Protokoll:
17053

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 53

  • date_rangeDatum: 2. Juli 2010

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:49 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/53 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 53. Sitzung zugleich 872. Sitzung des Bundesrates Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 I n h a l t : Eidesleistung des Bundespräsidenten gemäß Art. 56 Grundgesetz Ansprache des Präsidenten des Deutschen Bundestages Prof. Dr. Norbert Lammert . . Eidesleistung des Bundespräsidenten Christian Wulff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprache des Bundespräsidenten Christian Wulff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5503 A 5506 A 5506 A Ansprache des Präsidenten des Bundesrates Jens Böhrnsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A L5504 C nlage iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 5511 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5503 (A) ) )(B) 53. Sitz zugleich 872. Sitzung Berlin, Freitag, de Beginn: 13.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 53. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5511 (A) (C) )(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Beckmeyer, Uwe SPD 02.07.2010 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 02.07.2010 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 02.07.2010 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 02.07.2010 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Lange, Ulrich CDU/CSU 02.07.2010 Leidig, Sabine DIE LINKE 02.07.2010 Link (Heilbronn), Michael FDP 02.07.2010 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Menzner, Dorothee DIE LINKE 02.07.2010 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dyckmans, Mechthild FDP 02.07.2010 Freitag, Dagmar SPD 02.07.2010 Friedhoff, Paul K. FDP 02.07.2010 Gottschalck, Ulrike SPD 02.07.2010 Groschek, Michael SPD 02.07.2010 Groth, Annette DIE LINKE 02.07.2010 Höger, Inge DIE LINKE 02.07.2010 Holmeier, Karl CDU/CSU 02.07.2010 M N S S W W Z Z (D öller, Kornelia DIE LINKE 02.07.2010 ietan, Dietmar SPD 02.07.2010 chreiner, Ottmar SPD 02.07.2010 endker, Reinhold CDU/CSU 02.07.2010 einberg, Harald DIE LINKE 02.07.2010 olff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 02.07.2010 apf, Uta SPD 02.07.2010 immermann, Sabine DIE LINKE 02.07.2010 53. Sitzung Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705300000

Meine Damen und Herren! Exzellenzen! Verehrte

Gäste! Ich eröffne die gemeinsame Sitzung des Bundes-
tages und des Bundesrates nach Art. 56 des Grundgeset-
zes.

Auch im Namen des Präsidenten des Bundesrates be-
grüße ich alle Gäste aus dem In- und Ausland, die Besu-
cher auf den Tribünen und die Zuschauer an den Fern-
sehgeräten. Ich heiße Sie alle herzlich willkommen.

Besonders herzlich begrüße ich den Herrn Bundes-
präsidenten Christian Wulff und seine Ehefrau Bettina
Wulff und seinen Vorgänger im Amt, Herrn Bundesprä-
sidenten Professor Dr. Horst Köhler, und seine Ehefrau
Eva Luise Köhler.


(Beifall)


Auf der Ehrentribüne hat Bundespräsident Roman
Herzog mit seiner Gattin Platz genommen, über dessen
Anwesenheit wir uns freuen.


(Beifall)


Ich begrüße die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, und

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Redet
den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Herrn
Professor Voßkuhle, der ebenfalls auf der Ehrentribüne
Platz genommen hat.


(Beifall)


Meine Damen und Herren, die Vereidigung des Bun-
despräsidenten ist die erste und zugleich bestmögliche
Gelegenheit, die guten Wünsche für das neue Staats-
oberhaupt mit dem Dank an den Vorgänger zu verbin-
den. Sie, Herr Professor Köhler, haben das höchste Amt
unseres Staates sechs Jahre ausgeübt und wie Ihre Vor-
gänger mit Ihrer Persönlichkeit, Ihrer Lebenserfahrung
und Ihren besonderen Anliegen und Ansprüchen ge-
prägt.

Mit großem Engagement hat sich Bund
Köhler in seiner Amtszeit wichtiger Themen
men, die gelegentlich zu sehr außerhalb der a
Aufmerksamkeit liegen: dem inneren Zusamm

(C (D ung des Bundesrates n 2. Juli 2010 1 Uhr erer Gesellschaft, der Bedeutung der Zivilgesellschaft, or allem dem Thema Gerechtigkeit in einer globalen elt. Für mich entscheidet sich die Menschlichkeit unserer Welt am Schicksal Afrikas. as war einer der zentralen Sätze Ihrer Antrittsrede. Es st Ihr unzweifelhaftes Verdienst, dass unser Bild von frika heute mehr ist als das eines fortwährenden Kri engebietes, exotischen Urlaubsziels oder – aktuell – des ustragungsortes einer Fußballweltmeisterschaft. Leidenschaftlich haben Sie sich dafür eingesetzt, dass ieser Kontinent politisch und auch als Handelspartner rnst genommen wird. Für Sie ging und geht es eben icht um Partnerschaft für, sondern „Partnerschaft mit frika“, wie die von Ihnen begründete Initiative heißt. Als ehemaligem Direktor des Internationalen Wähungsfonds sind Ihnen die Probleme der Entwicklungsänder nur zu gut bekannt gewesen – und auch die ründe für deren Entstehen, die häufig in der Ersten elt zu suchen sind. Diese Doppelstandards haben Sie ft benannt, genauso wie Sie in Afrika wiederum Trans ext parenz und die Überwindung von Korruption und Misswirtschaft eingefordert haben – „offen und unbequem“, wie Sie es angekündigt hatten. Unbequemlichkeit ist freilich nur als Absichtserklärung populär. Sobald die Ankündigung umgesetzt wird, hält sich die Begeisterung der Angesprochenen regelmäßig in engen Grenzen. Horst Köhler sah sehr viel eher als andere kommen, welche Krise sich an den Weltfinanzmärkten zusammenbraute, und er hat mit deutlichen Worten davor gewarnt. Manche Beobachter hat er damit wie mit anderen Äußerungen überrascht, vielleicht sogar irritiert. Es hat einige Zeit gedauert, bis diese Beobachter nicht mehr allein den kühl kalkulierenden Ökonomen im Schloss Bellevue er r haben das früher wahrgenommen als “. Viele seiner Gesprächspartner aus dem espräsident angenomllgemeinen enhalt un kannten. Viele Bürge manche „Profis Präsident Prof. Dr. Norbert Lammert )





