aus den Reihen der Union, „reine deologie“ vorgeworfen: so etwa von Herrn Oettinger. err Dobrindt hat ihn sogar einen Ökostalinisten geannt. Dass die derzeitige Regierungskoalition sich nun m Grundsatz dieser Forderung angeschlossen hat, ist als rfolg zu werten. Sie hätten es aber schon während der roßen Koalition haben können. Das gehört zur Wahreit dazu. Mir scheint die Debatte in der Koalition aber immer och ideologisch aufgeladen zu sein. Seit dem Gespräch, as der Bundesfinanzminister mit den Spitzen der Atomonzerne geführt hat, ist auch wieder weniger deutlich, as eigentlich konkret umgesetzt werden soll. Dabei geht es in dieser Frage im Prinzip um einen implen Sachverhalt. Derzeit muss der Steuerzahler für iele Kosten aufkommen. Es entstehen nämlich Kosten ür den Rückbau kerntechnischer Anlagen, für die Sanieung der Endlager, teilweise zumindest, für die kerntechische Forschung oder für die Sicherung der Castorransporte. Das sind Kosten, die der Steuerzahler nicht erursacht hat, aber von der Atomindustrie, wenn man o will, externalisiert werden. Die Beträge fließen bei en Atomkraftwerksbetreibern direkt in die Gewinne. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)

Oliver Kaczmarek (SPD):
Rede ID: ID1705505200

(Dr. Daniel Volk [FDP]: Ist er gescheitert!)


(Beifall bei der SPD)


eshalb führen wir keine ideologische Diskussion, son-
ern eine sachliche Diskussion über die Lastenvertei-
ung bei den ökologischen und gesellschaftlichen Kos-
en der Atomenergie und über Wettbewerbsgleichheit.
eswegen – das will ich noch einmal sagen – ist es kein

deologischer Ballast, sondern vor allem eine ökonomi-
che Notwendigkeit, über die wir heute Morgen disku-
ieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Allerdings – bei aller Freude, dass die Koalition auf
iese Linie eingeschwenkt ist – fehlt ihr offenbar die
insicht in die Notwendigkeit dieser Steuer; denn zu
eutlich ist der Zusammenhang, der hier im Kontext von
parpaket und Laufzeitverlängerung für die Atom-
raftwerke hergestellt wird. Die Bundesregierung will
ffensichtlich angesichts der dramatischen und von
ahezu allen Kommentatoren festgestellten sozialen
chieflage ihres Sparpaketes den Anschein erwecken,
uch die Großen zu schröpfen und ihnen etwas abzuneh-





Oliver Kaczmarek


(A) )


)(B)

men für die Sanierung des Staatshaushaltes. In Wahrheit
geht es jedoch vor allem um die Akzeptanz für die Lauf-
zeitverlängerung; denn die Atomenergie hat in Deutsch-
land keinen guten Ruf. Sie wird von den Menschen ein-
fach nicht akzeptiert. Das ist, wie der Umweltminister
jüngst richtig festgestellt hat, auch nach 40 Jahren noch
so. Es stellt sich langsam die Frage, warum wir über das
Thema Laufzeitverlängerung jetzt diskutieren, wenn
doch in den letzten 40 Jahren keine Akzeptanz bei den
Menschen erreicht werden konnte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dennoch hat sich die derzeitige Regierungskoalition
vorgenommen, gegen den gesellschaftlichen Wider-
stand die Laufzeiten für die 17 in Deutschland noch in
Betrieb befindlichen Atomkraftwerke zu verlängern.
Diesen Widerstand dagegen reden wir nicht herbei. Ihn
kann man sehen. Jüngst konnte man ihn – ich glaube, es
war Ende April – bei einer Menschenkette mit mehr als
100 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwischen
den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel be-
obachten.

Die sachlichen Erwägungen gegen eine Laufzeitver-
längerung sind gestern im Umweltausschuss breit debat-
tiert und von den Experten ausführlich dargestellt wor-
den. Es ist noch einmal deutlich gemacht worden, dass
wir hier nicht über eine absolut sichere und risikofreie
Technologie reden, sondern dass es Sicherheitsrisiken
gibt. Dies wird insbesondere bei den ältesten Atom-
kraftwerken, deren Laufzeiten Sie verlängern wollen,
deutlich: Das Atomkraftwerk Krümmel, 1983 in Betrieb
genommen, hat seit 1994 82 sicherheitsrelevante Ereig-
nisse gemeldet, Brunsbüttel, 1976 in Betrieb genommen,
hat 80 und Biblis A, das älteste noch in Betrieb befindli-
che Atomkraftwerk Deutschlands, hat 66 solcher Ereig-
nisse gemeldet.

Auch wenn die Anzahl der im Jahresdurchschnitt ge-
meldeten Ereignisse gering erscheint – ich stelle mir die
Frage, ob es bei einer solchen Hochrisikotechnologie tat-
sächlich eine Toleranzschwelle bei der Anzahl von Si-
cherheitsereignissen geben kann –, so ist doch Fakt: Die
Stillstandszeiten sind in keinem anderen industriellen
Bereich so hoch wie in Atomkraftwerken. Fakt ist auch,
dass sie mit längerer Lebensdauer eben nicht weniger
stör- und verschleißanfällig werden. Deswegen stellt
eine Laufzeitverlängerung natürlich ein Sicherheitsrisiko
dar. Zumindest verstößt sie gegen das Sicherheitsemp-
finden der Menschen. Das sollten wir im Deutschen
Bundestag akzeptieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Brennelementesteuer darf deshalb aus unserer
Sicht nicht zum Alibi für eine Laufzeitverlängerung wer-
den. Offensichtlich geht es der Bundesregierung auch
darum, sich nachlassende Sicherheit in den älteren
Atomkraftwerken mit dem Geld aus der Brennelemente-
steuer teuer bezahlen zu lassen. Aber ich sage auch ganz
deutlich: Diese Art von Ablasshandel für Biblis A und
andere alte Reaktoren werden wir und vor allem die

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(C (D enschen im Land nicht mitmachen. Dagegen wird es iderstand geben. Ich bin da sehr sicher. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist deshalb mehr als nur Symbolik – es sei mir als
ordrhein-Westfale erlaubt, das hier anzusprechen –, es

st eine fundamentale energiepolitische und gesell-
chaftspolitische Entscheidung, wenn die neue Landes-
egierung von Nordrhein-Westfalen – ich bin sicher, sie
ird dafür nicht nur im nordrhein-westfälischen Landtag
ie Mehrheit bekommen, sondern auch die Unterstüt-
ung der Menschen in Nordrhein-Westfalen – zusammen
it anderen Bundesländern im Bundesrat dafür sorgen
ird, dass es keine Laufzeitverlängerung geben wird.
as ist ein Akt der politischen Vernunft und der Verant-
ortung und verdient Unterstützung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist dagegen unvernünftig, wenn die Koalition nun
ach Wegen sucht, den Bundesrat auf der Grundlage
weifelhafter Gutachten zu umgehen. Es ist klar, dass sie
amit einen neuen politischen und gesellschaftlichen
roßkonflikt in dieser Republik mit allen Begleit-

rscheinungen und Nebenwirkungen in Kauf nimmt.
iesen Konflikt und die damit verbundene Unruhe und
nsicherheit bei den Menschen zu riskieren, ist falsch in
er Sache und stellt überdies eine Fehlkalkulation dar.
enn selbst wenn sie es wollte – so können wir nach den
rfahrungen der letzten Wochen und Monate sagen –,

ehlte der jetzigen Regierungskoalition die Mehrheit im
olk, im Bundesrat und vor allem die politische Klarheit
nd Kraft, einen solchen Konflikt durchzustehen. Des-
egen sollten Sie im eigenen Interesse davon Abstand
ehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie erhalten die Un-
erstützung auch unserer Fraktion, wenn Sie eine ernst
emeinte Brennelementesteuer einführen wollen. Aber
ie werden den Widerstand nicht nur der Opposition hier

m Haus, im Bundesrat oder vor dem Bundesverfas-
ungsgericht, sondern vor allem in der gesamten Repu-
lik, in Gorleben, in Lüchow-Dannenberg, in Ahaus,
runsbüttel und anderswo erleben, wenn Sie dieses Vor-
aben an eine Laufzeitverlängerung koppeln wollen.
as ist so sicher, wie das Amen in der Kirche.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705505300

Herr Kollege Kaczmarek, ich gratuliere Ihnen im Na-

en des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
chen Bundestag.


(Beifall)






Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


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Das Wort hat jetzt der Kollege Michael Kauch von
der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1705505400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Kaczmarek hat angesprochen, welche Großtaten die
neue nordrhein-westfälische Koalition in rot-grüner
Färbung vollbringen will. Ich habe mir gestern die Mühe
gemacht, in diesen Koalitionsvertrag hineinzuschauen.
Da wird die ganze Aberwitzigkeit Ihrer Klimapolitik
deutlich; denn wegen Ihres grünen Koalitionspartners
verzichten Sie auf das Kraftwerkserneuerungspro-
gramm. Die Grünen werden jetzt sagen: Prima.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)


Heimlich, still und leise steht im rot-grünen Koali-
tionsvertrag – zuerst dachte ich, es ist ein Druckfehler –,
dass Sie die CO2-Emissionen um 25 Prozent bis 2020 im
Vergleich zu 1990 verringern wollen. Man denkt: Tolle
Tat! Aber die alte Regierung wollte 33 Prozent, und im
Bund haben wir 40 Prozent vorgesehen. Das heißt, Rot-
Grün bedeutet weniger Klimaschutz in Nordrhein-West-
falen, das ist doch absurd.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die alte Bundesregierung hat das gar nicht gemacht! – Dr. Frank Steffel [CDU/ CSU]: Das ist ein Skandal! Jetzt kommt die Wahrheit ans Licht! – Dr. Daniel Volk [FDP]: Jetzt kommt Ihre Scheinheiligkeit ans Licht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705505500

Herr Kollege Kauch, erlauben Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Höhn?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1705505600

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705505700

Bitte, Frau Höhn.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705505800

Herr Kollege Kauch, können Sie bestätigen, dass sich

Schwarz-Gelb in der letzten Legislaturperiode in Nord-
rhein-Westfalen gegen jede Windkraftanlage gestellt
hat und dass sich dadurch die CO2-Reduktion in Nord-
rhein-Westfalen nicht gemindert hat? Sie sind massiv ge-
gen erneuerbare Energien vorgegangen. Können Sie be-
stätigen, dass unter Schwarz-Gelb in Nordrhein-
Westfalen die Kapazität der Kraftwerke enorm gestiegen
ist? Damit stand zwar die Zahl – eine Reduktion von
33 Prozent bis 2020 – auf dem Papier, aber in der Politik
ist das Gegenteil gemacht worden. Zu Ihrer Regierungs-
zeit sind die CO2-Emissionen in Nordrhein-Westfalen
gestiegen und nicht gefallen. Wir haben Ihre Altlasten
jetzt abzutragen. Das ist die Wahrheit.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Was hat das mit dem Koalitionsvertrag zu tun?)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1705505900

Liebe Frau Höhn, Sie kennen ebenso wie ich die

nergieversorgungsstruktur in Nordrhein-Westfalen.
ir haben keine Kernkraftwerke, sondern wir haben vor

llem Kohlekraftwerke. In Nordrhein-Westfalen stehen
ie größten CO2-Schleudern Europas. Die Politik von
chwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen war immer:
iese Dreckschleudern müssen durch moderne Kraft-
erke ersetzt werden.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Fehler!)


enau das verhindern Sie. Deshalb sind Sie diejenigen,
ie in Ihrem Koalitionsvertrag offenbaren, dass man mit
hrer Politik weniger CO2 einsparen kann als mit unserer
olitik.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt es raus!)


m Übrigen, wenn man in Ihrem Koalitionsvertrag wei-
erliest, dann erfährt man, dass Sie keinen eigenen mü-
en Euro aus Ihrem Landeshaushalt dafür aufwenden
ollen, dass Klimaschutzprojekte auf den Weg gebracht
erden.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gar nichts eingespart!)


Zur Finanzierung Ihrer Klimaschutzprojekte heißt es
m Koalitionsvertrag: Der Bund muss quotiert 44 Pro-
ent der Emissionshandelserlöse an Nordrhein-Westfa-
en abgeben. Sie wollen nur Klimaschutz betreiben,
enn es der Bund bezahlt. Das ist Ihr Versagen in Nord-

hein-Westfalen. Davon können Sie nicht ablenken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705506000

Herr Kollege Kauch, erlauben Sie eine weitere Zwi-

chenfrage des Kollegen Kelber?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1705506100

Gerne. Das verlängert die Redezeit.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann mal zum Thema!)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705506200

Das stimmt, das verlängert Ihre Redezeit.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er muss doch mal zum Thema kommen!)


rotzdem ist die Frage wichtig. – Können Sie erstens be-
tätigen, dass unter der jetzigen Landesregierung die frü-
ere Vereinbarung von Rot-Grün mit der Kraftwerks-
irtschaft, in der vorgesehen ist, alte Kraftwerke sofort





Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

abzuschalten, wenn das neue am Netz ist, beispielsweise
im rheinischen Braunkohlerevier, aufgehoben wurde und
deswegen die alten Kraftwerke weiterlaufen? Das ist
Realität, nicht Ziel.


(Joachim Poß [SPD]: Ach!)


Können Sie zweitens bestätigen, dass Sie den Klima-
schutz als Ziel aus den Landesgesetzen herausgestrichen
haben?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1705506300

Lieber Herr Kelber, wenn Sie auf Datteln anspielen

– darum geht es ja offensichtlich –,


(Ulrich Kelber [SPD]: Lex Eon!)


dann kann ich nur sagen, dass dies das effizienteste Koh-
lekraftwerk ist, das wir momentan in Deutschland bauen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Zusätzlich!)


Das genau ist der Unterschied. Wir machen Klima-
schutz mit dem Emissionshandel und versuchen nicht,
den Bau solcher Anlagen durch Gerichtsurteile zu torpe-
dieren.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zusätzlich emittieren!)


Wir wollen, dass diese modernen Kraftwerke die Dreck-
schleudern ersetzen,


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tun Sie ja nicht!)


deren Betrieb die rot-grüne Regierung, zum Beispiel im
Zusammenhang mit dem Tagebau Garzweiler, ermög-
licht hat, Herr Kelber.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Jetzt kommen wir zurück zum Thema, zu dem, was
wir auf Bundesebene tun, zur Brennelementesteuer. Für
die Brennelementesteuer werden im Kabinettsbeschluss
sehr klug zwei Gründe genannt:

Erstens geht es um die Kosten der Asse. Die FDP hat
diesen Punkt in den Koalitionsverhandlungen sehr nach-
drücklich unterstützt. Wir sagen: Wenn es Altlasten gibt,
die dadurch entstanden sind, dass in der Vergangenheit
viele Menschen Fehler gemacht haben, dann kann man
das hinterher nicht einfach dem Stromkunden oder dem
Steuerzahler vor die Füße werfen, sondern dann müssen
sich auch diejenigen, die von diesem Bergwerk profitiert
haben, beteiligen; das ist neben staatlichen Forschungs-
einrichtungen die Kraftwerkswirtschaft. Ganz klar ist:
Die Asse wird maximal etwa 4 Milliarden Euro kosten.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das wissen Sie schon jetzt! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: „Maximal“!)


Das entspricht den Einnahmen von zwei Jahren aus der
Brennelementesteuer. Dadurch ist diese Steuer sehr klar
legitimiert.

Das Zweite ist die Ungleichbehandlung, die es ab
2013 geben würde, wenn wir keine Abschöpfung der

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(C (D ewinne vornehmen würden. Momentan haben wir in er Tat eine Steigerung bei den Strompreisen; Frau ulling-Schröter, ich war erstaunt, dass von einer Linen eine sachliche volkswirtschaftliche Darstellung am. Dadurch, dass die Zertifikate, die man kostenlos ekommen hat, eingepreist wurden, haben die Unternehen mehrere Milliarden Euro Zusatzgewinne gemacht. etzt haben wir fraktionsübergreifend durchgesetzt, dass ie Zertifikate für die Kohlewirtschaft ab 2013 voll verteigert werden. Es wäre eine Wettbewerbsungleichheit, enn wir es bei den mit Kernkraft produzierenden Un ernehmen weiterhin so belassen würden. Deshalb ist die Zielsetzung der Brennelementesteuer, ie das Kabinett beschlossen hat, richtig. Dennoch sage ch: Natürlich gibt es einen politischen Zusammenhang ur Laufzeitverlängerung. Für uns ist das durchaus ein aket. Ich sage aber auch: Für die Laufzeitverlängerung er Kernkraftwerke ist das, was die Regierung hier voregt, nicht das Ende der Fahnenstange. Das ist nicht die bschöpfung der Gewinne aus der Laufzeitverlänge ung. Ich sage auch sehr deutlich: In den Wahlprogramen von Union und FDP finden wir die Aussage, dass in Teil der Erlöse, die aus der Laufzeitverlängerung reultieren, im Bereich erneuerbare Energien zu verwenen ist. Genau das lässt der Kabinettsbeschluss weiterhin u. Wir haben 2,3 Milliarden Euro für den Haushalt. Ich laube, der Finanzminister hat damit das, was er bekomen muss. Wenn wir für die Laufzeitverlängerung noch ine Schippe drauflegen, dann muss auch deutlich weren, dass der Bereich der erneuerbaren Energien davon rofitiert. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt wird versteigert!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705506400

Das Wort hat die Kollegin Dr. Barbara Höll von der

raktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705506500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Im Dezember 2009 postulierte die Bundesre-
ierung in Fortsetzung ihrer Politik, sie plane keine Ein-
ührung der Brennelementesteuer. Im Juni 2010 kommt
hnen die Erkenntnis dann doch, weil die Atomindustrie
on dem Handel mit den CO2-Zertifikaten über höhere
trompreise profitiert. Das sind jährlich immerhin
,4 Milliarden Euro. Allerdings sagen Sie – ich zitiere
us Ihrem Programm „Die Grundpfeiler unserer Zukunft
tärken“ –: Es wird „im Rahmen eines Gesamtenergie-
onzepts notwendig sein, die Laufzeiten von Kernkraft-
erken zu verlängern.“


(Michael Kauch [FDP]: Tolles Programm!)

Zukunft stärken und Laufzeitverlängerung sind ein
iderspruch in sich, sagt die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Barbara Höll


(A) )


)(B)

Im Klartext: Die ganze Aktion der Brennelementebe-
steuerung ist ein ausgeklügelter Deal zwischen Ihnen
und der Atomlobby; denn durch diesen billigen Trick
wollen Sie den hart erkämpften Atomkompromiss auf-
weichen und damit ein späteres Abschalten aller Atom-
kraftwerke in Deutschland erreichen.

Nun komme ich zu Ihrem tollen Plan. Sie wollen mit
der Brennelementesteuer 2,3 Milliarden Euro jährlich
einnehmen, unter anderem zum Zwecke der Sanierung
– wie Sie selbst sagen; ich zitiere noch einmal –:

Allein durch die Stilllegung und den Rückbau von
kerntechnischen Anlagen – einschließlich voraus-
sichtlicher Kosten für die Endlager von Atommüll –
wird der Bund erheblich belastet.

Selbst die Zwischenlager sind derzeit in einem skan-
dalösen Zustand. Es gibt noch gar kein Endlager. Die
Kosten für Lagerung und Sanierung der Lagerstätten ha-
ben sich vervielfacht; es wurde schon vorhin die Zahl
von über 7 Milliarden Euro genannt.

Nun planen Sie frisch und fröhlich eine Laufzeitver-
längerung. In diesem Zusammenhang frage ich Sie:
Wieso soll denn der Bund, das heißt, die Steuerzahlerin-
nen und Steuerzahler, die Folgekosten für die Endlage-
rung tragen? Wieso sollen das nicht die Verursacher, die
Atomwirtschaft, tun, und zwar selbstverständlich in vol-
ler Höhe?


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat Ihnen
ausdrücklich aufgeschrieben, dass es möglich ist, dass
Deutschland als Industriestandort bei Weiterentwicklung
der bisherigen erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050
allen Strom aus diesen erneuerbaren Energien bezieht.
Hierfür brauchen wir natürlich einen konsequenten Um-
bau hin zu den erneuerbaren Energien. Dazu braucht
man eben – das wurde bereits erwähnt – umfangreiche
Mittel für die Netzerneuerung und für das Erschließen
neuer Speicherkapazitäten.

Selbst der Bundesumweltminister, Herr Röttgen, be-
stätigte, dass der Anteil der erneuerbaren Energien 2022,
konservativ gerechnet, auf knapp 40 Prozent gestiegen
sein wird, sodass dann tatsächlich alle AKWs in Deutsch-
land abgeschaltet werden könnten. Sie erinnern sich:
Hierzu liegt eine Studie aus dem Jahre 2009 vor; inzwi-
schen wird das oft verschwiegen. Das heißt, eine Verlän-
gerung der Laufzeiten ist völlig irrational und falsch. Wir
fordern deshalb einen schnellstmöglichen Atomausstieg
und nicht erst 2022.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir fordern das auch deshalb, um die Folgekosten aus
der Nutzung der Atomkraft zu reduzieren. Wir wollen,
dass die Atomwirtschaft die von ihr verursachten Kosten
in vollem Umfang trägt. Führen Sie deshalb als ersten
Schritt die Brennelementesteuer so ein, dass mindestens
5 Milliarden Euro jährlich an Einnahmen erzielt werden.
Diese Einnahmen sollten dann für einen Energiespar-

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(C (D onds verwendet werden, um die Entwicklung im Beeich der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Nun möchte ich noch eine kurze Bemerkung zu Herrn uchs machen, der nachher noch spricht. Sie haben in der vergangenen Woche das Erneuerare-Energien-Gesetz als Begründung vorgeschoben, m Atomenergie weiterhin zu legitimieren. Ich sage Ihen: Das ist schlicht eine Frechheit und ein Schlag ins esicht all der Menschen, die heute im Bereich der Er eugung erneuerbarer Energien arbeiten. ie sagten letzten Donnerstag, dass die Energiekosten ür einen Vier-Personen-Haushalt im Rahmen des EEG b dem nächsten Jahr um circa 200 Euro steigen würden. eshalb brauchten wir auch weiterhin den ach so billien Atomstrom. Ich staune immer wieder über Ihre Kurzsichtigkeit. Sie ind es doch, die vernünftige Rahmenbedingungen schafen könnten. Sie könnten erneuerbare Energien über eine ernünftige Steuergesetzgebung billiger machen. Wenn ie beim Preis für den Atomstrom alle Folgekosten mit infließen lassen würden, wäre Atomstrom eben nicht illig. Er ist schon heute viel teurer als der Strom aus ereuerbaren Energien. Frau Kollegin Höll, kommen Sie bitte zum Schluss. Schieben Sie den Schwarzen Peter nicht auf andere. andeln Sie endlich selbst einmal weitsichtig; das ist otwendig. Das Wort hat der Kollege Dr. Georg Nüßlein von der DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich inde es bemerkenswert, dass wir die Diskussion offenar so reflexhaft miteinander führen können, dass man, rau Höll, bereits im Vorhinein auf einen nachfolgenden edner eingehen kann; das ist schon etwas Besonderes. Ich bin jetzt nicht enttäuscht – das sage ich Ihnen anz offen –, dass es keine Loblieder auf das gibt, was ir hier als Koalition planen, nämlich eine Brenneleentesteuer, obwohl ich zugebe, dass ich schon das ine oder andere wohlwollende Wort erwarte, wenn man inge umsetzt, die andere vorher angeblich so gefördert aben. Dr. Georg Nüßlein )


(Zuruf von der FDP: Jetzt schon? – Heiterkeit)


(Beifall bei der LINKEN)


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Richtig!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705506600
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705506700

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705506800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1705506900




(A) )

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Was ist denn umgesetzt? Es
ist doch noch nicht einmal im Bundestag!)

Meine Damen und Herren von den Grünen, ich habe
Ihren Antrag gelesen. Sie versuchen ja jetzt – husch,
husch –, mit einem Anträglein nörgelnd auf dieses Tritt-
brett aufzuspringen und so zu tun, als sei man bei dem
Thema dabei. Sie verwechseln bei dieser Gelegenheit
Rücklagen und Rückstellungen, weil es aus Ihrer Sicht
offenbar ökonomisch keine Rolle spielt. Damit zeigen
Sie, welcher ökonomische Sachverstand hinter dem
steht, was Sie beantragen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben keine Ahnung!)


Ich sage auch ganz offen an die Adresse der SPD: Der
SPD-Antrag ist ein verkrampfter Versuch, einen Zusam-
menhang mit Sigmar Gabriel herzustellen. Darin steht:
„Anknüpfend an die Bestrebungen von Sigmar Gabriel
…“. Die Brennelementesteuer, die wir beschließen, hat
mit vielen Dingen zu tun, aber garantiert nichts mit
Gabriel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Ich möchte das herausarbeiten, was die Kollegin
Reinemund von der FDP unterstrichen hat. Es gibt keine
Zweckbindung von Steuern. Es ist ganz wichtig, dass
wir uns das hinter die Ohren schreiben. Wenn man be-
stimmte Dinge politisch durchsetzen will, wird oft ande-
res behauptet; aber diese Zweckbindung gibt es nicht.
Deshalb sage ich an dieser Stelle ein bisschen nachdenk-
lich, dass ich mir persönlich mit dem Geld durchaus eine
Fondslösung zugunsten der Erforschung alternativer
Energien hätte vorstellen können; das hätte den Haushalt
auch entlastet. Aber sei es drum.

Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegen-
heit nutzen, um ein paar Fakten klarzustellen.

Die Mär von der nichtverursachergerechten Kosten-
tragung muss man abräumen. Entsprechend dem Atom-
gesetz werden bei Konrad die Versorger einen Anteil
von 64,4 Prozent der Kosten zu tragen haben; das ist ver-
ursachergerecht. In Gorleben müssen die Versorger
96,5 Prozent der Kosten tragen. Das muss man doch ein-
mal sagen. Man darf nicht immer einen anderen Ein-
druck erwecken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Themen Asse, ein ehemaliges Forschungsendlager
des Bundes, und Morsleben, eine Altlast aus der ehema-
ligen DDR – deshalb würde ich den Linken empfehlen,
an dieser Stelle ein bisschen leiser zu treten –,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Ich komme aus Bayern!)


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(C (D leiben offen und werden den Haushalt belasten. Man raucht Einnahmen, mit denen man die Kosten ausgleihen kann. Nun haben Frau Kotting-Uhl, Frau Höll und etliche ndere von einem Handel mit den Versorgern gesprohen, einem Deal mit Brennelementesteuer auf der eien Seite und Laufzeitverlängerungen auf der anderen eite. Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, wer einen Deal emacht hat: Sie im Jahr 2000. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie haben einen Deal gemacht. Die Verknüpfung zwi-
chen der Brennelementesteuer und der Laufzeitverlän-
erung haben Sie damals verursacht, weil in diesem
eal ausdrücklich steht, dass es keine zusätzliche steuer-

iche Belastung der Kernenergie geben darf.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Da steht: steuerliche Benachteiligung! Benachteilung und nicht Belastung!)


Deshalb kann man, wenn man aus dem Thema Aus-
tieg aussteigt, eine Brennelementesteuer erheben. Wenn
an aber bei dem bleibt, was zwischen Ihnen und den
ersorgern damals vereinbart wurde, sieht es schlecht
us. Diese Verknüpfung haben Sie vollständig zu verant-
orten. Das möchte ich an dieser Stelle eindeutig sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Thema Windfall-Profits. Ja, da gibt es ungerechtfer-
igte Profite, die ökonomisch begründbar, politisch aber
roblematisch sind. Dass man dafür Sorge tragen muss,
ieses Geld wiederzubekommen, ist unstrittig. Aber aus
einer Sicht muss das über den Emissionshandel, näm-

ich die vollständige Versteigerung, die bisher europapo-
itisch verwehrt war, erfolgen. Es ist doch völlig falsch,
erade dort anzuknüpfen, wo wir kein CO2-Problem ha-
en, nämlich bei der Kernenergie. Das wäre doch wider-
innig. Man muss einmal in aller Deutlichkeit sagen,
ass diese Verknüpfung problematisch ist. Ich sage das
anz offen und offensiv.


(Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Finanzministerium hat sie gerade wieder hergestellt!)


Liebe Frau Höhn, deshalb ist es gut, wenn neben den
inanzpolitikern der eine oder andere Fachpolitiker et-
as sagt.

Ich sage ganz klipp und klar: Um die Windfall-Profits
us dem Emissionshandel abzuschöpfen, sollte man aus
einer Sicht nicht da anknüpfen, wo der Emissionshan-

el konterkariert wird. Das wäre falsch. Sie haben aber
ichtig argumentiert, dass die Einnahmen in Höhe von
,3 Milliarden Euro jährlich auch für andere Dinge not-
endig sind. Ich sage dazu nur eines: Ihr Argument fällt

us meiner Sicht weg; es spricht nicht gegen die Brenn-
lementesteuer. Auch das muss man einmal deutlich he-
ausstellen.





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)

Abschließend möchte ich sagen: Nachdem ich vorhin
den vollzogenen Handel so lang und breit erläutert habe,
ist es mir ein Anliegen, die Doppelzüngigkeit dieser
Debatte herauszuarbeiten. Es ist aus meiner Sicht dop-
pelzüngig, jemandem einen Handel vorzuwerfen, wenn
man selbst einen Handel gemacht hat. Ich möchte deut-
lich herausstellen, wie Sie sich, insbesondere die Grü-
nen, bei diesem Deal im Jahr 2000 verbogen haben.

Sie haben damals in den Wahlkämpfen immer von un-
verantwortbaren Risiken gesprochen, von der Notwen-
digkeit eines sofortigen Ausstiegs aus der Kernkraft, weil
diese mit Risiken verbunden sei, die nicht hinzunehmen
seien. Dann haben Sie bzw. der Staatssekretär Barke, da-
mals die rechte Hand von Trittin, am 14. Juni 2000 eine
Vereinbarung unterschrieben – ich habe sie hier –, wo-
nach die Kernkraftwerke einen hohen Sicherheitsstan-
dard haben.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Sie gerade abgesenkt haben! – Zuruf von der FDP: Wo ist denn der Trittin? – Gegenruf des Abg. Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Der traut sich nicht heraus, der Trittin!)


Das haben Sie paraphiert. Sie haben also gesagt: Es ist
unverantwortlich; aber obwohl es unverantwortlich ist,
können wir das Ganze für weitere 20, 25 Jahre vertreten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon einmal was von Eigentumsrechten gehört?)


Sie müssen uns erklären, woher die Motivation dazu
kam, warum Sie das getan haben. Ich befürchte, es ging
um etliche Dienstwagen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen Ihre eigenen Gedanken nicht auf uns übertragen!)


Wenn es zumindest Dienstfahrräder gewesen wären,
hätte ich das bei den Grünen noch verstanden. Sie sollten
einmal über Ihre Politik nachdenken: Sie gehen für
Dienstwagen solche Risiken ein – zumindest behaupten
Sie, es sei riskant; im Hintergrund sehen Sie es vielleicht
auch so, dass die Kernkraft sehr wohl kalkulierbar und
beherrschbar ist –, schüren im Wahlkampf Angst und
vereinbaren in der politischen Realität, wenn Sie auf den
Boden der Tatsachen zurück sind, mit den Versorgern et-
was anderes. Vielleicht kann Frau Höhn, die nach mir
spricht, ein bisschen Licht in diese Sache bringen und
sagen, warum Sie das getan haben.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705507000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Bärbel Höhn von

Bündnis 90/Die Grünen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705507100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Nüßlein hat uns jetzt demonstriert, dass er of-

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(C (D ensichtlich heimliche Wünsche hat, einmal in einem ienstwagen zu sitzen. Sie sollten das aber nicht ande en unterstellen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


ir machen Politik für die Menschen, nicht für die
ienstwagen. Belassen Sie es also bei Ihren eigenen
eimlichen Wünschen.

Wenn wir heute über die Brennelementesteuer re-
en, dann tun wir das, weil wir über ein Sparpaket reden.
s ist gut, über die Brennelementesteuer zu reden; denn
s handelt sich vom Grundsatz her um eine alte grüne
orderung, es ist ein richtiges Instrument. Das begrüßen
ir.

Ich finde, dass Finanzminister Schäuble bei diesem
hema bisher eigentlich ziemlich gerade gestanden hat.
an muss allerdings sagen: Seit gestern hat er seine

aktik vollkommen verändert; er ist vollkommen von
em abgerückt, was er bisher behauptet hat.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


pannend ist, dass er wochenlang seitens des Finanz-
inisteriums gefordert hat, dass diese Brennelemente-

teuer kommt, er sie aber gestern infrage gestellt hat.
arum? Was ist in der Zwischenzeit passiert? Vertreter

er vier großen Energiekonzerne haben dem Finanz-
inisterium einen kurzen Besuch abgestattet. Da muss
an sagen: Das ist ein dreckiger Deal. Wir wollen ihn

icht unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


as ist ein Einknicken vor der Atomlobby auf eine Art
nd Weise, die wir bisher noch nicht erlebt haben. Das
st wirklich ungeheuerlich.


(Holger Krestel [FDP]: Sie kennen sich ja bestens aus!)


Stellen Sie sich einmal vor, es würde jeder, bei dem
ine Steuer anfällt, ins Finanzministerium eingeladen
nd man dürfte verhandeln. Das wäre interessant. Wa-
um lädt eigentlich das Finanzministerium nicht die
artz-IV-Empfänger ein, bei denen Sie gerade das El-

erngeld streichen? Das wäre vielleicht ein fairer Aus-
leich. Sie tun das aber nicht; denn Ihre Lobbyinteressen
iegen eindeutig bei der Atomwirtschaft, nicht bei den
artz-IV-Empfängern. Das ist der Unterschied.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


Der erste Punkt ist, dass der Finanzminister gesagt
at: Von der Brennelementesteuer rücken wir eher ab;
ir suchen nach Alternativen. Die Kollegin Reinemund
at eben bestätigt, dass jetzt andere Punkte in der De-
atte sind.

Der zweite Punkt ist genauso gefährlich. Bisher hat
er Finanzminister immer gesagt, dass die Brennelemen-





Bärbel Höhn


(A) )


)(B)

testeuer unabhängig von den Laufzeiten kommen soll.
Ich wiederhole: unabhängig von Laufzeiten.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das haben Sie ja verhindert!)


Noch am 11. Juni dieses Jahres hat er gesagt, die Brenn-
elementesteuer sei unabhängig vom Beschluss über län-
gere Laufzeiten der Atomkraftwerke. Anders als Sie,
Herr Fuchs, hat Herr Schäuble bisher eine kluge Mei-
nung vertreten. Denn es ist ganz entscheidend, dass die
Brennelementesteuer unabhängig von der Laufzeitver-
längerung der Atomkraftwerke in diesem Land ist. Ich
sage Ihnen: Das ist absolut wichtig. Auch die Kanzlerin
hat das bestätigt und damit Leuten wie Ihnen, Herr
Fuchs, einen Riegel vorgeschoben.

Gestern sagte der Finanzminister: Dass die Brennele-
mentesteuer in einem politischen Zusammenhang mit
der Frage der Restlaufzeiten stehe, sei völlig unbestrit-
ten. Das ist nichts anderes, als dass Sie sagen: Sicherheit
gegen Geld. Sie wollen die Laufzeiten der alten Atom-
kraftwerke verlängern, um bei den Atomkonzernen Geld
einsammeln zu können. Das ist ein Deal, den man nicht
zulassen darf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wenn es um die Sicherheit von Atomkraftwerken
geht, dann dürfen finanzielle Erwägungen keine Rolle
spielen; das ist ganz entscheidend. Vor allen Dingen
kommen Sie in eine große Bredouille. Wenn Sie Ihr Vor-
haben nämlich, wie Sie es planen, am Bundesrat vorbei
durchsetzen wollen, dann werden wir klagen. Wir von
Grünen und SPD werden eine Normenkontrollklage
auf den Weg bringen. Angesichts der Ergebnisse all der
Gutachten, die uns vorliegen, bin ich sicher, dass wir
recht bekommen werden. Sie werden den Ausstieg aus
der Atomkraftnutzung nicht rückgängig machen können,
indem Sie den Bundesrat umgehen. Dem werden wir ei-
nen Riegel vorschieben, und wir werden gewinnen. Sie
kommen damit nicht einfach durch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Michael Fuchs [CDU/ CSU]: Ja, ja! Reden Sie nur! – Zuruf von der FDP: Warten Sie erst einmal die Wahl in NRW ab!)


– Sie kommen damit nicht einfach durch.

Dass vier Energiekonzerne einfach zum Finanz-
ministerium gehen und dort Politik machen, ist ein un-
glaublicher Vorgang. Das müssen wir uns einmal auf der
Zunge zergehen lassen. Wenn ich höre, wie zum Beispiel
der Fraktionsvorsitzende Kauder und die Fraktionsvor-
sitzende Homburger – ich sage es einmal so – den bösen
Schein erwecken, als seien sie nichts anderes als die
Sprecher von EnBW, sage ich Ihnen: Das wirft ein ganz
schlechtes Licht auf Ihre Politik und Ihre Regierungsko-
alition. Das ist der Punkt: Diese Koalition vertritt die In-
teressen der großen Stromkonzerne und der Atomkon-
zerne, nicht mehr und nicht weniger. Das ist Ihr Fehler.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Zuruf von der h e g a w t B b w d K g d D t s u m d a E A A e r h s w s w t Ä (C (D FDP: Hören Sie doch endlich mal mit Ihrer künstlichen Erregung auf! Sie können von beiden noch viel lernen!)


Das, was Herr Kauch zum Thema Wettbewerb gesagt
at, fand ich spannend. Denn der Chef des Kartellamts,
in FDP-Mann, hat gesagt, man darf der Laufzeitverlän-
erung der Atomkraftwerke nicht zustimmen, weil es
uf dem Strommarkt dann keinen Wettbewerb mehr gibt,
eil die großen Energiekonzerne die Preise in die Höhe

reiben können und weil am Ende, egal wie hoch die
rennelementesteuer ist, die Verbraucherinnen und Ver-
raucher aufgrund dann höherer Strompreise große Ge-
inne in die Kassen der Energiekonzerne spülen wer-
en. Das ist der Punkt. Ihr Mann an der Spitze des
artellamts, ein FDP-Mann, sagt: keine Laufzeitverlän-
erung, damit die Preise für die Verbraucher nicht explo-
ieren.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sein Vorgänger und sein Vorvorgänger haben das auch gesagt!)


as ist die Wahrheit über das Vorhaben, das Sie momen-
an auf den Weg bringen.

Gleichzeitig muss man sehen, dass die Stadtwerke
agen: Wir können diese Laufzeitverlängerung nicht mit
ns machen lassen, weil es dann keinen Wettbewerb
ehr gibt. Dann können wir nicht mehr mithalten. Durch

ie Laufzeitverlängerung zerstören Sie den Wettbewerb
uf dem Strommarkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705507200

Frau Kollegin Höhn, kommen Sie bitte zum Schluss.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705507300

Ich komme zum Schluss. – 150 000 Menschen haben

nde April dieses Jahres gegen Ihren Ausstieg aus dem
tomausstieg demonstriert. 150 000 Menschen!


(Zuruf von der FDP: Das ist doch die Minderheit! Es waren 150 000 von 82 Millionen!)


ll diese Menschen haben Sie nicht berücksichtigt. Ihre
igenen Leute in den Stadtwerken haben Sie nicht be-
ücksichtigt. Umweltverbände und das Bundeskartellamt
aben Sie nicht berücksichtigt. Wenn Sie nur die Interes-
en der Atomkonzerne vertreten, dürfen Sie sich nicht
undern, dass Sie dann letzten Endes nicht die Interes-

en des Volkes vertreten. Dafür sind Sie allerdings ge-
ählt worden. Machen Sie sich nichts vor: Ihre schlech-

en Umfragewerte liegen an der Politik, die Sie machen.


(Zuruf von der FDP: Schalten Sie doch endlich diese Phrasendreschmaschine ab! Das ist ja nicht auszuhalten!)


ndern Sie endlich Ihre Politik!

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705507400

Das Wort hat der Kollege Klaus Breil von der FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Klaus Breil (FDP):
Rede ID: ID1705507500

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Heute debattieren wir über die Einführung einer
Brennelementesteuer. Darüber scheinen wir uns fast alle
einig zu sein, doch die Gemeinsamkeiten verlieren sich
leider im Detail. Sie nutzen nämlich diese Kostenerhe-
bung als Generalangriff auf die Kernkraftindustrie. So
sollen die Kernkraftbetreiber zum Beispiel die Entsor-
gung aller kerntechnischen Forschungsanlagen des
Bundes gleich mitbezahlen.

Wir hingegen schaffen einen angemessenen Aus-
gleich für die Kosten der Asse. Wir garantieren die
Gleichbehandlung von Kohle und Kernkraft beim Emis-
sionshandel. Für uns stehen zwei Ziele im Vordergrund:
die Sanierung des Haushaltes und die regenerative Er-
neuerung unseres Energiewesens. Sie sehen also, dass
wir in der Wirtschafts- und Umweltpolitik an einem
Strang ziehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Gemeinsam in die falsche Richtung!)


Sie aber operieren mit Zahlen und Forderungen, die
aus der Luft gegriffen sind. Sie gaukeln uns etwas vor,
was es nicht gibt. Sie führen die Bürger hinters Licht. Ih-
ren Behauptungen nach wurden Kernkraftwerke vom
Staat mit Finanzhilfen und Steuervergünstigungen
von insgesamt 125 Milliarden Euro finanziert, eine Mär,
die unters Volk zu bringen Sie nicht müde werden.


(Beifall des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/ CSU])


Für Sie scheint die Kernenergieindustrie so etwas wie
ein großer Geldspeicher zu sein – wissen Sie, so einer
wie bei Dagobert Duck –, und Sie sind die Panzerkna-
cker:


(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU])


Man muss das Ding nur anbohren, und schon sprudelt
unablässig das Geld. So funktioniert das aber nicht.


(Beifall bei der FDP)


Die Betreiber von Kernkraftwerken erhielten keiner-
lei Steuersubventionen. Das wurde auch zu Zeiten der
rot-grünen Bundesregierung immer wieder bestätigt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wie bitte? – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist Quatsch!)


Lediglich im Bereich der Entwicklung und Forschung
wurden staatliche Mittel eingesetzt. Der Rückbau stillge-
legter Kernkraftwerke und die Entsorgung der Abfälle
werden durch die Betreiber finanziert. Die Mittel dafür
sind durch Rückstellungen der Energieversorger

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(C (D (Ulrich Kelber [SPD]: Steuerfreie Rückstellungen!)


on annähernd 30 Milliarden Euro angesammelt wor-
en.

Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, Gewinne
us einer Laufzeitverlängerung nutzbringend einzuset-
en. Dies erfolgt nicht willkürlich, sondern wettbewerbs-
onform. Wie das konkret aussehen wird, ergibt sich aus
nserem Energiekonzept. Bei uns herrscht schließlich
as Ordnungsprinzip: erst der Rahmen, dann die Details.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben sich auf die Laufzeitverlängerung festgelegt!)


ach der Sommerpause im September wird die Bundes-
egierung dieses Konzept vorlegen. Es wird sich auf
üchterne Analysen gründen, nicht auf Hoffnungen oder
unschdenken. Es wird die Kernenergie in den künfti-

en Energiemix einbeziehen, und zwar so weit, wie es
innvoll ist.

Die Fakten hierzu kennen wir alle: Immer noch stellt
ie Kernenergie 23 Prozent der Stromproduktion


(Ulrich Kelber [SPD]: 21 Prozent!)


nd nahezu 50 Prozent des Grundlastanteils. So kann die
eistung der Kernenergieanlagen fast bis zur Hälfte fle-
ibel gefahren werden. Produktionsschwankungen der
ind- und Sonnenenergie können durch sie aufgefangen
erden. Und sie verursacht kein CO2. Die Zuverlässig-
eit, mit der Strom produziert wird, liegt bei Anlagen der
ernenergie über 95 Prozent, bei Windenergie bei 5 bis
0 Prozent und bei Solaranlagen bei 1 Prozent. Dabei
ind erneuerbare Energien ohnehin äußerst schwankende
nergiequellen.

Wir werden die Betreiber der Kernkraftwerke in eine
ngemessene gesellschaftliche Verantwortung nehmen:
it Maß und Vernunft, nicht mehr und nicht weniger.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705507600

Das Wort hat der Kollege Ulrich Kelber von der SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705507700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Seit Monaten muss Deutschland einen schwarz-gel-
en Überbietungswettbewerb von Ergebenheitsadressen
nd Gewinnversprechen an die Atomwirtschaft ertragen.
enn es dann einmal einen lichten Moment wie die Ka-

inettsklausur gibt, in der man sich auf die Einführung
iner Brennelementesteuer verständigt, gibt es sofort die
lutgrätsche des Herrn Kauder, Fraktionsvorsitzender
er CDU, der direkt sagt: Wir führen die Brennelemente-
teuer mit Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro nur dann
in, wenn wir vorher politisch festgelegt haben, den Be-
reibern von Kernkraftanlagen 6 bis 8 Milliarden Euro





Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

pro Jahr durch eine Laufzeitverlängerung zu schenken.
Das ist dann die Reaktion auf den ersten lichten Mo-
ment.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt geht es darum, den Spieß umzudrehen. Die SPD
will die Atomlobby für die enormen Kosten der Altlas-
ten zur Kasse bitten, und zwar nicht nur für Asse und
Morsleben, Jülich und Karlsruhe, sondern auch für die
leistungslosen Zusatzgewinne aus dem Emissionshan-
del. Es wurde nie zugesagt, dass diese Gewinne behalten
werden können. Wir wollen das nicht mit einer Debatte
über Laufzeitverlängerungen verbinden, sondern wir
sind der Überzeugung, dass es jetzt nach diesem schnel-
len Ausbau der erneuerbaren Energien längst um die
Frage einer Laufzeitverkürzung geht.

Wer in der politischen Diskussion die Brennelemente-
steuer mit einer Laufzeitverlängerung verbindet, der be-
treibt den Ausverkauf von Sicherheit in diesem Lande,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ach Gott!)


und wer das mit der Zusage verbindet, dass 6 bis 8 Mil-
liarden Euro an Zusatzgewinnen pro Jahr anfallen, der
macht Geschenke an die bestverdienenden Unternehmen
unseres Landes und verzerrt den Wettbewerb am
Strommarkt.

Die Kollegin Höhn hat den derzeitigen Präsidenten
des Bundeskartellamts zitiert. Sein Vorgänger hat, we-
nige Wochen bevor er Staatssekretär dieser Regierung
geworden ist, das Gleiche gesagt, und dessen Vorgänger
hat in einem Gutachten für die Stadtwerke ebenfalls das
Gleiche gesagt.

Worum geht es?

Erstens. Die Zusatzgewinne. Der Emissionshandel
– erst ab 2012 gibt es eine volle Versteigerung, Herr
Steffel – war vor zehn Jahren, zu dem Zeitpunkt, an dem
der Atomkompromiss geschlossen wurde, noch nicht ak-
tuell. Daraus sind Zusatzgewinne entstanden, die der
Atomwirtschaft nie zugestanden haben; es wurde auch
nie versprochen, dass sie sie behalten darf. Im Atom-
kompromiss – Sie hätten richtig zitieren sollen, Herr
Dr. Nüßlein – steht nämlich nur etwas davon, dass es
keine Zusatzbelastungen geben darf, und nichts vom
Behalten von Zusatzgewinnen. Dieses Geld gehört nicht
den Aktionären von Eon oder RWE; es gehört der Ge-
sellschaft. So war der Emissionshandel von vornherein
angelegt. Wir wollen dieses Geld abschöpfen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zweitens, die Altlasten von 10 Milliarden Euro für
Asse, Morsleben, Karlsruhe und Jülich. In Jülich liegen
aus der Zeit, in der die Atomwirtschaft aktiv war, Altlas-
ten, von denen wir noch nicht wissen, wie wir sie tech-
nisch anfassen sollen.

Dieses Geld soll nicht die nächste Generation zahlen,
sondern dieses Geld sollen im Sinne der Nachhaltigkeit
diejenigen zahlen, die davon profitiert haben. Auch das

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(C (D uss deswegen aus einer Brennelementesteuer bezahlt erden, die nicht an die Bedingung einer Laufzeitver ängerung geknüpft sein darf, weil das bereits entstandeer Atommüll ist. Alles andere wäre eine Subvention der estverdienenden Unternehmen dieses Landes. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich habe mitbekommen, dass die Kanzlerin den Fi-
anzminister angewiesen hat, eine Alternative zur
rennelementesteuer zu prüfen, nämlich einen Fonds,
en die Energiewirtschaft vorgeschlagen hat. Man muss
ich das so vorstellen: Die Unternehmen nehmen bei der
reditanstalt für Wiederaufbau einen Kredit auf. Das
anze Geld, das man ihnen nehmen will – ein Viertel ih-
er Zusatzgewinne –, wird mit einem Mal an die Bundes-
egierung übergeben. Dieser Kredit wird aber nur so
ange abbezahlt, wie der Deutsche Bundestag die Lauf-
eitverlängerung nicht zurücknimmt. Danach müssen
as wieder die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler be-
ahlen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist ein Ausverkauf der Demokratie. Sie wollen
en Menschen verbieten, sich bei Wahlen anders zu ent-
cheiden, und Sie wollen dem Deutschen Bundestag ver-
ieten, Energiepolitik zu machen. Wer das tut, der ent-
ündigt die Bürger und dieses Parlament.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Man kann das ganz konkret machen: Stellen Sie sich
or, dieser Fonds wird von Ihnen eingeführt, Sie haben
as Geld bekommen, und im Augenblick zahlen die
nergiekonzerne den Kredit ab. Zu diesem Zeitpunkt sa-
en wir in der Politik: Wir schätzen die Terrorismusge-
ahr neu ein und wollen die ältesten Atomkraftwerke frü-
er stilllegen, weil sie gegen Angriffe aus der Luft nicht
ichtig zu schützen sind. Dann wird gesagt: Ja, natürlich
ürft ihr das machen. Ihr könnt uns anweisen, sie stillzu-
egen, aber pro Reaktor und Jahr wollen wir 500 Millio-
en Euro von euch an den Fonds gezahlt haben.

Ein anderer Fall: Die Atomaufsicht sagt: Wir haben
eue Erkenntnisse über den sicheren Betrieb, sodass wir
uch jetzt etwas Neues vorschreiben wollen. Ansonsten
egen wir die Anlage still. Dann wird gesagt: Ja, ihr dürft
ie stilllegen, das kostet euch aber 250 Millionen Euro
ro Jahr.

Wenn die Atomaufsicht nicht mehr unabhängig ar-
eitet, sondern vor den finanziellen Konsequenzen ihrer
ntscheidungen Angst haben muss, dann haben Sie mit

hren Tricks an dieser Stelle nicht nur die Demokratie,
ondern auch die Sicherheit ausverkauft.


(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nach mir spricht ja noch Herr Dr. Fuchs, der auch in
er Energiepolitik immer sehr vehement bei der Sache
st. Wir haben hier vielleicht die gleichen Emotionen.





Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

Sie haben ja die Chance, hier einmal ein paar Dinge klar-
zustellen:


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er versteht davon auch ein bisschen mehr als Sie!)


Ist das politisch verbunden? Wie viel Prozent der Zu-
satzgewinne wollen Sie abschöpfen? – All das können
Sie heute hier einmal sagen.

Was mich aber immer am meisten interessiert, ist die
Gleichzeitigkeit in Ihrer Energiepolitik. Es geht gar nicht
darum, dass im Augenblick gar keine Investitionen getä-
tigt werden, weil alle auf ein immer wieder angekündig-
tes Energiekonzept warten, von dem ja nur eine Sache
feststeht, wenn ich Sie richtig verstanden habe, nämlich
die Verlängerung der Atomlaufzeit. Was Sie in dieser
Woche machen, ist aber doch spannend: Die Brennele-
mentesteuer wird nur eingeführt, wenn wir ihnen durch
eine Laufzeitverlängerung das Vierfache schenken, und
die Unterstützung der Solarindustrie wird gekürzt, weil
– das wird von CDU/CSU oft mit zittriger Stimme ge-
sagt – dort zweistellige Renditen möglich sind.

Wissen Sie eigentlich, dass RWE und Eon in ihren
Unternehmenspublikationen ausweisen, dass dort jedes
Jahr 15 Prozent Rendite erreicht werden und dass diese
beiden Unternehmen zusammen mehr Gewinn machen
als alle anderen börsennotierten deutschen Unternehmen
zusammen, nämlich 200 Euro pro Kopf der deutschen
Bevölkerung? Diese Gewinne fließen dorthin ab – Ge-
winne, die Sie nicht abschöpfen, sondern erhöhen wol-
len, während Sie bei den erneuerbaren Energien reingrät-
schen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ach geh!)


Herr Kauch – ist er noch da? –, Sie hatten ja gesagt, es
ist nicht ausgeschlossen, dass die Einnahmen aus der
Brennelementesteuer für den Ausbau der erneuerbaren
Energien ausgegeben werden. Aber der Haushaltsent-
wurf liegt auf dem Tisch: Die Einnahmen aus der Brenn-
elementesteuer sind darin enthalten, aber die Ausgaben
für die erneuerbaren Energien werden in Ihrem Haushalt
2011 gekürzt. Das heißt, Sie erzielen Einnahmen, aber
kürzen gleichzeitig die Ausgaben für den Ausbau der er-
neuerbaren Energien. Das ist schwarz-gelbe Energiepoli-
tik schwarz auf weiß.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705507800

Herr Kollege Kelber, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Dr. Pfeiffer und dann des Kollegen
Kauch?


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705507900

Aber gerne doch.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705508000

Vielleicht lassen wir beide Zwischenfragen nachein-

ander stellen, und Sie können dann darauf antworten.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705508100

Wenn beide stehen bleiben! – Gerne.

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(C (D Herr Kollege Kelber, Sie haben mehrfach ausgeführt, ass RWE und andere die größten Eigenkapitalrendien haben, die sicherlich zum Teil auf mangelnden Wettewerb zurückzuführen sind. Darin sind wir uns einig: ir wollen einen besseren Wettbewerb erreichen. Die Aussage, dass das die höchsten Renditen sind, ist ber, glaube ich, nicht ganz korrekt. Wenn ich richtig inormiert bin – vielleicht können Sie das bestätigen oder uch nicht –, dann hat beispielsweise die Solarworld AG n 2008 nicht eine Eigenkapitalrendite, sondern, wenn ch richtig informiert bin, eine Umsatzrendite – das ist in kleiner Unterschied – von annähernd 50 Prozent erielt, und zwar allein aufgrund von Aktivitäten, die urch das EEG und andere Dinge politisch verursacht ind. st es in der Tat richtig, dass die Solarworld AG beipielsweise Ihnen sechsstellige Spendenbeträge überiesen hat? Dazu muss ich sagen: Das ist dann unerhört. ibt es dort Zusammenhänge? Oder können Sie das icht bestätigen? Das ist schon spannend. Herr Kelber möchte direkt darauf eingehen. Ja, darauf muss man schon einzeln eingehen. Zu ächst einmal: Ich würde mich freuen, wenn ich in der age wäre, einen Vergleich von RWE und Eon aus 2009 nd entsprechende Zahlen aus 2009 zu nennen. Dann ürden Sie nämlich sehen, dass viele der Solarunternehen bereits ins Minus gerutscht sind. ragen Sie einmal Ihre Kollegen aus Sachsen-Anhalt, us Thüringen und Sachsen. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist: Herr Dr. Pfeiffer, ich finde es chon spannend, dass Sie a)

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1705508200

(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr peinlich!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705508300
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705508400

(Zuruf von der FDP: Aber nicht so lange!)

ich b) trauen, sich hier hinzustellen. Erstens. Ich als
erson habe keinen Cent Spenden erhalten – Punkt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie als Person!)


Ja, einen Augenblick. Wir kommen gleich dazu.

Zweitens. Sie als Person weisen auf Ihrer Website
us, dass Sie – von wem auch immer und für welche Be-
atungsleistung auch immer – persönliche Einnahmen –
lso für Ihre Nebentätigkeit – in wer weiß welcher Höhe
ekommen haben. Ich denke, Sie sind in diesem Parla-
ent einer der Letzten, der sich auf Kolleginnen und
ollegen beziehen sollte, die über das gesetzliche Maß
inausgehend, Herr Hinsken, Spenden an Ortsverbände
nd Kreisverbände veröffentlichen. Das macht kein ein-
iger Abgeordneter der CDU/CSU. Ich tue dies als einzi-
er Abgeordneter freiwillig. Das sollten Sie sich viel-
eicht als Beispiel nehmen. Gewöhnen Sie sich an diese
ransparenz, dann können wir uns gerne weiter unterhal-

en. Und nennen Sie endlich einmal die Namen der Un-





Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

ternehmen, für die Sie Beratungsleistungen für Ihre pri-
vate Geldtasche erbringen, Herr Dr. Pfeiffer – vor allem
mit Blick auf Ihre Herkunft aus der Energiewirtschaft.
Das finde ich wirklich spannend.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705508500

Jetzt liegt noch eine Wortmeldung des Kollegen

Kauch vor, den Sie auch angesprochen haben.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1705508600

Lieber Kollege Kelber, Sie haben quasi eine rückwir-

kende Zwischenfrage gestellt, die ich Ihnen gerne beant-
worten möchte. Ich habe eindeutig nicht gesagt, dass die
Einnahmen aus der Brennelementesteuer in dem Um-
fang, wie es das BMF jetzt vorlegt, in die erneuerbaren
Energien fließen. Ich habe deutlich gemacht, dass es bei
einer Laufzeitverlängerung eine zusätzliche Abschöp-
fung der Gewinne geben muss. Und ich bin der Auffas-
sung, dass diese dann in die erneuerbaren Energien flie-
ßen sollen.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705508700

Ich würde mich freuen, wenn das nachher die Position

von ganz Schwarz-Gelb wäre.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705508800

Jetzt können Sie zu Ihrem Schlusswort kommen.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705508900

Ich hatte meinen Schlusssatz gesagt, bevor meine Re-

dezeit abgelaufen war. Danach wurden noch zwei Zwi-
schenfragen gestellt. Ich bedanke mich noch einmal. Ich
habe am Ende ja das Fazit gezogen, dass der Vergleich
im Umgang mit der Solarwirtschaft, der Vergleich im
Umgang mit den Stadtwerken in der gleichen Art und
Weise, wie man den am besten verdienenden Unterneh-
men dieses Landes Zusatzgewinne zuschanzen will, ein
entsprechendes Licht auf die schwarz-gelbe Energiepoli-
tik wirft. An ihren Zahlen sollt ihr sie erkennen – das
wäre an dieser Stelle vielleicht eine schöne Variante.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705509000

Herr Pfeiffer, habe ich Ihre Wortmeldung als Antrag

auf eine Kurzintervention zu verstehen, oder ist das
falsch? – Das ist so. Eine Zwischenfrage können Sie
jetzt nicht mehr stellen.


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1705509100

Ich möchte kurz auf das eingehen, was der Kollege

Kelber gesagt hat. Ich bin ihm dankbar, dass er das wie-
derholt hat, was er schon in einer früheren Plenardebatte
angesprochen hat, ohne dass ich die Möglichkeit hatte,
darauf einzugehen. Ich musste mich belehren lassen,
dass hier alles gesagt werden kann; man kann nicht dafür
zur Rechenschaft gezogen werden.

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(C (D Er hat schon einmal hier behauptet, ich würde die nergiewirtschaft beraten – das hat er gerade wiederolt –, und darauf hingewiesen, dass ich aus der Energieirtschaft komme. Dazu will ich in aller Deutlichkeit saen, dass ich zwar in der Tat freiberuflich beratend tätig in, aber zu keiner Zeit in der Vergangenheit oder heute ich plane es auch nicht für die Zukunft – in irgendeiner eise beratend oder in sonstiger Art und Weise für die nergiewirtschaft tätig bin. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Diese Unterstellungen!)


as möchte ich ein für alle Mal für das Protokoll und
uch Herrn Kelber gegenüber öffentlich klarstellen. In-
ofern bin ich ihm für den Hinweis dankbar.

Ich komme den Offenlegungspflichten in vollem
mfang nach, um auch das in aller Deutlichkeit festzu-

tellen. Ich gehe davon aus, dass damit auch dieses
hema erledigt ist.

Wenn Sie daraus eine Befangenheit ableiten wollen,
ass jemand vor 20 Jahren in der Energiewirtschaft tätig
ar, dann kann ich nur antworten: Wenn Sachverstand
icht mehr gewünscht ist, dann führt das zu der Politik,
ie Sie verantworten, die elektrische Leistung und elek-
rische Arbeit nicht auseinanderhalten kann. Das ist
icht unsere Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705509200

Zur Erwiderung Herr Kelber.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705509300

Wem es zu heiß ist, der muss aus der Küche herausge-

en. Wer anfängt, muss auch eine Antwort aushalten. Ich
chlage einfach allen vor, die zuhören: Besuchen Sie
ie Website von Herrn Dr. Pfeiffer – Sie müssen leider
uf die Bundestagswebsite zurückgreifen, weil auf sei-
er Seite gar nichts steht – und auf meine Website
ww.kelber.de! Der Unterschied ist: Wenn ich eine Ne-
entätigkeit ausübe, ist dort ein Name und eine Summe
ngegeben. Bei Herrn Dr. Pfeiffer steht „Kunde 1“ und
Stufe 3“. Das ist irgendein Betrag über 7 000 Euro. Ich
laube nicht, dass Sie der Richtige sind, um sich hier zu
ort zu melden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705509400

Jetzt hat als letzter Redner zu diesem Tagesordnungs-

unkt der Kollege Dr. Michael Fuchs von der CDU/
SU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1705509500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kelber,

esen bildet. Es wäre sinnvoll, sich die Verhaltensre-
eln des Deutschen Bundestages durchzulesen. Darin ist
as, was Sie gerade gesagt haben, exakt aufgeführt. Der





Dr. Michael Fuchs


(A) )


)(B)

Kollege Pfeiffer verhält sich exakt so, wie es im Deut-
schen Bundestag vorgeschrieben ist.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ich mache nur einfach mehr!)


Man kann ihm schlecht vorwerfen, dass er sich an die
Vorschriften hält.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Sie verhindern Transparenz! Das ist ja unglaublich!)


Der nächste Punkt: Sie sollten hier auch sagen – das
mache ich für Sie –, dass Sie Ihren gesamten Wahl-
kampf durch Herrn Asbeck und die Firma Solarworld fi-
nanzieren lassen, der Ihre Kreispartei massivst unter-
stützt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Aber kommen wir zur Sache: Ja, wir führen eine
Brennelementesteuer ein. Ja, wir werden auch die Lauf-
zeiten der Kernkraftwerke verlängern. Allerdings zeich-
net sich eine bürgerliche Koalition im Vergleich zu einer
linken dadurch aus, dass sie den Unternehmen bei ver-
bindlich getroffenen Vereinbarungen Verlässlichkeit
bietet.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bürgerliche Koalition? Das ist ja lächerlich! Sie wissen gar nicht, was der Begriff „bürgerlich“ bedeutet!)


Wirtschaftspolitische Vernunft wird von Bürgern und
der Wirtschaft außerordentlich geschätzt. Deshalb wur-
den wir gewählt und nicht Sie.

In der Ausstiegsvereinbarung vom 14. Juni 2000
wurde zwischen der Bundesregierung und den Kraft-
werksbetreibern vereinbart, dass ihnen im Gegenzug zu
den verkürzten Laufzeiten keine zusätzlichen Belastun-
gen aufgebürdet werden können. Eine Brennelemente-
steuer unabhängig von einer Laufzeitverlängerung ist
durch Ihr Handeln nicht möglich.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen die ganze Vereinbarung killen!)


Sie fordern quasi dazu auf, eine Vereinbarung, die Sie
selbst getroffen haben, zu brechen. Das ist nicht unsere
Politik. So etwas tun wir nicht.

Dass Sie sich von Schröder distanzieren, kann ich
verstehen.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das heißt „von Herrn Bundeskanzler“!)


Das haben Sie schon mehrfach gemacht. Dass Sie sich
jetzt aber auch noch von Ihrem grünen Fraktionsvorsit-
zenden distanzieren – denn er hat das Ganze mit unter-
schrieben –, wie Sie es jetzt getan haben, kann ich nicht
verstehen. Wahrscheinlich ist er nicht anwesend, weil er
sich für Sie schämt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Kollege Fuchs, mir liegen mehrere Bitten um wischenfragen vor. Nein, wir haben heute genug gehört. Danke. In der Unionsfraktion gibt es keinen Zweifel daran, ass die Einführung einer Brennelementesteuer auschließlich im Zusammenhang mit einer Laufzeitverlänerung gesehen werden muss. Durch Ihr Handeln sind ir dazu gezwungen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705509600
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1705509700
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705509800
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1705509900

arüber hinaus zitiere ich aus unserem Koalitionsver-
rag. Darin heißt es wörtlich:

Der wesentliche Teil der zusätzlich generierten Ge-
winne aus der Laufzeitverlängerung der Kernener-
gie soll von der öffentlichen Hand vereinnahmt
werden. Mit diesen Einnahmen wollen wir auch
eine zukunftsfähige und nachhaltige Energieversor-
gung und -nutzung, z. B die Erforschung von Spei-
chertechnologien

damit haben Sie sich nie beschäftigt –

für erneuerbare Energien, oder stärkere Energieeffi-
zienz fördern.

Genau deswegen werden wir das so machen. Ich
eiß, dass es Ihnen schwerfällt, zu begreifen, dass wir
eute noch nicht aus der Kernenergie aussteigen wollen.
ch will Ihnen einfach einige Zahlen nennen. Wissen Sie,
ie viele Stunden ein Jahr hat? 8 760. Kennen Sie die
urchschnittliche Wirkungszeit einer Solarzelle in
eutschland? 940 Stunden. Sie können also 10,7 Pro-

ent des Jahres mit Solarstrom abdecken.


(Ulrich Kelber [SPD]: Aua! Leistung und Arbeit sollten Sie auch mal verstehen!)


ennen Sie die Ausnutzungsdauer von Onshorewind-
nlagen? 1 560 Stunden. Das sind 17,8 Prozent. Bei Off-
horeanlagen sieht es ein bisschen besser aus. Da beträgt
ie 3 000 Stunden; das entspricht 34,2 Prozent. Das zeigt
anz deutlich, dass wir bis heute keine Möglichkeit ha-
en, auf die Grundlasterzeugung durch andere Energien
u setzen. Welche Grundlastversorgung haben wir? Wir
aben fossile Energien,


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr ideologisch, Herr Kollege!)


ir haben in ganz kleinem Maße Biomasse – das liegt
nter 1 Prozent –, und wir haben Kernkraft. Kernkraft
eckt momentan 23 Prozent unseres gesamten Strom-
edarfs, aber 48 Prozent unserer Grundlast. Was pas-
iert dann, wenn wir die Kernkraftwerke abschalten?
ann bleibt uns nichts anderes übrig – Frau Höhn, das





Dr. Michael Fuchs


(A) )


)(B)

sollten Sie wirklich irgendwann einmal lernen –, als
fossile Energieträger zu nutzen, um die Lücke, die wir
dann haben, auszufüllen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist einfach falsch!)


Wir sind eben nicht in der Lage, vernünftige Speicher-
technologien zu entwickeln. Wir haben sie bislang noch
nicht. Wir haben weder Wasserspeicher noch Druckluft-
speicher in ausreichendem Maße. Mir geht es um eines
– das hat der Kollege Steffel vollkommen richtig gesagt –,
nämlich dass wir verlässlich preiswerte Energie in
Deutschland zur Verfügung stellen. Die Zeitung Photon
ist kein Parteiblatt der CDU. Darin steht, dass allein
durch den Zubau an Solaranlagen in diesem Jahr – das
haben Sie zu verantworten – der Strompreis im nächs-
ten Jahr um bis zu 12 Prozent steigen wird. Dabei sind
Windanlagen noch gar nicht berücksichtigt. Die kom-
men noch hinzu. Ich sehe noch kommen, dass wir hier
demnächst darüber diskutieren, ob wir wegen der stei-
genden Ökokosten Sozialtarife für den Strombezug ein-
führen sollen.

Ich will nicht, dass in Deutschland die großen Indus-
trien – Stahl, Glas, Textil etc. – aufgeben müssen, weil
sie aufgrund zu hoher Stromkosten hier nicht mehr ar-
beiten können. Ich will nicht, dass die Preise so aus dem
Ruder laufen, dass wir in Deutschland bestimmte Indus-
trien nicht mehr halten können. Für mich ist Deutschland
nach wie vor ein Industrieland. Dafür werde ich mich
einsetzen, dafür kämpfe ich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte nicht, dass Deutschland ein Land wird, des-
sen Bruttoinlandsprodukt zu 75 Prozent von der Finanz-
branche und der Dienstleistungsbranche abhängig ist.
Die zentralen Bereiche der Industrie müssen hier erhal-
ten werden. Dafür müssen wir alle uns einsetzen.

Schauen Sie sich England an. Ungefähr 27 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts in England – ich weiß nicht,
ob Ihnen diese Zahl bekannt ist – werden in der City of
London erzeugt – mit all den Problemen, die die Englän-
der jetzt haben: 12 Prozent Verschuldung etc. Wir sind
auf einem wesentlich besseren Weg. Die Industrie läuft
hier wieder, die Industrie erlebt richtige Boomzeiten.
Haben Sie mitbekommen, dass der VDMA bekanntge-
geben hat, dass der Auftragseingang im Maschinen- und
Anlagenbau um 60 Prozent im Mai 2010 gegenüber dem
Vorjahresmonat gewachsen ist? Das sind positive Zah-
len. Die Entwicklung wird sich sehr schnell auf dem Ar-
beitsmarkt bemerkbar machen. Darüber sind wir froh.
Genau das wollen wir.

Lassen Sie mich noch einen Satz zum Abschalten
der Kernkraftwerke sagen. Würden wir die jetzt kom-
plett abschalten, dann würde das bedeuten, dass wir rund
150 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich produzieren wür-
den, weil wir die Differenz – ich habe eben versucht, Ih-
nen das zu erklären – mit fossiler Energie überbrücken
müssten. Wissen Sie, Frau Höhn, wie viel 150 Millionen
Tonnen CO2 sind?

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(C (D (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin Mathematikerin!)


as entspricht dem Ausstoß des gesamten deutschen
traßenverkehrs. Dies müssten wir in Kauf nehmen,
enn wir alle Kernkraftwerke ersetzten. Anders ist das
icht zu machen. Das sollten Sie wissen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie bauen einen Popanz auf, den es gar nicht gibt, Herr Fuchs!)


eswegen werden wir die Kernkraftwerkslaufzeiten ver-
ängern und eine Brennelementesteuer einführen, weil es
erecht ist, den Profit, der durch die Verlängerung der
aufzeiten entsteht, abzuschöpfen. Das ist unser Ziel.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705510000

Mir liegen zwei Meldungen zu Kurzinterventionen

or. Weitere Kurzinterventionen lasse ich allerdings
icht mehr zu.

Zunächst hat der Kollege Ulrich Kelber das Wort.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705510100

Es bleibt dabei: Wer Vorwürfe macht, muss sich die

ntwort anhören. – Die Zahlen, die Herr Dr. Fuchs in
ilfestellung für Herrn Dr. Pfeiffer genannt hat, sind
eswegen bekannt, weil sie auf der Webseite der Bonner
PD seit drei Jahren freiwillig – über jedes gesetzlich
otwendige Maß hinaus – stehen.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Spenden über 20 000 Euro müssen veröffentlicht werden!)


elche Spenden an den CDU-Kreisverband Koblenz
on Herrn Dr. Fuchs gegangen sind und welche Spenden
n den CDU-Kreisverband Waiblingen von Herrn
r. Pfeiffer gegangen sind, wird auf den entsprechenden
ebseiten hingegen nicht veröffentlicht. Bei uns kann

ich das jeder anschauen.


(Zurufe von der CDU/CSU)


Das müssen Sie sich jetzt schon anhören.

Es weiß auch niemand, wie viel Geld vom Bonner
nternehmen Solarworld gezahlt wurde. Seit der Rent-

-Rüttgers-Affäre ist bekannt, dass von Solarworld über
ie sogenannten Zukunftskongresse Geld an die NRW-
DU geflossen ist. Wann und wie viel, ist auf der Web-

eite der NRW-CDU nicht nachzulesen. Seit dieser Af-
äre weiß man auch, dass die Firma Solarworld der FDP
nd Herrn Westerwelle Geld gegeben hat. Das finde ich
öllig in Ordnung; denn auch er ist ein Bonner Abgeord-
eter. Wie viel, können Sie bei der FDP nicht nachlesen.

Das ist der entscheidende Unterschied. Es ist einfach
einlich, wenn die Intransparenten die Transparenten
egen angeblich mangelnder Transparenz angreifen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705510200

Zur Erwiderung, Herr Fuchs.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1705510300

Herr Kollege, man sollte vielleicht das Parteienfinan-

zierungsgesetz kennen, wenn man in diesem Hohen
Hause arbeiten darf.


(Ulrich Kelber [SPD]: So ist es!)


Ich halte das schon für notwendig. Sie sind nämlich ver-
öffentlichungspflichtig. Wenn ein Kreisverband eine
Spende über 10 000 Euro erhält, muss das veröffentlicht
werden.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nein! Was Sie sagen, ist falsch!)


– Bitte schön, das können Sie beim Bundestagspräsiden-
ten nachschauen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Mit zwei Jahren Verspätung in der Sammelübersicht!)


Das ist veröffentlichungspflichtig.

An meinen Kreisverband hat es nicht eine Spende
über 10 000 Euro gegeben.

Bitte sagen Sie uns dann auch – wir können es auch
nachschauen –, wie viele Spenden Sie von Solarworld
bekommen haben.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das steht auf der Webseite!)


Das würde Ehrlichkeit bedeuten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Herr Fuchs, Sie sagen die Unwahrheit, und Sie wissen es!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705510400

Zwar könnte ich Auskunft geben, weil ich darüber gut

Bescheid weiß. Ich bin aber gehalten, mich hier neutral
zu verhalten,


(Ulrich Kelber [SPD]: Nach zwei Jahren in der Sammelübersicht der Bundespartei! Das ist der Unterschied!)


keine Meinung zu äußern und auch keine Fachaufklä-
rung zu leisten. Alle Spenden eines Spenders müssen
aber – unabhängig davon, an wie viele Untergliederun-
gen einer Parteien sie gehen – öffentlich berichtet wer-
den.


(Ulrich Kelber [SPD]: Als Sammelübersicht!)


– Nein, sie müssen im Rechenschaftsbericht öffentlich
berichtet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt kommt eine weitere Kurzintervention der Kolle-
gin Kotting-Uhl.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705510500

Herr Dr. Fuchs, bei meiner Kurzintervention geht es

nicht um Spenden, sondern um den Vertrag zum Atom-

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(C (D onsens, den Sie vorhin zitiert haben. In der Tat steht in iesem Vertrag zwischen den Betreibern und der damalien rot-grünen Bundesregierung, dass keine einseitig iskriminierenden Maßnahmen getroffen werden sollen, ozu auch Steuern gehören, die die Atomkraft einseitig elasten. Wie wir heute mehrfach gehört haben – auch Sie haen es gehört, Herr Dr. Fuchs –, stehen wir inzwischen or neuen Fakten. Mittlerweile sieht die Situation so aus, ass die Atomwirtschaft seit dem Emissionshandel de acto einseitig privilegiert ist. Wenn man denn wollte, önnte die Argumentation also wie folgt lauten: Dieses inseitige Privileg wird aufgehoben. Mir geht es in meiner Kurzintervention aber um etwas nderes. Sie haben sich hier der Klage der Atomwirtchaft angeschlossen und gesagt, das sei in der Tat ungeecht; wir würden mit unseren Anträgen jetzt den Vertrag rechen, den wir damals selbst unterschrieben hätten. Herr Dr. Fuchs, ist Ihnen bekannt, womit dieser Verrag beginnt? In seiner Einleitung steht der Satz: Beide Seiten werden ihren Teil dazu beitragen, dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird. timmen Sie mit mir überein, dass die Atomwirtschaft iesen Vertrag nicht einhält? Herr Kollege Fuchs zur Erwiderung. Wir bringen in unserem Koalitionsvertrag klar zum usdruck – ich habe eben daraus zitiert –, dass wir die aufzeiten verlängern wollen. Das ist eine politische ntscheidung der christlich-liberalen Koalition. Dazu tehen wir auch. Sie müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass nach dem on Ihnen ausgehandelten Vertrag zum sogenannten tomkonsens die von Ihnen angestrebte Behandlung ben nicht möglich ist. Das ist eine technische Frage; an bricht diesen Vertrag ja nicht. Die Verlängerung der aufzeiten ist eine politische Entscheidung der christ ich-liberalen Koalition. Also können wir mit den Atomraftwerksbetreibern durchaus einen neuen Vertrag verinbaren; schließlich tun wir damit nichts Schädigendes – nders als Sie damals. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glückwunsch zur Logik!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705510600
Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1705510700


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705510800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 17/2410 und 17/2425 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 38 a bis 38 m und
11 b sowie die Zusatzpunkte 2 a und 2 b auf:

38 a) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Bettina Herlitzius, Friedrich Ostendorff, Undine
Kurth (Quedlinburg), weiteren Abgeordneten und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Baugesetzbuchs – Beschrän-
kung der Massentierhaltung im Außenbereich

– Drucksache 17/1582 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
weitere Bereinigung von Bundesrecht

– Drucksache 17/2279 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten René
Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-
Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Neue Initiative für Neuheitsschonfrist im Pa-
tentrecht starten

– Drucksache 17/1052 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

d) Beratung des Antrags des Bundesministeriums
der Finanzen

Entlastung der Bundesregierung für das
Haushaltsjahr 2009
– Vorlage der Vermögensrechnung des Bundes
für das Haushaltsjahr 2009 –

– Drucksache 17/2305 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Martina Bunge, Dr. Gesine Lötzsch,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Auch Verletztenrenten von NVA-Angehörigen
der DDR anrechnungsfrei auf die Grundsiche-
rung für Arbeitsuchende stellen

– Drucksache 17/2326 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss

(C (D f)

Werner, Jan van Aken, Christine Buchholz, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Menschenrechte und Friedensprozess in Sri
Lanka fördern
– Drucksache 17/2417 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heidrun
Bluhm, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Wohnungslosigkeit in Deutschland – Einfüh-
rung einer Bundesstatistik
– Drucksache 17/2434 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ingrid
Nestle, Winfried Hermann, Fritz Kuhn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

PKW-Energieverbrauchskennzeichnung am
Klimaschutz ausrichten
– Drucksache 17/2435 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Tressel, Nicole Maisch, Ingrid Hönlinger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Reisende besser schützen
– Drucksache 17/2428 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Katrin Göring-
Eckardt, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mindestbeiträge zur Rentenversicherung ver-
bessern, statt sie zu streichen
– Drucksache 17/2436 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Haushaltsausschuss

k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel
Sarrazin, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)


(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Unterrichtungs- und Mitwirkungsrechte des
Bundestages in Bezug auf Europäische Räte
stärken

– Drucksache 17/2437 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

l) Beratung des Antrags der Abgeordneten Katja
Keul, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gemeinsamen Standpunkt der EU für Waffen-
ausfuhren auch bei Rüstungsexporten an EU,
NATO und NATO-gleichgestellte Länder kon-
sequent umsetzen

– Drucksache 17/2438 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss (f)

Finanzausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tom
Koenigs, Volker Beck (Köln), Josef Philip
Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Weitere iranische Flüchtlinge aus der Türkei
in Deutschland aufnehmen

– Drucksache 17/2439 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Federführung strittig

11 b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln),
Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Modernisierung braucht Rechtsstaatlichkeit –
Partnerschaft mit Russland fördern

– Drucksache 17/2426 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 2 a) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Marieluise Beck (Bremen), weiteren Abgeordne-
ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem EFSF-Rahmenvertrag vom 7. Juni 2010

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(C (D – Drucksache 17/2412 – Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union b)

Reinhard Beck (Reutlingen), Peter Altmaier,
Michael Brand, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Elke Hoff, Rainer Erdel, Burkhardt Müller-
Sönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Verbesserung der Regelungen zur Einsatzver-
sorgung

– Drucksache 17/2433 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.

Wir kommen zunächst zu zwei Überweisungen, bei
enen die Federführung strittig ist.

Tagesordnungspunkt 38 l. Interfraktionell wird Über-
eisung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en zum gemeinsamen Standpunkt der EU für Waffen-
usfuhren auf Drucksache 17/2438 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ie Fraktionen der CDU/CSU und FDP wünschen Fe-
erführung beim Ausschuss für Wirtschaft und Techno-
ogie. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wünscht Fe-
erführung beim Auswärtigen Ausschuss.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
raktion Bündnis 90/Die Grünen – Federführung beim
uswärtigen Ausschuss – abstimmen. Wer stimmt für
iesen Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? –
nthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den
timmen der Koalitionsfraktionen und der SPD gegen
ie Stimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
raktionen der CDU/CSU und FDP – Federführung
eim Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – ab-
timmen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvor-
chlag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Über-
eisungsvorschlag ist mit den Stimmen der
oalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion gegen die
timmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die
rünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 38 m. Der Antrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen zur Aufnahme iranischer
lüchtlinge aus der Türkei auf Drucksache 17/2439 soll
n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
berwiesen werden. Die Fraktionen der CDU/CSU und
DP wünschen Federführung beim Innenausschuss. Die
raktion Bündnis 90/Die Grünen wünscht Federführung
eim Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
ilfe.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Wir stimmen zunächst über den Überweisungsvor-
schlag von Bündnis 90/Die Grünen ab. Wer stimmt für
diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Oppositionsfraktionen abgelehnt.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
Fraktionen von CDU/CSU und FDP abstimmen. Wer
stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Der Überweisungsvor-
schlag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenom-
men.

Wir kommen jetzt zu den unstrittigen Überweisun-
gen. Ich gehe davon aus, dass Sie mit der Überweisung
der Vorlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse einverstanden sind. – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 39 a bis 39 i sowie
die Zusatzpunkte 3 a bis 3 n auf. Es handelt sich um die
Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aus-
sprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 39 a:

Beratung der Zweiten Beschlussempfehlung des
Wahlprüfungsausschusses

zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl
der Abgeordneten des Europäischen Parla-
ments aus der Bundesrepublik Deutschland
am 7. Juni 2009

– Drucksache 17/2200 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Thomas Strobl (Heilbronn)

Dr. Wolfgang Götzer
Marco Wanderwitz
Michael Grosse-Brömer
Michael Hartmann (Wackernheim)

Christian Lange (Backnang)

Stephan Thomae
Dr. Dagmar Enkelmann
Josef Philip Winkler

Es ist vereinbart, dass der Vorsitzende des Wahlprü-
fungsausschusses das Wort zur Berichterstattung erhal-
ten soll. – Herr Kollege Strobl, Sie haben das Wort.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1705510900

Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen!

Viele Menschen wissen gar nicht – manche Kollegin und
mancher Kollege hier im Hohen Hause offensichtlich
auch nicht –, dass es in Deutschland die Möglichkeit
gibt, gegen Wahlen, namentlich gegen die Bundestags-
wahl oder auch gegen die Wahl der deutschen Abgeord-
neten für das Europäische Parlament, einen Wahlein-
spruch einzulegen. Jede Bürgerin, jeder Bürger hat das
Recht, einen solchen Einspruch gegen eine solche Wahl
einzulegen, wenn sie oder er der Meinung ist, dass bei
der Wahl etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.
Ob der Einspruch berechtigt ist oder nicht, entscheiden

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(C (D er Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages, as Plenum und anschließend das Bundesverfassungsgeicht. Der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundesages sammelt alle Einsprüche, prüft jeden einzelnen inspruch gewissenhaft und wendet sich dann mit einer eschlussempfehlung an Sie, werte Kolleginnen und ollegen, im Plenum des Deutschen Bundestages. Dem lenum steht die abschließende Entscheidung über die ahleinsprüche zu. Gegen diese Plenarentscheidung ann dann der Einsprechende eine Wahlprüfungsbechwerde in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgeicht anstrengen. Um zwei solcher Beschlussempfehlungen geht es eute. In der ersten Beschlussempfehlung werden 3 Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag behandelt, und in der zweiten eschlussempfehlung geht es um Einsprüche gegen die ültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Europäischen arlaments aus der Bundesrepublik Deutschland. Hier st im Plenum noch über 30 Einsprüche zu entscheiden. Während die Prüfung weiterer Einsprüche gegen die undestagswahl noch andauert, schließt der Deutsche undestag, wenn Sie heute der Beschlussempfehlung es Ausschusses folgen wollen und die Einsprüche zuückweisen, die Prüfung der Einsprüche betreffend die ahl zum Europäischen Parlament ab. Insgesamt gab es egen diese Wahl 54 Einsprüche. Die Prüfung der Güligkeit der Wahl der deutschen Abgeordneten des Euroäischen Parlaments – zurzeit sind es 99 Abgeordnete – bliegt dem Deutschen Bundestag, übrigens seit der ersen Direktwahl zum Europäischen Parlament im Jahre 979. Ein einheitliches europäisches Wahlprüfungsverahren gibt es nicht. Der Zweck der Wahlprüfung sind die Sicherung des bjektiven Wahlrechts und die Gewährleistung der ordungsgemäßen Zusammensetzung des Europäischen arlaments, soweit die in der Bundesrepublik Deutsch and gewählten Abgeordneten betroffen sind. Das bedeuet – das ist für das Verständnis unserer Entscheidungen ichtig –, dass ein Einspruch gegen die Europawahl nur ann Erfolg haben kann, wenn zwei Voraussetzungen erüllt sind: Erstens muss ein Wahlfehler vorliegen. Das eißt, es muss gegen Vorschriften betreffend die Durchührung oder die Vorbereitung der Wahl verstoßen woren sein. Zweitens muss sich dieser Wahlfehler auf die erteilung der Mandate ausgewirkt haben können; er uss also, wie wir sagen, mandatsrelevant sein. Ich darf hnen mitteilen, dass ein derartiger Fall im Rahmen der rüfung der 54 Einsprüche gegen die Europawahl 2009 icht vorgelegen hat. Nichtsdestoweniger ist der Wahlprüfungsausschuss edem behaupteten Wahlfehler gründlich und sorgfältig achgegangen. Wir haben in elf Fällen das Vorliegen eies Wahlfehlers bejaht, jedenfalls nicht mit hinreichener Sicherheit ausschließen können. Hierbei handelte es ich jedoch durchgehend um Mängel in konkreten Einelfällen, die die Sitzverteilung im Europäischen Parlaent nicht beeinflusst haben. So ging es beispielsweise m Fehler bei der Führung des Wählerverzeichnisses Thomas Strobl )





(A) )

oder um Irrtümer der zumeist ehrenamtlich tätigen
Wahlvorstände in den Wahllokalen. Auch wenn diese
Einsprüche letztlich zurückgewiesen werden, gehe ich
davon aus, dass die betroffenen Wahlorgane unsere Hin-
weise auf Mängel aufgreifen und darauf hinwirken, dass
derartige Fehler in Zukunft unterbleiben.

Einen Schwerpunkt der Prüfung der Einsprüche zur
Europawahl bildeten diesmal insgesamt zehn Einsprü-
che, mit denen die Verfassungswidrigkeit der 5-Prozent-
Hürde, die nach dem Europawahlgesetz für die Wahl der
deutschen Europaabgeordneten gilt, geltend gemacht
wurde. Diese Einsprüche konnten schon deshalb keinen
Erfolg haben, weil der Deutsche Bundestag traditionell
im Rahmen der Wahlprüfung die Verfassungsmäßigkeit
der in der Regel von ihm selbst erlassenen Wahlrechts-
normen gar nicht prüft, sondern dies dem Bundesverfas-
sungsgericht überlässt. Dieses kann im Rahmen der so-
genannten Wahlprüfungsbeschwerde gegen jede unserer
Entscheidungen angerufen werden.

Ich möchte aber ergänzen, dass der Wahlprüfungsaus-
schuss mit deutlicher Mehrheit festgestellt hat, dass er
die Verfassungsmäßigkeit der 5-Prozent-Hürde bei der
Europawahl nicht bezweifelt. Anderer Ansicht war in
diesem Zusammenhang die Fraktion Die Linke.

Einige der Einspruchsführer haben schon angekün-
digt, dass sie im Fall der Zurückweisung der Einsprüche
gegen die 5-Prozent-Hürde durch den Deutschen Bun-
destag planen, den Weg nach Karlsruhe zu beschreiten.
Dieser Weg zum Bundesverfassungsgericht wird durch
den heutigen Beschluss frei.

Ich möchte noch erwähnen, dass bei der Prüfung der
Europawahl erstmals das im Jahr 2008 im Hinblick auf
das Verfahren im Wahlprüfungsausschuss geänderte
Wahlprüfungsgesetz Anwendung fand. Dieses ermög-
licht dem Ausschuss, bei der Vorbereitung der Entschei-
dung regelmäßig auf eine mündliche Verhandlung zu
verzichten, sofern davon keine Förderung des Verfah-
rens zu erwarten ist. Dies war auch die gängige, langjäh-
rige Praxis. Diese Klarstellung im Gesetz hat sich aus
meiner Sicht sehr bewährt.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich die sachli-
che Atmosphäre, die bei den Beratungen im Ausschuss
herrschte, ebenso hervorheben wie die Tatsache, dass
– mit der soeben erwähnten Ausnahme – im Hinblick
auf das Ergebnis der Entscheidungen durchweg Konsens
zwischen allen Fraktionen bestanden hat. Deshalb
möchte ich mich bei der Kollegin und bei den Kollegen
im Wahlprüfungsausschuss recht herzlich für die sehr
kollegiale und sehr konstruktive Zusammenarbeit bedan-
ken. Außerdem möchte ich sehr herzlich den Mitarbeit-
erinnen und Mitarbeitern des Ausschusssekretariats für
ihre exzellente Arbeit und für die sehr gute Vorbereitung
danken.


(Zuruf von der FDP: Das ist wohl wahr!)


Ich bitte Sie nun, liebe Kolleginnen und Kollegen,
den Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsaus-
schusses Ihre Zustimmung zu erteilen.

Ich bedanke mich bei Ihnen fürs Zuhören.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705511000

Damit kommen wir unverzüglich zur Abstimmung.

er stimmt für die Beschlussempfehlung des Wahlprü-
ungsausschusses? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 39 b:

Beratung der Ersten Beschlussempfehlung des
Wahlprüfungsausschusses
zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 17. Deutschen Bundestag am 27. Septem-
ber 2009
– Drucksache 17/2250 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Thomas Strobl (Heilbronn)

Dr. Wolfgang Götzer
Marco Wanderwitz
Michael Grosse-Brömer
Michael Hartmann (Wackernheim)

Stephan Thomae
Dr. Dagmar Enkelmann
Josef Philip Winkler

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
ung ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 39 c:

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Änderungsprotokoll
vom 11. Dezember 2009 zum Abkommen vom
23. August 1958 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und dem Großherzogtum
Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerungen und über gegenseitige Amts- und
Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen sowie der Ge-
werbesteuern und der Grundsteuern
– Drucksache 17/1943 –

– Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Juli
2006 zwischen der Regierung der Bundesrepu-
blik Deutschland und der mazedonischen Re-
gierung zur Vermeidung der Doppelbesteu-
erung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein-
kommen und vom Vermögen
– Drucksache 17/1944 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 17/2248 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Kolbe
Lothar Binding (Heidelberg)

Dr. Birgit Reinemund





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Wir kommen zur

zweiten Beratung

und Schlussabstimmung über den von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Än-
derungsprotokoll zum Abkommen mit dem Großherzog-
tum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteue-
rungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf
dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver-
mögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern.
Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2248, den Ge-
setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/1943
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion
bei Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Ent-
haltung der Fraktion Die Linke angenommen.

Wir kommen nun zur

zweiten Beratung

und Schlussabstimmung über den von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen mit der mazedonischen Regierung zur Vermei-
dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen. Der Finanzaus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/2248, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/1944
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem
gleichen Stimmenverhältnis wie eben angenommen.

Tagesordnungspunkt 39 d:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Verwendung von Verwaltungsdaten
für Wirtschaftsstatistiken und zur Änderung
von Statistikgesetzen

– Drucksache 17/1899 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Technologie

(9. Ausschuss)


– Drucksache 17/2467 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Breil

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/2467, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 17/1899 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Gegen-
stimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung von
Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

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(C (D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st mit gleichem Stimmenverhältnis wie zuvor angenomen. Tagesordnungspunkt 39 e: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus – Drucksache 17/2067 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 17/2370 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Patrick Sensburg Sebastian Edathy Jörg van Essen Halina Wawzyniak Jerzy Montag Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 17/2370, den Gesetzenturf der Bundesregierung auf Drucksache 17/2067 an unehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf ustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Fraktion ie Linke und Enthaltung von SPD und Bündnis 90/Die rünen angenommen. Tagesordnungspunkt 39 f: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie Bundesregierung Einhundertneunte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung – – Drucksachen 17/1624, 17/1819 Nr. 2, 17/2379 – Berichterstattung: Abgeordneter Rolf Hempelmann Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 17/2379, die Aufhebung der Verrdnung auf Drucksache 17/1624 nicht zu verlangen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen timmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 39 g: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )





(A) )

Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Deklarationspflicht für Palmöl in Lebensmit-
teln

– Drucksachen 17/1780, 17/2316 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Carola Stauche
Iris Gleicke
Dr. Christel Happach-Kasan
Karin Binder
Cornelia Behm

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/2316, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1780 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion und von Bünd-
nis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der Fraktion Die
Linke angenommen.

Tagesordnungspunkt 39 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 116 zu Petitionen

– Drucksache 17/2317 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 116 ist einstimmig angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 39 i:

Beratung der Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses (6. Ausschuss)


Übersicht 3
über die dem Deutschen Bundestag zugeleite-
ten Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
gericht

– Drucksache 17/2459 –

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-
empfehlung ist bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grü-
nen mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen angenom-
men.1)

Zusatzpunkt 3 a:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

derung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

– Drucksachen 17/1147, 17/1604, 17/1950,
17/2402 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Jörg van Essen

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n1) Anlage 2

(C (D Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 atz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass im eutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam bzustimmen ist. Wer stimmt für die Beschlussempehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 7/2402? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen ngenommen. Zusatzpunkt 3 b: Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Priska Hinz Sarrazin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN EU-Forschungsetat auf Innovation und Nachhaltigkeit für 2020 fokussieren – Ratsentscheidung ITER-Projekt nicht zustimmen – Drucksache 17/2440 – Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi ionsfraktionen abgelehnt. Wir kommen zu weiteren Beschlussempfehlungen es Petitionsausschusses. Zusatzpunkt 3 c: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 117 zu Petitionen – Drucksache 17/2442 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 117 ist einstimmig anenommen. Zusatzpunkt 3 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 118 zu Petitionen – Drucksache 17/2443 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 118 ist mit den Stimen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei egenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Zusatzpunkt 3 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 119 zu Petitionen – Drucksache 17/2444 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 119 ist einstimmig angeommen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )





(A) )

Zusatzpunkt 3 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 120 zu Petitionen

– Drucksache 17/2445 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 120 ist einstimmig ange-
nommen.

Zusatzpunkt 3 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 121 zu Petitionen

– Drucksache 17/2446 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 121 ist bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller übrigen Frak-
tionen angenommen.

Zusatzpunkt 3 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 122 zu Petitionen

– Drucksache 17/2447 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 122 ist bei Gegenstim-
men von Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen aller
übrigen Fraktionen angenommen.

Zusatzpunkt 3 i:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 123 zu Petitionen

– Drucksache 17/2448 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 123 ist bei Gegenstimmen
der Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller übrigen
Fraktionen angenommen.

Zusatzpunkt 3 j:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 124 zu Petitionen

– Drucksache 17/2449 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 124 ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Ge-
genstimmen der Fraktion Die Linke und des
Bündnisses 90/Die Grünen angenommen.

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(C (D Zusatzpunkt 3 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 125 zu Petitionen – Drucksache 17/2450 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 125 ist mit den Stimen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die inke bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion und des ündnisses 90/Die Grünen angenommen. Zusatzpunkt 3 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 126 zu Petitionen – Drucksache 17/2451 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 126 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und des Bündnisses 90/Die rünen bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion und der raktion Die Linke angenommen. Zusatzpunkt 3 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 127 zu Petitionen – Drucksache 17/2452 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 127 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen von SPD nd Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Enthaltung der raktion Die Linke angenommen. Zusatzpunkt 3 n: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 128 zu Petitionen – Drucksache 17/2453 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 128 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposiionsfraktionen angenommen. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 5 auf: Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ – Drucksachen 17/2414, 17/2415 – Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und edien hat bereits die Wahlvorschläge der Bundesregie ung, des Bundes der Vertriebenen, der Evangelischen irche in Deutschland, der Katholischen Kirche in eutschland und des Zentralrats der Juden in Deutsch and übermittelt. Dazu liegt Ihnen eine Unterrichtung auf rucksache 17/2415 vor. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )





(A) )

Bevor wir zur abschließenden Wahl aller Mitglieder
des Stiftungsrates kommen, müssen wir zunächst die
vom Deutschen Bundestag vorzuschlagenden Mitglieder
und Stellvertreter für die Wahl des Stiftungsrates benen-
nen.

Es gibt den Wunsch, vor Eintritt in diesen Wahlgang
mündliche persönliche Erklärungen nach § 31 unserer
Geschäftsordnung abzugeben, und zwar von der SPD-
Fraktion, vom Bündnis 90/Die Grünen und von der
Fraktion Die Linke.1)

Zunächst für die SPD-Fraktion, Frau Kollegin
Schwall-Düren.


Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1705511100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Heute beweist sich, dass die von der
Mehrheit dieses Hauses beschlossene Form der Wahl
von Stiftungsratsmitgliedern falsch ist. Bereits bei der
Änderung des Gesetzes zur „Stiftung Flucht, Vertrei-
bung, Versöhnung“ hat die SPD-Fraktion zum Ausdruck
gebracht, dass die Abstimmung über die Besetzung des
Stiftungsrates im Gesamtpaket inakzeptabel ist, und hat
deshalb das Gesetz abgelehnt. Der Berufungsprozess ist
damit nämlich keinesfalls objektiviert. Im Gegenteil,
nun werden auch Mitglieder des Stiftungsrates mit einer
demokratischen Legitimation ausgestattet, an deren En-
gagement für den Stiftungszweck erhebliche Zweifel be-
stehen.

Sicherlich steht die Mehrheit der vorgeschlagenen
Personen eindeutig hinter den Stiftungszielen. Ich darf
zur Erinnerung den Gesetzestext zitieren:

Zweck der unselbstständigen Stiftung ist es, im
Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Ge-
denken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhun-
dert im historischen Kontext des Zweiten Weltkrie-
ges und der nationalsozialistischen Expansions-
und Vernichtungspolitik und ihrer Folgen wachzu-
halten.

Heute steht der Bundestag allerdings vor dem Dilemma,
dass zumindest bei zwei Vertretern des Bundes der Ver-
triebenen aufgrund von Äußerungen in der Presse be-
zweifelt werden muss, ob diese als künftige Stiftungs-
ratsmitglieder die Arbeit der Stiftung auch im Sinne der
Versöhnung unterstützen werden.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hartmut Saenger spricht beispielsweise in der Preußi-
schen Allgemeinen Zeitung über den Beginn des Zweiten
Weltkrieges wie folgt – ich darf zitieren –:

Besonders kriegerisch führte sich Polen auf. Der
1918 wieder erstandene Staat schaffte es in der kur-
zen Zeit bis 1921, gleich mit vier Nachbarn … im
dauerhaften Streit zu liegen.

Und weiter:

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i1) Anlagen 3 bis 8

(C (D Erst England machte den Krieg um Danzig zu einem weltweit ausgetragenen Krieg, der dann durch den Kriegseintritt der USA wegen seiner Interessen am Pazifik zum globalen Krieg ausuferte. enn das keine Form von Geschichtsrevision ist, dann eiß ich nicht, was man unter diesem Begriff verstehen ann. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Arnold Tölg sagt im Interview mit der Jungen Frei-
eit zum Thema Zwangsarbeiter:

Wenn man über Zwangsarbeiterentschädigung
spricht, müßte man auch deutlich machen, daß ge-
rade die Länder, die am massivsten Forderungen
gegen uns richten, genügend Dreck am Stecken ha-
ben, weil sie Hunderttausende deutscher Zwangsar-
beiter in zahllosen Lagern hatten.

der:

Während in Nürnberg von den Siegern die deut-
schen Kriegsverbrecher zurecht verurteilt wurden,
haben die gleichen Länder bezüglich Zwangsarbei-
tern ähnliche Verbrechen begangen wie Hitler-
Deutschland.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Unglaublich! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sollen wir heute wählen?)


Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, dennoch ist die
orgeschlagene Gesamtliste abzulehnen für einen Teil
er Kollegen der SPD-Fraktion und auch für mich keine
ption, da das positive Engagement der anderen Stif-

ungsratsmitglieder nicht infrage gestellt werden kann.
ns ist daran gelegen, dass die Stiftung endlich die Ar-
eit aufnehmen kann. Deshalb stimme ich der Wahl trotz
ieser großen Bedenken zu.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehe, wer will!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705511200

Das Wort zu einer persönlichen Erklärung hat nun

ollegin Jochimsen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705511300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

timme dem Gesamtvorschlag für die Mitglieder und
tellvertreter des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht,
ertreibung, Versöhnung“ nach sorgfältiger Prüfung
icht zu. Grund meiner Ablehnung ist das undemokrati-
che Wahlverfahren, das mir – wie allen anderen Abge-
rdneten – nur die Möglichkeit gibt, über einen Vor-
chlag abzustimmen, der nur als Ganzes angenommen
der abgelehnt werden kann. Ich würde also bei einer
ustimmung nicht nur den von den Fraktionen benann-

en Mitgliedern des Deutschen Bundestags meine
timme geben, sondern ebenso allen anderen Mitglie-
ern, auf deren Auswahl ich keinerlei Einfluss hatte. Das
st für mich nicht akzeptabel.





Dr. Lukrezia Jochimsen


(A) )


)(B)


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein vergleichbares Wahlverfahren gibt es derzeit bei
keiner anderen Gremienbesetzung, so die Auskunft des
Wissenschaftlichen Dienstes. Damit widerspricht das
Wahlverfahren den demokratischen Gepflogenheiten,
denen wir bisher im Deutschen Bundestag bei der Beset-
zung der Gremien folgten. Es gibt den Abgeordneten des
Bundestages auch keineswegs mehr Einflussmöglich-
keit. Im Gegenteil: Bei einem solchen Gesamtvorschlag
kommt der Wille des Parlaments nur ungenügend oder
verfälscht zum Ausdruck. Letztlich können wir nur Ja
oder Nein sagen. Das entmündigt das Parlament. Meine
Kolleginnen und Kollegen, Sie entmündigen sich bei
dieser Abstimmung selbst!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der Begründung für die Veränderung des Beset-
zungsverfahrens heißt es im Gesetzentwurf, dass die Er-
höhung der Anzahl der Sitze im Stiftungsrat und die
Änderung des Berufungsverfahrens aufgrund der beson-
deren geschichtspolitischen Komplexität des Projektes
erfolgen und um der Komplexität der Aufgabenstellung
und des Meinungsspektrums noch besser Rechnung tra-
gen zu können. Hinzu komme, dass durch die Entschei-
dung des Bundestages gewährleistet sei, dass übergeord-
nete politische Belange beachtet werden.

Ich sage Ihnen: Das ist purer Hohn bei dieser Wahl.


(Beifall bei der LINKEN)


Das neue Gesetz und das darin festgelegte Besetzungs-
verfahren vermehren nur die Zahl der Ämter und Sitze in
der Stiftung und degradieren das Parlament zu einem
Zustimmungsapparat. 63 Mitglieder der Linksfraktion
sehen das genauso und haben sich meiner Erklärung
schriftlich angeschlossen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Die Linke hat mit Einheitslisten lange Erfahrungen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705511400

Nun hat Kollege Volker Beck Gelegenheit zu einer

persönlichen Erklärung.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705511500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Mit-

glieder meiner Fraktion und auch ich persönlich werden
die beiden Wahlvorschläge ablehnen. Dies hat zwei
Gründe. Einmal finden wir den Deal, den die Bundesre-
gierung mit dem Bund der Vertriebenen gemacht hat und
der zu der jetzigen Zusammensetzung des Stiftungsrats
führt, inakzeptabel.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


err Westerwelle hat mit gutem Grund und völlig zu
echt der Benennung von Erika Steinbach als Mitglied
es Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Ver-
öhnung“ widersprochen, weil dies die auswärtigen Be-
iehungen der Bundesrepublik Deutschland belastet
ätte. Frau Steinbach hat damals gegen die Anerkennung
er Oder-Neiße-Grenze gesprochen und abgestimmt und
ich in zahlreichen Äußerungen gegenüber unseren euro-
äischen Nachbarn, unseren ehemaligen Kriegsgegnern,
n einer Art und Weise geäußert, dass ihre Benennung
ort nicht als Signal der Versöhnung verstanden worden
äre.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dafür kann der Bundestag nichts, dafür kann die Bun-
esregierung nichts, auch diese Stiftung kann dafür
ichts. Deshalb braucht es dafür, dass Frau Steinbach
icht in dieses Gremium kommt, keine Kompensation
urch Aufblähung der Zahl der Sitze für den Bund der
ertriebenen. Es gibt einige relevante Organisationen,
ie in diesem Stiftungsrat nicht vertreten sind. Es gibt
wei Fraktionen des Deutschen Bundestages, die in die-
em Stiftungsrat nicht vertreten sind. Deshalb ist es völ-
ig unangemessen, diese Art der Besetzung hier vorzu-
ehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein zweiter wesentlicher Grund, warum wir diesen
ahlvorschlägen heute nicht zustimmen können, sind

wei Personen, die auf der Benennungsliste stehen. Frau
ollegin Schwall-Düren hat schon einiges dazu gesagt.

In der Preußischen Allgemeinen Zeitung schreibt
artmut Saenger, einer der für den Stiftungsrat benann-

en Mitglieder und Sprecher der Pommerschen Lands-
annschaft, zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges:

Oft genug geschieht das

die Beschreibung des Ausbruches –

unter Kurzformeln wie: „… der vom nationalsozia-
listischen Regime entfesselte Weltkrieg“.

Solche Kurzformeln werfen naturgemäß mehr Fra-
gen auf als beantwortet werden.

r beantwortet sie dann:

Der historische Kontext zum Sommer 1939 weist
bei allen europäischen Großmächten eine erstaunli-
che Bereitschaft zum Krieg aus, um staatliche Ziele
durchzusetzen oder Bedrohungen durch Bündnisse
abzuwehren.

Besonders kriegerisch führte sich Polen auf. …

Im März 1939 machte Polen sogar gegen Deutsch-
land mobil und gab damit Hitler die Möglichkeit





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

der Aufkündigung des deutsch-polnischen Nichtan-
griffspaktes von 1934.

Polen hat demnach doch den Krieg begonnen; wir ha-
ben auch nur zurückgeschossen. In den weiteren Aus-
führungen erklärt er England, Frankreich und die Verei-
nigten Staaten sozusagen für schuldig, einen
imperialistischen Krieg gegen Deutschland geführt zu
haben.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den sollen wir heute wählen!)


Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie können
doch heute nicht ernsthaft mit diesem Mann diesen Aus-
sagen Ihre Zustimmung erteilen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich appelliere an Sie: Ziehen Sie den Wahlvorschlag hier
heute zurück und lassen Sie uns darüber noch einmal re-
den. Das ist völlig inakzeptabel.

Ein weiterer Vertreter auf dieser Liste des Bundes der
Vertriebenen ist Herr Arnold Tölg,


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Der ist untadelig!)


der im Zusammenhang mit der Zwangsarbeiterentschä-
digung den Bundespräsidenten Rau dafür kritisierte,
dass er diese Entschädigungen begrüße, anstatt deutlich
zu machen, dass die Empfängerländer in Osteuropa eine
ähnliche oder vergleichbare Schuld wie Deutschland auf
sich geladen hätten. Er sagte im Zusammenhang mit den
Nürnberger Urteilen:

Während in Nürnberg von den Siegern die deut-
schen Kriegsverbrecher zu Recht

– immerhin –

verurteilt wurden, haben die gleichen Länder be-
züglich Zwangsarbeitern ähnliche Verbrechen be-
gangen wie Hitler-Deutschland.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Ein Irrer!)


Meine Damen und Herren, das darf nicht die Bot-
schaft dieser Versöhnungsstiftung sein!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich bin selbst ein Kind aus einer Vertriebenenfamilie. Ich
distanziere mich mit Nachdruck von solchen Aussagen,
wenn es um die Aufarbeitung des Unrechts der Vertrei-
bung geht. Menschen, die vertrieben worden sind, teilen
diese Thesen nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Deshalb kann so jemand nicht im Stiftungsrat einer Bun-
desstiftung der Bundesrepublik Deutschland sitzen, mit
der Zustimmung des Deutschen Bundestages. Das ist in
keiner Weise hinnehmbar. Lassen Sie uns diese Frage
anders lösen.

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(C (D Ich appelliere an Sie von der Union und von der FDP: achen Sie das jetzt nicht! Sie richten großen Schaden n unseren europäischen Beziehungen an. Sie blamieren ich als Koalition, wenn Sie jetzt einfach daran festhalen. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das wünschen Sie sich nur!)


s besteht immer noch die Möglichkeit, das jetzt von der
agesordnung zu nehmen und noch einmal neu darüber
u reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Vielleicht waren Ihnen diese Äußerungen nicht be-
annt; das setze ich einmal voraus. Dann muss man jetzt
ber dementsprechend angemessen handeln und darf das
icht einfach durchwinken. Der Bundestag ist kein Ab-
ickorgan. Sie sind hier als Abgeordnete alle einzeln da-
ür verantwortlich, wie Sie hier jetzt abstimmen bzw. ob
hre Fraktionen diese Vorschläge jetzt zurücknehmen
nd die Entscheidung vertagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Machen Sie mal halblang! – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Auch noch Drohungen ausstoßen! Unverschämt! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Sie sind peinlich! – Gegenruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich sind Ihre Vorschläge!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705511600

(SPD):

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Wahl-

orschlag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
ezogen auf die vom Deutschen Bundestag vorzuschla-
enden Mitglieder und Stellvertreter. Wer stimmt für
iesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ungen? – Damit ist der Wahlvorschlag bezogen auf die

itglieder des Bundestages angenommen mit den Stim-
en der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken

ei Stimmenthaltung der Grünen und zweier Abgeordne-
er der SPD.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind dagegen! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben dagegengestimmt! Weil wir ausgeschlossen sind, stimmen wir dagegen! Ich bitte die Kollegen der anderen Fraktionen, das zu respektieren!)


Entschuldigung. Also: bei Gegenstimmen der Grünen
nd einigen Enthaltungen seitens der SPD-Fraktion.

Damit können wir nun über den Gesamtvorschlag
ber die Mitglieder des Stiftungsrates auf Druck-
ache 17/2415 einschließlich des soeben angenommenen
ahlvorschlags des Deutschen Bundestages abstimmen.
er Gesamtvorschlag kann nur als Ganzes angenommen
der abgelehnt werden.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Demokratie!)


Hierzu liegen – ich werde gerade daran erinnert – ei-
nige persönliche Erklärungen in schriftlicher Form vor.

Wer stimmt für diesen Gesamtvorschlag? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesamtvor-
schlag ist mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jeder blamiert sich, so gut er kann! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auweia! Das gibt Ärger!)


gegen die Stimmen der Linken, der Grünen und der SPD
– in der SPD-Fraktion gab es einige Enthaltungen und
eine Zustimmung – angenommen. Die Mitglieder und
ihre Stellvertreter im Stiftungsrat der „Stiftung Flucht,
Vertreibung, Versöhnung“ sind damit gewählt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den
Zusatzpunkt 4 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Gesundheitspolitik ohne Perspektive

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Kollegin
Martina Bunge für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705511700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ja, wir haben beantragt, heute eine zweite Aktuelle
Stunde in dieser Sitzungswoche zur Gesundheitspolitik
durchzuführen. Während wir uns gestern über den zu-
tiefst unsozialen Charakter des Konzepts von Ihnen,
Herr Minister Rösler, und der Kolleginnen und Kollegen
der Koalition ausgetauscht haben, hat die Linke für
heute eine Aktuelle Stunde beantragt, die zeigen soll,
dass Ihr Konzept, dass Ihre Politik ohne Perspektive ist.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie bieten für die Zukunft keine brauchbaren Antworten.

Mit Beitragssatzerhöhungen und Zusatzbeiträgen mu-
ten Sie den gesetzlich Versicherten mit 10,2 Prozent,
8,2 plus 2 Prozent, den höchsten Beitragssatz aller Zei-
ten zu; den müssen schon bald alle schultern. Heute
Morgen gab es ja die ersten Meldungen, dass das Defizit
2011 laut Rechnungen des Bundesgesundheitsministeri-
ums gedeckt sein könnte, dass aber schon Milliardende-
fizite für 2012, 2013 und 2014 – wir reden über 4 bis
10 Milliarden Euro – absehbar sind. Das allein sollen die
Versicherten schultern, und insbesondere Menschen mit
den kleinsten Einkommen, also Geringverdiener, Ar-
beitslose, Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende,
überproportional, während die Arbeitgeber und Bestver-
dienenden außen vor bleiben? Das alles ist zutiefst unso-
zial.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber das Ganze ist nicht ohne Alternative. Die Stim-
en in der Öffentlichkeit, die eine solidarische Bürge-

innen- und Bürgerversicherung befürworten, mehren
ich. Viele fordern: Sie muss her! Es geht dabei um eine
ersicherung, in die wirklich alle Bürgerinnen und Bür-
er einbezogen werden, also auch Beamte, Abgeordnete,
inister, Selbstständige und Manager, und in die auch

lle Einkommen einbezogen werden, von denen Men-
chen heutzutage leben, also auch Kapital- und Zinsein-
ünfte. Natürlich müssen sich auch die Arbeitgeber wie-
er zu gleichen Teilen an der Finanzierung beteiligen.
ie Parität muss wiederhergestellt werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


uf dieser neuen Basis reichten für Versicherte und Ar-
eitgeber 10 Prozent, also 5 plus 5 Prozent, aus, um alle
esundheitlichen Leistungen zu bezahlen. Zuzahlungen
nd die unsägliche Praxisgebühr könnten sogar abge-
chafft werden. Außerdem hätten wir Spielraum für die
erausforderungen, vor denen wir stehen.

Alle reden von den Erfordernissen aufgrund des de-
ografischen Wandels bzw. der älter werdenden Gesell-

chaft und vom rasanten medizinischen Fortschritt. Wie
ine Monstranz trägt man das vor sich her. Aber sind wir
irklich darauf eingestellt? Wir sagen Nein.


(Beifall bei der LINKEN)


in Blick in Ihr lange ausgebrütetes Konzept bestätigt
ies: kein Wort zu Strukturveränderungen. Vielmehr:
er Wettbewerb soll es richten. Ausgaben werden dabei
auschal gekürzt.

Nehmen wir nur das Beispiel der Krankenhäuser: Der
usgabendeckel wird gesenkt – die Ausgaben dürfen
aximal in Höhe der halben Steigerung der Grundlohn-

umme wachsen –, und für Mehrleistungen ist ein Effi-
ienzabschlag von 30 Prozent zu zahlen. Meinen Sie
enn, die Deutsche Krankenhausgesellschaft spricht aus
ux und Dollerei von einem Sanierungsdefizit in Höhe
on 50 Milliarden Euro? Meinen Sie, Verdi fordert aus
ux und Dollerei: „Weg mit dem Deckel!“?

Die Finanzlöcher in den Krankenhäusern werden zu-
asten der dort Beschäftigten gestopft. Immer unerträgli-
here Arbeitszeiten, enorme Arbeitszeitverdichtungen,
hysische und psychische Belastungen von Ärztinnen
nd Ärzten, Schwestern und Pflegern sind die Realität.
etztlich wirkt sich dies auch auf die Versorgung der Pa-

ientinnen und Patienten aus. Technik und Pillen allein
eilen nicht. Zum Heilungsprozess gehören auch ein
ufmunterndes Lächeln und ein gutes Wort. Doch wo
ibt es das bei allem Engagement der Beschäftigten
das will ich nicht in Abrede stellen – noch?


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen endlich konsequente Schritte, um den
edizinischen Bedarf in den Regionen unseres Landes

onkret zu ermitteln und dabei auch schier unüberwind-





Dr. Martina Bunge


(A) )


)(B)

bare Sektorengrenzen zu überdenken. Man muss ent-
scheiden: Wo wird die Behandlung am besten gemacht?
Wo können sich Krankenhaus und ambulant Tätige ge-
meinsam engagieren? Neue Versorgungsformen wie das
erfolgreiche Modell AGnES brauchen eine echte
Chance. Dann könnten auch unter Bundesbeteiligung In-
vestitionsmittel in die Hand genommen und ein zielge-
richteter Ausbau der Infrastruktur gewährleistet werden.
Dann könnten Krankenkassenbeiträge für medizinische
Leistungen und Beschäftigte in ausreichendem Maße
dorthin fließen, wo die Behandlung effizient stattfindet.
Dann würde Arbeit im Gesundheitsbereich endlich wie-
der attraktiv.

Machen Sie mit der Bürgerinnen- und Bürgerver-
sicherung das Gesundheitssystem zukunftsfest! Lassen
Sie von Ihrer verkappten Kopfpauschale die Finger!

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705511800

Das Wort hat nun Jens Spahn für die CDU/CSU-Frak-

tion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1705511900

Herr Präsident, Sie sagen zu Recht zu mir: Sie habe

ich doch schon gestern gehört. Das ist richtig.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Morgen noch einmal!)


Das macht deutlich, dass es der Opposition offensicht-
lich nicht gelungen ist, sich darauf zu einigen, wie sie
denn mit diesem Thema in dieser Woche umgehen will.


(Zurufe von Abgeordneten der LINKEN)


Sie können uns gerne ob der einen oder anderen Debatte
kritisieren, die wir in der Koalition führen. Aber wir füh-
ren die Debatten wenigstens in der Sache und ringen um
die beste Lösung für die Gesundheitsversorgung der
Menschen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Aber weil sich Linke und SPD nach der Zerlegung bei
der Bundespräsidentenwahl nicht einigen können und
sich vollends auf die Taktiererei nach dem Motto verlegt
haben: „Und täglich grüßt das Murmeltier“, gab es ges-
tern eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema und heute
wieder eine.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Freuen Sie sich doch!)


Das ist das eigentliche Armutszeugnis dieser ganzen
Veranstaltung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das gibt uns andersherum die Gelegenheit, noch ein-
mal deutlich zu machen, warum der Kompromiss der
Koalition gelungen ist.

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(C (D (Heinz Lanfermann [FDP]: Bis sie es verstehen!)


ir haben ein faires Paket geschnürt, das in seiner Kom-
ination sowohl kurzfristig die Herausforderungen an-
eht als auch strukturell für die Zukunft eine Perspektive
einhaltet.

Erstens. Angesichts eines Defizites von über
0 Milliarden Euro – das größte Defizit in der Ge-
chichte der gesetzlichen Krankenversicherung – müs-
en wir es schaffen, die Ausgabenzuwächse im nächsten
ahr zu begrenzen. Da geht es etwa um Bereiche wie die
ersorgung durch Niedergelassene, die Krankenhäuser
nd die Verwaltungskosten der Krankenkassen.

Es ist schon spannend, immer wieder zu hören – ich
hne es, Sie werden es gleich wieder sagen, Herr Kol-
ege Lauterbach; auch gestern klang das schon an –, all
as sei viel zu wenig.


(Bärbel Bas [SPD]: Wo er recht hat, hat er recht!)


ch will Ihnen sagen – Frau Kollegin Bunge hat darauf
chon hingewiesen –, was das für die Beschäftigten in
en Krankenhäusern bedeutet: für die vielen Pflege-
räfte, die Ärzte und die vielen Beschäftigten in den nie-
ergelassenen Praxen. Wir haben auch Gespräche mit
en Betriebsräten der Pharmaunternehmen geführt. Na-
ürlich wollen wir die Kostensteigerungen der nächsten
ahre begrenzen. Natürlich müssen wir die großen Aus-
abenblöcke in den Blick nehmen. Wenn wir angesichts
on Hunderten Milliarden Euro bis zu 4 Milliarden Euro
insparen wollen, Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
on der Opposition, aber sagen, das seien nur Kleckerbe-
räge, dann ist das ein Schlag ins Gesicht der betroffenen

enschen, die sich Sorgen machen. Deswegen sollten
ie genau aufpassen, wie Sie sich an dieser Stelle einlas-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Normalerweise fordern Sie immer abstrakt das Spa-
en ein. Abstrakt Sparen zu fordern, ist immer einfach.
ber wenn es dann konkret wird, wird es schwieriger.
ie sind in den letzten Wochen einmal konkret gewor-
en. Sie haben gesagt, wir sollen den Rabatt der Pharma-
ndustrie auf Arzneimittel um 10 Prozentpunkte erhö-
en. Wir haben vor zwei Wochen hier im Deutschen
undestag mit dem GKV-Änderungsgesetz die Erhö-
ung des Zwangsrabattes auf Arzneimittel für die ge-
etzliche Krankenversicherung durch die Pharmaindus-
rie um 10 Prozentpunkte beschlossen. Die einzige
raktion, die dagegengestimmt hat, war die SPD-Frak-

ion.


(Ulrike Flach [FDP]: Hört! Hört!)


as soll mir doch einmal jemand erklären: Sie stellen
ich hierhin, schreien fortwährend, man solle sparen,
enn aber dann gespart wird, dann stimmen Sie dage-
en. Das ist doch nicht mehr zu verstehen, Herr Kollege
auterbach. Das macht das Ganze nur noch alberner.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Zuhören!)






Jens Spahn


(A) )


)(B)

Zweitens. Neben der Frage der Zuwachsbegrenzung
im nächsten Jahr ist die Rückkehr zum alten Beitragssatz
der gesetzlichen Krankenversicherung von 15,5 Prozent
ein weiterer Punkt. Diesen Beitragssatz haben wir zum
1. Januar 2009 in der Großen Koalition gemeinsam be-
schlossen. In der Finanz- und Wirtschaftskrise haben wir
den Satz Mitte 2009 auf 14,9 Prozent gesenkt, um An-
reize zu setzen, Arbeitsplätze zu erhalten und zusätzliche
zu schaffen. Jetzt, zum Ende der Krise – die Zahl der Ar-
beitslosen sinkt bemerkenswert stark, die Wirtschaft er-
holt sich gut –, kehren wir zu diesem alten Beitragssatz
zurück. Entgegen dem, was an der einen oder anderen
Stelle behauptet wird, ist es im Übrigen auch völlig in
Ordnung, dass auch die Arbeitgeber mit in der Verant-
wortung sind und zusätzlich zahlen müssen.

Zum Dritten werden wir – das ist die Perspektive für
die Zukunft – den Zusatzbeitrag, den wir übrigens
– auch das will ich Ihnen einmal sagen – in der Großen
Koalition zusammen beschlossen und eingeführt haben –
SPD und Union haben diesen Zusatzbeitrag gemeinsam
beschlossen;


(Mechthild Rawert [SPD]: Gedeckelt!)


ich weiß, dass Sie diesbezüglich eine politische Demenz
haben, das haben wir ja gestern schon hinreichend ge-
hört –, so weiterentwickeln, dass das, was damit be-
zweckt ist, auch erreicht wird


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Schwarzgelbes Chaos!)


und dass wir zu gerechteren Verhältnissen als bisher
kommen. Wir werden nämlich den sozialen Ausgleich
aus Steuermitteln vornehmen, das heißt, wir werden den
sozialen Ausgleich auf mehr und breitere Schultern ver-
teilen. Nicht mehr nur die 28 Millionen abhängig Be-
schäftigten und ihre Arbeitgeber, die in die gesetzliche
Krankenversicherung einzahlen, sondern auch alle ande-
ren Steuerpflichtigen – die Bezieher aller Einkommens-
arten, die Privatversicherten und auch die Bezieher von
Einkommen über der Bemessungsgrenze – finanzieren
den Sozialausgleich. Das ist am Ende gerechter und
sollte doch gerade die Sozialdemokratische Partei
Deutschlands freuen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Am Ende steht das Ziel – um das geht es im Kern –,
eine flächendeckende Versorgung zu erhalten. Ich
komme aus dem Münsterland, also einer ländlichen Re-
gion. Es geht nicht nur um Spitzenmedizin in München,
Düsseldorf oder Berlin. Der Zugang zu medizinischer
Innovation ist ein hohes Gut. Wir haben eines der weni-
gen Gesundheitssysteme auf der Welt, innerhalb dessen
medizinische Innovationen und neue Arzneimittel für
die gesetzlich Versicherten direkt verfügbar und zugäng-
lich sind. Vor allem sind sie für jeden in Deutschland zu-
gänglich. Was nützt Ihnen eine Spitzenmedizin, wenn
wie zum Beispiel in den USA noch immer bis zu
40 Millionen Menschen ohne Versicherung und Gesund-
heitsschutz sind?

Diese drei Ziele wollen wir erreichen: eine flächende-
ckende Versorgung, einen weiterhin direkten Zugang zu

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(C (D nnovationen, und zwar für jedermann – unabhängig om Alter und Einkommen. Damit das in einer älter erdenden Gesellschaft und bei medizinischem Fort chritt, etwa bei der Krebsdiagnose und -therapie, mögich ist, braucht man eine breitere Finanzierungsgrundage. Es ist es übrigens wert, in einer Koalition ein paar ochen und Monate darum in der Sache zu ringen, enn am Ende ein gutes Ergebnis dabei herauskommt. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Neun Monate!)


enau das wollen wir in den nächsten Wochen und Mo-
aten umsetzen. Es wäre schön, wenn Sie sich einmal
onstruktiv und nicht nur durch Geschrei in Aktuellen
tunden beteiligen würden.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Keine Hoffnung!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705512000

Das Wort hat nun Karl Lauterbach für die SPD-Frak-

ion.


Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1705512100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Wir müssen uns daran erinnern, was hier von
inister Rösler und auch von der Koalition versprochen
urde. Es sollte eine Reform aus einem Guss werden:
eine Flickschusterei, keine Beitragssatzerhöhung. Die
olidarische Absicherung sollte ein Stück weit geschützt
erden, und die 1-Prozent-Regel – so wurde damals be-
auptet – sollte auch nicht wegfallen. Es sollte eine
achhaltige Reform werden. Echte Strukturreformen
urden angekündigt. Das ist also das, was damals ange-
ündigt wurde.

Wenn Sie eine solche Reform gemacht hätten, dann
ätten Sie tatsächlich unsere Zustimmung verlangen und
rwarten können. Was haben Sie stattdessen vorgelegt?
as liegt heute vor? Seien wir doch ehrlich!


(Elke Ferner [SPD]: Murks!)


s liegt eine Beitragssatzerhöhung vor, aber überhaupt
eine Strukturreform; es gibt ein paar unsystematische
nd im Wesentlichen nicht besonders wirksame Sparvor-
chläge, die Kopfpauschale wurde „durch die Hintertür“
ingeführt – hier ist Herr Seehofer, das sage ich einmal
anz offen, relativ erbärmlich eingeknickt –,


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie verstehen es nicht!)


nd es gibt einen Sozialausgleich mit Alibifunktion. Das
st das, was vorliegt. Daher ist diese Reform aus meiner
icht auf der ganzen Linie gescheitert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)






Dr. Karl Lauterbach


(A) )


)(B)

Minister Rösler hat damals sinngemäß gesagt – ich
muss sagen, das fand ich beeindruckend, weil das eine
außergewöhnliche Ankündigung war –: Wenn die Re-
form misslingt, dann will mich niemand mehr als Minis-
ter haben. – Ich kann nur sagen: Dieser Fall ist jetzt ein-
getreten; jetzt ist es so weit. Das ist jetzt sozusagen der
Zeitpunkt dafür, den zweiten Schuh fallen zu lassen. Es
ist so weit. Die Reform ist misslungen, und daher will
der Bürger Sie als Minister, ehrlich gesagt, auch nicht
mehr haben.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ist das hier Ihre Fernsehshow?)


– Machen Sie sich keine Sorgen, Sie sind ja gar nicht zu
sehen, Herr Kollege.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zu Ihnen gibt es keinen Kommentar. Sie sind nicht zu
sehen, von daher gibt es auch keine Kritik.


(Zuruf von Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU])


Wäre diese Beitragssatzerhöhung vermeidbar gewe-
sen? Natürlich wäre die Beitragssatzerhöhung vermeid-
bar gewesen. Seit neun Monaten haben wir keinerlei
Sparbemühungen gesehen. Wir haben auch kein Vor-
schaltgesetz gesehen. Wir haben damals unter dem
Druck drohender Beitragssatzerhöhungen immer Vor-
schaltgesetze gemacht. Jetzt steigen die Kosten im
Pharmabereich, im Krankenhausbereich und bei den nie-
dergelassenen Ärzten um 6 Prozent; und jetzt kommt die
Beitragssatzerhöhung. Da sagen Herr Spahn und andere,
wir hätten Sie mit den Schulden belastet. Das ist schlicht
und ergreifend eine Lüge.


(Beifall bei der SPD)


Als wir damals das Ministerium an Herrn Rösler
übergeben haben


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer ist wir? Das deutsche Volk!)


– nein, die Große Koalition; unter anderem wir beide –,


(Heiterkeit im ganzen Hause – Beifall bei der SPD und der LINKEN)


als die Große Koalition das Ministerium übergeben hat,
hatten wir in der KV-45-Tabelle


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ich wusste gar nicht, dass Sie dabei waren, Herr Spahn!)


– Herr Lanfermann, das wäre auch für Sie ganz interes-
sant – einen Überschuss von 1,4 Milliarden Euro. Jetzt
schwadronieren Sie von einem Defizit von 10 Milliarden
Euro und verbreiten die Legende, um nicht zu sagen, die
Lüge, wir hätten Sie mit einem Schuldenhaushalt von
10 Milliarden Euro belastet. Das stimmt doch gar nicht!


(Beifall bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Was haben Sie denn gegen den Schätzerkreis?)


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(C (D ie Wahrheit ist doch, dass wir Überschüsse hatten. eine einzige Krankenkasse hatte einen Zusatzbeitrag rhoben. Das wissen Sie selbst doch ganz genau. Wir atten einen ausgeglichenen Haushalt. Jetzt kann man nterschiedlicher Meinung sein, wie viel davon – – (Heinz Lanfermann [FDP]: Kennen Sie den Schätzerkreis? – Ulrike Flach [FDP]: Das ist aber eine Geschichtsklitterung! Schämen Sie sich!)


Die KV-45-Tafel ist keine Schätzung, sondern das wa-
en die Zahlen bei der damaligen Übergabe, das war der
estand. Das ist die Bilanz, Herr Lanfermann. Die Bi-

anz war damals positiv mit 1,4 Milliarden Euro.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Das Defizit kommt vom Schätzerkreis!)


ber Sie sagen, wir hätten Ihnen 10 Milliarden Euro an
chulden überlassen. Das ist schlicht und ergreifend eine
üge, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das
ind Ihre Schulden.


(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das sagen nicht wir, das sagt der Schätzerkreis!)


Das ist keine Schätzung, verstehen Sie.


(Ulrike Flach [FDP]: Natürlich! Was denn sonst!)


ch wiederhole ja nur, was Herr Spahn sagt.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das Defizit von 2011 stammt vom Schätzerkreis!)


Nein, ich muss es Ihnen erläutern. Es geht nicht um
en Schätzerkreis. Herr Spahn sagt, wir hätten Ihnen ein
efizit von 10 Milliarden Euro hinterlassen. Ich sage:
as ist schlicht eine Lüge.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das ist für 2011 zu erwarten! – Gegenruf von Elke Ferner [SPD]: Wie können wir denn für 2011 etwas hinterlassen?)


as hat nichts mit dem Schätzerkreis zu tun: Hören Sie
enau zu, was ich sage!

Was ist passiert? Ich bringe es auf den Punkt: Wir ha-
en hier keine Strukturreform, wir haben die Kopfpau-
chale durch die Hintertür. Die Kopfpauschale wird die
ezieher mittlerer und geringer Einkommen besonders
elasten. Die kleinen Leute werden belastet. Kapitaleig-
er, Gutverdiener, Privatversicherte, diejenigen, die
berhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen, werden
eschont. Die Arbeitgeber sollen demnächst nicht mehr
itbezahlen. Nur die kleinen Selbstständigen, nur die

leinen Arbeitnehmer müssen bezahlen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie quetschen die Menschen aus, die von ihrer Hände
rbeit leben müssen. Dafür werden Sie abgewählt. Sie

tehen jetzt bei 4 Prozent.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)






Dr. Karl Lauterbach


(A) )


)(B)

Sie werden die Netto-Lügen-Partei sein. Man wird Ihnen
bis zum Schluss, bis zur Abwahl vorwerfen, dass Sie die
Netto-Lügen-Partei sind. Sie haben gelogen, als Sie ge-
sagt haben, Sie würden die Bezieher mittlerer Einkom-
men entlasten. Denn Sie haben genau dort zugeschlagen.
Daher sind Sie ab heute – ob Sie das wollen oder nicht;
da können Sie filibustern, wie Sie wollen – die Netto-
Lügen-Partei. Das ist auch richtig so, meine sehr verehr-
ten Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705512200

Das Wort hat nun Christine Aschenberg-Dugnus für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1705512300

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und

Herren! Nun haben wir uns heute hier versammelt, um
erneut über Gesundheit zu diskutieren. Mir kommt es so
vor, als wäre es erst gestern gewesen – aber von mir aus
immer wieder gerne.

Kommen wir zur Sache: Die Menschen werden im
Schnitt immer älter. Das müssen wir immer wieder ver-
breiten. Der medizinische Fortschritt ist eine erfreuliche
Tatsache. Die altersbedingten Krankheiten werden stark
zunehmen.

Dazu im Einzelnen ganz konkret: Die Zahl der zu er-
wartenden Herzinfarkte steigt bis zum Jahr 2050 um
75 Prozent.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie an der Regierung bleiben, bestimmt!)


Bei Schlaganfällen gibt es ein zu erwartendes Plus von
62 Prozent, und die Zahl der Demenzpatienten wird sich
bis zum Jahr 2050 verdoppelt haben. An dieser Tatsache
kommen wir leider nicht vorbei. Sogar ein Schulkind
kann sich ausrechnen: mehr alte Menschen, mehr Krank-
heiten, die erst bei alten Menschen auftreten, mehr Mög-
lichkeiten, die Krankheiten erfolgreich zu therapieren.
All das kostet Geld, und zwar mehr als das, was uns bis
dato zur Verfügung steht.

Wir sagen den Menschen hier ganz ehrlich: Ja, wir
brauchen mehr Geld für die Gesundheit. Ja, die Men-
schen werden deshalb in Zukunft mehr bezahlen müssen
als in der Vergangenheit. Ja, es wird auf absehbare Zeit
nicht billiger, sondern eher teuerer. Aber dafür werden
wir auch weiterhin das beste und weltweit anerkannteste
Gesundheitssystem behalten, und das ist gut so.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen wir aber die Finanzierung gerechter machen!)


Die Alternative dazu wäre Rationierung. Ich hoffe, wir
sind uns darüber einig, dass wir das nicht wollen.

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(C (D (Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ganz klare Ansage!)


Zur Stabilisierung der Gesundheitsfinanzen müssen
nd werden alle beitragen: Arbeitgeber, Arbeitnehmer,
eistungserbringer und auch die Krankenkassen.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Die Privatversicherten! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur nicht die Apotheker!)


aher begrenzen wir den Zuwachs bei der Vergütung der
mbulanten Versorgung bei Ärzten und Zahnärzten.


(Elke Ferner [SPD]: Die haben immerhin noch einen Zuwachs!)


s wird eine Begrenzung des Vergütungsniveaus bei
ausarztverträgen geben,


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Die armen Hausärzte!)


nd auch im stationären Bereich wird es Einsparungen
eben.

Beachtliche Einsparvolumina gibt es auch im Arznei-
ittelsektor. Das entsprechende Gesetz kennen Sie be-

eits. Es ist ein gutes Gesetz.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


Wenn die Leistungserbringer ihren Teil zur Reform
eitragen, müssen selbstverständlich auch die Leistungs-
mpfänger herangezogen werden. Das ist genauso fair
ie einleuchtend.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber doch nicht gleich doppelt!)


eshalb wird der allgemeine Beitragssatz auf das Vor-
irtschaftskrisenniveau von 15,5 Prozent angepasst.
amit nehmen wir die im Zuge der Konjunkturkrise mit
teuermitteln, also auf Pump, finanzierte Absenkung der
eiträge wieder zurück. Denn die Zeit der ungebremsten
erschuldung ist endgültig vorbei.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rekordverschuldung!)


Mit der Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge kom-
en wir endlich weg von der beschäftigungsfeindlichen
oppelung der Krankheitskosten an die Einkommen der
rbeitnehmer. Wir haben doch erlebt, dass sich jede
onjunkturschwankung direkt auf die Gesundheitskas-

en auswirkt. Das können wir nicht weiter hinnehmen.

Die Kassen erhalten nun die Möglichkeit, einkom-
ensunabhängige, individuelle Zusatzbeiträge festzule-

en.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist unsozial!)


ie Kassen erhalten damit mehr Beitragsautonomie;
enn die Zusatzbeiträge landen direkt bei der Kranken-
asse und werden nicht über den Gesundheitsfonds ge-





Christine Aschenberg-Dugnus


(A) )


)(B)

schleust. Auch das war uns sehr wichtig. Damit schaffen
wir den dringend notwendigen Wettbewerb zwischen
den Krankenkassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unterschiedliche Prämien bieten nämlich Anreize für
Kassen und Patienten. Der Patient kann also die völlig
transparenten Preise und Leistungen der Kassen verglei-
chen. Man darf den Menschen ruhig zutrauen, dass sie
unterschiedliche Preisniveaus bewerten können.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist wohl wahr!)


Ich zitiere Herrn Böll auf Spiegel Online vom gestri-
gen Tage:

Wer wegen einer 5-Cent-Ersparnis beim Joghurt
fünf Kilometer fährt, dürfte auf solche Preissignale
bei den Zusatzbeiträgen ebenfalls reagieren.

Recht hat der Mann!


(Mechthild Rawert [SPD]: Das machen nur die Leute mit geringerem Einkommen!)


Außerdem führen wir weitere strukturelle Änderun-
gen im System durch: eine Honorarreform für den ambu-
lanten Bereich mit klar erkennbaren Preisen, Auswei-
tung der Kostenerstattung und die Reform der Selbst-
verwaltungsorgane. Außerdem werden wir eine Präven-
tionsstrategie entwickeln und die Gesundheits- und Ver-
sorgungsforschung ausbauen. Der Vorwurf der Opposi-
tion entbehrt daher jeder Grundlage, Frau Bunge und
Herr Lauterbach.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das werden Sie sehen! Keine Sorge!)


Wir stellen sicher, dass die Zusatzbeiträge direkt an
die Kassen gehen und dass diejenigen, die davon über-
fordert werden, einen Ausgleich erhalten. Sie sehen also:
Wettbewerb und soziale Verantwortung gehen bei uns
Hand in Hand.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705512400

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1705512500

Ich komme zum Ende. – Mit den von uns eingeleite-

ten Maßnahmen zur Reduzierung der Ausgaben und Sta-
bilisierung der Einnahmen haben wir ein sehr wirksames
Mittel gefunden, der bisherigen Planwirtschaft im Ge-
sundheitswesen ein Ende zu bereiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mechthild Rawert [SPD]: Planwirtschaft hat wenigstens noch einen Plan! – Heinz Lanfermann [FDP]: Man kann ja auch sachlich reden, wie es gerade gemacht wurde!)


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(C (D Das Wort hat nun Kollegin Maria Klein-Schmeink für ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705512600
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Wie immer bekomme ich die besonderen Stich-
orte von den Vorrednerinnen und Vorrednern der FDP.
as war auch dieses Mal der Fall. Wenn hier von Plan-
irtschaft gesprochen wird, dann muss man doch der
DP ganz klar vorwerfen: Sie sind marktradikale An-
änger einer Theorie, die die Steuerung der gesundheitli-
hen Versorgung dem Wettbewerb überlassen will.


(Ulrike Flach [FDP]: Das glauben Sie nicht wirklich!)


as werden wir jedenfalls nicht mitmachen, und das
ird auch der Großteil der Bevölkerung nicht mitma-

hen. Seien Sie sich dessen sicher!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie haben sich sehr viel Mühe gegeben, meine Vor-
edner und Vorrednerinnen von den Regierungsparteien,
eutlich zu machen, es handle sich hier um ein faires Pa-
et. Was fair daran sein soll, dass sämtliche Kostenstei-
erungen in der Zukunft allein von den Versicherten auf-
efangen werden müssen – einmal über die Beiträge,
um anderen über die Zusatzbeiträge –, müssen Sie uns
nd der Bevölkerung einmal erklären. Ich glaube, das
ird Ihnen nicht gelingen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Nicht zugehört!)


enn Sie in die Presse schauen, können Sie feststellen,
ass keiner der Autoren Ihre Argumentation auch nur in
nsätzen nachvollzogen hat.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Da lesen Sie die falschen Zeitungen!)


Alle sagen rundweg – Sie können sich den Presse-
piegel anschauen –: Es handelt sich um einen faulen
ompromiss. – Es ist völlig klar: Die Zuwächse werden
on den Patienten und von den Versicherten zu zahlen
ein.

Das heutige Thema sind aber die Perspektiven der
esundheitspolitik. Da stellt sich die Frage, welche Per-

pektiven eigentlich aufscheinen. Haben Sie uns über-
aupt Perspektiven aufgezeigt? Als Erstes haben Sie es
erade einmal geschafft, das kommende Defizit in den
riff zu bekommen. Darauf sind Sie stolz wie Oskar. Ich
erstehe diesen Stolz nicht. Sie hätten dieses Defizit
leich zu Beginn dieses Jahres durch einen Federstrich
ermeiden können. Das wäre im Haushaltsgesetz leicht
öglich gewesen. Sie hätten sich dieses ganze Theater

paren können. Es ist überhaupt kein Stolz angebracht.





Maria Anna Klein-Schmeink


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Spahn, Sie haben gestern stolz darauf verwiesen,
dass Sie etwas in Sachen Gesundheitspolitik geschafft
haben, und gleichzeitig der SPD Versäumnisse vorge-
worfen. Es sei daran erinnert: Dieses Defizit geht ge-
nauso auf Ihr Konto wie auf das der SPD. Machen Sie
sich da keinen schlanken Fuß!


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hätten Sie den Krankenhäusern nicht mehr Geld gegeben?)


– Darauf komme ich gleich. –


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nein, das ist entscheidend!)


Sie brauchen acht Monate, um die Situation zu ändern.
Das ist Ihr Kardinalfehler. Es geht gar nicht darum, dass
es Kostensteigerungen gegeben hat.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!)


Sie haben dieses Defizit von vornherein im Gesetz ein-
kalkuliert. Sie sind von einem Deckungsbeitrag für die
GKV in Höhe von 95 Prozent ausgegangen. Alles andere
haben Sie wissentlich in Kauf genommen. Das ist doch
völlig klar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Deshalb standen Sie in der Verantwortung, für diese Si-
tuation eine Lösung anzubieten. Sie haben also keinen
Grund, stolz zu sein.

Kommen wir zu den Perspektiven. Frau Aschenberg-
Dugnus und viele andere haben angesprochen, dass uns
die demografische Entwicklung große Probleme bereiten
wird. Haben Sie bisher auch nur eine einzige Lösung auf
den Tisch gelegt oder gesagt, wie Sie mit diesem Pro-
blem umgehen wollen? Keine einzige. Es hilft nicht, die
ländliche Versorgung zu beschwören, wenn man keinen
einzigen Lösungsbeitrag vorlegt. Es hilft auch nicht, ei-
nen Zusatzbeitrag einzuführen,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Jetzt erzählen Sie mal, wie Sie damit umgehen!)


der gerade die Rentnerinnen und Rentner belasten wird,
die es nicht schaffen werden, einfach in eine andere
Krankenversicherung zu wechseln. Sie haben keine Lö-
sung für die Probleme, die vor uns liegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich bin mir sicher: Sie werden bei der nächsten Wahl
genau dafür die Quittung erhalten. In dieser Woche hat
es eine Umfrage unter 1 200 Personen gegeben, von
denen sich 80 Prozent für ein Solidarsystem mit einer
paritätischen Finanzierung ausgesprochen haben – das
wollen auch wir –, die aber auch Versorgungslücken ge-
sehen haben und eine verbesserte Zusammenarbeit und
mehr Investitionen in die Prävention gefordert haben.
Das sind die großen Aufgaben, die wir angehen müssen.

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(C (D avon haben Sie nicht eine einzige in Angriff genomen. Sie schieben das in die Zukunft. Kein einziges der trukturellen Probleme haben Sie auch nur annähernd elöst. In den letzten Tagen habe ich immer nur gehört: Wir etzen auf Wettbewerb. – Welche Wettbewerbsstrukturen ollen denn sicherstellen, dass die Aufgaben der ortsnaen Versorgung und der Behebung des Fachkräftemanels auch nur annähernd bewältigt werden können? Das erden sie natürlich nicht. Das wird mit 160 im Kartenettbewerb zueinander stehenden Krankenkassen, die tändig damit beschäftigt sind, welchen Zusatzbeitrag ie nun nehmen dürfen und welcher Zusatzbeitrag sie in iesem Wettbewerb schlecht dastehen lässt, nicht mögich sein. Mit so aufgestellten Krankenkassen werden ie die drängenden Probleme in dieser Form nicht lösen önnen. Es hilft nicht, allein auf Wettbewerb zu setzen. s ist vielmehr nötig, dass man eine sozial orientierte, ine solidarische und eine sozial verantwortliche Geundheitspolitik und mehr Zusammenarbeit auf den Weg ringt. Genau dafür fehlt Ihnen jedes Rezept. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705512700

Das Wort hat nun die Parlamentarische Staatssekretä-

in Annette Widmann-Mauz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1705512800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Der Verlauf der heutigen Debatte zeigt,
ie notwendig und richtig es ist, dass die Bundesregie-

ung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen durch
inen mutigen Schritt ein weitreichendes Konzept vorge-
egt haben.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben Wahrnehmungsstörungen!)


Das, was Sie von der Linken hier präsentiert haben
mit zweimal 5 Prozent Beitrag die Finanzierung des
ystems und die Krankenhauskosten mit einer Unterde-
kung von 50 Milliarden Euro zu finanzieren –, beruht
uf Rechenkünsten aus dem Wolkenkuckucksheim.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das habe ich überhaupt nicht gesagt! Hören Sie zu!)


Herr Kollege Lauterbach, bis jetzt sind Sie jeden Vor-
chlag schuldig geblieben. Sie haben nicht ein einziges
inanzierungskonzept vorgelegt. Sie haben hier im Par-

ament nicht einen einzigen konkreten Einsparvorschlag
itgetragen.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wir haben ein Arzneimittelpaket abgegeben! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Es geht doch auch um Ihre Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz )





(A) )

Politik, um Ihre Misswirtschaft! Es geht um
Ihren Murks!)

