Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Die neue Effizienz in derdeutschen Entwicklungspolitik – Strukturreform füreine wirkungsvollere technische Zusammenarbeit.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenar-beit und Entwicklung, Herr Dirk Niebel. – Bitte.Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Die Bundesregierung hat mit ihrem heutigen Beschlussüber die neue Effizienz in der deutschen Entwicklungs-politik die Umsetzung der wohl wichtigsten Strukturre-form in der entwicklungspolitischen Landschaft derBundesrepublik in Auftrag gegeben. Ich bin sehr froh,dass wir diesen großen Schritt heute gehen können.Diese wichtigste entwicklungspolitische Reform istseit vielen Jahren nicht nur national, sondern vor allemrcshzBugrsvwDveaissIDshSRedetauch international eingefordert worden, insbesonderevon der OECD, die regelmäßig unsere Leistungsfähig-keit überprüft hat und die immer wieder festgestellt hat,dass die Organisationenvielfalt der deutschen techni-schen Zusammenarbeit in der Entwicklungspolitik, aberauch die Verfahrensvielfalt nicht nur zu Effizienzverlus-ten führen, sondern auch dazu führen, dass unsere Part-ner in den Entwicklungsländern durch die Kooperationmit der Bundesrepublik oft vor große Herausforderun-gen gestellt werden. Insbesondere gilt das dann, wennnoch vielfältige andere internationale Geber hinzukom-men.Die Neuordnung der Entwicklungszusammenarbeitwird die Wirksamkeit unseres Engagementsnal deutlich verstärken. Mit dieser Reform, dumsetzen werden, geben wir für den MDGNew York das klare und sehr starke Signal, d
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auch gestärkt. Unsere Durchführungsorganisation wirdsich um die wirksame und gute Umsetzung dieser Politikkümmern. Die Außendarstellung wird besser. Man wirderkennen können, was hier im wohlverstandenen Inte-resse der Bürgerinnen und Bürger zum Wohle unsererPartnerländer initiiert worden ist. Wir werden durch dieAkzeptanzerhöhung die Chance haben, unsere Instru-mentenvielfalt für die Zukunft zu erhalten; denn dieVielfalt des Instrumentariums der technischen Zusam-menarbeit ist ein Pfund, mit dem wir international wu-chern können. Die Leistungen, die wir anbieten können,sind international in höchstem Maße geschätzt und sol-len ausdrücklich erhalten bleiben.Die Steuerungsfähigkeit in der Politik wird erhöht,und auch die Kohärenz des deutschen Auftritts wird ver-stärkt. Dafür führen wir einen Ressortkreis ein, in demalle diejenigen, die die Deutsche Gesellschaft für Inter-nationale Zusammenarbeit mit Aufträgen versehen, imVorfeld von Auftragsvergaben und Aufsichtsratssitzun-gen in alle wesentlichen Entscheidungen einbezogenwerden. Derzeit ist die Situation so, dass sich Länder fin-den lassen, in denen zehn Bundesministerien und ver-schiedene Bundesländer tätig sind. Die Koordinierungdes deutschen Außenauftritts ist daher oft unzulänglich.Das wird in Zukunft nicht mehr der Fall sein. Jeder kannseine Aufgaben durchführen, aber man weiß voneinan-der, sodass man einen gesamtdeutschen Auftritt darstel-len kann, der unsere Partner in Zukunft nicht mehr über-fordert.Ich freue mich ausdrücklich, dass wir durch den Be-schluss des Kabinetts eine neue Phase der Reform einlei-ten. Wir befinden uns am Tag eins der Umsetzung.Nachdem wir bereits einen anspruchsvollen Zeitplan– genauso wie er im Koalitionsvertrag klar vorgegebenist – eingehalten haben, werden wir vom Willen beseeltsein, diesen anspruchsvollen Zeitplan bis zur Umsetzungder Reform weiterhin durchzuhalten. Ich freue mich aufdie rege Unterstützung vonseiten des Parlaments. Ichweiß, dass die Notwendigkeit dieser Reform vomGrundsatz her über die Partei- und Fraktionsgrenzenhinweg unstreitig ist, national ebenso wie über die Gren-zen der internationalen Staatengemeinschaft sowie derEZ-Community.Vielen herzlichen Dank.
Danke, Herr Bundesminister. – Die erste Frage stellt
die Kollegin Karin Roth für die SPD-Fraktion.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Minister, vielen
Dank für Ihre Einführung und Darstellung der Reform,
die wir vor uns haben. Sie wissen, dass am Tag eins nicht
alles geglückt ist und dass Ihre Ankündigungen nur da-
ran zu messen sind, ob sie in Wirklichkeit zustande kom-
men. Wir hoffen, dass vieles von dem, was Sie sich vor-
genommen haben, gelingt. Einige Punkte haben Sie
allerdings noch nicht auf dem Plan – das wissen Sie auch –,
zum Beispiel die Integration der Finanzentwicklungs-
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KfW Entwicklungsbank, dabei geht es ungefähr um600 Stellen. Des Weiteren soll die Arbeit an den Schnitt-stellen der finanziellen Zusammenarbeit deutlich verbes-sert werden; auch das sieht der Koalitionsvertrag vor.Dies ist ein erster Schritt auf dem Weg, einen insgesamtbesseren und kohärenteren Auftritt von technischer undfinanzieller Zusammenarbeit innerhalb der deutschen EZzu organisieren. Aus diesem Grund ist dieser Schritt nurfolgerichtig.Zweitens sind wir deshalb so viel erfolgreicher als diebeiden Vorgängerregierungen, die an dieser Reform ge-scheitert sind, weil wir von Anfang an einen anderenWeg gegangen sind; diesbezüglich stimme ich Ihnenvollkommen zu. Wir haben nicht einen kleinen Arbeits-kreis im Ministerium gegründet, der einen Auftrag aneine Consultingfirma vergeben hat, welche ein Konzeptentwickelt hat, das dann übergestülpt wurde. Das hättenur zu Widerständen geführt, wie Sie in Ihrer Regie-rungszeit leidvoll feststellen mussten. Wir haben die Be-teiligten und die Betroffenen im BMZ und in allen Orga-nisationen, die die Fusion durchführen sollen, vonAnfang an einbezogen. Wir wollen nämlich keine ein-heitliche Gesellschaft gründen, die drei unterschiedlicheGesellschaften unter einem Dach vereint, sondern wirwollen ein integriertes Geschäftsmodell haben. Wir wol-len, dass alle zusammenwachsen. Unser Ansatz hat dazugeführt, dass die Betroffenen eigene Vorstellungen zurFusion entwickelt und selbst Vorschläge unterbreitet ha-ben. Man steht nun einmal eher hinter Vorschlägen, dieman selbst gemacht hat, als hinter Vorschlägen, die an-dere Leute gemacht haben.Das wird so weitergehen. Wir werden auch in Zukunftdie Organisationen mitnehmen und sie in der weiterenVerhandlungsphase begleiten. Deswegen wird das BMZauch keinen Übergangstarifvertrag schließen; das ist Sa-che der Organisationen. Wir werden den Vorgang aberbegleiten, weil wir ausschließen wollen, dass betriebsbe-dingte Kündigungen ausgesprochen werden. Wir könnenIhnen das hier nicht zusichern. Das ist nicht Sache desBMZ. Wir sind nicht der Arbeitgeber dieser Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter. Betriebsbedingte Kündigungensind aber nicht unser Ziel. Es ist auch nicht unser Ziel,Geld einzusparen. Mittelfristig ist das wahrscheinlichdas Ergebnis, aber unser eigentliches Ziel ist es, dieWirksamkeit der deutschen Entwicklungszusammenar-beit zu erhöhen. Durch die Erhöhung der Wirksamkeitund den effizienten Einsatz der geringen finanziellenMittel der öffentlichen Hand wollen wir erreichen, dassdie Akzeptanz der Steuerzahler, Mittel für die Entwick-lungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen, auch inZukunft so hoch ist, wie es bisher der Fall ist.Darüber hinaus ist es unser Ziel, die gute Vereinba-rung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in dieneue Organisation hinüberzuretten. Aus den vielen Ge-sprächen, die wir geführt haben, wissen Sie, dass ich ei-ner der wenigen männlichen Kollegen in diesem Hausebin, die Erziehungsurlaub gemacht haben. Das hieß da-mals so, obwohl das mit Urlaub nicht viel zu tun hatte.Ich habe mir zum Ziel gesetzt, dass das Bundesministe-rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-llWvhS–HwbawIADAprvKgkdmsuDfbdsgnsDt1ddaFwiwmv
enn das Ministerium das schaffen will, dann macht esiel Sinn, die Durchführungsorganisationen dazu anzu-alten, ähnlich zu arbeiten. Wir haben, glaube ich – Herrtaatssekretär Beerfeltz, korrigieren Sie mich –, 132oder 145 – verschiedene Teilzeitmodelle bei uns imaus, was ein anspruchsvolles Arbeiten der Personalver-altung, aber auch ein hohes Maß an Vielfalt mit sichringt. Wenn wir den Durchführungsorganisationen dasls Ziel vermitteln, dann glaube ich, dass sie versuchenerden, diesen Herzenswunsch zu erfüllen. Ich kannhnen dies hier aber nicht zusichern, weil ich nicht derrbeitgeber der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derurchführungsorganisationen bin.
Gestatten Sie mir für die nachfolgenden Fragen und
ntworten den Hinweis, dass wir beim Tagesordnungs-
unkt „Befragung der Bundesregierung“ sind. Wir erfah-
en hier sicherlich sehr interessante Dinge, die über das
orgegebene Thema hinausgehen. Wir sollten aber allen
olleginnen und Kollegen die Möglichkeit geben, Fra-
en zu stellen, und der Bundesregierung die Möglich-
eit, entsprechend kurz zu antworten.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Sabine Weiss für
ie Unionsfraktion.
Schönen Dank, Herr Minister. – Im Zusammenhangit der Vorfeldreform wird Ihnen von der Oppositiontändig vorgeworfen, dass das zu kurz gesprungen seind das, wenn überhaupt, nur ein ganz kleiner Wurf sei.eswegen lautet meine Frage: Inwiefern ist die Vor-eldreform aus Ihrer Sicht die Basis für eine engere An-indung, vielleicht auch für eine Fusion mit dem Bereicher finanziellen Entwicklungszusammenarbeit?Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-ammenarbeit und Entwicklung:Frau Kollegin Weiss, vielen Dank. – Noch einmalanz deutlich zur Anzahl der betroffenen Mitarbeiterin-en und Mitarbeiter: Durch die jetzt betroffenen Organi-ationen wird die überwiegende Mehrzahl abgedeckt.ie KfW Entwicklungsbank hat ungefähr 600 Mitarbei-er; das sind also deutlich weniger als die 16 000 bis7 000, über die wir jetzt hier sprechen. Deswegen istas der entscheidende Schritt, um die Wirksamkeit undie Effizienz zu erhöhen. Darüber hinaus habe ich schonngedeutet, dass zwei Vorgängerregierungen an dieserusion gescheitert sind. Ich glaube, sie ist wichtig, not-endig und vor allem auch dringlich. Sonst würden sienternational und national nicht ständig eingeforderterden.Im Hinblick auf den Millenniumsgipfel in New Yorküssen wir deutlich machen: Wir sind jetzt, fünf Jahreor der angestrebten Zielerreichung, zwar noch nicht in
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Bundesminister Dirk Niebel
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der Lage, alle Ziele zu erreichen. Aber wir sind zumin-dest in der Lage, unsere Hausaufgaben zu machen unddie Grundlagen dafür zu schaffen, unsere Ziele zu er-reichen. Deswegen ist dieser erste Schritt der entschei-dende. Ich gehe davon aus, dass durch die Aufstellungder deutschen Häuser, mit denen wir über dieKfW Entwicklungsbank Kooperationsverträge abschlie-ßen wollen, ein deutlich einheitlicherer Außenauftritt fürunsere Partner im Ausland gegeben sein wird, als dasheute noch oft der Fall ist.Darüber hinaus sage ich Ihnen – aus tiefster Überzeu-gung und gar nicht parteipolitisch – noch zwei Dinge. Esist wahrscheinlich nicht einfach, die KfW Entwicklungs-bank aus der KfW herauszulösen. Wie genau dies ge-macht werden kann, vermag ich nicht zu beurteilen; da-für bin ich nicht Fachmann genug. Aber ich weißzumindest eines: Das Entwicklungsministerium ent-scheidet jetzt bei dieser Reform über die Entwicklungs-politik. Bei einer Fusion mit der KfW Entwicklungsbankbestünde die Gefahr, dass der Finanzminister über dieEntwicklungspolitik entscheidet. Da Sie Mitglied imAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung sind, glaube ich, dass das nicht das Ziel ist, dasSie erreichen wollen.
Das Wort hat der Kollege Dr. Jürgen Koppelin.
Herr Minister, ich finde es sehr beeindruckend, was
Sie hier und heute als Ergebnis vorlegen. Sie haben
schon darauf hingewiesen, wie viel Zeit Sie dafür benö-
tigt haben. Ich finde, Sie haben verhältnismäßig wenig
Zeit gebraucht, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Sie
haben auch auf das hingewiesen, was die Vorgänger-
regierungen gemacht haben. Vor allem beeindruckend
finde ich, dass Sie nicht wie Ihre Vorgängerin Gutachten
in Auftrag gegeben haben, die 128 000 Euro gekostet
haben, deren Empfehlungen man aber nicht verwirkli-
chen konnte.
Ich will an das anknüpfen, was die Kollegin Roth von
den Sozialdemokraten gefragt hat. Sie haben demon-
striert, dass Arbeitnehmerinteressen bei der FDP in gu-
ten Händen sind, bei Verdi anscheinend weniger. Daher
interessiert mich: Was geschieht mit den Rechten, die
Arbeitnehmer in den Organisationen haben? Sie haben
bestimmte Ansprüche und Rechte in den alten Gesell-
schaften. Werden diese Rechte gesichert? Das halte ich
für eine sehr wichtige Frage. In den Gesprächen, die wir
mit Personalvertretungen führen konnten, ist immer wie-
der der Wunsch geäußert worden, die Rechte zu behal-
ten; das kann ich verstehen.
Bei der Gelegenheit, Herr Minister, wenn ich das
noch sagen darf: Ich glaube, Sie sind auch dank der
neuen Leute im Ministerium, die Sie eingestellt haben,
und der Mannschaft im Außenministerium so schnell zu
diesem guten Ergebnis gekommen.
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Erst nach Abschluss der Wirtschaftlichkeitsanalysekönnen wir den rechtlichen Fusionsprozess abschließen;denn natürlich ist es notwendig – es ist völlig legitim,dass der Finanzminister dies einfordert; denn es ist gel-tendes Recht –, deutlich zu machen, dass das, was wirvorhaben, wirtschaftlich sinnvoll ist. Wir wollen nicht,dass es am Ende zu Mehrkosten kommt. Vielmehr wol-len wir mehr Wirksamkeit und Effizienz, also eine soge-nannte Fusionsrendite erzielen, die es ermöglicht, heutemit TZ-Mitteln finanzierte Stellen von GTZ-Mitarbeiternim Ministerium durch eigene Dienstposten zu ersetzen,weil es einfach ein besserer Weg ist, hier eine klare Tren-nung zwischen der politischen Steuerung und der Durch-führung vorzunehmen.Sie haben die Consultingwirtschaft angesprochen.Damit beziehen Sie sich wahrscheinlich auf den Bereich„Wettbewerb und Vergabe“. Sie wissen genauso gut wiewir, dass es immer wieder Diskussionen gegeben hat, obes wettbewerbsverzerrend wirkt, wenn eine staatlicheDurchführungsorganisation eine Aufgabe übernimmt.Wir haben ausdrücklich am Prinzip der Direktvergabefestgehalten, weil wir davon ausgehen, dass ein großesöffentliches Interesse an der Entwicklungszusammenar-beit besteht und darüber hinaus viele der Dinge, die dortgetan werden, nicht marktgängig sind. In all den Berei-chen, die marktgängig sind, soll wie bisher die Möglich-keit geschaffen werden, über ein Ausschreibungsverfah-ren privatwirtschaftliche Akteure einzubeziehen, sei esdurch Wettbewerbselemente bei der politischen Bera-tung – wenn man zum Beispiel einen Think Tank beauf-tragt, neue Konzepte zu entwickeln – oder in sektoralenBereichen, in denen die GIZ, die Gesellschaft für Inter-nationale Zusammenarbeit, Unteraufträge an private Fir-men vergibt; denn wir wollen nicht, dass möglicher-weise Arbeitsplätze in der privaten Wirtschaft mitSteuergeldern vernichtet werden.Darüber hinaus ist festzuhalten: Das Ministerium fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung istauch für wirtschaftliche Zusammenarbeit zuständig;sonst würde es nicht so heißen. Aus diesem Grund siehtder Koalitionsvertrag vor, dass einer der Schwerpunktedarin besteht – das ist tatsächlich eine Veränderung imVergleich zur Vorgängerregierung –, dass wir versuchen,Armut zu bekämpfen, indem unsere Partnerländer Wirt-schaftswachstum generieren und idealerweise Wert-schöpfungsketten im eigenen Land implementieren kön-nen; denn dann haben die Menschen eine Chance aufArbeit, mit der sie ein Einkommen erzielen können, daswiederum armutsbekämpfend wirkt.Wenn sich hier deutsche Unternehmen, die nicht reineAbsatzmärkte erschließen, sondern Entwicklungspro-jekte mitentwickeln sollen, beteiligen, ist das wün-schenswert. Das wollen wir in Zukunft von allen einfor-dern. Wenn wir ein solches Engagement – auch mitstaatlichen Mitteln – unterstützen, erwarten wir selbst-verständlich, dass die Unternehmen im Bereich der Cor-porate Social Responsibility etwas mehr tun, als nur ei-nen Fußball an eine benachbarte Schule zu übergeben,und sich entwicklungspolitisch engagieren.nowatkdaoupsFlneapelmbtttioisDnDBwrsFbtDwgksMBwG
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zweistelligen oder unteren dreistelligen Bereich anzusie-deln. Bei 17 000 Mitarbeitern weltweit ist das nicht viel.
Die nächste Frage stellt der Kollege Sascha Raabe.
Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass Sie als ers-
ten Schritt die technische Zusammenarbeit fusionieren
möchten. Auf die Nachfragen der Kollegen haben Sie
aber auch gesagt, dass Sie an die finanzielle Zusammen-
arbeit, an die KfW, nicht herangehen wollen. Weil Sie
immer die OECD zitieren, frage ich Sie: Ist Ihnen be-
kannt, dass dies eigentlich die Hauptforderung des Ent-
wicklungsausschusses der OECD ist, und wie viele an-
dere Länder kennen Sie, in denen es eine solche
Trennung zwischen finanzieller und technischer Zusam-
menarbeit gibt?
Da Sie von Effizienz geredet haben: Was die Perso-
nalfrage angeht, steht zu befürchten, dass Sie das, was
Sie in Ihrem Ministerium gemacht haben – Sie haben
Experten durch Parteifunktionäre ersetzt –,
auch an dieser Stelle tun werden. Sie haben sogar
Eckhard Deutscher, den Vorsitzenden des OECD-Ent-
wicklungsausschusses, einen Effizienzexperten, abberu-
fen, weil er das falsche Parteibuch hat.
Haben Sie vor, die Politik, Experten durch FDP-Partei-
funktionäre zu ersetzen – dass Sie das getan haben, hat
übrigens auch der Personalrat des BMZ kritisiert –, in
den neuen Organisationen zu betreiben?
Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung:
Herr Kollege, die Koalitionsvereinbarung sieht vor,
dass der erste Schritt darin besteht, die technische Zu-
sammenarbeit zusammenzuführen, und dass man dann
überprüfen muss, ob eine weitere Zusammenführung mit
der KfW notwendig bzw. sinnvoll ist. Mein erstes Ziel
ist, den ersten Schritt zu machen, der von Ihrer Ministe-
rin unter zwei Regierungen nicht gegangen worden ist.
Mein zweites Ziel ist, die Schnittstellen zur KfW dann
so zu verbessern, dass ein Höchstmaß an Effizienz vor-
handen ist, und durch beide Organisationen für ein höhe-
res Maß an Steuerungsfähigkeit zu sorgen, als es heute
der Fall ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass die
OECD vor allem gefordert hätte, die KfW zu integrieren,
sondern die OECD hat in erster Linie die Organisatio-
nenvielfalt und die Instrumentenvielfalt kritisiert.
Ihre Aussagen zu bestimmten Personalentscheidun-
gen werden dadurch, dass Sie sie regelmäßig wiederho-
len, nicht richtig. Sie sind nach wie vor so unwahr, wie
sie es schon in der Vergangenheit gewesen sind;
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Das Wort hat der Kollege Jürgen Klimke.
