Protokoll:
17046

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 46

  • date_rangeDatum: 10. Juni 2010

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:30 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/46 pakt für starke Bildungsinfrastruktu- Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivatgeschäfte (Drucksache 17/1952) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht, Sahra Wagenknecht, Dr. Herbert Schui, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Banken regulieren – Spe- kulationsblasen verhindern (Drucksache 17/1151) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . ren schaffen (Drucksache 17/1957) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Petra Hinz (Essen), Krista Sager, Kai Gehring, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gemeinsam für gute Schulen und Hochschulen sorgen – Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung abschaffen (Drucksache 17/1984) . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans- Peter Bartels, Klaus Barthel, weiterer 4588 B 4588 B 4588 C 4590 A 4591 D 4604 A 4604 A Deutscher B Stenografisch 46. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Ewa Klamt und Heinz Lanfermann sowie der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Joachim Spatz als stellvertretendes Mitglied im Gemeinsamen Ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb als Mitglied im Vermittlungsausschuss . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 11 . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . D D D D B L T a 4585 A 4585 B 4585 B 4585 B 4587 B 4587 B Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4592 C undestag er Bericht ung en 10. Juni 2010 t : r. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . r. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . jörn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Nationalen Bildungs- 4593 D 4596 B 4597 D 4599 B 4601 B 4602 B Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Studienpakt für Qualität und gute Lehre jetzt durchsetzen II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein, Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE: Forderungen aus dem Bildungsstreik aufnehmen und die soziale Spaltung im Bildungssystem bekämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Konsequenzen aus dem Bil- dungsstreik ziehen – Bildungsauf- bruch unverzüglich einleiten (Drucksachen 17/109, 17/119, 17/131, 17/1977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Frühkindli- che Bildung und Betreuung verbessern – Für Chancengleichheit und Inklusion von Anfang an (Drucksache 17/1973) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ludwig Spaenle, Staatsminister (Bayern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines … Ge- setzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91 e) (Drucksache 17/1939) . . . . . . . . . . . . . . . . b c d e f g h i 4604 B 4604 C 4604 D 4605 D 4607 A 4608 B 4609 C 4610 D 4612 A 4613 C 4614 D 4615 C 4617 A 4618 D 4619 C 4620 D ) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Drucksache 17/1940) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drei- undzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgeset- zes (23. BAföGÄndG) (Drucksache 17/1941) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Schaffung eines nationalen Stipen- dienprogramms (Stipendienprogramm- Gesetz – StipG) (Drucksache 17/1942) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Bun- desbesoldungs- und -versorgungsanpas- sungsgesetzes 2010/2011 (BBVAnpG 2010/2011) (Drucksache 17/1878) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Verwendung von Verwal- tungsdaten für Wirtschaftsstatistiken und zur Änderung von Statistikgesetzen (Drucksache 17/1899) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Änderungsprotokoll vom 11. Dezember 2009 zum Abkommen vom 23. August 1958 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Ver- meidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechts- hilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grund- steuern (Drucksache 17/1943) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 13. Juli 2006 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der maze- donischen Regierung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 17/1944) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- 4621 A 4621 A 4621 A 4621 B 4621 B 4621 C 4621 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 III derung des § 33 des Gerichtsverfassungs- gesetzes (Drucksache 17/1462) . . . . . . . . . . . . . . . . j) Antrag der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Marieluise Beck (Bre- men), Volker Beck (Köln), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: OSZE-Vorsitz für Re- formen in Kasachstan nutzen (Drucksache 17/1432) . . . . . . . . . . . . . . . . k) Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Deklarationspflicht für Palmöl in Lebensmitteln (Drucksache 17/1780) . . . . . . . . . . . . . . . . l) Antrag des Präsidenten des Bundesrech- nungshofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 2009 – Einzelplan 20 – (Drucksache 17/1730) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Nicole Maisch, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: zu dem Vor- schlag für eine Verordnung des Europäi- schen