Im Gegenteil: Was Sie hier im Parlament eingebracht ha-
ben, waren Änderungsanträge, die die Pharmaindustrie
begünstigt hätten. Ich erinnere nur an die Arzneimittel-
importeure; das ist gerade einmal wenige Tage her.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gibt keine verantwortbare Alternative zu den Maß-
nahmen, die wir jetzt beschlossen haben. Wir schaffen
damit die Grundlage für ein stabiles, ein transparentes,
ein gerechtes und ein effizientes Gesundheitssystem.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das glaubt Ihnen kein Mensch, und es stimmt vor allen Dingen nicht!)


Das ist ein klarer Schritt in Richtung einer dringend
erforderlichen Stabilisierung der gesetzlichen Kranken-
versicherung. Wir verhindern mit diesen Maßnahmen,
dass die gesetzlichen Krankenkassen im nächsten Jahr
unter der Last eines Defizits von 11 Milliarden Euro zu-
sammenbrechen.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist auch Ihre Aufgabe! Das ist doch das Mindeste!)


Die Zusatzbeiträge auf der Grundlage eines kassenin-
ternen Sozialausgleichs, wie sie heute existieren, hätten
doch dazu geführt, dass sich die Krankenkassen selbst
strangulieren. Dies gilt insbesondere für diejenigen, für
die Sie doch sonst meinen, Politik zu machen. Ich meine
die Krankenkassen, die Menschen mit geringen Einkom-
men versichert haben.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist es! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Almosen sind das!)


Wir sind deren Fürsprecherinnen und Fürsprecher.
Deshalb ändern wir dieses System der Zusatzbeiträge.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Krankenkassen hätten doch bei diesem Defizit gar
keine Möglichkeit und keine Perspektive mehr, die qualita-
tiv hochwertige Gesundheitsversorgung unserer Bevölke-
rung aufrechtzuerhalten. Was wären denn die Perspektiven
gewesen? Insolvenzen? Leistungskürzungen? Leistungs-
ausschlüsse? Rationierung von Leistungen? Höhere Zu-
zahlungen?


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Ein neues System wäre die Konsequenz gewesen!)


Die Leidtragenden dieser Perspektiven, die Sie in Kauf
nehmen wollen, wären die Kranken und die Schwachen
gewesen, die auf die Stabilität dieses Systems angewie-
sen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich kann Ihnen nur sagen: Ein vorrangiges Ziel ist es,
dass die Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversiche-
rung stabilisiert werden. Das erreichen wir durch kurz-
fristige Einsparungen auf der Seite der Leistungserbrin-
ger, und zwar der Krankenhäuser, der Ärzte, der
Pharmaindustrie – vom Hersteller über den Großhändler

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(C (D is in die Apotheke – und bei den Verwaltungskosten der rankenkassen. Wir verlangen von allen Beteiligten eien Beitrag zur Stabilisierung der Ausgaben. (Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nur von einigen besonders viel!)


Wir verlangen ihn aber mit Sinn und Verstand, und
war ohne notwendige und sinnvolle Leistungen einzu-
chränken oder die Menschen vom medizinischen Fort-
chritt abzukoppeln.

Ich kann nur sagen: Es geht nicht, dass man im Parla-
ent und im Ausschuss immer wieder größtes Verständ-

is für die Nöte der Beschäftigten äußert – ob sie nun im
rankenhaus als Ärzte oder Pflegekräfte beschäftigt sind
der die medizinische Versorgung im ländlichen Raum
bdecken –, sich aber dann, wenn es darum geht, ihnen
uch eine leistungsgerechte Vergütung zukommen zu
assen bzw. diese abzusichern, durch die Gänge zu ma-
hen. Das geht nicht. Wir handeln an dieser Stelle ver-
ntwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das tun wir nicht!)


Mit dem Ziel der Ausgabenstabilisierung ist auch eine
ittel- und langfristige Perspektive verbunden. Wir wer-

en in dieser Legislaturperiode strukturelle Reformen im
esundheitswesen auf den Weg bringen, Reformen, die
ehr Wahlfreiheit für den Einzelnen, weniger Bürokra-

ie und vor allen Dingen mehr Wettbewerb schaffen. Die
entrale Voraussetzung für funktionierenden Wettbewerb
owohl zwischen den Krankenkassen als auch zwischen
en Leistungserbringern ist, dass Krankenkassen wirk-
ich Planungssicherheit haben und damit die langfristige
erspektive besitzen, gestalten zu können. Deshalb müs-
en wir die Finanzgrundlagen stärken.

Das erreichen wir auf folgenden Wegen:

Erstens. Wir sehen einen zusätzlichen Steuerzuschuss
on 2 Milliarden Euro für das Jahr 2011 vor. Dazu kann
ch nur sagen: Das ist eine notwendige und richtige Maß-
ahme.

Zweitens. Wir stellen den Zustand von vor der Wirt-
chaftskrise wieder her. Ministerin Schmidt und allen
eteiligten war schon klar, dass die Beitragsabsenkung
orübergehend ist und dass dieses Defizit wieder entste-
en wird. Vielleicht haben Sie, Kollege Lauterbach, in
en entsprechenden Sitzungen in der letzten Legislatur-
eriode gefehlt; wahrscheinlich hat Frau Schmidt mit Ih-
en darüber nicht gesprochen. Dass Ihnen dies nicht klar
ar, zeigt, wie weit Sie von der gesundheitspolitischen
ealität in unserem Land entfernt sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Drittens. Wir haben den Krankenkassen über die Zu-
atzbeiträge die erforderliche Finanzautonomie zurück-
egeben. Auch das ist dringend notwendig. Schauen Sie
inmal: Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversi-
herung in den letzten 15 Jahren sind deutlich stärker
nd dynamischer gewachsen als die beitragspflichtigen





Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz


(A) )


)(B)

Einnahmen, und das, obwohl wir eine Vielzahl von Maß-
nahmen in unterschiedlichen Koalitionsformationen
durchgeführt haben, obwohl Kosten über Budgets oder
über Zwangsabgaben gedämpft wurden, obwohl wir in
der Vergangenheit strukturelle Maßnahmen ergriffen ha-
ben – denken Sie an die DRGs, denken Sie an Regelleis-
tungsvolumina, denken Sie an Festbeträge! –, obwohl
wir mehr Wettbewerb ins System gebracht haben. Den-
ken Sie an Rabattverträge, an Verträge zur Integrierten
Versorgung, an Ausschreibungen!

Trotzdem hat sich der Abstand zwischen Einnahmen
und Ausgaben weder verringert, noch ist er gleich ge-
blieben, sondern er ist sogar größer geworden. Das zeigt
ganz klar: Demografische Entwicklungen und medizini-
scher Fortschritt haben Folgen für das Gesundheitswe-
sen, und sie fordern ihren Preis. Ich kann Ihnen nur sa-
gen: Wer im Interesse der Menschen diesen Bedarf
decken will, der hat keine Alternative, wenn er Arbeits-
plätze nicht gefährden und Konflikte nicht auf dem Bu-
ckel der Kranken und der sozial Schwachen austragen
will. Wir wollen das nicht tun.

Zu diesen Maßnahmen gibt es keine Alternative. Wir
schaffen neue Perspektiven für dieses System.

Neben der erforderlichen Stärkung der Finanzierungs-
grundlage ist unser erklärtes Ziel, sicherzustellen, dass
die Versicherten nicht über Gebühr belastet werden.
Deshalb gestalten wir den Zusatzbeitrag gerecht.


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wie geschieht dies? Wir sorgen dafür, dass der soziale
Ausgleich nicht mehr innerhalb der einzelnen Kranken-
kasse, sondern im gesamten GKV-System stattfindet.
Das Ganze ist fair gestaltet, da der Ausgleich vom ersten
Euro des Zusatzbeitrags an durchgeführt wird. Es geht
also nicht mehr um einen Betrag von 8 Euro, bei dem
keine Einkommensprüfung stattfindet.


(Elke Ferner [SPD]: Den wollten Sie doch haben! Sie haben darauf bestanden!)


Wir finanzieren den Sozialausgleich aus Steuermit-
teln. Damit beteiligen sich privatversicherte Einkom-
mensbezieher und eben auch Arbeitgeber – das sind die
stärkeren Schultern in unserem Land – an diesem Aus-
gleich. Dadurch ist unser Ansatz deutlich gerechter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir gestalten diesen Ausgleich unbürokratisch: Er
wird über den Arbeitgeber bzw. den Rentenversiche-
rungsträger gewährt.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie das geht, zeigen Sie uns noch!)


Wir schaffen die Nachteile im Wettbewerb derjenigen
Krankenkassen ab, die hauptsächlich Einkommensschwa-
che versichern. Wir befördern damit über Preissignale
endlich wieder den Wettbewerb um eine effizientere Ver-
sorgung der Versicherten mit innovativen Konzepten.

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(C (D Wir stellen Transparenz hinsichtlich Preis und Leisung her. Wir schaffen beim Versicherten den Anreiz, in ine günstigere, in eine effizientere Krankenkasse zu echseln. Das sind Perspektiven für Krankenkassen und für ersicherte, hochwertige Verträge abzuschließen, ein gu es Versorgungsmanagement zu organisieren und eine ffiziente Verwaltung aufzubauen. Das sind Perspektien, die unser Konzept schafft, und das sind Perspektien, die den Menschen in unserem Lande zugutekomen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Bärbel Bas für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In en letzten Tagen konnte man dazu wirklich viele Überchriften in den Medien lesen. Ich will sie jetzt gar nicht lle wiederholen; darüber haben wir gestern schon geprochen. Für mich bestätigt sich das, was ich schon in iner Rede im April gesagt habe, nämlich dass der inister als Tiger gestartet ist und mit seinen Vorschlä en als Bettvorleger landen wird. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt auch stärkere Bilder! – Gegenruf des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD]: Es war aber ein treffendes Bild!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705512900

(Beifall bei der SPD)

Bärbel Bas (SPD):
Rede ID: ID1705513000

Sie, Herr Minister, sind mit dem Ziel angetreten, alles
erechter, sozialer, stabiler und transparenter zu machen.
or allem wollten Sie es anders machen als Ihre Vorgän-
er im Amt.


(Elke Ferner [SPD]: Anders ist nicht besser!)


as ist von diesen Ankündigungen übrig geblieben?
etztendlich ist nichts davon übrig geblieben. Sie kündi-
en Kostendämpfungen und gleichzeitig eine Beitrags-
atzerhöhung an. Ich möchte wirklich einmal wissen, wo
ie Unterschiede zu Ihren Vorgängern liegen.

Ich habe nachgeforscht, welche Unterschiede es denn
atsächlich zu Ihren Vorgängern gibt. Mir sind ganze drei
ingefallen: Erstens haben Sie extrem lange gebraucht,
weitens haben Sie vorher etwas völlig anderes gesagt,
ls Sie jetzt machen, und drittens kassieren Sie die ge-
etzlich Versicherten in einem Ausmaß ab, das, glaube
ch, vorher noch nie da gewesen ist.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich will Ihnen einmal sagen, wie die Vorschläge aus-
ehen. Sie belasten die Wirtschaft und die Versicherten
it 6 Milliarden Euro. Das ist eine ganz erhebliche





Bärbel Bas


(A) )


)(B)

Summe. Daneben machen Sie ein Sparpaket von nur
3,5 Milliarden Euro. Ich sage deshalb „nur“, weil ich es
nicht für gerecht halte,


(Beifall bei der SPD)


wenn bei einem Defizit von 11 Milliarden Euro Versi-
cherte und Wirtschaft 6 Milliarden Euro tragen, die
Pharmaindustrie, Ärzte und Krankenhäuser aber nur
3,5 Milliarden Euro.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wollen Sie bei den Ärzten mehr sparen?)


Das ist eine ungerechte Verteilung der Belastung. Da
müssen Sie es schon hinnehmen, dass das als nicht ge-
recht bezeichnet wird.

Jetzt kommt es noch besser. Wenn das nicht reicht,
müssen die Kassen eine Kopfpauschale erheben – und
das in Zukunft in unbegrenzter Höhe. Damit haben Sie
den Weg dafür freigemacht, dass die Kassen bis zu
10 Milliarden Euro bei den Versicherten abschöpfen
können – das hat es, glaube ich, bisher auch noch nicht
gegeben –, und zwar ohne einen Euro Ausgleich. Sie ha-
ben nämlich die Hürde für den Sozialausgleich mal eben
auf 2 Prozent hochgesetzt. Erst dann gibt es einen Aus-
gleich – bisher waren die Zusatzbeiträge auf 1 Prozent
der beitragspflichtigen Einnahmen begrenzt –,


(Dr. Erwin Lotter [FDP]: Ohne Sozialausgleich!)


und das ist überhaupt nicht sozial und gerecht schon gar
nicht.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Unvermeidbare Ausgabensteigerungen werden
durch Zusatzbeiträge der Versicherten finanziert.

Mit diesem Satz haben Sie endlich die Katze aus dem
Sack gelassen. Ab 2012 zahlen nämlich die Mitglieder
der gesetzlichen Krankenversicherung die Zeche ganz
allein. Das nenne ich ebenfalls nicht sozial, nicht ausge-
wogen und nicht gerecht.

Wenn Sie sich schon dafür feiern, dass die gesetzliche
Krankenversicherung die Beitragsautonomie zurückbe-
kommt, dann müssen Sie ihr auch zeitgleich Möglich-
keiten geben, stärker als bisher Rabatte auszuhandeln,
Verträge mit Ärzten und Krankenhäusern zu schließen.
Aber hier bleiben Sie genauso wie mit Ihrem Arzneimit-
tel-Neuordnungsgesetz im Ansatz stecken. Nichts davon
liegt auf dem Tisch.

Sie rühmen sich weiterhin, den Ausgleich ganz unbü-
rokratisch zu gestalten. Konsequenterweise hätten Sie
auch die Erhebung des Zusatzbeitrags über den soge-
nannten Quellenabzug organisieren müssen. Vor allem
wäre das auch wirtschaftlicher gewesen. Sie sagen: Das
alles geht ganz einfach. Die Arbeitgeber können das
EDV-gestützt leisten. Die Rentenversicherer können das
EDV-gestützt leisten. – Nur haben Sie offenbar verges-
sen, dass die Zusatzbeiträge von den Kassen eingesam-
melt werden müssen.

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(C (D Jetzt nenne ich Ihnen einmal ein paar Zahlen, die ganz nteressant sind – die Deutsche BKK, die schon einen usatzbeitrag erhebt, hat das für 2010 einmal ausgerechet –: Von 8 Euro gehen 1,60 Euro in die Verwaltung. as macht bei der Kasse 12 Millionen Euro. 10 Prozent er Verwaltungsausgaben entfallen damit auf die Erheung des Zusatzbeitrags. (Ulrike Flach [FDP]: Aber das haben Sie auf den Weg gebracht, Frau Bas! Das ist die alte Regelung! Warum beschweren Sie sich über Ihre eigene Regelung?)


Ich beschwere mich nicht. Aber Sie wollen es doch
esser machen.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber Sie zeigen gerade, wie schlecht es ist!)


ie verschwenden über die Verwaltungskosten bei einer
asse 12 Millionen Euro. Damit könnten Sie 6 000 me-
izinische Rehamaßnahmen oder 3 000 Mutter- oder Va-
er-Kind-Kuren finanzieren. Das sind nur einige Beispiele
ür das, was wir mit Ihrer Bürokratie verschwenden.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jetzt haben Sie aber einen Fehler gemacht! – Ulrike Flach [FDP]: Eigentor!)


Das war kein Eigentor; denn die Vorschläge, die Sie
etzt auf den Tisch gelegt haben, sind weder gerecht
och sozial ausgewogen. Sie stabilisieren damit in kei-
er Weise das Gesundheitssystem, sondern lediglich die
rbeitgeberbeiträge und Ihre chaotische Koalition.

Der Satz Ihres Generalsekretärs Lindner „Der Staat ist
in teurer Schwächling“ hat für mich Gestalt angenom-
en in Person des Gesundheitsministers.


(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/ CSU und der FDP: Oh!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705513100

Das Wort hat nun Erwin Lotter für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Erwin Lotter (FDP):
Rede ID: ID1705513200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde

uf Antrag der Linken beweist doch eigentlich nur eines:
icht in der Gesundheitspolitik der Regierung herrscht
erspektivlosigkeit, sondern in der Fraktion Die Linke
elbst. Ganz offensichtlich weiß die Opposition nicht,
ovon sie redet.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Sie haben doch keinen Plan!)


on Perspektivlosigkeit kann nach dem vergangenen
ienstag doch überhaupt nicht mehr die Rede sein.


(Beifall bei der FDP – Maria Anna KleinSchmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber vorher, oder was?)


Seit der Bundestagswahl ist kaum mehr als ein halbes
ahr vergangen, und wir haben endlich eine Gesund-





Dr. Erwin Lotter


(A) )


)(B)

heitsreform, die diesen Namen auch verdient. Zum ers-
ten Mal seit Jahrzehnten – ich betone: seit Jahrzehnten –
geht es bei dieser Reform nicht nur um Kostendämp-
fung.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr wolltet doch gar keine Kostendämpfung!)


Es geht um den Einstieg in eine solide, nachhaltige und
gerechte Finanzierung des Gesundheitssystems.

Zugegeben, die Verhandlungen in der Koalition wa-
ren nicht einfach. Aber für uns war der Koalitionsvertrag
der Maßstab, und die vereinbarten Maßnahmen haben
wir in einem ersten Schritt klar umgesetzt. Die Regie-
rung hat ein zukunftsweisendes Paket geschnürt. Es ent-
hält sinnvolle Einsparungen in Milliardenhöhe


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Belastungen zukünftiger Generationen!)


ebenso wie erste Schritte zum Einstieg in eine nachhal-
tige Finanzierung des Gesundheitswesens – und dies
ohne Einschränkung der Qualität.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die einkommensunabhängigen Zusatzbeiträge wer-
den nicht prozentual berechnet. Vielmehr erhebt jede
Krankenkasse eine fixe Summe pro Versicherten. Dies
bedeutet zum einen mehr Wettbewerb unter den gesetzli-
chen Krankenkassen, da die Vergleichbarkeit der Bei-
träge direkt gegeben ist, und zum anderen mehr Transpa-
renz für die Versicherten, die endlich einen klaren
Überblick über die Angebote der verschiedenen Kassen
erhalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Für die Kassen bedeutet die Aufhebung der Decke-
lung der Zusatzbeiträge mehr Freiheit bei der Tarifge-
staltung. Für die Arbeitgeber bedeutet das Einfrieren ih-
rer Beiträge Entkoppelung von den Arbeitskosten,
endlich Planungssicherheit über Jahre hinaus. Das ist gut
für Investitionen, gut für das Wachstum und gut für das
Vertrauen in eine Politik, die nicht jedes Jahr eine neue
Sau durchs Dorf jagt.


(Beifall bei der FDP)


Für die Liberalen ist besonders wichtig, dass die Neu-
regelung der Zusatzbeiträge auch einen Einstieg in das
System des Sozialausgleichs bedeutet, den es bislang
nicht gab.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist eine Mogelpackung!)


Für den Ausgleich über Steuermittel sind Steuererhö-
hungen nicht erforderlich. Wir werden genau beobach-
ten, wie sich dies auf Geringverdiener und Bezieher
mittlerer Einkommen auswirkt. Ganz im Gegensatz zu
den substanzlosen Behauptungen der Opposition gilt bei
uns: Wir wollen verhindern, dass die Versicherten über-

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(C (D ordert werden. Dass die Mehrwertsteuerlüge-Partei PD uns hier ausgerechnet Lügen vorwirft, das ist schon reist. (Beifall bei der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Netto-Lüge-Partei FDP!)


Bisher führten steigende Gesundheitskosten zu stei-
enden Arbeitskosten. Alle bisherigen sogenannten Ge-
undheitsreformen waren reine Gesetze zur Kosten-
ämpfung. Das Ergebnis war: Deckelungen und
udgetierungen, die dem Gesundheitssystem immer
ehr Fesseln angelegt haben. Die Entkoppelung der Ge-

undheits- von den Arbeitskosten führt auch zu mehr
reiheit im Gesundheitssystem.


(Beifall bei der FDP – Mechthild Rawert [SPD]: Für wen?)


Selbstverständlich müssen Mediziner und Angehö-
ige der Heilberufe künftig darauf achten, dass die Ver-
ntwortung gegenüber den Patienten und die Verantwor-
ung gegenüber der Finanzierbarkeit des Systems im
leichgewicht bleiben. Dieses Gleichgewicht wird je-
och nicht mehr zentralistisch verfügt wie bisher, son-
ern in die Hände des Fachpersonals gelegt. Das ist eine
chte, eine fundamentale Verbesserung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Uns allen geht es doch darum, die exzellente medizi-
ische Versorgung in Deutschland aufrechtzuerhalten
nd fortzuentwickeln. Hohe Qualität und das Schritthal-
en mit dem technischen Fortschritt sind nicht zum Null-
arif zu bekommen. Der Koalition ist es gelungen, unver-

eidliche Kosten auf so viele Schultern wie möglich zu
erteilen und weniger abhängig von den Schwankungen
er Konjunktur zu werden. Gleichzeitig haben wir den
eg zu einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen ge-

bnet. Das ist ein Ausweg aus den stümperhaften Nach-
esserungsmaßnahmen, die für die Gesundheitspolitik
er letzten zehn Jahre kennzeichnend waren. Das soll
haos sein?


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das ist zu pauschal!)


ch möchte nicht das Chaos erleben, das losbricht, wenn
ie Opposition weiterhin an unserem Gesundheitssystem
erumpfuscht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir werden weiterhin mit Nachdruck Bundesgesund-
eitsminister Rösler unterstützen. Wir zeigen Ihnen eine
erspektive auf. Wir haben eine Vision, und an dieser
alten wir fest.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705513300

Das Wort hat nun Harald Weinberg für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )


)(B)


Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705513400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Prozess des
vorliegenden Reformwerkes, die verschiedenen Stufen
und die verschiedenen Ideen, die uns dargelegt wurden,
zeigen uns im Wesentlichen eines: Die Bundesregierung
– darin vor allem die FDP – hat keinen Plan.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Übrigen geht es mit dem Chaos – das Sie uns vor-
werfen wollen – weiter. Es gab eine Pressemeldung, in
der zu lesen war, dass die CSU am unbürokratischen
Sozialausgleich zweifelt. Ihr Gesundheitsexperte
Straubinger führt aus: „Ich kann nicht erkennen, wie das
umgesetzt werden soll.“ So geht das mit dem Chaos in
dieser Regierung ein Stück weiter.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir diskutieren wenigstens in der Sache!)


„Wichtig ist, was hinten rauskommt“, sagte Helmut
Kohl. Seiner politischen Erbin hingegen, der jetzigen
Kanzlerin, scheint es egal zu sein, was das Ergebnis für
die Versicherten, die Patientinnen und Patienten sowie
für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler bedeutet.
Hinten rauskommen soll vor allem eines: der Koalitions-
frieden.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Hauptsache für die Bundesregierung! Genau!)


Liebe Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande, raten
Sie mal, wer das zahlen darf.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Menschen in diesem Land wissen genau, dass die
Koalition auf ihre Kosten gerettet werden soll. Herr
Rösler wird zwar nicht müde, zu behaupten, der Einstieg
in eine dauerhaft solide Finanzierung sei geschafft. Das
glauben ihm nach einer Umfrage auf tagesschau.de, an
der sich schon 15 000 Bürgerinnen und Bürger beteiligt
haben, gerade mal 2,4 Prozent.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Es gibt noch zu viele FDP-Wähler! – Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


Damit glauben ihm das noch nicht einmal die 4 Prozent
verbliebenen FDP-Anhänger.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Koalition will Unvereinbares zusammenbringen.
Einerseits hätte die FDP das Gesicht verloren, wenn es
keine Kopfpauschale gegeben hätte, andererseits war die
CSU – im Übrigen zu Recht – dagegen. Was haben Sie
gemacht? Sie haben pauschale Zusatzbeiträge geschaf-
fen, die der Kopfpauschale in nichts nachstehen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Doch! Das ist ein großer Unterschied! Sie haben das nicht kapiert! – Ulrike Flach [FDP]: Die Kopfpauschale hat keiner gewollt!)


Die sind das ungerechteste Finanzierungsinstrument, das
es überhaupt gibt.

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(C (D hr Problem ist: Sie wollen einen kompletten Systemechsel – zumindest die eine Seite der Koalition –, aber leichzeitig soll es so aussehen, als bliebe alles beim Alen. Was dabei herauskommt, ist unsozialer Murks. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Rösler, Sie meinen, Sie hätten eine nachhaltige
nd soziale Finanzierung geschaffen. Ihr Modell läuft
arauf hinaus, dass in wenigen Jahren die Zusatzbeiträge
is zur Belastungsgrenze von 2 Prozent des Einkom-
ens steigen werden, zuerst bei den armen Versicherten,

päter bei allen, zuerst bei klammen Kassen, später bei
llen Kassen. Was passiert denn dann, nachdem Sie allen
ine 2-prozentige Einkommenskürzung verpasst haben?
ann verwandelt sich Ihr sogenannter Sozialausgleich

utomatisch in ein Instrument, das alle weiteren Kosten-
teigerungen aus Steuern finanziert. Ein steuerfinanzier-
es Gesundheitssystem? Ist das das liberale Idealbild?

Ihren Vorschlägen ist eines gemein: Am Ende zahlen
ie Versicherten. Wie schon die Vorgängerregierungen
aden Sie fast alle Kostensteigerungen bei den Versicher-
en und bei den Kranken ab. Als Feigenblatt haben Sie
ich überlegt, den Arbeitgeberbeitrag zunächst um
,3 Prozent zu erhöhen, dann aber für alle Zeiten festzu-
chreiben. Das heißt, über kurz oder lang haben die Ver-
icherten eine zusätzliche Belastung von 2,3 Prozent. Sie
elasten die Versicherten in unserem Land fast achtmal
tärker als die Arbeitgeber. Ich frage Sie: Ist das sozial
erecht? Ist es sozial gerecht, dass die Versicherten oh-
ehin schon 0,9 Prozent mehr Beiträge zahlen als die Ar-
eitgeber? Dazu kommen die Praxisgebühr, Zuzahlun-
en, wirtschaftliche Aufzahlungen und Leistungen, die
icht mehr von der Krankenkasse übernommen werden.
as ist weder sozial noch gerecht, und das wissen alle
enschen draußen im Land.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch eine Bemerkung zum Mythos Lohnnebenkos-
en, der auch hier wieder bemüht worden ist: Die Export-
ndustrie hat diese Koalition offensichtlich vor den Kar-
en gespannt. Sie kämpfen bei den Lohnnebenkosten
erkwürdigerweise um jeden Cent Entlastung, wohlge-
erkt als höchstes Ziel der Gesundheitspolitik. Mit Hän-

en und Füßen wehren Sie sich zum Beispiel dagegen,
as Defizit des nächsten Jahres dadurch auszugleichen,
ass die Arbeitgeber wieder den gleichen Beitragssatz
ahlen wie die Versicherten.

Wie würde sich eine Beitragssatzsteigerung um
,9 Prozentpunkte für die Arbeitgeber auf die Exportin-
ustrie auswirken? Nehmen wir ein typisches Exportgut,
en VW Golf mit einem Listenpreis von 18 275 Euro.
iese Beitragssatzsteigerung würde bei einem Lohnkos-

enanteil von 15 Prozent – Tendenz sinkend – am Preis
erade einmal 20 Euro ausmachen. 1 Prozent Wechsel-
ursschwankungen, die wir in der letzten Zeit ja mitun-
er täglich haben, machen 185 Euro aus. Das ist also
eutlich mehr.





Harald Weinberg


(A) )


)(B)

Sie hingegen belasten den VW-Facharbeiter durch
den 0,9-prozentigen Sonderbeitrag mit 405 Euro zusätz-
lich im Jahr. Das soll gerecht sein? Wirtschaftlich sinn-
voller wäre es, wenn sich der Arbeitgeber an diesen Kos-
ten wieder zur Hälfte beteiligen würde und der
Facharbeiter das Geld zum Ausgeben hätte.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dadurch, dass Sie über Ihr Konzept schreiben, es sei
gerecht, sozial, stabil, wettbewerblich und transparent,
wird das, was unter dieser Überschrift steht, nicht besser.
Die Menschen wollen keine stufenweise Abschaffung
der Solidarität im Gesundheitssystem. Sie wollen eine
tatsächlich sozial gerechte Finanzierung, bei der starke
Schultern mehr tragen als schwache. Das will die Linke
auch. Das werden wir versuchen, durchzusetzen.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705513500

Das Wort hat nun Kollege Stephan Stracke für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Stephan Stracke (CSU):
Rede ID: ID1705513600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bei den Redebeiträgen der Opposition von gestern und
heute habe ich ein Rauschen im Ohr. Das klingt wie ein
Föhn.


(Mechthild Rawert [SPD]: Gehen Sie einmal zum Hausarzt!)


Sie produzieren in diesem Saal nichts als heiße Luft. Mir
ist klar geworden, warum Sie zwei Aktuelle Stunden
brauchen – gestern und heute –: Sie verstehen es einfach
nicht, und, schlimmer noch, Sie haben keine eigenen
Vorschläge.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Wenn es dem Erkenntnisfortschritt auf der linken Seite
dieses Hauses dient, erklären wir Ihnen die gute Gesund-
heitspolitik der christlich-liberalen Koalition herzlich
gerne.

Durchgängig bildet sich ein deutliches Muster ab: Da
steht die deutsche Sozialdemokratie, den Linken zuge-
wandt, mit weit ausgebreiteten Armen,


(Lachen bei der SPD – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Bekämpfen Sie den Populismus!)


mit offenem Herzen, aber trübem Blick, sei es, wenn es
um die Wahl des Bundespräsidenten geht, sei es, wenn
es um NRW geht; doch die Linke lässt sie abblitzen. Ja,
enttäuschte Liebe kann ganz schön nachtragend machen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nicht anbiedern, Herr Lauterbach, sondern mit guter
olitik überzeugen! Weil Sie dazu nicht in der Lage sind,
ind Sie zu Recht da, wo Sie hingehören, nämlich auf
en Oppositionsbänken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Nicht mehr lange!)


eil Sie nicht in der Lage sind, verantwortungsvoll Poli-
ik zu gestalten, haben Sie auch keine Antworten auf die
erausforderungen, jedenfalls nicht solche, die über den
ag hinausreichen. Das gilt insbesondere für die Ge-
undheitspolitik.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es! – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Fangen Sie an mit Ihrer Rede!)


Die Herausforderungen sind wirklich groß. Das für
011 erwartete Defizit beträgt rund 11 Milliarden Euro.
ie Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht

tark auseinander. Deswegen ist die Politik aufgefordert,
u reagieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


abei ist die Leitlinie unserer Politik: Wir wollen keine
ürzungen von Leistungen zulasten der Patientinnen
nd Patienten; wir wollen keine Rationierung und Priori-
ierung von Leistungen.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sie haben noch nichts Konkretes gesagt! Sie haben noch gar nichts gesagt!)


Im Gegenteil: Wir gewährleisten, dass jede und jeder
ngehinderten Zugang zu unserem exzellenten Gesund-
eitswesen hat, unabhängig von Alter, Geschlecht, Ein-
ommen und Krankheitsrisiko.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es!)


ir sorgen dafür, dass jede und jeder Teilhabe hat an
nnovationen und medizinisch-technischen Fortschrit-
en.

Herr Lauterbach, genau dafür sorgen wir mit unseren
orgelegten Eckpunkten.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])


abei gehen wir anders vor als die Opposition. Diese be-
rachtet ausschließlich die Einnahmeseite mit der Idee
iner sozialistischen Einheitsversicherung im Kopf,


(Lachen bei der SPD – Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Solidarisch, nicht sozialistisch!)


ie hinsichtlich der Wirkungen nichts anderes ist als ein
iefer Griff in die Taschen der Menschen in Form einer
weiten Einkommensteuer und im Ergebnis eine
chlechtere medizinische Versorgung für alle bedeutet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Stephan Stracke


(A) )


)(B)

Wir hingegen machen im Bereich der Gesundheit zu-
nächst genau das, was wir auch beim Bundeshaushalt
tun, wenn es um die Reduzierung der Neuverschuldung
geht: Wir heben Sparpotenziale – gerecht und fair –;
denn es ist fair, dass zunächst nach möglichen Sparbei-
trägen im System gesucht wird.

Vorschläge der Opposition dazu gibt es – bis auf ganz
kleine – nicht, Fehlanzeige. Wir hingegen ziehen alle
Akteure heran, die Leistungserbringerseite mit der Phar-
maindustrie, den Apothekern, den Ärzten und Kranken-
häusern auf der einen Seite und natürlich auch die Kran-
kenkassen auf der anderen Seite durch einen Stopp bei
den Verwaltungskosten. Der Sparbeitrag beträgt rund
3,5 Milliarden Euro im nächsten Jahr und 4 Milliar-
den Euro im Jahr 2012. Wir nehmen auch die Arbeitge-
ber mit in die Verantwortung, indem wir den paritätisch
finanzierten Beitragssatz wieder auf das Niveau von vor
der Finanz- und Wirtschaftskrise anheben. Ferner neh-
men wir Steuermittel in Form eines steuerlichen Bundes-
zuschusses in die Hand.

So nehmen wir zur Bewältigung des Defizits alle in
den Blick: Arbeitgeber, Arbeitnehmer, die Leistungser-
bringer, die Krankenkassen und den Steuerzahler. Ich
finde, wir haben hier ein ausgewogenes Konzept auf den
Weg gebracht, das Einseitigkeiten vermeidet und die So-
lidarität im Gesundheitswesen erhält.

Sicherlich wird es auch nach dieser Reform Kosten-
steigerungen geben. Wir verzeichnen jährlich Steigerun-
gen von 1 bis 3 Prozent. Wenn wir auch in Zukunft einen
ungehinderten Zugang zum Gesundheitswesen und Teil-
habe an Innovation und Fortschritt gewährleisten wol-
len, dann müssen wir auch künftige Kostensteigerungen
mit aufnehmen. Deshalb bedarf es Veränderungen auf
der Einnahmeseite, und diese nehmen wir auch vor.

Klar ist aber auch: Die Begrenzung zukünftiger Aus-
gabensteigerungen wird eine Daueraufgabe sein. Ich
glaube, dass bei einem Gesamtvolumen von 174 Milliar-
den Euro, die wir Jahr für Jahr in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung ausgeben, genug Spielraum sein wird,
um das System zu optimieren. Im Bereich der Verwal-
tungskosten der Krankenkassen und im Bereich der ge-
samten Behandlungskette müssen wir die Schnittstellen
im System zu Nahtstellen machen.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Filibustern!)


Was den Mehrwert für Patienten angeht, so müssen
wir, genauso wie im Arzneimittelbereich, bei der Be-
handlung Instrumente entwickeln, die qualitätsgerichtet
sind, sei es in der integrierten Versorgung, sei es im Di-
sease-Management. Vor uns liegen viele Herausforde-
rungen. Wir werden diese entschlossen anpacken.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Filibustern!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705513700

Das Wort hat nun Steffen-Claudio Lemme für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her en! Herr Minister Dr. Rösler, Frau Staatssekretärin idmann-Mauz! Ich muss zugeben, dass die sogenannte esundheitsreform der schwarz-gelben Regierungsko lition meine Erwartungen mehr als übertroffen hat. Ich atte mir, ehrlich gesagt, bis vorgestern nicht vorstellen önnen, wie respektlos diese Bundesregierung, insbeondere der Gesundheitsminister, mit den 50 Millionen KV-Beitragszahlern in unserem Land umgeht. Diese Regierung ist dabei – nach rund neun Monaten oalitionsgezänk und kollektiver Orientierungslosigkeit n der eigenen Gesundheitsreformdebatte –, sich ihre andlungsunfähigkeit von den Beitragszahlern finan iell ausgleichen zu lassen. In Kurzform: Es wird bei den Versicherten mit einer eitragsanhebung und einer glatten Verdoppelung des usatzbeitragsvolumens ungeniert abkassiert. Damit wird ie Konjunktur geschwächt und somit durch die Hintertür uch die kleine Variante der unsozialen sogenannten opfpauschale eingeführt. Bei dieser Gesundheitsreform omme ich nicht umhin, festzustellen, dass die Führungsiege im Gesundheitsministerium wohl völlig den Bezug u den Versicherten verloren hat. (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf von der SPD: Dafür haben die ja uns!)

Steffen-Claudio Lemme (SPD):
Rede ID: ID1705513800

(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Ich empfehle den Kolleginnen und Kollegen auf der
egierungsbank dringend, sich mit den Nöten der Bür-
erinnen und Bürger sowie der Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer zu befassen, denen durch Ihr Sparpaket
ozialleistungen gestrichen und gleichzeitig noch deut-

ich höhere Ausgaben für ihren Krankenversicherungs-
chutz zugemutet werden.

Für die Damen und Herren der Regierungskoalition
in kurzes Rechenbeispiel: Der Durchschnittsverdienst
einer Thüringer Landsleute liegt gegenwärtig bei
857 Euro brutto. Diese Beitragszahler müssen sich nun

ufgrund Ihrer Politik auf Mehrausgaben in Höhe von
,60 Euro für den regulären Beitrag und in der Ober-
renze auf 37,14 Euro Zusatzbeitrag einstellen. Das sind
ber 40 Euro weniger Haushaltseinkommen im Monat.
ch finde das, ehrlich gesagt, skandalös.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Ulrike Flach [FDP]: Das ist aber nicht das Modell!)


Frau Flach, genau das ist das Modell.


(Ulrike Flach [FDP]: Eben nicht!)


Sie können es ja selbst nicht erläutern – das ist ja Ihr
roblem –, und andere verstehen es nicht. Deshalb ist so
in Wirrwarr entstanden.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie verstehen es nicht! Das ist wahr!)






Steffen-Claudio Lemme


(A) )


)(B)

Ich möchte kurz auf zwei Detailfragen eingehen. Zum
einen ist meiner Ansicht nach die zukünftige Festschrei-
bung des Arbeitgeberbeitrages nichts anderes als ein
Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer.


(Beifall bei der SPD)


Die Arbeitgeber werden ganz bewusst aus der Verant-
wortung für das zukünftige Wachstum der Gesundheits-
kosten entlassen. Wir als SPD-Fraktion fordern unmiss-
verständlich die Rückkehr zur Parität,


(Beifall bei der SPD – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Wer hat sie denn aufgegeben?)


um das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Kapital wie-
derherzustellen und die Lasten gerecht zu verteilen.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das habt ihr in der Vergangenheit genauso gemacht, oder?)


Die paritätische Finanzierung war ursprünglich die Legi-
timationsgrundlage für die Mitbestimmung der Versi-
cherten und Arbeitgeber in den Kassen. Ihre Beitragsdis-
parität muss sich in meinen Augen nun auch in der
Zusammensetzung der sozialen Selbstverwaltung der
Kassen mit Vertretern beider Seiten niederschlagen. Das
heißt, dass derjenige, der mehr in die sozialen Versiche-
rungssysteme einzahlt, auch mehr Mitbestimmungs-
rechte in den Selbstverwaltungsgremien genießt.

Zum anderen wird unter Punkt 1 des Gesundheitsre-
formpapiers, bei der Frage der Ausgabenstabilisierung,
der Anschein erweckt, Sie würden die Leistungserbrin-
ger im selben Maße zur Konsolidierung der GKV heran-
ziehen wie die Versicherten. Sie verschweigen der Öf-
fentlichkeit jedoch – ich glaube, mit Methode –, dass Sie
etwa bei den Zahnärzten bereits jetzt das Ende der
Grundlohnsummenanbindung für die Budgetsteigerun-
gen und damit die späteren Einkommenszuwächse zuge-
sagt haben,


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wollen Sie OstWest-Angleich?)


frei nach dem Motto: Haltet noch kurz die Füße still, der
große Schluck aus der Pulle wird nachgereicht.


(Beifall bei der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Will Thüringen Ost-West-Angleich oder nicht? – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Vor einem halben Jahr haben Sie noch das Gegenteil gesagt!)


Diese Koalition hat vorgestern den nächsten Akt ihrer
verfahrenen Gesundheitspolitik – nennen wir es einmal
so – eingeläutet. Nur haben die Hauptakteure noch nicht
mitbekommen, dass ihnen das Publikum nicht applau-
dieren kann, da es aus Enttäuschung und Frust bereits
den Saal verlassen hat. In Richtung der Regierungsbank
sage ich: Ziehen Sie bitte schnell Ihre Konsequenzen
und beenden Sie alsbald Ihre Spielzeit.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705513900

Das Wort hat nun Kollege Rolf Koschorrek für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Rolf Koschorrek (CDU):
Rede ID: ID1705514000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir befassen uns innerhalb weniger Stunden
um zweiten Mal in einer Aktuellen Stunde mit dem
leichen Thema. Das ist eine interessante Déjà-vu-Ver-
nstaltung.


(Zuruf von der SPD: Weil Sie es beim ersten Mal nicht verstehen!)


ir haben jetzt mittlerweile zwölf Redner der Opposi-
ion gehört, die Kritik an Dingen üben, die wir gar nicht
eschlossen haben,


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber haben wir gar nicht gesprochen!)


nd die uns bisher keine eigenen Vorschläge genannt ha-
en. Der einzige konkrete Vorschlag, der heute im Raum
teht, ist die Forderung nach einem Vorschaltgesetz, was
uch immer das beinhalten mag. Ansonsten waren zum
eil ganz drollige Dinge zu hören.

Herr Kollege Lemme, wir haben vor nicht langer Zeit
emeinsam eine Resolution mit unterschrieben, in der
ir genau das gefordert und dringend angemahnt haben,
as Sie jetzt gerade kritisieren. Es geht darum, dass wir

ehr wohl für die Angleichung der Ost- an die Westho-
orare eingetreten sind. Bis vor wenigen Stunden war
ch der Meinung, dass Sie das mitgetragen haben. Ich
ann Ihnen Ihre Unterschrift unter der Resolution gern
eigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Aber nicht nur bei den Zahnärzten, Herr Kollege!)


ei den anderen Bereichen ist das längst erfolgt; viel-
eicht sind Sie da noch nicht auf dem neuesten Stand.
eit einigen Jahren ist das in allen anderen Leistungsbe-
eichen abgearbeitet worden.


(Steffen-Claudio Lemme [SPD]: Wir haben keinen flächendeckenden Mindestlohn!)


nsofern hinken Sie da gewaltig hinterher.

Ich muss sagen: Das, was hier in den letzten zwei Ta-
en gelaufen ist, ist für mich erschreckend. Wir haben si-
herlich einen gewissen Anteil des Salärs, das wir hier
ekommen, unter der Rubrik Schmerzensgeld zu verbu-
hen. Das, was wir hier hören mussten, ist grenzwertig
nd zeigt, dass Sie überhaupt nicht bereit sind, konstruk-
iv an der Lösung unserer Probleme mitzuarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Dr. Rolf Koschorrek


(A) )


)(B)

Das, was Sie in der Debatte des heutigen Tages zur Be-
wältigung der Zukunftsprobleme der gesetzlichen Kran-
kenversicherung gesagt haben – Sie haben das Thema
selbst gewählt –, war beschämend, gerade auch von Ihnen
aus der Abteilung der Linken. Sie reden von einer Bürge-
rinnen- und Bürgerversicherung und wissen ganz genau,
dass Sie damit rechts- und finanzpolitisch einen Blindflug
der allerersten Sorte hinlegen, weil Sie ein entsprechen-
des Modell weder bestimmen noch berechnen können.
Sie würden damit in einer nicht umsetzbaren Weise in
Rechtsbestände eingreifen. Deswegen haben Sie bis zum
heutigen Tag das vor langem gemachte Versprechen nicht
einlösen können, ein wirklich durchgerechnetes und im
Hinblick auf die Rechtssystematik haltbares Modell einer
Bürgerinnen- und Bürgerversicherung – so nennen Sie es –
vorzulegen. Dort scheitern Sie schon im Ansatz; das Mo-
dell ist nicht einmal vorlagefähig.

Auch wir von CDU und CSU haben durchaus schon
harte Zeiten in der Opposition verbracht.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Bald wieder!)


Unsere Auffassung von der Opposition war aber immer,
nicht nur zu kritisieren, sondern die jeweils Regierenden
mit konstruktiven Vorschlägen dazu zu ermutigen,


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Besser wäre das jetzt!)


zu besseren, schnelleren und konstruktiveren Lösungen
zu kommen; wir haben uns da gemeinsamen Lösungen
nicht verschlossen.

Wir haben im nächsten Jahr ein Defizit zu erwarten,
das eine konstruktive Mitarbeit, nicht nur destruktive
Kritik, dringend erforderlich macht.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Fangen Sie mit der CSU an!)


Ich finde, Sie sollten sich in den nächsten Wochen zu-
sammenreißen. Wir haben schon morgen die nächste Ge-
legenheit, in einer Gesundheitsdebatte miteinander zu
ringen, um diese Dinge vernünftig voranzubringen. Ich
hoffe, dass wir in den nächsten Tagen und Wochen zu
konstruktiveren Ansätzen kommen.

Die Vorschläge, die wir gemacht haben, sind ein Weg
zur Verbesserung der Zukunft der gesetzlichen Kranken-
versicherung in Deutschland. Wir werden das System
demografiefester machen. Wir werden dafür sorgen, dass
wir in den nächsten Jahren die finanzielle Basis bekom-
men, auf der wir miteinander Diskussionen über die
Strukturen führen können. Auf diese Diskussionen freue
ich mich sehr. Wir können aber nur vor dem Hintergrund
einer zumindest mittelfristig gesicherten Finanzplanung
über strukturelle Reformen diskutieren. Die Grundlage
dafür – nicht mehr und nicht weniger – haben wir mit
diesem Gesetzespaket, mit diesen Initiativen gelegt. Ich
bitte um Unterstützung.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Als letzte Rednerin in der Aktuellen Stunde erteile ich ollegin Maria Michalk für die CDU/CSU-Fraktion das ort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Jetzt haben wir über eine Stunde lang die Aktulle Stunde auf Antrag der Linken verfolgt. Außer Vorureilen, Zweckbehauptungen (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Planwirtschaft nicht vergessen!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705514100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1705514200

nd umfragengestützter Politik haben wir nichts gehört.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie sind so etwas von beratungsresistent, dass ich es mir
etzt schenke, meine Rede zu halten. Sie kapieren die
orgänge jedenfalls heute offensichtlich nicht. Deshalb
önnen Sie das besser im Protokoll nachlesen.

Danke schön.


(Abg. Maria Michalk [CDU/CSU] überreicht Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse ihr Redemanuskript – Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705514300

Liebe Kollegin, ich hoffe, Sie haben nicht gemeint,

ass ich das jetzt vorlese.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich schließe also mit unser aller Einverständnis die
ussprache.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 6 a bis
c:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine
Weiss (Wesel I), Holger Haibach, Dr. Christian
Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Harald
Leibrecht, Helga Daub, Joachim Günther (Plauen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Bemühungen zur Umsetzung der Millenniums-
entwicklungsziele bis 2015 verstärken

– Drucksache 17/2421 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Anette
Hübinger, Holger Haibach, Dr. Christian Ruck,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Harald Leibrecht,





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Helga Daub, Joachim Günther (Plauen), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Bildung in Entwicklungs- und Schwellenlän-
dern stärken – Bildungsmaßnahmen anpassen
und wirksamer gestalten

– Drucksache 17/2134 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Sascha
Raabe, Lothar Binding (Heidelberg), Dr. h. c. Gernot
Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Herausforderung Millenniums-Entwicklungs-
ziele

– zu dem Antrag der Abgeordneten Niema
Movassat, Heike Hänsel, Annette Groth, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Steigerung der Entwicklungshilfequote auf
0,7 Prozent gesetzlich festlegen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe,
Uwe Kekeritz, Ute Koczy, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Mit dem Global Green New Deal die Millen-
niumsentwicklungsziele erreichen

– Drucksachen 17/2018, 17/2024, 17/2132,
17/2464 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Sabine Weiss (Wesel I)

Dr. Sascha Raabe
Harald Leibrecht
Niema Movassat
Thilo Hoppe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Parlamen-
tarischen Staatssekretärin Gudrun Kopp das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Gu
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1705514400


Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Da-
men! Wir haben fast zwei Drittel des Weges hin zur Er-
füllung der acht Millenniumsentwicklungsziele, die wir

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(C (D elbst gewählt hatten, hinter uns. Wir müssen jetzt die ächsten fünf Jahre nutzen, um den Rest der Forderunen, die wir uns selber auferlegt hatten, umzusetzen. Es ist wichtig, in besonderer Weise auf zwei Milleniumsziele einzugehen, nämlich auf die Verbesserung er Gesundheit von Müttern und auf die Senkung der indersterblichkeit. Diese beiden Millenniumsziele tanden auch im Blickpunkt des G-8-Gipfels, auf den ich die Bundeskanzlerin dieser Tage fokussiert hat. weifellos ist es notwendig, an dieser Stelle voranzuommen und mehr Erfolge zu erzielen. Wir im Ministeium sind davon überzeugt, dass dafür unter anderem olgende Aspekte notwendig sind: der Aufbau eines Geundheitssystems, Hygiene, sanitäre Anlagen, sauberes asser und Nahrung, Familienplanung und reproduktive esundheit. Ich will darauf hinweisen, dass es in diesem Bereich uch positive Meldungen gibt. Ich nenne Ihnen eine ahl: Während im Referenzjahr 1990 noch 12,5 Millioen Kinder vor ihrem fünften Lebensjahr starben, ging iese Zahl bis zum Jahre 2008 auf 8,8 Millionen zurück. as bedeutet: Pro Tag konnte durch die Bemühungen er Entwicklungszusammenarbeit 10 000 Kindern welteit das Leben gerettet werden. In neuesten Studien geht an sogar von einer noch höheren Zahl aus, nämlich on 13 000 Kindern pro Tag, und erwartet bis 2010 eine eduktion auf 7,7 Millionen. Diese Zahl ist natürlich noch immer viel zu hoch; gar eine Frage. Dennoch zeigt sie, dass wir auf dem richtien Weg sind. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusamenarbeit und Entwicklung muss auf diesem Gebiet vo ankommen. Wir müssen die Millenniumsziele ganzheitich betrachten. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass s notwendig ist, in allen Bereichen eine gute Regieungsführung, die Beachtung der Menschenrechte, die tärkung der Rechte von Frauen und die Stärkung der ivilgesellschaft, um nur einige Punkte zu nennen, in en Mittelpunkt zu rücken. ir richten unsere Entwicklungszusammenarbeit auf inlusives Wachstum aus, das geeignet ist, armutsminernd zu wirken. Wir wollen beim Aufbau von Steuerystemen und Gesundheitssystemen helfen. Wir öchten gerne, dass die internationalen Handelspoliti en so ausgerichtet werden, dass auch eine Marktöffung für die Entwicklungsländer erfolgen kann. Ich nenne Ihnen ein weiteres Beispiel für eine posiive Entwicklung. Es ist in kürzester Zeit gelungen, in eiem der ärmsten Länder dieser Welt, in Malawi, das usmaß der Sterblichkeit von Kindern bis zu ihrem ünften Lebensjahr zu halbieren, und zwar durch kostenünstige Maßnahmen wie die Erhöhung der Zahl der Geurtshelfer, die Steigerung der Impfquoten und die Verorgung mit Vitamin-A-Präparaten. Ich nenne dieses eispiel, weil mir wichtig ist, dass wir in dieser Debatte icht nur auf Geldbeträge und Quoten achten, sondern Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

auch darauf setzen, eine höhere Wirksamkeit und Effi-
zienz unserer Hilfen zu erreichen.


(Harald Leibrecht [FDP]: Genau! Das ist das Entscheidende!)


Die Effizienz und die Zielgenauigkeit unserer Maß-
nahmen gehören in den Mittelpunkt dieser Debatte. Ich
will betonen, wie wichtig es ist, dass wir, was die Effi-
zienzerhöhung und eine Strukturreform zum Zwecke ei-
ner wirkungsvolleren technischen Zusammenarbeit an-
geht, ein gehöriges Stück vorangekommen sind. Am
gestrigen Tag hat das Bundeskabinett diese Maßnahmen
verabschiedet. In einem unglaublichen Kraftakt ist es
Bundesminister Niebel gelungen, Reformansätze zu ent-
wickeln und eine Reform auf den Weg zu bringen, die
das DAC OECD-weit und weltweit eingefordert hat. Da-
mit haben wir nicht nur die entsprechenden Forderungen
des Koalitionsvertrages erfüllt, sondern es ist uns auch
gelungen, den im Koalitionsvertrag formulierten an-
spruchsvollen Zeitplan ressortabgestimmt umzusetzen.
Das finde ich hervorragend. Das ist eine gute Meldung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Zum Schluss darf ich noch auf eines aufmerksam ma-
chen: Im Hinblick auf die Mittel, die wir bereitstellen,
und bei der Arbeit, die wir in der Entwicklungszusam-
menarbeit leisten, ist es überaus wichtig, auch auf die
Akzeptanz im Parlament und in der Bevölkerung zu ach-
ten. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass die Bundes-
republik Deutschland im Bereich der Entwicklungszu-
sammenarbeit hinter den USA und Frankreich der
weltweit drittgrößte Geber ist und dass es natürlich
wichtig ist, dass wir unsere Verpflichtungen einhalten.
Wir haben auch vor, eine ODA-Quote von 0,7 Prozent
zu erreichen. Das ist weiterhin unser Ziel. Wir haben mit
dem vorgelegten Haushalt 2011, der gerade im Kabinett
verabschiedet wurde, dargelegt, dass der Gesamthaus-
halt mit 6,07 Milliarden Euro wirklich ambitioniert ist
angesichts der schwierigen Zeiten, in denen es darum
geht, Schulden abzubauen. Auch damit beweisen wir
einmal mehr, dass es uns wichtig ist, in der Entwick-
lungszusammenarbeit ein gehöriges Stück weiterzukom-
men, sowohl in der Wirksamkeit als auch mit dem finan-
ziellen Einsatz.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705514500

Das Wort hat nun Kollegin Bärbel Kofler für die

SPD-Fraktion.


Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1705514600

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Ich bin immer wieder erstaunt, was man
in solchen Debatten zu hören bekommt. Sehr verehrte
Frau Staatssekretärin, Sie haben von einem ganzheitli-
chen Ansatz gesprochen, von einem Steuer- und Ge-
sundheitswesen in den Entwicklungsländern, das sie auf-
bauen wollen, und von einem ganz fantastischen
Haushalt, den Sie gestern ins Kabinett eingebracht ha-
ben.

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(C (D Ich glaube, was gestern passiert ist, ist sehr dramaisch und sehr traurig. Das, was gestern als Haushalt vorelegt worden ist, ist leider der Abschied von internatioalen Vereinbarungen, leider der Abschied von der ereinbarung zur Erreichung der Millenniumsentwick ungsziele, die wir getroffen haben, leider der Abschied om 0,7-Prozent-Ziel. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


or kurzem hat Ihr eigener Staatssekretär, Herr
eerfeltz, gesagt – das war in einer Tickermeldung zu le-

en –, ein Aufwuchs von 400 Millionen Euro sei das un-
rlässliche Minimum, das man unbedingt in diesem
aushalt haben müsse, um weiterhin glaubwürdig zu

ein und um bei der Finanzierung der Entwicklungszu-
ammenarbeit weiterzukommen. Ich finde, das, was ges-
ern vorgelegt worden ist, ist angesichts der Probleme,
ie wir heute im Zusammenhang mit unserem Antrag
nd unserer Fragestellung zu den Millenniumsentwick-
ungszielen diskutieren, beschämend.

Es stimmt: In den letzten Jahren sind wir in einigen
unkten weitergekommen. Es gibt eine gestiegene Ein-
chulungsrate, zum Beispiel in Subsahara-Afrika. Das ist
ichtig und gut. Aber diese erreichten Ziele sind gefähr-
et. Auch sind eine ganze Reihe von Zielen nicht er-
eicht worden. Mit Verlaub: Gerade der Bereich der

ütter- und Kindersterblichkeit ist kein gutes Beispiel
ür das Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele.
ährlich sterben in den Entwicklungsländern immer noch
30 000 Frauen während der Schwangerschaft und Ent-
indung, weil sie keinen Zugang zu medizinischer Ver-
orgung haben. Es ist und bleibt unabdingbar, finanzielle

ittel zur Verfügung zu stellen. Dabei darf man sich
icht hinter einer Effizienzdebatte verstecken, so wie Sie
as tun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben in der Anhörung zu den Millenniumsent-
icklungszielen von allen Experten eines ganz deutlich
ehört: Wir brauchen beides, Effizienz und die nötigen
ittel. Niemand in diesem Haus ist gegen Effizienz und

egen eine effiziente Mittelausgabe. Das unterstelle ich
hnen nicht. Ich finde es allerdings ungehörig, das immer
ieder uns und der Vorgängerregierung zu unterstellen.


(Beifall bei der SPD)


iemand wehrt sich gegen einen effizienten Mittelein-
atz. Aber was wir auch brauchen, sind die Mittel, die
ir effizient einsetzen wollen; denn ohne Moos nix los.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])


Sie schreiben in Ihrem eigenen MDG-Antrag – ich zi-
iere Punkt 2 Ihres Forderungskataloges –, die Bundesre-
ierung solle

… sich auf dem MDG-Gipfel der Vereinten Natio-
nen im September 2010 dafür einsetzen, dass die
internationale Staatengemeinschaft sich erneut zu





Dr. Bärbel Kofler


(A) )


)(B)

den Millennium Development Goals bekennt und
ihre gemeinsamen Verpflichtungen bekräftigt …

Was machen Sie denn mit diesem Haushalt? Sie halten
Ihre eigenen Vorgaben nicht ein und haben sich davon
verabschiedet. Man kann doch nicht nach New York flie-
gen und so tun, als habe man zu Hause seine Hausaufga-
ben erledigt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das kennen wir leider aus dieser Ecke des Hauses von
den verschiedenen internationalen Konferenzen, von
Kopenhagen bis zu dem anstehenden Gipfel in New
York. Sie fahren hin, halten schöne Reden – die Kanzle-
rin ist gut darin, international einen schönen Auftritt hin-
zulegen –; aber auf dem Rückweg sind die Worte, die
man gesagt hat, schon längst vergessen. Es geht hier da-
rum, die Entwicklungszusammenarbeit im Interesse der
Ärmsten der Armen zu finanzieren.

Frau Staatssekretärin, Sie haben gerade von der Ak-
zeptanz in der Bevölkerung gesprochen. Dazu gehört
auch, sich eine Petition anzuschauen, die von 66 000
Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben worden ist und
die zeigt, wie viele Menschen in diesem Land sich die
Einführung der Finanztransaktionsteuer wünschen, und
zwar aus verschiedenen Gründen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Darüber reden wir gleich! Genau!)


Die Verursacher der Krise sollen an den Folgen der Krise
beteiligt werden, und Spekulationen, durch die neue Kri-
sen hervorgerufen werden, sollen verhindert werden.
Insbesondere soll der krisenbedingte Rückfall in Armut
– das erleben wir ja auch in Bezug auf die MDGs –, zu
dem es durch die Wirtschaftskrise und verzocktes Geld
gekommen ist, verhindert werden. Es geht darum, dort
die Mittel einzunehmen, wo sie herkommen müssen.
Dort, wo das Geld verzockt worden ist, muss auch wie-
der Geld eingefordert werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann nicht verstehen, dass sich ausgerechnet der Ent-
wicklungsminister diesen Vorstellungen verschließt.

Warum das Ganze? Ich nenne Ihnen zwei Beispiele.
Erstes Beispiel: Thema Bildung. Wir diskutieren heute ja
auch über einen Antrag der Koalition zur Bildung.
70 Millionen Kinder sind noch immer vom Zugang zur
Bildung ausgeschlossen; in dieser Analyse sind wir uns
einig. Ich habe Ihren Antrag gelesen und bin von den
Kollegen der Union, ehrlich gesagt, ein bisschen ent-
täuscht.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Ach nein!)


– Ja, das kommt manchmal noch vor. – Wir haben in der
letzten Legislaturperiode gemeinsam einen Bildungsan-
trag formuliert, in dem wir sauber und detailliert zu allen
Fragen – von der Grundbildung bis zur beruflichen Bil-
dung – Stellung genommen haben. Er enthielt auch die
Forderung an unsere damalige Bundesregierung, in die-
sem Bereich mehr zu tun. Was haben Sie hier und heute

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(C (D ls Papier vorgelegt? Sie betonen, wie wichtig die Priatwirtschaft im Bildungssektor sei. hrlich gesagt: Dieser Antrag ist das Papier nicht wert, uf dem er gedruckt ist. Treten Sie ihn in die Tonne, und ehmen Sie unseren alten Bildungsantrag! Der ist weentlich besser, wesentlich fundierter. (Beifall bei der SPD – Harald Leibrecht [FDP]: In Ihren Ländern funktioniert die Bildung überhaupt nicht ohne die Privaten! Das wissen Sie doch!)


(Harald Leibrecht [FDP]: Jawohl!)


Bildung ist eine urstaatliche Aufgabe. Das wurde von
rau Napoe, der Vorsitzenden der Globalen Kampagne
ür Bildung, in der öffentlichen Anhörung noch einmal
eutlich gemacht. Bildung muss öffentlich und kostenlos
ein. Dabei darf man nicht die Möglichkeitsform gebrau-
hen, wie Sie das in Ihrem Papier in mehrfacher Weise
un: Es „solle“ gebührenfrei etwas zur Verfügung gestellt
erden, darauf „sollten“ entwicklungspolitische Maß-
ahmen abzielen, man „solle“ das Bildungssystem stär-
en. – Die Möglichkeitsform haben Sie hier weidlich be-
utzt, um sich aus der Affäre zu ziehen, da die Mittel aus
hrem Haushalt dafür nicht reichen.


(Harald Leibrecht [FDP]: Aber Sie haben in elf Jahren gar nichts gemacht!)


Wir brauchen eine verlässliche und weltweit abge-
timmte und koordinierte Initiative für Bildung.
eutschland muss sich verlässlich daran beteiligen.
ber gerade daran, sich auf internationaler Ebene ver-

ässlich zu beteiligen, hapert es bei dieser Regierung.


(Miriam Gruß [FDP]: In den letzten elf Jahren haben Sie nichts gemacht!)


Es hapert auch an der Umsetzung des MDG 7, bei
em es um die Sicherung der ökologischen Nachhaltig-
eit geht; das ist das zweite Beispiel. Es kann doch nicht
ein, dass man sagt, Klimaschutz sei ein Schlüssel zur
rmutsbekämpfung, die Folgen des Klimawandels wie
berflutung, Dürre und schwere Stürme träfen insbeson-
ere die Ärmsten der Armen, Entwicklungsprozesse
ürden zurückgedreht und durch die Folgen des Klima-
andels aufgehalten, und gleichzeitig im gestern vorge-

egten Haushaltsentwurf die einzigen beiden Titel, die es
n diesem Haushalt für Klimaschutzmaßnahmen in Ent-
icklungsländern gibt, streicht, auf null fährt, rasiert.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Werden sie jetzt gestrichen, auf null gefahren oder „rasiert“?)


ier geht es um die Gelder, die Sie der Weltgemein-
chaft in Kopenhagen so großzügig zugesagt haben. Von
en zugesagten 420 Millionen Euro haben Sie schlappe
0 Millionen Euro im laufenden Haushalt eingestellt,
nd die werden jetzt auch rasiert.

Für den Fall, dass ein nachfolgender Redner der
nion oder der FDP versuchen möchte, das schönzure-
en:


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Union!)






Dr. Bärbel Kofler


(A) )


)(B)

Bei den Mitteln, die Sie dann immer benennen – es gibt
ganze Ausarbeitungen dazu –, geht es um Mittel wie bei-
spielsweise für die Internationale Klimaschutzinitiative,
die bereits 2007 vereinbart und 2008 in den Haushalt
eingestellt wurden. All das rechnen Sie uns jetzt als Kli-
maschutzmaßnahme für die Entwicklungsländer vor. So
geht das nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man international ernst genommen werden will,
dann muss man mit seinen Finanzierungszusagen glaub-
würdig sein. Man muss auch bei der Umwelt- und Ener-
giepolitik im eigenen Land glaubwürdig sein. Zudem
sollte man tunlichst auf Forderungen wie die im Antrag
formulierten verzichten, zum Beispiel die, in den Ent-
wicklungsländern die Sensibilität für das Thema Klima-
schutz zu fördern. Ja, wie denn? Indem Sie gegenüber
den Entwicklungsländern gemachte Versprechen bre-
chen? – Wie wollen Sie denn so auf internationalen Kon-
ferenzen Sensibilität bei den Partnerländern fördern?
Das ist doch Humbug.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705514700

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Allerdings! Wird auch Zeit!)



Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1705514800

Ich komme zum Ende.

Es hat sehr lange gedauert, bis Sie dieses Papier vor-
gelegt haben. Es ist erst nach einer Nacht-und-Nebel-
Aktion heute Morgen vorgelegt worden. Ich glaube, Sie
hätten sich die Mühe für diesen MDG-Antrag sparen
können. Stimmen Sie dem Antrag der SPD-Fraktion zu!
Dann haben Sie ein vernünftiges Papier.

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705514900

Das Wort hat nun Kollege Christian Ruck für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705515000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich glaube nicht, Frau Kofler, dass wir Ihrem
SPD-Antrag zustimmen werden.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das befürchte ich! – Miriam Gruß [FDP]: Da sind wir ganz sicher!)


Wenigstens war das bei uns so nicht ausgemacht. Daran
halten wir uns natürlich.

Ich möchte zuerst eine wenig erfreuliche Feststellung
machen: Für viele Menschen in Afrika sind viele Hoff-
nungen, die mit der Unabhängigkeit verbunden waren
– allein in diesem Jahr begehen 17 Staaten Afrikas den

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(C (D 0. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit –, nicht in Erfüllung egangen. Zum Beispiel in der Demokratischen Repulik Kongo: Wer heute dort geboren wird, erlebt statisisch gesehen den 100. Jahrestag der Unabhängigkeit icht; denn die durchschnittliche Lebenserwartung liegt ei nur 47 Jahren. Oder in Äthiopien: Dort haben nur 0 Prozent der Bevölkerung Zugang zu einer geordneten anitärversorgung. Oder in Mosambik: Dort stirbt fast edes fünfte Kind vor seinem fünften Lebensjahr. Es gibt aber gerade in vielen afrikanischen Ländern ott sei Dank auch Entwicklungsfortschritte. In Benin um Beispiel ist der Anteil der Menschen, die Zugang zu auberem Trinkwasser haben, von 12 Prozent in 1990 uf inzwischen über 30 Prozent gestiegen. In Ghana ist ie Armutsquote von 40 Prozent in 1998 auf 28,5 Proent in 2005 gesunken, und in Tansania gehen inzwichen fast alle Kinder in die Grundschule, nachdem es 991 nur 62 Prozent waren. Die Bilanz ist also gerade auf dem Problemkontinent frika durchaus durchwachsen. Es gibt gute Nachrich en; es gibt schlechte Nachrichten. Aber für mich als Abeordneter, der seit 20 Jahren in der Entwicklungspolitik ätig ist, folgt daraus: Wenn die Rahmenbedingungen timmen, wenn die Regierung eines Landes sich dem ohl seiner Bevölkerung verschrieben hat, wenn Kor uption bekämpft wird, wenn rechtsstaatliche Prinzipien ur Geltung kommen und die Verwaltung besser arbeitet, ann geht es auch mit der Entwicklung und den Milleniumszielen vorwärts und dann ist auch Entwicklungsolitik und Unterstützung von außen bei der Entwickung wirksam – sonst nicht. Genau davon handeln die Millenniumserklärung und ie Millenniumsziele aus dem Jahre 2000. Neben den inaltlichen Zielen zur Armutsbekämpfung wird die kolektive Verantwortung der Staatsund Regierungschefs, lso die gemeinsame Verantwortung von Entwicklungsnd Industrieländern, auch für die Ärmsten betont. Es ird explizit hervorgehoben, wie wichtig gute Regie ungsführung innerhalb jedes Landes ist. Die Staatsund egierungschefs haben sich auch alle verpflichtet, emokratie zu fördern, den Rechtsstaat zu stärken und ie Menschenrechte zu beachten. Die christlich-liberale oalition rückt genau diese Gesichtspunkte, nämlich ute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Menchenrechte, in den Mittelpunkt der Entwicklungspoliik; enn dies ist die beste Hilfe zur Selbsthilfe. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenang auch die stärkere Förderung der Bildung, wie es in nserem Antrag zum Ausdruck kommt. Dabei sehe ich ildung nicht nur als ökonomischen Faktor an, der den enschen zu einem Arbeitsplatz verhilft, von dem sie ut leben können. Bildung ist ebenso wichtig, um gute egierungsführung zu stärken und notwendige Reformrozesse in Entwicklungsländern in Gang zu bringen nd den Rückhalt der Bevölkerung dafür zu gewinnen. as ist auch beste Hilfe zur Selbsthilfe. Dr. Christian Ruck )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Wenn wir bei diesen Themen keine Fortschritte ma-
chen, dann werden wir trotz aller finanziellen Mittel we-
der die materiellen Armutsbekämpfungsziele erreichen,
noch können wir dann kulturell und menschlich von ei-
ner erfolgreichen Entwicklung sprechen. Deswegen dür-
fen wir diese Punkte in der öffentlichen Diskussion nicht
übersehen, und wir müssen auch genau auf die inhalt-
lichen Ziele achten. Es ist falsch, den Gebern die Schuld
zu geben, wenn diese Ziele nicht erreicht werden.

Richtig ist, dass die Forderung nach guter Regie-
rungsführung keine Einbahnstraße ist. Auch wir müssen
unsere Hausaufgaben machen und die Wirksamkeit un-
serer Hilfe stärken. Wie in der Koalitionsvereinbarung
festgehalten, haben wir dabei mit der Reform der tech-
nischen Zusammenarbeit begonnen. Ich gratuliere Bun-
desminister Niebel dazu, wie geräuschlos und effizient
er die Vorfeldreform angegangen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die geplante organisatorische Fusion von GTZ, InWEnt
und DED stärkt die deutsche TZ und macht sie sichtba-
rer. Gleichzeitig erleichtert die Zusammenlegung die
Steuerung durch das Ministerium und verbessert die
Kohärenz des Auftritts der deutschen EZ. Das ist sehr
wichtig, weil es dabei auch um die Schlagkraft unserer
EZ geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Insgesamt ist diese Reform ein erster wichtiger Beitrag
zur Erreichung der Millenniumsziele durch diese christ-
lich-liberale Koalition, an dem sich die frühere Leitung
des Hauses die Zähne ausgebissen hat.


(Zuruf von der FDP: Das ist die Wahrheit!)


Auch in anderen Bereichen müssen die Geber ihre
Hausaufgaben machen, um eine stärkere Kohärenz ihres
Handelns zu erreichen. Zum Beispiel müssen die Geber
gegenüber rohstoffreichen Staaten gemeinsam und koor-
diniert auftreten, um zerstörerische Fehlentwicklungen
wie mit Blutdiamanten oder Blutöl zu vermeiden. Sie
dürfen sich dabei nicht wegen Wirtschaftsinteressen ge-
geneinander ausspielen lassen. Als Entwicklungspoliti-
ker müssen wir uns dafür einsetzen, dass aus dem Fluch
von Rohstoffreichtum ein Segen für die Entwicklung der
Menschen wird. Das Gleiche gilt für die Handelspolitik.
Auch da haben wir viele Gemeinsamkeiten. Wir müssen
Wert darauf legen, dass jede weitere Öffnung durch die
Doha-Runde oder durch die EPAs auch zu entwicklungs-
politischen Fortschritten in diesen Ländern führt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt komme ich zum Geld. Wir können nicht über die
Millenniumsziele sprechen, ohne über Geld zu sprechen.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


– Genau. – Ich weiche dieser Diskussion auch nicht aus,
weil es wahr ist, dass wir nach wie vor vor großen He-
rausforderungen stehen: beim Klimaschutz, beim Schutz
der Ökosysteme, beim Aufbau von fragilen Staaten, bei
der Ernährungssicherung und vielem mehr. Darüber sind

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(C (D ir uns völlig einig. Aber, liebe Bärbel Kofler und ascha Raabe, das Dauergezetere der Opposition zur DA – da bin ich mir sicher – ist polemisch, scheinhei ig und unseriös. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden Ihnen nachweisen, dass das nicht so ist!)


Zu Ihnen komme ich noch. – Die großen Versprechun-
en hat Bundeskanzler Schröder gemacht. Er hat aber
ull Komma gar nichts dafür getan. In der ganzen Regie-
ungszeit von Rot-Grün blieb der BMZ-Haushalt fast
onstant knapp unter 4 Milliarden Euro. Das Volumen
at in der Zeit sogar abgenommen. Das ist der erste Teil
er Wahrheit. Der zweite Teil der Wahrheit ist, dass erst
it dem Antritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel der
MZ-Haushalt in nur einer Legislaturperiode um
0 Prozent auf über 6 Milliarden Euro gestiegen ist.
iese Zahlen sind nicht so kompliziert, dass man sie sich
icht merken könnte.

Frau Wieczorek-Zeul, Sie waren doch mit mir einig,
ass es ein Glück war, dass Schröder nicht mehr Kanzler
ar und Bundeskanzlerin Merkel Ihre Chefin wurde.


(Lachen bei der SPD – Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD]: Wie man sich täuschen kann!)


as hat Ihnen einen unverhofften und auch berechtigten
eldsegen beschert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ahr ist auch, dass Ihr letzter Haushaltsentwurf einen
nstieg um 23 Millionen Euro vorsah. Damals hatte
ämlich bereits die Krise eingesetzt. Wir haben damals
usammen regiert, und das, was Sie jetzt sagen – oder
uch du, Bärbel Kofler –, stand in einem ganz anderen
usammenhang. Das war damals die Wahrheit, und jetzt
oll alles falsch sein. Die christlich-liberale Koalition hat
n ihrem ersten Haushalt einen Aufwuchs zu verzeich-
en, der das Zehnfache des Ansatzes der ehemaligen
ntwicklungsministerin Wieczorek-Zeul ausmacht. Da-

an erkennt man eure fadenscheinigen Argumente.

Zu den Grünen möchte ich prophylaktisch nur eines
agen: Nachdem ihr aus der Regierung ausgeschieden
art, wurde der Ansatz für Klimaschutzmaßnahmen im
MZ verdreifacht, der für die Biodiversität wurde ver-
ierfacht. Daran sieht man, wer die wahren Grünen im
arlament sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir kämpfen dafür, obwohl wir zur Schuldenbremse
tehen, die auch die SPD mitbeschlossen hat, und ob-
ohl wir knappe Haushaltsmittel haben –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705515100

Herr Kollege!






(A) )


)(B)


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705515200

– das ist mein letzter Satz –, dass die Bundeskanzlerin

– darauf können sich auch die NGOs verlassen – ihre
Zusagen einhalten kann. Das gilt auch für diesen Herbst.
Sie hat bis jetzt mit unserer Hilfe noch jede Zusage ein-
halten können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705515300

Das Wort hat nun Heike Hänsel für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705515400

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir

sprechen heute im Vorfeld der Überprüfung der soge-
nannten Millenniumsentwicklungsziele im September
über die bisherigen Erfolge bzw. Misserfolge beim Er-
reichen der selbstgesteckten Ziele. Die Bilanz – das ha-
ben wir schon gehört – ist durchwachsen. Jetzt werden
viele Vorschläge gemacht – manche sind konkret, man-
che weniger konkret –, was man denn verbessern könnte.
Mir fehlt in der gesamten Diskussion ein kritischer Blick
auf die Millenniumsentwicklungsziele selbst. Viele
Menschen, die heute hier zuhören, wissen sicher gar
nicht ganz genau, was die Millenniumsentwicklungs-
ziele überhaupt sind. Das liegt unter anderem am Zu-
standekommen dieser Ziele. Das ist nämlich weitgehend
ein Prozess ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft. Acht
Ziele wurden von Institutionen wie der OECD, dem
Internationalen Währungsfonds und der Weltbank entwi-
ckelt und sind von den Regierungen der Entwicklungs-
länder und der Industriestaaten umzusetzen.

Wir waren aber bei der weltweiten Armutsbekämp-
fung schon einmal weiter. In den 90er-Jahren wurden
nämlich UN-Beschlüsse mit der Mobilisierung von
Menschen verbunden, zum Beispiel im Rahmen des Rio-
Prozesses für nachhaltige Entwicklung. Die Ideen wur-
den in die Kommunen getragen; in vielen Städten und
Gemeinden entstanden sogenannte lokale Agenda-21-
Gruppen, die sich mit dem Zusammenhang von weltwei-
ter Armut, Klimawandel und unserem Konsummodell
und dem Ressourcenverbrauch in den reichen Industrie-
staaten beschäftigt haben. Die Millenniumsentwick-
lungsziele dagegen sprechen diese Strukturen gar nicht
mehr an. Sie sagen nichts über Ursachen der Armutsbe-
kämpfung und Strategien zur Armutsbekämpfung. Des-
halb fordern wir: Wenn wir von Armutsbekämpfung
sprechen, müssen wir auch von den strukturellen Ursa-
chen der Armut sprechen.


(Beifall bei der LINKEN)


Damit kommen wir zu dem heute herrschenden Welt-
wirtschaftssystem. Allein durch die Finanz- und Wirt-
schaftskrise sind laut Aussagen der Weltbank im letzten
Jahr mindestens 100 Millionen Menschen mehr in Ar-
mut zurückgefallen. Das ist eine größere Anzahl als
Deutschland Einwohnerinnen und Einwohner hat. Des-
halb ist es auch fatal, dass Sie, Herr Niebel, nun neue

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(C (D eichen in der Entwicklungszusammenarbeit stellen ollen und mit Ihren neoliberalen wirtschaftspolitischen orstellungen, die Armut erzeugen, Armut bekämpfen ollen. Sie werden nicht müde, hier und in den Entwick ungsländern die freie Marktwirtschaft als Entwickungsmodell zu propagieren. (Zuruf von der FDP: Soziale Marktwirtschaft, Frau Kollegin! Das ist ein Unterschied!)


Was bedeutet das konkret für die Länder des Südens?
ch möchte zwei Beispiele nennen.

Erstens. Die Bundesregierung verhandelt im Rahmen
er EU über ein Freihandelsabkommen mit Indien. Die
uropäische Union will in diesem Zusammenhang das
atentrecht verschärfen, was zum Ergebnis hat, dass bil-

ige Nachahmerprodukte erst viel später und deutlich
eurer produziert werden können. Die Bundesregierung
ertritt ganz im Sinne der freien Marktwirtschaft


(Miriam Gruß [FDP]: Soziale Marktwirtschaft!)


ie Interessen der Pharmakonzerne gegen die Interessen
on Millionen von Menschen, die bisher keinen Zugang
u billigen Medikamenten haben. Das ist ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD] – Miriam Gruß [FDP]: So ein Unfug!)


ies läuft drei Millenniumsentwicklungszielen gleich-
eitig zuwider, nämlich denen, die sich mit Kindersterb-
ichkeit, Müttergesundheit und dem Kampf gegen Aids
nd Malaria beschäftigen.

Zweitens: Die Bundesregierung hat sich im Rahmen
er EU für ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien
nd Peru starkgemacht, das bereits unterzeichnet wurde.
arin geht es unter anderem um bessere Möglichkeiten
es Imports von Palmöl aus Kolumbien in die EU. Da-
on profitieren ebenfalls große Konzerne, die in Kolum-
ien Ölpalmen auf Land anbauen, das Kleinbauern ge-
örte, die vertrieben wurden. Mittlerweile gibt es in
olumbien mehr als 4 Millionen vertriebene Menschen,
ie in größter Armut in den Slums der großen Städte le-
en. Das Brisante ist, dass die kolumbianische Armee an
iesen Vertreibungen beteiligt ist und die illegalen Öl-
almenplantagen auch noch schützt. Ich frage mich, wie
ich Angela Merkel gestern dazu geäußert hat, als sie
ich mit dem kolumbianischen Präsidenten getroffen hat.
ch habe nichts von Kritik an dieser Politik, die konkret
u Armut beiträgt, gehört. Auch das ist völlig inakzepta-
el.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein ganz entscheidender Punkt, der in der Diskussion
iel zu kurz kommt, ist, dass wir nicht von Armutsbe-
ämpfung sprechen können, ohne über Krieg zu spre-
hen. Viele arme Menschen leben in Kriegs- und Krisen-
egionen und werden so lange nicht aus der Armut
erauskommen, solange diese Kriege andauern. Das zeigt





Heike Hänsel


(A) )


)(B)

sich unter anderem am Beispiel Afghanistan. Trotz neun
Jahren Aufbauhilfe gehört Afghanistan zu einem der
ärmsten Länder der Welt und hat eine der höchsten Kin-
dersterblichkeitsraten weltweit. Deshalb gilt für uns: Wir
müssen dringend ein neues Millenniumsentwicklungsziel
formulieren: den Krieg als Mittel der Politik zu überwin-
den.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Rüstungsausgaben von mehr als 1 Billion Dollar
übersteigen die weltweiten Entwicklungsausgaben um
das Zehnfache. Das ist im Zusammenhang mit Armuts-
bekämpfung völlig inakzeptabel.

Die Millenniumsentwicklungsziele sind ein Minimal-
konsens, an dem es viel zu kritisieren gibt. Die Ausgaben-
politik der Bundesregierung wird aber nicht viel dazu bei-
tragen, diesen Minimalkonsens zu erreichen. Dazu
gehören auch – das wurde bereits erwähnt – zahllose nicht
gehaltene Versprechen, zum Beispiel auf G-8-Gipfeln.
Mittlerweile haben wir den Überblick über die zahlrei-
chen Zusagen und nicht eingehaltenen Versprechen ver-
loren. So hat Angela Merkel in Kanada 80 Millionen Euro
für Mütter- und Kindergesundheit in Aussicht gestellt.
Davon ist im neuen Haushalt aber nichts zu sehen. Es
wird eine Nullrunde geben und höchstens umgeschichtet.
Das ist ein Armutszeugnis für den Entwicklungshilfemi-
nister.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)


Herr Niebel, es legt den Verdacht nahe, dass Sie im
Rahmen Ihrer Institutionenreform deshalb ständig von
Effizienz in der Entwicklungszusammenarbeit sprechen,
um sich vor einer substanziellen Erhöhung des Entwick-
lungshaushalts zu drücken. Genau deswegen hat die
Fraktion Die Linke einen Antrag eingebracht. Wir wol-
len das 0,7-Prozent-Ziel für Entwicklungsausgaben bis
zum Jahr 2015 verbindlich gesetzlich festlegen, damit
Ihre Politik der Trickserei und Täuschung bei den Ent-
wicklungsausgaben ein Ende hat.


(Beifall bei der LINKEN – Miriam Gruß [FDP]: So ein Blödsinn!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705515500

Das Wort hat nun Kollegin Ute Koczy für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705515600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Eines steht fest: Wenn wir die international
vereinbarten Ziele zur Halbierung der Armut, zur Sen-
kung der Müttersterblichkeit und für mehr globale Part-
nerschaft erreichen wollen, dann müssen wir mehr tun.
Dann reichen die Anstrengungen der letzten zehn Jahre
nicht aus.

Vor diesem Hintergrund richtet sich meine Frage an
die Koalition aus CDU/CSU und FDP: Wie ernst neh-
men Sie Ihren Antrag eigentlich?


(Zuruf von der FDP: Mehr als Sie!)


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(C (D ie Überschrift dieses Antrags lautet: „Bemühungen zur msetzung der Millenniumsentwicklungsziele bis 2015 erstärken“. Ich frage Sie: Wie ist das zu verstehen? iese Bemühungen des Verstärkens sind doch für das ahr 2010, also für dieses Jahr, schon gescheitert. Mittlerweile hat uns aus dem Kabinett die dröhnende nsage erreicht: Deutschland verabschiedet sich nicht ur sangund klanglos vom europäisch vereinbarten Ziel on 0,51 Prozent im Jahr 2010, sondern auch von einer eiteren Erhöhung im Jahr 2011. Das bedeutet Nullachstum im Rahmen der Millenniumsentwicklungs iele. Deutschland landet mit Schwarz-Gelb voraussichtich bei nur 0,4 Prozent, (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Voraussichtlich!)


nd das ist ein Skandal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, dieser
ntrag muss sich an dem messen lassen, was jetzt im
aushalt auf den Weg gebracht wird. Da handelt es sich
ffensichtlich um eine Täuschung der Öffentlichkeit.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Wir haben doch erst die Haushaltsberatungen, Frau Koczy! Im September geht’s los!)


estern posaunte Minister Dirk Niebel auch noch, dass
ie Reform der entwicklungspolitischen Institutionen ein
tarkes Signal an den UN-Millenniumsgipfel im Septem-
er aussende. Da täuscht er sich gewaltig. Sowohl diese
eform wie auch dieser Antrag gehen vor der Dramatik
es gebrochenen Versprechens in die Knie.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich wissen
och wir alle hier, warum und weswegen wir aus der Ent-
icklungspolitik für die MDGs kämpfen; da sind wir uns

raktionsübergreifend einig. Uns Grünen wurde im Aus-
chuss schon bestätigt, dass unsere Forderungen zu den
ielen in vielen Bereichen auch für die Koalition akzep-

abel seien. Wir Grünen meinen, dass wir einen umfassen-
en Ansatz wie den globalen Green New Deal brauchen,
amit die Finanzmärkte effektiv reguliert werden, damit
ich die Wirtschaft ökologisch und sozial ausrichtet, da-
it ein sozialer Ausgleich zwischen Industrie- und Ent-
icklungsländern stattfindet und damit besonders in den
ntwicklungsländern gegen die katastrophalen Wirkun-
en des Klimawandels gekämpft werden kann.

Für all dies brauchen wir Handlungsstrategien und
atürlich einen weltweiten MDG-Aktionsplan, der auch
inanziell unterstützt und unterfüttert ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


a muss ich Ihren Antrag, den Koalitionsantrag, im Vor-
eld der UN-Konferenz als Täuschungsmanöver sehen.
ie harten Haushaltsfakten sprechen eine andere Spra-

he.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Wir haben ja den Haushalt noch gar nicht!)






Ute Koczy


(A) )


)(B)

Sie führen mit Ihrem Antrag schon die Rückzugsge-
fechte und legen die Argumente vor, die schon heute
rechtfertigen sollen, warum es nicht so wichtig ist, das
0,7-Prozent-Ziel zu erreichen. Sie führen die Verantwor-
tung der Steuerzahler an.


(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Ja, das ist wahr!)


Sie führen an, dass die Gelder wirksam und effizient
ausgegeben werden sollen. Sie glauben an die Effizienz-
gewinne in Milliardenhöhe in der EZ, die untermauern
sollen, dass Steigerungsraten für Entwicklung nicht die
einzigen Herausforderungen sind.


(Anette Hübinger [CDU/CSU]: Genau!)


Das alles tun Sie nur, um sich reinzuwaschen von dem
großen politischen Versagen, ein international gegebenes
Versprechen gebrochen zu haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Harald Leibrecht [FDP]: Welche Dramatik!)


Sie machen es sich zu einfach, wenn Sie mit dem Fin-
ger auf die Vergangenheit zeigen und die damaligen Ver-
säumnisse anprangern. Zwar sage auch ich: „Es ist nicht
ganz verkehrt, daran zu erinnern“, doch es nützt Ihnen
hier und heute nichts. Sie tragen für 2010 und für 2011
die Verantwortung. Sie verantworten, dass es nicht mehr
Mittel für die Entwicklungspolitik gibt. Was fehlt, ist
politischer Wille.

Mein Fazit: Lug und Trug.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705515700

Das Wort hat nun Kollege Harald Leibrecht für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1705515800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

MDG-Überprüfungskonferenz im September ist in der
Tat ein wichtiger Meilenstein für die internationale Ent-
wicklungspolitik. Uns allen ist doch klar, dass noch
große Aufgaben vor uns liegen. Natürlich können wir
mit dem bisher Erreichten nicht zufrieden sein. Viele In-
dustriestaaten haben ihre Hausaufgaben, die selbstge-
steckten Ziele – sei es bei der ODA-Quote oder bei den
MDGs –, bisher nicht erreicht. Gerade das Erreichen der
MDGs ist für die Bundesregierung in der Tat eine Her-
kulesaufgabe, der sie sich jedoch mit ganzer Kraft stellt.
Es ist wirklich bitter, dass die SPD, aber auch die Grü-
nen in den vielen Jahren, in denen sie in diesem Bereich
Verantwortung hatten, leidlich wenig erreicht haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Doch jetzt gilt es, den Blick nach vorn zu richten. eine Damen und Herren, wir müssen den Entwick ungsländern eine Perspektive geben. Staatssekretärin opp hat die wichtigen Aspekte zu den MDGs genannt. ch möchte die wenigen Minuten Redezeit nutzen, um as Thema „Bildung in Entwicklungsländern“ anzusprehen. Es hat hier vor allem im Bereich der Grundbildung n den letzten Jahren durchaus Erfolge gegeben. Um ein Land aber auf lange Sicht erfolgreich aus der rmut zu befreien, müssen wir in Zukunft auf eine qua ifizierte und nachhaltige Bildung in den Entwicklungsändern setzen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ur dann, wenn Menschen eine solide Schulbildung be-
ommen, haben sie die Chance, ihr Schicksal selber in
ie Hand zu nehmen und sich von Abhängigkeit zu be-
reien.

Doch Grundbildung alleine reicht bei weitem nicht
us. Für den Aufbau von Justiz, Demokratie, Rechts-
taatlichkeit und sozialer Marktwirtschaft bedarf es einer
reiten Bildungsschicht, ja einer Bildungselite, die ihr
and in eine bessere Zukunft führt. Wenn ein Staat bei
er Bildung versagt, wie das in Entwicklungsländern so
ft der Fall ist, dann ist es doch durchaus sinnvoll, Frau
ofler, wenn es private Anbieter gibt. Warum eigentlich

uch nicht?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch kenne viele Beispiele dafür, dass der Staat versagt
nd dass es nur dank der Privaten funktioniert. Junge
enschen, Männer und Frauen gleichermaßen, müssen

ie Chance haben, nach der allgemeinen Schulbildung
inen qualifizierten Beruf zu erlernen oder eine höhere
chulbildung bis hin zur Universität zu erhalten.

Besonders der Lehrerausbildung kommt eine große
edeutung zu, da sie die Basis für ein gut funktionieren-
es Schulsystem ist. Minister Niebel hat vor wenigen
ochen ein Teacher Training College in Afghanistan er-

ffnet. Dort werden mit deutscher Hilfe jährlich bis zu
000 Lehrer ausgebildet. Wir bauen also nicht nur
chulen, sondern wir sorgen auch für qualifizierte Leh-
er.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, es ist wichtig, dass gut
usgebildete und hochqualifizierte Menschen sich in ih-
em Land mit ihrem Wissen einbringen und so ihren Bei-
rag zur Entwicklung ihres Landes leisten. Der Brain-
rain, also das Abfließen der Bildungselite aus einem
ntwicklungsland, lässt viele Bildungsmaßnahmen wir-
ungslos verpuffen und muss deshalb vermieden wer-
en.

Schon heute leistet Deutschland mit weltweiten Bil-
ungskooperationen einen bedeutenden Beitrag. Die
uswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist eine wichtige
äule der deutschen Außenpolitik, und viele junge Men-





Harald Leibrecht


(A) )


)(B)

schen in der Welt erhalten durch die Hilfe unseres Lan-
des eine bessere Bildung.

Aus-, Fort- und Hochschulbildung sind die beste lang-
fristige Hilfe zur Selbsthilfe und Voraussetzung für eine
nachhaltige Entwicklungspolitik. Hierum geht es auch in
unserem Antrag für eine bessere Bildung in Entwick-
lungsländern, wofür ich um Ihre Unterstützung werbe.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705515900

Das Wort hat nun Sascha Raabe für die SPD-Fraktion.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705516000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen!


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sascha, ganz ruhig!)


Es ist klar, dass wir zur Erreichung der Millenniumsent-
wicklungsziele auch mehr Geld brauchen. Darüber ha-
ben wir schon bei der ersten Lesung diskutiert. Die eine
oder der andere unter den Rednerinnen und Rednern
hatte mir danach vorgeworfen: Wenn es um die Errei-
chung der Millenniumsentwicklungsziele geht, darf man
nicht laut werden, nicht emotional werden. Wir alle sind
uns doch eigentlich einig. Das ist ein ernstes Thema.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: „Polemisch“, das war es!)


Wissen Sie, wir sind hier nicht auf dem Kirchentag,
sondern im Bundestag. Für die ärmsten Menschen in der
Welt reicht es nicht, wenn wir in Sonntagsreden immer
wieder sagen, dass wir Hunger und Armut überwinden
müssen, aber dann, wenn es darum geht, auch die Mittel
zur Verfügung zu stellen, das nicht leisten, so wie es bei
dieser Bundesregierung der Fall ist, Herr Kollege Ruck.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Bist du eigentlich schon länger im Parlament, oder bist du das erste Mal hier?)


Sie haben mir vorhin, bevor ich hier überhaupt gere-
det habe, Polemik vorgeworfen. Es ging darum, dass wir
als Opposition kritisieren, dass die Bundesregierung ihre
Versprechen nicht einhält. Ich möchte Ihnen dazu in Er-
innerung rufen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel
bei der Regierungserklärung 2005 hier vor uns gesagt
hat:

Wir haben uns deshalb dazu verpflichtet … bis
2010 mindestens 0,51 Prozent und bis 2015 die
ODA-Quote von 0,7 Prozent des Bruttoinlandspro-
dukts für die öffentliche Entwicklungszusammenar-
beit aufzubringen. Ich weiß, was ich da sage.

Dann hat sie – Herr Kollege Ruck, hören Sie gut zu! –
am 7. Juni 2007 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ge-
sagt:

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(C (D Und wir fühlen uns und ich fühle mich den Zielen für 2010 verpflichtet. Da wird abgerechnet. Herr Ruck, (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Wir sind doch beim Du! Christian heiße ich!)


enn im Jahr 2010 anstatt 0,51 Prozent nur 0,4 Prozent
a sind, dann stellt man nun einmal fest, dass eine Kluft
orhanden ist. Da ist ein Versprechen gebrochen worden.
as ist keine Polemik. Da muss man nur rechnen kön-
en. Herr Ruck, nehmen Sie einen Taschenrechner und
eden Sie sich da nicht heraus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


Es ist nun so, Herr Kollege Ruck, lieber Christian,


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Danke!)


ass die Kanzlerin wesentlich weiter ist als du. Sie hat
ir dieses Versprechen in vielen persönlichen Gesprä-

hen immer wieder gegeben.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


ch habe sie vor wenigen Wochen im Rahmen der De-
atte zum Haushalt 2010 angesprochen. Da hat sie mir
esagt: Ja, ich fühle mich sündig; ich habe da mein Ver-
prechen gebrochen. – Ich als guter Katholik sage: Ich
äre bereit, einer Sünderin zu verzeihen. Aber das setzt

ufrichtige Reue voraus. Angesichts der Tatsache, dass
s im Haushaltsentwurf für 2011 keine Steigerung gibt
nd dass die Versprechen ganz klar aufgegeben werden,
ann ich nur sagen: So können wir die Millenniumsziele
icht erreichen. Die Kanzlerin hat die Öffentlichkeit be-
ogen und die ärmsten Menschen betrogen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Quatsch! – Anette Hübinger [CDU/CSU]: Als Christ kommen Sie damit nicht durch!)


as werden wir als Opposition Ihnen immer wieder sa-
en, ob es Ihnen gefällt oder nicht, Herr Kollege.

Frau Staatssekretärin, ich bin gerne bereit, Effizienz
nd Wirksamkeit in den Mittelpunkt der Debatte zu stel-
en, wie Sie es gefordert haben. Aber dass Sie, wie ges-
ern in der Pressekonferenz groß angekündigt, die Zu-
ammenführung der technischen Institutionen im
ntwicklungsbereich als die große Lösung und den gro-
en Wurf in der Effizienzdebatte bezeichnen, das ist
och wirklich sehr stark übertrieben.

Der DAC-Bericht, auf den Sie sich immer beziehen,
ordert, die Trennung von technischer und finanzieller
usammenarbeit zu überwinden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705516100

Lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schuster

u?


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705516200

Ja.






(A) )


)(B)


Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1705516300

Herr Kollege Raabe, Sie haben in Ihren Ausführun-

gen mehrmals auf die Quote Bezug genommen. Zum
Schluss haben Sie die Effizienz angesprochen. Sind Sie
bereit, anzuerkennen, dass es sehr wichtig ist, dafür zu
sorgen, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie benötigt
wird? Ihre Ministerin hat auch solchen Staaten Budget-
hilfe zugesagt, von denen wir später wussten, dass diese
Gelder in den Apparaten der jeweiligen Regime versi-
ckern und eben nicht den Ärmsten der Armen zur Verfü-
gung gestellt werden.


(Zuruf von der SPD: Das ist eine faustdicke Lüge!)


Man muss auch einmal darüber diskutieren, wie man er-
reichen kann, dass das Geld da ankommt, wo es benötigt
wird.

Ich möchte Sie ferner fragen: Sind Sie nicht auch der
Meinung, dass die Reform der Durchführungsorganisa-
tionen notwendig ist? Von vielen, die in den Organisatio-
nen arbeiten, haben wir die Aufforderung vernommen:
Packt es endlich an! – Wir wollten dies schon viele
Jahre. Aber die damaligen Regierungen haben es nicht
geschafft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705516400

Liebe Kollegin Schuster, ich möchte zunächst auf den

zweiten Teil Ihrer Frage antworten.

Was die Reform der Institutionen angeht, ist es so,
dass das Verhältnis von finanzieller zu technischer Hilfe,
was ihr Haushaltsvolumen angeht, zwei zu eins beträgt.
Wir geben also doppelt so viel Geld für die finanzielle
Zusammenarbeit aus wie für die technische Zusammen-
arbeit. Natürlich ist es ein erster wichtiger Schritt, wenn
man im technischen Bereich etwas zusammenführt.
Aber es wäre wesentlich sinnvoller – da werden Sie mir
sicherlich zustimmen –, dass man den Bereich, der ein
doppelt so großes Volumen aufweist, auch in die Reform
einbezieht. Tut man dies nicht, gibt es für die Menschen
in den Partnerländern weiterhin zwei Ansprechpartner.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wollen Sie das etwa im Finanzministerium ansiedeln?)


Das ist doch gerade das, was im DAC-Bericht kritisiert
wird. Die Ministerin hat in der letzten Legislaturperiode
zu Recht gesagt: Erst einmal müssen wir die KfW-Ent-
wicklungsbank mit der GTZ fusionieren. Dann reformie-
ren wir den technischen Bereich. Denn nur auf diese
Weise erhalten wir eine Lösung aus einem Guss. – Das
steht auch, wie ich gerade schon ausgeführt habe, im
DAC-Bericht der OECD.

Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass
Staatssekretär Beerfeltz gestern im Ausschuss und da-
nach Minister Niebel im Rahmen der Regierungsbefra-
gung gesagt haben, dass sie auch zukünftig die KfW
Entwicklungsbank mit der Deutschen Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit nicht zusammenlegen wol-

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(C (D en. Damit brechen Sie ein Versprechen, weil Sie anangs gesagt hatten, diese Zusammenlegung sei der weite Schritt. Herr Beerfeltz hat sogar noch eine Betandsgarantie für die KfW Entwicklungsbank abgegeen. Liebe Frau Kollegin Schuster, zu diesem Teil Ihrer rage kann ich also ganz klar zusammenfassend sagen: s ist zu kurz gesprungen. Sie müssen eine große Re orm durchführen, wie sie von allen Experten gefordert ird. Nur dann ergibt sie einen Sinn. Zum ersten Teil Ihrer Frage, Frau Kollegin Schuster, ur Budgethilfe. Da haben Sie einen schwerwiegenden orwurf erhoben. Sie haben gesagt, dass die alte Bunesregierung in Person der damaligen Entwicklungsmiisterin im Rahmen von Budgethilfe Geld an Länder geeben hätte, welches dort versickert wäre. Das ist auch as Kernargument von Minister Niebel. Er sagt immer ieder, Frau Kollegin Schuster, dass er die Budgethilfe öglichst zurückfahren möchte. Dazu sage ich Ihnen: as Problem ist, dass wir in manchen Ländern 120 bis 30 Geberländer oder verschiedene Ansprechpartner haen. Das heißt, die Italiener, die Spanier oder die Franzoen – wir hatten das Beispiel im Bildungsbereich – wolen Schulen bauen oder ein eigenes Lehrprogramm uflegen. Eine staatliche bzw. eine internationale Orgaisation gibt der nächsten die Klinke in die Hand. Das berfordert unsere Partnerländer. Das schwächt auch die igenverantwortung der Parlamente. (Beifall bei der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Dafür gibt es die BasketFinanzierung!)


eswegen wollen wir Budgethilfe dann geben, Frau
ollegin, wenn sie mit einer klaren Rechenschaftspflicht
erbunden ist, das heißt, es muss ein Rechnungshof vor-
anden sein. Ich weise es daher zurück, dass wir jemals
udgethilfe irgendwo hingegeben hätten, ohne klare
riterien festzulegen, dass die Parlamente dort zum
uge kommen und das Vorgehen kontrolliert wird.

Frau Kollegin Schuster, ich zitiere keinen Sozialde-
okraten, sondern einen liberalen Politiker, den ehema-

igen EU-Entwicklungskommissar Louis Michel, der Ih-
er Partei angehört.


(Harald Leibrecht [FDP]: Nein, nein! Das wäre mir neu!)


r hat im Jahr 2008 im Ausschuss für wirtschaftliche
usammenarbeit und Entwicklung Folgendes gesagt –

ch zitiere –:

Die Frau Ministerin

Heidemarie Wieczorek-Zeul –

und ich selbst kommen gerade zurück von der Kon-
ferenz in Accra …

Das war die Aid-Effectiveness-Conference. –

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Instrument
der Budgethilfe am besten geeignet ist, diese Prinzi-
pien zur Erhöhung der Wirksamkeit in unserer Ent-
wicklungszusammenarbeit zu verwirklichen.





Dr. Sascha Raabe


(A) )


)(B)


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das war auch ein Schmarrn, was er gesagt hat!)


Budgethilfe verstärkt den demokratischen Prozess.
Der Haushaltsplan entspricht der politischen Vision
und spiegelt die sozialen und wirtschaftlichen Prio-
ritäten der Regierung wider. Der Haushaltsplan för-
dert Transparenz und Rechenschaftspflicht durch
die Einbeziehung und Kontrolle des Parlaments.

Am Haushaltsplan lässt sich auch ablesen, inwie-
weit die Regierung sich um die Verwirklichung der
Millenniumsentwicklungsziele bemüht.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das war ja auch Quatsch, was er erzählt hat!)


Budgethilfe unterstützt somit direkt die Entwick-
lungsstrategien der Partnerregierungen und nimmt
sie gleichzeitig in die Verantwortung, diese Priori-
täten umzusetzen und Resultate vorzuweisen.

Sie erhöht die Rechenschaftspflicht der Partnerlän-
der

– das tut weh, stimmt’s? –

gegenüber ihren Bürgern und Parlamenten.

Ich könnte fortfahren. Für uns ist noch wichtig, dass
er gesagt hat:

Die Auszahlung der Mittel

– hören Sie gut zu, Frau Schuster, wir führen eine MDG-
Debatte –

wird vom Fortschritt beim Erreichen der Millen-
niumsentwicklungsziele (MDGs) abhängig ge-
macht. Statt über die Verwendung jedes Euros mit-
zubestimmen (inputs), wie bei der Projekthilfe,
wollen wir von der Regierung Resultate (outputs)

sehen.

Darum geht es bei der Budgethilfe. Wenn der Staats-
sekretär Beerfeltz im Ausschuss dieses moderne Instru-
ment der Entwicklungshilfe als Suppenschüsselsozialis-
mus tituliert, dann frage ich mich, wer einen Sprung in
der Schüssel hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das gerade Zitierte hat Ihr Entwicklungskommissar der
EU gesagt. Ich finde, Sie sollten aufhören, Vorurteile an
Stammtischen zu bedienen,


(Harald Leibrecht [FDP]: Wer hat das Geld verplempert?)


und so zu tun, als würden wir Geld verplempern. Neh-
men Sie die Worte des ehemaligen Kommissars der Eu-
ropäischen Union zur Kenntnis, der der Partei der Libe-
ralen angehört.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das war eine Flasche!)


In Wirklichkeit wollen Sie, Herr Minister – darum
geht es Ihnen auch bei der Institutionenreform –, nicht
gemeinsam mit anderen Ländern eine abgestimmte Ent-

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(C (D icklungspolitik machen, indem wir multilateral mit ielen anderen Gebern gemeinsam eine vernünftige, eineitliche Entwicklungszusammenarbeit machen, sonern Sie wollen – das sagte Ihr Staatssekretär gestern im usschuss –, dass überall dort, wo Deutschland drin ist, uch Deutschland draufsteht. Sie wollen viele deutsche ahnen auf möglichst vielen kleinteiligen Projekten seen, anstatt gemeinsam mit den anderen Staaten dieser rde eine moderne Entwicklungspolitik zu machen. Auf iese kleingeistige Kleinstaaterei lassen wir uns nicht ehr ein. Das wäre der Kernpunkt einer Debatte über ffizienz und nicht das, was Sie mit einer kleinen Insti utionenreform machen, Herr Minister. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dazu gehört auch, dass Sie im Koalitionsvertrag fest-
elegt haben – das muss man sich einmal überlegen –,
ass nur noch ein Drittel der künftigen Entwicklungszu-
ammenarbeit multilateral ausgegeben werden darf. Sie
idersprechen hundertprozentig dem, was in Accra bei
er Konferenz über Wirksamkeit der Entwicklungszu-
ammenarbeit vereinbart wurde. Deswegen haben wir in
nserem Antrag, den wir als Aktionsplan zur Erreichung
er Millenniumsentwicklungsziele geschrieben haben,
anz klar formuliert, dass wir gemeinsam mit anderen
ändern für eine moderne und wirksame Entwicklungs-
olitik stehen.

Zu den finanziellen Zusagen. Wir wollen Quantität
nd Qualität nicht gegeneinander ausspielen. Wir brau-
hen mehr Mittel. Wir brauchen eine abgestimmte Poli-
ik. Wir brauchen dort multilaterale, moderne Mittel wie
ie Budgethilfe, wo die Kriterien stimmen. Wir wollen
or allem, dass der Hunger in der Welt halbiert wird.
eswegen sind wir der Meinung, dass unser Antrag die-

es Ziel befördern könnte. Ich bitte deshalb um Zustim-
ung zu diesem Antrag.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705516500

Jetzt erteile ich der Kollegin Heidemarie Wieczorek-

eul das Wort für eine Kurzintervention.


Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1705516600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier

teht eine wahrheitswidrige Behauptung im Raum. Ich
rwarte, dass Frau Schuster diese zurücknimmt. Ich lege
ert auf die Feststellung, dass über alle Budgethilfean-

räge im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages
bgestimmt worden ist. Sie werden wohl nicht unterstel-
en wollen, dass Ihr jetziger Koalitionspartner, die CDU/
SU-Fraktion, in diesen Abstimmungen Geld verplem-
ert hat.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das würden wir nie machen!)


Der Haushaltsausschuss hat diese Anträge sehr sorg-
ältig überprüft und dazu beigetragen, dass die Linie des





Heidemarie Wieczorek-Zeul


(A) )


)(B)

Ministeriums, nur dann Mittel gezielt zur Verfügung zu
stellen, wenn man weiß, wie der gesamte Haushalt des
Partnerlandes aussieht, eingehalten wurde. Demgegen-
über haben Sie bei der Projektitis nur ein kleines Projekt,
das Sie sich anschauen können, aber der Gesamthaushalt
des Partnerlandes wird nicht überprüft.

Das ist das, was wir gemacht haben. Dazu stehe ich
ausdrücklich. Wahrheitswidrige Behauptungen bitte ich
hier zurückzunehmen.


(Beifall bei der SPD – Harald Leibrecht [FDP]: Das macht die Sache aber nicht besser!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705516700

Jetzt gebe ich Frau Schuster die Gelegenheit zur Er-

widerung.


Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1705516800

Frau Wieczorek-Zeul, ich habe mich nicht auf die

Haushaltsberatungen des Deutschen Bundestages bezo-
gen, sondern ich habe mich darauf bezogen, dass sich bei
den Reisen, die wir durchgeführt haben, Abgeordnete
aus afrikanischen Ländern bei uns beschwert haben, dass
ihre Regierungen vor Ort die Budgethilfe nicht in einem
transparenten Verfahren verwenden. Das war mein
Punkt. Die Parlamentarier in diesen Ländern sagen
selbst: Das Geld kommt nicht bei den Ärmsten an; es
wird bei den Machthabern gebunkert, statt die Projekte
umzusetzen, die den Armen vor Ort nützen. Das war
mein Punkt. Ich habe mich nicht auf die Haushaltsbera-
tungen bezogen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Harald Leibrecht [FDP]: So sieht es aus!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705516900

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Sabine Weiss

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Sabine Weiss (CDU):
Rede ID: ID1705517000

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Meine Damen und Herren! Ich will zum Thema
zurückkommen und nicht in die Haushaltsberatungen
eintreten, die erst im September stattfinden.

Das wird Mitte September alles andere als eine be-
queme Sitzung, wenn die Vereinten Nationen in New
York zusammenkommen, um eine Zwischenbilanz zu
ziehen. Es geht um acht ambitionierte Ziele, um Armut
und Hunger auf dieser Welt zu mindern und Krankheit
und Elend einzudämmen, um fehlende Bildung auszu-
gleichen und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern
herzustellen. 15 Jahre gab man sich im Jahr 2000 Zeit.
Nun, im September 2010 wird überprüft, wo die Weltge-
meinschaft nach zwei Dritteln der Wegstrecke steht.

Diese Zwischenbilanz – ich denke, darin sind wir uns
einig – wird uns im Ergebnis nicht zufriedenstellen; das
einmal vorweg. Sie kann aber – ich denke, auch das
muss erwähnt werden – Mut machen, wenn wir den

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(C (D lick auf die Bereiche richten, in denen wir vorwärtsgeommen sind. Wir haben beispielsweise in China und ndien gesehen, dass über die wirtschaftliche Entwickung tatsächlich Armut bekämpft werden kann. Wir haen gesehen, dass der Zugang zu Bildung im Grundchulbereich tatsächlich verbessert werden konnte, und ies eben nicht nur für die Jungen. Wir haben Erfolge bei er Bekämpfung von HIV, Malaria und Tuberkulose zu erzeichnen, und wir können eine nachhaltige Reduzieung der Treibhausgasbelastung feststellen. Mut machen kann die Zwischenbilanz da, wo wir seen, dass der Weg der richtige ist: ambitionierte, klare nd messbare Ziele, die gemeinsame Verpflichtung von ndustrie-, Schwellenund Entwicklungsländern sowie ie aktive Beteiligung der internationalen Hilfsorganisaionen und der Privatindustrie. Dieser Weg kann zu Fortchritten führen, wenn man ihn denn beherzt und konseuent geht. Genau hier, denke ich, liegt der Schlüssel für das weiere Vorgehen im September. Wir müssen konstatieren: n den meisten Bereichen liegen wir weit hinter dem lan. Gerade bei den Millenniumszielen 4 und 5 wird ies erschreckend deutlich. Es wurde heute zwar schon einige Male gesagt, aber h denke, angesichts der Dramatik kann es nicht oft genug esagt werden: Wenn nach wie vor jährlich Millionen Kiner in den Entwicklungsländern sterben, bevor sie 5 Jahre lt geworden sind, wenn nach wie vor 350 000 Mütter ährlich die Geburt nicht überleben, wenn nach wie vor infachste Krankheiten in den armen Ländern zum Tode ühren können, nur weil die hygienischen und medizinichen Voraussetzungen fehlen, und wenn dies – das empinde ich als sehr dramatisch – dann auch noch geschieht, hne dass die bundesrepublikanische Öffentlichkeit auferüttelt wird, dann ist das in meinen Augen ein Skandal rster Güte. (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen weiterhin konstatieren: Die Welt hat sich
eit dem Jahr 2000 geändert. Die weltweite Wirtschafts-
nd Finanzkrise hatte man damals eben nicht auf der
echnung. Und die Fachleute sind sich einig: Die härtes-

en Auswirkungen wird diese Krise ohnehin auf die
rmsten der Armen haben. Also dürfen wir diese Mil-

enniumsziele nicht leichtfertig aufgeben. Wir haben sie
uch nicht aufgegeben.

Frau Koczy und Herr Raabe, wir – das gilt also auch
ür mich – lassen uns von niemandem hier in diesem
ause oder von draußen unterstellen, dass wir Lug und
rug begehen. Wir meinen es ehrlich. Wir nehmen den
ampf auf, und wir werden die Fahne weiterhin hoch-
alten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Die rote Fahne! – Gegenruf des Abg. Holger Haibach [CDU/ CSU]: Garantiert nicht!)


ir müssen die Millenniumsziele weiter bekräftigen und
n ihnen festhalten – und dies eben nicht als Akt der





Sabine Weiss (Wesel I)



(A) )


)(B)

Barmherzigkeit oder des Gutmenschentums. Die Verpflich-
tung zu den Millenniumszielen beruht vielmehr – wie wir
es in unserem Antrag formuliert haben – auf dem Funda-
ment weltweiter Solidarität und Gerechtigkeit. Die Mil-
lenniumsentwicklungsziele sind ein ambitionierter Fahr-
plan, um einen großen Teil der Menschheit von Elend
und Hunger zu befreien. Wem damit alleine nicht gedient
ist: Diese Verpflichtung ist auch ein aktiver Beitrag zur
Konflikt- und Terrorismusprävention. Und sie schafft die
Voraussetzung zur Vermeidung unkontrollierbarer Flücht-
lingsströme. Ich füge hinzu: Gerade in Zeiten der welt-
weiten Wirtschaftskrise ist niemandem damit gedient,
wenn die weltweiten Märkte durch Armut, Hunger und
auch Perspektivlosigkeit zusammenbrechen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen uns dabei aber auch, bitte, ehrlich in die
Augen schauen und ein Weiteres konstatieren: Die aktu-
elle Finanzsituation macht erhebliche Steigerungen im
Haushalt eher schwierig bis unwahrscheinlich. Wir alle
können uns das natürlich wünschen; aber dieser Wunsch
wird auf absehbare Zeit ein solcher bleiben. Wir müssen
also umschichten und Prioritäten setzen. Aber genau
dies ist verantwortliche Politik: das Machbare wirklich
möglich machen. Es muss aber machbar sein.

Wie können wir also den Millenniumszielen näher
kommen, ohne gleichzeitig mit dem großen Füllhorn
durch die Gegend zu laufen? Für mich liegt der Schlüs-
sel in einer umfassenden Effizienzkontrolle. Und glau-
ben Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, da ist noch
eine ganze Menge Musik drin.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Jeder von uns Entwicklungspolitikern – ich sage das
ohne Vorwurf – kennt Beispiele, wo viel Geld auch inef-
fizient ausgegeben wurde. Ich möchte hier niemanden
– keine Person und keine Organisation – infrage stellen,
aber bei der Effizienzkontrolle unserer Entwicklungshil-
femittel kann noch viel gemacht werden. Das sind wir
den Menschen in den Entwicklungsländern schuldig. Ich
denke, der deutsche Steuerzahler muss sicher sein, dass
jeder einzelne Euro unserer Finanzhilfe so effizient wie
möglich angelegt wird.

Wir Entwicklungspolitiker – auch das möchte ich im
Rahmen heftiger Debatten sagen – sollten in der Sache
zusammenhalten. Wir müssen uns ehrlich, kritisch, aber
auch selbstkritisch für eine gute Politik für die Menschen
in den Schwellen- und Entwicklungsländern und damit
gemeinsam für eine bessere Welt einsetzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705517100

Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe von Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705517200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Weiss, ich möchte Ihren Appell gerne auf-
nehmen. Sie haben Ehrlichkeit eingefordert. Es gab im

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(C (D usschuss eine heftige Debatte über Glaubwürdigkeit. ch möchte hier gerne klarstellen, dass ich keiner Kollein und keinem Kollegen aus dem Entwicklungsauschuss unterstellen würde, sich nicht für die Erreichung er Millenniumsziele und auch für die Erreichung des ,7-Prozent-Ziels voll einzusetzen. Aber zur Ehrlichkeit ehört auch – das betone ich; ich habe das bereits im ahmen der letzten Haushaltsdebatte getan und will das erne wiederholen –, dass bisher alle Bundesregierungen as vollmundige Versprechen, diesen Pfad zu beschreien und das 0,7-Prozent-Ziel zu erreichen, nicht mit den otwendigen Haushaltszahlen unterlegt haben. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist also Anlass zur Kritik und auch zur Selbstkritik.
ieses Theater mit den gegenseitigen Schuldzuweisun-
en können wir uns wirklich schenken.


(Harald Leibrecht [FDP]: Wir dürfen aber keine Geschenke annehmen!)


Zur Wahrheit gehört auch, dass es sehr schwer ist, das
,7-Prozent-Ziel zu erreichen. Aber ich möchte denjeni-
en heftig widersprechen, die sagen, es sei unmöglich
nd unrealistisch. Wenn wir die Zahlen genau betrach-
en, dann sehen wir, dass im Haushalt 2011 – die Zahlen
iegen ja schon vor – für die Finanzierung der MDGs
Milliarden Euro fehlen. Ich lasse mir von niemandem

agen, dass es unrealistisch ist, diesen Betrag aufzubrin-
en. Denn es war zum Beispiel in der letzten Legislatur-
eriode möglich, einmal eben aus dem Handgelenk über
acht 5 Milliarden Euro für eine Abwrackprämie zur
erfügung zu stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Sie haben von der Fahne gesprochen, die wir hochhal-
en sollen. Vielleicht können wir sie ja gemeinsam hoch-
alten. Wir sind uns im Entwicklungsausschuss ja einig.
ir müssen aber auch zugeben, dass es an einer falschen

rioritätensetzung jeweils im Gesamtkabinett gescheitert
t.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Erreichung der 0,7 Prozent ist weder an Heidemarie
ieczorek-Zeul gescheitert noch jetzt an Dirk Niebel
beide wären dankbar über mehr Geld in ihrem Etat ge-
esen –, sondern an Fehlentscheidungen des Gesamtka-
inetts und des jeweiligen Haushaltsausschusses. Wenn
ir, die Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungs-
olitiker aller Fraktionen, wirklich gemeinsame Sache
achen würden, wenn wir wirklich Rückgrat hätten,

ann würden wir jetzt ganz energisch einfordern: Die
ersprechen müssen eingehalten werden. Es ist möglich,
s ist finanzierbar. Es kommt einzig und allein auf die
rioritätensetzung an.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ann könnte unser Ausschuss wirklich Profil gewinnen,
o wie das in der letzten oder vorletzten Legislaturpe-





Thilo Hoppe


(A) )


)(B)

riode der Menschenrechtsausschuss geschafft hat, als er
die Fesseln von Fraktionszwängen abgelegt hat.

Ich habe jetzt in der kurzen Redezeit über das Geld
gesprochen. Natürlich ist viel mehr notwendig, um die
MDGs zu erreichen. Wir haben einen umfassenden An-
trag vorgelegt, in dem wir einen Global Green New Deal
fordern. Wir brauchen gerechtere Strukturen in der Welt-
wirtschaft. Einige Kolleginnen und Kollegen haben da-
rauf hingewiesen. Wir brauchen eine Effizienzsteige-
rung. Der Weg zur Institutionenreform ist ein Schritt in
die richtige Richtung. Aber wir dürfen uns um Gottes
Willen nicht davor drücken, die Zusagen einzuhalten
und das Geld zur Verfügung zu stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705517300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Anette Hübinger von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Anette Hübinger (CDU):
Rede ID: ID1705517400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge-

schätzte Kollegin Kofler, den Antrag werden wir bzw.
ich mit Sicherheit nicht in die Tonne treten. Wir mussten
feststellen, dass unser zugegebenermaßen guter Antrag
aus der letzten Legislaturperiode nicht die Strahlkraft ins
Ministerium hatte, wie wir uns das vorgestellt hatten.
Auch eine Nachfrage zum Ende der Legislaturperiode,
was nun umgesetzt ist, hat uns nicht befriedigt. Was
nicht funktioniert, muss erneuert werden. Deswegen ha-
ben wir heute die Erneuerung auf dem Tisch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das ist keine Erneuerung!)


– Ja, doch.

Aber nun zum Thema unseres Antrags: Bildung als
Millenniumsziel. Dazu muss ich Ihnen vorab einige Zah-
len nennen, die plastisch machen, um was es geht.
2,2 Milliarden Menschen auf der Welt sind heute jünger
als 18 Jahre, davon leben 1,9 Milliarden in den Entwick-
lungsländern. Das heißt, ein Großteil der Kinder und Ju-
gendlichen wächst in Ländern auf, in denen sie keinen
Zugang zu Bildung haben.

Weitere Zahlen: 72 Millionen Kinder, mehr als die
Hälfte davon Mädchen, können noch immer keine
Grundschule besuchen. Ein Drittel der eingeschulten
Kinder in Afrika bricht die Grundschule frühzeitig ab.
776 Millionen Jugendliche und Erwachsene können we-
der schreiben noch rechnen. Das sind erschütternde Zah-
len.

Hinzu kommt, dass die Bildungssysteme in den Ent-
wicklungsländern oft unterfinanziert und den Lernbe-
dürfnissen nicht angepasst sind. Die Schulklassen sind
überfüllt. Früher Schulabbruch ist weit verbreitet. Lehr-
kräfte sind ungenügend aus- und fortgebildet. Ange-
sichts dieser Realität scheint die Erreichung des zweiten

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(C (D illenniumsziels – Grundschulbildung für alle Kinder is 2015 – trotz erzielter Fortschritte schwer erreichbar nd erfordert vermehrte Anstrengungen. Ich sage „erforert“; ich spreche nicht im Konjunktiv. Bildung ist der Schlüssel zur Bekämpfung von Arut. Bildung ist der beste soziale Impfstoff gegen HIV/ ids und Hunger. Bildung ist ausschlaggebend für eine eilhabe der Menschen an gesellschaftlichen Prozessen, ür Demokratisierung und nicht zuletzt für Innovationen nd Wirtschaftswachstum. urz: Ohne Bildung hat ein Land keine Zukunft. Desalb haben wir als Koalition Bildung zu einem Schwerunkt in unserer Entwicklungszusammenarbeit gemacht nd die Mittel im diesjährigen Fachhaushalt – 200 Milionen Euro – fast verdoppelt. Das zeigt deutlich, dass ir diesen Bereich der Entwicklungszusammenarbeit in en kommenden Jahren quantitativ, aber auch qualitativ eiter voranbringen wollen. Dabei liegt die Betonung nsbesondere auf der Qualität; denn es nutzt den Kindern nd Jugendlichen nichts, wenn sie die Schule besuchen onnten, aber nach dem Ende der Schulausbildung kaum esen und schreiben oder rechnen können. Bildungsinestitionen sind das Fundament für eine nachhaltige Enticklung in unseren Partnerländern. Deshalb möchte ich hnen, Herr Minister Niebel, danken und Sie ermuntern, en Bildungsbereich in der EZ weiterhin so zu fördern, ie bis jetzt geschehen. Ich möchte einige Aspekte unseres Antrags hervorheen. Durch die steigende Einschulungsrate und wegen es rasanten Bevölkerungswachstums fehlen bereits jetzt 8 Millionen Grundschullehrkräfte. Deshalb wollen wir it einer verstärkten Förderung der Ausund Weiterbil ung von Lehrern, durch partizipative Unterrichtsmethoen und mehrsprachigen Unterricht, bei dem auch die inigenen Sprachen berücksichtigt werden, und nicht uletzt durch eine angemessene Bezahlung der Lehrerinen und Lehrer die Qualität der Bildung verbessern. So wichtig und richtig Grundbildung ist, so reicht ihre lleinige Förderung nicht aus. Eine Entwicklung in unseen Partnerländern gelingt nur, wenn ein gleichmäßiger ufbau aller Bildungsbereiche – frühkindliche Bildung, rimarund Sekundarbildung, berufliche Bildung, Hochchulbildung und Erwachsenenbildung – gewährleistet ird. Auch hier muss gelten: kein Abschluss ohne An chluss. Junge Menschen müssen die Chance haben, nach iner allgemeinen Schulbildung einen Beruf zu erlernen der eine höhere Schulbildung bis hin zur Universität zu rlangen. Qualifizierte Arbeitskräfte sind in unseren Partnerlänern genauso wie bei uns hier in Deutschland für das irtschaftswachstum entscheidend. Der bewährte deut che Ansatz der dualen Berufsausbildung wird in einzelen Schwellenund Entwicklungsländern bereits praktiiert und immer mehr nachgefragt. Hier gibt es enormes ntwicklungspotenzial. Deshalb wollen wir künftig noch tärker in Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen nnovative Angebote in der beruflichen Bildung fördern; Anette Hübinger )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

denn Berufsausbildungsprogramme spielen in diesen
Ländern gerade im non-formalen Bildungssektor eine
große Rolle. Für viele Menschen ist eine solche Ausbil-
dung die einzige Möglichkeit, eine berufliche Qualifizie-
rung und damit die Möglichkeit zu einem selbstbestimm-
ten Leben zu erhalten.

Im Bereich der Hochschul- und Wissenschaftskoope-
ration leistet Deutschland schon heute einen wichtigen
Beitrag zum globalen Wissensaustausch. Ich nenne hier
beispielhaft den DAAD, die Stiftungen, Kirchen, die GTZ,
die KfW und InWEnt, die jungen Menschen mithilfe von
unterschiedlichsten Förderprogrammen und -maßnah-
men den Zugang zu einer Universitätsausbildung ermög-
lichen. Dabei ist uns besonders wichtig, dass wir die Ka-
pazitäten im Wissenschafts- und Forschungsbereich vor
Ort, in den Partnerländern, gezielt unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Herausforderungen sind groß. Wir müssen die
frühkindliche Bildung ausbauen, mehrere Millionen
Kinder in die Grundschule bzw. Schule bringen, die
Lernstandards und die Lernangebote für Jugendliche und
Erwachsene erweitern.

Good Governance ist der Schlüssel zur Erreichung
dieser Ziele. Ungleichheiten, die auf Armut, ethnischer
Zugehörigkeit, Geschlecht oder anderen Faktoren der
Benachteiligung beruhen, müssen von den Regierungen
in unseren Partnerländern abgebaut werden. Die nationa-
len Ausgaben der Partnerländer für Bildung müssen
erhöht werden. In diesem Zusammenhang ist die politi-
sche Bildungsarbeit unserer Stiftungen vor Ort in den
Bereichen Good Governance, Demokratiebildung und
Stärkung der Zivilgesellschaft von zentraler Bedeutung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Bildungsbereich ist ein Schlüsselsektor für nach-
haltige Entwicklung, Wachstum und Wohlstand, in unse-
rem Land genauso wie in unseren Partnerländern. Des-
halb bitten wir als CDU/CSU-Fraktion um Zustimmung
zum Antrag der Koalition.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705517500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf
Drucksache 17/2421 mit dem Titel „Bemühungen zur
Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele bis 2015
verstärken“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit der
Mehrheit der Koalitionsfraktionen gegen die Opposi-
tionsfraktionen angenommen.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2134 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

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(C (D Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussmpfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusamenarbeit und Entwicklung auf Drucksache 17/2464. er Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss mpfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der PD auf Drucksache 17/2018 mit dem Titel „Herausforerung Millenniums-Entwicklungsziele“. Wer stimmt ür die Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen it den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Frak ion Die Linke gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und ündnis 90/Die Grünen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion ie Linke auf Drucksache 17/2024 mit dem Titel „Steierung der Entwicklungshilfequote auf 0,7 Prozent geetzlich festlegen“. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist angenommen mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Geenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung von ündnis 90/Die Grünen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seier Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 7/2132 mit dem Titel „Mit dem Global Green New eal die Millenniumsentwicklungsziele erreichen“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist ngenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen nd der SPD-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion ie Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Halina Wawzyniak, Ulla Jelpke, Jan Korte, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Einführung der dreistufigen Volksgesetzgebung in das Grundgesetz)


– Drucksache 17/1199 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt es
agegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als erster
ednerin der Kollegin Halina Wawzyniak von der Frak-

ion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705517600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

ollegen! Direkte Demokratie ist wieder im Gespräch.
enau das ist die Stärke der direkten Demokratie. Die
enschen reden nämlich über Sachfragen und nicht über





Halina Wawzyniak


(A) )


)(B)

Machtfragen. Sie reden über Dinge, die sie wirklich in-
teressieren. Auch nach dem erfolgreichen Volksent-
scheid in Bayern, über dessen Ausgang man durchaus
unterschiedlicher Meinung sein kann,


(Zurufe von der LINKEN: Nein!)


mehren sich die Stimmen in Bevölkerung, Medien und
Politik, die fordern, dieses Instrument auch auf Bundes-
ebene einzuführen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben heute die Chance, dies auf den Weg zu
bringen. Die Fraktion Die Linke hat als einzige Fraktion
einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht, über
den wir nunmehr diskutieren. Ich sage insbesondere im
Hinblick auf die Fraktionen, die in der letzten Legisla-
turperiode einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht ha-
ben: Liebe FDP, liebe Grüne, geben Sie sich einen Ruck!


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich den Inhalt in seinen wesentlichen
Grundzügen kurz skizzieren. Die Volksgesetzgebung
gliedert sich nach diesem Gesetzentwurf in ein dreistufi-
ges Verfahren: Volksinitiative, Volksbegehren, Volksent-
scheid.

Um eine Volksinitiative zu starten, benötigen die Ini-
tiatoren 100 000 Unterschriften. Danach können sie dem
Bundestag eine Gesetzesvorlage zur Änderung eines
Bundesgesetzes oder des Grundgesetzes vorlegen. Ein-
zige Einschränkung: Die Gesetzesvorlage muss verfas-
sungsrechtlich zulässig sein. Sie ist es nicht, wenn zum
Beispiel der Kerngehalt der Grundrechte berührt wird.
Eine Wiedereinführung der Todesstrafe ist zum Beispiel
unmöglich. Das ist gut so.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Gesetzentwurf greift auch einen anderen wichti-
gen Punkt auf. Unzulässig sind allein Volksinitiativen,
die sich auf das Haushaltsgesetz beziehen. Dies ist aus
unserer Sicht wichtig, da zu häufig Volksinitiativen mit
dem Verweis auf haushaltsrechtliche Auswirkungen als
unzulässig abgelehnt wurden.

Der Bundestag muss über die Zulässigkeit und den
Inhalt der Initiative beschließen. Dem Bundesrat muss
die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
Wird die Initiative für unzulässig erklärt, steht den Ver-
trauensleuten der Rechtsweg offen. Stimmt der Bundes-
tag mit Mehrheitsbeschluss dem Inhalt der Initiative zu,
dann erlangt diese Initiative Gesetzeskraft.

Lehnen die Abgeordneten den Inhalt ab, dann haben
die Initiatoren die Möglichkeit, die zweite Stufe, also die
Volksgesetzgebung, zu beschreiten: Das Volksbegehren
wird eingeleitet. Dafür müssen dann 1 Million Unter-
schriften gesammelt werden, bei einer Grundgesetzände-
rung 2 Millionen. Wird das Begehren abgelehnt, kommt
die dritte Stufe, der Volksentscheid, bei dem nunmehr
die wahlberechtigte Bevölkerung über den Inhalt ab-
stimmt. Gesetzeskraft erlangt der Inhalt bei einer Ab-
stimmung dann, wenn ein Viertel der Wahlberechtigten
an der Abstimmung teilnimmt und davon die Mehrheit
mit Ja stimmt. Bei einer Grundgesetzänderung müssen

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(C (D wei Drittel mit Ja stimmen. So weit die Gesetzesinitiaive. Gute und gefestigte Demokratien zeichnen sich durch ine Vielfalt von demokratisch geprägten und demokraieförderlichen Institutionen und Prozessen in allen geellschaftlichen Bereichen aus. Ihre Grundlage ist die öglichst intensive Beteiligung der Bürgerinnen und ürger an allen öffentlichen Angelegenheiten. Die olksgesetzgebung ist nur ein Element. Um ihr zu ihrer atsächlichen Wirkung zu verhelfen, ist es wichtig, das ngagement der Bürgerinnen und Bürger auch struktu ell zu unterstützen. Das bedeutet weitestgehende Transarenz aller Entscheidungsprozesse: im Parlament, in er Regierung und in der Verwaltung. ffentlichkeit von Sitzungen und parlamentarischen remien gehört genauso dazu wie Akteneinsichtsrechte ür Abgeordnete und Bürger. Zum Schluss möchte ich auf den Vorschlag von Proessor Dr. Roland Roth, Politikwissenschaftler an der achhochschule Magdeburg und Autor der bemerkenserten Expertise Handlungsoptionen zur Vitalisierung er Demokratie aufmerksam machen. Er fordert die Einetzung einer Demokratie-Enquete des Bundestages. ufgabe dieser sollte es sein, grundlegende und länger ristige gesellschaftliche und politische Problemlagen ufzuarbeiten und politische Lösungswege vorzuschlaen. Die Einsetzung dieser Kommission wäre mit den timmen von Rot-Rot-Grün möglich. Ich möchte aber unächst vorschlagen, dass wir gemeinsam die Volksgeetzgebung einführen. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705517700

Das Wort hat der Kollege Helmut Brandt von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1705517800

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

nd Kollegen! Ceterum censeo: Jedes Jahr aufs Neue de-
attieren wir über die Einführung einer direkten Demo-
ratie.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden auch nie aufhören!)


So alt werden Sie gar nicht, Herr Ströbele, als dass ich
as nicht erleben könnte.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden Sie noch erleben!)


Zum wiederholten Male müssen wir uns heute daher
iesem Thema widmen. Ich freue mich, dies heute für
eine Fraktion tun zu können.

Ich werde deutlich machen, dass es sich hierbei um
inen rein populistischen Antrag und eine rein populisti-





Helmut Brandt


(A) )


)(B)

sche Forderung der Linken handelt, mit der man mögli-
cherweise die Gunst der Bevölkerung leicht gewinnen
kann, die aber keine zum Nutzen unserer Demokratie ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


An unserer Argumentation, die in den letzten Jahren bei
den einschlägigen Debatten immer wieder vorgebracht
wurde, hat sich im Kern nichts verändert.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie haben nichts gelernt!)


Die Befürworter von Plebisziten tun gerade so, als sei
unsere parlamentarisch-repräsentative Demokratie eine
quasi minderwertige Form der Demokratie,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unvollkommen!)


ein geschichtliches Versehen, das endlich korrigiert wer-
den muss. Das ist eine Geisteshaltung, die ich nicht tei-
len kann.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das steht doch nirgendwo!)


Es wird dabei suggeriert, die Einführung von Volksent-
scheiden sei ein Allheilmittel gegen Politikverdrossen-
heit.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Auch das steht nirgendwo!)


– Das steht zwar nirgendwo, aber das steht hinter Ihrem
Antrag. – Es wird behauptet, nur durch die direkte De-
mokratie könnten das bürgerschaftliche Engagement ge-
stärkt und die Wähler wieder an die Wahlurnen zurück-
geholt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Diese Auffassung teilen wir ausdrücklich nicht. Es spre-
chen nämlich gewichtige Gründe klar gegen Plebiszite
auf Bundesebene und für eine Beibehaltung unserer par-
lamentarisch-repräsentativen Demokratie.

Volksabstimmungen bergen die Gefahr des Miss-
brauchs und der politischen Destabilisierung in sich.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Die CDU macht sie doch ständig, gerade hier in Berlin! Eine nach der anderen macht Ihre Partei!)


– Herr Wieland, ich hatte von der Bundesebene und
nicht von Berlin gesprochen. – Herr Wieland, Sie wissen
mit Sicherheit – ich weiß, dass Sie das wissen –, dass
durch diese Form des Plebiszits in der Weimarer Zeit das
Volk aufgewühlt und gespalten und das Vertrauen in das
Parlament zusätzlich erschüttert wurde. Ich brauche Sie
auch nicht daran zu erinnern, dass gerade während der
Naziherrschaft Volksabstimmungen geradezu miss-
braucht wurden, um diktatorische Entscheidungen zu le-
gitimieren.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren ja auch nicht frei!)


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(C (D Mit Volksabstimmungen kann man den immer chwierigeren und komplexen Fragestellungen unserer luralistischen Welt gerade nicht gerecht werden. Ein olksentscheid ist ein vereinfachtes Verfahren, bei dem ine Frage – und das steht in Ihrem Antrag – mit Ja oder ein entschieden wird. So sind komplexe Probleme icht zu lösen. (Beifall bei der CDU/CSU – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das müssen Sie bei jedem Gesetz hier auch machen: mit Ja oder Nein stimmen!)


Im Gegensatz dazu ist unser bestehendes Gesetzge-
ungsverfahren ein lernendes Verfahren. Kein Gesetz
erlässt den Bundestag so, wie es eingebracht wurde.
ach der ersten Lesung schließt sich eine intensive Be-

atung in den Ausschüssen an. Sachverständigenanhö-
ungen, Expertengespräche und Berichterstattergesprä-
he werden durchgeführt.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Die direkte Demokratie hat drei Stufen!)


udem wird eine Folgenabschätzung vorgenommen. Ich
rinnere unter anderem auch an die Einrichtung des Nor-
enkontrollrates. Es ist also ein umfassender Vorgang,

ei dem alle Gesichtspunkte erörtert werden konnten, bis
chließlich das Gesetz verabschiedet wird. Solch ein
ründliches Verfahren, bei dem regelmäßig auch Kom-
romisse zum Wohle der Allgemeinheit, aber eben auch
um Wohle der Minderheiten ausgehandelt werden, ist
ach unserer Auffassung das besser geeignete Instru-
ent.

Das beste Beispiel dafür – das haben Sie nicht erwähnt,
eil Ihnen das natürlich nicht in den Kram passt – wird
urch die Schweiz geliefert, wo bei einer Abstimmung
urch in diesem Fall zwei rechtspopulistische Parteien
berraschend eine Mehrheit von 57 Prozent herauskam.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Populistische Entscheidungen kommen im Bundestag nie vor! Niemals!)


urch diese Abstimmung wurden nicht nur bei den in
er Schweiz lebenden Muslimen, sondern auch im Aus-
and und bei uns zu Recht große Proteste ausgelöst.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705517900

Herr Kollege Brandt, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Ströbele?


Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1705518000

Bitte schön.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705518100

Bitte, Herr Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Danke, Herr Präsident. – Herr Kollege, haben Sie eine

rklärung dafür, warum es auf europäischer Ebene mit
inem Volksentscheid klappen soll, während es auf Bun-
esebene nicht klappen soll? Wenn ich mich richtig erin-





Hans-Christian Ströbele


(A) )


)(B)

nere, dann hat Ihre Fraktion – vermutlich haben Sie sel-
ber das auch getan – für den Lissabon-Vertrag und
vorher für die Europäische Verfassung gestimmt, in
denen das ja ausdrücklich vorgesehen ist. Wir wissen ja,
dass im Augenblick noch sehr intensiv an den Einzelhei-
ten gearbeitet wird.


Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1705518200

Ich habe deshalb keine Erklärung dafür, weshalb das

klappen sollte, weil ich an ein solches Verfahren nicht
glaube.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es ist doch vorgesehen! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch dafür gestimmt!)


– Unabhängig davon, Herr Wieland, ob das im Lissabon-
Vertrag vorgesehen ist oder nicht, wird man abzuwarten
haben, was im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens im
Europäischen Parlament dazu beschlossen wird. So wie
Sie das anstreben und wie es in dem vorliegenden Ge-
setzentwurf vorgesehen ist, klappt das weder auf Bun-
desebene noch auf europäischer Ebene.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich hatte gerade die Schweiz und die dort mit Volks-
abstimmungen verbundenen Probleme erwähnt. Darauf
gehen Sie natürlich nicht ein, weil das Ihnen nicht passt.

Für besonders groß halte ich auch die Gefahr, dass
wichtige Fragen nicht nach sachbezogenen Gesichts-
punkten entschieden werden, sondern danach, welche
Interessengruppe die bessere Lobbyarbeit macht,


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das passiert hier im Bundestag natürlich nie!)


wie schlagwortartig Parolen – darin sind Sie ja groß –
unter das Volk gejubelt werden und wer welche Promi-
nenten mit entsprechender Werbewirkung für seine Sa-
che gewinnt. Die Folge ist doch klar: unsachlicher Ab-
stimmungskampf, der die Gefahr von Manipulation in
sich birgt.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das ist nicht zu fassen! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unglaublich!)


– Das ist nicht unglaublich, Herr Wieland. Sie wissen
genau, wovon ich spreche.

Meines Erachtens ist es nicht einzusehen, dass sich
Parlamentarier ihrer Verantwortung entziehen und un-
populäre oder schwierige Entscheidungen dem Volk
überlassen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705518300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Wieland?


Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1705518400

Selbstverständlich, bitte schön.

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(C (D Vielen Dank, Herr Kollege Brandt. – Wenn das In trument des Volksbegehrens bzw. des Volksentscheides ur ein Instrument für Unwissende ist, für Demagogen, ür Spalter der Bevölkerung, warum wird es denn dann uf Ebene der Bundesländer zum Teil mit großem Erfolg raktiziert? Warum stellt sich Ihre Partei auf Ebene der undesländer gerne hinter solche Volksbegehren, hier in erlin zum Beispiel beim Thema Religion oder Offenaltung des Flughafens Tempelhof? Warum haben Ihre arteifreundinnen und -freunde von der CSU gefordert, ass über den Vertrag von Lissabon eine Volksabstimung stattfinden solle, der ja nun wirklich nicht einfach u lesen und zu verstehen war? Warum kommen solche orderungen aus Ihrer Partei, wenn dieses Instrument, ie Sie sagen, nur etwas für plakative Parolen und zur olksverdummung ist? Erstens habe ich das so, wie Sie es jetzt wiedergeben, icht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass eine solche Geahr besteht. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705518500
Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1705518600

um anderen ist es ein großer Unterschied, ob man in ei-
er Stadt wie Berlin mit 3,6 Millionen Einwohnern ein
olches Verfahren durchführt oder in einem Land mit
0 Millionen Einwohnern.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Was ist der Unterschied?)


Das ist zahlenmäßig ein großer Unterschied. Das wer-
en Sie vielleicht nicht so weit nachvollziehen können,
ber ich kann Ihnen das vorrechnen.

Dann kommt noch eines hinzu, Herr Wieland: Wenn
ie schon Berlin erwähnen, dann werden Sie doch auch
ie Worte des Herrn Regierenden Bürgermeisters
owereit kennen, der sagte, es wäre ihm vollkommen

gal, wie das Volk in dieser Volksabstimmung entschei-
et, er wird sich ohnehin nicht daran halten, Tempelhof
ürde geschlossen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Herr Wowereit kann sich irren! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist offenbar so wenig ein Freund von Volksabstimmungen wie Sie!)


o viel zum Verständnis der Grünen, der Roten und an-
erer in dieser Frage. Ich denke, dass Ihre Frage damit
eantwortet ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich habe es ja gerade erwähnt – ich verstehe das auch
ft in der Diskussion nicht –: Für mich ist nicht einzuse-
en, weshalb wir uns als Parlamentarier auf diese Art
nd Weise zum Teil aus der Verantwortung stehlen soll-
en.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht im Grundgesetz! Haben Sie mal das Grundgesetz gelesen?)






Helmut Brandt


(A) )


)(B)

Herr Ströbele, ich denke auch, dass das insgesamt eine
Abwertung des Parlaments bedeuten und damit ein Be-
deutungsverlust einhergehen würde, der bereits durch
die Normenflut der europäischen Institutionen – und wir
wissen ja aus dem Innenbereich, was es damit auf sich
hat –


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Art. 20!)


und die unsägliche Neigung, politisch brisante Debatten
mehr in Talkshows zu diskutieren als im Parlament aus-
zutragen, eingetreten ist. All das würde gefördert.

Letztlich wäre die föderale Grundstruktur unseres
Staates tangiert, weil die in Art. 79 Abs. 3 des Grundge-
setzes garantierte grundsätzliche Beteiligung der Länder
an der Gesetzgebung nicht mehr in der vom Grundgesetz
garantierten Form gewährleistet wäre.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Lesen Sie doch den Gesetzentwurf! Da steht die Beteiligung der Länder drin!)


– Sie müssen meinen nächsten Satz abwarten, dann wis-
sen Sie, was fehlt.

Eine Konkurrenzvorlage durch den Bundesrat sieht
Ihr Gesetzentwurf nämlich nicht vor – auch andere Re-
gularien nicht. Er wird lediglich beteiligt, aber nicht in
der vom Grundgesetz vorgesehenen Form.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Machen Sie einen Vorschlag!)


Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind damit die
Gründe für eine Ablehnung im Wesentlichen die glei-
chen, die wir bereits anlässlich der früher vorgelegten
ähnlichen oder gleichartigen Gesetzentwürfe genannt
haben.

Kommen wir zu den Hauptargumenten derjenigen,
die den Gesetzentwurf eingebracht haben. Sie behaupten
immer wieder, durch die Möglichkeit von Plebisziten auf
Bundesebene könne man der Politikverdrossenheit und
dem Vertrauensverlust der Politiker entgegenwirken.
Das stimmt einfach nicht.

Ich habe bis heute nicht verstanden, warum der Vor-
schlag, dem Parlament in wichtigen Fragen die gesetzge-
berische Entscheidungskompetenz zu entziehen und sie
dem Volk zu übertragen, zu einem größeren Vertrauen
gerade in das Parlament führen soll. Das ist für mich ein
Widerspruch in sich.

Was die behauptete höhere Wahlbeteiligung anbe-
langt, beweisen nicht nur der aktuell in Bayern durchge-
führte Volksentscheid zum Nichtraucherschutz, sondern
auch die in den vergangenen Jahren in Berlin durchge-
führten Volksentscheide das Gegenteil. Die Wahlbeteili-
gung war stets konstant niedrig. Sie lag immer bei
36 oder 37 Prozent, also deutlich unter der Beteiligung
bei anderen Wahlen. Diese Zahlen sprechen nach meiner
Auffassung für sich. Direkte Demokratie führt eben
nicht zu einer stärkeren Beteiligung der Bevölkerung.

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(C (D Auf die Äußerungen des Herrn Wowereit habe ich ben schon Bezug genommen. Das kann ich mir jetzt paren. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Wowereit scheint Ihr Kronzeuge zu sein! Ein ganz schlechter Kronzeuge! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist kein Vorbild!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, neue Argumente
ind für uns nicht ersichtlich. Deshalb hat sich auch un-
ere Einstellung zu diesem Gesetzentwurf nicht verän-
ert. Ich fasse zusammen: Schon die Ergänzung unserer
epräsentativen Demokratie um plebiszitäre Elemente
uf Bundesebene würde die Wesenszüge unserer Demo-
ratie verändern. Ich kann nur raten: Unterschätzen wir
icht die Gefahr des Populismus, der in Plebisziten
teckt! Geringschätzen wir nicht unsere geschichtlichen
rfahrungen damit! Überschätzen wir nicht die Bedeu-

ung von Plebisziten beim Kampf gegen Politikverdros-
enheit!