Herr Minister, aus unserer Sicht und nach meiner per-önlichen Überzeugung zeigt das Ergebnis der Verhand-ungen: Die Regierung handelt effektiv und schnell, undas ist gut so, gerade für den Entwicklungsbereich.Ein wichtiger Bestandteil ist das Drittgeschäft, das dieTZ und andere Organisationen im Auftrag andereränder, aber auch internationaler Banken durchführen.ies hat dazu geführt, dass Umsätze gemacht wordenind und auch in Deutschland Arbeitsplätze gesicherterden konnten. Ist das Drittgeschäft aller Organisatio-en im gleichen Umfang wie in der Vergangenheit gesi-hert, und welche Drittgeschäftsstrukturen sind vorgese-en?Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-ammenarbeit und Entwicklung:Herr Kollege, ich würde gern ein wenig Orientierungn die Sprachverwirrung bringen. Das Drittgeschäft istämlich nur ein Teil dessen, was Sie beschrieben haben.Es besteht erstens die Möglichkeit, dass andere deut-che öffentliche Auftraggeber die Gesellschaft für Inter-ationale Zusammenarbeit beauftragen, zum Beispielundesministerien, Bundesländer oder Kommunen. Dasst im Prinzip das Gleiche, als ob das Bundesministeriumür wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sieeauftragte. Hier war die Abstimmung in der Vergan-enheit suboptimal. Man muss wissen, wer wo was tut.ies wird in der Zukunft durch die Arbeit des Ressort-reises verbessert.Das Zweite ist die sogenannte Kombifinanzierung,as heißt, dass andere internationale Geldgeber mit unsemeinsam Geld poolen, um ein bestimmtes Projekturchzuführen.Beides ist ausdrücklich hundertprozentig gewährleis-et. Wir wollen die deutsche EZ „made in Germany“der „made by Germany“ zu einem Exportschlager ma-hen. Denn wir werden hinterher eine sehr durchschlags-räftige Durchführungsorganisation haben, die vielennderen zeigen kann, dass man sich gerne daran beteili-en kann, wenn man erfolgreich arbeiten möchte. Wirollen ganz bewusst zusätzliche Mittel aktivieren undkquirieren, damit die Kombifinanzierung deutlich ver-tärkt werden kann.
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Bundesminister Dirk Niebel
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Der letzte Bereich ist das sogenannte Drittgeschäft,also der wirtschaftliche Geschäftsbereich, in dem andereGeberregierungen oder Entwicklungsländer selbst ei-gene Programme in Auftrag geben. Ich nenne als Bei-spiel den Irak, der einen enorm großen Entwicklungsbe-darf, aber auch enorm viel Geld hat. Solche Länderkönnten im entwicklungspolitischen Teil auf unsereKompetenz zugreifen, müssten es dann aber selbst be-zahlen. Dieses sogenannte Drittgeschäft wollen wir inder Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit inte-grieren. Nach Rechtsgutachten, die wir haben, ist daswettbewerbsrechtlich kein Problem.Wir sind der festen Überzeugung, dass wir die Syner-gieeffekte nutzen sollten, um über dieses Drittgeschäftmögliche zusätzliche neue Finanzierungsinstrumente zugenerieren. Man kann darüber nachdenken, einen ent-wicklungspolitischen Fonds aufzulegen, in den zum Bei-spiel Klein- oder gerne auch Großanleger ihr Geld inves-tieren, damit zusätzliche Maßnahmen durchgeführtwerden können, für die öffentliche Mittel vielleicht nichtin ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Das istalso ein wesentlicher Bestandteil der neuen Organisa-tion.
Es stehen noch sechs Minuten zur Verfügung, und es
liegen noch vier Wortmeldungen vor. Damit alle noch zu
ihrem Recht kommen, bitte ich die Fragesteller und auch
den Bundesminister, sich daran zu orientieren.
Das Wort hat die Kollegin Ute Koczy.
Danke, Frau Präsidentin. – Es ist natürlich gut, dass
wir einen Kabinettsbeschluss haben. Aber wir sollten auf
dem Teppich bleiben. Ich bin der Meinung, dass den
Ambitionen des Hauses mit dem vorliegenden Kabi-
nettsbeschluss die Flügel gestutzt worden sind. Ich ver-
weise auf die Informationen, die wir jetzt auch von
Herrn Beerfeltz bekommen haben. Danach übernimmt
das BMZ in der Frage der Kohärenz nämlich eben nicht
die Koordination zwischen den einzelnen Ressorts, son-
dern die Reform erfolgt in allen Punkten unter Bestands-
wahrung der jeweiligen Bundesressorts und ohne wirkli-
che gemeinsame Ausrichtung. Sie wollten eigentlich
„driver in the seat“ sein. Daher frage ich Sie: Wie will
die Bundesregierung bei Erhalt des Ressortprinzips eine
verstärkte Kohärenz für die Erreichung entwicklungspo-
litischer Ziele gegenüber den Partnerländern sicherstel-
len, wenn das Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung nicht als Anwalt der
Kohärenzpolitik auftreten kann?
Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung:
Frau Kollegin Koczy, ich teile Ihre Auffassung aus-
drücklich nicht. Die Flügel sind uns nicht gestutzt wor-
den. Im Gegenteil, wir fangen jetzt erst an zu fliegen.
Tatsache ist, dass wir durch die Einrichtung eines Res-
sortkreises einer Selbstverständlichkeit Geltung ver-
schaffen, nämlich dass die Ressortzuständigkeiten ihre
Berücksichtigung finden. Es ist nicht nur im Interesse
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einigen Fragen sicher benötigen wird, sondern dabeihandelt es sich zum Beispiel auch um Kosten aufgrundder Anpassungen von Gehaltsstrukturen.Wir alle gehen sicher davon aus, dass wir nicht dieobersten Gehaltsstrukturen für die neue Organisationwerden durchsetzen können; aber bei einer Verschmel-zung von drei Partnern auf Augenhöhe – das ist ja dasZiel bei dieser Fusion – wird es natürlich auch zu einergewissen Angleichung der Strukturen in beide Richtun-gen kommen müssen.Vor dem Hintergrund der Bestandsschutzregelung,die wir ausdrücklich vorsehen, ahne ich einmal, dass eszu Anfang eher Mehrkosten geben wird, die dann aller-dings von der neuen Gesellschaft zu übernehmen sindund nicht vom Bund; die Gesellschaft finanziert dieMehrkosten aus den Mitteln, die sie erwirtschaften muss.Diese Mittel fließen aber mittelfristig in eine Fusionsren-dite, mit der – vor allem durch das Personal im BMZ undin den Außenstrukturen, zum Beispiel in den Botschaf-ten, in denen wir heute noch nicht vertreten sind – dieSteuerungsfähigkeit sichergestellt werden kann.
Die nächste Frage stellt der Kollege Dr. Holger
Haibach.
Frau Präsidentin, ich danke Ihnen erst einmal dafür,
dass Sie mir einen Doktortitel zugeeignet haben, den ich
gar nicht besitze; das freut mich sehr.
Das war der Kollege.
Herr Kekeritz, ich bin mehr als geehrt.
Herr Minister, ich wollte kurz noch einmal zum
Thema Kohärenz nachfragen. Ich glaube, dass es einen
entscheidenden Fortschritt bedeutet, innerhalb der Bun-
desregierung einen Ressortkreis neu einzurichten. Wir
alle wissen, dass im Gegensatz zu den Zeiten vor 20 oder
auch vor 10 Jahren inzwischen eine wesentlich größere
Zahl an Ministerien ODA-fähige Mittel hat, nämlich
etwa zehn. Insofern kommt einem solchen Ressortkreis
natürlich eine große Bedeutung zu.
Sie haben gerade gesagt, dass das BMZ dort die Ge-
schäftsführungsfunktion übernehmen soll. Ich würde
gerne noch ein bisschen genauer nachfragen, in welcher
Art und Weise dieser Ressortkreis arbeiten soll und wel-
che Effekte Sie sich genau erwarten.
Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung:
Herr Kollege Haibach, es ist schade, dass Sie auf die
Promotion verzichtet haben. Das hätte Ihnen viel Zeit
und Geld erspart.
Nichtsdestotrotz ist dieser Ressortkreis erstens ein
wichtiges Instrument, damit die anderen Ressorts, die
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treten dem Rechtsmantel der GTZ bei. Auch bei der deut-schen Einheit gab es einen Beitritt zum Geltungsbereichdes Grundgesetzes; aber wir reden von der Wiederverei-nigung und nicht vom Beitritt. Das wird das Grundprinzipsein.Diejenigen, die jetzt noch Anteilseigner sind – wirsind mit ihnen seit insgesamt acht Monaten im Gespräch –,werden entsprechend beteiligt, je nachdem, welche Artvon Anteilseigner sie sind. Ich könnte mir vorstellen,dass zum Beispiel die Bundesländer im Aufsichtsrat be-teiligt werden könnten, wenn sie Interesse daran habenund wir uns einig werden. Die deutsche Wirtschaftkönnte es mit Sicherheit nicht werden, und auch die zi-vilgesellschaftlichen Akteure, die teilweise Anteilseig-ner sind, könnten das nicht; denn sonst wäre es keine100-prozentige Bundestochter, also keine klassische Re-gierungsorganisation. Die anderen wollen ja überwie-gend Nichtregierungsorganisationen bleiben. Aus die-sem Grund haben wir uns überlegt, einen Beirat mitentsprechenden Beratungsrechten zu gründen, in demdie Stimme der anderen Teilnehmer gehört werden muss,damit die Einflussmöglichkeit weiter bestehen bleibt.
Danke, Herr Minister.
Ich beende die Befragung der Bundesregierung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 17/2371, 17/2407 –
Zu Beginn rufe ich gemäß Ziffer 10 Abs. 2 der Richt-
linien für die Fragestunde die dringliche Frage auf
Drucksache 17/2407 auf.
Zur Beantwortung steht die Staatsministerin Cornelia
Pieper zur Verfügung.
Ich rufe die dringliche Frage 1 der Kollegin Höger
auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu den Auf-
gaben des laut Medienberichten am vergangenen Freitag bei
einem bewaffneten Angriff auf die in Kunduz gelegene Filiale
der US-Organisation Development Alternatives Inc., DAI, ge-
töteten 32-jährigen ehemaligen Bundeswehrsoldaten aus
Schleswig-Holstein?
Bitte.
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Frau Abgeordnete Höger, ich darf Ihnen für die Bun-
desregierung auf Ihre Frage Folgendes antworten: Uns
liegen zu den Aufgaben des bei einem bewaffneten An-
griff getöteten deutschen Staatsangehörigen keine eige-
nen Erkenntnisse vor. Ich bitte um Verständnis dafür, dass
ich aus personenschutzrechtlichen Gründen den Namen
des deutschen ehemaligen Bundeswehrsoldaten nicht
nennen kann, der in dieser Woche beerdigt werden soll.
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Sevim Dağdelenhumanitäre Frontorganisation des US-GeheimdienstesCIA gelte und arbeite, sei.Deshalb würde ich gerne wissen: Hat die Bundes-regierung Kenntnisse darüber, dass das Anschlagszieleine Einrichtung des US-Geheimdienstes CIA ist? Fallssie keine Kenntnisse darüber hat: Geht sie den Informa-tionen in den Medien nach, um zu erfahren, in welcherWeise bzw. in welchem Zusammenhang der ehemaligeBundeswehrsoldat dort tätig war?C
Frau Abgeordnete, die Fakten sind: Neben den
Durchführungs- und Mittlerorganisationen der Bundes-
regierung wie der Gesellschaft für Technische Zusam-
menarbeit und der Kreditanstalt für Wiederaufbau be-
treiben, wie Sie wissen, auch eine Reihe anderer Staaten
im Raum Kunduz Entwicklungszusammenarbeit und
Aufbauhilfe, so auch die USA mittels ihrer Durchfüh-
rungsorganisation USAID. Durch die Development
Alternatives Incorporated, kurz: DAI, werden diese Pro-
jekte umgesetzt, wie Sie schon richtig festgestellt haben.
DAI ist eine uns bekannte Politikberatungsgesell-
schaft. Sie wurde 1970 in den USA gegründet und ist
seit 2005 eine Aktiengesellschaft im Besitz der Mitarbei-
ter mit Sitz in Maryland. Sie hat 350 Mitarbeiter und ist
im Auftrag verschiedener staatlicher Mittlerorganisatio-
nen wie USAID oder der japanischen Entwicklungs-
bank, aber auch für private Unternehmen wie Unilever
in über 60 Staaten bei der Umsetzung von Projekten von
der ländlichen Entwicklung bis hin zur Bekämpfung des
Klimawandels tätig. DAI betreibt in der Provinz Kunduz
im Auftrag des USAID ein Programm zur Stärkung
kommunaler Verwaltungsstrukturen.
Das sind die Fakten, die ich Ihnen dazu nennen kann.
Der Kollege Mützenich stellt die nächste Frage.
Vielen Dank für die Aussagen, Frau Staatsministerin. –
Ich habe Ihre Antwort eben so verstanden, dass es eine
gewisse Unklarheit über die Beschäftigung von Perso-
nen, die früher bei der Bundeswehr tätig gewesen sind,
und darüber gibt, welchen Vorschriften sie unterliegen.
Sie haben auch gesagt, dass Sie dieser Unklarheit in Ih-
rem Haus oder vielleicht auch in Rücksprache mit ande-
ren Häusern nachgehen werden.
Kann ich daraus schließen, dass Sie der Auffassung
sind, dass insbesondere im Regelungsbereich nichtstaat-
licher militärischer Sicherheitsfirmen in Zukunft mit
weiterem Handlungsbedarf vonseiten der Bundesregie-
rung zu rechnen ist, insbesondere was die Regelungen
im Inland betrifft, aber auch in Bezug auf völkerrechtli-
che Verträge?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5523
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keine konkreten Aussagen getroffen oder Maßnahmenergriffen.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Können Sie heute definitiv ausschließen, dass es für
die Universitätsstandorte Lübeck und Flensburg eine Lö-
sung geben wird, bei der der Bund eine Rolle spielt?
Denn laut Ihrer Aussagen gibt es ja keine diesbezügli-
chen Überlegungen im Forschungsministerium und
keine Aktivität von Ministerin Schavan.
T
Sehr geehrte Frau Kollegin, die Haushaltsautonomie
und auch die Kulturhoheit der Länder führen dazu, dass
universitäre Regelungen, erst recht was die Grundaus-
stattung betrifft, von dem jeweiligen Bundesland zu tref-
fen sind.
Ihre zweite Nachfrage.
Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass
die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz auf ihrer Sit-
zung am 21. Juni 2010 den vereinbarten Beschluss zur
Einsetzung einer Arbeitsgruppe zum Ärztemangel und
zum Bedarf an Medizinstudienplätzen nicht umgesetzt
hat, und zwar mit der ausdrücklichen Begründung, dass
die Abwicklung des Medizinstudiengangs der Univer-
sität Lübeck vorgesehen sei, und warum hat die Bundes-
regierung dem Parlament diese Information bei ihren
Antworten in der Fragestunde am 1. Juli 2010 vorenthal-
ten?
T
Frau Kollegin, wir antworten auf die Fragen, die uns
gestellt werden. Der Bund leistet bereits mit dem
Hochschulpakt 2020 einen wichtigen Beitrag zur Aus-
stattung mit Studienplätzen. Die KMK hat auf ihrer Sit-
zung am 27. Mai in München beschlossen, mit dem
Bund Gespräche über ein mögliches Sonderprogramm
für zeitlich befristete Studienplätze in der Medizin auf-
zunehmen. Auf der GWK-Sitzung am 21. Juni dieses
Jahres sind weitere Gespräche zwischen Bund und Län-
dern vereinbart worden. Ergebnisse dazu liegen noch
nicht vor.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Sager.
Herr Rachel, es ist auf die Dauer etwas ermüdend,
wenn Sie uns Woche für Woche nur über die Verfas-
sungslage informieren. Tatsache ist doch nun einmal,
dass es Gespräche zwischen Vertretern der Landesregie-
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2
Die nächste Frage stellt der Kollege Rix.
Herr Staatssekretär, ich hätte gerne gewusst, wie oft
s Gespräche zwischen der Landesregierung von Schles-
ig-Holstein und der Bundesregierung, also zwischen
en jeweils zuständigen Ministern oder eventuell sogar
wischen dem Ministerpräsidenten und der Bundeskanz-
erin, über die Fachhochschulstandorte Lübeck und
lensburg gegeben hat. Wenn Sie nicht wissen, wie viele
s waren, oder sie vielleicht sogar bestreiten und sagen,
ass es aufgrund der Verfassung natürlich keine Gesprä-
he gab, weil nur das Land zuständig ist: Kann ich dann
avon ausgehen, dass gar nicht darüber geredet wurde
nd dass die Ministerin sich überhaupt nicht nach dem
achhochschulstandort bei der jeweiligen Landesregie-
ung erkundigt hat?
T
Von Letzterem können Sie nicht ausgehen. Selbstver-
tändlich bietet die Verfassung zahlreiche Möglichkei-
en, dass Bund und Länder – in dem Fall das Land
chleswig-Holstein mit der Bundesregierung und vice
ersa – über die verschiedenen Themen, die die Wissen-
chaft betreffen, reden. Das steht ohne Zweifel fest. Es
ndert aber nichts daran, dass über die Grundausstattung
iner Hochschule sowie über die Existenz oder die Ver-
nderung einer Fakultät ausschließlich das jeweilige
itzland zu entscheiden hat.
Herr Kollege Röspel.
Herr Staatssekretär, im Flensburger Tageblatt vom. Juli 2010 wird der schleswig-holsteinische Wissen-
Metadaten/Kopzeile:
5524 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
René Röspel
)
)
schaftsminister und Parteikollege von Frau Schavan,Herr de Jager, mit den Worten zitiert, dass Frau Schavanihm gegenüber „sehr großes Interesse“ am Erhalt der Lü-becker Fakultät geäußert habe. Auch soll Herr de Jagergesagt haben, er sei „zuversichtlich, dass es jetzt zügigeine Lösung geben wird, wie der Bund das Land bei derHochschulmedizin in Lübeck unterstützen kann“, da er„in regelmäßigem Kontakt zu Schavan“ stünde.Wie passen denn diese Aussagen zu den Erklärungen,die wir heute und in der letzten Woche gehört haben,dass der Bund keine Kompetenz in Sachen Hochschul-politik der Länder habe?
T
Sehr geehrter Herr Kollege Röspel, vielen Dank für
Ihre Frage. Sie haben richtig aus dem Flensburger Tage-
blatt zitiert. Dabei wird Ihnen aufgefallen sein, dass Sie
nicht die Ministerin Schavan zitiert haben, sondern einen
Vertreter einer Landesregierung. Ich stelle fest, dass dies
Äußerungen aus einem Land sind, die von einer Tages-
zeitung wiedergegeben wurden, und keine Originaläuße-
rung der Ministerin.
Generell möchte ich darauf hinweisen, dass die Bun-
desregierung es selbstverständlich begrüßen würde,
wenn die hervorragende Hochschullandschaft in
Deutschland und auch die Medizinische Fakultät der
Universität Lübeck erhalten blieben. Über diese Frage
hat aber nicht die Bundesregierung zu entscheiden, son-
dern das Land Schleswig-Holstein.
Herr Rossmann.
Herr Staatssekretär, die erste Frage muss jetzt einmal
eine ironische sein; denn Frau Sager sagte schon, dass
Sie offensichtlich nicht bereit sind, hier allzu viel an
Konstruktivem erkennen zu lassen, was der Bund tun
könnte und was er auch tun will. Deshalb frage ich Sie
andersherum: Schließen Sie aus, dass sich Frau Schavan
zusammen mit anderen Beteiligten zu irgendeinem Zeit-
punkt in der nächsten Zeit in der Form präsentieren wird,
dass sie aktiv zur Rettung der Lübecker Medizineraus-
bildung beigetragen hat?
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Eine Lebensweisheit ist, dass man nie irgendetwas
ausschließen soll. Ich schließe auch nicht aus, dass ich
gleich vom Blitz getroffen werde.
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Herr Beck: Sie haben das Wort zur nächsten Frage.
Ich will noch einmal auf die Frage zurückkommen,
ie Sie Frau Sager nicht beantwortet haben. Hat es denn
espräche von Frau Schavan oder anderen Mitgliedern
er Bundesregierung oder Mitarbeitern Ihres Hauses mit
er Landesregierung von Schleswig-Holstein über die
ier in Rede stehende Frage der Medizinischen Fakultät
egeben? Und wenn es diese Gespräche gegeben hat:
as hat die Bundesregierung in diesen Gesprächen ver-
reten?
T
Sehr geehrter Herr Kollege Beck, wie ich vorhin
chon geantwortet habe, hat es selbstverständlich Ge-
präche – die natürlich zulässig, möglich und im Übri-
en vollkommen normal sind – zwischen der Bundes-
egierung, dem BMBF, und der Landesregierung
chleswig-Holstein über die Hochschul- und Wissen-
chaftslandschaft in Lübeck sowie über die Absicht der
andesregierung gegeben. Dabei haben das BMBF und
ie sie vertretenden Repräsentanten deutlich gemacht,
ass der Erhalt der Medizinischen Fakultät aus Sicht der
undesregierung zu begrüßen wäre, weil sie für den uni-
ersitären Standort Lübeck profilbildend ist und deutlich
ber 50 Prozent der Kapazität der Hochschule einnimmt.
Herr Schulz, bitte.
Herr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Was ist der Bundur Lösung des Problems, über das wir hier sprechen,eizutragen bereit?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5525
)
)
T
Die Landesregierung in Schleswig-Holstein diskutiert
ganz offensichtlich darüber, ob sie die Medizinische Fa-
kultät der Universität Lübeck verändert oder schließt.
Diese Entscheidung liegt ausschließlich bei der Landes-
regierung und nicht bei der Bundesregierung; sie ist also
Ländersache. Insofern wird die Bundesregierung bezüg-
lich der finanziellen Ausstattung der Universität Lübeck
und ihrer Medizinischen Fakultät nichts unternehmen.
Wir kommen jetzt zur Frage 2 der Kollegin Hiller-
Ohm:
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Hoch-
schulrektorenkonferenz ,
laut der das Vorgehen der schleswig-holsteinischen Landes-
regierung und die vorgesehene Schließung der Universität
Lübeck als Bildungsbankrott gebrandmarkt und vor den fata-
len Folgewirkungen gewarnt wird, und teilt die Bundesregie-
rung darüber hinaus die Auffassung der Hochschulrektoren-
konferenz, dass offensichtlich bestimmte Länder ihrem
Auftrag der Zukunftssicherung nicht mehr nachkommen bzw.
nachkommen können?