Parlaments und des Rates betref- fend die „Information der Verbraucher über Lebensmittel“ KOM(2008) 40: hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Lebensmittelinformation verbessern – Verbindliche Ampelkennzeichnung ein- führen (Drucksache 17/1987) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Beate Müller- Gemmeke, Ingrid Hönlinger, Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ungerech- tigkeiten bei Bagatellkündigungen kor- rigieren – Pflicht zur Abmahnung ein- führen (Drucksache 17/1986) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Maria Anna Klein- Schmeink, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unabhän- gige Patientenberatung ausbauen und in die Regelversorgung überführen (Drucksache 17/1985) . . . . . . . . . . . . . . . . d e T a b c d e 4621 D 4621 D 4621 D 4622 A 4622 A 4622 B 4622 C ) Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Heinz Paula, Sören Bartol, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Potenziale von Kultur und Touris- mus nutzen – Kulturtourismus gezielt fördern (Drucksache 17/1966) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Oliver Kaczmarek, Dirk Becker, Marco Bülow, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Hochwasserschutz europäisch und öko- logisch nachhaltig umsetzen – Für ein integriertes Hochwasserschutzkonzept (Drucksache 17/1974) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 33: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sonderver- mögens für das Jahr 2010 (ERP-Wirt- schaftsplangesetz 2010) (Drucksachen 17/1294, 17/1752) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Änderungen vom 2. Oktober 2008 des Übereinkommens vom 3. September 1976 über die Inter- nationale Organisation für mobile Sa- tellitenkommunikation (International Mobile Satellite Organization – IMSO) (Drucksachen 17/1295, 17/1753) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Harmonisie- rung des Haftungsrechts im Luftver- kehr (Drucksachen 17/1293, 17/1836) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Dezember 2009 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Föderati- ven Republik Brasilien über Soziale Si- cherheit (Drucksachen 17/1296, 17/1805) . . . . . . . ) – k) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 90, 91, 92, 93, 94, 95 und 96 zu Petitionen (Drucksachen, 17/1771, 17/1772, 17/1773, 17/1774, 17/1775, 17/1776, 17/1777) . . . 4622 B 4622 D 4622 D 4623 A 4623 B 4623 C 4623 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- ausschusses: zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 1099/10 (Drucksache 17/1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Schnellstmögliche Aufklärung des Angriffs des israelischen Militärs auf einen internationalen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern für Gaza . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit 2010 (Drucksache 17/990) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bundesbericht Forschung und Innova- tion 2010 (Drucksache 17/1880) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans- Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Innovationslücke schließen – Zügig ein tragfähiges Kon- zept zur Stärkung der Innovations- und Validierungsforschung vorlegen (Drucksache 17/1958) . . . . . . . . . . . . . . . . D R D D K A D D T T a b C J E D J E N L T – 4624 C 4624 C 4624 D 4625 D 4626 D 4627 C 4628 D 4630 A 4631 A 4632 A 4633 C 4634 C 4635 C 4636 C 4637 B 4638 C 4638 C 4638 C r. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lbert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . aniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . r. Peter Röhlinger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . ankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ) Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Karin Binder, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verbraucherinformationsgesetz jetzt verbraucherfreundlich ausgestalten (Drucksache 17/1576) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verbraucherinfor- mationsgesetz jetzt novellieren (Drucksache 17/1983) . . . . . . . . . . . . . . . aren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . ulia Klöckner, Parl. Staatssekretärin BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . r. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . icole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ucia Puttrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der interna- 4638 D 4640 C 0000 A4642 D 4643 D 4645 A 4646 B 4648 A 4649 B 4650 A 4651 A 4651 B 4651 C 4652 B 4654 A 4655 B 4655 D 4656 A 4657 B 4657 D 4658 A 4658 D 4659 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 V tionalen Sicherheitspräsenz im Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Verein- ten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicher- heitspräsenz (KFOR) und den Regie- rungen der Bundesrepublik Jugosla- wien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 (Drucksachen 17/1683, 17/2009) . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/2010) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Rudolf Körper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kernfusionsforschung kritisch überprüfen – ITER-Vertrag kündigen (Drucksachen 17/1433, 17/1949) . . . . . . . . . . Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . N E T a b G D D A M T 4660 C 4660 D 4661 A 4662 D 4663 C 4665 A 4666 C 4667 C 4668 C 4670 A 4671 B 4671 D 4673 D 4671 D 4672 A 4676 A 4677 C 4678 C 4679 B 4680 B amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP: Europa 2020 – Die Wachstums- und Beschäftigungs- strategie der Europäischen Union braucht realistische und verbindliche Ziele hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deut- schem Bundestag in Angelegenhei- ten der Europäischen Union – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Europa 2020 – Strategie für ein nachhaltiges Europa Gleichklang von sozialer, ökologi- scher und wirtschaftlicher Entwick- lung – zu dem Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Fritz Kuhn, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: EU 2020 – Für ein ökologi- sches und soziales Europa (Drucksachen 17/1758, 17/882, 17/898, 17/2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Alexander Ulrich, Dr. Diether Dehm, Andrej Konstantin Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Europa 2020 – Ein nachhaltiges Europa nur mit tiefgrei- fenden Reformen (Drucksache 17/1969) . . . . . . . . . . . . . . . abriele Molitor (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . anuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 4681 B 4684 D 4681 C 4681 D 4681 D 4683 B 4687 A 4687 D 4689 A 4690 A 4691 A VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 Tagesordnungspunkt 10: a) Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Gabriele Lösekrug-Möller, Iris Gleicke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Langfristige Perspektive statt sachgrundlose Befristung (Drucksache 17/1769) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Befristung von Arbeitsverhält- nissen eindämmen (Drucksache 17/1968) . . . . . . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Konse- quenten Walschutz fortsetzen und verbes- sern (Drucksache 17/1982) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Michael Roth (Heringen), Axel Schäfer (Bochum), Dr. Angelica Schwall-Düren, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: zu dem Vorschlag der Europäischen Kom- b c M T A H M 4692 C 4692 C 4692 D 4694 B 4695 D 4697 A 4698 A 4698 D 4699 D 4701 A 4701 B 4702 C 4703 C 4704 A 4704 D 4705 C 4706 D 4707 D mission für eine Verordnung des Euro- päischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative KOM(2010) 119 endg.; Ratsdok. 8399/10: hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Europäische Bürgerinitiative bürger- freundlich gestalten (Drucksache 17/1975) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej Konstantin Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: zu dem Vorschlag der Eu- ropäischen Kommission für eine Ver- ordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative KOM(2010) 119 endg.; Ratsdok. 8399/10: hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Eu- ropäischen Union Europäische Bürgerinitiative bürger- freundlich gestalten (Drucksache 17/1967) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Viola von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: zu dem Vor- schlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bür- gerinitiative KOM(2010) 119 endg.; Ratsdok. 8399/10: hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Europäische Bürgerinitiative – Für mehr Bürgerbeteiligung in der EU (Drucksachen 17/1781, 17/2013) . . . . . . . ichael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . homas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndrej Konstantin Hunko (DIE LINKE) . . . . einz Golombeck (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . anuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4708 C 4708 D 4708 D 4709 A 4710 C 4711 C 4712 A 4713 A 4713 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 VII Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jimmy Schulz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) vom 11. August 2006 und folgender Resolutionen, zuletzt 1884 (2009) vom 27. August 2009 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 17/1905) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von den Abgeordneten Jens Petermann, Jan Korte, Ulla Jelpke, wei- teren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Wehrdisziplinarord- nung (Drucksache 17/572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Thomas Kossendey, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: a) Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Friedensmission der Vereinten Nationen im Sudan (UNMIS) auf Grundlage der Resolution 1590 (2005) b D C D C K P T A M ( t e r w ( T F U P N H Z A F g s ( 4714 B 4715 C 4716 B 4716 C 4717 C 4719 A 4720 B 4720 D 4721 C 4722 A 4723 A 4723 A 4724 A 4725 B 4726 C 4727 C 4728 D des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen vom 24. März 2005 und Folgere- solutionen (Drucksache 17/1902) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der AU/UN-Hybrid- Operation in Darfur (UNAMID) auf Grundlage der Resolution 1769 (2007) des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen vom 31. Juli 2007 und Folgereso- lutionen (Drucksache 17/1901) . . . . . . . . . . . . . . . r. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . hristine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . erstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hilipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ntrag der Abgeordneten Tom Koenigs, arieluise Beck (Bremen), Volker Beck Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- ion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die An- rkennung des Menschenrechts auf saube- es Trinkwasser und Sanitärversorgung eiterentwickeln Drucksache 17/1779) . . . . . . . . . . . . . . . . . . om Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . llrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . olger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 7: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und der DP: Einen effizienten und schlagkräfti- en Europäischen Auswärtigen Dienst chaffen Drucksache 17/1981) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4730 A 4730 A 4730 B 4731 C 4732 D 4733 A 4734 B 4735 A 4736 C 4737 C 4738 A 4738 C 4739 D 4741 A 4742 A 4743 A 4744 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union zu dem Antrag der Abgeord- neten Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Europäischen Auswärtigen Dienst europäisch, handlungsfähig und modern gestalten (Drucksachen 17/1204, 17/2012) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Sevim Dağdelen, Jan van Aken, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes und zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Ra- tes zur Änderung der Verordnung (EG, Eu- ratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaus- haltsplan der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf den Europäischen Auswärti- gen Dienst Ratsdok. 8029/10 und KOM(2010) 85 endg., Ratsdok. 8134/10: hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bun- desregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union Den Europäischen Auswärtigen Dienst ent- militarisieren (Drucksache 17/1976) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . T A w a ( Z E C w s N ( T A D o M ( T B s t E o p A ( M D G P C M T A H o G a ( D D U 4744 B 4744 C 4744 D 4746 A 4747 C 4748 D 4749 C 4750 C agesordnungspunkt 17: ntrag der Fraktion der SPD: Die Fußball- eltmeisterschaft – Eine Chance für Süd- frika Drucksache 17/1959) . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 10: rste Beratung des von den Fraktionen der DU/CSU und der FDP eingebrachten Ent- urfs eines Gesetzes zur Änderung des Ge- etzes über die Einsetzung eines Nationalen ormenkontrollrates Drucksache 17/1954) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: ntrag der Abgeordneten Frank Schwabe, irk Becker, Marco Bülow, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der SPD: Unsere eere brauchen Schutz Drucksache 17/1960) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Arbeit und Soziales zu dem An- rag der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus rnst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion DIE LINKE: Euro- äisches Jahr gegen Armut und soziale usgrenzung ernst nehmen Drucksachen 17/889, 17/1246) . . . . . . . . . . . echthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, ans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Beteiligung der Energiekonzerne n den Kosten für das Atommülllager Asse Drucksache 17/1599) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Paul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . te Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4751 D 4752 A 4752 B 4752 C 4752 C 4753 D 4754 D 4756 A 4757 A 4758 B 4758 D 4759 A 4759 D 4761 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 IX Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – zu dem Antrag der Abgeordneten Christoph Strässer, Angelika Graf (Rosenheim), Iris Gleicke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Menschenrechtsver- teidiger brauchen den Schutz der Euro- päischen Union – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Schutz für Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger (Drucksachen 17/1048, 17/1165, 17/1936) . . Tagesordnungspunkt 22: a) Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Dagmar Ziegler, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zivile Nutzung der Kyritz- Ruppiner Heide nach Abzug der Bun- deswehr (Drucksache 17/1961) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Friedliche Zu- kunft der Kyritz-Ruppiner Heide und Interessen der Region sichern (Drucksache 17/1972) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Agnes Malczak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kyritz-Rup- piner Heide in ihrer Einheit erhalten – Vo- raussetzungen für eine chancenreiche Re- gionalentwicklung (Drucksache 17/1989) . . . . . . . . . . . . . . . . . . A N H J D C T A v g F M t ( E D C H T T A B t e V ( A P D E C T B n n D d m ( P 4761 C 4762 A 4762 D 4763 D 4764 C 4764 C 4764 D nita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . orbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . ens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ntrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Jan an Aken, Christine Buchholz, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion DIE LINKE: reihandelsabkommen EU-Kolumbien-Peru: itwirkungsrecht des Deutschen Bundes- ages sichern Drucksache 17/1970) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Lindner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . eike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . hilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: ntrag der Abgeordneten Petra Crone, Dirk ecker, Gerd Bollmann, weiterer Abgeordne- er und der Fraktion der SPD: Illegalen Holz- inschlag durch eine durchgreifende EU- erordnung wirksam verhindern Drucksache 17/1962) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . etra Crone (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: eschlussempfehlung und Bericht des Fi- anzausschusses zu dem Antrag der Abgeord- eten Michael Schlecht, Alexander Ulrich, r. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und er Fraktion DIE LINKE: Euro-Zone refor- ieren – Staatsbankrotte verhindern Drucksachen 17/1058, 17/1602) . . . . . . . . . . eter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4764 D 4766 B 4767 A 4767 D 4769 A 4769 D 4770 D 0000 A4771 A 4772 B 4773 A 4773 C 4774 A 4775 A 4775 B 4776 A 4777 A 4778 A 4778 D 4779 C 4779 D X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Bernd Scheelen, Nicolette Kressl, Joachim Poß, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Zu- kunft öffentlich-rechtlicher Sparkassen si- chern – Privatisierung verhindern (Drucksache 17/1963) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Fortsetzung der deutschen Betei- ligung an der internationalen Sicherheitsprä- senz im Kosovo auf der Grundlage der Resolu- tion 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwi- schen der internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesre- publik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Die Fußballweltmeisterschaft – Eine Chance für Südafrika (Tagesordnungs- punkt 17) Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . J U A Z d d t o K A F M K A Z d ( I J F A S D A Z d d – – ( F C M A V 4780 C 4781 C 4782 A 4783 A 4784 A 4784 C 4784 C 4785 A 4785 C 4786 B 4787 D 4788 C 4789 D ens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . we Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung es Gesetzes über die Einsetzung eines Na- ionalen Normenkontrollrates (Zusatztages- rdnungspunkt 10) ai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . ndrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Unsere Meere brauchen Schutz Tagesordnungspunkt 18) ngbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . osef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . rank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . abine Stüber (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . r. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu en Anträgen: Menschenrechtsverteidiger brauchen den Schutz der Europäischen Union Mehr Schutz für Menschenrechtsverteidi- gerinnen und Menschenrechtsverteidiger Tagesordnungspunkt 21) rank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . arina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . nnette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4790 C 4791 B 4792 A 4794 B 4795 D 4796 B 4796 D 4797 D 4799 A 4799 C 4801 B 4802 A 4802 D 4803 B 4805 A 4806 B 4807 A 4808 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 XI Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Zukunft öffentlich-rechtlicher Sparkassen sichern – Privatisierung verhin- dern (Zusatztagesordnungspunkt 12) Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Bernd Scheelen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4809 B 4810 C 4811 B 4811 C 4812 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4585 (A) ) )(B) 46. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    1) Anlage 7 Berichtigung 45. Sitzung, Seite 4554 B, letzter Absatz, der dritte Satz ist wie folgt zu lesen: „Ich habe in Busan beim Tref- fen der Finanzminister zumindest darüber Klarheit gefor- dert, dass sie auf absehbare Zeit nicht eingeführt wird.“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4785 (A) ) )(B) Süßmair, Alexander DIE LINKE 10.06.2010 der UNO-Sicherheitsrat das „Bekenntnis aller Mitglied- der Flüchtlinge in ein sicheres Umfeld in ihre Heimat und die territoriale Unversehrtheit Jugoslawiens zu ge- währleisten. Schon in der Präambel dieser Resolution formuliert Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 10.06.2010 Anlage 1 Liste der entschuldigt A E z f d w e k V s u t V e A Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.06.2010 Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.06.2010 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 10.06.2010 Glos, Michael CDU/CSU 10.06.2010 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.06.2010 Goldmann, Hans- Michael FDP 10.06.2010 Groschek, Michael SPD 10.06.2010 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 10.06.2010 Hempelmann, Rolf SPD 10.06.2010 Hintze, Peter CDU/CSU 10.06.2010 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.06.2010 Juratovic, Josip SPD 10.06.2010 Kopp, Gudrun FDP 10.06.2010 Maurer, Ulrich DIE LINKE 10.06.2010 Nestle, Ingrid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.06.2010 Nietan, Dietmar SPD 10.06.2010 Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.06.2010 Pieper, Cornelia FDP 10.06.2010 Piltz, Gisela FDP 10.06.2010 Remmers, Ingrid DIE LINKE 10.06.2010 Schlecht, Michael DIE LINKE 10.06.2010 