Deshalb plädiere ich dafür, unser ausgewogenes Ver-
ahren und unseren starken Föderalismus wertzuschät-
en. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705518700

Nächster Redner ist der Kollege Michael Hartmann

ür die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1705518800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Ich habe mir vorhin in Vorbereitung auf unsere
ebatte am heutigen Nachmittag die Mühe gemacht,
achzulesen, wie oft wir in den letzten Wahlperioden
ber diese Fragen diskutiert haben. Es waren sage und
chreibe zehn Mal. Es wird noch ein elftes, zwölftes und
reizehntes Mal geben müssen. Eines Tages wird die
raft der Argumente auch die CDU/CSU-Fraktion errei-

hen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn es macht durchaus Sinn, auch in einer parlamenta-
ischen Demokratie mehr Bürgerbeteiligung einzufüh-
en.

Angesichts der Debatten könnte man sagen: Täglich
rüßt das Murmeltier. Ich bin Optimist und sage: Steter
ropfen höhlt den Stein. Denn alles, was gegen mehr di-
ekte Demokratie eingewandt wird, trifft nicht. In der Tat
atten die Eltern des Grundgesetzes 1949 die schlechten
nd schlimmen Erfahrungen der Weimarer Republik vor
ugen. Angesichts der Teilung Deutschlands und des
eginnenden Kalten Krieges sahen sie auch die Möglich-
eiten, die nationale Karte manipulativ zu ziehen. Das
lles ist wahr.





Michael Hartmann (Wackernheim)



(A) )


)(B)

Aber wir haben gerade im letzten Jahr gemeinsam mit
Stolz das 60-jährige Bestehen des Grundgesetzes gefei-
ert. Auch unter unserer erheblichen Beteiligung haben
wir das Grundgesetz, das gut ist, immer besser gemacht,
indem wir es verändert haben. Heute sind wir so weit,
dass wir sagen können: Es ist kein Abbruch parlamenta-
rischer Demokratie, wenn wir Volksabstimmungen zu-
lassen, sondern ein Zugewinn für parlamentarische Pro-
zesse.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen hatten auch die Väter und Mütter des
Grundgesetzes keineswegs die Tür dafür zugeschlagen.
Denn in Art. 20 heißt es sehr wohl, dass das Volk in
Wahlen und Abstimmungen seiner Meinung Ausdruck
verleihen kann. Das sollten wir heute ernster nehmen
denn je, in Zeiten, in denen wahrhaftig nicht die Rede
davon sein kann, dass hier die Untertanen sind, die gar
nicht wissen, wie ihnen geschieht, und dort die weisen
Volksvertreterinnen und Volksvertreter, die das würde-
voll und gescheit an ihrer Stelle für sie entscheiden.

Das wäre ein fatales Missverständnis dessen, was par-
lamentarische Demokratie ausmacht. Jeden Tag gibt es
eine neue Meinungsumfrage, die täglich aufs Neue die
Politik beeinflusst. Wäre es nicht klüger, sinnvoller, ka-
nalisierender und in höherem Maße Demagogie verhin-
dernd, wenn wir in einem geordneten Verfahren den
Bürgerinnen und Bürgern von Zeit zu Zeit die Möglich-
keit gäben, uns zu sagen, was sie über unsere Politik
denken?


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das tun sie alle vier Jahre!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705518900

Herr Kollege Hartmann, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Grosse-Brömer?


Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1705519000

Gerne.


Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1705519100

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr

Kollege Hartmann, Sie haben gerade die Umfragen an-
gesprochen. Würden Sie mir recht geben, dass es gerade
in der Vergangenheit häufig politische Entscheidungen
gegeben hat, die in der Bevölkerung auf große Skepsis
oder große Ablehnung gestoßen sind? Ich nenne exem-
plarisch die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik
oder den NATO-Doppelbeschluss. Diese Entscheidun-
gen wurden in einem parlamentarischen Verfahren mit
ausgiebigen Debatten gegen die Mehrheit der Bevölke-
rung getroffen, wobei die Parlamentarier über Informa-
tionen verfügten, über die der einzelne Bürger nicht ver-
fügt hat.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ist der Bürger dümmer?)


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(C (D ies barg im Übrigen die Gefahr für die Parlamentarier, icht wiedergewählt zu werden. Im Nachhinein haben ich diese Entscheidungen aber als fundamental wichtig ür die weitere Entwicklung der Bundesrepublik eutschland erwiesen. Das ging hin bis zur Ermögli hung der Wiedervereinigung. Würden Sie angesichts ieser Tatsachen akzeptieren, dass es manchmal sogar innvoll ist, nicht so sehr auf Umfragen zu schauen, sonern intensiver parlamentarisch zu beraten, parlamentaische Verantwortung wahrzunehmen und darüber nachudenken, wie man die Bevölkerung auf Landesund uf Kommunalebene besser einbinden kann? Würden ie mir zustimmen, dass manche Entscheidungen hier m Parlament bewusst von verantwortungsvollen Politiern, die gewählt worden sind, wahrgenommen werden üssen? (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieses Recht wird uns doch nicht genommen! – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Verantwortungsvoller als der Bürger, oder was?)



Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1705519200

Sehr geehrter Herr Kollege, ich bin mir sicher – wäre

s anders, dann wäre es fatal –, dass Sie einem Missver-
tändnis unterliegen. Volksabstimmungen oder Volksent-
cheide einzuführen, heißt nicht, einer Gefälligkeitsde-
okratie das Wort zu reden. Werter Herr Kollege,

ielleicht würde es uns allen guttun, wenn wir das, was
ir wollen und vielleicht gegen Widerstände der Öffent-

ichkeit durchzusetzen haben – das ist gelegentlich un-
ere Pflicht –, genauer und besser erklären würden.
enn wir uns einem Volksentscheid stellen müssten,

ann müssten wir viel offener und transparenter, als das
eute der Fall ist, über das rechten und das verantworten,
as wir wollen. Deshalb ist das gerade ein gutes Ele-
ent in der parlamentarischen Demokratie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Zeit hat heute sehr schön zu dem Thema unter der
berschrift „Wir beißen nicht“ geschrieben:

Plebiszit ist nicht das Gegenteil von Parlament. Die
Politik sollte weniger Angst vor dem Souverän ha-
ben.

as passt genau zu Ihrer Zwischenfrage.

Es wird immer das volkspädagogische Argument ins
eld geführt, die Leute könnten über all diese komple-
en Fragen, über die wir hier debattieren und über die
ir hier zu entscheiden haben, nicht mit der Tiefe und
er Sachkompetenz entscheiden, wie wir das können.
em halte ich entgegen: Können wir das immer – seien
ir bitte ehrlich – mit der Tiefe und Detailgenauigkeit
ei dem Zeit- und Termindruck, dem wir ausgesetzt
ind? Sind wir denn frei von manipulativen Angriffen
on Lobbyisten und anderen? Ist bei uns alles so transpa-
ent, wie wir es uns wünschen würden? Je mehr Öffent-
ichkeit bei den richtigen und notwendigen Fragen, umso
esser für die parlamentarische Demokratie.





Michael Hartmann (Wackernheim)



(A) )


)

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Natürlich gibt es Fragen und Themen, die sich einem
Volksentscheid entziehen. Die Grenzen dafür sind sehr
klar beschrieben. Das sind die Grenzen, die das Grund-
gesetz setzt. Das Grundgesetz würde zum Beispiel dis-
kriminierende Fragestellungen, Fragen, die religiös oder
anderweitig ausgrenzen – ich denke an ein Minarettver-
bot –, auf jeden Fall von vornherein nicht zulassen.
Wenn jemand die Weisheit der Wählerinnen und Wäh-
ler, der Bürgerinnen und Bürger bezweifelt, dann rate
ich, nach Bayern zu schauen. Egal ob einem das Ergeb-
nis gefällt oder nicht, egal ob das Quorum so hoch war,
wie man es sich wünschen würde – das ist eine andere
Frage –: Klar ist doch, dass die Unentschlossenheit der
Politik durch die Entschlossenheit der Wählerinnen und
Wähler, die an dieser demokratisch legitimierten und von
der bayerischen CSU gelobten Volksabstimmung – zu-
mindest als Instrument gelobten Volksabstimmung – teil-
genommen haben, beseitigt wurde.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Es gibt keine andere als die bayerische CSU!)


Ich sagte bereits: Wir reden zum elften Mal über diese
Frage, und es wird noch weitere Male geben. Vielleicht
schaffen es die Linken, manche Unstimmigkeiten in ih-
rer Initiative im parlamentarischen Beratungsprozess zu
eliminieren.

Dazu gehört zum Beispiel, Wahlen mit Einzelfragen
zu verknüpfen, die dann auch zur Abstimmung gestellt
werden. Ein anderes Beispiel sind die niedrigen Quoren.
Wenn wir es schaffen, das Ganze noch zu verbessern,
und wenn wir es schaffen, dass die Linke, die Grünen,
die FDP – hoffentlich auch heute noch – und die SPD all
diese Elemente einer dreistufigen Volksgesetzgebung
befürworten, dann wird es eines Tages gelingen, auch
die Union davon zu überzeugen; schließlich sprechen
sich CDU und CSU auf europäischer Ebene dafür aus
und befürworten sie auf Länderebene schon lange.

Ich baue darauf und hoffe, dass das Misstrauen den
Bürgerinnen und Bürgern gegenüber auch bei der Union
bald überwunden sein wird. Wir sind kein Untertanen-
staat mehr. Ich hoffe allerdings auch, dass die Linke das
Ganze nicht nur als eine rhetorische Form der Auseinan-
dersetzung ansieht. Denn ihr eigenes Agieren bei der
Wahl des Bundespräsidenten hat nicht unbedingt dem
Volkswillen entsprochen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705519300

Der Kollege Jimmy Schulz ist nun der nächste Redner

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Heute mache ich es mit Papier. – Sehr geehrte Frau räsidentin! Werte Kollegen! Winston Churchill sagte 947 in einer Rede im Unterhaus: Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind. r kannte das Grundgesetz noch nicht. Darin ist ein deokratischer Rechtsstaat beschrieben, der ohne Frage en höchsten Ansprüchen genügt. Diese Demokratie gilt s jedoch behutsam, aber beständig weiterzuentwickeln nd zu verbessern. Das haben wir Liberale immer geforert und in vielen Anträgen dokumentiert. Heute aber teht ein Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Beraung, der eben nicht den Anforderungen einer positiven eiterentwicklung genügt. Es geht darum, ob wir Volksntscheide auch auf Bundesebene wollen. Die Mütter nd Väter des Grundgesetzes haben sich aus gutem rund für eine repräsentative Demokratie entschieden. Man muss die Ergebnisse von Volksbegehren und olksentscheiden nicht immer mögen, um sich trotzdem ür sie einzusetzen. Darum geht es nämlich nicht. Sicherich kann man solche Entscheidungen auch kritisch hinerfragen; als Bayer sei mir das heute erlaubt. Das ist für ich aber ein Grund, an der grundsätzlichen Richtigkeit er direkten Elemente in unserem politischen Gemeinesen auf keinen Fall zu zweifeln. Deswegen setzen wir iberale uns für die Stärkung der direkten Demokratie in, auf kommunaler Ebene, auf Länderebene, auf Bunesebene und natürlich auf europäischer Ebene; das habe ch unlängst an dieser Stelle klar dargelegt. Ich freue mich über bürgerliches Engagement und Iniiative, insbesondere in der Politik. Ich halte plebiszitäre lemente und eine Fortentwicklung der Demokratie für inen guten und richtigen Prozess, auch wenn ich mit em Blick nach Bayern manchmal daran verzweifeln öchte. Trotzdem, nein, gerade deswegen bin ich ein roßer Fan der Bürgerbeteiligung in den Ländern. Denen Sie nur daran, wie selten die bayerische Verfassung eändert wurde. Das liegt daran, dass nur das Volk die öglichkeit dazu hat. Dem Grundgesetz hätte ein sol her Schutz manchmal ganz gutgetan. Die FDP-Fraktion at in der letzten Wahlperiode einen Antrag zu demselen Thema gestellt. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war gut! Der war sehr gut! – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Genau!)

Jimmy Schulz (FDP):
Rede ID: ID1705519400

(Beifall der Abg. Miriam Gruß [FDP])


(Beifall bei der FDP)


Wir wünschen uns damals wie heute, dass die Bürger
nseres Landes tiefgreifender an politischen Prozessen
eteiligt werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist
ine repräsentative Demokratie. Daran soll auch in Zu-
unft kein Zweifel bestehen. Und doch wollen wir dieses
aus für mehr Bürgerbeteiligungen öffnen. Gerade die
roßen Fragen und die harten Entscheidungen können
urch Bürgerbeteiligungen in ihrer Legitimation gestärkt
erden.

(B)






Jimmy Schulz


(A) )


)(B)

Trotzdem lehnen wir den Gesetzentwurf der Linken
ab. Scheinbar haben Sie seit den Diskussionen in der
letzten Legislaturperiode nichts dazugelernt. Ihr Gesetz-
entwurf jedenfalls ist weitgehend derselbe. Immer noch
sind die Schwellen, die Sie anlegen, viel zu niedrig. Wir
wollen die Beteiligung der Bürger, nicht aber die Dikta-
tur durch Minderheiten. Es muss sichergestellt bleiben,
dass auch Volksinitiativen auf ähnlich breiter gesell-
schaftlicher Basis stehen wie die Entscheidungen dieses
Parlaments.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!)


Gleichzeitig darf aber die Hürde für die Beteiligungen
nicht unmöglich hoch oder abschreckend sein.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist die Kunst!)


Die FDP hat sich immer für eine Schwelle von 400 000
Unterstützern eingesetzt. Dies scheint mir immer noch
eine angemessene Höhe zu sein. Auch das Quorum, das
Sie bei der zweiten Stufe, bei den Volksbegehren, anle-
gen, sollte überdacht werden. Eine prozentuale Koppe-
lung an die Gesamtzahl der Wahlberechtigten erscheint
mir deutlich sinnvoller als eine absolute Zahl, die zur
Folge hätte, dass wir bei jeder Änderung der Bevölke-
rungs- und Wahlberechtigtenzahlen das Grundgesetz än-
dern müssten.

Es gibt aber nicht nur inhaltliche Gründe, warum wir
diesen Gesetzentwurf ablehnen – obwohl diese vollkom-
men ausreichend wären. Im Koalitionsvertrag haben sich
die Regierungsfraktionen darauf verständigt, die Beteili-
gung der Bürger über die Reform des Petitionswesens
auszubauen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705519500

Herr Kollege, darf ich Sie unterbrechen? Gestatten

Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Wawzyniak?


Jimmy Schulz (FDP):
Rede ID: ID1705519600

Wenn es der Erheiterung des Publikums dient.


Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705519700

Herr Schulz, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie

bereit sind, mit meiner Fraktion und mir über diesen Ge-
setzentwurf in den nächsten Lesungen wohlwollend zu
reden, wenn wir ein bisschen über die Quoten sprechen?


Jimmy Schulz (FDP):
Rede ID: ID1705519800

Sie haben richtig verstanden, dass wir eine Bürgerbe-

teiligung am demokratischen Prozess sehr wohl unter-
stützen, und das werden wir auch weiterhin tun. Die Re-
gierungsfraktionen haben sich im Koalitionsvertrag
darauf geeinigt, diesbezüglich in einem ersten Schritt
über eine Änderung des Petitionsrechts zu beraten. Das
werde ich gleich ausführlicher darstellen.


(Beifall bei der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Also nein!)


Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag – dann verste-
hen Sie das vielleicht –:

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(C (D Wir wollen die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung an der demokratischen Willensbildung stärken. Dazu werden wir das Petitionswesen weiterentwickeln und verbessern. Bei Massenpetitionen werden wir über das im Petitionsausschuss bestehende Anhörungsrecht hinaus eine Behandlung des Anliegens im Plenum des Deutschen Bundestages unter Beteiligung der zuständigen Fachausschüsse vorsehen. arauf haben wir uns geeinigt, und das wollen wir so msetzen. (Beifall bei der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit Volksbegehren zu tun? Das ist doch etwas völlig anderes!)


Wir haben im letzten Jahr sehen können, welche Dy-
amik eine solche Petition bekommen kann. Ich selbst
abe zusammen mit 134 000 engagierten Bürgerinnen
nd Bürgern die Petition von Franziska Heine gegen In-
ernetsperren gezeichnet, und dadurch wurde eine breite
ebatte über politische Fehlentwicklungen ausgelöst.
ieses Petitionsrecht wollen wir nun deutlich ausbauen.

Diese Umsetzung hat für uns Priorität, weil das Peti-
ionsrecht die Strukturen dieses Hauses einbezieht. Das
eißt, dass das Plenum erfolgreiche Massenpetitionen an
ie zuständigen Ausschüsse überweisen kann, wo dann
achkundige Beratungen stattfinden.

Wir haben nun seit fünf Jahren das Verfahren der On-
inepetitionen, das Interaktionen zwischen Bürger und
arlament endlich auf eine zeitgemäße Ebene gehoben
at. Durch die Ausbreitung des Internets stehen wir vor
er Verwirklichung eines alten Traums, nämlich der Be-
eiligung aller gesellschaftlichen Gruppen am Meinungs-
ildungsprozess unserer Republik. Durch die öffentli-
hen Petitionen können wir Schichten erreichen, die der
olitischen Teilhabe früher fernstanden. Der mündige
nd informierte Bürger kann seinem Anliegen nun öf-
entlich Gehör verschaffen und Missstände anprangern.

Lassen Sie mich noch einmal klar sagen: Ich bin für
ine weitergehende Beteiligung der Bürger an der Poli-
ik, auch am Gesetzgebungsverfahren. Ich habe das zu-
etzt in meiner Rede zur Europäischen Bürgerinitiative
ier gesagt, in einer Rede, die übrigens erhebliche Auf-
erksamkeit bekommen hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht vom Inhalt her! Das ist genauso wie bei dieser Rede!)


ch halte es für einen sehr interessanten und diskussions-
ürdigen Ansatz.

Lassen Sie uns gemeinsam Schritt für Schritt unsere
emokratie weiterentwickeln. Einen ersten wichtigen
chritt werden wir nach der Sommerpause mit dem er-
eiterten Petitionsrecht tun.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705519900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ingrid Hönlinger

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705520000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir alle hier im Hause wissen: Unser Grund-
gesetz ist die beste Verfassung, und unsere Demokratie
ist die beste Regierungsform, die wir je in Deutschland
hatten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Helmut Brandt [CDU/CSU]: So soll es auch bleiben!)


Wir haben freie, gleiche und geheime Wahlen auf allen
Ebenen. Dadurch beteiligen sich die Bürgerinnen und
Bürger an der Demokratie. Diese Art der repräsentativen
Demokratie hat sich bewährt. Auch wir Grünen sind
überzeugt davon: Wir haben hier in Deutschland eine
gute und funktionierende Demokratie.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Ende der Rede!)


Aber Demokratie fällt nicht vom Himmel, und sie ist
auch nicht in Stein gemeißelt. Die ständig sinkende
Wahlbeteiligung ist für mich ein ernstes Anzeichen da-
für, dass wir schnell und aktiv an der inneren Stärkung
unseres demokratischen Gemeinwesens arbeiten müs-
sen. Wir dürfen hier nicht stehen bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Hier ist es genauso wie in Wissenschaft und Forschung:
Stehen bleiben bedeutet Rückschritt. Was wir brauchen,
ist demokratischer Fortschritt.

Wie soll dieser demokratische Fortschritt aussehen?


(Zuruf von der CDU/CSU: Gute Frage!)


Nach unserer Überzeugung können wir ihn mit mehr
Elementen direkter und partizipativer Demokratie errei-
chen. Jede Bürgerin und jeder Bürger sollte auch zwi-
schen den Wahltagen die Möglichkeit haben, Demokra-
tie aktiv zu leben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sollten den Bürgerinnen und Bürgern sehr schnell
mehr direkte Beteiligung ermöglichen, und zwar auch
den Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshinter-
grund. Vielleicht ist das auch ein Schlüssel zur Terroris-
musbekämpfung; denn überzeugte Demokraten, meine
Damen und Herren, überzeugte Demokraten sind nicht
anfällig für extremistische Positionen.

Für uns Grüne ist direkte Demokratie, sind Volksini-
tiativen, Volksbegehren und Volksentscheide eine Her-
zenssache. Wir haben schon mehrfach Vorschläge zu
dem Thema unterbreitet. Jetzt greift die Linke das
Thema auf. Das ist lobenswert. Aber im Detail sehen wir
doch noch einige Mängel in ihrem Gesetzesentwurf.
Auch aus unserer Sicht sind die Quoren zu niedrig ange-
setzt. Das kann schnell zu riskanten Zufallsergebnissen
führen. Die Fristen für den Übergang von einer abge-

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(C (D ehnten Volksinitiative zum Volksbegehren und dann um Volksentscheid sind uns zu kurz. Wir sollten daurch kein Einfallstor schaffen, das wir im Einzelfall beauern könnten. Deshalb sollten wir mit allen Fraktioen, gern auch mit der FDP, überparteiliche Antworten inden. Liebe Kolleginnen und Kollegen – jetzt spreche ich anz besonders zu den Damen und Herren von der CDU nd der CSU –: (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, gebt euch mal einen Ruck!)


ir haben ganz aktuell zwei herausragende Beispiele für
irekte Bürgerbeteiligung. Das erste Beispiel: Im Zu-
ammenhang mit der Bundespräsidentenwahl hat sich
ie Bevölkerung ein eigenes Urteil über die Kandidaten
ebildet und dieses Urteil auch geäußert. Damit hat sie
ich ein hervorragendes demokratisches Reifezeugnis
usgestellt. Das wird weiterwirken, und das muss auch
eiterwirken, meine Damen und Herren Kolleginnen
nd Kollegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705520100

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705520200

Bitte schön.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705520300

Bitte sehr.


Manuel Höferlin (FDP):
Rede ID: ID1705520400

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Kolle-

in, würden Sie mir darin zustimmen, dass in dem von
hnen genannten Beispiel der Bundespräsidentenwahl
mfragen vor der Wahl ein anderes Ergebnis hatten als
mfragen nach der Wahl? Nach der Wahl hat die über-
iegende Zahl der Menschen in Deutschland auf die
rage, ob der neue Bundespräsident, Herr Christian
ulff, ihrer Meinung nach ein guter Bundespräsident
ird, plötzlich eine drastisch veränderte Meinung geäu-
ert.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch nach der Bundestagswahl, Herr Kollege! Auch bei der FDP! – Weitere Zurufe)


Ich stelle jetzt meine Frage, Herr Kollege Wieland.
ann können Sie, wenn Sie wollen, Ihrer Kollegin ja

uch noch eine Frage stellen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich mache nur einen Zwischenruf!)


Sind Sie auch der Meinung, dass dies bei dem, was
ie gerade gesagt haben, zu beachten ist?


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705520500

Umfragen hängen natürlich immer ganz stark von der

ragestellung ab.





Ingrid Hönlinger


(A) )


)(B)


(Zurufe von der FDP: Ah! – Manuel Höferlin [FDP]: Das ist der Punkt!)


Ich schätze unsere Bevölkerung einfach als fair ein. Die
Bevölkerung hat sich vor der Wahl ein Bild gemacht in
der Frage, welchen Kandidaten oder welche Kandidatin
für das Amt des Bundespräsidenten oder der Bundesprä-
sidentin sie am besten findet, und sie hat nach der Wahl
akzeptiert, dass wir hier eine demokratische Wahl durch-
geführt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dann zu sagen, dass Herr Wulff als Bundespräsident in
Ordnung ist, ist doch wirklich demokratisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der FDP 5 Prozent zuzubilligen, ist genauso richtig und demokratisch!)


– Genau.

Ich habe noch ein zweites leuchtendes Beispiel für
mehr direkte Bürgerbeteiligung, und dieses Beispiel
kommt aus Bayern.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jawohl!)


Jetzt sage ich „aus Bayern“ und nicht „von der CSU“;
denn die CSU hat mit ihrem Schlingerkurs nicht erreicht,
dass die Bevölkerung das akzeptiert hat, was dort gerade
Gesetz ist. Entgegen dem Schlingerkurs der CSU


(Michael Frieser [CDU/CSU]: Wieso Schlingerkurs?)


und entgegen der Meinung der FDP hat die bayerische
Bevölkerung die Zigarette ausgedrückt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/ CSU]: Können Sie uns erklären, wie Sie das meinen?)


Sie hat durch den Volksentscheid das schärfste Rauch-
verbot durchgesetzt, das wir in Deutschland haben.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Dafür könnt ihr uns doch einmal loben!)


Das finde ich wirklich erstaunlich, zumal die Tabakin-
dustrie und die Gastronomie die Raucherkampagne mit
mehr als 600 000 Euro unterstützt hatten. Ich denke, wir
können hier bundesweit von den Bayern lernen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/ CSU]: Prima! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nur an der Stelle!)


Mein Fazit lautet: Die Bürgerinnen und Bürger sind
bereit, Verantwortung zu übernehmen. 60 Jahre nach
Verabschiedung des Grundgesetzes sind die Deutschen

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(C (D eif für mehr direkte Demokratie. Diesen Demokratisieungsprozess müssen wir auch hier im Parlament untertützen; denn er nutzt überparteilich uns allen. Wir hier m Parlament haben die Aufgabe, Regeln zu setzen für ie direkte Demokratie. Wir müssen die Verfassung, die rundrechte und auch die Minderheiten schützen. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Volksentscheide nur bei Themen, die Ihnen passen! Das ist doch Ihr Vorschlag!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss will
ch sagen: Wir sollten in diesem Haus mit der Unterstüt-
ung von allen Fraktionen direkter Demokratie mehr
hancen geben. Lassen Sie uns gemeinsam unsere De-
okratie stärken! Das macht sie bunter, lebendiger und

ukunftsfester.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Helmut Brandt [CDU/CSU]: Bunter ja, besser nein!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705520600

Der nächste Redner ist Michael Frieser für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1705520700

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr verehr-

en Damen und Herren! Soweit ich mich erinnern kann,
urden die bayerische Politik, die CSU und die Ergeb-
isse ihrer direkten Volksbeteiligung noch nie so oft er-
ähnt wie in den letzten Reden. Darauf kann man als
ayer durchaus stolz sein. Das sage ich auch an die
dresse des Kollegen Schulz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


arüber freuen wir uns. Ich kann immer wieder nur sa-
en: Ein Blick nach Bayern schadet auch in dieser Frage
ichts. Von Bayern kann man einiges lernen.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Sagen Sie es Ihren Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion!)


ber die Schlüsse, die Sie ziehen, sind mitunter leider
ottes etwas kurzsichtig, wenn es um die Attraktivität
on Bürgerbeteiligung und um die Intensivierung von
emokratischen Prozessen geht.

Wenn Sie das Bewusstsein für demokratische Pro-
esse erhöhen wollen, dann seien Sie bitte ehrlich. Das
rundgesetz hat in dieser Frage keinen Zweifel gelas-

en. Es wurde übrigens damals nicht zur Volksabstim-
ung gestellt. Trotzdem ist es eine der besten Verfassun-

en, die es überhaupt auf der Welt gibt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Bayern haben nicht zugestimmt, Michael Frieser )





(A) )

Herr Kollege! Die Bayern waren die Einzigen,
die nicht zugestimmt haben!)

– Ja, deshalb enthält die bayerische Verfassung diese un-
glaubliche Form von Volksbeteiligung.

Wenn Sie mir jetzt geneigt zuhören wollen, dann erkläre
ich Ihnen einmal, warum in einem föderalen System, beste-
hend aus Bundesstaaten wie in der Bundesrepublik
Deutschland, in einzelnen Landesteilen Volksentscheide
möglich sind und auf Bundesebene nicht.

Ich will zuvor etwas Grundsätzlicheres sagen. Ich
habe schon ein bisschen den Eindruck, als ob es Ihnen
hierbei um die Frage geht, was man damit eigentlich be-
zwecken kann. Haben wir das richtig verstanden, dass es
Volksabstimmungen immer nur dann geben soll, wenn
das Thema in Ihre politischen Vorstellungen passt? Denn
wenn es nach Ihnen geht, soll es keine Volksentschei-
dungen bei religiösen Grundsatzfragen, bei moralischen
Grundsatzfragen und Ähnlichem geben. Kann man also
davon ausgehen, dass es eine Volksabstimmung nur bei
unwichtigen Themen geben soll?


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kann man nicht!)


Aber wenn es um wichtige Fragen geht und man Angst
vor dem Ergebnis hat, dann soll eine Volksabstimmung
nicht vorgesehen sein. Das funktioniert nicht. Es tut mir
leid.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen das Grundgesetz kennen!)


Sie wissen genau, welche Kombination wir gerade
dank des Grundgesetzes haben, nämlich eine Balance
zwischen einer sehr basisdemokratischen und sehr
grundsätzlichen Beteiligung des Volkes einerseits und
den in der repräsentativen Demokratie unabhängigen
Abgeordneten andererseits. Der Abgeordnete ist somit
kein Befehlsempfänger, und er hat auch kein imperatives
Mandat. Im Gegenteil: Er ist nur seinem Gewissen ver-
pflichtet, soweit er denn eines hat. Er muss seine Ent-
scheidungen auf seinen Sachverstand und auf seine Er-
fahrungen beispielsweise aus Gesprächen, die er in
seinem Wahlkreis führt, gründen und diese Intentionen
hier einbringen. Auf der einen Seite steht der Volkswille
bzw. der Bürgerwille und auf der anderen Seite steht die
politische Umsetzung dieses Willens. Das haben die Vä-
ter des Grundgesetzes mit dem Begriff „Willensbil-
dungsprozess“ gemeint. Sie wissen auch, dass diese Ba-
lance kein Minus im Hinblick auf die Legitimation ist.

Wenn man auch die wichtigen Fragen zum Diskurs
stellen möchte, dann muss damit ein intensiver Prozess
verbunden sein. Nicht nur im Bundestag bedarf es einer
intensiven Abstimmung. Wie wollen Sie Sachverständi-
genanhörungen in Volksabstimmungen einbringen und
Sachverständigengremien im Falle von Volksabstim-
mungen einbeziehen? Wie wollen Sie dann das Prinzip,
dass Diskussionen, die untereinander geführt werden,
mitunter in Kompromisse bzw. in einen Konsens mün-
den, aufrechterhalten? Dies alles würde bei Volksabstim-
mungen wegfallen.

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(C (D (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Wie funktioniert das in Bayern?)


Im Ergebnis hebeln Sie auch das Prinzip der Beteili-
ung der Länder aus. Sie verwandeln nicht nur das Prin-
ip der Beteiligung – darüber könnte man noch reden –,
ondern Sie verwandeln auch das Grundgerüst unseres
taates, indem Sie das föderale Prinzip ein ganzes Stück
eit aufgeben.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Drucksachen lesen!)


Ich höre, Sie wollen wichtige Themen wie die Todes-
trafe nicht zur Abstimmung stellen. Das soll eine Aus-
ahme sein. Schon sind wir beim nächsten Thema. Wie
ieht es mit der Sicherungsverwahrung aus?


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das Grundgesetz nicht verstanden!)


u all solchen Themenkomplexen müssten Sie einen Ka-
alog erstellen, der immer nur den Zeitgeist abbilden
ann. Man kann nur das Hier und Heute in einem ent-
prechenden Gesetzentwurf abbilden.

Meines Erachtens geht es nicht um mehr politische
tabilität, sondern schon auch um das Ziel, das parla-
entarische System durch das hochgehaltene Warn-

child, man könne zu einem bestimmten Thema eine
olksabstimmung durchführen, aus der Balance zu brin-
en. Das kann der Abbildung des Bürgerwillens nicht
nbedingt dienlich sein. Was wäre denn bei Abstimmun-
en zum Thema Euro oder zum Thema Wiedervereini-
ung – Kollege Brandt hat schon darauf hingewiesen –
assiert? Ist es nicht gerade auch das Ziel des Antragstel-
ers, Entscheidungen zu Themen, die wir nach schwieri-
en Diskussionen bewusst getroffen haben, beispiels-
eise zu Auslandseinsätzen, auf diese Art und Weise
ieder aufzuheben? Damit werden allerdings die Inte-

essen des Staates wirklich massiv aufs Spiel gesetzt.

Letztendlich muss auch folgendes Argument zählen:
as ist bei Handlungsdruck? Sie wissen, dass Volksab-

timmungen eines langen Vorlaufs bedürfen. Man kann
ann nicht schnell entscheiden bzw. auf manche Ent-
icklungen nicht schnell genug reagieren.

Im Ergebnis: Versuchen wir nicht immer wieder, die-
es Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Anscheinend
ar es schon früher so – selbst als Neuer kann ich das

agen, wenn ich in die Annalen blicke –, dass es in ei-
em Zeitraum von einem Dreivierteljahr immer wieder
ommt. Umgekehrt sehe ich, dass, wenn es um Themen
eht, bei denen wir uns nicht einer Zustimmung von
ehr als 51 Prozent der Bürger sicher sind, gesagt wird,

ass man sich eine Entscheidung auch ohne direkte De-
okratie vorstellen kann. So würde ich mich darüber

reuen, in unserem Land eine Abstimmung durchzufüh-
en, um endlich zu erfahren, wo die SED-Milliarden ge-
lieben sind.


(Zuruf von der LINKEN: Im Bundeshaushalt!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705520800

Die Kollegin Fograscher hat das Wort für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1705520900

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Auch die SPD setzt sich seit vielen Jahren dafür
ein, Elemente direkter Demokratie ins Grundgesetz zu
schreiben. Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009
haben wir geschrieben – ich zitiere –:

Wir wollen Volksbegehren und Volksentscheide
auch auf Bundesebene ermöglichen und dabei die
Erfahrungen der Länder berücksichtigen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Na prima! Fangen wir an!)


Unsere parlamentarisch-repräsentative Demokratie
hat sich bewährt. Aber wir sind der Meinung, dass es an
der Zeit ist, diese durch direkte Beteiligungsrechte der
Bürgerinnen und Bürger zu ergänzen. Es wäre auch ein
Schritt zu mehr europäischer Gemeinsamkeit; denn in
vielen unserer Nachbarstaaten und auch in Europa, im
Lissabon-Vertrag, gibt es diese Instrumente bereits,
ebenso wie in allen Bundesländern der Bundesrepublik
Deutschland, auch in den CDU- bzw. CSU-regierten.
Warum also nicht auch im Bund?

Alle Fraktionen dieses Hauses, bis auf die CDU/CSU,
haben in der Vergangenheit Gesetzentwürfe vorgelegt.
Der Gesetzentwurf der FDP aus der 16. Wahlperiode ist
immer noch auf deren Homepage zu finden. Leider steht
zu diesem Thema nichts in Ihrem Koalitionsvertrag.
Herrn Kollegen Schulz möchte ich sagen – er hat sich
gerade entschuldigt, er musste gehen –: Es ist etwas an-
deres, das Petitionsrecht zu stärken und zu ändern, als
das, was unsere Intention ist, nämlich direkte Bürgerbe-
teiligung zu ermöglichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


In der konkreten Ausgestaltung von Volksinitiativen,
Volksbegehren und Volksentscheiden gibt es allerdings
sehr unterschiedliche Vorschläge.

Für die erste Stufe, die Volksinitiative, fordern SPD
und Grüne und auch die FDP ein Quorum von
400 000 Stimmberechtigten, die Linke fordert in ihrem
heute vorgelegten Gesetzentwurf nur ein Quorum von
100 000 Stimmberechtigten. Sie begründen das damit,
dass in etwa so viele Stimmen zur Erlangung eines Bun-
destagsmandats nötig seien. Ich halte dieses Quorum für
zu gering, um Bagatellinitiativen zu verhindern. Auch
das Argument, dass die Zahl von 100 000 Wählerstim-
men einem Bundestagsmandat entspricht, ist keine ver-
nünftige Begründung; denn ein einzelner Abgeordneter
kann im Bundestag allein keine Initiative einbringen.

Für Volksbegehren forderte Rot-Grün in einem ge-
meinsamen Antrag in der 14. Legislaturperiode ein Quo-

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(C (D um von 5 Prozent. Das entspricht etwa 3 Millionen Bürerinnen und Bürgern. Die FDP fordert sogar 10 Prozent, lso etwa 6 Millionen Unterstützer. Der Linken reicht ein uorum von 1 Million, also etwa 1,7 Prozent. Auch das alte ich für zu gering. (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Dann reden wir darüber!)


Gerne.

Wir wollen die Themen nicht wie Sie in einem Kata-
og auflisten. Sie werden nämlich automatisch durch das
rundgesetz begrenzt. Die darin enthaltenen Regelun-
en sind ausschlaggebend dafür, ob eine Fragestellung
ulässig ist oder nicht.

Was mir an dem Vorschlag der Linken völlig unver-
tändlich ist, sind die Vorschläge zu Art. 82 c Abs. 4 des
rundgesetzes – ich zitiere –:

Drei Wochen nach Festlegung des Wahltermins zum
Bundestag hat jede Fraktion des Bundestages das
Recht, eine Sachfrage zur Abstimmung am Wahlter-
min vorzuschlagen.

eiter:

Der gewählte Bundestag

es müsste heißen: der neu gewählte Bundestag –

ist für seine Wahlperiode an die Entscheidung der
Bürgerinnen und Bürger in diesen Fragen gebun-
den.

Unserer Ansicht nach hat ein Volksentscheid den
weck, dass sich Bürgerinnen und Bürger zwischen den
ahlterminen zu Sachfragen direkt äußern können.
enn Sie den Volksentscheid an die Bundestagwahl

nüpfen, wäre dieser Zweck hinfällig. Warum sollen nur
ie im Bundestag vertretenen Fraktionen berechtigt sein,
achfragen zur Abstimmung zu stellen? Warum dürfen
as nicht alle Parteien, die zur Bundestagwahl zugelas-
en sind? Und warum sollen Parteien Sachfragen vorge-
en, wo doch Volksentscheide schon allein vom Namen
er aus der Mitte des Volkes kommen sollen? Was soll
as denn bringen, und wem soll das nützen? Den Wähle-
innen und Wählern bringt das sicher nichts. Die Par-
eien und ihre Bewerber treten mit einem umfassenden
rogramm, soweit sie eines haben, zu unterschiedlichen
hemen zur Bundestagwahl an, und der Wähler trifft
azu seine Entscheidung.

Mit der Bindung des Bundestages an die Entschei-
ung der Bürgerinnen und Bürger während der gesamten
egislaturperiode würde der Rahmen der politischen Ge-
taltungsmöglichkeiten nicht ergänzt, wie wir es wollen,
ondern eingeschränkt. Diesen Vorschlag halte ich des-
alb für verfehlt. Wir werden ihm nicht zustimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch wenn alle bislang eingebrachten Gesetzent-
ürfe letztlich dasselbe Ziel haben, so unterscheiden sie

ich doch in vielen Punkten. Bei den Quoren wird das
ohl am deutlichsten. Solange sich CDU und CSU aber

tandhaft weigern, mehr Bürgerbeteiligung zuzulassen,
erden wir auch in dieser Legislaturperiode keine





Gabriele Fograscher


(A) )


)(B)

grundgesetzändernden Mehrheiten erreichen. Ich bedau-
ere es, dass sich die FDP von diesem Ziel offensichtlich
verabschiedet hat.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705521000

Frau Kollegin, ich bedauere, dass Ihre Redezeit be-

reits abgelaufen ist.


Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1705521100

Einen Satz noch. – Das müssen Sie in der Koalition

vielleicht noch einmal klären.

Ich jedenfalls freue mich auf die Diskussion im Aus-
schuss. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben. Es hat,
wie der Kollege schon sagte, bereits zehn Anläufe gege-
ben. Vielleicht ist der elfte entscheidend und bringt den
Durchbruch.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705521200

Damit schließe ich die Aussprache zu diesem Punkt.

Es ist verabredet, den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 17/1199 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse zu überweisen. – Damit sind Sie einverstan-
den. Dann ist diese Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a bis 8 d auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
für bessere Beschäftigungschancen am Ar-
beitsmarkt – Beschäftigungschancengesetz

– Drucksache 17/1945 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 17/2454 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Paul Lehrieder

Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/2455 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)

Bettina Hagedorn
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Gesine Lötzsch
Alexander Bonde

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Gabriele Lösekrug-Möller, Anette Kramme,

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(C (D Hubertus Heil und der Fraktion der SPD Arbeitsmarktpolitik erfolgreich umsetzen und ausbauen – Drucksachen 17/2321, 17/2454 – Berichterstattung: Abgeordneter Paul Lehrieder c)

neten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann,
Klaus Ernst, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Entfristung der freiwilligen
Weiterversicherung in der Arbeitslosenversi-
cherung

– Drucksache 17/1141 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 17/1636 –

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, Katrin Göring-
Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbst-
ständige entfristen und ausbauen

– Drucksachen 17/1166, 17/1636 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Paul Lehrieder

Zu dem Entwurf eines Beschäftigungschancengeset-
es der Bundesregierung liegt ein Entschließungsantrag
er Fraktion Die Linke vor.

Es ist verabredet, hierzu eine Dreiviertelstunde zu de-
attieren. – Auch dazu höre und sehe ich keinen Wider-
pruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
rauksiepe für die Bundesregierung. Bitte schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


D
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1705521300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie Bundesregierung hat dem Hohen Haus den Entwurf
ines Beschäftigungschancengesetzes vorgelegt, über
en wir heute abschließend beraten wollen. Das gibt die
elegenheit, mal wieder über die tatsächliche Lage in
eutschland in diesem Sommer 2010 zu sprechen.

Gestern beim Fußball waren andere besser als wir;
ber wenn man die Lage auf dem Arbeitsmarkt sieht,
uss man sagen: Seit Monaten ist niemand in Europa

esser als wir. Seit Monaten ist Deutschland der einzige
U-Mitgliedstaat, in dem die Arbeitslosigkeit im Jahres-
ergleich sinkt. Das ist etwas, meine Damen und Herren,
orauf wir stolz sein können in diesem Land.





Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist Champions League!)


– Das ist nicht nur Champions League, Herr Kollege
Kolb; denn Champions League ist ja, wie die Kundigen
wissen, etwas, das auf Europa beschränkt ist. Aber un-
sere Erfolge sind schon ein bisschen größer. Deutschland
ist das einzige Industrieland in der OECD, einer welt-
weiten Organisation mit rund 30 Mitgliedsländern, in
dem die Arbeitslosigkeit wieder unter den Stand vor der
Wirtschaftskrise gefallen ist. Das sagen nicht wir, die
Bundesregierung, sondern die OECD selbst hat das ver-
öffentlicht. Wir sind im Industrieländervergleich welt-
weit spitze bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
Auch das ist etwas, worauf wir stolz sein können, meine
Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Wie ist das mit der Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland?)


Es gilt in der christlich-liberalen Koalition, was früher
in der Großen Koalition auch schon galt: Politik ist we-
der allmächtig noch ohnmächtig. Politik hat das nicht
allein geschafft. Aber natürlich hat auch die Arbeits-
marktpolitik – neben Gewerkschaften und Arbeitgeber-
verbänden, die wichtige Vereinbarungen miteinander ge-
troffen haben – unbestreitbar einen hohen Beitrag geleis-
tet. Entgegen allen ursprünglichen Erwartungen ist es
uns in Deutschland gelungen, einen spürbaren Einbruch
bei der Zahl der Erwerbstätigen und den Anstieg der
Zahl der Arbeitslosen in einem selbst von Optimisten
nicht abzusehenden Ausmaß zu begrenzen.

Führen wir uns noch einmal die Situation vor der
Krise vor Augen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Im
Herbst 2008 lag die Arbeitslosigkeit zeitweise bei unter
3 Millionen. Seit 2005 waren rund 1,5 Millionen neue
Beschäftigungsverhältnisse geschaffen worden. Es gab
über 40 Millionen Erwerbstätige. In der Krise ist die Ar-
beitslosigkeit um rund 300 000 gestiegen, die Erwerbstä-
tigkeit in einem etwa ähnlichen Maße zurückgegangen.
Das war deutlich geringer als erwartet. Dies haben wir
neben der Beschäftigungspolitik der Unternehmen vor
allem dem massiven Einsatz von Kurzarbeit zu verdan-
ken. Über 300 000 Vollzeitstellen wurden durch Kurzar-
beit ersetzt. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit wäre ohne
Kurzarbeit womöglich doppelt so hoch ausgefallen.

Deswegen sage ich: Es war richtig, dass die Regie-
rung, die zu der Zeit, als die Krise ausbrach, die Verant-
wortung hatte, also die Große Koalition, diese Maßnah-
men ergriffen hat. Und es ist richtig und wichtig, dass
die christlich-liberale Koalition jetzt daran anknüpft und
das Signal gibt: Es ist viel erreicht worden, aber wir sind
noch nicht durch die Krise durch. Wir werden diesen
Weg, der einmalig erfolgreich ist, auch gemeinsam wei-
tergehen. Das ist die Botschaft dieses Gesetzes.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir stehen am Anfang einer konjunkturellen Erho-
lung, nachdem die Auswirkungen der Krise auf den Ar-
beitsmarkt vergleichsweise gering geblieben sind – nicht
deswegen, weil in großem Maße irgendwelche niedrig

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(C (D ezahlten Jobs entstanden wären, sondern deswegen, eil wir mit unseren Maßnahmen vor allem Beschäftiung gehalten haben. Genau das, was es im Zusammenang mit der Kurzarbeit an Skepsis gegeben hat – dass öglicherweise Arbeitslosigkeit nur verlagert wird –, ist ben nicht eingetreten. In der jetzigen Situation haben ir über 200 000 Beschäftigungsverhältnisse mehr als or einem Jahr. Die Zahl der Kurzarbeiter, die sich wischenzeitlich aufgrund der Fördermaßnahmen, die ir ergriffen haben, von rund 100 000 auf anderthalb illionen verfünfzehnfacht hatte, ist jetzt wieder auf ein eutlich niedrigeres Maß zurückgegangen. Das heißt, die enschen sind nicht aus der Kurzarbeit in die Arbeits osigkeit gegangen, sondern sie sind wieder in Beschäftiung gekommen, weil die Betriebe mit ihren Beschäftigen durch diese Krise gegangen sind. Das wollten wir rreichen, und das ist gelungen. Wir wissen, dass dies nicht zum Nulltarif zu haben ar. Viele unserer Partner aus unseren Nachbarländern ragen uns, was der Kern des deutschen Jobwunders ist – in Begriff, den nicht wir erfunden haben, sondern der us dem Ausland an uns herangetragen wurde. Der Kern st, dass es gelungen ist, Gewerkschaften und Arbeiteber mit den Beitragsund Steuerzahlern in einem ündnis zusammenzubringen, das Arbeitsplätze erhalten nd neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Dieses Miteinaner, diese Sozialpartnerschaft, die dieses Land über 0 Jahre stark gemacht hat, hat auch die letzten Jahre itgeprägt. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis. Jen eits allen politischen Streites – auch des Streites über otwendige Sparmaßnahmen in diesen Tagen – muss an einfach einmal ein herzliches Dankeschön an die ozialpartner in unserem Land sagen, die dieses Land it großgemacht haben und mit durch diese Krise ge ührt haben. Weil wir mit unserer Politik in dieser Krise bisher gut efahren sind, aber sie noch nicht überwunden haben, ist s richtig, dass wir jetzt mit diesen Maßnahmen fortfahen in dem Wissen, dass neben der gelebten Sozialparterschaft der Erfolg bei der Bewältigung der Krise auch euer erkauft wurde. Wir haben die Reserven, die wir in er Arbeitslosenversicherung hatten, in der Tat aufgeraucht. Wir haben deswegen gesagt: Damit die Arbeitsarktpolitik handlungsfähig bleibt, damit die Bundes gentur für Arbeit handlungsfähig bleibt und damit für ie Langzeitarbeitslosen weiterhin etwas getan werden ann, unterstützt der Bund die Bundesagentur in diesem ahr mit einem Zuschuss. Wir werden weiter für die andlungsfähigkeit der arbeitsmarktpolitischen Akteure n diesem Land sorgen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und erren, wenn wir im Jahr 2013, in dem wir aller Voraus icht nach noch weniger Arbeitslose haben als jetzt, so iel für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgeben, wie wir es m Jahr 2006 bei weit über 4 Millionen Arbeitslosen gean haben, zeigt das, dass wir auf Dauer deutlich mehr eld in die Arbeitsmarktpolitik geben, als das früher der all war. Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir betreiben also keinen Abbau von Maßnahmen, son-
dern es gibt bezogen auf die Zahl der Menschen, die
Hilfe brauchen, einen Aufbau von arbeitsmarktpoliti-
schem Engagement. Das ist richtig so. Diese christlich-
liberale Koalition steht für Aufbau und nicht für Abbau
in der Arbeitsmarktpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Wolfgang StrengmannKuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kennen Sie das Sparpaket nicht? – Weiterer Zuruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir stehen in der zweiten und dritten Lesung dieses
Gesetzentwurfes. Das heißt, wir reden auch über Änder-
ungsvorschläge, die aus dem Haus gekommen sind und
über die im federführenden Ausschuss diskutiert worden
ist. Die Bundesregierung begrüßt die Änderungsanträge,
die eingebracht worden sind. Den Änderungsantrag zum
Thema Bürgerarbeit will ich zum Anlass nehmen, an
dieser Stelle etwas dazu zu sagen.

Dieser Änderungsantrag und diese abschließende Be-
ratung gehen einher mit dem Modellprojekt „Bürgerar-
beit“, das in den Startlöchern ist. Bundesweit haben rund
200 Grundsicherungsstellen gesagt, dass sie bei diesem
Projekt mitmachen wollen. Dieses Projekt ist gerade in
Sachsen-Anhalt von der dortigen Landesregierung er-
folgreich erprobt worden. Es geht bei dem Projekt da-
rum, Menschen zu aktivieren, ganz gezielt zu fördern,
sechs Monate lang ganz viele Anstrengungen koordiniert
und gebündelt zu unternehmen, um diese Menschen in
den Arbeitsmarkt zu bringen. Nur für die, bei denen das
nicht gelingt, wird es Bürgerarbeitsplätze geben, die der
Bund finanziert, damit sie weiter eine Chance auf sinn-
volle Beschäftigung in unserer Arbeitswelt haben.

Diese christlich-liberale Koalition – dafür steht auch
die Ausweitung der Bürgerarbeit zu einem bundesweiten
Projekt – lässt niemanden am Wegesrand stehen, lässt
niemanden zurück, sondern kümmert sich gerade um
die, die die meiste Unterstützung brauchen.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


Gerade für diese Menschen setzen wir neue Akzente,
stellen wir etwas zur Verfügung. Wir reden nicht da-
rüber, sondern wir handeln.

Ich bedanke mich herzlich für die Initiativen, die er-
griffen worden sind, und für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705521400

Anette Kramme spricht jetzt für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1705521500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Uns wurden gerade die Heldentaten der Union
verkündet: Man wolle die aktive Arbeitsmarktpolitik auf

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(C (D em Level des Jahres 2006 fortsetzen. Ich weiß nicht, ob ch das tatsächlich als Heldentat empfinden kann. Man ollte nämlich berücksichtigen, dass die tatsächlichen usgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik im Jahr 006 besonders niedrig waren. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da haben Sie doch regiert!)


ie kennen auch die Gründe, warum die Ausgaben be-
onders niedrig waren: Sie waren besonders niedrig,
eil wir einen riesigen Umstellungsprozess bei den Ar-
en hatten und die Arbeitsmarktmittel deshalb nicht
ollumfänglich ausgeschöpft werden konnten. Das soll
etzt der Vergleichsmaßstab sein.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Erbärmlich!)


Der Name dieses Stückwerkgesetzes mutet etwas selt-
am an: Für die Regierung mag zwar vorübergehend Be-
chäftigung entstanden sein; aber mit Chancen hat dieses
egelwerk relativ wenig zu tun. Ich will eine Ausnahme
achen: Sie sind endlich bereit, die Regelungen zur
urzarbeit zu verlängern. Aber auch hier mussten wir
ie zum Jagen tragen:


(Zurufe von der CDU/CSU: Nee!)


och im April haben Sie sich geweigert, die Förderung
er Kurzarbeit inklusive der Befreiung von Sozialabga-
en und attraktiver Angebote zur Weiterbildung zu ver-
ängern. Warum? Aus schierem Trotz, weil nicht sein
ann, was nicht sein darf; ein von einem Sozialdemokra-
en, Olaf Scholz, entwickeltes Modell ist nämlich in
iner schwarz-gelben Koalition nicht opportun. Dabei
ind sich alle Experten, von DGB bis OECD, vollum-
änglich einig gewesen: Kurzarbeit hat wesentlich dazu
eigetragen, höhere Arbeitslosigkeit zu vermeiden. So-
ar der Arbeitgeberverband sekundierte seinerzeit.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ex post ist es immer einfach!)


Es wird auch immer betont, dass Kurzarbeit wesent-
ich billiger als Arbeitslosigkeit ist. Im Durchschnitt ist
ämlich nur ein Drittel der Arbeitszeit durch die Sozial-
eistung zu ersetzen. Kurzarbeit ist auch deshalb ver-
ünftig, weil Unternehmen nach einer Krise sofort star-
en und ihre Fachkräfte im Zuge eines zunehmenden
achkräftemangels halten können.


(Beifall bei der SPD)


Nun, meine Damen und Herren von der Koalition, wir
reuen uns über Einsicht, auch über späte Einsicht. End-
ich fangen Sie an, die richtigen Konsequenzen zu zie-
en. Zwei Aber gibt es dennoch:

Aber Nummer eins: Für etliche Unternehmen kommt
ie Einsicht zu spät. In vielen Unternehmen haben Ent-
assungsprozesse eingesetzt, weil Sie nicht zu Potte ge-
ommen sind.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Wo soll denn da gekündigt werden? Wir haben sinkende Arbeitslosenzahlen!)


ie haben nicht beachtet, dass einerseits Kündigungsfris-
en eingehalten werden müssen und andererseits lang-





Anette Kramme


(A) )


)(B)

wierige und komplizierte Sozialplanverhandlungen zu
führen sind. Häufig konnten diese Unternehmen nicht
länger warten, weil sie in finanzieller Not waren und
nicht wussten, was nun im nächsten Jahr Sache ist. Hätte
die Regierung eher gehandelt, wäre Mitarbeitern die
Entlassung erspart geblieben.

Aber Nummer zwei: Auch diesmal wollen Sie die
Kurzarbeit nur vorübergehend verlängern. Da stellt man
sich die Frage: Warum eigentlich so schüchtern? Wir
von der SPD schlagen vor: Kurzarbeit soll künftig gene-
rell unter den aktuellen Bedingungen möglich sein. Wir
fordern eine Entfristung unter den erleichterten Bedin-
gungen, die eine Erstattung der Sozialversicherungsabga-
ben ermöglichen. Wir wollen darüber hinaus die reguläre
Bezugsdauer von sechs auf zwölf Monate ausdehnen, die
maximale Bezugsdauer auf immerhin 36 Monate.

Alle sind sich einig: Kurzarbeit hat geholfen. Alle
sind sich einig: Kurzarbeit ist billiger als Arbeitslosig-
keit. Warum sollte man dann daraus keine Dauerlösung
machen? Sollten die Regelungen in wirtschaftlich guten
Zeiten nicht gebraucht werden, ist eine Verlängerung un-
schädlich;


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen, Frau Kramme!)


ohne Nutzung entstehen keine Kosten. Sollten die Rege-
lungen gebraucht werden, muss nicht erst ein langwieri-
ger Gesetzgebungsprozess in Gang gebracht werden; die
Reaktionszeiten werden kürzer, die Hilfe effektiver.

Lieber Herr Kolb, Sie können den mahnenden Zeige-
finger, der vor Missbrauch warnt, getrost unten lassen.
Die Gefahr des Missbrauchs wird nämlich völlig über-
schätzt.


(Beifall bei der SPD)


Unternehmen haben gar kein Interesse, Kurzarbeit unnö-
tig auszudehnen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist wahr!)


Zum einen bleiben nämlich immerhin noch Remanenz-
kosten – so hat es das IAB errechnet – in Höhe von min-
destens 24 Prozent übrig. Die Firmen wären mit dem
Klammerbeutel gepudert, wenn sie diese ohne Not zah-
len würden. Zum anderen ist es für Unternehmen
schlichtweg lukrativer, Aufträge abzuarbeiten und Ge-
winne einzufahren.

Wenn wir uns aufraffen, meine Damen und Herren,
die neue Kurzarbeit von einer befristeten Sonderrege-
lung zu einem neuen regulären Instrument der Arbeits-
marktpolitik zu machen, ist das mehr als nur eine kleine
Paragrafenänderung. Das wäre ein Paradigmenwechsel.

Früher gehörte es in der Wirtschaft zum guten Ton,
Cost-Cutting durch Entlassung zu betreiben. In den letz-
ten Monaten war es anders. Manchmal fühlte man sich
fast an das alte „Modell Deutschland“ erinnert. Damals
galt es als klug, auf seine Mitarbeiter zu achten. Auch in
dieser Krise galt es als klug, seine Mitarbeiter möglichst
lange im Unternehmen zu halten, um in Zeiten ansprin-

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(C (D ender Konjunktur sofort weiterproduzieren zu können nd nicht erst Fachkräfte neu einstellen zu müssen. Es etzte ein Effekt ein, bei dem sich Arbeitgeber sogar in nternehmerkreisen rechtfertigen mussten, wenn sie die urzarbeit nicht nutzten. Die besseren Regelungen zur Kurzarbeit haben Flexiilität für Unternehmen in der Krise geschaffen und leichzeitig dem „hire and fire“ ein Ende gesetzt. Ich age: Diese Wirkung ist aber auch nur deshalb eingetreen, weil wir nach wie vor ein relativ gut funktionierenes Kündigungsschutzgesetz und Strukturen haben, die ie Betriebsratsarbeit effektiv gestalten. Daran müssen wir anknüpfen. Diesen Mentalitätsechsel müssen wir erhalten. Deshalb, meine Damen und erren von der Koalition: Nehmen Sie das Beschäftiungschancengesetz wörtlich, und ergreifen Sie die hance, die Kurzarbeit wirklich und endgültig von einem lügellahmen Entlein zu einem schönen Schwan zu mahen. In diesem Sinne herzlichen Dank. Der Kollege Heinrich Kolb spricht für die FDP-Frak ion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie gestern in Paris vorgestellte OECD-Studie ist für uns in Grund zu großer Freude; das will ich sehr deutlich agen. Es ist ein positives Zeichen, das wir aus Paris eralten haben. ir neigen manchmal dazu – Schwarz-Gelb mehr als ndere in diesem Haus –, unser Licht unter den Scheffel u stellen. as wollen wir heute ausdrücklich nicht tun. Ich will, ebenso wie es der Staatssekretär getan hat, esthalten – dann sitzt es besser; dann kommt auch die otschaft besser an –: In der Krise ist die Arbeitslosigeit in Deutschland deutlich zurückgegangen, während ie in anderen OECD-Ländern erheblich gestiegen ist, nd das, obwohl Deutschland vom Wirtschaftseinbruch esonders stark betroffen war. (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das lag aber nicht an der FDP!)


(Beifall bei der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705521600

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1705521700

(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: So ist das!)


(Anette Kramme [SPD]: Sie? Na ja!)


as ist ein Riesenerfolg für unser Land, für unsere Wirt-
chaft und auch für unsere Regierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Weil Sie manchmal behaupten, das Wachstumsbe-
chleunigungsgesetz habe nur negative Wirkungen ge-
abt, sage ich Ihnen: Das ist nicht der Fall. Es war ein
esentlicher Baustein. Die Maßnahmen zur Verbesse-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

rung der Kaufkraft, die Anfang dieses Jahres in Kraft ge-
treten sind, all das sind wesentliche Signale, die zusam-
menspielen. Deswegen sage ich: Wir sind auf einem
guten Weg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die OECD lobte zum einen das Kurzarbeitergeld und
zum anderen,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Etwa Ihre Umsatzsteuerreduktion für Hotels?)


dass Unternehmen, Belegschaften und Gewerkschaften
mit flexiblen Arbeitszeitregelungen einen erheblichen
Beitrag geleistet haben; das darf man nicht übersehen.
Es ist beileibe nicht so, Frau Kramme, dass all das al-
leine durch die Kurzarbeit erreicht worden ist,


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist genau der Punkt!)


sondern ein Gutteil der Last ist von den Unternehmen
selbst getragen und geschultert worden. Dazu ist übri-
gens in erheblichem Umfang Liquidität eingesetzt wor-
den. Ich betone das deswegen, weil gerade von Ihrer
Fraktion, Frau Kramme, immer unterstellt wird, Unter-
nehmen hätten nur den schnöden Mammon im Sinn, und
alles andere spiele für sie keine Rolle.


(Anette Kramme [SPD]: Nein! Ich habe lediglich von entlastenden Maßnahmen gesprochen!)


Hier ist im Zusammenspiel von Unternehmen und Ge-
werkschaften sozial sehr verantwortlich gehandelt wor-
den. Auch dies gilt es hier und heute zu betonen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Auf das, was wir erreicht haben, bin ich stolz. Wir ha-
ben es uns nicht leicht gemacht, Frau Kollegin Kramme.
Aber am Ende haben wir uns geeinigt und eine gute Re-
gelung getroffen; Herr Kollege Schiewerling sei an dieser
Stelle ausdrücklich erwähnt. Wir haben die Kurzarbeiter-
regelung mit Augenmaß verlängert. Auch die OECD hat
darauf hingewiesen: Es hat sich um eine Ausnahmesitua-
tion, eine Krise gehandelt. Irgendwann muss die Kurzar-
beit zurückgeführt werden. – Wir müssen dabei so vorge-
hen, dass wir davon auch diejenigen profitieren lassen,
die die Last – weil nicht alle Branchen gleichzeitig von
der Krise betroffen sind, sondern manche früher, andere
später – erst am Ende des Krisenzyklus zu tragen haben.

Deswegen soll es – das hat die Anhörung bestätigt – auch
jetzt noch die Möglichkeit geben, neue Kurzarbeitsan-
träge mit längerer Frist zu stellen. Das alles läuft aber aus
und wird langsam zurückgenommen. Es erfolgt elastisch,
damit harte Brüche, die zu Entlassungen führen könnten,
vermieden werden. Das alles ist sehr vernünftig.

Zeitarbeitnehmern wird es weiter ermöglicht, Kurzar-
beitergeld in Anspruch zu nehmen. Frau Kramme, das
alles wird dazu führen, dass wir elastisch aus der Kurzar-
beit aussteigen und mit dem Wiederanziehen der Auslas-
tung in den Unternehmen aufgrund der guten konjunktu-
rellen Situation wieder zum Normalfall zurückkehren.

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(C (D ie Fristen werden dann wieder kürzer sein. Auch die rstattungsmöglichkeiten werden nicht mehr so großzüig sein. Die Bundesagentur für Arbeit wird dann bei en einzelnen Anträgen etwas genauer hinschauen. Das lles halte ich für sinnvoll und vernünftig. Ihre Anträge sind nicht sinnvoll und vernünftig. Teileise gibt es erhebliche Sprünge. Wenn ich Ihren Antrag Beschäftigte vor Kurzarbeit schützen – Konditionen für urzarbeit verbessern“, den Sie in der ersten Lesung des esetzentwurfs im April eingebracht haben, mit dem ergleiche, was Sie heute vorlegen, dann stelle ich fest, ass es erhebliche Unterschiede gibt. (Anette Kramme [SPD]: Wir haben noch mehr Erfahrungswerte gesammelt und mittlerweile zwei Sachverständigenanhörungen durchgeführt!)


Damals war die gesetzliche Festschreibung der Er-
tattung der Sozialversicherungsbeiträge nicht Teil des
orderungskatalogs Ihrer Fraktion. Jetzt, zweieinhalb
onate später, haben Sie auf einmal die dringende Not-
endigkeit erkannt – erstaunlich, vielleicht auch ein
tück weit unverständlich –, genau dies zu tun. Das ist
ür mich nur ein weiterer Beleg für die Sprunghaftigkeit
hrer Politik gerade im Bereich des Arbeitsmarktes. Sol-
hen Vorschlägen kann man nicht zustimmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich bin leider am Ende meiner Redezeit und kann zu
em Antrag der Linken, Frau Zimmermann, nichts mehr
agen. Was Sie vorgelegt haben, ist ohnehin das Übliche:
eduzierte Höchstarbeitszeit, Mindestlohn, Verlängerung
er Bezugsfrist usw. Das kann man sich ersparen bzw.
erden wir bei nächster Gelegenheit kommentieren.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Sie sagen ja auch das Übliche dazu!)


Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und ver-
eise auf meinen Kollegen Vogel, der alles andere, was
icht das Kurzarbeitergeld betrifft, später kommentieren
ird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705521800

Sabine Zimmermann ist die nächste Rednerin für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705521900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen der Koalition, eines muss
an Ihnen lassen: Sie sind richtig große Verpackungs-

ünstler.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war Christo auch! – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das muss man auch können! – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/ CSU]: Entscheidend ist, ob der Inhalt stimmt!)






Sabine Zimmermann


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Ich will es Ihnen erklären. Ihre Gesetze tragen so tolle
Namen wie Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Finanz-
marktstabilisierungsgesetz und heute Beschäftigungschan-
cengesetz. Wenn die Bürgerinnen und Bürger sich dieses
Gesetz aber genauer anschauen, müssen sie feststellen,
dass da nur heiße Luft drin ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na, na! Das ist jetzt nicht fair!)


– Das muss man schon so sagen. Sie sind wirklich große
Verpackungskünstler.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sie hätten das Geschenk einfach auspacken müssen, dann hätten Sie es gefunden!)


– Frau Connemann, hören Sie mir bitte zu! Dann kann
ich Sie vielleicht aufklären.

Im Juni meldete die Bundesagentur für Arbeit 3,2 Mil-
lionen offiziell registrierte Arbeitslose. Aber wir alle in
diesem Haus wissen: Die Dunkelziffer ist wesentlich hö-
her. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit liegt bei mehr als
4,3 Millionen; hier muss ich Sie korrigieren, Herr Kolb.
Zu diesem Ergebnis kommt man, wenn man die Teilneh-
mer an Maßnahmen und diejenigen, die sich in Warte-
schleifen befinden, sowie die älteren Arbeitslosen hinzu-
zählt. Diese sind in der Statistik gar nicht enthalten. Das
zeigt uns: Es ist notwendig, ja überfällig, dass die Bun-
desregierung Vorschläge vorlegt, die dazu dienen, die
Chancen auf Beschäftigung zu erhöhen. Das tun Sie aber
nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Dabei müssen Sie uns aber mal erklären: Wie wollen
Sie die Beschäftigungschancen erhöhen, wenn Sie die
Mittel für eine aktive Arbeitsmarktpolitik kürzen? Sie
betreiben Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik und be-
schneiden so die Chancen von Erwerbslosen, wieder in
Arbeit zu kommen. Das wird die Linke nicht hinnehmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Um es ganz klar zu sagen: Das Sparpaket ist sozial
ungerecht und beschäftigungspolitisch falsch. Bevor ich
darauf genauer eingehe, einige Worte zu dem heute vor-
liegenden Gesetzentwurf:

Erstens. Die Regierung will die Kurzarbeiterregelung
verlängern. Da gehen wir mit, auch wenn wir uns weiter
gehende Regelungen gewünscht hätten, wie zum Bei-
spiel eine längere Bezugsdauer. Frau Kramme hat auch
schon einige Hinweise dazu gegeben.

Zweitens. Die Regierung will die Regelung zur frei-
willigen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige
verlängern. Dazu muss man natürlich sagen, dass die
Linken und die Grünen schon im März einen Gesetzent-
wurf bzw. Antrag dazu eingebracht haben.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hatten einen besseren!)


Schön, dass Sie dem nun gefolgt sind, aber leider natür-
lich mit einer abrupten Beitragserhöhung. So erzielt die
Regelung jedoch vor allen Dingen bei Selbstständigen
mit einem geringen Einkommen überhaupt keine Wir-

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(C (D ung. Auch damit verstoßen Sie gegen das Gleichbeandlungsgebot. Drittens. Die Regierung will die Dauer bestehender rbeitsmarktpolitischer Maßnahmen verlängern. Einiges avon unterstützen wir. Wir sagen aber auch: Arbeitsarktpolitik darf nicht bedeuten, dass die Arbeitgeber ubventioniert werden. Abgeschafft gehört zum Beispiel der sogenannte Verittlungsgutschein. 2 000 Euro erhält ein privater Ar eitsvermittler, wenn er einen Erwerbslosen in Beschäfigung gebracht hat. Tatsache ist doch – das hat der ollege vom DGB auch noch einmal deutlich gemacht –: 0 Prozent der über diesen Weg Vermittelten melden sich ach sechs Monaten wieder arbeitslos. 25 Prozent der olleginnen und Kollegen werden im Rahmen der Leih rbeit tätig. Das hat nichts mit guter Arbeitsmarktpolitik u tun. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregieung plant einen Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik. llein 16 Milliarden Euro will die Regierung durch die mwandlung von sogenannten Pflichtin Ermessens eistungen kürzen. Was bedeutet das? Millionen Menchen verlieren ihren Rechtsanspruch auf bestimmte ördermaßnahmen. Ich nenne einmal ein Beispiel: Eine junge Frau – nenen wir sie Susanne – konnte wegen der Geburt eines indes noch keine Ausbildung machen. Heute gehört sie och zu den Glücklichen, die ein Anrecht auf eine sogeannte berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme haben. ber 38 000 Personen haben dieses Instrument in An pruch genommen, und zwar mit Erfolg: In mehr als jeem zweiten Fall führte dies zu einer Beschäftigung. Dieses Instrument und damit diese Chance für junge ütter wie Susanne werden nun wie viele andere auch nfrage gestellt. Betroffene sollen kein Anrecht mehr daauf haben, und es droht eine Arbeitsmarktpolitik nach assenlage. Sie schaffen keine Chancen, sondern Sie ernichten sie. Das machen wir nicht mit. Ich komme zum Schluss. Frau von der Leyen hat Ende pril angekündigt – ich zitiere –: „Wir werden nicht sinn os kürzen.“ Keine zwei Monate später hat sie im Kabiett die Hand für eine beispiellose Kürzung in der Areitsmarktpolitik gehoben. Frau von der Leyen – Herr Brauksiepe, Sie können es hr ja vielleicht ausrichten –, ich muss Ihnen sagen: Sie ind eine Ankündigungsministerin. Das wird vor allen ingen durch die ganzen Ankündigungen im Bereich er Leiharbeit gezeigt. In der Öffentlichkeit kritisieren ie seit Monaten die Missstände. Was haben Sie bis jetzt etan? Nichts! Es ist nichts passiert. Fangen Sie endlich an, etwas zu tun. Halten Sie es ielleicht ein bisschen mit Goethe: „Es ist nicht genug, u wollen, man muss es auch tun.“ Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit. )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705522000

Brigitte Pothmer spricht jetzt für Bündnis 90/Die

Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705522100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch

die letzte Umfrage wurde gezeigt, dass 8,6 Millionen
Menschen in Deutschland einen Arbeitsplatz suchen
oder aber mehr arbeiten möchten, als es ihnen derzeit
möglich ist.

Ich will gar nicht bestreiten, dass die neuesten Ar-
beitsmarktzahlen auf Entspannung hinweisen. Frau
Zimmermann hat aber darauf hingewiesen: Die Unterbe-
schäftigung ist noch immer sehr hoch; es fehlen über
4 Millionen Vollzeitstellen. Wenn man die stille Reserve
hinzunimmt, die in keiner Statistik auftaucht, dann kann
man nicht leugnen, dass wir es mit einem riesengroßen
Problem zu tun haben.

Herr Kolb, gleichzeitig haben wir schon jetzt einen
riesengroßen Fachkräftemangel. Durch all das wird ge-
zeigt: Wir brauchen tatsächlich neue Impulse in der Be-
schäftigungspolitik, und wir brauchen tatsächlich Chan-
cen für die Arbeitslosen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Darin stimmen wir ja überein!)


– Darin stimmen wir überein.

Die Frage, die sich jetzt stellt, lautet, ob mit dem Ge-
setzentwurf, den Sie hier vorgelegt haben, diese Chan-
cen für die Betroffenen tatsächlich eröffnet werden. Ich
will Ihnen einmal etwas sagen: In Teilen ist absolut das
Gegenteil der Fall. Zum Teil erschweren Sie den Weg
hin zu einem neuen Job; Sie erschweren zum Beispiel
die Gründung von neuen Unternehmen.

Betrachten wir einmal das Beispiel der Alten- und
Krankenpflege. Sie beenden die Förderung von Um-
schulungen in der Alten- und Krankenpflege. In diesem
Bereich gibt es bereits heute einen exorbitanten Fach-
kräftemangel. Experten rechnen uns vor, dass wir in
zehn Jahren 230 000 Vollzeitarbeitskräfte in diesem Be-
reich bräuchten. Wenn Umschulung an irgendeiner
Stelle sinnvoll und notwendig ist, dann doch wohl in die-
sem Bereich! Wo könnte das Geld besser angelegt sein?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nehmen wir das andere Beispiel: Sie wollen die frei-
willige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige ver-
längern. Gleichzeitig machen Sie sie aber unbezahlbar,
indem Sie die Beiträge vervierfachen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Das sind geringe Summen!)


Viele der Solo-Selbstständigen haben schon jetzt erheb-
liche Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt und die
Krankenversicherungsbeiträge zu finanzieren und für
das Alter vorzusorgen. Und jetzt sagen Sie mir, dass sie

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(C (D ereits ein Jahr nach Gründung 1 000 Euro im Jahr für ie Arbeitslosenversicherung zahlen können. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist nicht wahr! Das sind 90 Euro im Monat!)


as wird nicht funktionieren. Damit versetzen Sie die-
em Instrument einen Dolchstoß.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In der Koalitionsvereinbarung steht: „Deutschland
uss wieder zum Gründerland werden.“ Sie glauben

och nicht allen Ernstes, dass Sie mit dieser Politik einen
ründungsboom auslösen werden. Mit dieser Politik
ird Ihnen das nicht gelingen.

Nein, meine Damen und Herren, das, was Sie hier
irklich großspurig als Beschäftigungschancengesetz

npreisen, ist bei genauerer Betrachtung nichts anderes
ls eine dem Kürzungsdiktat geschuldete Billigversion
er Beschäftigungspolitik von Olaf Scholz.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Diesen Vergleich weisen wir zurück!)


a gibt es keinen einzigen neuen Impuls, keine einzige
eue Idee.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Kein Mensch behauptet, dass es falsch ist, das Kurz-
rbeitergeld zu verlängern. Aber warum bleibt eigentlich
er Qualifizierungsanreiz in dieser Frage auf der Stre-
ke?

Ich will Ihnen einmal vorlesen, was die Bundesagen-
ur für Arbeit in ihrer schriftlichen Stellungnahme dazu
agt: Der im Hinblick auf den absehbaren Fachkräfte-
angel sinnvolle und äußerst notwendige Qualifizie-

ungsimpuls wird deutlich abgeschwächt.

Und jetzt komme ich auch einmal zur OECD. In jeder
ECD-Studie zu diesem Thema wird nachgewiesen,
ass sich Deutschland, was das lebenslange Lernen und
ie Weiterbildung angeht, im unteren Mittelfeld bewegt.


(Zuruf von Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


enn wir so weitermachen, dann stolpern wir genau auf
as Szenario zu, vor dem Frau von der Leyen immer ge-
arnt hat: nämlich auf einen dramatischen Fachkräfte-
angel bei gleichzeitig hoher Arbeitslosigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hatten wir vor der Krise in der Tendenz auch schon!)


Hören Sie einmal zu, ich zitiere jetzt nämlich Ihren
inister Brüderle:

Jeder Arbeitslose, der einen Job bekommt, macht
sein eigenes Konjunkturprogramm. Er hat mehr
Einkommen und damit mehr Konsummöglichkei-
ten.

ch finde, da hat Herr Brüderle – und ich stehe nicht im
erdacht, ihm ungerechtfertigt recht zu geben – aus-
ahmsweise recht.





Brigitte Pothmer


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da klatsche ich ausnahmsweise auch mal!)


Aber solange Sie die Arbeitsförderung weiter kaputt-
sparen und kaputtkürzen, wird von diesen Beschäfti-
gungschancen bei den Langzeitarbeitslosen jedenfalls
nichts ankommen. Daraus wird nichts!

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war aber eine sehr pessimistische Rede!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705522200

Herr Schiewerling hat jetzt das Wort für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Guter Mann!)



Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1705522300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! So unterschiedlich kann die
Welt sein. Bei Pippi Langstrumpf gibt es den sogenann-
ten Sachensucher. Ein Sachensucher ist jemand, der im-
mer vor sich auf die Straße guckt und ganz kleine Sa-
chen findet, die er sorgsam hütet und pflegt. Ihre Reden,
Frau Kramme, Frau Zimmermann, Frau Pothmer, erin-
nerten mich an dieses Spiel bei Pippi Langstrumpf. Sie
haben lange suchen müssen, bis Sie in diesem Gesetz et-
was gefunden haben.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Ich sage Ihnen: Es ist Ihnen zwar gelungen, etwas aus-
findig zu machen; nur hat das leider mit unserer Politik
nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Beschäftigung sichern, Arbeitsplätze fördern, gestärkt
aus der Krise herauskommen – das ist das Thema dieses
Beschäftigungsförderungsgesetzes. Ich sage Ihnen: Das
liegt auf einer Linie mit dem, was Bundeskanzlerin
Angela Merkel in 2008, als die Finanzmarktkrise begon-
nen hat, bereits gesagt hat: Wir wollen aus dieser Krise
stärker herausgehen, als wir hineingegangen sind.

Wir befinden uns in genau dieser Phase und dieser
Entwicklung. Da können Sie reden, wie Sie wollen: Die
Arbeitsmarktdaten sprechen für uns. Es gibt mittlerweile
3,15 Millionen Arbeitslose. Das sind deutlich weniger
als die 5 Millionen noch in 2005. Wenn Sie die Statistik
bezweifeln wollen, dann können Sie das gerne tun. Sie
können das Ganze hoch- und runterrechnen. Der Chef
der Agentur für Arbeit, Weise, pflegt zu sagen, dass die
Deutschen die strengsten Kriterien für die Arbeitslosen-
statistik haben.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt ja nicht!)


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(C (D nnerhalb des europäischen Vergleiches hat diese Statisik damit auch weiterhin Bestand. Die Bundesregierung geht von einem Wachstum von ,4 Prozent aus. Viele Forschungsinstitute und internatioale Organisationen gehen von mehr als 2 Prozent aus. taatssekretär Dr. Brauksiepe und auch Herr Dr. Kolb haen es dargestellt: Wir haben eine äußerst stabile Situaion am Arbeitsmarkt. Wir alle wissen: Das Geheimnis ind die arbeitsmarktpolitischen Instrumente, und zwar nsbesondere die Kurzarbeit. Ich will das alles nicht im Detail wiederholen, sonern nur eines deutlich sagen, Frau Kramme: Wir sind eder zum Jagen getragen worden, noch hat uns jemand wingen müssen. Wir haben die Entscheidung alleine etroffen, und zwar unter Abwägung der Gegebenheiten, nsbesondere der Entwicklung am Arbeitsmarkt. nsofern haben wir mit Augenmaß eine gute und verünftige Entscheidung getroffen. Ich halte es für zwingend geboten, diese Dinge verünftig und mit Augenmaß weiterzuentwickeln. Dazu ehört, dass die Unternehmen dieses Instrument nicht usgenutzt haben. Obwohl dieses Instrument mit der bernahme der Sozialversicherungsbeiträge weiter be teht, wird es weit weniger in Anspruch genommen, weil ie Konjunktur entsprechend angesprungen ist. Mit dem esetzentwurf wollen wir die gesetzlichen Regelungen erlängern, damit diejenigen, die die Krise noch nicht berwunden haben, die Sicherheit haben, Unterstützung om Staat zu bekommen, damit das Ganze entsprechend estaltet werden kann. So verstehen wir Arbeitsmarktpolitik mit Augenmaß. in großer Dank, dass das so geklappt hat und dass wir o dastehen, wie es jetzt der Fall ist, gilt der Flexibilität er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Areitgeber, die in dieser schwersten Krise geholfen haben, odass wir heute gut dastehen und es weiter aufwärts geen kann. Mit dem Gesetzentwurf setzt die Bundesregierung, ie christlich-liberale Koalition, ihren erfolgreichen urs in der Arbeitsmarktpolitik und im Bereich Arbeit nd Soziales weiter fort. Ich will einmal Revue passieren assen, was wir in den letzten Monaten erreicht haben. ir haben erreicht, dass ein Mindestlohn in der Pflege in raft treten wird. (Anette Kramme [SPD]: Und in der Leiharbeit?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben am Beispiel der Firma Schlecker das
hema Zeitarbeit aufgegriffen. Das haben weder die
inken noch die SPD und die Grünen auf den Weg ge-
racht,


(Anette Kramme [SPD]: Weil Sie es verweigert haben! Sie haben aber ein kurzes Gedächtnis!)






Karl Schiewerling


(A) )


)(B)

sondern das ist die christlich-liberale Koalition angegan-
gen. Wir waren diejenigen, die den Finger in die Wunde
gelegt und benannt haben, was nicht ordentlich läuft,
und wir haben bei den Tarifpartnern der Zeitarbeitsbran-
che einen intensiven Diskussionsprozess in Gang ge-
setzt. Dass dort heute viele Selbstheilungskräfte wirken,
verdanken wir genau dieser Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anette Kramme [SPD]: In der eigenen Partei kriegen Sie es nicht hin!)


Ich will noch eines ansprechen, das im Kampfgetüm-
mel und Getöse nicht von dem nötigen Krach begleitet
wurde, um Beachtung zu finden, obwohl es erfolgreich
zu Ende gegangen ist:


(Anette Kramme [SPD]: Warten wir es ab!)


Wir haben gemeinsam mit der SPD in diesem Hohen
Hause in einem hervorragenden und verantwortungsbe-
wussten Verfahren die Jobcenter-Organisation durchge-
führt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Anette Kramme [SPD]: Einmal Hü und einmal Hott!)


– Frau Kollegin Kramme, es ist verständlich, dass Sie für
sich das Recht in Anspruch nehmen wollen, andere per-
manent zum Jagen getragen zu haben. Das ist aber nicht
der Fall. Wir haben nämlich das Ganze von uns aus auf
den Weg gebracht. Ich gestehe zu, dass die Bundesländer
kräftig mitgeholfen haben. Aber wir haben es auf den
Weg gebracht, und wir haben es geschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir klären zurzeit, was im Bereich des Arbeitnehmer-
datenschutzes möglich ist. Ich denke, dass wir auch das
bald gemeinsam schaffen werden. Insofern haben wir im
Bereich Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in den letzten
Wochen und Monaten in aller Ruhe Schritt für Schritt
sehr viel erreicht. Das haben uns die wenigsten von der
linken Seite des Hauses zugetraut.

Es gab eine hervorragende Zusammenarbeit, und wir
haben viel miteinander geschafft. Das hat auch etwas mit
der guten Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsminis-
terin zu tun, die ihre Politik in sehr kluger und stringen-
ter Weise gestaltet und nach vorne bringt. Dabei hat sie
unsere Unterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will den Blick aber nicht nur zurückwenden, son-
dern auch nach vorne richten. In der zweiten Jahreshälfte
geht es um die uns vom Bundesverfassungsgericht mit
Recht auferlegte Regelung der Kinderbedarfssätze und
die Frage der Bildung. Das steht im Mittelpunkt. Wir
wollen Kindern, die in einer sehr schwierigen sozialen
Lage sind, Bildungschancen eröffnen. Es geht aber nicht
nur um diese Kinder, sondern auch um Kinder von El-
tern, deren Verdienst nur wenig über dem Regelsatz nach
Hartz IV liegt. All diesen Kindern wollen wir Perspekti-
ven eröffnen. Das ist unsere Aufgabe.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Alles wird gut, Frau Kramme!)


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(C (D iesem Thema werden wir uns in der zweiten Jahresälfte konkret widmen. (Anette Kramme [SPD]: Deshalb stellen Sie 500 000 Euro zur Verfügung, und das Elterngeld wird gekürzt! Es geht auch um die Hinzuverdienstgrenzen. Auch ieses Problem müssen wir miteinander in der zweiten ahreshälfte lösen. Dahinter steckt mehr, als wir im Auenblick wahrhaben wollen. Das ist ein sehr komplizieres Thema. Es gilt, unsererseits volkswirtschaftlich sinnolle Anreize zu setzen, um Arbeit aufzunehmen. Das erden wir miteinander vereinbaren. Wir müssen auch ehen – auch das sage ich deutlich –, dass viele Aktivitäen in der Schattenwirtschaft stattfinden. Das betrifft icht nur diejenigen, die dort arbeiten, sondern auch dieenigen, die Arbeit anbieten. Dazu gehören auch – das etrifft gerade SGB-II-Empfänger – nicht wenige Privataushalte. Ich halte es für notwendig, darüber nachzuenken, ob die rechtlichen Instrumente, die uns zur Verügung stehen, nicht verschärft werden müssen. ielleicht sollten wir härtere Sanktionen beschließen. (Anette Kramme [SPD]: Gegen die mafiösen Strukturen der Schwarzarbeit sollte man vorgehen!)


Wir verlängern mit diesem Gesetz einige arbeits-
arktpolitische Instrumente. Diese werden weiterhin

valuiert. Wir werden im nächsten Jahr an diese Fragen
erangehen. Wir werden passgenaue, regionale Lösun-
en finden. Wir werden diejenigen, die dort tätig sind
nd an Lösungen mitwirken, ermuntern, ihren Beitrag zu
eisten, indem sie Verantwortung vor Ort übernehmen.
ines treibt uns – da gebe ich Frau Pothmer recht – um:

ch meine die gespaltene Situation auf dem Arbeits-
arkt. Auf der einen Seite werden Facharbeiter gesucht,

uf der anderen Seite haben weniger Qualifizierte große
ühe, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen. Dieser
erausforderung stellen wir uns. Wir alle werden unse-

en Beitrag dazu leisten, dass auch die weniger Qualifi-
ierten eine Perspektive haben.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705522400

Jetzt spricht Silvia Schmidt für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1705522500

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Sehr verehrter Herr Schiewerling,
ippi Langstrumpf hat manchmal in der Villa Kunter-
unt äußerst eklige Sachen gefunden. Der Gesetzentwurf
um Kurzarbeitergeld kommt einfach zu spät. Der Be-
ug des Kurzarbeitergeldes sollte entfristet werden.


(Beifall der Abg. Anette Kramme [SPD])


Ich möchte Ihnen etwas zum Urteil des Bundesver-
assungsgerichts über den Regelsatz für Kinder von
artz-IV-Empfängern auf den Weg geben: Bitte keinen





Silvia Schmidt (Eisleben)



(A) )


)(B)

schwarz-gelben Rucksack für Kinder von Hartz-IV-
Empfängern,


(Beifall der Abg. Anette Kramme [SPD])


bitte keine Gutscheine, mit denen diese Menschen ein-
kaufen müssen.


(Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Bleiben Sie sitzen, ich möchte keine Zwischenfrage
zulassen.

Sehr verehrter Herr Brauksiepe, Sie haben eben Sach-
sen-Anhalt – ich finde, zu Recht – im Zusammenhang
mit der Bürgerarbeit gelobt. Wir als Sozialdemokraten
wollen mehr sozialversicherungspflichtige Beschäfti-
gungsverhältnisse. Die Männer und Frauen, die drei
Jahre Bürgerarbeit geleistet haben, haben keinen An-
spruch auf Arbeitslosengeld. Das wissen wir. Es wäre
doch deutlich besser, wenn man den Kommunen Geld
zur Verfügung stellen würde, damit sie selbst entschei-
den können, welche Arbeiten sie vergeben, um zum Bei-
spiel ihre älteren Bürgerinnen und Bürgern zu unterstüt-
zen.

Frau Pothmer hat die Bildung im Alter angesprochen.
Das ist ein wichtiger Punkt. Wir brauchen lebenslanges
Lernen; denn gerade gering Qualifizierte und ältere Ar-
beitnehmer, die in kleinen und mittelständischen Unter-
nehmen nicht an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen
können, sind die Ersten, die gegebenenfalls entlassen
werden. Wenn sie entlassen werden, haben sie die ge-
ringsten Chancen, wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt
Arbeit zu finden. Gerade dieser Personenkreis wurde
durch dieses Programm gefördert. Das ist eine sehr gute
Sache. Mit Sicherheit hat es auch die Unternehmen an-
gespornt, sich selbst um Weiterbildung sowie um Quali-
fizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen zu kümmern.
Man sollte dieses Programm nicht verteufeln, sondern es
generell entfristen.

Was mir am meisten am Herzen liegt, ist, dass wir das
dritte Ausbildungsjahr für Altenpfleger und Kranken-
pfleger nicht mehr finanzieren. Ich gebe dem Arbeitge-
berverband und auch dem DGB recht, wenn sie sagen,
die Branche müsste das selber tun. Das ist richtig. Denn
die Renditen der Heimbetreiber – das wissen wir von der
Bundesinitiative Daheim statt Heim – liegen an den
Börsenmärkten zwischen 6 und 10 Prozent. Auch diese
Branche hat gegenüber ihren Mitarbeitern und ihrer
Klientel, um die sie sich kümmert, normalerweise die
Verpflichtung, Ausbildung und Weiterbildung mitzufi-
nanzieren.

Wir können nach neun Monaten nicht einfach sagen:
Stopp! Bis zum letzten Ausbildungsjahr sind 14 000
Menschen aus dem Regelkreis SGB II herausgekommen
und haben in diesem Bereich ein neues Beschäftigungs-
feld gefunden. Deshalb können wir jetzt nicht einfach
einen Schlussstrich ziehen. Als wir nicht finanziert ha-
ben – das war in den Jahren 2004 und 2006 –, lagen die
Zahlen zwischen 3 000 und 4 000 Menschen. Das kann
so nicht fortgesetzt werden. Frau Pothmer ist ausdrück-
lich auf den demografischen Wandel eingegangen und

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(C (D at entsprechende Zahlen genannt; ich muss sie jetzt icht wiederholen. Ich kann Sie nur immer wieder aufordern, dieses Programm wieder aufzulegen. Wir müsen die Branche unter Druck setzen, damit die Ausbilung gesichert wird. Dass wir einen massiven Fachkräftemangel haben, piegelt sich natürlich auch in der Qualität der Pflege wier. Als Politiker bekommen wir ständig Gutachten um ie Ohren gehauen. Als Politiker wissen wir somit auch enau, was die Menschen wollen. Sie wollen eine gute nd qualitativ hochwertige Pflege. Diese erreichen wir ber nicht, indem wir nur Hilfskräfte einsetzen. Das geht icht. Wir brauchen eine große Anzahl von ausgebildeen Altenpflegekräften, die sich in guter Arbeit um die flege kümmern. Es handelt sich um Assistenzleistung, enn ein Buch vorgelesen wird. Dafür braucht man eine Pflegefachkraft; das ist richtig. Man muss aber ehen, dass die Qualität der Pflege gesichert ist. Dies ist m Moment nicht der Fall. Ich bitte Sie, dies zu prüfen nd im Auge zu behalten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Jetzt spricht Johannes Vogel für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705522600


Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1705522700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Frau Schmidt, wir freuen uns über konstruktive
nd sachdienliche Hinweise zur Ausgestaltung der Bil-
ungsausgaben für Kinder. Ich möchte aber darauf hin-
eisen, dass es gut ist, dass wir in den Hartz-IV-Sätzen
berhaupt Bildungsausgaben für Kinder vorgesehen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es! Das hat die Kollegin leider vergessen! – Gegenruf der Abg. Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD]: Sie aber auch!)


isher sind diese nämlich überhaupt nicht vorgesehen.
as ist aber das wahre Problem, wenn wir über Qualifi-
ation reden.

Ich möchte auf die OECD-Studie eingehen; mein
ollege Kolb hat das bereits getan. Sie hat in der Tat

wei interessante Ergebnisse gebracht: Erstens. Deutsch-
and steht sehr gut da, wenn es um die Vermeidung von
rbeitslosigkeit in der Krise geht. Deswegen setzen wir
iesen Weg durch eine maßvolle Verlängerung der Kurz-
rbeitsregelung sinnvoll fort. Zweitens. Im internationa-
en Vergleich stehen wir aber nicht so gut da, wenn es
arum geht, Arbeitslosigkeit schnell wieder zu beenden,
ie Menschen wieder in Arbeit zu bringen und ihnen
ine Perspektive zu geben. Das Beschäftigungschancen-
esetz mit seinem Zweiklang greift im Hinblick darauf
ber sehr gut. Deshalb ist das Beschäftigungschancenge-
etz der Ansatz der Bundesregierung, sich diesem Zwei-





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)

klang zu stellen. Wir verlängern die Laufzeit arbeits-
marktpolitischer Instrumente, um sie nächstes Jahr zu
evaluieren und zu schauen, was genau die Menschen
wirklich in Beschäftigung bringt.

Liebe Frau Pothmer, wir tun auch etwas für die Quali-
fikation der Fachkräfte: erweiterte Berufsorientierung,
Ausbildungsbonus bei Insolvenz – das wird auch verlän-
gert, teilweise sogar länger als ein Jahr – und Verlänge-
rung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung, um et-
was für die Existenzgründer zu tun.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie sich doch gar nicht leisten!)


– Frau Kollegin Pothmer, ich habe zur Kenntnis genom-
men, dass Sie das kritisiert haben. Deswegen möchte ich
noch einmal darauf eingehen. Das ist es wert. Sie sind
auf das Thema Beiträge eingegangen. Ich kann Ihnen
sagen, was wir machen: Wir schließen die Gerechtig-
keitslücke bei den Beiträgen. Bisher wurden die Selbst-
ständigen den Angestellten gegenüber massiv bevorteilt.
Ich weiß, Sie haben die Anhörung am Montag in unserer
aller Anwesenheit genutzt, um einen empirischen Beleg
für Ihre These zu finden, die besagt, dass wir alles ka-
puttmachen. Nur muss man eben auch sagen: Diesen Be-
leg haben Sie nicht bekommen. Kein Sachverständiger
hat Ihnen das bestätigt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich zitiere einmal aus der schriftlichen Stellungnahme
des DGB, des Deutschen Gewerkschaftsbundes:

Es ist nach Auffassung des DGB nachvollziehbar,
dass für die Risikogruppe der freiwillig Versicher-
ten ein einigermaßen angemessenes Verhältnis von
Einnahmen und Ausgaben bestehen muss, weil an-
sonsten eine Quersubventionierung durch die übri-
gen Versicherten erfolgen würde.

Richtig ist also das Gegenteil von dem, was Sie behaup-
ten: Wir machen nichts kaputt, sondern wir sorgen für
eine Vereinfachung, weil endlich die Antragsfrist verlän-
gert wird. Die zu kurze Antragsfrist ist nämlich das ei-
gentliche Problem der Betroffenen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben uns darauf hingewiesen, dass man als Firmen-
gründer natürlich andere Sorgen hat, dass man Tausend
Dinge im Kopf hat, dass man genug Probleme mit der
deutschen Bürokratie hat und dass man sich oft nicht
gleich innerhalb des ersten Monats nach der Firmen-
gründung für die freiwillige Arbeitslosenversicherung
entscheiden möchte.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705522800

Möchten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin

Pothmer zulassen?


Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1705522900

Sehr gerne sogar.

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(C (D Bitte schön. Herr Vogel, haben Sie in der Anhörung auch zur Kennt is genommen, dass die Vertreter der Bundesagentur für rbeit die Regierungsfraktionen darauf hingewiesen haen, dass die in Ihrem Gesetzentwurf zugrunde gelegten ahlen über die Entwicklung und die Inanspruchnahme er freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbststänige angesichts Ihrer Gestaltung dieser Versicherung bei eitem nicht erreicht werden? Frau Pothmer, ich habe zur Kenntnis genommen, dass AB und BA Ihren Thesen und Ihrer Behauptung, dass iese Zahlen nicht zutreffen, nicht zustimmen wollten. (Widerspruch der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705523000
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705523100
Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1705523200

Doch, es ist so. – Die Vertreter der Bundesagentur für
rbeit haben nur gesagt, dass sich die Weiterentwick-

ung dieser Versicherung natürlich nicht prognostizieren
ässt.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht in der schriftlichen Stellungnahme!)


Ich war dabei. Ich habe genau zugehört.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch!)


Für Ihre Aussage, dass die freiwillige Arbeitslosen-
ersicherung kaputtgemacht werde, konnten die Vertre-
er von BA und IAB Ihnen nicht den empirischen Beleg
iefern, den Sie haben wollten. Das habe ich sehr wohl
ur Kenntnis genommen.

Ich will noch eine Kleinigkeit zum Vermittlungsgut-
chein sagen. Das, was dazu festgestellt wurde, war ein
eiteres interessantes Ergebnis dieser Anhörung. Auch
a haben uns BA und IAB bestätigt, dass wir, wenn es
arum geht, Menschen in Beschäftigung zu bringen, alle
egister ziehen müssen:

Erstens. Wichtig ist die Eigeninitiative der Betroffe-
en, sich selbst einen Job zu suchen.

Zweitens. Wichtig ist darüber hinaus die Vermitt-
ungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit.

Drittens. Von Bedeutung ist außerdem die Vermitt-
ungstätigkeit von privaten Arbeitsvermittlern.

Es ist also gut, dass wir die Gültigkeitsdauer des Ver-
ittlungsgutscheins verlängern. Gut ist auch die Verkür-

ung der Wartefrist auf sechs Wochen. Wir meinen es
irklich ernst und ziehen alle Register, um Menschen in
eschäftigung zu bringen.

Ich kann konstatieren: Diese Koalition hat die OECD-
tudie wirklich verstanden. Wir verlängern nicht nur die
eltungsdauer sinnvoller Kriseninstrumente, um Ar-
eitslosigkeit und Kurzarbeit zu verhindern, sondern wir
etzen auch darauf, noch mehr Menschen in Beschäfti-





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)

gung zu bringen. Hierzu haben wir erste Maßnahmen er-
griffen. Wir werden diesen Weg weitergehen. Mein Kol-
lege Schiewerling hat schon darauf hingewiesen. Wir
werden uns im Herbst zum Beispiel noch mit den
Hartz-IV-Sätzen und der Frage der Zuverdienste be-
schäftigen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Auch das werden wir gut machen!)


Auch das ist nämlich ein Punkt, bei dem die OECD
explizit anmahnt, dass die positiven Anreize zur Auf-
nahme einer Beschäftigung in Deutschland nicht ausge-
prägt genug sind. Genau das werden wir verbessern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705523300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes für
bessere Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt – Be-
schäftigungschancengesetz. Der Ausschuss für Arbeit und
Soziales empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/2454, den Gesetzentwurf
der Bundesregierung auf Drucksache 17/1945 in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ihr Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit
ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen.
Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dagegen
gestimmt haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Die
Fraktion Die Linke hat sich enthalten.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, aufzustehen. – Die Gegenstimmen? –
Die Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in drit-
ter Beratung mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie
vorher angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache
17/2463. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Damit ist der Entschließungsantrag bei
Zustimmung durch die einbringende Fraktion abgelehnt.
Dagegen haben gestimmt CDU/CSU, FDP und Bünd-
nis 90/Die Grünen. Die SPD hat sich enthalten.

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Arbeit
und Soziales zu dem Antrag der Fraktion der SPD mit
dem Titel „Arbeitsmarktpolitik erfolgreich umsetzen
und ausbauen“. Unter Buchstabe b seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 17/2454 empfiehlt der Aus-
schuss für Arbeit und Soziales, den Antrag der Fraktion
der SPD auf Drucksache 17/2321 abzulehnen. Wer
stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-
gegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Beschluss-
empfehlung angenommen. Zugestimmt haben die Ko-
alitionsfraktionen. Dagegen gestimmt hat die SPD-
Fraktion. Enthalten haben sich die Linke und Bündnis 90/
Die Grünen.

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(C (D Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion ie Linke zur Entfristung der freiwilligen Weiterversi herung in der Arbeitslosenversicherung. Der Ausschuss ür Arbeit und Soziales empfiehlt unter Buchstabe a seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/1636, den esetzentwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 7/1141 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Geetzentwurf zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – ie Gegenstimmen! – Die Enthaltungen! – Damit ist der esetzentwurf in zweiter Beratung abgelehnt. Zuge timmt haben die einbringende Fraktion, Die Linke und ündnis 90/Die Grünen. Dagegen gestimmt haben die oalitionsfraktionen. Enthalten hat sich die SPD-Frak ion. Wir setzen die Abstimmung über die Beschlussempehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf rucksache 17/1636 fort. Unter Buchstabe b empfiehlt er Ausschuss in seiner Beschlussempfehlung die blehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die rünen auf Drucksache 17/1166 mit dem Titel „Freiwil ige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige entfrisen und ausbauen“. Wer stimmt für die Beschlussempehlung? – Die Gegenstimmen! – Die Enthaltungen! – amit ist die Beschlussempfehlung bei Zustimmung urch die Koalitionsfraktionen angenommen. Dagegen aben Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gestimmt. ie SPD hat sich im Wesentlichen enthalten. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Christine Scheel, Ingrid Hönlinger, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Insolvenzrechtsreform unverzüglich vorlegen – Außergerichtliche Sanierungsverfahren stärken – Insolvenzplanverfahren attraktiver gestalten – Drucksache 17/2008 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Hier ist verabredet worden, eine halbe Stunde zu deattieren. – Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch. ann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin ist die ollegin Christine Scheel für Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie Koalition hat im Koalitionsvertrag als das wichtigste irtschaftsrechtliche Vorhaben die Reform des Insolvenz echts benannt. Wir finden, dass es auch notwendig ist, u einer Verbesserung des Insolvenzrechts zu kommen, nd zwar in der Richtung, in der Bundesrepublik eutschland mehr Planinsolvenzen durchführen zu könen. Wir haben nämlich festgestellt, dass gerade in den etzten Jahren, auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise, ausende von Firmen in die Insolvenz gestürzt sind. Wir atten allein im ersten Halbjahr 2010 noch 17 360 Insol Christine Scheel )

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705523400




(A) )

venzen. Es wird davon gesprochen, dass es im Laufe des
Jahres eine Zunahme auf etwa 36 000 geben soll.

Das ist natürlich ein Schaden für die gesamte Volks-
wirtschaft. 2009 hat das Justizministerium von 50 Mil-
liarden Euro gesprochen. Ich will jetzt nicht nur
Arcandor bzw. KarstadtQuelle und all die anderen Un-
ternehmen nennen, die in der Presse stehen; betroffen
sind auch sehr viele kleine und mittelständische Unter-
nehmen, deren Namen in der Presse nicht so oft aufge-
taucht sind.

Es besteht also nach wie vor die Situation, dass Unter-
nehmen unter Kreditzurückhaltung und verschärften Bo-
nitätsforderungen der Banken leiden. Vor diesem Hinter-
grund ist uns als Grüne nicht verständlich, warum die
Bundesregierung nicht früher darauf gekommen ist, eine
Vorlage einzubringen.

Ich habe die Woche über die Wirtschaftsteile der Zei-
tungen aufmerksam gelesen. Wir konnten feststellen,
dass unser Antrag die Bundesjustizministerin anschei-
nend dazu gebracht hat – darüber freuen wir uns –, ihre
Vorstellungen jetzt in die Öffentlichkeit zu tragen, so-
dass wir uns damit endlich auseinandersetzen können.
Das ist ein schöner Fortschritt. Das haben wir, glaube
ich, ganz gut hinbekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aufgefallen ist, dass vonseiten des Ministeriums kein
Wort darüber verloren wurde, wie sich die von Herrn
Minister Schäuble in der Finanzplanung vorgesehene
Wiedereinführung des Fiskusprivilegs auf die Unterneh-
men und die Insolvenzentwicklung auswirken wird. Ich
stelle einmal die Behauptung auf, dass die Reformab-
sichten der Justizministerin konterkariert würden, wenn
sich der Bundesfinanzminister mit seinen Plänen durch-
setzen sollte. Im Zuge der Beratungen über das Jahres-
steuergesetz 2007 hatten wir schon eine Diskussion über
diesen Punkt. Wir haben damals aus der Opposition he-
raus dafür gesorgt, dass das Fiskusprivileg nicht wieder
eingeführt wird. Jetzt wird dieser Punkt offensichtlich
wieder als Sparbüchse aus der Schublade geholt und soll
in der Finanzplanung mit 500 Millionen Euro veran-
schlagt werden.

Wir waren froh – ich sage das mit aller Ernsthaftigkeit
an die Adresse der jetzigen Regierung –, dass wir es unter
Rot-Grün im Jahr 1999 geschafft haben, dieses Fiskuspri-
vileg abzuschaffen. Es gab damals sehr gute Gründe da-
für. Wenn wir es nicht geschafft hätten, dann hätten wir
jetzt eine Situation, in der es nicht möglich wäre, bei-
spielsweise die Arbeitsplätze bei Karstadt zu retten. Denn
wenn der Vorgriff des Fiskus wieder eingeführt worden
wäre, könnte Karstadt heute auch mit der Perspektive auf
eine Umstrukturierung nicht überleben.

Man muss klar erkennen, dass eine Insolvenzrechtsre-
form überfällig ist und dass wir verschiedene Dinge errei-
chen müssen. Nur 2 Prozent aller Fälle gehen in das In-
solvenzplanverfahren. Dieser Anteil ist zu gering. Es gibt
Beispiele aus anderen Ländern. Ich nenne beispielsweise
das Chapter-11-Verfahren aus den USA. Das sind gute
Beispiele dafür, wie wir auch in Deutschland zu einer bes-

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(C (D eren Infrastruktur in Bezug auf die Gerichtszuständigeit kommen können. Wir müssen außerdem für Klarheit orgen, was die qualifizierte Auswahl von Insolvenzveraltern betrifft und vieles mehr. Es gibt also in der Struk ur viel zu verändern, um das von uns allen gewünschte rgebnis zu erreichen. Wir wollen den Unternehmen Zukunftsperspektiven röffnen. Die politische Seite kann mehr dafür tun, dass eniger Unternehmen in die Insolvenz gehen müssen. as muss unser aller Ziel sein. Ich freue mich in dem Zusammenhang auf eine anreende Diskussion. Sie werden Ihre Position jetzt darleen. Wir sind jedenfalls stolz darauf, dass wir dieses hema im Parlament vorangetrieben haben. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705523500

Elisabeth Winkelmeier-Becker hat jetzt das Wort für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1705523600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

en! Wenn aus der Opposition die Aufforderung kommt,
ir sollten den Koalitionsvertrag schnell und zügig um-

etzen, dann freuen wir uns natürlich zunächst einmal
ber das Lob, das darin steckt. In der Tat steht im Koali-
ionsvertrag, dass wir uns des wichtigen Themas anneh-
en werden, die Chancen für die Sanierung strukturell

esunder Unternehmen oder Unternehmensteile zu ver-
essern.

Ich bedanke mich für dieses Lob, indem ich meine
ede mit guten Nachrichten beginne. Wir sind ziemlich
eit mit unserer Arbeit vorangekommen. Wir arbeiten in
er Koalition sehr gut zusammen und werden einen Ge-
etzentwurf in Kürze vorlegen. Man sieht, dass wir in
er Tat auf einem guten Weg sind.

Bei unserer Arbeit ist uns der Blick auf die Praxis sehr
ichtig. Denn es geht nicht darum, eine komplizierte

echtliche Konstruktion einzuführen, sondern wir wollen
twas hinbekommen, das in der Praxis auch wirkt. Des-
alb stehen wir in einem intensiven Dialog mit der Fach-
elt, zuletzt im Rahmen eines Kolloquiums im Bundes-
irtschaftsministerium.

Es ist klar: Wir müssen die Voraussetzungen dafür
chaffen, dass Sanierungen besser möglich werden, dass
icht unnötig Werte zerstört werden und Arbeitsplätze
erloren gehen. Wenn man genau hinschaut – die Beach-
ung dieses Punktes ist damals bei der Insolvenzordnung
in bisschen versäumt worden –, dann geht es gar nicht
o sehr um rechtliche Dinge, sondern sehr viel um Psy-
hologie und Zeitabläufe, um Zuständigkeiten bei Ge-
icht und um Anreize, die durch Honorarregelungen ge-
etzt werden. Man muss sich sehr genau anschauen, wo
s Fehlanreize gibt, und man muss verhindern, dass die





Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) )


)(B)

handelnden Personen sich leichtfertig für Insolvenzpläne
entscheiden.

Wir werden dazu in Kürze ein gut durchdachtes und
zielführendes Paket vorlegen. Ich erlaube mir, einige
Punkte daraus zu verraten, weil die Neugier anscheinend
ziemlich groß ist. Schwerpunkte werden sein: die Ergän-
zungen im Insolvenzplanverfahren und die Stärkung der
Eigenverwaltung. Etliches ist bereits in der 16. Wahlpe-
riode diskutiert worden. Obwohl vieles auf dem Tisch
lag, sind wir nicht weitergekommen. Wir konnten uns in
einzelnen Punkten nicht einigen, sonst hätten wir das
schon erledigt.

Aus der Analyse ergibt sich Folgendes: Nach zehn
Jahren stellen wir fest, dass sich die damaligen Erwar-
tungen an die Insolvenzordnung nicht in vorgegebenem
Maße erfüllt haben. Die Annahme, dass ein Insolvenz-
planverfahren immer die bessere Lösung für die Quote,
also sowohl für den ungesicherten Gläubiger als auch für
die Arbeitnehmer ist, hat sich bestätigt. Trotzdem müs-
sen wir an dieser Stelle nachlegen. Die Wirtschaftskrise
hat die Notwendigkeit hierfür verstärkt. Wir erwarten für
dieses Jahr etwa 36 000 Insolvenzen.

Warum gelingt eine Sanierung im Planverfahren so
selten? Welche Hindernisse gibt es? Das Insolvenzplan-
verfahren ist ziemlich komplex. Es kann nur gelingen,
wenn alle ihren Beitrag dazu leisten: die Schuldner, die
Gläubiger, die Insolvenzverwalter und das Gericht. Die
Gläubiger müssen die Chance sehen, dass sie mit dem
Insolvenzplanverfahren letztendlich eine höhere Quote
erzielen als bei einer Zerschlagung. Oft nehmen sie nicht
den Spatz in der Hand, weil sie die Taube auf dem Dach
für realistisch halten. Von ihnen wird eventuell sogar
neues Kapital erwartet, was in der Praxis häufig fehlt.
Die Bereitschaft, neues Kapital einzubringen, werden
Gläubiger nur dann haben, wenn sie deutlich früher Ein-
fluss auf die Entscheidungen des Insolvenzverfahrens
bekommen, wenn sie bereits zu Beginn auf die Auswahl
des Verwalters einwirken können und dessen Entschei-
dungen nicht einfach hinnehmen müssen. Deshalb wol-
len wir diese Möglichkeit stärken und die Gläubiger
deutlich früher in den vorläufigen Gläubigerausschuss
einbeziehen, damit wesentliche Entscheidungen nicht an
ihrem Sachverstand vorbei getroffen werden.

Wir wollen die Rechte der Anteilseigner in den Plan
einbeziehen, sodass die Forderungen der Gläubiger
durch den Debt-Equity-Swap in Eigenkapital umgewan-
delt werden können; denn man kann nicht von den Gläu-
bigern erwarten, dass sie neues Geld einbringen, wenn
die Anteilseigner ungeschoren davonkommen, sich aber
die Erfolge der Sanierung lediglich bei denjenigen aus-
wirken, deren Anteile vorher einen wirtschaftlichen Wert
von null hatten.

Wir werden außerdem die obstruierenden Gläubiger,
die vernünftige Lösungen torpedieren, in ihren Möglich-
keiten beschränken. Natürlich darf niemand durch einen
Insolvenzplan schlechtergestellt werden, als er es sonst
wäre. Aber wer darüber hinaus noch etwas möchte und
gegen den gemeinsam erarbeiteten Plan vorgeht, der
muss seine Interessen künftig außerhalb des Plans ver-

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(C (D olgen. Er darf damit nicht die ganze Sanierung in Geahr bringen. Die Bereitschaft der Gläubiger, ihre Forderungen erst inmal stehen zu lassen und Kapital für eine Sanierung ur Verfügung zu stellen, ist essenziell. Deshalb müssen ir in der Tat das Fiskusprivileg sehr kritisch prüfen. as hat die Regierung in ihrem Sparpaket vorgesehen. ir im Parlament müssen uns die Freiheit nehmen, das ritisch zu hinterfragen; (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn es darf nicht dazu führen, dass das Finanzamt mit
einer gut gesicherten Forderung einer Sanierung das
asser abgräbt und sich zunächst selbst bedient. Dann

ätten wir für die Sanierung nichts mehr übrig und könn-
en alle Überlegungen einpacken. Das hat mit dem hoch-
ehaltenen Grundsatz der par conditio creditorum nichts
ehr zu tun. Deshalb müssen wir überlegen, was zu tun

st. Vielleicht fällt uns eine Alternative ein, die man als
egenvorschlag bringen kann.

Für die Gläubiger ergeben sich drei wesentliche Verbes-
erungen: frühere und deutlich effizientere Mitwirkung, der
ebt-Equity-Swap und der Schutz vor obstruierenden Gläu-
igern, die eine wirtschaftliche Gesamtlösung nicht mit-
ragen wollen. Das sind die wesentlichen Schritte, über
ie lange diskutiert worden ist. Jetzt schreiten wir endlich
ur Tat.

Der Schuldner – das ist ein Befund – ignoriert die Kri-
ensignale oft konsequent und unternimmt untaugliche
ettungsversuche, bevor er irgendwann doch den Insol-
enzantrag stellt. Doch dann ist das Kapital weg, das man
ür eine Sanierung gebraucht hätte. Wir wollen die Eigen-
erwaltung stärken und damit die Hemmschwelle für ei-
en frühzeitigen, rechtzeitigen Insolvenzantrag senken.
ch denke, das ist wirklich innovativ; denn eine Insolvenz
n Eigenverwaltung mit einem Sachwalter an der Seite hat
inen ganz anderen Charakter als ein Verfahren, in dem
an einen Insolvenzverwalter vor die Nase gesetzt be-

ommt. Bei der Eigenverwaltung bleibt man nach außen
erjenige, der handelt und die Geschäfte führt.

Bisher ist es aber sehr ungewiss, ob man mit dem An-
rag auf Eigenverwaltung durchkommt. Der Schuldner
ann das nicht steuern. Das wollen wir ändern. Wir wol-
en, dass das Gericht in Zukunft deutlich mehr Anträge
uf Eigenverwaltung positiv bescheidet. Dazu soll zum
inen beitragen, dass das Gericht die Ablehnung des An-
rags begründen muss. Zum anderen sollte es ein Rechts-
ittel gegen die Entscheidung geben, damit es in deut-

ich mehr Fällen – jetzt haben wir eine 1-Prozent-Marge
ei der Eigenverwaltung – so gehandhabt wird.

Außerdem wollen wir eine frühzeitige Antragstellung
elohnen. Derjenige Schuldner, der schon bei drohender
ahlungsunfähigkeit den Antrag auf Eigenverwaltung
nd Insolvenz stellt, soll vom Gericht Hinweise erhalten,
enn es eine Eigenverwaltung nicht zulassen will, sodass
er Antrag dann sogar zurückgenommen werden kann.
as ist wie ein Freischuss, den man ohne Risiko unter-
ehmen kann, ohne die Gefahr, dass das Ganze eine Ei-
endynamik entwickelt. Ich denke, das ist eine ziemlich





Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) )


)(B)

gute Idee. Das ist ein wirkliches Angebot an den Schuld-
ner und ein Anreiz, die Sanierungsmöglichkeiten frühzei-
tig zu nutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein weiterer Mosaikstein ist die Einschränkung des
Vorbefassungsverbots. Wir wollen es ausdrücklich er-
möglichen, dass der Schuldner mit dem Sanierer, mit dem
er einen guten Plan entworfen hat, in das Insolvenzver-
fahren geht, wenn die Gläubiger zustimmen. Das kann
sehr sinnvoll sein, weil man dann keinen Bruch hat und
sich nicht auf einen neuen Insolvenzverwalter einstellen
muss. Dieser Sanierer ist an Weisungen übrigens nicht ge-
bunden.

All das bietet zusammen die Möglichkeit, dass man
mit einem vorbereiteten Sanierungsplan, den Schuldner,
Gläubiger und ein sachkundiger Sanierer zusammen ent-
wickelt haben, in das Insolvenzverfahren geht und seine
Möglichkeiten nutzt. Praktisch geht man mit einem Pre-
packed Plan in das Insolvenzverfahren. Das ist ein echtes
Angebot, mit dem wir den Bedarf nach einem vorgericht-
lichen, vertraulichen Sanierungsverfahren weitgehend de-
cken.

Das hat vor allem den Vorteil, dass das geregelte In-
solvenzverfahren letztlich nicht durch erfolglose Sanie-
rungsbemühungen verzögert und am Ende schwieriger
wird. Es hat außerdem den Vorteil, dass es klar definierte
Regeln gibt. Man weiß, mit welchen Mitteln man agie-
ren kann: Anfechtung bzw. Lösung von unbequemen
Verträgen und Insolvenzgeld für die Arbeitnehmer. Es
gelten aber auch klare Publizitätsvorschriften. Ich denke,
das ist der bessere Weg und sinnvoller, als dem Stigma
der Insolvenz mit Vertraulichkeit zu begegnen. Lieber
wollen wir einen offenen Umgang mit der Insolvenz, so-
dass der Markt weiß, woran er ist. Wir wollen die Krise
nicht geheim halten und die anderen ins offene Messer
laufen lassen, sondern sagen: Wir sind in der Insolvenz,
versuchen aber die Sanierung und haben gute Chancen.
Dann weiß jeder, woran er ist. Das ist aus unserer Sicht
der bessere Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ganz kurz kann und möchte ich auf weitere Punkte
eingehen: Die Professionalisierung der Gerichte steht auf
der Agenda. Das betrifft zum einen die Zentralisierung
der Gerichtsstände, aber auch die funktionale Zuständig-
keit von Richtern und Rechtspflegern. Wenn wir im In-
solvenzplan den Debt-Equity-Swap etablieren, dann ist
das ein Eingriff in die Eigentumsrechte. Das setzt die Ent-
scheidung des Richters voraus. Deshalb müssen wir dies-
bezüglich zu Änderungen kommen.

Die Verwalterauswahl ist sicherlich auch ein wichti-
ges Thema. Hier ist vieles aber schon ausgeräumt, wenn
die Gläubiger einen besseren und weitergehenden Ein-
fluss bekommen. Wir werden schauen müssen, ob im
Vergütungssystem der Insolvenzverwalter Fehlanreize
bestehen. Die Sonderregeln für die Konzerninsolvenz,
die Insolvenzfestigkeit von Lizenzen und das Verbrau-
cherinsolvenzverfahren sind ebenfalls zu prüfen.

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(C (D Es steht also eine ganz lange Liste von Punkten an. iese Liste gehen wir in sehr konkreten Arbeiten und esprechungen an und stehen, wie gesagt, an einigen unkten kurz vor einem guten Ergebnis. Natürlich bieten ir allen an, konstruktiv mit uns zusammenzuarbeiten; enn gute Ideen sind immer gefragt. In diesem Sinne: achen wir uns an die Arbeit! Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705523700

Für die SPD-Fraktion hat Burkhard Lischka das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1705523800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

rau Kollegin Winkelmeier-Becker! Wir haben hier
ein Stück weit durchaus mit Genugtuung – zur Kennt-

is genommen, dass Sie die Arbeit im Insolvenzrecht
ufgenommen haben. Es ist ja auch besonders wichtig,
n der schwersten Wirtschaftskrise der deutschen Nach-
riegszeit hier etwas auf den Weg zu bringen. Ich hoffe
ach den Erfahrungen der letzten Tage in Bezug auf die
icherungsverwahrung, dass das diesmal zwischen
nion und FDP ein bisschen besser abgestimmt wird.
em Thema wäre es sicherlich nicht dienlich, wenn in
iesem Fall ein Entwurf aus dem BMJ kommt, der am
ächsten Tag vonseiten der Union zerrissen wird. Erspa-
en Sie uns das bitte, koordinieren Sie das ein bisschen
esser.

Die einzig konkrete Maßnahme – das hat Frau Kolle-
in Scheel eben zu Recht gesagt –, die die schwarz-gelbe
egierung bisher zum Insolvenzrecht ausgeheckt hat, ist
ie im Rahmen des Sparpakets geplante Wiedereinfüh-
ung des Fiskusprivilegs. Für unsere Zuschauer bei
hoenix, die nicht wissen, was das ist: Das bedeutet,
ass sich das Finanzamt, wenn eine Firma insolvent
ird, dann schlicht und einfach vorab, vor allen anderen
läubigern, also Geschäftspartnern, Lieferanten und
andwerkern, aus der Insolvenzmasse bedient. Die an-
eren Gläubiger gucken dann entsprechend in die Röhre
nd bleiben auf ihren Rechnungen sitzen. – Ich sage Ih-
en vorab: Das wird aus unserer Sicht zu mehr Firmen-
leiten führen. Es wird Arbeitsplätze in unserem Land
ernichten. Deshalb wird das auf den erbitterten Wider-
tand der SPD-Bundestagsfraktion stoßen.


(Beifall bei der SPD)


Man muss sich das einmal vorstellen: Wir haben der-
eit schon die wirklich unbefriedigende Situation, dass
on einer unbezahlten Rechnung über 100 Euro im Falle
er Insolvenz am Ende im Schnitt ganze 3,60 Euro für
ie Gläubiger übrig bleiben. Bei zwei Drittel aller Insol-
enzen gehen die Gläubiger sogar komplett leer aus. –
etzt wollen Sie, dass der Staat die Insolvenzmasse kom-
lett abschöpft. Das ist wirklich unglaublich. Im Klartext
eißt das, dass diese Bundesregierung beabsichtigt,
ünftige Bundeshaushalte auch auf Kosten von Insol-





Burkhard Lischka


(A) )


)(B)

venzmassen zu sanieren und sich bei denjenigen zu be-
dienen, die ohnehin am Boden liegen. Das ist ökono-
misch unsinnig, schäbig und ungerecht. Aber ich sage
Ihnen: Sie werden damit Schiffbruch erleiden.


(Beifall bei der SPD)


Das Fatale an diesem Vorschlag ist – das wissen Sie
doch ganz genau –: Wenn von der Insolvenzmasse nichts
mehr übrig bleibt, dann ist an fortführende Insolvenzen
sowie an erfolgreiche Betriebssanierungen gar nicht
mehr zu denken. Stattdessen würden Unternehmen nur
noch abgewickelt, Existenzen und damit viele Arbeits-
plätze vernichtet. Das geschieht ausgerechnet in einer
Situation, in der wir – seit dem Jahr 2009 – eine regel-
rechte Insolvenzwelle haben; allein im ersten Quartal
dieses Jahres ist die Zahl der Insolvenzen noch einmal
um 6,7 Prozent gestiegen.

Wir brauchen eigentlich genau das Gegenteil, nämlich
mehr und frühzeitige Sanierungen. Wir brauchen ein In-
solvenzrecht, mit dem versucht wird, möglichst viele Ar-
beitsplätze zu erhalten. Im Übrigen brauchen wir eine
Politik, die dafür die notwendigen Rahmenbedingungen
auch im Insolvenzrecht schafft. Aber das machen Sie
bestenfalls auf dem Papier. In Ihrem Koalitionsvertrag
– das ist interessant – lehnen Sie das Fiskusprivileg übri-
gens noch ausdrücklich ab. Darin formulieren Sie – ich
darf einmal zitieren – eigentlich ziemlich eindeutig:

Eine wesentliche Errungenschaft der Insolvenzord-
nung ist die Gleichbehandlung aller Gläubiger.

Jetzt planen Sie offensichtlich wider besseres Wissen,
genau das Gegenteil zu tun. Das zeigt wieder einmal,
dass bei dieser Bundesregierung Worte und Taten häufig
überhaupt nicht zusammenpassen und Sie ständig genau
das Gegenteil von dem tun, was Sie vorher großspurig
versprochen haben. Aber, wie gesagt, damit werden Sie
Schiffbruch erleiden. Dafür werden wir sorgen.

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705523900

Christian Ahrendt spricht jetzt für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1705524000

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kollegen! Erst ein-

mal danke ich den Grünen für diesen Antrag. Das ist ein
konstruktives Sichauseinandersetzen mit dem Thema,
auch wenn Sie ein bisschen spät dran sind. Wir haben
uns des Themas recht frühzeitig angenommen. Herr Kol-
lege Lischka, ich muss Sie an die letzte Legislaturpe-
riode erinnern. Da haben Sie § 28 e SGB IV eingeführt.
Das ist heute – Gott sei Dank – wegen der BGH-Recht-
sprechung totes Recht. Aber wenn Sie hier über Vor-
rechte reden, sollten Sie sich daran erinnern, was Sie in
der letzten Legislaturperiode selber auf den Weg ge-
bracht haben, und ganz still sein.

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(C (D (Burkhard Lischka [SPD]: Reden Sie einmal über Ihren Koalitionsvertrag!)


Ich will die Zeit nutzen, um Ihnen einmal kurz darzu-
tellen, wohin die Reise geht; denn dies ist ein Thema,
it dem man sich sehr sorgfältig auseinandersetzen
uss. Die Kollegin Winkelmeier-Becker hat es schon

ngesprochen. Es geht um die Frage: Wie machen wir
ür den Mittelstand das Sanieren von Unternehmen at-
raktiv? Wie ermöglichen wir es einem Unternehmer, der
n der Krise ist, jetzt die Chance der Insolvenzordnung
u nutzen und sein Unternehmen aus eigener Kraft zu sa-
ieren? Dafür muss man kein neues Sanierungsrecht
chaffen. Vielmehr muss man die Institute, die wir in der
echtsordnung haben, schärfen.


(Zuruf des Abg. Burkhard Lischka [SPD])


Hören Sie zu! Dann lernen Sie etwas.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben zwei Institute, die dazu geeignet sind. Das
ind das Institut der drohenden Zahlungsunfähigkeit und
as Institut der Eigenverwaltung. Ein zentraler Ansatz
es Gesetzentwurfes, an dem wir zurzeit arbeiten, ist, die
igenverwaltung und die drohende Zahlungsunfähigkeit
u verbinden, damit der sanierungswillige Insolvenz-
chuldner zu einem sehr frühen Zeitpunkt in das Verfah-
en gehen kann. Wenn wir zudem erreichen, dass er mit
einen Gläubigern einen Sachwalter, der ihn durch das
erfahren begleitet, selbst auswählen kann, dann schaf-

en wir Planungssicherheit. Damit verhindern wir die
eutige Situation, dass jemand, der ein Sanierungsinte-
esse hat und sich frühzeitig mit seiner Situation ausein-
ndersetzt, in Unsicherheit gestürzt wird, wenn er vor
ericht steht und nicht weiß, welchen Insolvenzverwal-

er er bekommt und wie das Verfahren für ihn läuft.
iese Planungssicherheit ist für jemanden, der über Sa-
ierung nachdenkt, ein wichtiges Thema.

Als zweiten Punkt wollen wir das Insolvenzplanrecht
esentlich überarbeiten. Wir brauchen keine verstärkte
utzung der Eigenverwaltung, auch nicht bei drohender
ahlungsunfähigkeit. Wir wollen das Insolvenzplanrecht
o lassen, wie es ist; ansonsten würde es zu überfrachtet
erden. Wir wollen, dass jemand, der die Möglichkeit
er Eigenverwaltung bekommt, in kürzester Zeit ver-
flichtet ist, einen Plan vorzulegen, damit Gläubiger und
eitere an dem Verfahren Beteiligte wissen, wohin die
eise geht. Es gibt verschiedene Beispiele in der Praxis,
ie zeigen, dass es innerhalb von wenigen Monaten er-
olgreich gelingen kann, ein Unternehmen wieder vom
opf auf die Füße zu stellen. Das liegt unter anderem
aran, dass das Planrecht sehr viele Gestaltungsmöglich-
eiten bietet.

Eine der Gestaltungsmöglichkeiten, die wir schaffen
das ist ein wesentlicher Wurf –, besteht darin, im Rah-
en des Plans in Eigentumsrechte einzugreifen, insbe-

ondere auf Gesellschafterebene. Das ist die Einführung
es sogenannten Debt-Equity-Swaps, des Umwandelns
on Verbindlichkeiten in Kapitalanteile. Das brauchen
ir; dann haben wir ein Planrecht. Zusammen mit den

nderen Aspekten, die Frau Winkelmeier-Becker schon
orgestellt hat – ich will sie jetzt nicht wiederholen –,





Christian Ahrendt


(A) )


)(B)

wird erreicht, dass das Planrecht einfach handhabbar und
beim Sanierungsverfahren konstruktiv ist.

Der entscheidende Punkt bezieht sich – da gebe ich
Ihnen recht – auf den Vorschlag des Finanzministers, das
Insolvenzverfahren mit einem Vorrecht zu belasten.
Wenn das in die Richtung geht, wie ich mir das vorstelle
– ich habe das 15 Jahre lang in anwaltlicher Praxis ge-
macht –, dann wird es im Wesentlichen nicht mehr um
die Frage des Vorrechtes gehen. Denn die Kernfrage,
über die wir uns am Ende des Tages unterhalten müssen,
ist: Brauchen wir noch ein Vorverfahren? Wenn jemand,
der drohend zahlungsunfähig ist, einen Eigenverwal-
tungsantrag stellt und wir unterstellen, dass er redlich ist,
und es beim Vorverfahren nur um die Frage geht, ob die
Mittel im Unternehmen ausreichen, um die Gerichtskos-
ten und die Kosten des Verwalters zu bezahlen, dann
können wir uns das Vorverfahren möglicherweise spa-
ren. Das heißt, mit dem Antrag auf Eigenverwaltung bei
drohender Zahlungsunfähigkeit wird auch sofort, ohne
weiteren Zwischenschritt, das Insolvenzverfahren eröff-
net mit der Folge, dass die Vorrechtsfrage gar nicht ent-
steht.


(Burkhard Lischka [SPD]: Dann ist das ja eine Luftbuchung!)


Denn wenn das Unternehmen in diesem Verfahrenssta-
dium fortgeführt wird, sind alle Verbindlichkeiten, die in
§ 55 der Insolvenzordnung genannt werden, automatisch
Masseverbindlichkeiten. Dann entsteht die Situation,
dass Sie Gläubiger und Schuldner ohnehin gleichmäßig
im Rahmen einer Fortführung des Unternehmens bedie-
nen müssen; das ist Bestandteil einer Sanierung. Inso-
fern erledigt sich genau an dieser Stelle die Vorrechts-
frage.


(Burkhard Lischka [SPD]: Dann ist das eine Luftbuchung! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher kommen dann die 500 Millionen Euro?)


– Die 500 Millionen Euro kommen aus der Fortführung
des Unternehmens, weil das Unternehmen weiter am
Markt tätig ist, seine Arbeitnehmer bezahlen kann, seine
Steuern bezahlen kann und im Grunde genommen wei-
terhin erfolgreich am Wirtschaftsleben teilnimmt.

Das ist die Planung. Ich gehe davon aus, dass wir in
der Sommerpause an diesem Gesetzentwurf arbeiten
werden und ihn dann im Herbst vorliegen haben. Danach
werden wir gerne mit Ihnen in den Ausschüssen über
diesen Weg diskutieren. Wir haben dann in kürzester
Zeit umgesetzt, was wir von der FDP-Fraktion schon in
der Opposition mit unserem Antrag vom März letzten
Jahres auf den Weg gebracht haben. Das ist konstrukti-
ves, schnelles Regierungshandeln für den Mittelstand.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705524100

Richard Pitterle spricht für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Für das Jahr 2010 werden 40 000 Unternehensinsolvenzen erwartet. Daher ist das heutige Thema ehr aktuell. Die in der Insolvenzordnung vorhandenen öglichkeiten eines Insolvenzplanverfahrens wurden aum genutzt; da stimme ich zu. Auch ist die Aussage m Antrag der Grünen richtig, dass wir das vorinsolvenziche Sanierungsverfahren im Interesse des Erhalts vieler nternehmen und damit auch der Arbeitsplätze dringend enötigen. Im Antrag wird die Regierung aufgefordert, inen Gesetzentwurf vorzulegen. Medienberichten von or zwei Tagen entnehme ich, dass ein solcher Entwurf ereits in der Schublade der Justizministerin liegt. Da ird es Zeit, die Schublade zu leeren, damit wir im Par ament zur Diskussion und Beschlussfassung kommen. ch frage mich: Warum ist die Bundesregierung so lange ntätig geblieben? Ich sage aber auch: Besser spät als ie. Grundsätzlich begrüßen wir Linke die Stoßrichtung es vorliegenden Antrags. Wenn man das Insolvenzrecht eformieren will, muss man meines Erachtens auch die echte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beenken; denn nur mit motivierten Beschäftigten ist eine anierung von Unternehmen überhaupt denkbar. Hier esteht bei dem Antrag Ergänzungsbedarf. In meiner Tätigkeit als Fachanwalt für Arbeitsrecht abe ich wiederholt Fälle erlebt, in denen der Insolvenzerwalter von den Beschäftigten gefordert hatte, ihre beeits erhaltene Arbeitsvergütung zurückzuzahlen. Das uss man sich vorstellen: Da bekommt ein Arbeitneher sechs Monate lang die Hälfte des vertraglichen ohns, bleibt trotzdem im Betrieb, weil der Chef sagt, es ei Land in Sicht; dann folgt die Insolvenz und der Insolenzverwalter will von ihm Geld zurück. – Das müssen ie einem solchen Arbeitnehmer erklären; er versteht die elt nicht mehr. Doch nach § 130 Insolvenzordnung ind Lohnansprüche anfechtbare Gläubigerforderungen m Insolvenzverfahren anstatt geschützte Massefordeungen. Ich finde, das müssen wir ändern. enauso ungerecht ist es, wenn sich Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer im Rahmen von Umstrukturierungsaßnahmen bereit erklären, gegen eine Sozialplanabfin ung aus dem Betrieb auszuscheiden; geht der Betrieb ann in die Insolvenz, gehen sie leer aus und müssen ihen Abfindungsanspruch zur Insolvenztabelle anmelden. Zusammen mit dem DGB sind wir der Meinung, dass ie Ansprüche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneher aus dem Arbeitsverhältnis Vorrang vor anderen läubigeransprüchen haben müssen. Genau so ist es im ranzösischen Insolvenzrecht geregelt; das wollen wir uch hier. ür die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist die uszahlung des Lohns von existenzieller Bedeutung, Richard Pitterle )

Richard Pitterle (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705524200

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

(Zuruf von der CDU/CSU: Für manche Unter-
nehmer auch!)

ganz im Gegensatz zum Beispiel zur finanzierenden
Bank, die legitimerweise ihre Kreditraten erhalten
möchte, jedoch nicht in gleicher Weise darauf angewie-
sen ist.

Genauso wichtig ist es, dem Betriebsrat ein Vetorecht
gegen die Einsetzung eines Insolvenzverwalters einzu-
räumen. Während sich früher in Deutschland circa
50 Insolvenzverwalter um die Aufträge durch das Insol-
venzgericht bemühten, sind es heute circa 2 000. Jeder,
der sich in dem Bereich nur ein wenig auskennt, weiß je-
doch: Mehr Quantität geht hier nicht mit mehr Qualität
einher. Daher bin ich mir an dieser Stelle mit den An-
tragstellern einig, dass Regelungen zur Auswahl der In-
solvenzverwalter dringend nötig sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Interesse der betroffenen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer fordern wir insbesondere eine bessere Ab-
sicherung der Arbeitszeitkonten und der Altersteilzeit im
Blockmodell gegen die Insolvenz, die Streichung der
verkürzten Kündigungsfristen und der Namenslisten in
der Insolvenzordnung, eine Verbesserung der Insolvenz-
geldregelung sowie die Verankerung von Ansprüchen
des Betriebsrats auf Auskünfte zum Stand des Verfah-
rens gegenüber dem Insolvenzverwalter in der Insolvenz-
ordnung.

Wie Sie sehen, gibt es viel zu diskutieren. Es ist
höchste Zeit, damit anzufangen. Ich sehe: Meine Zeit ist
abgelaufen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daher kommt jetzt das Wichtigste: der Schluss.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705524300

Sie haben die Redezeit auf die Minute genau einge-

halten. Das war sozusagen fast protestantischer Redezeit-
ethos.

Die nächste Rednerin ist Sonja Amalie Steffen für die
SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sonja Steffen (SPD):
Rede ID: ID1705524400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das vor rund zehn Jahren eingeführte Insol-
venzplanverfahren ist ein sehr sinnvolles Instrument in
der Insolvenzordnung. Das wurde heute schon festge-
stellt; darin sind sich alle Anwendenden ausnahmsweise
einig. Der Insolvenzverwalter erstellt im Zuge dieses
Verfahrens ein vom zuständigen Gericht abzusegnendes
Sanierungskonzept für das Unternehmen und verhandelt
mit den Gläubigern über Verzichtsmöglichkeiten. Da-
rüber hinaus kann das Unternehmen Insolvenzgeld in
Anspruch nehmen. Das ist eigentlich ein sehr sinnvolles
Verfahren, könnte auf diesem Weg doch ein Großteil der

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(C (D anierungsfähigen Unternehmen tatsächlich gerettet erden. Prominente Beispiele für ein gelungenes Insolenzplanverfahren sind die großen Firmen Ihr Platz, inn-Leffers und Herlitz. Das Verfahren bietet aber nicht nur für Schuldner Voreile. Ziel des Insolvenzplanverfahrens war auch eine essere Gläubigerbefriedigung. So sind zum einen die efriedigungsquoten im Planverfahren durchschnittlich m ein Vielfaches höher als im normalen Regelverfahren das haben wir heute schon gehört –, nämlich bei rund 0 Prozent der Forderung im Vergleich zu 3 bis Prozent im Regelverfahren. Zum anderen erhalten die läubiger ihr Geld oftmals bereits innerhalb weniger onate und nicht erst nach Jahren. Anhand des Kriteriums Arbeitsplatzsicherung lässt ich ein weiterer positiver Effekt des Planverfahrens ausachen. Seit 2003 waren schätzungsweise rund 30 000 rbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vom Insolvenzlanverfahren betroffen. Gut die Hälfte dieser Stellen onnte dadurch bislang erhalten bleiben, mit positiven uswirkungen im Hinblick auf Steuereinnahmen und oziale Sicherungssysteme. Doch wird das Insolvenzplanverfahren viel zu selten n Anspruch genommen. Nach Hochrechnungen gab es m vergangenen Jahr in Deutschland rund 29 800 Fir enpleiten. Vorhin haben wir schon gehört: In diesem ahr werden es voraussichtlich 36 000 sein; wir hoffen, ass es in den kommenden Jahren nicht noch mehr weren. Im letzten Jahr wurde jedoch für nur 640 Unternehen ein Insolvenzplan erstellt. Das sind tatsächlich nur ,15 Prozent der Fälle. Das heißt, dass rund 98 Prozent er insolventen Betriebe nach wie vor zerschlagen weren, und das bei einer gleichzeitig leider steigenden Zahl on Insolvenzen vor allem bei kleinen und mittelständichen Unternehmen. Ein Grund für die mangelnde Inanspruchnahme des nsolvenzplanverfahrens ist, dass der Insolvenzantrag ftmals erst dann gestellt wird, wenn die Masse des Unernehmens schon aufgebraucht ist und kein Handlungspielraum mehr vorhanden ist. Außerdem bestehen trukturelle Mängel beim Insolvenzplanverfahren. Viele nsolvenzverwalter kritisieren, das Planverfahren sei zu ompliziert, und wenden es daher nicht an. Es bedarf lso einer verbesserten fachlichen Qualifikation für das andeln der Insolvenzverwalter, der Richter und der echtspfleger. Darüber hinaus versagen die Gerichte zu oft die Eienverwaltung. Die Insolvenzordnung sieht schon egenwärtig die Möglichkeit vor, dass die bisherige Unernehmensleitung den Insolvenzplan selbst umsetzt und ie Geschäfte fortführt. In der Praxis hat sich die Eigenerwaltung bislang jedoch leider nicht durchgesetzt. ntsprechende Anträge finden bei Gericht viel zu selten ehör. Vermutlich ist das Misstrauen zu groß, denselben enschen die Sanierung des Unternehmens zu überlas en, die es zuvor nicht vor der Insolvenz bewahren konnen. Will man das Insolvenzplanverfahren stärken, so ist in Vertrauensvorschuss zwingend notwendig. Die Ei Sonja Steffen )


(Beifall bei der SPD)





(A) )

genverwaltung sollte grundsätzlich gewährt werden,
wenn ein plausibler Insolvenzplan vorgelegt wird und
der Antrag frühzeitig, also nicht erst bei Vorliegen eines
zwingenden Insolvenzgrundes, gestellt wird.

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ent-
hält diese Anregungen und wird von uns daher voll un-
terstützt. Es freut uns natürlich, dass die Bundesjustizmi-
nisterin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, nun eben-
falls Gesetzespläne im Hinblick auf Änderungen beim
Insolvenzrecht für Firmen angekündigt hat; Einzelheiten
wurden uns bereits von der Frau Kollegin Winkelmeier-
Becker erläutert. Es bleibt zu hoffen, dass das unselige
Fiskusprivileg zumindest im Zusammenhang mit dem
Insolvenzplanverfahren abgeschafft wird.

Abschließend möchte ich an dieser Stelle unsere frü-
here Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zitieren:

Sanieren statt zerschlagen ist das oberste Gebot der
Stunde – es geht vor allem um den Erhalt von Ar-
beitsplätzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist sehr sinnvoll, dass sich der Deutsche Bundestag
nun dafür einsetzt, das Insolvenzrecht stärker auf die
Rettung von Unternehmen auszurichten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705524500

Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2008 an die Ausschüsse vorgeschlagen,
die Sie in der Tagesordnung finden. – Damit sind Sie
einverstanden. Dann ist das so beschlossen.

Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 12 a und b
auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtli-
nie und der geänderten Kapitaladäquanzricht-
linie

– Drucksachen 17/1720, 17/1803 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 17/2472 –

Berichterstattung:
Abgeornete Ralph Brinkhaus
Manfred Zöllmer
Björn Sänger
Dr. Axel Troost
Dr. Gerhard Schick

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richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stabilisierung des Finanzsektors – Eigenka-
pitalvorschriften für Banken angemessen
überarbeiten

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung

Bericht über die Umsetzung der neu gefass-
ten Bankenrichtlinie und der neu gefassten
Kapitaladäquanzrichtlinie

– Drucksachen 17/1756, 16/13741, 17/2472 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralph Brinkhaus
Manfred Zöllmer
Björn Sänger
Dr. Axel Troost
Dr. Gerhard Schick

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt je
in Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, der Lin-
en und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Verabredung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu sehe
nd höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
chlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem
ollegen Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1705524600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

ommen heute das letzte Mal vor der Sommerpause zum
hema Finanzmarkt zusammen. Wir haben uns in den

etzten neun Monaten des parlamentarischen Jahrs ziem-
ich oft mit diesem Thema befasst. Das ist auch ganz gut
o, weil es weiterhin gilt, Lehren aus der Bankenkrise zu
iehen. Wir haben dabei entdeckt, dass wir uns in einem
pannungsfeld befinden, einem Spannungsfeld aus dem,
as national wünschenswert ist, und dem, was interna-

ional umsetzbar ist. Wir haben erkannt, dass die meisten
egeln nur dann Sinn machen, wenn sie international
mgesetzt werden. Dabei sind wir an unsere Grenzen ge-
toßen, ganz frappierend wieder in Toronto. Bestimmte,
ichtige Länder haben uns gesagt: Das ist eure Krise;
as ist nicht unsere Krise. – Dazu gehören die Chinesen,
ie Australier, die Koreaner, die Kanadier und viele an-
ere. Insofern bin ich froh, dass wir heute über zwei Vor-
aben beraten, die auf internationalen bzw. europäischen
orgaben beruhen.

Wir wollen heute in zweiter und dritter Lesung ein
esetz zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie
nd der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie verab-
chieden. Das heißt, wir wollen europäisches Recht in
eutsches Recht überführen. Darüber hinaus – das finde
ch bemerkenswert – bringen CDU/CSU, SPD, FDP und





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

Bündnis 90/Die Grünen einen gemeinsamen Antrag im
Hinblick auf den sogenannten Basel-III-Prozess ein. Wir
alle haben uns mit beiden Vorhaben intensiv befasst. Wir
haben durchaus sehr oft Einigkeit erzielt. Als ein Ergeb-
nis dieser Beratungen werden wir heute über eine ganze
Reihe von Änderungsanträgen zum ursprünglichen Ge-
setzentwurf zu beraten haben. Wir werden auf Antrag
der Opposition in der heutigen Debatte noch über einen
dritten Punkt sprechen, nämlich über die Finanztransak-
tionsteuer. Auch da liegen wir inhaltlich gar nicht so
weit auseinander, wie es manchmal scheint.

Ich möchte im Folgenden alle drei Blöcke kurz erläu-
tern. Zuerst zur geänderten Bankenrichtlinie und Kapi-
taladäquanzrichtlinie. Es handelt sich hier um ein sehr
umfangreiches Paket von Regulierungsmaßnahmen für
Finanzdienstleister, für die Bereiche Eigenkapital, Groß-
kreditgrenzen, Verbriefungen, europäische Aufsicht,
Pfandbriefrecht und viele andere, kleine Punkte. Für den
Laien hört sich das nicht sehr spannend an, ist es aber
trotzdem; denn durch dieses Gesetz wird sich viel verän-
dern. Ich will versuchen, diese komplizierte Materie in
möglichst einfachen Worten verständlich zu machen. Ich
möchte dabei auf zwei große Punkte dieses Gesetzent-
wurfs eingehen.

Erstens, zu den Großkreditgrenzen. Dahinter steckt
die Überlegung, dass es für eine Bank ein großes Risiko
ist, zu hohe Kredite an einen Kreditnehmer herauszule-
gen. Man möchte vermeiden, dass durch die Schieflage
eines einzelnen Kunden ein ganzes Institut gefährdet
wird. Wie hoch ein Kredit sein wird, hängt von der
Größe der Bank ab. Diese Regelung galt bislang aber lei-
der nicht für Kredite, die sich Banken untereinander ge-
geben haben. Das musste geändert werden; das ist eine
Konsequenz aus der Krise. Insofern ist es gut und rich-
tig, dass wir das mit diesem Gesetz tun.

Zweitens, zu den Verbriefungen. Das ist für mich ein-
deutig der Teil des Gesetzentwurfs, der am meisten ver-
ändern wird. Man spricht von Verbriefungen, wenn zum
Beispiel eine Bank eine Kreditforderung an eine andere
Bank weiterverkauft. Das hört sich zunächst sehr harm-
los an, war aber ein wesentlicher Grund für die Finanz-
krise im Oktober 2008. Was war passiert? Kredite wur-
den nicht eins zu eins verkauft, sondern mit anderen
Krediten vermischt und dann mehrfach weiterverkauft,
mit dem Ergebnis, dass viele Investoren überhaupt nicht
mehr erklären konnten, was in ihren Büchern steht. So
sind zum Beispiel amerikanische Immobilienkredite im
Depot der deutschen Landesbanken gelandet. Das war
nicht gut.