Herr Rachel, bitte.
T
Sehr geehrte Frau Kollegin Hiller-Ohm, auch hier ist
es so, dass das Land Schleswig-Holstein seine Überle-
gungen in der Sache gegenüber der Hochschulrektoren-
konferenz wie auch den regionalen Hochschulen zu ver-
treten hat. Die Prioritätensetzung erfolgt nämlich im
Haushalt des Landes Schleswig-Holstein entsprechend
der Haushaltsautonomie und der Kulturhoheit der Län-
der. Die Prioritätensetzung bezogen auf den Studien-
standort Lübeck ist insofern ausschließlich vom Land
und damit selbstständig und unabhängig vom Bund zu
treffen. Dies gilt auch für die Entscheidungen zur
Grundfinanzierung einzelner Hochschulen.
Darüber hinaus haben Bund und Länder im
Oktober 2008 zur Zukunftssicherung durch Bildung und
Forschung vereinbart und im Dezember letzten Jahres
noch einmal bestätigt, gesamtstaatlich 10 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung auf-
zuwenden. Dieses Ziel wird weiterhin gemeinsam ver-
folgt.
Wie ich sehe, möchten Sie eine Nachfrage stellen.
Herr Staatssekretär, ich versuche es noch einmal. Wir
konnten heute norddeutschen Medien entnehmen, dass
der Vorschlag zur Schließung der Medizinischen Fakul-
tät der Universität Lübeck ganz offensichtlich von der
Universität Kiel stammt. Es soll bereits im vergangenen
Jahr ein Geheimtreffen mit dem damaligen Wissen-
schaftsstaatssekretär de Jager gegeben haben, bei dem
darüber verhandelt worden ist. Können Sie denn bestäti-
gen, dass es Bund-Länder-Programme im Hochschulbe-
reich gibt? Falls Sie diese Frage mit Ja beantworten:
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5526 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
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schieht. Meine Frage an die Bundesregierung lautet: Wieviel Zeit will die Bundesregierung – in Verantwortungfür das Land, für die Hochschulbildung und auch für dieAusbildung im Gesundheitsbereich – den Schleswig-Holsteinern noch geben, den Bankrott zu verhindern,und ab wann sieht sie den Zeitpunkt für gekommen, dasssie sich nicht mehr aus der Schuld entlassen kann und andem, was in Lübeck geschieht, mitschuldig wird?T
Herr Kollege Rossmann, Sie unterliegen hier einem
grundlegenden Missverständnis. Sie sprechen von der
Verantwortung der Bundesregierung. Die Verantwortung
für die Einrichtung, die Veränderung oder die Schlie-
ßung von Hochschulstandorten oder Fakultäten liegt
ausschließlich bei den jeweiligen Bundesländern, in dem
Fall beim Land Schleswig-Holstein.
Frau Sager.
Herr Staatssekretär, der Wissenschaftsrat hat in einer
bundesweiten Dringlichkeitsliste für Forschungsneubau-
ten an der dritten Stelle, also sehr weit oben positioniert,
ein „Interdisziplinäres Zentrum Gehirn, Hormone und
Verhalten“ für die Universität Lübeck empfohlen. Was
würden Sie da ganz persönlich denken? Welche Chancen
hätte ein solches Forschungszentrum noch, wenn die
Medizinerausbildung dort abgewickelt wird? Wie wür-
den Sie vor diesem Hintergrund und auch im Kontext
mit den Forschungszielen, die Bund und Länder sich ge-
meinsam vorgenommen haben, die Abwicklung der Me-
dizinerausbildung bewerten?
T
Sehr geehrte Frau Kollegin Sager, die Äußerungen
des Wissenschaftsrats, auf die Sie Bezug genommen ha-
ben, sind wohl als deutliches Signal der Unterstützung
für diese regionale Hochschule zu verstehen. Ich denke,
das bettet sich ein Stück ein in die Aussage, die ich ein-
gangs getroffen habe, nämlich dass aus Sicht der Bun-
desregierung der Erhalt der Medizinischen Fakultät dort
zu begrüßen wäre, weil diese Fakultät dort für den uni-
versitären Standort Lübeck profilbildend ist.
Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich über die
Frage, wer welchen Neubau nachher bekommt, hier
keine Spekulationen anstellen möchte.
Herr Kollege Röspel.
Herr Staatssekretär, in der Regierungskoalition, ein-
schließlich Bundesgesundheitsminister Rösler, wird
ständig darüber diskutiert, inwieweit der Ärztemangel in
Deutschland behoben werden kann, welche Maßnahmen
gegen einen solchen Mangel ergriffen werden können.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5527
)
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Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Rossmann, wie ich
diesen Zusammenhang sehe, habe ich schon in der Ant-
wort auf eine Frage des Kollegen Röspel gesagt, nämlich
dass ich hier ein auffallendes Spannungsverhältnis emp-
finde.
Wie Sie vielleicht aus meinen bisherigen Antworten
erkannt haben, ist es nicht so, dass sich der Bund gar
verweigert oder nicht an diesen Gesprächen teilnimmt,
sondern es ist im Gegenteil so, dass er sich in Gesprä-
chen mit den Bundesländern befindet. Daran sehen Sie,
dass auch die Bundesregierung und wir im BMBF diesen
relativen Ärztemangel sehr wohl wahrnehmen.
Die Aufgabe ist, zunächst einmal genauer einzuschät-
zen, ob und in welchem Umfang ein solcher Ärzteman-
gel vorhanden ist und wie dem begegnet werden kann
bzw. muss. Dabei ist es aus Sicht der Bundesregierung
entscheidend und notwendig, dass die 16 Bundesländer
in der Beurteilung genau dieser Fragestellung zu einer
klaren und möglichst einvernehmlichen Problem- und
auch Lösungsbeschreibung kommen. Dies ist bisher
noch nicht erfolgt. Wir befinden uns hier aber im Ge-
spräch.
Wir kommen nun zur zweiten Frage der Kollegin
Schieder, nämlich der Frage 4:
Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass mit
dem schleswig-holsteinischen Sparpaket auch die exzellenten
Studiengänge in Flensburg gefährdet sind, die in Kooperation
mit der süddänischen Region realisiert und einzigartig in
Deutschland und Europa sind, und welche Konsequenzen er-
wartet die Bundesregierung für das deutsch-dänische Verhält-
nis daraus?
T
Frau Kollegin Schieder, ich finde es zunächst einmal
sehr schön, dass sich auch eine Abgeordnete aus Bayern,
soweit ich das weiß,
für die Frage des schleswig-holsteinisch-dänischen Ver-
hältnisses interessiert. Ich antworte Ihnen dazu gerne.
Sie wissen, dass die Länder gemäß ihrer Kultur- und
Haushaltsautonomie Entscheidungen, wie in verschiede-
nen Studiengängen verfahren wird, treffen. Ich möchte
aber in der Frage der Kooperationen mit Dänemark aus-
drücklich darauf hinweisen, dass zurzeit allein im Hoch-
schulkompass der Hochschulrektorenkonferenz 368 Ko-
operationen deutscher und dänischer Hochschulen
registriert sind, davon übrigens nur zwei bei der Univer-
sität in Flensburg. Somit sind Konsequenzen für das
deutsch-dänische Verhältnis im Hochschulbereich insge-
samt nicht zu erwarten.
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5528 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Parl. Staatssekretär Thomas Rachel
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und sich dafür einsetzen, dass sie fortgesetzt werden.Das ist verständlich. Das ist im Übrigen bei Kooperatio-nen von Hochschulen in anderen Regionen nicht anders.Ich habe mich differenziert genug geäußert, indem ichgesagt habe: Wir freuen uns darüber, dass es – unabhän-gig von diesen beiden Kooperationen – insgesamt einbreites Geflecht von deutsch-dänischen Kooperationengibt – es gibt 368 solcher Hochschulkooperationen –, dieüber die Region hinaus sicherlich bedeutsam sind unddie die guten Beziehungen im Wissenschaftsbereichzwischen Dänemark und Deutschland garantieren.
Die Frage 5 der Kollegin Ulla Burchardt wird nicht
beantwortet, da die Kollegin nicht anwesend ist. Es wird
verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Ich rufe die Frage 6 des Kollegen Rossmann auf:
Wie rechtfertigt es die Bundesregierung, dass beim Pakt
für Qualität in der Lehre der Bund die gesamten Kosten allein
trägt und damit die Länder auf einem Kerngebiet ihrer Bil-
dungszuständigkeit keinen eigenen Finanzbeitrag leisten?
T
Sehr geehrter Herr Dr. Rossmann, wie Sie als Sprecher
Ihrer Fraktion im Bildungs- und Forschungsausschuss
wissen, haben die Regierungschefs von Bund und Län-
dern am 10. Juni der Verwaltungsvereinbarung zwischen
Bund und Ländern über ein gemeinsames Programm für
bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der
Lehre zugestimmt, worüber wir uns gemeinsam gefreut
haben. Darin ist geregelt, dass der Bund die Sach- und
Personalausgaben trägt, die den Hochschulen für die
Durchführung der bewilligten Maßnahmen zusätzlich
entstehen, während das jeweilige Sitzland die Gesamt-
finanzierung sicherstellt.
Mit diesem Programm mit einem Volumen von 2 Mil-
liarden Euro bis zum Jahr 2020 hat der Bund einen
weiteren ganz wesentlichen Beitrag zur Erreichung des
10-Prozent-Ziels für Bildung und Forschung erbracht.
Dieses Bund-Länder-Sonderprogramm wird einen star-
ken Impuls für bessere Studienbedingungen und mehr
Lehrqualität an den Hochschulen setzen. Unbeschadet
dessen ist die Grundfinanzierung der Hochschulen Auf-
gabe der Länder.
Sie haben eine Nachfrage.
Herr Staatssekretär, die gemeinsame Freude über die
Verbesserung der Qualität der Lehre an den Hochschulen
zu konzedieren, steht mir nicht zu. Der entscheidende
Punkt ist, dass hier der Bund Kernaufgaben der Länder
zu 100 Prozent finanziert. Nun ist die Frage, ob diese
gute Tat an anderer Stelle böse Früchte trägt. Können Sie
also ausschließen, dass es bei weiteren aktuell anstehen-
den bildungspolitischen Entscheidungen – ich nenne
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5529
)
T
Herr Kollege Dr. Rossmann, Bund und Länder haben
in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am 28. Mai
dieses Jahres vereinbart, gemeinsam mit den Hochschu-
len – also denjenigen, um die es letztlich auch geht – die-
sen Vorschlag, nämlich die Einrichtung einer Akademie
für Studium und Lehre, zu prüfen. Dieser Vorschlag wird
weiter verfolgt und geprüft. Eine solche Akademie für
Studium und Lehre könnte nachhaltige Beiträge zur Ver-
besserung der Qualität der Lehre und des Studiums sowie
zur Qualifizierung von Lehrenden auch auf ihrem weite-
ren Berufsweg leisten. Die Gemeinsame Wissenschafts-
konferenz wird sich dann später auf dieser Grundlage er-
neut mit dem Vorschlag befassen.
Es gibt eine weitere Nachfrage. Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, weil das von uns gemeinsam be-
grüßte Programm für die Verbesserung der Qualität in
der Lehre auch Zeitvorstellungen beinhaltet, die mit den
Jahren 2011 bzw. 2012 beginnen, liegt der Gedanke
nahe, dass auch eine solche Akademie in dieses Gesamt-
konzept hineinpasst. Deshalb meine Frage: Streben Sie
ein Zeitfenster an, in dem diese Akademie in Bezug auf
eine qualitativ möglichst hochwertige Umsetzung dieses
guten Hochschulprogramms für die Verbesserung der
Qualität in der Lehre noch wirksam werden kann?
T
Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Rossmann, gut Ding
will Weile haben. Selbstverständlich sind wir an einer
qualitativ hervorragenden Umsetzung interessiert. Das
setzt die frühzeitige Einbindung der betroffenen Hoch-
schulen voraus. Um die bemühen wir uns gerade. Wir
werden das Gespräch und die Prüfung mit den Hoch-
schulen abwarten und dann in der Gemeinsamen Wis-
senschaftskonferenz mit den Ländern zu einer abschlie-
ßenden Beratung kommen.
Sie haben noch eine weitere Nachfrage. Bitte schön.
Wir haben in der Fragestunde einmal mehr gehört,
wie schwierig die Klärung von Finanzfragen zwischen
Bund und Ländern ist. Deshalb meine Frage: Mit wel-
cher Finanzierungsvorstellung geht der Bund in die Ver-
handlungen mit den Ländern, was seine Beteiligung an
der gut gedachten Akademie angeht?
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Bevor man über Finanzen spricht, muss man über
Konzepte sprechen und schauen, ob die Konzepte tragfä-
hig sind und Chancen haben, qualitativ erstklassig um-
gesetzt zu werden. Dies steht zunächst im Vordergrund.
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5530 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
)
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Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Wir gehen da-
von aus, dass der Referentenentwurf im auslaufenden
Sommer vorgelegt werden kann. Dann gibt es natürlich
eine Kabinettsbefassung. Das kann natürlich nicht die
Dauer des anschließenden Bundestagsverfahrens wie
auch die Befassung im Bundesrat präjudizieren. Insofern
ist ein genauer Zeitpunkt für das Inkrafttreten des Geset-
zes im Moment noch nicht festzulegen.
Herr Staatssekretär, ich habe nicht nach dem Inkraft-
treten des Gesetzes gefragt, sondern ab wann die Bun-
desregierung dem Deutschen Bundestag den Gesetzent-
wurf zuleiten wird.
Nachgeschoben: Wir haben in dieser Woche im Aus-
schuss eine Sachverständigenanhörung zu diesem Thema
durchgeführt. Wird die Bundesregierung bei der Erarbei-
tung des Referentenentwurfes bzw. des Gesetzentwurfs
die Ergebnisse dieses Fachgesprächs mit einbeziehen?
T
Vielen Dank. – Eine genaue zeitliche Einordnung,
wann der Gesetzentwurf dem Bundestag zugeleitet wird,
kann ich nicht vornehmen. Aber dies soll in möglichst
zeitlicher Nähe geschehen – das ist ganz klar –, weil wir
daran interessiert sind, dass die Sache vorangeht.
Selbstverständlich wird die Bundesregierung die As-
pekte, die in der Anhörung des zuständigen Fachaus-
schusses angesprochen worden sind, aufnehmen. Sie
wissen, dass Vertreter der Bundesregierung bei der An-
hörung anwesend gewesen sind und die Dinge aufmerk-
sam verfolgt haben. Wir wollen versuchen, die Aspekte
in den Referentenentwurf bzw. den Gesetzentwurf ein-
zubeziehen. Das ändert nichts daran, dass das Parlament
nachher selbstverständlich frei ist, bei der Gesetzgebung
entsprechend mitzuwirken und Änderungen durchzuset-
zen.
Frau Dağdelen.
Auch ich möchte eine Frage stellen. Erster Punkt.
Nachdem 2007 die Linksfraktion mit einem entsprechen-
den Antrag das Thema auf die Tagesordnung gebracht
und den Bundestag aufgefordert hat, aktiv zu werden
– leider hat das die Große Koalition in der letzten Wahl-
periode versäumt; jetzt aber hat diese Koalition den An-
spruch, hier etwas zu tun –, möchte ich fragen, ob viel-
leicht schon bei der Erarbeitung des Referentenentwurfs,
aber zumindest bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs
das Gespräch mit Betroffenengruppen und -initiativen
gesucht wurde bzw. wird und ob auch Fachverbände zu-
rate gezogen wurden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5531
)
Forschung. Der Bund wird damit in zentralen Bildungs-bereichen zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Auf derGrundlage des von der KMK am 27. Mai beschlossenenMaßnahmenkatalogs zur Ausfüllung und Erreichung des10-Prozent-Ziels für Bildung und Forschung werdenBund und Länder Schwerpunkte und Maßnahmen in denjeweiligen Bildungsbereichen im Rahmen ihrer Zustän-digkeiten umsetzen.
Eine Nachfrage? – Bitte schön.
Herr Staatssekretär, heißt das, dass nach dem geschei-
terten Bildungsgipfel vor wenigen Wochen momentan
keine weiteren Bildungsgipfel geplant sind, um verbind-
liche Verabredungen zwischen Bund und Ländern hin-
sichtlich des 10-Prozent-Ziels zu treffen?
T
Herr Kollege Schulz, ich möchte Ihrer Grundthese
widersprechen, dass es ein gescheiterter Gipfel gewesen
ist. In einer Zeit höchster finanzieller Konsolidierungs-
notwendigkeit und angesichts von Einsparungen in
Milliardenhöhe auf allen Themenfeldern ist die Ent-
scheidung, einen Qualitätspakt für die Lehre an den
Hochschulen auf den Weg zu bringen und zu finanzieren
– die Bundesregierung stattet ihn bis zum Jahr 2020 mit
2 Milliarden Euro aus –, kein Scheitern, wie Sie das be-
schreiben, sondern eine notwendige und wichtige Ent-
scheidung.
Die weitere Umsetzung wird zwischen Bund und
Ländern in den dafür vorgesehenen Gremien von GWK
und KMK – wenn die Ministerin beteiligt ist – bespro-
chen. Wir werden spätestens im Jahr 2014 Bilanz ziehen
können, was wir auf dem Weg zum 10-Prozent-Ziel im
Bereich Forschung und Bildung erreicht haben.
Eine weitere Nachfrage? – Bitte schön.
Ein nächster sogenannter Bildungsgipfel auf Einla-
dung der Bundeskanzlerin ist demnach im Moment nicht
geplant?
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Wir haben eine Vielzahl von Möglichkeiten der Ko-
operation zwischen Bund und Ländern im Bereich der
Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung.
Diese werden zunächst intensiv genutzt.
Also nein.
Herr Dr. Rossmann, bitte.
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5532 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
)
Die Frage 10 des Kollegen Klaus Hagemann wird
schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 11 der Kollegin
Sylvia Kotting-Uhl.
Ich rufe jetzt die Frage 12 des Kollegen Röspel auf:
In welchen Programmen der Rubrik 1 a des EU-Haushal-
tes sieht die Bundesregierung Einsparmöglichkeiten, um die
Finanzlücke von 1,4 Milliarden Euro bei dem Projekt ITER
wie vorgeschlagen zu schließen, und gibt es Programme, die
von dieser Kürzung aus Sicht der Bundesregierung ausge-
nommen werden sollten?
T
Die EU-Kommission, die einer der sieben internatio-
nalen Partner ist – präzise Euratom, aber handelnd ist die
Kommission –, ist für die Durchführung der Programme
des EU-Haushalts verantwortlich. Folglich muss sie ei-
nen Finanzierungsvorschlag zur Deckelung des Fehlbe-
darfs machen. Hierzu ist sie von deutscher Seite aufge-
fordert worden. Dies deckt sich mit dem Entwurf der
Ratsschlussfolgerung vom 28. Juni 2010, über den ich
Sie heute im zuständigen Fachausschuss Bildung und
Forschung informiert habe.
Sie haben eine Nachfrage, Herr Röspel. – Bitte schön.
Vielen Dank. – Heißt das auch, dass über die exakten
finanziellen Kürzungen in der Rubrik 1 a des EU-Haus-
haltes ebenso die Kommission entscheiden und das für
uns nicht nachvollziehbar sein wird?
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Herr Kollege Röspel, vielen Dank für die Frage. – Die
EU-Kommission ist nun in der Verantwortung, einen
Vorschlag zu unterbreiten, was die Mitgliedstaaten im
Rat auch zum Ausdruck gebracht haben. Die Mitglied-
staaten haben vorgeschlagen – ich darf zitieren – „Pri-
marily“ also in erster Linie, wenn ich das so übersetzen
darf, die Finanzierung der Mehrkosten vor allem in den
Jahren 2012 und 2013 für ITER aus der Haushaltslinie
1 a zu finanzieren. In welchen Bereichen genau das ge-
macht wird, das wird jetzt die EU-Kommission vor-
schlagen. Denkbar ist auch, dass neben der Haushaltsli-
nie 1 a – diese wird in erster Linie in Anspruch
genommen – auch die Haushaltslinie 2 in Anspruch ge-
nommen wird; dies war auch bei anderen Programmen
in der Vergangenheit der Fall. Die Kommission macht
den Vorschlag, und im weiteren Verfahren wird
– schließlich geht es hier auch um Budgetrechte – das
Europäische Parlament selbstverständlich mit einbezo-
gen werden.
Sie haben eine weitere Nachfrage?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5533
)
Ziel der Bundesregierung –, dass man den Anteil der re-generativen Energieträger sukzessive weiter hochfahrenwird, je mehr sie mit anderen Energiebereichen wirt-schaftlich konkurrenzfähig sind. Andere Bereiche kön-nen dann an Bedeutung verlieren.Die Bundesregierung möchte aber – darauf zielen Sieab – auf jeden Fall, wenn es möglich ist, an dem For-schungsprojekt ITER festhalten. Es wäre, glaube ich,vermessen, wenn man heute beurteilen wollte – Sie ha-ben das Thema angesprochen –, wann es eine kommer-zielle Umsetzung geben wird. Klar ist, dass ITER dieChance eröffnet, durch eine weltweite Forschungsko-operation zwischen Indern, Chinesen, Südkoreanern,Russen, Japanern, Amerikanern und Europäern eineneue Lösung der Energieprobleme zu erarbeiten. DieseOption sollten wir auch im Interesse unserer Kindernicht ausschlagen. Wir sollten ihnen die Möglichkeit ge-ben, zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich das Projektals wissenschaftlich, technologisch und auch ökono-misch konkurrenzfähig erwiesen hat, zu entscheiden, obsie die Technologie anwenden wollen und, wenn ja, inwelchem Umfang.