(A) )

In- und Ausland haben sein ernsthaftes und ehrliches In-
teresse erfahren, ebenso wie die ungezählten Bürgerin-
nen und Bürger, denen er auf seinen Besuchen in den
Regionen begegnet ist. Sie alle konnten dabei immer
wieder seine Neugier, seine Aufgeschlossenheit und
seine persönliche Zuwendung spüren.

Den Menschen unverstellt zugewandt, immer offen
für Anregungen – er hat die Menschen, ihre Sorgen und
Nöte ernst genommen, und sie danken es ihm mit anhal-
tender Zuneigung. Solch ungekünstelte Empathie und
Zuwendung strengen an, und gelegentlich konnte man
Horst Köhler ansehen, wie viel Kraft ihn das Amt kos-
tete, das eben nicht bequem ist – auch nicht für den
Amtsinhaber, und schon gar nicht für seine Ehefrau, die
an der Wahrnehmung der Aufgaben des Bundespräsi-
denten einen in der Regel unauffälligen, aber wichtigen
Anteil hat. Ihnen, verehrte Frau Köhler, möchte ich im
Namen des Bundestages ganz herzlich für Ihr soziales
Engagement und Ihren persönlichen Beitrag zum Wohle
und Ansehen unseres Landes danken.


(Beifall)


Bundespräsident Horst Köhler hat es sich nicht leicht
gemacht und der sogenannten politischen Klasse manch-
mal auch nicht. Das hat viel mit der ihm eigenen Beharr-
lichkeit zu tun. Oft waren es Details, aus denen das
große Bild entstand, und es waren bisweilen einfache
Gesten, die Wirkung hatten: seine Rede in der Knesset,
die er auf Hebräisch begann, eine Berliner Hauptschule
als Ort seiner ersten „Berliner Rede“ zum Thema Bil-
dung, seine besondere Hinwendung zum Behinderten-
sport, seine Worte bei der Trauerfeier für die Opfer des
Amoklaufs in Winnenden.

„Zu ermutigen und zu warnen, das ist die entschei-
dende Aufgabe des Bundespräsidenten“, hat der erste
Amtsinhaber, Theodor Heuss, einmal gesagt. Und genau
so hat auch Horst Köhler offenkundig sein Amt verstan-
den. Er hat es ganz sicher nicht leichten Herzens aufge-
geben, sondern weil er unter den gegebenen Umständen
keine Möglichkeit mehr sah, es so auszuüben, wie es sei-
nen eigenen Ansprüchen entsprach.

Immer wieder ist geschrieben worden von dem
Glück, das unser Land mit seinen Bundespräsidenten ge-
habt habe. Tatsächlich hatten wir hervorragende Bundes-
präsidenten: Persönlichkeiten, die auf ihre ganz persönli-
che Weise das Amt ausgefüllt und geprägt haben.

Horst Köhler hat sich um unser Land verdient ge-
macht. Wir danken ihm und seiner Frau für ihr Engage-
ment und für alles, was sie beide getan haben für unser
Land und alle Menschen, die hier leben.

Herr Bundespräsident Professor Köhler, im Namen
der hier versammelten Vertreter des deutschen Volkes
danke ich Ihnen für die Arbeit, die Sie für unser Land
geleistet haben.


(Anhaltender Beifall – Die Anwesenden erheben sich)


Das Wort hat nun der Präsident des Bundesrates, Jens
Böhrnsen, der in den letzten Wochen die Befugnisse des
Bundespräsidenten ebenso diskret wie überzeugend