Im vorliegenden Gesetzentwurf wird nun verlangt,
dass derjenige, der eine Verbriefung kauft, der Investor,
genau darüber Auskunft geben können muss, was diese
Verbriefung enthält. Er muss das Risiko einschätzen und
diese Verbriefung in sein Risikomanagement integrieren.
Das ist gut und richtig. Das ist ein Quantensprung in der
Regulierungsphilosophie; denn gerade die fehlende
Transparenz, die Tatsache, dass viele Bankmanager nicht
wussten, was in ihren Depots lag, war ein Grund dafür,
dass wir 2008 so viele Schwierigkeiten bekommen ha-
ben. Transparenz ist der Schlüssel für eine funktionie-

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(C (D ende Marktwirtschaft, und es ist ordnungspolitisch völig legitim, dass der Staat regelnd eingreift, wenn diese ransparenz vom Markt ignoriert wird. nsoweit waren wir uns noch alle einig. Ein zweiter Punkt, der in diesem Bereich geregelt ird, ist, dass derjenige, der eine Verbriefung auflegt, ukünftig einen Eigenbehalt leisten muss; er muss einen eil des Risikos übernehmen. Die europäischen Regeln ehen 5 Prozent vor. Damit sind wir hier im Haus nicht nbedingt auf Einigkeit gestoßen. Die FDP hat auf 0 Prozent gedrängt, die Linken auf 15 Prozent, die SPD ar auf 20 Prozent. Dahinter steht folgende Philosophie: enn man einen hohen Eigenbehalt leisten muss, wird an keine schlechten Kredite herauslegen und dann wei erverbriefen. – Die Idee mag richtig sein; einen empirichen Nachweis dafür gibt es allerdings noch nicht. Wir als Union sehen diesen Eigenbehalt eigentlich uch nicht als entscheidend an. Für uns sind die Transpaenzvorschriften entscheidend. Jeder kann dann entcheiden, was er in sein Depot aufnimmt und in seine ücher schreibt. Viele europäische Länder sehen das geauso. Deswegen ist diese 5-Prozent-Regelung eigentich europäischer Standard. Nichtsdestotrotz machen wir einen Kompromissvorchlag, um Einigkeit in diesem Haus zu erzielen, weil ir denken, dass es gut wäre, dieses Gesetz gemeinsam u verabschieden: Wir legen auf deutscher Ebene zuächst für zwei Jahre 5 Prozent als Eigenbehalt fest und erden diesen Anteil dann auf 10 Prozent erhöhen. adurch haben wir Zeit, zu prüfen, ob 10 Prozent, 5 Prozent oder 20 Prozent richtig sind, und vor allen ingen haben wir dadurch Zeit, die europäischen Parter davon zu überzeugen, auch auf die 10-Prozent-Regel berzugehen; denn wenn wir sie nicht überzeugen, müsen wir damit rechnen, dass der Verbriefungsmarkt in ndere Länder, zum Beispiel nach Luxemburg, abwanert. Ich denke, diesen Weg kann man durchaus gehen, nd ich würde mich freuen, wenn Sie von der Opposiion diesen Weg mitgingen. Wir können dann immer och 15 Prozent oder 20 Prozent einführen, wenn wir m Ende des Tages bessere Erkenntnisse haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das hilft nicht!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Alles in allem packen wir mit diesem Gesetzentwurf
ehr viele Problembereiche in Bezug auf die Finanzkrise
n. Das ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu bes-
eren und sicheren Finanzmärkten. Ich kann nur um Zu-
timmung werben.

Zum zweiten Block, zum gemeinsamen Antrag von
DU/CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu
asel III. Es gibt ein internationales Expertengremium,
as derzeit Vorschläge zur Verbesserung der Eigenkapi-
alvorschriften erarbeitet. Dieser Basel-III-Prozess ist
ut und richtig und auch notwendig; denn wir haben in
er Finanzkrise gesehen, dass die Koppelung von Haf-
ung und Risiko nicht mehr gegeben ist. Durch das Ei-





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

genkapital wird genau diese Koppelung erreicht. Hier
haben wir Defizite. Um das ernsthaft zu benennen: Das
gilt auch für Deutschland. Deutsche Banken haben teil-
weise zu wenig Eigenkapital. Hier besteht Nachholbe-
darf. – Das ist das Gute an diesem Projekt.

Das weniger Gute ist, dass wir erfahren haben, dass
das Basel-III-Projekt, an dem viele Länder beteiligt sind,
genutzt wurde, um Standortpolitik zu betreiben. So ha-
ben die Amerikaner im Vorgängerprozess – Basel II –
sehr, sehr harte Forderungen gestellt, diese im Gegensatz
zur EU aber nicht umgesetzt. Darüber hinaus haben wir
in Deutschland ein einzigartiges Bankensystem, beste-
hend aus Sparkassen, Volksbanken und Geschäftsban-
ken, das wir erhalten wollen; das müssen wir berück-
sichtigen. Daneben ist es auch sehr wichtig, dass die
verschärften Eigenkapitalvorschriften nicht dazu füh-
ren, dass wir in eine Kreditklemme geraten, weil sich die
Banken in Deutschland damit beschäftigen, Eigenkapital
aufzubauen, und nicht damit, Kredite herauszugeben. –
Deswegen brauchen wir Übergangsvorschriften. Das ha-
ben wir in diesem gemeinsamen Antrag formuliert. Das
ist gut und richtig, weil sich im Basel-Prozess momentan
viel bewegt. Es werden dort Positionen von Ländern und
Interessenverbänden aufgebaut, und ich glaube, es ist le-
gitim, dass der Bundestag an dieser Stelle eine Gegenpo-
sition einnimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


– Jetzt können alle klatschen; das ist ja ein gemeinsamer
Antrag. Sie dürfen auch mitklatschen, Herr Troost.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Er ist aber nicht dabei! – Joachim Poß [SPD]: Annäherungsversuch!)


– Wir hätten ihn aber gerne dabeigehabt.

Der dritte Punkt beschäftigt sich mit der Finanztrans-
aktionsteuer. Es gibt drei Anträge zur Finanztransaktion-
steuer. Nur zur Erklärung: Die Bundesregierung hat als
einzige Vertretung einer großen Volkswirtschaft in To-
ronto für eine Finanztransaktionsteuer gekämpft, wohl
wissend, dass es schwierig wird. Das Ergebnis ist be-
kannt: Es ist nicht erfolgreich ausgegangen. Die Bundes-
regierung wird jetzt zusammen mit Frankreich auf euro-
päischer Ebene versuchen, eine Finanztransaktionsteuer
durchzusetzen. Auch das wird schwierig werden. Ich er-
innere nur daran: Steuern müssen einstimmig beschlos-
sen werden. Wenn es auch auf EU-Ebene nicht gelingt,
dies zu erreichen, dann gilt das Versprechen unseres Fi-
nanzministers, es dann auf der Ebene des Euro-Raums
zu versuchen. Wenn wir es auf Euro-Raum-Ebene auch
nicht schaffen, dann werden wir versuchen, eine Lösung
hier in Deutschland zu finden. Meine Damen und Her-
ren, wir müssen eine solche Lösung auch finden, weil
wir im Rahmen unseres Sparpakets versprochen haben,
die Banken mit mindestens 2 Milliarden Euro an den
Kosten der Krise zu beteiligen.

Weg, Zeitplan und Absicht sind also definiert. Inso-
fern besteht eigentlich auch überhaupt kein Anlass, ei-
nen weiteren Antrag zu diesem Thema zu stellen. Wir
sollten zügig daran arbeiten, diesen Komplex umzuset-

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(C (D en, und darauf verzichten, Anträge für die Galerie zu achen. Das hilft nämlich niemandem. (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Super, das ist es nämlich!)


Meine Damen und Herren, ich möchte zusammenfas-
en: Bundesregierung und Koalitionsfraktionen haben in
en letzten neun Monaten vier Projekte im Bereich Fi-
anzmarkt abgeschlossen: die Regulierung der Rating-
genturen,


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht abgeschlossen!)


ie Regulierung der Vergütungssysteme, die Einschrän-
ung der Leerverkäufe und heute – in den nächsten zehn
inuten – die Umsetzung der Kapitaladäquanzrichtlinie.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Ein bisschen länger wird es schon noch dauern!)


Wir werden darüber hinaus nach der Sommerpause
egelungen zum Anlegerschutz in den parlamentari-

chen Prozess einbringen. Bis zum Herbst werden wir
insofern ist es schön, dass die Kollegen vom Rechts-

usschuss hier sitzen – das wirkliche Mammutprojekt
estrukturierung im Bereich der Banken und Finanzin-

titute auf den Weg bringen. Das wird epochal sein; das
ird wegweisend sein. Insofern kann man wirklich nicht

agen, dass diese Bundesregierung und diese Koalition
n diesem Bereich nicht ernsthaft oder langsam arbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auf europäischer Ebene verhandeln wir darüber hi-
aus über weitere Maßnahmen: die Regulierung von
edgefonds, weitere Eigenkapitalregeln, die Regulie-

ung des Derivatehandels, die Neuordnung der Einlagen-
icherung, die Schaffung von europäischen Aufsichts-
trukturen,


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das ist euch doch alles vorgelegt worden!)


m nur einige Beispiele zu nennen.

Meine Damen und Herren, wir werden die Banken an
en Kosten der vergangenen und zukünftigen Krisen be-
eiligen. Wir haben systemrelevante Banken unter den
chutz des Bundes, des SoFFin, gestellt.

Schließlich kann ich nur sagen – das ist deutlich ge-
orden –: Bundesregierung und Koalitionsfraktionen
aben die Bedeutung des Themas erkannt. Sie arbeiten
art an den richtigen Maßnahmen, und zwar auf allen
benen: national, europäisch und international. Das Ih-
en vorliegende Gesetz und der gemeinsame Antrag sind
in wichtiger Schritt dazu. Ich werbe daher um Ihre Zu-
timmung.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705524700

Manfred Zöllmer hat das Wort für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1705524800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es gab von der Bundesregierung mehrfach die Ankündi-
gung, nun wolle man den Finanzmärkten endlich Dau-
menschrauben anlegen. Der Kollege Brinkhaus hat eben
ja versucht, das noch einmal zu unterstreichen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das hat er nicht nur versucht, das hat er gemacht!)


– Er hat es versucht.

Mit den vorliegenden geänderten Banken- und Kapi-
taladäquanzrichtlinien können Sie in der Tat für sich in
Anspruch nehmen, die Daumenschrauben mal vorge-
zeigt zu haben. Ob sie auch angelegt werden, wollen wir
uns jetzt einmal gemeinsam anschauen.

Zuerst das Lob: Mit diesem Gesetzentwurf wird ein
überfälliger Schritt gemacht, um Verantwortlichkeit zu
stärken, Transparenz zu verbessern, einheitliche Stan-
dards zu implementieren und damit Lehren aus der Fi-
nanzkrise zu ziehen. Der Kollege Brinkhaus hat das hier
im Detail erläutert. Ich werde es mir schenken, auf Ein-
zelheiten einzugehen, und nur einen Punkt ausführlicher
mit Ihnen diskutieren, und zwar den Punkt Verbriefung.

Der grundlegende Ansatz, den Sie gewählt haben, den
Investor in den Mittelpunkt der Regulierung zu stellen,
ist richtig und nachvollziehbar. Wir begrüßen das. Denn
er muss sich jetzt intensiv mit den Produkten auseinan-
dersetzen und ein entsprechendes Risikomanagement
implementieren. Ich hoffe, dass damit die Zeiten vorbei
sind, in denen es in den USA hieß: Diese Produkte wer-
den an ein paar „stupid Germans“ verkauft – die würden
alles nehmen.

Nun gibt es aber einen ganz wichtigen Dissens zwi-
schen uns, den Sie auch schon angesprochen haben. Es
geht dabei um den Selbstbehalt bei Verbriefungen. Sie
haben eben erläutert, was Verbriefungen sind: Banken
kaufen und verkaufen inzwischen Risiken. Dies hat bei
der Finanzkrise als auslösender Faktor eine ganz wich-
tige Rolle gespielt. Verbriefungen und Wiederverbrie-
fungen führten schließlich dazu, dass Bankvorstände
nicht einmal die leiseste Ahnung davon hatten, was sie
im Portfolio hatten. Sie hatten sich nur auf die Bonitäts-
noten der Ratingagenturen verlassen. Und da die Rating-
agenturen klotzig daran verdient haben, haben sie immer
Bestnoten vergeben.

Nun hatten wir im Finanzausschuss eine Anhörung zu
diesem Thema. Diese Anhörung hat sehr deutlich ge-
macht, dass der Vorschlag der Bundesregierung, bei der
Verbriefung der Kredite einen Selbstbehalt von nur
5 Prozent vorzusehen, keine Verbesserung der Regulie-
rung bedeuten würde; es wäre nur eine Festschreibung
des Status quo.


(Beifall bei der SPD)


Die Sachverständige Frau Dr. Metzger vom Berliner
Institut für Finanzmarktforschung brachte es in der An-
hörung auf den Punkt, als sie formulierte, es gebe nur
sehr wenige Verbriefungen, bei denen der Selbstbehalt
des Forderungsverkäufers weniger als 5 Prozent betrage.
Das bedeutet, wenn Sie einen Selbstbehalt von 5 Prozent

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(C (D m Gesetz festschreiben, dann gibt es keine Veränderung egenüber der derzeitigen Praxis. Sie haben eben deutlich gemacht, dass Sie die Prozent nur für zwei Jahre festschreiben und dann auf 0 Prozent anheben wollen. Wenn aber 10 Prozent nach wei Jahren nach Ihrer Auffassung die richtige Größe ind, Herr Brinkhaus, frage ich Sie, warum das jetzt icht der Fall sein soll. Das können Sie nicht plausibel rklären. ieser Ansatz hat wohl mehr mit koalitionsinternen Prolemen als mit ökonomischer Vernunft zu tun. (Beifall bei der SPD – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Schon wieder diese Leier! – Gegenruf des Abg. Dr. Carsten Sieling [SPD]: Das ist doch wahr!)


(Beifall bei der SPD)


So dünnhäutig sind Sie inzwischen geworden? Das tut
ir aber leid.

Man konnte nämlich im Vorfeld der Presse entneh-
en, dass die CDU 5 Prozent und die FDP 10 Prozent
ollte. Dann hat man sich offenkundig auf diesen Kom-
romiss mit der Zeitschiene verständigt. Kompromisse
ind wichtig, doch dies ist offensichtlich ein fauler Kom-
romiss zulasten der Finanzmarktstabilität. Hier hat sich
ffenkundig die Finanzmarktlobby wieder einmal durch-
etzen können.

Meine Damen und Herren, Daumenschrauben anle-
en sieht anders aus. Wir als Sozialdemokraten beantra-
en 20 Prozent Selbstbehalt, weil wir nicht bereit sind,
raktiken zu unterstützen, die dazu geführt haben, dass
in ganzes Finanzsystem in Richtung Abgrund geführt
urde und nur mithilfe von Milliarden an Steuergeldern
erettet werden konnte. Dies ist nicht hinnehmbar, Herr
ollege Brinkhaus. Deshalb werden wir uns bei der Ab-

timmung über diesen Gesetzentwurf enthalten.


(Zuruf von der FDP: Buh!)


Nächstes Stichwort: Basel III. Sie haben erläutert,
as der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht macht.

ch stimme Ihnen zu: Es geht wirklich um den Kern ei-
er angemessenen Regulierung, die die Stabilität der Fi-
anzinstitutionen deutlich erhöht. Das ist ein sehr wich-
iger Punkt. Wir haben uns in unserem gemeinsamen
ntrag darauf verständigt, die Bundesregierung aufzu-

ordern, dafür zu sorgen, dass gemäß den G-20-Forde-
ungen künftig jedes Produkt, jeder Akteur und jeder Fi-
anzmarkt reguliert und einer Aufsicht unterstellt wird.

Bezüglich der Frage, ob es eine sogenannte Leverage
atio, eine Schuldenbremse für Banken, geben soll, gibt
s unterschiedliche Akzentuierungen. Ich glaube, es war
ichtig, dass wir in dem Antrag fordern, erst einmal die
rgebnisse abzuwarten und dann zu einem späteren Zeit-
unkt zu entscheiden, ob eine solche Schuldenbremse
ür Banken als zusätzliches verpflichtendes und begren-
endes Element der richtige Weg ist. Das wird in den
inzelnen Ländern sehr unterschiedlich gesehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man alle For-
erungen des gemeinsamen Antrages eins zu eins umset-





Manfred Zöllmer


(A) )


)(B)

zen würde, dann hätten wir den Finanzmarktakteuren in
der Tat Daumenschrauben angelegt.

Der nächste Punkt ist die Finanztransaktionsteuer. Für
uns Sozialdemokraten war es immer wichtig, die Verur-
sacher der Krise auch an deren Kosten zu beteiligen.
Verursacher sind die Spekulanten und Zocker, die das Fi-
nanzmarktkasino betrieben haben. Deshalb sollen sie he-
rangezogen werden. Jedes Gut, das wir in Deutschland
kaufen, ist mit einer Mehrwertsteuer belegt, nur Finanz-
produkte sind es nicht. Finanzprodukte werden daher in
Deutschland durch die Steuerfreiheit letztlich subventio-
niert. Riskante Finanzspekulationen haben uns in die
Krise geführt, die dann nur mit Steuermitteln bekämpft
werden konnte, und eine Subventionierung dieser Pro-
dukte ist zutiefst ungerecht.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben uns deshalb sehr gefreut, dass Finanzmi-
nister Schäuble in einer Rede im Deutschen Bundestag
deutlich gemacht hat, dass er eine solche Steuer jetzt
auch europaweit durchsetzen will. Herr Kollege
Brinkhaus, ich habe mit großem Erstaunen zur Kenntnis
genommen, dass Sie für die CDU/CSU-Fraktion erklärt
haben, dass dies auch deutschlandweit, also national,
eingeführt wird. Ich betone das extra für das Protokoll.
Sie haben es jedenfalls hier so gesagt.

In der Anhörung ist deutlich geworden, dass es ein
ganz wichtiges Signal wäre, wenn der Deutsche Bundes-
tag eine solche Forderung parteiübergreifend unterstüt-
zen würde.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb haben alle Oppositionsfraktionen jeweils einen
fast wortgleichen Antrag eingebracht, in dem sie die
Aussage des Bundesfinanzministers bekräftigen und un-
terstützen. Nur die Koalitionsfraktionen haben keinen
Antrag eingebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Nicolette Kressl [SPD]: Komisch!)


Was bedeutet das politisch? Der Minister steht im Re-
gen. Es gibt keine Einigkeit zwischen den Regierungs-
fraktionen. Das ist leider die Realität der Politik dieser
Bundesregierung: Streit und Konflikt, wohin man
schaut. Vielleicht wird das Wort „Neustart“ zum Unwort
des Jahres.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte überlegen Sie,
ob Sie den Anträgen der Opposition zustimmen können.
Es wäre ein wichtiges Signal, ein Signal der Unterstüt-
zung des Finanzministers und ein richtiges Signal in
Richtung Finanzmärkte, dass wir die Daumenschrauben
nicht nur vorzeigen, sondern sie ihnen auch anlegen wol-
len.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Björn Sänger spricht jetzt für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705524900


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1705525000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Ich bitte Sie, sich kurz etwas vorzustellen. Stel-
en Sie sich bitte einmal vor, Sie seien eine Kfz-Ver-
icherung. Sie bieten ausschließlich Tarife ohne Selbst-
ehalt an. Jetzt überlegen Sie, welchen Fahrertyp Sie als
unden mit einem solchen Angebot gewinnen. Überle-
en Sie weiter, welche Auswirkungen das auf die Stabi-
ität Ihres Unternehmens hat. Wenn Sie mit diesen Über-
egungen fertig sind, dann überlegen Sie, welche Risiken
enn wohl in Kreditverbriefungen schlummern, wenn es
einen Selbstbehalt gibt. Wir haben gesehen, dass ver-
riefte Kredite eine der Kernursachen der Banken- und
inanzkrise gewesen sind. Deshalb möchte ich darauf
en Schwerpunkt meiner Rede legen, zumal der Kollege
rinkhaus, bei dem ich mich für die gute und jederzeit
ngenehme Zusammenarbeit an dieser Stelle ausdrück-
ich bedanken möchte, auf alles Weitere eingegangen ist.
s würde nichts bringen, wenn ich das wiederholen
ürde. Deswegen werde ich mich auf die Kreditverbrie-

ungen konzentrieren und die Frage stellen, was zu tun
t.

Dazu möchte ich Ihnen drei Punkte nennen:

Erstens. Man muss einen Selbstbehalt einführen. Ein
ewisser Teil des Risikos muss beim Originator verblei-
en. Das ist in der Richtlinie mit der 5-Prozent-Regel ge-
öst. Zusätzlich muss es Transparenz geben. Der Investor

uss sich einen Überblick über das verschaffen, was in
en Verbriefungen enthalten ist. Bei der Kfz-Versiche-
ung hieße das: Sie müssen das Alter der Fahrer ange-
en, Sie müssen angeben, ob sie eine Garage haben oder
icht, und auch die Kilometerleistung pro Jahr spielt
ine Rolle.

Zweitens. Der Selbstbehalt – das ist der Kernpunkt –
uss hinreichend hoch sein. Dazu haben wir in der An-

örung einiges gehört. In einem Punkt waren sich ei-
entlich alle einig, nämlich darin, dass 5 Prozent sicher-
ich nicht der optimale Wert sind, den man allerdings
auch das wurde gesagt – nicht empirisch bestimmen

ann. Das ist im Übrigen auch die Position des Banken-
erbandes und des Bundesverbandes Öffentlicher Ban-
en Deutschlands, niedergelegt in dem Schreiben, das
ir alle kürzlich erhalten haben. Also kann man davon

usgehen – wir als Freie Demokratische Partei gehen da-
on aus –, dass 10 Prozent der nachhaltigere Wert im
inne einer effektiven Regulierung sind.


(Beifall bei der FDP)


ür die Kfz-Versicherung hieße das: Je höher der Selbst-
ehalt, desto niedriger die Prämie. Das ist eine schöne
nalogie.

Drittens. Diese Regeln müssen international kompati-
el sein, damit es nicht zu Wettbewerbsnachteilen
ommt. Mit der EU-Richtlinie und der Festlegung auf





Björn Sänger


(A) )


)(B)

5 Prozent ist das EU-weit geregelt, aber das ist nicht der
Wert, den wir möchten. Wir gehen von 10 Prozent aus.
Das ist für uns zunächst einmal die richtige Größe. Denn
wenn man die 10 Prozent einführen würde, wäre ein Ver-
kauf von deutschen Kreditverbriefungen im Ausland
nach wie vor möglich, weil der Selbstbehalt dort nur
5 Prozent beträgt. Problematisch wird es nur, wenn man
sie innerhalb des Landes verkaufen will. Die Frage ist,
was für ein Geschäftsmodell wir überhaupt unterstützen,
wenn wir bei den 5 Prozent bleiben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705525100

Herr Kollege?


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1705525200

Mir ist eine Aussage eines Bankenvertreters in Erin-

nerung, die ich sehr interessant fand. Er hat gesagt: Wir
müssen unseren Mist in irgendeiner Art und Weise los-
werden. – Das ist sicherlich nicht das Geschäftsmodell,
das wir für die Banken in Deutschland haben wollen.
Das sind nicht die Geschäftsmodelle, die wir vorantrei-
ben.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705525300

Herr Kollege, Herr Schick würde gerne eine Frage an

Sie loswerden. Ist das möglich?


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1705525400

Die kann er gerne loswerden. Ich gehe davon aus,

dass es kein Mist ist.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705525500

Eben.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705525600

Danke. – Sie haben viel zum Selbstbehalt gesagt. Mich

würde in Bezug auf die Anträge der Oppositionsfraktio-
nen interessieren, ob die FDP-Fraktion die Initiative des
Bundesfinanzministers auf europäischer Ebene zur Ein-
führung einer Finanztransaktionsteuer unterstützt.


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1705525700

Lieber Kollege Schick, wenn Sie meine letzte Rede zur

Finanztransaktionsteuer aufmerksam verfolgt haben, dann
wissen Sie sicherlich, dass ich dort bestimmte Punkte ge-
nannt habe, die als Parameter gelten müssen. Wir stehen
einer Finanztransaktionsteuer nicht grundsätzlich ableh-
nend gegenüber und unterstützen die internationalen Be-
mühungen der Bundesregierung, in dieser Hinsicht zu ei-
ner Lösung zu kommen. Der Finanzminister wird auch
von der FDP mitgetragen.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Stehen Sie hinter dem Finanzminister oder daneben?)


– Davor, dahinter und daneben.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Dann können Sie ja zustimmen!)


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(C (D Damit kommen wir zu einer weiteren Frage. Ich halte s für die Kernfrage, ob wir die Finanzmärkte wirklich egulieren wollen oder ob wir so weitermachen wollen ie bisher. Ich sage für die Freie Demokratische Partei: ir wollen die Finanzmärkte regulieren. Wir wollen ben nicht so weitermachen wie bisher, weil wir aus der rise gelernt haben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen in Europa eine Benchmark setzen. Ich
inde, dass wir eine sinnvolle Lösung ausgearbeitet ha-
en. Wir bleiben zunächst einmal bei den 5 Prozent; so
st es in der Richtlinie auch vorgesehen. Außerdem wol-
en wir bereits im Gesetz festschreiben, dass wir nach
wei Jahren auf 10 Prozent gehen. Damit geben wir der
ranche Zeit, sich auf diese Regelung einzustellen. Wir
eben der Bundesregierung Zeit, in der EU auf eine ein-
eitliche Regelung – 10 Prozent Selbstbehalt – zu kom-
en. Das halte ich für realistisch.

Herr Kollege Zöllmer, ich komme zu der Frage, wel-
her der richtige Wert ist. Wir haben zwei Jahre Zeit, um
mpirisch zu evaluieren, welcher der optimale Wert ist,
enn man ihn denn bestimmen kann.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Wenn das nicht gelingt, haben wir die nächste Krise!)


Ich kann nur wiederholen, was der Kollege Brinkhaus
esagt hat: Wenn ein anderer Wert als 10 Prozent heraus-
ommt, dann sind wir die Letzten, die einer Änderung
ntgegenstehen.

Insgesamt ist es ein logischer Ansatz, der das Gesetz
brundet und zu einem echten Regulierungsgewinn
ührt. Dies ist nicht nur eine Benchmark für Europa. Die-
er Gesetzentwurf ist zielführend für die gesamte Welt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705525800

Der Kollege Axel Troost spricht jetzt für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705525900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

lles in allem stehen wir hier vor einem recht mutlosen
esetzentwurf. Das liegt in ganz erheblichem Maße da-

an, dass eine relativ mutlose EU-Vorgabe national um-
esetzt werden muss. Nach wie vor stellt sich aber die
rage, welche Rolle die Bundesregierung bei der Ent-
icklung solcher EU-Vorgaben spielt.

Ich will nicht verschweigen, dass wir uns durchaus
reuen, dass zumindest die Einwände der Opposition und
er Sachverständigen dazu geführt haben, dass es jetzt
ber die 5 Prozent hinaus zu einem größeren Selbstbe-
alt kommt. Dennoch sind wir der Ansicht, dass ein
elbstbehalt von 10 Prozent viel zu niedrig ist. Das EU-
arlament war sich relativ lange fraktionsübergreifend





Dr. Axel Troost


(A) )


)(B)

einig, dass 20 Prozent eigentlich der richtige Wert wä-
ren,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


bevor dann die Brüsseler Lobbyistenmaschine systema-
tisch gearbeitet und den Wert gedrückt hat.

Wir fordern in unserem Antrag einen Selbstbehalt von
15 Prozent plus dem Anteil der Tranche mit dem höchs-
ten Risiko. Würde man dem folgen, läge der Selbstbehalt
bei 20 Prozent und bei riskanten Geschäften sogar da-
rüber.

Des Weiteren wollen wir – das ist uns noch viel wich-
tiger – ein konsequentes Verbot der Wiederverbriefung.
Es war gerade das wiederholte Um- und Neuverpacken
von ohnehin wackligen Immobilienkreditpaketen, das die
globale Finanzkrise ausgelöst hat. Diese Praxis der sys-
tematischen Risikoverschleierung muss endlich abge-
stellt werden, und dazu dient unser Änderungsantrag.


(Beifall bei der LINKEN)


Da ich nur vier Minuten Redezeit habe, möchte ich
nun zu unseren Entschließungsanträgen im Zusammen-
hang mit der Einführung einer Finanztransaktionsteuer
kommen. Wir haben von Herrn Brinkhaus gehört, dass
es – das ist völlig richtig – ein sehr schwieriges Vorha-
ben wird, die Euro-Partner zu überzeugen, eine solche
Steuer mitzutragen. Deswegen ist es ungeheuer wichtig,
dass die Bundesrepublik wirklich mit mehr oder weniger
einheitlicher Stimme sprechen kann. Es ist ein Unter-
schied, ob nur die Bundeskanzlerin, der Finanzminister
oder der Deutsche Bundestag in Verhandlungen für eine
bestimmte Position steht.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Seit langem haben das belgische Parlament, das fran-
zösische Parlament und seit kurzem hat das österreichi-
sche Parlament entsprechende mehr oder weniger ein-
mütige bzw. einstimmige Beschlüsse gefasst. Ich finde,
es ist schon ein großes Problem, dass wir in der Bundes-
republik das gerade in dieser zugespitzten Situation nicht
zustande bringen. Das heißt letztlich, sich für diese
Steuer nicht entschieden genug einzusetzen. Später wer-
den wir hören, wie kompliziert die Einführung dieser
Steuer auf nationaler Ebene ist. Sie haben die ganzen
letzten Monate argumentiert, dass man sie nur weltweit
oder bestenfalls europaweit einführen könnte. Gehen Sie
da wirklich noch einmal in sich!

Man muss sich das vorstellen: Sämtliche Abgeord-
nete der Linken haben einen Entschließungsantrag unter-
zeichnet, in dem es heißt: Wir unterstützen die Bundes-
regierung in diesem Vorhaben. Mehr Einheitlichkeit
kann man doch eigentlich nicht bieten.


(Holger Krestel [FDP]: Wenn Sie das gleich gesagt hätten!)


– Dann haben Sie es wenigstens jetzt mitbekommen.

Wir befürchten ein relativ abgekartetes Spiel. Zumin-
dest im Sommer könnte es so sein, dass Herr Brinkhaus

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(C (D nd Teile der CDU durch das Land laufen und sagen: Selbstverständlich sind wir für eine Finanztransaktionteuer“, während Herr Sänger und die FDP durch das and laufen und sagen: Wollen wir doch einmal sehen; ir werden das schon verhindern. Das führt letztlich azu, dass diese Steuer nicht eingeführt werden kann. as fände ich wirklich schändlich. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705526000

Gerhard Schick hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die

rünen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705526100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir diskutieren heute über eine ganze Menge von Richt-

inien und Einzelregelungen. Aufgrund der Kürze der
eit will ich nur weniges herausgreifen. Unter den vielen
egelungen befindet sich natürlich auch das eine oder
ndere Gute. Insbesondere bei den Verbriefungen gibt es
etzt eine klare Verpflichtung der Banken – Herr
rinkhaus, Sie haben es dargestellt –, darauf zu schauen,
as sie in ihren Büchern haben. Man möchte meinen,
as sei selbstverständlich. Es scheint aber notwendig zu
ein, dass der Gesetzgeber das tut.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Sehen Sie mal, wie gut wir regulieren können!)


Das gilt allerdings auch für andere Gebiete, und dort
st keine Kontrolle durch den Gesetzgeber vorgesehen.
ch möchte an eine meiner Erfahrungen im Hypo-Real-
state-Untersuchungsausschuss erinnern. Man konnte
ort sehen, wer alles wie viele ungesicherte Einlagen in
iner Bank hatte, die wackelte. Es wurde deutlich, dass
ine einzelne Bank, in diesem Fall die Bayern LB, über
Milliarden Euro bei der Hypo Real Estate angelegt hat.
ngesichts dessen kann man sich ausrechnen, wodurch
ie von allen beklagten Dominoeffekte in dieser Krise
ustande kommen: Dies geschieht nämlich, wenn eine
ank bei einer anderen zu viel „im Feuer“ hat. Die Frage
er Großkredite ist von entscheidender Bedeutung, und
eswegen haben wir einen entsprechenden Änderungs-
ntrag gestellt. 25 Prozent vom Eigenkapital allein an
ine Bank auszuleihen, ist nämlich zu gefährlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich verstehe nicht, warum man beim Wert 25 Prozent
leibt. Wir haben den Wert 10 Prozent vorgeschlagen,
eil wir glauben: Wenn wir den Dominoeffekt an dieser
telle nicht stoppen, dann werden unsere Finanzmärkte
icht sicher genug.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich will einen zweiten Punkt nennen, den Pfandbrief.
ir haben an die Gesetzentwürfe zur Umsetzung des

U-Rechts noch eine Mini-Pfandbriefrechtsnovelle ge-
ängt. Wenn man weiß, welche Bedeutung der Pfand-





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

brief in der Diskussion um die Bankenrettung hatte – das
war ein zentrales Argument dafür, dass man mit vielen
Milliarden an Steuerzahlergeld bei der HRE eingestie-
gen ist –, dann kann man bei dem, was die jetzige Regie-
rung in Sachen Pfandbrief tut, auf jeden Fall nicht stehen
bleiben. Das sind nämlich nur Kleinigkeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben einen Vorschlag gemacht, der weiter geht,
und wir werden weitere Vorschläge vorlegen. Ich halte
das, was vonseiten der Koalition dazu vorgesehen ist, für
völlig unzureichend. Wir haben gesagt: Die Investoren
brauchen mehr Transparenz, damit eine Unsicherheit:
„Was steckt eigentlich dahinter? Ist das überhaupt noch
sicher?“, erst gar nicht entstehen kann. Sie haben das ab-
gelehnt. Dabei hätte man es in dieser Novelle direkt re-
geln können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich noch kurz auf unseren gemeinsamen
Antrag eingehen. Ich bin froh darüber, dass es uns gelun-
gen ist, die Position, die Bundesbank, BaFin und Finanz-
ministerium in den Baseler Verhandlungen bisher hatten,
in ein paar Punkten zu korrigieren. Ich will einen Punkt
herausgreifen, weil er mir sehr wichtig ist, und das ist
die Größenbremse für Banken. Wenn man das Wort „too
big to fail“ – manche Banken sind so groß, dass es ganze
Volkswirtschaften ruinieren kann, wenn sie kippen –
ernst nimmt, dann muss man fragen: Was tut man eigent-
lich dagegen? Mit all den Maßnahmen, Herr Brinkhaus,
die Sie genannt haben, ist dieses Problem von der Regie-
rungskoalition bisher nicht beantwortet worden.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Aber von Ihnen?!)


Das gilt auch für das, was Sie noch in der Verhandlung
haben.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sagen Sie, was Sie machen! – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Was ist Ihre Antwort?)


Deswegen ist der Punkt, den wir in den gemeinsamen
Antrag eingebracht haben, so wichtig. Wir brauchen eine
Größenbremse: steigende Eigenkapitalunterlegung bei
wachsendem Bilanzvolumen und größere Liquiditätsan-
forderungen, je größer das Institut ist; denn große Institute
sind gefährlicher als kleine Institute. Deswegen brauchen
große Institute schärfere Eigenkapitalregeln als kleine In-
stitute. – Sie haben das mit unterstützt. Sie können des-
wegen jetzt mitklatschen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mein allerletzter Punkt betrifft etwas, was ich für
prioritär halte.


(Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Ich will die Zwischenfrage gern zulassen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705526200

Das war für mich leider verdeckt. – Bitte schön.

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(C (D Vielen Dank. – Herr Kollege Schick, würden Sie zu estehen, dass bei der Systemik einer Bank nicht nur die röße und das Volumen entscheidend sind, sondern ehr noch ihre Vernetztheit? Herr Dautzenberg, das kann ich sehr gerne zugeste en. Ich habe meine Rede nämlich genau mit diesem roblem der Vernetztheit begonnen. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein, Sie haben auf die Größe abgestellt!)

Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1705526300
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705526400

eswegen haben wir die Änderung zur Großkreditrege-
ung beantragt. Dabei geht es genau um die Vernetzung.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein!)


ine Bank darf nicht zu viel Geld bei einer anderen Bank
m Feuer haben. Wir spielen die Fragen „Zu vernetzt?“
nd „Zu groß?“ aber nicht gegeneinander aus, sondern
ir versuchen, für beide Probleme Lösungen vorzu-

chlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


eswegen Regelungen zu den Großkrediten und deswe-
en steigende Eigenkapitalunterlegung bei großen Ban-
en. Die Banken sollen eben nicht so groß werden; denn
ir wissen gerade aus der Diskussion, die wir als Fi-
anzausschuss in der Schweiz geführt haben, dass es für
in Land gefährlich sein kann, wenn eine sehr große
ank kippt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wenn sie vernetzt ist!)


Beide Probleme sind wichtig, Herr Dautzenberg, nicht
ur das eine und nicht nur das andere.

Der zentrale Punkt ist – da haben Sie mich gerade mit
er Frage unterbrochen; das will ich noch kurz sagen –:
ir brauchen eine Schuldenbremse für Banken. Es ist zu

efährlich, wenn Banken auf jeden Euro Eigenkapital
9 Euro Schulden auftürmen, wie das einzelne Banken
n Deutschland tun. Das ist zu riskant. Je mehr Schulden
ezogen auf eine Einheit Eigenkapital gemacht werden,
esto größer ist potenziell die Rendite, aber desto größer
st auch das Risiko für den Steuerzahler. Bei dieser Frage
ntscheidet sich, ob man für Gewinne der Banken oder
ür die Sicherheit der Gelder der Steuerzahler ist. Des-
egen fordere ich Sie auf, das Thema „Schuldenbremse

ür Banken“ endlich auf die Agenda zu nehmen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wer finanziert die Realwirtschaft?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705526500

Damit schließe ich die Aussprache.





Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) )


)(B)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der
geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie. Der Finanzaus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/2472, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf den Drucksachen 17/1720
und 17/1803 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
len, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung
angenommen. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktio-
nen. Dagegen gestimmt haben Bündnis 90/Die Grünen
und die Linke. Die SPD hat sich enthalten.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Wer für den Gesetzentwurf ist,
den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Bera-
tung mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor an-
genommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ßungsanträge.

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf
Drucksache 17/2473. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt bei Zu-
stimmung durch die Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die
Grünen und die Linke. Dagegen haben die Koalitions-
fraktionen gestimmt.

Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 17/2474. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag
ist ebenfalls abgelehnt, mit dem gleichen Stimmenver-
hältnis wie zuvor.

Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen auf Drucksache 17/2475. Wer stimmt dafür? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Auch dieser
Entschließungsantrag ist mit dem gleichen Stimmenver-
hältnis wie zuvor abgelehnt.

Wir setzen die Abstimmungen zu der Beschlussemp-
fehlung des Finanzausschusses auf Drucksache 17/2472
fort.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung, den Antrag der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 17/1756 mit dem Titel „Stabilisierung des Finanz-
sektors – Eigenkapitalvorschriften für Banken angemes-
sen überarbeiten“ in der Ausschussfassung anzunehmen.
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschluss-
empfehlung angenommen bei Zustimmung durch CDU/
CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Die Frak-
tion Die Linke hat sich enthalten.

Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss, den Bericht der Bundesregierung
auf Drucksache 16/13741 über die Umsetzung der neu
gefassten Bankenrichtlinie und der neu gefassten Kapi-
taladäquanzrichtlinie zur Kenntnis zu nehmen. Wer

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(C (D timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich? – Damit ist diese Bechlussempfehlung einstimmig angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a und 13 b auf: a)

Roth (Esslingen), Burkhard Lischka, René
Röspel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Deutschlands Verantwortung für die Gesund-
heit in Entwicklungsländern – Vernachlässigte
Krankheiten bekämpfen, Kinder- und Mütter-
sterblichkeit verringern und Globalen Fonds
stärken

– Drucksache 17/2135 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz,
Ute Koczy, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Ziele der Bundesregierung in der Weltge-
sundheitsorganisation neu ausrichten

– Drucksachen 17/1581, 17/2465 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Sabine Weiss (Wesel I)

Karin Roth (Esslingen)

Dr. Christiane Ratjen-Damerau
Niema Movassat
Uwe Kekeritz

Es ist vorgesehen, hierzu eine halbe Stunde zu debat-
ieren. – Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist es
o beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der
ollegin Karin Roth für die SPD-Fraktion.


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1705526600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Heute beraten
ir den Antrag der SPD zur Verantwortung Deutsch-

ands für die Gesundheit in den Entwicklungsländern.
rmutsbedingte, vernachlässigte Krankheiten sind mit-
erantwortlich dafür, dass die Lebenserwartung der
enschen in den Entwicklungsländern bis zu 30 Jahre

nter der der Industrienationen liegt.

Fast 5 Millionen Tote gibt es allein durch die drei gro-
en Krankheiten HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose.





Karin Roth (Esslingen)



(A) )


)(B)

Während unserer 30-minütigen Debatte sind wieder
500 Kinder unter fünf Jahren an Krankheiten gestorben,
die leicht zu vermeiden gewesen wären, wenn die Welt-
gemeinschaft die Kindersterblichkeit – jährlich sterben
insgesamt 9 Millionen Kinder – nicht einfach hinneh-
men würde. Es gibt keinen großen Aufschrei, sondern
meist bedauerndes Schulterzucken und beschämte Be-
troffenheit. Stärkere Reaktionen gibt es angesichts dieser
gnadenlosen Zahlen fast nie. Wie reagieren Politik und
Regierungen in den Industriestaaten? Wie reagieren wir
als Abgeordnete? Werden wir unserer Verantwortung an-
gesichts dieser Zahlen gerecht? Was tun wir, um dies al-
les zu ändern? Es stellt sich auch die Frage: Was haben
wir getan? Was werden wir tun?

In der vorletzten Woche stand das Thema Bekämp-
fung der Kinder- und Müttersterblichkeit auf der Tages-
ordnung des G-8-Gipfels. Leider gab es, wie so oft, viel
Wind um nichts. Die Bundesregierung und die Bundes-
kanzlerin haben sich wieder einmal verpflichtet, mehr
Geld zur Bekämpfung der Mütter- und Kindersterblich-
keit bereitzustellen: 80 Millionen Euro jährlich für die
nächsten fünf Jahre.

Was sind diese Zusagen wert? Bereits vor fünf Jahren
haben die G-8-Staaten 50 Milliarden US-Dollar zusätz-
lich pro Jahr bis zum Jahr 2010 für die Erreichung der
Millenniumsziele versprochen. Deutschland hat es – das
wissen wir in diesem Hohen Haus – nicht geschafft,
diese Zusage einzuhalten. Auch die neuen Versprechun-
gen finden sich im Haushalt der Bundesregierung für
2011 leider nicht wieder; denn die 80 Millionen Euro
werden innerhalb des Haushaltes umgeschichtet, das
heißt, andere dringende Maßnahmen der Entwicklungs-
zusammenarbeit werden gekürzt. Am Ende gibt es nicht
mehr, sondern weniger Geld zur Erreichung der Millen-
niumsziele. Das ist die bittere Wahrheit.

Das ist ein Offenbarungseid, der durch die lang anhal-
tende Diskussion über die Kürze der Regierungszeit, die
wir heute schon geführt haben, nicht besser wird;


(Beifall bei der SPD)


denn die Frage ist doch: Wie viel Geld ist in den Haus-
halten? So wie ich das sehe, ist auch mittelfristig nur
Haushaltskosmetik vorgesehen, aber keine wirkliche
Verbesserung. Beim Thema Gesundheitsvorsorge in den
Entwicklungsländern geht es nicht um die Frage, ob wir
uns das leisten können, sondern ob wir es hinnehmen vor
dem Hintergrund unserer Werte – Herr Minister, Sie be-
tonen das immer – und unserer Moral, dass Millionen
Menschen sterben, obwohl sie zu einem vergleichsweise
geringen Preis gerettet werden könnten.

Es ist zynisch, wenn die FDP im Ausschuss bei der
Frage, ob wir alle gemeinsam darum ringen, dass wir
zum Beispiel durch die Einführung einer Transak-
tionsteuer nicht nur die Spekulanten an der Wirtschafts-
krise beteiligen, sondern einen Teil dieser Einnahmen
für die Bekämpfung des Hungers in der Welt verwenden,
darauf hinweist, dass mehr Geld an der Situation nichts
ändern würde.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D an sehe am Beispiel von Hartz IV, so die FDP, dass ehr Geld im System nicht automatisch dazu führen ürde, dass Menschen Arbeit aufnehmen. Vor dem Hin ergrund dieser dramatischen Situation ist das zynisch nd obszön. Das haben die Menschen in den Entwickungsländern nicht verdient. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Keine Frage: Wir müssen bestrebt sein, dass die Steu-
rmittel, die wir ausgeben, effizient genutzt werden,
icht nur in den Entwicklungsländern, auch bei uns. Die
ichteinhaltung der ODA-Quote von 0,7 Prozent durch

ine Effizienzdebatte zu vertuschen und sie gegeneinan-
er auszuspielen, ist durchsichtig und gegenüber den
artnerländern in hohem Maße unglaubwürdig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die SPD zeigt mit ihrem Antrag, dass der Zugang zu
ostengünstigen Medikamenten ein Schlüssel zur Ver-
esserung der Gesundheit in den Entwicklungsländern
st. Gerade jetzt, ganz aktuell, verhandelt die EU mit In-
ien, der sogenannten Apotheke der Dritten Welt, über
en Zugang zu bezahlbaren Medikamenten. Die Regie-
ung kann jetzt beweisen, dass sie im Rahmen der EU
afür sorgt, dass dieser Zugang nicht blockiert wird;
enn dies hätte katastrophale Auswirkungen auf die Ar-
eit des Global Fund, der eingerichtet wurde, um Aids,
alaria und Tuberkulose zu bekämpfen. Die erfolgrei-

he Arbeit des Globalen Fonds wollen wir mit unserem
ntrag unterstützen. Wir fordern daher eine Verdoppe-

ung der Mittel in den nächsten drei Jahren.

Aber was macht die Bundesregierung? Im Haushalts-
ntwurf werden die Mittel für den Globalen Fonds um
Millionen Euro gekürzt, obwohl seine erfolgreiche und

ffiziente Arbeit vom Ministerium nicht bestritten wird.
afür gibt es aber zum Beispiel im Bereich der Öffent-

ichkeitsarbeit 63,5 Prozent mehr Geld, um das Erschei-
ungsbild des Ministers in den Medien aufzupolieren.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Hört! Hört!)


o viel zur besseren Sichtbarkeit der deutschen Entwick-
ungspolitik.

Wenn es schon wenig zu verteilen gibt, dann sollte die
undesregierung sich auf das Wesentliche konzentrie-

en. Im Bereich der Gesundheitspolitik heißt das, den
usbau von Gesundheitssystemen in den Entwicklungs-

ändern zu fördern und den Bereich Forschung und Ent-
icklung finanziell zu unterstützen, um zur Bekämpfung
er vernachlässigten Krankheiten, aber auch zur Be-
ämpfung von HIV und Aids, von Malaria und Tuberku-
ose beizutragen.

Dabei unterstützen wir auch neue Kooperationen zwi-
chen Pharmaindustrie und öffentlichen Forschungsein-
ichtungen im Rahmen von sogenannten Produktent-
icklungspartnerschaften. Es geht also um eine
ohärente Strategie, um den Zugang zu Gesundheits-
ienstleistungen zu verbessern und die Versorgung mit
edizinischem Personal besser zu organisieren. Die In-

ustrienationen müssen allen Versuchen widerstehen,





Karin Roth (Esslingen)



(A) )


)(B)

das medizinische Personal aus den Entwicklungsländern
abzuwerben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In Subsahara-Afrika steht für 65 000 Menschen ein Arzt
zur Verfügung, und bei uns kommt ein Arzt auf
294 Menschen. Daraus folgt auch, dass wir mehr Geld in
die Ausbildung des medizinischen Personals investieren
müssen. Auch dadurch erreichen wir mehr Effizienz in
diesem System.

Die komplexe Aufgabe im Bereich der Gesundheit
– ganz zu schweigen von der Bekämpfung des Hungers,
der Verbesserung der Bildung und der Stärkung der
Frauenrechte – zeigt, wie notwendig es ist, dass die
Weltgemeinschaft an einem Strang zieht, die Kräfte bün-
delt und die Aufgaben verteilt, und zwar gemeinsam.
Multilaterales Denken und Handeln und bilaterale Ver-
antwortung – das sind die zwei Seiten einer Medaille.
Ich denke, das ist notwendig, um den Anforderungen ge-
recht zu werden und auf der Höhe der Zeit zu sein.

Wer wie die FDP weniger über die Mittel und die
Höhe der Ausstattung diskutiert, sondern mehr über die
Effizienz, der sollte sich die Frage stellen, ob ein großer,
nicht abgestimmter Flickenteppich von Einzelprojekten
wirklich effizient ist oder ob es nicht notwendig ist, eine
Entwicklungspolitik zu machen, die auch Strukturpolitik
ist, damit Nachhaltigkeit erzeugt wird.


(Beifall bei der SPD)


Eine moderne Entwicklungspolitik versteht sich nicht
nur als Hilfe zur Selbsthilfe. Das zwar auch, aber es geht
ihr vor allem darum, finanzielle Mittel einzusetzen, um
nachhaltige Strukturen zu schaffen, die zur Stärkung der
Zivilgesellschaft, zu Transparenz, Kontrolle und Verant-
wortung führen. Von solchen Konzepten sind Sie, Herr
Minister, doch weit entfernt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Gerade im Gesundheitsbereich könnten mit einer sek-
toralen Budgethilfe einerseits – wir haben gelernt, dass
das bei Ihnen die sozialistische Suppenküche ist; aber
das ist natürlich falsch –


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705526700

Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Redezeit?


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1705526800

– und der Stärkung des Globalen Fonds andererseits

gute Voraussetzungen geschaffen werden, um Millionen
Menschenleben zu retten. Es geht um nichts weniger als
das.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705526900

Frau Kollegin, achten Sie auf die Redezeit!


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1705527000

– Danke schön.

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(C (D In unserem Antrag haben wir einige Wege aufgezeigt nd Maßnahmen vorgeschlagen. Es wäre gut, wenn Sie nserem Antrag folgen könnten. Das Wort hat nun die Kollegin Sabine Weiss für die DU/CSU-Fraktion. Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Meine Damen und Herren! Es ist für uns alle nstrittig, dass wir uns mit dem jetzigen Stand der Umetzung der Millenniumsziele nicht zufriedengeben könen. Gerade im Bereich der Gesundheitsziele 4 und 5 – rau Roth, Sie erwähnten es – liegen wir weit zurück. ehr noch: Es besteht die Gefahr, dass die weltweite ntwicklung infolge der Finanzund Wirtschaftskrise ie Ziele noch schwerer erreichbar macht, als wir uns as noch vor zwei Jahren haben vorstellen können. Das darf uns als Abgeordnete, die sich auf die christlihen Grundwerte berufen bzw. das Soziale auf ihre Fahen schreiben, nicht kaltlassen. Deutschland hat eine erantwortung für die Gesundheit in den Entwicklungs ändern, und die müssen wir gemeinsam wahrnehmen, uch wenn dieses Thema nicht gerade für die vielbechworene Hoheit über den Stammtischen tauglich ist. Vernachlässigte Krankheiten bekämpfen, Kinderund üttersterblichkeit senken: Wer von uns würde da wi ersprechen? Hier im Deutschen Bundestag werden wir iemanden finden, der die Verantwortlichkeit unseres taates ablehnt. Draußen im Wahlkreis sieht die Lage al erdings durchaus anders aus. Da nämlich müssen wir en Menschen erklären, warum wir uns um die Weltgeundheit kümmern und internationale Verpflichtungen in illiardenhöhe eingehen, die hier vielleicht zur Senkung er Krankenkassenbeiträge eingesetzt werden könnten. a erleben wir sogar, dass rechtsradikale Rattenfänger iesen guten Konsens der Demokraten diskreditieren nd für ihre Zwecke ausnutzen wollen. Umso wichtiger st es also, dass wir uns einheitlich und machtvoll zu unerer Verantwortung bekennen und dies auch außerhalb es „Raumschiffes Berlin“ deutlich machen können. Frau Kollegin Roth, seien wir doch wirklich froh, ass der letzte G-8-Gipfel ausdrücklich mehr Geld für ie Umsetzung der Millenniumsziele 4 und 5 in Aussicht estellt hat. (Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Im Haushalt nicht!)


(Beifall bei der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705527100

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sabine Weiss (CDU):
Rede ID: ID1705527200

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as ist nämlich ein klares Bekenntnis dazu, die Fragen
er weltweiten Gesundheit mit Priorität zu bedienen.
as kann keiner bestreiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Sabine Weiss (Wesel I)



(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen Antragsteller, ich
tue mich mit einem Forderungskatalog von 34 Einzel-
punkten in dem hier zu debattierenden Antrag schwer.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Wir haben etwas zu sagen!)


Es mag ja durchaus sein, dass all diese 34 Punkte gut
und richtig sind. Sie entsprechen auch ohne Zweifel
den wichtigsten Forderungen unserer Partner – seien
sie nun auf der staatlichen Ebene, bei den internationa-
len NGOs oder den vielen nationalen Entwicklungshil-
feorganisationen angesiedelt. Ich verstehe auch den
Wunsch unserer Partner, gerade in Zeiten des knappen
Geldes möglichst viele ihrer begründeten Forderungen
durch einen Beschluss im Deutschen Bundestag mit ei-
nem Haken versehen zu wissen.

In der Politik aber – und das ist hier – sind Ehrlich-
keit, Realismus und Prioritätensetzung gefragt.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Wenn Ehrlichkeit heißt, auch Geld zur Verfügung zu stellen!)


Mit Verlaub: Bei einem Forderungskatalog von 34 Ein-
zelpositionen vermag ich dies nur schwer zu erkennen.
Wenn wir ehrlich sind, liebe Antragsteller, ist es doch so:
Wenn man die finanziellen Bedürfnisse in Bezug auf
Ihre 34 Forderungen grob überschlägt, hätten Sie diese
selbst in Zeiten von Rot-Grün nicht durchsetzen können.
Und da war von der weltweiten Wirtschafts- und Finanz-
krise überhaupt noch nichts zu sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich setze auf die Einsicht und den Zusammenhalt de-
rer, die sich ihrer weltpolitischen Verantwortung be-
wusst sind, und zwar unabhängig von ihrer jeweiligen
Fraktionszugehörigkeit. Wir sorgen uns um die Gesund-
heit in den Entwicklungsländern. Wir anerkennen
Deutschlands Verantwortung und die führende Rolle des
Globalen Fonds. Wir sehen die enorme Herausforde-
rung, hierfür auch in der globalen Finanzkrise finanzielle
Mittel bereitzustellen. Wir werden uns auch der Heraus-
forderung stellen und uns für mehr finanzielle Mittel
starkmachen. Diese Mittel aber – das ist mein Credo –
müssen bis auf den letzten Cent effektiv und wirksam
angelegt sein. Dies will ich wissen, bevor ich meine
Hand für Forderungen hebe, egal wie überzeugend sie
auch formuliert sein mögen. Denn das liegt auch – das
muss immer erwähnt werden – im Interesse der deut-
schen Steuerzahler.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es liegt natürlich auch im Interesse der Millionen Men-
schen weltweit, denen unser Geld nutzen und helfen soll.

Ich denke, wir müssen uns die Mühe machen, wieder
auf die Kernaussagen zu schauen und gemeinsam zu
überlegen, was am erfolgversprechendsten und am wich-
tigsten ist, statt uns gegenseitig mit möglichst umfang-
reichen Forderungskatalogen zu überbieten. Wir müssen
es einsehen und akzeptieren: Das Geld, mit dem wir ar-
beiten können, ist begrenzt. Das wird es in den nächsten

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(C (D ahren auch bleiben. Geben wir es also da aus, wo es am eisten bewirkt. Das ist die große Herausforderung für ie kommenden Jahre. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Nächster Redner ist der Kollege Niema Movassat für ie Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor eini en Tagen wurden wir alle Zeugen eines Trauerspiels. a saßen die G 8 in Kanada zusammen und diskutierten arüber, wie man die UN-Millenniumsziele in den Beeichen Kinderund Müttergesundheit erreichen kann. er Nachholbedarf ist enorm. So wurden im Bereich er Müttergesundheit gerade einmal 9 Prozent der Milenniumsmarken erreicht. Während die G 8 1 Milliarde ollar allein für die Sicherheit ihrer Konferenz ausgaen, waren sie nur bereit, 5 Milliarden Dollar – das ist in lächerliches Fünftel des Bedarfs – für die Erreichung ieser Ziele auszugeben. Damit haben sie sich von ihrem elbst gesteckten Ziel endgültig verabschiedet. Sie von der Bundesregierung haben Ihre eigene unühmliche Rolle dabei gespielt. Sie sagten nur magere 00 Millionen Dollar zu. Der aktuelle Haushaltsentwurf eutet darauf hin, dass es sich dabei nicht um neues Geld andeln wird, sondern vielmehr um Geld, das umgechichtet wird und damit woanders, bei den Armen und rmsten dieser Welt, eingespart wird. Das ist Betrug zu asten der Entwicklungsländer. Ferner müsste die Bundesregierung einen Schwerunkt auf die öffentliche Forschung zu vernachlässigten rankheiten legen. Denn das sind die Krankheiten, an enen Millionen Menschen in den Entwicklungsländern terben. Auf die Pharmaindustrie kann man hier nicht ählen. Von den etwa 1 500 pharmazeutischen Wirkstofen, die zwischen 1975 und 2004 entwickelt wurden, ielten nur 21 auf die Heilung vernachlässigter Krankeiten, einschließlich Malaria und Tuberkulose. Denn ie Pharmaindustrie will Milliardenprofite einstreichen. as ist mit Medikamenten gegen Krankheiten, die in aren Ländern auftreten, nicht möglich. Denn es fehlt chlicht an der zahlungskräftigen Kundschaft. Öffentlihe Forschung in diesem Bereich, die neu entwickelte irkstoffe patentfrei und damit für alle frei zugänglich nd bezahlbar macht, würde Menschenleben retten und st daher die Forderung der Stunde. Es ist gut und richtig, dass der SPD-Antrag feststellt, ass Patentlizenzen und das System handelbarer geistier Eigentumsrechte die Herstellung und Verteilung leenswichtiger Generika behindern oder unmöglich ma Niema Movassat )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705527300

(Beifall bei der LINKEN)

Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705527400

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

chen. Aber ziehen Sie daraus doch bitte den richtigen
Schluss. Auch das TRIPS-Abkommen, auf das Sie sich
positiv beziehen, gefährdet Menschenleben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir brauchen hier eine grundlegende Revision, die den
Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten gewähr-
leistet. Die Gesundheit und das Überleben der Menschen
in den Entwicklungsländern müssen Vorrang vor den In-
teressen von Konzernen haben.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Insofern muss die EU – das wäre ein kleiner Schritt in
die richtige Richtung – beim Freihandelsabkommen mit
Indien auf die Verlängerung von Patentlaufzeiten ver-
zichten. Das würde Hunderttausende Menschenleben
retten. Insgesamt müssen sich die Bundesregierung und
die EU für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung einset-
zen. Denn nur dann können Entwicklungsländer funktio-
nierende Gesundheitssysteme aufbauen.


(Beifall bei der LINKEN)


Nur 0,1 Prozent des Bruttonationaleinkommens wä-
ren nötig, um die deutsche Zusage zur Erreichung der
Millenniumsziele im Gesundheitsbereich zu erfüllen.
Wir sind heute bei gerade einmal 0,03 Prozent. Frau
Weiss, eine aktuelle Umfrage zeigt, dass die deutsche
Bevölkerung durchaus bereit ist, mehr Geld in die Ent-
wicklungshilfe zu stecken.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/ CSU]: Schön wäre es!)


Der politische Wille dazu ist nötig; denn es ist finan-
zierbar. Wir, die Linke, haben hier die Einführung einer
Finanztransaktionsteuer und den Stopp von Rüstungs-
projekten als Finanzierungsmöglichkeit vorgeschlagen.
Dafür wäre es jedoch notwendig, dass Sie sich endlich
davon verabschieden, die Interessen der deutschen Wirt-
schaft, etwa der Pharmaindustrie, der Banken und der
Rüstungsindustrie, über die Interessen der Menschen in
den Ländern des Südens zu stellen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Leider sind Sie dazu offensichtlich nicht bereit.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705527500

Für die FDP-Fraktion hat das Wort die Kollegin

Dr. Christiane Ratjen-Damerau.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP):
Rede ID: ID1705527600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

gen! Sehr verehrte Damen und Herren! Deutschland er-
füllt als drittgrößter Geldgeber selbstverständlich seine
Pflicht im Sinne der weltweiten Solidarität und Gerech-
tigkeit.

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(C (D nser Ziel ist es, die Gesundheit der Weltbevölkerung, nsbesondere der benachteiligten Regionen unserer Welt, eutlich zu verbessern. Allein das Problem der schlechten Gesundheitsverorgung von Frauen in der Dritten Welt trifft uns und ruft ns zum Handeln auf. Die hohe Mütterund Kinderterblichkeit macht uns ganz besonders betroffen. Es ist ber schon ein unglaublicher Erfolg, dass beim letzten -8-Gipfel das Erreichen der Millenniumsziele im Mit elpunkt stand. (Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Ja, ohne Konsequenzen!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Nun warten Sie doch ab! Ich fange erst an; ich bin erst
eim ersten Absatz.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


aßgeblich ist das übrigens der Bundeskanzlerin
ngela Merkel zu verdanken. Sie hat dafür gesorgt, dass
ie Mütter- und Kindergesundheit in den Entwicklungs-
ändern das zentrale Thema auf diesem Gipfel war.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Weltgesundheitsversammlung hat bei ihrem letz-
en Treffen im Mai eine Resolution zur Verfügbarkeit,
icherheit und Qualität von Blutprodukten verabschie-
et. Wenn man bedenkt, dass nur 56 Prozent der Testun-
en von circa 81 Millionen Blutspenden in 178 Ländern
ro Jahr auf Krankheitserreger wie HIV oder Hepatitis-
iren internationalen Standards entsprechen, dann er-
ennt man, dass diese Resolution ein wichtiger Schritt
m Hinblick auf die Verbesserung dieser schlechten Lage
st. Die Zahl der Blutspenden, die gar nicht oder nicht
usreichend getestet werden – weltweit jährlich 28 Mil-
ionen –, muss drastisch gesenkt werden. Das gilt gerade
uch im Hinblick auf die hohe Sterberate von Frauen in
en Entwicklungsländern: Sie ist oft auf einen Mangel
n sicheren Blutkonserven zurückzuführen; durch eine
essere Testung kann sie eingedämmt werden.

Die WHA hat sich im Mai auch auf anderen Feldern
it den Millenniumszielen der Mütter- und Kinderge-

undheit intensiv beschäftigt. Wie Sie richtig festgestellt
aben, konnten wir bis heute trotz aller sonstigen Er-
olge gerade bei diesen wichtigen Zielen keine akzepta-
len Ergebnisse erreichen: Noch immer erleben 9 Mil-
ionen Kinder pro Jahr nicht ihren fünften Geburtstag;
och immer sterben eine halbe Million Mädchen und
rauen an Komplikationen während der Schwanger-
chaft oder Entbindung.

Richtig ist aber, dass die Stärkung der Gesundheits-
ysteme vorangetrieben werden muss. Dies betrifft ins-
esondere die Forschung zur Medikamentenversorgung
ei vernachlässigten Krankheiten und ihre Umsetzung.
it einem systemischen Ansatz könnte hier vieles besser

rreicht werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Liebe Kollegen und Kolleginnen von der SPD, es ist
llerdings interessant, wie schnell Sie Ihre Betrachtungs-





Dr. Christiane Ratjen-Damerau


(A) )


)(B)

weise geändert haben. Es war doch Ihre Ministerin, die
die Aufteilung bilateral zu multilateral im Verhältnis von
einem Drittel zu zwei Dritteln für unantastbar erklärt hat.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch der größte Quatsch! – Ulrich Kelber [SPD]: Das hat Ihnen aber jemand falsch aufgeschrieben!)


– Ja, wahrscheinlich. Soll ich den Satz noch einmal vor-
lesen? – Es war doch Ihre Ministerin, die die Aufteilung
multilateral zu bilateral im Verhältnis von zwei Dritteln
zu einem Drittel für unantastbar erklärt hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren die Haushälter aller Fraktionen, das Parlament! Meine Güte!)


– So, ich habe es noch einmal vorgelesen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705527700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Raabe?


Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP):
Rede ID: ID1705527800

Nein.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Da brauchen Sie gar nicht zu lachen! Das sind doch Fakten! – Zuruf von der SPD: Es steht wohl nicht auf dem Zettel, was dann zu antworten ist!)


Schön ist aber, dass wir jetzt einer Meinung sind. In
unserem Koalitionsvertrag steht: Wir wollen eine Vertei-
lung der bilateralen sowie der europäischen und multila-
teralen Leistungen Deutschlands im Verhältnis von zwei
Dritteln zu einem Drittel erreichen, um die Gestaltungs-
möglichkeiten der deutschen Entwicklungspolitik zu er-
weitern und den Wirkungsgrad der eingesetzten Haus-
haltsmittel zu erhöhen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Bundesregierung steht zu diesen multilateralen
Verpflichtungen.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Aha! Haben Sie die Mittel deswegen um 4 Millionen Euro gekürzt?)


Die Arbeit des Global Fund, der Globalen Allianz für
Impfstoffe und Immunisierung und der anderen Organi-
sationen wird hoch geschätzt und nicht infrage gestellt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Erhöhung der Mittel im Haushalt 2010 um 4 Millio-
nen Euro hat das gezeigt.

Aber es ist angesichts unserer Haushaltslage doch
mehr als unseriös, geradezu unverantwortlich, eine Ver-
dopplung des Global-Fund-Anteils in diesem Einzelplan
zu fordern, ohne dass Sie auch nur ansatzweise sagen,
woher das Geld kommen soll.

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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Doch! Transaktionsteuer! Wir haben die Instrumente doch genannt!)


Zu Ihren Forderungen nach dem TRIPS-Abkommen
öchte ich nur sagen, dass Sie sich nicht immer einseitig

um Sprachrohr der NGOs machen lassen sollten.


(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Oh!)


eurteilen Sie die Diskussion einmal verantwortlich und
or allem gesamtpolitisch.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Aber man sollte sich auch nicht zum Sprachrohr der Pharmaindustrie machen lassen!)


Dazu komme ich jetzt; Moment. – Denn, liebe Kolle-
innen und Kollegen, eines möchte ich an dieser Stelle
eutlich sagen: Allein der Verzicht auf Patente bringt
ein Heil über diese Welt. Ein Unternehmen, das aus sei-
en Aufwendungen für die Forschung keinen Gewinn
ehr erzielt, kann auch nichts mehr entwickeln.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Ja! Aber da ist die Pharmaindustrie schon weiter! Die machen Produktentwicklungsgesellschaften!)


Unternehmen sind nicht unsere Feinde, sondern sie
elfen auch aus eigenem Antrieb, Innovationen und
ohlstand zu schaffen.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Na ja!)


s muss ein Ausgleich geschaffen werden. Natürlich
ind wir uns völlig einig, dass insbesondere die armen
änder einen möglichst umfassenden Zugang zu Medi-
amenten bekommen müssen. Aber auch hier unter-
cheiden wir uns in dem Wie. Ich denke, es ist an der
eit, dass die Entwicklungszusammenarbeit ganzheitlich
nd vor allem rationaler angegangen wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Aha! Wieso das denn? Die Pharmaindustrie arbeitet doch schon international!)


Damit nachhaltige Erfolge erzielt werden können, müs-
en gesundheitspolitische und handelspolitische Ziele in ei-
er Balance zueinander stehen. Ein gutes Modell wäre der
erzicht auf Patentrechte innerhalb des WHO-Netzwer-
es, also bei staatlichen Laboratorien. Ich denke, dass wir
ns darauf einigen könnten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nun noch ein abschließendes Wort zu dem Antrag der
raktion Bündnis 90/Die Grünen. Bei allem Dank für
as Lob, das Sie der Arbeit der Bundesregierung in die-
em Antrag zollen, hat der AwZ zu Recht mit den Stim-
en der Koalitionsfraktionen die Ablehnung dieses An-

rages beschlossen.


(Beifall des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Meine Kollegin Helga Daub hat bei der ersten Lesung
ieses Antrages bereits auf die maßgeblichen Unter-





Dr. Christiane Ratjen-Damerau


(A) )


)(B)

schiede unserer Auffassungen hingewiesen. Sowohl das
BMZ als auch die FDP-Fraktion betrachten das bloße
Geldgeben sehr differenziert. Ohne deutlich mehr Trans-
parenz und Effizienz in der Entwicklungspolitik als bis-
her wird es keine zukunftsweisenden, langfristigen Er-
folge geben.


(Beifall des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Die Effizienz der Mittel muss an erster Stelle stehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705527900

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Redezeit.


Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP):
Rede ID: ID1705528000

Noch ein Satz. – Good Governance und damit der

verantwortungsvolle Umgang mit Geldern ist eine Vo-
raussetzung für das Wirken von sektoraler Budgethilfe.
Daher können wir Ihrer Forderung nach sektoraler Bud-
gethilfe zur Stärkung des Gesundheitssystems nicht zu-
stimmen


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ui!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705528100

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege

Dr. Raabe.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705528200

Frau Kollegin, ich habe ja Verständnis dafür, dass Sie

noch nicht lange im Bundestag sind. Sie haben gerade
Ihre zweite Rede gehalten. Wenn Sie aber – auch wenn
es erst Ihre zweite Rede war – eine Behauptung aufstel-
len, die nachweislich unwahr ist, muss ich von Ihnen for-
dern, dass Sie das richtigstellen.

Ich bin seit 2002 Mitglied dieses Hauses und gehöre
seitdem auch dem Entwicklungsausschuss an. Ich habe
in der Zeit, in der Ministerin Heide Wieczorek-Zeul Ver-
antwortung hatte, jeden Haushalt ihres Ministeriums zu-
sammen mit ihr aufgestellt.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Hört alle gut zu! Das ist ein wichtiger Mann! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das hört sich so an, als hätte sie unter Ihnen gedient! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Oh!)


– Wir waren seit 2002 – daran werden Sie sich noch er-
innern – immer an der Regierung und hatten somit auch
die Verantwortung, für eine Mehrheit für den Haushalt
zu sorgen.

Es gibt keine einzige Aussage der Ministerin, dass sie
nur ein Drittel der Mittel für die Entwicklungszusam-
menarbeit, wie Sie behauptet haben, für multilaterale
Ausgaben zur Verfügung stellt. Ganz im Gegenteil, diese
Ministerin hat im Haushaltsausschuss sehr oft interve-
niert, und zwar erfolgreich, sodass wir insbesondere im
multilateralen Bereich immer wieder Mittelsteigerungen
zu verzeichnen hatten.

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(C (D Gerade im Hinblick auf den Globalen Fonds zur Beämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria hat Miniserin Heide Wieczorek-Zeul immer durchgesetzt, dass die ittel hierfür erhöht wurden. Sie haben die Ein-Drittel/ wei-Drittel-Regelung in Ihren Koalitionsvertrag aufgeommen. Stehen Sie dazu, und nehmen Sie Ihre Behaupung zurück, oder weisen Sie nach – das werden Sie aber icht können –, dass Ministerin Heide Wieczorek-Zeul emals gesagt hat, das sei unantastbar. Das ist Quatsch. Wir stehen zu einer sinnvollen multiateralen Entwicklungspolitik. Ich bitte Sie, diese unahre Behauptung zurückzunehmen. Wollen Sie antworten, Frau Kollegin? – Nein. (Dr. h. c. Gernot Erler [SPD]: Sie hat ja keinen Zettel! Sie kann nicht anders!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705528300

Das Wort hat nun der Kollege Uwe Kekeritz für die
raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705528400

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

rau Weiss, ich möchte kurz Ihren Lieblingsbegriff auf-
reifen, den Sie immer wieder gebrauchen, auch im
wZ. Sie sprechen ständig von Ehrlichkeit. Sie wissen,
ass die ODA-Quote 40-jähriges Jubiläum hat und dass
ich jede Bundesregierung eindeutig zur ODA-Quote be-
annt hat. Daher gehört es zur Ehrlichkeit, alles zu tun,
m die ODA-Quote zu erreichen. Das sehe ich momen-
an aber nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


s gibt noch immer keinen Stufenplan. Deswegen ist Ihr
ppell an die Ehrlichkeit etwas fragwürdig.


(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das habe ich in Ihrer Regierungszeit auch nicht gesehen!)


Das ist kein Widerspruch zu meiner Aussage.

Kommen wir zum G-8-Gipfel. Die Kanzlerin hat dort
roßzügig 400 Millionen Euro zugesagt. Wir hatten den
indruck, dass es sich dabei um frisches Geld handelt.

ch habe nicht daran geglaubt, beim BMZ nachgefragt
nd als schriftliche Antwort bekommen:

Ob sich durch aktuelle oder künftige G-8-Zusagen
Anpassungserfordernisse ergeben, kann derzeit
nicht ausgeschlossen werden.

ns Deutsche übersetzt heißt das: Es wird an anderer
telle gekürzt. Während die gesundheitlichen Aspekte
estärkt werden sollen, sollen zum Beispiel die Mittel
ür die Ernährung, die Wasserversorgung oder die Schul-
ildung gekürzt werden. Ich denke, auch das hat nichts
it Ehrlichkeit gegenüber den betroffenen Menschen zu
n.





Uwe Kekeritz


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wie lauten die Lieblingsbegriffe unserer Kanzlerin:
Vertrauen, Transparenz, Zuverlässigkeit. Wo sind übri-
gens die 20 Milliarden von Gleneagles geblieben? So ge-
sehen war der Gipfel in Kanada ein voller Erfolg: 5 Mil-
liarden zugesagt, 20 Milliarden gestrichen. Das macht ein
Plus von 15 Milliarden. Frau Merkel, Zuverlässigkeit
kann man eben nicht nur von anderen einfordern. Mit Ih-
ren leeren Versprechungen und dem Bilateralismustrip
des Ministers Niebel ruiniert die Regierung Deutschlands
Ruf und verschlechtert die internationale Zusammenar-
beit. Das ist alles andere als effizient.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Zur SPD. Sie plädieren in Ihrem Antrag für eine dras-
tische Anhebung der Beiträge an den Global Fund auf
420 Millionen Euro jährlich. Zweifelsohne hat der Glo-
bal Fund schon unzählige Menschenleben gerettet.


(Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD]: 4 Millionen!)


Daher unterstützen wir grundsätzlich die Stärkung des
Global Fund. Allerdings ist es unerlässlich, Antworten
auf die Frage zu finden, wie es mit dem Global Fund
weitergehen soll. Die ausschließlich vertikale Konzen-
tration auf HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose ist nicht
zukunftsweisend. Der Global Fund möchte längst selbst
seinen Aktionsradius ausweiten. Darin sollten wir ihn
unterstützen. Im Sinne einer transparenten und effizien-
ten Mittelverwendung muss im Gegenzug eine unabhän-
gige Kontrolle des Fonds und seiner Projekte eingeführt
werden.

Es geht jedoch nicht nur um den Global Fund. Glo-
bale Gesundheitspolitik umfasst auch Fragen des Patent-
rechts, der Forschung, Handelsfragen, Gesundheitssys-
temfragen, Ernährung und Bildung. Es geht auch um das
Thema Braindrain. Das riesige Feld der globalen Ge-
sundheit muss aufgrund der Komplexität zukünftig bes-
ser koordiniert, das heißt verstärkt multilateral, sogar in-
ternational bearbeitet werden. Dafür brauchen wir eine
Koordinationsstelle. Meiner Ansicht nach kann eine sol-
che Koordinationsstelle nur bei der WHO angesiedelt
werden. Nur die WHO ist ausreichend legitimiert und
hat das Potenzial dazu. Aus diesem Grund fordern wir in
unserem Antrag, dass die WHO die Führungsrolle in der
globalen Gesundheitspolitik übernimmt. Die Bundesre-
gierung hat bis 2012 einen Sitz im Exekutivrat der WHO
und sollte darauf hinarbeiten, die Koordinationsfunktion
der WHO zu stärken.

Gemeinsam koordinierte, demokratisch legitimierte
globale Gesundheitspolitik ist das Gebot der Stunde und
hat nichts mit Suppenschüsselsozialismus, wie Staatsse-
kretär Beerfeltz diesen Effizienzansatz diffamiert, zu
tun.

Sie ist Voraussetzung – ich bin gleich fertig – für eine
effizientere Gesundheitspolitik. Eine höhere Effizienz


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(C (D Herr Niebel, hören Sie gut zu – darf allerdings nicht urch finanzielle Abstriche konterkariert werden. Die DA-Quote von 0,7 Prozent muss für Deutschland verflichtend bleiben. (Beifall der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705528500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

ürgen Klimke für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1705528600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zum
bschluss dieser Debatte die schlimmste Krankheitsgei-
el dieser Welt in den Mittelpunkt meiner Ausführungen
tellen. Etwa 33 Millionen Menschen weltweit sind mit
IV infiziert. Das entspricht der Gesamtbevölkerung von
ordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern.

n den vergangenen Jahrzehnten erlitten 25 Millionen
enschen den meist qualvollen Tod aufgrund einer Aids-

edingten Erkrankung.

Die Auswirkungen dieser humanitären Katastrophe
onnten wir bisher und können wir auch weiterhin nicht
innehmen. Aus diesem Grund ist es notwendig, in den
ächsten Jahren eine neue nachhaltige Strategie zu ent-
ickeln und diese vor allen Dingen auch mit Konse-
uenz und kühlem Kopf durchzusetzen.

Bei einer nüchternen Betrachtung der vielfältigen
eltweiten Bemühungen im Kampf gegen die Immun-

chwächekrankheit muss man konstatieren, dass es in
en Entwicklungsländern oft an Bewusstsein, an Aufklä-
ung und an medizinischer Hilfe fehlt. Hinsichtlich des
ewusstseins gilt das aber besonders auch für die Indus-

rieländer. Gerade bei uns hat sich die Wahrnehmung in
en letzten Jahren verschoben. Man sagt: Medikamente
elfen. – Die Krankheit ist und bleibt jedoch tödlich.

HIV/Aids wird unter der Mehrzahl der Menschen die-
er Erde noch immer totgeschwiegen, als Gottesstrafe
erunglimpft oder als Schwulenkrankheit gebrandmarkt.
iese Gleichsetzungen sind nicht nur falsch, sie zeugen

uch davon, dass Prävention und Aufklärung im Um-
ang mit dieser Krankheit weiterhin verstetigt werden
üssen.

HIV und das Vollbild dieser Krankheit, Aids, sind für
ie Entwicklungsländer eine gesellschaftliche Katastro-
he. Öffentliche Haushalte und die privaten Spender
üssen in Zukunft einen Fokus auf die Auswirkungen

er Krankheit auf die Gesellschaftsstrukturen unserer
artnerländer legen. Ich glaube, das ist besonders wich-
g.

Die bisherigen Schwerpunkte, die besonders von mul-
ilateralen Organisationen bevorzugt werden, reichen





Jürgen Klimke


(A) )


)(B)

nicht aus. Anstrengungen in der medizinischen Versor-
gung, zum Aufbau einer Gesundheitsstruktur für ein le-
benslanges Einnehmen der Medikamente sowie Präven-
tion sind nur Teilaspekte einer nachhaltigen Strategie
gegen diese Krankheit.

HIV/Aids ist derzeit schon – das ist besonders wichtig –
eine Querschnittsaufgabe im Rahmen der bilateralen EZ.
Für diesen Ansatz müssen wir auch verstärkt auf den
multilateralen Ebenen werben.

Ich kann das BMZ nur unterstützen, wenn es mit sei-
ner Strategie ganz im Gegensatz zum Global Fund wirt-
schaftliche, soziale und sicherheitspolitische Auswir-
kungen von HIV/Aids in seine programmatische Arbeit
mit einbezieht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deutschland handelt dabei fortschrittlich, und ich bitte
dringend darum, bei der Vergabe der Mittel und bei der
Zweckbindung die sektorenübergreifenden Projekte der
GTZ stärker zu unterstützen. Immer neues Geld für den
Global Fund ist möglicherweise nicht im gleichen Maße
effektiv.


(Ulrich Kelber [SPD]: Oh!)


Fakt ist: Sollte die internationale Gemeinschaft die
derzeit meist multilaterale HIV/Aids-Politik weiterver-
folgen, dann sind die bisherigen kleineren Erfolge im
Kampf gegen Aids schnell obsolet. Dies ist nicht im
Sinne einer verantwortungsvollen Entwicklungspolitik.

Meine Damen und Herren, im Süden Afrikas ist in-
zwischen mehr als ein Drittel der erwachsenen Bevölke-
rung infiziert. In Simbabwe und Botsuana sind es derzeit
knapp 40 Prozent – fast jeder Zweite. In einem solchen
Umfeld ist die gesamte Entwicklungsstrategie ohne di-
rekten Bezug auf HIV/Aids nicht mehr erfolgreich. Wir
benötigen vor allen Dingen übergreifende Antworten,
und ich kann noch einmal sagen: Wir halten diese Ant-
worten im Rahmen der deutschen bilateralen EZ vor.

Es ist kein Geheimnis, dass die Epidemie in Afrika
besonders drastische Auswirkungen hat. Nur wenige
wissen jedoch, dass sich in Zukunft Ähnliches auch in
anderen Regionen dieser Welt abspielen könnte. Aids ist
nicht nur ein afrikanisches Problem; das stellen wir im-
mer mehr fest. Es ist ein Problem ganzer Gesellschaften –
ob in Osteuropa, im Iran oder auch in vielen asiatischen
Staaten. In Asien sind bereits 5 Millionen Menschen in-
fiziert. Länder wie Kambodscha, Myanmar oder Laos
haben weltweit die größten Zuwachsraten, vor allem
auch in der heterosexuellen Bevölkerung.

Meine Damen und Herren, schlimmer noch: Schon
jetzt gibt es in Ländern wie China oder Indien Infektions-
raten wie in Afrika vor 20 Jahren. Und dort sind aktuell
fast 20 Prozent der Bevölkerung infiziert.

Was müssen wir tun? Wir müssen erstens Programme
dazu entwickeln, wie wir den Verlust des Humankapitals
umgehen können. Wir müssen Strategien entwickeln, da-
mit Schulen und Universitäten auf die Situation reagie-
ren können und insbesondere ältere Menschen im Ar-

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(C (D eitsleben gehalten werden können. Jugendliche müssen n der Breite eine qualifizierte Ausbildung erhalten. Wir müssen versuchen, die Waisen anzusprechen, onst zerstören Kriminalität und andere Strukturen ihre ukunft. Die Budgethilfe ist oftmals nicht zielgerichtet enug. Wir müssen Korbfinanzierung im Gesundheitsystem anbieten. Vor allem müssen wir sicherstellen, ass die Sicherheit und Stabilität ganzer Regionen durch ie hohe Infektionsrate in den afrikanischen Armeen icht gefährdet werden. Denn in diesem Bereich gibt es indeutig hohe Zuwachsraten. Die Folgekosten von riegen und der direkten Ausbreitung der Krankheit erden sonst unabsehbar sein. Der tragische Zyklus beim Thema HIV/Aids-Beämpfung scheint sich weiter fortzusetzen. Deswegen ist s wichtig, weltweit über neue Strategien nachzudenken nd sie in die Tat umzusetzen. Die deutsche Strategie hat en Anspruch, HIV/Aids als Querschnittsaufgabe zu deinieren. Die sektorübergreifenden Konzepte sind Löungsansätze, die weltweit eingesetzt werden sollten. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Beim Tagesordnungspunkt 13 a wird interfraktionell berweisung der Vorlage auf Drucksache 17/2135 an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. – Sie sind damit einverstanden, wie ich sehe. ann ist die Überweisung so beschlossen. Tagesordnungspunkt 13 b. Abstimmung über die Bechlussempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche usammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der raktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Die iele der Bundesregierung in der Weltgesundheitsorgaisation neu ausrichten“. Der Ausschuss empfiehlt in einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2465, en Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 17/1581 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen it den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen timmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der raktion Die Linke und bei Enthaltung der SPD-Frak ion. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 14 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit terrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung (Berichtszeitraum 6. April 2006 bis 25. März 2009)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705528700

– Drucksachen 16/12560, 17/790 Nr. 35, 17/1807 –





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) )


)(B)

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Thomas Gebhart
Dr. Matthias Miersch
Michael Kauch
Ralph Lenkert
Dorothea Steiner

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
und sehe dazu keinen Widerspruch. Dann werden wir so
verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und darf nun um Auf-
merksamkeit für den ersten Redner in dieser Debatte bit-
ten, den Kollegen Marcus Weinberg für die CDU/CSU-
Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1705528800

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Der Bericht ist gut –

also können auch diejenigen, die jetzt eigentlich gehen
wollen, noch bleiben. Denn ich glaube, einem guten Be-
richt folgt auch gute Arbeit.


(Beifall der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nun weiß ich zwar nicht, ob die fußballgetrübten Au-
gen jetzt erhellt werden, aber Nachhaltigkeit ist ja län-
gerfristig angelegt und nicht kurzfristig. Insofern will ich
bei dem Bericht Dinge – nicht ganz auf der inhaltlichen
Ebene – herausstellen, die, glaube ich, wichtig sind.
Denn ich glaube, wir haben vieles gemacht, was wichtig
und richtig war – Stichworte dazu: demografischer Wan-
del, Indikatoren für Nachhaltigkeit, Stellungnahme zum
Fortschrittsbericht, Generationengerechtigkeit. Auch die
Diskussion über die Nachhaltigkeitsprüfung in der Ge-
setzesfolgenabschätzung und die Planung einer nachhal-
tigen Infrastruktur betraf wichtige und richtige Themen,
deren inhaltliche Breite jetzt nicht darstellbar ist.

Der Bericht macht noch einmal deutlich, dass wir
beim Thema Nachhaltigkeit die Bretter deutlich schnel-
ler und besser gebohrt haben als in den Jahren davor.
Aber ich glaube, wir müssen jetzt auch mit Blick auf die
aktuelle Legislaturperiode diskutieren, ob wir beim Boh-
ren auch die richtigen Mechanismen benutzt haben oder
ob wir den Bohrer hier und da verändern sollten.

Zurück zum Einsetzungsbeschluss, der deutlich
macht, was vom Beirat erwartet wird. Zu seinen Aufga-
ben gehört die Begleitung der nationalen Nachhaltig-
keitsstrategie. Des Weiteren kann sich der Parlamentari-
sche Beirat Schwerpunkte setzen und Berichte und
Empfehlungen vorlegen. Auf der Ebene der Bundesre-
gierung geschaffene Institutionen werden parlamenta-
risch begleitet. Es können Empfehlungen zu mittel- und
langfristigen Planungen abgegeben werden. Weitere
Aufgaben sind die Kontaktpflege und Beratungen mit
anderen Parlamenten, die parlamentarische Begleitung
der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie und die Unter-
stützung der gesellschaftlichen Diskussion in diesem Be-
reich.

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(C (D Das alles ist wichtig und richtig. Ich glaube, wir haen in der letzten Legislaturperiode bewiesen, dass wir as alles gut gemacht haben, um der Nachhaltigkeit eien neuen Impuls zu geben. Trotzdem möchte ich zwei unkte ansprechen, mit denen wir uns in der aktuellen egislaturperiode befassen sollten. Der erste Punkt ist die Federführung bei der Nachhaligkeitsstrategie. Die Arbeit des Parlamentarischen Beiats für nachhaltige Entwicklung hat auch gewisse chwächen der Konstruktion aufgezeigt. Problematisch ei der Arbeit des Parlamentarischen Beirats waren die ehlende formale Beteiligung am Gesetzgebungsverfahen und die fehlende Möglichkeit des Beirats, eigenstänig Initiativen einzubringen. Jeder Parlamentarier ist ufgerufen, sich aktiv zu beteiligen – das machen wir uch in den Fachausschüssen –, allerdings konnten wir ls Beirat keine parlamentarischen Initiativen einbrinen. Ich glaube, dieser Punkt ist zu diskutieren. Gutachterliche Stellungnahmen sind wichtig und richig, aber wie man weiß, erntet man mit zu vielen Stelungnahmen hier und da möglicherweise die Kritik der olleginnen und Kollegen. Wir haben die Mechanismen er Empfehlungen auch sehr dosiert genutzt, finde ich. rotzdem bleibt die Frage, wie federführend Beteiligung öglich ist. Dass das ureigenste Thema der Nachhaltigkeit, nämich die nationale Nachhaltigkeitsstrategie, nicht federührend in unserer Zuständigkeit liegt, ist sicherlich icht unproblematisch. Ich muss allerdings in diesem usammenhang feststellen, dass die Federführung für achhaltigkeitsrelevante Themen beim Umweltauschuss liegt. Herzlichen Dank an die Kolleginnen und ollegen, insbesondere aus dem Umweltausschuss, die ns gut unterstützt haben. Für diese Kooperation können ir uns nur bedanken. Trotzdem bleibt der Wunsch, dass uch wir eines Tages die Federführung für diesen Beeich bekommen werden. Das haben wir auch in unserer Stellungnahme zum ortschrittsbericht 2008 zur nationalen Nachhaltigkeitstrategie deutlich gemacht. Darin haben wir den Wunsch eäußert, dass, da die Nachhaltigkeit eine übergeordnete edeutung hat und eine wichtige Querschnittsaufgabe arstellt, die Zuständigkeit vielleicht am besten dem undeskanzleramt zu übertragen wäre. Wie wir in der etzten Beiratssitzung gehört haben, gibt es Länder, in enen die Präsidenten das Thema an sich gezogen haen. Wie es funktionieren kann, wird man in Zukunft seen müssen. Ich glaube aber, dass es ein wichtiger Imuls wäre, wenn solche Themen, die Querschnittsaufgaen darstellen und auch in der politischen Betrachtung ine neue Dimension bedeuten, an einer entsprechenden telle angesiedelt sind. Das können wir zwar alles von der Bundesregierung ordern, aber die Frage ist, wie wir im parlamentarischen ereich die Bedeutung der Nachhaltigkeit verstärken önnen. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit wünschen ir uns, dass wir nicht hinter der Entwicklung in ande Marcus Weinberg )


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )

ren Ländern zurückstehen. Im Koalitionsvertrag von
CDU, CSU und FDP ist deutlich formuliert worden, dass
wir uns die Federführung für die Nachhaltigkeit wün-
schen. Das wird auch im zweiten Halbjahr ein wichtiges
Thema sein. Ich glaube, wir sind auch argumentativ so
gut aufgestellt, dass wir das erreichen können. Ich
denke, wir können auch ein wenig stolz darauf sein, dass
wir das nächste Brett gebohrt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der zweite Punkt, der für uns wichtig sein sollte, ist
die Kontinuität und die Funktion im parlamentarischen
Geschehen. In der 16. Legislaturperiode erfolgte die
Einsetzung des Parlamentarischen Beirats im April 2006
und damit deutlich zu spät. Das hat sich deutlich verbes-
sert. In der laufenden Legislaturperiode erfolgte der Ein-
setzungsbeschluss im Dezember 2009. Im April 2006
war es aber nicht ganz so einfach, weil der Übergang
von der guten Arbeit in der 15. Legislaturperiode proble-
matisch war.

Im Grunde ist der Beirat für nachhaltige Entwicklung
nichts anderes als ein Ausschuss. Wir sollten nicht über
die Formulierung streiten, sondern wir sollten sehen,
dass wir die Rechte eines Ausschusses wahrnehmen
können. Ob das Gremium „Beirat“ oder „Ausschuss für
nachhaltige Entwicklung“ heißen wird, sei dahingestellt.
Ich glaube, dass wir uns mit Blick auf die Erfahrung der
Vergangenheit Gedanken darüber machen sollten, wie
wir im Parlament stärker Kontinuität wahren können und
wie der Parlamentarische Beirat noch weiter in der parla-
mentarischen Normalität ankommen kann.


(Beifall der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das waren zwei leicht formalkritische Anmerkungen.

Unter dem Strich bleibt das Fazit: Die Wahrnehmung
der Nachhaltigkeit wird durch die Arbeit des Parlamen-
tarischen Beirates deutlich gesteigert. Die inhaltliche
Schwerpunktsetzung wird im Bericht deutlich. Ich
glaube, wir haben alles abgedeckt, was als Querschnitts-
aufgabe anzusehen ist. Jetzt wünschen wir uns für die
Beratungen in den nächsten Wochen und Monaten, dass
wir bei der Wahrnehmung im Parlament, aber auch bei
der Frage der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie neue
Schwerpunkte setzen können. Ich freue mich, wenn wir
in vier Jahren den nächsten Bericht haben und wir, was
gewisse Verfahrensfragen angeht, einen Schritt weiter
sind.

Herzlichen Dank für die Arbeit und herzlichen Dank
für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705528900

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Matthias Miersch

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige ntwicklung“ – ich frage mich, was eigentlich die Zuchauerinnen und Zuschauer denken, was ein Beirat für achhaltige Entwicklung leisten soll. Das Wort „Nachaltigkeit“ wird von diesem Pult mit Sicherheit in fast eder zweiten Rede von einem oder einer Abgeordneten erwendet. Der Begriff ist – das ist die Gefahr – inzwichen fast beliebig geworden. Das Spannende ist, den egriff zu definieren und zu schauen, woher er eigent ich kommt. Wenn man erkennt, dass er, aus der Forstirtschaft kommend, eigentlich beinhaltet, dass man nur o viele Bäume fällen kann, wie man gleichzeitig neu flanzt, dann erschließt sich der Sinn dieses Begriffs. enn man diesen Sinn an viele Debatten hier als Mess atte anlegen würde, dann würde man feststellen: Das ist in Thema, das alle anderen Themen in den Schatten tellt. Es geht nämlich um die Frage, ob wir es schaffen, ie großen Herausforderungen, denen wir alle miteinaner gegenüberstehen, zu meistern und die Probleme der eutigen Generation, aber auch der künftigen Generatioen – das ist das Entscheidende; ich sehe nämlich viele üngere Personen auf der Tribüne – zu lösen. Um bei dem Bild des Brettes, das Sie, Herr Weinberg, ewählt haben, zu bleiben: Das Brett ist noch lange nicht ebohrt. Vielmehr ist das, was wir die letzten vier Jahre iteinander gemacht haben, vielleicht eine kleine Ein erbung gewesen, aber es war noch lange nicht der urchbruch. Die großen Themen haben wir besprochen, um Beispiel die demografische Entwicklung. Unsere esellschaft wird sich in den nächsten Jahrzehnten ra ant ändern. Welche Folgen hat das für unsere sozialen icherungssysteme? Welche Auswirkungen hat das für ie Infrastruktur, von der Wasserleitung, die plötzlich icht mehr genutzt wird, weil die Leute in der Region icht mehr leben, bis hin zum Arzt, zu dem keiner mehr eht und der deswegen schließen muss? Ich nenne das große Thema der Haushaltsverschulung. Was hat es mit Generationengerechtigkeit zu tun, enn wir den nachfolgenden Generationen immer mehr chulden aufbürden? Ich nenne das Thema Energie. Wir interlassen Müll von Atomkraftwerken und wissen eute noch nicht, wo er eigentlich gelagert werden soll. ber wir produzieren immer weiter. Das sind die großen hemen, die uns hier in diesem Parlament auf allen Geieten beschäftigen. Entscheidend ist, so glaube ich, dass ir jetzt an einem Punkt angekommen sind, an dem wir agen: Nachhaltigkeit muss durch den Parlamentarichen Beirat ein Gesicht bekommen. Wir müssen noch eutlicher sichtbar werden als bisher. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1705529000

All den Riesenherausforderungen, die wir vor uns ha-
en, haben wir uns heute noch nicht zufriedenstellend ge-
tellt. Sonst könnten wir sagen, wir können die Arbeit
uch einstellen. Ich habe den Eindruck, dass wir teilweise
zwei Welten leben. Es gibt eine interessierte Fachwelt,

ie uns sagt: Das, was ihr da macht, ist viel zu wenig; ihr
üsst viel mehr einsetzen. – Andere fragen: Warum soll





Dr. Matthias Miersch


(A) )


)(B)

jetzt über einen Zeitraum von 20, 30 Jahren nachgedacht
werden? Jetzt sind die Probleme drängend. – Darüber
müssen wir in diesem Beirat reden. Wir haben aus mei-
ner Sicht ein ganz entscheidendes Kriterium nach lan-
gem, schwerem Kampf eingeführt. Ich spreche Andreas
Jung an, mit dem ich als Berichterstatter damals für die
Nachhaltigkeitsprüfung gestritten habe. Es war richtig
schwer, in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der
Bundesministerien zu verankern, dass sie bei ihren Ge-
setzesvorhaben eine Nachhaltigkeitsprüfung vornehmen
müssen.

Heute, wo dies in der Gemeinsamen Geschäftsord-
nung verankert ist, sehen wir, wenn wir einen Gesetzent-
wurf lesen, keine Ausführungen dazu, inwieweit er
nachhaltig ist. Somit können wir die entsprechende Be-
wertung, die ja im politischen Raum vorzunehmen ist,
heute noch nicht vornehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir können als Parlamentarier nicht sagen: Die Regie-
rung hat sich dieses Thema vorgeknöpft und sich mit der
Interessensabwägung beschäftigt. Wir finden keine aus-
reichenden Ausführungen, die es uns als Parlamentari-
schem Beirat ermöglichen, den Ausschussmitgliedern,
die sich jetzt mit dem Gesetzentwurf beschäftigen, zu sa-
gen: Guckt da noch einmal genauer hin. – Dies darf nicht
so bleiben, wenn wir als Beirat nicht ebenso der Belie-
bigkeit ausgesetzt werden wollen, wie es teilweise auf
den Begriff der nachhaltigen Entwicklung zutrifft.

Ich glaube, wir sind an einer ganz entscheidenden
Weichenstellung angekommen. Wenn es uns in dieser
Legislaturperiode nicht gelingt, dieses einzufordern,
dann wird die Glaubwürdigkeit unseres Gremiums – das
glaube ich jedenfalls – nicht größer werden. Es wird un-
ter Umständen vielmehr dazu kommen, dass man sagt:
Das Parlament ist nicht in der Lage, die Gesetze auch an
einer solchen Messlatte auszurichten. Deswegen ist das
meines Erachtens – das ist auch die Haltung meiner
Fraktion – eine der entscheidenden Aufgaben in dieser
Legislaturperiode.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das zweite Thema, mit dem wir uns auseinanderset-
zen müssen, ist das große Thema Wachstum. Welchen
Begriff von Wachstum haben wir eigentlich? Neben
Nachhaltigkeit kommt auch Wachstum in jeder zweiten
Rede vor. Wohin wollen wir eigentlich wachsen? Ist die
Welt, die auf ein „immer höher, immer weiter“ setzt, ei-
gentlich eine zukunftsfähige Welt? Denken wir nur an
die Endlichkeit von Ressourcen wie Öl und Gas. Denken
wir auch an die Finanzwelt. Wir haben in den letzten
Jahren erlebt, dass das „immer höher, immer weiter“
kläglich gescheitert ist. Das muss uns eigentlich zu den-
ken geben. Wir müssen umdenken. Wir müssen aus der
Wachstumsfalle herauskommen, in die wir hineingelau-
fen sind und in der wir teilweise noch feststecken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir brauchen einen neuen Begriff, hinter dem sich enschen versammeln können und der sowohl auf na ionaler als auch auf internationaler Ebene als Leitbild ienen kann. Das Motto der Konferenz der Vereinten ationen in Rio „Global denken, lokal handeln“ müssten ir eigentlich wieder zum Leben erwecken. Das ist un ere Aufgabe. Ich wünsche mir, dass wir im Parlamentaischen Beirat den Menschen in Deutschland in den ächsten Monaten und Jahren zeigen, dass es auch Entürfe einer tatsächlich auch auf künftige Generationen ezogenen Lebensweise gibt. Wir müssen aber auch überlegen, ob das Weniger icht letztlich viel mehr ist. Das ist das Entscheidende. ch als heute Verantwortung tragender Politiker glaube, ass wir das mit Jüngeren und mit Älteren diskutieren üssen. Wir dürfen Generationen nicht auseinanderdivi ieren, sondern müssen überlegen, wie wir die großen erausforderungen, die ich anfangs skizziert habe, geeinsam meistern. Ich bin mir sehr sicher, dass wir bei ieser Suche gänzlich neue Lebensentwürfe finden weren. Das müsste eigentlich die über allem stehende Aufabe dieses Parlaments sein. Ich wünsche mir deshalb, ass wir irgendwann einmal hier in diesem Haus eine ebatte führen, bei der dieser Saal voll besetzt ist und ei der ganz viele Leute vor den Fernsehern sitzen und agen: Mensch, da sind die Impulse, für die es sich lohnt, or Ort zu streiten. – Wir haben ganz viel vor. Das Brett st ganz dick. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit hnen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Nächster Redner ist der Kollege Michael Kauch für ie FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall im ganzen Hause)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705529100


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1705529200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das

remium des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige
ntwicklung ist darauf ausgerichtet – das kommt in die-
em Parlament selten vor –, Konsens zu erzielen. Eine
ewisse Einigkeit jenseits von Fraktionsgrenzen ist für
achhaltige Entwicklung von großer Bedeutung. Wir
üssen nämlich einen roten Faden entwickeln, der auch

ber Legislaturperioden hinweg hält und nach einem
echsel von Regierungen dieses Landes nicht reißt. Es

st also wichtig, dass es dieses Gremium gibt. Ich finde
s ausgesprochen angenehm, wie in diesem Gremium
earbeitet wird. Dort gibt es eben nicht den üblichen Re-
lex, dass die Opposition einen Antrag stellt, die Regie-
ung ihn ablehnt bzw. umgekehrt. Davon könnten wir
ns an der einen oder anderen Stelle, zumindest in den
achausschüssen – ich weiß, das ist ein frommer
unsch –, eine Scheibe abschneiden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU, der SPD und der LINKEN)






Michael Kauch


(A) )


)(B)

Meine Damen und Herren, wir wollen mehr Genera-
tionengerechtigkeit; das ist unser Anliegen. Die Finanz-
krise hat deutlich gemacht, dass wir über unsere Verhält-
nisse gelebt haben. Die Rechnung – sie ist das Ergebnis
der Rettungspakete, die geschnürt wurden – wird den
kommenden Generationen präsentiert werden. Diese Ge-
nerationen werden die angehäuften Schulden abtragen
müssen. Wir haben unsere Sozialsysteme nicht ausrei-
chend an den demografischen Wandel angepasst. Wir
schaffen eine Infrastruktur, die an die Perspektive einer
schrumpfenden und alternden Bevölkerung oft nicht an-
gepasst ist. Aber das haben wir erkannt und versuchen
jetzt als Demokraten, Veränderungen vorzunehmen.


(Beifall des Abg. Michael Link [Heilbronn] [FDP])


An dieser Stelle möchte ich ganz deutlich sagen: Es
gibt abschreckendere Beispiele in der deutschen Ge-
schichte dafür, wie nachhaltige Politik nicht aussehen
sollte. Wir sind im 20. Jahr der deutschen Einheit. Nach
der Sommerpause werden die Einheitsfeierlichkeiten
stattfinden. Man muss einmal zurückschauen: Was war
denn in der DDR? Was war denn unter der SED-Dikta-
tur? Da gab es nicht nur Menschenrechtsverletzungen.
Damals wurde auch die unnachhaltigste Politik betrie-
ben, die ein deutscher Staat je erlebt hat. In die Gebäude
wurde nicht investiert; sie wurden heruntergewirtschaf-
tet. Vor 20 Jahren war man auch finanziell am Ende. Es
gibt keine andere Region in Deutschland, die 1990 öko-
logisch so heruntergewirtschaftet war wie die Gebiete,
über die die SED geherrscht hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich freue mich schon auf den Beitrag der Linken.
Wahrscheinlich wird man wieder erklären, dass Genera-
tionengerechtigkeit nicht so wichtig ist wie die Gerech-
tigkeit zwischen Arm und Reich. Gerechtigkeit zwi-
schen den Generationen ist eine Grundvoraussetzung für
soziale Gerechtigkeit. Wer die Gerechtigkeit zwischen
den Generationen mit Füßen tritt, der wird keine soziale
Gerechtigkeit erreichen können.

Vielen Dank, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Das klingt ja so, als wenn Sie sie gegeneinander ausspielen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705529300

Für die Fraktion Die Linke hat nun das Wort der Kol-

lege Ralph Lenkert.


(Beifall bei der LINKEN)



Ralph Lenkert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705529400

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Demografische Entwicklung und nachhaltige Infrastruk-
turpolitik waren im Bericht des Parlamentarischen Bei-
rats für nachhaltige Entwicklung in der 16. Wahlperiode
ein wichtiges Thema. Die Feststellung, dass die Betrach-
tung der Nachhaltigkeit bei der Infrastrukturentwicklung

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(C (D isher zu kurz gekommen ist und mehr Bedeutung erlanen muss, war wichtig und gut. Infrastrukturentscheidungen benötigen Jahre und wiren Jahrzehnte. Straßenbauprojekte, Stromnetze, Schulebäude, Altersheime usw. können optimal, zu knapp der zu groß geplant werden. Krasse Negativbeispiele ür falsche Annahmen finden sich beispielhaft bei der öllig überdimensionierten Kläranlagenplanung in Osteutschland in der Mitte der 90er-Jahre. Allerdings fand bei diesen eben keine Nachhaltigeitsbetrachtung statt, sondern man verließ sich auf alte tatistiken, Erfahrungswerte und Berater wie einen quir igen Professor, der mehr seinen Gewinn im Auge hatte ls eine optimale nachhaltige Projektabrechnung. usbaden müssen diese Fehler jetzt Bürgerinnen und ürger sowie Unternehmen in Form von hohen Abwas ergebühren und Kommunen in Form von dauerhaften asten in ihren Haushalten. In Kahla, ein Ort mit 8 000 Einwohnern, liegen die bwasserbeiträge bei über 15 Euro je Kubikmeter – ank der Beratung dieses Professors, der übrigens einen onorarvertrag mit der beauftragten Baufirma hatte. Der reistaat Thüringen sprang subventionierend ein. Trotzem musste die Stadt wegen der Kläranlagenschulden ahrelang unter Zwangsverwaltung leben. Zu Recht bemängelte der Parlamentarische Beirat in er letzten Wahlperiode, dass gerade im Infrastrukturbeeich im Bund, in den Ländern und in den Kommunen er Nachhaltigkeitsgedanke fehlt. Jeder von uns weiß: olitische Mehrheiten ändern sich während der Lebensauer von Infrastruktureinrichtungen öfter. Deshalb berüßt die Linke, dass der Beirat sich bemüht, seine Beertungen im Konsens der Fraktionen zu treffen. Sicher aben wir teilweise unterschiedliche Vorstellungen, aber enn wir im Beirat im Konsens bewerten, besteht die hance, dass entsprechende Entscheidungen auch lange elten. Eine Schienennetzplanung, die von Schwarz-Gelb 011 erfolgt, könnte dann 2015 zum Beispiel von Rotrün ergänzt statt rückgängig gemacht werden, und die inke könnte 2018 in Regierungsverantwortung auf den orherigen Konzepten aufbauen. elingt es dem Beirat für Nachhaltigkeit, mit seiner Areit eine solche Politik zu erreichen, dann ist er unglaubich wertvoll. Sollte dann 2030 die Union die Opposition ielleicht mal wieder verlassen können, wird sie es chätzen, dass der Beirat auch unter linker Kontrolle im onsens wirkte. Leider können wir Linken heute nur das Bemühen des arlamentarischen Beirats zur fraktionsübergreifenden rbeit feststellen. Die Weigerung der Unionsfraktion, Ralph Lenkert )


(Beifall bei der LINKEN)


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Genau!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

gemeinsam mit der Linken Anträge zu stellen, selbst
dann, wenn man gleicher Meinung ist, ist dumm.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Ungeheuerlich!)


Das ist ein Zeichen von Demokratieunfähigkeit und ver-
achtet die freie politische Meinung jeder achten Wähle-
rin und jeden achten Wählers. Liebe Unionisten, werfen
Sie Ihre Vorurteile über Bord! Wer Demokratiebekennt-
nisse einfordert, muss Demokratie vorleben; sonst ge-
fährdet er selbst die Demokratie, und zwar nachhaltig.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Erzählen Sie uns nichts über Demokratie!)


Wenn die Linke 2017 die Bundeskanzlerin oder den
Bundeskanzler stellt, werden wir die Demokratie hoch-
halten, auch für Sie von der CDU/CSU.


(Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU]: Dann bin ich nicht mehr da! – Daniela Raab [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Die Hitze verträgt nicht jeder! Ihr solltet euren Kollegen bei der Hitze besser kühlen!)


Bis dahin arbeiten wir im Parlamentarischen Beirat für
nachhaltige Entwicklung konstruktiv mit.

Der Bericht des Beirats für Nachhaltigkeit für die
letzte Wahlperiode ist inhaltlich akzeptabel. Da aber das
Bemühen um nachhaltige Zusammenarbeit mit der
Union bisher umsonst war, will die Linke der Union die
Zustimmung zum Bericht erleichtern und enthält sich
deshalb der Stimme.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705529500

Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Valerie Wilms für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705529600

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Es ist heute schon eine ganze Menge zum Thema „nach-
haltige Entwicklung“ gesagt worden. Sicherlich trifft das
zu, Herr Weinberg, was Sie als derjenige, der auch Er-
fahrung aus der letzten Wahlperiode hat – diese Erfah-
rung habe ich leider nicht unmittelbar –, gesagt haben:
Da sind sauber dicke Bretter gebohrt worden. Ich bin
aber jetzt in die Erstellung des Tätigkeitsberichts einge-
stiegen und mit Ihnen dabei.

Was ich zumindest feststellen kann, ist: Gegenüber
dem, was mir aus den letzten Wahlperioden berichtet
wurde, haben wir deutlich an Fahrt aufgenommen. Wir
sind schnell in Gang gekommen. Wir haben nach der
Einsetzung nur ein Vierteljahr gebraucht. Insofern
möchte ich das, was Sie zuerst gesagt haben, unterstüt-
zen. Wir müssen zukünftig deutlich anders aufgestellt
werden und dürfen nicht nur über einzelne Initiativen in
Gang kommen. Wir müssen tatsächlich wie ein Aus-
schuss behandelt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D chauen wir mal, ob wir das in dieser Wahlperiode hinekommen! Wenn uns das gelingt, hätten wir ein weitees dickes Brett sauber gebohrt. Vor einer Woche haben wir hier schon über das hema „Peer Review“ diskutiert, also darüber, wie die xternen Fachleute aus dem Ausland auf uns schauen. etzt schauen wir einmal, was in den letzten vier Jahren emacht worden ist. Dazu ist in der letzten Wahlperiode ine umfassende Stellungnahme eingebracht worden. ir können Folgendes feststellen: Die Bundesregierung at die Anregungen, die vom damaligen Parlamentarichen Beirat gegeben wurden, durchaus aufgenommen. enn – das ist auch für uns Grüne entscheidend – beim hema Nachhaltigkeit müssen wir alle an einem Strang iehen. Sonst erreichen wir wenig oder gar nichts. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


enn wir etwas erreichen wollen, müssen wir uns inter-
raktionell aufstellen. Nur so schaffen wir es, unabhän-
ig von Wahlperioden und wechselnden Mehrheiten Er-
olge zu erzielen.

Volker Hauff, der ehemalige Vorsitzende des Rates
ür Nachhaltige Entwicklung, hat es plastisch darge-
tellt: Würden wir die Zeit bis zum Erreichen des Ziels
er nachhaltigen Entwicklung in 24 Stunden einteilen,
ann wäre gerade einmal eine halbe Stunde vergangen.
ir benötigen noch 23,5 Stunden. Das ist eine ganze
enge Zeit. Wir müssen wirklich intensiv weiterarbei-

en.

Eine sehr große Leistung, die der Beirat in der letzten
ahlperiode vollbracht hat, ist das Etablieren einer
achhaltigkeitsprüfung in der Gesetzesfolgenabschät-

ung. Kollege Miersch hat schon darauf hingewiesen,
elche Probleme es dabei gibt. Wir sind in dieses Thema

ingestiegen. Schauen wir einmal, ob sich die Regierung
ewegt und ob sie die entsprechenden Dokumente im-
er liefert. Denn jedes Ministerium ist verpflichtet, die
uswirkungen von Gesetzesvorhaben auf zukünftige
enerationen zu überprüfen.

Schauen wir uns einmal das Beispiel Staatshaushalt
n. Wir nehmen Kredite auf ohne Ende, in jeder Wahl-
eriode wieder neu. Unabhängig davon, wer an der Re-
ierung ist, werden neue Kredite aufgenommen. Wir alle
nicht nur wir, die wir hier sitzen – müssen die Kosten
ür Tilgung und Zinsen zahlen. Gerade unsere Kinder
nd Kindeskinder und noch mehrere darauffolgende Ge-
erationen müssen dafür aufkommen. Wir müssen also
inen Weg aus der Verschuldung finden. Sonst bleibt
ichts mehr übrig für sinnvolle und wichtige Investitio-
en.

Sparen bedeutet, durch vernünftiges Handeln den fi-
anziellen Gestaltungsspielraum, den wir haben, zu er-
alten. Wir Grüne haben dafür eine lange Liste von Vor-
chlägen erarbeitet, die durchaus zügig umgesetzt
erden können. Einen entscheidenden Punkt möchte ich

n diesem Zusammenhang ansprechen. Es geht um das
hema externe Kosten. Wir müssen uns damit sehr viel

ntensiver beschäftigen. Denn bisher herrscht die Mei-





Dr. Valerie Wilms


(A) )


)(B)

nung vor, dass etwas, das nichts kostet, es nicht wert ist,
berücksichtigt zu werden. Was gibt es umsonst? Luft und
Umwelt, denn Schäden bezahlt der Steuerzahler. Das
geht so nicht weiter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Wir brauchen dringend eine Lösung für dieses Problem
und müssen es schaffen, die Kosten von Umweltauswir-
kungen mit einzuberechnen. Herr Miersch, es ist daher
sicherlich sinnvoll, sich mit dem Thema Wachstum zu
beschäftigen und sich zu fragen, ob Kennzahlen wie das
Bruttoinlandsprodukt das richtige Maß sind.

Für mich ist entscheidend, dass wir als Parlamentarier
in diesem Hohen Hause dafür gewählt worden sind,
Leitplanken zu setzen. Diese Aufgabe sollten wir end-
lich angehen. Lassen Sie uns in Sachen Nachhaltigkeit
weiterhin an einem Strang ziehen! Die Menschen in un-
serem Lande erwarten, dass wir auch einmal über den
Tellerrand des täglichen Hickhacks hinausschauen.
Diese Art von Auseinandersetzung führen wir in den
Ausschüssen viel zu oft. Sorgen wir also dafür, dass wir
weiterhin in diesem Parlamentarischen Beirat so erfolg-
reich arbeiten und ihn auch noch institutionalisiert be-
kommen.

Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705529700

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Dr. Günter Krings für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1705529800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wer sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, sollte
selbst auch nachhaltig handeln. Daher ist es richtig, dass
wir uns heute die Ergebnisse aus der letzten Wahlperiode
anschauen und uns fragen, wie wir sie für die aktuelle
und für künftige Wahlperioden nutzbar machen können.
Nachhaltiges Arbeiten des Ausschusses bzw. des Beira-
tes heißt natürlich auch, Kontinuität zu wahren. Als Vor-
sitzender in der letzten Wahlperiode habe ich natürlich
ein besonderes Interesse daran, zu schauen, welche Er-
kenntnisse aus der letzten Wahlperiode wir sozusagen
retten können und welche Vorarbeiten wir jetzt umsetzen
können.

Wir haben in der vergangenen Wahlperiode – ich will
nur drei Stichworte nennen – eine Reihe spezieller, teil-
weise auch recht breit aufgestellter Themen in diesem
großen Bereich Nachhaltigkeit bearbeitet. Ich denke da-
bei an umfangreiche Anhörungen, die wir durchgeführt
haben, und an Anträge, die wir zum Bereich demografi-
scher Wandel und Infrastruktur erarbeitet haben. Es
klang eben schon bei den Vorrednern an, dass es nicht
nur um Sozialversicherungen oder Geldfragen geht, son-
dern auch um die Fragen: Wie bauen wir unser Land?
Wie machen wir es fit für die Zukunft? Wie stellen wir

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(C (D icher, dass wir bei Infrastrukturentscheidungen nicht ur an den Bedarf der nächsten 5, 10 Jahre denken, sonern auch an den Bedarf, soweit er absehbar ist, der ächsten 30, 40, 50 Jahre? Wir haben uns mit dem Thema Generationenbilanzen eschäftigt. Wir haben uns mit dem Megathema der Nachhaltigeit im Umweltbereich, dem Klimawandel beschäftigt. u diesem Thema haben wir eine gemeinsame Anhö ung des Umweltausschusses und des Forschungsauschusses veranstaltet. Vor allem haben wir uns in der vergangenen Legislaurperiode konzeptionell mit dem Thema Nachhaltigkeit eschäftigt. Wir haben uns etwa angesehen, wie man achhaltigkeitsprüfungen in der Gesetzgebung veranern kann. Wir haben es durchgesetzt – Herr Miersch ist ereits darauf eingegangen –, dass es in der Gemeinsaen Geschäftsordnung der Bundesministerien verankert ird. Das klingt alles nicht besonders sexy, nicht nach einer esonders tollen Aktion, die man plastisch darstellen ann, aber es ist die Voraussetzung dafür, dass Nachhaligkeit nicht nur in Sonntagsreden auftaucht, sondern raktisch umgesetzt und methodisch abgearbeitet weren kann. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt kommt es darauf an – auch darin stimme ich
em Kollegen Miersch zu –, dass wir in der aktuellen
egislaturperiode des Deutschen Bundestages die Kon-
epte mit Leben füllen und umsetzen. Die Hauptaufgabe
ird dabei sein, die seit Jahren bestehende Nachhaltig-
eitsstrategie – wir haben gute Ziele formuliert, aber in
anchen Bereichen kann man noch etwas verbessern –

n der konkreten Gesetzgebungsarbeit umzusetzen. Das
ind, wenn man so will, die beiden Welten, von denen
ie gesprochen haben. Das eine ist die Welt einer Strate-
ie, die man mit Fachleuten diskutieren kann, und das
ndere ist das hier stattfindende Tagesgeschäft, die Ge-
etzgebung. Das muss etwas miteinander zu tun haben;
enn sonst ist das eine nur etwas Nettes für die Galerie,
as das andere aber nicht beeinflusst.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aus diesem Grunde bin ich der pragmatischen Auf-
assung, dass nicht nur das Grundgesetz auf den Schreib-
isch eines jeden Ministerialbeamten, der Gesetzent-
ürfe erarbeitet, gehört. Auf jeden Schreibtisch gehört
eispielsweise auch die Nachhaltigkeitsstrategie der
undesregierung. Ich will nun nicht durch alle Büros der
undesregierung und der Ministerien gehen, um das zu
ontrollieren, aber ich kann jeden, der in einem Ministe-
ium arbeitet, ermuntern, sich die Strategie durchzulesen
zw. zu fragen, ob die Strategie bekannt ist; denn wie
önnen wir erwarten, dass die formulierten Ziele bei ei-
em Gesetzgebungsvorhaben rückgekoppelt werden,





Dr. Günter Krings


(A) )


)(B)

wenn die Strategie nicht bekannt ist? Insbesondere soll-
ten sich alle, und zwar nicht erst, wenn sie an einem Ge-
setzentwurf arbeiten, schlau machen, was überhaupt in
der Nachhaltigkeitsstrategie steht, und fragen, was
Nachhaltigkeit bedeutet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der traditio-
nelle Ansatz von Politik ist meines Erachtens oft nicht
strategisch, nicht zielorientiert, sondern inputorientiert.
Ein Minister bzw. eine Ministerin lässt sich eher dafür
feiern – daran kann man ja angeblich wunderbar das
Wirtschaftswachstum ablesen –, wie viel Geld er ausge-
ben darf bzw. wie viel er von seinem Haushalt gerettet
oder ihm hinzugefügt hat. Ich finde, das ist kein taugli-
ches Mittel einer modernen Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Richtig wäre ein erfolgsorientierter Ansatz, in dem be-
stimmte Ziele definiert werden, wie das in der Nachhal-
tigkeitsstrategie geschieht. Aufgabe müsste es also sein,
die Ziele mit möglichst wenig Mitteln zu erreichen. Die
Ziele sind das Entscheidende, nicht das Geld, das ausge-
geben wird. Ich finde nicht, dass es besonders lobens-
wert ist, wenn ein Minister besonders viel Geld für einen
Etat ausgibt, sondern es ist lobenswert, wenn er die
Ziele, die man vorher gemeinsam definiert hat, beson-
ders gut erreicht.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Neues Denken hat immer auch mit der Generationen-
frage zu tun. Ich möchte niemanden zurücksetzen, aber
mir ist in der Spardiskussion über den Bundeshaushalt
der letzten Tage und Wochen schon aufgefallen, dass die
Minister unterschiedlich damit umgegangen sind. Ich
will inhaltlich nichts zum Sparpaket sagen, dazu gibt es
genug Debatten in diesem Haus. Mir hat es imponiert
– um ein Beispiel herauszugreifen –, dass unsere Fami-
lienministerin Schröder sehr früh überlegt hat – ihr Etat
hat an sich sehr viel mit Generationen, mit Jung und Alt,
zu tun –, welche Sparvorschläge sie machen kann. Sie
hat proaktiv und gestalterisch Ansätze gesucht. Ich
finde, das müsste Schule machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Generationengerechtigkeit drückt sich eben nicht nur da-
rin aus, möglichst viele Einzelprojekte für Jung und Alt,
also für die verschiedenen Generationen, aufzulegen,
sondern Generationengerechtigkeit heißt eben auch
– Frau Wilms, Sie haben es eben gesagt –, dass man
möglichst viel Geld für zukünftige Generationen zusam-
menhält.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zurzeit ist die Nachhaltigkeit ein mehr denn je drän-
gendes Problem. Lassen Sie mich einige Stichpunkte
nennen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die wir erle-
ben, hat maßgeblich mit mangelnder Nachhaltigkeit
beim Wirtschaften zu tun.

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(C (D (Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wohl wahr!)


achhaltige Haushaltspolitik ist ein Postulat und in Zei-
en der Finanzkrise nötiger denn je. Ich persönlich bin
er Auffassung – über die Einzelheiten kann man strei-
en –, dass wir diese Krise und ihre Konsequenzen bes-
er durch Regulierung als durch Geldausgeben in den
riff bekommen.


(Beifall der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir müssen auch feststellen, dass der Klimawandel,
er uns in den letzten Jahren stärker beschäftigt hat,
eine Pause eingelegt hat, als die Finanzmarktkrise über
ns hereingebrochen ist. Wir müssen aufpassen, dass
iese langfristig wirklich wichtigen Themen nicht unter
ie Räder der aktuellen Politik kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will zum letzten Punkt kommen und zwei Bemer-
ungen zur Rolle des Nachhaltigkeitsbeirats und zur
erwirklichung des Nachhaltigkeitsgedankens machen:
s ist gut und wichtig, dass wir, wie im Koalitionsver-

rag vorgesehen, erste wichtige Schritte unternommen
aben – weitere werden folgen – und die Nachhaltig-
eitsstrategie federführend beim dafür eingesetzten Gre-
ium, dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige
ntwicklung, verhandeln. Das war eine gute und wich-

ige Errungenschaft. Das werden wir durchsetzen. Der
weite Punkt ist: Wir werden die Wachhundfunktion, die
ft angesprochen worden ist, stärker wahrnehmen.

Meine langfristige Vision beim Thema Nachhaltigkeit
st – den Gedanken darf ich vielleicht noch sagen –, dass
ieser Nachhaltigkeitsbeirat irgendwann einmal über-
lüssig ist, weil der Gedanke der Nachhaltigkeit allen
remien dieses Hauses in Fleisch und Blut übergegan-
en ist. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg;
uch das ist deutlich geworden. Ich freue mich, diesen
eg in der aktuellen Wahlperiode als einfaches Mitglied

ieses Beirates mitgehen zu können. Ich freue mich auf
eitere lebhafte Debatten und gemeinsame Ergebnisse.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705529900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Be-
chlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 17/1807
u dem Bericht des Parlamentarischen Beirats für nach-
altige Entwicklung. Der Ausschuss empfiehlt, in
enntnis des Berichts auf Drucksache 16/12560 eine
ntschließung anzunehmen. Über diese Beschlussemp-

ehlung werden wir nun abstimmen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Koalitionsfraktionen, der Fraktion Bündnis 90/





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) )


)(B)

Die Grünen und der SPD-Fraktion bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Eva
Högl, Dr. Peter Danckert, Sebastian Edathy, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Euro-
päischen Parlaments und des Rates zur Verhü-
tung und Bekämpfung von Menschenhandel
und zum Opferschutz sowie zur Aufhebung
des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates

(Ratsdok. 8157/10)

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des
Grundgesetzes
Menschenhandel bekämpfen – Opferschutz
stärken
– Drucksache 17/2344 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die
Reden der folgenden Kolleginnen und Kollegen: Ute
Granold, Dr. Eva Högl, Jörg van Essen, Ulla Jelpke und
Jerzy Montag.


Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1705530000

Wir beraten heute über einen Antrag der SPD-Frak-

tion, der eine Stellungnahme des Bundestages nach
Art. 23 Abs. 3 Grundgesetz zum Vorschlag der Kommis-
sion für eine Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung
von Menschenhandel und zum Opferschutz zum Gegen-
stand hat. Die besagte Richtlinie sieht vor, den EU-Rah-
menbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels
aus dem Jahr 2002 abzuändern.

Bereits im März 2009 hatte die Kommission einen in-
haltsgleichen Rahmenbeschluss eingebracht, diesen
dann aber wieder zurückgezogen. Sie hat stattdessen
eine Richtlinie auf den Weg gebracht, da nach ihrer Auf-
fassung Änderungen der nationalen Strafvorschriften
nur mittels einer Richtlinie geregelt werden können. Im
Bereich des materiellen Strafrechts sieht diese insbeson-
dere vor, das Schutzalter von 16 auf 18 Jahre hochzuset-
zen. Zudem sollen die gerichtliche Zuständigkeit und die
Strafverfolgung einheitlich geregelt werden. Der
Schwerpunkt des Richtlinienentwurfs liegt allerdings in
der Verbesserung der Opferrechte im Strafverfahren so-
wie der Unterstützung der Opfer. So soll die Unterstüt-
zung der Opfer künftig nicht von deren Bereitschaft ab-
hängen, als Zeuge auszusagen. Außerdem sieht die
Richtlinie die Schaffung nationaler Berichterstatter vor.

Das Europäische Parlament hat in einer Entschlie-
ßung die Zielrichtung des Richtlinienentwurfs und die

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(C (D arin vorgeschlagenen Maßnahmen ausdrücklich berüßt – diese betrifft vornehmlich die Verbesserung des pferschutzes. Zusätzlich zu den im Richtlinienentwurf orgesehenen nationalen Berichterstattern plädiert das uropäische Parlament für die Schaffung einer neuen telle, die die Bekämpfung des Menschenhandels euroaweit koordinieren soll, ein sogenannter EU-Koordinaor für die Bekämpfung des Menschenhandels. Von beonderer Bedeutung ist die Forderung des Europäischen arlaments, im Sinne einer wirksameren Prävention uch die Nachfrageseite in den Fokus zu nehmen. Das arlament fordert hierzu explizit – ich zitiere – Die weitere Prävention und das weitere Vorgehen sollten sich auch an die Personen richten, die von den Opfern des Menschenhandels angebotene Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sowohl ie Verhältnismäßigkeit als auch der Grundsatz der Subidiarität gewahrt sind. Auch im Unterausschuss Euroarecht des federführenden Rechtsausschusses des Bunestages gab es diesbezüglich keine Bedenken. Von der öglichkeit einer Rüge wurde daher nicht Gebrauch geacht. Die SPD-Fraktion kann sich zwar mit der Zielsetzung er Richtlinie identifizieren, will jedoch darüber hinaus on der Bundesregierung in den weiteren Beratungen im at verschiedene Ergänzungen und Klarstellungen urchgesetzt sehen. Auch wir begrüßen den Richtlinienvorschlag der ommission ausdrücklich. Der Kampf gegen Menschenandel ist für uns seit Jahren ein wichtiges Anliegen. Wir aben 2005 gemeinsam die Strafvorschriften gegen Menchenhandel umfassend neu geregelt und einen neuen traftatbestand „Menschenhandel“ in das Strafgesetzuch eingeführt. In der letzten Legislaturperiode haben ir dann die Richtlinie über die Erteilung von Aufentaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menchenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen ehörden kooperieren, umgesetzt. Diese so genannte pferschutzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zu iner Reihe von Maßnahmen zugunsten jener Opfer, die ereit sind, mit den Strafverfolgungsbehörden und Straferichten zusammenzuarbeiten und sich als Zeugen zur ufklärung und Verfolgung entsprechender Straftaten ur Verfügung zu stellen. Zu diesen Maßnahmen zählen nsbesondere die Einräumung eines Aufenthaltsrechts umindest für die Dauer des Strafverfahrens, Zugang um Arbeitsmarkt und zu Bildungsangeboten sowie die edizinische Versorgung, Beratung und Betreuung. Diese Vorgaben hat die Bundesrepublik mit dem ichtlinienumsetzungsgesetz eins zu eins umgesetzt: ach § 25 Abs. 4 a Aufenthaltsgesetz steht den Men chenhandelsopfern aus Drittstaaten nunmehr ein Recht um vorübergehenden Aufenthalt für die Zeitdauer der itwirkung im Strafverfahren unter Befreiung von allgeeinen Erteilungsvoraussetzungen zu. Zudem wurde im ufenthaltsgesetz eine Ausreisefrist von mindestens vier ochen als Bedenkzeit für eine Kooperation mit den zu tändigen Behörden festgelegt. Darüber hinaus wird den )


(A) )

Betroffenen für die Dauer des Aufenthaltstitels der Zu-
gang zum Arbeitsmarkt und zu Bildungsangeboten eröff-
net. Schließlich gewährleistet das Asylbewerberleis-
tungsgesetz eine hinreichende medizinische Versorgung
sowie Beratung und soziale Betreuung.

Die Bundesrepublik erfüllt somit schon jetzt die ge-
meinschaftsrechtlichen Vorgaben. Akuter gesetzgeberi-
scher Handlungsbedarf besteht demnach zumindest aus
europarechtlichen Gründen nicht. Im Übrigen ist die
konkrete Umsetzung des geltenden Gemeinschafts-
rechts, also hier die von der SPD aufgeworfene Frage,
ob § 25 Abs. 4 a Aufenthaltsgesetz als Kann- oder Soll-
vorschrift ausgestaltet werden soll, gerade nicht Gegen-
stand der derzeit anhängigen Beratungen zur neuen
Richtlinie. In Fällen unzureichender Umsetzung der ge-
meinschaftsrechtlichen Vorgaben wäre es vielmehr zu-
nächst Sache der Kommission, ein Vertragsverletzungs-
verfahren gegen die Bundesrepublik einzuleiten. Wie ich
bereits ausgeführt habe, haben wir unsere Hausaufgaben
gemacht. Dahin gehende Überlegungen in der Kommis-
sion sind daher auch nicht zu erwarten.

Unabhängig davon sind wir als Union jedoch grund-
sätzlich dafür offen, auch über eine Verbesserung des
aufenthaltsrechtlichen Status der Menschenhandelsopfer
zu sprechen. Bereits gegen Ende der letzten Legislaturpe-
riode waren wir auf einem guten Weg, gemeinsam mit un-
serem damaligen Koalitionspartner eine vielverspre-
chende Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen. Bei
den Beratungen haben wir nicht nur über die sogenannte
Freierstrafbarkeit, sondern auch über konkrete Verbesse-
rungen des aufenthaltsrechtlichen Status von Menschen-
handelsopfern gesprochen. Zu unserem Bedauern hat
die SPD jedoch aus wahltaktischen Gründen keine Eini-
gung gewollt.

Der jetzige Antrag erscheint allerdings auch aus an-
deren Gründen problematisch. Die SPD fordert die Bun-
desregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der
entsprechende Änderungen im Aufenthaltsgesetz zum
Gegenstand haben soll. Das heißt, die Bundesregierung
soll auf nationaler Ebene ein Gesetz vorlegen. Hierfür
ist eine Stellungnahme nach Art. 23 Abs. 3 Grundgesetz
das falsche Instrument. Eine solche Stellungnahme zielt
nämlich ausschließlich darauf ab, der Bundesregierung
ein Mandant für die Verhandlungen und die Gesetzge-
bung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene zu geben. Mit
Blick auf die Forderungen, die Änderungen im deut-
schen Aufenthaltsrecht betreffen, hätte die SPD folglich
nicht eine Stellungnahme nach Art. 23 Abs. 3 Grundge-
setz, sondern einen auf Vorlage eines entsprechenden
Gesetzentwurfs gerichteten Antrag einbringen oder ge-
gebenenfalls einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen
müssen. Der vorliegende Antrag erscheint daher schon
aus formellen Gründen problematisch.

Ähnlich verhält es sich mit der Forderung an die Bun-
desregierung, das Übereinkommen des Europarates zur
Bekämpfung des Menschenhandels zeitnah zu ratifizie-
ren. Besagtes Übereinkommen steht in keinem unmittel-
baren Zusammenhang mit dem Richtlinienvorschlag.
Europarat und Europäische Menschenrechtskonvention
auf der einen sowie Europäische Union und Gemein-

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(C (D chaftsrecht auf der anderen Seite bilden zwei unterchiedliche Ebenen bzw. Rechtsräume. Bei dem Überinkommen handelt es sich um einen völkerrechtlichen ertrag, der nicht mit der Europäischen Union verwechelt werden darf. Der Europäischen Union fehlt nach eltendem Gemeinschaftsrecht in diesem Bereich die ompetenz für den Abschluss völkerrechtlicher Ver räge. Diese liegt alleine bei den Mitgliedstaaten des uroparates. Es wäre insofern irrelevant, wenn die Bunesregierung auf Gemeinschaftsebene im Rahmen der erhandlungen zum Richtlinienvorschlag eine zügige atifizierung des Europaratsüberkommens fordern ürde. Auch insofern ist die Stellungnahme nun einmal as falsche Instrument. Nur am Rande sei erwähnt, dass nach der innerstaatichen Kompetenzverteilung die Zuständigkeit für die atifizierung dem Bundesgesetzgeber und nicht der undesregierung zugewiesen ist. Der Antrag verkennt lso die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung – ein eiterer formeller Grund, den Antrag abzulehnen. Nur er Vollständigkeit wegen sei darauf hingewiesen, dass ie Bundesregierung das Übereinkommen bereits am 7. November 2005 gezeichnet hat. Eine Ratifizierung oll nun in Kürze erfolgen. Wir stimmen aber überein, dass europarechtliche orgaben keine Regelungen enthalten sollten, die die ohärenz des nationales Sanktionssystem gefährden önnen. Da jedoch die Bundesregierung wiederholt largestellt hat, dass sie diese Auffassung voll und ganz eilt und somit ein eigenes Interesse hat, diese Position n den weiteren Beratungen der Richtlinie zu vertreten, edarf es insofern auch keiner Stellungnahme des Bunestages. Wie in der Vergangenheit sind wir aber bereit, ei diesem wichtigen Thema fraktionsübergreifend nach uten Lösungen zu suchen, die uns im Kampf gegen iese menschenverachtende Form der organisierten riminalität weiterhelfen können. Dazu lade ich Sie alle in. Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Aspekt ansprehen, der uns besonders am Herzen liegt: Alle Anstrenungen – sei es nun im Bereich der internationalen oordinierung, der Ausstattung von Polizei und Straferfolgungsbehörden oder des Opferschutzes – sind notendig und gleichermaßen wichtig. Wirkliche Erfolge m Kampf gegen Menschenhandel werden wir allerdings ur erzielen können, wenn es uns auch gelingt, die achfrage nach den von den Opfern angebotenen ienstleistungen nachhaltig zu drosseln; denn ohne achfrage kein Angebot. Ich begrüße daher ausdrück ich die Forderung des Europäischen Parlaments, dass ie weitere Prävention und das weitere Vorgehen sich uch an jene Personen richten muss, die von den Opfern es Menschenhandels angebotene Dienstleistungen in nspruch nehmen. Das ist eine Bestätigung unserer orderung, über einen Straftatbestand „Sexuelle Auseutung von Menschenhandelsopfern“ auch jene Freier ns Visier zu nehmen, die wissentlich die Zwangslage nd Hilflosigkeit der Opfer ausnutzen. Ich habe die offnung, dass wir den Mut und die Kraft für einen anzheitlichen Ansatz finden, der den Opferschutz und ie Prävention gleichermaßen zum Gegenstand hat. Ute Granold gebene Reden )





(A) )


Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1705530100

Ganz ausdrücklich begrüße ich den Vorschlag der

Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Verhü-
tung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum
Opferschutz. Es ist richtig, über Menschenhandel in Eu-
ropa intensiv zu diskutieren und wirksame Maßnahmen,
die in ganz Europa gelten, zu beschließen.

Menschenhandel ist nichts anderes als die moderne
Form der Sklaverei. Es handelt sich dabei um eine der
weltweit schwersten Straftaten. Besonders verwerflich
ist, dass dabei unter Verletzung der Menschenrechte der
Betroffenen ein äußerst gewinnbringendes Geschäfts-
feld überwiegend im Bereich der organisierten Krimina-
lität betrieben wird.

Frauen werden zur Prostitution gezwungen, Jugend-
liche zu Hungerlöhnen und unter schlimmen Bedingun-
gen beschäftigt, Kinder zum Betteln genötigt. Sie alle
werden mit falschen Versprechungen in fremde Länder
gelockt und systematisch und gezielt ausgebeutet.

Die beständig hohen Zahlen der Fälle von Zwangs-
prostitution erschrecken uns ebenso wie die steigende
Zahl von Zwangsarbeit und wirtschaftlicher Ausbeu-
tung. In allen Fällen ist von einer hohen Dunkelziffer
auszugehen. Hier ist dringender Handlungsbedarf! Wir
dürfen nicht länger zusehen!

In drei Viertel der Fälle finden die Straftaten grenz-
überschreitend statt, im Bereich der Zwangsprostitution
etwa stammen zwei Drittel der Opfer aus osteuropäi-
schen EU-Staaten. Es liegt daher auf der Hand, dass
eine wirksame Bekämpfung des Menschenhandels nur
international abgestimmt erfolgreich sein kann.

Deshalb ist es richtig und gut, dass die Europäische
Kommission eine Richtlinie vorschlägt.

Zwar existiert in Deutschland bereits ein großer Teil
der im Richtlinienentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen
und Straftatbestände, doch ist dies kein Grund, sich zu-
rückzulehnen. Deutschland ist Zielland des Menschen-
handels. Das heißt, dass die Kette der Straftaten nicht
mit dem Menschenhandel im engeren Sinne hinter den
Grenzen im Inland endet, sondern die Straftaten in unse-
rem Land überhaupt erst ermöglicht. Das erbarmungs-
würdige Schicksal in Bordellen, Restaurantküchen oder
auf Baustellen erleiden die Betroffenen nicht irgendwo
auf der Welt, sondern auch und gerade in unserer Nach-
barschaft. Dies zeigt, dass wir Menschenhandel mit den
bisher existierenden Maßnahmen noch nicht in ausrei-
chendem Maße begegnen konnten.

Der vorgelegte Richtlinienentwurf verpflichtet alle
EU-Mitgliedstaaten dazu, abgestimmte strafrechtliche
Mindeststandards zu verabschieden. Ebenfalls enthalten
ist die Notwendigkeit der engeren und besseren Zusam-
menarbeit aller Behörden sowohl auf nationaler als
auch internationaler Ebene. Dieser Ansatz ist zu begrü-
ßen.

Wir brauchen aber weitergehende Maßnahmen, um
die der Richtlinienvorschlag ergänzt werden muss.
Diese haben wir in unserem Antrag dargestellt.

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Zu Protokoll ge

(C (D Das Vorgehen gegen Menschenhandel und – genauso ichtig, wenn nicht sogar wichtiger – die Vermeidung on Menschenhandel erfordern einen integrierten Anatz. Denn die strafrechtliche Ahndung ist immer nur as letzte zur Verfügung stehende Mittel. Neben den trafrechtlichen Regelungen benötigen wir umfassende aßnahmen der Prävention und des Opferschutzes. Es üssen alle betroffenen Politikfelder verzahnt und zivilesellschaftliches Engagement einbezogen werden. So ind etwa Nichtregierungsorganisationen oft die einzien Ansprechpartner, denen ein vertrauensvoller Zuang zu den Opfern gelingt. Ihre Bedeutung ist sowohl uf der Ebene der Europäischen Union als auch in den itgliedstaaten noch stärker zu betonen. Hier greift der ichtlinienvorschlag zu kurz, hier brauchen wir mehr nd bessere Regelungen! Am Anfang aller Bemühungen muss die Prävention in llen Herkunftsregionen der Opfer, zu denen übrigens uch Deutschland selbst gehört, ansetzen, um Menchenhandel von Anfang an den Boden zu entziehen. ier sehe ich noch großen Nachholbedarf. Ferner muss afür Sorge getragen werden, dass die Opfer nicht nur ährend der Dauer eines Strafverfahrens als Zeuginnen nd Zeugen, sondern auch darüber hinaus die Sicherheit ines Aufenthaltstitels erhalten. Eine erfolgreiche Straferfolgung ist ohne umfassenden Opferschutz nicht öglich. Eines der Haupthemmnisse für die Strafverfolung ist die mangelnde Aussagebereitschaft von Opfern, ie um ihre Existenz fürchten. So erhalten Betroffene in eutschland den Schutz eines Aufenthaltstitels nur für ie Dauer des Strafverfahrens. Deshalb müssen in ganz uropa die einschlägigen Regelungen des Aufenthalts echtes verbessert werden. Wer in sein Herkunftsland urückkehrt, benötigt auch dort Sicherheit für einen euanfang. Hier sind bei den örtlichen Behörden Struk uren zu schaffen, die das ermöglichen. Darüber hinaus st es dringend notwendig, dass Minderjährige speziell uf sie abgestimmte Schutzund Betreuungsprogramme rhalten. Das Europäische Parlament hat bereits in einer Entchließung vom Februar dieses Jahres mehr Prävention nd Opferschutz angemahnt. Diese Forderungen haben ir als SPD-Bundestagsfraktion in unserem Antrag aufegriffen. Wir sprechen uns für den auch vom Europäichen Parlament geforderten integrierten Ansatz aus nd schlagen weitere, sehr wirksame und sinnvolle aßnahmen zur Vermeidung und Bekämpfung von Men chenhandel vor. Ich werbe um Ihre Unterstützung dafür, amit wir einem der abscheulichsten Verbrechen unseer Zeit wirksam den Kampf ansagen und die Menschenechte europaweit durchsetzen. Die Bundesregierung fordere ich auf, bei den weiteen Verhandlungen im Rat sowie mit der Europäischen ommission und dem Europäischen Parlament darauf inzuwirken, dass die noch zu verbessernden Punkte Beücksichtigung finden. Schließlich weise ich darauf hin, dass es aus deutcher Sicht ausgesprochen unglücklich ist, andere Mitliedstaaten und Parlamente auf ihre Bringschuld hinichtlich der Umsetzung von Maßnahmen gegen gebene Reden )





(A) )

Menschenhandel hinzuweisen, solange auch Deutsch-
land noch nicht alle seine Hausaufgaben in diesem Be-
reich gemacht hat. Deshalb fordere ich die Bundesregie-
rung nachdrücklich dazu auf, das Übereinkommen des
Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels
endlich zu ratifizieren und umzusetzen.

Lassen Sie uns gemeinsam den Menschenhandel
wirksam bekämpfen und die vorgeschlagene Richtlinie
gezielt verbessern, um unseren Werten auch Taten folgen
zu lassen.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1705530200

Das Thema Opferschutz liegt mir seit vielen Jahren

besonders am Herzen. In Verbindung mit dem besonders
abscheulichen Verbrechen des Menschenhandels – oder
um es deutlicher zu formulieren: der modernen Form
der Sklaverei – wird dieses Thema besonders brisant.

Gleichzeitig haben uns Vorschläge der Europäischen
Union zum Strafrecht und insbesondere zum Sexualstraf-
recht in den letzten Jahren bereits mehrfach intensiv be-
schäftigt.

Zum einen ist nicht zu übersehen, dass es in vielfälti-
ger Form sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel
gibt, dem wirksam begegnet werden muss. Menschen,
die Opfer einer solchen Ausbeutung geworden sind, ver-
dienen Schutz und Anerkennung ihrer Opfersituation.
Zum anderen werden von europäischer Seite Vorschläge
eingebracht, die mit den Vorstellungen des Deutschen
Bundestages und der deutschen Rechtsordnung in eini-
gen wesentlichen Punkten nicht in Übereinstimmung zu
bringen sind. Die wegweisenden Reformen des Sexual-
strafrechts zu Beginn der 1990er-Jahre haben sich nach
Bekundung meiner staatsanwaltschaftlichen Kollegin-
nen und Kollegen bestens bewährt und bedürfen keiner
Änderung. Aus diesem Grund darf es auf dem Weg über
Europa auch nicht zu einem „Rollback“ in die Moral-
vorstellungen der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts
kommen.

In diesem Zusammenhang hat meine Fraktion es
schon immer kritisch gesehen und sieht es weiter kri-
tisch, dass nach den Vorstellungen der Europäischen
Union alle Personen, die 18 Jahre und jünger sind, als
Kinder gesehen werden. Dies wird der Wirklichkeit der
sexuellen Entwicklung und dem sexuellen Selbstbestim-
mungsrecht der Jugendlichen nach ihrer Pubertät nicht
einmal ansatzweise gerecht. Die FDP legt deshalb gro-
ßen Wert darauf, dass es bei dem differenzierten System
mit dem absoluten strafrechtlichen Schutz von Kindern,
also Personen bis zum 14. Lebensjahr, ebenso bleibt wie
bei dem hohen Schutz von Jugendlichen in der Pubertät.

Bei Jugendlichen nach der Pubertät, also nach dem
16. Lebensjahr, bedarf es – wie in den Reformgesetzen
vom Anfang der 90er-Jahre – generell nur noch des not-
wendigen Schutzes, um dem sexuellen Selbststimmungs-
recht der Jugendlichen gegenüber Übergriffen von Er-
wachsenen, aber auch anderen Jugendlichen gerecht zu
werden.