Frau Sager.
Herr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie geht davon aus,
dass es nicht möglich ist, aus den Wettbewerbs- und For-
schungsprogrammen der Rubrik 1 a die Mehrkosten bei
ITER zu finanzieren, ohne dass es zu einer nachhaltigen
Beschädigung der EU-2020-Ziele und zu einer Beschä-
digung von Programmen, die für die Erfüllung der EU-
2020-Ziele von strategischer Bedeutung sind, kommen
wird. Jetzt ist natürlich die Frage: Teilen Sie die Ein-
schätzung der Kommission nicht? Wenn ja, warum teilen
Sie sie nicht? Wenn Sie sie teilen, warum halten Sie die
Fortsetzung des ITER-Projekts für wichtiger als die Um-
setzung der EU-2020-Ziele und der entsprechenden Pro-
gramme?
T
Frau Kollegin Sager, ich teile die Auffassung der EU-
Kommission nicht. Nachdem die Kommission monate-
lang die Mitgliedstaaten im Unklaren darüber gelassen
hat, wie sich die Kostenentwicklung bei ITER darstellt,
und die Zahlen nur auf Drängen mehrerer Mitgliedstaa-
ten – vor allem auch wegen der deutschen Nachfragen –
auf den Tisch gekommen sind, hatte sie die Vorstellung,
dass die Mitgliedstaaten, die nationalen Parlamente, zu-
sätzliches Geld zur Verfügung stellen; die entstandenen
Mehrkosten sollten ausschließlich über die nationalen
Haushalte finanziert werden. Ich würde gern wissen,
welche Fragen Sie mir heute stellen würden, wenn wir
das eins zu eins umgesetzt hätten. Dann würde der Deut-
sche Bundestag mit den Mehrkosten konfrontiert und
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5534 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
)
Sie habe eine Nachfrage? – Bitte schön.
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, da-
für zu sorgen, dass die Steigerung der Kosten für den
Kernfusionsreaktor – von 2,7 auf 7,2 Milliarden Euro –
nicht zulasten der Erforschung intelligenter Netze, er-
neuerbarer Energien, alternativer Energien und der Ener-
gieeffizienz geht, die in genau jener Rubrik des EU-
Haushalts, über die wir gerade reden, angesiedelt sind?
Wie kann sie also dafür Sorge tragen, dass die Erfor-
schung anderer Möglichkeiten der Energiegewinnung
und -einsparung nicht behindert wird?
T
Herr Kollege Röspel, ich glaube, es wäre vermessen,
zu versuchen, in einer Fragestunde des Deutschen Bun-
destages den Auftrag der EU-Kommission zu erfüllen,
die als zuständige Institution im europäischen Geflecht
den Vorschlag zu unterbreiten hat. Wenn dieser Vor-
schlag vorliegt, werden wir uns intensiv mit ihm ausei-
nandersetzen, wie im Übrigen auch das Europäische Par-
lament, zu dessen ureigenem Budgetrecht es gehört, über
die Frage der Mittelverwendung und über Prioritäten zu
entscheiden.
Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte.
Gibt es bereits jetzt Überlegungen seitens der Bun-
desregierung, inwieweit der Umstand, dass zusätzliche
Mittel benötigt werden, Auswirkungen auf die Planung
des 8. Forschungsrahmenprogramms haben, und gibt es
Anstrengungen, diese dort zu kompensieren?
T
Zur Erläuterung für die Kollegen: Herr Kollege
Röspel zielt darauf ab, dass es ab dem Jahr 2014 voraus-
sichtlich das sogenannte 8. Forschungsrahmenprogramm
geben wird. Die Finanzierung des 8. Forschungsrahmen-
programms wird im Rahmen der finanziellen Voraus-
schau zu regeln sein. Es wird im Verlauf der allgemeinen
politischen Debatten auf europäischer und nationaler
Ebene, also in den einzelnen Mitgliedstaaten, zu ent-
scheiden sein, wo Europa in Zukunft Prioritäten setzt.
Sie können sich vorstellen, dass gerade das Bundes-
forschungsministerium wegen der volkswirtschaftlich
notwendigen Schwerpunktsetzung bei Forschung und
Innovation ein Interesse daran hat, dass der Anteil der
europäischen Gelder für das 8. Forschungsrahmenpro-
gramm erhöht wird, weil diese Investitionen im Unter-
schied zu manch anderen Investitionen auf europäischer
Ebene zukunftsgerichtet sind. Für die Zeit ab 2014 wird
man selbstverständlich einplanen müssen, dass auch für
ITER entsprechende Kosten anfallen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5535
)
Ich will aber, wenn Sie mögen, gerne ausführen, dassim BMZ-Haushalt im laufenden Jahr, im Jahr 2010, fürdie Klimafinanzierung insgesamt 1,131 Milliarden Euroeingestellt waren, und zwar 930 Millionen Euro über diebilaterale finanzielle und technische Zusammenarbeitzur Anpassung an den Klimawandel, 166 MillionenEuro zur Stärkung der Biodiversität, für Entwicklungs-vorhaben und für multilaterale Hilfen zum weltweitenUmweltschutz sowie 35 Millionen Euro über den Haus-haltstitel „Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungslän-dern“. Die Gesamtsumme beläuft sich also auf1,131 Milliarden Euro. Das wiederum stellt einen Mit-telaufwuchs gegenüber dem Haushaltsansatz 2009 inHöhe von 205 Millionen Euro dar. Es sieht jetzt so aus– danach fragten Sie; das kann ich Ihnen bestätigen –,dass dieser Betrag zusätzlich bereitgestellt wurde. DieserBetrag stellte im BMZ im letzten Jahr einen Teil derAufwendungen im Rahmen der Entwicklungszusam-menarbeit für Klimaschutzmaßnahmen dar.
Herr Ott, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä-
rin, das, was Sie gesagt haben, stimmt mich nicht glück-
lich; denn nach dem mir vorliegenden Entwurf des
Haushaltsplans für 2011, der gerade im Kabinett verab-
schiedet worden ist, sind die im Einzelplan ursprünglich
an zusätzlichen Mitteln vorgesehenen 35 Millionen Euro
auf null reduziert worden. Das Gleiche gilt übrigens für
den Einzelplan 16. Die Kollegin sitzt vor Ihnen und
nickt.
Meine Frage ist: Ist es richtig, dass diese Mittel im
Entwurf des Haushaltsplans auf null reduziert worden
sind und, falls ja, was gedenken Sie zu tun?
Gu
Bezüglich der 35 Millionen Euro bestätige ich Ihnen
noch einmal, dass es mir im Moment nicht möglich ist,
Einzelangaben zu den verschiedenen Ansätzen zu ma-
chen. Das wird erst nach Austarieren bzw. nach Zulei-
tung zum Parlament möglich sein; daran ändert sich
nichts. Ich kenne die Zahlen im Haushaltsplanentwurf
2011. Aber, wie gesagt, der wird Ihnen zugeleitet, und
dann werde ich genaue Angaben machen können.
Ich will Ihnen jedoch noch einmal ausdrücklich sa-
gen, dass die Bundeskanzlerin auf der Kopenhagen-
Konferenz zugesagt hat, im Zuge der Fast-Start-Finan-
zierung für den Zeitraum von 2010 bis 2012 durch-
schnittlich 420 Millionen Euro pro Jahr für den Klima-
bereich zur Verfügung zu stellen und dass diese Mittel
auch eingestellt worden sind. Sie sollen für Maßnahmen
zur Anpassung an den Klimawandel verwendet werden.
Als erster Beitrag – auch das werden Sie gesehen haben –
werden bereits in diesem Jahr 350 Millionen Euro an die
Entwicklungsländer fließen. Von diesen Mitteln kom-
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5536 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
)
Welche Auffassung hat die Bundesregierung zu der in derTageszeitung Der Nordschleswiger vom 26. Juni 2010 gegen-über der Tageszeitung Flensborg Avis wiedergegebenen Ein-schätzung der dänischen Außenministerin Lene Espersen zuden von den Regierungen in Berlin und Kiel geplanten Kür-zungen von Zuschüssen für die dänische Minderheit inSchleswig-Holstein und die deutsche Minderheit in Däne-mark, wonach sie besorgt sei „wegen der schiefen Entwick-lung“ bei den Zuschüssen für beide Minderheiten, von denenDänemark inzwischen 70 Prozent aller Zuschüsse für beideMinderheiten leistet, und kann die Bundesregierung bestäti-gen, dass sich diese Prozentzahl von einem einstmals zwi-schen beiden Ländern gleichgewichtigen Zuschussverhältnisnun auf die genannte Prozentzahl entwickeln wird, wenn esbei den beabsichtigten Kürzungen bleibt?Bitte schön, Frau Staatsministerin.C
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr
Abgeordneter Thönnes, ich möchte seitens der Bundes-
regierung erst einmal zum Ausdruck bringen, dass wir
uns freuen, dass Sie sich dafür einsetzen, dass Bildungs-
investitionen gesteigert werden. Das ist ja auch die Poli-
tik der Bundesregierung, und das werden wir bei den be-
vorstehenden Haushaltsberatungen vornehmen.
Zur Förderung der deutschen Minderheit in Däne-
mark, nach der Sie in Ihrer Frage ja gefragt haben. Die
Förderung mit Bundesmitteln ist seit über zehn Jahren
nominell gleich. Für 2009 und 2010 wurde sogar ein
Sonderzuschuss vereinbart. Daran können Sie erkennen,
dass die Bundesregierung hier auch aktiv geworden ist.
Nun im Konkreten zu Ihrer Frage. Die dänische Min-
derheit in Schleswig-Holstein erhält eine finanzielle För-
derung sowohl vom Land Schleswig-Holstein und sei-
nen kommunalen Strukturen als auch vom Königreich
Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland, die ich
ja gerade nannte. Die deutsche Minderheit im dänischen
Nordschleswig erhält ebenso eine finanzielle Förderung,
und zwar sowohl vom Königreich Dänemark und seinen
Belegenheitskommunen als auch von der Bundesrepu-
blik Deutschland und dem Land Schleswig-Holstein.
Im Einzelnen ist das Geflecht der gegenseitigen För-
dermaßnahmen sehr vielschichtig und kompliziert. Va-
lide Zahlen über die tatsächlichen Einsparergebnisse
können heute noch nicht genannt werden, da die entspre-
chenden Haushalte noch nicht abschließend beraten
wurden. Nach den Vorschlägen der Haushaltsstruktur-
kommission ist vorgesehen, dass die Zuschüsse vom
Doppelhaushalt 2011/2012 an auf 85 Prozent des Schü-
lerkostensatzes an staatlichen Schulen sinken. Die ande-
ren Schulen in freier Trägerschaft erhalten einen
Zuschuss in Höhe von 80 Prozent. Damit liegen wir in
absoluten Zahlen jedoch noch immer über dem Niveau
von 2007.
Ähnliche Einsparungen hat im Übrigen auch der däni-
sche Staat für die deutsche Minderheit in Dänemark an-
gekündigt. Ich will Ihnen das auch gerne konkret sagen:
Die Schulen der deutschen Minderheit sind, wie Sie wis-
sen, als Privatschulen organisiert. Die dänische Regie-
rung kürzt den Zuschuss an Privatschulen von 75 Pro-
zent auf 71 Prozent der in öffentlichen Schulen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5537
)
sprechen kann. Es gibt die Kulturhoheit der Länder. Dasheißt, die Prioritätensetzung im Haushalt – auch im Bil-dungsbereich, auch mit Blick auf die dänische Minder-heit in Schleswig-Holstein – ist Aufgabe und Pflicht derLandesregierung in Schleswig-Holstein, und es ist Auf-gabe der Opposition dort, darüber zu beraten.Die Sparmaßnahmen fallen, wie gesagt, in die Kom-petenz des Landes Schleswig-Holstein. Die Bundes-regierung begrüßt allerdings auch die Initiative desschleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten PeterHarry Carstensen, der mit der dänischen Regierung undVertretern der dänischen Minderheit zu dem Thema, dasSie angeführt haben, Gespräche führt. Der Ministerpräsi-dent beabsichtigt ferner – so ist mir bekannt –, im Juli2010 nach Kopenhagen zu reisen und dort Gesprächemit Vertretern der dänischen Regierung zu führen. DerBeauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragenund nationale Minderheiten, Herr StaatssekretärDr. Bergner, den Sie auch kennen, wird seinerseits am10. August dieses Jahres zu Gesprächen nach Kopenha-gen reisen und dieses Thema noch einmal aufgreifen.Ich darf Ihnen auch zur Kenntnis geben – wenn Sie esnicht schon wissen –, dass sich der MinisterpräsidentHerr Carstensen und der dänische Regierungschef, LarsLökke Rasmussen, in einem Telefonat am 29. Juni da-rauf verständigt haben, in einer gemeinsamen Arbeits-gruppe die finanziellen Grundlagen der Minderheiten,auch der Minderheitenschulen, auf beiden Seiten derGrenze zu dokumentieren. Ich glaube, das alles sind Si-gnale, die man positiv aufnehmen kann, weil sie zeigen,dass man im Gespräch ist und die Probleme klären will.Von daher geht das, glaube ich, in die richtige Richtung.
Eine weitere Nachfrage, Herr Kollege Thönnes.
Frau Staatsministerin, wenn hier beschrieben wird,
wer jetzt alles auf Reisen geht, dann könnte man ja auf
den Gedanken kommen, dass es vielleicht sinnvoller ge-
wesen wäre, diese Gespräche vorher zu führen, und zwar
bevor man dazu beiträgt, dass an die 14 000 Eltern und
Schüler im Norden Deutschlands, die Sie vorhin als
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler beschrieben haben,
die deutsche Staatsbürger sind, aber zur dänischen Min-
derheit gehören, für eine Gleichbehandlung mit den an-
deren deutschen Schülerinnen und Schülern demonstrie-
ren. Dann hätte man sich das alles ersparen können.
Jetzt fängt eine Diplomatie an, sozusagen um den
Schaden zu begrenzen, den man selbst herbeigeführt hat.
Dazu muss ich dann einmal – auch wenn Sie sich zu
Recht auf die Kulturhoheit der Länder berufen – die
Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 in Erinne-
rung rufen – die Richtschnur dafür, wie man mit den
Minderheiten in der Grenzregion umgehen soll und wie
auch die Minderheiten miteinander umgehen sollen –,
die damals von dem christdemokratischen Bundeskanz-
ler Adenauer und auf der dänischen Seite von Minister-
präsident Hansen unterschrieben worden sind. Es muss
einen doch verwundern, dass eine christdemokratische
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5538 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
)
tion und Dialog statt auf Konfrontation setzen, wennman schwierige Zeiten erlebt und die öffentlichen Haus-halte konsolidieren muss. Dies betrifft nicht nurDeutschland und Dänemark, sondern es ist aufgrund derEuro-Krise in ganz Europa notwendig.Von daher will ich das nicht überhöhen, sondern sageganz klar: Es sind weiterhin im Bildungsbereich Prioritä-ten zu setzen. Die Maßnahmen, die die schleswig-hol-steinische Regierung zur Konsolidierung des Haushaltesvornehmen musste, sind nicht schön, aber sie warenwahrscheinlich notwendig, um die Zukunft der nächstenGeneration gerade auch bei Bildungs- und Sozialmaß-nahmen zu sichern.
Kollege Thönnes hat eine Nachfrage.
Wenn Sie jetzt die Kürzungen als nicht schön, aber
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Was soll dann die Arbeitsgruppe, die jetzt eingerich-
tet wird?
C
Ich glaube, Herr Abgeordneter, dass Sie die falsche
Regierung fragen. Sie richten die Frage an die Bundesre-
gierung, aber es handelt sich um eine Arbeitsgruppe der
Landesregierung. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich bei
den Abgeordneten des Landtages von Schleswig-Hol-
stein und der dortigen Regierung auf dem Laufenden zu
halten. Ich glaube, dass die Gespräche in der Arbeits-
gruppe sehr fruchtbringend sein werden.
Kollege Rossmann, bitte.
Frau Staatsministerin, die bedeutenden Erklärungen
heißen nicht Kiel-Kopenhagener Erklärungen, sondern
Bonn-Kopenhagener Erklärungen bzw. Berlin-Kopenha-
gener Erklärungen, wie es jetzt heißen müsste. Deshalb
habe ich eine Nachfrage in Verbindung mit einem Zitat
des schleswig-holsteinischen CDU-Fraktionsvorsitzen-
den, Herrn von Boetticher, der sich über die „Erschütte-
rungen bis Kopenhagen und Berlin“ überrascht zeigte.
Sie stehen hier so unerschütterlich. Was sind die Er-
schütterungen, die Herr von Boetticher in Bezug auf die
Treuhänderschaft Ihrer Bundesregierung für das gute
Verhältnis zwischen deutscher und dänischer Minderheit
in den beiden Staaten gemeint haben könnte? Anders-
herum gefragt: In welcher Weise wollen Sie Ihre Treu-
händerschaft für die Einlösung der Bonn/Berlin-Kopen-
hagener Erklärungen aktiv wahrnehmen?
C
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen im
Rahmen meiner Kompetenzen für die Bundesregierung
nur sagen, dass das Bundesaußenministerium und ich al-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5539
)
C
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Rix, Ihre Fragen
sind ähnlich gelagert. Die angesprochenen Sparmaßnah-
men für das Schulwesen der dänischen Minderheit – das
sage ich noch einmal – fallen in die Kompetenz der Lan-
desregierung und werden von der Bundesregierung nicht
kommentiert. Ähnliche Einsparungen hat im Übrigen
auch der dänische Staat für die deutsche Minderheit in
Dänemark angekündigt. Die Maßnahmen sind Teil der
Konsolidierungsmaßnahmen der staatlichen Haushalte
beiderseits der deutsch-dänischen Grenze. Nur wenn
diese Maßnahmen den gewünschten Erfolg erzielen,
kann die Förderung der beiden Minderheiten auf Dauer
sichergestellt werden. Ich glaube, das ist ein wichtiger
Aspekt, den man berücksichtigen muss. Sie verstoßen
aus Sicht der Bundesregierung nicht gegen das in den
Bonn-Kopenhagener Erklärungen niedergelegte Recht
auf Gleichbehandlung, sondern dienen vielmehr im
Sinne einer solidarischen Beteiligung dem dauerhaften
Erhalt der beiden Minderheiten. Im Übrigen möchte ich
auf die Antwort der schleswig-holsteinischen Landesre-
gierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Ras-
mus Andresen von Bündnis 90/Die Grünen zu „Geplan-
ten Sparmaßnahmen bei den Schulen der dänischen
Minderheit“ Drucksache 17/614 verweisen.
Kollege Rix, bitte.
Vor dem Hintergrund, dass wahrscheinlich 22 Schu-
len geschlossen werden, geht es nun doch um Kürzun-
gen auch im Bildungsbereich. Sie haben gerade selber
angesprochen, dass anscheinend eine Arbeitsgruppe ein-
gerichtet werden soll, in der die Fragen der dänischen
Minderheit, aber auch der deutschen Minderheit geklärt
werden sollen. Denn dort soll es auch vonseiten der Bun-
desregierung zu Kürzungen kommen.
Meine Frage lautet: Werden Sie darauf Wert legen, als
Bundesregierung an diesen Gesprächen teilzunehmen?
Oder werden Sie sagen: „Nein, auch wenn es die Bonn-
Kopenhagener Erklärungen betrifft, wollen wir dabei
nicht mitreden“?
C
Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, auch als frü-
here Bildungs- und Wissenschaftspolitikerin nicht, dass
ich mir schon mehr Kooperation des Bundes mit den
Ländern in Fragen von Bildung, Wissenschaft und
Hochschulen wünsche. Dazu haben wir in einigen Punk-
ten auch als Bundesregierung beigetragen. Hier denke
ich zum Beispiel an den Hochschulpakt oder die Exzel-
lenzinitiative.
Ich selbst bin nicht Mitglied der Arbeitsgruppe der
Landesregierung Schleswig-Holstein und der dänischen
Regierung. Daher kann ich Ihnen auch nicht verbindlich
sagen, dass sich aus den angekündigten – noch nicht ein-
mal beschlossenen – Kürzungen im schleswig-holsteini-
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5540 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
)
einander zu tun. Das setzt auch bestimmte Standards inBezug auf finanzielle Anpassungen und Restriktionen,die gegebenenfalls kommen.Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Welchen Stan-dard erlegt die Bundesregierung sich, wenn sie zu sol-chen finanziellen Klärungen kommt, in Bezug auf einenvertrauensvollen Umgang mit den Partnern auf der däni-schen Seite oder auf der Seite der deutschen Minderheitauf? Und sehen Sie das, was in Schleswig-Holstein pas-siert ist – dort hat das Handeln der CDU/FDP-Landesre-gierung zu gravierender Empörung geführt –, als vor-bildhaft in Bezug auf einen solchen vertrauensvollenUmgang auch in Zeiten enger finanzieller Verhältnissean?C
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Rossmann, ich kann
auf Ihre Frage nur antworten, dass die Bundesregierung,
insbesondere der Außenminister, ein sehr vertrauensvol-
les und enges Verhältnis zur dänischen Außenministerin
hat und dass wir diesen Kontakt auch in regelmäßigen
Gesprächen, Treffen und Vorhaben umsetzen werden.
Wenn Sie mich nach Standards fragen: Ich halte es für
einen sehr hohen Standard – auch im Vergleich zu ande-
ren europäischen Ländern –, wie wir die Kontakte und
die Regierungsgespräche mit Dänemark pflegen.