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(C (D ahrgenommen hat: ruhig, sachlich und unaufgeregt, ie die Bremer so sind. Auch dafür möchte ich Ihnen eute, in dieser gemeinsamen Sitzung von Bundestag nd Bundesrat, unseren Dank und unseren Respekt zum usdruck bringen. Jens Böhrnsen, Präsident des Bundesrates: Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrter err Präsident des Bundestages! Meine Damen und erren! Im Namen des Bundesrates und auch ganz per önlich möchte ich Ihnen, sehr geehrter Herr Bundespräident Wulff, zu Ihrer Wahl durch die Bundesversammung ganz herzlich gratulieren und Ihnen alles Gute in hrem neuen Amt wünschen. Zugleich habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Ihnen, err Bundespräsident Köhler, und Ihnen, verehrte Frau öhler, den tief empfundenen Dank des Bundesrates uszusprechen. Sie, lieber Herr Köhler, haben dem Amt es Bundespräsidenten Ihren ganz eigenen, unverwechelbaren Stempel aufgedrückt. Sie wollten offen sein und otfalls unbequem, und Sie waren es. Sie haben wichtige Fragen gestellt und manches inrage gestellt, das fragwürdig war. Die Bürgerinnen und ürger waren Ihnen dankbar dafür. Sie waren zugleich atgeber, Mahner und Anreger für die Bundesregierung, ür die Politik, für unser Gemeinwesen insgesamt. Inhaltlich war das beherrschende Thema der letzten ahre zweifellos die Finanzund Wirtschaftskrise, deren olgen nach wie vor unser Handeln bestimmen. Hier haen Sie als Kenner der Materie deutliche Worte zum Priat der Politik gegenüber den Finanzmärkten gefunden. ch habe manche Überraschung in den Gesichtern von ankern erlebt, als Sie unmissverständlich und nachrücklich Verantwortung und Haltung eines Bankiers anemahnt haben. Die Dinge sind jetzt in Bewegung geraten. Es hat eutschland gut angestanden, in dieser Zeit einen Bunespräsidenten mit sicherem finanzpolitischen Urteil zu aben. Sie haben uns an die Grenzen des Wünschenswerten nd an die Grenzen des Machbaren erinnert, aber auch mmer Mut gemacht, dass die bestehenden Probleme geöst werden können, wenn wir, alle Bürgerinnen und ürger, uns gemeinsam anstrengen. Und Sie waren ein mitfühlender Tröster in schweren tunden, wie nach dem Amoklauf von Winnenden. Ich möchte Ihnen danken für das, was Sie in den verangenen sechs Jahren für Deutschland geleistet haben – n unserem Land und in der ganzen Welt. Besonders Ihr eidenschaftliches Engagement für Afrika, für ein bessees Miteinander in der Einen Welt und für Achtsamkeit egenüber unseren Mitmenschen und der Schöpfung ird unvergessen bleiben. Wir werden uns auch besonders an Ihre herzliche ähe zu den Menschen erinnern. Ich habe die vielen Be uche in meiner Heimatstadt Bremen vor Augen, etwa Präsident des Bundesrates Jens Böhrnsen )


(Beifall)





(A) )

zum Deutschen Evangelischen Kirchentag im vergange-
nen Jahr. Ich werde nicht vergessen, wie Sie auf die
vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer, auf die Besu-
cherinnen und Besucher zugegangen sind. Offene Sym-
pathie ist Ihnen und Ihrer Frau entgegengebracht wor-
den, Sympathie, die anhalten wird.

Im Hinblick auf die innerstaatliche Gesetzgebung ha-
ben Sie Ihr Prüfungsrecht ernst genommen. Ihr Pflicht-
gefühl hat Ihnen aufgegeben, in solchen Momenten kein
bequemer Bundespräsident zu sein. Aber das durfte auch
niemand erwarten, als Sie als unabhängiger Kopf in das
höchste Amt in unserem Staate gewählt wurden.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Köhler, Sie ha-
ben sich durch Ihre Amtsführung ein hohes Maß an
Wertschätzung im In- und Ausland erworben. Im Namen
des Bundesrates danke ich Ihnen herzlich für das, was
Sie für unser Land geleistet haben. Vielen Dank!


(Beifall)


Verehrte Frau Köhler, auch wenn im Grundgesetz die
Partnerin des Staatsoberhauptes keine Erwähnung findet,
so ist mit dieser Rolle dennoch eine besondere Verant-
wortung verbunden. Sie haben Ihre Aufgabe – auch
durch vielfältiges soziales Engagement – beispielgebend
erfüllt. Mit Ihrem ganz eigenen Stil haben auch Sie es
vermocht, die Herzen und die Sympathie der Menschen
in unserem Lande zu gewinnen. Lassen Sie es mich so
sagen: Sie bilden zusammen mit Ihrem Mann ein groß-
artiges Team.


(Beifall)


Verehrte Frau Köhler, ich hoffe sehr, dass Ihre Zeit es Ih-
nen erlauben wird, auch künftig an der einen oder ande-
ren Stelle Ihr Engagement fortzusetzen. Ich glaube, viele
Menschen, die darauf angewiesen sind, zählen auf Sie.
Herzlichen Dank, liebe Frau Köhler!


(Beifall)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, durch den
Rücktritt des Bundespräsidenten ist eine für uns alle
neue Situation eingetreten. Für viele mag es ebenso
überraschend gewesen sein, wie gut unser Grundgesetz
auch für eine solche Lage die entsprechenden Vorkeh-
rungen getroffen hat. Art. 57 des Grundgesetzes weist
die Wahrnehmung der Befugnisse des Bundespräsiden-
ten dem Präsidenten des Bundesrates zu. Das Grundge-
setz verzichtet mit Art. 57 ausdrücklich auf einen Vertre-
ter im Amt. Einen stellvertretenden Bundespräsidenten
gab es und gibt es nicht. Das Grundgesetz hat Vorsorge
getroffen, dass getan wird, was getan werden muss, nicht
mehr und nicht weniger. Kein ausländischer Botschafter
bleibt ohne Akkreditierung, kein Staatsgast ohne Begrü-
ßung, kein Gesetz ohne Unterschrift.