Die FDP hat sich auch immer dagegen gewandt, dass
Mindest- und Höchststrafen festgesetzt werden. Die von

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Zu Protokoll ge

(C (D uropäischer Ebene vorgesehenen Strafrahmen passen icht in die Systematik des deutschen Strafrechts und ürden Anhebungen des Strafmaßes erforderlich mahen, die zu grotesken Fehlbewertungen gegenüber aneren schweren Straftaten führen würden. Außerdem haen wir uns fraktionsübergreifend zu Recht immer ieder gegen die Strafmöglichkeit gegenüber juristi chen Personen gewandt, die dem deutschen Recht remd ist und weiter aus guten Gründen auch fremd bleien sollte. Heute fordert die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem ntrag einen umfassenden Ansatz bei der Bekämpfung es Menschenhandels und seinen Folgen für das Opfer. s sind sowohl die menschenrechtlichen als auch die inenund rechtspolitischen Ansätze miteinander zu verahnen. Dabei ist sicherzustellen, dass nach den bewährn Regeln des Strafrechts und des Aufenthaltsrechts eine ussagebereitschaft und Hilfe bei der Aufklärung dieser chweren Delikte durch die Rechtsordnung honoriert ird. Ein Schwerpunkt für die FDP-Bundestagsfraktion bei er Bekämpfung des Menschenhandels ist die Prävenion in den Herkunftsländern. Insbesondere Jugendliche nd junge Frauen müssen mit Unterstützung der Euroäischen Union gegen die Verlockungen, mit denen die enschenhändler arbeiten, stark gemacht werden. Der in EU-Dokumenten immer wieder verwendete egriff der Cyberkriminalität ist weiterhin unscharf und edarf dringend einer Präzisierung. Bereits diese Beispiele zeigen, dass der Bundestag ut beraten ist, sich mit den Vorschlägen der EU, aber uch mit denen dieser Vorlage intensiv auseinanderzuetzen. Meine Fraktion wird sich entsprechend in die Beatungen mit einbringen. Wir debattieren heute über einen Antrag der SPD zur ekämpfung des Menschenhandels, mit dem sie sich auf inen Richtlinienvorschlag der EU-Kommission bezieht. ie Bundesregierung soll bei den weiteren Verhandlunen zur Verabschiedung dieser Richtlinie eine Reihe von orderungen berücksichtigen, die in diesem Antrag aufelistet sind. Die SPD-Fraktion versucht, mit diesem ntrag von den neuen Instrumentarien des Deutschen undestages Gebrauch zu machen, über die Bundesreierung auf die Politik der EU einzuwirken. Die Bekämpfung des Menschenhandels ist ein ernstes nliegen, das sicherlich von allen hier geteilt wird. mso ärgerlicher ist die fehlende Ernsthaftigkeit, mit er die SPD dieses Thema bearbeitet. Sie waren sich och wirklich nicht zu schade, einfach einen guten Teil on Forderungen aus einer Entschließung des Europäichen Parlaments abzuschreiben, und zwar wortwörtich, und dann sind Sie auch noch so dreist, diese Vorage des Europäischen Parlaments mit keinem Wort zu rwähnen. Vielleicht wäre es Ihnen ja peinlich gewesen, enn man darüber gleich gemerkt hätte, dass Sie hier us reiner Profilsucht ein Plagiat vorlegen. Vielleicht ar Ihnen aber auch peinlich, was Sie aus dieser guten orlage nicht abgeschrieben haben. Es sind zwei ganz esentliche Punkte, die ich Ihnen nennen werde. Dr. Eva Högl gebene Reden )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705530300




(A) )

Zum einen ist es ein ganz allgemeiner Punkt: Das Eu-
ropäische Parlament fordert, einen auf die Opfer ausge-
richteten Ansatz zu wählen. In erster Linie soll es also
um den Schutz der Opfer gehen, um Zugang zu Betreu-
ung und rechtlicher Beratung, also weniger um die re-
pressiven Aspekte der Bekämpfung des Menschenhan-
dels. Denn nur mit einer hohen Strafandrohung, wie sie
der Richtlinienvorschlag enthält, ist den Opfern noch
nicht geholfen.

Zum anderen geht es mir um einen ganz konkreten
Punkt, den die SPD-Fraktion in ihrem Antrag einfach
unter den Tisch fallen lässt: das Aufenthaltsrecht für die
Opfer von Menschenhandel, die aus Ländern außerhalb
der EU kommen. In der Entschließung des EP wird ge-
fordert, dass diese Menschen mindestens – ich betone:
mindestens – einen befristeten Aufenthaltstitel erhalten
sollten, unabhängig von ihrer Bereitschaft, in Strafver-
fahren zu kooperieren. Bei der SPD bleibt von dieser
Forderung nur das übrig, was ohnehin im Richtlinien-
vorschlag der EU-Kommission steht, wonach die Mit-
gliedstaaten vorsehen können, den Opfern von Men-
schenhandel nach ihrer Aussage in einem Strafverfahren
noch einen längeren Aufenthalt zu gewähren. Diese
Gnade müssen sie sich aber erst mit einer Aussage in ei-
nem Strafverfahren verdienen. Damit bleibt die SPD der
Linie der Kommission, des Bundesinnenministeriums
und der Unionsfraktion treu, Opfer von Menschenhan-
del lediglich für Strafprozesse instrumentalisieren zu
wollen und sie gleich darauf in ihr Herkunftsland abzu-
schieben – eine Politik, die die SPD übrigens in der Gro-
ßen Koalition mitgetragen hat, als sie auf weitergehende
Regelungen bei der Änderung des Aufenthaltsgesetzes
im Sommer 2007 verzichtet hat. Auch diese Peinlichkeit
lässt die SPD-Fraktion nicht aus: Sie fordert in ihrem
Antrag eine korrekte Umsetzung der bereits bestehenden
Richtlinie der EU zur Erteilung von Aufenthaltstiteln an
die Opfer von Menschenhandel, ganz so, als ob sie das
in der Koalition mit der Union in den vergangenen Jah-
ren nicht selbst verbockt hätte.

Die Linke hat schon in den damaligen Debatten ganz
klar gefordert, Opfern von Menschenhandel einen Auf-
enthaltstitel zu gewähren, ob sie sich nun als Zeugen für
Strafverfahren zur Verfügung stellen oder nicht. Gerade
Opfern sexueller Ausbeutung und Zwangsprostitution
droht in ihren Herkunftsländern soziale Ausgrenzung
und damit ökonomisches Elend. Dazu kommt, dass sie in
ihren Herkunftsländern wieder ins Visier jener kriminel-
len Netzwerke geraten, deren Opfer sie bereits geworden
sind. Das gilt auch für andere Opfergruppen von Men-
schenhandel, ob sie nun als Haushaltshilfen oder auf
dem Bau arbeiten. Eine Abschiebung ist deshalb unzu-
mutbar und gerade das Gegenteil von Opferschutz. In
diesem Sinne fordern auch wir die Bundesregierung zu
einer Revision ihrer bisherigen Verhandlungsposition
auf.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705530400

Gestatten Sie mir zunächst eine grundsätzliche Vor-

bemerkung: Ihr Antrag ist ein Antrag gemäß Art. 23
Abs. 3 Grundgesetz. Der Bundestag wirkt mit diesen
Anträgen an der europäischen Gesetzgebung mit. Ihr

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Zu Protokoll ge

(C (D ntrag enthält jedoch überwiegend eine Aufzählung on – wie ich finde – vielen guten und unterstützungsürdigen allgemeinen Forderungen zur Bekämpfung es Menschenhandels und zum Opferschutz. Der Sinn und Zweck eines Antrags nach Art. 23 Abs. 3 rundgesetz ist es indessen, im Rahmen eines konkreten esetzesvorhabens auf europäischer Ebene Forderunen zu formulieren, die die Bundesregierung bei den erhandlungen im Rat zu berücksichtigen hat. Dieses ichtige Instrument, das es dem Bundestag erlaubt, ak iv an der europäischen Gesetzgebung mitzuwirken, ollte zielgerichtet eingesetzt werden und nicht allgeeine Forderungen enthalten, die im Rahmen des kon reten Gesetzgebungsverfahren irrelevant und vor allem uch gar nicht umsetzbar sind. Das Instrument der Stellungnahme nach Art. 23 GG st das „schärfste Schwert“, das der Bundestag im Rahen des europäischen Gesetzgebungsprozesses besitzt. s wird zu einem „stumpfen Schwert“, wenn die Stel ungnahmen Forderungen im Allgemeinen enthalten, die ie Bundesregierung im Allgemeinen beachten soll, im onkreten aber gar nicht beachten kann. Nach dieser allgemeinen Vorbemerkung möchte ich un noch zu einzelnen Punkten des Antrags Stellung ehmen: Unter II.2. wird gefordert, die Gewährung eines Aufnthaltstitels für Opfer von Menschenhandel, die in eiem Strafprozess als Zeugen aussagen, aufgrund einer rmessensentscheidung im Einzelfall auch über den trafprozess hinaus zu ermöglichen. Wir unterstützen iese Forderung, jedoch ist es notwendig, Kriterien für ine solche Ermessensentscheidung, wie zum Beispiel efahr für Leib und Leben für die Betroffenen und ihre amilienangehörigen in ihrer Heimat, aufzustellen. Den in II.3. beschriebenen allgemeinen Opferschutznsatz begrüßen wir, allerdings wird nicht deutlich, iniefern weitergehender Schutz denn konkret noch notendig ist. Angesichts vielfacher Verbesserungen der egelungen des Opferschutzes in den letzten Jahren önnen und müssen weitere Reformschritte konkret beannt werden. Die Forderung, wonach FRONTEX sowie die einzeltaatlichen Grenzschutzbehörden angehalten werden ollen, Opfer des Menschenhandels von illegalen Einanderinnen und Einwanderern zu unterscheiden, lingt gut – aber ist sie auch gut? Anhand welcher Krierien sollte denn eine solche Unterscheidung an den renzen vorgenommen werden können? Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Prävention ind zu begrüßen. Sie müssen sich jedoch – sollen sie euopäisch geregelt werden – an die Kompetenzgrenzen es Lissabon-Vertrags halten. So sieht Art. 84 AEUV im ereich der Kriminalprävention lediglich Maßnahmen ur Förderung und Unterstützung der Mitgliedstaaten or. Die unter II.4. gestellte Forderung nach einer neuen oordinationsstelle der EU für die Bekämpfung des enschenhandels sehen wir ebenfalls skeptisch. Der Ulla Jelpke gebene Reden Jerzy Montag )








(A) )

Menschenhandel ist zweifellos ein weltumspannendes
Phänomen, das typischerweise grenzüberschreitend ist
und daher allein im nationalen Kontext nur sehr bedingt
wirksam bekämpft werden kann. Daher ist Informations-
austausch und eine intensivere Zusammenarbeit und
Koordination notwendig. Die Frage ist allerdings, ob
hierfür eine neue Stelle geschaffen werden sollte oder ob
dies nicht bereits hinreichend in bestehenden Strukturen
verwirklicht werden kann, wie etwa durch Eurojust und
das Justizielle Netz für Strafsachen.

Mit einer gewissen Verwunderung nehme ich die in
II.5. enthaltene Forderung nach neuen Straftatbestän-
den für mit dem Menschenhandel zusammenhängende
Cyberkriminalität zur Kenntnis. Gerade von Ihnen, liebe
Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, hätte ich
den Ruf nach weitergehenden Straftatbeständen in die-
sem Zusammenhang nicht erwartet, da ja gerade Sie den
Begriff der Cyberkriminalität in anderem Kontext – und
zwar bei den Deliktsgruppen – wegen seiner Unbe-
stimmtheit vehement kritisiert haben. Wir Grüne jeden-
falls sind und bleiben grundsätzlich skeptisch bezüglich
der Einführung neuer Straftatbestände im Allgemeinen
und bezüglich Straftatbeständen im Zusammenhang mit
dem unbestimmten Begriff der Cyberkriminalität im Be-
sonderen.

Die unter I.8. und II.5. geäußerte Kritik bzw. Sorge,
dass die Richtlinie die strafrechtliche Systematik durch
Mindesthöchststrafen aus dem Gefüge bringt, teilen wir
Grünen – jedenfalls aus deutscher Sicht – nicht. Im Ver-
gleich zum Rahmenbeschlussentwurf zur Bekämpfung
des Menschenhandels, den die Kommission im vorheri-
gen Jahr noch vor Inkrafttreten des Lissabonner Ver-
trags vorgelegt hat, wurden die Mindesthöchststrafen im
vorliegenden Richtlinienentwurf gesenkt, sodass jeden-
falls im deutschen Recht kein Eingriff in die Strafrechts-
systematik zu befürchten ist.

Auch die unter I.9. und II.5. geäußerte Kritik er-
scheint uns unbegründet. Zum einen kennt das deutsche
Recht bereits die Verantwortlichkeit juristischer Perso-
nen. So sieht § 30 OWiG die Verhängung von Geldbußen
gegen juristische Personen vor. Zum anderen liegt hier
auch keine isolierte Einführung vor, denn im Richtli-
nienentwurf der Kommission zur Bekämpfung der Kin-
derpornografie ist ebenfalls die Verantwortlichkeit ju-
ristischer Personen vorgesehen – Art. 11 und 12 des
Entwurfs.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass
wir Grünen die Bekämpfung des Menschenhandels aus-
drücklich unterstützen und insbesondere auch einen um-
fassenden und praktikablen Opferschutz und damit den
Tenor dieses Antrags. Was jedoch das Instrument angeht
– ein Antrag nach Art. 23 Abs. 3 Grundgesetz –, sind wir
äußerst skeptisch, ebenso aufgrund der vorstehend an-
gesprochenen Kritikpunkte.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705530500

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/2344 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe, Sie sind

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(C (D amit einverstanden. Dann ist die Überweisung so bechlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 16 auf: Vereinbarte Debatte Legislativund Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe, amit sind Sie einverstanden. Dann werden wir so verahren. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder das Wort dem Kollegen Oliver Luksic für die FDPraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Oliver Luksic (FDP):
Rede ID: ID1705530600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie Wirtschaftskrise und die daraus resultierende Wäh-
ungskrise in der EU stellen uns, aber auch die Kommis-
ion vor große Herausforderungen. Die Kommission
uss jetzt erforderliche Impulse geben. Ich betrachte es
it Sorge, dass immer mehr Entscheidungen im Rat

der aufseiten der Staats- und Regierungschefs getroffen
erden. Ich glaube, die Kommission muss ihre Position

ls Motor der europäischen Integration verteidigen und
ich offensiv positionieren. Wir als FDP wollen eine
tarke Kommission mit einem ambitionierten Ar-
eitsprogramm.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich läuft das Tagesgeschäft der EU auch in Zei-
en der Krise weiter. Ich bin zuversichtlich, dass das
uch unter belgischer Ratspräsidentschaft trotz der dort
orhandenen innenpolitischen Turbulenzen der Fall sein
ird. Jetzt endlich muss der EAD eingerichtet werden.
ie Erweiterungsverhandlungen insbesondere mit Kroa-

ien müssen weitergeführt und im Jahre 2010 zum Ab-
chluss gebracht werden. Das ist nicht nur für die EU
nd Kroatien wichtig, sondern auch ein entscheidendes
eichen für den gesamten westlichen Balkan.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zu Recht nimmt die Bewältigung der Finanz- und
irtschaftskrise den größten Raum des Programms der
ommission ein. Europa ist in den letzten Jahren weniger
ewachsen als die USA. Asien ist die Wachstumslokomo-
ive im 21. Jahrhundert. Wir in der Euro-Zone haben auch
etzt, nach der Krise, nur ein geringes Wachstum zu ver-
eichnen. Deswegen können wir uns ein Scheitern der
trategie „Europa 2020“, wie das beim Lissabon-Vertrag
er Fall war, nicht leisten. Ich bin hier allerdings nicht
ehr optimistisch.

Jetzt steht die Konsolidierung der öffentlichen Haus-
alte in den Mitgliedstaaten an, ebenso vonseiten der EU
ine Neuausrichtung der Politik. Denn immer noch fließt





Oliver Luksic


(A) )


)(B)

zu viel Geld in Agrar- und Strukturfonds und zu wenig
in Zukunftsinvestitionen. Deswegen ist es jetzt bei der
finanziellen Vorausschau wichtig, dass wir hier neue
Prioritäten setzen, weniger umverteilen und konsumtive
Ausgaben tätigen, aber mehr in Innovation und Wachs-
tum investieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Kommission betont in ihrem Programm zu Recht
die Bedeutung von Forschung und Entwicklung sowie
des Ausbaus von innovativen Technologien. Sie möchte
auch eine industriepolitische Initiative starten. Das kann
man begrüßen, auch wenn man hier genau hinschauen
muss, was damit gemeint ist. Im Programm steht unserer
Meinung nach zu wenig über bessere Rahmenbedingun-
gen für kleinere und mittlere Unternehmen, die auch in
Europa den größten Anteil an Beschäftigung und Ausbil-
dung haben. Ich glaube, hier muss vonseiten der Euro-
päischen Union und der Kommission mehr kommen.

Was eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinie-
rung angeht, brauchen wir in der Debatte mehr Klarheit.
Ob Wirtschaftsregierung, Economic Governments oder
Gouvernement Économique – es gilt, diese Begriffe mit
Inhalten zu füllen. Das ist jetzt an der Zeit. Auch wenn
viele anzugehende Maßnahmen nationale Kompetenzen
betreffen, ist klar, dass viele Probleme nur mit einer ver-
stärkten Koordinierung der Wirtschaftspolitiken in Eu-
ropa lösbar sind. Unserer Meinung nach soll das zentral
vor allem im Wettbewerbsfähigkeitsrat stattfinden; denn
wir kommen nicht mit weniger Wettbewerbsfähigkeit
aus der Krise heraus.

Wer im Inland oder auch im Ausland den Abbau des
deutschen Exportüberschusses fordert, der nimmt den
Abbau von Arbeitplätzen in Kauf. Diesen Weg werden
wir als Koalition nicht mitgehen. Wir müssen nicht
schlechter werden, alle in Europa müssen besser werden,
liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Herausforderung besteht darin, in Europa den
Teufelskreis aus zu hoher Staatsverschuldung und man-
gelnder Wettbewerbsfähigkeit zu durchbrechen. Dies hat
im Kern zur Griechenlandkrise und damit auch zur Wäh-
rungskrise geführt. Wir begrüßen ausdrücklich die Vor-
schläge von Kommissar Rehn, die eine Stärkung des Sta-
bilitätspaktes zum Ziel haben, und wollen als Koalition
auch weiterhin die Van-Rompuy-Gruppe konstruktiv be-
gleiten. Denn die Verabschiedung des Rettungspakets
bzw. des Rettungsschirms war eine schwierige, aber un-
verzichtbare Entscheidung. In der Zukunft gilt es, genau
darüber zu wachen, dass alles umgesetzt wird.

Der aktuelle Bericht der Kommission zur Lage in Grie-
chenland bzw. zur Umsetzung der notwendigen Refor-
men zeigt, dass dies erfolgreich angepackt wird. Gerade
vor dem Hintergrund der Sparbemühungen in Deutsch-
land müssen wir der griechischen Regierung unseren Res-
pekt dafür zollen, dass die richtigen Reformen auf den
Weg gebracht wurden und dass sie sich nicht vom Weg ab-
bringen lässt.

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(C (D Lassen Sie mich aber auch sagen, dass es unserer einung nach für die Zukunft klar sein muss, dass es ich bei Hilfspaketen um Ausnahmen handeln muss, die icht zur Regel werden dürfen. Die Entfristung von Retungspaketen sowie die Institutionalisierung von Finanzilfen halten wir als Liberale für falsch, egal ob man das permanenter Krisenmechanismus“ oder „Europäischer ährungsfonds“ nennt. Wir wollen keine Transferunion. ir wollen keinen Länderfinanzausgleich auf europäi cher Ebene. Die Position der Kommission, aber auch die der Zenralbank kann ich in diesem Zusammenhang nicht ganz eilen; denn allzu oft hat sich die Kommission in der ergangenheit bei der Durchsetzung des Stabilitätspak es dem politischen Druck des Rates gebeugt. Sie befürortet jetzt die Institutionalisierung von Finanzhilfen, as die Glaubwürdigkeit des Stabilitätspaktes schwächt. uch die EZB ist jetzt dafür. Das halte ich – gerade nach er fragwürdigen Entscheidung über den Ankauf von nleihen – für bedenklich. Ich glaube, die EZB muss, wie in der Vergangenheit uch, Garant eines stabilen Euros sein; denn der Euro ist ine Erfolgsgeschichte. In Deutschland und Europa könen wir uns sein Scheitern nicht leisten. Deswegen müsen wir jetzt Wachstumskräfte stärken und dafür sorgen, ass die Währungsunion in Europa nicht zur Transfernion wird. Für diese Grundüberzeugung muss die Bunesregierung das Ruder wieder in die Hand nehmen und en richtigen Kurs bestimmen, auch wenn nicht alle in uropa das so sehen. Dafür lohnt es sich, zu kämpfen. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Michael Roth für die SPD raktion. Guten Abend, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen nd Kollegen! Das Arbeitsprogramm der Europäischen ommission ist eine Chance für den Bundestag, frühzei ig Initiativen aus der Mitte Europas zu bewerten und sich öglichst frühzeitig und umfassend mit ihnen zu be chäftigen. Es ist deshalb ein bisschen schade, dass wir rst jetzt zu diesem späten Zeitpunkt kurz vor Beginn der arlamentarischen Sommerpause, nachdem die Kommision das Arbeitsprogramm für dieses Jahr am 31. März 010 beschlossen hat, die Zeit finden, uns damit auseianderzusetzen. Natürlich ist der späte Zeitpunkt auch er späten Amtseinsetzung der EU-Kommission geschulet. Dennoch sollten wir uns dieses Programm sehr genau nschauen. Es gibt zumindest eine Besserung; das will ich durchus an den Anfang meiner Ausführungen stellen. Wähend die Kommission ihr Legislativund Arbeitspro Michael Roth )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705530700

(Beifall bei der SPD)

Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1705530800




(A) )

gramm in den vergangenen Jahren immer nur für ein
Jahr festgestellt und präsentiert hat, wird jetzt ein Stück-
chen mehr Wert auf Kontinuität gelegt. Es werden auch
schon Initiativen, Maßnahmen und Projekte aufgezeigt,
die erst in den nächsten Jahren auf die Tagesordnung der
Europäischen Union gesetzt werden. Aber machen wir
uns nichts vor: So wichtig es ist, dass die Europäische
Kommission die Bewältigung der Finanz- und Wirt-
schaftskrise in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten gerückt
hat, so sehr fällt wieder auf, dass es ein Sammelsurium
von Projekten und Initiativen ist. Es ist recht schwer, an-
gesichts der Fülle von Projekten einen roten Faden zu er-
kennen.

Dafür gibt es natürlich Gründe; darüber sollten wir re-
den. Jeder der Kommissarinnen und Kommissare – zwi-
schenzeitlich haben wir 27 mit mehr oder weniger bedeu-
tenden Zuständigkeiten – will sich natürlich in seinem
bzw. ihrem Aufgabenbereich profilieren. Profil meint
man dadurch gewinnen zu können, indem man in jedem
Bereich einen Vorschlag unterbreitet. Ob das dem politi-
schen Gewicht der EU-Kommission als Ganzes zuträg-
lich ist, daran habe ich meine Zweifel. Denn wir alle spü-
ren: Die EU ist insgesamt im Wandel und nicht nur zum
Guten.

Wir müssen uns fragen, welche EU-Kommission wir
eigentlich wollen und welche Erwartungshaltung wir an
die Arbeit der Europäischen Kommission anlegen. Tra-
ditionell hat sich der Bundestag immer als ein ganz en-
ger und verlässlicher Partner der EU-Kommission ver-
standen, weil uns eines klar war: Die Kommission ist
Motor der Integration, Hüter der Verträge, und sie wahrt
das europäische Gemeininteresse. Das ist schwieriger
geworden. Daran sind wir auch selbst schuld.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die schleichende Intergouvernementalisierung der
Europäischen Union schwächt die Kommission. Das ist
nicht gut. Wer profitiert davon? Angesichts der 27 Kom-
missarinnen und Kommissare profitiert erst einmal der
Kommissionspräsident davon. Wir haben es im Prinzip
mit einem Präsidialsystem zu tun. Er hat die Fäden in der
Hand. Je schwächer die einzelnen Kommissarinnen und
Kommissare, desto stärker der Kommissionspräsident.
Der Kommissionspräsident wird wiederum am Gängel-
band der nationalen Regierungen, insbesondere der gro-
ßen, geführt. Die nationalen Regierungen als Ganzes
profitieren natürlich auch von einer möglichst schwa-
chen Europäischen Kommission. Der neu ins Amt ge-
kommene Vorsitzende des Europäischen Rates, der nun
für zweieinhalb Jahre bzw. fünf Jahre im Amt ist, profi-
tiert auch. Ich sehe das mit Sorge, meine Fraktion sieht
das mit Sorge.

Mitverantwortlich für diesen Weg ist auch die Bun-
desregierung. Ich kann Ihnen das bei aller Wertschät-
zung, Herr Staatsminister Hoyer, heute Abend nicht er-
sparen. Das Motto der deutschen Ratspräsidentschaft im
Jahr 2007 war: „Europa gelingt gemeinsam.“ Wo ist die-
ser Gemeinsinn eigentlich hingekommen? Es ist nicht
mehr viel davon übrig geblieben. Das ist schade und
politisch hochgefährlich. Dazu haben sich in den vergan-

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(C (D enen Wochen viele geäußert, die nicht im Verdacht steen, sich auf irgendeine Weise nur kritisch oder destrukiv mit der Bundesregierung auseinandersetzen zu ollen, ob es Habermas – um ganz oben anzufangen – der Helmut Schmidt ist. Die Bundeskanzlerin führt nicht. Es gibt keine wegeisenden Impulse, die von der Bundesregierung in Sa hen Europa ausgehen. Der deutsch-französische Motor tottert. Auch das belastet die Arbeit der Gemeinschaftsnstitutionen und natürlich zuvorderst der Kommission. Es gibt ein Kompetenzgerangel zwischen Bundesanzleramt und Auswärtigem Amt. Die Spatzen pfeifen s von den Dächern: Es gibt viele Reibungsverluste und icht wenige Konflikte zwischen Kanzleramt und Ausärtigem Amt. Es gibt nationale Interessen und weniger gemeinsame nteressen. (Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Kommen Sie mal zum Thema! Es geht um die Kommission!)


Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören; aber ich
öchte es Ihnen dennoch nicht ersparen. Denn all das

at auch etwas mit der Arbeit der Europäischen Kom-
ission zu tun. Wenn wir uns eine schwache Kommis-

ion wünschen, können wir auch kein starkes, innovati-
es, pointiertes Arbeitsprogramm der EU-Kommission
rwarten. – Die nationalen Interessen stehen nun einmal
n den letzten Wochen leider im Vordergrund. Das haben
ir auch bei der Bewältigung der globalen Finanz- und
irtschaftskrise auf europäischer Ebene gespürt: Oft-
als wurde nur bis zum nationalen Tellerrand gedacht

nd gearbeitet; das gemeinsame Interesse wurde ver-
achlässigt.

Eine schwache Kommission liegt weder im deutschen
och im europäischen Interesse. Wir sollten uns für eine
tarke Kommission einsetzen, die sich auf das Wesentli-
he konzentriert und von einem selbstbewussten Europäi-
chen Parlament kontrolliert und begleitet wird. Insofern
abe ich auch an Sie, die Vertreter der Bundesregierung,
ntsprechende Erwartungen. Bislang sind Sie – das darf
ch für meine Fraktion sagen – hinter diesen Erwartungen
urückgeblieben. Sie sollten da einfach noch einen Zahn
ulegen.

Ich erwarte von der Europäischen Kommission als
anzes, dass sie sich ernster nimmt und sich in noch

tärkerem Maße von den nationalen Regierungen eman-
ipiert. Vor allem ist das in unserem Interesse: Eine
tarke Kommission ist gut für Deutschland, nicht nur gut
ür die Europäische Union.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705530900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Bettina Kudla für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Bettina Kudla (CDU):
Rede ID: ID1705531000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Wir behandeln heute das Arbeitsprogramm
der Europäischen Kommission für das Jahr 2010. Nach-
dem der Beginn dieses Jahres von der Beratung und Be-
schlussfassung der Strategie „Europa 2020“ geprägt war,
wird der Schwerpunkt der kommenden Monate und Jahre
darauf liegen, die Folgen der aktuellen Wirtschafts- und
Finanzkrise zu überwinden. Die Kommission hat dazu
strategische Maßnahmen mit den drei folgenden Zielen
veranlasst: erstens die verstärkte wirtschaftspolitische
Überwachung und Abstimmung im Euro-Raum, zwei-
tens einen Beitrag zur nachhaltigen Stabilisierung der öf-
fentlichen Finanzen zu leisten, indem eine Bewertung
der nationalen Stabilitäts- und Konvergenzprogramme
vorgenommen wird, und drittens die Gewährleistung sta-
biler, verantwortungsvoller Finanzmärkte im Dienste der
Gemeinschaft.

Lassen Sie mich auf alle drei genannten strategischen
Schwerpunkte kurz eingehen:

Zum ersten Ziel. Die Kommission kündigt an, Vorschläge
vorzulegen, wie die Kontrolle der öffentlichen Finanzen
verbessert und makroökonomische Ungleichgewichte,
darunter Unterschiede bei der Wettbewerbsfähigkeit, be-
hoben werden sollen. Es ist positiv zu bewerten, dass die
Kontrolle der öffentlichen Finanzen entsprechend verbes-
sert sowie verstärkt auf die Einhaltung der Kriterien des
Stabilitäts- und Wachstumspaktes geachtet werden soll.

Eine Ursache der Euro-Krise ist, dass man im We-
sentlichen einen Verstoß gegen die Maastricht-Kriterien
hingenommen hat, ohne entsprechende Konsequenzen
zu ziehen. Die Folgen dieses Vorgehens belasten die ge-
samte EU und die Nationalstaaten gleichermaßen. Die
geplante wirtschaftspolitische Überwachung sollte je-
doch nur dazu dienen, Fehlentwicklungen wie beispiels-
weise Spekulationsblasen auf dem Immobilienmarkt
frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Zweifellos
sollte der Binnenmarkt gestärkt werden. Keinesfalls darf
dies dazu führen, dass marktwirtschaftliche Grundprin-
zipien außer Acht gelassen werden.

Die Kommission nimmt auch auf den Monti-Bericht
Bezug. Dieser beinhaltet im Bereich der Steuerpolitik als
Teil der Wirtschaftspolitik einige gute Vorschläge, zum
Beispiel zur Bekämpfung steuerlichen Missbrauchs.
Gleiches findet sich auch in dem aktuell vorgelegten
Programm der belgischen Präsidentschaft des Rates der
Europäischen Union.

Abzulehnen sind jedoch die im Monti-Bericht enthal-
tenen Forderungen nach einer steuerlichen Angleichung
zwischen den Nationalstaaten, um den steuerlichen
Wettbewerb zu regulieren. Wettbewerb zwischen den
Regionen hat immer zu positiven Wirtschaftsimpulsen
und damit zu Wohlstandsmehrungen geführt. In
Deutschland gehört es zu den Grundfesten unseres Wirt-
schaftssystems, dass zum Beispiel die Kommunen zu-
mindest in einem Teil ihres Einnahmebereichs durch das
Hebesatzrecht ihr Steueraufkommen beeinflussen und
Standortpolitik betreiben können. Eine verbesserte steu-
erliche Koordinierung innerhalb der EU ist zu begrüßen,
eine steuerliche Angleichung ist abzulehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Zum zweiten strategischen Ziel. Der Kommissionsbeicht über die Bewertung der Stabilitätsund Konverenzprogramme von 14 EU-Mitgliedstaaten hat verdeuticht, dass fast alle Euro-Länder – teils erheblich – gegen ie Kriterien des Stabilitätspaktes verstoßen. Aus diesem ericht sind Schlussfolgerungen für die Haushaltskonso idierung für jeden Nationalstaat zu entnehmen. Für die ewertung der Haushaltsdaten von Deutschland stellt ie Kommission fest – ich zitiere –: Wachsender Schuldenstand, Ad-hoc-Änderungen an der Rentenanpassungsformel und Finanzbedarf des Sozialversicherungssystems unterstreichen, wie wichtig die Sicherung der langfristigen Tragfähigkeit ist. … Deutschland wird folglich aufgefordert, die Haushaltsstrategie mit konkreten Maßnahmen für die Korrektur des übermäßigen Defizits und die Senkung des Schuldenstands zu unterlegen und die neue Schuldenregel einzuhalten. ohlgemerkt, der Bericht ist vom März dieses Jahres; as war noch vor der Vorlage des Konsolidierungspakees der Bundesregierung. Nun gilt es, das Konsolidieungspaket umzusetzen. Die richtige Schlussfolgerung aus der Wirtschaftsnd Finanzkrise ist: Nur wenn wir den Bundeshaushalt onsolidieren, werden wir die Folgen der Wirtschaftsrise überwinden. Das ist eine klare Haltung der Komission, und sie gilt für alle EU-Staaten, sowohl für die uro-Länder als auch für die Nicht-Euro-Länder. Übrigens, der ebenfalls aktuelle Konvergenzbericht ür die Nicht-Euro-Staaten vom Mai dieses Jahres hat im runde ein erschreckendes Bild gezeigt, was die Eigungskriterien bezüglich der Einführung des Euros berifft. Nun zur dritten strategischen Maßnahme gegen die olgen der Finanzund Wirtschaftskrise, nämlich zur tabilität der Finanzmärkte. Die Kommission hat allein azu acht Einzelinitiativen aufgelistet. Im Hinblick auf ie Regulierung der Finanzmärkte gilt es, die Ergebnisse es G-8und des G-20-Gipfels des vergangenen Monats mzusetzen. Die beiden Gipfel haben gezeigt, dass das rsprüngliche Ziel der Bundesregierung, eine Finanzarkttransaktionsteuer international, also weltweit, ein uführen, nicht durchsetzbar ist. Gleichwohl halten wir ie Finanzmarkttransaktionsteuer für eines der wichtigsen Instrumente zur Eindämmung von Fehlentwicklunen auf den Finanzmärkten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


olglich gilt es, die Finanzmarkttransaktionsteuer auf
uropäischer Ebene einzuführen.


(Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie Kommission sollte dieses Thema mit Nachdruck an-
ehen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705531100

Nächster Redner ist der Kollege Thomas Nord für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Thomas Nord (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705531200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit ei-
nem Dreivierteljahr bin ich jetzt Bundestagsabgeordne-
ter. Wenn ich mir die Berichte über die letzten Tagungen
des Europäischen Rates in Erinnerung rufe, war es stets
so, dass die Teilnehmer ins Flugzeug stiegen und beim
Aussteigen die Tagesordnung der Beratung in der Regel
eine andere war als kurz zuvor. Ich kann also aus vollem
Herzen dem Satz in der Einleitung des Arbeitspro-
gramms der Kommission zustimmen: „Weitermachen
wie bisher ist ausgeschlossen.“ Ein kluger Satz. Wenn
ich aber das Programm lese, dann stelle ich fest, dass die
politischen Folgen dieses Satzes darin weitgehend aus-
geblendet sind. Der größere Teil des Arbeitsprogramms
ist der Konkretisierung der Strategie „Europa 2020“ ge-
widmet. Diese ist eine Fortsetzung der Lissabon-Strate-
gie. Hier im Plenum waren sich alle Fraktionen einig:
Diese ist gescheitert. Uneinigkeit bestand doch nur da-
rüber, warum sie gescheitert ist.

Die Koalition und Teile der Opposition sind der Mei-
nung: Die Strategie war überfrachtet und unverbindlich.
Die Linke ist der Auffassung: Lissabon war ein grundle-
gend falscher Weg.


(Beifall bei der LINKEN)


Deregulierung, Flexibilisierung und Privatisierung sind
die falschen Mittel für ein dauerhaft friedlich geeintes
Europa. Ohne die Deregulierung der Finanzmärkte der
letzten Jahre wäre die Krise, so wie wir sie jetzt haben,
gar nicht möglich gewesen. Mit ihr wurden die Banken
und die Spekulanten doch geradezu zu ihrem Handeln
animiert. In der Folge – mit den Folgen hatten wir in den
letzten Wochen viel zu tun – hatten wir eine Banken-
und Finanzkrise. Die Staaten mussten dann massiv fi-
nanzpolitisch intervenieren; auch damit haben wir uns
hier ausführlich befasst. Die Folge ist, dass wir heute
eine Krise vieler europäischer Staaten haben. Die Lissa-
bon-Strategie ist nicht nur ökonomisch, sondern auch
politisch gescheitert.


(Beifall bei der LINKEN)


Das gilt ebenso für viele Vertragsgrundlagen der Euro-
päischen Union.

Die Wettbewerbsfixierung des Binnenmarktes, der
Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie die strikte Bin-
dung der EZB an Preisstabilität statt an Wachstum und
Beschäftigung haben die Krise verschärft und nicht ge-
holfen, sie zu lösen. Im Arbeitsprogramm der Kommis-
sion findet sich gerade hierzu kein kritisches Wort. Die
Diskussion über eine europäische Wirtschaftsregierung,
über solidarische Ausgleichsmechanismen in einer Wäh-
rungsunion und über Mindeststandards zur Beschrän-
kung des Lohn- und Steuerdumpings findet in diesem
Arbeitsplan nicht statt. Die Kommission sieht die Lö-

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(C (D ung der Krise – genauso wie die Bundesregierung – im paren. Bis 2013 soll das Staatsdefizit der entwickelten ndustrienationen halbiert werden. Ab 2016 soll es mit em Abbau der Schulden losgehen. Dann steht der chuldenstand für Deutschland etwa bei 2 Billionen uro. Selbst wenn die Bundesregierung jedes Jahr 0 Milliarden Euro zurückzahlen würde – das sind gut Prozent des Haushaltsplans 2011 –, dauerte das ohne erücksichtigung von Zins und Zinseszins etwa 000 Jahre. Das sehen wir alle doch wohl eher als unreaistisch an. Wir brauchen endlich eine grundsätzliche Verändeung der Einnahmesituation. Die Krisenprofiteure müsen zur Sanierung der Staatskassen beitragen, auch wenn as der FDP nicht passt. uch davon steht nichts im Arbeitsprogramm, weder daon, wie Geldinstitute und Spekulanten an der Finanzieung der Bewältigung der Krisenfolgen beteiligt werden, och von einer Finanzmarkttransaktionsteuer. Die Komission legt das Arbeitsprogramm auf, als gäbe es eine erspektive der Normalität. Die Realität sieht jedoch aners aus: Generalstreik in Griechenland, Generalstreik in umänien, Generalstreik in Spanien, Generalstreik in ngarn, Generalstreik in Italien. Europaweit ist der Wierstand gegen die Sparpolitik zu hören. Dieser Widertand ist nicht nur hinsichtlich der persönlichen Betrofenheit nachvollziehbar. Er ist auch ökonomisch sinnvoll nd absolut notwendig. as Sparen führt zu einem Schrumpfen der Nachfrage nd damit zu einer Verschärfung der Krise, nicht zu ihrer berwindung. Ich komme zum Schluss. (Thomas Dörflinger [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


as Arbeitsprogramm der Kommission 2010 beschreibt
ine Normalität, die so nicht in Sicht ist. Die Kommis-
ion stellt die Frage nach den Ursachen für die jetzige
ituation nicht. Daher gibt sie darauf auch keine Ant-
orten, entwickelt keine tragfähigen Lösungen. Die teils

innvollen Einzelinitiativen schweben im Raum. Ihnen
ehlt ein Fundament.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705531300

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun

er Kollege Manuel Sarrazin.


Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705531400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine

eue Zeit – so hat die EU-Kommission das Arbeitspro-
ramm sozusagen genannt. Am Anfang des Arbeitspro-





Manuel Sarrazin


(A) )


)(B)

gramms hat sie nämlich noch einmal die Feststellung ge-
troffen: Wir leben in einer neuen Zeit.

Der Kollege Roth hat schon darauf hingewiesen, dass
sich gerade etwas Gewichtiges verschiebt. Das beobach-
ten wir alle. Wir erleben, dass Entscheidungen mehr und
mehr vom Europäischen Rat und so schnell getroffen
werden, dass wir als Deutscher Bundestag oftmals „hin-
terherhecheln“ und sich die Frage stellt, wie gewährleis-
tet werden kann, dass die verschiedenen Kompetenzen,
die in der Bundesregierung vorhanden sind, auch weiter-
hin in diese Entscheidungen einfließen können. Ich
denke, wir als Deutscher Bundestag müssen uns dieser
Verschiebung stellen.

Ich möchte mich der Kritik des Kollegen Roth an der
Bundesregierung ausdrücklich anschließen, aber auch
dazu sagen: Ich glaube, dass das Auswärtige Amt Kom-
petenzen hinsichtlich Europa hat, die wir in der Europa-
politik und auch im Europäischen Rat weiterhin brau-
chen, auch wenn die Außenminister selber dort nicht
regelhaft dabeisitzen.


(Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich denke aber auch, dass wir als Deutscher Bundestag
Debatten gerade auch mit dem Kanzleramt gezielt früher
führen müssen, um unsere Meinung einzubringen. Wir
haben deswegen einen Antrag vorgelegt, mit dem wir
uns diesem Thema widmen und der auch eine Anregung
für die anderen Fraktionen sein soll, darüber zu diskutie-
ren, wie wir diesem neuen Anspruch besser gerecht wer-
den können, weil es richtig ist, was Herr Roth gesagt hat:
Wir brauchen die Europäische Kommission aus ver-
schiedenen Gründen.

Natürlich haben wir als Deutscher Bundestag zu-
nächst die Aufgabe, die Bundesregierung zu kontrollie-
ren, zu noch besseren Ideen zu bringen und falsche Ideen
zu skandalisieren und zu verhindern. Wir haben aber
natürlich auch die Aufgabe, im Sinne der parlamentari-
schen Solidarität zu gucken, wie das Europäische Par-
lament weiterhin eine wichtige Funktion in der Euro-
päischen Union ausüben, seinen Kontrollrechten
nachkommen und seiner demokratischen Legitimation
entsprechen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dafür ist es wichtig, dass man bei den Themen, die
jetzt zur Diskussion anstehen, immer betont: Nur wer
der EU-Kommission eine gewisse Rolle zubilligt, wird
auch das Europäische Parlament am Ende mit im Boot
haben. Deswegen ist es wichtig, dass wir über die Strate-
gie „EU 2020“ und darüber reden, wie die wirtschafts-
politische Koordinierung mit Schlüsselrollen für das EP
und die EU-Kommission erfolgen kann – dann natürlich
auch in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Rat.

Eines ist auch wichtig – das möchte ich hier ebenfalls
betonen –: Leider ist diese EU-Kommission nicht immer
die, für die man als Grüner sozusagen mit besonders viel
Überzeugung und Verve in die Bresche springt. Weder
ist Herr Barroso sozusagen unser liebstes Kind noch ver-

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(C (D teht die EU-Kommission, wie sie dafür sorgen kann, ass sie diesen Ansprüchen gerecht wird, nämlich einereits durch entschiedeneres Handeln und mehr Konzenration, andererseits aber auch dadurch, dass für die EUommission immer außer Frage stehen sollte, dass man ie Rechte der Parlamente achtet – das gilt für die natioalen Parlamente, zum Beispiel bei Übersetzungen, das ilt aber auch für das Europäische Parlament, beispielseise bei der Konstruktion des 60-Milliarden-Eurochirms –, sodass man die nationalen Parlamente und as Europäische Parlament ebenfalls als Motor betrachet. Meine Damen und Herren, Wolfgang Proissl hat kürzich eine Denkschrift mit dem Titel „Why Germany fell ut of love with Europe“ herausgegeben. Ich denke, dass ir auch hier im Hause die Debatte darüber führen müs en, warum die Europabegeisterung nicht nur in der Beölkerung, sondern auch unter uns nicht mehr so selbsterständlich ist, wie wir alle das vielleicht noch bis zum . Dezember 2009 glaubten. Ich denke, hier müssen wir usammenstehen. Dafür brauchen wir an erster Stelle aber eine starke, ntschiedene und vernünftige Europäische Kommision, die von einer deutschen Bundesregierung untertützt wird, die eben Triebfeder, Motor und zum Teil uch Tandem für die europäische Integration und nicht ur Bedenkenträger sein will. Danke sehr. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705531500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
atthias Lietz für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Matthias Lietz (CDU):
Rede ID: ID1705531600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen

nd Herren! Die letzte Debatte zum Arbeitsprogramm
er EU-Kommission liegt inzwischen mehr als andert-
alb Jahre zurück. Inzwischen haben wir – das ist hier
ereits erwähnt worden – eine neue EU-Kommission
nd ein neu gewähltes Europäisches Parlament. Der Ver-
rag von Lissabon ist in Kraft getreten. Das Bundesver-
assungsgericht hat sein Urteil zum Lissabon-Vertrag ge-
prochen; und die Griechenland-Krise sowie der
ettungsschirm für den Euro haben uns seitdem beschäf-

igt.

Aber die Krise hat uns auch eines deutlich gemacht,
ämlich dass Europa es schaffen kann, wenn es gemein-
am handelt. Nationale Alleingänge bei Themen, die alle
etreffen, waren und sind nicht erfolgversprechend. Mit
lick auf langfristige Herausforderungen, die vor uns

tehen – ich denke an die Globalisierung, den Klima-
chutz oder den demografischen Wandel –, ist ein ge-
einsames Handeln der Union aktueller denn je. Wir ha-

en schon von den Vorrednern gehört, dass es vielleicht
uch kritikwürdig ist, dass diese Debatte zu diesem spä-
en Zeitpunkt in diesem Hause stattfindet.





Matthias Lietz


(A) )


)(B)

Meine Damen und Herren, das vorgelegte Arbeitspro-
gramm der EU-Kommission konzentriert sich auf vier
Aktionsbereiche: zum Ersten die Bewältigung der Krise
und die Bewahrung der sozialen Marktwirtschaft in
Europa, zum Zweiten eine Agenda für mehr Bürgernähe,
die den Menschen in den Mittelpunkt der EU-Maßnah-
men stellt, zum Dritten die Entwicklung einer ehrgeizi-
gen und kohärenten außenpolitischen Agenda globaler
Reichweite und zum Vierten die Modernisierung der
Instrumente und der Arbeitsweise der Europäischen
Union.

Den größten Raum nehmen sinnvollerweise die Be-
wältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die
weitere Ausarbeitung der Wachstums- und Beschäfti-
gungsstrategie Europa 2020 ein. Diese Schwerpunktset-
zung im Arbeitsprogramm ist grundsätzlich zu begrü-
ßen. Allerdings muss bei den geplanten Europa-2020-
Leitinitiativen ganz klar der europäische Mehrwert zu
erkennen sein. Ebenso müssen die Leitinitiativen einer
genauen Subsidiaritätsprüfung unterzogen werden.

Mit Blick auf die Agenda für mehr Bürgernähe ist die
Schwerpunktlegung auf die Umsetzung des Stockholmer
Programms ebenfalls zu begrüßen. Im Zentrum der Um-
setzung muss hier auf jeden Fall der stärkere Schutz der
Bürgerrechte liegen.

Was die Modernisierung der Instrumente und die Ar-
beitsweise der EU betrifft, ist das verstärkte Bestreben
der Kommission, Bürokratie abzubauen und neue
Rechtsakte einer besseren Folgenabschätzung zu unter-
ziehen, ein Punkt, zu dem nicht nur die europäischen,
sondern alle staatlichen Ebenen aufgerufen sind. Effi-
ziente Verwaltung und Regulierung müssen Ziel der ge-
samten staatlichen Verwaltungen sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Hinsichtlich der Arbeitsweise der Europäischen
Union warten wir übrigens noch immer auf die dringend
überfällige Übersetzungsstrategie.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In diesem Punkt weist das Arbeitsprogramm der Kom-
mission eine wesentliche Lücke auf. Gerade wegen der
stärkeren Einbindung auch des Deutschen Bundestages
durch die Begleitgesetzgebung zum Vertrag von Lissa-
bon erhält dieser Punkt eine besondere Dringlichkeit.
Künftig muss sichergestellt sein, dass Schriftstücke der
Europäischen Union frist- und formgerecht mit der Ori-
ginalfassung in deutscher Sprache vorliegen. Hier be-
steht dringender Handlungsbedarf!

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch in
wenigen Punkten auf die im Zusammenhang mit der
Schwerpunktsetzung angelaufenen Gespräche zur Ge-
staltung der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik nach
2013 eingehen.

Die Kommission und die belgische Präsidentschaft
planen für das Jahr 2010, einen umfangreichen und am-
bitionierten Maßnahmenkatalog im Bereich der Land-
wirtschaft abzuarbeiten. Im Zentrum dieses Maßnah-
menkatalogs stehen in diesem und in den kommenden

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(C (D ahren die Weichenstellungen für eine grundlegende Reorm der Gemeinsamen Agrarpolitik. Zur Zukunft dieser Agrarpolitik wird die Kommission m vierten Quartal eine Mitteilung vorlegen, der im Jahr 011 konkrete Gesetzgebungsvorschläge folgen sollen. ie Gespräche werden auch unter der Prämisse geführt, elchen Beitrag sie zur Strategie „Europa 2020“ leisten ann und wie eine nachhaltige, produktive und wettbeerbsfähige Landwirtschaft sichergestellt werden kann. Einen wesentlichen Schwerpunkt für die kommende inanzierungsperiode in der Agrarpolitik muss deren ereinfachung sein. Der bereits beschrittene Weg ist hier onsequent fortzusetzen. Rund 80 Prozent der Bürokraiekosten für die Wirtschaft in den Bereichen Landwirtchaft, Ernährung und Lebensmittelsicherheit gehen auf as europäische Recht zurück. Die Überprüfung der Intrumente hinsichtlich ihres vermeidbaren bürokratichen Aufwandes sollte daher auf jeden Fall weitergeen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Vor einem Jahr hat das Bundesverfassungsgericht sein
rteil zum Vertrag von Lissabon gesprochen. Das Ge-

icht hat dem Deutschen Bundestag mehr Verantwortung
m Prozess der europäischen Integration auferlegt. Es hat
ine stärkere Rolle des Parlaments in der Europapolitik
efordert. Wir als Abgeordnete dieses Hohen Hauses
ind dazu aufgefordert, uns dieser Verantwortung zu
tellen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705531700

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sevim
Dağdelen, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE

Ausgrenzung beenden – Einbürgerungen um-
fassend erleichtern

– Drucksache 17/2351 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe,
amit sind Sie einverstanden. Dann werden wir so ver-
ahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
erin der Kollegin Sevim Dağdelen für die Fraktion Die
inke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )


)(B)


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705531800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer sich

auf Dauer in einem Staat niederlässt, zumal wenn sich
dieser als Demokratie versteht, hat Anspruch auf politi-
sche und soziale Rechte. Dieser Anspruch kann im Prin-
zip auf zwei Arten erfüllt werden: über einen unkompli-
zierten Zugang zur Staatsangehörigkeit oder über das
Wahlrecht auch für die im Land lebenden Menschen
ohne deutschen Pass.

Das, was wir von der Bundesregierung erleben, ist
aber genau das Gegenteil. Sie schafft weder die Mög-
lichkeit eines entsprechenden Wahlrechts – noch nicht
einmal auf kommunaler Ebene –, noch versucht sie, Ein-
bürgerungen tatsächlich zu ermöglichen und zu vereinfa-
chen. Stattdessen erschwert und verhindert sie Einbürge-
rungen. Das konnten wir letzte Woche aus den aktuellen
Einbürgerungszahlen des Statistischen Bundesamtes er-
fahren, denen zufolge immer weniger Menschen deut-
sche Staatsangehörige werden, weil die geltende Rechts-
lage und die schlimme Einbürgerungspraxis zu hohe
Hürden darstellen.

Vor 20 Jahren, 1990, legte das Bundesverfassungsge-
richt dem Gesetzgeber in einem Grundsatzurteil nahe,
eine demokratische Lücke zu schließen. Denn Millionen
Menschen, die dauerhaft in der Bundesrepublik lebten,
waren von allen Ebenen der politischen Mitbestimmung
ausgeschlossen. Gemeint waren damals 5,5 Millionen
Menschen in Deutschland, die keinen deutschen Pass
hatten, aber im Durchschnitt bereits mehr als zwölf Jahre
hier lebten. Das war ein richtiger und wichtiger Hinweis
des Verfassungsgerichts, was die Linke unterstützt.


(Beifall bei der LINKEN)


Die bisherigen Regierungen haben sich aber leider
nicht an die Empfehlungen des höchsten Gerichts gehal-
ten. Nein, das vom Bundesverfassungsgericht kritisierte
Demokratiedefizit hat sich in den letzten 20 Jahren dra-
matisch verschärft. Heute leben über 7 Millionen Men-
schen ohne deutschen Pass in Deutschland, und ihre
durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt sogar fast
19 Jahre. Die Einbürgerungszahlen befinden sich auf ei-
nem Tiefstand. Unter dem alten Reichs- und Staatsange-
hörigkeitsrecht aus dem Jahr 1913 wurden 1999 noch
über 143 000 Menschen eingebürgert. Damals galt noch
das Abstammungsrecht.

Zehn Jahre danach, 2009, lagen wir mit knapp über
96 000 Einbürgerungen deutlich darunter. Seit der Re-
form des Staatsangehörigkeitsgesetzes unter Rot-Grün
im Jahr 2000 und den Verschärfungen unter der Großen
Koalition von SPD und CDU/CSU im Jahr 2007 haben
wir bei den Einbürgerungen einen kontinuierlichen
Rückgang zu verzeichnen. Für dieses Jahr ist schon wie-
der mit einem Sinken der Zahlen zu rechnen, worauf die
aktuell zurückgehenden Zahlen der Einbürgerungstests
hindeuten.

Die Linke will das ändern. Mit unserem Antrag wol-
len wir das vom Bundesverfassungsgericht angespro-
chene Demokratiedefizit in Deutschland beseitigen. Wir
wollen deutlich machen, dass der Schlüssel zur politi-
schen Integration und Chancengleichheit in der rechtli-

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(C (D hen Gleichstellung liegt. Diese Gleichberechtigung iederum schaffen wir mit einem radikal vereinfachten nd erleichterten Einbürgungsverfahren. Wir wollen dait den Menschen, die in Deutschland leben, ein Signal eben, nämlich das Signal, dass die Menschen mit Mirationshintergrund, die in Deutschland leben, als fester nd gleichberechtigter Teil in unserer Gesellschaft angeehen werden. Wer in diesem Land seit fünf Jahren seinen Lebensittelpunkt hat, soll unabhängig vom jeweiligen Aufent altstitel einbürgungsberechtigt sein. Wir wollen, dass inbürgerung und politische Gleichberechtigung nicht om sozialen Status und Einkommen abhängig sind. eshalb wollen wir die Einbürgerungsgebühren auf eien symbolischen Betrag senken. Gleiche Rechte sollten icht vom Bildungsstand abhängig gemacht werden. eshalb sollten einfache Sprachkenntnisse ausreichen. ir wollen keine Einbürgerungstests, um Menschen auf ine vermeintliche Einbürgerungsfähigkeit zu testen. ir wollen die Staatsangehörigkeit per Geburt und die bschaffung des absurden Prinzips der Optionspflicht. ir wollen Mehrfachstaatsangehörigkeiten, die in einem roßteil der EU-Mitgliedstaaten erlaubt sind, grundsätz ich zulassen. Wir wollen Ihnen mit unserem Antrag die öglichkeit geben, den hier in Deutschland dauerhaft ebenden Menschen Rechte zu geben und ihre andaurnde Ausgrenzung zu beenden. Das können Sie, wenn ie unserem Antrag zustimmen und nicht nur in Ihren onntagsreden über Willkommenskultur in Deutschland prechen. Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Helmut randt das Wort. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Frau Dağdelen, die Aussage, dass die Linke uns ie Demokratie bringen wird, ist das, was ich in Ihrer ede am wenigsten vermutet habe, aber auch das, was hnen in diesem Hause keiner abkauft. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das müssen Sie mit Ihrer Vergangenheit gerade sagen!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705531900

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1705532000

Über meine Vergangenheit können wir gerne reden;
ber Ihre zu reden, fangen wir besser nicht an. – In ih-
em Antrag „Ausgrenzung beenden – Einbürgerungen
mfassend erleichtern“ kritisiert die Fraktion Die Linke
nter Hinweis auf vermeintlich kontinuierlich zurückge-
ende Zahlen der Einbürgerungen zum einen, dass die
undesregierung ungeachtet dessen Einbürgerungs-
rleichterungen ablehne. Zum anderen fordert sie die
undesregierung auf, das Staatsangehörigkeitsgesetz mit
em Ziel umfassender Einbürgerungserleichterungen zu
ndern.





Helmut Brandt


(A) )


)(B)

Gestatten Sie mir gleich zu Beginn, Folgendes dazu
zu sagen: Schon der Titel Ihres Antrags hat mich irritiert.
Es ist doch tatsächlich so, dass wir uns in den letzten
Jahren mehr als alle Regierungen zuvor um die Integra-
tion hier lebender Migranten bemüht haben. Ich will an
dieser Stelle einige Stichworte nennen: Integrationsgip-
fel, Integrationsplan, erfolgreiche Integrationskurse.
Lassen Sie mich noch eines erwähnen. Ich weiß nicht, ob
Sie sich für Fußball interessieren. Die Zusammenset-
zung der deutschen Nationalmannschaft ist der beste Be-
weis dafür, dass wir in Deutschland keine Ausgrenzung
betreiben, sondern Migranten optimal integrieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wie kann man in einer solchen Situation von Ausgren-
zung sprechen? Das Gegenteil ist tatsächlich der Fall.

Die Frage, weshalb die Einbürgerungszahlen tatsäch-
lich zurückgegangen sind, ist sicherlich zu stellen. Nun
muss man dazu sagen, dass die Einbürgerung eine indi-
viduelle und freiwillige Entscheidung eines jeden Aus-
länders ist, der die Voraussetzungen dafür erfüllt. Auf
diese persönliche Entscheidung kann und sollte die Poli-
tik nur begrenzt Einfluss nehmen.

Zudem sollten die Ergebnisse des inzwischen von der
Bundesregierung eingeleiteten längerfristigen For-
schungsprojektes über die Motive von Ausländern, sich
einbürgern zu lassen oder auch darauf zu verzichten, zu-
nächst einmal abgewartet werden. Das ist ein Grund,
weshalb wir Ihren Antrag ablehnen.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sehr verwunderlich!)


Der zweite Grund ist, dass die von Ihnen geforderten
Änderungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes den bis-
herigen bewussten und auch richtigen Festlegungen des
Deutschen Bundestages überwiegend zuwiderlaufen.

Beginnen wir mit Ihrer Forderung, auf die Teilnahme
an Staatsbürgerschaftskursen als Einbürgerungsvoraus-
setzung zu verzichten. Stattdessen sollen die Kurse frei-
willig und kostenfrei sein. Ich persönlich betrachte es als
selbstverständlich und eine absolut unabdingbare Vo-
raussetzung, dass sich ein Mensch, der beabsichtigt, dau-
erhaft in einem Land zu leben, Kenntnisse über dieses
Land, seine politischen und gesellschaftlichen Struktu-
ren sowie seine Geschichte und seine Werte verschafft.
Dies ist in meinen Augen ein unverzichtbarer Teil eines
notwendigen Integrationsprozesses, ohne den Integra-
tion gar nicht möglich ist.

Wir reden hier doch von Menschen, die aus völlig an-
deren Kulturkreisen stammen. Wir alle haben in der Ver-
gangenheit die Erfahrung gemacht, dass sich viele der
Migrantinnen und Migranten diese Kenntnisse eben
nicht freiwillig aneignen. Ich finde Ihre Forderung des-
halb wirklich absurd. Sie haben eben auch von den Ein-
bürgerungstests gesprochen. Diese wirken Ihrer Auffas-
sung nach abschreckend. Das kann von der Sache her
nicht stimmen. 98,5 Prozent der Einbürgerungstests wer-
den bestanden, und zwar in allen Bundesländern. Wie
soll ein solcher Test dann abschreckend wirken? Ich
kann auch Ihre Forderung nicht nachvollziehen, dass

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(C (D inbürgerungsberechtigte nicht auf ihre innere Anschaung und ihre Gesinnung überprüft werden sollen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum macht man dann den Test, wenn ihn sowieso jeder besteht?)


Weil sich nicht alle dem Test unterziehen, die diese
esinnung vielleicht nicht haben. In diesem Fall macht

s Sinn; denn nicht jeder, der hier lebt, will die deutsche
taatsbürgerschaft haben oder sich dieser Frage unter-
erfen.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Quatsch!)


Integration kann nur gelingen, wenn Ausländer, die
ier leben möchten, bereit sind, unsere Verfassung und
nsere Grundwerte zu akzeptieren. Wer in Deutschland
ebt, muss diese zentralen Werte und Normen kennen
nd sie akzeptieren und annehmen. Das ist für mich eine
nabdingbare Voraussetzung, um die Staatsbürgerschaft
u erlangen. Nur so macht das auch Sinn.

Schließlich muss ich Ihnen noch eines sagen: Die bis-
er vorliegenden Erkenntnisse darüber, warum viele die
inbürgerung nicht für sich beantragt haben, fußen da-

auf, dass sie es nicht als notwendig empfinden. Bringen
ir es doch einmal auf den Punkt: Abgesehen von all
en Rechten, die ihnen das Ausländerrecht sowieso gibt,
st das Recht zur Beteiligung an der Wahl das Einzige,
as die Einbürgerung hier langfristig lebenden Auslän-
ern zusätzlich bringt. Auf der anderen Seite steht die
it einer Einbürgerung verbundene Pflicht, die sie mög-

icherweise scheuen. Ich bin deshalb gar nicht sicher, ob
ie Zahl derer, die die Einbürgerung beantragen, die
ahl jener, die eingebürgert werden, tatsächlich über-
teigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705532100

Für die SPD-Fraktion spricht die Kollegin Daniela

olbe.


(Beifall bei der SPD)



Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1705532200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren auf den Tribünen, Sie haben sich heute eine
pannende Debatte zum Thema Staatsangehörigkeits-
echt ausgesucht. Die Linke bemerkt zu Recht, dass wir
n den letzten Jahren sinkende Einbürgerungszahlen zu
eobachten haben. Ich persönlich finde das beunruhi-
end. Erhielten auf dem Allzeithoch im Jahre 2000 nach
er rot-grünen Reform der Staatsangehörigkeit noch
twa 190 000 Menschen einen deutschen Pass, so sind es
eute, zehn Jahre später, nur noch etwa 90 000 Men-
chen.

amit liegen wir leider wieder fast auf dem Niveau von
or der Reform. Dabei war es doch das Ziel von Rot-
rün, dass mehr Menschen die deutsche Staatsangehö-

igkeit anstreben und auch erhalten.


(Patrick Döring [FDP]: Denken Sie mal darüber nach!)






Daniela Kolbe (Leipzig)



(A) )


)(B)

– Ich denke darüber nach. Die SPD-Fraktion hat einen
entsprechenden Antrag vorgelegt.

Die SPD hält an ihrem Ziel fest: Wir wollen, dass
möglichst viele zugewanderte Menschen, die langfristig
in unserem Land leben, die deutsche Staatsbürgerschaft
anstreben, sie bekommen und damit alle Rechte und
Pflichten als Bürger dieses Landes erhalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn es stimmt, was der gestern vorgelegte Integra-
tionsbericht besagt – das bestätigt eigentlich auch der ge-
sunde Menschenverstand –, dass Integration besonders
dann gelingt, wenn Menschen eine Zukunftsperspektive
und einen sicheren Aufenthalt haben, wenn sie sich zu
Hause fühlen, dann ist es doch geradezu plausibel, dass
wir als Politikerinnen und Politiker eine Kultur anstre-
ben sollten, die Menschen ermuntert, die deutsche
Staatsbürgerschaft anzunehmen.

Wir brauchen in Deutschland eine echte Willkom-
menskultur, die Menschen, die hier schon sehr lange le-
ben, dazu einlädt, wirklich alle Rechte und Pflichten an-
zunehmen. Außerdem benötigen wir die rechtlichen
Rahmenbedingungen, dass sie das auch tun können. Lei-
der ist von einer solchen Willkommenskultur zu wenig
zu spüren. Wir konfrontieren hier geborene junge Men-
schen, die mit der Geburt eine doppelte Staatsbürger-
schaft erhalten, in der Phase des Erwachsenwerdens, in
der sie mitunter auch andere Dinge zu tun haben, damit,
dass sie sich für eine Staatsangehörigkeit bzw. gegen ei-
nen Teil ihrer Identität entscheiden müssen. Wir bauen
mit unserem Staatsangehörigkeitsrecht Hürden auf, die
für viele Menschen unüberwindbar erscheinen oder un-
überwindbar sind.

Auf der anderen Seite blitzt diese Willkommenskul-
tur, die ich mir so sehr wünsche, aber auch auf, sei es in
unserer wirklich toll spielenden Fußballnationalmann-
schaft


(Patrick Döring [FDP]: Ja!)


– ja! – oder sei es in der Niedersächsischen Staatskanz-
lei.


(Patrick Döring [FDP]: Wer regiert denn da?)


– Sie haben recht. Sie dürfen sich darüber freuen. – Da
sitzt mit David McAllister von der CDU ganz selbstver-
ständlich der erste Ministerpräsident mit Migrationshin-
tergrund in diesem Land. Ganz nebenbei hat er auch
noch eine doppelte Staatsbürgerschaft: die deutsche und
die britische. Die Welt dreht sich weiter; sie ist nicht un-
tergegangen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der hat doch dann angeblich Loyalitätskonflikte! – Rüdiger Veit [SPD]: Er ist aber noch nicht im Schottenrock vereidigt worden!)


Mit dieser Situation können wir alle ganz locker und
leicht umgehen; wir können uns darüber freuen. Diese

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(C (D eichtigkeit und diese Gelassenheit stehen uns gut und ind berechtigt; denn doppelte Staatsbürgerschaft geört auch in Deutschland längst zur Realität. Auch le von Beust von der CDU, Hamburgs Erster Bürgereister, hat am Anfang dieses Jahres das Zulassen der oppelten Staatsbürgerschaft gefordert. Das sind Stimen aus dem 21. Jahrhundert. Davon wünsche ich mir ehr auch in diesem Haus. (Patrick Döring [FDP]: Merkwürdig, dass Sie keinen Sozialdemokraten zitieren!)


Wenn wir über Willkommenskultur reden, dann geht
s um viel und um viele: Es geht um 5 Millionen Men-
chen, die länger als acht Jahre in Deutschland leben,
hne die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen zu
aben.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Und sich hier wohlfühlen!)


in kleines Rechenbeispiel: Wenn wir bei den jetzigen
inbürgerungszahlen blieben, dann bräuchten wir
0 Jahre und mehr, um diese Menschen einzubürgern.
as sind Zahlen, mit denen wir uns als SPD keineswegs

ufriedengeben; denn wir wollen, dass Menschen, die
ange hier leben, sich wirklich zu diesem Land bekennen
nd deutsche Staatsbürger werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ganz offensichtlich bestehen aber weiterhin große
emmnisse, die die Menschen davon abhalten; darüber
urde schon gemutmaßt. Es braucht aus meiner Sicht
eshalb zweierlei:

Erstens. Es braucht die Debatte. Schon deshalb finde
ch es gut, dass wir heute – wenn auch relativ spät – er-
eut über dieses Thema hier im Plenum diskutieren.
chon die Debatte hilft, Signale in die Bevölkerung zu
enden, dass hier im Hohen Haus der Wunsch besteht,
ass sich mehr Menschen zur Annahme der deutschen
taatsbürgerschaft entschließen. Das Signal muss lauten:
icht nur da, wo es um Prestige geht, gibt es eine solche
illkommenskultur, nicht nur auf dem Fußballfeld und

n der Niedersächsischen Staatskanzlei existiert sie, son-
ern sie muss überall in der Gesellschaft existieren.
piegel Online hat dazu gestern im Zusammenhang mit
er Fußballnationalmannschaft und der Integration geti-
elt: „Aus dem Traum muss Alltag werden“. Das ist doch
ehr treffend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zweitens. Wir brauchen konkrete Gesetzesänderun-
en, die es mehr Menschen ermöglichen, vom Staatsan-
ehörigkeitsrecht zu profitieren. Aus diesem Grunde ha-
en wir als SPD-Fraktion bereits Anfang des Jahres
inen wirklich sehr guten, sehr konkreten und angemes-
enen Gesetzentwurf vorgelegt. In manchen Punkten ge-
en wir mit dem Antrag der Linken konform, in anderen
unkten halten wir den Antrag der Linken für zu weitrei-
hend bzw. meinen wir, dass er aus der Systematik des
ufenthaltsrechts herausfällt.





Daniela Kolbe (Leipzig)



(A) )


)(B)

Ein Beispiel dafür, wo wir übereinstimmen: In der
Frage der Optionsregelung stimmen wir überein. Dop-
pelte Staatsbürgerschaften sind auch ohne Optionsmo-
dell außerhalb der Niedersächsischen Staatskanzlei
schon längst geübte Praxis. In Deutschland wird im Mo-
ment bei circa 53 Prozent der Einbürgerungen eine dop-
pelte Staatsbürgerschaft akzeptiert. Es gibt deshalb aus
meiner Sicht keinen Grund, da einen Unterschied zu ma-
chen. Das Optionsmodell für hier geborene Menschen
sollte abgeschafft werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


An anderen Stellen widersprechen wir dem Antrag
der Linken. Ich freue mich schon auf eine spannende
Debatte im Ausschuss dazu. Aus unserer Sicht macht es
überhaupt keinen Sinn, bei den Voraussetzungen für die
Beantragung einer Staatsangehörigkeit noch unter denen
für eine Niederlassungserlaubnis zu bleiben. Das bezieht
sich auf die Frage der Dauer des Voraufenthalts und auf
die Frage der Erwerbstätigkeit. Wir schlagen zur Dauer
des Voraufenthalts eine Absenkung auf sieben Jahre vor,
bei besonderen Integrationsleistungen auf sechs Jahre.
Bei der Frage der Sicherung des Lebensunterhalts schla-
gen wir Ausnahmen für junge Erwachsene vor. Wir be-
rücksichtigen damit, dass sie sich noch in der Ausbil-
dung befinden. Junge Leute sollen ja auch eine
Ausbildung absolvieren.

Ein Punkt in Ihrem Antrag hat mich persönlich irri-
tiert. Es geht um Ihre Ansicht, dass es für den Erwerb
der Staatsangehörigkeit ausreichen soll, sich einfach
mündlich verständigen zu können. Das sehen wir anders.
Wir möchten gern bei dem geforderten höheren Sprach-
niveau bleiben. Gleichwohl setzen wir uns für Ausnah-
men ein, etwa für Analphabeten und ältere Menschen.
Bei diesen halten wir das für angemessen.

Zum Thema Spracherwerb noch eines. Wenn wir
Sprachkenntnisse voraussetzen, dann muss es natürlich
auch die Möglichkeit geben, Sprachkenntnisse zu erwer-
ben. Das Mittel der Wahl – darüber sind wir uns mittler-
weile einig – sind die Integrationskurse. Lassen Sie mich
an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Es beunruhigt mich
schon, dass es die Bundesregierung bisher noch nicht in
Angriff genommen hat, die sich in diesem Jahr auftu-
ende Lücke von 30 Millionen Euro bei den Integrations-
kursen zu schließen.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Falsch!)


Frau Böhmer hat gestern 15 Millionen Euro angekün-
digt. Das ist ein erster Schritt, ein erster Schritt von zwei
gleich großen Schritten. 30 minus 15 sind 15. Es fehlen
also noch 15 Millionen Euro.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Es gab keine Bundesregierung, die so viel Geld für Integrationskurse ausgegeben hat!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705532300

Frau Kollegin, ich muss Sie auf das Ende der Rede-

zeit aufmerksam machen.

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(C (D Das betrifft vor allem Menschen, die schon lange hier eben und die gern einen Integrationskurs belegen würen. Bitte werden Sie da tätig! Im Übrigen freue ich mich auf spannende Diskussioen im Ausschuss zu einem spannenden Thema. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1705532400


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705532500

Nächster Redner ist der Kollege Hartfrid Wolff für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Dis-

ussion über die aktuellen Einbürgerungszahlen und die
onsequenzen daraus ist wichtig, aber dieser Antrag der
inken ist keine ernsthafte Diskussionsgrundlage.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as Sie diesem Hohen Hause hiermit schon wieder vor-
egen, ist nichts anderes als ideologischer Ballast. Auf
er Basis Ihres Antrags kann nicht ernsthaft eine ver-
ünftige Diskussion geführt werden.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Dann ersparen Sie sich das!)


Die Linken fordern eine Einbürgerung unabhängig
om Aufenthaltstitel. Das heißt im Klartext: Einbürge-
ung auch für Illegale.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Kein Mensch ist illegal!)


as ist denn das für eine neue Gemeinschaft von Deut-
chen, die wir hier kreieren sollen? Was ist denn das für
ine Wertegemeinschaft?

Die Linken fordern eine Abschaffung des Optionsmo-
ells. Dieses Optionsmodell war ein wichtiger Einstieg
n eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts hin zu
inem Jus Soli.


(Rüdiger Veit [SPD]: Ein bedauerlicher, aber notwendiger Kompromiss!)


ber es gibt noch keine weiteren Erkenntnisse über die
irkungen dieses Optionsmodells, lieber Kollege. Aus
einer Sicht gilt es, erst die Wirkungen eines Rechts zu

valuieren, bevor man an diesem Recht schon wieder he-
umschraubt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


enau diese Evaluierung hat die Koalition vor. Dies ist
o vereinbart. Dies werden wir auch so durchführen.
ber es geht noch weiter, liebe Kolleginnen und Kolle-
en. Die Linken fordern, die Mehrstaatigkeit generell zu
kzeptieren.





Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)


(Sebastian Blumenthal [FDP]: Nur zwei Linke!)


– Richtig, es sind nur zwei Linke. – Wie wäre es denn da
mit einer vierten, fünften oder sechsten Staatsangehörig-
keit? Es gibt dagegen nicht nur juristische Bedenken.
Was die Linken hier vorhaben, ist das Verramschen der
deutschen Staatsangehörigkeit. Das können wir nicht
mitmachen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das ist so unter der Gürtellinie! Das ist ja unglaublich!)


Richtig entlarvend in dem Antrag ist Folgendes: Der
generelle Einbürgerungsanspruch soll unabhängig vom
Einkommen und unabhängig von der Frage nach dem
Sozialleistungsbezug bestehen.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Und das nennt sich liberal!)


Das heißt im Klartext: Es soll nach dem Willen der Lin-
ken eine Zuwanderung in die deutschen Sozialversiche-
rungssysteme geben.


(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Die ist doch schon da!)


Das heißt auch, liebe Kolleginnen von den Linken, weni-
ger Geld für die, die in Deutschland schon Sozialleistun-
gen bekommen und darauf angewiesen sind. Es wäre an-
ständig, wenn Sie dazusagen würden, wem Sie dieses
Geld, das Sie anderweitig zur Verfügung stellen wollen,
wegnehmen wollen – offensichtlich den Sozialhilfeemp-
fängern.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie verdrehen einem das Wort, Herr Kollege! – Stephan Thomae [FDP]: Der Kuchen bleibt gleich groß!)


Interessant ist – der Kollege Brandt sagte schon ei-
nige richtige Worte dazu –


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Was, nur einige?)


– viele richtige Worte, Herr Hofmann –, dass die Linken
auf die Forderung nach ausreichenden Deutschkenntnis-
sen verzichten wollen.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Bei Profifußballern verzichten Sie auf alles!)


Dabei weiß jeder, der Integrationspolitik betreibt, dass
das Beherrschen der deutschen Sprache für das gegen-
seitige Verstehen, für die gegenseitige Akzeptanz und
auch für die Wertevermittlung wichtig ist. Natürlich
sieht es den Linken ähnlich, dass sie kein Interesse mehr
an den Staatsbürgerkursen haben.

Linke sind in der Integrationsdebatte nicht ernst zu
nehmen. Sie fangen nicht einmal bei null an; sie liegen
bei unter null. Fortschritt heißt Gleichberechtigung, freie
Kommunikation und Wertevermittlung sowie Religions-
freiheit – wir haben heute eine sehr gute Debatte darüber
gehabt –, Demokratie und Meinungsfreiheit. Was die
Linken hier präsentieren, ist Vorbeirutschen an der Auf-

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(C (D lärung und finstere Reaktion. Dieser Forderungskatalog er Linken ist absurd und deswegen aus meiner Sicht eine vernünftige Diskussionsgrundlage. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Was Sie von sich geben, ist reaktionär! Das ist ja rechter als die CDU!)


Viele Menschen haben die Einbürgerung in Deutsch-
and geschafft. Es sollen mehr die Einbürgerung in
eutschland schaffen. Wir sind stolz auf diejenigen, die

ich in Deutschland haben einbürgern lassen. Aus mei-
er Sicht müssen wir verhindern, dass die Leistung der-
enigen, die die Einbürgerungsprozedur auf sich genom-
en haben und die gerne Deutsche werden wollten,

ufgrund der Forderungen der Linken entwertet wird.
inbürgerungsregeln, die nicht von weiten Teilen der
evölkerung akzeptiert werden, schaden der Akzeptanz
on Migranten. Die Forderungen der Linken sind kon-
raproduktiv für den Erfolg der Integration und auch
ontraproduktiv für eine möglicherweise spätere Anpas-
ung des Staatsangehörigkeitsrechts.


(Stephan Thomae [FDP]: Völlig richtig!)


Die Einbürgerungspolitik der Linken ist skurril, nega-
iv konsequent und keiner intakten Gesellschaft zuzumu-
en. Es geht darum, eine Willkommenskultur zu schaf-
en;


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie denn jetzt zufrieden mit den Einbürgerungszahlen?)


s geht darum, Offenheit zu schaffen und für die Akzep-
anz von Kriterien zu sorgen. Integration heißt fördern
nd fordern. Integration heißt Klarheit über die Kriterien
ür die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit. In-
egration heißt auch, für Werte zu werben. Integration
eißt, die Zukunft zu gestalten, und nicht ideologisches
aufenlassen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Von welchen Werten reden Sie? Mövenpick, oder was?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705532600

Das Wort hat der Kollege Memet Kilic für die Frak-

ion Bündnis 90/Die Grünen.


Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705532700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich kann mit dem südländischen Tempera-
ent von Herrn Wolff nicht Schritt halten; aber ich
erde mein Bestes geben.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die demokratische Gesellschaft ist eine Gemeinschaft
n Vielfalt; das hat uns der Bundespräsident in seiner An-
rittsrede vor Augen geführt. Dass wir eine Gemein-
chaft in Vielfalt geworden sind, hat auch zu Verände-
ungen des Einbürgerungsrechts geführt. Eingewanderte





Memet Kilic


(A) )


)(B)

sollen leichter die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen
können. Menschen, die auf Dauer in Deutschland leben,
sollen der Staatsgewalt nicht nur unterworfen sein, son-
dern auch daran teilhaben können.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Diesem Interesse wird unser derzeit geltendes Staats-
angehörigkeitsrecht aber kaum gerecht. Von den bundes-
weit etwa 6,7 Millionen Menschen mit ausländischer
Staatsangehörigkeit leben fast 5 Millionen seit mehr als
acht Jahren in Deutschland und erfüllen somit eine der
wesentlichen Einbürgerungsvoraussetzungen.


(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Daran will Wolff nichts ändern!)


Dennoch erlangen pro Jahr nur rund 90 000 die deutsche
Staatsangehörigkeit. Seit 2004 sind die Einbürgerungs-
zahlen sogar um rund ein Fünftel zurückgegangen. So
kommt es, dass Deutschland im europäischen Vergleich
eine der schlechtesten Einbürgerungsquoten hat. Prozen-
tual ist die Einbürgerungsrate in Schweden fast dreimal
höher als in Deutschland. Wir Grüne wollen daher die
Einbürgerungsvoraussetzungen erleichtern. Wir möch-
ten Hindernisse abbauen, die die hier lebenden Einwan-
derer davon abhalten, die deutsche Staatsangehörigkeit
anzunehmen. An dieser Stelle möchte ich nur einige For-
derungen nennen, die wir noch in einem eigenen Antrag
in den Bundestag einbringen werden.

Die Fristen für eine Einbürgerung sollen verkürzt
werden. Hierfür sehe ich eine reelle Möglichkeit. Nicht
nur die SPD und die Linke befürworten eine Verkürzung
der erforderlichen Aufenthaltsdauer auf sechs bzw. fünf
Jahre, sondern auch die FDP ist für eine Einbürgerung
nach fünf Jahren. Das finde ich richtig. Ich gratuliere der
FDP zu dieser Forderung. Turboeinbürgerung nennt man
das; das finde ich gut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Dazu hat er nichts gesagt! – Patrick Döring [FDP]: Unser Programm ist halt gut!)


Wir sind dafür, den Grundsatz der Vermeidung von
Mehrstaatigkeit aufzugeben. Auch hierin stimmen wir
mit der SPD, der Linken und der FDP überein. Zahlrei-
che Untersuchungen haben bestätigt, dass, wenn auslän-
dische Staatsangehörige ihre bisherige Staatsangehörig-
keit behalten dürfen, die Bereitschaft zur Einbürgerung
um ein Vielfaches steigt. Eine nachvollziehbare Begrün-
dung, an dem Verbot der Mehrstaatigkeit festzuhalten,
gibt es nicht.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das sieht das Bundesverfassungsgericht aber anders!)


Wie meine Kollegin von der SPD bereits gesagt hat, hat
auch der Ministerpräsident von Niedersachsen neben
der deutschen eine ausländische Staatsangehörigkeit.
Keiner sieht deswegen unsere freiheitlich-demokrati-
sche Grundordnung in Gefahr.

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(C (D Der Einbürgerungstest hat seine abschreckende Wirung bereits gezeigt. Wir brauchen eine Einbürgerungsolitik, die einer modernen Einwanderungsgesellschaft erecht wird. Zu einer einladenden Einbürgerungspolitik ehört auch, dass Rentnerinnen und Rentner, die ihre Juend in den Aufbau unseres Landes investiert haben, hne Sprachtest und Lebensunterhaltssicherung eingeürgert werden können. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


chließlich wollen wir die Einbürgerung von jungen Mi-
rantinnen und Migranten vereinfachen und die Einbür-
erungsgebühren senken.

Einbürgerung ist weder Beginn noch Krönung der In-
egration, sondern ein wesentlicher Schritt dorthin und
in wunderbares Mittel, um den Eingewanderten ein Zu-
ehörigkeitsgefühl zu geben.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705532800

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

tephan Mayer für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1705532900

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle-

innen! Sehr geehrte Kollegen! Zunächst möchte ich die
elegenheit nutzen – ich glaube, heute darf man das
och –, Ihnen, sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr herz-
ich zu Ihrem gestrigen Geburtstag zu gratulieren und Ih-
en für die Zukunft alles Gute zu wünschen.


(Beifall)


Der Antrag der Linkspartei, den wir heute debattie-
en, ist sowohl integrationspolitisches als auch gesell-
chaftspolitisches Harakiri.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber Japanisch!)


ie Forderungen, die Sie stellen, sind völlig realitätsfern
nd weltfremd. Zu Ihrem Antrag fällt mir nur eines ein:
lter Wein in neuen Schläuchen. Vor vier Jahren haben
ie exakt die gleichen Forderungen in einem ähnlichen
ntrag gestellt; Sie haben lediglich die Begründung aus-
ewechselt. Am Forderungskatalog haben Sie nichts ge-
ndert. Ich muss ganz ehrlich sagen: Mir kommt der An-
rag der Fraktion Die Linke vor wie das Ungeheuer von
och Ness – in unregelmäßigen Abständen taucht er im-
er wieder auf. Aber ich bin zuversichtlich, dass Ihr An-

rag das gleiche Schicksal wie das Ungeheuer von Loch
ess erfahren wird: Es ist nie Realität geworden.

Weil Sie immer behaupten, die Einbürgerungszahlen
eien im Vergleich zu den 90er-Jahren dramatisch zu-
ückgegangen, muss ich sagen: Sie verwechseln hier Äp-
el mit Birnen. In den 90er-Jahren hat das Statistische





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

Bundesamt sämtliche Spätaussiedler, die aus Kasachstan
oder Russland zu uns gekommen sind, hinzugezählt.
Deswegen kann man die Einbürgerungszahlen der 90er-
Jahre nicht mit den Einbürgerungszahlen dieses Jahr-
zehnts vergleichen. Da besteht ein diametraler Unter-
schied.

Die Zahl der Einbürgerungen ist zurückgegangen; das
ist ein Faktum.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Was denn nun? Fakt oder nicht Fakt?)


Man kann sich natürlich darüber Gedanken machen, wo-
rauf dies zurückzuführen ist. Das mag vielleicht ganz
profan daran liegen, dass viele derjenigen, die Anspruch
auf eine Einbürgerung haben, schon längst eingebürgert
sind. Es kann auch daran liegen – auch das gilt es zu be-
denken –, dass viele derjenigen, die an sich anspruchsbe-
rechtigt sind, überhaupt kein Interesse daran haben, die
deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen.


(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das ist doch aber schlimm, oder?)


– Sehr verehrte Frau Kollegin Kolbe, Sie haben erwähnt,
dass über 5 Millionen Ausländer seit mehr als acht Jah-
ren in Deutschland leben. Schon nach dem heute gelten-
den Staatsangehörigkeitsrecht könnten diese sofort einen
Antrag auf Einbürgerung stellen.


(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Lesen Sie das Gesetz! – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Reden Sie mal mit denen!)


Ich denke, man sollte sich eher die Frage stellen, wes-
halb diese über 5 Millionen Ausländerinnen und Auslän-
der kein Interesse daran haben, die deutsche Staatsbür-
gerschaft zu erlangen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist interessant! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sagen Sie mal, warum!)


Dem Antrag der Linksfraktion wohnt aus meiner
Sicht – das ist ganz deutlich – der folgende Grundge-
danke inne: Deutsche Staatsbürgerschaft! Wer hat noch
nicht? Wer will noch mal? – Sie wollen die deutsche
Staatsbürgerschaft auf dem Jahrmarkt feilbieten. Dies
wird in keiner Weise dem Wert der deutschen Staatsan-
gehörigkeit gerecht; denn sie ist ein hohes Gut.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin sehr froh, dass wir es in der Großen Koalition ge-
schafft haben, den Akt der Ausreichung der deutschen
Staatsbürgerschaft zu heben. Viele Landratsämter und
viele kreisfreie Städte veranstalten wunderschöne, sehr
angemessene und sehr würdige Feierlichkeiten, in deren
Rahmen die deutsche Staatsbürgerschaft erworben wird.


(Rüdiger Veit [SPD]: Das ging doch vorher schon!)


Ich glaube, das ist ein schönes Zeichen, ein schönes
Symbol für gelungene Integration.

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(C (D (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Symbolpolitik ist das!)


Eine weitere Fehlauffassung von Ihnen, meine lieben
olleginnen und Kollegen von der Fraktion Die Linke:
ie sind der Auffassung, dass das Ausreichen der deut-
chen Staatsbürgerschaft die Integration in die deutsche
esellschaft erleichtert.


(Zuruf von der LINKEN: Natürlich! Was denn sonst?)


as Gegenteil ist der Fall: Das Ausreichen der deutschen
taatsbürgerschaft kann nur am Ende eines erfolgreichen
ntegrationsprozesses stehen.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Der Lagebericht von gestern widerspricht dem doch!)


as ist der grundlegende Fehler, den Sie machen.

Die deutsche Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut,
nd es gilt, dies immer wieder klarzumachen. Die deut-
che Staatsbürgerschaft ist mit Rechten verbunden, aber
enauso auch mit Pflichten. Deswegen halten wir es für
atal, dass Sie den diametralen Wechsel vom Jus Sangui-
is zum Jus Soli fordern. Sie fordern, dass jeder, der in
eutschland geboren wird und von dem nur ein Eltern-

eil ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland hat,
utomatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhält, un-
bhängig davon, wie gut und erfolgreich die Eltern in
eutschland integriert sind. Das ist ein großer Fehler.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das ist doch Sippenhaft!)


ch kann daraus nur den Schluss ziehen, dass es Ihr ein-
iges Bestreben ist, sich ein anderes Staatsvolk zu schaf-
en.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Was für ein Rechtsverständnis haben Sie eigentlich, Herr Kollege?)


ie wollen sich ganz bewusst ein neues, ein anderes
taatsvolk schaffen. Dazu sage ich ganz deutlich: Da
achen wir nicht mit.

Die Sprach- und Orientierungskurse, die wir in der
eit der Großen Koalition geschaffen haben, sind ein Er-

olg. Insgesamt stehen in diesem Jahr 233 Millionen Euro
afür zur Verfügung. Fast eine viertel Milliarde Euro
teht in diesem Jahr für Sprachkurse und Integrations-
urse zur Verfügung.


(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das ist immer noch zu wenig!)


n den letzten fünf Jahren haben insgesamt ungefähr
00 000 Menschen mit Migrationshintergrund erfolg-
eich an diesen Sprach- und Orientierungskursen teilge-
ommen. Ich glaube, darauf können wir alle in Deutsch-
and stolz sein. Das ist ein schönes Zeichen.


(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: 15 Millionen fehlen in diesem Jahr!)






Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

Ich sage auch ganz offen: Trotz aller Konsolidie-
rungsbestrebungen und Sparnotwendigkeiten macht die
christlich-liberale Koalition vollkommen klar, dass an
diesem Punkt nicht gespart wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das stimmt nicht!)


Wenn Sie in den Entwurf des Haushaltes für das
Jahr 2011 blicken, der gestern vom Kabinett verabschie-
det wurde, sehen Sie, dass dort wiederum 233 Millionen
Euro für Sprach- und Orientierungskurse eingestellt
sind.


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Linke Tasche, rechte Tasche!)


Das ist ein sehr ehrgeiziges und sehr mutiges Zeichen.
Es wird an vielen Stellen – teilweise sehr leidvoll und
mit unbequemen Einschnitten – gespart. Aber bei die-
sem wichtigen Punkt „Sprach- und Orientierungskurse“
wird nicht gespart. Ich glaube, das ist ein schönes Zei-
chen. Darauf kann die christlich-liberale Koalition stolz
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein weiterer Erfolgsschlager sind meines Erachtens
die Einbürgerungstests. Es ist schon erwähnt worden:
Die Erfolgsquote liegt bei fast 99 Prozent. Ich halte es
für außerordentlich subtil, wenn jetzt behauptet wird:
Wenn 99 Prozent den Einbürgerungstest bestehen, dann
brauchen wir ihn doch gar nicht. – Auch das ist eine
Fehlauffassung, sehr geehrter Herr Kollege Winkler;
denn es ist doch schön, wenn sich alle bemühen, nicht
nur entsprechend Deutsch zu lernen, sondern sich auch
mit der deutschen Geschichte, der deutschen Soziallehre
und dem deutschen Staatsaufbau auseinanderzusetzen,
um den Einbürgerungstest erfolgreich abzuschließen.

Dieser Einbürgerungstest schließt niemanden aus.
Ganz im Gegenteil, er ist ein wichtiger Beitrag zur Inte-
gration. Deswegen kann ich Ihnen, meine sehr verehrten
Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Die Linke,
nur zurufen: Stampfen Sie endlich diese Forderungen,
stampfen Sie endlich dieses Ungeheuer von Loch Ness
ein. Diese Forderungen umzusetzen, wäre schlecht für
Deutschland und die in Deutschland lebenden Auslände-
rinnen und Ausländer und schlecht für einen erfolgrei-
chen Integrationsprozess.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705533000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2351 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. – Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

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( T 1 d z S G t f A g n e d e (C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Sportausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer (Altötting)

der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Joachim Günther (Plauen), Dr. Lutz Knopek,
Gisela Piltz, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Europa in Bewegung – Mit Kompetenz und
Verantwortung für einen europäischen
Mehrwert im Sport

– zu dem Antrag der Abgeordneten Martin
Gerster, Sabine Bätzing, Gabriele Fograscher,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Den Sport in Europa voranbringen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Viola von
Cramon-Taubadel, Winfried Hermann, Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sport in der Europäischen Union – Den Lis-
sabon-Vertrag mit Leben füllen

– Drucksachen 17/2129, 17/1406, 17/1420,
17/2468 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Riegert
Martin Gerster
Joachim Günther (Plauen)

Katrin Kunert
Viola von Cramon-Taubadel

In der Tagesordnung wurde bereits ausgewiesen, dass
ie Reden zu Protokoll genommen werden. Es handelt
ich um die Reden folgender Kolleginnen und Kollegen:
laus Riegert, Stephan Mayer (Altötting), Martin
erster, Axel Schäfer (Bochum), Joachim Günther

Plauen), Jens Petermann und Viola von Cramon-
aubadel.


Klaus Riegert (CDU):
Rede ID: ID1705533100

Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am

. Dezember 2009 und mit dem Art. 165 AEUV erhielt
ie Europäische Union eine ausdrückliche, unterstüt-
ende Zuständigkeit und Kompetenz für den Bereich
port. Der erwähnte neue Sportartikel bietet auf der
rundlage des „EU-Weißbuchs Sport“ und des „Ak-

ionsplans Pierre de Coubertin“ nachhaltige Chancen
ür den Sport in Europa. Eine ziel- und zweckgerichtete
usgestaltung dieser neuen EU-Kompetenz findet in Ab-
renzung zu nationalen Aktivitäten und Maßnahmen ei-
en notwendig, begrenzenden Rahmen. Im Mittelpunkt
ines gemeinsamen Interesses in diesem Bereich steht
emnach das Erzielen eines europäischen Mehrwertes.

In Form von EU-Sportforen, bilateralen Treffen und
ines Konsultationsprozesses gilt es, fortführend für die


(A) )


)(B)

EU-Kommission mit den 27 EU-Mitgliedstaaten und be-
deutenden Sportorganisationen inhaltliche Vorschläge
zur Ausgestaltung des neuen Sportartikels zu finden.
Gleichwohl vielfältiger Aspekte weist die EU-Kommis-
sion in ihrem Non-Paper auf eine Priorisierung der an-
gestrebten Ziele nach Größe des Mehrwertes und Hand-
lungsbedarfs hin. Zudem wird auf ihre lediglich
unterstützende Kompetenz für eine Zusammenarbeit der
Mitgliedstaaten und auf die begrenzten finanziellen Mit-
tel hingewiesen. Es soll nicht um die Auflistung eines
möglichst breiten Ziel- und Forderungskataloges gehen,
sondern um den Fokus auf gut begründbare und gewich-
tete Ziele mit einem Wertzuwachs auf europäischer
Ebene. Eine Missachtung dieses grundlegenden Hinwei-
ses der EU-Kommission durch Aufführen von mehr als
25 Punkten weckt Unverständnis – nicht nur im Blick auf
die zukünftige Konsensfindung und inhaltlichen Über-
schneidungsbereiche der 27 EU-Mitgliedstaaten. Aber
genau dies findet man in den Anträgen der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen und der SPD-Fraktion, wobei
die Grünen geschickterweise ihre 25 Punkte in fünf Un-
terpunkte gepackt haben. Das Initiativrecht für Maßnah-
men im Sport verbleibt jedoch schließlich bei der Euro-
päischen Kommission. Es genügt zusammenfassend
demnach nicht der undifferenzierte Wahlspruch „Den
Sport in Europa voranbringen“, sondern es bedarf der
Beachtung der strukturellen, institutionellen und rechtli-
chen Rahmenbedingungen sowie einer Abwägung der
sportpolitischen Inhalte. Auch die wohl gemeinte Idee,
„den Lissabon-Vertrag mit Leben zu füllen“, darf mit ei-
nem breiten Forderungskatalog nicht einer inhaltlich,
thematischen Zerstreuung oder Überforderung gleich-
kommen. Eine nachhaltige EU-Sportagenda bedarf
eines angemessenen Entwicklungsprozesses und nicht
einer überstürzten Anhäufung oder vorschnellen Über-
frachtung.

Trotz diverser durchaus interessanter Vorschläge zur
EU-Sportagenda können sportpolitische und vor allem
EU-rechtliche Rahmenbedingungen nicht ignoriert wer-
den. So kann von einer Harmonisierung der nationalen
Rechtsvorschriften in weiten Teilen nicht ausgegangen
werden. Weiterhin sollen die Chancen für den Sport und
für Europa in gemeinsamer Verantwortung wechselsei-
tig genutzt werden, ohne dabei gleichzeitig einer büro-
kratischen Überregulierung mit Überwachungs-, Prü-
fungs- und Koordinationsmechanismen zur Umsetzung
der EU-Leitlinien zu verfallen. Letztlich steht der Wert-
zuwachs für den europäischen Sport mit dessen Agenda
im Vordergrund und nicht unnötiges Behördenhandeln.
Zu beachten ist ebenfalls, dass trotz des Lissabon-Ver-
trages im Sport auf Europaebene auch zukünftig keine
Rechtsakte erlassen, sondern nur Empfehlungen ausge-
sprochen und daraufhin finanzielle Zuwendungen ge-
steuert werden. Legitimieren lassen sich diese Zuwen-
dungen und Maßnahmen im Sport weiterhin nur durch
einen eindeutig transnationalen Bezug und Mehrwert
auf EU-Ebene. Denn nur vor dem Verständnis einer re-
flektierten und zielgerichteten Unterstützung durch die
EU kommt man einem aufgeklärten Verständnis des
Sports in Europa nach – jedoch nicht mit einer allein
wohlgemeinten Alimentation und letztlichen Bevormun-
dung. Dieses Verständnis sollte jedoch nicht nur hin-

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(C (D ichtlich finanzieller Förderprogramme, sondern für lle Maßnahmen der Sportagenda als Grundsatz gelten. abei ist der Sport mit dessen sozialer Wirklichkeit und esonderheit in Abgrenzung zur Wirtschaft in angemesener Weise zu berücksichtigen. Basale Prinzipien wie um Beispiel das Subsidiaritätsprinzip und die Autonoie des Sports sichern daran anknüpfend ein nachhalties Sportmodell in Europa mit zukünftig sinnvollen, onzentrierten und vor allem realisierbaren Maßnahen. Die Potenziale des Sports in Europa erhalten ihre Getaltungskraft und Signalwirkung erst durch eng defiierte und rational-nachvollziehbare Ziele. Dabei bechränken sich diese Zielvorstellungen längst nicht ehr auf rein wirtschaftliche oder rechtliche Verbinungslinien und Implikationen des Sports in der EU, ondern reichen ebenfalls hin zu sozialen Funktionen, um Beispiel im Sinne von Integrationsleistungen für ein Europa der Bürger“. In Anschluss an das erwähnte U-Weißbuch des Sports und den „Aktionsplan Pierre e Coubertin“ sollen auf europäischer Ebene verbinende Werte und Ziele, wie Fairness, gegenseitige Achung und Respekt im und durch den Sport gefördert weren. In Analogie zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion erden unter Berücksichtigung der genannten Prinziien daher zielgerichtete Vorschläge aus vier Themeneldern benannt, die zudem auch bei wichtigen Partnern eutschlands in der EU auf breite Zustimmung treffen: ie Förderung des Antidopingkampfes, die Verbesse ung der dualen Karrieremöglichkeiten und der Mobiliät von im Sport Beschäftigten, die Bedeutung von körerlicher Aktivität und des Sports für Gesundheit und rävention sowie das bürgerschaftliche Engagement. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, sich in er EU für eine maßvolle Fortentwicklung der EUportpolitik einzusetzen: Erstens. Durch die Einrichtung eines Netzwerkes der uropäischen Antidopingorganisationen, NADOs, sowie iner „Monitoring-Task-Force“ kann der Kampf gegen oping im Sport maßgeblich unterstützt und weiterentickelt werden. Zweitens. Die Möglichkeiten einer dualen Karriere ollen durch die Anerkennung von Trainerlizenzen und quivalenten Ausbildungsinhalten auf EU-Ebene sowie urch die Unterstützung der Mobilität von im Sport bechäftigten Personen deutlich verbessert werden. Die rfolgreiche, berufliche Eingliederung von Athleten teht im Mittelpunkt dieses Anliegens. Drittens. Im Blick auf die Bedeutung des Sports und er Bewegung für Gesundheit und Prävention sollen rogramme in Verbindung zu den EU-Leitlinien für körerliche Aktivität ohne bürokratische Überregulierunen fortgeführt werden. Hierbei sind vielfältige Aktivitäen in Anlehnung an den Nationalen Aktionsplan „IN ORM“ unter Berücksichtigung der regionalen, natioalen Gegebenheiten sowie des europäischen Kontextes u erschließen bzw. durchzuführen. Ziel ist es, durch eine erbesserte Aufklärung und Sensibilisierung der Menchen das Ernährungsund Bewegungsverhalten in eutschland und in der EU nachhaltig zu verbessern. Klaus Riegert gebene Reden )





(A) )

Viertens. In Bezug auf die Förderung des bürger-
schaftlichen Engagements ist es das Ziel, dies im und
durch den Sport zu fördern sowie die grenzüberschrei-
tende Mobilität von Ehrenamtlichen in der EU zu er-
leichtern. Hierbei sollen die Programme „Jugend in
Aktion“ sowie der Europäischen Freiwilligendienste
weitergeführt und die Ergebnisse der Studie zur Freiwil-
ligenarbeit in der EU mit deren Maßnahmen zur Gewin-
nung von Ehrenamtlichen im Sport umgesetzt werden.

Zusammenfassend und umrahmend ist bei den ge-
nannten Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass zur Er-
zielung eines europäischen Mehrwertes im Sport die ge-
nannten Leitlinien und grundlegenden Prinzipien
gewahrt werden, sodass Sport in Europa letztlich das ist
und zukünftig wird, was in Vielfalt die sporttreibenden
und sportbegeisterten EU-Bürger bewegt und vereint.
Europa befindet sich in Bewegung – Sport in Europa be-
wegt! Mit Kompetenz und Verantwortung für einen euro-
päischen Mehrwert im Sport wird man diesem Verständ-
nis gerecht.

In diesem Sinne fordere ich Sie auf, unserem Antrag
zuzustimmen.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1705533200

Fairness, Achtung und Respekt – das sind Tugenden,

die weltweit Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene
im Sport mit am besten verinnerlichen können. Deshalb
begrüße ich es einerseits, dass die Europäische Union
mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und mit
Art. 165 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäi-
schen Union den Sport unterstützen will. Andererseits
möchte ich ausdrücklich bedenken: Ich sehe durchaus die
Gefahr, dass Sportler und Beschäftigte im Sport plötz-
lich unnütz hohe bürokratische Hürden auf EU-Ebene
mit komplizierten Überwachungs-, Prüfungs- und Koor-
dinationsmechanismen erklimmen müssen.

Das Prinzip der Subsidiarität muss deshalb unbe-
dingt gewahrt bleiben. Es muss Aufgabe der Bundesre-
gierung sein, die Autonomie des Sport, die grundlegend
für ein Engagement der Bürger ist, zu wahren. Nur wenn
wir das schaffen, fördern wir das sportliche Engagement
der Bürger weiterhin effektiv und nachhaltig. Deshalb
fordern die CDU/CSU und die FDP eine klare, ver-
ständliche und zielgerichtete Regelung.

Darum kann ich es auch nicht verstehen, dass die
Kolleginnen und Kollegen von der SPD und vom Bünd-
nis 90/Die Grünen schwammig formulierte Anträge stel-
len. Damit leisten Sie einem undurchsichtigen Regel-
werk doch geradezu Vorschub.

Die EU-Kommission forderte mit ihrem Non-Paper
auf, zu priorisieren und zu konzentrieren. Mit ihrem An-
trag erfüllt die SPD-Fraktion diese Aufgabe nur be-
dingt. Sie listen zwar 19 Aspekte auf, setzen aber keine
Schwerpunkte. Die verehrten Kolleginnen und Kollegen
vom Bündnis 90/Die Grünen setzen ebenfalls keine Prio-
ritäten.

Hinzu kommt, dass beide Parteien die Autonomie des
Sports, die im Spannungsfeld zum EU-Recht steht, nur
unzureichend schützen. Die SPD fordert eine stärkere

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(C (D nterstützung des Sports auf EU-Ebene in Bereichen ie Bildung oder Entwicklungspolitik. Prinzipiell berüße ich das natürlich. Aber ich bezweifle, dass ihr Aniegen in dieser Form auch durchführbar ist. Eine Haronisierung des EU-Rechts in diesen Bereichen ist doch her unwahrscheinlich und auch nicht erstrebenswert. ie Grünen beziehen in ihrem Antrag gar keine Stellung ahin gehend, wo die Autonomie des Sports sinnvoll ercheint. Sie thematisieren das Spannungsfeld zum EUecht nicht einmal. Sowohl die SPD als auch das Bündnis 90/Die Grünen ielen mit ihren Forderungen zu ungenau darauf ab, die ompetenzen der Mitgliedstaaten und damit auch die ompetenzen von Deutschland zu wahren. Wenn die PD mehr Unterstützung der EU beim Sport im Bereich er Bildung fordert, dann laufen Sie Gefahr, eine der ichtigsten Aufgaben der Bundesländer zu beschneiden. uch die Kollegen vom Bündnis 90/Die Grünen fordern um Beispiel EU-Projekte zur Integration von Frauen nd Gesundheit. Dabei vergessen sie anscheinend, dass iese Bereiche in die nationale Zuständigkeit fallen. Dait nicht genug: Sie bleiben vage und benennen noch icht einmal den Gewinn, den Sie wohl erwarten. Die CDU/CSU und die FDP fordern in ihrem Antrag, en Fokus auf gut begründbare und gewichtete Ziele zu egen. Zudem muss der Mehrwert auf europäischer bene ersichtlich sein. Der Antrag von CDU/CSU und DP respektiert und schützt die Autonomie des Sports. ir warnen vor einer Bevormundung durch die EU. enn die Akteure auf EU-Ebene allerdings die Autonoie des Sportes anerkennen und reflektiert sowie zielge ichtet unterstützen, können wir mit einem aufgeklärten erständnis von Sport in Europa gewinnen. Vor allem beim Kampf gegen Doping ist der Mehrert ersichtlich. Der Markt für Dopingmittel, der sich eider nicht nur an Profisportler, sondern zunehmend uch an Breitensportler richtet, kümmert sich nicht um ändergrenzen. Deshalb ist es unsere Pflicht und auch nser Wunsch, die Dopingbekämpfung auf EU-Ebene esser zu koordinieren. Die Gründung eines EU-Netzerkes der nationalen Antidopingorganisationen ist hier ine große Chance. Ich bin mir sicher: Mit dem Antrag der CDU/CSU nd der FDP schaffen wir eine Basis sowohl für den reitenals auch für den Spitzensport. Die Bürgerinnen nd Bürger bekommen mit uns bessere duale Karriereöglichkeiten. Darüber hinaus schaffen wir für Be chäftigte im Sport mehr Mobilität. Das Wichtigste leibt aber, dass wir bessere Bedingungen schaffen, mit port die Gesundheit und Prävention sowie das bürgerchaftliche Engagement zu stärken. Wir diskutieren heute drei Anträge zum Thema „Sport nd Europa“. Der Vertrag von Lissabon bringt neue ompetenzen Europas für die Förderung des Sports mit ich, der Art. 165 legt fest, dass die Union zur Fördeung der europäischen Dimension des Sports beiträgt. ie Chancen, die sich daraus ergeben, muss die Politik utzen. Die europäische Sportpolitik wird zukünftig ein Klaus Riegert gebene Reden )

Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1705533300




(A) )

wichtiger Bereich der Gemeinschaftspolitik sein, den die
Koalition, wie allerdings so viele andere Dinge auch,
beinahe verschlafen hätte. Erst unser Antrag, den wir im
Vorfeld des ersten formellen Sportministertreffens am
10. Mai 2010 eingebracht haben, um unsere Vorstellung
von Schwerpunkten europäischer Sportpolitik deutlich
zu machen, war für die Koalition der Weckruf. Aller-
dings hat es bis zum 16. Juni 2010 gedauert, bis die Ko-
alition ihren – aus unserer Sicht inhaltlich dürftig gehal-
tenen – Antrag formuliert hatte. Ich will der Koalition
keine Unlust unterstellen. Wahrscheinlich lag es viel-
mehr daran, dass für die Koalition nach den Vorschlä-
gen aus unserem fast zwei Monate vorher eingebrachten
Antrag keine weiteren guten Ideen mehr übrig waren.
Diese Annahme wird noch deutlicher, wenn man den In-
halt des Koalitionsantrages „Europa in Bewegung – Mit
Kompetenz und Verantwortung für einen europäischen
Mehrwert im Sport“ genauer betrachtet. Dieser enthält
nur wenig konkrete Vorstellungen für eine moderne eu-
ropäische Sportpolitik. Statt Chancen und Herausforde-
rungen zu suchen, bremst sich die Koalition im Antrags-
text selbst aus: Was bitte verstehen Sie, liebe
Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, denn un-
ter einer nicht wünschenswerten „wohlgemeinten Ali-
mentation“ bei gleichzeitig „hoch zu achtender Autono-
mie des Sports“, der „der Politik selbstverständlich wie
bisher einen begrenzenden Rahmen vorgeben“ wird?

Der Bund ist der wichtigste Förderer des Spitzen-
sportes, und er alimentiert nur dann nicht, wenn er auch
zukünftig willens und ermächtigt ist, gewisse Entschei-
dungen des autonomen Sports zu hinterfragen oder im
begründeten Einzelfall auch kritisch zu widersprechen.
Ansonsten gölte das Prinzip: „zahlen und schweigen“.
Das mag der fromme Wunsch des Gesundheitsministers
an die Bürgerinnen und Bürger sein – nicht nur in der
Sportpolitik sieht meine Fraktion dies jedoch ein wenig
anders.

Die Koalition lehnt unseren Antrag ab, da er Priori-
sierung und Konzentration vermissen lasse – eine we-
nig überzeugende Begründung! Wir haben in unserem
Antrag sehr deutlich gemacht, dass sportpolitische
Konsequenzen aus dem Lissabon-Vertrag breit und viel-
schichtig sein müssen. Die Bekämpfung von Doping,
Manipulation und Rassismus im Sport muss auch auf eu-
ropäischer Ebene Thema sein. Die Relevanz des Sports
als Instrument der Begegnung und damit europäischer
Integration und die Wichtigkeit von Ehrenamt im und für
den Sport und der Wunsch nach Förderung des bürger-
schaftlichen Engagements in Europa sollten unstrittig
sein. Die europäische Dimension des Sports geht aber
darüber hinaus, es gibt wichtige Überschneidungen
auch in andere Politikfelder. Darum finden Sie in unse-
rem Antrag auch Forderungen in Richtung Entwick-
lungs-, Medien-, Gesundheits- und Bildungspolitik.
Dazu müssen Finanzmittel zur Verfügung stehen – daher
unsere Forderung nach einer sinnvollen und ausreichen-
den Ausgestaltung des geplanten EU-Sportförderpro-
gramms.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, auch
wenn Sie es bestreiten, unser Antrag hat sehr wohl eine
klare Ausrichtung – daher hätte er Ihre Zustimmung ver-

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(C (D ient! Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen teilt iele unserer Ideen und macht sinnvolle Vorschläge; daer werden wir deren Antrag auch zustimmen. Der Kolitionsantrag hingegen ist nichtssagend; mehr als Floseln sind nicht erkennbar. Glauben Sie in der Tat, dass er Kampf gegen Doping nur gewonnen werden kann urch Netzwerke zwischen den europäischen Antidopingrganisationen? Was ist denn aus dem Versprechen der undeskanzlerin am Rande der Leichtathletik-WM 2007 n Osaka geworden, sich auf internationaler Ebene für ine konsequente Bekämpfung des Dopings einzusetzen? ch hoffe, dass die anderen europäischen Regierungen iefergehende Vorschläge machen werden als die von Ihen angeregte Anerkennung von Trainerlizenzen auf euopäischer Ebene. Das ist sicher wichtig, aber es gibt rößere sportpolitische Projekte in Europa. Der Vertrag von Lissabon ist ein Meilenstein für den uropäischen Einigungsprozess – und für die Sportpoliik in Europa. Denn mit dem Vertrag erlangt die Euroäische Union erstmals Kompetenzen für die Förderung er europäischen Dimension des Sports. Einher mit dieer neuen Kompetenz geht eine Verantwortung für die nhaltliche Gestaltung der sportpolitischen Zukunft. iese Verantwortung liegt nicht alleine bei der Europäi chen Kommission, sie liegt vor allem bei den Regierunen der Mitgliedstaaten und somit auch bei unserer undesregierung. Dieser Verantwortung scheint die chwarz-gelbe Koalition aber nicht gerecht werden zu önnen oder zu wollen. Ihr Antrag jedenfalls ist kaum ielgerichtet, wenig progressiv und weist gar keinen ehrwert auf. Wer so Sport betreibt, wird nicht weit ommen, und dasselbe gilt auch für die Sportpolitik von chwarz-Gelb. Fünf Punkte umfasst der Forderungsteil Ihres Antraes, und den wenigen Gestaltungsideen, die er enthält, ehlt es leider an jeder Ambition. Mit dem „Kampf gegen oping“, der Förderung „Dualer Karrieren“ und bürerschaftlichen Engagements sowie einer diffusen Idee ur Gesundheitsförderung durch Sport in Europa bleien Ihre Forderungen hinter dem Potenzial des Lissaon-Vertrages für den Sport zurück. Liebe Kolleginnen nd Kollegen von Union und FDP, machen Sie sich bis um nächsten Sportministertreffen ein paar zusätzliche edanken, damit Deutschland bei den Beratungen im at nicht verfrüht wegen Einfallslosigkeit und mangelner Motivation ausscheidet. Welche Arbeitsaufträge ollen Sie der von Ihnen getragenen Regierung für die uropäische Sportpolitik mitgeben? Sie haben, das wisen Sie hoffentlich, seit dem Inkrafttreten des Vertrags on Lissabon und der entsprechenden Begleitgesetze die öglichkeit, ja die Verantwortung, an der deutschen olitik in Europa mitzuwirken. Das Knüpfen neuer Antiopingnetzwerke und die Einrichtung einer Monitoringask-Force können doch nicht im Ernst Ihre finalen deen einer europäischen Strategie in der Dopingbeämpfung sein. Wir, die SPD-Fraktion, haben Ihnen mit nserem Antrag eine gute Vorlage für eine breite inhaltiche Diskussion mit den Sportministerinnen und Sportinistern gegeben. Wir sind Ihnen sicher nicht böse, Martin Gerster gebene Reden )

Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1705533400




(A) )

wenn die deutschen Regierungsvertreterinnen und -ver-
treter diese Ideen mit in die nächsten Gesprächsrunden
auf europäischer Ebene einfließen lassen.

Wir leiten aus der neu geschaffenen Kompetenz des
Art. 165 des Lissabon-Vertrages Verantwortung ab. Wir
wollen neben der nationalen Sportpolitik europäische
Sportpolitik gestalten. Dazu haben wir 19 Vorschläge
gemacht. Sie fordern eine „Begrenzung auf inhaltlich
realistische Vorschläge“. Nach erneuter Prüfung unse-
res Antrages kann ich Ihnen sagen, dass wir Ihre Forde-
rung – salopp gesagt – oppositionsuntypisch erfüllen –
alle 19 Vorschläge sind sehr realistisch. Sie sind klar
und zielgerichtet formuliert. Aus unserem Antrag wird
deutlich, wie die Ausgestaltung eines EU-Sportförder-
programmes aussehen könnte, wie europäische Doping-
bekämpfung funktionieren kann, welchen Wert Sport als
Instrument in der Bildungs-, Integrations- und Gesund-
heitspolitik hat und welchen Gefahren im Sport, zum
Beispiel Rassismus, Manipulation und Gewalt, gemein-
sam begegnet werden muss. Wir sehen die Mitgliedstaa-
ten als die zentralen Akteure in der Sportpolitik. Aus Ih-
rem Antrag schimmert einmal mehr die Dominanz der
Autonomie des Sports hervor. Glauben Sie uns und unse-
rem Antrag: Man kann Sportpolitik sehr wohl gestalten,
ohne die Selbstverwaltung des Sports und seiner Orga-
nisationen zu umgehen oder auszuhebeln.

Die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die
Grünen haben das in ihrem Antrag ebenfalls deutlich
gemacht. In vielen Ideen und Herausforderungen stim-
men unsere Vorstellungen überein. Daher werden wir zu
diesem Antrag, der den Lissabon-Vertrag mit Leben er-
füllen will, ebenfalls Ja sagen.

Zum Antrag der Koalition sagen wir Nein. Zu ober-
flächlich sind die Gestaltungsideen, zu konzeptionslos
ausgewählt die Maßnahmen. Ich hoffe aber, dass Union
und FDP erst am Beginn einer positiven Entwicklung
stehen. Das ist auch in der gemeinsam zu tragenden
Sportpolitik und den EU-Kompetenzen so.


Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1705533500

Die FDP sieht es grundsätzlich als positiv an, dass

mit dem Vertrag von Lissabon in Art. 165 eine unterstüt-
zende Kompetenz auf europäischer Ebene für den Sport
geschaffen wurde. Mit der Verankerung im Primärrecht
fällt der Sport auch erstmalig mit in den Zuständigkeits-
bereich der Europäischen Union, ohne dass die natio-
nale Verantwortung aufgegeben wird.

Der Sport hat jetzt neben leistungssportlichen, wirt-
schaftlichen und rechtlichen Merkmalen vor allem auch
einen sozialen Aspekt für die Bürger von Europa! Be-
griffe wie „Integration“, „Toleranz“ und „Zusammen-
halt“ gibt es in der Welt von sportlich Aktiven nicht nur
theoretisch, dort werden sie gelebt! So ist der Sport auch
Sinnbild für ein gedeihliches Miteinander. Dieser Tatsa-
che wird mit dieser neuen Kompetenz auch Rechnung
getragen.

Dies bietet eine Reihe von Chancen für den Sport,
wenn man die Kompetenz im Hinblick auf einen Mehr-
wert für den Sport sinnvoll, aber maßvoll einsetzt.

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(C (D Da sind zunächst natürlich die besseren finanziellen öglichkeiten zu nennen, zum Beispiel das für 2012 ge lante erste EU-Sportförderprogramm, die eine gute Eränzung zu den nationalen Mitteln darstellen. Die neue Kompetenz eröffnet uns weiterhin die Mögichkeit eines besseren Schutzes der körperlichen Unverehrtheit von Sportlern, insbesondere Jugendlicher, und essere Möglichkeiten von Gewaltbekämpfung durch renzüberschreitende Zusammenarbeit. Es wird auch zu einer verbesserten Koordinierung er Dopingbekämpfung auf internationaler Ebene komen. So erwarten wir von der Gründung eines EU-Netzerkes der nationalen Antidopingorganisationen, NAOs, neue Impulse, um Synergieeffekte für alle itgliedstaaten nutzbar zu machen. Bei der Implemen ierung neuer, gemeinsamer Antidopingmaßnahmen, um Beispiel im Hinblick auf die Einrichtung von Meleregistern, ist uns dabei eines ganz besonders wichtig: ie Persönlichkeitsrechte unserer Spitzensportler müs en angemessen berücksichtigt und unbedingt geschützt erden. Die Rolle des Sports für ein gesundes und fittes Leben n Verbindung mit richtiger Ernährung, der Kampf geen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Adiposias, eine effektivere Zusammenarbeit mit der WHO, veresserte Möglichkeiten der Bekämpfung von Wettbetrug, ie Förderung und Unterstützung des Antidopingkampes, die Verbesserungen der dualen Karrieremöglichkeien und der Mobilität von im Sport Beschäftigten, die tärkung des Ehrenamts, die Breitensportförderung und er Erhalt unserer einzigartigen Vereinsstruktur – all iese Ziele lassen sich in einem europäischen Rahmen och besser verfolgen und koordinieren. Doch bei allem Positiven, was vom Lissabon-Vertrag ür den Sport zu erwarten ist, muss ein Hinweis erlaubt ein: Es handelt sich beim Art. 165 AEUV lediglich um ine unterstützende Kompetenz. Wir müssen unbedingt uf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips achten. ußerdem darf die hoch einzuschätzende Autonomie des ports nicht erodieren. Dort, wo die neue EU-Kompeenz einen wirklichen Mehrwert für den Sport verpricht, soll sie auch maßvoll genutzt werden. Im Hinblick auf den umfangreichen Forderungskataog, der in den Anträgen der Opposition zu finden ist wie immer ohne genaue Vorstellung davon, wo das eld dafür eigentlich herkommt –, sollte man auch eines icht aus dem Blick verlieren: Unterstützung heißt nicht utomatisch finanzielle Hilfe, sondern auch ideelle ilfe, positive Aufmerksamkeit und das Fördern von ngagement und Eigenverantwortung. Bürokratischer berregulierung ist dies in jedem Falle vorzuziehen. Vier Wochen waren die Blicke der Sportwelt auf frika gerichtet. Zwischenzeitlich schien es, als würden ie Europäer ihre Vormachtstellung im Fußball verlieen. Wie hätte Europa reagiert, wenn plötzlich nur noch ine Mannschaft aus der „alten Welt“ im Wettbewerb ewesen wäre? Es ist kaum vorstellbar, dass sich ganz Axel Schäfer gebene Reden )

Jens Petermann (Plos):
Rede ID: ID1705533600




(A) )

Europa hinter dieses eine Team gestellt hätte – wie ganz
Afrika hinter Ghana stand.

Sport ist identitätsstiftend, und unsere europäische
Identität steckt noch in den Kinderschuhen – nicht nur
im Sport, aber hier ganz besonders.

Was ist dann also europäischer Sport, wie lassen sich
hier Gemeinsamkeiten herausbilden – ohne dass sie
einfach von oben zu solchen erklärt werden? In den An-
trägen aller Fraktionen werden verschiedene Problem-
stellungen durchaus treffend aufgezeigt. Aber die Weg-
beschreibungen zu möglichen Lösungen fehlen. Und die
allzu kurze „Debatte“ im Sportausschuss hat gezeigt,
dass es dazu aus der Regierung auch wenig Ideen gibt.

Die Linke hat dazu Ideen, die sich vor allem auf den
Breitensport konzentrieren. Wir haben es auch bereits
mehrfach gesagt: Um Schul-, Freizeit- und Vereinssport
sinnvoll zu fördern, brauchen wir ein Sportfördergesetz
des Bundes. Was bringt es, wenn die Länder und Kom-
munen alleine vor sich hin fördern, die Maßnahmen
aber nicht sinnvoll miteinander verzahnt werden?

An einem Beispiel lässt sich die Notwendigkeit, die
verschiedenen Ebenen der Sportförderung zu verbinden,
gut darstellen: Am Sportgymnasium in Oberhof – in mei-
nem Thüringer Wahlkreis – gibt es ein Nachwuchspro-
blem bei den Rodeltrainern: Zum einen sind da die
Anforderungen einer pädagogischen Ausbildung und
der leistungssportlichen Erfahrung. Das allein ist schon
sehr anspruchsvoll. Auf der anderen Seite gibt es die Ar-
beitsverträge für Lehrer, die stets für ein Jahr auf ge-
ringstmöglichem Tarifniveau befristet sind. Sowohl
sportlich als auch persönlich ist auf dieser Basis eine
wenigstens mittelfristige Planung unmöglich. Irgendwie
kann man da schon verstehen, dass es eigentlich keine
Anwärter für den Job gibt. Aber der Bund am Olympia-
stützpunkt Oberhof und das Land, das den Lehrer bezah-
len muss, haben halt unterschiedliche Vorstellungen.
Wer so agiert, stellt die Zukunft des Sportnachwuchses
in Frage.

Sowohl das „Weißbuch Sport“ als auch die Ent-
schließung des Europäischen Parlaments haben dem
Breitensport eine herausgehobene Rolle zugeschrieben.
Aber der Bund ziert sich weiterhin, hier eine Verschie-
bung der Schwerpunkte vorzunehmen. Die schwarz-gel-
ben Koalitionäre haben dem vor wenigen Monaten gar
noch die Krone aufgesetzt. Das Sportstättenprogramm
„Goldener Plan Ost“ wurde gestrichen, statt es auf ma-
rode Sportanlagen auch in den alten Ländern auszudeh-
nen – wie von der Linken gefordert. Die Bundesregie-
rung überlässt die Plätze und Hallen allein den leeren
Kassen der Kommunen. Das ist gesellschaftspolitischer
Unsinn.

Dem Antrag der Koalition können wir aus mehreren
Gründen nicht zustimmen. Allerdings möchte ich einen
ganz besonders hervorheben. Schwarz-Gelb ist stolz,
dass sich ihr Vorhaben „Sport in Europa“ auf fünf
Punkte konzentriert und nicht so eine Ansammlung von
Aufgaben aufzählt wie die Anträge von SPD und Grü-
nen. Aber in diesen Ansammlungen wird ein Problem
wenigstens benannt, das ein wirkliches Problem dar-

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(C (D tellt, das der Koalitionsantrag schlicht negiert: Rassisus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Das ist nicht nur fahrlässig, das ist gefährlich und gnorant. Mithilfe der neuen Kompetenzen auf der europäichen Ebene muss jetzt die Chance genutzt werden, um en Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und echtsextremismus voranzutreiben – das gilt für den pitzensport, aber insbesondere für den Breitensport. Inzwischen lässt sich zwar im Fußball, bei den Fans er einzelnen Nationalmannschaften in Europa, ein ückgang der sichtbaren rechtsextremen Äußerungsforen feststellen. Bei Auswärtsspielen aber haben mas ive rassistische und/oder rechtsextreme Verhaltensweien Konjunktur. Ich will hier nur an die Spiele der eutschen Nationalmannschaft in Celje im März 2005 nd Bratislava im September 2006 erinnern. Allerdings sind das keine neuen Erscheinungen, sonern konstatieren eine sogenannte „Wellenbewegung“ on gewalttätigen Ausschreitungen, vor allem bei Spieen in Osteuropa. Der bereits angedeutete Rückgang von roblematischen Verhaltensweisen, bedeutet nicht unbeingt einen Rückgang von problematischen Einstelungsmustern. Interviews von Fans und Experten weisen arauf hin, dass problematische Einstellungsmuster insbesondere im Rechtsextremismus – unsichtbarer eworden sind. Genau hier muss die Idee von einem geeinsamen Europa ansetzen, um diesen europafeindli hen Strömungen entgegenzuwirken. Auffallend auf nationaler Ebene ist, dass es eine Veragerung von rassistischen und rechtsextremen Verhalensweisen von der Bundesliga in die unteren Ligen gibt. ie Hauptursache hierfür, liegt im Fehlen von Fanpro ekten und der mangelnden finanziellen Ausstattung unerklassiger Vereine. Dieser Fehlentwicklung könnte an mit einem bundesweiten Sportfördergesetz entgeenwirken, um sozialpräventive Fanarbeit der Vereine it finanziellen Mitteln zu unterstützen. Dabei sollte An irassismus als Querschnittsaufgabe und nicht als flichtprogramm in einer europaweiten und internatioalen Debatte verstanden werden. Ausgangspunkt muss abei eine kontinuierliche Arbeit mit unterschiedlichen nsätzen und einer konstruktiv-vernetzenden Zusamenarbeit der verschiedenen Akteure sein. Und noch etwas möchte ich hier anmerken: Rassisus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus weren im Fußballstadion durchaus wahrgenommen und um Teil kritisch diskutiert. Schwulenfeindlichkeit und exismus hingegen werden immer noch nahezu totgechwiegen. Es hat sich so etwas wie eine Hierarchie von iskriminierungen entwickelt. Homophobe Fangesänge ehören zum Standardrepertoire in vielen Fußballstaien, die nicht weiter infrage gestellt werden. Gleichzeiig gehört Fußball zu einer der letzten gesellschaftlichen astionen, in denen Homosexualität weitgehend ein abu ist. Sexistische Merchandising-Artikel sind weit erbreitet und gelten als „normaler“ Bestandteil der ankultur. Jens Petermann gebene Reden )





(A) )

Mir ist unverständlich, wie die Koalition solche Ent-
wicklungen ignorieren kann und den Kampf gegen frem-
denfeindliches Verhalten nicht in ihren Maßnahmenka-
talog aufnimmt.

Vielleicht ist es ja auch vermessen, von einem „Maß-
nahmen“-Katalog zu sprechen. Ich lese in diesem An-
trag Absichtsbekundungen. Aber mehr oder weniger
wohlformulierte Sätze haben noch selten etwas bewirkt.
Es braucht aber mehr als lauwarme Worte, um im Sport
hierzulande wie auch in Europa etwas zu bewegen.

Die Linke im Deutschen Bundestag wird sich dem an-
nehmen und entsprechende parlamentarische Initiativen
einbringen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was die Koalition im Bereich der europäischen Sport-
politik bietet, das würde man im Fußball einen langsa-
men Spielaufbau nennen. Vielleicht sogar einen sehr
langsamen. Zur Erinnerung: Unser Antrag und der der
SPD lagen am 21. April 2010 im Sportausschuss vor.
Das ist gute zwölf Wochen her. Der Lissabon-Vertrag
trat Ende 2009 in Kraft und das erste offizielle Sport-
ministertreffen fand am 10. Mai 2010 statt. Viel Zeit für
die Koalition für eigene Initiativen. Aber, Schwarz-Gelb
ist eben die Farbkombination der Langsamkeit. Auch in
der europäischen Sportpolitik.

Nun zum Inhalt des Antrags, den Sie angesichts des
eben von mir kritisierten Tempos auch noch „Europa in
Bewegung“ nennen. Sie beziehen sich auf den Art. 165
AEUV, in dem der Sport „vor allem auch in seiner sozia-
len Funktion für ein Europa der Bürger gesehen“ wird.
Außerdem betonen Sie, dass „bei der Ausgestaltung der
neuen Zuständigkeiten ein europäischer Mehrwert
gegenüber nationalen Aktivitäten im Mittelpunkt des In-
teresses“ stehen müsse. Weiter führen Sie aus: „Unab-
hängig vielfältiger Aspekte weist die Europäische Kom-
mission auf eine Priorisierung der angestrebten Ziele
nach Größe des Mehrwertes und Handlungsbedarfs
hin.“ Sie wollen auch eine „bürokratische Überregu-
lierung mit Überwachungs-, Prüfungs- und Koordina-
tionsmechanismen zur Umsetzung der EU-Leitlinien“
verhindern. Auch die Autonomie des Sports und das
Subsidiaritätsprinzip sehen Sie in Gefahr und betonen
diese deswegen deutlich. Sie wehren sich gegen eine
wohlgemeinte Alimentation und letztlich Bevormundung
des Sports seitens der EU. Und weiter: „Die Potentiale
des Sports in Europa erhalten ihre Gestaltungskraft und
Signalwirkung erst durch eng definierte Ziele.“

Bis hierhin hat es den Anschein, als würde in Ihrem
Antrag nur stehen, was Sie alles nicht wollen. Er ist of-
fensichtlich durch die Sorge gekennzeichnet, dass die
Autonomie des Sports, das Subsidiaritätsprinzip und die
Bemühungen der Länder und Kommunen untergraben
werden könnten.

Sie strapazieren in Ihrem Antrag und Ihren Redebei-
trägen im Sportausschuss den „europäischer Mehr-
wert“ für meinen Geschmack zu sehr und maßen sich
auch noch die alleinige Definitionsmacht über dessen

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Zu Protokoll ge

(C (D edeutung an. Dann beklagen Sie auch noch die Vielahl der Forderungen in unserem Antrag und dem der PD-Fraktion. Sie dürfen sich aber nicht formal, sonern müssen sich vor allem inhaltlich mit unseren Forerungen auseinandersetzen. Nun zu Ihren Forderungen, die da wären: Erstens: inrichtung eines Netzwerkes der europäischen Antidoingorganisationen und einer „Monitoring-Taskorce“. Zweitens: Anerkennung von Trainerlizenzen nd äquivalenten Ausbildungsinhalten und Verbesseung der Rahmenbedingungen für duale Karrieren auf U-Ebene. Drittens: Programme in Verbindung zu den U-Leitlinien für körperliche Aktivitäten fortzuführen owie Aktivitäten in Anlehnung an den Nationalen Akionsplan „IN FORM“ zu erschließen und durchzufühen. Viertens: Bürgerschaftliches Engagement im Sport nd grenzüberschreitende Mobilität von Ehrenamtlichen n der EU fördern. Fünftens: Den durch Autonomie des ports und Subsidiaritätsprinzip vorgegebenen Handungsrahmen nicht überschreiten. Das sind ja alles ganz schöne, brave Forderungen, on denen ich die Punkte eins, zwei und vier grundsätzich für unterstützenswert halte. Allerdings bleiben Fraen offen: Wie wollen Sie eine Antidoping-„Monitoringask-Force“ ausgestalten? Wo soll diese Agentur angeiedelt werden? Wie soll deren Arbeit aussehen, etwa in er Art der kürzlich verkündeten Kooperation der ADA mit der Pharmaindustrie? Es würde mich auch interessieren, was Sie denn wirkich unter „Antidopingorganisationen“ alles verstehen. n Ihrer Rede zur ersten Lesung der Anträge der Oposition hieß es noch „Antidopingagenturen“. War das ur ein Versehen oder zeigt dies, dass Sie tatsächlich imer noch nicht wissen, was Sie eigentlich wollen? Auf unkt fünf bin ich vorher schon eingegangen. Ich stelle ir schon die Frage, wofür sie eigentlich so lange geraucht haben. Zumal Ihnen mit unserem Antrag – und n weiten Teilen dem der SPD – doch schon einige sehr ichtige Punkte für eine europäische Sportpolitik vorlaen. „Europa in Bewegung“ haben sie Ihren Antrag geannt. Nur leider ist eben keine Bewegung zu erkennen. anz offensichtlich ignorieren Sie die einzigartige Mög ichkeit, den Sport als Instrument zur europäischen Interation einzusetzen. Ein Punkt, der in ihrem Antrag änzlich fehlt. Ich kann hier nur an Sie appellieren: Nuten wir in der EU der 27 Mitgliedstaaten die vielen hancen des Sports zur Entwicklung einer gemeinsamen uropäischen Identität. Die Kinder und Jugendlichen, ie heute andere europäische Kulturen und Menschen ennenlernen, sind die Europäer und Europäerinnen on morgen. Ihre ignorante Haltung schadet der euroäischen Idee. Wenn das hier ein Tennismatch wäre, würde ich saen: „Der erste Aufschlag war klar im Aus. Versuchen ie mit dem zweiten Aufschlag, den Ball ins Feld zu spieen.“ Aber wir sind nicht auf dem Tennisplatz, sondern m Parlament. Und wie ich schon erwähnte, müssen wir ohl froh sein, dass Sie überhaupt einen gemeinsamen ntrag vorlegen konnten. In diesen Tagen müssten wir Jens Petermann gebene Reden Viola von Cramon-Taubadel )








(A) )

vonseiten der Regierungsparteien leider schon mit sehr
wenig zufrieden sein. Das sind wir aber nicht. Sie haben
nur einmal mehr gezeigt, dass Sie es nicht können.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705533700

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussemp-

fehlung des Sportausschusses auf Drucksache 17/2468. Der
Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussemp-
fehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen der
CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 17/2129 mit
dem Titel „Europa in Bewegung – Mit Kompetenz und
Verantwortung für einen europäischen Mehrwert im
Sport“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist damit angenommen mit den Stimmen der Ko-
alitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Oppositions-
fraktionen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
des Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1406
mit dem Titel „Den Sport in Europa voranbringen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dage-
gen? – Enthaltungen? – Diese Beschlussempfehlung ist
ebenfalls angenommen. Dafür haben gestimmt die Ko-
alitionsfraktionen, dagegen die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen und die SPD-Fraktion. Enthalten hat sich die
Fraktion Die Linke.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1420
mit dem Titel „Sport in der Europäischen Union – Den
Lissabon-Vertrag mit Leben füllen“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Ent-
haltungen? – Auch diese Beschlussempfehlung ist ange-
nommen. Dafür gestimmt haben die Koalitionsfraktio-
nen, dagegen die SPD-Fraktion und die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen. Die Fraktion Die Linke hat sich
enthalten.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 c auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Markus Kurth, Monika Lazar, Katja Dörner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bericht der Bundesregierung über die Lage
behinderter Menschen und die Entwicklung
ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter
vorlegen

– Drucksachen 17/1762, 17/2306 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Molitor

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja
Seifert, Dr. Martina Bunge, Heidrun Bluhm,

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(C


(D weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Elisabeth Scharfenberg, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Handlungsaufträge aus dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen – Drucksachen 17/1578, 17/1761, 17/2091 – Berichterstattung: Abgeordnete Silvia Schmidt c)


Erstellung des Berichts der Bundesregierung
auf Grundlage der UN-Konvention – Aktions-
plan zur Umsetzung auf den Weg bringen

– Drucksache 17/2367 –

Interfraktionell wird vorgeschlagen, auch hierzu die
eden zu Protokoll zu geben. – Ich sehe, Sie sind damit

inverstanden. Es geht um die Reden folgender Kolle-
innen und Kollegen: Maria Michalk, Silvia Schmidt
Eisleben), Gabriele Molitor, Dr. Ilja Seifert und Markus
urth.1)

Tagesordnungspunkt 17 a. Wir kommen zur Abstim-
ung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses

ür Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Bericht der Bun-
esregierung über die Lage behinderter Menschen und
ie Entwicklung ihrer Teilhabe umfassender und detail-
ierter vorlegen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 17/2306, den Antrag
er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache
7/1762 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die
eschlussempfehlung ist angenommen. Dafür haben die
oalitionsfraktionen gestimmt, dagegen die Fraktion
ündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke. Die
raktion der SPD hat sich enthalten.

Tagesordnungspunkt 17 b. Beschlussempfehlung
es Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Drucksa-
he 17/2091. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe
seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des An-
rags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1578

it dem Titel „Aktionsplan zur Umsetzung der UN-
onvention über die Rechte von Menschen mit Behinde-

ungen vorlegen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
ehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die
eschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-

ionsfraktionen angenommen; dagegen gestimmt haben
ie Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke.
ie SPD-Fraktion hat sich enthalten.

Anlage 9





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) )


)(B)

Wir sind noch beim Tagesordnungspunkt 17 b. Unter
Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 17/1761 mit dem Titel „Handlungsaufträge aus
dem UN-Übereinkommen über die Rechte von Men-
schen mit Behinderungen“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der
Fraktion der SPD und der Fraktion der Linken.

Tagesordnungspunkt 17 c. Abstimmung über den An-
trag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/2367 mit
dem Titel „Erstellung des Berichts der Bundesregierung
auf Grundlage der UN-Konvention – Aktionsplan zur
Umsetzung auf den Weg bringen“. Wer stimmt für die-
sen Antrag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der
Antrag ist abgelehnt. Dafür gestimmt haben die Fraktion
der SPD und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dage-
gen die Koalitionsfraktionen. Die Fraktion die Linke hat
sich enthalten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Richtlinie des Europäi-
schen Parlaments und des Rates über End-
energieeffizienz und Energiedienstleistungen

– Drucksachen 17/1719, 17/2280 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 17/2466 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Thomas Bareiß

Hierzu liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion
der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

In der Tagesordnung wurde bereits ausgewiesen, dass
die Reden zu Protokoll gegeben werden. Es handelt
sich um die Reden folgender Kolleginnen und Kollegen:
Thomas Bareiß, Rolf Hempelmann, Klaus Breil,
Dorothée Menzner und Ingrid Nestle.


Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1705533800

Heute beraten wir abschließend über die Umsetzung

der EU-Richtlinie über Endenergieeffizienz und Ener-
giedienstleistungen. Lassen Sie mich gleich vorneweg
die im wahrsten Sinne des Wortes effiziente Arbeit der
Ministerien und der Regierungsfraktionen loben: Mit
dem vorliegenden Gesetz können wir alle sehr zufrieden
sein. Letzte Unstimmigkeiten konnten wir mit unserem
Änderungsantrag im Nachgang zu der öffentlichen An-
hörung vergangene Woche noch ausräumen. Nun haben
wir das umgesetzt, was wir bereits im Koalitionsvertrag
angekündigt haben: eine marktwirtschaftliche Eins-zu-
eins-Umsetzung der EU-Richtlinie.

Erstens Änderungen im Gesetzgebungsverfahren.
Nach der Anhörung letzte Woche zur Umsetzung der

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(C (D ichtlinie haben wir in der Koalition noch kleine Ändeungen in das Gesetz eingearbeitet. Dazu gehört die ogenannte Sorgepflicht der Energieunternehmen. Zur estimmung, ob ein ausreichendes Angebot an Energieudits besteht, darf nicht allein auf die von den Enerieunternehmen unabhängigen Anbieter abgestellt erden. Vielmehr müssen alle potenziellen Anbieter be ücksichtigt werden, soweit diese ihre Beratung zu wettewerbsorientierten Preisen erbringen. Durch eine Änerung der Gesetzestextpassage im § 5 haben wir hier ntsprechend für mehr Klarheit sorgen können. Ein weiterer Punkt ist der Bezug auf die Regionalität m § 4 und im § 5 des Gesetzes. Die ursprüngliche Forulierung, dass Energielieferanten über Energieeffi ienzmaßnahmen in „ihrer kreisfreien Stadt oder ihrem andkreis“ zu unterrichten haben, führt zu der Gefahr, ass der Markt zu eng abgegrenzt wird. Auch hier haben ir für bessere Marktbedingungen gesorgt. Dienstleistungen werden heute nicht mehr allein von okalen Anbietern, sondern zu einem wesentlichen Teil uch von überregionalen oder gar grenzüberschreitenen Anbietern erbracht. Diese müssen deshalb bei der estimmung, inwieweit für den einzelnen Endverbrauher in seiner Region ein ausreichendes Angebot an nergieaudits besteht, Berücksichtigung finden. Ein letzter Punkt war noch die sogenannte Anbieteriste im § 7. Durch unseren Änderungsantrag haben wir afür gesorgt, dass die bei der Bundesstelle für Energieffizienz geführte Anbieterliste allen Anbietern von nergiedienstleistungen, Energieaudits und sonstigen nergieeffizienzmaßnahmen offensteht, unabhängig daon, ob der einzelne Anbieter von den Energieunternehen unabhängig ist oder nicht. Auf diese Weise wird für en Verbraucher eine maximale Markttransparenz gechaffen, die es ihm erlaubt, von allen potenziellen Anietern in seiner Region Kenntnis zu nehmen. Zweitens IEKP und andere Maßnahmen. Ich möchte n dieser Stelle auch gleich den Kritikern begegnen, die ns vorwerfen, dass diese Eins-zu-eins-Umsetzung der ichtlinie nicht weit genug gehe. Lassen Sie mich eines larstellen: Wir haben uns in Deutschland durch zahleiche Energieeffizienzmaßnahmen in den letzten Jahren ereits in die Position gebracht, dass diese Umsetzung er Richtlinie nur aus dem Grund keine weitergehenden egelungen enthält, weil wir in Deutschland bereits viel eiter gefasste Ziele haben, die wir auch schon erreicht aben. Lassen Sie mich aufgrund der Kürze der Zeit nur kurz arauf eingehen. Herauszuheben ist natürlich das interierte Energieund Klimaprogramm der Bundesregieung, das viele Maßnahmen enthält, die Deutschland bei er Energieeffizienz weltweit führend gemacht haben. it dem IEKP setzen wir zum Beispiel auf den weiteren usbau der gekoppelten Erzeugung von Strom und ärme, der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung. Die Gebäudesanierung ist ein weiterer wichtiger Beeich, in dem es noch erhebliche Potenziale gibt und in em wir aber ebenfalls schon einige Erfolge erzielen onnten. Durch das CO2-Gebäudesanierungsprogramm )


(A) )

haben wir seit dem Programmstart 2006 bis Ende 2009
insgesamt rund 6 Milliarden Euro Fördermittel für die
Gebäudesanierung zur Verfügung gestellt. In demselben
Zeitraum hat die KfW rund 550 000 Kredite und Zu-
schüsse mit einem Volumen von fast 30 Milliarden Euro
bewilligt. Mit den Fördermitteln wurden in diesem Zeit-
raum knapp 1,42 Millionen Wohnungen saniert oder be-
sonders energieeffizient errichtet, zudem rund 630 kom-
munale Einrichtungen.

Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Klima-
schutz. Der jährliche CO2-Ausstoß verringerte sich infolge
der geförderten Baumaßnahmen um fast 4 Millionen Ton-
nen. Zudem wurden jährlich bis zu 290 000 Arbeitsplätze
gesichert oder geschaffen.

Anfang des Jahres haben wir die Mittel zur Förde-
rung von Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanie-
rung im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungspro-
gramms nochmals um 400 Millionen Euro erhöht. Ich
werde mich auch weiterhin dafür einsetzen, dass diesem
meines Erachtens sehr wichtigen Programm in den an-
stehenden Haushaltsberatungen angemessene Priorität
eingeräumt wird.

Drittens Stellenwert der Energieeffizienz. Ich denke,
wir sind auf einem sehr guten Weg, ruhen uns aber auf
dem Erreichten nicht aus. Bei der Energieeffizienz lie-
gen noch erhebliche Potenziale; das gilt nicht nur für
die Seite der Energiebereitstellung, sondern vor allem
auch auf der Nachfrageseite. Dem Verbraucher kommt
hierbei eine Schlüsselrolle zu. Es gilt, die Verbraucher
zu überzeugen, selbst aktiv Energie einzusparen. Das
schont nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern vor
allem die Umwelt. Wir als Politik müssen verstärkt die
Rahmenbedingungen im Interesse der Verbraucher und
im Dialog mit allen Akteuren gestalten.

Was wir dabei allerdings nicht aus dem Blick verlie-
ren dürfen, ist die Frage, inwieweit der Staat in die
Eigentumsrechte der Bürger eingreifen darf. Bei aller
Notwendigkeit der CO2-Gebäudesanierung dürfen wir
diesen wichtigen Aspekt nicht vergessen. Gerade für die
Häuslebauer in meiner schwäbischen Heimat ist das
Wohnungseigentum heilig.

Die Parole lautet daher: Anreizsetzung und nicht
Zwangsmaßnahmen. Auch hier vertraue ich ganz auf
das Funktionieren des Marktes. Wenn die Verbraucher
sehen, dass sich Investitionen lohnen, werden sie auch
entsprechend Geld in die Hand nehmen.

Voraussetzung dafür ist natürlich auch Transparenz,
für die der Staat als Rahmensetzer zu sorgen hat. Mit der
Verbesserung der Energiedienstleistungen leisten wir
mit der Umsetzung der EU-Richtlinie dafür einen wich-
tigen Beitrag.

Viertens weitere Maßnahmen: Energiekonzept. Die
Umsetzung der EU-Richtlinie ist nur ein Schritt, um
beim Thema Energieeffizienz weiter voranzukommen.
Klar ist auch, dass diese Richtlinie kein Meilenstein ist,
und zwar aus dem Grund, dass wir mit unseren Effi-
zienzmaßnahmen zum größten Teil bereits viel weiter
sind, als es die Richtlinie fordert. Wir haben in den letz-
ten Jahren bereits große Erfolge erzielt, auf denen wir

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(C (D ns aber nicht ausruhen dürfen. Weitere Maßnahmen erden daher schon in Kürze folgen. Dabei spielt das für Ende des Jahres geplante Eneriekonzept der Bundesregierung eine wichtige Rolle. Ich ill an dieser Stelle nochmals davor warnen, dass sich ie Diskussion um das Energiekonzept auf den Punkt ernenergie beschränkt. Dies ist sicherlich ein wichties Thema. Allerdings halte ich das Thema Energieeffiienz ebenfalls für essenziell. Bei dem Energiekonzept erden wir deshalb darauf achten, klar herauszuheben, it welchen Mitteln wir unsere ambitionierten Ziele er eichen können. Fünftens Fazit. Die Steigerung der Energieeffizienz st der Königsweg – nicht nur, um unsere ehrgeizigen limaziele zu erreichen, sondern ebenso aus Gründen er Versorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit. it dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Energiedienst eistungsrichtlinie ist ein wichtiger Schritt getan. Das im erbst anstehende Energiekonzept wird unsere weiterehenden ambitionierten Ziele im Bereich der Energieffizienz untermauern. Ich denke, es herrscht Einigkeit in diesem Hohen ause darüber, dass die Energieeffizienz einer der ichtigsten Grundpfeiler der Energiepolitik ist. Ein effi ienter und sparsamer Einsatz von Energie bietet Privataushalten und Unternehmen die Möglichkeit signiikanter Kostensenkungen. Darüber hinaus ist nergieeffizienzpolitik ein wichtiger Teil der notwendien Klimapolitik. Wenn wir die ökonomischen und ökoogischen Potenziale der Steigerung der Energieffizienz heben wollen, müssen wir – und darauf habe ch schon in der ersten Lesung dieses Gesetzes hingeiesen – weitgreifende Umwälzungen in allen Energie ektoren anstoßen. Umso mehr bedauere ich, dass wir hier und heute eien Gesetzentwurf abschließend beraten, der den Anforerungen an eine wirksame und nachhaltige Energieffizienzpolitik in keiner Weise genügt. Es fehlt an onkreten Zielen und Maßnahmen. Stattdessen ist der orliegende Entwurf eine Ansammlung von Verordungsermächtigungen, anhand derer die Bundesregieung irgendwann in der Zukunft mögliche Effizienzziele, ie Art und Weise der Energieberatung sowie die Sorgeflicht der Energieanbieter definieren soll. Darüber hiaus setzt der Gesetzentwurf einseitig auf nachfrageseiige Maßnahmen. Eine Steigerung der Energieeffizienz nd eine damit verbundene Erhöhung der Energieprouktivität setzt aber auch Effizienzsteigerungen auf der rzeugerseite voraus. Vor gerade einmal zwei Jahren at sich die damalige Große Koalition unter der Fühung von Kanzlerin Angela Merkel im Integrierten Enerieund Klimaprogramm mit breiter Unterstützung im eutschen Bundestag das Ziel gesetzt, die Energieprouktivität bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 zu verdopeln und den Stromverbrauch um 11 Prozent zu senken. ach einem knappen Jahr schwarz-gelber Regierungserantwortung ist von diesen als allgemein richtig und ichtig anerkannten Zielen keine Rede mehr. Und genau Thomas Bareiß gebene Reden )

Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1705533900




(A) )

so kommt auch das seinen Namen zu Unrecht tragende
Energieeffizienzgesetz daher: ambitionslos, ziellos und
wirkungslos!