Zu dem zweiten Teil Ihrer Frage will ich Folgendes
ausführen: Einerseits – das sagte ich auch schon – kann
ich verstehen, dass die Eltern von Kindern der dänischen
Minderheit verärgert sind.
Die andere Seite ist, dass ein Land wie Schleswig-
Holstein in Zeiten der Konsolidierung der Haushalte, in
Zeiten, in denen – auch unter vorhergehenden Regierun-
gen – hohe Schulden angehäuft worden sind, in die
Zwangslage versetzt ist, zu sparen. Auch das ist im Inte-
resse der zukünftigen Generationen. Auch das ist im In-
teresse der dänischen Minderheit. Denn wenn man jetzt
nicht die Schulden abbaut und die Haushalte konsoli-
diert, dann wird man sich zukünftig keine weiteren Bil-
dungs- und Sozialausgaben für die dänische Minderheit
leisten können.
Danke schön. – Ich rufe Frage 22 des Kollegen Rix
auf:
Entspricht nach Auffassung der Bundesregierung die in
Frage 21 genannte Entscheidung der schleswig-holsteinischen
Landesregierung den von der Bundesregierung im Vierten Mo-
nitoringbericht der Bundesrepublik Deutschland 2010 unter-
strichenen minderheitenpolitischen Verpflichtungen der Bun-
desrepublik Deutschland gegenüber dem Europarat mit der
Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten und
der Sprachencharta?
Frau Pieper, bitte.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5541
)
tionaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zupflegen und weiterzuentwickeln und die wesentli-chen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Reli-gion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturel-les Erbe, zu bewahren.Wie will die Bundesregierung die ungleiche Finanzie-rung und damit die minderheitenbegründete unterschied-liche Behandlung bei der Schulfinanzierung gegenüberdem Europarat rechtfertigen? Habe ich Sie gerade richtigverstanden, dass die Bundesregierung in Bezug auf diedeutsche Minderheit in Dänemark keine Kürzungen be-absichtigt?C
Das ist richtig. Ich kann es Ihnen noch einmal vorle-
sen – ich habe es extra noch einmal geprüft –: Die För-
derung mit Bundesmitteln wird nicht nur in diesem Jahr,
sondern soll auch im nächsten Jahr nominal gleich blei-
ben. In den vergangenen beiden Jahren gab es sogar
noch einen Sonderzuschuss von der Bundesregierung.
– Das mache ich sehr gerne, sehr geehrter Herr Abgeord-
neter, ich sehe aber keine Diskriminierung der dänischen
Minderheit in Schleswig-Holstein aufgrund der jetzt an-
gesetzten Haushaltsberatungen in Verbindung mit den
Kürzungen im Schulbereich. Ich halte sowohl die däni-
sche Minderheit in Deutschland als auch die deutsche
Minderheit in Dänemark immer noch für in hohem Maße
gefördert, gerade im Bildungsbereich. Ich gehe davon
aus, dass es keine Benachteiligung geben wird.
Außerdem erwähnte ich schon in meinen vorherge-
henden Antworten, dass es außer der Förderung im Bil-
dungsbereich andere Zuschüsse für sozial schwache Fa-
milien gibt, die die dänische Minderheit in Schleswig-
Holstein in Anspruch nehmen kann.
Darf ich eine kurze Nachfrage stellen, Herr Präsident? –
Aufgrund der Kürzungen, die die schleswig-holsteini-
sche Landesregierung plant, müssen von 48 Schulen
wahrscheinlich 22 geschlossen werden, und aufgrund
der Kürzungen, die die Bundesregierung betreffend die
deutsche Minderheit in Dänemark plant, müssen, wenn
sie denn stattfinden – Sie haben das gerade verneint –,
40 bis 50 Mitarbeiter entlassen werden. Dazu sagen Sie,
das sei keine Benachteiligung der Minderheiten in der
Grenzregion. Finden Sie das nicht ein bisschen verwun-
derlich? Saugen sich die Menschen und die Verbände,
die dort demonstrieren, diese Zahlen aus den Fingern,
und unterstellen sie der schleswig-holsteinischen Lan-
desregierung sowie der Bundesregierung vielleicht nur
etwas Böses?
C
Nein, Herr Abgeordneter. Ich habe es jetzt schon
mehrmals gesagt: Ich habe größtes Verständnis für die
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5542 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
)
Danke für Ihre Antwort, die aber, wenn ich das so sa-
gen darf, meine Frage leider nicht beantwortet hat. Bei
meiner Frage ging es konkret darum, dass es ein Treffen
zwischen unserem Außenminister und der Außenminis-
terin Dänemarks gegeben hat, bei dem konkrete Verabre-
dungen getroffen worden sind. Das hat die dänische Au-
ßenministerin so bestätigt. Das ist so auch den Medien
zu entnehmen gewesen. Dem ist seitens unseres Außen-
ministers wohl auch so zugestimmt worden.
Allerdings warten wir und wartet vor allen Dingen die
Außenministerin Dänemarks ganz offenkundig auf Ta-
ten. Bei dem Treffen ging es darum, dass die Bundes-
regierung gerade aufgrund der vertraglichen Grundla-
gen, die nationale Grundlagen sind, ihren Einfluss
geltend zu machen versucht und sich im Dialog mit der
schleswig-holsteinischen Landesregierung dafür ein-
setzt, dass die massiven Kürzungen zulasten der Minder-
heiten rückgängig gemacht werden.
C
In der Tat gehört zu den getroffenen Maßnahmen,
dass diese Arbeitsgruppe von der schleswig-hol-
steinischen Landesregierung und der dänischen Re-
gierung eingesetzt wurde. Ich kann Ihnen aber auch sa-
gen, Frau Abgeordnete, dass der Außenminister, Herr
Dr. Westerwelle, über den Leiter der Europaabteilung
des Auswärtigen Amtes mit dem Chef der Staatskanzlei
Schleswig-Holsteins hat Kontakt aufnehmen lassen und
das angesprochen hat, was ihm und der dänischen Au-
ßenministerin am Herzen gelegen hat.
Weitere Nachfrage? – Bitte schön.
Es ist schön, dass wir auf diesem Wege erfahren, dass
er hat Kontakt aufnehmen lassen. Angesichts der Irrita-
tion, die zwischen den beiden Staaten erwachsen ist,
hätte man sich allerdings wünschen und vorstellen kön-
nen, dass es der Außenminister zu seiner persönlichen
Sache macht, hier den Kontakt aufzunehmen.
Wichtig wäre jetzt schon, zu wissen: Wann ist dieser
Kontakt aufgenommen worden und mit welchem Er-
folg? Sind weitere Gespräche verabredet worden, um,
weil die Zeit ja drängt, am Ball zu bleiben?
C
Es ist ja verständlich, dass der deutsche Bundes-
außenminister auf der Ebene der Außenminister Kom-
munikation pflegt und den Dialog auch sehr intensiv
führt.
So ist das auch bei unserem Außenminister, Herrn
Dr. Westerwelle. Es war, wie ich glaube, richtig, noch
einmal bei der schleswig-holsteinischen Staatskanzlei
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Damit kommen wir zur Frage 24 der Kollegin
agedorn:
Warum wird auf der Homepage des Auswärtigen Amts
nicht genauso wie auf der Homepage des dänischen Außen-
ministeriums über die Inhalte des Treffens vom 1. Juni 2010
zwischen dem Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido
Westerwelle, und der dänischen Außenministerin Lene
Espersen mit Bezug auf die Gesprächsinhalte unter anderem
auch berichtet, dass der deutsche Bundesminister bezüglich
der von der schleswig-holsteinischen Landesregierung ge-
planten Kürzungen der Zuschüsse an die dänischen Schulen
im Landesteil Schleswig in Höhe von 4,7 Millionen Euro mit
der Regierung in Schleswig-Holstein Kontakt aufnehmen
will, und kann daraus geschlossen werden, dass, wenn nur
über die anderen Gesprächsinhalte wie Afghanistan und den
Vorfall vor der Küste des Gaza auf der deutschen Homepage
berichtet wird, das Thema der geplanten Kürzungen der Zu-
schüsse an die dänischen Schulen einen für die Bundesregie-
rung geringeren Stellenwert als den auf der dänischen Seite
hat oder ihr weniger berichtenswert erscheint?
C
Frau Abgeordnete, das Thema wurde auf der Presse-
onferenz angesprochen. Danach hatten Sie ja schon ge-
ragt. Die Internetseite des Auswärtigen Amtes kann na-
urgemäß nur einen Ausschnitt der angesprochenen
hemen abbilden. Hier liegt der Fokus auf originär in
ie Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes fallenden As-
ekten.
Bitte schön, Frau Hagedorn.
Ich möchte meine Zusatzfrage zu dieser Frage gerneit einem anderen Sachverhalt verknüpfen, den Sie vor-in schon angesprochen haben.Zunächst einmal möchte ich aber feststellen: Wennuf der Internetseite nur von Afghanistan und den Vor-ällen im Gazastreifen die Rede ist, nachdem die däni-che Außenministerin und der deutsche Außenministeriteinander gesprochen haben, aber andere Sachver-alte, die Tausende von Deutschdänen in der Minderhei-enregion zu Protesten auf die Straße treiben, nicht er-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5543
Bettina Hagedorn
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wähnt werden, dann kann man aus dieser Tatsache aucheinen Eindruck gewinnen, wie wichtig bzw. wie unwich-tig die Bundesregierung die Frage der Kürzungen zulas-ten von Minderheiten nimmt.Das bringt mich dazu, eine Zusatzfrage im Hinblickauf den Bundeshaushalt, den Sie vorhin angesprochenhaben, zu stellen. Richtig ist, dass die Kulturhoheit beiden Ländern liegt; aber, wie den Medien zu Recht ent-nommen werden konnte, geraten die Projekte der Min-derheiten gerade deshalb so stark unter Druck, weil siesozusagen von zwei Seiten in die Zange genommen wer-den. So wollte die Bundesregierung – so war jedenfallszu lesen – die Mittel hierfür im Jahr 2011 ursprünglichum 800 000 Euro kürzen; jetzt will sie sie, so haben wirerfahren, sogar um 1,5 Millionen Euro kürzen. Ich habeSie vorhin so verstanden, dass Sie diese Kürzung nichtbestätigen können. Das wäre ja schön. Ich möchte hieraber noch einmal gezielt nachhaken.Sie haben darauf verwiesen, dass in den letzten vierbis fünf Jahren in diesem Bereich nicht gespart wordensei, und auch an die Verantwortung des Parlaments fürden Bundeshaushalt erinnert. Ich will dies insofern rich-tigstellen, als die Regierungsentwürfe in den letzten vierJahren regelmäßig Sparmaßnahmen an dieser Stelle vor-gesehen haben. Diese wurden allerdings zu Zeiten derGroßen Koalition vom Parlament glücklicherweise rück-gängig gemacht. Wie gesagt, die Regierung hat auch inden letzten vier Jahren versucht, hier zu sparen. WollenSie jetzt vielleicht bestätigen, ob die in den Medien kom-munizierten Kürzungen für Minderheitenprojekte – erst800 000 Euro, dann 1,5 Millionen Euro – nicht Realitätwerden, oder habe ich Sie hier möglicherweise falschverstanden?C
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, zu dem ersten Teil
Ihrer Frage: Ich möchte Sie bitten, zur Kenntnis zu neh-
men, dass Veröffentlichungen auf den Internetseiten
keine Gewichtung darstellen. Somit ist es keineswegs
der Fall, dass die Probleme der dänischen Minderheit,
die wir hier gerade ausdiskutieren, das Auswärtige Amt
nicht berühren würden – im Gegenteil. Wir bemühen uns
natürlich immer um eine Vielfalt an Information und
Kommunikation auf den Internetseiten des Auswärtigen
Amtes. Ich nehme diese Diskussion jetzt als Anregung
auf, auch diese Frage auf den Internetseiten des Auswär-
tigen Amtes zu thematisieren, zumal die Kulturabtei-
lung, mit der ich zusammenarbeite, im Auswärtigen Amt
auch für Kommunikation zuständig ist.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Was die bevorstehen-
den Kürzungen der Zuschüsse an die dänische Minder-
heit in Deutschland anbelangt, worüber Sie aus den
Medien Kenntnis bekommen haben, darf ich Sie auf die
bevorstehenden Haushaltsberatungen verweisen. Mir
selber liegen die Zahlen für den Haushalt des Innen-
ministeriums noch nicht vor; ich glaube, auch Ihnen
nicht. Nach der heutigen Kabinettssitzung habe ich dem
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Ich kann meine vorherige Bemerkung nur bekräfti-
en. Uns liegt sehr an diesem Abkommen. Das haben
ie richtig gefolgert, Herr Abgeordneter Thönnes. Die
änische Minderheit wird durch Einsparungen im Bil-
ungsbereich in dem Sinne, dass sie nicht mehr gleich-
estellt ist, nicht diskriminiert. Es fließen weiterhin Zu-
chüsse und Fördermittel seitens der Kommunen und des
andes an Familien, die der dänischen Minderheit ange-
ören. Dabei geht es, wie Sie selber gesagt haben, nicht
ur um Zuschüsse für Schulen. Ich kann nur wiederho-
en: Wir sehen keine Diskriminierung der dänischen
inderheit in diesem Zusammenhang.
Danke schön, Frau Staatsministerin.Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
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5544 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
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Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktion der SPDSteigende Beiträge als Ergebnis der Gesund-heitsreform – Weniger Netto vom BruttoIch eröffne die Aussprache und erteile Kollegin ElkeFerner für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen!Man hat eigentlich kaum mehr Worte für das, was ges-tern der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist.
Man kann nur noch sagen: Nach dem Koalitionschaoskommt jetzt das Reformchaos. Auf alle Fälle ist das, wasSie hier bieten, Wortbruch in Reinkultur.
Das ist keine Reform. Das ist die Kapitulation vor demChaos Ihrer schwarz-gelben Koalition. Das ist nichtmehr, sondern weniger Netto vom Brutto. Das ist keinSozialausgleich, sondern ein Verteilen von Almosen mitder Gießkanne. Das ist nicht mehr, sondern weniger So-lidarität. Das ist auch nicht weniger, sondern mehr Büro-kratie. Nicht die Ausgabenkürzungen bei allen Leis-tungserbringern stehen bei Ihnen auf der Tagesordnung,sondern Klientelpolitik vom Feinsten. Kurzum: Ihre so-genannte Reform ist Wortbruch in Reinkultur.
Wer dazu fähig ist, der sollte auch fähig sein, die Konse-quenzen zu ziehen. Zurücktreten müssten eigentlich alle,
wenn Sie sich an Ihren eigenen Worten messen lassen,Sie, Herr Rösler, genauso wie Herr Seehofer in Bayern.Was war versprochen? Versprochen war mehr Nettovom Brutto. Das Gegenteil ist der Fall. Herr Rösler sagtenoch 2009, die Versicherten würden keine höheren Bei-träge zahlen müssen, es gebe definitiv keine Zusatzbe-lastung. Diese Aussagen aus dem letzten Jahr waren ges-tern im Fernsehen zu bewundern. Aber die Wahrheit ist:Versicherte müssen in Zukunft mindestens 2,3 Prozentmehr zahlen. Bei Kassen, die viele Kranke versichert ha-ben, ist es wahrscheinlich noch mehr.Von Ihnen, Herr Rösler, war versprochen worden,dass die 1-Prozent-Grenze beim Zusatzbeitrag bleibt.Jetzt entfällt der Schutz für die Versicherten ganz. JedesMitglied der GKV muss nicht nur um 0,3 Beitragssatz-punkte mehr zahlen, sondern auch mindestens 2 ProzentsdT1bfd1smgIfVakgelD3vjsvethamdlgtW1biwa
atsache ist, dass jemand mit einem Einkommen von500 Euro brutto erst einmal über die Beitragssatzanhe-ung 4,50 Euro mehr zahlt. Dann muss er bis zu 30 Euroür die kleine Kopfpauschale bezahlen. Zusammen mitem bisherigen Beitrag sind das 158 Euro im Monat statt18,50 Euro. Das sind 10,53 Prozent des Einkommenstatt wie bisher 7,9 Prozent. Das ist nicht weniger, das istehr. Das ist mehr als dreist, liebe Kollegen und Kolle-innen.
nsbesondere für Rentnerinnen und Rentner, aber auchür Auszubildende, Studierende, Niedrigverdiener underdiener mit mittlerem Einkommen – darunter sindusgesprochen viele Frauen – ist das eine Einkommens-ürzung.Versprochen war, dass die starken Schultern mehr tra-en sollen als die schwachen. Für die CSU war es sogarin Markenzeichen, mehr soziale Gerechtigkeit zu wol-en.
as Gegenteil ist der Fall. Bei einer Kopfpauschale von0 Euro im Monat zahlt jemand mit einem Einkommenon 1 500 Euro 10,53 Prozent seines Einkommens, der-enige mit einem Einkommen an der Beitragsbemes-ungsgrenze 9 Prozent und der mit einem Einkommenon 5 000 Euro 6,1 Prozent. Was daran gerecht sein soll,rschließt sich mir nicht. Das, was Sie, Herr Rösler, kri-isiert haben, verschärfen Sie jetzt sogar noch. Dazuerzlichen Glückwunsch!
Es wurde von einem automatischen Sozialausgleichus Steuermitteln gesprochen. Herausgekommen sind Al-osen, die mit der Gießkanne verteilt werden. Wie siehtas aus? Zunächst geht es mit niedrigen Kopfpauschalenos. Dann geht es aber weiter. Es wird jedes Jahr eine Stei-erung geben, weil Sie bei den Ausgabenkürzungen hin-er den Möglichkeiten zurückgeblieben sind.
enn jemand, der beispielsweise ein Einkommen von500 Euro hat, 31 Euro an seine Kasse bezahlt hat,
ekommt er sage und schreibe einen Euro zurück. Dasst Ihr Sozialausgleich. Dazu wirklich herzlichen Glück-unsch!
Ich möchte als Letztes noch das Thema Bürokratie-ufbau ansprechen. Es gibt einen Bürokratieaufbau statt
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5545
Elke Ferner
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eines Bürokratieabbaus. Offenbar hat von denen, diemiteinander verhandelt haben, überhaupt niemand imBlick gehabt, dass es 4,4 Millionen Rentner und Rentne-rinnen gibt, die mehr als eine Rentenzahlung von der ge-setzlichen Rentenversicherung bekommen. Für sie wer-den unterschiedliche Rentenkonten geführt. Es kommenBetriebsrenten und andere Zusatzversorgungssystemehinzu. Wie wollen Sie denn unter Wahrung des Daten-schutzes diese Einkommen zusammenführen? Das ist,Herr Rösler, keine Seltenheit. Diese 4,4 Millionen stel-len 20 Prozent aller Rentnerinnen und Rentner dar, unddie werden ja die ersten sein, die von Ihrer Kopfpau-schale beglückt werden.Zum Schluss stelle ich fest: Ihre Reform ist unge-recht, intransparent und kompliziert. Es gibt aber ein Gu-tes daran: Diese unsoziale Politik kann man – frau auch –bei den nächsten Landtagswahlen im kommenden Jahrsowie auch bei der nächsten Bundestagswahl, wann im-mer sie sein wird, abwählen.Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun Johannes Singhammer für die
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Für 70 Millionen Menschen, die in Deutschland inder gesetzlichen Krankenversicherung sind, gibt es seitgestern drei gute Nachrichten.
Erstens.
Das größte jemals vorhergesagte Defizit in der gesetzli-chen Krankenversicherung mit geradezu griechischenAusmaßen von 11 Milliarden Euro wird nicht entstehen.
Es wird auch keine Pleitewelle bei den Krankenkassengeben.Zweitens. Die Menschen in Deutschland werden auchim Jahr 2011 nicht die zweitbeste, sondern die beste Be-handlung bekommen. Die Exzellenz des deutschen Ge-sundheitswesens bleibt im weltweiten Vergleich gewahrt.Leistungskürzungen, höhere Eigenbeteiligungen, teurereOperationen ab einem bestimmten Lebensalter nur nochbei Selbstbezahlung, das findet in Deutschland nicht statt.
Deshalb schließen jetzt kurz vor der Urlaubszeit wieder20 Millionen Deutsche zu Recht Auslandskrankenversi-cherungen ab mit der klaren Zielsetzung: Wenn es wirk-ldtijeKgwKutwnhhtbssbuwWS6Pe1wWDtWdpss
eil wir zuallererst bei den Ausgaben gekürzt haben:ürzungen bei den Arzneimitteln, der Pharmaindustriend im Pharmagroßhandel, was sich auch auf die Apo-heken in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro auswirkenird. Zwangsrabatte und Preismoratorien, die eigentlichicht zum Schatzkästchen christlich-liberaler Politik ge-ören,
aben wir aufgrund der Notwendigkeit eingesetzt. Wei-ere Beispiele sind Einsparungen von 300 Millionen Euroei den Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkas-en, um Impfstoffe im Vergleich mit anderen europäi-chen Ländern günstiger zu machen, sowie Kürzungenei Krankenhäusern und Ärzten.
Es geht um Kürzungen der Ausgabenzuwächse, nichtm Einschnitte; denn Einschnitte wären nicht zu verant-orten gewesen.
enn Sie von der Opposition immer lauthals hartechnitte verlangen, dann sollten Sie Folgendes bedenken:0 Prozent der Ausgaben bei den Krankenhäusern sindersonalkosten. Wenn Sie kürzen und sparen wollen,twa bei einer Krankenschwester, die netto vielleicht600 Euro inklusive Nachtzuschlag bekommt, dannünsche ich Ihnen dabei viel Spaß.
ir jedenfalls haben daran keinen Spaß.
eshalb wird es bei uns einen Kahlschlag in dieser Rich-ung nicht geben.