Die Regelung des Art. 57 unterstreicht auch die Be-
deutung des Bundesstaatsprinzips. Der Bundespräsident
repräsentiert eben nicht allein den Bund als Zentralstaat,
sondern auch die Länder als Gliedstaaten. Diese Rege-
lung bekräftigt die föderale Ausrichtung des Präsiden-
tenamtes, die ja bereits durch die Zusammensetzung der

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(C (D undesversammlung und die Vereidigung des Bundesräsidenten vor beiden gesetzgebenden Körperschaften es Bundes zum Ausdruck kommt. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt den lick nach vorn richten. Sehr geehrter Herr Bundesprä ident Wulff, es ist eine zusätzliche Bestätigung des föeralen Prinzips unseres Landes, wenn mit Ihnen ein ollege aus dem Bundesrat als Bundespräsident vereiigt wird. Ich habe Sie kennengelernt als überzeugten öderalisten im Bundesrat, dessen Arbeit durch Ihre eiträge auf verschiedenen Feldern der Bundespolitik ereichert worden ist. Sie haben sich in der Föderalisuskommission von Bundestag und Bundesrat enga iert. Ihre Stimme hatte Gewicht in der Konferenz der inisterpräsidenten. Sie haben als niedersächsischer inisterpräsident immer gutnachbarschaftliche Bezie ungen gepflegt. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Belange der änder und das kostbare Gut des Föderalismus in den änden des neuen Bundespräsidenten Christian Wulff ut aufgehoben. Es wird Sie nicht verwundern, dass mich besonders efreut hat, dass Sie in der Bundesversammlung angeündigt haben, am 3. Oktober bei den zentralen Feierichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Bremen hre programmatischen Überlegungen zu Ihrem neuen mt darlegen zu wollen. Ich bin sicher, es werden beweende Momente, wenn wir in diesem Jahr auf 20 Jahre eutsche Einheit zurückblicken können. Ich bin sehr gepannt auf Ihre Rede. Herr Bundespräsident Wulff, Sie werden nun eutschland nach innen und nach außen zum Wohle un eres Landes vertreten. Ich wünsche Ihnen und Ihrer rau, die Sie bei Ihren Aufgaben unterstützen und beleiten wird, im Namen des Bundesrates von Herzen lück, Erfolg und Gottes Segen. Meine Damen und Herren, am 30. Juni dieses Jahres at die Bundesversammlung Herrn Christian Wulff zum undespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland geählt. Herr Wulff hat vor der Bundesversammlung die ahl angenommen und damit das Amt des Bundespräsi enten angetreten. Nach Art. 56 des Grundgesetzes leistet der Bundesräsident bei seinem Amtsantritt vor den versammelten itgliedern des Bundestages und des Bundesrates den in er Verfassung vorgeschriebenen Eid. Ich bitte Sie, Herr undespräsident, zu mir zu kommen, um den Eid zu eisten. Dazu bitte ich auch den Herrn Präsidenten des undesrates. Herr Bundespräsident, ich halte in meinen Händen die rschrift unseres Grundgesetzes und darf Sie nun bitten, en in Art. 56 vorgesehenen Eid zu leisten. )


(Beifall)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705300100

(Die Anwesenden erheben sich)





(A) )


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1705300200

Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des
deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren,
Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die
Gesetzes des Bundes wahren und verteidigen,
meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerech-
tigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir
Gott helfe.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705300300

Herr Bundespräsident, ich übermittle Ihnen alle guten

Wünsche des Bundestages und des Bundesrates für Ihr
wichtiges, bedeutendes, verantwortungsvolles Amt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1705300400

Danke schön.


(Anhaltender Beifall)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1705300500

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident! Sehr

geehrter Herr Bundesratspräsident! Sehr geehrte Frau
Bundeskanzlerin! Sehr geehrter Herr Präsident des Bun-
desverfassungsgerichts! Sehr geehrte Herren Bundesprä-
sidenten Köhler und Herzog! Sehr verehrte Frau Köhler!
Sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestages und
des Bundesrates! Es wird mir wahrscheinlich niemand
verübeln, wenn ich sage: Das ist ein bedeutender und
auch ein bewegender Moment. Er erfüllt mich mit
Freude und Ernst, mit Zuversicht und Demut zugleich.
Denn ich weiß um die große Verantwortung, die das Amt
des Bundespräsidenten mit sich bringt. Ich bin dankbar
dafür, nun in diesem Amt dienen zu dürfen: Deutschland
und den Deutschen und allen Menschen, die hier bei uns
leben.

Einmal mehr gab es für das Amt des Bundespräsiden-
ten eine echte Wahl. Deshalb danke ich hier ausdrücklich
Frau Jochimsen und Herrn Gauck für den fairen Wett-
streit über die letzten 30 Tage. Denn jeder faire Wett-
streit tut unserer Demokratie gut. Daran haben Sie ganz
großen Anteil und haben damit auch unserem Land in
entscheidendem Maße gedient. Dafür herzlichen Dank
Ihnen beiden!


(Beifall)


Lieber Herr Gauck, Ihre Stimme hat in den letzten
Wochen viele Menschen mehr als schon zuvor erreicht.
Wir alle dürfen Sie bitten, auch künftig über Ihre Erfah-
rungen mit der SED-Diktatur zu berichten. Bitte erzäh-
len Sie auch weiterhin von Ihrer Liebe zur Freiheit.
Denn das hilft, zu verstehen. Das tut besonders denen
gut, die das SED-Unrecht erlitten und die Selbstbefrei-
ung der Menschen in der DDR erstritten haben, und es
ist unersetzlich für die Jüngeren, die Ihnen zuhören und
dadurch besonders gut verstehen können.