Meine Unzufriedenheit mit dem heute zu beschließen-
den Gesetzentwurf teile ich mit vielen Vertretern von
Union und FDP aus der Länderkammer. Der Bundesrat,
in dem Union und FDP aktuell noch über eine Mehrheit
verfügen, hat in seiner Stellungnahme im Juni dieses
Jahres viele Verbesserungen eingefordert. So soll nach
dem Willen der Länderkammer im Gesetz das Energie-
einsparziel von 9 Prozent festgelegt werden. Obwohl
dieses Ziel auch in der EU-Richtlinie, die mit dem Ge-
setz umgesetzt werden soll, klar definiert ist, lehnt die
Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung diese Forde-
rung ab. Zudem sprechen sich die Länder für ein natio-
nales Top-Runner-Programm aus, was von der Bundes-
regierung mit dem Hinweis auf entsprechende
Bemühungen auf europäischer Ebene ebenfalls zurück-
gewiesen wurde. Selbst wenn in der EU an einem sol-
chen Programm gearbeitet wird, ist dies noch kein
Grund, in Deutschland keine Bemühungen in dieser
Richtung zu starten. Denn zum einen profitieren von der
Verfügbarkeit energiesparender Geräte und Anlagen
insbesondere private Haushalte und kleinere Unterneh-
men. Zum anderen hätte die Bundesregierung die hier
gesammelten Erfahrungen mit diesem Modell zum Nut-
zen aller beteiligten Länder bei der Initiierung des euro-
päischen Top-Runner-Programms einbringen können.

Darüber hinaus würden sich die Länder gerne an der
Konkretisierung und Ausgestaltung der Einsparziele
und Maßnahmen, insbesondere der Energieberatung,
beteiligen. Dieses bleibt ihnen durch die vielen im Ge-
setz verankerten Verordnungsermächtigungen ohne Be-
teiligung des Bundesrates verwehrt. Die SPD-Fraktion
unterstützt eine Beteiligung der Länder, weil eine Einbe-
ziehung der Länder eine reibungslose Umsetzung der
Effizienzmaßnahmen garantieren würde. Denn aufgrund
der föderalen Strukturen in unserem Land sollte auch
die Organisation der Energieberatung nach dem Sub-
sidiaritätsprinzip erfolgen. Nur so könnten die Bundes-
länder auch die Bundesstelle für Energieeffizienz unter-
stützen und zu einer schnellen Umsetzung des Gesetzes
beitragen. Die Bundesregierung argumentiert, dass eine
Beteiligung des Bundesrates nicht nötig ist, da die Bun-
desländer keine individuellen Einsparziele erhalten.
Doch natürlich sind auch die Bundesländer – und im
Übrigen auch die Kommunen – von den Effizienzmaß-
nahmen betroffen. Deshalb wird hier und heute von der
Koalition eine Chance vergeben, das Thema Energie-
effizienz im demokratischen Sinne auf eine möglichst
breite gesellschaftliche Basis zu stellen.

Bereits im Rahmen der ersten Lesung zu diesem Ge-
setz habe ich deutlich gemacht, dass auch der Deutsche
Bundestag an Entscheidungen über konkrete Maßnah-
men beteiligt werden sollte. Leider ist dieser Appell bei
meinen Kollegen aus der Union und FDP auf taube Oh-
ren gestoßen. Nach wie vor werden Entscheidungen zu
zentralen Maßnahmen anhand von Verordnungsermäch-
tigungen für die Bundesregierung in die Zukunft ver-
schoben. Ich verstehe nicht, warum Sie einer Entmach-

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Zu Protokoll ge

(C (D ung der Volksvertreter bei solch wichtigen Fragen ustimmen. Abschließend möchte ich noch auf einige weitere unkte eingehen, die wir in unserem Entschließungsan rag angesprochen haben. Neben der Festschreibung onkreter Einsparziele muss ein Energieeffizienzgesetz uch Wege aufzeigen, wie eine Steigerung der Effizienz nd der hierfür notwendige Umbau unseres Energiesysems gestaltet werden können. Insbesondere ist darauf u achten, dass alle Teile der Bevölkerung auf diesem eg mitgenommen werden. Deshalb machen wir uns eispielsweise für die Einführung eines Energieeffiienzfonds stark. Mit den Mitteln aus diesem Fonds kann ie Energieberatung von privaten Haushalten untertützt werden. Zudem könnten mit diesen Mitteln Mikroredite für Effizienzmaßnahmen in privaten Haushalten nd Kleinunternehmen finanziert werden. Zudem wäre es aus unserer Sicht sinnvoll, durch Aneize die Energielieferanten besser dabei zu unterstüten, den Wandel hin zum Energiedienstleister zu vollzieen. Der Gesetzgebungsprozess, den wir zumindest im undestag heute abschließen, hat gezeigt, dass die Bunesregierung und die Koalitionsfraktionen das Thema nergieeffizienz nicht ernst nehmen und nicht bereit ind, auf Vorschläge einzugehen. Die Ankündigung von ollegen aus den Regierungsfraktionen, in den nächsten in bis zwei Jahren ein neues Energieeffizienzgesetz voregen zu wollen, zeigt, dass auch in ihren eigenen Reihen ie Unzufriedenheit mit dem jetzt vorgelegten Gesetz rößer ist, als man aus parteitaktischen Gründen bereit st, zuzugeben. Ich kann Ihnen schon heute ankündigen, dass wir als PD-Fraktion weiter an einem bezahlbaren, sicheren nd nachhaltigen Energiesystem arbeiten werden. In iesem Sinne: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und is bald! Wie misst man eigentlich Energieeffizienz? Bezogen uf die Produktion von Gütern bedeutet Energieeffizienz ntweder, mit gegebener Energie einen möglichst hohen utput in der Wertschöpfung zu erreichen, oder aber, it minimalem Energieaufwand ein vorgegebenes Ziel n der Wertschöpfung zu erreichen. Auf beides darf die Politik keinen Einfluss haben. In nserer heilen Welt bestimmt das immer noch der Markt. e größer die Relation zwischen Energieeinsatz und ertschöpfung in einem Sektor oder einer Gesamtwirt chaft, desto effizienter ist der Sektor oder die Gesamtirtschaft aufgestellt. Der Kehrwert von Energieeffizienz ist Energieintensiät: Wie viel Energie muss für eine produzierte Einheit ufgewandt werden? Die Energieintensität ist im welteiten Durchschnitt in den letzten Jahrzehnten stetig ge unken. Sie ist in Industrieländern heute erheblich niediger als in Entwicklungsländern. Rolf Hempelmann gebene Reden )

Klaus Breil (FDP):
Rede ID: ID1705534000




(A) )

Deutschland liegt schon heute im internationalen
Vergleich gemeinsam mit Japan in der Gruppe derjeni-
gen Staaten mit der geringsten Energieintensität oder
der höchsten Energieproduktivität. Seit 1990 wurde der
Primärenergieverbrauch bei wachsendem Inlandspro-
dukt in Deutschland absolut sogar gesenkt. Diese Ent-
koppelung des Energieverbrauchs vom Wirtschafts-
wachstum ist die wichtigste globale Herausforderung,
um nachhaltige Fortschritte im Klimaschutz zu erzielen.

Sie ist aber auch eine Herausforderung für die deut-
sche Industrie. Trotz aller Fortschritte kann bei Energie-
effizienz immer noch von einem „schlafenden Riesen“
gesprochen werden. Es ist einerseits richtig, dass effi-
zienzsteigernde oder intensitätsmildernde Maßnahmen
einen immer größeren, insbesondere auch finanziellen
Aufwand erfordern. Andererseits kann sich die deutsche
Wirtschaft durch Investitionen in Energieeffizienzmaß-
nahmen besser international im Wettbewerb platzieren.
Das ist – neben höheren Qualitätsstandards – auch ein
Beispiel für die Chance, um sich gleichzeitig gegen den
vorhersehbaren Anstieg des Energiepreisniveaus auf
den Weltmärkten zu wappnen.

Stichwort „deutsche Industrie“: Unsere Unterneh-
men stehen bei „grünen“ Industrieprodukten in der ers-
ten Startreihe. Sie haben sich auf den Weltmärkten einen
beachtlichen Anteil von über 16 Prozent erarbeitet.
Deutschland zeigt damit besonders den Emerging Mar-
kets, dass Energieeffizienz und Wirtschaftswachstum
auch bei sinkenden Elastizitäten kein Widerspruch, son-
dern – ganz im Gegenteil – nachhaltige Zukunftsinvesti-
tionen in die Wettbewerbsfähigkeit sind. Daher begrüße
ich den jetzt gefundenen Kompromiss bei der Umsetzung
der EDL-Richtlinie sehr. Dieses Gesetz folgt auf eine
ganze Reihe erfolgreich in Kraft gesetzter Maßnahmen
zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland. Es
ist ein wichtiger Baustein für mehr Energieeffizienz, mit
dem Deutschland die europäischen Anforderungen rich-
linienkonform umsetzt.

Die Richtlinie – das verkennen die Anträge der Oppo-
sition – verlangt jedoch nicht, dass in diesem Gesetz alle
Maßnahmen für mehr Effizienz enthalten sein müssten.
Sie lässt vielmehr den Mitgliedstaaten weitgehende
Freiheit, wie der Markt für Effizienzmaßnahmen voran-
gebracht wird. Eine Vielzahl von Maßnahmen, die für
das von der Richtlinie geforderte Einsparziel von Bedeu-
tung sind, wurde bereits mit dem Integrierten Energie-
und Klimaprogramm ausgelöst. Ich erwähne hier nur
beispielhaft die Öffnung des Messwesens für Strom und
Gas einschließlich der Pflicht für die Installation neuer
intelligenter Zähler oder die Heizkostenverordnung.

Konkret bedeutet das: Messstellenbetreiber müssen
beim Einbau von Messeinrichtungen in neuen bzw. in um-
fangreich renovierten Gebäuden solche Messeinrichtun-
gen einbauen, welche den tatsächlichen Energieverbrauch
sowie die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln. Für
Letztverbraucher von Strom müssen Energieversor-
gungsunternehmen bis Ende dieses Jahres – soweit tech-
nisch machbar und wirtschaftlich zumutbar – einen Tarif
anbieten, der über lastvariable oder tageszeitabhängige
Parameter Anreize zur Energieeinsparung oder zur

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Zu Protokoll ge

(C (D teuerung des Energieverbrauchs setzt. Wir haben auch ie Heizkostenverordnung novelliert und damit den verrauchseigenen Anteil an der Heizkostenabrechnung bei ietwohnungen erhöht. Wenn diese Maßnahmen mal icht den Spargedanken auf der Nutzerseite wecken! Zu guter Letzt wurde gestern vom Haushaltsauschuss des Deutschen Bundestages das Marktanreizproramm in voller Höhe freigegeben. Die FDP hat lange ür diese Lösung gekämpft; das zahlt sich nun aus. Mit en freigegeben Mitteln in Höhe von 115 Millionen Euro önnen nun wieder Solarkollektoren, Biomasseheizunen und Wärmepumpen gefördert werden. Im Übrigen: ie Verantwortung für den kurzfristigen Förderstopp rägt der frühere SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel. s war seine Entscheidung, die Ausgaben des Marktan eizprogramms an die Versteigerungserlöse des Emisionszertifikatehandels zu koppeln, die aufgrund der irtschaftskrise im letzten Jahr rückläufig waren. Aber zurück zu Sache: Das Thema Energieeffizienz st lange noch nicht beendet und noch lange sind nicht lle Potenziale ausgeschöpft. Wir, Union und FDP, weren daher gemeinsam im Herbst bei der Überprüfung es Integrierten Energieund Klimaprogramms weiter ntersuchen, welche zusätzlichen Maßnahmen im Beeich der Energieeffizienz sinnvoll sind. Auch mit dem ür September vorgesehenen Energiekonzept wird die undesregierung weitere Leitplanken für mehr Energieffizienz setzen. Wenn man zu viel Weichspüler nimmt, dann hinter ässt das weiße Flecken. Genau das ist mit dem Gesetzntwurf zum Energieeffizienzgesetz passiert. Die Bunesregierung hat so vehement alle Dinge ausgelassen, ie im Hinblick auf Energieeinsparung richtig sinnvoll nd zielführend gewesen wären, dass der Gesetzentwurf uch nach der Beratung im Wirtschaftsausschuss nichts eiter ist als ein weichgespültes Stück Papier mit weien Flecken und Auslassungen. Die ganze Energiepolitik der Bundesregierung ist ein esaster, ausgerichtet auf für ihre Begriffe Altbewährtes nd jede Innovation blockierend. Das Problem an dieem Altbewährten ist nur, dass es fatale Folgen für lima, Natur und Menschen hervorgebracht hat. Um us dieser Klemme herauszukommen, sind Mut und der ille sich weiterzuentwickeln gefragt. Wenn sich wirk ich etwas verändern soll, muss die Politik die Vorgaben afür machen und darf nicht auf die freiwillige Selbsterpflichtung der Industrie warten. Meine Damen und Herren in der Koalition, Sie glauen doch nicht wirklich, Sie könnten durch hohle Andeuungen und Überbürokratisierungen, wie Sie sie hier im esetzentwurf so eindrucksvoll niedergebracht haben, u einer nachhaltigen Energieeffizienzstrategie gelanen? Das wertvollste an dem Gesetz ist das Papier, auf em es steht, und es wird zu kaum mehr Energieeinspaungen führen, als die Produktion des Papiers erfordert at. Klaus Breil gebene Reden )

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705534100




(A) )

Selbst der schwarz-gelb dominierte Bundesrat bedau-
ert in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf, dass
„von den in der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeiten
… nur unzureichend Gebrauch gemacht wurde“.

Schauen Sie sich doch endlich die Forderungen so
vieler Umweltverbände an, die mit Experten- und Sach-
verstand konkrete Instrumente in die Debatte gebracht
haben, mit denen wir wirklich etwas anfangen könnten.

Wir brauchen weitere Förderprogramme in Anleh-
nung an die KfW-Kredite für energetische Gebäudesa-
nierung. Wir brauchen konkrete Einsparziele, Zahlen
und ambitionierte Zielmarken bei Treibhausgasemis-
sionen!

Wir brauchen endlich eine Kennzeichnungspflicht für
Energieeffizienzklassen bei sämtlichen Elektrogeräten,
einen Energiesparfonds aus den Einnahmen aus dem
Emissionshandel und daraus Konjunkturprogramme für
Energieeffizienz.

Sie kennen die Vorschläge alle, mantraartig wieder-
holen wir sie hier seit Monaten, offensichtlich sind Sie
aber schwerhörig. Von Ihnen ist bis jetzt nicht eine ein-
zige Erklärung gekommen, was Sie an diesen Vorschlä-
gen auszusetzen hätten. Vielleicht weil sie ahnen, dass es
sich tatsächlich um sinnvolle Vorschläge handelt, sie
aber von der Opposition kommen und sie außerdem Ih-
ren Kumpeln in den Aufsichtsräten und Vorständen der
deutschen Industrie nicht gefallen würden. So etwas
wird in diesem Haus ja immer abgelehnt.

Das ist absolut verantwortungslos. Sie tasten mit Ih-
rem Gesetzentwurf die riesigen Einsparpotenziale in
Privathaushalten und Industrie überhaupt nicht an. Wa-
rum wird klar, wenn man sich die beiden Atomkraft-
werke ansieht, deren Laufzeit Sie jetzt auch noch verlän-
gern wollen, die allein dafür gebraucht werden, um all
die Stand-By-Geräte im Aus-Zustand mit Strom zu ver-
sorgen.

Mit ihrer Phantasie- und Ideenlosigkeit, mit ihrer
Ignoranz und Starrsinnigkeit führen Sie das Land auf
der Überholspur in die Klimakrise. Spätestens die
nächste Generation wird die Folgen zu tragen haben.

Die Linke setzt sich dafür ein, die Impulse beim Aus-
bau erneuerbarer Energien aufzugreifen und vonseiten
der Politik vehement zu befördern. Wir brauchen ord-
nungspolitische Vorgaben an Wirtschaft und Länder, die
Energieeinsparung zum Ziel haben. Im Gegensatz zu an-
deren werden wir uns dabei nicht von Großkonzernen
auf der Nase rumtanzen lassen.


Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705534200

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf offenbart die

Bundesregierung erneut ihre Inkompetenz bei Energie-
und Effizienzfragen. Mit zweijähriger Verspätung und
einem laufenden Vertragsverletzungsverfahren im Na-
cken legen Sie uns nun ein Nichts vor.

Ich bezweifle auch stark, dass das Gesetz überhaupt
den Anforderungen der Energiedienstleistungs- und Ef-
fizienzrichtlinie entspricht. Wie ernst Sie das Thema
Energieeffizienz nehmen, zeigt doch schon die Debatten-

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(C (D eit: kurz vor Mitternacht ohne Aussprache, sodass die ffentlichkeit nichts von alldem mitbekommt. Neben wenigen kleinen Begleitmaßnahmen wie zum eispiel dem Sammeln von Informationen bei der Bunesstelle für Energieeffizienz besteht das Kernstück Ihes Gesetzesentwurfs daraus, dass die Verbraucher einal im Jahr auf ihrer Stromrechnung einen Hinweis auf ine Internetseite bekommen, auf der sich eine Liste von nbietern von Energiedienstleistungen befindet. Das ist ine Schnitzeljagd, aber kein Energieeffizienzgesetz. Dann verweisen Sie in Ihrem Gesetzentwurf auf die aßnahmen des Energieund Klimaprogramms IEKP. o steht in der Begründung des Gesetzes, dass die Effiienzziele mit Maßnahmen aus dem IEKP erreicht weren sollen. Aufgeführt wird dabei zum Beispiel die Noelle des Energiewirtschaftsgesetzes zur „Öffnung des esswesens bei Strom und Gas für den Wettbewerb“. och es fehlen klare Standards, mit denen Innovation atsächlich zu Einsparungen führen könnte. Förderprogramme zur energetischen Sanierung von ebäuden stehen ebenfalls im IEKP. Jedoch stellt die undesregierung dieses Jahr weniger Gelder zur Verfüung als im letzten Jahr, und für das nächste Jahr ist nur och ein Bruchteil vorgesehen! Die Kraft-Wärme-Kopplung führt die Bundesregieung ebenfalls zur Zielerfüllung ins Feld, doch ihre eigeen Experten rechnen jetzt nicht mehr damit, dass der usbau die selbstgesteckten Ziele erreicht wird. Die genannten IEKP-Maßnahmen werden jedoch icht annähernd ausreichen, und es ist in keinster Weise achvollziehbar, wie so die Effizienzziele erreicht weren sollen. Energieeffizienz ist für die Bundesregierung bedeuungslos! Sogar den Rat ihrer eigenen Experten lässt die undesregierung abblitzen. Waren es doch gerade auch ehrere Experten der Koalitionsfraktionen, die sich in er Anhörung des Wirtschaftsausschusses klar für einen nergieeffizienzfonds ausgesprochen haben. Zu den Be ürworten zählen die Prognos AG, der Zentralverband anitär Heizung Klima, der Verband kommunaler Unernehmen, die Verbraucherzentrale Bundesverband, soie der BUND und das IFEU Institut aus Heidelberg. elbst die Bundesvereinigung der Spitzenverbände der mmobilienwirtschaft fordert stabile Rahmenbedingunen für die Förderung energieeffizienter Maßnahmen an ebäuden, die mit einem Energiesparfonds gegeben wä en. Auch der Bundesrat hatte dieses Instrument geforert, das in der EU-Richtlinie vorgesehen ist. Dennoch aucht der Effizienzfonds im Gesetzesentwurf nicht auf – enau so wenig wie andere von der Richtlinie vorgechlagene und in anderen Ländern erprobte Instruente. Ein von Haushaltskürzungen unabhängiges Finanzieungsinstrument für Energieeffizienz ist dringend geboen. Wer wie die Bundesregierung nur darauf besteht, ass die Verbraucher einmal im Jahr auf ihrer Stromechnung einen Hinweis auf eine Internetseite bekom Dorothée Menzner gebene Reden Ingrid Nestle )








(A) )

men, nimmt das Thema Energieeffizienz nicht ernst. Die
Bundesregierung würgt die bisherigen Effizienzbemü-
hungen ab und unterschätzt die Tragweite von Energieef-
fizienzmaßnahmen, und dies nicht nur im Strombereich,
sondern zum Beispiel bei der PKW-Energieverbrauchs-
kennzeichnungsverordnung: Hier bevorzugt die Bundes-
regierung schwere Spritfresser, und setzt so falsche An-
reize für die deutsche Automobilindustrie.

Oder aber bei den KfW-Mitteln für die Gebäudesa-
nierung, die massiv gekürzt werden. Aber schlimmer ist
noch, dass Deutschland es abgelehnt hat, freigewordene
115 Millionen Euro aus dem EU-Wachstumspaket für die
Gebäudesanierung umzumünzen oder dass die Bundes-
regierung zur Verfügung stehende 680 Millionen Euro
aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
ablehnt und somit verfallen lässt.

Schwarz-Gelb setzt lieber auf Lowtech wie Atom- und
Kohlekraftwerke als auf Hightecheffizienzanwendun-
gen. Ohne eine klare Energieeffizienzstrategie wird die
deutsche Wirtschaft zum Spielball von steigenden und
hoch volatilen Energiepreisen. Hier entscheidet sich die
künftige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.
Doch die Bundesregierung verharrt weiterhin in ihrer
alten Denke, Energiesparen belaste die Wirtschaft. Da-
bei ist Energieeffizienz ein Anreiz zur Modernisierung,
der Energieverschwendung stoppt und auf Dauer Geld
spart.

Wir haben in unserem Antrag gezeigt, wie ein Ener-
gieeffizienzgesetz aussehen kann. Für den Endkunden-
bereich fordern wir, konkret Verantwortliche zu benen-
nen, die Energieeffizienzmaßnahmen durchführen
müssen. Für die Industrie fordern wir geregelte Energie-
audits und Energieberatung mit konkreten Energiespar-
vorschlägen sowie eine verlässliche Evaluation. Wir for-
dern dynamische Effizienzstandards. Wir fordern einen
Energieeffizienzfonds mit einem Volumen von 3 Milliar-
den Euro, und das, wohlgemerkt, bei einem Haushalt,
der weniger Schulden aufweist als der Ihre.

Die fehlende Entschlossenheit der Bundesregierung
wird durch den Entwurf mehr als deutlich. Das Thema
Energieeffizienz rückt weiter ins Abseits. Die Bundesre-
gierung traut sich nicht, seit langem diskutierte Ideen
für wirkungsvolle Instrumente aufzugreifen. Stattdessen
schlägt sie ein fast wirkungsloses Gesetz vor, weil sie
Angst vor ein paar Großunternehmen der Industrie hat.
Dabei würde die Gesamtwirtschaft von Energieeffizienz
profitieren.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Der Aus-

schuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2466, den
Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksa-
chen 17/1719 und 17/2280 in der Ausschussfassung an-
zunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen
der Oppositionsfraktionen angenommen.

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(C (D Wir kommen zur dritten Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist icht der Fall. Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen timmenverhältnis wie in der zweiten Beratung angeommen. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion er SPD auf Drucksache 17/2470. Wer stimmt für diesen ntschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthal ungen? – Der Entschließungsantrag ist damit abgelehnt. afür gestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dageen die Koalitionsfraktionen. Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frakon Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/2471. Wer timmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer ist dageen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist dait abgelehnt. Dafür gestimmt hat die Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen; die Koalitionsfraktionen haben dagegen. ie Fraktionen der SPD und der Linken haben sich entalten. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/ 214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen – Drucksache 17/1288 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 17/2458 – Berichterstattung: Abgeordnete Ansgar Heveling Dr. Peter Danckert Jörg van Essen Jens Petermann Jerzy Montag Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, wurden die eden zu Protokoll gegeben, und zwar von folgenden olleginnen und Kollegen: Ansgar Heveling, Dr. Peter anckert, Jörg van Essen, Jens Petermann und Jerzy ontag. Europa ist in den letzten Jahren zusammengewach en. Der gemeinsame Binnenmarkt und eine gemeiname Währung sind für uns seit vielen Jahren eine elbstverständlichkeit. Europa ist aber auch eine Werteemeinschaft, und alle Staaten berufen sich natürlich uf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Und dennoch estehen gerade in der Justizpolitik deutlich erkennbare nterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. ie Harmonisierung von Vorschriften im Bereich der )

Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1705534300

(A) )

Justizpolitik ist daher eine große Herausforderung. Die
EU-Mitgliedstaaten haben sich 1999 im finnischen Tam-
pere entschieden, diese Herausforderung anzunehmen.
Dort wurde das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung
zum Eckstein der zukünftigen justiziellen Zusammen-
arbeit erklärt. Auf der Grundlage dieses Prinzips wur-
den mittlerweile durch die Europäische Union vier Rah-
menbeschlüsse erlassen: zum europäischen Haftbefehl,
zur Sicherstellung von Beweismitteln, zur Anerkennung
von Einziehungsentscheidungen und zur gegenseitigen
Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen. Dieser
letztgenannte Rahmenbeschluss wird nun mit dem zur
heutigen Entscheidung anstehenden Gesetzentwurf in
nationales Recht umgesetzt.

Das Gesetz regelt die gegenseitige Anerkennung von
Geldstrafen und Geldbußen grundlegend und damit für
viele Deliktsgruppen. Insgesamt geht es um 39 Tatkom-
plexe, also Straftaten und Verwaltungsübertretungen
bzw. Ordnungswidrigkeiten. In diesen Fällen ist die bei-
derseitige Sanktionierbarkeit zukünftig nicht mehr zu
prüfen.

Auch wenn das Gesetz die gegenseitige Anerkennung
für 39 unterschiedliche Fallgruppen regelt, so wird ins-
besondere ein Bereich von großer praktischer Relevanz
sein: Verstöße im Straßenverkehr. Auch sie gehören zum
Katalog der gegenseitig anzuerkennenden Straftaten
bzw. Ordnungswidrigkeiten. Mit anderen Worten: Zu-
künftig werden Geldbußen aufgrund von Verkehrsver-
stößen im europäischen Ausland auch in Deutschland
einfacher vollstreckt werden können als bisher.

Wir stimmen dem Gesetz heute in zweiter und dritter
Lesung zu. Dem vorliegenden Entwurf ist es gelungen,
der Herausforderung, die die Umsetzung des Prinzips
der gegenseitigen Anerkennung mit sich bringt, gerecht
zu werden. Einerseits wird die gewünschte Harmonisie-
rung erreicht, andererseits aber ist sie in grundrechts-
schonender Weise und unter Berücksichtigung der na-
tionalen Rechtsidentität geregelt worden.

In einzelnen Punkten ist der Gesetzentwurf im Zuge
der Beratungen intensiv diskutiert worden. Dies hat
auch zu Änderungen im Detail geführt.

Zum einen wurde die Frage der Halterhaftung debat-
tiert. Anders als andere Rechtsordnungen, wie etwa Ös-
terreich oder die Niederlande, kennen wir in Deutsch-
land die Halterhaftung nicht. Der Regierungsentwurf
sah als Ermessensentscheidung vor, dass die Bewilli-
gung eines Vollstreckungsersuchens durch die deutschen
Behörden abgelehnt werden könne, wenn die betroffene
Person in dem ausländischen Verfahren keine Gelegen-
heit hatte einzuwenden, für die der Entscheidung zu-
grunde liegende Handlung nicht verantwortlich zu sein.
Auf Antrag der Koalitionsfraktionen soll dies nunmehr
nicht als Ermessensentscheidung, sondern als Zulässig-
keitsvoraussetzung geregelt werden. Liegen die Voraus-
setzungen vor, ist künftig die Vollstreckung zwingend
nicht zulässig.

In diesem Zusammenhang hat ein weiterer Punkt in
der Diskussion eine Rolle gespielt. Es gibt EU-Staaten,
in denen für den Halter eines Fahrzeuges eine Aus-

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(C (D unftspflicht hinsichtlich des Fahrers besteht, wobei ein erstoß mit Sanktionen belegt ist. Hierzu vertritt der echtsausschuss ausdrücklich die Auffassung, dass ein erhalten, das Ausdruck der Selbstbelastungsfreiheit der eines Zeugnisverweigerungsrechtes ist, nicht unter erhaltensweisen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 des Rahenbeschlusses fällt, die gegen die den Straßenverkehr egelnde Vorschriften verstoßen. Dieses Verhalten ist mit nderen Worten nach unserer Ansicht nicht vom Katalog er durch die gegenseitige Anerkennung nicht mehr zu rüfenden Verhaltensweisen gedeckt. Ferner ist auch die Frage der Beistandspflicht diskuiert worden. Der Rechtsausschuss hat dabei zur Kenntis genommen, dass mit § 87 e IRG-E die Beistandsregeung in § 53 IRG für entsprechend anwendbar erklärt ird, ohne dass eine weitere Spezifizierung der Fälle er olgt, in denen ein rechtlicher Beistand in Verfahren zur ollstreckung einer ausländischen Geldstrafe nach dem . Teil des IRG bestellt werden soll. Der Rechtsauschuss hat der Regelung in dem Verständnis zugestimmt, ass nach § 87 e in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 1 IRG ie Bestellung eines Rechtsbeistands wegen der Schwieigkeit der Sachund Rechtslage geboten sein wird, enn Zweifel an der Einordnung als Katalogtat gemäß 87 b Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 RB eldstrafen bestehen. Weiterhin geht der Rechtsaus chuss davon aus, dass die Bestellung eines Beistands egelmäßig auch dann geboten sein wird, wenn gegen en Betroffenen eine Abwesenheitsentscheidung im inne von § 87 b Abs. 3 Nr. 4 IRG-E über einen nicht nur nerheblichen Geldbetrag vollstreckt werden soll. Wir bringen heute das Gesetzgebungsverfahren zum bschluss. Europa wächst damit wieder ein Stück weiter usammen. Wir stimmen dem Gesetz zu. Ein Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in trafsachen ist der Grundsatz der gegenseitigen Anerennung von Entscheidungen, der auf die Sondertagung es Europäischen Rates 1999 im finnischen Tampere zuückgeht. Der Rahmenbeschluss über den Europäischen aftbefehl war die erste konkrete Maßnahme im Bereich es Strafrechts, mit dem der Grundsatz der gegenseitien Anerkennung zur Anwendung kam. Ein weiteres echtsinstrument, das auf dem genannten Grundsatz beuht, ist der 2005 verabschiedete Rahmenbeschluss über ie gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und eldbußen. Dieser wurde in der Öffentlichkeit als sogeannter Knöllchen-Beschluss bekannt, da der Rahmeneschluss unter anderem die Vollstreckung von Geldanktionen wegen Verstößen gegen Verkehrsvorschriften ber die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg vorsieht Für Deutschland ist die grenzüberschreitende Verfolung von Verkehrsverstößen insofern von Bedeutung, ls dass es mit seiner zentralen Lage und einer Grenze it neun Staaten von intensivem Transitverkehr betrof en ist. Ausländische Kraftfahrzeuge haben deshalb eien nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Verkehrsicherheit in Deutschland insgesamt. Daraus erklärt ich das evidente Interesse an Instrumentarien, die es Ansgar Heveling gebene Reden )

Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1705534400




(A) )

erlauben, die deutschen Verkehrsregeln auch gegenüber
diesem Personenkreis wirksam durchzusetzen. Zugleich
sind die Deutschen privat reisefreudig und wirtschaft-
lich eine Exportnation, mit der Folge, dass auch sie mit
ihren Kraftfahrzeugen das Verkehrsgeschehen in ande-
ren europäischen Mitgliedstaaten mitbestimmen. So ha-
ben die französischen Behörden festgestellt, dass etwa
25 Prozent der dort mit automatischen Überwachungs-
anlagen festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitun-
gen von ausländischen Kraftfahrern begangen werden,
wobei deutsche Kraftfahrer den größten Teil ausma-
chen. Wird also ein deutscher Autofahrer in Frankreich
geblitzt, muss er damit rechnen, dass die deutschen Be-
hörden den daraus folgenden rechtskräftigen Bußgeld-
bescheid auch vollstrecken. Solche Bußgeldbescheide
aus dem EU-Ausland sollen aber erst ab 70 Euro voll-
streckt werden, um den Verwaltungsaufwand vergleichs-
weise gering zu halten. Da aber in einigen Nachbarlän-
dern die Bußgelder deutlich höher als in Deutschland
sind, stellt sich die Frage, ob die im Gesetzentwurf ent-
haltene Deckelung tatsächlich notwendig ist. In Italien
beispielsweise kann Telefonieren ohne Freisprechanlage
mit einer Strafe von 155 bis 624 Euro belegt werden. In
Großbritannien drohen Rasern, die deutlich schneller
fahren als erlaubt, sogar Geldbußen von bis zu 5 834
Euro, und in Dänemark können Alkoholsündern Strafen
von bis zu einem Monatsgehalt auferlegt werden.

Zweifellos stellt die Umsetzung des Rahmenbeschlus-
ses einen starken Eingriff in die Grundrechte des Einzel-
nen dar, vor allem ist damit stets ein ethischer Schuld-
vorwurf verbunden. Da aber in Deutschland der
Grundsatz „keine Strafe ohne Schuld“ Verfassungsrang
hat, müssen diesbezügliche Regelungen genau geprüft
werden. Dies spielt vor allem bei der sogenannten Hal-
terhaftung eine große Rolle. Demnach dürfte in
Deutschland künftig weder eine verschuldensunabhän-
gige Halterhaftung eingeführt noch die Vollstreckung
ausländischer Entscheidungen ermöglicht werden, die
hierauf beruhen. Problematisch ist, dass die Halterver-
antwortlichkeit in Europa äußerst unterschiedlich aus-
geprägt ist. So gibt es zahlreiche Länder, die ähnlich wie
Deutschland verfahren, etwa die skandinavischen Staa-
ten sowie die Schweiz, Tschechien und die Slowakei. Die
klassische Halterhaftung haben unter anderem die Nie-
derlande, Frankreich, Portugal und Ungarn normiert,
während weitere Länder wie Spanien und Großbritan-
nien den Kfz-Halter mittelbar in die Pflicht nehmen. Zu
Letzteren gehört auch Österreich, dessen Behörden nach
§ 103 KFG vom Halter eine Lenkerauskunft verlangen
können, deren Nichtbefolgung mit bis zu 5 000 Euro be-
straft wird. Da aber dort kein Zeugnis- und Aussagever-
weigerungsrecht besteht, werden österreichische Straf-
verfügungen, die auf dessen Nichtbeachtung beruhen,
von deutschen Behörden nicht vollstreckt. In diesem Zu-
sammenhang spielt das Bewilligungshindernis in § 87 d
Abs. 2 eine große Rolle, da hier die Möglichkeit eröffnet
wird, Ersuchen zurückzuweisen, die mit dem Schuld-
prinzip unvereinbar sind. Aber wenngleich die Vor-
schrift des § 87 d Abs. 2 allgemein gehalten ist, kann sie
nur einen Teilaspekt lösen. Eben gerade bei der in Ös-
terreich mit Verwaltungsstrafe sanktionierten Lenkeran-
gabe, welches ein eigenständiges echtes Unterlassungs-

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(C (D elikt bildet, hilft sie nicht weiter. Es ist schwer rsichtlich, wie die Nichtvollstreckung diesbezüglicher escheide durch die deutschen Behörden unter Geltung er geplanten Neufassung! des Gesetzes über die interationale Rechtshilfe in Strafsachen erfolgen soll. 87 d Abs. 2 passt auf diesen Fall nicht, und ein Verstoß egen den fortan maßgeblichen europäischen ordre pulic, § 73 IRG, wäre schwer zu begründen angesichts essen, dass der österreichische Verfassungsgerichtshof iese Strafbewehrung für verfassungskonform hält. Mit em Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit wird alerdings ein Weg vorgezeichnet, um die Vollstreckung on Sanktionen abzulehnen, ohne dem Entscheidungstaat eine ordre-public-Verletzung vorzuwerfen. Desalb muss am Prinzip der beiderseitigen Strafbarkeit in edem Falle festgehalten werden. Allerdings wird beim umzusetzenden Rahmenbechluss die Anforderung gegenseitiger Strafbarkeit verachlässigt. So werden im Regierungsentwurf 39 Strafaten aufgeführt, bei denen auf gegenseitige Strafbarkeit erzichtet wird. Hierzu zählen unter anderem Rassismus nd Fremdenfeindlichkeit oder auch die Cyberkriminaität. Unter letzterem könnte man also grob alle Strafaten, die mit einem Computer begangen werden, usammenfassen. Die große Anzahl und Vielfalt diesbeüglicher Straftaten lässt die Behauptung zu, dass es ich bei der Cyberkriminalität eher um eine Deliktruppe handelt. Dies lässt sich ohne Weiteres auf den egriff des Rassismus, zum Teil aber auch auf alle ande en genannten 39 Straftaten übertragen. Diese ungeauen Bezeichnungen tragen dem Bestimmtheitsgebot nserer Verfassung nur unzureichend Rechnung und üssen im Sinne der Rechtsklarheit dringend präzisiert erden. Auch wenn im Gesetzesentwurf der Bundesregierung ür die Vollstreckung von ausländischen Geldstrafen die rsatzfreiheitsstrafe ausgeschlossen ist, stehen auch die icht freiheitsentziehenden strafrechtlichen Eingriffe nter strengen Legitimationsvoraussetzungen, sowohl as die materiellen Voraussetzungen der Strafbarkeit ngeht als auch bezüglich der Verfahren, die eine Verureilung tragen können. Vor diesem Hintergrund darf der ahmenbeschluss, wenn überhaupt, dann nur mit geichtigen Vorbehalten umgesetzt werden. So muss minestens der neue Rahmenbeschluss 2009/299/JI, der uner anderem Art. 7 des vorliegenden Rahmenbeschlusses ber Geldstrafen und Geldbußen modifiziert, in den Enturf des Umsetzungsgesetzes noch eingearbeitet weren.! Das Berichterstattergespräch vom 5. Juli 2010 hat ach unserer Auffassung ergeben, dass nach wie vor ravierende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. eben der mangelnden Bestimmtheit der 39 Straftaten ilt dies auch für die nach unserer Rechtsordnung gelenden Schweigeund Zeugnisverweigerungsrechte. esentliche Probleme sehen wir auch bei den Abweseneitsurteilen. Es darf nicht sein, dass hier eine vorchnelle Entscheidung getroffen wird, die dann, wie es achleute voraussehen, in Zukunft vor dem Bundesver assungsgericht landen und dort für verfassungswidrig Dr. Peter Danckert gebene Reden )





(A) )

erklärt werden. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf
ab.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1705534500

Wir verabschieden heute ein Gesetz, das den 1999 be-

gonnenen kooperativen Weg der EU-Mitgliedstaaten im
Bereich der justiziellen Zusammenarbeit weiterschreibt.
Es basiert auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerken-
nung, das sich bereits beim Auf- und Ausbau des euro-
päischen Binnenmarktes bewährt hat. Dieses Prinzip
trägt als Schlüsselkonzept im Justizbereich dazu bei, die
Schwierigkeiten zu überwinden, die sich aus der Vielfalt
der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten ergeben.

Der hier umgesetzte Rahmenbeschluss von 2005 ba-
siert auf einem Vorschlag aus dem Jahr 2001. Noch viel
länger allerdings dauern die Überlegungen an, in
Europa ein effizientes Instrument für die Vollstreckung
von Geldstrafen und Geldbußen einzuführen, mit dem
vor allem im Verkehrsbereich verhindert wird, dass in
Mitgliedstaaten begangene Ordnungswidrigkeiten un-
gesühnt bleiben. Nach bisherigem Recht waren auch bei
kleinen Strafen vor einer Vollstreckung im Nachbarstaat
regelmäßig Gerichtsverfahren nötig, um eine Rechts-
grundlage zu schaffen. Nach der heutigen Änderung des
Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsa-
chen werden nun unter anderem sämtliche Verstöße ge-
gen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften mit
Geldbußen ab 70 Euro leichter auch im EU-Nachbar-
staat zu vollstrecken sein.

Sehr wichtig war der FDP-Fraktion bei der Umset-
zung dieser Vorschriften zur Erleichterung von Vollstre-
ckungen die Einhaltung der rechtsstaatlichen Grund-
prinzipien. So kam es für uns nicht infrage, beim
Erfordernis der gegenseitigen Strafbarkeit Abstriche zu
machen. Wenn beispielsweise in anderen Mitgliedstaa-
ten ein deutscher Fahrzeughalter eine dortige Strafe
verwirkt hat, indem er Auskünfte über den Fahrzeugfüh-
rer verweigert, kommt eine Vollstreckung in Deutsch-
land nicht in Betracht. Dieser Punkt ist nach den
Ausschussberatungen deshalb zu Recht von einem wahl-
weisen Grund zur Ablehnung des Vollstreckungsersu-
chens zu einem zwingenden Versagungsgrund hochge-
stuft worden.

Was die Rechtssicherheit aus Sicht der Bürger an-
geht, halten wir die im Entwurf enthaltene Stichtagsre-
gelung für angemessen. Der Rahmenbeschluss sieht
zwar eine solche nicht vor; dennoch halten wir das Ver-
trauen unserer Bürger als für so schutzwürdig, dass für
eine Vollstreckung nach dem neuen Gesetz von aus der
Vergangenheit stammenden ausländischen Entscheidun-
gen kein Raum bleibt. Anderenfalls würde man inländi-
sche Betroffene, die bislang auf das Ausbleiben der Voll-
streckung vertrauten und daher keine Rechtsmittel
bemühten, im Nachhinein ihres Rechtsweges berauben.

Bei den Oppositionsfraktionen hatte der Entwurf der
Bundesregierung in manchen Punkten Klärungsbedarf
hervorgerufen. Dieser konnte jedoch nach Anhörung
von Sachverständigen im parlamentarischen Verfahren
zu großen Teilen ausgeräumt werden. Wir bitten Sie da-
her um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf als einem

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Zu Protokoll ge

(C (D innvollen Instrument auf dem Weg zu einer maßvollen olitik europäischer Rechtsdurchsetzung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf versucht die undesregierung, einen Rahmenbeschluss über die Anendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkenung von Geldstrafen und Geldbußen umzusetzen. Leier ist dieser Versuch aus Sicht der Linken missglückt. uch mit ihren zahlreichen nachgeschobenen Ändeungsanträgen kann man den Gesetzentwurf noch nicht ls gelungen bezeichnen. Es ist inakzeptabel, dass in der Bundesrepublik eutschland Strafen vollstreckt werden sollen, die die igene Rechtsordnung nicht kennt und die das Parlaent bewusst für nicht strafwürdig befand. Dazu zählen um Beispiel Delikte wie „Sabotage“, „Cyberkriminaliät“ oder „Nachahmung“. Die 39 aufgeführten Deliktsruppen, welche zum Teil unpräzise und strukturlos bechrieben sind, können beim besten Willen nicht dem ohen Bestimmtheitsstandard der deutschen strafrechtichen Normen standhalten. Sie sind nicht konkret genug ormuliert, um die Tragweite und den Anwendungsbeeich der einzelnen Tatbestände zu erkennen oder durch uslegung zu ermitteln. Das ist nicht nur für Juristen, ondern auch für „Normalbürger“ eine Zumutung. Zum wiederholten Mal müssen wir die Bundesregieung auf die Einhaltung der Verfassung hinweisen. Denn ie geplante Umsetzung des Rahmenbeschlusses ist mit em Grundgesetz nicht vereinbar. Es besteht die Gefahr iner gröblichen Verletzung der Prinzipien der Rechtstaatlichkeit des Art. 20 Grundgesetz und den Prinzipien er Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 unserer Verfasung. Aber auch andere deutsche Verfahrensgarantien und echtsstaatliche Standards werden in zahlreichen Mitliedstaaten der Europäischen Union nicht oder nicht in ollem Umfang gewährleistet. Dazu gehört zum Beispiel ie Pflicht, den Beschuldigten am Tatort über sein chweigerecht zu informieren, sowie das Zeugnisvereigerungsrecht von Angehörigen. Die umstrittene rage, dass deutsche Staatsbürger im Ausland in Abweenheit verurteilt werden können, ist nicht hinreichend erücksichtigt. Auf die Beiordnung eines Pflichtverteidiers in schwierigen Fällen, ähnlich wie beim Europäichen Haftbefehl wurde ebenfalls großzügig verzichtet. Will denn die Koalition tatsächlich wieder einmal urch ein „Durchwinken“ der Vorgaben des Rahmenbechlusses durch den parlamentarischen Gesetzgebungsrozess – wie damals bei der Umsetzung des Rahmenbechlusses zum Europäischen Haftbefehl – riskieren, dass hr das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidigkeit ihres Umsetzungsgesetzes bescheinigen muss? Vor allem die FDP, allen voran der Parteivorsitzende nd Außenminister Guido Westerwelle – auf dessen Inernetauftritt liberale Argumente gegen das europäische aftbefehlsgesetz zu finden sind –, verleugnet heute ihre ositionen von 2006. Sie müsste es doch besser wissen. enn hier gelten die gleichen Bedenken wie damals Dr. Peter Danckert gebene Reden )

Jens Petermann (Plos):
Rede ID: ID1705534600




(A) )

beim sogenannten Europäischen Haftbefehl. Da Sie au-
genscheinlich Ihre eigenen Argumente vergessen haben,
möchte ich Ihnen diese noch einmal in Erinnerung ru-
fen.

Sie sagten, dass durch eine Umsetzung sehr unter-
schiedliche Rechtsstandards und Rechtsgrundsätze in
Strafverfahren in den europäischen Mitgliedstaaten als
gleichwertig angesehen werden, obwohl unterschiedli-
che Anforderungen unter anderem beim Verfahren beste-
hen. Sie kritisierten weiter die Unbestimmtheit der For-
mulierung der Deliktsgruppen. Damals waren es 32,
heute sind es 39, wobei diese innerhalb von vier Jahren
nicht bestimmter geworden sind. Aber auch Ihr damali-
ger Hauptkritikpunkt, die fehlende beiderseitige Straf-
barkeit, gilt heute unverändert fort. Dabei ist im Einzel-
fall ein im Ausland strafbares Verhalten in Deutschland
nicht strafbar, oder es bestehen hohe Abweichungen in
der Höhe der angedrohten Strafe.

Stellen Sie sich einmal vor, sie fahren mit Ihrem Pkw
innerhalb einer geschlossenen Ortschaft 10 km/h
schneller als erlaubt. In Deutschland kostet Sie das Ver-
gehen 15 Euro, in Frankreich aber 900 Euro. Dieser Un-
terschied in der Höhe der Strafe ist vielen Reisenden
nicht bewusst. Im Moment kann Frankreich die
900 Euro noch nicht fordern, aber nach Inkrafttreten
dieses Umsetzungsgesetzes können die französischen
Behörden Deutschland um die Vollstreckung der
900 Euro Geldbuße bitten.

Als Lösung dieses Konflikts mit unserer Verfassung,
in den wir durch die von der Bundesregierung vorge-
schlagene Umsetzung zwangsläufig kommen, sehe ich
die Weigerung Deutschlands zur Umsetzung des Rah-
menbeschlusses an, zumal ein Vertragsverletzungsver-
fahren der EU gegenüber der Bundesrepublik Deutsch-
land sanktionsfrei nicht durchsetzbar wäre. Diesen Weg
haben Sie in der Entscheidung des Bundesverfassungs-
gerichts zum Europäischen Haftbefehl deutlich aufge-
zeigt bekommen. Darüber hinaus ist eine mögliche Voll-
streckung von Straftaten im Ausland bereits nach
geltendem Recht, nämlich durch das Gesetz über die in-
ternationale Rechtshilfe in Strafsachen, möglich. Dieses
Gesetz beinhaltet hohe rechtsstaatliche Standards und
Hürden zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor
unangemessener Strafverfolgung. Diese hohe Schutz-
anforderung wollen Sie nun durch die Umsetzung des
Rahmenbeschlusses aufweichen.

Eine Überprüfung jedes Einzelfalls durch ein deut-
sches Gericht unter dem Gesichtspunkt der beiderseiti-
gen Strafbarkeit und Höhe der angedrohten Strafe,
würde auch zu einer verfassungsrechtlich unbedenkli-
chen Lösung beitragen, wäre aber sehr aufwendig und
teuer für die deutsche Justiz.

An Damen und Herren der CDU/CSU- und FDP-
Fraktion gewandt: Seien Sie sich Ihrer Verantwortung
wenigstens diesmal bewusst: Sie haben im Moment die
Wahl! Hören Sie auf Ihr Gewissen! Entscheiden Sie sich
für unsere Alternativen und gegen ein weiteres verfas-
sungswidriges Gesetz aus Ihrer Feder!

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Zu Protokoll ge

(C (D Der Deutsche Bundestag beschließt heute Regelun en, mit denen er in nationaler Umsetzung eines weiteen Rechtsakts der EU den Grundsatz der gegenseitigen nerkennung im Rahmen der strafrechtlichen Zusamenarbeit anwendet. Diesmal betrifft es die gegensei ige Anerkennung und Vollstreckung von Geldstrafen nd Geldbußen. Um es gleich vorweg zu sagen: Wir werden dem Geetzentwurf nicht zustimmen, sondern uns enthalten, finen aber vieles an dem Entwurf, wie er jetzt in der geänerten Form vorliegt, gut und richtig. Wir haben uns in inem Berichterstattergespräch mit Sachverständigen ertieft mit der Materie befasst. Von allen Fraktionen urde dieses Gespräch als sehr produktiv empfunden. as freut mich umso mehr, als die Opposition den Koali ionsfraktionen zunächst doch erst etwas auf die prünge helfen musste, sich Zeit für diese intensive Beassung zu nehmen. Aber am Ende gab es durchaus Geprächsbereitschaft, was ich ausdrücklich anerkennen ill. So sind Probleme mit der sogenannten Halterhaf ung im Straßenverkehr, über die bis zum Schluss diskuiert wurde, zufriedenstellend gelöst worden. In diesem ereich gibt es jetzt ein Vollstreckungshindernis, das in edem Fall zu achten ist. Umso mehr bedaure ich, dass es nicht möglich war, anz auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Bevor ch auf die Gründe hierfür eingehe, will ich mich zu dem rundsätzlicheren Beratungsbedarf, den die SPD-Frakion durch den von mir sehr geschätzten Kollegen anckert angemeldet hat, eingehen. Der Kollege anckert bezog sich auf die sehr kategoriale Kritik eies der Sachverständigen, mit der wir uns seit Jahren benfalls beschäftigen. Die anderen drei Sachverständien erteilten dem Gesetzentwurf jedoch im Grundsatz ehr gute Noten und machten nur einige Vorschläge zur esseren Ausgestaltung im Einzelnen. Zu der kategorialen Kritik: Der Grundsatz der gegeneitigen Anerkennung spinnt sich seit dem Programm es Europäischen Rates von Tampere 1999 wie ein roter aden durch die europäische Rechtssetzung zur justiiellen Zusammenarbeit in Strafsachen. Er ist als rundansatz politisch nicht rückholbar. Wir Grüne wol en die europäische Integration gestalten und nicht in eier Abwehrhaltung nur begleiten. Wir müssen aber auch rnst nehmen, dass dieser Grundsatz eine wichtige Voaussetzung hat: Das ist das Vertrauen – und zwar das ertrauen nicht nur der Staaten, sondern auch und beonders der Bürgerinnen und Bürger – in die Rechtstaatlichkeit der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. ieses Vertrauen darf man nicht als gegeben vorausset en. Es muss erarbeitet werden. Dafür setzen wir uns eit langem ein. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung ist it dem Verzicht auf beidseitige Strafbarkeit im Bereich iner Liste von Deliktsgruppen verschränkt verbunden. it dem umzusetzenden Rahmenbeschluss wird diese iste nochmals erheblich ausgeweitet. Teilen dieser iste mangelt es an der erforderlichen Präzision. Desegen fordern wir Grüne und der Bundestag insgesamt Jens Petermann gebene Reden Jerzy Montag )

Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705534700







(A) )

seit Jahren die Präzisierung dieser sogenannten Listen-
delikte.

Wir Bündnisgrüne haben die Bedenken gegen die Un-
bestimmtheit mancher Deliktsgruppen in der Weise auf-
gegriffen, dass wir – wie auch schon beim Europäischen
Haftbefehlsgesetz im ersten Durchgang – ausdrücklich
regeln wollten, dass dem Betroffenen ein Rechtsbeistand
beizuordnen ist, wenn im Einzelfall der Charakter der
Deliktsgruppen ein Problem darstellt. Entsprechend
wollten wir die Einhaltung der Vollstreckungsvorausset-
zungen von Abwesenheitsurteilen absichern. Damit ha-
ben wir auch Anregungen der Sachverständigen aufge-
griffen. Ich bedaure außerordentlich, dass die Koalition
dies nicht aufgreifen wollte. Das hindert uns an der Zu-
stimmung. Wenn sich die Koalition auf die Verbesserun-
gen beim Rechtsbeistand und auf ein paar weitere Klar-
stellungen im Detail eingelassen hätte, hätten wir dem
Gesetzentwurf zustimmen können.

Bedauerlich ist auch, dass die Voraussetzungen für
die Vollstreckung von Abwesenheitsurteilen nicht gleich
nach den strengeren Maßstäben des neueren Rahmenbe-
schlusses 2009/299/JI vom 26. Februar 2009 über Ab-
wesenheitsurteile geregelt wurden. Hier muss bis zum
Ablauf der Umsetzungsfrist des sozusagen neueren Rah-
menbeschlusses bis zum 18. März 2011 nachgebessert
werden. Dieser Rahmenbeschluss ist ja auch schon seit
fast eineinhalb Jahren in Kraft. Wir wollten im Kompro-
misswege wenigstens einen Auslegungshinweis in den
Bericht des Rechtsausschusses aufnehmen, um die Zeit
bis zur umfassenden Umsetzung des Rahmenbeschlusses
über Abwesenheitsurteile zu überbrücken. Aber auch
darauf wollte sich die Koalition letztlich nicht einlassen.
Das ist bedauerlich, weil es uns eine Zustimmung zum
Gesetz unmöglich macht.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705534800

Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Rechtsaus-

schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/2458, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung auf Drucksache 17/1288 in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung ange-
nommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei
Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und der Linken
und Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzent-
wurf ist damit mit dem gleichen Stimmenergebnis wie in
der zweiten Beratung angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sonja
Steffen, Christine Lambrecht, Dr. Peter Danckert,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

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(C (D Änderung des Vormundschaftsrechts und weitere familienrechtliche Maßnahmen – Drucksache 17/2411 – Auch hier wurde bereits in der Tagesordnung ausgeiesen, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden, nd zwar folgender Kolleginnen und Kollegen: Ute ranold, Sonja Steffen, Stephan Thomae, Halina awzyniak und Ingrid Hönlinger. Wir beraten heute über einen Antrag der SPD-Frak ion, der sich mit der anstehenden Reform des Vormundchaftsrecht befasst. In den vergangenen Jahren haben erschütternde Beichte über Eltern, die ihre Kinder misshandeln oder ernachlässigen, merklich zugenommen. Nicht zuletzt er schreckliche Tod des kleinen Kevin aus Bremen hat ns sehr deutlich vor Augen geführt, welche Verantworung wir als Gemeinschaft für diese Kinder tragen. Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse hatte das undesjustizministerium im Jahr 2006 die Expertenruppe „Familiengerichtliche Maßnahmen bei Gefährung des Kindeswohls“ eingesetzt, die im November 006 eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für die amilienrechtliche Praxis vorgelegt hat. Auf Grundlage ieser Empfehlungen haben wir 2008 das Gesetz zur Ereichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Geährdung des Kindeswohls verabschiedet, das ein früheitigeres Eingreifen der Familiengerichte ermöglicht nd so den Kinderschutz effektiver macht. Im Jahr 2008 ist die Expertengruppe erneut zusamengetreten. Sie sollte sich nunmehr vor allem mit der rage der Zusammenarbeit zwischen Familiengerichten nd Jugendämtern befassen und klären, ob und wie geetzgeberische Maßnahmen diese Zusammenarbeit optiieren können. Der Bericht der Arbeitsgruppe enthält erschiedene Empfehlungen. Diese betreffen die Theenkomplexe Fortbildung, interdisziplinäre Zusammenrbeit und Pflegefamilien. Darüber hinaus hat sich eine igene Unterarbeitsgruppe mit dem besonders wichtien Komplex „Vormundschaft“ befasst und auch hierzu ahlreiche Empfehlungen an den Gesetzgeber gerichtet. Der tragische Fall des kleinen Kevin in Bremen hat ie Bedeutung des Vormundes für das Mündel gezeigt. er Vormund ist an der Stelle der Eltern zur umfassenen Sorge verpflichtet. Diese Pflicht ist zugleich mit eier großen Verantwortung verbunden, die der Staat für as Kind übernimmt. Bereits die geltende Rechtslage etzt daher den persönlichen Kontakt des Vormunds mit em Mündel voraus. Denn ohne diesen Kontakt kann der ormund das Kind weder erziehen, beaufsichtigen noch einen Aufenthalt bestimmen. So weit aber nur in der heorie. Die Praxis sieht leider häufig anders aus. In den Jugendämtern gibt es zum Teil erhebliche fianzielle und personelle Engpässe, die eine ausreihende, den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Bereuung durch den Vormund nicht ermöglichen. Ein mtsvormund ist zuweilen – so auch im Fall des kleinen )

Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1705534900

(A) )

Kevin – für über 200 Mündel zuständig und verantwort-
lich. Es ist klar, dass es unter solchen Bedingungen dem
Vormund so gut wie unmöglich ist, sich dem einzelnen
Mündel in ausreichendem Umfang persönlich zuzuwen-
den. Nur bei zeitnaher und unmittelbarer Kenntnis der
Lebenssituation des Mündels könnte der Vormund aber
Fehlentwicklungen entgegenwirken und die erforderli-
chen Maßnahmen im Interesse des Mündels veranlas-
sen.

Das Bundesjustizministerium hat vor diesem Hinter-
grund Anfang dieses Jahres einen Referentenentwurf
vorgelegt. Anknüpfend an die Empfehlungen der Exper-
tengruppe sieht der Entwurf verbindliche Regelungen
zum persönlichen Kontakt zwischen Vormund und Mün-
del sowie Vorgaben zur persönlichen Überwachung von
Pflege und Erziehung des Mündels vor. Zudem sollen Be-
richtspflichten des Vormunds gegenüber dem Familien-
gericht festgelegt werden und Letztere ihrerseits ver-
pflichtet werden, den persönlichen Kontakt zwischen
Vormund und Mündel zu überwachen. Die zentrale und
wichtigste Neuregelung sieht schließlich vor, die Zahl
der Amtsvormundschaften auf höchstens 50 pro Vor-
mund zu begrenzen, wobei jeweils von einer Vollzeit-
stelle ausgegangen wird.

Zusätzlich zum aktuellen Gesetzgebungsvorhaben
planen wir in einem zweiten Schritt eine Gesamtreform
des Vormundschaftsrechts. Bekanntlich stammt die
Grundkonzeption des Vormundschaftsrechts noch aus
dem 19. Jahrhundert und bedarf daher in vielen Berei-
chen struktureller Anpassungen an die aktuellen Rechts-
und Lebensverhältnisse. Bundesregierung und Koalition
planen, einen entsprechenden Gesetzesentwurf noch im
Laufe der Legislaturperiode zu erarbeiten und auf den
Weg zu bringen.

Ich denke, wir sind uns einig, dass dieser Weg – also
kurzfristig sicherstellen, dass die gesetzlichen Qualitäts-
vorgaben für die Vormundschaft gewährleistet sind, und
dann in einem zweiten Schritt die Strukturen anpassen –
der richtige ist.

Nun muss es darum gehen, den schon ausgearbeite-
ten Entwurf der Bundesregierung zügig auf den Weg zu
bringen. Nach derzeitigem Stand wird das Bundeskabi-
nett noch im Sommer den entsprechenden Gesetzentwurf
beschließen, sodass wir dann nach der Sommerpause an
dieser Stelle intensiv und in aller Gründlichkeit darüber
beraten können.

Was die Einzelheiten angeht, so sehen auch wir noch
eine Reihe von Punkten, über die zu diskutieren sein
wird. Die SPD-Fraktion hat mit ihrem Antrag bereits
eine Reihe richtiger und wichtiger Fragen angespro-
chen. Ich nenne in diesem Zusammenhang beispiels-
weise die Obergrenze für Vormundschaften und die da-
mit verbundene Frage, ob wir die neue Vorschrift als
Soll- oder Mussvorschrift ausgestalten.

Natürlich dürfen wir uns hier keinen Illusionen hin-
geben. Die allgemeine Haushaltslage in Deutschland ist
äußerst angespannt und dürfte sich in den nächsten Jah-
ren eher noch weiter verschärfen. Vor allem Städte mit
sozialen Brennpunkten, in denen überdurchschnittlich

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(C (D iele der gefährdeten Kinder leben, stehen finanziell mit em Rücken zur Wand und haben kaum Spielräume. Daei ist es leider auch so, dass gerade die Kinder, die beonders schutzwürdig sind, eine – wenn überhaupt – nur chwache Lobby genießen. Daher stehen gerade wir in esonderer Verantwortung, hier im Interesse der betrofenen Kinder und Familien die richtigen Prioritäten zu etzen. Ich lade Sie daher alle ein, gemeinsam mit uns ach Lösungen zu suchen. Der Referentenentwurf der Bundesregierung bildet ür die weiteren Beratungen eine gute Grundlage. Es ürde daher keinen Sinn machen, schon heute über den ntrag der SPD-Fraktion abschließend zu entscheiden. afür ist das Thema viel zu komplex. Wir werden in ürze hier und dann in den zuständigen Fachausschüs en über die Einzelheiten des Regierungsentwurfs beraen und dabei ausreichend Zeit und Gelegenheit haben, uch über die von der SPD aufgeworfenen Fragen ausührlich zu diskutieren. Soweit es hier auch um ganz raktische Fragen – etwa die Obergrenze für Amtsvorundschaften – geht, sollten wir auch in Erwägung zieen, im Rahmen einer öffentlichen Anhörung externes achwissen in unsere Meinungsbildung einzubeziehen. Wir halten also den vom Bundesjustizministerium ingeschlagenen Weg für richtig, jetzt zunächst die rängenden Probleme mit einem vorgezogenen Gesetzntwurf anzugehen. Angesichts des akuten Handlungsedarfs wäre es falsch und schwerlich zu verantworten, rst die Gesamtreform abzuwarten und dadurch unnötig eit zu verlieren. Wir wissen alle, dass solche umfassenen Gesetzesvorhaben einer gründlichen Vorbereitung edürfen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang beipielsweise an die FGG-Reform in der letzten Legislaurperiode. Damals hatten wir uns ebenfalls bewusst daür entschieden, die Erleichterung familiengerichtlicher aßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls abzutrenen und als eigenes Gesetz vorzuziehen. Ich bin der Auffassung, wir sollten die kurzfristig zu ösenden Probleme und die weitergehende Gesamtreorm nicht vermengen. Im Interesse der betroffenen Kiner sollten wir uns daher zunächst auf die Themen im egierungsentwurf konzentrieren. Unabhängig davon alte ich eine Reihe der angesprochenen Fragen durchus für berechtigt. Die Gesamtreform ist dann ein weiterer Aufgabenbeeich, den wir noch in dieser Legislaturperiode angehen erden. Ich sehe jedoch keinen Grund, uns schon heute it diesen Fragen abschließend zu befassen. Dies gilt mso mehr angesichts der Tatsache, das der Antrag der PD-Fraktion auch einige äußerst sensible Bereiche hematisiert – Stichwort „Pflegefamilie und Adoption“. Im Interesse der Sache wäre es deshalb wünschensert, wenn der heutige Antrag zur weiteren Beratung in ie Ausschüsse verwiesen wird. In der letzten Legislaturperiode wurde zum Schutze es Kindeswohls viel erreicht – dies war auch nötig, enn immer häufiger war in den Zeitungen von Fällen zu Ute Granold gebene Reden )

Sonja Steffen (SPD):
Rede ID: ID1705535000




(A) )

lesen, bei denen Kinder von den Eltern vernachlässigt
und misshandelt wurden. Dabei sind vor allem auch die
öffentlichen Einrichtungen und Verfahren zum Schutze
der Kinder in die Kritik geraten.

Der für den zweijährigen Kevin aus Bremen zustän-
dige Amtsvormund betreute im Jahr 2006 200 Kinder,
als der kleine Junge durch Misshandlungen zu Tode
kam. Dieser Fall hat gezeigt, dass das Frühwarnsystem
und die präventiven Maßnahmen nicht ausreichten, um
eine Gefährdung des Kindeswohls rechtzeitig erkennen
und abwenden zu können.

Die Große Koalition hat daraufhin richtig gehandelt:
Unter Federführung der Bundesjustizministerin Brigitte
Zypries wurde die Arbeitsgruppe „Familiengerichtliche
Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls“ ins Le-
ben gerufen. Dann traten das „Gesetz zur Erleichterung
familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des
Kindeswohls“ sowie die „Reform des Verfahrens in Fa-
miliensachen und in Angelegenheiten der Freiwilligen
Gerichtsbarkeit“ in Kraft.

Die Arbeitsgruppe hat im Nachgang erste Erfahrun-
gen mit den neuen Gesetzen evaluiert und im Juli 2009
einen Abschlussbericht vorgelegt, in dem Empfehlungen
für die Weiterentwicklungen in dem Bereich ausgespro-
chen werden. Wir, die SPD-Bundestagsfraktion, begrü-
ßen, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung einen Teil
dieser Empfehlungen aufgegriffen hat und demnächst ei-
nen Gesetzentwurf zur Änderung des Vormundschafts-
rechtes im Kabinett verabschieden möchte. Auch die In-
tention des Entwurfs geht in die richtige Richtung. Und
doch bleibt er nur Stückwerk – eine halbe Sache.

Die Vorschläge der Arbeitsgruppe wurden nur teil-
weise aufgenommen und alles über den Themenkomplex
Vormundschaftsrecht hinausgehende wird außer Acht
gelassen. Hintergrund für dieses Vorgehen ist die An-
kündigung, Sie würden das Vormundschaftsrecht insge-
samt noch einmal reformieren.

Wir wollen Sie heute mit dem von uns vorgelegten An-
trag darauf aufmerksam machen, welche Punkte unbe-
dingt berücksichtigt oder überprüft werden müssen, um
den Schutz des Kindeswohls weiter voranzubringen.

Es ist notwendig, die Zusammenarbeit zwischen Fa-
miliengericht und Jugendamt zu verbessern, einerseits
durch eine konkrete Regelung für die verbindliche Teil-
nahme der Jugendämter an gerichtlichen Terminen, an-
dererseits durch die Stärkung der fallübergreifenden in-
terdisziplinären Zusammenarbeit. Fortbildungen und
Qualifikationen sollten in dem sensiblen Bereich des
Vormundschaftsrechtes stärker gefördert und gefordert
werden, sowohl bei den Richterinnen und Richtern als
auch bei den Vormündern. Zudem muss die Position der
Mündel bei der Auswahl des Vormundes sowie in Bezug
auf Beschwerdemöglichkeiten gestärkt werden. Ein wei-
terer Aspekt ist die Einzelvormundschaft. Sie sollte ge-
zielt gefördert und das Potenzial der ehrenamtlichen
Vormundschaft stärker genutzt werden.

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass wir die
im Referentenentwurf vorgesehene Begrenzung der Fall-
zahl in der Amtsvormundschaft begrüßen; wir halten es

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(C (D ber für sinnvoll, die Obergrenze auf 40 Fälle pro Vorund festzulegen – und zwar für alle Formen der Vorundschaft. Diese Grenze darf nicht überschritten weren. Deshalb brauchen wir hier eine Muss-Regelung, ie Klarheit schafft. Das bringt den betroffenen Kindern aber nur etwas, enn auch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung estellt werden. Die von Ihnen getroffene Feststellung, er durch die Änderung hervorgerufene Mehrbedarf bei en Kommunen sei nicht bezifferbar, ist mehr als unberiedigend. In Anbetracht der desolaten finanziellen Siuation der Kommunen ist eine solche Aussage nicht innehmbar. Deshalb fordern wir Sie auf, die durch die rhöhung der Anzahl der qualifizierten Jugendamtsmitrbeiterinnen und -mitarbeiter entstehenden Mehrkosen konkret zu benennen und dementsprechende Resourcen bereitzustellen. Ich hoffe sehr, dass die in unserem Antrag angeführen Anregungen und sinnvollen Ergänzungen Eingang in hre Überlegungen zum Vormundschaftsrecht finden erden. Von allen Unfällen und Straftaten, die unsere Wahr ehmung erreichen, gehen uns fast immer diejenigen am ächsten, deren Opfer Kinder sind. Was man – leider iel zu oft – von solch grauenvollen Fällen liest oder ört, ist geeignet, uns kalte Schauer über den Rücken zu agen. Politik und Gesellschaft sind hier gefordert. Die ufmerksamkeit von Angehörigen, Nachbarn und Juendämtern muss noch stärker geschärft werden. Der esetzgeber muss die gesetzlichen Rahmenverhältnisse erbessern. Zu den spektakulärsten und tragischsten Ereignissen er letzten Jahre zählt ohne Zweifel der Fall des zweiährigen Kevin aus Bremen, der im Jahr 2006 tot im ühlschrank seines drogenabhängigen Ziehvaters ge unden worden war. Kevin hatte unter der Vormundchaft des örtlichen Jugendamtes gestanden. Man tut ich leicht, dem Amtsvormund den Vorwurf zu machen, r habe nicht verhindert, dass Kevin misshandelt und ernachlässigt wurde. Man muss aber aufmerksam erden, wenn man liest, dass der zuständige Sachbeareiter des Jugendamtes 230 Vormundschaftsfälle zu bereuen hatte; das sind fast zehn Schulklassen. Bei einer 0-Stunden-Woche kann ein solcher Vormund im Durchchnitt gerade einmal eine Dreiviertelstunde monatlich ür jedes Kind verwenden. Als Gesetzgeber, der für das Vormundschaftsrecht zutändig ist, müssen wir uns fragen, ob nicht im Vormundchaftsrecht Korrekturen notwendig sind. Wie Sie alle issen, hat Frau Bundesjustizministerin Leutheusserchnarrenberger deshalb sofort nach ihrem Amtsantritt in Gesetz zur Änderung des Vormundschaftsrechts auf en Weg gebracht. Das Ministerium hat bereits im Dezember 2009 einen eferentenentwurf vorgestellt, der im Januar 2010 an ie Länder und an die Verbände zur Stellungnahme verandt worden ist. Das geplante Gesetz soll unter ande Sonja Steffen gebene Reden )

Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1705535100




(A) )

rem sicherstellen, dass der persönliche Kontakt zwi-
schen dem Vormund und seinen Mündeln gewährleistet
ist. Das soll insbesondere, aber nicht nur durch die zah-
lenmäßige Begrenzung der Mündel garantiert werden,
die ein einzelner Vormund höchstens betreuen darf.

Die gesetzliche Neuregelung wird das Erfordernis
des ausreichenden persönlichen Kontakts des Vormunds
mit dem Mündel ausdrücklich im Gesetz verankern, die
Pflicht des Vormunds zur Aufsicht über die Pflege und
Erziehung des Mündels im Gesetz stärker hervorheben,
den persönlichen Kontakt des Vormunds mit dem Mün-
del ausdrücklich in die jährliche Berichtspflicht des Vor-
munds einbeziehen, den persönlichen Kontakt des Vor-
munds mit dem Mündel in die Aufsichtspflicht des
Familiengerichts über die Amtsführung des Vormunds
ausdrücklich einbeziehen und die Fallzahlen in der
Amtsvormundschaft auf 50 Vormundschaften je Mitar-
beiter begrenzen.

Es sei ganz offen und ehrlich darauf hingewiesen:
Diese Verbesserungen werden nicht zum Nulltarif zu ha-
ben sein. Einerseits darf auch in wirtschaftlich schwieri-
gen Zeiten das Kindeswohl nicht unter die Disposition
der Kassenlage gestellt werden. Andererseits müssen
wir als Gesetzgeber die Finanzlage der Kommunen na-
türlich im Blick behalten. Der Bund sollte keine Verspre-
chungen machen, von denen wir nicht wissen, wie die
Kommunen sie einhalten sollen. Wenn wir das Vormund-
schaftsrecht ändern, müssen wir auch die finanzielle
Seite mitbedenken, sonst verhalten wir uns wie Betrüger,
die ungedeckte Schecks ausstellen.

Trotzdem werden wir versuchen, die drängendsten
Fragen schnellstmöglich zu lösen, damit ein Fall Kevin
sich so nicht mehr wiederholen kann.


Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705535200

Es ist nicht das erste Mal, dass wir im Bundestag

über den Schutz von Kindern debattieren. Oft gaben
schreckliche Fälle Anlass zur Debatte. Und auch der
Antrag der SPD-Fraktion, der heute zur Beratung steht,
hat den tragischen Tod des im Jahre 2006 in Bremen zu
Tode gekommenen Kevin zum Anlass.

Sicher ist es wichtig, dass solche schrecklichen Fälle
immer wieder diskutiert werden. Es ist auch wichtig, im-
mer wieder nach neuen Lösungswegen zu suchen. Es ist
aber auch wichtig, dabei die Ursachen für das Handeln
von Eltern – wie im Falle Kevin – zu suchen, Ursachen,
die nur zum Teil bei den Eltern zu finden sind; viel öfter
liegen sie in gesellschaftlich zu verantwortenden Defizi-
ten.

Genügend Gesprächs- und Klärungsbedarf gibt es
auch von unserer Seite, zum Beispiel bei der Rolle der
Jugendämter, deren Ausstattung auch im Antrag der
SPD eine Rolle spielt – leider ohne klar zu fordern, dass
bei der Finanzierung auch der Bund sehr viel mehr in
die Pflicht genommen werden muss. Wenn schon die
Bundesregierung darin keine Notwendigkeit sieht, sollte
wenigstens eine Oppositionsfraktion daran erinnern.

Viele der Forderungen des Antrags teilen wir als
Linke. Sie sind aus den Anhörungen zum Kindesschutz in

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(C (D er letzten Legislaturperiode bekannt und dort – zuminest von den Sachverständigen – ausführlich erörtert orden. Zu nennen sind hier insbesondere die dringend otwendige Obergrenze für die Fallzahlen bei den Amtsormundschaften. Die derzeitige Praxis ist unzumutbar ür die Vormunde und hat mit einer Arbeit im Sinne des indeswohls nichts mehr gemein. In den vergangenen ahren hat der Personalmangel in den Jugendämtern ber auch im Bereich der Amtsvormundschaften und der egleitung von Familiensachen zu erheblichen qualita iven Einschränkungen geführt, die in einem Gegensatz u den steigenden Fallzahlen stehen. Wir unterstützen diese Forderung ebenso wie die ach mehr Beteiligung für Mündel sowie die nach geetzlichen Konkretisierungen der Pflichten des Vormunes gegenüber den Kindern und Jugendlichen, deren ohl und Willen im Mittelpunkt stehen müssen. In vielen anderen Fragen besteht für uns aber noch ntensiver Redebedarf – sowohl aus fachpolitischer icht als auch in Bezug auf die Folgenabschätzung der orgeschlagenen rechtlichen Veränderungen. Genannt ei an dieser Stelle nur die Frage, inwieweit Pflegeeltern ine Vormundschaft übernehmen können oder in welhem Umfang die Möglichkeit von Adoptionen durch flegeeltern ausgeweitet werden soll. Pflegeeltern haen die ohnehin schwere Aufgabe, Kinder in ihrer Enticklung zu fördern, die nicht selten schreckliche Dinge rlebt haben. Hier besteht nicht nur die Gefahr der berforderung von Pflegeeltern, die vom Antragsteller elbst im Feststellungsteil umschrieben wird. Eine solhe Prüfung muss also unter äußerst sensibel ausgeählten Gesichtspunkten geschehen. Auch der Prüfauftrag zur Frage der Ermöglichung iner Adoption wird von uns eher kritisch gesehen. Er ist erart unbestimmt formuliert, dass das Ergebnis dieses uftrages dazu führen kann, dass der eigentliche Zweck es Pflegeverhältnisses, nämlich die Rückführung des indes in die Herkunftsfamilie, konterkariert wird. Hier ätte viel genauer formuliert werden müssen, unter welhen engen Voraussetzungen geprüft werden soll, ob nd, wenn ja, wie eine Adoption möglich sein soll. Fragen des Vormundschaftsund des Familienrechtes ind in vielerlei Hinsicht sehr sensibel. Wir sollten dieen Fragen die notwendige Aufmerksamkeit widmen und ie in den zuständigen Fachgremien diskutieren. Darum endet sie die Fraktion Die Linke gegen eine sofortige bstimmung. Wir befassen uns heute mit dem Antrag der SPD zu nderungen im Vormundschaftsrecht. Die SPD bezieht ich zum einen auf den Referentenentwurf der Bundesreierung, den sie ergänzt haben möchte. Zum anderen ordert sie, dass weiterführende Regelungen in die angeündigte Gesamtreform des Vormundschaftsrechts, die on der Bundesregierung angekündigt ist, aufgenommen erden. Den Anstoß für dieses Thema hat der traurige Fall des indes Kevin aus Bremen gegeben, das im Jahr 2006 zu Stephan Thomae gebene Reden Ingrid Hönlinger )

Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705535300







(A) )

Tode gekommen ist. Der Amtsvormund, der für Kevin zu-
ständig war, hatte zu diesem Zeitpunkt 200 Mündel in
seiner Betreuung. Aufgrund der großen Arbeitsbelastung
hatte er keinen persönlichen Kontakt zu Kevin. Deshalb
hatte er keine eigene Kenntnis von den katastrophalen
Verhältnissen, in denen sein Mündel lebte.

Wie können wir den Schutz von Mündeln realistisch
verbessern und die Qualität der Vormundschaft sichern?
Das sind die Kernfragen bei der Reform des Vormund-
schaftsrechts.

Ein Aspekt ist hierbei sicherlich, dass die Entwick-
lung und das Wohl des Mündels in den Vordergrund der
Amtsführung des Vormunds gerückt werden. Nur das
Kindeswohl kann den Maßstab für das Handeln des Vor-
munds darstellen. Das ist der Kristallisationspunkt.

Das beste Bild vom Wohlergehen seines Mündels kann
sich der Vormund machen, wenn er kontinuierlich den
persönlichen Kontakt zum Mündel hält. Dazu gehört
auch, dass der Vormund sein Mündel bei der Entschei-
dung über Angelegenheiten, die sie oder ihn betreffen,
einbezieht, gemäß dem jeweiligen persönlichen Entwick-
lungsstand.

Die SPD schlägt in ihrem Antrag darüber hinaus vor,
den Kontakt des Vormunds zu seinem Mündel nicht auf
die „übliche Umgebung des Mündels“ zu beschränken,
wie dies im Referentenentwurf vorgesehen ist. Das ist
richtig; denn das ermöglicht dem Mündel, mit dem Vor-
mund offen über Probleme zu sprechen, die gerade in
seinem üblichen Umfeld, seinem Zuhause, ihren Ur-
sprung haben.

Einen weiteren Punkt müssen wir diskutieren: Zur
Obergrenze der Anzahl von Vormundschaften pro Amts-
vormund sieht der Referentenentwurf der Bundesregie-
rung vor, dass diese auf 50 Vormundschaften pro Mitar-
beiterin oder Mitarbeiter beschränkt werden soll. Das
geschieht in Form einer „Sollvorschrift“. Demgegen-
über fordert die SPD, dass die Obergrenze für alle For-
men der Vormundschaft auf 40 Vormundschaften pro
Mitarbeiterin oder Mitarbeiter festgelegt werden muss;
sie fordert also eine „Mussvorschrift“.

Das ist eine schöne Perspektive; allerdings stellen
sich Fragen. Die erste Frage ist: Wie finanzieren die
Kommunen, die bereits unter erheblichem finanziellem
Druck stehen, diese Aufstockung ihres Personalbe-
stands?

Auch muss geklärt werden, wie die Jugendämter aus-
reichend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
in der Kürze der Zeit finden sollen. Klar ist, dass mög-
lichst bald mit der Schulung und Qualifizierung poten-
zieller neuer Vormünder begonnen werden muss, aber
das geht nicht sofort. Auch hier muss geklärt werden,
wie die Kommunen die zusätzlichen Kosten stemmen
können.

Eine genaue Kalkulation ist hier vonnöten. Zu denken
wäre auch an die Einführung von Übergangsvorschrif-
ten.

Im Gesamten sind die Forderungen der SPD zu be-
grüßen. Sie haben immer das Wohl des Mündels und die

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(C (D ualitätssicherung der Vormundschaft im Blick. Der ersönliche Kontakt zwischen Vormund und Mündel, die ewährleistung von qualifizierter Vormundschaft und ie Kontrolle durch die Gerichte sind von elementarer edeutung für ein gutes Vormundschaftsrecht. Diese Asekte hat die SPD in ihrem Antrag berücksichtigt. Sie uss allerdings hinsichtlich der konkreten Umsetzung och klarer werden. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag er Fraktion der SPD auf Drucksache 17/2411. Die raktion der SPD wünscht Abstimmung in der Sache. ie Fraktionen der CDU/CSU und FDP wünschen Übereisung, und zwar federführend an den Rechtsausschuss nd mitberatend an den Ausschuss für Familie, Senioen, Frauen und Jugend. Die Abstimmung über den Antrag auf Ausschussberweisung geht nach ständiger Übung vor. Ich frage eshalb: Wer stimmt für die beantragte Überweisung? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist die berweisung so beschlossen. Damit stimmen wir heute ber den Antrag auf Drucksache 17/2411 nicht ab. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Abgeordneten Dirk Fischer Arnold Vaatz, Volkmar Vogel terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Patrick Döring, Oliver Luksic, Werner Simmling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Erwerb von Zweiradführerscheinen erleichtern – Drucksachen 17/1574, 17/2456 – Berichterstattung: Abgeordnete Kirsten Lühmann Auch hier wurde bereits in der Tagesordnung ausgeiesen, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden, nd zwar folgender Kolleginnen und Kollegen: Gero torjohann, Volkmar Uwe Vogel, Kirsten Lühmann, liver Luksic, Herbert Behrens und Winfried Hermann. Wir beraten und beschließen heute in zweiter und drit er Lesung den Antrag der Koalitionsfraktionen mit dem itel „Erwerb von Zweiradführerscheinen erleichtern“. ierdurch setzen wir die 3. Europäische Führerschein ichtlinie hinsichtlich des Zweiradbereichs in nationales echt um. Der Übergang zwischen den verschiedenen weirad-Führerscheinklassen wird für den Bürger hierurch deutlich vereinfacht. Bislang konnten langjährige raftfahrer einen zusätzlichen Motorradführerschein ur durch umfassende Theorieausbildungen und Theoieprüfungen erlangen. Trotz umfassender Praxiserfahung im Straßenverkehr wurden sie Verkehrsneulingen leichgestellt. )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705535400
Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1705535500

(A) )

Die 3. EU-Führerscheinrichtlinie schafft hier Ab-
hilfe. Sie ist am 19. Januar 2007 in Kraft getreten. Vom
Gesetzgeber fordert die Richtlinie Veränderungen im
nationalen Führerscheinwesen. Die christlich-liberale
Koalition nutzt die gebotenen Spielräume, um die so-
eben beschriebenen Missstände in der Zweirad-Führer-
scheinausbildung zu beheben. Obwohl den Mitglied-
staaten auch ein breiter zeitlicher Spielraum eingeräumt
wurde, diese Richtlinie bis spätestens zum 19. Januar
2013 in nationale Regelungen umzusetzen, verfolgen wir
eine frühzeitige Umsetzung.

Im Bereich der Zweirad-Führerscheinklassen beschlie-
ßen wir im Einzelnen folgende Punkte:

Erstens. Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse A1
werden zukünftig unter erleichterten Bedingungen die
Klasse A2 erwerben können. Die Klasse A1 umfasst
Leichtkrafträder bis maximal 125 ccm und bis zu einer
Fahrleistung von 15 PS. Bei der Klasse A2 steigert sich
die Fahrleistung dann auf maximal 34 PS. Nach zwei-
jähriger Inhaberschaft der Klasse A1 bedarf es fortan
nur einer Einweisung sowie einer praktischen Prüfung,
um die Führerscheinklasse A2 zu erlangen. Die Theorie-
prüfung entfällt zukünftig. Nach zwei Jahren Fahrpraxis
können ausreichende theoretische Kenntnisse zum Ver-
kehrsverhalten und zum Führen von Zweirädern voraus-
gesetzt werden. Der Wegfall des theoretischen Prüfungs-
teils ist somit sachgerecht. Bei den Zweiradfahrern stößt
diese Maßnahme auf große Zustimmung.

Zweitens. Gleichermaßen regeln wir den Übergang
von der Klasse A2 zur Klasse A neu. Nach zweijährigem
Besitz der Führerscheinklasse A2 ist für den Erwerb der
Klasse A eine Einweisung und eine praktische Prüfung
nötig. Auch hier wird auf eine theoretische Prüfung ver-
zichtet. Bisher folgte der Erwerb der Führerscheinklasse A
automatisch nach zweijähriger Inhaberschaft der Klasse
A2. Die mitunter großen Leistungsunterschiede der ent-
sprechenden Krafträder, die unter die Klassen A2 und A
fallen, rechtfertigen jedoch die zusätzliche Einführung
einer praktischen Prüfung. Denn die Führerscheinklas-
se A umfasst Motorräder jeglicher Art. Diesen Übergang
von A2 zu A gestalten wir unter Gesichtspunkten der Ver-
kehrssicherheit neu.

Auf diese Weise schaffen wir ein System des stufen-
weisen Erwerbs der drei Zweirad-Führerscheinklassen
A1, A2 und A. Wer sich mit 16 Jahren dafür entscheidet,
die Klasse A1 zu erwerben, kann nach zweijähriger Pra-
xiserfahrung erleichtert die Klasse A2 erlangen. Er
wäre dann 18. Nach weiteren zwei Jahren ist es dann
möglich, die Klasse A2 durch die Klasse A zu ersetzen.
Und das in einem Alter von 20 Jahren. Die Fahrer von
Motorrädern, die bewiesenermaßen ein erhöhtes Unfall-
risiko aufweisen, würden auf diese Weise langfristiger
und schrittweise das Führen leistungsstarker Motorrä-
der erlernen. Wer die Klasse A über dieses Stufensystem
erwirbt, hat bereits mindestens vier Jahre Zweirad-
Fahrpraxis. Hierin sehen wir einen großen Gewinn für
die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen.

Direkt kann die Klasse A weiterhin erst ab dem
25. Lebensjahr erworben werden. Ein Erwerb vor dem
Erreichen dieses Alters ist nur möglich, wenn zuvor eine

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Zu Protokoll ge

(C (D ahrlizenz der Klasse A2 vorliegt. Es ist ein Trugschluss, avon auszugehen, dass der 25-Jährige, der die Klasse A irekt erwirbt, zwangsläufig verantwortungsvoller und icherer ein Zweirad führen kann als ein 20-Jähriger. Siheres Fahren und Verkehrssicherheit sind keine Fragen es Alters. Sicher fährt derjenige, der eine sorgfältige usbildung genossen hat, schrittweise und bewusst an ie Verantwortung herangeführt wurde, ein Kraftrad zu ühren. Drittens. Eine weitere Neuregelung sieht vor, dass Inaber der alten Führerscheinklasse 3, die diese vor dem . April 1980 erworben haben, die Klasse A2 unter den rleichterten Bedingungen der Inhaber von Klasse A1 rhalten. Zusätzlich ist lediglich eine spezifische theoreische Prüfung notwendig, die ausschließlich die Kenntisse zum Führen von Zweirädern dieser Klasse abfragt. ie Klasse 3 berechtigt zum Führen von Leichtkrafträern bis maximal 125 ccm und 15 PS Motorleistung. ennoch wurden die Inhaber der Klasse 3 bislang Zwei adneulingen gleichgestellt. Die Vergleichbarkeit der lassen A1 und 3 macht eine Gleichbehandlung beider lassen jedoch sachgerecht. Viertens. Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse B das ist der reguläre Pkw-Führerschein – können die lasse A1 leichter erwerben, sofern sie seit mindestens 5 Jahren im Besitz der Klasse B sind. In diesem Fall ind eine spezifische theoretische Prüfung, eine praktiche Einweisung und eine praktische Prüfung gefordert. Schließlich fünftens. Wir senken das Mindestalter zum ühren eines Zweirads der Klasse AM von bislang 16 auf 5 Jahre. Die Klasse AM löst nach dem Willen der 3. EUührerscheinrichtlinie die bisherigen deutschen Klassen und S ab. M war bislang der klassische Mopedführer chein. Dieser konnte mit 16 Jahren erworben werden nd umfasste Zweiräder bis maximal 50 ccm Hubraum nd maximal 45 km/h Höchstgeschwindigkeit. Die lasse S berechtigte zum Fahren dreirädriger Kleinrafträder bzw. vierrädriger Leichtkraftfahrzeuge, sogeannter Quads. Die neue Klasse AM vereinigt die Klasen M und S in sich. Wird in Deutschland zukünftig vom opedführerschein gesprochen, ist die Klasse AM geeint. Die 3. EU-Führerscheinrichtlinie lässt den Mitliedstaaten dabei den Spielraum, das Mindestalter zum rwerb der Klasse AM zwischen 14 und 18 Jahren eigentändig festzusetzen. Wir haben uns für eine Absenkung des Mindestalters ür den Moped-Führerschein auf 15 Jahre entschieden. ieser Punkt unseres Antrags hat in den vergangenen ochen die meiste Beachtung gefunden. Wir als CDU/ SU-Fraktion stellen fest: Die Absenkung des Minestalters ist ein Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit. enn die derzeitige Situation ist folgende: Wir haben berdurchschnittlich viele Unfälle im Bereich der Fahräder und Motorräder. Das Motorrad ist das mit Abstand efährlichste Verkehrsmittel. Obwohl die motorisierten weiräder nur 2 Prozent aller Verkehrsteilnehmer ausachen, kommen aus diesem Bereich circa 14 Prozent ller Verkehrstoten. Darüber hinaus beobachten wir, ass insbesondere bei jungen Zweiradfahrern viele Machinen frisiert werden und deutlich schneller unterwegs Gero Storjohann gebene Reden )





(A) )

sind als die erlaubten 25 km/h bei Mofas oder 45 km/h
bei Mopeds.

Wir als CDU/CSU-Fraktion wollen diese Entwick-
lung nicht hinnehmen. Anstatt zuzuschauen, wie sich die
Unfallzahlen im Zweiradbereich auf unverändert hohem
Niveau halten, handeln wir mit unserem Antrag und der
Herabsenkung der Altersuntergrenze für den Mopedfüh-
rerschein auf 15 Jahre. Von dieser Maßnahme verspre-
chen wir uns ein gesteigertes Gefahrenbewusstsein
unter den jungen Zweiradfahrern. Denn der neue Mo-
pedführerschein mit 15 stellt eine qualifizierte Ausbil-
dung der Jugendlichen dar. Der Erwerb der Klasse AM
geht mit einer umfassenden theoretischen und prakti-
schen Fahr- und Verkehrsausbildung einher. Die Inten-
sität der Ausbildung wird die der derzeitigen Mofa-Aus-
bildung weit übersteigen. Dementsprechend mehr
werden die Fahrschüler für die Gefahren des Straßen-
verkehrs und die Verantwortung, die das Führen eines
Zweirads mit sich bringt, sensibilisiert. Das Risikobe-
wusstsein der Altersklasse der unter 16-Jährigen wird
sich im Vergleich zum heutigen Stand deutlich erhöhen.

Für die CDU/CSU-Fraktion gilt: Es ist besser, wenn
die Jugendlichen bereits mit 15 Jahren beim Erwerb der
Klasse AM frühzeitig eine qualifizierte Ausbildung er-
halten. Wir vertrauen auf die Professionalität unserer
Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, die die Jugendlichen
optimal vorbereiten werden. Wir sind überzeugt, dass
hierdurch eine deutliche Verbesserung der Unfallzahlen
im Zweiradbereich erreicht wird, sowohl bei den 15-jäh-
rigen Fahranfängern, aber gerade auch in höheren Al-
tersklassen. Gleichwohl ist es selbstverständlich, dass
wir die Entwicklung infolge der Absenkung des Min-
destalters genau beobachten werden.

Bislang war es mit 15 Jahren ausschließlich möglich,
einen Mofa-Führerschein zu erwerben. Doch das Mofa
hat einige entscheidende Nachteile. So ist ein Mofa auf
eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h begrenzt. Ur-
sprünglich sollten die Jugendlichen hierdurch davor ge-
schützt werden, zu schnell zu werden und sich zu gefähr-
den. Der Negativeffekt dabei ist jedoch, dass der
deutliche Geschwindigkeitsunterschied zum sonstigen
innerstädtischen Verkehr gefährliche Verkehrssituatio-
nen geradezu zwingend hervorruft. Die Mofafahrer kön-
nen nicht im Verkehr „mitfließen“. Sie werden bevorzugt
überholt und dadurch erheblichen Gefahren ausgesetzt.
Das Absenken des Einstiegsalters des Mopedführer-
scheins würde diesem Effekt entgegenwirken. Die jun-
gen Mopedfahrer könnten flüssiger am Verkehrsgesche-
hen teilnehmen. Darüber hinaus sehen wir in der
Absenkung des Einstiegsalters für den Mopedführer-
schein einen Beitrag zu mehr Mobilität im ländlichen
Raum. Insbesondere Auszubildende des Handwerks sind
früh auf ausreichende Mobilität angewiesen, ein früher
Mopedführerschein hilft ihnen, Arbeitsplatz und Berufs-
schule gut zu erreichen.

Aus den genannten Gründen unterstützt die CDU/
CSU-Bundestagsfraktion die Absenkung des Einstiegs-
alters des Mopedführerscheins auf 15 Jahre. Die Ände-
rungsanträge von SPD, Grünen und Linken lehnen wir
ab. Stattdessen fordern wir die Bundesregierung mit un-

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(C (D erem Antrag auf, die genannten Regelungen umzuseten. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird dem Anrag „Erwerb von Zweiradführerscheinen erleichtern“ eute zustimmen. Ich möchte Sie um Ihre Zustimmung für den Antrag er Koalitionsfraktionen „Erwerb von Zweiradführercheinen erleichtern“ bitten. Mit diesem Antrag soll ermöglicht werden, dass Juendliche statt mit 16 Jahren bereits mit 15 den sogeannten Mopedführerschein erwerben; offizielle Beeichnung: Führerschein der Klasse AM. Damit haben ie die Berechtigung, Zweiräder bis 50 ccm Hubraum ei einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 45 km/h zu ühren. Besonders in ländlich geprägten Gebieten ist die ndividuelle Mobilität von entscheidender Bedeutung. enn der nächste Einkaufsladen ist selten fußläufig er eichbar, der nächste Fußballverein ist mehrere Kilomeer entfernt, und der Schulkamerad oder die Freundin ohnt weit entfernt. Es ist auch meist nicht so wie hier in erlin, das man nur zehn Minuten auf den nächsten Bus arten muss. Aber für die Stadt und das Land gilt gleichermaßen: ur wer individuell weite Strecken zurücklegen kann, ann auch die von der Arbeitswelt geforderte Flexibiliät an den Tag legen. Mein erster Gedanke bei diesem Antrag war, dass wir adurch den jungen Auszubildenden unterstützen, eine eit entfernte und durch öffentliche Verkehrsmittel nur eschwerlich zu erreichende Ausbildung anzunehmen der ganz einfach den Schulbesuch selbstständig zu oranisieren. In der DDR konnte man eine Mopedfahrerlaubnis beeits mit 15 Jahren erwerben, auch wenn man eher an ie Erreichung den Arbeitsplatzes gedacht hat und wenier daran, den Jugendlichen mehr persönliche Freiheit u geben. Damit komme ich noch zu einem weiteren Argument: ie jungen Leute sollen die Möglichkeit haben, ihre reunde und Vereine zu besuchen, wann immer sie es ollen. Ihre Selbstständigkeit und individuelle Freiheit oll gefördert werden, aber auch das Verantwortungsbeusstsein. An diesem Punkt möchte ich noch einmal eutlich machen, dass ich den Jugendlichen in unserem and Vertrauen entgegenbringe, verantwortlich mit dieen neuen Möglichkeiten umzugehen. Das bedeutet auch erantwortung für sich und andere. Besonders muss ihen bewusst sein, dass sie zu den gefährdetsten Verehrsteilnehmern gehören, wie alle, die ein Zweirad fahen, vom Mofa bis zum Bike. Deshalb appelliere ich an die Jugendlichen, dass sie urch ihr eigenes Fahrverhalten am meisten zu ihrer eienen Sicherheit beitragen können, dass sie mit der ichtigen Kleidung, in Signalfarben und sturzsicher, ihr igenes Leben retten können, dass ein fahrtüchtiges und icht manipuliertes Moped der beste Garant für eine sihere Fahrt ist, dass einfach nur lebensmüde ist, ohne elm zu fahren. Ich bin mir sicher, dass die Eltern, Gero Storjohann gebene Reden )

Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1705535600




(A) )

Freunde und Fahrlehrer in unserem Land nicht müde
werden, diese ebenso einfachen wie fundamentalen
Weisheiten immer wieder den jungen Fahrern zu vermit-
teln. Wenn die jungen Leute diese Regeln, gepaart mit
einer guten Fahrausbildung, beherzigen, ist das Risiko
gering, egal ob mit 15 oder 16.

Aufgrund dieser Argumente bitte ich Sie, dem hier
vorliegenden Antrag, auch unter Berücksichtigung der
positiven Beschlussempfehlung aus dem Verkehrsaus-
schuss, zuzustimmen.


Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1705535700

Junge Leute können es kaum erwarten, motorisiert zu

sein. Mobilität bedeutet auch für junge Menschen mehr
Selbstständigkeit und die Möglichkeit, besser am gesell-
schaftlichen Leben teilzunehmen. Das war so und wird
auch in Zukunft nicht anders sein. Der sächsische Ver-
kehrsminister Sven Morlok hat daher recht, wenn er
sagt: „Jugendliche werden durch die Möglichkeit, frü-
her Moped zu fahren, mobiler und selbstständiger“.

Die Frage, die wir uns jedoch in diesem Zusammen-
hang stellen müssen, ist: Wollen wir, dass unsere Kinder
mobiler und selbstständiger werden, um jeden Preis?
Auch, wenn es um ihre eigene Sicherheit oder um die all-
gemeine Verkehrssicherheit geht? Ich denke, da sind wir
uns einig, dass wir das nicht möchten. Warum sollten
wir also dem Antrag der Regierungskoalition folgen und
der Absenkung des Mindestalters auf 15 Jahre für Mo-
pedführerscheine zustimmen?

Im vorliegenden Antrag fordern Sie, den Erwerb von
Zweiradführerscheinen zu erleichtern. Es geht dabei um
die Umsetzung der Dritten EG-Führerschein-Richtlinie.
Die in dem Antrag vorgeschlagenen Erleichterungen
beim Erwerb von Zweiradfahrerlaubnissen unter be-
stimmten Bedingungen bewerten wir positiv. Personen,
die im motorisierten Straßenverkehr Erfahrungen vor-
weisen können, unbürokratischer den Erwerb von weite-
ren Fahrerlaubnisklassen zu ermöglichen, ist sinnvoll
und birgt keine zusätzlichen Gefahren im Straßenver-
kehr.

Diese EU-Richtlinie führt auch eine neue Fahr-
erlaubnisklasse AM für das Führen zweiräderiger
Kleinkrafträder ein. Das entspricht dem Mopedführer-
schein, der zurzeit frühestens mit 16 Jahren erworben
werden kann. Die Richtlinie ermöglicht es, die Alters-
grenze im Ausnahmefall auf 14 Jahre herabzusetzen
oder sie auf bis zu 18 Jahre anzuheben. Als Regelfall
empfiehlt die Europäische Union ein Mindestalter von
16 Jahren. Sie fordern die Herabsetzung auf 15 Jahre.
Wir wollen das nicht.

Jeder, der Kinder in dieser Altersstufe hat bzw. Stu-
dien zu diesem Thema oder die Briefe der Experten zur
Verkehrssicherheit, die uns alle in den letzten Wochen
erreicht haben, gelesen hat, weiß, dass die Risikobereit-
schaft, Selbstüberschätzung und vor allem die fehlende
Erfahrung der 14- bis 16-Jährigen einen gefährlichen
Risikomix ergeben. Die Folge davon ist eine erhöhte Un-
fallhäufigkeit meist aufgrund überhöhter Geschwindig-
keit. Im Zweiradbereich ist dieses sogenannte Jugendli-

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Zu Protokoll ge

(C (D henrisiko von wesentlich größerer Bedeutung als beim uto. Mit der Absenkung des Mindestalters dürften 15-Jähige zweirädrige Kleinkrafträder ierrädrige Leichtkraftfahrzeuge mit einer Höchstgechwindigkeit von maximal 45 km/h fahren. Sie dürfen ogar einen Sozius mitnehmen, was die Fahreigenschaft es Zweirads erheblich verändert. Statt also mit 25 km/h nd dem Mofa auf Radwegen zu fahren, werden Jugendiche sich zukünftig mit dem Moped oder dem geländeauglichen vierrädrigen Quad auf der Straße zwischen kw und Autos behaupten müssen. Das ist nicht unsere orstellung von Verkehrssicherheit. Unserer Ansicht nach ist es nicht ratsam, Jugendliche om Fahrrad direkt aufs Moped zu locken. Das sieht uch die Bundesanstalt für Straßenwesen, BASt, eine nterbehörde des Bundesverkehrsministeriums, so: Die ASt empfiehlt, das Mindestalter für die Führerscheinlasse nicht auf 15 abzusenken. In der Studie heißt es: Je ünger und je unerfahrener jugendliche motorisierte weiradfahrer sind, desto größer ist ihr Unfallrisiko. Das Ergebnis dieser Studie scheint Sie leider aber icht weiter zu interessieren. In einem voreiligen Refeentenentwurf zur Umsetzung Ihres heutigen Antrages tellt das BMVBS bereits fest: „Unabhängig von dem rgebnis der BASt-Studie wird – insbesondere zur Auf echterhaltung der Mobilität Jugendlicher im ländlichen aum, die oft auf Fahrzeuge der neuen Klasse AM ngewiesen sind, um zu ihrem Ausbildungsplatz zu elangen – das Mindestalter auf 15 gesenkt.“ Sie ignoieren damit nicht nur die vom Verkehrsministerium in uftrag gegebene Studie. Sie zeigen außerdem Ihren angelnden Respekt für die heutige Debatte, die Sie in hrem Gesetzesentwurf offensichtlich bereits vorwegehmen. Wenn Sie dafür sorgen wollen, dass Jugendliche in ändlichen Räumen besser zur Arbeit kommen sollen, raen wir Ihnen: Stärken Sie den ÖPNV! Die Verkehrsunernehmen benötigen so schnell wie möglich Planungsicherheit und verlässliche Zusagen über die zukünftige inanzierung von Bussen und Bahnen. Wir brauchen eitnah Nachfolgelösungen für das Gemeindeverkehrsinanzierungsgesetz und das Gesetz zur Regionalisieung des öffentlichen Personennahverkehrs. Machen Sie ich für Busse und Bahnen stark. Opfern Sie nicht die erkehrssicherheit dafür. Ein Blick auf Österreichs Straßen hilft. Österreich hat enau denselben Fehler gemacht. 1997 entschied man ort, dass es in Ordnung sei, wenn 15-Jährige einen Moedführerschein machen dürfen, wenn die Eltern schriftich zustimmen, wenn die Schule oder der Lehrbetrieb escheinigt, dass es keine ÖPNV-Verbindung gibt und enn die Jugendlichen eine verkehrspsychologische ntersuchung machen. Diese stufenweise Einführung weniger Ausnahmeälle hat die Unfallzahlen in Österreich noch nicht verndert. Aber schließlich hat man das Mindestalter für opedfahrer für alle auf 15 Jahre gesenkt, und die Un allzahlen sind seitdem deutlich nach oben gegangen. Volkmar Vogel gebene Reden )





(A) )

Mittlerweile steigen dort die Unfallzahlen der 15-jähri-
gen Mopedfahrer kontinuierlich an. Allein im Jahr 2008
erhöhten sich in dieser Altersgruppe die Unfallzahlen im
Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent. Jetzt wird dort
ernsthaft wieder über eine Heraufsetzung des Min-
destalters für das Führen von Kleinkrafträdern nachge-
dacht.

Wir benötigen in Deutschland keinen Probelauf die-
ser Art. Wir sind der Meinung, dass die Verkehrssicher-
heit an erster Stelle steht. Die Mofaausbildung, die be-
reits in vielen Bundesländern fester und wichtiger
Bestandteil der schulischen Verkehrserziehung ist, ist
aus Sicht der Verkehrssicherheit ausreichend und ziel-
führend. Sie führt die Jugendlichen behutsam vom Fahr-
rad an den motorisierten Straßenverkehr.

Eine Fahrschulausbildung inklusive praktischer Aus-
bildung und Prüfung, die mit Herabsetzung des Min-
destalters für den Erwerb der Klasse AM die Folge ist,
wirkt sich tatsächlich nicht unfallreduzierend aus. Die
BASt-Studie stellt fest, dass es keinen Nachweis dafür
gibt, dass die Ausbildung die Unfallzahl signifikant sen-
ken kann.

Jugendliche sind heutzutage mit Sicherheit reifer als
vor 20 Jahren. Dennoch müssen sie im Umgang mit dem
motorisierten Straßenverkehr erst ihre Erfahrungen
sammeln und behutsam an die unterschiedlichen Ge-
schwindigkeiten herangeführt werden. 20 km/h machen
da einen großen Unterschied. Bildlich ausgedrückt: Er-
scheint ein Hindernis 10 Meter vor einem mit 25 km/h
fahrenden Mofafahrer, so prallt er trotzt eingeleiteter
Vollbremsung mit einer Energie auf das Hindernis, die
dem Sturz von einem Stuhl entspricht. Ein Mopedfahren-
der mit 45 km/h würde in vergleichbarer Situation aus
8 Metern Höhe stürzen.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat, der ADAC, die
Deutsche Verkehrswacht, der ACE, der AvD, der ACRD
und viele andere haben mehrfach größte Bedenken ge-
gen dieses Gesetzesvorhaben geäußert. Aber die Regie-
rungskoalition zeigt sich in alle Debatten bisher völlig
unbeeindruckt. Wir appellieren an die Regierungskoali-
tion, die Risiken für die Herabsetzung des Mindestalters
nicht hinzunehmen.

Stimmen Sie für unseren Änderungsantrag und strei-
chen Sie Punkt 4 Ihres Antrags zur „Erleichterung des
Erwerbs von Zweiradführerscheinen“, damit Jugendli-
che ab 16 Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse AM er-
werben dürfen.

Kommt es tatsächlich zu einem Gesetzesänderungs-
verfahren, werden wir dafür werben, eine Sachverstän-
digenanhörung zu diesem Thema im Verkehrsausschuss
zu beantragen.


Oliver Luksic (FDP):
Rede ID: ID1705535800

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu dem von uns ein-

gebrachten Antrag. Wir wollen den Erwerb von Zwei-
radführerscheinen maßgeblich entbürokratisieren und
damit erleichtern. Insbesondere langjährigen, erfahre-
nen Fahrern soll der Erwerb eines Zweiradführer-
scheins bzw. der Aufstieg innerhalb der einzelnen

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(C (D otorradklassen erleichtert werden. Es ist nicht sachgeecht, sie in dieser Hinsicht mit Fahranfängern gleichustellen. Wir sind überzeugt, dass wir durch unseren Antrag wei wichtige Ziele der Verkehrspolitik miteinander verinden können: die Stärkung der Mobilität junger Verehrsteilnehmer vor allem in ländlichen Gebieten sowie ie Erhöhung der Verkehrssicherheit. Dass sich ein erleichterter Erwerb von Zweiradfüherscheinen und das uns am Herzen liegende Thema der erkehrssicherheit nicht gegenseitig ausschließen, haen wir mit dem vorliegenden Antrag deutlich gemacht. m Gegenteil: Sie bedingen einander. Für erfahrene Fahrer etwa, also beim Aufstieg zwichen den neuen Klassen sowie beim Erwerb des Füherscheins der neuen Klasse A1 durch Inhaber des alten ührerscheins der Klasse 3, sieht der Antrag in Zukunft ine praktische Prüfung vor, die zum Ziel hat, die vermuete Praxiserfahrung zu belegen. Bei der Führerscheinklasse AM, der neuen Mopedlasse, haben wir die Möglichkeit genutzt und sind vom indestalter, das die Richtlinie vorschlägt, abgewichen. er Erwerb wird somit Jugendlichen schon ab 15 Jah en offenstehen. Damit befinden wir uns europaweit in guter Gesellchaft. Österreich, Frankreich, Spanien, Slowenien, Unarn, Estland, Schweden und Lettland: Sie alle haben ich in diesem Sinne entschieden. Die Erfahrungsbeichte aus einem Großteil dieser Länder fallen positiv us. Besonders freuen wir uns natürlich auch, dass wir mit nserem Vorschlag entsprechende Forderungen auch us manchen SPD-geführten Bundesländern wie etwa remen und Mecklenburg-Vorpommern aufnehmen und msetzen konnten. Vielleicht wird sich der ein oder andere Kollege daan erinnern, dass auch in der ehemaligen DDR das ahren von Kleinkrafträdern, die sogar bis zu 0 Kilometer pro Stunde schnell fahren konnten, schon it 15 Jahren erlaubt war. Warum soll dies jetzt nicht uch in der Bundesrepublik möglich sein? Es handelt sich also nicht – wie von manchem assandrahaft beschworen – um den Untergang der traßenverkehrssicherheit. Wir schicken keine jungen enschen ins Verderben; wir machen sie mobiler und rhöhen damit nicht zuletzt ihre Chancen auf dem Bilungsund Ausbildungssektor. Gerade die Kollegen, die us Flächenländern kommen, wissen doch selbst am esten um die dort teilweise schlechte Lage des öffentlihen Nahverkehrs, insbesondere was für teilweise masive Erschwernisse sie für die jungen Menschen vor Ort it sich bringt. Gerade hier wird den Jugendlichen mit els des neuen AM-Führerscheins die Möglichkeit gegeen, auch mittellange Strecken alleine zu bewältigen, as momentan mit Mofas, die nur 25 Kilometer pro tunde fahren können, nur schwerlich möglich ist. Im tadtverkehr wiederum stellt das Fahren mit einem ofa oft eine Behinderung des Verkehrsflusses dar. Es Kirsten Lühmann gebene Reden )





(A) )

besteht somit auf beiden Seiten – sowohl bei den Jugend-
lichen als auch den anderen Verkehrsteilnehmern – das
Bedürfnis nach der von uns vorgeschlagenen Neurege-
lung des AM-Führerscheins.

Gleichzeitig erhöhen wir mit den vorgeschlagenen
Änderungen sogar noch die Verkehrssicherheit sowohl
für die jungen Menschen als auch für die anderen Ver-
kehrsteilnehmer. Wir verringern mit dem Führerschein
AM 15 insbesondere das Anfängerrisiko. Nun werden
endlich solide ausgebildete Fahrer auf die Straße gelas-
sen.

Insbesondere die praktische Ausbildung wird ge-
stärkt. Im Gegensatz zum Mofaführerschein, der nichts
anderes als ein besserer Fahrradführerschein ist, kön-
nen 15-Jährige in Zukunft mit einer soliden Ausbildung
und Prüfung flüssiger am Straßenverkehr teilnehmen,
wenn die Eltern dies wollen. Deren Entscheidung da-
rüber, ob ihr Kind reif genug ist, um am Straßenverkehr
teilzunehmen, soll ihnen vom Staat nicht abgenommen
werden. Der Staat hat jedoch die Aufgabe, die entspre-
chenden Rahmenbedingungen zu schaffen, etwa durch
die Regelung einer entsprechenden qualitativen Fahr-
ausbildung, was wir auch tun.

Ein gut ausgebildeter 15-Jähriger auf einem Zweirad
der Klasse AM stellt etwa im Vergleich zu einem 15-Jäh-
rigen auf einem Mofa einen Gewinn für die Verkehrs-
sicherheit dar. Denn damit können wir gezielt die Ursa-
chen bekämpfen, die gerade bei Fahranfängern auf dem
Zweirad in der Vergangenheit immer wieder zu Unfällen
geführt haben, wie etwa unangemessene Geschwindig-
keit oder Fehler bei der Vorfahrt und beim Wenden und
Abbiegen.

Dieser positive Effekt auf die allgemeine Verkehrs-
sicherheit wird sich meiner Überzeugung nach auch mit-
tel- und langfristig auswirken. Wer bereits mit 15 Jahren
gut ausgebildet beginnt, am Straßenverkehr teilzuneh-
men, der wird aufgrund seiner Erfahrung auch in seinem
späteren Leben beim Erwerb der Fahrerlaubnisse ande-
rer Klassen von dieser Erfahrung und Ausbildung profi-
tieren und somit maßgeblich zur Verkehrssicherheit bei-
tragen.

Ich bitte Sie daher im Interesse der jungen Menschen
und des Ziels einer Erhöhung der Verkehrssicherheit um
Ihre Zustimmung.


Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705535900

Die dritte EU-Führerscheinrichtlinie, die 2007 in

Kraft getreten ist, muss bis zum 19. Januar 2013 in na-
tionales Recht umgesetzt werden.

Auf diese Umsetzung zielt der Antrag der CDU/CSU-
FDP-Koalition. Er enthält vier Forderungen. Die ersten
drei beziehen sich auf die Vereinfachung des Erwerbs
des großen Motorradführerscheins und Regelungen zur
Übertragung alter Führerscheine in die neue Zulas-
sungspraxis. Diese ersten drei Punkte, die den Bürokra-
tieabbau fördern und zudem die Verfahren für die Bür-
ger vereinfachen, begrüßen wir.

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Zu Protokoll ge

(C (D Den Punkt vier aber lehnen wir ab. Es handelt sich m die Altersabsenkung für Führerscheine für Motorroler mit kleinen Kennzeichen. Bereits 15-Jährigen soll es rlaubt sein, mit kleinen Maschinen am motorisierten traßenverkehr teilzunehmen, auf Landstraßen genauso ie auf unübersichtlichen Kreuzungen. Die Linke steht für eine soziale Politik für die Menchen, und das schließt auch Verkehrssicherheit mit ein. ir meinen, Gesetzesänderungen im Straßenverkehr üssen gut überlegt sein; denn hier geht es um Men chenleben, um die Leben jungendlicher 15-Jähriger, ber auch um die Leben anderer Verkehrsteilnehmer. In den letzten Jahren ist die Zahl der Verkehrstoten uf unseren Straßen glücklicherweise kontinuierlich zuückgegangen. Dieser positive Trend, der seit 2000 deutich in den Statistiken zu lesen ist, sollte unbedingt forteführt werden. Heranwachsende aber sind bis zum Alter von 19 Jahen leider besonders stark betroffen. Insbesondere motoisierte Zweiradfahrer sind aufgrund der fehlenden nautschzonen und der speziellen Fahrdynamik gefähreter als andere Verkehrsteilnehmer. Natürlich sind viele Geschichten über die Gefahren es Motorradfahrers nur Geschichten. So wird die Moorradsaison im Mai jährlich mit Schlagzeilen über erchütternde Unfälle in den Regionalblättern eingeläutet. ber machen wir uns doch nichts vor: Es gibt Probleme! atsächlich verunglückten 2008 insgesamt 30 640 Moorradfahrer; es gab 110 Tote, und 22 209 verunglückte otorrollerfahrer kamen noch dazu. 2008 starb alle ehn Stunden ein motorisierter Jugendlicher auf deutchen Straßen. Das ist schon jetzt zu viel! Von den 15bis 17-jährigen unter den Verkehrstoten tarben 24 Prozent, als sie mit dem Motorrad unterwegs aren, und 9 Prozent, als sie Roller fuhren. Das darf och nicht so bleiben! Nun hat die FDP-CDU/CSU-Koalition auch noch die dee, das Führerscheinalter noch weiter herabzusetzen. Wir brauchen gründliche Schulungen für den Eintritt n den motorisierten Straßenverkehr. Ich erinnere daran, dass in Österreich 1997 die ltersgrenze auf 15 Jahre herabgesetzt wurde, geauso wie die Koalition das nun vorhat. Die Folge waen 14-mal so viele tote 15-Jährige und noch mehr Veretzte! Unsere Jugendlichen werden nicht besser oder chlechter fahren als die österreichischen Jugendlichen. ir können also schon voraussehen, was passieren ird: Auch hier werden sich etliche Jugendliche totfah en. Lernen wir doch von unseren Nachbarn! Denken Sie och einmal nach: Wollen Sie wirklich all diese Toten uf dem Gewissen haben? Gerne würden wir dem Antrag der Koalition zustim en, da er bis auf ein wichtiges Detail die 3. EU-Füh Oliver Luksic gebene Reden Winfried Hermann )

Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705536000







(A) )

rerscheinrichtlinie angemessen in nationales Recht um-
setzt. Auch wir sind der Ansicht, dass der Erwerb von
Zweiradführerscheinen für Inhaber eines Führerscheins
einer anderen Fahrzeugklasse, die bereits über mehr-
jährige Fahrpraxis und gute Kenntnisse der Verkehrs-
regeln verfügen, erleichtert werden kann. Es ist nicht
angemessen, dass diese Gruppe mit Fahranfängern
gleichgestellt wird.

Leider haben Sie diesem „netten“ Antrag ein pseudo-
nettes Geschenk beigepackt. Sie wollen jungen Leuten
bereits ab 15 Jahren den Moped-Führerschein geben.
Nach dem Motto „Tun wir der Jugend doch was Gutes“.
Aber das ist für die Fünfzehnjährigen und ihre Eltern ein
gefährliches Geschenk. Sie machen es, obwohl alle Si-
cherheitsexperten davon abgeraten haben. Es ist für uns
absolut unverständlich, warum Sie die nachdrücklichen
Appelle von wichtigen Verkehrssicherheitsexperten und
sogar die Ergebnisse der Studie der Bundesanstalt für
Straßenwesen ignorieren. Und das, obwohl das Bundes-
verkehrsministerium diese Studie doch eigens in Auftrag
gegeben hatte und die Ergebnisse keine Zweifel daran
lassen, dass es hochgefährlich, ja lebensgefährlich ist,
Jugendlichen bereits mit 15 Jahren eine Lizenz zum
Schnellfahren zu erteilen.

Sie sind uns die Erklärung noch schuldig, warum Sie
bei den motorisierten Zweirädern noch jüngere Men-
schen unbegleitet mit höheren Geschwindigkeiten los-
fahren lassen wollen, während wir im Pkw-Bereich beim
Begleiteten Fahren erfolgreich einer ganz anderen Phi-
losophie folgen. Und dies gerade, um der Problematik
besser gerecht zu werden, dass sich die jungendlichen
Fahranfänger und Fahranfängerinnen häufig selbst
überschätzen und dazu neigen, in komplexen Situationen
unangemessen zu reagieren, weil Ihnen die nötige Er-
fahrung fehlt.

Sie sagen, sie wollen die Mobilität der jungen Leute
befördern, damit sie beispielsweise ihren Ausbildungs-
platz im ländlichen Raum besser erreichen können. Da-
für gibt es spezielle Angebote, wie den von den Bundes-
ländern bestellten und finanzierten Schulbusverkehr,
den öffentlichen Nahverkehr, ein überregionales Radwe-
genetz und das Mofa. Wenn Sie diese Angebote für unat-
traktiv und nicht ausreichend halten, dann lassen Sie
uns hier ansetzen und gemeinsam bessere Konzepte da-
für finden.

Und woher kommt eigentlich Ihr plötzlicher Gesin-
nungswechsel, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Koalition? Noch im März dieses Jahres auf dem 4. Sach-
verständigentag des TÜV zum Thema Verkehrssicherheit
ging jedenfalls keiner der geladenen Experten aus der
Verkehrssicherheitsarbeit, der Politik und der Wissen-
schaft von einer derartigen Regelung für Deutschland
aus.

Es ist schon pikant, dass Sie die Forderung für den
Moped-Führerschein ab 15 erst aufgestellt haben, nach-
dem die Zweiradindustrie im Frühjahr diesen Jahres
massiven Druck ausgeübt hat. Die sinkenden Verkaufs-
zahlen können doch kein Argument für einen quasi
bundesweiten Feldversuch an jungen Leuten sein, wie
gestern von Vertretern der Regierungskoalition im Ver-

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(C (D ehrsausschuss ernsthaft vorgeschlagen wurde. Wollen ie wirklich erst ausprobieren, ob die Unfallzahlen bei en fünfzehnjährigen Mopedfahrern in Deutschland benso drastisch wie in unserem Nachbarland Östereich ansteigen? Es ist unverantwortlich und zynisch, jungen Leuten chon ab 15 Jahre die Lizenz zum Rasen zu erteilen, enn man weiß, dass diese Altersgruppe schon mit dem ahrrad und dem Mofa zu schnell fährt, wenn man weiß, ass diese Altersgruppe in der Unfallstatistik eine Hochisikogruppe ist, weil man in diesem Alter offenbar die eschwindigkeit und die Risiken unterschätzt und das igene Vermögen überschätzt. Und deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab, in dem Sie ie Regierung auffordern, eine entsprechende gesetzlihe Regelung zu machen. In diesem Fall möchte man offen, dass die Regierung diesen Antrag ignoriert und uf die Sicherheitsexperten hört. Wir werden jedenfalls lles daran setzen, dass dieser Koalitionsvorstoß nicht esetz wird. Wenn Sie nach der Sommerpause einen ent prechenden Gesetzentwurf in den Bundestag einbrinen, werden wir Ihnen eine Expertenanhörung dazu icht ersparen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ausschuss ür Verkehr, Bau und Stadtentwicklung empfiehlt in seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2456, den ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf rucksache 17/1574 anzunehmen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen it den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen timmen der Oppositionsfraktionen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Klaus Barthel, Garrelt Duin, Hubertus Heil der SPD Arbeitsbedingungen im Briefmarkt – Sozialklausel nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 Postgesetz und Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen auf Grund des ArbeitnehmerEntsendegesetzes – Drucksache 17/1615 – Auch hier wurde bereits in der Tagesordnung ausgeiesen, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden, nd zwar folgender Kolleginnen und Kollegen: Andreas ämmel, Dr. Georg Nüßlein, Klaus Barthel, Dr. Heinrich olb, Sahra Wagenknecht und Beate Müller-Gemmeke. Zur Debatte steht eine Große Anfrage der SPD-Frak ion zu den Arbeitsbedingungen im Briefmarkt. Es verundert mich doch, dass wir diese Debatte führen, beor die Antworten der Bundesregierung vorliegen. Nun ichten Sie Ihre Fragen ja an die Bundesregierung und )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705536100

(Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1705536200

(A) )

nicht an mich oder die Unionsfraktion. Daher ist es
nicht meine Aufgabe, Ihre Fragen zu beantworten; das
wird die Bundesregierung schon ordnungsgemäß erledi-
gen.

Die Thematik der Arbeitsbedingungen im Postmarkt
muss im Zusammenhang mit der Verfassung der gesam-
ten Branche und dem ordnungspolitischen Rahmen, den
wir hier als Gesetzgeber vorgeben, diskutiert werden.
Das Ziel der schrittweisen Liberalisierung des Postwe-
sens in Deutschland war die Gewährleistung eines Wett-
bewerbes auf dem Briefmarkt. Wettbewerb zwingt alle
Anbieter zur Kundenorientierung, zu besseren Produk-
ten und Dienstleistungen, zu effizienteren Strukturen und
vielen Innovationen. Schließlich ist Wettbewerb der
beste Verbraucherschutz. Verbraucher sind dann in der
stärksten Position, wenn sie zwischen verschiedenen An-
bietern wählen können.

Wir wollen diesen Wettbewerb auf dem Briefmarkt
auch weiterhin. Aber dieser Wettbewerb muss fair
ablaufen. Hier ist die Deutsche Post als ehemaliger Mo-
nopolist natürlich im Vorteil. Die Post hat bereits ein
Vertriebsnetz, entsprechende Infrastrukturen und Ge-
schäftsbeziehungen. Dementsprechend hat sie auch
nach zehn Jahren Liberalisierung noch einen Marktan-
teil von 90 Prozent. Hier sind neue Wettbewerber klar im
Nachteil. Die Wettbewerbsbedingungen sind also ver-
zerrt und eben nicht gleich.

Neue Wettbewerber müssen sich gegen ein marktbe-
herrschendes Unternehmen durchsetzen. Der Wettbe-
werb am Markt darf dabei natürlich nicht ausschließlich
über die Löhne der Arbeitnehmer geführt werden. Für
Erfolg am Markt sollten das Vertriebskonzept, effiziente
Kostenstrukturen der Unternehmen und die angebote-
nen Leistungen sowie die Zuverlässigkeit des Anbieters
entscheidend sein.

Aber die Frage der Entlohnung in der Branche darf
natürlich nicht ausgelassen werden. Es war absolut
wettbewerbsfeindlich, als die Deutsche Post AG ver-
suchte, allein den Maßstab für die Entlohnung der gan-
zen Branche zu setzen. Denn dies kommt einem fakti-
schen Ausschluss aller anderen Wettbewerber gleich. Es
ist daher zu begrüßen, dass die Postmindestlohnverord-
nung vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben
wurde. Denn das gewählte Verfahren war nicht sauber.
Der Haustarifvertrag des marktbeherrschenden Unter-
nehmens wird für die gesamte Branche als allgemein-
gültig erklärt. Dies war ein wettbewerbspolitischer
Skandal, der nun glücklicherweise korrigiert wurde.
Dass der eigene Haustarifvertrag möglicherweise auch
für die Deutsche Post AG eine zu hohe Bezahlung be-
inhaltet, zeigt sich doch daran, dass die Deutsche Post
nun selbst mit First Mail eine Tochterfirma gründet, die
geringere Löhne zahlt.

Eine Angelegenheit betone ich unbedingt: Ich habe
nichts gegen Tarifverträge. Im Gegenteil: Ich begrüße es
außerordentlich, wenn wir einen Tarifvertrag für die ge-
samte Branche bekommen; dieser kann auch gern Lohn-
untergrenzen definieren. Hier sind aber die Tarifpartner
gefordert, eine Lösung zu finden. Insbesondere auf Ar-
beitgeberseite muss dann die gesamte Branche – nicht

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Zu Protokoll ge

(C (D in einzelnes großes Unternehmen – vertreten sein. Ein arifvertrag für die gesamte Branche erlaubt dann auch ie angemessene Feststellung der Sittenwidrigkeit von öhnen – angemessen deshalb, da sich der zugrundelieende Durchschnittslohn nicht aus alten Monopolstrukuren ableitet. Dann wird es auch einfacher, schwarze chafe, die Lohndumping betreiben, zu identifizieren nd zu sanktionieren. Dann ist ein fairer Wettbewerb öglich, in dem die Leistung entscheidet und nicht der eringste Stundensatz. Schließlich noch ein paar Worte zur Aufgabe der undesnetzagentur. Die Bundesnetzagentur ist eine ettbewerbsbehörde zur Regulierung der entsprechenen Märkte. Im Zusammenhang mit dem Postgesetz, elches ein Wettbewerbsund kein Sozialgesetz ist, berprüft die Bundesnetzagentur bei der Lizenzerteilung rimär die Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und achkunde der Anbieter. Es ist der Arbeitsfähigkeit der gentur sicher nicht dienlich, ihr auch noch die Aufgaen der flächendeckenden und ständigen Lohnprüfung u übertragen. Dafür gibt es bereits Behörden wie den oll oder die Bundesagentur für Arbeit. Die Bundesnetzgentur ist weder Tarifpartner noch Lohnfindungsstelle. Ich fasse zusammen: Wettbewerb ja, Lohndumping ein, Lohnfindung innerhalb der Branche als Lösungseg. In der großen Anfrage der SPD-Fraktion zu den Ar eitsbedingungen im Briefmarkt beklagt sich die SPD ber die bisherige Entwicklung des Wettbewerbs und der ozialen Standards im Briefsektor. Ich zitiere: „Ein Teilrbeitsmarkt, der bislang durch existenzsichernde Einommensbedingungen gekennzeichnet war, droht insgeamt zu einem Niedriglohnsektor zu werden, bei dem rekäre Beschäftigungsbedingungen dominieren …“. ch halte es hier mit Walther Rathenau und möchte antorten: „Die Klage über die Schärfe des Wettbewerbs st in Wirklichkeit meist nur eine Klage über den Mangel n Einfällen.“ Die Klagen haben in letzter Zeit allerings merklich abgenommen. Es scheint die Konkurrenen der Deutschen Post AG hätten einen Weg gefunden, m Wettbewerb mit der Deutschen Post AG zu bestehen. u klären ist, ob dies auf Kosten der bei ihnen beschäf igten Menschen geht. Uns ging es bei der Liberalisierung des Postmarkts m den Wettbewerb, um mehr Qualität, um Leistungsteigerung, um günstigere Preise und um die Nähe zum unden. Mir liegt als Abgeordneter eines ländlich gerägten Wahlkreises ganz besonders die flächendekende Versorgung mit Briefdienstleistungen am Herzen. ir wollen einen Wettbewerb, der den Kunden – also un eren Mitbürgerinnen und Mitbürgern – etwas bringt. Die Maxime bei der Verabschiedung des Postgesetzes ar: Wettbewerb im Bereich der Briefbeförderung darf icht zulasten der Beschäftigten oder des ländlichen aumes erfolgen. Keinesfalls wollen wir einen Wettbeerb um die schlechtesten Arbeitsbedingungen provo ieren. Wettbewerb und die Berücksichtigung sozialer Andreas Lämmel gebene Reden )

Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1705536300




(A) )

Belange dürfen sich in einer sozialen Marktwirtschaft
grundsätzlich nicht widersprechen.

Die Situation stellt sich heute – im dritten Jahr nach
der Verabschiedung des Postgesetzes – wie folgt dar:
Der Postmarkt ist – insbesondere beim Briefgeschäft mit
Privatkunden – ein schrumpfender Markt. Immer mehr
Menschen schreiben E-Mails statt Briefe. Seitdem das
letzte Teilmonopol im Briefmarkt gefallen ist, wetteifern
somit immer mehr Anbieter um eine stetig schrumpfende
Nachfrage.

Für die überwiegende Anzahl der Beschäftigten in
der Briefbeförderung bei der Deutschen Post gelten
auch weiterhin Arbeitsbedingungen, die sich deutlich
von denen der Konkurrenzunternehmen unterscheiden.
Die Deutsche Post AG hat als ehemaliges staatliches
Monopol noch jede Menge Beschäftigte mit Arbeitsver-
trägen, die für einen Arbeitgeber unter den heutigen Be-
dingungen kaum zu bezahlen sind. Die Wettbewerber
wie TNT und PIN tendieren auch weiterhin dazu, gering-
fügige Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Teilweise
liegt der Anteil an Beschäftigten, die auf ergänzende So-
zialtransfers angewiesen sind, in diesen Unternehmen
bei über 60 Prozent. Laut eigener Auskunft sind die Un-
ternehmen nicht in der Lage, höhere Löhne zu zahlen.

Ein Anlauf, dieses Ungleichgewicht in den Griff zu
bekommen, ist jetzt gescheitert: Nach zähen Verhand-
lungen wurde die Postbranche in das Arbeitnehmer-
Entsendegesetz aufgenommen. Ein Postmindestlohn
trat im Januar 2008 in Kraft. Der Arbeitgeberverband
Postdienste und die Gewerkschaft Verdi hatten ihn aus-
gehandelt. Der erzielte Kompromiss liegt zwischen
8,00 Euro und 9,80 Euro pro Stunde für Briefzusteller.
Vielfach wurde der Post AG vorgeworfen, mithilfe des
ausgehandelten Mindestlohns einen Verdrängungswett-
bewerb gegen mittelständische und kleine Unternehmen
zu führen. Von der Hand weisen kann man das nicht,
weil es unter solchen Umständen schwer sein dürfte, in
einem lohnintensiven Bereich Strukturen aufzubauen.
Das Bundesministerium für Arbeit hatte diesen Mindest-
lohn – damals noch unter SPD-Führung – mit einer Ver-
ordnung schlussendlich für die gesamte Branche für all-
gemeinverbindlich erklärt. Die Konkurrenten der
Deutschen Post AG klagten gegen diesen Tarifvertrag.

Die klagenden Arbeitgeber erbringen mit den von ih-
nen beschäftigten Zustellern Briefdienstleistungen. Sie
sind Mitglied in einem im September 2007 gegründeten
Arbeitgeberverband. Dieser und der klagende Arbeitge-
berverband haben jeweils im Dezember 2007 mit der
beigeladenen Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zu-
stelldienste einen Tarifvertrag für das Gebiet der Be-
klagten abgeschlossen. Der darin vereinbarte Brutto-
mindestlohn liegt unter den in der streitigen Verordnung
bestimmten Beträgen.

Ende Januar dieses Jahres ist nun der vereinbarte
Mindestlohn in der Postbranche vom Bundesverwal-
tungsgericht für rechtswidrig erklärt worden. Allerdings
begründet das Bundesverwaltungsgericht diese Ent-
scheidung lediglich mit Verfahrensfehlern. Den Konkur-
renten der Deutschen Post AG sei nicht ausreichend Ge-
legenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme gegeben

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(C (D orden. Somit sei die Verordnung für sie nicht rechtsirksam. Sei’s drum: Die Verordnung wäre sowieso am 30. April 010 außer Kraft getreten. Die Verhandlungen gehen lso in eine zweite Runde. Gelernt haben wir eines: Wenn ir das Angebot der Briefdienstleistungen in Deutsch and verbessern wollen, brauchen wir profitablen Wettewerb. Wir brauchen leistungsfähige Wettbewerber zur eutschen Post, diese Wettbewerber brauchen ihrerseits ualifizierte und motivierte Mitarbeiter. Solche Mitareiter lassen sich aber nicht dauerhaft mit niedrigsten öhnen abfinden. Wir brauchen Mindestbedingungen für die rund 20 000 Beschäftigten der Briefdienste, die aber keine ettbewerbshürde aufbauen dürfen. Das ist so etwas ie die Quadratur des Kreises. Auch brauchen wir Ideen ür die weitere Aufrechterhaltung eines flächendeckenen Universaldienstes. Wenn das Aufkommen für Postienstleister auf dem Land zu gering ist, dann wird sich nter Umständen ein Postanbieter aus der Fläche zuückziehen. Das heißt aber nicht, dass wir uns als Politik künftig n die Lohnfindung einmischen wollen. Tarifautonomie st auch weiterhin ein hohes grundrechtlich garantiertes ut. Ich setze darauf, dass Arbeitgeber und Arbeitneher auch im Bereich der Postdienstleistungen ohne taatliches Diktat in der Lage sind, Tarifverträge für hre Branche auszuhandeln. Hier ist der Staat gefordert, ich zurückzunehmen. Die Regierung und das Parlaent, als übergeordnete politische Ordnungseinheit, haen nicht die Aufgabe, konkrete Lohnund Arbeitsbedinungen festzusetzen. Dies bleibt den mit der Materie ertrauten Tarifvertragsparteien vorbehalten. Ich habe die Erwartung, dass sich alle beteiligten Taifparteien in naher Zukunft auf eine Folgeregelung einien. Wir brauchen einen zukunftsfähigen, leistungsstaren und vor allem flächendeckenden Universaldienst, er außerdem zu für die Beschäftigten der Branche soial abgesicherten Bedingungen erbracht werden kann. iel muss es sein, dafür zu sorgen, dass sich die Betrof enen in der üblichen Weise miteinander verständigen, ass sich die Tarifparteien in naher Zukunft zu einem orentlichen Ergebnis durchringen, dass dieses Ergebnis iemandem schadet und dass die Briefdienstleistungen m Ergebnis besser und nicht schlechter werden. Notalls müssen wir mehr Druck über die Lizenzvergabe usüben, wenn soziale Mindeststandards von einzelnen nternehmen nicht erfüllt werden. Die Liberalisierung des deutschen und europäischen ostmarktes erfüllt bisher keine der in sie gesetzten offnungen, aber fast alle Befürchtungen. Seit der völlien Marktöffnung gingen die Umsätze, die Zahl der ettbewerber und der Arbeitsplätze deutlich zurück. Die Wettbewerber der Deutschen Post und die Libealisierungsanhänger behaupten nun, dass nicht ihre ehleinschätzung eines schrumpfenden Marktes und hre Liberalisierungsphilosophie, sondern der gesetzli Dr. Georg Nüßlein gebene Reden )

Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1705536400




(A) )

che branchenspezifische Mindestlohn für diese Negativ-
entwicklung verantwortlich ist. Daraus hatte die FDP
schon in der letzten Legislaturperiode die Forderung
abgeleitet, sämtliche sozialen Standards und die Garan-
tie der branchenüblichen Arbeitsbedingungen aus dem
Postgesetz zu streichen. Wir sind gespannt, ob sich diese
Forderungen bei der im Bundeswirtschaftsministerium
noch für dieses Jahr angekündigten Änderung des Post-
gesetzes in der Koalition durchsetzen lassen.

Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Die Löhne
bei den Wettbewerbern der Deutschen Post AG liegen
nach der bisher einzigen veröffentlichten Vollerhebung
der Arbeitsbedingungen durch die Bundesnetzagentur
aus dem Jahre 2007 um mehr als ein Drittel unter denen
des Exmonopolisten. Wettbewerber, CDU/CSU und FDP
wurden nicht müde, dies als notwendige Markteintritts-
chance zu verteidigen, da es keine anderen Möglichkei-
ten gebe, in einen wirksamen Wettbewerb zur DPAG
überhaupt einzutreten.

Die SPD hat in der Großen Koalition durchgesetzt,
durch einen branchenspezifischen Mindestlohn von
8,40 Euro in den alten und 8 Euro in den neuen Bundes-
ländern sowie von 9,80 Euro bzw. 9 Euro für Briefzustel-
ler dieses Lohndumping deutlich einzuschränken, nach-
dem die Bundesnetzagentur fast 10 Jahre lang darin
versagt hatte, die verbindlichen Lizenzauflagen des
Postgesetzes, die branchenüblichen Arbeitsbedingungen
nicht wesentlich zu unterschreiten, auch wirksam durch-
zusetzen.

Mit wenigen Ausnahmen wurde der Mindestlohn al-
lerdings nie befolgt, weil er von Anfang an vor den Ver-
waltungsgerichten angefochten wurde und deshalb
Sanktionen nicht ergriffen wurden.

Mit unterschiedlichen, aber sehr kreativen Begrün-
dungen hoben die Verwaltungsgerichte in drei Instanzen
den Mindestlohn im Postsektor auf, in letzter Instanz das
Bundesverwaltungsgericht wegen angeblicher Formfeh-
ler bei der seinerzeitigen Verordnung durch das Bundes-
arbeitsministerium, weil das Beteiligungsverfahren nicht
eingehalten worden sei. Geklagt hatten Arbeitgeber des
Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste
e. V., AGV-NBZ, und des Bundesverbandes der Kurier-
Express-Post-Dienste, BdKEP, die jeweils mit der Ge-
werkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste, GNBZ,
einen Tarifvertrag über einen wesentlich niedrigeren
Mindestlohn vereinbart hatten. Während das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 2010 gegen
den Post-Mindestlohn allergrößte Aufmerksamkeit fand,
blieb eine Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom
15. April 2010 bezeichnenderweise weitgehend unbeach-
tet, die rechtskräftig feststellt, „dass die GNBZ keine ta-
riffähige Gewerkschaft ist“ und bei Abschluss ihrer so-
genannten Tarifverträge mit dem AGV-NBZ und dem
BdKEP im Dezember 2007 „auch keine tariffähige Ge-
werkschaft war.“

In der Folge des Urteils des Bundesverwaltungsge-
richts aber senkte zum Beispiel die Berliner PIN AG als
eines der wenigen Unternehmen, die den Mindestlohn
zwischenzeitlich angewandt hatten, ihre Stundenlöhne
von 9,80 Euro um rund 1,50 Euro wieder ab. Wer von so

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(C (D enig Geld leben muss, weiß, was eine Lohnkürzung um und 15 Prozent bedeutet. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass der Mindestlohn war vorübergehend eine leichte Besserung der Einkomenssituation bei den alternativen Briefzustelldiensten ebracht hatte. Die Öffentlichkeit soll aber nichts über ie sich jetzt noch stärker ausbreitenden skandalösen ustände erfahren. Die Bundesregierung braucht vier onate, um unsere Große Anfrage zu beantworten. Und as, obwohl ihr längst die Ergebnisse einer zweiten ollerhebung der Bundesnetzagentur über die Arbeitsedingungen vorliegen. Über die Gründe dieses Verhalens, auch des ansonsten sehr publicityträchtigen Vorgeens der Bundesnetzagentur, kann man nur spekulieren. Aus vielen Beschwerden Betroffener wissen wir, was espielt wird: Da werden mit Stücklohnmodellen Stunenlöhne von unter 2 Euro – im Westen – nur dürftig aschiert. Da werden mit massenhaftem Einsatz von ubunternehmern jegliche überprüfbaren Regeln ausgeebelt. Da werden Minijobs ausgeweitet. Da werden assenhaft Aufstocker mit solcherart Beschäftigungs erhältnissen anschließend mit Steuergeldern subvenioniert. Auch die Deutsche Post AG arbeitet immer mehr mit ubunternehmen, baut eine eigene Billigtochter („First ail“)


hendeckendem Outsourcing.

Pseudogewerkschaften wie die GNBZ, der rechts-
irksam der Charakter als Gewerkschaft abgesprochen
urde, und Arbeitgeberverbände, die offenbar für nie-
anden sprechen, bringen jeden Versuch, zu einem Flä-

hentarifvertrag zu kommen, zum Scheitern.

Deshalb würde uns interessieren, ob die Bundesregie-
ung bereit ist, ihre durchaus gegebenen Möglichkeiten
u nutzen, den Mindestlohn neu zu verordnen. Mindes-
ens aber sollte sie für eine rechtskonforme Anwendung
er Sozialklausel aus dem Postgesetz durch die Bundes-
etzagentur sorgen, die ungeachtet der Mindestlohnde-
atte rechtswirksam ist.

Der Problemdruck nimmt zu: Immer mehr Unterneh-
en und öffentliche Auftraggeber versuchen, beim Post-

ersand Kosten zu sparen.

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ist derzeit um-
tritten, ob dank des Fehlens einer praktisch angewand-
en Lohnnorm – sei es nach Postgesetz; diese besteht
ach Recht und Gesetz, wird aber nicht durchgesetzt,
der nach AEntG, die die Bundesregierung noch durch-
etzen – es zulässig oder gar erforderlich ist, bei der öf-
entlichen Vergabe von postalischen Dienstleistungen
ie Einhaltung von Lohnstandards zu verlangen oder
ndere soziale Belange zu berücksichtigen. In der Pra-
is führt das dazu, dass Kommunen oder die Bundes-
gentur für Arbeit Aufträge für Postdienstleistungen an
olche „wirtschaftlich arbeitenden“ – sprich: billigen –
ostdienstleister vergeben, die Lohndumping am konse-
uentesten durchsetzen; anschließend kommen dann die
eschäftigten dieser Billiganbieter zum Jobcenter und
eantragen die Aufstockung ihres Dumpinglohnes, weil
ie von ihrer Arbeit nicht leben können. Diese Fälle zei-




Klaus Barthel
gebene Reden


(A) )


)(B)

gen auf, wie absurd die Auswirkungen der Untätigkeit
der Bundesregierung und oberster Bundesbehörden
sind. Es handelt sich um nichts anderes als um die Sub-
vention von Ausbeutung zulasten der Steuerzahler und
letztlich aller Beschäftigten im Postsektor.

Wir sind auch sehr gespannt darauf, wie die Bundes-
regierung sicherstellen will, dass das Postgesetz auch
für Subunternehmen der Branche, die sogenannten Er-
füllungsgehilfen, gilt. Oder sollen diese vor allem Erfül-
lungsgehilfen für Lohndrückerei im Namen des Wettbe-
werbs sein, weil sie außerhalb jeglicher Kontrolle tätig
sind?

Zwar ist mittlerweile rechtlich eindeutig geklärt – Ur-
teil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nord-
rhein-Westfalen vom 5. Oktober 2009 zur Auskunftsan-
ordnung der Bundesnetzagentur –, dass auch die
Erfüllungsgehilfen an die Lizenzauflagen des Postgeset-
zes gebunden sind, also beispielsweise an das Postge-
heimnis und an die branchenüblichen Arbeitsbedingun-
gen. Nach unseren Erkenntnissen geht aber bisher
niemand – auch nicht die eindeutig zuständige Bundes-
netzagentur – von Amts wegen der Frage nach, ob und
inwieweit die Subunternehmer im Postsektor diese Auf-
lagen einhalten. Und dies, obwohl die weitaus überwie-
gende Mehrheit aller Lizenznehmer mit Erfüllungsgehil-
fen arbeitet – viele von ihnen sogar ausschließlich.

Fragen über Fragen also, hinter denen sich eine bit-
tere Realität verbirgt. Wer die Augen davor verschließt,
trägt die Verantwortung. Deshalb unsere dringende Auf-
forderung an die Bundesregierung: Antworten Sie schnell,
und handeln Sie unverzüglich! Im September sprechen
wir uns wieder.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1705536500

Gegenstand der heutigen Beratung ist die Große An-

frage der Fraktion der SPD zur sogenannten Sozialklau-
sel im Postgesetz, die die Erteilung einer Lizenz an die
vom Lizenznehmer gewährten Arbeitsbedingungen
knüpft.

Mehr als zwei Jahre nach dem Wegfall der Exklusiv-
lizenz für die Deutsche Post AG zur Beförderung be-
stimmter Briefsendungen müssen wir feststellen, dass
auf dem deutschen Postmarkt kein echter Wettbewerb
herrscht. Der Markt ist im Postbereich nach wie vor
stark reguliert. Das gilt insbesondere hinsichtlich der
angesprochenen Lizenzpflicht. Es verwundert deshalb
nicht, dass der Marktanteil der Wettbewerber innerhalb
des lizenzpflichtigen Bereichs zurückgegangen ist und
sich die Marktdominanz der Deutschen Post AG ver-
stärkt hat.