Frau Ferner, da Sie so laut dazwischenschreien:
enn Sie uns schon nicht glauben, dann glauben Sieoch Ihrer Gesundheitsministerin in Mecklenburg-Vor-ommern, Frau Schwesig, die heute erklärt hat, die Ein-parungen bei den Krankenhäusern hingegen würdentrukturschwache Regionen treffen, wo viele alte und
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5546 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Johannes Singhammer
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schwache Menschen leben. Frau Schwesig hat recht. Anihren Worten sollten Sie sich orientieren.Wenn Sie einen Kahlschlag bei den Ärzten fordern,dann hat das gerade auf den ländlichen Bereich Auswir-kungen. Wir haben die hausarztzentrierte Versorgung
mit der klaren Zielsetzung eingeführt, dort die Versor-gung zu verbessern. Wir wollen einen Trend zum Um-zug der Ärzte in die Ballungszentren im Süden und Wes-ten unseres Landes verhindern;
denn wir wollen eine gleichmäßige Versorgung garantie-ren.Nachdem alle Sparbemühungen nicht ausgereicht ha-ben,
haben wir uns entschlossen, die Solidargemeinschaft al-ler Steuerzahler mit 2 Milliarden Euro zu bemühen. Dasheißt, im nächsten Jahr werden 15,3 Milliarden Euro ausder Steuerkasse in die gesetzliche Krankenversicherungüberführt.Wir haben noch etwas gemacht. Wir haben den Zu-stand der paritätischen Beitragssituation wiederherge-stellt, wie er vor genau anderthalb Jahren – vor der Krise –,also am 1. Januar 2009, war. Damals betrug das Bei-tragsniveau paritätisch 15,5 Prozent. Genau dieses Bei-tragsniveau wird es wieder geben.
Das macht Sinn, weil wir in der Zeit der Krise geholfenhaben, die Lohnnebenkosten zu entlasten und damit Ar-beitsplätze zu sichern.
Gott sei Dank ist die Situation jetzt wieder besser. Des-halb können wir zu diesem Niveau zurückkehren.Sie stellen immer die Frage: Ist das sozial gerecht?
Diese Frage nehme ich ernst. Aber ich sage Ihnen an die-ser Stelle: Wissen Sie, was das sozial Ungerechteste ist?Das sozial Ungerechteste ist,
wenn die Behandlung in den Krankenhäusern und beiden Ärzten vom Geldbeutel abhängt. Das tut es bei unsnicht. Bei uns wird jeder unabhängig von seinem Ein-kommen bestmöglich behandelt.
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Sie wählen eine sehr interessante Taktik. Sie sprechenon einer Wiederherstellung des Beitragssatzes von5,5 Prozent und kommen so paritätisch auf 6 Milliar-en Euro für 2011. Das geschätzte Defizit in Höhe von1 Milliarden Euro wird durch die Einsparmaßnahmennd den Bundeszuschuss gedeckt – das Haushaltsloch istlso weg –, und für alle Fälle gestaltet man für die Zu-unft den Zusatzbeitrag durch den Sozialausgleich neu.chon hat man das System für die Zukunft wetterfest ge-acht.
ir hören schon seit Jahren und vor allem seit dieser Le-islaturperiode, wie das funktionieren soll.Ich sage: Sie kaschieren die Fehler, Sie beruhigen dieevölkerung und verstecken Ihre sozialpolitischen Grau-amkeiten unter einem Mäntelchen. Ich möchte allen zu-ufen: Vorsicht Kopfpauschale!
ei dem von Ihnen vorgelegten Konzept geht es nicht al-ein um weniger Netto vom Brutto, sondern um eine ge-erelle Verlagerung aller künftigen Ausgabenentwick-ungen allein auf die Versicherten – die Arbeitgeber sindaus – und damit um die höchsten Beiträge aller Zeitenür Versicherte. Man muss sich die Zahlen auf der Zungeergehen lassen: 8,2 Prozent – also 7,3 Prozent plus,9 Prozent – plus 2 Prozent, das sind 10,2 Prozent alleinür die Versicherten. Das hat es noch nie gegeben. Dasst ein Skandal.
Durch die einseitige Belastung der Arbeitnehmer wirdie Schieflage verstärkt. Menschen mit kleinen Einkom-en – Geringverdiener, Rentner mit geringen Bezügen,tudierende – werden am stärksten belastet. Nehmen wir
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5547
Dr. Martina Bunge
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als Beispiel einen Zusatzbeitrag in Höhe von 16 Euro. Wiefunktioniert das? Bei einem Einkommen von 800 Euro ent-sprechen 16 Euro 2 Prozent des Einkommens, bei1 600 Euro sind es 1 Prozent, bei 3 200 Euro 0,5 Prozent,und über der Beitragsbemessungsgrenze ist die Belastunggleich null. Das ist zutiefst ungerecht.
Den Sozialausgleich über Steuern subventionieren dieBetroffenen, zumindest teilweise, auch noch selbst. Esist doch eine Mär, dass bei den Steuern vor allen Dingendie Besser- und Höchstverdienenden herangezogen wer-den. Wir alle wissen, dass die gesamten Steuereinnah-men nur zu einem Drittel aus Einnahmen aus der Ein-kommensteuer bestehen. Damit entsteht der Effekt, dasssie sich selber über die Mehrwertsteuer und dergleichensubventionieren. – Durch das vorgelegte Konzept wirdbei den Versicherten gleich mehrfach abkassiert. Was istdaran sozial? Wir sagen: Das ist ein Skandal.
Sie konstruieren einen Zwitter: ein Stück bisherige ge-setzliche Krankenversicherung und ein neues Stück ver-steckte Kopfpauschale, das immer größer werden kann.Sie wollen ihr Gesicht wahren. Wir werden Gesicht zei-gen – gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern – füreine sozial gerechte Gesundheitspolitik. Umfragen zei-gen: Ganze 2,3 Prozent – auch wenn diese Zahl nicht re-präsentativ ist – denken, dass Sie eine dauerhafte, solideFinanzierung geschaffen haben. Sie können sich sichersein: Widerstand wird kommen. Bei dem vorgelegtenKonzept ist das auch erforderlich; denn Ihr Konzept ist– um noch einmal auf den Titel zurückzukommen – nichttransparent, sondern komplizierter und undurchschauba-rer, wettbewerblich – für uns hat dieser Begriff im Ge-sundheitssystem nichts zu suchen –, nicht stabil – wirdenken, es ist gerade für politische Einflussnahme sehranfällig –, nicht sozial – es ist zutiefst unsozial; das habeich eben dargelegt – und nicht gerecht; wir meinen, es isthimmelschreiend ungerecht.
Das Wort hat nun Kollege Heinz Lanfermann für die
FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abseitsvon all den Spekulationen und haltlosen Vorwürfen, diewir hier gehört haben, gibt es sieben Punkte, die man be-denken sollte, wenn man sich das Ergebnis, das gesternerzielt worden ist und demnächst in ein Gesetz umge-formt wird, vor Augen führt.blgnmaESrmvgkSVSmdgsKAbsKdrntKzkfDf
Das Erste ist: Wir hatten in der Tat ein aktuelles Pro-lem mit einer sehr großen Dimension – 11 Mil-iarden Euro Defizit für 2011 – zu lösen. Ich kann nur sa-en: Diese Gefahr ist gebannt, und zwar nicht nur für dasächste Jahr, sondern auch für die folgenden Jahre. Da-it ist die Einnahmeseite, die ein wichtiger Punkt ist,uf Dauer stabil.
s handelt sich jetzt um ein sich selbst regulierendesystem, sodass wir uns nicht wie während Ihrer Regie-ungszeit jedes Jahr neu mit dem Thema beschäftigenüssen.
Der zweite Punkt: Wir haben dies durch eine Reiheon Sparmaßnahmen erreicht. Wir haben uns die Müheemacht und uns alles angeschaut, was man einsparenönnte.
ie waren da sehr geizig. Sie haben nie einen konkretenorschlag in die Öffentlichkeit gebracht.
ie wollten lieber mit verdeckten Karten spielen. Wirachen das offen. Wir haben mit einer Einsparung beien Pharmakosten von weit über 1,5 Milliarden Euro an-efangen. Dieses Gesetz haben wir hier bereits verab-chiedet. Im Grunde genommen haben wir sowohl dierankenkassen als auch die Krankenhäuser als auch diepotheker als auch den Großhandel herangezogen. Da-ei haben wir die Lasten unter allen Beteiligten im Ge-undheitswesen fair und gerecht verteilt.
Drittens haben wir einen großen Fehler der Großenoalition revidiert. Sie hat mit dem Gesundheitsfondsen Einheitsbeitrag eingeführt. Sie haben die Kassen ih-er Beitragsautonomie beraubt; denn das, was ihnenoch blieb, die Erhebung eines Zusatzbeitrages nach al-em Modell, war eine Fehlkonstruktion. Es gibt vieleassen, die aufgrund ihrer Mitgliederstruktur, weil sieu viele Mitglieder mit geringem Einkommen haben, gareine Chance haben, sich über diese Zusatzbeiträge zuinanzieren.
as System war in sich nicht schlüssig. Es konnte nichtunktionieren.
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5548 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Heinz Lanfermann
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Viertens haben wir den Einstieg in einen System-wechsel geschafft. Die Zusatzbeiträge, die wir jetzt ein-führen, sind kassenindividuell und einkommensunab-hängig. Das Geld bleibt bei den Kassen. Nach dem, wasvon der Bundesversicherungsanstalt berechnet wordenist, wird der Zusatzbeitrag in den nächsten Jahren durch-schnittlich bei etwa 16 Euro liegen. Das ist die Schät-zung, weit entfernt von den Fantasiezahlen, die Sie, FrauFerner, oder Sie, Herr Lauterbach, in den letzten Mona-ten immer wieder in die Öffentlichkeit gestreut haben.
Fünftens. Wir schaffen das, was Sie nicht geschaffthaben: Wir schaffen einen Sozialausgleich.
Dieser wird vom Arbeitgeber bzw. vom Rentenversiche-rungsträger automatisch berechnet. Da zeigt sich übri-gens die Beliebigkeit Ihrer Argumentation, Frau Ferner.Sie sind monatelang durch die Gegend gelaufen und ha-ben gesagt: Wenn man für einen Sozialausgleich einenAntrag stellen muss, dann werden alle Menschen zuBittstellern. Das war natürlich unsinnig; denn zum Bei-spiel beim Wohngeld, bei dem man auch eine Leistungvom Staat bekommt, macht das jeder gerne. Aber da Siedas jetzt nicht mehr sagen können, behaupten Sie, dasseien Almosen, die mit der Gießkanne verteilt würden.Und warum? Weil der Minister seine Ankündigung, eswerde einen automatischen Ausgleich geben, jetzt um-gesetzt hat.
Für Sie ist es natürlich immer schwierig, wenn derMinister das liefert, was er versprochen hat.
Das ist Ihr Problem, Frau Ferner.Sechstens. Wir entkoppeln die GesundheitskostenSchritt für Schritt von den Arbeitskosten. Der ersteSchritt ist die Festschreibung des Beitragssatzes auf7,3 Prozent. Natürlich werden die zukünftigen Kostenvon den Versicherten getragen. Das ist die ganz normaleFolge des demografischen Wandels.
Jeder von Ihnen, gerade von Ihnen, von der SPD, sagtin offener Herzlichkeit bei jeder Podiumsdiskussion: Ja,Gesundheit wird teurer. Aber wie es bezahlt werden soll,das sagen Sie nicht. Und das ist der Unterschied: Wirstehen zu dem, was wir tun.
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in halbes Jahr später haben Sie ihn aus konjunkturellenründen, wegen der Wirtschaftskrise, gesenkt; das ent-pricht einem Betrag von 6 Milliarden Euro pro Jahr.ies geschah auf Pump – das muss man einmal sagen –,as war schuldenfinanziert.
eswegen – das sage ich auch der Arbeitgeberseite –:enn man 3 Milliarden Euro im Jahr auf Pump, aufosten der Steuerzahler, geschenkt bekommt, weil eser Wirtschaft schlecht geht, dann kommt auch der Tag,n dem man sagt: Jetzt wird es wieder besser, jetzt ist eserantwortbar, diese Subvention auf Pump zurückzuneh-en und zum alten Zustand zurückzukehren.
ch denke, das ist verantwortbar und eine richtige Maß-ahme.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.
Ich bin am Ende, Herr Präsident.
Ein letzter Satz noch: All die schönen Thesen, die Sie
ier verbreitet haben, Frau Ferner, wie man welchen
eitrag berechnen will, wenn jemand verschiedene Ein-
ünfte hat, können Sie sich für Ihre Beratungen zur Bür-
erversicherung merken. Denn da haben Sie genau das
roblem.
Danke schön.
Das Wort hat nun Kollegin Birgitt Bender für die
raktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wo ist ei-entlich die CSU? Wo sind die starken Mannen ausünchen, die unbedingt gegen die Kopfpauschaleämpfen und sie verhindern wollten?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5549
Birgitt Bender
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Sie liegen jetzt in der Ackerfurche. Oder wie soll mansich dieses Modell anders erklären?
Denn ob das nun Zusatzbeitrag oder Kopfpauschaleheißt, klar ist doch: Die Versicherten zahlen, und zwarimmer mehr, je länger es geht, weil alle künftigen Kos-tensteigerungen zulasten der Versicherten gehen. Das istgenau das, was der FDP-Gesundheitsminister schon im-mer angedroht hat. Herzlichen Glückwunsch!
Ihr seid obendrein noch feige; denn zu eurer neuenEinigkeit steht ihr gar nicht offensiv. Vielmehr wird einModell gemacht, bei dem die Arbeitgeber noch einmalmitzahlen: eine allgemeine Beitragssatzerhöhung. Dannerst kommt die Kopfpauschale obendrauf. Da wird kal-kuliert: Na ja, bis 2013, 2014, bis Ende dieser Legis-laturperiode wird das ja noch nicht so schlimm, da mer-ken es die Leute noch nicht so richtig. Dazu kann ich nursagen: So dumm sind die Leute nicht.
Tatsache ist: Das System der aufwachsenden Kopfpau-schale ist angelegt. Übrigens sollten die Freundinnenund Freunde von der Sozialdemokratie noch einmal da-rüber nachdenken, ob der Gesundheitsfonds eine guteIdee war; denn da ist diese Spur angelegt.
Das, was Minister Rösler jetzt macht, ist kein Grund,sich mit einem Lorbeerkranz vor den Spiegel zu stellen.Erstens ist und bleibt dieser Ausstieg aus dem Solidar-system der falsche Weg. Wir brauchen nicht weniger,sondern mehr Solidarität.
Zweitens – da sollten Sie wirklich zuhören – werden SieIhren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Was haben Sieneulich noch auf jeder Veranstaltung versprochen? Alleswerde gerechter, es komme mehr Geld ins System überSteuermittel, die Sie organisieren, dann werde alles ganzschön. Ja, wo sind die Steuermittel denn? Wo ist die grö-ßere Gerechtigkeit? Noch vor kurzem, als Seehofer Siewieder heimgeschickt hat, haben Sie gemeinsam verab-redet: Vorrangig vor Einnahmesteigerungen wollen wirstrukturelle Änderungen, um den Anstieg der Kosten zubegrenzen. Ja, wo sind denn die Strukturreformen? Ihrmacht doch ganz kleine Münze.
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Das Schlimmste ist, meine Damen und Herren voner Koalition: Dieses Kurzfristmodell mit Langzeitwir-ung, das Sie hier auf den Tisch legen, führt dazu, dassir immer wieder und immer weiter über die Finanzie-ungsseite des Gesundheitssystems diskutieren werden.ie Gefahr ist groß, dass wir immer nur darüber spre-hen, weil das Problem nicht befriedigend gelöst ist, so-ange Sie regieren. Die nächste Regierung hat das Pro-lem dann wieder auf dem Schoß. Wann reden wirigentlich einmal über Gesundheit und über Strukturre-ormen, die die Versorgung verbessern?
enau das gerät ins Hintertreffen. Auch das werfe ichhnen vor.Danke schön.
Das Wort hat nun Kollege Jens Spahn für die CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!rau Bender, mit Blick auf das, was sich bei der Solar-örderung abgespielt hat, weiß ich nicht, ob Sie die Rich-ige sind, um hier über Klientelpolitik zu reden.
Ja, so ist es doch. Wir haben es jüngst, in den letztenagen, wieder erlebt, was Sie da für eine Show veran-talten.Die Aktuelle Stunde bietet unabhängig davon eineute Gelegenheit, einen Tag nachdem sich die Koalitionach zugegebenermaßen intensiven Debatten in den letz-en Wochen und Monaten – wir haben in der Sache ge-ungen – auf einen Kompromiss in der Gesundheitspoli-ik geeinigt hat, darüber zu diskutieren. Am Endeandelt es sich um ein faires Paket. Es umfasst Ein-parungen im Sinne von Zuwachsbegrenzungen imächsten Jahr bei den Kosten für Ärzte, Zahnärzte undrankenhäuser und den Verwaltungskosten der Kran-enkassen.
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5550 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Jens Spahn
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Ein Wort zur SPD. Sie stellen sich hier fortwährendhin und fordern – Sie, Frau Kollegin Ferner, geradeschon wieder – im Abstrakten Einsparungen. Sie habeneinmal einen konkreten Vorschlag gemacht, nämlich denRabatt bei den Arzneimitteln um 10 Prozentpunkte zuerhöhen. Diesen Vorschlag haben wir sogar umgesetzt,aber Sie haben dagegengestimmt. Frau Kollegin Ferner,doppelzüngiger als Sie an dieser Stelle kann man kaumsein.
Zum einen kommt es also zu Einsparmaßnahmen imSinne von Zuwachsbegrenzungen im nächsten Jahr. Zumanderen kehren wir zu dem Beitragssatz zurück – es istschon gesagt worden –, der vor der Krise galt und denwir, Frau Kollegin Ferner, im Übrigen noch gemeinsameingeführt haben.
Wir haben schon damals in der Großen Koalition ge-meinsam gelernt, dass die Kosten angesichts einer Ge-samtdynamik im Gesundheitssystem steigen: Wir wollenden Menschen in einer älter werdenden Gesellschaft tat-sächlich den Zugang zum medizinischen Fortschritt er-möglichen. Deswegen kehren wir nach Ende der Krise– die Wirtschaftszahlen offenbaren, dass die Arbeitslo-senzahlen sinken und die Konjunkturzahlen nach obenzeigen – zum alten Beitragssatz zurück; das ist gerecht-fertigt. Damit sind zu Recht auch die Arbeitgeber bei derFinanzierung mit im Boot. Liebe Frau Kollegin Ferner,anstatt hier so herumzuschreien, sollten Sie sich darüberfreuen.
Es geht auch um die Frage – das ist mit Blick auf dieZukunft entscheidend –: Wie können zukünftige Kosten-steigerungen lohnunabhängig aufgefangen werden? Da-rum geht es im Kern. Die Herausforderung der gesetzli-chen Krankenversicherung besteht darin – es wäreschön, wenn wir darüber einmal in der Sache redenkönnten –, dass es anders als bei der Rentenversicherungoder der Arbeitslosenversicherung keinen direkten Zu-sammenhang zwischen der Leistung und dem Beitraggibt.
In der Rentenversicherung ist es etwa so, dass die ent-sprechenden Leistungen nicht so stark ansteigen, wenndie Grundlohnsumme nicht steigt. Die Leistungen derKrankenversicherung – für die Behandlung im Kranken-haus, beim Arzt und für die Medikamente – sind abernicht lohnbezogen, sodass die Kosten in einer älter wer-denden Gesellschaft mit medizinischem Fortschritt stei-gen. Es geht hier nicht um Hustensaft: Die SteigerungenbdMgdAlgglszdSbBktp2ldmasrktseSefsKbvWShlwbTwtfh
Frau Kollegin Bunge, man braucht keinen Matheleis-ungskurs dafür: Eine prozentuale Maximalbelastung ister definitionem in sich sozial ausgeglichen; dennProzent von wenig Einkommen bedeuten weniger Be-astung als 2 Prozent von viel Einkommen. Damit istiese Form der Finanzierung sozial ausgeglichen: Nie-and muss über Gebühr belastet werden. Wir legen esber so an, dass der Ausgleich über den Beitragssatztattfindet, den der Arbeitgeber oder der Rentenversiche-ungsträger abführt. Das ist unbürokratisch; er bedarfeiner Antragsstellung.
Wir legen die Finanzierung so an, dass mit einem fes-en Euro-Betrag bei den Zusatzbeiträgen eine Preis-ignalwirkung gegeben bleibt. Insofern ist das Modellinerseits sozial gerecht – die Ausgaben werden mitteuermitteln abgefedert –; zum anderen erzielen wirine Preissignalwirkung, sodass der einzelne Versicherteür sich entscheiden kann: Ist mir diese Kasse einen Zu-atzbeitrag von 20 Euro wert, oder bietet eine andereasse, die einen Zusatzbeitrag von 15 Euro erhebt, einesseres Preis-Leistungs-Verhältnis? Damit schaffen wiriel mehr Transparenz als bisher. Das ist der richtigeeg.