(Beifall)


Sehr geehrter Herr Bundespräsident, lieber Herr
Köhler, auch ich danke Ihnen von Herzen für alles, was
Sie in Ihrer Amtszeit für unser Land geleistet haben. Ge-
rade der Kummer über Ihren Rücktritt hat besonders be-

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(C (D egend gezeigt, wie nah Sie unseren Mitbürgerinnen nd Mitbürgern waren. Sie haben den Menschen zugeört. Sie haben ihre Sorgen und Nöte ernst genommen. ie haben ermutigt und die vielen guten Ideen, die es in nserem Land gibt, häufig sichtbar gemacht und tatkräfig unterstützt. Wo Sie mit den Ergebnissen von politichen, gesetzgeberischen und auch medialen Prozessen icht zufrieden waren, da haben Sie es ganz deutlich usgesprochen. Sie haben mit Ihrer Frau Deutschland in der Welt ürdig und erfolgreich repräsentiert. Besonders Ihr ngagement für Afrika – es ist zu Recht darauf hingeiesen worden – hat viel bewirkt. Sie haben uns bewusst emacht, wie sehr das Schicksal unseres Nachbarkontients mit dem unseren verbunden ist. Ganz viele Menchen in unserem Land verstehen nun viel besser, wie ichtig es ist, auch an andere, ja an alle auf dieser Einen elt zu denken, weil wir nur gemeinsam Zukunft haben erden. Wir beginnen zu verstehen, wie viel sich von er Würde und der Zuversicht lernen lässt, die sich die enschen in Afrika unter ganz anderen Bedingungen, ls wir sie hier haben, in bitterster Not, bewahrt haben. hr Engagement für Afrika bleibt allen unvergessen und erpflichtet uns zugleich. Sehr verehrte Frau Köhler, auch Ihnen ist eben sehr erzlich für Ihr großes Engagement gedankt worden, eil Sie vielen Menschen, die Zuwendung und Hilfe rauchen, Gehör verschafft haben, frei nach Bertolt recht: Die einen stehen im Licht, und die im Schatten ieht man nicht. – Sie haben Zuwendung und Hilfe gegeen und vielen Menschen Gehör verschafft. Besonders ls Schirmherrin von ACHSE, der Allianz Chronischer eltener Erkrankungen, haben Sie wichtige und bleiende Akzente gesetzt. Das werden wir auch weiterhin ach unseren Möglichkeiten unterstützen. Auch ich möchte erwähnen, dass Sie, liebe Frau öhler, lieber Herr Köhler, Ihr inniges persönliches Mit inander in Ihrer ganzen Familie, mit Ihren Kindern und hren Familienmitgliedern, so gezeigt und gepflegt haben, ass es andere nicht nur tief beeindruckt hat, sondern auch anz viele Familien mit ihren Kindern ermutigt hat, in chwierigen Situationen dauerhaft zusammenzustehen. eshalb wünsche ich Ihnen und Ihrer ganzen Familie al es erdenklich Gute und Gottes reichen Segen. Auch einerseits herzlichen Dank für den Dienst für unser and von Ihnen beiden! Meine Damen und Herren, heute vor 15 Jahren war as Reichstagsgebäude verhüllt von einem großen silbrien Tuch. Hunderttausende kamen damals und staunten, ie fremd und zugleich wie schön dieser Schicksalsort eutscher Demokratie auf einmal wirkte, dank künstlericher Kraft und auch dank technischem Können. Das unstwerk hat damals ein Gemeinschaftsgefühl geweckt wischen Menschen aller Altersstufen, Nationalitäten, erkünfte und Berufe. Es hat sein Teil beigetragen zu em neuen, fröhlichen Gesicht unseres Landes in der elt. Die Entscheidung zur Verhüllung des Reichstags Bundespräsident Christian Wulff )


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(A) )

wiederum hatte uns alle gelehrt, wie spannend politische
Debatten sein können, wenn ernsthaft und leidenschaft-
lich diskutiert wird. Das hat damals bereits gezeigt: Wir
Deutsche leben in einer gefestigten, in einer selbstbe-
wusst gelassenen Demokratie. Nebenbei zeigte das Pro-
jekt von Christo und Jeanne-Claude: Ein großer Erfolg
braucht oft einen langen Atem. Die beiden blieben fast
ein Vierteljahrhundert lang überzeugt und begeistert von
ihrer Idee, und am Ende waren fast alle überzeugt. Aber
es dauerte halt 25 Jahre.

Heute sind das Reichstagsgebäude und der Deutsche
Bundestag die Mitte unserer parlamentarischen Demo-
kratie und ein absolutes Muss für jeden Berlin-Besucher.
Die Silhouette ist weltweit ein Symbol unserer geglück-
ten Einheit in Freiheit. In diesem Bau, in dem wir hier
versammelt sind und am 30. Juni versammelt waren,
herrscht der Geist parlamentarischer Demokratie, wie es
die Mütter und die Väter des Grundgesetzes erhofft und
vorgedacht haben – friedfertig und wehrhaft, vielstim-
mig und solidarisch, auf Mehrheiten gebaut und die
Minderheit achtend. Auch dieser Geist der Demokratie
lebt von Gemeinschaftsgefühl und Begeisterung, von
Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen, von küh-
nen Ideen und gekonnter Verwirklichung.