Man muss sich dann entscheiden: Will man das Mo-
nopol der Deutschen Post stärken oder will man Wettbe-
werb ausbauen? Wenn man sich mit dem Auslaufen der
befristeten gesetzlichen Exklusivlizenz nach § 51 des
Postgesetzes dazu entschieden hat, den Postmarkt dem
Wettbewerb zu öffnen, dann muss man das allerdings in
der Folge auch konsequent tun.

Dies hat die christlich-liberale Koalition begonnen,
indem wir die Umsatzsteuerbefreiung der Deutschen

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(C (D ost AG abgeschafft haben. Damit haben künftig alle ostunternehmen, die ein flächendeckendes Angebot haen, die Möglichkeit, von der Umsatzsteuer befreit weren zu können. Mit dem Gesetz hat die Regierung das eutsche Recht den europäischen Richtlinien angepasst. is dato war allein die Deutsche Post als Anbieter eines lächendeckenden Angebots, eines sogenannten Univeraldienstes, für die unmittelbar dem Postwesen dienenen Umsätze – etwa das Porto – von der Steuer befreit. Nach diesem Beschluss können nun auch andere ostdienstleister von der Regelung profitieren, wenn sie in entsprechendes Angebot leisten. Die Befreiung von er Umsatzsteuer gilt allerdings nur noch für Briefe von erbrauchern – auf Geschäftspost wird die Umsatzsteuer ingegen jetzt fällig. Um als Universaldienstleister zu elten, muss der Postdienstanbieter bislang beispielseise im Jahresund Bundesdurchschnitt 80 Prozent der riefe binnen eines Werktages nach Aufgabe zustellen. 5 Prozent müssen nach zwei Werktagen zugestellt weren. Für diesen Dienst ist ein besonders großes Netz otwendig, das Deutschland von den Halligen im Noren bis zu den Almen im Süden abdeckt. So wird echter Wettbewerb auf dem Markt für Postienstleistungen möglich. Weil wir einen funktionsfähigen Wettbewerb im Inteesse der Verbraucher, Arbeitnehmer, Unternehmen und icht zuletzt des Fiskus wollen, müssen wir alles daran etzen, negative Wettbewerbseffekte zu verhindern. Wir üssen verbraucherund wettbewerbsschädliche Regu ierung verhindern und die Vorgaben auf wirtschaftlich ertretbare und regulatorisch notwendige Maßnahmen egrenzen. Unser Ziel ist, dass alle Postunternehmen ihre Leisungen zu Wettbewerbspreisen anbieten und ihr Persoal zu marktkonformen Arbeitsbedingungen beschäftien. Dabei muss selbstverständlich klar sein, dass die rbeitsrechtlichen Vorschriften eingehalten werden üssen. Es ist aber Aufgabe der Tarifvertragsparteien, ie Arbeitsbedingungen für die Branche auszuhandeln, ie dies dem Grundsatz der Tarifautonomie entspricht. ie Überwachung von Arbeitsbedingungen ist nicht ufgabe der Bundesnetzagentur als Regulierungsbeörde. Unser Ziel bleibt, so wie es auch das erklärte Ziel des undesministers für Wirtschaft und Technologie ist, auf em deutschen Postsektor weiterhin nachdrücklich die olitischen Voraussetzungen für einen vollständigen und hancengleichen Wettbewerb herzustellen und den erolgreichen Marktzutritt von Postunternehmen zu eröglichen. Die Sozialklausel läuft diesem Ziel zuwider nd bildet damit einen Fremdkörper in einem Gesetz, ass der Förderung des Wettbewerbs dienen soll. Ich kann natürlich nicht auf jede einzelne Ihrer Fraen eingehen, aber eine, nämlich die Frage 5, kann ich hnen beantworten: Es wird keine weiteren Initiativen er Koalition zur Durchsetzung eines Postmindestlohns eben. Die FDP war schon immer gegen einen Mindestohn in dieser Branche, und die Realität hat uns Recht egeben. Denn in all Ihren Überlegungen, wie man die Klaus Barthel gebene Reden )





(A) )

Beschäftigten der Post so weit wie möglich schützen und
ihre Arbeitsbedingungen perfektionieren kann, kam eine
Gruppe nie vor: die Arbeitslosen. Leider müssen wir Ih-
nen das immer wieder vorwerfen: Sie vertreten aus-
schließlich die Beschäftigten, vergessen dabei aber,
Konzepte zur Verringerung von Arbeitslosigkeit vorzule-
gen. Schlimmer noch – Ihre Forderungen würden bei
Umsetzung die bestehende Arbeitslosigkeit eher noch
steigern.

Der – für rechtswidrig erklärte – Mindestlohn für
Postdienstleistungen hat schon wenige Wochen nach
seiner Einführung zahlreiche Unternehmen in die Insol-
venz getrieben und zum Verlust von rund 10 000 Arbeits-
plätzen bei den Konkurrenten der Deutschen Post AG
geführt. Um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, aber auch,
um Menschen in Deutschland Chancen auf dem ersten
Arbeitsmarkt zu bieten, sprechen wir uns daher ganz
klar gegen einen Mindestlohn für Postdienstleistungen
aus. Sollte seitens der Post ein neuer Antrag für einen
Mindestlohn gestellt werden, gilt das in der Koalition
verabredete Verfahren: Einstimmigkeit im Tarifaus-
schuss und einvernehmliche Regelung im Kabinett.


Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705536600

Es ist schon ein wenig ungewöhnlich, dass wir eine

Große Anfrage debattieren, ohne dass die Antworten der
Bundesregierung überhaupt vorliegen. Dass die SPD es
gar nicht abwarten kann, die Debatte zu führen, dürfte
vor allem in ihrer Oppositionsrolle begründet sein. Es
ist schließlich nicht auszuschließen, dass die eine oder
andere Antwort auch ein negatives Schlaglicht auf so
manchen problematischen Aspekt aus eigener Regie-
rungstätigkeit geworfen hätte. Da ist es doch besser,
man befasst sich erst gar nicht mit den Antworten, son-
dern geriert sich lieber nur als große Kritikerin der un-
gebremsten Postliberalisierung und als Kämpferin
gegen Sozialdumping und den Niedriglohnsektor. Wohl-
gemerkt, als Kritikerin einer Politik, die man selbst jah-
relang vorangetrieben hat!

Ein Beispiel: In Frage 6 will die SPD-Fraktion wis-
sen, ob auch die Bundesregierung davon ausgeht, dass
unter „wesentlichen Arbeitsbedingungen“ insbesondere
die Höhe der Löhne, die Arbeitszeit und die Dauer des
Jahresurlaubs zu verstehen sind. Hintergrund ist, dass
die Bundesnetzagentur laut Postgesetz verpflichtet ist,
Post-unternehmen die Lizenz zu verweigern, wenn sie
die wesentlichen Arbeitsbedingungen nicht einhalten.
Die Gewerkschaft Verdi hat bereits vor drei Jahren da-
rauf hingewiesen, dass die Bundesnetzagentur das Ge-
setz offenbar falsch auslegt und dass viele Postunterneh-
men Lohn- und Sozialdumping betreiben.

Die Linke hat deshalb bereits 2007 einen Gesetzent-
wurf eingebracht, der das Postgesetz konkretisiert und
die Bundesnetzagentur klar verpflichtet hätte, Löhne,
Arbeitszeit und Urlaubsanspruch bei der Zulassung von
Postunternehmen zu prüfen. Das wurde damals von al-
len anderen Fraktionen abgelehnt. Damals waren Sie in
der Regierung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
SPD! Da hätten Sie einmal die Möglichkeit gehabt,

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Zu Protokoll ge

(C (D irklich etwas gegen das Sozialdumping im Postbereich u unternehmen. Aber immerhin schwenken Sie jetzt als Opposition auf en Kurs der Linken ein und zeigen sich endlich bereit, nzuerkennen, wie katastrophal die Arbeitsbedingungen m Postbereich nach wie vor sind. Die Pin Mail AG zahlt hren Beschäftigten laut Verdi mittlerweile wieder wenier als den bis vor kurzem gültigen Mindestlohn von ,80 Euro. Das Unternehmen TNT zahlt seinen Zustelern ohnehin weniger – laut Verdi zum Teil nur 6,75 Euro ro Stunde. Doch es sind nicht nur diese Anbieter, die öhne drücken. Zwar liegen bei ihnen nach Gewerkchaftsangaben die Löhne zwischen 33 und 54 Prozent nterhalb der Tarifeinkommen bei der großen Post AG, och auch der gelbe Marktführer versucht zunehmend, öhne zu drücken, zuletzt mit der Gründung der Billig ochter First Mail. Diesem Lohndumping muss endlich in Riegel vorgeschoben werden! In Anbetracht dessen, dass auch der alte Postminestlohn unterlaufen werden konnte, muss es darum geen, endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Minestlohn in Höhe von 10 Euro pro Stunde einzuführen. enn in einer Branche der unterste Tariflohn über dem esetzlichen Mindestlohn liegt, soll außerdem dieser Taiflohn für allgemeinverbindlich erklärt werden. Das ären wirksame Maßnahmen gegen Lohndumping und ozialabbau! Mindestlöhne und eine verschärfte Überwachung der ozialen Bedingungen im Briefmarkt sind wichtig. Aber an darf nicht vergessen: Sie packen das Problem nicht n der Wurzel. Die eigentliche Ursache der Misere liegt n der Privatisierung und Liberalisierung des Postbeeichs. Dass die SPD nun langsam anfängt, die Frage er unerträglichen Arbeitsbedingungen der Beschäftigen auch in diesen Kontext zu stellen, ist schön. Noch chöner wäre es allerdings gewesen, sie hätte sich in iher Regierungszeit aktiv gegen die Privatisierung eingeetzt. Aber da war sie eine treibende Kraft der Liberaliierung, mit allen katastrophalen Folgen für Verraucher und Beschäftigte. Wer eine grundlegende und achhaltige Verbesserung der Situation im Postbereich ür Beschäftigte – und Verbraucher – erreichen will, ommt nicht darum herum, auch die Frage der Privatiierung des Postbereichs auf die Tagesordnung zu seten. Es muss jetzt darum gehen, die von der SPD mitverntworteten Entwicklungen zu revidieren und eine rundlegende Kurskorrektur herbeizuführen. Die Forerung ist klar: Das Postwesen darf nicht dem skrupelosen Profitstreben privater Betreiber überlassen weren. Postdienstleistungen sind eine öffentliche Aufgabe. ie gehören in öffentliche Hand. Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Ich begrüße, dass die SPD diesen Anlauf startet, um

ie unfairen Arbeitsbedingungen auf dem Briefmarkt zu
ebattieren. Ich finde, die SPD stellt in ihrer Großen An-
rage die richtigen Fragen, und hoffe, dass die Regie-
ung diese beantwortet und dadurch wachgerüttelt wird.




Dr. Heinrich L. Kolb
gebene Reden





Beate Müller-Gemmeke


(A) )


)(B)

Auch wir Grüne wollen einen fairen Wettbewerb auf
dem Briefmarkt, denn der Wettbewerb darf nicht über
die Löhne ausgetragen werden. Deswegen ist ein Post-
Mindestlohn unbedingt notwendig, und wir fordern die
Regierung auf, endlich einen neuen Anlauf zu unterneh-
men, um eine neue Post-Mindestlohnverordnung in
Kraft zu setzen.

Uns ist bewusst, dass der Konkurrenzkampf auf dem
Briefmarkt hart ist, aber diese Situation darf kein Grund
dafür sein, dass die Geschäftsmodelle bei Briefdienst-
leistungen primär auf niedrigen Löhnen aufbauen. Es
besteht die Gefahr, dass damit die Arbeitsbedingungen
einer ganzen Branche deutlich verschlechtert werden.
Es muss verhindert werden, dass am Ende auch viele Be-
schäftigte der Deutschen Post AG auf ergänzendes
Arbeitslosengeld II angewiesen sind oder Briefdienst-
leistungen primär nur noch von Beschäftigten im Neben-
job erbracht werden.

Ich bleibe dabei: Ein Mindestlohn ist immer sinnvoll
und vor allem notwendig. Der Punkt ist doch, dass man
von seiner Arbeit auch leben können muss. Ein Wettlauf
um die niedrigsten Löhne zulasten der Beschäftigten und
schlussendlich auch auf Kosten des Staates durch auf-
stockende Transferleistungen kann nicht hingenommen
werden. Aber genau in diese Richtung entwickelt sich
der Briefmarkt, denn viele Anbieter hatten nach dem Ur-
teil des Bundesverwaltungsgerichts drastische Lohnsen-
kungen angekündigt. Als Konsequenz muss die Politik
ihre Schutzfunktion für Beschäftigte ernst nehmen –
Wettbewerb braucht soziale Leitplanken.

Ich fordere die Bundesregierung auf, zügig eine neue
Post-Mindestlohnverordnung zu erlassen, mit der faire
Arbeitsbedingungen im Hinblick auf Löhne, Urlaubsan-
sprüche und Arbeitszeit garantiert werden. Die FDP
muss endlich ihre permanente Blockadehaltung bei Min-
destlöhnen aufgeben und endlich auch die Beschäftigten
mit niedrigen Einkommen in den Mittelpunkt stellen.

Allerdings bringt selbst der beste Mindestlohn nichts,
wenn er nicht kontrolliert wird und sich die Unterneh-
men nicht dran halten. Zu einer Post-Mindestlohnver-
ordnung gehört daher unbedingt auch die Aufstockung
der Kontrolleure beim Zoll. Schon heute ist offensichtlich,
dass die Kontrolle der acht ins Arbeitnehmer-Entsende-
gesetz aufgenommenen Branchen nicht gewährleistet
werden kann. Der Pflege-Mindestlohn, der am 1. August
in Kraft tritt, wird die Kontrolleure – bei gegebener Per-
sonalausstattung – zweifellos überfordern.

Natürlich ist auch die Bundesnetzagentur gefragt, die
Einhaltung der wesentlichen Arbeitsbedingungen in der
Branche zu überprüfen, bevor eine Lizenz erteilt wird.
Sie hat nach § 6 Abs. 3 Nr. 3 Postgesetz den Unterneh-
men unverzüglich die Lizenz zu versagen, wenn die we-
sentlichen Arbeitsbedingungen erheblich unterschritten
werden. Insofern sind die Fragen in der Großen Anfrage
der SPD nach der Kontrolle der Arbeitsbedingungen
durch die Bundesnetzagentur absolut berechtigt und
notwendig.

Ich appelliere an die Regierung – setzen Sie sich end-
lich mit der Situation auf dem Briefmarkt auseinander!

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(C (D andeln Sie endlich! Erlassen Sie erneut eine Post-Minestlohnverordnung, und sorgen Sie dafür, dass es weigstens für alle Branchen, die im Arbeitnehmer-Entsenegesetz stehen, verbindliche Mindestlöhne gibt, die uch ausreichend kontrolliert werden. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderungen im Hinblick auf den Vertrag von Lissabon – Drucksache 17/2394 – Berichterstattung: Abgeordnete Bernhard Kaster Michael Hartmann Jörg van Essen Alexander Ulrich Volker Beck Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen vor. Wie bereits in der Tagesordnung ausgewiesen, weren auch hier die Reden zu Protokoll genommen, und war von folgenden Kolleginnen und Kollegen: ernhard Kaster, Dr. Eva Högl, Jörg van Essen, lexander Ulrich und Jerzy Montag. Der Vertrag von Lissabon ist am 1. Dezember 2009 in raft getreten. Bundestag und Bundesrat haben im Sepember 2009 in Deutschland die Voraussetzungen für die atifizierung des Vertrages von Lissabon geschaffen. ieser Vertrag stärkt besonders die Rechte der nationa en Parlamente. Diese stärkere Mitwirkung des Deutchen Bundestages in europäischen Angelegenheiten aben wir bereits in den sogenannten Begleitgesetzen um Lissabonner Vertrag zur Wahrnehmung der Interationsverantwortung durch den Bundestag und den undesrat beschlossen. Für alle Fraktionen war es selbstverständlich, diese ravierenden europapolitischen Änderungen auch in eier Vielzahl von Regelungen unserer Geschäftsordnung ntsprechend umzusetzen. Die Geschäftsordnung ist die emeinsame Arbeitsgrundlage für uns als Volksvertreung. Der Begriff „Geschäftsordnung“ gibt eigentlich ar nicht so richtig wieder, wie bedeutsam es ist, dass in Parlament sich selbst in einem großen Einvernehen gemeinsame Arbeitsregeln gibt. Auch unabhängig on noch eingebrachten Änderungsanträgen möchte ich aher die Gelegenheit nutzen, allen Fraktionen für die ehr umfangreichen und konstruktiven Beratungen im eschäftsordnungsausschuss zu danken, die wie auch ene im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäichen Union und allen weiteren mitberatenden Aus )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705536700
Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1705536800

(A) )

schüssen von dem Ziel geprägt waren, zu einvernehmli-
chen Ergebnissen zu kommen.

Bei aller Kritik, die die Politik oft sehr pauschal bei
allen denkbar strittigen Themen trifft, muss an dieser
Stelle auch einmal betont werden, dass die Gemeinsam-
keit aller Demokraten bei der Festlegung auch der par-
lamentarischen Spielregeln hier aufs Beste funktioniert
hat.

Die große Palette der notwendigen Änderungen – ob
bei den plenarersetzenden Möglichkeiten des Europa-
ausschusses, ob bei der Subsidiaritätsrüge oder Subsi-
diaritätsklage, ob bei Fragen zur Handhabung der Pro-
zessführung beim Europäischen Gerichtshof –, all dies
erforderte viel unterstützende Zuarbeit durch das Sekre-
tariat des Geschäftsordnungsausschusses. Das, was die-
ses Sekretariat angesichts des Umfangs der Geschäfts-
ordnungsänderungen geleistet hat, übersteigt das sonst
Übliche bei weitem. Deshalb sei an dieser Stelle ein gro-
ßer Dank an Herrn Dr. Paschmanns und seine Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter übermittelt. Sie haben uns Par-
lamentariern sehr geholfen.

Die Europäische Union, mehr noch die europäische
Politik, steht immer wieder auch in der Kritik der Bürge-
rinnen und Bürger. Trotzdem ist festzuhalten: Die Euro-
päische Union und ihre Entwicklung in den letzten Jah-
ren ist im Empfinden der Menschen, beispielsweise auch
in der Lebensweise und Lebenswirklichkeit der jungen
Leute, zu einer nicht mehr wegzudenkenden Selbstver-
ständlichkeit geworden – ein wirklicher Glücksfall unse-
rer gemeinsamen europäischen Geschichte.

Die europäische Politik muss vor allem freilich im-
mer auch die Menschen mitnehmen. Der Lissabonner
Vertrag und die darin verankerte Subsidiarität mit der
gestärkten Mitwirkung der nationalen Parlamente leis-
tet dazu einen wesentlichen Beitrag.

Diese Möglichkeiten des Lissabonner Vertrags müs-
sen wir nun in der parlamentarischen Praxis nutzen.
Das geht aber nur, wenn wir auch arbeitstechnisch, ver-
fahrensmäßig, entsprechend gut gerüstet sind. In der
Neufassung unserer Geschäftsordnung standen daher
diese Fragen im Mittelpunkt. Wir sind dabei geblieben:
Einerseits bleiben die jeweiligen Fachausschüsse bei
den verschiedenen Themen federführend, jedoch erhält
der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union entsprechend der Verfassung und den Be-
gleitgesetzen auch plenarersetzende Befugnisse.

Zwar können die Entscheidungen im Bereich der ge-
meinsamen Sicherheits- und Außenpolitik und beim so-
genannten Notbremsemechanismus an den EU-Aus-
schuss delegiert werden. Wir haben jedoch in den
Beratungen letztlich von dieser Möglichkeit ganz be-
wusst nicht Gebrauch gemacht. Es steht doch gerade
hier das gesamte Parlament in einer besonderen Verant-
wortung, wie sie etwa auch im Parlamentsbeteiligungs-
gesetz zum Ausdruck kommt.

Neu in die Geschäftsordnung aufgenommen wurden
Bestimmungen zur Subsidiaritätsklage und Subsidiari-
tätsrüge. Mit der Subsidiaritätsrüge kann der Bundestag
binnen acht Wochen nach Übermittlung eines Entwurfs

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(C (D ines europäischen Rechtssetzungsaktes gegenüber Rat, uropäischem Parlament und Kommission darlegen, eshalb dieser Entwurf nicht mit dem Subsidiaritätsrinzip vereinbar ist. Es handelt sich um ein sehr notendiges „Frühwarnsystem“, das es uns ermöglicht, zu eginn des Gesetzgebungsverfahrens auf Bedenken hinuweisen. Die Durchführung einer Subsidiaritätsklage des eutschen Bundestages vor dem Europäischen Ge ichtshof haben wir auf den Ausschuss für Europäische ngelegenheiten übertragen. Dafür sprachen besoners dessen Erfahrung im Hinblick auf das Thema Subidiarität und die Tatsache, dass nur dieser Ausschuss lenarersetzende Kompetenzen hat. Zudem wird so auch in einheitliches Verfahren vor dem EuGH sichergetellt. Beachtenswert: Für die Subsidiaritätsklage wird urch die Möglichkeit für ein Viertel der Mitglieder des undestages, eine solche Klage auch gegen den Willen er großen Mehrheit durchzusetzen, ein neues Mindereitenrecht in der Geschäftsordnung verankert. Letztlich wird die Praxis zeigen, ob die notwendige erzahnung europäischer und nationaler Politik auch m Alltag auf der Grundlage dieser Geschäftsordnung elingt. Der Lissabonner Vertrag und diese Geschäftsordung ermöglichen es, dass europäische Themen viel tärker als bisher über den Deutschen Bundestag der eutschen Öffentlichkeit zugeführt werden. Wir müssen ie Möglichkeiten nutzen, europäische Themen insbeondere auch unter dem Blickwinkel der Subsidiarität in nserem Parlament zu behandeln. Mit den vielfältigen nderungen der Geschäftsordnung haben wir uns damit ie Arbeitsgrundlage geschaffen. Der Vertrag von Lissabon wird sehr zu Recht als ein Vertrag der Parlamente“ bezeichnet. Die neu formuierten Rechte für die nationalen Parlamente sind eine roße Chance und eine wichtige Verantwortung des eutschen Bundestages. Wir ergreifen diese Chance und utzen unsere Rechte im Rahmen des europäischen Geetzgebungsprozesses. Durch den Vertrag von Lissabon und die Anforderunen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil um Vertrag von Lissabon formuliert hat, sind eine eihe von wichtigen Änderungen unserer Verfahren im eutschen Bundestag notwendig geworden. Teilweise ergeben sich diese Änderungen aus dem Inegrationsverantwortungsgesetz und dem Gesetz über ie Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutchem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen nion, mit denen die Vorgaben des Bundesverfassungserichts umgesetzt werden. Mit der Änderung der Gechäftsordnung des Deutschen Bundestages passen wir nsere parlamentarischen Verfahren und Abläufe bei er Behandlung europäischer Dossiers an diese neuen rundlagen an. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich n dieser Debatte von Beginn an engagiert beteiligt und Bernhard Kaster gebene Reden )

Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1705536900




(A) )

frühzeitig und fortlaufend eigene Vorschläge einge-
bracht. Wir begrüßen das nun vorliegende Ergebnis.

Mit der Novellierung wird sowohl der deutlich
gestärkten Rolle des Deutschen Bundestages Rechnung
getragen als auch der verantwortungsvollen und selbst-
bewussten Ausübung seiner Rechte. Wir haben präzise
Regelungen formuliert, mit denen unser Recht auf Infor-
mation, unsere Beteiligung an europäischen Rechtset-
zungsvorhaben sowie unsere Möglichkeit, Stellungnah-
men abzugeben, in unserer täglichen Parlamentspraxis
umfassend verwirklicht und gut umgesetzt werden.

Besonders hervorheben möchte ich die Subsidiari-
tätsprüfung. Hier haben die nationalen Parlamente eine
neue, besondere Aufgabe im Verfahren der europäischen
Gesetzgebung. Die nationalen Parlamente werden damit
zum Akteur auf der europäischen Ebene.

Im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung können die na-
tionalen Parlamente ihre Bedenken frühzeitig vortra-
gen, was sogar dazu führen kann, dass Vorschläge für
europäische Rechtsetzung überarbeitet werden müssen.
Diese starke Stellung, die wir als Deutscher Bundestag
damit erhalten haben, müssen wir nutzen und wirksam
einsetzen. Dafür benötigen wir die geeigneten Verfahren
der internen Organisation unserer Arbeit und unserer
Abläufe, die wir mit der geänderten Geschäftsordnung
formulieren. Diese Änderungen tragen dazu bei, dass
wir unsere Rechte wirksam wahrnehmen und dass da-
rüber hinaus Europa in der täglichen Arbeit des Deut-
schen Bundestages eine größere Rolle einnimmt. Das
begrüße ich ganz ausdrücklich.

Bezogen auf die Ausschüsse gilt dies nicht nur für den
Europa-Ausschuss, sondern auch und gerade für die
Fachausschüsse. Es ist richtig, dass wir uns entschieden
haben, dass die Fachausschüsse federführend bei der
Subsidiaritätsprüfung sind. Sie sind der richtige Ort, um
aus fachpolitischer Sicht die Kriterien der Subsidiarität
zu prüfen.

Diese gestiegene Bedeutung europäischer Gesetzge-
bung spiegelt sich in der hervorgehobenen Stellung des
Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen
Union wider, die wir in den Änderungen der Geschäfts-
ordnung formuliert haben. Deshalb freue ich mich, dass
der Vorschlag der SPD aufgegriffen wurde und wir uns
darauf verständigen konnten, dass im Rahmen der Sub-
sidiaritätsprüfung, wenn beabsichtigt ist, die Verletzung
des Grundsatzes der Subsidiarität zu rügen, der Europa-
Ausschuss unverzüglich zu informieren und ihm zu-
nächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Das
sichert den europäischen Blick auf die Subsidiaritäts-
prüfung, der richtig und wichtig ist.

Auch die Zuständigkeit des Europa-Ausschusses für
die Subsidiaritätsklage ist eine richtige Entscheidung.

Hinweisen möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf,
dass wir bei der Subsidiaritätsprüfung die Frist von acht
Wochen einhalten müssen. Das stellt für uns und unsere
Abläufe im Deutschen Bundestag durchaus eine Heraus-
forderung dar. Deshalb ist es sinnvoll, dass wir in unse-
rer geänderten Geschäftsordnung darauf hinweisen,
dass die Ausschüsse bei ihrer Beschlussfassung über die

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(C (D ubsidiaritätsprüfung die auf der Ebene der Europäichen Union maßgeblichen Fristvorgaben berücksichtien. Ich hätte mir hier auch eine stärkere Verpflichtung er Ausschüsse vorstellen können, nämlich dass Anträge uf Erhebung der Subsidiaritätsrüge unverzüglich auf ie Tagesordnung der damit befassten Ausschüsse zu etzen und zu behandeln sind. Dies wäre vor dem Hinergrund, dass die Subsidiaritätsprüfung vor allem für ie Fraktionen, die keine Mehrheit im Deutschen Bunestag haben, ein wichtiges Instrument ist, eine sinnolle Regelung gewesen. Ich hoffe daher, dass wir die ormulierte Pflicht zur Berücksichtigung der europäichen Fristvorgaben in diesem Sinne auslegen und in en Ausschüssen entsprechend verfahren. Ansonsten önnte durch Nichtaufsetzung oder Absetzung eines Taesordnungspunktes eine wichtige Debatte über die ubsidiarität verhindert werden. Das kann nicht im Inteesse des Deutschen Bundestages sein. Wir als SPD-Bundestagsfraktion hätten uns darüber inaus gewünscht, dass plenarersetzende Beschlüsse es Europaausschusses auch im Rahmen des sogenannen Notbremsemechanismus gelten. Sinn und Zweck der otbremse ist es, bei Bedenken wegen der Auswirkung on EU-Rechtsetzungsakten auf grundlegende Aspekte er nationalen Strafrechtsordnung oder auf wichtige Asekte der sozialen Sicherungssysteme eines Mitgliedtaates das Gesetzgebungsverfahren zu unterbrechen nd den Europäischen Rat anzurufen. Der Bedarf, diees Instrument anzuwenden, kann kurzfristig auch in der itzungsfreien Zeit wegen der fortlaufenden Verhandlunen im Rat auftreten. Der Bundestag hat aufgrund des issabon-Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Be ugnis erlangt, die Bundesregierung zur Anwendung des otbremsemechanismus anzuweisen. Das Urteil ist in ieser Hinsicht unmissverständlich und auch eine klare erpflichtung, spricht es doch vom „notwendigen Maß emokratischer Legitimation“. Gerade für den Notremsemechanismus wäre deshalb aus unserer Sicht die öglichkeit eines plenarersetzenden Beschlusses notendig gewesen. Es ist schade, dass wir uns mit diesem orschlag bei den Beratungen der Änderung der Gechäftsordnung nicht haben durchsetzen können. Fazit: Mit den Änderungen der Geschäftsordnung tärken wir die Europakompetenz des Deutschen Bunestages, werden unserer Rolle als wichtiger Akteur bei er Gesetzgebung auf europäischer Ebene gerecht und ragen dazu bei, dieses in unserer parlamentarischen raxis zu verwirklichen und umzusetzen – ein wichtiger chritt hin zu mehr Europa im Deutschen Bundestag. Ich in fest davon überzeugt, dass die formulierten Regelunen sich in unserer täglichen Arbeit als tauglich erweien und wir damit eine gute Grundlage für die Beratung nd Behandlung europäischer Dossiers haben. Nach dem Inkrafttreten der Begleitgesetze zum Ver rag von Lissabon haben wir uns im 1. Ausschuss viel eit genommen, um die umfangreichen Änderungen der eschäftsordnung intensiv und ausführlich zu diskutie Dr. Eva Högl gebene Reden )

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1705537000




(A) )

ren. Über ein halbes Jahr lang haben wir gute Debatten
im Ausschuss geführt, und ich bin froh, dass wir unseren
Zeitplan einhalten konnten, die Beschlussempfehlung
und den Bericht zur Änderung der Geschäftsordnung
des Deutschen Bundestages im Hinblick auf den Vertrag
von Lissabon dem Plenum noch vor der Sommerpause
vorzulegen. Für die interessanten und konstruktiven
Diskussionen möchte ich mich bei den Kollegen ebenso
bedanken wie beim Ausschusssekretariat für die hervor-
ragende Vorbereitung und Begleitung des Diskussions-
prozesses.

Durch das Integrationsverantwortungsgesetz sind
neue Rechte und Aufgaben des Bundestages in Bezug auf
die Mitwirkung an der europäischen Gesetzgebung fest-
geschrieben worden. Das jeweilige Verfahren hier im
Bundestag ist bislang noch nicht geregelt. Dies gilt be-
sonders für die Erhebung der Subsidiaritätsrüge und der
Subsidiaritätsklage. Außerdem war die Frage zu klären,
welche Aufgaben der Bundestag im Plenum behandelt
und welche durch die Ausschüsse, insbesondere den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union, erledigt werden können.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ein sehr
ausgewogenes Regelwerk geschaffen haben, das sowohl
die Rolle des Plenums als auch die Rolle der Ausschüsse
berücksichtigt. Auch im Hinblick auf die Wahrung der
Rechte der einzelnen Fraktionen sind wir zu einem guten
Ergebnis gekommen. Lassen Sie mich auf drei Aspekte
genauer eingehen:

Erstens. Es ist richtig, dass ein Teil der Aufgaben ple-
narersetzend an den EU-Ausschuss delegiert wird. Ge-
rade im Hinblick auf die Bedeutung und die Vielfalt der
Zuständigkeiten des europäischen Gesetzgebers ist es
unverzichtbar, dass der Bundestag in Angelegenheiten
der Europäischen Union jederzeit – auch kurzfristig –
handlungsfähig ist. Dieser Gedanke liegt auch Art. 45
Grundgesetz zugrunde. Wichtig ist aber, dass diese
Übertragung nicht ausnahmslos gilt. Dies ist selbstver-
ständlich nur da möglich, wo die Aufgabenwahrneh-
mung nach dem Integrationsverantwortungsgesetz nicht
durch Gesetz erfolgt. Denn ein Gesetz müssen wir im
Plenum verabschieden.

Außerdem haben wir Ausnahmen im Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und beim
sogenannten Notbremsemechanismus nach § 9 Inte-
grationsverantwortungsgesetz festgeschrieben. Der
Notbremsemechanismus ermöglicht es dem Deutschen
Bundestag, die Befassung des Europäischen Rates mit
einem Thema zu fordern, und ist auf besonders sensible
Politikfelder wie das Strafrecht und die soziale Siche-
rung begrenzt. Ein solch scharfes Schwert sollte dem
Plenum vorbehalten bleiben. In Fällen der Eilbedürftig-
keit ist es weiterhin möglich, im Einzelfall den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
mit der Wahrnehmung dieses Rechts zu betrauen. Nicht
zuletzt ist es unverzichtbar, dass der Bundestag über
eine Rückholbefugnis für seine Entscheidung gegenüber
dem EU-Ausschuss verfügt.

Die Position der Fachausschüsse wird dadurch ge-
stärkt, dass eine stillschweigende Wahrnehmung der

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Zu Protokoll ge

(C (D echte des Deutschen Bundestages durch den EU-Auschuss mit einem Widerspruchsrecht der beteiligten Auschüsse verbunden ist. Zweitens. Über die Behandlung der Subsidiaritätsüge haben wir im Ausschuss lange diskutiert. Der Umtand, dass die Grünen dazu einen Änderungsantrag ingebracht haben, lässt erahnen, dass wir in diesem unkt keine Einigkeit erzielen konnten. Entgegen der orderung der Grünen ist es aber richtig, die frühzeitige eteiligung des EU-Ausschusses nicht nur an einen An rag einer Fraktion auf Erhebung der Subsidiaritätsrüge u binden; denn es ist nicht allein eine Fraktion, die eine ubsidiaritätsrüge initiieren kann. Eine solche Initiative ann zum Beispiel auch von einem Ausschuss ausgehen. ies berücksichtigt die gewählte Formulierung. Genauso sollte es auch den Ausschüssen überlassen leiben, wann sie einen Antrag auf Erhebung einer Subidiaritätsrüge behandeln. Die Subsidiaritätsrüge ist ein nstrument des gesamten Bundestages, sodass für einen ingriff in die Geschäftsordnungshoheit der Ausschüsse ein Bedarf besteht. Die Ausschussmehrheit wäre auch n der Lage, einen gestellten Antrag abzulehnen. Dann uss er aber auch entscheiden können, wann er sich mit em Antrag befasst. Für die von den Grünen begehrte Änderung besteht lso kein Bedürfnis. Drittens. Einen sehr ausgewogenen Kompromiss haen wir in der Diskussion um die Subsidiaritätsklage erielt. Die Erhebung einer Subsidiaritätsklage ist nach rt. 23 Grundgesetz als Minderheitenrecht ausgestaltet. s reicht, wenn ein Viertel der Mitglieder des Bundestaes die Erhebung der Subsidiaritätsklage verlangt. leichzeitig ist aber der gesamte Bundestag Partei des lageverfahrens. Dies kann zu widerstreitenden Interes en, insbesondere bei der Benennung des Prozessbevollächtigten, bei der Formulierung der Klageschrift und er Durchführung des Klageverfahrens führen. Daher üssen die Verfahrensregeln der Geschäftsordnung so usgestaltet sein, dass sie Interessen der antragsberechigten Minderheit einerseits und die Interessen der Bunestagsmehrheit andererseits berücksichtigen. Ich eine, dass wir diesen Konflikt sehr gut aufgelöst haen. Der vorliegende Entwurf verlangt, dass bei der Beennung eines Prozessbevollmächtigten Einvernehmen wischen den Antragstellern und dem Bundestag erzielt erden muss, um der Gefahr zu begegnen, dass die Bunestagsmehrheit einen Prozessbevollmächtigten beennt, der die Subsidiaritätsklage nicht hinreichend beördert, und damit das Minderheitenrecht leerläuft. Im Hinblick auf die Formulierung der Klageschrift owie die Durchführung des Klageverfahrens erscheint s dagegen aus Praktikabilitätsgründen kaum möglich, n jedem Punkt Einvernehmen herzustellen. Im Gegeneil: Auch hier droht eine Blockade des Verfahrens, wenn inigkeit nicht erzielt wird. Daher ist es sachgerecht, in iesen Punkten sicherzustellen, dass die Antragsteller ngemessen beteiligt werden, die Federführung aber Jörg van Essen gebene Reden )





(A) )

dem Bundestag als Partei der Subsidiaritätsklage zu
übertragen.

Mit dem Ergebnis der Arbeit im 1. Ausschuss können
wir sehr zufrieden sein. Nach Ihrer Zustimmung kann
mit diesen Änderungen auch in der parlamentarischen
Praxis gearbeitet werden, damit wir die Rechte des
Deutschen Bundestages aus den Begleitgesetzen zum
Vertrag von Lissabon hier im Hause lebendig und um-
fangreich wahrnehmen können. Ich freue mich, dass wir
heute dafür die Grundlage in unserer Geschäftsordnung
legen.


Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705537100

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum

Vertrag von Lissabon sind die Kontroll- und Mitent-
scheidungsrechte des Bundestags in EU-Angelegenhei-
ten bestätigt und gestärkt worden. Das ist auch Ergebnis
unserer kritischen Politik und unserer Verfassungsklage.
Wir sehen das Urteil selbst, die auf seiner Grundlage
neu geschaffenen Begleitgesetze und die Änderung der
Geschäftsordnung insgesamt als Erfolg unserer Politik.
Die anderen Fraktionen hatten weniger Rechte des Bun-
destags gewollt oder sich doch damit zufrieden gegeben.

Wenn heute wesentliche Änderungen der Geschäfts-
ordnung beschlossen werden, dient das nach den Be-
gleitgesetzen der Umsetzung des Lissabon-Urteils. Wir
werden den Vorschlägen des Geschäftsordnungsaus-
schusses zustimmen. Über ein Jahr nach der Entschei-
dung des Verfassungsgerichts ist es an der Zeit, ihre
Inhalte in die Regeln über die tagtägliche parlamentari-
sche Praxis umzusetzen. Daran wollen wir durch unser
Abstimmungsverhalten keinen Zweifel aufkommen las-
sen.

Unsere Zustimmung bedeutet allerdings nicht, dass
wir die zur Abstimmung stehende Vorlage für ideal, für
nicht weiter zu verbessern halten. Wir hatten ja selbst
Änderungsanträge in die Ausschussberatungen einge-
bracht, die leider nicht berücksichtigt wurden. Bedenken
gegen einzelne der vorgeschlagenen Regelungen beste-
hen fort. Wenn wir der Vorlage gleichwohl zustimmen,
geschieht das in der sicheren Voraussicht, dass vor uns
eine Phase der praktischen Erprobung der neuen Rege-
lungen liegt. Dass sich alle Regelungen in der Praxis
voll bewähren werden, glauben wir nicht. Wir sind des-
halb sicher, dass wir noch vor Ende dieser Wahlperiode
erneute Änderungen vornehmen werden – als Konse-
quenz aus den zu erwartenden praktischen Erfahrungen.
Und ich denke, das wird dann auch einvernehmlich ge-
schehen.

Sicher werden wir das Verhältnis von federführenden
Ausschüssen und Europaausschuss im Zusammenhang
mit der Erhebung von Subsidiaritätsbeschwerde kritisch
überprüfen müssen. Dabei geht es zum einen um die
Achtwochenfrist des Lissabon-Vertrages und ihre opti-
male Nutzung durch Ausschüsse, Fraktionen und Ple-
num. Dabei ist immer auch zu bedenken, dass in dieser
Frist auch eine Koordinierung mit anderen mitglied-
staatlichen Parlamenten erfolgen muss.

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Zu Protokoll ge

(C (D Noch wichtiger ist die Frage, wie wir als Bundestag tellungnahmen nach Art. 23 des Grundgesetzes rechteitig abgeben können, wenn sich die Entscheidungslaen auf EU-Ebene manchmal fast täglich ändern. Neustes Beispiel ist hier die neue Verabredung zu SWIFT, n der Europol zur Datenschutzbehörde erklärt wird. ie Bundesregierung stimmt dem zu und wir können das m Plenum vorher nicht einmal diskutieren. Da werden ir ganz sicher noch weitere Änderungen unserer einge ahrenen Verfahrensweisen konzipieren und durchsetzen üssen. Wenn wir als Parlament wirklich Einfluss auf wesentiche Entscheidungen der EU-Organe nehmen wollen, ird sich noch einiges andere ändern müssen. Das gilt icht nur für den Bundestag insgesamt. Das gilt auch für ie Fraktionen. Auch für meine eigene. In diesem Zusammenhang möchte ich noch darauf inweisen, dass wir in der Praxis auch die Begleitgeetze auf den Prüfstand stellen müssen. Wir werden imer kritisch, auch selbstkritisch, prüfen müssen, ob sie ich als praktikabel erweisen und ob sie den Anfordeungen des Lissabon-Urteils in der Praxis wirklich umassend gerecht werden. All diese Bemerkungen ändern aber nichts daran: as Lissabon-Urteil, die Begleitgesetze und auch die etzt abzustimmenden Vorschläge zur Änderung der Gechäftsordnung sind wichtige und im Wesentlichen richige Schritte in Richtung auf eine demokratischere Euroäische Union. Wir haben als Fraktion Die Linke nicht nerheblichen Anteil daran. Heute werden wir den zur bstimmung stehenden Vorschlägen zustimmen. Wir erden aber weiter daran arbeiten, dass wir auf diesem eg zu einem demokratischeren Europa noch weiter vo ankommen. Durch den am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen ertrag von Lissabon ist die Europäischen Union demoratischer, transparenter und effizienter geworden. Der ertrag hat einige Änderungen mit sich gebracht, und nsbesondere aus dem Blickwinkel des Bundestages berüßen wir, dass die nationalen Parlamente wesentlich ntensiver in den europäischen Rechtsetzungsprozess it eingebunden werden. So erhalten die Parlamente nun die Möglichkeit, Geetzgebungsvorschläge direkt auf ihre Vereinbarkeit mit em Subsidiaritätsprinzip zu untersuchen und bei Veretzung der Subsidiarität dies direkt zu rügen. Wird das esetz dennoch in der Form erlassen, so können die arlamente Klage vor dem Europäischen Gerichtshof rheben. Bei uns kann dies sogar eine Minderheit von 5 Prozent erreichen. Damit diese Rechte aber auch ihre olle Wirksamkeit entfalten können, müssen sie praktiabel umgesetzt werden und dürfen nicht durch die Art nd Weise des Verfahrens behindert oder gar unmöglich emacht werden. Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Gechäftsordnung hat nach intensiven Diskussionen und nter enger Einbindung des Ausschusses für die Angele Jörg van Essen gebene Reden Jerzy Montag )

Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705537200







(A) )

genheiten der Europäischen Union eine Beschlussemp-
fehlung und einen Bericht verabschiedet, der die durch
den Lissaboner Vertrag notwendigen Änderungen der
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vor-
nimmt.

Die nun gefundenen Lösungen werden den Bundestag
ein gutes Stück europafähiger machen. Auf der anderen
Seite hätten wir uns noch eine weitere Stärkung und Klar-
heit der Verfahrensregelungen insbesondere hinsichtlich
der Erhebung der Subsidiaritätsrüge gewünscht.

Die Regelung in § 93 a Abs. 1 Satz 2 GO-BT zur Er-
hebung der Subsidiaritätsrüge reicht unseres Erachtens
nicht aus. Dort wird Folgendes geregelt: Wird beabsich-
tigt, insoweit eine Verletzung zu rügen, ist unverzüglich
der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union zu informieren, um diesem zunächst Gele-
genheit zur Stellungnahme zu geben.

Es bleibt aber unklar, was mit „wird beabsichtigt“
genau gemeint ist. Ist hierfür bereits die Absicht eines
einzelnen Abgeordneten ausreichend, oder muss eine
Fraktion beabsichtigten oder der federführende Aus-
schuss? Es bleibt auch im Unklaren, inwieweit sich
diese Absicht bereits manifestiert haben muss. Wird erst
beabsichtigt, wenn bereits ein Antragstext schwarz auf
weiß vorliegt, oder reicht es bereits, kundzutun, eine sol-
che Rüge erheben zu wollen? Leider wurde hier die
Möglichkeit verpasst, deutlich zu machen, zu welchem
Zeitpunkt konkret der Ausschuss für die Angelegenhei-
ten der Europäischen Union zu befassen ist und welchen
Konkretisierungsgrad die Rüge zu diesem Zeitpunkt ha-
ben muss.

Die Grünen haben daher folgenden Änderungsantrag
eingebracht:

Wird ein Antrag auf Erhebung der Subsidiaritäts-
rüge eingereicht, so ist dieser dem Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union un-
verzüglich zuzuleiten, um ihm Gelegenheit zur Stel-
lungnahme zu geben.

Hierdurch würde die vorstehend dargestellte Unsi-
cherheit behoben, und es würde dem Bundestag erleich-
tert, die knapp bemessene Frist von acht Wochen zur Er-
hebung der Subsidiaritätsrüge einzuhalten.

Einen zweiten, nicht weniger wichtigen Punkt betrifft
unser zweiter Änderungsantrag:

Anträge auf Erhebung der Subsidiaritätsrüge sind
auf Antrag einer Fraktion unverzüglich auf die Ta-
gesordnung der damit befassten Ausschüsse zu set-
zen und zu behandeln.

Hiermit wollen wir sicherstellen, dass Anträge auf
Erhebung der Subsidiaritätsrüge innerhalb der achtwö-
chigen Frist auch tatsächlich behandelt werden. Es geht
dabei keinesfalls um die Schaffung eines weiteren Min-
derheitenrechts oder gar die Möglichkeit, die Erhebung
der Subsidiaritätsrüge zu erzwingen, sondern lediglich
darum, dass sich die nach § 93 a Abs. 1 Satz 1 der Ge-
schäftsordnung des Deutschen Bundestages zuständigen
Ausschüsse auch mit einem Antrag auf Erhebung der

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(C (D ubsidiaritätsrüge fristgerecht inhaltlich auseinanderetzen. Wir mussten nämlich die leidvolle Erfahrung machen, ass ein solcher Antrag der Fraktion auf Erhebung der ubsidiaritätsrüge in der letzten Sitzung des Rechtsauschusses vor Ablauf der Subsidiaritätsfrist von der ehrheit von der Tagesordnung genommen wurde, und as ohne Begründung. Es kam daher nicht einmal zu eier inhaltlichen Debatte über den Antrag und den zurunde liegenden Richtlinienentwurf, von einer Entcheidung ganz zu schweigen. Eine solche Nichtbehandlung ist inakzeptabel und ird auch dem Geiste des Lissabon-Vertrags nicht ge echt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Ureil zum Lissaboner Vertrag mahnend darauf hingewieen, dass der Bundestag die ihm zustehenden Rechte utzen muss. Voraussetzung dafür ist aber auch die inaltliche Debatte und Entscheidung zu europäischen hemen. Mit der Zustimmung zu unseren Anträgen würden Sie er Wirksamkeit des Lissabon-Vertrags und der Bedeuung der Rechte des Deutschen Bundestags im europäichen Rechtsetzungsprozess zweifellos dienen. Darüber inaus stimmen wir Grüne den Änderungen der Gechäftsordnung zu. Damit kommen wir zur Abstimmung über die Bechlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, mmunität und Geschäftsordnung auf Drucksache 17/2394. Zunächst zum Änderungsantrag der Fraktion Bündis 90/Die Grünen, über den wir zuerst abstimmen. Wer timmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 17/2461? – er ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsan rag ist damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bgelehnt. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung auf Druckache 17/2394? – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Kulturelle Einrichtungen vor Folgeschäden aus der Frequenzversteigerung der digitalen Dividende bewahren – Drucksache 17/2416 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss Auch hier wurde bereits in der Tagesordnung ausgeiesen, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden, nd zwar von folgenden Kolleginnen und Kollegen: ohannes Selle, Martin Dörmann, Claudia Bögel, Katrin unert und Tabea Rößner. )


(A) )


Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1705537300

Uns liegt ein Antrag der Fraktion Die Linke vor mit

dem Anliegen, die Bundesregierung möge vollumfäng-
lich Kostenersatz leisten. Dieser Antrag ist typisch für
diese Fraktion; denn er fragt nicht danach, ob die Kos-
ten auch notwendigerweise entstehen. Das Problem,
welches hier angesprochen wird, verdient es allerdings
schon, behandelt zu werden. Es wurde durch die Bun-
desregierung am 4. März 2009 die Frequenzbereichszu-
weisungsplanverordnung verändert. Dies geschah als
Anpassung an die Beschlüsse der Weltfunkkonferenz
2007 der Internationalen Telekommunikationsunion.

Mit der Verordnung wird unter anderem der bisher
dem Rundfunkdienst zugewiesene Frequenzbereich
790 bis 862 Megahertz dem Mobilfunkdienst zugewie-
sen. Die sogenannte digitale Dividende, nämlich der Zu-
gewinn an Nutzungsmöglichkeiten des genannten Fre-
quenzspektrums aus der Umstellung von analogem auf
digitales terrestrisches Fernsehen für Internetbreitband-
versorgung zu nutzen, wollen wir als Koalitionsfraktio-
nen vorantreiben.

Für die Entwicklung des ganzen Landes brauchen wir
schnellste Internetverbindungen im ganzen Land. Dies
können wir kurzfristig nur durch Mobilfunk erreichen.
Gerade in den letzten Wochen habe ich eine Kampagne
mit diesem Inhalt in Thüringen unterstützt. Die kommu-
nalen Vertreter, die Privatbürger und die regionale Wirt-
schaft erwarten, dass der ländliche Raum Perspektiven
behält. Ohne das Angebot schneller Datenverbindungen
im ländlichen Raum werden sich demografische Tenden-
zen noch schneller durch Abwanderung verschärfen.

Solche Datenverbindungen lassen sich durch die Fre-
quenzen herstellen. Die genannten Frequenzen werden
durch Allgemeinzuteilung aktuell für Anwendungen der
drahtlosen Produktionstechnik – sogenanntes Professio-
nal Wireless Microphone System abgekürzt PWMS – auf
sekundärer Basis mit genutzt, zum Beispiel bei drahtlo-
sen Mikrofonen im Veranstaltungsbereich und bei der
Filmproduktion.

Allgemeinzuteilung – das war den Nutzern bekannt –
ist eben nicht die Zusicherung störungsfreien Betriebs,
wie es aus dem Antrag der Linken zu entnehmen ist.

Es ist davon auszugehen, dass die bei der Versteige-
rung erfolgreichen Unternehmen kurzfristig mit dem
Ausbau ihrer Funknetze beginnen werden und dadurch
der Betrieb zunehmend gestört werden könnte. Wegen
der bevorrechtigten Frequenznutzung im Mobilfunk
konnte die Allgemeinzuteilung nicht verlängert werden.

Im Hinblick auf die Frequenznutzungsbedingungen
der drahtlosen Mikrofonanwendungen gelten die bishe-
rigen Regelungen der Allgemeinzuteilung selbstver-
ständlich auch bis zu deren Ablauf am 31. Dezember
2015 weiter.

Eine Verlagerung der Nutzung in alternative Fre-
quenzbereiche ist vorbereitet. Die Bundesnetzagentur
hat – und das dürfte auch der Fraktion Die Linke be-
kannt sein – bereits Alternativfrequenzen zur Verfügung
gestellt. Diese wurden am 3. März 2010 im Amtsblatt

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Zu Protokoll ge

(C (D er Bundesnetzagentur veröffentlicht, Mitteilung r. 107/2010. Sollte eine Verlagerung der Frequenzen für Unterehmen notwendig werden, und sollten dadurch Kosten ntstehen, so gibt es die Zusage des Bundeswirtschaftsinisteriums einer angemessenen Entschädigung. Im Bundesministerium der Finanzen und im Bundesinisterium für Wirtschaft und Technologie ist zwi chenzeitlich eine Arbeitsgruppe gebildet worden. Diese ntwickelt zurzeit eine Verwaltungsvorschrift mit dem iel, die Höhe der anrechenbaren Kosten sowie das Ver ahren zur Abwicklung festzulegen. Die betroffenen Freuenznutzer müssten sich über den zuständigen Dacherband, die Association of Professional Wireless roduction Technologies, APWPT – http://www.apwpt.org/ , auf dem Laufenden über den Fortgang der Arbeiten alten. Der Antrag der Fraktion Die Linke ist daher zum geenwärtigen Zeitpunkt vollumfänglicher Aktionismus. Wir, die Mitglieder der Koalitionsfraktionen, werden iese Problematik im Auge behalten und selbstverständich darauf achten, dass tatsächlich entstehende und icht zu vermeidende Kosten angemessen entschädigt erden. Am 20. Mai 2010 konnte die Bundesnetzagentur die ersteigerung von Frequenzen erfolgreich abschließen. ie betrafen die Bereiche 800 Megahertz, 1,8 Gigahertz, Gigahertz und 2,6 Gigahertz. Alle vier großen Mobilunkunternehmen in Deutschland haben Frequenzen erteigert. Insgesamt beträgt der erzielte Erlös für die undeskasse 4,38 Milliarden Euro. Viele TK-Unternehen und Branchenverbände begrüßen das Ergebnis der uktion. So weist der BITKOM darauf hin, dass die flähendeckende Versorgung ganz Deutschlands mit chnellen mobilen Internetzugängen einen großen chritt näher gerückt sei. Nun müssen die sich bietenden öglichkeiten konsequent genutzt werden. Die Ver teigerung des bislang größten Frequenzpaketes in eutschland bietet große Chancen für den notwendigen etzausbau im Mobilfunk und eine bessere Breitbandersorgung auch in ländlichen Regionen. Die Nachfrage nach mobilem Internet wächst stetig. ie Mobilfunkunternehmen, die entsprechende Freuenzen ersteigert haben, können nun die Einführung er LTE-Technologie, Long Term Evolution, vorantreien, die hohe Bandbreiten ermöglicht. Zudem bieten vor llem die Frequenzen der sogenannten digitalen Diviende im Bereich von 790 bis 862 Megahertz die Mögichkeit, „weiße Flecken“ zu schließen und ländliche egionen endlich ans schnelle Internet anzuschließen. enn gerade in diesem Bereich ist der Ausbau aus techischen Gründen mit vertretbaren Kosten möglich. In den Frequenznutzungsbedingungen wurden – auch uf hartnäckiges Drängen der SPD – Ausbauverpflichungen festgelegt, nach denen nun schrittweise in unterchiedlichen Stufen jeweils mindestens 90 Prozent der evölkerung angeschlossen werden müssen. gebene Reden )

Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1705537400




(A) )

Die Nutzung der Frequenzen für die flächendeckende
Versorgung ganz Deutschlands mit schnellen mobilen
Internetzugängen ist ein wesentlicher Bestandteil der
Breitbandstrategie der Bundesregierung, die Anfang
letzten Jahres noch von der Großen Koalition verab-
schiedet wurde – und zwar insbesondere auf Anregung
und Drängen des damaligen Vizekanzlers Frank-Walter
Steinmeier. Ohne Nutzung der digitalen Dividende kön-
nen die dort genannten Ziele nicht verwirklicht werden.

Gleichzeitig ist nicht zu verkennen, dass durch die
neue Frequenznutzung auch Probleme entstehen, die es
zu lösen gilt. Betroffen sind hiervon insbesondere die
bisherigen Nutzer, die nun in andere Frequenzbereiche
„umziehen“ müssen. Zum einen entstehen den Rund-
funksendernetzbetreibern, die bislang einen Teil der
ersteigerten Frequenzen genutzt haben, Kosten aus
technischen Ersatz- und Zusatzbeschaffungen oder
Umrüstungen. Vor allem aber sind auch Kultur- und Bil-
dungseinrichtungen betroffen, die den betroffenen
Frequenzbereich bislang für Datendienste und Funk-
mikrofone nutzen. Dabei geht es beispielsweise um Büh-
nenproduktionen, Fernsehaufzeichnungen und sonstige
öffentliche Veranstaltungen in Opernhäusern, Theatern
aber auch in Kirchen.

Die SPD hat stets darauf gedrängt, dass für alle Be-
troffenen angemessene Lösungen gefunden werden müs-
sen. Wie ist insofern der Sachstand?

Als es im vergangenen Jahr im Bundesrat darum
ging, die Frequenzbereichzuweisungsplanverordnung zu
ändern, um die Voraussetzungen für die Auktion zu
schaffen, wurden zwischen dem Bund und den Ländern
Vereinbarungen getroffen. Der Bund sagte zu, die Kos-
ten aus notwendigen Umstellungen, die sich bis Ende
2015 bei denjenigen ergeben, die die Frequenzen
790 bis 862 Megahertz nutzen, in angemessener Form
zu tragen. Es darf nicht sein, dass betroffene Kommu-
nen, Länder oder kulturelle Einrichtungen finanziell
überfordert werden. Deshalb haben auch die SPD-ge-
führten Länder auf entsprechende Zusagen des Bundes
gedrängt. Zurzeit besteht aber noch große Unsicherheit
darüber, wie diese vom Bund umgesetzt werden.

Ich habe deshalb bereits am 18. Juni 2010 zwei
schriftliche Fragen an die Bundesregierung gerichtet,
um zu erfahren, wann und mit welchem Verfahren die
Bundesregierung die gegenüber den Bundesländern ein-
gegangene Zusage umsetzen will und mit welchen Um-
stellungskosten die Bundesregierung rechnet. Leider
waren die Antworten der Bundesregierung hierauf zum
Teil unbefriedigend, insbesondere im Hinblick auf das
Verfahren und die Problematik der drahtlosen Mikro-
fone.

Bezüglich der Rundfunksendernetzbetreiber ist da-
nach eine pauschale Erstattung der Kosten aus techni-
schen Ersatz- und Zusatzbeschaffungen oder Umrüstun-
gen angeboten worden. Die Erstattung sei unmittelbar
nach der vollzogenen Frequenzumstellung vorgesehen.
Die Feststellung und Anerkennung betriebsnotwendiger
Umstellungskosten drahtloser Mikrofone erfolge – so
die Bundesregierung – in Abhängigkeit vom tatsächli-
chen Ausbau der neuen Mobilfunkanwendungen bis

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(C (D aximal 2015 und solle durch das Bundesamt für Wirtchaft und Ausfuhrkontrolle entsprechend einer in Vorereitung befindlichen Verwaltungsanweisung erfolgen. a die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung nd den Rundfunksendernetzbetreibern noch andaueren, sei eine Aussage zur Höhe der Erstattung der Kosen nicht möglich. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Ansicht, es muss un zügig Klarheit und Planungssicherheit für alle Beeiligten geschaffen werden. Insofern teilen wir im Kern ie Zielsetzung, die in dem Antrag der Fraktion Die inke zum Ausdruck kommt, den wir heute in erster Leung beraten. Allerdings ist der Text an einigen Stellen u undifferenziert. Unser weiteres Vorgehen werden wir avon abhängig machen, wie die nächsten Wochen von er Bundesregierung dazu genutzt werden, die notwenige Klarheit herbeizuführen. Sicher ist die Ermittlung der notwendigen Kosten icht unproblematisch. Das Verfahren zur Kostenerstatung muss gerecht und einfach zu handhaben sein. Dabei rauchen alle Beteiligten aber nun möglichst schnell lanungssicherheit. Die Länder haben einen vom Bund u speisenden Fonds ins Spiel gebracht, was mir prinziiell sinnvoll erscheint. Streitig ist in erster Linie, welhen Betrag der Bund zum Ausgleich der Umstellungsosten bereitstellen sollte. Sicherlich sind die bisher om Bund genannten Zahlen, die sich im zweistelligen illionenbereich bewegen, deutlich zu gering. Ein hö erer dreistelliger Millionenbetrag wird es in jedem alle werden müssen. Es muss auch zügig geklärt werden, was im Einzelfall nter welchen Kriterien ein angemessener Entschädiungsbetrag ist. Es muss transparent und nachvollziehar ein Anspruch definiert werden, der durchaus in Abängigkeit von den Ausbauplänen der Unternehmen und amit den Umstellungsfolgen bestimmt werden kann. abei kann aber nicht abgewartet werden, bis konkrete törungen eingetreten sind. Es sei darauf hingewiesen, dass – jedenfalls indirekt – in Teil der Erlöse aus der Frequenzversteigerung für ie entstehenden Kosten genutzt werden kann. Zwar önnen die Erlöse aus der Frequenzversteigerung aus aushaltsrechtlichen Gründen nicht von vornherein weckgebunden werden. Dies ist jedoch nur ein formaler esichtspunkt. Der Bund hat nun einmal bedeutende ehreinnahmen erzielt, durch die er finanziellen Hand ungsspielraum gewonnen hat. Es ist naheliegend und urchaus sachangemessen, wenn dies hier Berücksichtiung findet. Denn es geht ja gerade um die Folgen der ersteigerung. Und der Bereich aus der digitalen Diviende, der betroffen ist, hat den Großteil der Erlöse ausemacht, nämlich rund 3,5 Milliarden Euro. Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal auf das hema Breitbandausbau zurückkommen. Der zügige usbau mobiler Breitbandanwendungen ist richtig und otwendig. Es darf dabei jedoch nicht übersehen weren, dass auch der weitere Ausbau des Festnetzes – insesondere der Glasfaserausbau – weiter vorangetrieben erden muss, da dieser höhere Bandbreiten ermöglicht nd auch dort die Nachfrage stetig wächst. Die Bundes Martin Dörmann gebene Reden )





(A) )

regierung fordern wir auf, die Breitbandstrategie konse-
quenter als bisher umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Die anstehende Novellierung des Telekommunikations-
gesetzes muss hierfür genutzt werden.

Ein Teil der erzielten Versteigerungserlöse in Höhe
von rund 4,4 Milliarden Euro, die in den Bundeshaus-
halt fließen, sollte für den Breitbandausbau genutzt wer-
den. Die bereits bestehenden Förderprogramme dürfen
nicht gekürzt, sondern sollten aufgestockt werden. Sie
müssen jedoch noch zielgenauer als bisher ausgestaltet
werden. Bund und Länder sollten im Hinblick auf den
Infrastrukturausbau abgestimmt vorgehen und zusätzli-
che gesetzliche Regelungen ins Auge fassen, um einheit-
liche und bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, etwa
für die Verlegung von Leerrohren und den Anschluss von
Gebäuden.

Schließlich kann die Bundesnetzagentur durch eine
innovations- und investitionsfreundliche Regulierung,
die Rechts- und Planungssicherheit ermöglicht, einen
entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die notwendi-
gen zweistelligen Milliardenbeträge für den Glasfaser-
ausbau auch tatsächlich investiert werden. Dazu gehört
beispielsweise, nun zügig die Bedingungen zu klären,
unter denen angesichts der hohen Kosten eine Koopera-
tion von unterschiedlichen TK-Unternehmen ermöglicht
wird.

Sie sehen, es sind noch einige Baustellen zu bewälti-
gen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, endlich kon-
sequent zu handeln, sowohl beim Breitbandausbau als
auch zur angemessenen Entschädigung der notwendi-
gen Umstellungskosten im Rahmen der digitalen Divi-
dende.


Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1705537500

Wir beschäftigen uns heute mit dem Antrag der Frak-

tion Die Linke „Kulturelle Einrichtungen vor Folge-
schäden aus der Frequenzversteigerung der digitalen
Dividende bewahren“.

Den Kulturschaffenden kommt in unserem Land eine
große, sehr wichtige Aufgabe zu. Zum einen gilt es, das
kulturelle Erbe Deutschlands zu bewahren, die Zukunft
in diesem Bereich zu gestalten und für eine maximale
Vielfalt zu sorgen.

Ein anderer wichtiger Aspekt in unserer Gesellschaft
sind die hohen Anforderungen an eine moderne Kommu-
nikation. Weder Bürgerinnen und Bürger noch Unter-
nehmen können in unserer Zeit auf schnelle Datenver-
bindungen bzw. -austausch verzichten. Hier liegt ein
hohes Wachstumspotenzial.

Der Bedarf an zusätzlichen Frequenzen für den mobi-
len Datenverkehr steigt rasant, und vonseiten der Bun-
desregierung wurde mit der Zielsetzung ihrer Breitband-
strategie dem Rechnung getragen. So wurden in diesem
Jahr vom 12. April bis zum 20. Mai 2010 unter anderem
der Frequenzbereich 790 bis 862 Megahertz versteigert.
Dies war ohne Zweifel ein wichtiger Punkt in der Wei-
terentwicklung der modernen Kommunikation.

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(C (D Es ist aber gar keine Frage, dass durch diese Enticklung die Kulturschaffenden unseres Landes nicht enachteiligt werden dürfen. Deren Arbeit wird zwar zueist nach dem ideellen Wert bemessen, aber natürlich st allen in der FDP-Fraktion, den Kulturpolitikern, ber auch uns Wirtschaftspolitikern, mehr als bewusst, ass es sich auch hier um einen immer härteren Wettbeerbsmarkt handelt und damit um Umsätze und Geinne. Mit 237 000 Unternehmen steht die Kulturund reativwirtschaft im Jahr 2009 für 7,4 Prozent der Ge amtwirtschaft. Auch im Bereich der Beschäftigtenahlen sind positive Zahlen zu vermelden: 787 000 abängig Beschäftigte und damit 1,8 Prozent mehr als im orjahr erwirtschafteten 2009 einen Umsatz von 31,4 Milliarden Euro. Ich finde, diese Zahlen sprechen ür sich und können sich sehen lassen. Es ist also keine rage, dass diese Branche unterstützt werden muss! Die Bundesregierung steht weiter uneingeschränkt zu hrer Erklärung vom 12. Juni 2009 gegenüber dem Bunesrat, die Kosten, die sich nachweislich aus der notwenigen Umstellung bis Ende des Jahres 2015 bei denjenien ergeben, die die Frequenzen 790 bis 862 Megahertz isher nutzen, also Rundfunksendeunternehmen und Seundärnutzer, insbesondere Kulturund Bildungseinichtungen, in angemessener Form zu tragen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technoloie hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium er Finanzen ein Kostenerstattungskonzept entwickelt. ern der Überlegungen war, dass Kosten die in einem irekten kausalen Zusammenhang mit dem Erfordernis er Frequenzumstellung stehen, berücksichtigungsfähig ind und erstattet werden sollen. Die Feststellung und Anerkennung betriebsnotwendier Umstellungskosten für drahtlose Produktionstechnien erfolgt daher in Abhängigkeit vom tatsächlichen usbau der neuen Mobilfunkanwendungen bis längstens 015. Dies gilt insbesondere, wenn die Nutzungen der rahtlosen Produktionstechniken durch die neuen Freuenznutzer im Frequenzband 790 bis 862 Megahertz achweislich gestört werden und Neuanschaffungen otwendig werden. Aus meiner Sicht lässt sich also festhalten, dass ein usgewogenes Gleichgewicht der Interessen und Ziele er Kulturschaffenden auf der einen und der Kommuniationsbranche auf der anderen Seite gewährleistet ist. Dieses Gleichgewicht gilt es, vonseiten der Politik it allen Kräften zu unterstützen, und ich sehe diesen unkt in dem Kostenerstattungskonzept erfüllt. Kürzlich hat die Bundesnetzagentur Frequenzen in en Bereichen 790 bis 862 Megahertz, 1,8 Gigahertz, Gigahertz und 2,6 Gigahertz an verschiedene Mobil unkunternehmen versteigert. Ermöglicht wurde die reigabe dieser Frequenzbereiche durch die Umstellung er terrestrischen Fernsehübertragung von analog zu igital. Es handelt sich bei den versteigerten Frequenzereichen also um einen Teil der sogenannten digitalen Martin Dörmann gebene Reden )

Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705537600




(A) )

Dividende. Der Erlös, der durch die Versteigerung er-
zielt werden konnte, beträgt insgesamt 4,38 Milliarden
Euro.

Dieser Sachverhalt erweckt den Anschein, dass alle
Beteiligten gleichermaßen davon profitieren. Die Nutze-
rinnen und Nutzer von Smartphones und anderen mobi-
len Endgeräten werden in Zukunft über eine noch besse-
ren Netzversorgung mit zum Teil deutlich erhöhter
Bandbreite verfügen, und der Bundeshaushalt kann an-
sprechende Einnahmen verbuchen. Allerdings tragen
die freigewordenen Frequenzen nicht dazu bei, die lei-
der immer noch bestehenden weißen Flecken bei der
Breitbandversorgung zu schließen.

Bei näherem Hinsehen muss zudem festgestellt wer-
den, dass die mit der Versteigerung verbundene Neuzu-
ordnung von Frequenzen auch Folgekosten produziert.
Ein Teil der versteigerten Frequenzen wurde bisher in
der Kultur- und Medienlandschaft für drahtlose Mikro-
fonanlagen benutzt. Diese Einrichtungen sind nun in-
folge der Umwidmung dieses Frequenzbereichs gezwun-
gen, ihre Anlagen umzurüsten und in manchen Fällen
komplett zu ersetzen. Konkret betroffen sind insbeson-
dere Theater, Konzertsäle, Kirchen, Konferenzzentren,
viele Kleinunternehmen der Veranstaltungsbranche so-
wie Produzenten und Dienstleister aus der Film- und
Fernsehbranche.

Gerade bei Theatern ist häufig ein Komplettumbau
erforderlich. So rechnet beispielsweise allein das Thea-
ter Erfurt infolge der Versteigerung der Mobilfunk-
frequenzen mit Zusatzkosten in Höhe von etwa
100 000 Euro, und auch das Nationaltheater in Weimar
geht von einer ähnlichen Größenordnung aus. Vor dem
Hintergrund dieser Kostenentwicklung hatte der Deut-
sche Bühnenverein bereits einen Stopp der Versteige-
rung der Frequenzen gefordert. Nach ersten Schät-
zungen werden die Folgekosten für den Ersatz von
Drahtloseinheiten im Kulturbereich zwischen 2,5 Mil-
liarden und 3 Milliarden Euro betragen. Verantwortlich
für die Übernahme der Kosten sind zunächst die Träger
der Einrichtungen. Bei den Theatern sind das in den al-
lermeisten Fällen Kommunen und Länder, die sich, wie
wir alle wissen, selbst in einer äußerst angespannten
Haushaltslage befinden. Insbesondere bei den hoch ver-
schuldeten Kommunen könnten die Umrüstungskosten,
die zu den regulären Betriebskosten hinzukommen,
schlimmstenfalls dazu führen, dass Theater geschlossen
werden müssen. Wir haben es also auch mit einem typi-
schen Beispiel dafür zu tun, wie durch Entscheidungen,
die auf Bundesebene getroffen werden, Kosten für die
Kommunen entstehen.

Einigkeit werden wir in diesem Haus sicherlich da-
rüber erzielen können, wie wichtig gerade Theater als
kulturelle Einrichtungen in unseren Kommunen sind,
und dass Kosten, auf deren Entstehung weder die Thea-
ter noch die Kommunen Einfluss haben, nicht dazu füh-
ren dürfen, dass Theater ihren Betrieb nur noch ein-
geschränkt aufrechterhalten können oder sogar ge-
schlossen werden müssen. Aus diesem Grunde müssen
wir dafür Sorge tragen, dass die Folgekosten der Fre-

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(C (D uenzversteigerung auch von demjenigen getragen weren, der sie verursacht hat, und das ist der Bund. Die Bundesregierung hat den Ländern zwar zugesihert, unter bestimmten Bedingungen einen Teil der Umüstungskosten zu übernehmen. Die vom Bund angesetzen Kriterien führten aber nur in Einzelfällen zu einer inimalen Erstattung. Auf eine kleine Anfrage der Frak ion Die Linke hat die Bundesregierung zudem erklärt, ass jegliche Kostenerstattung in diesem Zusammenang unter Finanzierungsvorbehalt steht. Die Linke ist der Auffassung, dass der Bund die Kosen in vollem Umfang tragen muss. Ich bitte daher um ustimmung für unseren Antrag. Frequenzen sind die unsichtbare Infrastruktur vieler edien: So wie die Bahn Schienen braucht, um ihre üge darauf fahren zu lassen, brauchen Fernsehen und adio Frequenzen, um ihre Programme senden zu könen. Die Frequenzen der jüngsten Auktion sollen für chnelle Internetanbindungen genutzt werden. Das ist ine Chance, das Internet in ländliche Regionen zu traen. Denn es ist teuer, Breitbandkabel bis an jede Hausür zu verlegen. Bis heute sind immer noch Tausende von aushalten vom schnellen Internet – wenn sie überaupt einen Zugang haben – ausgeschlossen. Gerade in ändlichen Regionen ist das ein gravierender Standortachteil für die Bevölkerung und vor allem auch für die egionale Wirtschaft. Wir haben im Zuge der Frequenzversteigerung aber etzt tatsächlich ein Problem. Die Bundesregierung hat n ihrer Euphorie über die Breitbandstrategie offenbar ergessen oder einfach ignoriert, dass die neue Zuteiung der Frequenzen Folgen hat. Bei dem Frequenzbeeich, der jetzt an die Mobilfunkhersteller versteigert urde, handelt es sich um die Kulturfrequenzen, die alle rahtlosen Mikrofone nutzen. Die versteigerten Frequenzen sind nicht zusätzlich a, sondern sie sind freigemacht worden, weil die anaoge Rundfunkübertragung abgeschaltet wurde. Inneralb dieses Frequenzbereichs funken aber noch immer ie drahtlosen Mikrofone und der digital-terrestrische undfunk. Die neue Nutzung wird für sie und DVB-T törungen erzeugen, weil die neuen Nutzer sehr „nah“ n genutzten Frequenzen dran sind. Wo es eng wird im ther, überschneiden sich Frequenzen und stören sich egenseitig. Dann piept und quietscht es. Deshalb beommen die Funkmikrofone eine neue Frequenz zugeiesen; der Umstieg dahin kostet aber. Denn ein Mikro on kann nicht einfach die Frequenz wechseln, sondern uss dafür ausgetauscht werden. Die geräumten Frequenzen wurden für viel Geld an ie Mobilfunkunternehmen versteigert. An die bisherien Nutzer wurde aber nicht gedacht. Das sind alle Nuterinnen und Nutzer moderner drahtloser Mikrofone. as mag zunächst nach einem Randproblem klingen; as ist es aber nicht. Man muss sich nur mal klar mahen, wer alles diese Technik nutzt: Theater, Musikvernstalter, Bands, Kirchen und Fernsehsender. Drahtlose Katrin Kunert gebene Reden Tabea Rößner )

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705537700







(A) )

Mikrofone sind beim Auftritt von Bands, bei der Som-
merfestansprache des Bundespräsidenten, beim Fuß-
ballspiel, der Ausstellungseröffnung und dem Gottes-
dienst nicht mehr wegzudenken. Diese Mikrofone
müssen alle ausgetauscht werden, weil sie vom Handy-
funk gestört werden und deshalb auf eine andere Fre-
quenz ausweichen müssen. Hier geht es also nicht um
Kleckerbeträge; hier geht es um Millionen, wenn nicht
sogar Milliarden.

Wir Grünen setzen uns für einen schnellen Ausbau
von Breitband im ländlichen Raum ein. Deshalb haben
wir es begrüßt, dieses Ziel mit der Vergabe von Frequen-
zen an den Mobilfunk zu verknüpfen. Es war sinnvoll
und erfolgversprechend, den Erwerb der Frequenzen
durch die Auktion an einen Ausbau zu koppeln.

Allerdings haben wir Grünen ein Problem damit, dass
sich der Bund die Einnahmen aus der Versteigerung in
die Tasche steckt und die Leidtragenden der Frequenz-
umstellung allein im Regen stehen lässt. Durch die
Rechtsnorm mit dem sperrigen Namen „Frequenz-
bereichszuweisungsplanverordnung“ wurde zwar auf
Nachdruck des Bundesrates festgelegt, dass der Bund
sich an der Entschädigung beteiligen muss, nicht aber in
welcher Form und welcher Höhe. Folgekosten sind nicht
ausreichend gedeckt.

Ein Theater wie das Hamburger Schauspielhaus
muss mit Kosten in Höhe von mindesten 150 000 Euro
für eine neue technische Ausrüstung rechnen. Der Bund
muss für diese Kosten aufkommen und darf sie nicht ein-
fach auf die Kommunen abschieben. Denn die müssten
sonst für die Ausstattung der städtischen Theater und
Bühnen sorgen.

Auf die finanzielle Situation der Kommunen muss ich
hier nicht eingehen. Aber sie sind derart ausgeblutet,
dass an allen Ecken und Enden gespart werden muss.
Aus einem ausgewrungenen Lappen bekommt man
nichts mehr raus. In der Folge können die Kulturein-
richtungen die nötigen Gelder für die neue Technik nur
von den Besucherinnen und Besuchern bekommen. Dies
hätte eine Erhöhung der Eintrittspreise zur Folge. Wir
aber wollen nicht, dass sich nur Eliten die Eintritte in
Theater und Konzerte leisten können, und dies nur, weil
der Bund seiner Verantwortung nicht gerecht wird.

Es ist absurd, dass all die, die ihren Platz im Äther
räumen werden, am Ende die Leidtragenden sind. Der
Bund hat knapp 4,4 Milliarden Euro durch die Verstei-
gerung der Frequenzen eingenommen. Da ist es nicht zu
viel verlangt, dass er dafür sorgt, dass durch die Umstel-
lung am Ende niemand auf den Kosten sitzenbleibt. Der
Bund muss als Nutznießer der Versteigerung den Thea-
tern, aber auch dem Rundfunk und allen anderen, die
Störungen ihrer Technik erfahren, bei der Umrüstung
helfen. Das bedeutet aber auch – das ist wichtig –, dass
der Bund die Folgekosten trägt. Es nützt uns nichts,
wenn der Bund zwar die Kosten für neue Sendemasten
an die Rundfunksender zahlt, die elf Millionen Verbrau-
cherinnen und Verbraucher, die DVB-T nutzen, mit ihren
Geräten aber keinen ungestörten Empfang mehr haben.

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(C (D So jedenfalls begeistern wir niemanden für die Digialisierung. Wer so vorgeht, der kann es völlig in den ind schreiben, dass sich irgendwer irgendwann für diitales Radio stark macht. Bei der Digitalisierung muss mmer auch an die Nutzerinnen und Nutzer gedacht weren. Die Koalition hat dazu eine – begrüßenswerte – nquete-Kommission ins Leben gerufen. Das entbindet ber nicht von der Aufgabe, dem Tagesgeschäft ordentich nachzugehen. Wir fordern von der Bundesregierung deshalb, dass ie eine Rechtsgrundlage schafft, die all denen einen Anpruch auf Entschädigung gibt, die die Leidtragenden er Neuzuteilung der Frequenzen sind. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/2416 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Rosemarie Hein, Kathrin Senger-Schäfer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE „Soforthilfeprogramm Kultur“ zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur einrichten – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Undine Kurth Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kulturelle Infrastruktur sichern – Substanzerhaltungsprogramm Kultur auflegen – Drucksachen 17/552, 17/789, 17/2320 – Berichterstattung: Abgeordnete Marco Wanderwitz Siegmund Ehrmann Reiner Deutschmann Dr. Lukrezia Jochimsen Agnes Krumwiede Wie in der Tagesordnung bereits ausgewiesen, weren auch hier die Reden zu Protokoll gegeben, und war von folgenden Kolleginnen und Kollegen: Marco anderwitz, Siegmund Ehrmann, Reiner Deutschmann, r. Lukrezia Jochimsen und Agnes Krumwiede. Die beiden heute zur Debatte stehenden Anträge der pposition zeichnen ein Bild der Kulturlandschaft in eutschland, das so nicht real ist, jedenfalls nicht in der orgetragenen Homogenität. Die Lage der kulturellen nfrastruktur der Kommunen ist differenziert und hat oft uch mit gewollter Prioritätensetzung vor Ort zu tun. )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705537800

(22. Ausschuss)

Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1705537900

(A) )

Die finanzielle Not einiger Kommunen ist auch kein kul-
turspezifisches Problem.

Richtig ist, dass viele Kommunen als Folge der welt-
weiten Wirtschafts- und Finanzkrise mit besonderen
Haushaltsproblemen zu kämpfen haben. Das geht Bund
und Ländern und den meisten Staaten der Welt genauso.
Aber längst nicht alle Kommunen kürzen deshalb radi-
kal auf dem kulturellen Sektor.

Die Forderungen der PDS nach Bundesmilliarden für
den kommunalen Kulturbereich zeugt von Unkenntnis
unserer Verfassung. Nach der Anhörung kann man aber
nicht mehr von gutem Glauben sprechen. Der Antrag ist
verfassungswidrig; das sagen alle Experten. Der Bund
hat hier keine Zuständigkeit. Unsere föderale Struktur,
die die Hoheit für die Kultur in die Länder und Kommu-
nen legt, lässt keinen Spielraum für einen Nothilfefonds
des Bundes.

Ich verweise an dieser Stelle auf das Subsidiaritäts-
prinzip als politische und gesellschaftliche Maxime. Die
Länder müssen alle Anstrengungen unternehmen, um
Städte und Gemeinden beim Erhalt des kulturellen Ange-
botes zu unterstützen. Die historisch gewachsene Kul-
turhoheit der Länder hat sich bewährt. Länder und
Kommunen investieren jährlich circa 7 Milliarden Euro
in die Kulturförderung – ein europäischer Spitzenwert!

Den Freistaat Sachsen, meine Heimat, möchte ich an
dieser Stelle als Positivbeispiel besonders hervorheben:
Gesetzlich geregelt im deutschlandweit einmaligen Kul-
turraumgesetz, leisten die sächsischen Kommunen und
der Freistaat die höchsten Ausgaben für Kultur pro Ein-
wohner in ganz Deutschland, und das als Pflichtauf-
gabe!

Der Bund ist seiner Mitverantwortung zur Sicherung
der deutschen Kulturlandschaft mehr als gerecht gewor-
den. Fünfmal in Folge wurde der Kulturhaushalt des
Bundes in den letzten Jahren um insgesamt über 10 Pro-
zent erhöht. Hinzu kommen zahlreiche Maßnahmen, von
denen in besonderem Maße auch die Kultur profitiert:
das Konjunkturprogramm II in Höhe von 10 Milliarden
Euro, das Denkmalschutzsonderprogramm von Staats-
minister Bernd Neumann in Höhe von 40 Millionen
Euro, das Investitionsprogramm für städtebauliche In-
frastruktur in Höhe von 100 Millionen Euro und Sonder-
maßnahmen für die Kultur über das Weltkulturerbe-Pa-
ket in Höhe von 150 Millionen Euro. Der gerade
vorgelegte Haushaltsentwurf 2011 hält im Angesicht der
richtigen Sparanstrengungen der Bundesregierung den
Kulturhaushalt konstant. Das alles kann sich mehr als
sehen lassen, und ich erwarte, dass die Opposition das
endlich zur Kenntnis nimmt, statt die Leute aufzuhetzen.

Mit der Einsetzung der Gemeindefinanzkommission
arbeitet die christlich-liberale Koalition bereits an einem
Konzept zur langfristigen Konsolidierung der kommuna-
len Finanzen, so wie es in unserem Koalitionsvertrag
vorgesehen ist. Das kommt auch den Kulturhaushalten
der Kommunen zugute. Es ist wichtig, die kommunale
Selbstverwaltung zu stärken und Städte und Gemeinden
auf ein sichereres finanzielles Fundament zu stellen.

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(C (D Die Forderung der Grünen nach einem KfW-Sonderrogramm, welches Überbrückungskredite für kulturelle inrichtungen gewährt, findet ebenfalls nicht unsere Zutimmung. Ein bisschen lebensfremd mutet Ihr Antrag chon an, wenn man weiß, wie derzeit die Zinssituation on Kommunalkrediten ist. In Ihrer Fraktion sollte es och zumindest ein paar Stadtoder Gemeinderäte geen, meine Damen und Herren. Das Problem liegt nicht ei den Zinsen – die gibt es faktisch nicht –, sondern dain, dass manche Kommunen haushaltsrechtlich schlicht eine weiteren Kredite von den Kommunalaufsichtsbeörden genehmigt bekommen, weil der Schuldenstand ies nicht hergibt. Wir haben in den vergangenen Monaten viel über die uswirkungen der Finanzund Wirtschaftskrise und vor llem der kurzsichtigen Steuerpolitik von Union und DP für unsere Kulturlandschaft gesprochen. Jetzt lieen belastbare Daten auf dem Tisch. Leider haben sich nsere Befürchtungen bestätigt: Eine aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung rnst & Young bei 300 Kommunen in Deutschland vom uni dieses Jahres hat ergeben, dass fast jede zweite ommune in Deutschland die Zuschüsse zu Kulturein ichtungen reduziert hat. Zwischen 8 und 15 Prozent der ommunen wollen sogar Kultureinrichtungen schlieen. 44 Prozent der Kommunen wollen die Eintrittsreise für Kultureinrichtungen deutlich erhöhen. Wähend die Qualität der Angebote sinkt, steigen die Kosten. ibliotheken etwa können keine neuen Bücher mehr anchaffen, verlangen aber deutlich höhere Gebühren für as Ausleihen von alten Werken. Das ist das Ergebnis on „mehr Netto vom Brutto“. Das Gegenteil ist der all: Die Bürger müssen für kommunale Leistungen tie er in die Tasche greifen. Besonders trifft es aber die soial Schwachen in unserem Land. Höhere Eintrittspreise ür Bibliotheken, Theater oder Museen können sich viele ürgerinnen und Bürger nicht leisten. Sie sind es, die in ukunft an kulturellen Angeboten nicht teilhaben könen. Schwarz-Gelb bleibt sich hier treu: Die schwachen nd nicht die starken Schultern tragen die negativen olgen der Krise und vor allem der schwarz-gelben teuerpolitik. Daher stellt sich die Frage: Was tun angesichts der larmierenden Befunde? Die Regierungskoalition hat isher keine Antwort auf diese Fragen. Es wird auf eine ingesetzte Gemeindekommission verwiesen, die sich it diesen Problemen befassen soll. Bisher höre ich von ort nichts Gutes. Auch die Abschaffung der Gewerbeteuer soll dort diskutiert worden sein. Eine echte Hilfe ieht anders aus. Eine Idee hätte ja auch sein können, ie Gewerbesteuerquellen zu verbreitern und zu versteigen. Im Koalitionsvertrag wird dagegen die private ulturförderung beschworen. Aber meine Damen und erren von der Koalition: Wer auf die unsichtbare Hand es Marktes baut, steht am Ende mit leeren Händen da, nd von Hotels allein kann die Stadt nicht leben. Von anderer Seite wurde der Ruf nach einem Nothilfeonds des Bundes für die Kultur laut. Das Argument Marco Wanderwitz gebene Reden )

Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1705538000




(A) )

„Wenn Geld für Banken da ist, muss auch Geld für die
Kultur da sein“, kann ich nachvollziehen. Die Idee ist so
einfach wie verlockend: Der Bund legt einen Fonds auf,
um der Kultur in den finanzschwachen Kommunen unter
die Arme zu greifen. Die Linke hat sich diesen Vorschlag
zu eigen gemacht und fordert, dass der Bund circa 1 Mil-
liarde Euro für ein „Soforthilfeprogramm Kultur“ be-
reitstellen soll. Die Grünen wollen ein Sonderprogramm
der KfW Bankengruppe „Kulturförderung“ als Über-
brückungsmaßnahme für die in ihrer Existenz bedrohten
kommunalen Kultureinrichtungen. Diese Forderungen
sind grundsätzlich nicht verkehrt. Kurzfristig hätten wir
uns als SPD eine Aufstockung der Mittel für die Kultur-
stiftung des Bundes gewünscht, um kleinere Projekte in
der Fläche zu unterstützen.

Zusätzliche Nothilfeprogramme des Bundes für Kul-
tureinrichtungen in kommunaler Trägerschaft greifen
jedoch zu kurz und bergen die Gefahr von Verteilungsde-
batten. Denn warum sollte es nicht auch eine Bundes-
nothilfe für Jugendeinrichtungen oder Sportstätten ge-
ben? Diese sind nach der oben zitierten Umfrage sogar
noch stärker von den Sparmaßnahmen betroffen als die
Kultureinrichtungen.

Eine Sonderlösung des Bundes für die Kultur ist der
falsche Weg. Wie es richtig geht, zeigt der Koalitionsver-
trag von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen: erstens
keine Kürzungen bei den Kulturausgaben des Landes
und zweitens Konsolidierungshilfen für überschuldete
Kommunen, um Städte und Gemeinden wieder hand-
lungsfähig zu machen. Das ist der richtige Weg. Die
Kommunen müssen über ausreichend Einnahmen verfü-
gen, um ihren Aufgaben auch im Kulturbereich nachzu-
kommen.

Diesen Weg sollten wir auch im Bund einschlagen.
Wir als SPD fordern als kurzfristige Maßnahme einen
Rettungsschirm für die Kommunen. Dieser Rettungs-
schirm umfasst die kommunalen Steuerausfälle in Höhe
von 1,6 Milliarden Euro, die den Kommunen durch das
sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz entstan-
den sind. Ferner soll sich der Bund über zwei Jahre mit
jährlich 400 Millionen Euro an den Unterbringungskos-
ten beteiligen. Diese kurzfristigen Maßnahmen müssen
durch mittelfristige ergänzt werden. Hier ist die Steuer-
politik des Bundes in der Pflicht. Wir müssen die Kom-
munen wieder in die Lage versetzen, ihren Aufgaben
nachzukommen. Denn nur über solide Haushalte der
Kommunen sichern wir auch die öffentliche Kulturför-
derung und damit die kulturelle Infrastruktur der Kom-
munen.

Auch bei der Bundeskulturförderung besteht Hand-
lungsbedarf. Die bisherige Fördersystematik – vor allem
der institutionellen Förderung durch den Bund – birgt
einige Unklarheiten. Abhilfe könnte die Empfehlung der
Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ schaf-
fen. Sie empfiehlt dem Bund, das sogenannte Blaubuch
Ost auf das gesamte Bundesgebiet auszuweiten. Das
Blaubuch Ost wurde nach der Wiedervereinigung auf
der Grundlage von Art. 35 des Einigungsvertrages ein-
geführt. Es identifiziert Kultureinrichtungen in Ost-
deutschland von nationaler Bedeutung, die in der Folge

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(C (D om Bund mit bis zu 50 Prozent gefördert werden. Ich alte diesen Ansatz für richtig und glaube, dass dieser och ausbaufähig ist. Das Blaubuch müssen wir über stdeutschland hinaus ausweiten und auf die westlichen undesländer übertragen. Ich könnte mir eine institutioelle Bundeskulturförderung vorstellen, die auf Vorchlag einer Expertenkommission in Ostund Westeutschland Kultureinrichtungen von nationaler edeutung fördert. Damit würde der Bund seine Verantortung für Einrichtungen von nationaler Bedeutung tärker wahrnehmen, die Transparenz seiner Kulturförerung erhöhen und Ländern und Kommunen größere inanzielle Spielräume für die kulturelle Arbeit vor Ort chaffen. Letztlich geht es uns um den Erhalt der kulturellen ielfalt und des kulturellen Reichtums in unserem Land. afür tragen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam erantwortung. Deutschland ist zu Recht stolz auf sein reichhaltiges ulturelles Leben. Nicht umsonst wird Deutschland naional und international als Kulturnation von besondeer Bedeutung wahrgenommen. Mit großen Veranstalungen und Veranstaltungsreihen wie der Kulturhaupttadt Ruhr 2010, der seit 2008 laufenden Lutherdekade der den jährlich stattfindenden Bayreuther Festspielen etzt Deutschland Maßstäbe. Als langjähriger kommunaler Kulturpolitiker kenne ch die Tücken und Fallstricke kommunaler Haushalte. erade die Kommunen tragen einen großen Teil der osten für kulturelle Angebote. Dabei muss die Kultur n den Kommunen leider oftmals mit Verwaltungsaufgaen, Kosten für Sportstätten oder allgemeinen Personalusgaben konkurrieren. Kultur ist das, was einen Ort besonders macht. Kultur acht das Leben an einem Ort lebenswert. Ohne kultu elle Angebote sind und wären viele Orte von der Abanderung der Bevölkerung und dem mangelnden Inte esse an Wirtschaftsansiedlungen noch stärker etroffen. Nicht umsonst hatten sich vor einigen Jahren ie Geschäftsführer namhafter Automobilhersteller und eren Zulieferer in Thüringen gegen eine dortige drastiche Kürzung der Kulturförderung ausgesprochen. Man ürchtete, dass die Produktionsstandorte im Falle der bschmelzung der Kulturförderung und der damit einergehenden Schließung von Theatern und Orchestern nter einer Abwanderung von Führungskräften und achpersonal zu leiden haben würden. Aus meiner Sicht sind es zwei Probleme, die für die ommunale Kulturfinanzierung grundlegend sind: Zum einen ist Kulturförderung auch eine Frage der rioritätensetzung. Oft muss die Kulturförderung für usgaben in anderen Bereichen weichen. Dass Kultur in en allermeisten Fällen nur als freiwillige Aufgabe der änder und Kommunen definiert ist, macht die Sache icht leichter. Leider muss ich immer wieder feststellen: ediglich in Sachsen ist die Kultur auch Pflichtaufgabe es Landes und der Kommunen. Auch bedingt durch das Siegmund Ehrmann gebene Reden )

Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1705538100




(A) )

sächsische Kulturraumgesetz, das die Finanzierung der
Kultur regelt, kommt der Kultur dort ein besonders ho-
hes Gewicht zu. Nicht umsonst gibt der Freistaat Sach-
sen, verglichen mit den anderen Bundesländern, pro
Kopf am meisten für die Kultur aus.

Zum anderen hat sich in der Wirtschaftskrise die Ab-
hängigkeit von Gewerbesteuereinnahmen als besonders
problematisch herausgestellt. Das zyklische Auf und Ab
der Einnahmen macht eine konstante Haushaltsplanung
in den Städten und Gemeinden nicht einfach oder teil-
weise unmöglich. Laufende Verbindlichkeiten müssen
bedient werden. Da scheint es oft einfach, den Rotstift
zuerst bei der Kultur anzusetzen. Dabei ist noch kein
kommunaler Haushalt durch Einsparungen in der Kul-
turförderung saniert worden.

Die christlich-liberale Koalition hat dieses Problem
erkannt und handelt. Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble hat bereits im Februar eine Kommission ein-
gesetzt, die die Reform der kommunalen Finanzen auf
den Prüfstand stellt. Dieser Ansatz ist auch richtig, statt
Millionen ohne Konzept über den Städten und Gemein-
den ausschütten zu wollen, wie dies die Anträge von
Bündnis 90/Die Grünen und der Linken vorsehen. Mit
dem Geld der Steuerzahler bzw. der Belastung künftiger
Generationen sollten wir wirklich verantwortungsbe-
wusster umgehen.

Wie schwierig die Neuordnung der kommunalen Fi-
nanzen wird, zeigt die gemeinsame Stellungnahme des
Deutschen Städtetages und des Deutschen Städte- und
Gemeindebundes, die an der Gewerbesteuer festhalten
möchten. Wir nehmen diese Stellungnahmen ernst. Man
wird sicherlich verschiedene Modelle diskutieren müs-
sen, so zum Beispiel auch ein Kombimodell, das unter-
schiedliche Einnahmequellen beinhaltet. Dazu sollten
wir der Gemeindefinanzkommission aber auch die nö-
tige Zeit lassen, um ein tragfähiges Konzept zu entwi-
ckeln.

In der Diskussion um Finanzhilfen zur Kulturförde-
rung in den Städten und Gemeinden durch den Bund
dürfen wir aber auch nicht vergessen, dass dies schlicht
und ergreifend verfassungsrechtlich nicht zulässig ist.
Dies hat das öffentliche Expertengespräch zum Thema
„Lage der Kulturfinanzierung in der Finanz- und Wirt-
schaftskrise“, das am 24. Februar 2010 im Kultur- und
Medienausschuss des Deutschen Bundestages stattfand,
klar zum Ausdruck gebracht. Keiner der anwesenden
Experten hat eine Rechtsgrundlage für die Aufsetzung
eines Kulturnothilfefonds ausmachen können. Damit
hält der Antrag der Linken nicht einmal dem Grundge-
setz stand. Unhaltbar ist die Forderung nach pauschaler
Bereitstellung von 1 Milliarde Euro. Welche Berech-
nungsgrundlage dieser Zahl zugrunde liegt, lässt die
Linke offen. So kann man keine Haushaltspolitik ma-
chen, zumal es um das Geld der Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler geht. Diese haben ein Anrecht zu erfahren,
warum eine bestimmte Summe benötigt wird.

Zuständig sind nun einmal die Länder. Diese wären
folgerichtig auch der richtige Adressat für Forderungen
nach Aufstockung der Kulturförderung in den Städten
und Gemeinde, auch für Notprogramme. Der Bund kann

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Zu Protokoll ge

(C (D ur in absoluten Ausnahmesituationen oder in Sachveralten, die den Aufbau Ost betreffen, Abhilfe schaffen. uch hier hilft ein Blick in das Grundgesetz. Wie ich be eits in meiner Rede vom 25. Februar 2010 gesagt habe, ordert deswegen auch der Kulturrat NRW folgerichtig, ie Kommunen durch höhere Landeszuweisungen, zum eispiel in Form von zweckgebundenen Zuweisungen ür die Kulturhaushalte der Kommunen, im Bereich der ulturförderung zu entlasten. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sieht den ern des Problems, nämlich die grundlegende Schief age der kommunalen Finanzierung. Aber die KfW Banengruppe mit der Betreuung von Kultursonderprorammen zu betrauen, entspricht nicht den Aufgaben ieser unter anderem mit der Förderung des Mittelstanes betrauten Bank. Wir können auch nicht dazu übergeen, alle Probleme bei der KfW abzuladen. Eine Ausweiung der Aufgaben wäre zudem nur ein Notpflaster auf ie klaffende Wunde. Richtiger ist es, wenn man die Fianzen und damit auch die Kulturfinanzen der Kommuen wieder auf solide Beide stellt. Diesen Weg geht die oalition. Außerdem würde dies dazu führen, dass die ommunale Selbstverwaltung auch tatsächlich wieder hrem Namen gerecht werden könnte. Die Stadtund Geeinderäte müssen die Möglichkeit haben, selbst über ie Prioritätensetzung in ihren Orten zu entscheiden. Die Koalitionsfraktionen werden deshalb aus den ben genannten Gründen die Anträge von Bündnis 90/ ie Grünen und der Linken ablehnen. Wollte man bestimmen, was Europa von anderen Weltregionen unterscheidet, so ist es sein Ursprung: die Stadt. Die europäische Kultur ist eine Kultur der Städte, des urbanen Lebens und immer wieder des demokratischen Gemeinwesens. So beginnt eine Resolution der 19 nordrhein-westfälichen Theaterintendanten zwischen Aachen und Wupertal, Bielefeld und Paderborn, die auf die derzeitige ituation der so unterschiedlichen großen und kleinen ühnen aufmerksam machen soll. Die derzeitige Situa ion, das weiß man inzwischen überall in NRW und auch ußerhalb, heißt: akute Bedrohung der Theaterlandchaft und schrittweise Zerstörung der Städte in ihrer ubstanz und damit eine nicht zu unterschätzende Berohung der Demokratie. Was ist neu an dieser Situation? Nach Ansicht aller RW-Theater-Intendanten: Neu an der aktuellen Situation ist, dass die Konfliktlinien nicht mehr zwischen Theaterleitungen und städtischen Verwaltungen laufen. Auch das wechselseitige Aufrechnen der Förderung von Stadttheatern, Festivalstrukturen und freier Theaterszene wird damit obsolet. Vor dem Hintergrund der desaströsen Finanzsituation der meisten Städte bleibt der Kommunalpolitik kein Handlungsspielraum. Vom Gesetzgeber eingestuft als „freiwillige Leistung“, bleiben die Ausgaben für kulturelle Einrichtungen oft der einzige Haushaltsbereich, in dem Reiner Deutschmann gebene Reden )

Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705538200




(A) )

Einsparungen angeblich überhaupt noch möglich
seien. Dass dies keine kurzfristige, bald überwind-
bare Krise ist, sondern der Kollaps des Systems öf-
fentlicher Haushalte bevorstehe, belegen die Szena-
rien der Experten.

Genau deswegen fordert die Fraktion Die Linke die
Bundesregierung auf, ein „Soforthilfeprogramm“ Kul-
tur zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur zu entwi-
ckeln. Wir haben das im Einzelnen immer wieder be-
gründet, im Kulturausschuss, in der 1. Lesung im
Parlament und können es heute nur wiederholen: Kultur
ist das Fundament unserer Gesellschaft als demokrati-
sches Gemeinwesen. Es ist Aufgabe der Politik, dieses
Fundament zu sichern und zu stärken. Die Auswirkun-
gen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise
bedrohen auch und gerade die Kulturstrukturen. Es ist
höchste Zeit, umzusteuern und Maßnahmen zur finan-
ziellen Stärkung von Ländern und Kommunen zum Er-
halt der kulturellen Infrastruktur in der Krisensituation
zu ergreifen. Kurzfristig geht es vor allem darum, einen
kulturellen Kahlschlag in den Städten und Gemeinden in
der aktuellen Haushaltslage zu verhindern.

Das ist eine nationale Aufgabe, eine Pflicht des Bun-
des. Die Theaterleute schreiben: „Theater muss nicht
sein. Es geht auch ohne. Aber wie?“ Man könnte ergän-
zen: Museen müssen nicht sein und es geht auch ohne
Bibliotheken, Orchester, Musikschulen, Kultureinrich-
tungen aller Art. Aber wie? Verödet, verwahrlost, ver-
roht wären die Städte, ob groß oder klein. Geschlossen
ist schnell, wieder aufgemacht wird so gut wie nie mehr.

Im Art. 104 GG heißt es klipp und klar, dass der Bund
im Fall von außergewöhnlichen Notsituationen, die sich
der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche
Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Ge-
setzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren kann.
Diese Situation ist durch die Wirtschafts- und Finanz-
krise sowie die Steuerpolitik der vergangenen der jetzi-
gen Bundesregierung eingetreten. Hier gilt es Abhilfe zu
schaffen. Wer diese Hilfe unterlässt, macht sich schuldig
am Niedergang der traditionellen kulturellen Substanz
unseres Landes.


Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705538300

Viele Menschen in unserem Land funktionieren nur

noch unter Leistungsdruck und Stress in einem System,
an das sie nicht mehr glauben und für das sie sich nicht
mehr engagieren wollen oder können. Motivation zur
Eigeninitiative und Spaß am Mitgestalten kommen nicht
von allein, sondern können gelernt und vermittelt wer-
den, zum Beispiel und gerade durch die Kultur, durch
kreatives Mitgestalten. Deswegen ist die Kulturförde-
rung ein notwendiges Element unserer Demokratie. Die
Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise belasten die
kommunalen Haushalte. Eine verfehlte Finanzpolitik
schnürt den Kommunen zusätzlich die Luft zur Selbst-
verwaltung ab. Die kulturelle Teilhabe, die Förderung
und die Entfaltung von Kultur, sind massiv bedroht. Ich
halte die momentane Sparwelle im Kulturbetrieb für
sehr gefährlich.

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(C (D Wir befinden uns auf einem sinkenden schwarz-gelben chiff. Viele Kultureinrichtungen auf diesem Schiff steen vor dem Ertrinken. Was macht der „Kultur-Kapitän“ eumann? Er sieht tatenlos zu und hat keine Rettungsoote für die Kultur parat. Eine Kommission zur Neuordung der Gemeindefinanzierung unter Ausschluss der ffentlichkeit bedeutet keine Rettung für die Kulturbe riebe, weil die konkrete Umsetzung zu lange auf sich arten lässt. Bauanleitungen für Rettungsboote kommen aus der pposition, zum Beispiel von der SPD: So sehr wir den orschlag eines Rettungsschirms für die Kommunen uch begrüßen – für die Kultur auf unserem sinkenden chiff bedeutet der Antrag der SPD ein durchlöchertes ummiboot. Denn die Formulierung „im Rahmen der estehenden Möglichkeiten des Bundes“ im Antrag der PD heißt nichts anderes als: nichts. Denn der Bund hat ur Kulturfinanzierung kaum Möglichkeiten. An der Verassung scheitert auch der Antrag der Linken. Aber Bauvorschläge für Rettungsboote sind immer och besser als gar keine Vorschläge; deshalb haben ir uns bei der Abstimmung im Ausschuss für Kultur nd Medien zu den Anträgen der SPD und der Linksraktion enthalten. Mir kommt es so vor, als würde unser „Kultur-Kapiän“ Neumann angesichts des drohenden Untergangs nserer Kulturlandschaft in Tatenlosigkeit erstarren. Wir Grünen haben einen realistischen Vorschlag für en Bau eines „Kultur-Rettungsbootes“ ohne Löcher: ie Einführung von „Kulturkrediten“ über ein besoners zinsgünstiges KfW-Programm. Eine Vergabe von Kulturkrediten“ über die KfW an die Kommunen wäre erfassungskonform, so könnte der Bund trotz des Koperationsverbots Unterstützung bei der kommunalen ulturfinanzierung anbieten. Viele Kultureinrichtungen aben keine Zeit mehr, auf einen Sinneswandel der Reierung zu warten. Eine langfristige Neuordnung der emeindefinanzierung kommt für viele Kulturinstitutioen und Kulturprojekte einfach zu spät. Unser grüner Vorschlag, „Kulturkredite“ über ein fW-Sonderprogramm anzubieten, wäre eine kurzfris ige Übergangslösung. Die KfW hat bereits Bereitschaft u dessen Umsetzung signalisiert und vorgeschlagen, ie Kulturförderung für die Kommunen innerhalb eines rogramms „Zukunftsfähige Infrastruktur“ berücksich igt werden könnte: Erstens hat die KfW die Ausdehnung des Förderproramms „Energieeffizient Bauen und Sanieren“ auf öfentliche Gebäude vorgeschlagen. Dies würde Kulturinrichtungen einschließen. Viele Kultureinrichtungen önnen sich Sanierung und Instandhaltung ihrer Geäude nicht leisten und müssen schließen, weil die äumlichkeiten nicht mehr den Funktionsvorschriften ntsprechen. Gerade im Hinblick auf nachkommende enerationen müssen Kultureinrichtungen nachhaltig aniert oder gebaut werden, also im Sinne baubioloischer Kriterien, damit sie auch „nach uns noch halen“ – anders als zum Beispiel die Elbphilharmonie das m Moment verspricht. Dr. Lukrezia Jochimsen gebene Reden )





(A) )

Zweitens würde das Programm der KfW die Einbezie-
hung von Kultureinrichtungen in eine besonders zins-
günstige Kommunalfinanzierung bedeuten, und zwar für
ausgewählte Verwendungszwecke.

Drittens könnte unser Vorschlag nach Angaben der KfW
auch ein Stadtentwicklungsprogramm zur Eigenkapital-
finanzierung von Stadtentwicklungsprogrammen mit ei-
nem Schwerpunkt „Berücksichtigung von Kultureinrich-
tungen in benachteiligten Städten und Stadtteilen“
beinhalten.

Leider hat die Koalition unseren Prüfauftrag abge-
lehnt und somit die Chance vertan, den Kommunen einen
attraktiven Vorschlag zur Kulturfinanzierung als Über-
brückungsmaßnahme anzubieten. Wie unser „Kultur-
Kapitän“ und seine Mannschaft grundsätzlich zu Hilfe-
stellungen des Bundes bei der Kulturfinanzierung ste-
hen, beweist auch die Antwort der Regierung auf unsere
Frage, welche konkreten Maßnahmen die Regierung be-
absichtigt, um in ihrer Existenz bedrohte kommunale
Kultureinrichtungen von Bundesseite auch kurzfristig zu
unterstützen. Die Regierung antwortete: „Mit einer …
„Ausfallförderung“ durch den Bund würden Länder und
Kommunen aus ihrer grundsätzlichen Verantwortung für
den Kulturbereich entlassen. Dies wäre ein falsches Si-
gnal.“

Diese Aussage ist vergleichbar mit einem Schiffskapi-
tän, der seinen Passagieren weder Rettungsringe noch
Rettungsboote anbietet, weil er befürchtet, seine Mann-
schaft könne dadurch das Schwimmen verlernen. Aber
die Wellen des Sparzwangs schlagen zu hoch, als dass
eine Vielzahl der Kulturinstitutionen ohne Rettungsmaß-
nahmen darin überleben könnte. Lieber Herr Neumann,
bitte überdenken Sie unseren Prüfauftrag, gehen Sie auf
die KfW zu oder leiten Sie andere Maßnahmen ein, um
Ländern und Kommunen bei der Kulturfinanzierung un-
ter die Arme zu greifen. Aber bitte: Handeln Sie, bevor
es zu spät ist und irreversibler Schaden für unsere Kul-
turlandschaft entsteht!


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705538400

Damit kommen wir zur Abstimmung über die Be-

schlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Me-
dien auf Drucksache 17/2320.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/552. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist damit an-
genommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthal-
tung der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/789.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist damit angenommen mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/

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(C (D ie Grünen und Enthaltung der Fraktionen der SPD und er Linken. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Vertragsabschlüssen im Internet – Drucksache 17/2409 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien Auch hier wurde bereits in der Tagesordnung ausgeiesen, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden, nd zwar folgender Kolleginnen und Kollegen: Marco anderwitz, Lucia Puttrich, Kerstin Tack, Stephan homae, Caren Lay und Nicole Maisch. Manchmal geht es ganz schnell: Ein verlockendes nternetangebot, ein kurzer Klick. Was man tatsächlich ngeklickt hat, merkt man erst Monate später, wenn eine echnung ins Haus flattert. Was folgt, kann eine mona elange Plage sein, Inkasso-Stalking mit offenem Ende, osten von Hunderten Euro oder sogar mehr stehen im aum. Sogenannte Internetkostenfallen sind ein finanzstares Übel. Circa 750 000 Opfer allein im Jahre 2007 in eutschland. Sämtliche dieser Seiten sind mittlerweile o professionell gestaltet, dass ohne Weiteres nicht erennbar ist, dass es sich um kostenpflichtige Angebote andelt. Häufig wird mit den Worten „gratis“ oder kostenlos“ hervorgehoben geworben. Gerade die Erartungshaltung der Verbraucherinnen und Verbrauher, das Angebot sei entgeltfrei, wird ausgenutzt. In eilnahmebedingungen oder in unscheinbar gestalteten ußnoten findet sich dann aber irgendwo der gut verteckte Hinweis, dass man mit der Anmeldung zu dem ngebot einen langfristigen Vertrag abschließt und der etrag bereits im Voraus fällig sein soll. Der klassische all der Abofalle. Die Antragsteller haben unsere politischen Aktivitäen rund um den Verbraucherschutz in den letzten ahren selbst aufgezählt: Das Gesetz zur Bekämpfung nerlaubter Telefonwerbung, die Unterstützung der erbraucherzentralen, die entwickelten Softwareproramme als Schutz vor Abzocke. Bürgerinnen und Bürer werden hier nicht allein gelassen. In unserer Koalitionsvereinbarung haben wir uns als hristlich-liberale Koalition auf die Fahnen geschrieen, speziell im Bereich des Internets die erfolgreiche erbraucherschutzpolitik der letzten Jahre fortzuentwikeln. Unser Ziel ist es, dass die Verbraucherinnen und erbraucher mit vertretbarem Aufwand erkennen könen, welcher Nutzen und welche Folgen mit einer Kaufntscheidung verbunden sind. Information und Transpa Agnes Krumwiede gebene Reden )

Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1705538500




(A) )

renz sind Grundvoraussetzungen für funktionierende
Märkte.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner macht sich
schon seit einiger Zeit in Europa für die von der nun
SPD vorgeschlagene Button-Lösung, eine Schaltfläche,
über die der Verbraucher bestätigt, dass er den entspre-
chenden Kostenhinweis gelesen hat, stark. So würden
dem Verbraucher vor Abgabe einer bindenden Vertrags-
erklärung die Kostenfolgen komprimiert und deutlich
vor Augen geführt werden. Zudem soll gesondert doku-
mentiert werden, dass der Verbraucher diesen Hinweis
zur Kenntnis genommen hat. Es bedarf einer solchen ge-
setzlichen Vorgabe, um die Preistransparenz im Internet
zu erhöhen. Dass ein Angebot Geld kostet, muss für je-
dermann erkennbar sein, etwa durch ein solches, deut-
lich sichtbares Abfragefeld.

Wir sind aber der Auffassung, dass zum Schutz der
Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet ein eu-
ropaweites Vorgehen gegen Kostenfallen geboten ist.
Genau deshalb hat Ilse Aigner das Thema auch bei den
laufenden Verhandlungen zum Vorschlag der Europäi-
schen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher
thematisiert und in Brüssel einen Formulierungsvor-
schlag unterbreitet.

In Anbetracht des globalen Internets und der aus-
ufernden Internationalität dieser Kostenfallen kann und
muss es eine europaweite Harmonisierung dieser Rege-
lungen geben. Im Ausland sitzende Anbieter erreicht
man mit einer nationalen gesetzlichen Vorschrift schwer.

Allerdings ist unser Interesse an einer europaweiten
Regelung in Anbetracht der steigenden Zahlen betroge-
ner Verbraucher endlich. Just in dem Moment, in dem
die Verbraucherschutzministerin nun erklärte, eine na-
tionale Regelung im Herbst als Ultima Ratio notfalls im
Alleingang durchzusetzen, schwingt sich die SPD nun
zum großen Verbraucherschützer auf und schießt schnell
einen Regelungsvorschlag raus. Auch wenn sie nun an-
geblich ausgemachte Tendenzen in Brüssel zum Anlass
nimmt, schnell zu einer Regelung kommen zu wollen, un-
terstützen wir den genannten Zeitplan von Ilse Aigner,
sich bis zum Herbst weiter für eine europäische Rege-
lung zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher
einzusetzen.

Solange letztlich ein solches Gesetz nicht verabschie-
det ist, müssen wir unserem Informationsauftrag ver-
stärkt nachkommen: Die grundsätzlich fehlende Eini-
gung über die essentialia negotii – hier: den Preis –
verhindert die Wirksamkeit des Vertrages, der unter-
lassene ausdrückliche Hinweis auf die AGB die Zah-
lungspflicht. Zudem sind Bestimmungen von AGB
unwirksam, wenn sie zu einer unangemessenen Benach-
teiligung des Vertragspartners, des Verwenders führen.
Den Betroffenen bleibt die Anfechtung wegen Täu-
schung oder Irrtums oder auch der Widerruf entspre-
chend des im letzten Jahr in Kraft getretenen Gesetzes
zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur
Verbesserung des Verbraucherschutzes.

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(C (D Dies soll nur eine kurze Zusammenfassung einschläiger Begrifflichkeiten sein, die aufzeigen: Die Mängel ieser Kostenfallen sind offensichtlich, die rechtlichen bwehrinstrumentarien sind vorhanden. Heute beraten wir den Gesetzentwurf der SPD-Frak ion zu Vertragsabschlüssen im Internet. Abofallen solen der Vergangenheit angehören. Verbraucherinnen nd Verbraucher sollen künftig deutlich auf das Zustanekommen eines Vertrages und daraus entstehende osten hingewiesen werden müssen. Um es vorwegzuehmen, werte Kolleginnen und Kollegen: Dieses Ziel eilen wir. Allerdings wollen wir eine weitreichendere ösung. Wir wollen, dass die Button-Lösung nicht nur ational, sondern EU-weit gilt. Dafür setzen sich Verraucherschutzministerin Aigner und Justizministerin eutheusser-Schnarrenberger in den Verhandlungen ngagiert ein. Beim Lesen Ihres Gesetzentwurfes zeigt sich Ihr Verraucherbild, das ernüchternd wirkt. Gestatten Sie mir en Hinweis: Viel trauen Sie den Menschen nicht zu! Wer glaubt, dass Dienstleistungen und Service im Inernet meistens kostenlos sind, irrt sich! Auch im Interet müssen diese meistens bezahlt werden. Deshalb gilt uch hier: Preise und Vertragsbedingungen müssen klar rkennbar sein. Transparenz und Information sind berstes Gebot. Leider gibt es aber immer wieder unseiöse Anbieter, die Verbraucherinnen und Verbraucher uf ihre Seiten locken und einen Vertrag untermogeln. Für uns steht die Verbraucherbildung an erster Stelle. erade im Internet muss der Verbraucher kritisch und orsichtig sein. Die Verbraucherinnen und Verbraucher üssen im Internet mit der gleichen Sorgfalt und Genau gkeit Geschäfte tätigen wie auf anderen Wegen. Genaugkeit bei Geschäftsabschlüssen gilt am Bildschirm geauso wie im echten Leben. Es ist auch die Aufgabe der olitik, dieses Bewusstsein zu stärken. In der Tat kommt es allerdings leider immer wieder or, dass Kunden getäuscht werden. Um dies zu verhinern, muss die sogenannte Button-Lösung realisiert erden. Hier reicht es allerdings nicht, sich allein auf ie Button-Lösung zu konzentrieren, um den Verbrauherschutz im Bereich des Onlinehandels zu verbessern. ir wollen darüber hinaus auch eine Positivbewertung er vorbildlich agierenden Unternehmen in Form eines iegels. Bereits im April dieses Jahres haben die Verraucherschützer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion lar Position bezogen. Unser Maßnahmenpaket trägt en Titel „Chancen der digitalen Welt nutzen – Faire ernprinzipien umsetzen“. In kaum einem anderen Bereich stehen Fragen nach ertrauenswürdigkeit und Seriosität so im Vordergrund ie beim Umgang mit dem Internet. Nicht allein der aire Zugang zum Internet, die Sicherheit von Daten, der chutz vor Belästigungen und Betrügereien sind Asekte, die gewährleistet werden müssen. Dazu zählt uch die Sicherheit bei dem Abschluss von Verträgen nd Geschäften im Internet. Marco Wanderwitz gebene Reden )

Lucia Puttrich (CDU):
Rede ID: ID1705538600




(A) )

Wir haben einige Schwerpunkte formuliert, die wir in
diesem Bereich umsetzen wollen: Allen voran steht die
Vermeidung der stark steigenden Zahl der Internetabzo-
cke! Aber auch die Verbesserung des Datenschutzes im
Sinne des Verbraucherschutzes muss realisiert werden.
Denn Verbraucher sind sowohl Kunden als auch vielfäl-
tige Nutzer, zum Beispiel für die Pflege sozialer Kon-
takte und zur Veröffentlichung von Kommentaren oder
Bildern. Dies in der Gesamtheit zu sehen, ist wichtig;
denn Vorsicht, Transparenz und Schutz sind bei jeder
Aktivität im Internet geboten. Dazu gehört, dass Ver-
braucher bewusst agieren und die Vorzüge des Internets
– Schnelligkeit, grenzüberschreitender Austausch und
Informationsfluss – sie nicht zur Leichtsinnigkeit verfüh-
ren. Hier sind alle, gerade bei Jugendlichen, gefragt:
Eltern, Schule und Gesellschaft!

Für uns ist klar: Im Zentrum steht der selbstbe-
stimmte Verbraucher. Verbraucher müssen vor Abzocke
geschützt werden. Auch die Weiterleitung und Kommer-
zialisierung privater Daten darf nur mit Zustimmung der
betroffenen Personen erfolgen.

Bei aller gebotenen Vorsicht möchte ich auch darauf
hinweisen, dass sich im Internet nicht allein nur
schwarze Schafe tummeln. Es gibt zahlreiche seriöse
Anbieter, denen man vertrauen kann. Wir wollen dem
Verbraucher helfen, diese leichter zu finden. Deshalb ist
es wichtig, Unternehmen, die eine seriöse und kunden-
freundliche Strategie im Internet verfolgen, die Mög-
lichkeit zu geben, sich im Wettbewerb positiv hervor-
zuheben. Wir brauchen eine Art „Online-Engel“ als
Positivwerbung für verbraucherfreundliche Unterneh-
men im Netz. Die Kriterien für einen solchen „Online-
Engel“ müssen sein: Der Einsatz von einfachen, daten-
sparsamen Voreinstellungen, Preistransparenz, faire
Allgemeine Geschäftsbedingungen auf einer DIN-A4-
Seite und kundenfreundliche Bezahlsysteme.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass der Schutz vor
Kostenfallen und Abzocke im Internet durch das soge-
nannte Button-Verfahren erheblich verbessert werden
kann. Der Verbraucher sollte den endgültigen Vertrags-
abschluss im Onlinehandel nochmals bestätigen müs-
sen, vorher darf kein Vertrag oder Abonnement zustande
kommen. Dafür setzen sich die Bundesministerinnen
Aigner und Leutheusser-Schnarrenberger schon lange
ein.

Darüber hinaus stärkt eine breite Informationskam-
pagne des Ministeriums, begleitet von den Informa-
tionen der Verbraucherverbände, das Bewusstsein der
Verbraucherinnen und Verbraucher, im Bereich des In-
ternets und des Onlinehandels mit Sorgfalt zu entschei-
den.

Wir wollen einen umfassenden Schutz der Menschen
und eine europäische Lösung. Wir lehnen Ihren Gesetz-
entwurf ab, da die Verhandlungen auf EU-Ebene derzeit
nicht abgeschlossen sind. Die EU-weite Lösung muss
angesichts grenzüberschreitenden Onlinehandels wei-
terhin so energisch verfolgt werden, wie es Bundes-
ministerin Aigner und Bundesministerin Leutheusser-
Schnarrenberger tun. Sollte es allerdings bis zum Herbst
nicht dazu kommen, werden wir selbstverständlich die

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(C (D weitbeste Lösung, nämlich eine nationale Regelung, orantreiben. Worum geht es? Viele Verbraucherinnen und Ver raucher werden immer häufiger Opfer von sogenannen Kostenfallen im Internet. Das Prinzip ist einfach: ber Anzeigen auf Suchmaschinen locken unseriöse Un ernehmen Internetnutzerinnen und -nutzer auf ihre Seien. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher rechnen ort nicht damit, für Dienste oder Software zahlen zu üssen, die es im Internet im Normalfall kostenlos gibt, ie zum Beispiel Kochrezepte. In gutem Glauben geben ie ihren Namen und ihre Adresse für eine vermeintliche undenregistrierung an – und haben ein teures Abo der einen kostenpflichtigen Zugang abgeschlossen. abei werden die Verbraucherinnen und Verbraucher ittels unklarer, irreführender Gestaltungsweisen über ie Kostenpflichtigkeit getäuscht. Der Hinweis auf die osten ist in den AGBs bzw. im Kleingedruckten ver teckt oder wird erst sichtbar, wenn der Bildschirm heuntergerollt wird. Im Nachgang erhalten Betroffene dann einschüchernde Drohbriefe der Betreiber, und nicht wenige zahen aus Angst die haltlosen Forderungen. Laut Verbrauherschützern liegt der Schaden in Deutschland jährlich m mehrstelligen Millionenbereich. Seit Jahren gewinnt er Verbraucherzentrale Bundesverband ein Gerichtserfahren nach dem anderen gegen unseriöse Onlineanieter. Allerdings geht danach die Abzocke weiter, denn it geringer Anpassung starten die Betreiber einfach ein eues Angebot. Bei den Verbraucherzentralen nehmen die Beschweren der Menschen zu, und dies ist sicher auch der Bunesregierung bekannt, aber gehandelt wird nicht! Frau igner prangert die unseriösen Machenschaften zwar n, hat sich bisher aber darauf zurückgezogen, eine Löung im Rahmen der zurzeit diskutierten europäischen erbraucherrechterichtlinie herbeizuführen. Diese Richtnie wird es in naher Zukunft aber noch nicht geben. etzt sagt Frau Aigner: „Sollte bis zum Herbst nicht erennbar sein, dass sich die Button-Lösung auf EUbene durchsetzen wird, werden wir uns um eine natioale Regelung bemühen …“, das heißt, die Verbraucheinnen und Verbraucher werden noch länger allein geassen. Dabei ist eine Lösung schnell und einfach möglich, nd wir legen sie jetzt vor: Mit einer Änderung im Bürerlichen Gesetzbuch § 312 e, Abs. 1, und durch Einfüen eines Abs. 1 a mit dem Inhalt: „Der auf eine entgeltiche Gegenleistung gerichtete Vertrag im elektronischen eschäftsverkehr wird nur wirksam, wenn der Verbrau her vor Abgabe seiner Bestellung vom Unternehmer inen Hinweis auf die Entgeltlichkeit und die mit dem ertrag verbundenen Gesamtkosten in deutlicher, gestalungstechnisch hervorgehobener Form erhalten und die enntnisnahme dieses Hinweises in einer von der Bestel ung gesonderten Erklärung bestätigt hat“ wird den Verraucherinnen und Verbrauchern sofort geholfen. Lucia Puttrich gebene Reden )

Kerstin Tack (SPD):
Rede ID: ID1705538700




(A) )

Mit dieser sogenannten Button-Lösung kann ein im
elektronischen Geschäftsverkehr geschlossener Vertrag
nur dann wirksam werden, wenn die Verbraucherin/der
Verbraucher vom Unternehmen vorab über die Entgelt-
lichkeit und die Gesamtkosten des Vertrages informiert
wird und dies auch durch einen gesonderten Button be-
stätigt. Das heißt, vor Abschluss eines Vertrages im In-
ternet wird deutlich aufgezeigt, dass ein Angebot kosten-
pflichtig ist. Der Kunde muss durch Anklicken einer
Schaltfläche, Button, bestätigen, dass er den Kostenhin-
weis zur Kenntnis genommen hat.

Seriöse Onlineanbieterinnen und -anbieter und Inter-
netshops haben ihre Internetauftritte bereits so gestaltet,
dass Verbraucherinnen und Verbraucher vor Vertrags-
schluss über den Inhalt und den Gesamtpreis des elek-
tronischen Warenkorbes informiert werden und zu einer
endgültigen Bestellung ein gesonderter Klick notwendig
ist.

Unseriösen Anbietern kann die neue Regelung das
Handwerk legen.

Selbst der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien
sagt: „Wir brauchen ein verpflichtendes Bestätigungs-
feld für alle Vertragsabschlüsse im Internet. Mit dem
verpflichtenden Preisangabefenster können wir Inter-
netabzocke minimieren“, und die Bundesregierung hat
einen mit unserem Vorschlag im Wortlaut identischen
Beschluss des Bundesrates zur Einführung einer soge-
nannten Button-Lösung in die Verhandlungen über die
EU-Verbraucherrechte-Richtlinie eingebracht. Ob die
Regelung übernommen wird, ist unklar, und, wie bereits
gesagt, mit einem Beschluss über die EU-Richtlinie ist in
naher Zukunft nicht zu rechnen. Bei den Verhandlungen
in Brüssel zeigt sich, dass eine Vollharmonisierung des
Verbraucherrechts, das heißt für alle Länder einheitli-
che Regeln, immer weniger Anhang findet und auch von
uns nicht gewollt wird. Die zuständige EU-Kommissarin
Reding tritt inzwischen lediglich für eine „gezielte Har-
monisierung“ ein, die spanische Ratspräsidentschaft hat
sich für einen „gemischten Harmonisierungsansatz“
ausgesprochen.

Vor diesem Hintergrund ist ein nationales Gesetz ge-
gen die Abzocke im Internet jetzt dringend erforderlich,
um die bestehende Regelungslücke zu beseitigen und
Verbraucherinnen und Verbraucher zügig vor unseriösen
Anbieterinnen und Anbietern zu schützen. In Frankreich
besteht eine solche Regelung übrigens schon länger, und
eine europäische Lösung kann die Bundesregierung ja
auch mit einem eigenen nationalen Gesetz weiterverfol-
gen

Also handeln Sie jetzt, und setzen Sie unseren Gesetz-
entwurf um!


Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1705538800

Der Markt braucht Regeln, und die Marktteilnehmer

müssen darauf vertrauen können, dass diese Regeln ein-
gehalten werden und Regelverstöße nicht ohne Folgen
bleiben. Zu den wichtigsten Regeln gehört, dass nie-
mand, salopp gesprochen, übers Ohr gehauen wird. In
diesen Zusammenhang gehören die sogenannten Kos-

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(C (D enfallen im Internet zu den Ärgernissen, bei denen der esetzgeber nicht einfach zuschauen darf. Der Vorschlag der SPD-Fraktion greift die Verhandungsposition der deutschen Delegation bei den Verandlungen über eine europäische Verbraucherrechteichtlinie auf. Der Antrag der SPD bevorzugt eine na ionale Lösung mit dem Argument, dass eine europäiche Lösung nicht zu erreichen und in Deutschland eine egelungslücke zu beseitigen sei. Eine rein nationale Lösung löst aber das Problem icht. Jedermann weiß, wie leicht ein Anbieter mit unedlichen Absichten bei Geschäften im Internet sein Gechäftsmodell mit Kostenfallen vom Ausland aus betreien kann. Die Bundesregierung befindet sich daher auf em richtigen Weg, wenn sie eine europäische Lösung nstrebt. Die Befürchtungen der SPD, dass es zu einer europäichen Regelung nicht kommen werde, möchte ich gerne erstreuen: Die Chancen, dass es zu einer Regelung für ie binnenmarktrelevanten Fernabsatzgeschäfte komen wird, stehen keineswegs so schlecht. Das Problem esteht selbstverständlich nicht nur in Deutschland, soass auch die anderen Mitgliedstaaten der EU ein vitaes Interesse daran haben, eine gemeinsame Regelung u schaffen. Der Entwurf der SPD-Fraktion ist von daher voreilig nd könnte dazu führen, dass ein nationales Gesetz chon bald wieder geändert und an eine europäische ichtlinie angepasst werden muss. Das sollten wir vereiden. Im Übrigen darf ein derartiger nationaler Alleingang hnehin nicht gegen den unionsrechtlichen Grundsatz er loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 EUV erstoßen. Es müsste also eine frühzeitige Rücksprache it der Europäischen Kommission gehalten und ein ent prechender nationaler Gesetzentwurf gegenüber der ommission notifiziert werden. Anschließend müsste ine Stillhaltefrist von 3 bis 18 Monaten eingehalten erden, innerhalb derer die Kommission reagieren ann. Im Hinblick auf eine mögliche Regelungslücke im eutschen Recht kann ich dem Antrag der SPD, der urchaus in die richtige Richtung zielt, nicht ganz folen. Die Begründung des Antrags der SPD lässt vermuen, dass Verträge aus Internetkostenfallen immer wirkam zustande kommen würden und Verbraucher nur ann geschützt wären, wenn sie gegen solche vermeintichen Verträge rechtzeitig Widerspruch einlegen würen. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Es ist ereits nach aktueller Rechtslage so, dass Verträge nur ann wirksam zustande kommen, wenn beide Parteien bereinstimmende Willenserklärungen abgeben. Dazu ehört auch, dass beide Parteien sich vorher über die ssentialia negotii, die wesentlichen Vertragsmerkmale, inig geworden sind. Zu diesen gehören auch die mit em Vertrag verbundenen Kosten. Ein Vertrag kann emnach nicht wirksam durch einen Mausklick zustande ommen, wenn der Verbraucher bis zu diesem Mausklick icht auf mögliche Kosten hingewiesen wurde. Kerstin Tack gebene Reden )





(A) )

Wir Liberale fordern zur Lösung des hier zu erörtern-
den Problems, dass sich auf den Internetseiten der Un-
ternehmen ein separates Fenster öffnen muss, bevor es
zu einem eventuellen Vertragsschluss im Internet kom-
men kann. Nur so kann der dadurch verfolgte Zweck,
den Verbraucher vor überraschenden Vertragsabschlüs-
sen zu schützen, gewährleistet werden. Dieses Ziel geht
aus der von der SPD vorgeschlagenen Formulierung
nicht eindeutig genug hervor. Der Antrag spricht von ei-
nem deutlichen, in gestaltungstechnisch hervorgehobe-
ner Form erteilten Hinweis auf die Entgeltlichkeit und
die Gesamtkosten eines möglichen Vertrages. Dieser
Wortlaut würde Unternehmern die Umgehung der von
uns geforderten Form des Hinweises ermöglichen.

Der Vorschlag der SPD, wenn auch inhaltlich diskus-
sionswürdig, ist deshalb einesteils voreilig, anderenteils
inhaltlich noch nicht in allen Punkten bis zu Ende ge-
dacht.


Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705538900

Abofallen im Internet sind kein neues Phänomen. Seit

Jahren verdienen skrupellose Abzocker Geld mit Kos-
tenfallen im Internet, siehe: http://www.computer
betrug.de/abzocke-im-internet/

Versteckte Kosten und arglistige Täuschung sind
nach geltendem Recht eigentlich verboten. Doch die Ge-
schäftemacher sind findig und die Masche funktioniert:
Die Täter stellen Internetseiten online, auf denen sie at-
traktive und scheinbar kostenlose Dienste wie Hausauf-
gabenhilfen, Kochrezepte oder Software anbieten. Um
die Dienste nutzen zu können, müsse man sich lediglich
anmelden und die AGBs akzeptieren. Die böse Überra-
schung für Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich
arglos auf solchen Seiten anmelden, folgt auf dem Fuß;
denn wenig später erhalten sie eine Mail mit einer Rech-
nung. Durch das Eintragen seiner Daten habe man an-
geblich einen kostenpflichtigen Vertrag geschlossen,
heißt es darin. Wer nicht sofort bezahlt, wird von den
Abzockern und ihren Helfershelfern massiv unter Druck
gesetzt. Mahnungen, Drohbriefe und sogar Anrufe sol-
len dazu führen, dass zumindest ein gewisser Prozent-
satz der Abgezockten die ungerechtfertigten Forderun-
gen bezahlt. Übler wird es, wenn die beauftragten
Inkassounternehmen scheinbar amtliche Zahlungsauf-
forderungen schicken. Nicht wenige zahlen aus Angst
die haltlosen Forderungen der windigen Unternehmen.

Die Bundesregierung sieht diesem üblen Treiben un-
tätig zu. CDU/CSU und FDP haben dazu bisher gar
nichts anzubieten. Aber auch die schwarz-rote Vorgän-
gerregierung hat Verbraucherinnen und Verbraucher
bei der Abzocke im Internet im Regen stehen lassen. In
der Debatte um unerwünschte Telefonanrufe in der letz-
ten Legislaturperiode haben die Linke und Verbraucher-
verbände immer wieder darauf hingewiesen, dass Abo-
fallen ein drängendes Problem sind. Es gab konkrete
Lösungsvorschläge. Aber das SPD-geführte Justizminis-
terium hat das alles in den Wind geschlagen und auf
kleine Verbesserungen im Widerrufsrecht gesetzt. Heute
zeigt sich, dass diese Regelung weit an der Realität und
an den skrupellosen Methoden der Betrüger vorbeigeht.

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Zu Protokoll ge

(C (D Das Internet ist ein internationaler Raum. Wir wissen lle, dass deshalb manche Probleme mit nationaler Geetzgebung schwer in den Griff zu bekommen sind. Inteessanterweise tritt die Masche mit den angeblichen kosenlosen Downloads und Kochrezepten aber vor allem in eutschland auf. Das deutet doch stark auf eine natioal begrenzte rechtliche Grauzone hin. Es macht also ar keinen Sinn, dass die Bundesregierung auf die EUichtlinie über die Rechte der Verbraucher wartet und is dahin nichts unternimmt. Denn es ist ja schon absehar, dass die Richtlinie nationale Spielräume offen lasen wird. Die Bundesregierung kann und muss deshalb mgehend auf nationaler Ebene Regelungen zum Schutz er Internetnutzerinnen und -nutzer vor unseriösen Aneboten treffen. Seit Jahren gewinnt der Verbraucherzentrale Bundeserband ein Verfahren nach dem anderen gegen unserise Onlineanbieter. Trotzdem nimmt die Abzocke im Inernet weiter zu. Mit kleinen Veränderungen starten die etreiber solcher Seiten einfach ein neues Angebot – erichtsurteil hin oder her. Strafen fallen ja nicht an nd Schadenersatz für die geschädigten Verbraucherinen und Verbraucher müsste individuell zivilrechtlich ingeklagt werden. Die Erfahrung zeigt, dass das so gut ie niemand macht. Und so summieren sich die Geinne der Internetbetrüger, der beteiligten Inkassonternehmen und Rechtsanwälte immer weiter. Die Linke fordert deshalb: Erstens. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen ber ein gut sichtbares Feld auf der Internetseite über en Preis eines Angebots informiert werden. Der Button azu muss immer separat bestätigen werden. Das ist in rankreich so üblich. Kostenfallen sind dort daher kein hema. Zweitens. Internetnutzer sollen den Vertrag kündigen nd Schadenersatz verlangen können, wenn ihnen unissentlich ein Abonnement untergeschoben wurde. Drittens. Die Linke fordert darüber hinaus wirksame trafen gegen Aboabzocke im Internet. Außerdem sollen unrechtmäßige Gewinne der Firmen eingezogen erden. Das Internet bietet viele Möglichkeiten – politisch, ozial und auch ökonomisch. Hier können sich viele enschen einbringen, im Guten wie im Schlechten. Es st unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker, die reiheit im Netz zu bewahren. Gleichzeitig liegt es in unerer Verantwortung, Verbraucherinnen und Verbrauher vor Abzocke und Betrug zu schützen. Es ist deshalb ringend an der Zeit, auch im Internet Abofallen und unergeschobenen Verträgen einen Riegel vorzuschieben. Heute beraten wir einen Gesetzesentwurf zur Verbes erung des Verbraucherschutzes bei Vertragsabschlüsen im Internet. Wenn die Bundesregierung den Verbrauherschutz ernst nehmen würde, hätte der Entwurf igentlich aus ihrer Feder stammen müssen und nicht us den Reihen der Opposition. Stephan Thomae gebene Reden Nicole Maisch )

Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705539000







(A) )

Es geht um die sogenannte Button-Lösung für Ver-
tragsabschlüsse im Internet. Danach wären im Internet
geschlossene Verträge nur dann wirksam, wenn der Ver-
braucher einen grafisch hervorgehobenen Hinweis auf
den Preis erhält und diesen zur Vertragsbestätigung
„aktiv“ anklicken muss. Dies wurde auch von uns Grü-
nen immer wieder gefordert.

Internetabzocke ist kein neues Thema. Erkundigen
Sie sich bei den Verbraucherzentralen in Ihren Wahlkrei-
sen, die können Ihnen ein Lied davon singen, wie viele
Verbraucher sich regelmäßig bei ihnen melden, weil sie
auf Abofallen im Internet reingefallen sind. Daher for-
dern wir Grüne schon seit langem eine Pflicht zur Bestä-
tigung von Verträgen im Internet. Leider wurde unser
Vorschlag zu Zeiten der Großen Koalition weder von der
SPD noch von der CDU/CSU unterstützt.

Zwar stand die Button-Lösung schon in der letzten
Legislatur auf der Agenda der Union, aber sie scheiterte
an ihrem eigenen Wirtschaftsflügel. Hier hat offensicht-
lich mal wieder die Lobbyarbeit diverser Unternehmen
über den gesunden Menschenverstand und vor allem
über den Verbraucherschutz triumphiert.

Auch im aktuellen Koalitionsvertrag der schwarz-
gelben Bundesregierung heißt es: „Wir brauchen ein
verpflichtendes Bestätigungsfeld für alle Vertragsab-
schlüsse im Internet. Mit dem verpflichtenden Preisan-
gabefenster können wir Internetabzocke minimieren.“
Und auch aus dem Verbraucherministerium hören wir,
dass Ilse Aigner den Abofallen und Abzockseiten im In-
ternet den Kampf angesagt hat. „Sollte bis zum Herbst
nicht erkennbar sein, dass sich die Button-Lösung auf
EU-Ebene durchsetzen wird, werden wir uns um eine na-
tionale Regelung bemühen“, sagte sie jüngst dem „Ta-
gesspiegel“.

Aber aus der Vergangenheit wissen wir: In der Regel
bleibt es bei bloßen Ankündigungen der Verbrauchermi-
nisterin, und die Verbraucher werden bis zum Sankt
Nimmerleinstag vertröstet. Ob beim Thema kostenlose
Warteschleifen bei Servicerufnummern, beim Verbot von
Giften in Kinderspielzeugen oder bei längst überfälligen
Verbraucherschutzmaßnahmen auf dem Finanzmarkt:
Die Ministerin macht vollmundige Versprechen in den
Medien, aber setzt nichts um, sondern wartet lieber auf
die oft genug unzureichenden Vorgaben aus Brüssel. Be-
dauerlich für die Verbraucher.

Im Kampf gegen die Abzocke im Internet hätte die
Verbraucherministerin schon längst eine nationale But-
ton-Lösung auf den Weg bringen müssen. Jetzt hängt es
auch von Brüssel ab. Denn hier stehen derzeit die Ver-
handlungen zur EU-Richtlinie über die Rechte der Ver-
braucher an. Wir hoffen, dass der verbraucherpolitische
Verstand in Brüssel siegt und es zu keiner Vollharmoni-
sierung kommt, damit die Button-Lösung nicht generell
vom Tisch ist. Dafür muss Ilse Aigner auf EU-Ebene
kämpfen. Denn nur eine gezielte Teilharmonisierung
kann die bewährten Verbraucherschutzstandards in
Deutschland sicherstellen und lässt Spielraum für natio-
nale Regelungen.

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(C (D Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 17/2409 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die berweisung so beschlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 29 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Befugnis des Bundeskriminalamtes zur Online-Durchsuchung aufheben – Drucksache 17/2423 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss In der Tagesordnung wurde bereits ausgewiesen, dass ie Reden zu Protokoll gegeben werden, und zwar sind as die folgenden Kollegen: Armin Schuster, Frank ofmann, Jimmy Schulz, Jan Korte und Wolfgang ieland. Ich zitiere aus dem Kapitel Islamismus/Islamistischer errorismus des Verfassungsschutzberichts 2009: Deutschland liegt weiterhin im Fokus islamistisch-teroristischer Gruppierungen. Die Internetpropaganda usländischer jihadistischer Gruppierungen weist zuehmend Deutschlandbezüge auf.“ Die Bedrohung durch en internationalen Terrorismus ist also nach wie vor och und real – auch wenn die Täter in den letzten Jahen glücklicherweise über Anschlagsplanungen in eutschland nicht hinauskamen. Um dieser Bedrohung zu begegnen, haben wir 2008 as Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen errorismus durch das Bundeskriminalamt beschlossen nd damit die Möglichkeiten des BKA bei der Bekämpung des internationalen Terrorismus deutlich verbesert. Die Entscheidung, dem BKA diese zentrale Kompeenz auf Bundesebene zuzuordnen, geht übrigens auf die öderalismusreform zurück. Im BKA-Gesetz wurde in iesem Zusammenhang eine Reihe von Befugnissen zur efahrenabwehr festgeschrieben. Die meisten davon ind übrigens in den Polizeigesetzen der Länder schon eit Jahrzehnten verankert. Eine dieser Befugnisse ist er verdeckte Eingriff in informationstechnische Syseme nach § 20 k BKA-G, die sogenannte Onlinedurchsuhung. Sie ist in der Tat neu und war zuvor nur im Verassungsschutzgesetz NRW aufgeführt. Die Regelung zur nlinedurchsuchung in NRW wurde vom Bundesverfas ungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 ekippt. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner ntscheidung aber gleichzeitig klare Leitlinien und Voraben für die Einführung einer Onlinedurchsuchung egeben. Genau an diesen Vorgaben hat sich die chwarz-rote Koalition in der letzten Legislaturperiode rientiert – und zwar strikt. Die Onlinedurchsuchung ist echtlich als Ultima Ratio ausgestaltet, also mit beson )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705539100
Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1705539200

(A) )

ders hoch angesetzten Anwendungsvoraussetzungen ver-
sehen.

Der vorliegende Antrag der Linken zu diesem kom-
plexen Thema ist inhaltlich leider nicht einmal dünne
Suppe. Auf eineinhalb Seiten äußern Sie in altbekannter
Weise Bedenken und schüren Ängste vor einem übergrei-
fenden Staat, angesichts Ihrer ansonsten unkritischen
Haltung gegenüber der Staatssicherheit der DDR ein
ausgesprochen interessantes, wenn nicht sogar bemer-
kenswertes Verhalten. Aber selbst Ihrem Antrag kann
man durchaus etwas Positives abgewinnen. Da Sie ge-
gen die aktuelle Gesetzeslage keine stichhaltigen recht-
lichen Argumente gefunden haben, beschäftigt sich Ihr
Antrag sinnloser Weise zur Hälfte ausschließlich mit der
Rechtslage vor der BKA-Gesetzesnovelle. Ich werte die-
sen hilflosen Akt gerne als Anerkenntnis von Ihnen, dass
das Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationa-
len Terrorismus durch das Bundeskriminalamt genau
und sehr restriktiv regelt, unter welchen Bedingungen
eine Onlinedurchsuchung stattfinden darf, so restriktiv,
dass dieses Instrument bisher nicht zur Anwendung
kommen musste, und auch so restriktiv, dass Sie keine
Argumente gegen dieses Gesetz, sondern nur gegen die
Rechtslage vor dieser Zeit gefunden haben.