Das, was im Ergebnis eigentlich schade ist, ist, dassie sich einer ehrlichen Debatte durch Klamauk entzie-en. Weil Sie sich nach der Bundespräsidentenwahl völ-ig entzweit haben, konnten Sie sich nicht einigen, dassir uns mit diesem Thema nur einmal in dieser Wocheeschäftigen. Deshalb findet morgen zum gleichenhema eine weitere Aktuelle Stunde statt. Dann werdenir die ganze Diskussion noch einmal führen. Wir soll-en, jenseits von Klamauk, eine ehrliche Debatte darüberühren, vor welchen Herausforderungen wir im Gesund-eitswesen stehen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5551
Jens Spahn
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Im Übrigen möchte ich noch auf den Titel der heuti-gen Aktuellen Stunde eingehen. Richtig wäre gewesen,wenn Sie formuliert hätten: „Mehr Netto vom Brutto“.
Es geht nämlich um die Gesamtschau. Wir haben zum1. Januar dieses Jahres für Steuerentlastungen in Höhevon 20 Milliarden Euro gesorgt.
Wir haben den Arbeitslosenversicherungsbeitragssatz,der zur Zeit der Großen Koalition bei 6,5 Prozentpunk-ten lagt, auf aktuell 2,8 Prozentpunkte gesenkt.
Im Ergebnis zählt, was dabei insgesamt herauskommt.Zur Gesamtschau gehört aber auch, ehrlich zu sagen:Gesundheit wird in einer älter werdenden Gesellschaft,die medizinischen Fortschritt will, teurer. Zu dieser Ehr-lichkeit sollten Sie sich endlich durchringen, liebe Kolle-ginnen und Kollegen.
Das Wort hat nun Kollegin Carola Reimann für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Es war der 12. November 2009 – die Bundestags-wahl war noch keine zwei Monate vergangen –, da tratGesundheitsminister Rösler hier an dieses Pult, um unsmit schönen Worten seine Vorstellungen zur Zukunft desdeutschen Gesundheitssystems zu präsentieren.
Nun, acht Monate nachdem er seine Vorschläge zur Ge-sundheitsreform vorgelegt hat, bietet es sich förmlich an,die Ankündigungen von damals mit den Ergebnissenvon heute zu vergleichen. Denn man sollte – so viel Fair-ness muss sein – den Minister an seinen eigenen Wortenmessen.
Fangen wir bei den Punkten Transparenz und Be-kämpfung der Bürokratie an. In der Rede vom 12. No-vember 2009 kündigten Sie ganz unbescheiden an, dieBürokratie zu beenden und endlich mehr Zeit für dieMenschen zu schaffen.
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ie, um Himmels willen, soll denn dann der von Ihneno oft bemühte aufgeklärte, mündige Bürger dieses Sys-em verstehen,
eschweige denn eine informierte Entscheidung bezüg-ich eines Kassenwechsels treffen?Das von Ihnen geschaffene System von Durch-chnittszusatzbeiträgen, 2-Prozent-Regelung und teil-eiser Reduzierung der Beiträge über Arbeitgeber undentenversicherungsträger ist so durchschaubar undransparent wie der Dschungel von Borneo.
Man wird den Verdacht nicht los, dass diese konfuseegelung bewusst herbeigeführt wurde, um das Ausmaßer Kostenabwälzung auf die Versicherten zu verschlei-rn. Aber ich sage Ihnen: Diese Verschleierungstaktikird nicht aufgehen. Denn die Menschen werden amnde sehr wohl sehen, was unter dem Strich übrigbleibt,ämlich weniger Netto vom Brutto.
as ist die Folge der schwarz-gelben Gesundheitspoli-ik.
Minister Rösler, nicht nur Transparenz und Abbauon Bürokratie hatten Sie sich auf die Fahnen geschrie-en, sondern auch Nachhaltigkeit. Ich zitiere aus Ihrerede:In den letzten 20 Jahren gab es alle zwei bis dreiJahre eine Gesundheitsreform. Allzu häufig hattendie Menschen das Gefühl, dass es zwar teurer, abernicht immer besser geworden ist.
Wir sind angetreten, genau das zu ändern.
Die einzige Änderung, die Sie bis jetzt herbeigeführtaben, ist, dass Sie die künftige Kostensteigerung alleinuf die Versicherten abwälzen,
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5552 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Dr. Carola Reimann
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ohne auch nur eine einzige Verbesserung in der Versor-gung daran zu knüpfen.
Das dämmert mittlerweile auch Ihren Kollegen. Die ers-ten Sozialpolitiker aus Ihren eigenen Reihen haben sichlaut dpa heute dazu geäußert. Einer von ihnen, der IhreVorschläge kritisiert, ist Christian Bäumler,
Bundesvize der CDU-Sozialausschüsse. Sein O-Ton ist:Es geht nicht an, dass wir das Risiko der Kosten-steigerung … einseitig auf Arbeitnehmer und Rent-ner verschieben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter„Nachhaltigkeit“ im Gesundheitssystem verstehen wirSozialdemokraten etwas anderes, nämlich ein dauerhaf-tes Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben herzu-stellen, dabei ein hohes Versorgungsniveau für alle zuerhalten und finanzielle Belastungen gerecht zu vertei-len.Der Nachhaltigkeitsbegriff der Bundesregierung – soviel wissen wir seit gestern – ist ein eher eindimensiona-ler, nämlich die Versicherten möglichst nachhaltig ein-seitig zu belasten, indem alle künftigen Kostensteigerun-gen allein auf sie abgewälzt werden. Millionen vonMenschen werden weniger in der Tasche haben. IhreVorschläge sind nichts anderes als Wortbruch. Sie sinddas genaue Gegenteil von dem, was Sie Millionen vonWählerinnen und Wählern vorher versprochen haben.Das ist eine echte Nettolüge.
Ihr noch im November formuliertes Ziel, ein robustesKrankenversicherungssystem für die Zukunft zu entwer-fen, haben Sie längst aus den Augen verloren. Sie habenjetzt Eckpunkte präsentiert – dafür die Bezeichnung„Reform“ zu verwenden, traue ich mich nicht –, die nureines erfüllen sollen: schnell die Löcher stopfen, dieLobby beruhigen – wir haben gelesen, dass sich dasKanzleramt noch einmal für die Schonung der Apothe-ker eingesetzt hat – und, noch wichtiger, den schwarz-gelben Koalitionsfrieden herstellen. Die Vorschläge ha-ben nichts mit einer nachhaltigen Weiterentwicklung desGesundheitssystems zu tun, sondern zielen allein auf denErhalt einer Koalition ab, die abgewirtschaftet hat.
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Kolleginnen und Kollegen, Gesundheit ist ein hohesut. Auch das pflegt Minister Rösler gerne zu sagen.amit hat er vollkommen recht. Ich glaube, wir sind unsinig, dass es die oberste Aufgabe des Gesundheitsmi-isters ist, dieses hohe Gut zu schützen. Heute Morgenm Ausschuss hat der Minister noch einmal bestätigt,ass er als Gesundheitsminister es als seine Aufgabensieht, Krankheit im Vorfeld zu vermeiden. Umso un-erständlicher ist mir jedoch, wenn dieser Gesundheits-inister sich bei einer zentralen Frage des Gesundheits-chutzes, nämlich dem Nichtraucherschutz, für nichtuständig erklärt.
Der Volksentscheid in Bayern hat uns allen gezeigt,ie wichtig den Bürgerinnen und Bürgern ein konse-uenter, einheitlicher Nichtraucherschutz ist. Deshalbollte uns als Politikerinnen und Politiker, insbesondereen Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspoliti-ern unter uns, diese Botschaft aus Bayern zu denkeneben.
Wir sollten über Parteigrenzen hinweg dafür sorgen,ass es beim Nichtraucherschutz endlich zu einer bun-esweit einheitlichen Regelung kommt. Die Chancenafür sind da.
an muss sie nur nutzen, und man muss sie nutzen wol-en.Danke schön.
Das Wort hat nun der Parlamentarische Staatssekretär
aniel Bahr.
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Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-en! Sie von der politisch linken Seite hier im Parlamentordern immer die Solidarität der anderen ein und kriti-ieren uns, wenn wir auf die Eigenverantwortung desinzelnen setzen.
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Parl. Staatssekretär Daniel Bahr
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Für uns als christlich-liberale Koalition, Frau KolleginFerner und andere Kollegen, sind aber Eigenverantwor-tung und Solidarität überhaupt kein Gegensatz. Eigen-verantwortung und Solidarität gehören zusammen; siebedingen einander. Wir wissen, dass wir die richtigenAnreize für die Menschen brauchen, um auf Eigenver-antwortung zu setzen. Kosten- und gesundheitsbewuss-tes Verhalten soll sich für die Versicherten lohnen. Siekönnen etwas für ihre Gesundheit tun, indem sie sich ge-sundheitsbewusst verhalten, indem sie auf ihre Gesund-heit achten, indem sie sich gut ernähren, indem sie Sporttreiben.
Allerdings, meine Damen und Herren, wissen wirauch, dass jeden der Schicksalsschlag einer schwerenKrankheit ereilen kann, egal, wie gesundheitsbewusstman sich verhält.
Dafür braucht es eine gut finanzierte Krankenversi-cherung. Dafür braucht es die Solidarität aller, damitman sich darauf verlassen kann, dass es dann, wenn ei-nen der Schicksalsschlag einer schweren Krankheit er-eilt, ein stabiles Gesundheitssystem in Deutschland gibt,und dafür sorgen wir.
Aber wir wissen auch: Wenn immer nur die Solidari-tät der anderen eingefordert und gesagt wird, die anderenmüssten solidarisch sein, dann wird in der Gesellschaftnicht die Bereitschaft dafür vorhanden sein, solidarischfüreinander einzustehen. Deswegen sagen wir: Wir set-zen auf die Eigenverantwortung der Versicherten. Wirsetzen auf die Mündigkeit des Patienten. Wir setzen da-rauf, dass die richtigen Anreize für kosten- und gesund-heitsbewusstes Verhalten geschaffen werden, damit dasZusammenspiel von Eigenverantwortung und Solidaritätfunktioniert.
Wir haben in Deutschland derzeit ein leistungsfähigesGesundheitssystem, um das uns alle Länder um uns he-rum beneiden; denn sie wissen, dass wir in Deutschlandden breitesten Leistungskatalog haben. Sie wissen, dasswir freie Arztwahl und freie Krankenhauswahl haben.Darum beneiden uns alle Länder um uns herum, weil siewissen, dass wir den Zugang zu den notwendigen Leis-tungen eben nicht vom Geldbeutel abhängig machen.
Aber wenn wir gleichzeitig wissen – die Kollegenhaben es ja schon angesprochen –, dass aufgrund derLmGddmvtGdmldggSdtrSsv–nvHsdzngFtnWrSz
ann dürfen wir die Lasten nicht einfach auf die kom-enden Generationen und auf die kommenden Jahreerschieben. Wir müssen jetzt handeln und jetzt die rich-igen finanziellen Entscheidungen treffen, damit dasanze auch in den nächsten Jahren noch finanzierbar ist,
amit sich alle, Einkommensschwache wie Einkom-ensstarke, Kranke wie Gesunde, Junge wie Alte auf eineistungsfähiges Gesundheitswesen verlassen können.
Wenn ich Sie so höre, dann habe ich fast den Ein-ruck, als ob es hier im Parlament eine neue Krankheitibt. Frau Ferner, ich nenne das bei Ihnen und den Kolle-innen und Kollegen der SPD politische Demenz; dennie erwecken den Eindruck, als ob alle Probleme, vorenen wir im Moment stehen, in den letzten neun Mona-en unter einer FDP-Führung im Gesundheitsministe-ium entstanden sind.Ich will Ihnen das einmal beschreiben: Als Frauchmidt uns im Jahre 2009 den Schlüssel für das Ge-undheitsministerium gegeben hat, haben wir ein Defiziton 8 Milliarden Euro vorgefunden.
Das tut weh. Tut die Wahrheit weh? Die Fakten schei-en wehzutun. – Für das Jahr 2010 haben wir ein Defiziton 11 Milliarden Euro vorgefunden. Meine Damen underren von der SPD, das ist Ihre Erblast, die wir zuchultern haben. Wir gehen Schritt für Schritt vor, umieses Problem im Sinne der Versicherten und Patientenu lösen.
Frau Ferner, Sie erwecken den Eindruck, als ob allesur teurer wird und nur die Versicherten die Lasten tra-en müssen. Beschäftigen Sie sich doch einmal mit denakten! Nur rund 3 Milliarden Euro des von Ihnen hin-erlassenen Defizits von 11 Milliarden Euro für dasächste Jahr werden von den Versicherten zu tragen sein.
eitere rund 3 Milliarden Euro tragen die Arbeitgeber,und 2 Milliarden Euro von diesem Defizit tragen dieteuerzahler, und 3,5 Milliarden Euro von diesem Defi-it tragen die Leistungserbringer im Gesundheitswesen,
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5554 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Parl. Staatssekretär Daniel Bahr
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nämlich die Krankenhäuser, die Ärzte, die Zahnärzte, diePharmaindustrie und, Frau Kollegin Bender, auch dieApotheken, weil wir vor keinem haltmachen. Wir bezie-hen alle mit ein, wenn es um die Kosten im Gesundheits-system geht.
Der Entwurf eines Arzneimittelmarkt-Neuordnungs-gesetzes wird ja am Freitag beraten. Darin ist vorgese-hen, dass der Großhandelsrabatt, der den Apotheken ge-währt wird, um knapp 400 Millionen Euro reduziertwird. Hier werden also auch die Apotheker einbezogen.Das heißt, auch bei den Apotheken wird gespart.Insofern will ich einmal festhalten: Das von der Ko-alition vorgelegte Konzept ist sozial ausgewogen undfair,
weil alle an der Bewältigung des Defizits beteiligt wer-den: Arbeitgeber, Steuerzahler, Versicherte und Leis-tungserbringer im Gesundheitswesen. Deswegen ist dasKonzept, das wir vorgelegt haben, ein wirklich tragfähi-ges, stabiles, gerechtes und transparentes Konzept zurLösung der Probleme im Gesundheitswesen.
Ich will Ihnen noch eines sagen: Wir haben einen Ge-sundheitsfonds mit gedeckelten Zusatzbeiträgen vorge-funden. Das haben Sie mit beschlossen.
Frau Kollegin Ferner, ich will nur einmal darstellen, dassdas Defizit, das Sie uns hinterlassen haben, damit nichthätte getragen werden können; denn das System, das Sieuns hinterlassen haben, wäre zusammengebrochen,wenn wir nichts gemacht hätten.Stellen Sie sich einmal vor, wir wären bei Ihrem Kon-zept geblieben.
Wir hätten dann massenweise Insolvenzen von Kranken-kassen erlebt, weil wir mit diesem System eines Gesund-heitsfonds mit gedeckelten Zusatzbeiträgen, das Siedurchgesetzt haben, gar nicht in der Lage gewesen wä-ren, die Defizite, die es in der gesetzlichen Krankenver-sicherung gibt, zu schultern.
Übrigens: Welche Krankenkassen hätte das denn be-troffen? Das hätte besonders die Krankenkassen betrof-fen, die viele Geringverdiener als Mitglieder haben. AnIhrer Stelle würde ich uns also einmal dafür applaudie-ren,dkbEgbwzdecwDbdglhg2DvssGhIfsSdSdAdns
ass die FDP dafür gesorgt hat, dass gerade die Kran-enkassen, die viele Geringverdiener als Mitglieder ha-en – Rentnerinnen und Rentner mit einem geringeninkommen, Menschen, die arbeitslos sind oder nur eineringes Einkommen haben –, durch unseren Vorschlagessergestellt und nicht benachteiligt werden,
eil es jetzt endlich einen wirklich fairen Wettbewerbwischen den Krankenkassen gibt und dieser nicht mehrurch die Zusatzbeiträge verzerrt wird. Wir sorgen fürinen wirklich fairen Wettbewerb zwischen den gesetzli-hen Krankenkassen. Dazu waren Sie nicht in der Lage.
Ich will Ihnen noch einen weiteren Punkt nennen,eil das ja immer ein bisschen in Vergessenheit gerät.ie Zusatzbeiträge und der Gesundheitsfonds – das ha-en Sie vorgeschlagen – hätten gerade für die Geringver-iener mit einem Einkommen von bis zu 800 Euro zuar keinem Sozialausgleich geführt. Sie hätten den vol-en Zusatzbeitrag von 8 Euro tragen müssen. Erst wiraben dafür gesorgt, dass es jetzt einen Sozialausgleichibt, sodass jeder nur einen Zusatzbeitrag bis maximalProzent seines Einkommens trägt.
adurch wird in den nächsten Jahren gerade den Gering-erdienern dabei geholfen, einen Sozialausgleich in An-pruch nehmen zu können, sodass sie durch die Kosten-teigerungen nicht belastet werden, mit denen wir imesundheitswesen in den nächsten Jahren zu rechnenaben.
nsofern war es die CDU/CSU-FDP-Koalition, die hierür ein sozial ausgewogenes, stabiles und gerechtes Ge-undheitsfinanzierungssystem gesorgt hat. Dazu warenie nicht in der Lage.
Das ist ja auch klar – Sie müssen das ja eingestehen –;enn die SPD hatte hier eine ganz andere Aktuelletunde beantragt. Sie hatten eine Aktuelle Stunde mitem Titel „Scheitern der Gesundheitsreform“ beantragt.ber wie ich heute Morgen festgestellt habe, haben Sieiesen Titel ändern müssen, weil auch Sie scheinbaricht mehr von einem Scheitern der Gesundheitsreformprechen können.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5555
Parl. Staatssekretär Daniel Bahr
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Insofern haben wir mit diesen Vorschlägen, mit dieserGesundheitsreform, die wir nun in Eckpunkten vorgelegthaben, anscheinend ein tragfähiges Konzept, sonst hät-ten Sie den Titel dieser Aktuellen Stunde nicht ändernmüssen.
Wir haben die letzten Monate gebraucht, um zu einemKompromiss zu kommen. Das wollen wir gar nicht ver-hehlen. Es gab dazu auch unterschiedliche Programmein den einzelnen Parteien. Wir haben zu einem Kompro-miss gefunden, in dem sich jede der drei Parteien wirk-lich wiederfinden kann,
der tragfähig ist und die Interessen im Gesundheitswesenfair ausgleicht. Deswegen hat sich der KollegeLauterbach ja während der Debatten in den letzten Wo-chen bei uns beschwert. Ich erinnere mich noch gut, HerrKollege Lauterbach: Sie haben sich bei uns darüber be-schwert, dass das Verhalten in der Koalition unfair sei,
weil es Ihnen gar nicht mehr die Gelegenheit gebe, alsOpposition wahrgenommen zu werden.
Ich darf Ihnen ankündigen, Herr Lauterbach: Mit demKompromiss, den wir gestern gefunden haben, habenwir nicht nur ein stabiles, gerechtes und transparentesGesundheitswesen aufgebaut,
sondern wir haben auch dafür gesorgt, dass Sie Ihrer Op-positionsrolle wieder gerecht werden können.
Denn alle drei Parteien, die diese Koalition tragen, kön-nen mit diesem Kompromiss gut leben. Nun machen wiruns an die Arbeit, um dieses Konzept Schritt für Schrittumzusetzen. Das bedeutet für die Versicherten, dass sieden Zusammenhang zwischen Beitrag und Leistung ei-ner Krankenversicherung wirklich wiedererkennen kön-nen. Es gibt keinen Einheitsbeitragssatz mehr,
und egal, bei welcher Krankenversicherung man derzeitist, alle werden gleich belastet. Für den Versicherten be-steht jetzt der Vorteil, dass er seine Krankenversicherungwieder mit anderen Krankenversicherungen vergleichenkcuhdzEtSEmrKItAEsUewNSKz
nd welche Leistung er von der Krankenversicherung er-ält. Das ist fairer Wettbewerb. Dazu waren Sie nicht iner Lage, weil Sie letztlich ein planwirtschaftliches, so-ialistisches Gesundheitswesen wollten.
rst wir sorgen wieder für ein freiheitliches, transparen-es und gerechtes Gesundheitswesen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun Kollegin Marlies Volkmer für die
PD-Fraktion.
Herr Bahr, ich bin entsetzt über Ihren Realitätsverlust.
in Dreivierteljahr lang hat die Republik es ertragenüssen, wie die schwarz-gelbe Koalition um die Aus-ichtung dieser Gesundheitsreform gestritten hat wie dieesselflicker.
ch erspare uns hier die unwürdigen wechselseitigen Ti-ulierungen, die Sie sich an den Kopf geworfen haben.Aber worauf haben wir nun eigentlich gewartet? –uf eine Beitragssatzerhöhung von 0,6 Prozentpunkten.
ine Beitragserhöhung, die niemand so sehr ausge-chlossen hat wie die FDP: Mehr Netto vom Brutto! –nd was ist es schließlich? – Es ist der fulminante Bruchines Wahlversprechens.
Aber es kommt noch schlimmer. Durch Ihre unverant-ortlichen Zusatzbeiträge ohne Deckelung schmilzt dasetto der Arbeitnehmer wie der Schnee in der Sonne.ie sollten offen sein: Diese Zusatzbeiträge sind dieopfpauschale, und zwar eine Kopfpauschale ohne So-ialausgleich.
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5556 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Dr. Marlies Volkmer
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Denn der ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrie-ben steht.Geradezu absurd ist der Kontext, in dem das alles ge-schieht: Kleckerbeträge für die Leistungserbringer; unddie dramatischen Summen sollen die Versicherten stem-men – noch nicht im nächsten Jahr, aber in den darauffolgenden Jahren.
Warum bleiben eigentlich die Leistungserbringerganz außen vor?
Haben die vielleicht im Wahlkampf so viel gespendet,dass man sie jetzt nicht finanziell belasten kann?