Auch die Rede von Herrn Bundesratspräsident
Böhrnsen hat mich eben wieder ermutigt, welches Signal
man geben kann, wenn man gepflegt miteinander um-
geht. Ich bin Ihnen dankbar für die Freundschaft zwi-
schen unseren Bundesländern, die wir pflegen durften.

Unser Land ist reich an alledem. Seine größte Stärke
sind die Menschen, die hier leben. Ihre Vielfalt, ihre Ta-
lente machen Deutschland lebens- und liebenswert. Mir
ist es dabei wichtig, Verbindungen zu schaffen: zwi-
schen Jung und Alt, zwischen Menschen aus Ost und
West, Einheimischen und Zugewanderten, Arbeitgebern,
Arbeitnehmern und Arbeitslosen, Menschen mit und
Menschen ohne Behinderung. Das ist naturgemäß nicht
einfach. Es gibt unterschiedliche Interessen, es gibt Vor-
urteile gegeneinander, Bequemlichkeiten und An-
spruchsdenken. Ich möchte helfen, über all das hinweg
Brücken zu bauen, weil wir unvoreingenommen aufei-
nander zugehen müssen, einander aufmerksam zuhören
sollten und miteinander sprechen müssen.

Es gibt so unendlich viele Erfolgsgeschichten in unse-
rem Land. Sie werden mir nachsehen, dass ich mich in
diesem Jahr, 2010, besonders an meine Begegnung mit
dem Vater von Frau Özkan, der ersten Landesministerin
muslimischen Glaubens in Deutschland, erinnere, einem
Mann, der fast 50 Jahre hart gearbeitet hat – er arbeitet
immer noch –, der auf die Bildung und den Fleiß seiner
Kinder Wert gelegt hat und der nun erlebt hat, wie er-
folgreich und geachtet seine Tochter in unserer Gesell-
schaft ist. Seine Augen strahlten vor Glück. Das gibt
manchmal mehr an Empathie als vieles, was wir hier in
Form von Gesetzesberatungen erlebt haben und weiter
erleben werden.

Die Frage, ob man dazu verhilft, dass viel mehr Men-
schen in unserem Land, viel mehr Eltern in unserem
Land dieses Glück empfinden können, hier auf- und an-
genommen zu sein und gleichberechtigt zu sein, das ist

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(C (D ir ein wichtiges Anliegen. Dabei weiß ich: Es gibt ängst nicht genug solcher Erfolgsgeschichten. Wann ird es bei uns endlich selbstverständlich sein, dass un bhängig von Herkunft und Wohlstand alle gleich gute ildungschancen bekommen? ann wird es selbstverständlich sein, dass unabhängig on Herkunft und Wohlstand nicht nur gleiche Bilungschancen gewährt werden, sondern dass auch alle inder, die hier groß werden, die deutsche Sprache beerrschen, auch die deutsche Sprache neben ihrer Mutersprache gut beherrschen? Wann wird es selbstvertändlich sein, dass jemand mit den gleichen Noten die leichen Aussichten bei einer Bewerbung hat, egal ob er ilmaz oder Krause oder anders heißt? Die Untersuhungen dazu lassen mich jedenfalls nicht ruhen, weil ier großer Handlungsbedarf besteht und weil, vielleicht uch aus Unwissenheit, manche Form fehlender Chanengerechtigkeit bisher hingenommen wird. Meine Antwort auf solche Fragen lautet: Wenn wir eniger danach fragen, woher einer kommt, als danach, ohin er will, wenn wir nicht mehr danach fragen, was ns trennt, sondern was uns verbindet – auch die monoheistischen Weltreligionen –, dann wird das Zusammeneben in unserem Land menschlicher und zugleich erolgreicher sein. Wenn wir nicht mehr danach suchen, as wir einander voraushaben, sondern was wir von inander lernen können, dann wird Neues, Gutes entsteen, zum Beispiel aus urdeutscher Disziplin und türkichem Dribbling, aus preußischem Pflichtgefühl und ngelsächsischer Nonchalance, aus schwäbischer ründlichkeit und italienischer Lebensart, demnächst ielleicht aus rheinländischer Lebenskunst und chinesicher Bildungsbegeisterung. Jetzt weiß man, wo die Rheinländer sitzen. Deutschland wird auch dann gewinnen, wenn wir weiger danach fragen, wie alt jemand geworden ist, sonern erkennen, wie jung viele geblieben sind. Ich jedenalls bin immer wieder beeindruckt von dem Elan, mit em Seniorinnen und Senioren bei uns Verantwortung bernehmen und Gutes bewirken, zum Beispiel als Beraer für Unternehmensgründer, als Vorlesepaten in Schuen und Kindergärten oder als verlässliche Mitglieder in irchengemeinden und ungezählten Vereinen und Veränden in Deutschland. Diese Älteren wissen bereits, as die Jüngeren noch lernen werden: Es lohnt sich, ak iv zu sein; es macht reich, nicht an Finanzen, sondern an reunden, nicht an Zahlungsmitteln, sondern an Zufrieenheit. Es gibt unserem Leben Sinn, und auf Sinn sind ir alle angelegt. Darum ist es so wichtig, dass unser Land viele Geleenheiten dafür bietet, Verantwortung zu übernehmen nd für andere da zu sein. In Deutschland ist die Freiheit erbürgt, Vereine und Bürgerinitiativen zu gründen. ber diese Freiheit ist nichts ohne das Bedürfnis so un Bundespräsident Christian Wulff )


(Beifall)


(Beifall)


(Vereinzelt Beifall)


(Heiterkeit)





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endlich vieler Bürgerinnen und Bürger, sie tatsächlich zu
nutzen und alltäglich zu leben.