Die Tatsache, dass es bisher keine Onlinedurchsu-
chung gab, zeigt aber auch, dass sich die von der Oppo-
sition und besonders der Linken heraufbeschworenen
Horrorszenarien, wie von uns vorausgesagt, in keiner
Weise bewahrheitet haben. So führte Frau Jelpke in der
Debatte zur zweiten und dritten Lesung des BKA-Geset-
zes aus, dieses Gesetz atme den Geist des Obrigkeits-
staats, „eines Staates, der einen allmächtigen, alles wis-
senden Polizei- und Geheimdienstapparat anstrebt, also
ein deutsches FBI“. Bei der ersten Lesung prophezeite
sie, dass nicht nur Terroristen von Onlinedurchsuchun-
gen betroffen werden, sondern – ich zitiere – „wir alle,
sämtliche Einwohnerinnen und Einwohner dieses Lan-
des“. Von der Vorhersage, diese Maßnahmen würden
nur höchst selten ergriffen, ließ sich Frau Jelpke nicht
überzeugen, Zitat: „Die Erfahrung zeigt, dass die Er-
mittlungsbehörden ihre Rechte eher überplanmäßig aus-
schöpfen.“ Eine denkwürdige, wenn auch völlig falsche
Prognose. An welchen Staat Sie bei derartigen falschen
Prognosen gedacht haben, ist uns allen klar. Nicht klar
ist uns, wann Sie auch gedanklich im Jahr 2010 in unse-
rer Bundesrepublik Deutschland ankommen werden.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2009
hat es insgesamt sechs Fälle terroristischer Bedrohung
gegeben, in denen die Zuständigkeit des BKA begründet
war. Diese Fälle boten jedoch keinen hinreichend geeig-
neten Ansatzpunkt für die Durchführung einer Online-
durchsuchung. Die Tatsache, dass sich ein solcher Ein-
satzfall bislang nicht ergeben hat, ändert nichts daran,
dass die Norm angesichts der latenten Bedrohungslage
gleichwohl erforderlich werden kann. Und dann wird sie
einen maßgeblichen Beitrag zur erfolgreichen Bewälti-
gung einer brisanten Gefahrenlage leisten. Anstatt zu
fordern, dass wir dieses wichtige Instrument wieder ab-
schaffen, sollten Sie anerkennen, dass die hervorra-
gende Arbeit unserer Sicherheitsbehörden dazu beiträgt,
dass diese Instrumente auch tatsächlich nur in Ultima-

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(C (D atio-Fällen zum Einsatz kommen. Und wir dürfen auch on Glück sagen, dass wir bisher nicht in eine Situation ekommen sind, in der eine Onlinedurchsuchung notendig war. Das Instrument der Onlinedurchsuchung ist auch eiterhin unverzichtbar. Gerade beim internationalen errorismus beobachten wir zunehmend, dass sich Peronen modernster Technologien bedienen, um nicht enteckt zu werden. Ziel muss es sein, auf Daten, die etwa ur Vorbereitung von Anschlägen auf privaten Rechnern nd Servern gespeichert sind, zugreifen zu können. Dies st notwendig, weil sich die Kommunikation von Terrorerdächtigen und Terrornetzwerken in den letzten Jahen verändert hat. Die Datenmengen steigen, der mobile nternetzugang ist Normalität und immer häufiger weren Informationen verschlüsselt verschickt. Mit der Oninedurchsuchung ist es zum Beispiel möglich, auf derrtige Daten zuzugreifen, bevor sie verschlüsselt und erschickt werden. Es wäre daher schlichtweg unverantortlich, dem BKA bei der Bekämpfung des internatioalen Terrorismus diese Spezialbefugnis zu nehmen. Wie sich die Onlinedurchsuchung in der Praxis beährt, ist Gegenstand der gesetzlich vorgeschriebenen valuierung. Danach werden wir gegebenenfalls über öglichen Änderungsbedarf beim BKA-Gesetz spre hen. Unhaltbare Misstrauensbekundungen oder voreiige Schlüsse sind deshalb jetzt nicht angebracht. Daher ehnen wir den Antrag der Linken natürlich ab. Der Antrag der Linken ist wirklich eine Zumutung. ine überflüssige Mischung aus „copy and paste“ und hnungslosigkeit. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Frage nach er Erforderlichkeit der Onlinedurchsuchung ist richtig nd wichtig. Es ist die regelmäßige Aufgabe des Gesetzebers, im Rahmen seiner fortwährenden Gesetzesbinung die Wirksamkeit bzw. Notwendigkeit bestimmter echtsinstrumente zu kontrollieren. Gerade deshalb hat ie SPD erfolgreich für die Evaluierung und Befristung er neuen Maßnahmen im BKA-Gesetz, insbesondere er Onlinedurchsuchung, gekämpft und diese auch urchgesetzt. Damit haben wir die Möglichkeit geschafen, dass der Gesetzgeber auf aktuelle Entwicklungen eagieren und überprüfen kann, ob Änderungsbedarf orliegt. Ich selber habe die Information der Bundesegierung, dass seit Inkrafttreten des BKA-Gesetzes eine Onlinedurchsuchung durchgeführt wurde, zum nlass genommen, nochmals über die Erforderlichkeit ieser Maßnahme nachzudenken. Die Schlussfolgerung, ie die Linke aus dieser Tatsache zieht, ist jedoch einach absurd, sodass ich an der Ernsthaftigkeit zweifeln uss. Die Tatsache, dass keine Onlinedurchsuchung durcheführt wurde, zeigt, dass sehr sparsam und verantworungsbewusst mit diesem Instrument umgegangen wird. ie soll nur dann eingesetzt werden, wenn andere Mittel er Ermittlungsmöglichkeiten des BKA nicht ausreihen, um zum Beispiel Attentatspläne von Terroristen ffenzulegen und die Hintermänner zu identifizieren. Armin Schuster gebene Reden )

Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1705539300




(A) )

Onlinedurchsuchungen werden auch nicht flächende-
ckend durchgeführt. Das BKA ging damals von bundes-
weit fünf bis zehn Maßnahmen pro Jahr aus.

Umso besser ist es, wenn es bis jetzt nicht notwendig
war, auf dieses Ermittlungsinstrument zurückzugreifen.
Die Onlinedurchsuchung soll schließlich letztes Mittel
sein und nicht ein Allerweltsinstrument. Hier zeigt sich
auch, dass das Bundeskriminalamt besonderes sensibel
ist, wenn es um schwerwiegende Grundrechtseingriffe
geht. Die bisherige Arbeit des BKA im repressiven Be-
reich bestätigt diesen Befund. In den letzten zehn Jahren
hat das BKA ganze zwei Rasterfahndungen durchge-
führt. Von 2001 bis zum zweiten Quartal 2007 gab es nur
sieben Wohnraumüberwachungen, also im Schnitt eine
Wohnraumüberwachung pro Jahr.

Daraus jedoch auf die Überflüssigkeit der Maßnahme
zu schließen, ist absurd. Die Bedrohungslage in
Deutschland durch den internationalen Terrorismus be-
steht nach wie vor auf hohem Niveau. Entscheidendes
Kriterium kann daher nicht sein, dass bisher keine
Onlinedurchsuchung durchgeführt wurde, sondern dass
man aufgrund der Bedrohungslage eine derartige Maß-
nahme bereithalten muss.

Die Bezugnahme der Linken auf das Urteil des Bun-
desgerichtshofs, das „verdeckte Onlinedurchsuchung“
mangels einer besonderen Ermächtigungsgrundlage als
unzulässig ansieht, geht völlig an der Sache vorbei. Ge-
rade wegen dieses Urteils haben wir damals die Durch-
führung von Onlinedurchsuchungen gestoppt und auf
die Schaffung einer spezifischen Ermächtigungsgrund-
lage gedrungen. Die Ermächtigungsgrundlage steht
deshalb nun im BKA-Gesetz und entspricht den hohen
Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts.

Gerade die SPD hat damals mit großem Aufwand
eine rechtsstaatliche einwandfreie Regelung gegenüber
der Union durchgesetzt. Es gibt keinen Grund, jetzt da-
von abzuweichen.


Jimmy Schulz (FDP):
Rede ID: ID1705539400

In der Bekämpfung des Terrorismus ist es äußerst

wichtig, dass unsere Grundrechte niemals untergraben
werden. Andernfalls ist der Kampf bereits durch eigenes
Tun verloren. Das Bundeskriminalamtgesetz, das Ende
2008 verabschiedet wurde, hat dem Bundeskriminalamt
erhebliche und nie dagewesene Kompetenzen zur Terror-
abwehr eingeräumt, inklusive des verdeckten staatlichen
Zugriffs auf fremde informationstechnische Systeme über
Kommunikationsnetze: die Onlinedurchsuchung. Be-
kanntermaßen ist die FDP überaus skeptisch auf diesem
Gebiet; denn wie von dem ehemaligen FDP-Bundesin-
nenminister Baum erwähnt, besteht die Gefahr einer
schleichenden Erosion der Grundrechte.

Tatsächlich bestehen bei der Onlinedurchsuchung
aus unserer Sicht erhebliche verfassungsrechtliche Be-
denken. Insbesondere bei dieser Maßnahme wird der
Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung in
unerträglicher Weise eingeschränkt. Unsere Beschwer-

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(C (D en zur Änderung des BKA-Gesetzes und insbesondere egen die Onlinedurchsuchung haben wir bereits in unerem Entschließungsantrag, Drucksache 16/10851, in er letzten Wahlperiode erwähnt, und wir haben die Oninedurchsuchung sehr deutlich abgelehnt. In der letzten ahlperiode war aber eine Mehrheit der Mitglieder des undestags für diese Praxis, und zur Demokratie gehört s auch, Mehrheitsentscheidungen des Bundestages zu espektieren. Die Bürgerrechte liegen uns sehr am Herzen, desween war es uns wichtig, die Reform dieser Befugnisse für as BKA im Koalitionsvertrag festzuschreiben. Das haen wir getan. Es ist vereinbart, Regelungen zu treffen, ie den Schutz des Kernbereichs privater Gestaltung opimieren und das Maß an Grundrechtsschutz durch Verahren zu erhöhen. Daher werden wir auf Grundlage der erfassungsgerichtlichen Rechtsprechung das BKA-Geetz daraufhin überprüfen, ob und inwieweit der Schutz es Kernbereichs privater Lebensgestaltung zu verbesern ist. Die drängende Forderung der Linken, jetzt die Befugisse des Bundeskriminalamtes zur Onlinedurchsuchung ufzuheben, ist momentan allerdings nicht notwendig. enn es hat bis heute, und dies ist der Linken auch voll ewusst, noch keine Onlinedurchsuchungen gegeben. ies wurde in einer Antwort der Bundesregierung auf ine Kleine Anfrage am 21. Mai 2010 bestätigt. Wir sind ehr froh, dass bis jetzt keine Verstöße gegen unsere rundrechte durch diese Maßnahme stattgefunden haen, und wir werden, zusammen mit der Union, den ernbereichsschutz im Bundeskriminalamtgesetz veressern und die verfahrensrechtlichen Absicherungen rhöhen. Auf diese Weise werden wir sicherstellen, dass ie Grundrechte unserer Bürger auch in Zukunft in keier Weise untergraben werden. Weiterhin ist wichtig, zu bemerken, dass Ärzte und ournalisten, insbesondere aber Rechtsanwälte, unter hnen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, Verfassungseschwerde gegen das BKA-Gesetz und gegen die heimiche Ausspähung von Computern eingereicht haben. ir warten noch auf eine Entscheidung des Bundesverassungsgerichts. Sollte das Bundesverfassungsgericht ntscheiden, dass die Onlinedurchsuchung nicht verfasungskonform ist, dann müssten natürlich Konsequenen gezogen werden. Dann wäre eine Abschaffung der nlinedurchsuchung konsequent. Der Antrag der Linken zur Aufhebung der Befugnis es Bundeskriminalamtes zur Onlinedurchsuchung hat urchaus unsere Sympathie, aber wir können ihn nicht nterstützen. Eine Mehrheit im Bundestag hat sich für ie Onlinedurchsuchung entschieden. Das müssen wir omentan akzeptieren. Wenn das Bundesverfassungsge icht deutlich in eine andere Richtung weist, müssen onsequenzen gezogen werden. Sicher ist aber, was wir m Koalitionsvertrag vereinbart haben: Wir werden die efugnisse des BKA sehr kritisch beobachten und evalu eren. Mit der FDP in der Regierung werden die Bürgerechte nicht hintenangestellt. Frank Hofmann gebene Reden )





(A) )


Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705539500

Die Onlinedurchsuchung, einst als wichtiges und un-

erlässliches Instrument im Kampf gegen den internatio-
nalen Terrorismus gepriesen, ist schlicht überflüssig. Zu
diesem Ergebnis muss jeder kommen, der sich ernsthaft
mit der Entstehung und Entwicklung dieser Maßnahme
beschäftigt hat. Spätestens die Antwort der Bundesregie-
rung auf die Kleine Anfrage unserer Fraktion zur „Bi-
lanz der Online-Durchsuchung“ vom 21. Mai dieses
Jahres verdeutlicht überaus anschaulich den kompletten
Unsinn dieses Instruments. Die von der Bundesregie-
rung vorgelegten Zahlen sprechen für sich, und ich wie-
derhole sie hier an dieser Stelle deshalb ganz besonders
gerne, vor allem für all diejenigen, die sich weiter und
scheinbar unerschütterlich als Apologeten der Online-
durchsuchung outen. Vielleicht können Argumente etwas
bewirken. Als Linker gibt man ja die Hoffnung nie auf.

Was also hat die Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage geantwortet? Folgendes: Zwar wurden in den
vergangenen anderthalb Jahren rund 700 000 Euro in-
vestiert, um Onlinedurchsuchungen überhaupt durch-
führen zu können. Aber das entpuppte sich als glatte
Fehlinvestition; denn bis Mitte Mai hatte das Bundeskri-
minalamt keine einzige Onlinedurchsuchung angeord-
net. Ich wiederhole: keine einzige! Einstmals als
Wunderwaffe entwickelt und in einem Klima der Verun-
sicherung vorschnell an den Start gebracht, konnte die
Onlinedurchsuchung ihre angebliche sicherheitspräven-
tive Wirkung bis heute nie entwickeln. Stattdessen hat sie
eine komplette Bruchlandung hingelegt. Von angebli-
chen Sicherheitslücken, die durch diese Maßnahme ge-
schlossen werden sollten, ist schon längst keine Rede
mehr. Dennoch wird stumpf an der Onlinedurchsuchung
festgehalten.

Die von der Bundesregierung vorgelegten Zahlen zei-
gen überdeutlich die Sinnlosigkeit der Onlinedurchsu-
chung. Das Argumentieren dafür ist unseriös. Auch des-
halb sollte sie ebenso schnell wieder aus dem BKA-
Gesetz verschwinden, wie sie darin gelandet ist. Die fa-
denscheinige Ausrede, es handele sich bei der Online-
durchsuchung um eine sogenannte Ultima-Ratio-Maß-
nahme, verschleiert nur den wahren Kern und
eigentlichen Sinn der Onlinedurchsuchung: Menschen
werden auf Datensätze reduziert, über die sie selbst
keine Kontrolle mehr haben. Das ist nicht nur ein weite-
rer Baustein in dem dichter werdenden Mosaik Deutsch-
lands auf dem Weg zu einer Totalüberwachung, sondern
zudem verfassungsrechtlich höchst bedenklich.

Es gibt mittlerweile nichts mehr, was nicht gespei-
chert werden kann! Längst werden auch hochsensible,
personenbezogene Daten von Bürgerinnen und Bürgern
dieses Landes erfasst, die sich nichts zuschulden kom-
men ließen. Sie sind nicht einmal bei Rot über die Ampel
gegangen. Speicherlimits gibt es ebenfalls nicht mehr.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird
sowohl durch die Onlinedurchsuchung als auch durch
andere datenpolitische Maßnahmen der letzten Jahre
Schritt für Schritt ausgehebelt. In der Konsequenz be-
deutet das nichts anderes als das Verschwinden der Pri-
vatheit – ein schlimmes Szenario!

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(C (D Die Onlinedurchsuchung fügt sich also gut ein in die nendlich lange Liste von Maßnahmen, die – in einen eckmantel der Kriminalitätsbekämpfung gewandet – mmer öfter und vor allem schamloser daherkommen. rst wurde die Vorratsdatenspeicherung eingeführt, ann Pässe und Personalausweise mit biometrischen erkmalen versehen, dann kamen ELENA und andere esetze hinzu. Als neueste Errungenschaft in dieser eihe des datenschutzpolitischen Horrors wurde heute m Europäischen Parlament das SWIFT-Abkommen verbschiedet. So unterschiedlich diese Gesetzesinitiativen uch sind, gemein ist ihnen vor allem eines: In Sachen atensammelei werden in diesem Land kaum noch renzen gesetzt. Die ohnehin prekäre Balance zwischen Freiheit und icherheit ist aus dem Lot geraten und wurde langsam, ber stetig einseitig in Richtung Sicherheit ausgepenelt. „Wir müssen uns wehren gegen die schleichende rosion unserer Grundrechte und gegen unsere Entmünigung“, hat der ehemalige Bundesinnenminister erhart Baum in einem Artikel für die „Stuttgarter Zei ung“ am letzten Montag in Sachen Datenschutz formuiert. Er hat recht damit. Denn Datenschutz ist und bleibt ein elementares rundrecht. Es muss jedoch, wie andere Grundrechte uch, immer wieder aufs Neue verteidigt werden! Wer ich dieser Meinung anschließen kann, dem wird also ichts anderes übrig bleiben, als unserem Antrag „Beugnis des Bundeskriminalamtes zur Onlinedurchsuhung aufheben“ zuzustimmen. Von der CDU/CSU erarte ich zugegebenermaßen nicht mehr sonderlich viel n Sachen Datenschutz oder zumindest nichts Gutes; von er FDP leider immer weniger. Dennoch böte die Zutimmung zu unserem Antrag eine gute Brücke, um endich wieder auf den Pfad des Datenschutzes und der icherung von Bürgerund Grundrechten zurückzukomen. Der Weg lohnt sich. Auch deshalb appelliere ich ier nachdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen von PD und FDP, uns bei unserem Anliegen, die Onlineurchsuchung aufzuheben, die Zustimmung nicht zu vereigern. Das kann Ihnen bei den hier dargelegten Zah en und Fakten sowie Argumenten doch eigentlich gar icht so schwerfallen. Zu Jahresbeginn hatte Bundesjustizministerin eutheusser-Schnarrenberger eine Überprüfung der Siherheitsgesetze auf ihre Notwendigkeit angekündigt. araus ist bislang nichts geworden. Genauso fehlt nach ie vor jegliche Überprüfung der Sicherheitsgesetze auf hre Verhältnismäßigkeit und auf Bürgerrechtskonformiät. Die Linke erneuert daher ihre alte Forderung nach inem sofortigen Moratorium für Sicherheitsgesetze und ine umfassende unabhängige Überprüfung der vorhanenen Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit Bürgerund reiheitsrechten. Wir wollen aber nicht wieder bis zum Sankt-Nimmereinstag warten müssen. Zur fehlenden Notwendigkeit nd der Unverhältnismäßigkeit der Onlinedurchsuhung ist eigentlich alles gesagt. Unser Antrag ist die loische Konsequenz. Die massiven Eingriffsbefugnisse on staatlichen Institutionen in die Freiheitsrechte der gebene Reden Jan Korte )








(A) )

Bürgerinnen und Bürger müssen zurückgefahren wer-
den. Die Ablehnung der Onlinedurchsuchung ist dafür
ein erster wichtiger Schritt, für die ich um Ihre Unter-
stützung bitte.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705539600

Vorweg sei gesagt: hier geht es um die Aufhebung

bzw. Änderung von zwei Paragrafen eines Gesetzes. Da
wäre es doch schöner, wenn der Bundestag – bezie-
hungsweise hier die antragstellende Linksfraktion – als
Gesetzgeber sich den entsprechend kurzen Gesetzent-
wurf selbst zutraute und nicht die Bundesregierung
aufforderte, entsprechend tätig zu werden. Bei diesem
Vorhaben ist die Komplexität doch wohl noch über-
schaubar.

Zur Sache: Die Onlinedurchsuchung ist überflüssig
und richtet bürgerrechtlichen Flurschaden an. Sie hat
im BKA-Gesetz nichts zu suchen. Wir haben das immer
gesagt, und wir bleiben dabei.

Die FDP wird jetzt wieder hektisch rufen „Ihr wart es
doch, angefangen hat es mit Otto Schily!“. Mit der zwei-
ten Aussage hat sie recht, der ehemalige Bundesinnen-
minister hat den Geheimdiensten ohne gesetzliche
Grundlage diese Maßnahme gestattet. Und er hat dafür
das bekommen, was er sich verdiente, nämlich eine ge-
richtliche Abfuhr und politischen Widerstand, auch von
uns und wahrlich nicht nur von uns.

Gesetz geworden ist die Onlinedurchsuchung nur
dort, wo die FDP mitentscheiden konnte – in Bayern, in
NRW – und nun mitentscheiden kann: eben im Bund. Ich
kann im Koalitionsvertrag nicht erkennen, dass diese
Befugnis des BKA wieder abgeschafft werden soll. So
hörte man die FDP noch im Wahlkampf. Aber als im No-
vember 2009 der Bundesinnenminister dem BKA unter
großem Beifall zusagte, dass sich am BKA-Gesetz nichts
Wesentliches ändern werde, habe ich von der FDP kei-
nen Widerspruch gehört. Die Zeiten als Bürgerrechts-
partei sind offenbar vorbei. Die wirklich liberalen Ex-
Minister klagen heute gegen die Gesetze ihrer nicht
mehr besonders liberalen Nachfolger. Und das ist auch
nötig.

Geklagt wird so – auch von unserer Fraktion – gegen
das BKA-Gesetz, nicht zuletzt wegen der Onlinedurchsu-
chung. Denn dieses Instrument ist ein tiefer Eingriff in
die Privatsphäre. Da wird auf dem privaten PC eine
Spionagesoftware installiert. Danach wird mitgelesen,
unterschiedslos von der E-Mail an die Großmutter bis
zum Brief an das Finanzamt. Die Privatsphäre ist nicht
ausreichend geschützt, die Aufzeichnung kann auch Per-
sonen treffen, die nicht im Visier des BKA stehen, aber
den beschnüffelten Computer mitbenutzen.

Und das alles passiert nicht etwa dann, wenn jemand
dringend terrorverdächtig ist – sondern im Rahmen der
Gefahrenabwehr. Ja, es gibt im BKA-Gesetz ein paar
Kautelen, die versuchen den Vorgaben des Bundesver-
fassungsgerichtes gerecht zu werden. Aber das reicht
nicht aus. Diese Art der heimlichen Komplettdurch-
leuchtung des elektronischen Teils der Privatsphäre darf

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(C (D icht gegen Menschen eingesetzt werden, gegen die och nicht einmal ein Tatverdacht besteht! Und nun kommt etwas Erstaunliches hinzu. Nach eienen Angaben hat das BKA in den knapp eineinhalb ahren, in denen es diese Kompetenz hat, nicht eine einige Onlinedurchsuchung auch nur versucht. Mir sind noch die Warnungen von BKA-Präsident iercke und von Herrn Schäuble in Erinnerung, dass hne sofortige Einführung der Onlinedurchsuchung eutschlands Sicherheit praktisch nicht mehr zu garan ieren sei, dass wir ohne dieses Instrument dem Terrorisus beinahe schutzlos ausgeliefert seien. Ich glaube kaum, dass der Terrorismus auf der Welt erschwunden ist, und ich bin sicher, dass die Beamtinen und Beamten des BKA aktiv dagegen vorgehen. enn also der Terrorismus noch existiert und das BKA hn erfolgreich bekämpft, aber gleichzeitig keine Onlineurchsuchungen gemacht werden, dann bleibt nur eine chlussfolgerung: Das BKA braucht keine Onlinedurchuchung zur Terrorbekämpfung. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/2423 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie einerstanden, wie ich sehe. Dann ist die Überweisung so eschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 30 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Britta Haßelmann, Katja Dörner, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung realisieren – Kostenkalkulation für Kinderbetreuung überprüfen – Drucksache 17/1778 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Finanzausschuss Haushaltsausschuss Auch hier wurde in der Tagesordnung bereits ausgeiesen, dass die Reden zu Protokoll gegeben werden, iesmal folgender Kolleginnen und Kollegen: Dorothee är, Marcus Weinberg iriam Gruß, Diana Golze und Britta Haßelmann. Die Bereitstellung einer qualitativ hochwertigen Kin erbetreuung und einer frühen Förderung für alle Kiner gehören zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben in unerem Land. Damit junge Paare ihren Kinderwunsch nbesorgt verwirklichen können, müssen wir bedarfsgeechte Betreuungsangebote in guter Qualität und eine ielfalt in der Trägerlandschaft gewährleisten. Neben taatlichen und privat-gewerblichen Angeboten spielt uch die besonders flexible und familiennahe Betreuung er Kinder in der Tagespflege eine zentrale Rolle. Wir ollen und werden die Attraktivität der Tagespflege er )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705539700
Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1705539800

(A) )

höhen und haben dazu schon wichtige Schritte unter-
nommen. Deutschland verfügt heute bereits über ein
gutes Angebot an Kinderbetreuung für die drei- bis
sechsjährigen Kinder. Der Rechtsanspruch auf Betreu-
ung für diese Kinder ist realisiert.

Durch die Einführung des Elterngeldes zum 1. Januar
2007 und den Wunsch vieler junger Eltern, nach einer
einjährigen Familienpause tatsächlich wieder in die Er-
werbsarbeit zurückzukehren, wurde der Mangel an Be-
treuungsplätzen für die unter dreijährigen Kinder offen-
kundig. Schnell war klar, dass die Ausbauvorgaben im
Tagesbetreuungsausbaugesetz den Bedarf an Plätzen
nicht würden decken können.

Zwar fallen die Finanzierung und die Bedarfsplanung
der Kinderbetreuung im föderalen System der Bundesre-
publik in die Zuständigkeit von Ländern und Kommunen.
Doch wegen der großen gesamtgesellschaftlichen Be-
deutung hat sich der Bund bereiterklärt, Länder und
Kommunen beim massiven Ausbau der Betreuungsplätze
zu unterstützen, um so möglichst viele Kinder schon früh
zu fördern und eine bessere Vereinbarkeit von Familie
und Erwerbsleben zu ermöglichen.

Beim sogenannten Krippengipfel haben Bund, Län-
der und Gemeinden dann im Jahr 2007 gemeinsam ei-
nen Bedarf von 750 000 Betreuungsplätzen für das Jahr
2013 errechnet. Bis zum Jahr 2013 wird es bundesweit
im Durchschnitt für jedes dritte Kind unter drei Jahren
einen Betreuungsplatz geben, ein Drittel der neuen
Plätze soll in der Kindertagespflege geschaffen werden.
Im gleichen Jahr wird jedes Kind mit Vollendung des
ersten Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf Förde-
rung in einer Kinderbetreuungseinrichtung oder in der
Kindertagespflege haben.

An den errechneten Mehrkosten von 12 Milliarden
Euro bis 2013 wird sich der Bund mit 4 Milliarden Euro
zu einem Drittel beteiligen, ab 2014 dauerhaft mit
770 Millionen Euro jährlich an den Betriebskosten. Er
unterstützt dadurch die Kommunen weiterhin. Auch der
Zwang, zu sparen, hat an dieser Bundesbeteiligung
nichts geändert.

Es ist Aufgabe der Länder, dafür Sorge zu tragen,
dass die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel den
Kommunen und Trägern auch tatsächlich und zusätzlich
zur Verfügung gestellt werden. Ebenso ist es Aufgabe
der Länder, ihrerseits finanzielle Voraussetzungen dafür
zu schaffen, dass die vereinbarten Ziele erreicht werden.

Mit dem Beschluss der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
zum Betreuungsausbau, der dann auch gesetzlich umge-
setzt wurde, wurde ein Meilenstein für eine bessere Ver-
einbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit gesetzt, für
mehr Bildung für alle Kinder und für bessere Zukunfts-
perspektiven in Deutschland. Inzwischen haben viele
Kommunen den Stellenwert frühkindlicher Bildung er-
kannt und den Aufbau entsprechender Kinderbetreu-
ungsstrukturen vorangetrieben. Die Kommunen, die bis-
lang den Ausbau noch eher stiefmütterlich behandelt
haben, müssen umdenken. Der Bund jedenfalls steht zu
diesen Vereinbarungen und wird am Rechtsanspruch auf

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(C (D inen Betreuungsplatz für Kinder ab Vollendung des ersen Lebensjahres ab 2013 festhalten, unabhängig davon, b vor Ort eine bestimmte Betreuungsquote erreicht ird. Über die Frage, wie groß der Bedarf sein wird, den ltern in den nächsten Jahren geltend machen werden, ind derzeit nur Spekulationen möglich. Das Deutsche ugendinstitut hat zahlreiche Faktoren identifiziert, die lternwünsche beeinflussen. Vor allem aber werden Be reuungsangebote in verschiedenen Altersstufen sehr nterschiedlich in Anspruch genommen. Vordringlich ist s daher jetzt erst einmal, die bislang vereinbarte Zielorgabe einer Versorgungsquote von bundesweit durchchnittlich 35 Prozent zu erreichen. Entwicklungen nach 013 müssen dann bewertet werden. Der Bund begleitet iese Bedarfsplanung der Länder mit der regelmäßigen valuation des KiföG. Für CSU und CDU zielen die Forderungen im Antrag on Bündnis 90/Die Grünen daher in die falsche Richung und sind abzulehnen. Da wir uns aber fraktionsbergreifend jedenfalls darüber einig sind, dass die Ausaben für die frühkindliche Bildung die wichtigste ukunftsinvestition sind, müssen Länder und Kommunen hre Prioritäten anders setzen und ihre Aufgaben hier hne zusätzliche finanzielle Unterstützung des Bundes rfüllen. Für mich kann überhaupt kein Zweifel daran besteen, dass der Ausbau der Krippenplätze auch vor der eitragsfreiheit Vorrang haben muss: Für geringverdieende Eltern ist es sinnvoll und angemessen, im Inteesse der frühen Förderung ihrer Kinder bezahlbare der auch beitragsfreie Betreuungsplätze zu gewährleisen; alle anderen Eltern sind aber sehr wohl bereit, eine ualitativ hochwertige Kinderbetreuung auch mit einem inanziellen Beitrag zu unterstützen. Hier können Läner und Kommunen in Zeiten knapper Kassen ihre Ausabenlast begrenzen und nach dem erfolgten Ausbau rüfen, ob eine schrittweise Reduzierung oder gar eine treichung der Elternbeiträge angezeigt ist. Dass es auch ohne den gebetsmühlenhaft wiederholen Ruf nach weiterer finanzieller Unterstützung durch en Bund möglich ist, ausreichend Betreuungsplätze zur erfügung zu stellen, zeigt der Freistaat Bayern: Sozialinisterin Christine Haderthauer hat wegen der schwie igen Finanzlage der Kommunen zugesichert, dass sie en weiteren Ausbau auch dann mit Landesmitteln sihern wird, wenn die Mittel des Bundes aufgebraucht ind. Auch bei den Betriebskosten hat sie den Kommuen Unterstützung zugesagt. Daher appelliere ich an die Oppositionsfraktionen besonders an unseren ehemaligen Koalitionspartner, er den Bedarf an Betreuungsplätzen und deren Finanierung zusammen mit den Bundesländern und gemeinam mit der Union ermittelt hat –, nicht immer nur den und zum Adressaten beständiger Forderungen nach usätzlichem Geld zu machen, sondern bei den Ländern ie Umsetzung der gemeinsamen Beschlüsse anzumahen. Dorothee Bär gebene Reden )





(A) )


Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1705539900

Es ist unbestritten: Kinderbetreuung ist eine Investi-

tion in die Zukunft. Auch Sie, liebe Kolleginnen und Kol-
legen der Opposition, sollten endlich zugeben: Die Fa-
milienpolitik der christlich-liberalen Koalition ist an
dieser Zukunft orientiert. Das haben wir bisher auch
deutlich gezeigt. So vielen Kindern wie möglich ein Be-
treuungsangebot zur Verfügung zu stellen, haben wir zur
zentralen Aufgabe und zu einem unserer vordringlichs-
ten Projekte der Zukunft gemacht.

„Unser Ziel sind faire Startchancen für alle Kinder.
Aufstieg durch Bildung erreichen wir durch höhere Bil-
dungsinvestitionen und das enge Zusammenwirken von
Bund und Ländern. Bildung darf keine Frage der Her-
kunft oder des Einkommens sein.“ So haben wir es im
Koalitionsvertrag vereinbart und so werden wir es auch
umsetzen.

Wir wollen gute Bildung und Betreuung mit gerechten
Chancen von Anfang an ermöglichen. Der Ausbau der
Kinderbetreuung gehört deshalb zu den wesentlichen
Maßnahmen, um mittel- und langfristig Innovationsfä-
higkeit in Wirtschaft und Gesellschaft sowie Chancenge-
rechtigkeit im Bildungssystem zu erzielen. Die Entschei-
dung von Bund, Ländern und Kommunen, bis 2013
Betreuungsplätze für 35 Prozent der unter Dreijährigen
zu schaffen, war und bleibt wichtig und richtig.

Bereits in der Großen Koalition haben wir das Gesetz
zum Ausbau der Kinderbetreuung verabschiedet und
ebenfalls einen Rechtsanspruch ab dem ersten Lebens-
jahr festgesetzt. Der Bund stellt für die Erweiterung der
Angebote, für Neubau-, Ausbau-, Umbau-, Sanierungs-,
Renovierungs-, Modernisierungs- und Ausstattungs-
maßnahmen in Einrichtungen und für die Kindertages-
pflege, 2,15 Milliarden Euro zur Verfügung. Unser Ziel
ist es, damit eine möglichst flächendeckende Kinderbe-
treuung zu erreichen. Diese schafft die infrastrukturellen
Voraussetzungen für die Eltern, um Familie und Beruf
miteinander zu vereinbaren. Die Einführung des Eltern-
geldes und steuerlicher Begünstigungen sind weitere
wichtige Schritte auf dem Weg, jungen Familien mehr
Wahlmöglichkeiten zu eröffnen. Diese Maßnahmen sind
Erfolgsprojekte. Allen Unkenrufen zum Trotz werden sie
in Anspruch genommen. Wir verstehen die Förderung
und Unterstützung beider Elternteile in ihrem berufli-
chen und gesellschaftlichen Fortkommen als gesamt-
staatliche Aufgabe und werden diese gemeinsam schul-
tern, mit der Unterstützung aller Akteure auf allen
Ebenen.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist der Ausbau der Kinder-
betreuung bereits gut vorangekommen. Die Kernmarke
für den Ausbau hatten wir uns gemäß den Vorgaben des
Barcelona-Gipfels von 2002 gesetzt. Danach sollen in
drei Jahren EU-weit für mindestens 33 Prozent der Kin-
der unter 3 Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung ste-
hen. Diese Vorgabe will die Bundesrepublik sogar um
2 Prozentpunkte übertreffen.

Wie weit die Länder mit ihren Anstrengungen voran-
geschritten sind, untersuchte die Europäische Kommis-
sion vor 2 Jahren. Nach dem Bericht der Kommission
befindet sich Deutschland dabei auf einem mittleren Ni-

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(C (D eau und zeigt eine gute Positionierung innerhalb der uropäischen Gemeinschaft. Der Dritte Nationale Bilungsbericht, der Mitte Juni veröffentlicht wurde, bestäigt ebenso, dass sich positive Entwicklungen für den ualitativen und quantitativen Ausbau festmachen lasen. So standen 2009 rund 47 000 Tageseinrichtungen ür Kinder zur Verfügung, und das Personal in den Kinertagesstätten wurde um 42 000 Personen erhöht. Bei en unter Dreijährigen stieg die Quote der Bildungsbeeiligung im Westen auf 15 Prozent in 2009, im Jahr 006 waren es noch 8 Prozent. Folglich wurden hier nnerhalb von 3 Jahren 100 000 Plätze geschaffen. Dait haben wir nicht nur politische Signale gesendet, sonern bereits erreicht, dass mehr Frauen in Erwerbstätigeit sind. Sogar die Vätermonate stoßen auf immer mehr ositive Resonanz. Ohne Zweifel besteht weiterhin noch Bedarf an zuätzlichen Betreuungsangeboten. Dessen sind wir uns ewusst. Aus dem Grund werden wir bei den Anstrenungen nicht nachlassen, auch wenn man laut Prognoen mit demografiebedingten Rückentwicklungen rechen muss. In dem vorliegenden Antrag fordern die Kollegen der raktion Bündnis 90/Die Grünen nunmehr die unverügliche aktualisierte Ermittlung des Bedarfs an Kinerbetreuungsplätzen zur Realisierung des Rechtsnspruchs ab dem Jahr 2013. Hierzu kann ich nur olgendes erwidern: Liebe Kolleginnen und Kollegen er Grünen, Sie haben anscheinend das Prinzip der Subidiarität in diesem Zusammenhang übersehen. Die änder und Kommunen sind für die Bedarfsplanung im ereich der Kinderbetreuung zuständig, nicht der Bund. hre Intention dabei wird mir hier nicht deutlich: Wesalb soll der Bund diese Erhebung durchführen? Vor alem ist eine pauschale Schätzung weder möglich noch ngebracht. Vielmehr erscheint es angemessen, Länder nd Kommunen in der laufenden Evaluation der Umsetung des Kinderförderungsgesetzes dabei zu unterstüten, in quantitativer und qualitativer Hinsicht bedarfserechte Konzepte zu entwickeln. Auch in der Frage der Finanzen bleibt der Bund in en ihm gesetzten Grenzen. Sie fordern eine Überprüung der Verteilung über Umsatzbeteiligungen an die ommunen. Mich verwundert diese Forderung, zu der ich nur Folgendes sagen lässt: Die Kompetenz für den usbau der Kindertagesbetreuung liegt bei Ländern und ommunen, die somit auch die Finanzierungsverantortung tragen. Der Bund unterstützt Kommunen und änder im Wege der Entlastung und muss diesen Weg ählen, weil die Finanzierungslast eben in den Aufgaenbereich der Kommunen gestellt ist. Eine direkte Fianzbeteiligung zwischen Bund und Kommunen ist desalb ausgeschlossen. Mich interessiert, wie Sie in dieser rage anders verfahren wollen. Sie sehen: Ihr Antrag wirft leider mehr Fragen auf, ls er Antworten findet, geschweige denn haltbare Forerungen aufstellt. Eine inhaltliche Nachbesserung äre sicherlich angebracht. Ich bin mir sicher, dass wir ns in der Sache und im Ziel einig sind. Wir beschreiten gebene Reden )





(A) )

somit denselben Weg. Allerdings sind Ihre Vorschläge
nicht zielführend.

Wir halten uns an unser Vorhaben, bestmögliche Be-
treuung für die einzige Ressource zu erzielen, die
Deutschland besitzt: unsere Kinder.


Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1705540000

In den letzten Wochen haben wir mehrere Debatten

über die frühkindliche Bildung von Kindern und den
Ausbau des Betreuungsangebots geführt. Die SPD wie-
derholt heute erneut ihre Forderung: Frau Bundes-
ministerin Schröder, blicken Sie endlich den Tatsachen
ins Gesicht, und ignorieren Sie nicht länger, dass der
bislang geschätzte Bedarf an Betreuungsplätzen nicht
ausreichen wird! Handeln Sie jetzt!

Wenn es die Bundesregierung mit Bildung von Anfang
an und mit der von Frau Merkel ausgerufenen „Bil-
dungsrepublik“ ernst meint, muss sie alle Kräfte bün-
deln, um entsprechende Angebote der frühkindlichen
Bildung und Betreuung auszubauen. Kinder haben ein
Recht auf Bildung, und das nicht erst ab der Einschu-
lung. Und Eltern haben ein Recht darauf, Familie und
Beruf miteinander zu vereinbaren. Wie soll das gelingen,
wenn es keine bedarfsgerechte Infrastruktur für Fami-
lien gibt?

In der heutigen Debatte geht es erneut darum, wie die
Kommunen in die Lage versetzt werden können, den
Rechtsanspruch ab 2013 zu realisieren und ein ausrei-
chendes Angebot an Krippenplätzen zu schaffen. Dabei
mache ich zum wiederholten Male darauf aufmerksam,
dass wir ein Verfahren brauchen, um den tatsächlichen
Bedarf an Betreuungsplätzen zu messen. Ein solches
Verfahren fordern nun auch die Kolleginnen und Kolle-
gen von den Grünen.

Doch ein solches Instrument will die Bundesregie-
rung nicht einführen. Auf meine mündliche Frage vom
7. Juli 2010 teilt sie nämlich mit, dass sie keine unab-
hängige regelmäßige Erhebung der Bedarfsentwicklung
von frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten
plane. Sie begründet dies damit, dass die Bedarfspla-
nung im Bereich der Kinderbetreuung allein in der Zu-
ständigkeit von Ländern und Kommunen liege. Die Län-
der haben demgegenüber eine solche Bedarfsprognose
gerade vom Bundesfamilienministerium erbeten!

Auch der jährlich von der Bundesregierung zu erstel-
lende Bericht über den aktuellen Stand des Ausbaus, der
bereits für März 2010 angekündigt war, liegt immer
noch nicht vor. Wir haben Juli, und die Sommerpause
steht bevor. Das heißt nichts anderes als: Die Bundes-
regierung drückt sich vor ihrer Verantwortung. In dem
Antrag der SPD „Frühkindliche Bildung und Betreuung
verbessern – Für Chancengleichheit und Inklusion von
Anfang an“ fordern wir einen nationalen Bildungspakt
zwischen Bund und Ländern zur Steigerung der Ausga-
ben für frühkindliche Bildung. Wenn festgestellt wird,
dass mehr Eltern als bisher angenommen Betreuungs-
plätze für ihre Kinder in Anspruch nehmen werden, muss
finanziell nachgesteuert werden. Im Antrag der Grünen
wird zu Recht angemerkt, dass der kalkulierte Bedarf

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(C (D on Kinderbetreuungsplätzen nicht überall ausreichend ein wird. Aber auch hier drückt sich die Bundesregierung vor hrer Verantwortung: In der Antwort auf meine mündlihe Frage vom 7. Juli 2010 heißt es, die Bundesregieung plane keine weiteren verbindlichen Vereinbarunen mit den Ländern, um die Steigerung der Ausgaben ür frühkindliche Bildung zu gewährleisten und den weieren bedarfsgerechten Ausbau der frühkindlichen Bilungsund Betreuungsinfrastruktur voranzubringen. Bund und Länder haben sich 2007 auf den bedarfserechten Ausbau der Krippenplätze geeinigt. Die späer vom Bundesfamilienministerium zugrunde gelegte 5-Prozent-Quote war eine Orientierungsmarke für dieen Ausbau, nicht mehr und nicht weniger. Es war meies Erachtens damals schon ein Fehler der früheren undesfamilienministerin Ursula von der Leyen, diese rientierungsmarke in Stein zu meißeln. Es wird immer eutlicher, dass der Bedarf größer ist, dies zeigen auch ie jüngsten Ergebnisse des Ländermonitors „Frühkindiche Bildungssysteme“. Inzwischen besucht durchchnittlich jedes fünfte Kind im Alter von einem Jahr ine frühkindliche Bildungseinrichtung oder wird in Taespflege betreut, bei den Kindern im Altern von zwei ahren sind es fast 40 Prozent. Daraus muss die neue Bundesfamilienministerin rau Schröder dringend Konsequenzen ziehen. Es kommen noch andere Gründe hinzu, warum chnelles Handeln erforderlich ist: Die Finanzund irtschaftskrise hat zu massiven Einnahmeausfällen in en Kommunen geführt. Das schwarz-gelbe „Wachsumsbeschleunigungsgesetz“ belastet die Kommunen usätzlich. Wir fordern daher: Die Bundesregierung uss die durch die schwarz-gelbe Steuerpolitik verur achten Einnahmeausfälle der Kommunen kompensieen! Hotels statt Krippenplätze zu fördern, ist der falche Weg! Aktuell zeigt sich beim Elterngeld, dass die Bundesfailienministerin keine gute Anwältin der Familien ist: orschnell hat sie das Elterngeld zur Disposition gestellt nd unsoziale Kürzungen für Empfängerinnen und Empänger von Arbeitslosengeld II durchgepeitscht. Als ob dies nicht genug wäre, äußert sich die Ministein in einer Pressemitteilung vom 7. Juli in sehr merkürdiger Weise: Sie stellt es als Erfolg für Familien dar, ass das Sondervermögen für den Kitaausbau von den parbemühungen ausgenommen wird. Zum einen ist es in Ausdruck von Hilflosigkeit, längst beschlossene aßnahmen als eigenen Erfolg zu verkaufen. Zum ande en lässt diese Pressemitteilung Spielraum für Interpreationen, dass Frau Schröder ernsthaft überlegt hat, die ittel für den Kitaausbau zu kürzen. Wäre dem so, frage ch mich, welches Verständnis von Familienpolitik diese inisterin hat. Dies bestätigt einmal mehr, dass sie sich icht als Anwältin der Familien versteht. Die SPD nimmt die Ministerin aber als Anwältin der amilien in die Pflicht. Daher fordern wir sie auf, die nitiative für einen neuen Krippengipfel zu ergreifen. Bei inem solchen Krippengipfel muss es vor allem um die Marcus Weinberg gebene Reden )





(A) )

Klärung der Frage gehen, wie hoch der tatsächliche Be-
darf an Krippenplätzen ist und was schnell getan werden
muss, um diesen Bedarf – aber auch die Betreuungsqua-
lität in Kitas – abzudecken.

Wir fordern konkrete Verabredungen zwischen Bund
und Ländern, damit der Ausbau der Plätze und der Qua-
lität der frühkindlichen Bildung vorangetrieben wird.

Wir fordern einen Rettungsschirm für Kommunen, da-
mit diese finanziell in der Lage sind, den Betreuungsaus-
bau zu stemmen.

Wir fordern eine Fachkräfteoffensive, damit mehr Er-
zieherinnen und auch Erzieher gewonnen werden.

Eine Bundesfamilienministerin, die all diese Maß-
nahmen abwehrt und die Hände selbstzufrieden in den
Schoß legt, setzt die Zukunftschancen von Kindern und
damit der Gesellschaft aufs Spiel.

Damit muss endlich Schluss sein.


Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1705540100

Die Ergebnisse der aktuellen Entwicklungsforschung

verdeutlichen die zentrale Bedeutung der ersten Lebens-
jahre für die körperliche und geistige Entwicklung der
Kinder. Ohne Zweifel müssen Verfügbarkeit und Quali-
tät frühkindlicher und vorschulischer Bildungs- und Be-
treuungsangebote der Wichtigkeit der ersten Lebens-
jahre Rechnung tragen. Für die Bundesregierung ist die
Verfügbarkeit eines bedarfsgerechten Betreuungsange-
bots für die frühkindliche Entwicklung von Anfang an
eine der Hauptprioritäten in dieser Legislaturperiode.
Eine besondere Rolle kommt hierbei den Kindertages-
stätten zu. Ihr Beitrag hinsichtlich der späteren Schul-
und Karrierebildung ist immens: Nach einer Studie der
Bertelsmann Stiftung erhöht sich für den Durchschnitt
der Kinder die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu
besuchen, von 36 Prozent auf rund 50 Prozent, wenn sie
eine Krippe besucht haben. Krippen und Kindertages-
stätten sind Bildungseinrichtungen, die einen wesentli-
chen Beitrag zur Entwicklung, Förderung und Unter-
stützung von Kindern leisten. Frühkindliche Bildung ist
nämlich ein entscheidender Faktor für Chancengerech-
tigkeit und kann helfen, die Armutsspirale zu durchbre-
chen. Kindertagesstätten sollten daher verstärkt als
Orte der Bildung, Erziehung und Betreuung anerkannt
und genutzt werden, da sie einen Beitrag zu mehr Chan-
cen- und Bildungsgerechtigkeit leisten. Gerade dieser
Aspekt ist für uns von besonderer Bedeutung; denn wir
wollen, dass alle Kinder, unabhängig von ihrer sozialen
Herkunft, die Chance auf eine gute Bildung erhalten.
Aber auch vom Standpunkt einer erfolgreichen Verein-
barung von Familie und Beruf ist der bedarfsgerechte
Ausbau der Kindertagesbetreuung ein wesentlicher Fak-
tor. Echte Wahlfreiheit beider Eltern, wie sie ihre beruf-
liche Tätigkeit mit familiären Aufgaben vereinbaren
wollen, kann es nur geben, wenn auch eine ausreichende
Zahl an qualitativ hochwertigen Betreuungsplätzen exis-
tiert.

Mit dem im Dezember 2008 beschlossenen Kinderför-
derungsgesetz wurde der Rechtsanspruch auf einen Be-
treuungsplatz für unter Dreijährige eingeführt. Anvisiert

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(C (D urde hierbei eine Betreuungsquote von 35 Prozent. ährend Kritiker diese Zahl anfänglich als viel zu hoch ingestuft hatten, zeigen jüngste Berechnungen, dass ies nicht der Fall ist. Der Bedarf an Betreuungsplätzen teigt. Der aktuelle Ländermonitor „Frühkindliche Bilungssysteme 2010“ der Bertelsmann Stiftung belegt indrucksvoll: Immer mehr Eltern nutzen frühkindliche etreuungsangebote. Die steigende Nachfrage bestätigt ie Richtigkeit des im Kinderförderungsgesetz verankeren Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz bis 013. Die Studie zeigt aber auch, dass wir in unseren nstrengungen beim Ausbau jetzt nicht nachlassen dür en. Beispiele von Kommunen aus Ostdeutschland, wo ie Betreuungsquote bei teilweise über 60 Prozent liegt, eigen, dass es durchaus möglich ist, ein entsprechendes ngebot für die Kleinkindbetreuung bereitzustellen. Es ilt nach wie vor: Alle Kommunen müssen sich weiterhin ndividuell auf den ab 2013 geltenden Rechtsanspruch orbereiten. Ziel muss sein, für die Kinder ein flächeneckendes Angebot an frühkindlichen Bildungseinrichungen bereitzustellen und damit auch allen arbeitswillien Müttern und Vätern die Möglichkeit zu bieten, Beruf nd Familie zu vereinbaren. Dies muss im Sinne einer odernen Gesellschaft Priorität haben. Für die FDP ist aber auch klar: Ein zügigerer Ausbau er Kindertagesbetreuung wird nur dann erreicht weren, wenn private Initiativen wie Elternvereine, privatewerbliche Einrichtungen und Betriebe verstärkt Kinertagesbetreuung, vor allem im Krippenbereich, anbieen. Private und privat-gewerbliche Träger sollten daher inen gleichberechtigten Zugang zu öffentlicher Fördeung haben. Die unterschiedliche Behandlung privatgeerblicher und frei-gemeinnütziger Träger ist ein Hinernis beim Erreichen der im KiföG gesteckten Ziele. Es st das erklärte Ziel dieser christlich-liberalen Koalition, iese Ziele zu erreichen. Dabei kommen verschiedene aktoren zum Tragen. Ein Teil des Mehrbedarfs kann urch Betreuungsplätze gedeckt werden, die frei werden, eil in Folge des demografischen Wandels die Zahl der inder sinkt. Dennoch werden zahlreiche zusätzliche inrichtungen benötigt, um den Bedarf zu decken und in möglichst wohnortnahes Angebot zu gewährleisten. Die Kosten des Ausbaus belaufen sich auf ein Geamtvolumen von 12 Milliarden Euro. Bund, Länder und ommunen haben vereinbart, jeweils ein Drittel der osten zu übernehmen. Die Bundesregierung hat gemäß ieser Vereinbarung 4 Milliarden Euro als Beteiligung n den Gesamtkosten des Ausbaus bereitgestellt. Weiterin werden ab 2013 jährlich 770 Millionen Euro zur eckung der laufenden Betriebskosten zur Verfügung estellt. Es besteht ein breiter Konsens in dieser Koalition ber die Notwendigkeit eines besseren Betreuungsangeotes in Deutschland. Diese Notwendigkeit wird deutich durch die Priorisierung, die der Ausbau der Betreung für unter Dreijährige in den laufenden Haushaltserhandlungen hat: Nicht nur wurde das Sondervermöen für den Kitaausbau von den Sparbemühungen ausenommen, es sollen auch in den nächsten 4 Jahren zuätzlich in die Verbesserung der Qualität der rühkindlichen Bildung investiert werden. Eine bessere Caren Marks gebene Reden )





(A) )

Qualifizierung des Personals, Maßnahmen für eine Er-
höhung der Anzahl von männlichen Erziehern und eine
intensivere Sprachförderung sind dabei wesentliche
Ziele, die wir aktiv verfolgen werden.

Wir stehen zu dem im KiföG beschlossenen Ziel beim
Ausbau der Betreuung für unter Dreijährige, und ge-
meinsam mit den Ländern und Kommunen werden wir
dieses Ziel bis 2013 auch erreichen.


Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705540200

„Bundeskabinett beschließt Bundeshaushalt. Bundes-

familienministerium investiert mehr als 400 Millionen
Euro zusätzlich in die frühkindliche Bildung“ titelte das
Familienministerium in seiner gestrigen Pressemittei-
lung. In der gleichen Pressemitteilung heißt es dann
auch, „dass in den nächsten vier Jahren zusätzlich ins-
gesamt rund 400 Millionen Euro in die Qualität der
frühkindlichen Bildung investiert werden“. Das klingt
schön – aber nur so lange, wie man die Realitäten in
puncto Ausbau von Kindertagesbetreuung in den Grö-
ßenordnungen ausblendet, wie es die Bundesregierung
nun schon seit einigen Jahren und auch weiterhin tut.
Die Mittel, die hier vollmundig als „zusätzlich einge-
stellt“ angekündigt werden, sind sicher gut, aber leider
alles andere als zusätzlich. Den Kinderbetreuungsaus-
bau bezahlen nach Rechenart der Bundesregierung
nämlich die, die eigentlich ohnehin schon nichts haben:
Familien, die von ALG II leben müssen, denen sie nun
das Elterngeld auf diese Leistung anrechnen. Diese An-
rechnung aber bedeutet für die Betroffenen eine fakti-
sche Streichung dieser familienpolitischen Leistung.
Hier ist nicht nur etwas faul im Staate. Das ist eine
schreiende Ungerechtigkeit.

In der Bundesrepublik wird die Kindertagesbetreu-
ung für unter Dreijährige ausgerechnet von denen be-
zahlt, die die volle Wucht des Sozialabbaus der letzten
Jahre am meisten zu spüren bekommen haben, deren
Kinder außerdem derzeit bis zum dritten Lebensjahr
häufig noch nicht einmal einen Rechtsanspruch auf ei-
nen Ganztagsplatz in der Kita haben und möglicher-
weise auch 2013 die größten Verlierer sein werden.
Denn die Plätze werden voraussichtlich nicht für alle
reichen. Eine solche Politik macht einmal mehr deutlich,
dass Kindertagesbetreuung und deren bitter notwendi-
ger Ausbau nicht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
betrachtet wird und die öffentliche Hand in persona der
Bundesregierung sich immer mehr aus ihren Aufgaben
stiehlt.

Ich bin den Grünen sehr dankbar dafür, dass sie mit
ihrem Antrag der Debatte um die Finanzierung des Aus-
baus der Kinderbetreuung mehr Gewicht geben und sich
der Bundestag nun wiederholt mit dieser Frage befassen
muss. Vor allem bin ich dankbar, dass neben der Linken
eine weitere Bundestagsfraktion Wege aus der unsozia-
len Politik der vergangenen Jahre sucht, indem sie for-
dert, dass der Staat für einen ausgewogenen Finanzaus-
gleich sorgt und nicht die Bürgerinnen und Bürger
immer wieder zur Kasse gebeten werden. Auch die Linke
fordert seit langem, dass der Bund sich endlich dauer-
haft und in größerem Umfang als bisher an der Finan-

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Zu Protokoll ge

(C (D ierung der Kindertagesbetreuung beteiligt. Er darf änder und Kommunen mit dieser Aufgabe nicht länger lleinlassen. Es ist nicht nur selbstverständlich, dass der Bund sich it 4 Milliarden Euro an dem Sondervermögen, dass für en Ausbau der Kinderbetreuung eingerichtet wurde, eteiligt. Gleiches wird von den Ländern und Kommuen ja auch verlangt. Der Umfang des Sondervermögens eichte von Beginn an vorn und hinten nicht aus, um die ammutaufgabe zu bewältigen, vor der viele Kommu en stehen. Von dort kommen seit längerem deutliche ignale, die zu überhören ein sträflicher Fehler wäre. enn es vom Vorsitzenden des Deutschen Städtetages, tephan Articus, heißt: „Uns geht es nicht darum, den echtsanspruch ab 2013 infrage zu stellen, aber es feh en noch Milliardenbeträge, um ihn zu verwirklichen“, ollte man diesen Hilferuf ernst nehmen. Denn die Bunesregierung hat mit einem zu begrüßenden Rechtsanpruch Fakten geschaffen. Die Kommunen sollen offenar am Ende die Rechnung begleichen; denn dort erden die Eltern 2013 ihre berechtigte Forderung nach inem Kita-Platz aufmachen. Mit der Frage, wie Umsatzsteueranteile gerechter erteilt werden, um Kommunen endlich die nötigen fianziellen Mittel zur Bewältigung ihrer Aufgaben zu geen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung geacht. Dass dies auch mit einer spürbaren Erhöhung ieses Steueranteils für die Kommunen einhergehen und ass man auch noch nach weiteren Finanzierungsmoellen suchen muss, werden wir hoffentlich in der nun olgenden Debatte diskutieren und ausloten. In den ommunen wir dies schon lange getan. Kinder sind die Zukunft unseres Landes. Ein Satz: oft itiert, viel zu selten gelebt. Das Kinderförderungsgesetz st der späte Versuch, der Lebenswirklichkeit junger Failien gerecht zu werden und Chancengerechtigkeit zu chaffen. Dafür ist der Rechtsanspruch auf Betreuung ür Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ein rster kleiner Schritt. Doch dieser Schritt kann nur gelingen, wenn der Ausau solide finanziert ist. Hier hätte die Bundesregierung eweisen können, dass sie es ernst meint mit einer aufabengerechten Kostenausstattung der Kommunen. Die asis für eine solide Finanzierung ist allerdings eine alkulation, die sich am tatsächlichen Bedarf an Kinerbetreuungsplätzen orientiert und der finanziellen ealität der Kommunen gerecht wird – eine solide Fianzierung, die den Ausbau der Kinderbetreuung förert und Zukunft garantiert. Aber das Gegenteil ist pasiert. Doch gerade weil es so wichtig ist, dass der Rechtsnspruch realisiert wird, müssen wir uns jetzt darum ümmern, dass Städte und Gemeinden, vor allem die otleidenden, auch in die Lage versetzt werden, den notendigen Kitaausbau zu finanzieren. Deshalb muss der rste Blick dem tatsächlichen Bedarf an Kinderbetreungsplätzen gelten. Denn was viele Bürgermeisterinnen nd Bürgermeister längst ahnten, hat sich nun in Miriam Gruß gebene Reden Britta Haßelmann )

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705540300







(A) )

schwarze Zahlen gegossen: Einer aktuellen Bertels-
mann-Studie zufolge liegt der Anteil betreuter Zweijäh-
riger heute bereits bei 40 Prozent. Der angenommene
Bedarf von 35 Prozent, der den Kostenberechnungen zu-
grunde liegt, ist absehbar zu niedrig und die Berech-
nungsgrundlage der Bundesregierung damit unsolide.

In vielen Städten und Gemeinden wird der Bedarf an
Kinderbetreuungsplätzen voraussichtlich über das
Platzangebot hinausgehen. Natürlich werden viele El-
tern von ihrem Recht Gebrauch machen und ihren
Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung bei den Kommu-
nen einklagen. Der Handlungsbedarf besteht jetzt.

Wenn die Bundesregierung gemeinsam mit den Län-
dern und Kommunen nicht den tatsächlichen Bedarf an
Kinderbetreuungsplätzen erhebt und auf dieser Grund-
lage ein solides Finanzierungskonzept mit Ländern und
Kommunen vereinbart, lässt sie sowohl die Kinder als
auch die Kommunen im Stich.

Bisher ist es doch so: Trotz der desaströsen finanziel-
len Lage vieler Kommunen besteht die ursprünglich
vereinbarte Drittelfinanzierung der Ausbaukosten von
12 Milliarden Euro zwischen Bund, Ländern und Kom-
munen nur auf dem Papier. Es wird viele Länder geben,
die die Mittel des Bundes nicht vollständig weiterleiten
und zudem Landesmittel aus der Finanzierung abziehen
werden.

Also: Überprüfen Sie den tatsächlichen Bedarf an
Kinderbetreuungsplätzen! Überprüfen Sie die tatsäch-
lich anfallenden Kosten und sorgen Sie für eine ausrei-
chende Finanzierung! Überprüfen Sie, ob die eingesetz-
ten Mittel auch wirklich da ankommen, wo sie gebraucht
werden: in den Not leidenden Kommunen. Handeln Sie
jetzt! Sorgen Sie für eine aufgabengerechte Kostenaus-
stattung der Kommunen und für die Realisierung des
Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ab dem vollende-
ten ersten Lebensjahr, heute und morgen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705540400

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/1778 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie ein-
verstanden, wie ich sehe. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Mittel des Nationalen Stipendienprogramms
für eine Erhöhung des BAföG nutzen

– Drucksache 17/2427 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Haushaltsausschuss

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll gegeben, und zwar folgender Kol-
leginnen und Kollegen: Dr. Stefan Kaufmann, Marianne

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(C (D chieder einhardt, Nicole Gohlke und Kai Gehring. Der Bildungsaufstieg junger Menschen darf nicht an inanziellen Hürden scheitern, dies ist eine Kernbotchaft der Union. Um das zu gewährleisten, setzen wir – ie christlich-liberale Koalition – auf BAföG, Bildungsarlehen und Stipendien. Diese drei Instrumente ergänen sich gegenseitig. Das Nationale Stipendienproramm trägt zu einem Aufstieg durch Bildung bei. Dies erkennt die Linke in ihrem Antrag. Das Nationale Stiendienprogramm ist auch ein höchst bürgerliches Proekt, denn es setzt auf Leistung, Eigenverantwortung und ubsidiarität. Das Nationale Stipendienprogramm dient udem nicht nur der Studienfinanzierung, es setzt auch nreize für Spitzenleistungen. Wir wollen junge Menchen fördern, damit sie sich nach ihren Begabungen nd Fähigkeiten entfalten können. Mit der Förderung esonders Begabter stärken wir zugleich den Wettbeerb im internationalen Kampf um Fachkräfte. Annette Schavan weist in der „Financial Times“ von eute zu Recht darauf hin, dass wir unseren Wohlstand iner großen Zahl von Fachkräften ebenso wie dem Erindungsreichtum exzellenter Studierender verdanken. iese Talente müssen wir ermutigen, ein Studium aufzuehmen. Ich habe letzte Woche an der Universität Stuttart im Bereich Nanooptik Diplomanden und Doktoranen kennengelernt, die bereits heute – vor Abschluss hrer Ausbildung – als Forscher international begehrt ind. Die Förderung eben dieser jungen Menschen muss nser Ziel sein! Denn auch darum geht es: Wir möchten ungen Menschen das Signal geben, dass sich Leistung nd Engagement lohnen – und auch finanziell bezahlt achen. Die Stipendien in Höhe von 300 Euro pro Moat sollen von privaten Geldgebern wie Unternehmen, erbänden, Privatpersonen und Alumni einerseits und em Staat andererseits gemeinsam finanziert werden. ie Stipendien werden von den einzelnen Hochschulen nter Einbindung der Stipendiengeber nach Leistung nd Begabung vergeben. Doch neben der erbrachten eistung zählen auch gesellschaftliches Engagement, ie Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, oder esondere persönliche Gründe, die sich beispielsweise us der familiären Herkunft oder einem Migrationshinergrund ergeben können. Dies ist ein wichtiger Einstieg n die Mobilisierung neuer Begabungsreserven und die rschließung bisher unterrepräsentierter Studierendenruppen. Hiergegen kann man nun wirklich nichts einenden. In Ihrem höchst oberfläch begründeten Antrag, der ichts als Beschäftigungstherapie vor der Sommerpause u sein scheint, liebe Kolleginnen und Kollegen von der inken, nehmen Sie Bezug auf eine der zahlreichen HIStudien – diesmal über „Das soziale Profil in der Beabtenförderung“ aus dem Jahre 2009. Ihre Ablehnung es Nationalen Stipendienprogramms begründen Sie mit em HIS-Ergebnis, wonach unsere Begabtenförderungserke überwiegend Studierende aus reichen Elternhäu ern fördern. Damit versuchen Sie einmal mehr, ein völig falsches Bild in der Gesellschaft zu etablieren: hier )

Dr. Stefan Kaufmann (CDU):
Rede ID: ID1705540500

(A) )

die böse Koalition aus CDU/CSU und FDP, die nur die
Reichen und Privilegierten fördert – dort die vereinigte
Linke, die sich als Interessenwahrer der Armen und Un-
terprivilegierten ausgibt. Dieses verzerrte Bild vor Au-
gen gehen andere so weit, im Zusammenhang mit Stipen-
dien von einer „Inzucht der Eliten“ zu sprechen. Doch
ist es richtig, den Förderern vorzuwerfen, dass angeb-
lich die Falschen bei ihnen vorsprechen? Niemand ist
gehindert, sich bei einem der Begabtenförderungswerke
oder später im Rahmen des Nationalen Stipendienpro-
gramms an einer der Hochschulen um ein Stipendium zu
bewerben. Je mehr wir aber das Klischee von einer ab-
geschotteten Elite bemühen, umso eher werden Kinder
aus sozial schwächeren Elternhäusern von einer Bewer-
bung abgeschreckt. Auch dies sollten wir bedenken.

Im Übrigen haben auch die Begabtenförderungs-
werke selbst längst erkannt, dass mehr soziale Mischung
guttut. Allein die Konrad-Adenauer-Stiftung investiert in
2010 circa 7 Millionen Euro, um Nachwuchs aus Mi-
grantenfamilien und Nicht-Akademiker-Haushalten für
eine Bewerbung um ein Stipendium zu gewinnen. Die
Verfasser der HIS-Studie zeigen zudem selbst auf, dass
für die Frage der Bewerbung um ein Stipendium nicht
nur das Bildungsniveau der Eltern entscheidend ist, son-
dern ebenso das Anregungsniveau im Elternhaus. Somit
haben wir auch und vor allem ein Problem fehlender In-
formationen über die Möglichkeiten einer Studienfinan-
zierung über das BAföG hinaus – nicht aber ein Problem
sozialer Ungerechtigkeit bei der Vergabe der Stipendien.
Über das Nationale Stipendienprogramm sehe ich im
Übrigen eine gute Chance, die Informationslücke in den
sozial schwächeren und bildungsfernen Familien zu
schließen. Durch die Beteiligung privater Mittelgeber,
wie zum Beispiel Unternehmen, wird der Kreis der Wis-
senden auch aus hochschulfernen Familien über die
Möglichkeit eines Stipendiums zwangsläufig größer.
Lassen Sie uns also die Chancen einer neuen Stipendien-
kultur in den Vordergrund rücken. Lassen Sie uns Stipen-
dien als sozialen Kitt für unsere Gesellschaft begreifen –
wie dieser Tage der Ex-Stipendiat Christian Fuchs in ei-
nem Beitrag für „Spiegel Online“. Freuen wir uns los
über das große gesellschaftliche Engagement vieler Sti-
pendiaten. Und ermuntern wir die Stipendiengeber, ins-
besondere aus der Wirtschaft, über ihre Bildungswerke –
ich nenne beispielhaft Südwestmetall in Baden-
Württemberg – eine ideelle Förderung für die Stipendia-
ten anzubieten und so deren Horizont zu erweitern. Da-
rum muss es doch gehen: Die jungen Menschen zu er-
muntern, den Blick über den Tellerrand zu wagen – in
der Gemeinschaft mit anderen jungen Stipendiaten aus
den unterschiedlichsten Fachbereichen. Genau dies ist
doch die große Leistung und Errungenschaft der beste-
henden Begabtenförderungswerke.

Der Antrag der Fraktion Die Linke, die Mittel des
Nationalen Stipendienprogramms für eine Erhöhung des
BAföG zu nutzen, ist auch vor diesem Hintergrund ein-
mal mehr blanker Populismus. Er hilft uns nicht weiter
bei unseren Bemühungen, Deutschland nach vorne zu
bringen und Solidarität zwischen den Generationen und
zwischen dem Staat und der Zivilgesellschaft aufzu-
bauen. Das BAföG ist eben nur ein – zugegeben wichti-

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(C (D es – Instrument. Aber es kann nicht das einzige Instruent bleiben. An dieser Stelle noch ein Wort zur ktuellen Debatte über Studiengebühren. Im Jahr 2009 aben 43 Prozent eines Jahrgangs ein Studium begonen. Das sind 7 Prozent mehr als im Jahr 2005. Es timmt also nicht, wenn Rot-Grün in Nordrhein-Westfaen in einem Antrag vom 6. Juli behauptet, dass Studienebühren eine höhere Bildungsbeteiligung verhindern. m Studiengebührenland Baden-Württemberg ist die ahl der Studienanfänger in den letzten Jahren sogar eutlich gestiegen. Und auch beim Nationalen Stipendinprogramm funktioniert die Schwarz-weiß-Malerei von ot-Grün und den Linken nicht. Die Stipendien werden ämlich nicht auf das BAföG angerechnet. Begabte Stuierende aus einkommensschwachen Familien profitieen also gleich doppelt von der Förderung. Es geht uns uch um einen Paradigmenwechsel. In Deutschland tammen derzeit nur 15 Prozent der Finanzierung des ildungssystems aus privaten Mitteln. Der Durchschnitt er OECD-Länder beträgt 27,4 Prozent. Die USA, Jaan und Korea schöpfen sogar jeweils mehr als zwei rittel der Bildungsfinanzierung aus privaten Quellen. ies muss uns nachdenklich stimmen. Denn die Gesell chaft kann ihre Verantwortung für Bildung und Erzieung nicht alleine an den Staat delegieren. Auch hierauf at Annette Schavan in der „Financial Times“ zu Recht ingewiesen. Wir dürfen in diesem Zusammenhang sehr espannt sein, ob die neue rot-grüne Minderheitsregieung in Nordrhein-Westfalen die durch die Streichung er Studiengebühren wegfallenden 250 Millionen Euro urch entsprechende staatliche Mittel für die Hochschuen ersetzen wird. Die Erfahrungen aus anderen rotrün regierten Ländern lassen Schlimmes befürchten. m Ende sind die Bekenntnisse der linken Parteien zur ildung und deren Bedeutung nämlich immer nur Lipenbekenntnisse; das zeigen alle Ländervergleiche mehr ls deutlich. Wer so agiert wie Rot-Grün in Nordrheinestfalen, handelt fahrlässig – und setzt die Zukunft un eres Landes aufs Spiel! Zurück zum Stipendienprogramm: Derzeit erhalten in eutschland nur 1 Prozent der Studierenden Gelder aus rivater Hand, ein weiteres Prozent über die staatlich ezuschussten Begabtenförderungswerke. In der letzten ahlperiode hat die Bundesregierung die Zuschüsse für ie 12 Begabtenförderungswerke von 80 Millionen Euro uf 120 Millionen Euro erhöht. Nach dieser Erhöhung st die Zahl der Geförderten von 13 000 auf 21 000 getiegen. Das Nationale Stipendienprogramm wird uns rmöglichen, die Zahl der Geförderten weiter zu erhöen. Das Zusammenspiel aus privaten und staatlichen eldern macht deutlich, dass Unternehmen, Stiftungen nd vermögende Privatpersonen eine besondere Verantortung für die Ausbildung junger Menschen haben. ie Vernetzung zwischen der Wirtschaft und den Hoch chulen wird gestärkt. In anderen Teilen der Welt, insbeondere in den USA, ist die Vergabe von Stipendien ganz elbstverständlich. Dies soll uns gutes Beispiel sein. Leistung und gesellschaftliches Engagement junger enschen muss belohnt und gefördert werden. Hoffen ir also darauf, dass das Nationale Stipendienproramm im Bundesrat am 9. Juli 2010 eine Mehrheit fin Dr. Stefan Kaufmann gebene Reden )





(A) )

det. Falls nicht, setzen wir auf die Vernunft im Vermitt-
lungsausschuss. Es sollte alles getan werden, spätestens
hier einen tragfähigen Kompromiss zu schmieden.


Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1705540600

Bei den Verhandlungen zum Nationalen Stipendien-

programm legte die schwarz-gelbe Koalition wenig Sinn
für demokratische Prozesse und den Wert parlamentari-
scher Diskurse um Gesetzesentwürfe an den Tag. Blind-
lings wurde wieder einmal ein Vorschlag durchge-
peitscht, der nicht nur bei der Opposition, sondern bei
zahlreichen Experten auf heftige Kritik gestoßen ist.

Man darf gespannt sein, wie morgen der Bundesrat
trotz der noch vorhandenen schwarz-gelben Mehrheit im
Bundesrat entscheiden wird. Eine Ablehnung scheint
sehr wahrscheinlich zu sein. Frau Schavan, Kolleginnen
und Kollegen von CDU/CSU und FDP, was muss noch
passieren, damit Sie endlich einlenken?

Bereits bei den Haushaltsberatungen 2010 haben wir
von der SPD gefordert, das Nationale Stipendienpro-
gramm sein zu lassen und das dafür notwendige Geld in
einen nennenswerten Ausbau des BAföG zu stecken. Wir
haben diese Forderung in unserem Antrag zur BAföG-
Novelle und in einem Entschließungsantrag im Rahmen
der Debatten um das Nationale Stipendienprogramm
mehrfach wiederholt. Näheres dazu in der Ausschuss-
drucksache 17(18)20, Änderung Haushalt 2010, und
den Bundestagsdrucksachen 17/884, BAföG-Novelle,
und 17/2217, Entschließungsantrag zum Nationalen Sti-
pendienprogramm.

Daher ist der Antrag der Fraktion Die Linke in sei-
nem Grundanliegen zwar zu begrüßen, allerdings muss
man sich fragen, warum er gerade jetzt kommt. Einer-
seits ist die grundlegende Forderung schon älter. Ande-
rerseits wird er mit einer Bundesratsentscheidung be-
gründet, die noch gar nicht gefallen ist. Vonseiten des
Bundesrates gibt es zwar derzeit zwei Voten der zustän-
digen Ausschüsse, das Stipendienprogramm abzulehnen.
Es fehlt allerdings noch der endgültige Beschluss, der
morgen erst fallen wird. Aus Respekt vor demokrati-
schen Gepflogenheiten und den darin involvierten Insti-
tutionen wäre es sinnvoll, Entscheidungen abzuwarten.

Trotzdem noch ein paar Worte zum Grundanliegen,
das Geld für eine nennenswerte Ausweitung des BAföG
zu verwenden. An erster Stelle steht für mich die Frage
nach einer sozial gerechten Studierendenfinanzierung.
Hinzu kommt die Tatsache, dass das Stipendienpro-
gramm ein gewaltiges bürokratisches Monster nach sich
ziehen würde. Besonders schwerwiegend finde ich aller-
dings die einhellige Meinung aller Experten in der An-
hörung zum Gesetzentwurf, dass es als völlig utopisch
erscheine, 8 Prozent aller Studierenden über das Stipen-
dienprogramm finanzieren zu können. Viele waren der
Ansicht, dass 2 Prozent realistischer seien.

Alleine diese Tatsache würde ausreichen, um 75 Pro-
zent der für das Stipendienprogramm veranschlagten
Mittel umzuwidmen, insbesondere wenn es der Bundes-
regierung ernst ist, den Etat für Bildung und Forschung
signifikant zu erhöhen und mehr für die Bildung in die-

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Zu Protokoll ge

(C (D em Land zu tun. Andernfalls bleibt es bei Luftbuchunen, die zwar geplant, aber nie realisiert werden. Sagt er Bundesrat morgen Nein bzw. scheitert auch der Verittlungsausschuss, falls er denn überhaut angerufen ird, so bleiben 100 Prozent der geplanten Mittel, um ie anderweitig zu verwenden. Gerade die enormen Verwaltungskosten, die von den ändern zu tragen wären, waren ein nicht unerheblicher aktor, der den Finanzausschuss des Bundesrates zu eier nahezu einstimmigen Ablehnung bewegte. Rechnet man alle Kosten, die für das Stipendienproramm in seiner Endausbaustufe erforderlich gewesen ären, zusammen, so kommt man auf rund eine halbe illiarde Euro: 300 Millionen Euro öffentlicher Anteil ür die Stipendien, 100 Millionen Steuerausfälle durch ie steuerliche Abzugsfähigkeit der privaten Gelder soie rund 90 Millionen Euro an Verwaltungsaufwand. amit könnte man das BAföG in einem Umfang ausauen, von dem bisher viele nur träumen. Neben der Umwidmung der Stipendiengelder wäre es ine mindestens genauso wichtige Aufgabe für die Bunesregierung, nach Wegen für eine bessere Finanzaustattung der Länder und Kommunen zu sorgen. Sonst ringt es nämlich nichts, wenn die sogenannte christich-liberale Koalition zwar vollmundig mehr Geld im undeshaushalt für Bildung verspricht, den eigentlich erantwortlichen – den Bundesländern – durch Aktioen wie dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsesetz die Einnahmequellen beschneidet. Ich hoffe, dass Schwarz-Gelb zur Vernunft kommt und ich – geleitet von Sachargumenten – vom Nationalen tipendienprogramm verabschiedet und endlich nenenswert mehr Geld in eine sozial gerechtere Studierenenförderung steckt. Lassen Sie sich aber zumindest daon überzeugen, dass es mehr als ein Warnschuss ist, enn der Bundesrat das Stipendienprogramm ablehnt, bwohl dies morgen vermutlich die letzte Sitzung des undesrates mit schwarz-gelber Mehrheit sein wird. Innerhalb von vier Monaten debattieren wir zum wie erholten Mal das Thema BAföG und Stipendien. Das eigt, wie wichtig das Thema Ausbildungsfinanzierung nd Studienfinanzierung ist und wie ernst die Fraktioen es nehmen. Wir können nicht häufig genug darüber eden, wie wichtig es ist, ein Finanzierungssystem zu chaffen, das es allen ermöglicht, ihren Wünschen und ähigkeiten entsprechend Bildungsangebote wahrzuehmen, unabhängig vom Geldbeutel und der sozialen erkunft. Doch Reden allein genügt natürlich nicht. Es üssen nach allen Worten dann auch endlich Taten folen. Und vor allem müssen, wenn alle Fakten auf dem isch liegen, die richtigen Taten folgen. Leider haben ie letzten Wochen etwas anderes gezeigt. Sie haben geeigt, dass sowohl die Bundesregierung als auch die Kolitionsfraktionen sich zwar gerne selbst reden hören, ber nicht in der Lage sind, konstruktive Kritik anzunehen und umzusetzen. Doch statt zuzuhören, versuchten nion und FDP, verbissen und verkniffen ihr Stipenienprogramm zu verteidigen. Als hübsches Beiwerk Dr. Stefan Kaufmann gebene Reden )

Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1705540700




(A) )

wurden kleine Verbesserungen im BAföG-Gesetz darge-
boten. Kritik hagelte es von allen Seiten: Studierende,
Hochschulen, Wirtschaftsunternehmen- und verbände,
unabhängige Experten. Selbst die Länder formulierten
in ihren Stellungnahmen zu beiden Gesetzentwürfen Vor-
behalte. Insgesamt fiel die Beurteilung nicht gut aus.
Das BAföG-Gesetz erhielt die Note mangelhaft; das Sti-
pendiengesetz fiel komplett durch.

Die SPD hat immer betont, dass der vorgelegte Ent-
wurf zum BAföG-Änderungsgesetz richtige Ansätze,
aber keine wirklichen Verbesserungen oder gar eine
Ausweitung enthält. In mehreren Anträgen wurden kon-
struktive Vorschläge wie die Förderung von Teilzeitaus-
bildungen, eine mutigere Anhebung der Altersgrenze
oder eine Förderung durch Anhebung der Einkommens-
grenzen, die eine echte BAföG-Novelle ausgemacht hät-
ten, vorgelegt. Abgelehnt wurden diese und weitere Vor-
schläge mit der Begründung, dass die finanziellen Mittel
hierfür im Haushalt des Bundes nicht vorhanden wären.
Stattdessen werden aber für ein überteuertes, unsinniges
Stipendienprogramm, das kaum jemand will, Millionen
Euro verschleudert. Bereits in einem Entschließungsan-
trag hat die SPD die Koalitionsfraktionen aufgefordert,
das Stipendienprogramm aufzugeben und die frei wer-
denden Mittel für die Ausweitung und Weiterentwicklung
in der Ausbildungsförderung zu nutzen. Auch dieser An-
trag wurde vehement zurückgewiesen. Erneut sind im
Haushaltsentwurf für das Jahr 2011 10 Millionen Euro
für das Programm eingestellt.

Mit Oppositionsvorschlägen mag die Bundesregie-
rung so umgehen können. Tragisch ist nur, dass auch die
oftmals gleichen Vorschläge von unabhängigen Sach-
verständigen und Experten komplett ignoriert wurden.
Zudem kann man als Opposition nur staunend zu-
schauen, welchen Umgang die Union und FDP mit ihren
eigenen Leuten aus den Ländern pflegen. So haben die
Länder mit absoluter Mehrheit bereits signalisiert, dass
sie in der morgigen Sitzung des Bundesrates beim
BAföG-Gesetz den Vermittlungsausschuss anrufen wol-
len sowie das Stipendienprogramm ablehnen werden.
Damit drohen auch die wenigen noch zu diesem Winter-
semester 2010/2011 vorgesehenen BAföG-Verbesserun-
gen auszufallen. Das Festklammern am Stipendienpro-
gramm wird auf Kosten der Schüler und Studierenden
ausgetragen.

Die finanziellen Belastungen der Länder waren für
den Bund abzusehen. Die unseriöse Finanzpolitik der
Regierungskoalition hat den Ländern schwer zugesetzt.
Darum haben die Bundesländer den Bildungsgipfel zum
Scheitern gebracht. Darum steht die BAföG-Novelle vor
dem Scheitern. Es wird Zeit, dass CDU, CSU und FDP
endlich einen Kurswechsel vollziehen: vernünftige Fi-
nanzpolitik, Abkehr vom Stipendienprogramm und deut-
liche Verbesserungen des BAföG. Davon können auch
die Länder überzeugt werden.


Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1705540800

Dieser Antrag der Linken ist durch und durch unso-

zial, er geht an den Interessen der Studierenden vorbei
und zeigt den Bildungsinteressen Abertausender Studie-

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Zu Protokoll ge

(C (D ender die eiskalte Schulter. So entsteht nicht mehr ildungsgerechtigkeit in Deutschland. Deutschland raucht ein Nationales Stipendienprogramm – und wer ich verweigert, ist mit bildungspolitischer Blindheit gechlagen. Bekennen Sie sich offen zu Ihrer bildungsegostischen Haltung: Sie wollen nicht, dass weitere 60 000 Studierende eine Talentförderung erhalten. Sie ollen, dass die Begabungen von Studierenden nicht tärker gefördert werden. Sie wollen, dass Arbeiterkiner nicht besser nach ihrer Begabung gefördert werden. Sagen Sie doch offen, dass Sie mit Ihrer verquasten ildungsideologie allen talentierten jungen Menschen ie Rote Karte zeigen, und verhalten Sie sich nicht so, ls ob das etwas mit einer sinnvollen Bildungspolitik zu un hätte. Fragen Sie sich bitte selbst, ob Sie diesen Anrag – ich wiederhole: diesen unsozialen Antrag – aufechterhalten wollen. Ziehen Sie ihn zurück, und Sie ürden damit zeigen, dass Sie die soziale Spaltung in iesem Land nicht vorantreiben wollen. Mit unserem Konzept der Bildungsgerechtigkeit leien wir eine Trendwende für begabte junge Menschen in. Und genau das braucht Deutschland. In einem ersen Schritt erhalten alle Studierenden der Begabtenförerungswerke künftig statt eines Büchergeldes von 0 Euro den Betrag von 300 Euro. Dies ist ein richtiger chritt, der die wirklich gute Arbeit der Begabtenfördeungswerke stärkt. Und wir wollen diese Arbeit stärken nd ausbauen. Darüber hinaus ist es gut, eine zweite Säule der Beabtenförderung aufzubauen – unbürokratisch, dezental und nah bei den Studierenden und Professoren, diekt an der Hochschule. Denn genau das ist nötig: ein ystem, bei dem die Hochschule vor Ort über den Stuierenden vor Ort entscheidet. Es ist eine bildungspolitische Schande, dass gerade inmal 1,9 Prozent der Studierenden in Deutschland ein tipendium erhalten. Das heißt: 98,1 Prozent erhalten iese Chance nicht. Wer sich damit zufrieden gibt, der acht eine Politik an den Interessen der Studierenden orbei. Alle anderen Wirtschaftsund Wissenschaftsnatinen ziehen an uns in der Begabungsförderung vorbei. ir lassen uns in der wichtigen Frage der Talentförde ung einfach abhängen und schauen zu. Oh nein, das ird es mit uns nicht geben! Dies ist eine Frage der Bilungsgerechtigkeit. Unser Ziel ist es, Schritt für Schritt die Zahl der Stiendiaten zu verfünffachen. Das ist eine große Herausorderung, aber entweder wollen wir Talente endlich ichtig fördern oder nicht. Sie jedenfalls wollen die Stuierenden böse hängen lassen. Wer in Deutschland den AföG-Höchstsatz erhält, kommt aus einem Elternhaus, as sich das Studium nur ganz schwer leisten kann. Desegen hat es etwas mit gesellschaftlicher Fairness zu un, dass das Stipendium von 300 Euro noch dazu ommt. Kein einziger Cent vom BAföG wird abgezogen. enn wir wollen gerade diejenigen fördern, die das eld zum Studium wirklich brauchen. Ein weiteres Ziel ist es, die Förderung zu verbreitern. islang sind bei den geförderten Studierenden von 100 Swen Schulz gebene Reden )





(A) )

gerade einmal acht aus den Fachhochschulen. Wir wol-
len mehr Fördergerechtigkeit, die wir mit unserem Na-
tionalen Stipendienprogramm erreichen. Neben Univer-
sitätsstudierenden brauchen wir deutlich mehr Stipen-
dien für Fachhochschulen, pädagogische Hochschulen
und Duale Hochschulen. Das ist ein großes Ziel dieses
Programms. Und – vergessen wir alle nicht, dass gerade
an Fachhochschulen deutlich mehr Studierende aus
Nichtakademikerfamilien sind. Und genau deswegen
müssen wir hier ansetzen.

Außerdem ist das Nationale Stipendienprogramm ein
Bildungsprogramm, in dem der Staat mit Privaten zu-
sammenarbeitet. Wir wissen doch alle, dass wir eine hö-
here private Bildungsbeteiligung brauchen. Hier be-
kommen wir sie. Seien Sie deswegen nicht so fahrlässig
und setzen das so einfach aufs Spiel!

Und letztlich erreichen wir endlich eine noch stärkere
Ehemaligen-, eine Alumni-Kultur. Nordrhein-Westfalen
hat gerade gezeigt, dass 40 Prozent der Finanzen von
Alumni kommen. Dies ist ein goldrichtiger Schritt für
Deutschland, um endlich eine Alumni-Kultur aufzu-
bauen.

So erreichen wir einen akademischen Generationen-
vertrag für unser Land. Wer gegen das Nationale Stipen-
dienprogramm ist, verhält sich unsozial. Wer gegen
mehr Begabungsförderung ist, verhält sich unsozial.
Wer jungen Menschen ihre Förderung vorenthalten will,
verhält sich unsozial.

Sie, die Linken, stehen für eine unsoziale Bildungspo-
litik. Deswegen meine Bitte: Lehnen Sie alle diesen An-
trag ab! Damit dieses Land bei der Talentförderung end-
lich bildungsgerechter wird!


Nicole Gohlke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705540900

Die Bundesregierung ist mit ihrem Nationalen Stipen-

dienprogramm gescheitert. Sowohl Finanzausschuss als
auch Kulturausschuss des Bundesrates haben Ende Juni
mit deutlichen Mehrheiten dieses schwarz-gelbe Eliten-
förderungsprogramm abgelehnt – eine Ohrfeige für
Frau Merkel und Frau Schavan. Die Linke begrüßt es
ausdrücklich, dass das Stipendienprogramm nicht zu-
stande kommt, denn dieses Programm würde die soziale
Schieflage im Bildungs- und Hochschulsystem der BRD
weiter verschärfen. Aus dem vagen Ausblick, ein Stipen-
dium zu bekommen, das zudem an den Hochschulstand-
ort gebunden ist, entsteht keine Sicherheit in der Studien-
finanzierung. Die Bereitschaft von Jugendlichen aus
finanziell schlechter gestellten Familien, ein Studium
aufzunehmen, wird dadurch nicht gesteigert. Im Gegen-
teil zeigt jede bislang vorgelegte Statistik, dass gerade
diese Jugendlichen durch die leistungsbezogene Vergabe
von Stipendien übergangen werden – zugunsten von Stu-
dierenden aus höheren sozialen Schichten, die weniger
finanzielle Probleme haben.

Der Finanzausschuss des Bundesrates konnte sich je-
doch auch nicht durchringen, die kleine BAföG-Erhö-
hung zu befürworten, die auf Druck der Bildungspro-
teste zustande gekommen ist. Der Ausschuss hat die
Anrufung des Vermittlungsausschusses empfohlen, weil

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(C (D ie Länder kein Geld für die Kofinanzierung ausgeben ollen. Ein Verzicht auf diese Mini-BAföG-Erhöhung, ie der Ministerin von den streikenden Studierenden bgetrotzt worden ist und die gerade einmal einen Inlationsausgleich darstellt, wäre de facto eine Bildungsürzung und verantwortungslos gegenüber den Betroffeen. Wer aber – wie diese Regierung und ihre Vorgängeregierung – Bildung zur alleinigen Ländersache erklärt nd gleichzeitig die Haushalte der Bundesländer systeatisch austrocknet, der braucht sich nicht zu wundern, enn die Bildung insgesamt in Not gerät. Das alberne nd würdelose Schwarzer-Peter-Spiel um die Finanzieung der Bildung hat die Regierung mindestens genauso u verantworten wie die Ministerpräsidentinnen und Miisterpräsidenten, die die Vorhaben der Regierung jetzt lockieren! Ich sage es immer wieder: Erhöhen Sie endich den Spitzensteuersatz wenigstens auf das Niveau er 90er-Jahre, führen Sie wieder eine Erbschaftund ine Vermögensteuer ein, die den Namen auch verdieen, dann können Sie – und die Bundesländer – auch ehr Geld für Bildung ausgeben. 1972 hat das BAföG als Instrument gegen die soziale elektion im Bildungssystem noch 44 Prozent der Studieenden gefördert, heute sind es gerade noch 17 Prozent. ngesichts dieser Entwicklung muss doch jede Bildungsolitikerin und jeder Bildungspolitiker aufschreien. Wer a nicht gegensteuert, wälzt die Kosten der Wirtschaftsrise auf die Abiturientinnen, Abiturienten und Studieenden ab, statt sie zu ermutigen und zu unterstützen! Im egensatz zu dem, was Sie uns in Wahlkampfreden imer erzählen, machen Sie Politik gegen gute Bildung; as ist doch die Wahrheit, und das haben die Betroffenen uch längst begriffen. Daher ist es auch richtig, wenn ich Schülerinnen, Schüler und Studierende dagegen ehren und demonstrieren. Nach drei vertanen Bildungsgipfeln ist mit dem cheitern des Stipendienprogrammes jetzt die Chance a, einen ordentlichen BAföG-Ausbau durchzusetzen. ir fordern die Bundesregierung auf, das Stipendien rogramm endgültig sein zu lassen und die dafür vorgeehenen Gelder in die Absicherung des BAföG und einen mfassenden Ausbau zu stecken. Das wäre soziale Bilungspolitik und würde den tatsächlichen Bedürfnissen nd Forderungen der Studierenden entgegenkommen. utzen Sie die Gelegenheit und stimmen Sie unserem ntrag zu. Es ist gut, dass der Bundestag am Vorabend der ent cheidenden Bundesratssitzung über das schwarz-gelbe tudienfinanzierungspaket diskutiert und damit den undesländern ein weiteres klares Signal mit in ihre Beatungen geben kann. Für die grüne Fraktion sage ich ganz klar: Die lange erkündete BAföG-Erhöhung muss jetzt kommen. Sie arf weder torpediert noch verzögert werden; sie darf einesfalls scheitern. Bund und Länder müssen aufhöen, ihren zugespitzten Streit über Finanzierungsfragen uf dem Rücken der Studierenden auszutragen. An die Patrick Meinhardt gebene Reden )

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705541000




(A) )

ser Stelle rächt sich der dritte gescheiterte Bildungsgip-
fel in Folge; die Bildungsrepublik droht endgültig zur
Farce zu werden.

Wir alle – da bin ich mir sicher – teilen die Haltung,
dass auch die Bundesländer gegenüber ihren Studieren-
den in der Pflicht und in der Finanzierungsverantwor-
tung stehen – und sie deshalb den Weg für die BAföG-
Novelle frei machen sollten.

Die nur kleine, aber dennoch wichtige BAföG-Erhö-
hung mit Sparargumenten zu stoppen, würde ein fatales
Signal an die Studierenden senden, wäre eine Düpierung
von Merkel und Schavan sowie eine Blamage für die
Landesminister.

Wir sagen: Eine bessere Studienfinanzierung durch
ein stärkeres BAföG ist eine dringend notwendige Zu-
kunftsinvestition – in kluge Köpfe, gegen Akademiker-
mangel und Wirtschaftsflaute. Daher ist es notwendig,
die BAföG-Novelle spätestens im Vermittlungsausschuss
zu beschließen.

Wir Grüne fordern den Bundesrat zugleich dazu auf,
das ungerechte, überdimensionierte und unausgegorene
Nationale Stipendienprogramm zu kippen und nicht wei-
ter zu verfolgen. Das mit großem Tamtam angekündigte
Programm ist ein reines Prestigeprojekt von FDP und
Ministerin Schavan, das kein Problem der Lebensunter-
haltsfinanzierung Studierender löst. Nicht nur die Stu-
dierenden und die Mehrheit der Länder lehnen dieses
Programm ab und kritisieren es, sondern auch Stipen-
diaten der Begabtenförderungswerke, die Hochschulen
sowie Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände.

Wir sagen: Elitestipendien für wenige sind der fal-
sche Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit; stattdessen be-
darf es eines BAföG-Ausbaus für viele. Statt Stipendien-
lotterie braucht es klare Rechtsansprüche.

Ein mögliches Scheitern des Stipendienmurkses im
Bundesrat ist übrigens seit Monaten absehbar. Aber die
schwarz-gelbe Koalition wollte trotzdem daran festhal-
ten und mit dem Kopf durch die Wand. Damit sind die
Bundesbildungsministerin und die schwarz-gelbe Koali-
tion von Anfang an das hohe Risiko eingegangen, dass
ihre eher halbherzige BAföG-Novelle zum Spielball ei-
nes Bund-Länder-Kuhhandels im Vermittlungsausschuss
wird.

Die Koalition darf die Studierenden und das BAföG
nicht länger als Faustpfand für ein sinnloses Stipendien-
gesetz instrumentalisieren. Sie müssen endlich die einzig
richtige Schlussfolgerung ziehen und das Nationale Sti-
pendienprogramm noch heute zurückziehen.

Die von Bund und Ländern für das Stipendienpro-
gramm vorgesehenen 160 Millionen Euro Steuermittel
dürfen aber nicht in Haushaltslöchern verschwinden,
sondern sollten in einen echten und deutlicheren Ausbau
des BAföG investiert werden. Dann kann das Zurückzie-
hen des Stipendienprogramms zum großen Wurf für die
Studierenden werden. Ein solches konstruktives Angebot
des Bundes wäre ein genereller Fortschritt im festgefah-
renen Bund-Länder-Streit um die Bildungsfinanzierung.

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Zu Protokoll ge

(C (D Mit der Etablierung des Nationalen Stipendienproramms würde eine der größten Gerechtigkeitslücken eschlossen, behauptet zum Beispiel FDP-Bildungsprecher Patrick Meinhardt. Das sehe ich komplett aners. Was ist das für ein Gerechtigkeitsverständnis? Das tipendiengesetz ist ein schwarz-gelbes Exklusivproramm für ohnehin chancenreiche Akademikerkinder. nstatt gezielt in die Bildungspotenziale von Nichtakaemikerkindern zu investieren, verhindert das Proramm eine soziale Öffnung der Hochschulen und verchärft die soziale Schieflage beim Campuszugang. Bei nur zwei Semestern Förderverpflichtung können tudierende keine verlässliche Studienfinanzierung erarten. Zudem ist nach einem Studienortwechsel das tipendium futsch – mobilitätsfeindlicher geht es kaum. uch wird die Wahl des Studienortes die entscheidende röße bei der Chance auf ein Stipendium sein. Diese ehlentwicklungen lassen sich bereits in Nordrheinestfalen beobachten. Die Hochschulen haben die komlette Organisation des Programms selbst zu schultern nd zu finanzieren. Es ist kein grünes Verständnis von ochschulautonomie, dass die Bundesregierung hehre iele setzt, die vor Ort praktisch unerreichbar sind. Wenn Herr Meinhardt vom „fairen Zugang zur Beabtenförderung“ spricht, dann sollte er sich einmal tudien zur Stipendienvergabe vor Augen halten: Daaus geht hervor, dass Habitus und Herkunft mit darüber ntscheiden, ob man in den Genuss eines Stipendiums elangt. Es ist eine der großen schwarz-gelben Lebensügen, dass sich die Stipendienvergabe nur an Leistung nd Begabung orientiere. Wichtig ist: Wir sagen nicht Nein zu Stipendien, sonern Nein zu diesem schwarz-gelben nationalen Stipenienmurks. Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, in Konzept für ein zielgenaues Stipendiensonderproramm vorzulegen, das die Belange von Studierenden us bisher hochschulfernen und unterrepräsentierten ruppen besonders berücksichtigt: aus Nichtakademi erhaushalten, Bildungsaufsteiger mit Migrationsgechichte, ohne schulische Hochschulzugangsberechtiung sowie ferner chronisch Kranke, studierende Eltern nd pflegende Studierende. Ein solches Stipendiensonerprogramm würde dazu beitragen, die Bildungsbeteiigung insgesamt zu erhöhen. Im Vordergrund muss aber stehen, zu einem tatsächich ambitionierten Ausbau des BAföG zu kommen – uch, weil sich schon durch die letzte Novelle der Kreis er Geförderten kaum erweitert hat. Daher brauchen ir unter anderem eine Erhöhung der Freibeträge und ördersätze um mindestens 5 Prozent und ein Absenken er BAföG-Verschuldungsobergrenze. Diese und weitere nderungsanträge haben wir hier im Bundestag eingeracht und zudem mit unserem Zwei-Säulen-Modell eine ittelfristige Reformperspektive aufgezeigt. Das Zweiäulen-Modell brächte eine gerechtere, bessere, verässlichere und leistungsfähigere Studienfinanzierung ls heute und endlich die überfällige soziale Öffnung der ochschulen, die wir uns wünschen. Für den morgigen undesrat wünschen wir uns, dass er grünes Licht für ine BAföG-Erhöhung gibt und die Länder dem Stipen Kai Gehring gebene Reden Kai Gehring )








(A) )

dienmurks ein Stoppschild verpassen. Nur so kann die
richtige Priorität Realität werden und das BAföG zum
kommenden Wintersemester erhöht werden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705541100

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/2427 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie ein-
verstanden. Damit ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Oliver
Krischer, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

EU-Fördermittel aus dem Emissionshandel
für erneuerbare Energien und zur Verringe-
rung prozessbedingter Emissionen

– Drucksache 17/2430 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. –
Damit sind Sie einverstanden. Es geht um die Reden der
Kollegen Jens Koeppen, Frank Schwabe, Michael
Kauch, Eva Bulling-Schröter und Oliver Krischer.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2430 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-
verstanden, wie ich sehe. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.

Damit rufe ich den Tagesordnungspunkt 32 sowie die
Zusatzpunkte 6 und 7 auf:

32. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Gerold
Reichenbach, Dr. Eva Högl, Gabriele
Fograscher weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

zu dem Entwurf der Europäischen Kommis-
sion für das Verhandlungsmandat eines
neuen Abkommens zwischen der Europäi-
schen Union und den Vereinigten Staaten
von Amerika über die Verarbeitung von
Zahlungsverkehrsdaten und deren Über-
mittlung für die Zwecke des Programms der
USA zum Aufspüren der Finanzierung des
Terrorismus (kurz: SWIFT-Abkommen),
Ratsdok. 7936/10 vom 24. März 2010

hier: Stellungnahme gegenüber der Bun-
desregierung gemäß Artikel 23 Ab-
satz 3 des Grundgesetzes

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v1) Anlage 10

(C (D Neues SWIFT-Abkommen nur nach europäischen Grundrechtsund Datenschutzmaßstäben – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Einstellung der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika um ein neues SWIFT-Abkommen und Verzicht auf ein europäisches Abkommen über ein Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus – Drucksachen 17/1407, 17/1560, 17/2469 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Hans-Peter Uhl Gerold Reichenbach Gisela Piltz Jan Korte Dr. Konstantin von Notz P 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Dr. Hans-Peter Uhl, Reinhard Grindel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Gisela Piltz, Manuel Höferlin, Dr. Stefan Ruppert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Datenschutz bei der transatlantischen Zusammenarbeit zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus – Drucksache 17/2431 – P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu einem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (Ratsdokument 11172/10)


hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes in Verbindung mit
§ 9 EUZBBG

Finanzdaten der Bürgerinnen und Bürger Eu-
ropas schützen – SWIFT ablehnen

– Drucksache 17/2429 –

Wie in der Tagesordnung bereits ausgewiesen, wer-
en die Reden zu Protokoll gegeben, und zwar folgen-
er Kollegin und Kollegen: Dr. Hans-Peter Uhl, Gerold
eichenbach, Gisela Piltz, Jan Korte und Dr. Konstantin
on Notz.


(A) )


)(B)


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1705541200

Das Europäische Parlament hat heute mit großer

Mehrheit ein SWIFT-Abkommen angenommen, welches
das Ergebnis eines langen und sorgfältigen Verhand-
lungsprozesses ist. Dieses neue Abkommen war nötig
geworden, nachdem das europäische Parlament im Fe-
bruar 2010 das SWIFT-Interimsabkommen abgelehnt
hatte, über das wir zuvor auch im Deutschen Bundestag
leidenschaftlich debattiert hatten.

Bereits bei der damaligen Debatte wurden zwei
Dinge klargestellt:

Erstens ist Kontodatenabfrage ein taugliches Mittel
zur Terrorbekämpfung. Die Datenströme zur Finanzie-
rung von Terrorismus zu erkennen, ist ein nützliches
Mittel, um gegen Terroristen vorzugehen. Ein Beispiel
für die erfolgreiche Nutzung von Finanztransaktionsda-
ten in Deutschland ist das Verbot des Hamas-Spenden-
sammelverein al-Aqsa, das tragend auf solchen Infor-
mationen beruhte. In Großbritannien konnten geplante
Terroranschläge auf Transatlantikflüge verhindert wer-
den und auf dieser Grundlage drei Personen zu hohen
Haftstrafen verurteilt werden.

Zweitens steht aber auch fest, dass Kontodaten hoch-
sensible persönliche Daten sind, die ein hohes Daten-
schutzbedürfnis mit sich bringen. Zwar war eindeutig,
dass ein SWIFT-Abkommen beiden Seiten ein höheres
Maß an Rechtssicherheit geben würde als die Datenwei-
tergabe in der Folgezeit des 11. September 2001 und
auch besser wäre als die brieflichen Abmachungen zur
Datenweitergabe des SPD-Ministers Steinbrück aus dem
Jahr 2007, welches die ursprüngliche Grundlage des
SWIFT-Abkommens darstellte. Trotzdem muss ein
höchstmögliches Maß an Daten- und Rechtsschutzmög-
lichkeiten für den Bürger im Mittelpunkt stehen.

Deswegen habe ich bereits damals betont, dass es an
den Parlamentariern des Europäischen Parlaments und
des Bundestages wäre, in diesem Spannungsverhältnis
zwischen Sicherheit und Datenschutz auf einen gangba-
ren Kompromiss bei einem dauerhaften SWIFT-Abkom-
men hinzuwirken.

Neben den Abgeordneten des Bundestages und der
deutschen Regierung haben sich die Abgeordneten des
Europäischen Parlaments in dieser Frage als strenger
Prüfstein erwiesen. Wegen Bedenken beim Daten- und
Rechtsschutz haben sie das Interimsabkommen zu
SWIFT am 11. Februar abgelehnt. Jedoch wurden we-
gen der unbestreitbaren Wichtigkeit des Abkommens als-
bald Neuverhandlungen mit den USA aufgenommen, in
denen die Vorbehalte thematisiert wurden.

Das vorgelegte neue SWIFT-Abkommen stellt ein re-
spektables Ergebnis dieser Verhandlungen dar, was
nicht zuletzt auch durch die breite Unterstützung von
Christdemokraten, Liberalen und Sozialdemokraten bei
der heutigen Annahme im Europäischen Parlament do-
kumentiert wurde.

Das Abkommen enthält insbesondere im Hinblick auf
den Rechtsschutz und auf den Datenschutz deutliche
Verbesserungen gegenüber dem Interimsabkommen.

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(C (D ervorzuheben sind besonders folgende Verbesserunen: Jedes US-Ersuchen muss auch in Bezug auf die Daenarten spezifiziert und eingeschränkt werden. Die enge der zu übermittelnden Daten ist möglichst gering u halten. Eine noch im Interimsabkommen enthaltene usnahmeregelung, die es bei technischen Schwierigeiten erlaubte, unspezifische Daten, die dem Ersuchen icht entsprechen, im Paket zu übermitteln, ist nunmehr ntfallen. Europol wird als zuständig erklärt, die US-Eruchen auf Übereinstimmung mit dem Abkommen zu berprüfen. Europol besitzt dabei die Fachkunde, nötienfalls mit den USA auf Augenhöhe die dem Ersuchen ugrunde liegende Gefährdungsbewertung und den daaus abgeleiteten Übermittlungsumfang zu diskutieren. eiterhin wird eine Drittstaatenübermittlung nun rundsätzlich nur bei Zustimmung des jeweiligen Urprungsstaats zulässig. Ausnahmen bestehen nur bei efahr im Verzug und bei dringenden schweren Gefah en. Berichtigungs-, Löschungsund Sperrungsrechte önnen künftig – betroffenenfreundlich – jeweils über ie Datenschutzbehörde des jeweiligen Mitgliedstaats eltend gemacht werden, die die Anfrage an das US-Fianzministerium weiterleitet. Das Abkommen sieht in Art. 2 Abs. 1 vor, dass die ommission binnen eines Jahres einen Entwurf hin ichtlich der Einrichtung eines EU-Systems zur Extraierung spezifischer Daten vorlegen soll. Durch die chaffung technischer und rechtlicher Möglichkeiten für ie Extrahierung spezifischer Daten durch die EU selbst önnte der Übermittlungsumfang auf Verdachtsfälle reuziert werden. Die Kommission wird dazu aufgefordert, rei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens einen Beicht über den Fortgang der Einrichtung des EU-TFTP bzuliefern. Falls das vergleichbare EU-System fünf ahre nach dem Inkrafttreten des Abkommens noch nicht ufgebaut worden ist, prüft die Union, ob das Abkomen in Übereinstimmung mit Art. 21 Abs. 2 zu kündigen st. Trotz dieser und weiterer Verbesserungen konnten leier nicht alle Verhandlungsleitlinien umgesetzt werden. ie Höchstspeicherdauer beträgt weiterhin fünf Jahre. llerdings ist ein ausgefeilter Evaluierungsmechanisus vorgesehen, der die Speicherdauer laufend kritisch interfragt und gegebenenfalls revidiert. Beim gerichtlihen Rechtsschutz ist es nach wie vor lediglich bei einer erweisung auf US-Recht geblieben. Angesichts des ehr dichten Netzes administrativen Rechtsschutzes und er auch verfahrensmäßig starken Position der EU bei er Kontrolle der Vertragsdurchführung wird dies aber raktisch kompensiert. Zur weiteren Verbesserung der berechtigten Datenchutzbedürfnisse des Einzelnen begrüßen wir ausrücklich die Bemühungen der Europäischen Union um in allgemeines Datenschutzabkommen zwischen der U und den USA für polizeiliche und justizielle Zusamenarbeit in Strafsachen. Das allgemeine Datenschutzbkommen kann dazu beitragen, dass diesseits und jeneits des Atlantiks ein hohes Datenschutzniveau bei der ehördlichen Zusammenarbeit geschaffen wird und die gebene Reden )





(A) )

bereichsspezifischen Regelungen des SWIFT-Abkom-
mens damit in ein umfassendes Datenschutzregime ein-
gebettet werden. Wir bitten die Bundesregierung deswe-
gen in unserem Antrag, ihre bisherigen Bemühungen in
Richtung auf ein datenschutzfreundliches und dem Bun-
desrecht Rechnung tragendes Datenschutzabkommen
der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten von
Amerika fortzusetzen.

Das vorliegende SWIFT-Abkommen, insbesondere in
Verbindung mit unserer fortgesetzten Arbeit und Auf-
merksamkeit auf diesem Gebiet, ist ein Kompromiss zwi-
schen Sicherheit und Datenschutz, der alle Seiten ange-
messen berücksichtigt. Die Zustimmung im Rat und im
Europäischen Parlament kann auch der Deutsche Bun-
destag mit gutem Gewissen unterstützen.


Gerold Reichenbach (SPD):
Rede ID: ID1705541300

Lassen Sie mich eines vorab zu dem nun auch vom

Europaparlament mitgetragenen SWIFT-Abkommen sa-
gen: Meine Fraktion und ich waren doch sehr verwun-
dert darüber, wie einfach es sich die Bundesregierung
aus CDU/CSU und FDP bei den Verhandlungen zu
SWIFT gemacht hat. Teilweise hatte man nicht das Ge-
fühl, dass die Bundesregierung ein nachdrückliches In-
teresse daran hat, hier deutsche Datenschutz- und
Rechtsschutzstandards zu implementieren. Nicht einmal
den Versuch konnte man erkennen, man hat sich im dop-
pelten Wortsinne „enthalten“.

Beim Bundesinnenminister hatte man eher das Ge-
fühl, dass er vor sich hin trudelte, frei nach dem Motto:
Halb zog man ihn, halb sank er dahin. Und auch die
Bundesjustizministerin und ihre FDP, die noch vor der
Wahl und in der Opposition tönten, keine Zugeständ-
nisse bei SWIFT machen zu wollen und die Wahl im Sep-
tember 2009 abzuwarten, frei nach dem Motto: Wir ver-
hindern das dann!, war während der Verhandlungen
komplett auf Tauchstation gegangen. Von ihr habe ich in
den letzten Wochen und Monaten nicht viel zu diesem
Thema gehört.

Die gleiche Strategie hatte die Frau Bundesjustizmi-
nisterin bereits im ersten Anlauf bei dem am 30. Novem-
ber 2009 von den europäischen Innen- und Justizminis-
tern unterzeichneten SWIFT-Abkommen gefahren. Am
Beginn der Verhandlungen wurde noch einmal kurz ein
kleines Hin und Her bemüht zwischen den Ressorts In-
nen und Justiz, doch am Ende durfte der Bundesinnen-
minister schalten und walten und sich einfach in Brüssel
enthalten, um so den Weg für den ersten Anlauf SWIFT-
Abkommen zu ebnen. Und da frage ich Frau
Leutheusser-Schnarrenberger: Warum haben Sie denn
Ihrem federführenden Kollegen im Bundesinnenministe-
rium nicht genauer auf die Finger gesehen?! Bei dem
ganzen Streit, der zwischen der Koalition herrschte, wäre
es auf diesen einen Punkt auch nicht mehr angekommen.
Außerdem wäre Ihnen zumindest damit ein bisschen
Glaubwürdigkeit erhalten geblieben.

Sie müssen sich deshalb als Bundesregierung auch
bei dem jetzt vorliegenden Ergebnis schon die Frage der
Opposition gefallen lassen: War da wirklich nicht mehr
möglich? Wenn Sie mir jetzt mit dem Gegenargument

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(C (D ommen, mit den Amerikanern war ja nicht mehr auszuandeln: Ja das haben Sie zu dem ersten, im EU-Parlaent gescheiterten Abkommen auch behauptet. Wie Sie etzt selbst im Antrag der Regierungskoalition feststelen, war sehr wohl mehr in den Verhandlungen „herausuholen“, und dass aufgrund der Intervention des Euroaparlaments noch einmal nachgebessert wurde, zeigt och, dass auch da noch mehr möglich war. Nicht zuletzt auch deshalb lässt sich die SPD-Bundesagsfraktion ihre immer noch erheblichen Bedenken geen die nun verabschiedete Version des Abkommens icht nehmen. Nach wie vor enthält das Abkommen Reelungen, die unseren rechtsstaatlichen, verfassungsnd datenschutzrechtlichen Grundsätzen nicht entsprehen. Wir erachten die Speicherungsund Löschungsristen immer noch als zu lang. Die allgemeine fünfährige Speicherfrist für übermittelte Daten ist nangemessen und nicht erforderlich für Ermittlungen m Bereich der Terrorismusabwehr, zumal hier ganze atenpakete, auch die von nicht Betroffenen, sozusagen uf Vorrat über fünf Jahre gespeicherte werden. Wir kritisieren die Einsetzung von Europol als Konrollbehörde. Es widerspricht dem Prinzip der unabhänigen Kontrolle, dass eine Behörde, die ein eigenes Inteesse an den von ihr freigegebenen Daten hat, als etztgültige Kontrollinstanz eingesetzt wird. Wir bezweieln stark, dass eine solche Behörde nach Rechtsstaatichkeitsgrundsätzen Kontrollinstanz sein kann. Es ist icht mit unserem Rechtsstaatsempfinden vereinbar, ass eine Behörde, die selbst Daten oder deren Ergebisse für Ermittlungen nutzt, gleichzeitig auch die echtmäßigkeit der Weitergabe und Speicherung der aten überprüfen darf. Dies stellt keine unabhängige Kontrolle im Sinne des atenschutzrechts und unter anderem auch im Sinne der echtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dar, er erst in diesem Jahr geurteilt hatte, dass eine Datenchutzkontrolle im Sinne des Gemeinschaftsrechts unabängig von Behörden und der Aufsicht der jeweiligen egierung zu erfolgen hat. Der Europäische Gerichtshof tellte in seinem Urteil nämlich fest, dass die Datenchutzaufsichtsbehörden für den nichtöffentlichen Beeich in Deutschland nicht völlig unabhängig sind und ie Bundesrepublik Deutschland damit gegen die Verflichtung aus Art. 28 der Datenschutzrichtlinie vertößt. Europarechtswidrig ist nicht nur die organisatorische inbindung zahlreicher Datenschutzaufsichtsbehörden ür den nichtöffentlichen Bereich in die Innenministeien, sondern auch die Aufsicht der Regierungen über ie Datenschutzbehörden. Das gilt aber auch im überragenen Sinne für Europol. Wir sehen es ebenso als öchst problematisch an, dass der Zuständigkeitsbeeich von Europol über den Umweg eines internationaen Abkommens erweitert wird, ohne dass dies im Euroäischen Parlament und im Bundestag ausreichend ebattiert worden ist. Wir bemängeln weiter, dass große Datenpakete imer noch übermittelt werden können, ohne dass vorher ine Extraktion stattfindet. Wir verweisen hier auf die Dr. Hans-Peter Uhl gebene Reden )





(A) )

engen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Vor-
ratsdatenspeicherung, welches bereits eine sechsmona-
tige Speicherfrist für den Fall der Telekommunikations-
datenspeicherung als unzulässig erachtete. Nach dem
Urteil wurde der Gesetzgeber dazu verpflichtet, „an-
spruchsvolle und normenklare Regelungen“ unter dem
Gebot von Datenschutz, Datensicherheit, Transparenz
und Rechtsschutz zu schaffen. Wir hegen große Zweifel,
ob das SWIFT-Abkommen in seiner derzeitigen Form
mit den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten
Grundsätzen vereinbar ist.

Die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich nicht
grundsätzlich gegen ein Abkommen aus. Wir halten die
Zusammenarbeit zur Terrorismusbekämpfung für wich-
tig und unabdingbar. Aber wir können einem entspre-
chenden Abkommen nur zustimmen, wenn Freiheits- und
Bürgerrechte ausreichend berücksichtigt und entspre-
chende Schutzmechanismen für die Betroffenen geschaf-
fen worden sind.

Auch der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter
Hustinx sowie der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter
Schaar bezweifeln in ihren Stellungnahmen zu dem Ab-
kommen die Rechtmäßigkeit der vorgesehenen Übertra-
gung von großen Datenmengen sowie der fünfjährigen
Speicherfrist. Wir befinden uns mit unserer Kritik also in
guter Gesellschaft und überziehen keineswegs oder be-
treiben ein Wunschkonzert.

Man muss der Bundesregierung am Ende vorwerfen,
Freiheits- und Bürgerrechte nicht in Einklang mit dem
Bedürfnis nach Terrorismusabwehr und Sicherheit ge-
bracht zu haben. Wir halten daran fest, dass das nunmehr
ausgehandelte Abkommen im Ergebnis unter daten-
schutzrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gesichts-
punkten nicht ausreichend ist.

Wir honorieren sehr wohl die Arbeit der Parlamenta-
rier im Europaparlament, insbesondere die der SPE-
Fraktion, denn ohne sie wäre es nie zur Verhinderung
des ursprünglichen Abkommens und zu Neuverhandlun-
gen gekommen. Die hier nun vorliegenden Verbesserun-
gen sind nicht das Ergebnis der guten Verhandlungen
der Bundesregierung, sondern allein dem rigorosen Ein-
schalten des Europaparlaments geschuldet. Dies müs-
sen wir noch einmal hervorheben.

Noch eine Anmerkung an die Kolleginnen und Kolle-
gen der FDP: Sie können sich in Ihrer Verantwortung
nicht damit herausreden, was Rot-Grün oder Sozialde-
mokraten vorher angeblich alles gemacht oder nicht ge-
macht haben. Das reicht nicht als Begründung dafür
aus, dass Sie jetzt einem Abkommen sang und klanglos
zustimmen, das wesentliche Forderungen, die Sie in Ih-
rer Oppositionsarbeit und die Ihre Justizministerin auf-
gestellt haben, nicht erfüllt. Hier hätten wir gerade auch
von einer „Möchtegern-Bürgerrechts- und -Freiheits-
rechte-Partei“ mehr erwartet.

Zwar können wir heute über das Abkommen selbst
nicht mehr abstimmen, aber unser Votum zu den vorlie-
genden Anträgen macht deutlich: Wir stimmen dem aus-
gehandelten Abkommen nicht zu.

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(C (D Im Frühsommer 2006 wurde bekannt, dass mit Wis en des damaligen SPD-Bundesfinanzministers US-Beörden Zugriff auf SWIFT-Daten von europäischen Bürerinnen und Bürgern erhalten hatten. Von einem bkommen, von rechtlichen Absicherungen, von Datenchutz und Rechtsschutz für die Menschen in Deutschand und Europa war da nicht die Rede. Es ist übrigens bezeichnend, dass heute am lautesten ie schreien, die beim internationalen Datenaustausch icht immer an den Datenschutz gedacht haben. Ich öchte hier einmal die Grünen daran erinnern, dass zu hrer Regierungszeit ihr Außenminister dem PNR-Abommen zugestimmt hat. Nur, um Ihrem Gedächtnis ein enig auf die Sprünge zu helfen: Darin sind 15 Jahre peicherfrist vorgesehen. Die Daten in 34 Datenkategoien über Essensgewohnheiten, Kreditkartendaten bis in zu Gepäckinformationen oder Mietwagenreservieungen können ohne weitere Kontrolle, geschweige denn enehmigung an alle US-amerikanischen Behörden wie uch Drittstaaten weitergegeben werden. Es gibt keine egelung, die besonders sensible Daten schützt; sonern Daten zum Beispiel mit Bezug zu Religion und lauben können genutzt werden. Beim Zugang zu admiistrativem oder gerichtlichem Rechtsschutz sind NichtS-Bürger gerade nicht mit US-Bürgern gleichgestellt. a, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, würde ich ich an Ihrer Stelle jetzt mal nicht so aus dem Fenster ehnen. Gewiss könnte in einer perfekten Welt auch beim WIFT-Abkommen alles noch besser sein, aber in der ealen Welt haben Kommission, Rat und Europaparlaent im Rahmen des Möglichen aufgrund des geltenden merikanischen Rechts ziemlich viel herausgeholt. Erst wegen des Umzugs der SWIFT-Server nach Belien wurden Verhandlungen über ein SWIFT-Abkommen ufgenommen und so überhaupt erstmalig Datenschutznd Rechtsschutzvorgaben mit den USA angesprochen. it dem Interimsabkommen, das zunächst verhandelt orden war, konnten aber keine zufriedenstellenden Erebnisse erzielt werden. Es ist daher richtig und gut geesen, dass das Europäische Parlament das Interimsabommen abgelehnt hatte. Die darauffolgenden neuen Verhandlungen brachten in Ergebnis hervor, das schon besser war. Aber „beser“ ist nicht „gut“. Das Europäische Parlament hat ier erneut dafür gesorgt, dass aus „besser“ nun chließlich „annehmbar“ geworden ist. Die christlich-liberale Koalition hat in ihrem Antrag, en wir heute hier debattieren, ihre Erwägungen dargeegt. Wir sind nicht blind gegenüber den Punkten, die ielleicht noch nicht perfekt sind. Aber wir sind auch icht blind gegenüber den vielen Punkten, bei denen etzt die Vorgaben für Datenschutz und Rechtsschutz umesetzt wurden. Die Bundesregierung hat dies im Rat geauso dargelegt: Datenschutzniveau und Rechtsschutziveau im neuen Abkommen sind so erheblich verbessert orden, dass dieses Abkommen die Bürgerinnen und ürger in ihren Rechten besser schützt. Besonders hervorzuheben ist, dass nunmehr grundleende Ansprüche, die aus dem Recht auf informationelle Gerold Reichenbach gebene Reden )

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1705541400




(A) )

Selbstbestimmung folgen, namentlich Rechte auf Aus-
kunft, Richtigstellung, Sperrung und Löschung persönli-
cher Daten, ausdrücklich im Abkommen enthalten sind.
Dabei können diese Rechte von EU-Bürgerinnen und
EU-Bürgern über die jeweiligen Datenschutzbeauftrag-
ten ihres Herkunftslandes geltend gemacht werden. Dies
birgt eine positiv zu bewertende Verfahrenserleichte-
rung für die Geltendmachung grundlegender Rechte.

Die Beschränkungen bei der Weitergabe an Drittstaa-
ten, die nunmehr von der Genehmigung des Herkunfts-
landes des Betroffenen abhängt, tragen dafür Sorge,
dass an Drittstaaten, in denen ein angemessenes Schutz-
niveau beim Daten- und Rechtsschutz nicht vorhanden
ist, die Datenweitergabe verweigert werden kann.

Die strikte Begrenzung auf Daten mit Bezug zu inter-
nationalem Terrorismus und die klare Eingrenzung
durch die Übernahme der allgemein anerkannten Defi-
nition des internationalen Terrorismus der Vereinten
Nationen ist ebenfalls zu begrüßen.

Es wäre vermessen, zu behaupten, dass das SWIFT-
Abkommen nun ohne jeden Fehl und Tadel ist. Wenn-
gleich nunmehr innerhalb der EU durch Europol alle
Anfragen verifiziert werden, bevor SWIFT die Daten im
Push-Verfahren an das US Treasury Department über-
mittelt, werden doch nach wie vor Massendaten über-
mittelt. Die Extrahierung der tatsächlich relevanten Da-
ten erfolgt nach wie vor in den USA. Auch wenn das
Europaparlament dankenswerterweise erreicht hat, dass
der Zugriff und die Auswertung in den USA durch einen
europäischen Beamten überwacht und gegebenfalls
auch blockiert werden können, liegt hier der größte Kri-
tikpunkt. Es ist daher gut, dass das Europaparlament
weiterhin erreicht hat, dass die EU-Kommission inner-
halb eines Jahres ein Konzept vorlegen wird, um die Da-
tenextrahierung innerhalb der EU selbst vorzunehmen.
Hierzu müssen die technischen und rechtlichen Rahmen-
bedingungen geregelt werden. Die Übergangslösung mit
der Überwachung durch einen europäischen Beamten in
den USA ist jedoch hinnehmbar, da durch die Jahresfrist
in absehbarer Zeit die Massendatenübertragungen be-
endet sein werden.

Mit dem SWIFT-Abkommen wurde also schon viel er-
reicht, was Datenschutz und Rechtsschutz bei der trans-
atlantischen Zusammenarbeit, die für die Bekämpfung
des internationalen Terrorismus unverzichtbar ist, an-
geht. Aber natürlich ist die Debatte nicht beendet. Es
gibt noch viel zu tun. Daher ist es besonders zu begrü-
ßen, dass die EU und die USA nunmehr Verhandlungen
über ein generelles Rahmenabkommen aufnehmen wer-
den, um bei jedem Datenaustausch ein hohes Schutzni-
veau zu gewährleisten.

Insbesondere müssen die Rechte des Betroffenen auf
Auskunft, Löschung, Richtigstellung oder Sperrung ver-
ankert werden, ebenso wie ein starker Rechtsschutzme-
chanismus, der eine unabhängige Prüfung ermöglicht.
Der Grundsatz der Datensparsamkeit muss generell ver-
ankert werden und auch das Prinzip, dass generell Da-
ten möglichst kurz gespeichert werden und nicht oder
nicht mehr benötigte Daten umgehend zu löschen sind.
Die Weitergabe von Daten muss an strikte Bestimmun-

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(C (D en geknüpft werden, insbesondere an einen Zustimungsvorbehalt des Herkunftsstaates bei Weitergabe an rittstaaten. Auch müssen Haftungsregelungen für echtswidrige Datenverarbeitung oder Pflichtverstöße nthalten sein. Es ist meine feste Überzeugung, dass gerade die WIFT-Debatte in Deutschland und Europa insgesamt ntscheidend dazu beigetragen hat, dass nun endlich ewegung in die Verhandlungen über ein solches Rahenabkommen gekommen ist und auf beiden Seiten des tlantiks die Erkenntnis stärker geworden ist, dass atenschutz als grundlegendes Menschenrecht nicht un er den Tisch fallen darf, auch dann nicht, wenn es um as gemeinsame Ziel der Bekämpfung des internationaen Terrorismus geht. Die Verhandlungen über SWIFT sind nun abgeschlosen. Die Verhandlungen über das allgemeine Datenchutzabkommen beginnen erst. Es wird nun die Aufabe auch Deutschlands sein, bei den Verhandlungen er Kommission mit den USA über den Rat darauf zu rängen, dass das Abkommen ein Erfolg für den Datenchutz und für den Rechtsschutz wird. Am heutigen Nachmittag hat die Mehrheit des Euro äischen Parlaments den zweiten Anlauf für ein Abkomen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten USA – über die Übermittlung von internationalen ankdaten und Bankkundendaten durchgewinkt. Ledig ich die Linksfraktion und die Fraktion der Grünen im P haben geschlossen gegen dieses Abkommen getimmt. Von den datenschutzund bürgerrechtlichen Bedenen bei Sozialdemokraten und Liberalen vom vergangeen Februar ist heute in Straßburg nichts mehr übrig gelieben. Dabei sind die Veränderungen des aktuellen bkommens zu dem ersten Entwurf Anfang des Jahres anders als es Union und FDP in ihrem Antrag behaup en – reine Kosmetik. Noch immer können Millionen Daensätze an das US-Heimatschutzministerium und desen angeschlossene Geheimdienste übermittelt und von iesen für fünf Jahre gespeichert werden. Zuständig für die Verarbeitung US-amerikanischer egehrlichkeiten ist künftig die europäische Polizeibeörde Europol. Doch weder das Europol-Übereinkomen noch die interne Struktur der europäischen Polizeiehörde sehen derartige Befugnisse vor. Im Kern soll lso eine Polizeibehörde eine Polizeiund Geheimienstbehörde kontrollieren. Das ist das glatte Gegenteil iner unabhängigen Kontrollinstitution; das ist keine ontrolle durch das Europäische Parlament oder einen ichter. Rechtsstaatliche Verfahren sehen anders aus. Nun hören wir als starke Oppositionskraft immer ehr aufmerksam zu, wenn in den Beratungen des Bunestages die Bundesregierung Stellung zu politischen orhaben bezieht. Und in Bezug auf SWIFT und die olle von Europol haben wir daraus vernommen – so eren Innenstaatssekretär Ole Schröder, CDU dass auch ie Bundesregierung mit dieser Konstruktion zur Gisela Piltz gebene Reden )

Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705541500




(A) )

Lösung des Übermittlungsproblems mehr als unzufrie-
den ist.

Nur stellt sich dann doch die Frage, warum Innen-
minister de Maizière im zuständen EU-Rat dem Abkom-
men dann seinen Segen gegeben hat. Vielleicht hat er
auch nur auf eine inhaltliche Hilfestellung seitens des
Bundestages gewartet. Diesem Wunsch wären zumindest
Linke und SPD sehr gerne nachgekommen. Gerne hätten
wir Ihnen unsere Vorgaben zur Verhandlungsführung
und den Verhandlungszielen mit auf den Weg gegeben.
Leider aber hat die Bundesregierung alles getan, um die
Verhandlungen selbst, aber auch die internen Verhand-
lungslinien im Verborgenen zu halten und Ergebnisse im
Innenministerium zu privatisieren. Gleichzeitig mühten
sich die europäischen Innenminister, ein neues Abkom-
men nach dem Scheitern des ersten im Europäischen
Parlament so schnell wie möglich unterschriftsreif zu
bekommen. Vor diesem Hintergrund konnten Anträge
der Opposition in Bezug auf die Aufnahme neuer Ver-
handlungen mit den USA erst am gestrigen Tage im
Innenausschuss debattiert werden – und dies, obwohl
die Linke als auch die SPD-Fraktion ihre Stellungnah-
men vor Beginn der zweiten Verhandlungsrunde einge-
reicht hatten.

Aber mit Stellungnahmen des Deutschen Bundestages
zu wesentlichen Unionsdokumenten scheint es die Koali-
tion sowieso nicht besonders zu haben. So wurde eben-
falls am gestrigen Mittwoch im Innenausschuss ein
entsprechender Entwurf für eine Stellungnahme des
Bundestages zum neuen SWIFT-Abkommen der Fraktion
Die Linke mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP ab-
gelehnt. Stattdessen liegt dem Plenum des Bundestages
heute ein Antrag der Koalition vor, in dem die Ergeb-
nisse der Verhandlungen zwischen der EU und den USA
in den siebten Himmel gelobt werden.

Das alles ist wahrlich eine Farce. Peinlich ist in die-
sem Zusammenhang das Agieren der FDP-Fraktion zu
nennen. Tönte deren Justizministerin noch Anfang des
Jahres, ein solches Abkommen würde es mit ihr nicht
geben, ist Frau Leutheusser-Schnarrenberger nun voll-
ends verstummt. Der FDP blieb letztlich nur, einige kri-
tische Anmerkungen im benannten Koalitionsantrag auf
den hinteren Seiten in weichgespülter Pose unterzubrin-
gen.

Um eines ganz deutlich zu sagen: Ohne die Linksfrak-
tion im Bundestag würden wir heute gar nicht über die-
ses Abkommen debattieren. Die Linke hatte gefordert,
endlich das Thema auch hier im Plenum zu behandeln,
um es aus nichtöffentlichen Innenausschusssitzungen
herauszuholen und eben nicht nur auf der Grundlage
von als vertraulich eingestuften Dokumenten zu debat-
tieren.

Wenn aber das neue Abkommen so ein großer Fort-
schritt ist, warum wollte die Koalition oder der Innen-
minister dieses den Bankkunden nicht auch mitteilen?
Liegt es vielleicht daran, dass Bankkunden, die ins Vi-
sier von US-Terrorfahndern geraten sind, auch zukünf-
tig kaum über Informations- und Widerspruchsrechte
verfügen? Oder liegt es daran, dass durch dieses
Abkommen Bankkunden bereits als verdächtig angese-

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(C (D en werden können, wenn sie humanitären Organisatioen in Afghanistan, Jemen oder Irak Geld zum Jahresnde spenden? Oder liegt es daran, dass die Bundesreierung in einer öffentlichen Debatte hätte zugeben üssen, dass die Weiterleitung von Bankdaten in außer uropäisches Ausland bereits seit 2001 und teilweise hne Rechtsgrundlage und somit illegal stattfand? Oder iegt es doch eher daran, dass die Bundesregierung mit hrer Zustimmung zum neuen SWIFT-Abkommen woöglich gegen das Grundgesetz verstößt? Oder – chließlich und endlich – liegt es daran, dass man beusst eine Beurteilung des Abkommens zur Kontrolle es Bankdatentransfers durch Europol durch den juristichen Dienst des EP nicht abwarten wollte, weil Ihnen lar war, was im Ergebnis dieser Prüfung festgestanden ätte? Bitte vergessen Sie nicht, dass die Legislative das andeln der Exekutive bestimmt und kontrolliert – und icht umgekehrt. Kehren Sie auf Ihrem Weg der Watteauschkontrolle der Regierung um. Nehmen Sie die Entcheidungen des Bundesverfassungsgerichts ernst, achen Sie endlich konsequent das Grundgesetz und die arin verbrieften Grundund Freiheitsrechte. Hören Sie uf, unliebsame Sicherheitsprojekte über die europäiche Bande in Deutschland durch die Hintertür einzuühren. Achten Sie endlich die im Vertrag von Lissabon estgelegten Mitbestimmungsrechte der nationalen Paramente im europäischen Gesetzgebungsprozess. Und olgen Sie den Anträgen der Linksfraktion im Bundestag nd fordern Sie damit die Bundesregierung auf, dem euen SWIFT-Abkommen in der Schlussabstimmung im U-Ministerrat die Zustimmung zu verweigern. Zentrale Kritikpunkte des EP am ersten Vertragsenturf sind eben nicht in den Folgeverhandlungen oder em heute vorliegenden Abkommen berücksichtigt woren. Dieser Fakt wird auch dadurch nicht verändert, eil nun die Mehrheit der Mitglieder des EPs – vor al em in den Reihen der Liberalen und Sozialdemokaten – nter dem Druck der USA und der europäischen Inneninister von ihrer ursprünglichen Haltung abgewichen st. Sowohl der Sinneswandel vieler Abgeordneter auf uropäischer Ebene und im Bundestag als auch die Art nd Weise der Debatte im Bundestag haben beiden Paramenten wie auch der Demokratie und den Grundrechen insgesamt keinen Dienst erwiesen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Die heute im Europäischen Parlament von Konserva-

iven, Sozialdemokraten und Liberalen beschlossene
ustimmung zum SWIFT-Abkommen markiert einen
iefpunkt europäischer Grundrechts- und Datenschutz-
olitik. Wir Grüne sind besorgt, wie leichtfertig eine
ehrheit des Europäischen Parlaments sein gerade in

er Haltung zum ersten SWIFT-Abkommen erreichtes
zugegebenermaßen noch zartes – bürgerrechtliches
rofil wieder verspielt. Noch besorgter macht uns, wie

n diesem Zusammenhang die schwarz-gelbe Bundesre-
ierung die Alternativlosigkeit ihrer Entscheidung be-
ont, dem nun ausgehandelten Abkommen zuzustimmen.
lternativlosigkeit wird in diesen Tagen immer öfter zum




Jan Korte
gebene Reden


(A) )


)(B)

Mantra derjenigen, die mit einer Geste des Achselzu-
ckens ihre fehlende innere Überzeugung und ihren feh-
lenden politischen Gestaltungswillen offenbaren.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat in der gestri-
gen Sitzung des Innenausschusses zu Recht darauf
hingewiesen, welche Spielräume für Verhandlungen es
tatsächlich gab. Denn sehr schnell waren die amerikani-
schen Verhandlungsführer von ihrer Drohung eines uni-
lateralen Vorgehens und der völligen Ablehnung von
Neuverhandlungen abgerückt, als sie merkten, dass der
Widerstand der EU gegen ihr Vorgehen in Sachen
SWIFT auch nach der Entscheidung des Europäischen
Parlaments Bestand hatte. Ganz im Gegensatz zum
transatlantischen Streit um die Fluggastdaten – eine
weitere bürgerrechtliche Leiche im Keller der EU – ver-
fügen die USA im Fall von SWIFT auch nicht mehr über
das Druckmittel des unmittelbaren Zugriffs auf die frag-
lichen Server. Der Druck der Datenschützer hatte nach
Bekanntwerden der heimlichen Datenweitergabe an US-
Behörden ja gerade dazu geführt, dass die in den USA
befindlichen Server des Unternehmens SWIFT dort ab-
gebaut und nach Europa gebracht wurden. Die damit er-
öffneten Verhandlungsspielräume sind von der Kommis-
sion jedoch leider nicht genutzt worden, um die hohen
europäischen Datenschutzstandards zu wahren und
durchzusetzen und die Bürgerinnen und Bürger vor ei-
nem Ausverkauf ihrer Daten zu schützen.

Deshalb lehnen wir auch das nunmehr zustande ge-
kommene zweite SWIFT-Abkommen ab. Mit unserem An-
trag, den wir hier gleich abstimmen werden, appellieren
wir an die Bundesregierung, sich die bestehenden daten-
schutz- und verfassungsrechtlichen Bedenken zu Herzen
zu nehmen und gegen das Abkommen in der noch offe-
nen Abstimmung des Rates zum EP-Beschluss zu stim-
men. Nur so kann die Bundesregierung ihrer Verantwor-
tung für den Schutz der Grundrechte ihrer Bürgerinnen
und Bürger gerecht werden.

Besondere Aufmerksamkeit in diesem Kampf um Bür-
gerrechte verdient erneut die FDP. Denn heute wissen
wir: Die jüngsten Ankündigungen der zumindest einst-
mals Liberalen, sich angesichts des desolaten Zustands
der Partei und der eigenen Programmatik wieder ver-
stärkt auf den Bereich der Bürgerrechtspolitik zu kon-
zentrieren, war reine Rhetorik.

Noch auf ihrem Parteitag im April beschloss die FDP
mit Blick auf das SWIFT-Abkommen, die Datenübermitt-
lung „in Paketen“ auszuschließen. Wörtlich heißt es in
dem von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger
vorbereiteten Antrag: „Die FDP lehnt einen präventi-
ven Datenaustausch ab.“ Denn in der Tat handelt es sich
bei dem nun vereinbarten Datenaustausch um eine
Vorratsdatenspeicherung, weil circa 97 Prozent der zu
übermittelnden Bankdaten unbescholtene und unver-
dächtige Bürgerinnen und Bürger betreffen. Das SWIFT-
Abkommen wäre für die FDP eine ideale Gelegenheit
gewesen, ihren bürgerrechtlichen Ankündigungen auch
tatsächlich Taten folgen zu lassen. Doch geschehen ist
zu wenig. Noch nicht einmal von einer koalitionsinter-
nen Debatte war der leiseste Ton zu hören.

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Zu Protokoll ge

(C (D Zu Beginn der Legislatur erweckte die Bundesjustizinisterin wenigstens noch den Anschein, das SWIFTbkommen tatsächlich zu Fall bringen zu wollen – um s dann mit einer deutschen Enthaltung im Ministerat klammheimlich durchzuwinken. Nun lässt Frau eutheusser-Schnarrenberger dem Innenminister vollommen freie Hand nach dem Motto „Wer nicht wagt, er kann auch nicht verlieren“. Sie versucht noch nicht inmal, den bürgerrechtlichen Anspruch der FDP zu unermauern, geschweige denn, die vollmundigen Parteiagsbeschlüsse umzusetzen. Dass der für das SWIFT-Abkommen zuständige libeale Berichterstatter im Europaparlament nun auch och versucht, das jetzt ausgehandelte Abkommen als inen „Durchbruch“ zu verkaufen, spottet angesichts er massiven nach wie vor bestehenden Bedenken, die m Übrigen auch der europäische Datenschutzbeaufragte teilt, jeder Beschreibung. Genauso bedenklich ist der Versuch der Bundesregieung, die nun durch die USA gemachten Zugeständnisse ei SWIFT als ihre ureigenen Verhandlungserfolge zu erkaufen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/ SU und FDP, nur um das noch einmal klarzustellen: hre Regierung war es doch, die das erste Abkommen it ihrer Enthaltung durch den Rat gewinkt hat. Wenn es ach Ihnen gegangen wäre, hätten wir überhaupt keinen pielraum für Nachverhandlungen gehabt. Wir hätten in noch viel schlimmeres Abkommen bekommen als as, das wir jetzt vorliegen haben. Wäre es nach Ihnen egangen, würden die hochsensiblen Bankdaten von ber 500 Millionen Europäerinnen und Europäern weier ohne Rechtsschutz und Kontrolle an die USA gelieert werden. Wäre es nach Ihnen gegangen, hätte man ie mühsam erkämpften europäischen Datenschutzstanards noch weiter aufgeweicht und das Europäische arlament seiner gerade erst durch das Inkrafttreten des ertrags von Lissabon neu gewonnenen Rechte beraubt. Nur durch das beherzte Eingreifen des Europäischen arlaments, meine Damen und Herren aus den Reihen er Bundesregierung, wurde neuer Verhandlungsspielaum gewonnen. Alleine dem Europäischen Parlament st es zu verdanken, dass im Zuge der Neuverhandlungen ber ein zweites Abkommen gewisse Verbesserungen insichtlich des Datenund Rechtsschutzes ermöglicht urden. Nur so wurde unter anderem eine engere Defiition des Zwecks der Terrorbekämpfung erreicht und erhindert, dass die Daten zur allgemeinen Ressource ür Sicherheitsinteressen aller Art missbraucht werden önnen. Nur dem Europäischen Parlament ist es zu veranken, dass die innereuropäischen Zahlungsverkehrsaten im neuen Abkommen komplett aus dem übermittelen Datenbestand herausgenommen wurden. Und nur em beherzten Ablehnen des ersten SWIFT-Abkommens urch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments st es geschuldet, dass auch die Verpflichtung, den Zuriff auf die übermittelten Daten ohne Einsatz von Raserfahndungsmethoden durchzuführen, in das neue Abommen aufgenommen wurde, wodurch das Risiko, dass nbescholtene Bürgerinnen und Bürger womöglich Oper pauschaler Verdächtigungen werden, minimiert urde. Wäre es nach dem Willen der Bundesregierung Dr. Konstantin von Notz gebene Reden Dr. Konstantin von Notz )








(A) )

gegangen, hätten diese Selbstverständlichkeiten bei der
Übermittlung von SWIFT-Daten an die USA keinerlei
Rolle gespielt.

Meine Fraktion bedauert, dass Konservative, Sozial-
demokraten und Liberale im Europäischen Parlament
dem Abkommen, obwohl dieses nach wie vor erhebliche
datenschutzrechtliche Mängel aufweist und seine Ver-
fassungsmäßigkeit nach wie vor insgesamt infrage ge-
stellt werden muss, nun vorschnell zugestimmt haben.

Viel zu früh gibt das EU-Parlament seinen Anspruch
auf, einen substanziell höheren Grundrechteschutz auf in-
ternationaler Ebene zu verankern. Stattdessen schwenkt
die EU nun auf das niedrige Niveau des US-Rechts ein.
Ohne wenigstens eine verbindliche Befristung der Da-
tenübertragung in Hinblick auf das geplante Daten-
schutzrahmenabkommen festzusetzen, wird die noch in
der letzten Parlamentsresolution als EU-rechtswidrig
bezeichnete Massendatenweitergabe nun durchgewinkt.
Geradezu absurd und wohl auch rechtswidrig ist, dass
nun ausgerechnet Europol als Genehmigungsbehörde
für die Anfragen der US-Ermittler eingesetzt wird.
Schließlich hat die europäische Polizeibehörde ein eige-
nes Interesse an den Auswertungsergebnissen. Hier
scheint es in der Tat so, als werde der Bock zum Gärtner
gemacht.

In dem jetzt ausgehandelten Abkommen werden nach
wie vor sogenannte Bulk Data, also ganze Datenpakete,
übermittelt. Damit sind völlig wahllos alle Personen be-
troffen, die zum Beispiel an einem bestimmten Tag von
einer bestimmten Bank eine Überweisung in einen aus-
ländischen Staat getätigt haben. Spätestens an diesem
Punkt wird das Abkommen zu einem Vertrag zulasten
unverdächtiger Dritter. Es ist für mich nicht nachvoll-
ziehbar, warum eine Vorauswahl der zu übermittelnden
Daten nicht auch von europäischem Boden aus hätte er-
folgen können, um so eine Gesamtübermittlung der Da-
ten in die USA zu verhindern.

Der zweite Punkt betrifft die nun vereinbarte Spei-
cherdauer von fünf Jahren. Der eherne datenschutz-
rechtliche Grundsatz der Erforderlichkeit gebietet die
Löschung der Datenbestände nach Wegfall des Speiche-
rungsgrundes. Ist nun – wie nach dem Abkommen vorge-
sehen – aufgrund eines Tatverdachts die Durchsicht
eines Datenpakets mit den Daten unverdächtiger Perso-
nen erfolgt, so hat sich der Speichergrund erledigt.
Selbst bei Einräumung einer großzügigen Frist zur er-
neuten Prüfung bleibt eine fünfjährige Frist absolut un-
haltbar. Diese Speicherung von Daten auf Vorrat genügt
sicherlich nicht den jüngst vom Bundesverfassungsge-
richt hierfür aufgestellten hohen Hürden.

Die grüne Fraktion im Europäischen Parlament, al-
len voran mein Kollege Jan Philipp Albrecht, aber auch
meine Fraktion hier im Bundestag, hätten sich einen
couragierteren Kampf für einen höheren Schutz der
Daten der Bürgerinnen und Bürger Europas gewünscht.
Hinsichtlich zukünftiger Abkommen müssen wir uns
zwingend der Frage stellen, welche Eingriffsschwellen
grundsätzlich für notwendig erachtet werden, um ein
kontinuierliches Ausweiten staatlicher Ermittlungen auf

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lle Bürgerinnen und Bürger, also den Generalverdacht
nd Ermittlungen ins Blaue hinein, zu verhindern.

Aus meiner Sicht ist vor dem Hintergrund der Ver-
ältnismäßigkeit jedem Versuch, auf Datenbestände,
on denen wir von vornherein wissen, dass diese prak-
isch vollumfänglich die Finanztransaktionsdaten völlig
nbescholtener Bürgerinnen und Bürger enthalten, eine
lasklare Absage zu erteilen – auch und vor allem vor
em Hintergrund, dass das derzeitige US-Recht weder
m öffentlichen noch im nichtöffentlichen Bereich Da-
enschutzstandards vorsieht, die annähernd unseren ver-
assungsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Ich denke
abei an den nach wie vor in Kraft befindlichen Patriot
ct, der umfängliche Umgehungen des Richtervorbe-
alts ermöglicht, aber auch an die im Privatbereich völ-
ig fehlenden datenschutzrechtlichen Regelungen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungs-
oalition, vor dem Hintergrund der zahlreichen rechts-
taatlichen, auch verfassungsrechtlichen Bedenken ist
ie von Ihnen in Ihrem jetzt vorgelegten Antrag gewählte
ormulierung, wonach das SWIFT-Abkommen „ein re-
pektables Ergebnis darstelle“, ein rechtspolitischer Of-
enbarungseid. In der nun gleich folgenden Abstimmung
aben Sie noch einmal die Gelegenheit, sich als
ewählte Volksvertreter dieses Hohen Hauses Ihrer
erantwortung für den Schutz der Daten von vielen
illionen völlig unbescholtener und unverdächtiger
enschen zu erinnern und zusammen mit uns die Bun-

esregierung aufzufordern, die daten- und verfassungs-
echtliche Notbremse zu ziehen und dem nun ausgehan-
elten Abkommen im Rat in letzter Sekunde eine Absage
u erteilen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705541600

Damit kommen wir zur Abstimmung.

Tagesordnungspunkt 32. Beschlussempfehlung des
nnenausschusses auf Drucksache 17/2469. Der Aus-
chuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
mpfehlung die Ablehnung des Antrages der Fraktion
er SPD auf Drucksache 17/1407 mit dem Titel „Neues
WIFT-Abkommen nur nach europäischen Grundrechts-
nd Datenschutzmaßstäben“. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der
oalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Opposi-

ionsfraktionen angenommen.

Wir sind noch bei Tagesordnungspunkt 32. Unter
uchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des
ntrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1560
it dem Titel „Einstellung der Verhandlungen mit den
ereinigten Staaten von Amerika um ein neues SWIFT-
bkommen und Verzicht auf ein europäisches Abkom-
en über ein Programm zum Aufspüren der Finanzie-

ung des Terrorismus“. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die
eschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der
oalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Fraktion
ie Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei
nthaltung der SPD-Fraktion angenommen.





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)


Zusatzpunkt 6. Es geht um die Abstimmung über den
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf
Drucksache 17/2431 mit dem Titel „Datenschutz bei der
transatlantischen Zusammenarbeit zur Bekämpfung des
internationalen Terrorismus“. Wer stimmt für diesen An-
trag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? –
Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen bei Gegenstimmen der Oppositionsfraktionen ange-
nommen.

Zusatzpunkt 7. Wir kommen zur Abstimmung über
den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/2429 mit dem Titel „Finanzdaten der
Bürgerinnen und Bürger Europas schützen – SWIFT ab-
lehnen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist damit abge-

lehnt. Dafür haben gestimmt die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen und die Fraktion Die Linke, dagegen die
Fraktionen von CDU/CSU und FDP. Enthalten hat sich
die Fraktion der SPD.

Jetzt haben wir es schon geschafft. Wir sind am
Schluss unserer heutigen Tagesordnung.


(Beifall)


Ich danke Ihnen herzlich für die lange Konzentration
und berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundesta-
ges auf morgen, Freitag, 9. Juli 2010, 9 Uhr, ein.

Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen noch ei-
nen schönen und angenehmen Abend.