Ganz stolz verweisen Sie darauf, welche großen Sum-men Sie im Arzneimittelbereich einsparen wollen. Lei-der sind das Potemkinsche Dörfer. Es ist nichts dahinter,
höchstens die Erhöhung des Herstellerabschlags. Aberauch dabei gibt es ja schon ganz viele Ausnahmerege-lungen. Nach wie vor werden die Hersteller ihre Preisezunächst selbst festlegen. Sie werden die erwarteten Ra-batte schon wieder eingepreist haben und sich unter gro-ßem Getöse von den Krankenkassen abhandeln lassen.
So sparen Sie keinen Cent, insbesondere dann nicht,wenn der gemeinsame Bundesausschuss künftig Arznei-mittel mit schlechter Kosten-Nutzen-Relation nicht mehrausschließen kann.Der Gesundheitsminister hat gestern ausgeführt, dassin Zukunft pro Jahr ein Defizit von 2 Milliarden Euro er-wartet wird. Sie haben auch ausgeführt, dass die Arbeit-geberbeiträge eingefroren werden.
Das heißt, die Arbeitgeber beteiligen sich zukünftignicht an den steigenden Kosten im Gesundheitsbereich.Das bedeutet unter anderem auch, dass es nur noch sehrwenige Anreize gibt, die Ausgaben für die ambulanteVersorgung, die Pharmaindustrie und die Medizintech-nik im Zaum zu halten. Der Deckel ist vom Topf.
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ehr noch, das ist das Ende der Sozialpartnerschaft iner Krankenversicherung, einem zentralen Element derozialen Marktwirtschaft. Das hat uns in den letztenahrzehnten den sozialen Frieden beschert.
Wie schon Frau Bender frage auch ich Sie, meineolleginnen und Kollegen von der CSU, die Sie dochie Kopfpauschale verhindern wollten, wie Sie heuteorgen in den Spiegel blicken konnten.
Es ist eine Kopfpauschale ohne sozialen Ausgleich.Was die schwarz-gelbe Koalition macht, führt zu ei-er anderen Sozialkultur. Das ist auch bei den Ausfüh-ungen von Herrn Bahr sehr deutlich geworden, als erber Eigenverantwortung und Solidarität gesprochenat.
ür Schwarz-Gelb ist Eigenverantwortung nur die finan-ielle Selbstbeteiligung der Patientinnen und Patienten.
Was Schwarz-Gelb noch betreibt – die Eckpunkteprechen hier Bände –, ist eine knallharte Klientelpolitik.
as verbirgt sich hinter Ihren glatten Reden. Sie solltenenigstens so ehrlich sein und das zugeben.
Das Wort hat nun Kollege Rudolf Henke für dieDU/CSU-Fraktion.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5557
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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Ich habe Verständnis dafür,dass man die Art, in der die Koalitionsparteien den Wegzu dem Konzept, das gestern präsentiert worden ist, ver-folgt haben, zum Anlass für oppositionelles Vergnügennehmen kann. Ich habe Verständnis dafür, dass man dieDauer der Vorbereitung kritisch bewerten kann. Ich habesogar Verständnis dafür, dass man als Oppositionsparteibedauern kann, dass es jetzt zu einer Einigung und zu ei-nem gemeinsamen Konzept gekommen ist,
weil einem damit ein Stück der eigenen bisher vorgetra-genen Argumentation verloren geht.Aber ich finde, es müsste jetzt möglich sein, wenigs-tens zu einer halbwegs sachlichen Diskussion über das,was wirklich vorgeschlagen worden ist, was wir beab-sichtigen und was Sie dagegenstellen, zu kommen. AberSie versuchen jetzt in der Trauer darüber, dass Ihnen dasArgument der Kopfpauschale aus der Hand geschlagenworden ist, dieses Phantom mit einer Reanimations-methode wiederzubeleben, die nicht wirken wird. Das istdas Problem.
Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen, die Sieangesprochen haben. Frau Volkmer, Sie haben gesagt,das sei das Schrecklichste, was Sie in den letzten 20 Jah-ren erlebt haben; damit gehe die Sozialpartnerschaft zuEnde. Sie begründen das mit den Unterschieden in dem,was der Einzelne für die Vorsorge im Gesundheitswesenleistet. Wenn Sie seit 20 Jahren aktiv dabei sind, dannwerden Sie sich doch noch selbst an die Zeiten erinnern,in denen es einen Beitragsunterschied zwischen unter-schiedlichen Krankenkassen gab, der von 10,9 Prozentbis 16,9 Prozent zur gleichen Zeit gereicht hat.
Dieses System, das damals galt, haben Sie doch alssolidarisches System verteidigt und für richtig gehalten.
Jetzt sagen Sie, der Zusatzbeitrag, der vielleicht bei8 Euro liegt, sei das Ende der Sozialpartnerschaft, dasEnde der Solidarität und das Ende und der Untergangdes Sozialstaats Deutschland.
Das zeugt doch von Blindheit auf einem Auge, das isteine doppelbödige Argumentation. Die muss man dochklar zurückweisen.
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ie bezeichnen den Einschnitt von 350 Millionen Eurom Arzneimittelgroßhandel, von dem rund die Hälfte anie Apotheker weitergegeben wird, als Kleckerbetrag.ch könnte die Aufzählung fortsetzen. Was ist das eigent-ich für ein Umgang mit den Menschen, die in diesenereichen hart und ehrlich arbeiten?
or zwei Jahren haben Sie, Frau Ferner, Frau Volkmernd Herr Lauterbach, gemeinsam mit der Union einenuwachs in diesen Bereichen beschlossen. 2008 habenie gemeinsam mit der Union einen Zuwachs von,5 Milliarden Euro im Bereich der ambulanten Medizinnd einen Zuwachs von 3,5 Milliarden Euro im Bereicher Krankenhäuser versprochen. Jetzt, da wir dieses Ver-prechen halten – trotz Krise –
nd es mit 3,9 Milliarden Euro im Sozialversicherungs-tabilisierungsgesetz abgesichert haben, jetzt, da wir zu-ätzlich 2 Milliarden Euro aus Steuermitteln einsetzen,m dieses Versprechen zu halten, fordern Sie höhereparbeiträge. Woher kommen Sie eigentlich, wohin wol-en Sie eigentlich? Was ist eigentlich Ihr Standpunkt?ch erkenne ihn nicht.
Ich glaube nicht, dass wir es generell mit überhöhtenreisen im Gesundheitswesen zu tun haben.
en Arzneimittelbereich werden wir jetzt mit dem Arz-eimittelmarkt-Neuordnungsgesetz neu ordnen. Wirerden für faire Preise sorgen. Überall sonst haben wirs nicht mit überhöhten Preisen zu tun. Die Kostenent-icklung ist Ausdruck des Werts unseres Gesundheits-ystems. In den letzten hundert Jahren haben wir fast0 Jahre an Lebenserwartung gewonnen. Heute sterbenuf 100 000 Einwohner durchschnittlich 65 Menscheneniger an bösartigen Tumoren als noch in den 80er-ahren.
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5558 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
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Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Der letzte Satz, Herr Thierse. – Bei der zweiten gro-
ßen Gruppe der Volkskrankheiten, bei den Herz-Kreis-
lauf-Erkrankungen, ist die Sterberate seit 1980 aufgrund
neuer Medikamente weiter gesunken.
Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bei Krebserkran-
kungen, den großen Killern, haben wir dank eines leis-
tungsfähigen Gesundheitswesens Erfolge erzielt.
Herr Kollege.
Unser Gesundheitswesen ist sein Geld wert. Ich finde,
wir haben ein ausgewogenes Konzept. Sie aber verhar-
ren in einer Kritik, die parteipolitisch motiviert ist, pole-
misch vorgetragen wird und mit wenig intellektueller
Auseinandersetzung verbunden ist.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun Kollege Lars Lindemann für die
FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat hat dieSPD-Fraktion zu Recht heute eine Aktuelle Stunde bean-tragt; denn wir haben ohne Zweifel Wichtiges zu bespre-chen.
– Nun hören Sie doch erst einmal zu. – Meine liebenKollegen von der SPD, wenn ich mir dann aber IhreStatements hier im Plenum anhöre und anschaue, wasSie in der Presse bereits dazu veröffentlicht haben, findeich das schon ziemlich enttäuschend.Der Kollege Lauterbach hat zwar angekündigt, dasser sich erst wieder substanziell äußern wird, wenn er Re-gierungsverantwortung übernommen hat.
Sie sehen aber, dass es dazu nicht kommt.
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Dass die SPD sich hier von jeder vernunftgeleitetenegleitung einer sehr vernünftigen Reform verabschie-et, Herr Kollege, finde ich ganz persönlich – das sagech Ihnen offen – mehr als enttäuschend.
Im Kern geht es bei Ihren Statements jeweils um dreiunkte, und zwar erstens den Ablauf – wie zu demeformpaket gefunden wurde und dessen Ergebnisquali-ät –, zweitens den angelegten und von Ihnen nicht ge-ollten Systemumstieg bei der Finanzierung sowie drit-ens die Verteilung der Lasten zwischen den Beteiligten.Lassen Sie mich dazu einige Dinge sagen. Zunächstann man feststellen, dass das Ziel der Reform mit denngegangenen Maßnahmen erreicht wird.Erstens. Die Solvenz der Kassen und deren Leistungs-ähigkeit im System werden erhalten.
Zweitens. Es wird ein wettbewerbliches Element inas System zurückgebracht.Drittens. Wir entkoppeln die Arbeits- von den Ge-undheitskosten.Damit zeigt die Koalition, dass sie in der konkretenituation sehr wohl handlungsfähig ist. Das gefällt Ihnenicht. Aber Sie werden damit leben müssen.
Darüber hinaus zeigt die Koalition, dass wir in derage sind, Ansätze für weitere Reformschritte zu schaf-en.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Op-osition,
enn wir von Ihnen auf dem Weg dorthin stets nur mitpott und Häme begleitet werden
und vielleicht ab und zu auch mit der Beschreibungines Quäntchens Wahrheit, lieber Herr Kollege
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5559
Lars Lindemann
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Lauterbach –, dann sage ich Ihnen hier: Ja, das ist rich-tig. Es war nicht einfach, dahin zu kommen. Aber in die-ser Koalition werden die Dinge eben miteinander ausge-tragen.
Wir geben in der Sache nicht auf, wie Sie das getan ha-ben.In Ihrer Regierungszeit standen Sie vor den gleichenProblemen. Sie haben allerdings schon kapituliert, als siesich andeuteten, während diese Koalition nun Lösungenanbietet.Auf der Suche nach diesen Lösungen mussten wirselbstverständlich auch verschiedene Interessen inner-halb dieser Koalition integrieren. Dazu stehen wir auch.Diese Integration hat Philipp Rösler geschafft. Dafürgebührt ihm der Dank dieser Regierungskoalition;
denn damit ist ein Reformprojekt auf den Weg gebrachtworden, welches Sie in Ihrer gesamten Zuständigkeit fürdas Ministerium nicht haben auf den Weg bringen kön-nen.
Lassen Sie mich nun zur Verteilung der Lasten kom-men. Ich bin schon ziemlich beeindruckt davon, dass Sieganz pauschal weitere Einsparungen fordern, Frau Kol-legin Ferner; jetzt ist sie nicht mehr da.
Dann erklären Sie doch einmal konkret, wie das in Kran-kenhäusern in diesem Land gemacht werden soll. Wiewollen Sie bei der gerade schon angesprochenen Perso-nalkostenquote denn noch kürzen?
– „Tarifverträge“ ist das richtige Stichwort. Erklären Sieden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern doch ein-mal, worauf Sie dabei zielen. Sie können auf gar nichtsanderes zielen, wenn Sie weiterhin pauschale Nullrun-den fordern.Genau das hat diese Koalition nicht getan. Vielmehrhat sie sich um eine differenzierte Lösung bemüht. Da-rauf kommt es in den heutigen Zeiten an.Dass auch schwierige Fragen in diesem System vondieser christlich-liberalen Koalition gelöst werden kön-nen, haben wir bewiesen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
SdP–aImhlumKKDSggkSMshdgssdesdkrkGdw
Danke für die Reaktion. – Die Presse spricht es genauus. Ich habe keinen einzigen Artikel gefunden, in demhr Reförmchen gelobt worden wäre.Die meisten Journalisten haben darauf Bezug genom-en, dass Sie sich hier quasi ein Reförmchen gebackenaben, das eine Lizenz zum Auspressen der Beitragszah-er und Beitragszahlerinnen ist,
nd dass dieses Reförmchen auch einem Ankündigungs-inister nicht gerecht wird.Herr Henke, Sie sprachen von einem Phantom deropfpauschale. In diesem Fall haben Sie nicht recht: Dieopfpauschale kommt. Denn Sie haben sie beschlossen.er Zusatzbeitrag ist eine Kopfpauschale. Herr Lindemann,ie haben gesagt, dass in dieser Koalition alles ausgetra-en worden ist. Ja, es ist richtig: Sie haben neun Monateebraucht, um überhaupt zu irgendeinem Ergebnis zuommen.
chon Horaz sagte: „Der Berg kreißte und gebar eineaus.“ Es ist damit zu rechnen, dass für 2011 ein Vor-chaltgesetz verabschiedet wird. Wir werden dann se-en, von wem die weiteren Kosten getragen werden.Sie sprechen hier von Eigenverantwortung und Soli-arität. All Ihre Ankündigungen, bei Leistungserbrin-ern und Lobbyisten 4 Milliarden Euro einzusparen,ind nebulös. Es wird unsolidarisch zugehen. Es wird soein, dass Leistungserbringer, Ärzte, Apotheker und allie anderen, die meine Kollegen und Kolleginnen schonrwähnt haben, diesen Leistungsbeitrag nicht als Ein-parmaßnahme erbringen werden. Ich bin gerne bereit,arüber eine Wette einzugehen.
Aber fest steht, dass Sie die Versicherten als Melk-ühe missbrauchen werden. Gott sei Dank gibt es in Ih-en Fraktionen mittlerweile Sozialpolitiker, die dies er-annt haben. Wir werden eines sehen – ich binewerkschaftsmitglied, und ich bin mir sicher, auch aufer rechten Seite dieses Hauses gibt es vereinzelt Ge-erkschaftsmitglieder –:
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5560 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
Mechthild Rawert
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Es wird zu einer massiven Konfrontation zwischen denGewerkschaften, zwischen arbeitnehmerfreundlichen In-stitutionen und dieser Regierung kommen, weil Sie eineeinseitige, unsolidarische Belastung vornehmen. Wirwerden uns das nicht bieten lassen.
Noch etwas zum Thema „Eigenverantwortung undSolidarität“. Jeder Arzt steht auf der stärkeren Seite. EinPatient ist im Arzt-Patient-Verhältnis auf Wahrheit ange-wiesen. Jeder Arzt kann einem Laien – das bin ich in derRegel – erklären, was er braucht. Warum gibt es denn inMünchen mehr Herzkatheter als in ganz Norditalien?Wahrscheinlich nicht nur, weil die Ärzte in Münchenbesser sind, sondern auch, weil sie verkaufstüchtigersind als diejenigen in Norditalien. Warum wird mittler-weile so viel über IGeL-Leistungen geklagt? Weil dieÄrzte auch außerhalb des medizinisch Notwendigen ihreGeschäfte machen. Patienten und Patientinnen sind aufsachgerechte Informationen angewiesen.
Kommen wir zum Thema Parität. Schwarz-Gelb hatParität neu definiert. Das Wort „Parität“ ist abgeleitetvom Lateinischen „par“: gleich, gleich stark. Was ma-chen Sie? Die Beiträge werden auf 7,3 Prozent festge-setzt. Die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitnehme-rinnen werden allerdings um 0,9 Prozentpunkte erhöht.
Hinzu kommen die explosionsartig steigenden Zusatz-beiträge, „kleine Kopfpauschalen“ genannt. Hierzu sageich Ihnen voraus: Wir werden uns das als Arbeitnehmerund Arbeitnehmerinnen, als Gewerkschafter und Ge-werkschafterinnen in dieser Form nicht gefallen lassen.
Der Wegfall der Deckelung von 1 Prozent und dievon Ihnen beschlossene Erhöhung der Pauschale auf2 Prozent werden noch zu vielfältigen Irritationen undAuseinandersetzungen führen, sodass ich mir weitereAusführungen dazu im Augenblick sparen kann.Ich möchte schließen mit dem, was Frau Merkel 2003in Leipzig gesagt hat:Es ist Teil unseres christlichen Menschenbildes,dass die Gesundheit jedes einzelnen Menschen, obSekretärin oder Chef, gleich viel wert ist. Deshalbsind die Kosten, die für die Gesundheit der Sekretä-rin und des Chefs anfallen, gleich hoch. Andersgeht es nicht, ansonsten sind wir bei einer Zwei-klassenmedizin. Diese Überlegungen ergeben einePrämie …Wir haben die Zusatzprämie.wsbCKjGnz–ivsebIsIkP
Das Wort hat nun Kollegin Karin Maag für die CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebeolleginnen und Kollegen! Schön, dass Sie – ich redeetzt direkt mit der SPD und den Linken – je einzeln –ott sei Dank haben wir morgen dieselbe Diskussionoch einmal –
um Sturm auf die Regierung geblasen haben.Liebe Frau Ferner, liebe Frau Rawert
Frau Ferner ist wieder da –,
ch habe erwartet, dass Sie nicht dieselben Reden her-orziehen, die Sie seit einem Dreivierteljahr halten,
ondern eine Rede halten, in der Sie auf das Ergebnisingehen. Aber in Gottes Namen, wir können damit le-en.
ch sage Ihnen jetzt einfach erst einmal vielen Dank füro viel heiße Luft.
Jetzt komme ich zu dem, was uns vorgeworfen wird.ch sage dazu: Wir machen Deutschland fit für die Zu-unft. Unser Gesundheitspaket ist ein Baustein einesrogramms.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010 5561
Karin Maag
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Dazu gehört vor allem, dass wir Deutschland aus dergrößten Wirtschaftskrise bisher geführt haben. Wir ha-ben ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz geschaffen,
mit 8,5 Milliarden Euro Entlastung für Familien. Wir ha-ben mit Steuersenkungen für eine Entlastung von25 Milliarden Euro gesorgt. Allein die steuerliche Ab-setzbarkeit der GKV-Beiträge bringt deutlich mehr Nettovom Brutto.
Wir haben es in der Krise geschafft, die Lohnzusatz-kosten nicht steigen zu lassen. Nur zur Erinnerung: VonIhnen haben wir aus der letzten Legislaturperiode einenBeitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 Pro-zent übernommen. Wir sind jetzt bei 2,8 Prozent. Selten,Frau Bunge, mussten Arbeitnehmer weniger zahlen. Dasist einfach eine Tatsache.Jetzt schaffen wir die Schuldenbremse. Nur amRande: In NRW,
wo Sie jetzt wieder die Regierung stellen, gehen Sie indie Neuverschuldung. Der Bund spart. Der Bund senkt.Insoweit brauchen wir uns hier von Ihnen nicht belehrenzu lassen.
All das hat auch Wirkung gezeigt. Wir liegen jetzt mit3,1 Prozent bei der Arbeitslosigkeit im Bereich des Wer-tes von vor der Krise. Die Wirtschaft ist wieder ange-sprungen.
Lieber Herr Lauterbach, das Wunder von Berlin findettatsächlich statt.Jetzt komme ich ganz konkret zur Gesundheit. Mankann es nicht oft genug sagen: Die gesundheitliche Ver-sorgung bei uns im Lande ist gut. Sie wird mit dem me-dizinischen Fortschritt natürlich teurer, nie mehr billiger,und das müssen Sie den Menschen erklären! Ich nennedie Transplantationsmedizin; inzwischen Regelversor-gung. Ich nenne die Kardiologie, die kostenintensivePrä- und Neonatalmedizin. Meine Kollegen haben es be-reits gesagt: Wir haben eine Antwort gegeben auf einvon den gesetzlichen Kassen prognostiziertes Defizitvon 9 bis 11 Milliarden Euro, das Sie mit verursacht ha-ben. Wir erreichen in einem ersten Schritt Einsparungenin Höhe von 3,5 Milliarden Euro in 2011 und in Höhevon 4 Milliarden Euro in 2012.Natürlich kann man in allen Bereichen noch mehrsparen. Der Gesundheitsbereich ist aber ein Wachstums-mbsb–ntfbKwdl16ugzcKkwvgvfuBB2dbM–gWÜsot
evor Sie jetzt also mit weiteren Horrorszenarien dieürger verunsichern, lassen Sie mich sagen: Das System011 ist ausfinanziert. Es sind nach den Berechnungenes Bundesversicherungsamtes keine weiteren Zusatz-eiträge notwendig. Der Zusatzbeitrag wird bis 2014 imonat 16 Euro nicht überschreiten.
Ich wette mit Ihnen.Auch darauf bin ich stolz: Wir haben den Sozialaus-leich entgegen Ihren Unkenrufen tatsächlich geschafft.ir schützen die Schwächeren in der Gesellschaft.bersteigt der Zusatzbeitrag 2 Prozent des sozialver-icherungspflichtigen Einkommens, wird automatisch,hne dass ein Antrag gestellt werden muss, der Mehrbe-rag ausgeglichen.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.
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5562 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Juli 2010
(C)
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Ich komme zum Ende. – Wir werden die weiteren
Strukturreformen anpacken. Wir tun das, was Sie, meine
Damen und Herren von der Opposition, in den letzten elf
Jahren nicht geschafft haben: Wir sichern die Zukunft
der GKV.
Vielen Dank.
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destag auf morgen, Donnerstag, den 8. Juli 2010, 9 Uhr,
ein.
Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen, erfolgreichen
Fußballabend.
Die Sitzung ist geschlossen.