Das gilt nach meiner festen Überzeugung auch für
politische Parteien und ihre Jugendorganisationen. Sie
sind allesamt – hier im Hause und draußen – viel besser
als ihr Ruf. Sie bieten politisch Interessierten eine Hei-
mat und ringen um die besten Lösungen für unser Land.
Dennoch – das beschäftigt uns – greift das Gefühl um
sich, die Parteien seien verschlossen und neigten dazu,
die Herausforderungen nicht wirklich beim Namen zu
nennen, die Dimensionen zu verschweigen und die poli-
tischen Angelegenheiten ziemlich unter sich auszuma-
chen. Erinnern wir uns:

Die politischen Parteien wirken an der politischen
Willensbildung des Volkes mit.

So will es unsere Verfassung. Wenn nun aber immer
mehr politische Entscheidungen von immer weniger in
den Parteien aktiven Menschen vorbereitet und getroffen
werden, dann sollten wir weniger diese Aktiven kritisie-
ren – sie sind eher noch mehr zu ermutigen und zu belo-
bigen – als vielmehr die anderen wieder stärker für die
Aufgabe der politischen Selbstbestimmung begeistern
und sie daran beteiligen.


(Beifall)


Das kann auf vielen Wegen und auf allen Ebenen unse-
res Gemeinwesens geschehen: vom kommunalpoliti-
schen Bürgerentscheid über das Bürgerforum im Internet
bis hin zum stärkeren Einfluss der Wählerinnen und
Wähler auf die Listen bei Wahlen.

Die politische Willensbildung unseres Volkes braucht
möglichst viele unterschiedliche Bahnen, auf denen sich
neue Ideen, Argumente und Mehrheiten von der Gras-
wurzelebene bis in die Parlamente und Kabinettssäle
verbreiten. Auch die Bürgerinnen und Bürger, die nicht
in Parteien engagiert sind, müssen leicht die Erfahrung
machen können, wie spannend die Mitarbeit an politi-
schen Aufgaben sein kann, wie schwierig diese Aufga-
ben oft sind und wie befriedigend es gerade deshalb ist,
im friedlichen Wettstreit gute und faire Lösungen zu er-
arbeiten.

Genau das geschieht tagein, tagaus. Nehmen wir nur
das Sie so beschäftigende Thema der Finanz- und Wirt-
schaftskrise, die uns seit mehr als zwei Jahren in Atem
hält. Seither lastet auf der vorhergehenden und auf der
jetzigen Bundesregierung eine besonders hohe Verant-
wortung. Durch rasche und besonnene Entscheidungen
ist es gelungen, die Folgen der Krise besser abzufedern
als in nahezu jedem anderen Industrieland dieser Erde.
Überall ist das Wirtschaftswachstum massiv eingebro-
chen, auch bei uns. Überall hat die Arbeitslosigkeit mas-
siv zugenommen, aber nicht bei uns. Darauf kann auch die
Politik – sie ist nicht allein verantwortlich, aber auch –,
können die frühere und die jetzige Bundesregierung
stolz sein.


(Beifall)


Es haben viele dazu beigetragen: die Tarifparteien,
vorausschauende Unternehmen und verantwortungsvolle
Gewerkschaften. Ich habe kein Problem damit, zu sagen,

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(C (D ass ich bei Volkswagen und bei der IG Metall einiges ositive gelernt und manches auch überprüft habe; auch ls Bundespräsident darf man noch manches weiterhin berprüfen. Ich bin dankbar für die engagierten Mitrbeiterinnen und Mitarbeiter, Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmer, die extrem viel Verantwortungsbewusst ein, Verantwortungsgefühl und Mut gezeigt haben, iese Krise mit uns gemeinsam, im Miteinander statt im egeneinander, zu bewältigen; denn das ist Grundlage nserer sozialen Marktwirtschaft, auf die wir dann stolz ein können, wenn es nicht nur um Rendite geht, sondern enn es auch um Verantwortung geht, um Ethik und oral, Verantwortung für die eigenen Mitarbeiterinnen nd Mitarbeiter, ihre Familien, die Produkte, die man erstellt, die Produktionsverfahren, mit denen man sie erstellt, und für die Stadt, in der man tätig ist, die Reion, in der man produziert, und das Land, in dem man ein Unternehmen betreiben darf, nämlich hier bei uns. iese umfassende Verantwortlichkeit ist das, was wir it sozialer Marktwirtschaft verbinden. Das unterschei et uns von der Ellenbogengesellschaft, vom Raubritterapitalismus und anderen Formen, die wir alle nicht ollen. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass sich Krisen dieser rt und dieses Ausmaßes nicht wiederholen. Darum ist s wichtig, die Verursacher der Bankenkrise in Haftung u nehmen und den Finanzmärkten endlich gute Regeln u geben. as kann und das wird nur in europäischer und in interationaler Zusammenarbeit gelingen. Das macht die ufgabe außerordentlich komplex. Deswegen bin ich eneigt, zu sagen: Darum ist niemand – auch Sie nicht – u beneiden. Aber wer sollte es tun, wenn es nicht der eutsche Bundestag mit der deutschen Bundesregierung nd der Hilfe des Bundesrates tut? Das vereinte Deutschland ist mit seinen Nachbarn in uropa und den anderen Erdteilen so eng vernetzt wie iemals zuvor in unserer Geschichte. Unsere Wirtschaft giert global, unsere Bürger haben weltweite gesellchaftliche und kulturelle Kontakte, viele Menschen aus nderen Ländern kommen vorübergehend oder auf auer zu uns. Ich sage für mich ausdrücklich: Diese lobalisierung bietet für Deutschland großartige Chan en. 82 Millionen Menschen mitten in Europa und angeehen in der Welt – das ist eine gute Grundlage dafür, ass unsere Wirtschaft profitiert vom europäischen Binenmarkt, vom Euro, von weltweiten Absatzmärkten nd vom Handel. Unsere Bürger reisen in alle Welt, und ir haben gerne die Welt zu Gast. Gleichzeitig stehen wir vor gigantischen globalen roblemen, die Deutschland nicht alleine wird lösen önnen, wie dem Klimawandel, der Wirtschaftsund inanzkrise, der Migration, der Bedrohungen unserer icherheit durch Terrorismus und organisierte Krimina ität und andere Fragen, und wir müssen auf ständige nderungen im internationalen Umfeld eingestellt sein. Bundespräsident Christian Wulff )


(Beifall)


(Beifall)





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Die Bevölkerungszahl steigt in weiten Teilen der Welt
an, in Europa und gerade in Deutschland ist sie rückläu-
fig. Es wäre auch darüber intensiver zu reden, was wir
daran ändern können. Schwellenländer wie Brasilien,
China und Indien wachsen dynamisch. Viele Länder ent-
wickeln ihr demokratisches System, ihren Rechtsstaat
und heben den Lebensstandard ihrer Bevölkerungen,
aber es gibt eben auch in weiten Teilen der Welt Armut,
Unterentwicklung, fragile Staaten, Ressourcenknapp-
heit, Naturkatastrophen und Krisen.

Für die Gestaltung des Globalisierungsprozesses
brauchen wir einen festen Ankerpunkt, und das kann aus
meiner Sicht nur die Europäische Union sein. Sie ist ein
einzigartiges Friedens-, Werte- und Wohlstandsprojekt,
mit dem die Völker unseres Kontinents eindrucksvoll die
Konsequenzen aus Jahrhunderten von Kriegen und Zer-
störung gezogen haben. Wir dürfen hier im Reichstag in
unserer Hauptstadt niemals vergessen, welche Lehren
Europa machen musste und welche Konsequenzen es

land. Unsere Vielfalt ist zwar manchmal auch anstren-
gend, aber sie ist letztlich Quelle der Kraft und der Ideen
und eine Möglichkeit, die Welt mit anderen Augen zu
sehen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln kennen-
zulernen.

Wir sollten neugierig sein und ins Gespräch kommen.
Besonders dazu will ich in den kommenden Jahren bei-
tragen. Wenn viele sich dafür begeistern, dann werden
wir unser Land und was in ihm steckt ganz neu entde-
cken. Ich bin überzeugt: Dann wird es uns auch in Zu-
kunft gelingen, häufig zu erleben, so fröhlich und so
staunend auf das zu blicken, was Ihnen, was uns gemein-
sam gelungen ist – ganz wie damals vor dem hier vor
15 Jahren verhüllten Reichstag.

Vielen Dank.


(Anhaltender Beifall)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705300600


aus diesen Lehren gezogen hat. Es ist ein großes Frie-
dens-, Werte- und Wohlstandsprojekt. Dieses europäi-
sche Projekt sollte Deutschland weiterhin als fairen Part-
ner und Unterstützer erleben.


(Beifall)


Auch wenn in der augenblicklichen Finanz- und
Schuldenkrise großer Anpassungsbedarf sichtbar wird,
so steht außer Zweifel, dass wir mit dem Lissabon-Ver-
trag eine politische und wirtschaftliche Integration
erreicht haben, die jedenfalls uns Europäern erlaubt,
kraftvoll und gemeinsam zu handeln, um den Herausfor-
derungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen.

Wir Deutsche sind offen für die Kooperation mit allen
anderen Teilen der Welt auf der Grundlage gegenseitigen
Verständnisses und Vertrauens. Dazu müssen wir andere
Kulturen besser kennen- und verstehen lernen. Wir müs-
sen auch hier auf andere zugehen und den Austausch
verstärken.

Wir müssen unser Land weiter internationalisieren.
Das können wir schon hier bei uns einüben – in unserer
Bundesrepublik, in unserer bunten Republik Deutsch-

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Ich danke Ihnen, Herr Bundespräsident! Für Ihre
mtszeit wünsche ich Ihnen im Namen des ganzen Hau-

es die Autorität dieses Amtes, eine glückliche Hand,
as Vertrauen der Menschen und vor allem Gottes Se-
en. – Wir singen nun gemeinsam die Nationalhymne.


(Nationalhymne)


Bevor ich die gemeinsame Sitzung des Bundestages
nd des Bundesrates schließe, berufe ich die nächste
itzung des Bundestages auf Mittwoch, den 7. Juli, um
3 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen allen ein schönes, sonniges und er-
reuliches Wochenende.

Wenn morgen ein bestimmtes Fußballspiel auf einem
ontinent, von dem heute mehrfach die Rede war, so

usgeht, wie die meisten von uns das erhoffen, dann hät-
en wir eine rundum denkwürdige und erfolgreiche Wo-
he hinter uns.

Die Sitzung ist geschlossen.


(Beifall)