D W Z Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele und Beate Müller-Gemmeke (beide BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheits- präsenz im Kosovo auf der Grundlage der Reso- lution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugo- slawien (jetzt: Republik Serbien) und der Repu- blik Serbien vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungs- punkt 7) Dem Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung des insatzes der Bundeswehr im Kosovo stimmen wir nicht u. Dieser militärische Einsatz ist politisch falsch, ihm ehlt die völkerrechtliche Legitimation. Auf die UN-Resolution kann der militärische Einsatz er NATO im Kosovo schon lange nicht mehr gestützt erden. Ganz im Gegenteil – von der Bundeswehr wird in Rechtszustand aufrechterhalten, der mit dem Be- enntnis des Sicherheitsrates und dessen Auftrag an die ölkergemeinschaft nicht zu vereinbaren ist: die Loslö- ung des Kosovo aus der Bundesrepublik Jugoslawien nd dessen staatliche Selbstständigkeit. In der Überschrift des Antrags und mehrfach im An- rag selbst wird Bezug genommen auf die Resolution der ereinten Nationen 1244 vom 10. Juni 1999. Mit dieser rhält die Völkergemeinschaft vom Sicherheitsrat die ufgabe, die multiethnische Gesellschaft, die Rückkehr r. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 10.06.2010 icklein, Andrea SPD 10.06.2010 apf, Uta SPD 10.06.2010 immermann, Sabine DIE LINKE 10.06.2010 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 4786 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) staaten zur Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien“. In der UN-Resolution und ihrer Anlage I wird mehr- fach „die Förderung der Herstellung substantieller Auto- nomie und Selbstverwaltung im Kosovo unter voller Be- rücksichtigung der Prinzipien der Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugosla- wien“ und „die sichere und freie Rückkehr aller Flücht- linge“ als Hauptaufgabe genannt. Für diese Aufgaben sollten die internationalen Trup- pen, einschließlich die der NATO, eingesetzt werden. Nur dazu hatte die Regierung und das Parlament Ser- biens im Juni 1999 nach der Bombardierung Serbiens seine Zustimmung gegeben. Dieser Aufgabenstellung hatten auch die Kosovo-Albaner zugestimmt. Diese Vereinbarung wurde im Februar 2008 einseitig mit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo aufge- kündigt und mit der Anerkennung durch Deutschland der UN-Resolution zuwider gehandelt. Mit der Fortset- zung des Bundeswehreinsatzes wird somit die UN-wid- rige Loslösung des Kosovo und dessen Unabhängigkeit gesichert. Aber auch weitere Aufgaben aus der UN-Resolution wurden durch den NATO-Einsatz in elf Jahren nicht er- füllt: Nicht alle Flüchtlinge und Vertriebenen konnten in eine sichere Heimat im Kosovo zurückkehren. Nach Be- ginn des Einsatzes wurden noch fast 100 000 Roma und andere Minderheiten verfolgt, beraubt, getötet und ver- trieben. Noch heute geht es vielen zurückgekehrten Roma schlecht. Zehntausende müssen weiter in Lagern in anderen Ländern leben. Sicherheit wird im Kosovo mehr und mehr von der dortigen Polizei garantiert. Nach Auskunft der Bundes- regierung mussten selbst bei den jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzungen am 30. Mai dieses Jahres in Mit- rovica die anwesenden KFOR-Kräfte nicht eingreifen. Die Fortsetzung des Militäreinsatzes der Bundeswehr im Kosovo auf der Grundlage der UN-Resolution 1244 ist das falsche Mittel zur Gewährleistung von Sicherheit, Rückkehr der Flüchtlinge und Wiederaufbau im Kosovo. Soweit überhaupt noch internationale Sicherheitskräfte erforderlich sind, sollte in erster Linie nichtmilitärische Unterstützung auf der Grundlage einer neuen Resolution der Vereinten Nationen und mit Zustimmung der Ver- waltung im Kosovo und der serbischen Regierung ge- leistet werden. Deshalb stimmen wir zum Antrag der Bundesregie- rung mit Enthaltung. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Die Fußballwelt- meisterschaft – Eine Chance für Südafrika (Ta- gesordnungspunkt 17) Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Am heu- tigen Abend debattieren wir zu später Stunde einen SPD- Antrag zu den Chancen Südafrikas aufgrund der Fuß- b a b D s v d r A n h g m t d B m b d P ü u d g 2 k e b d S s A ß t D r L t b m t w M c S E v 2 U w d 6 D m (C (D allweltmeisterschaft. Ich werde mich in meiner Rede uf die entwicklungs- und außenpolitische Zusammenar- eit zwischen Südafrika und der Bundesrepublik eutschland beziehen, da mein Kollege Stephan Mayer ich den sportlichen Beziehungen widmen wird. So sehr ich das Anliegen des Antrages teile, umso erwunderter bin ich über den Inhalt und den Zeitpunkt es Antrages der SPD. Zum einen sind viele Punkte be- eits Bestandteil des entwicklungs- und außenpolitischen frika-Antrages der Großen Koalition aus der vergange- en Wahlperiode, der ja bekanntlich auch die SPD ange- ört hat. Zum anderen ist fraglich, ob einen Tag vor Be- inn der Fußballweltmeisterschaft ein Antrag Sinn acht, der auch auf die Arbeit verschiedener Organisa- ionen während der Weltmeisterschaft abzielt. Ich hatte Anfang April 2010 die Freude, unseren Bun- esaußenminister Dr. Guido Westerwelle und unseren undesentwicklungsminister Dirk Niebel auf ihrer ge- einsamen Reise nach Südafrika, Tansania und Dschi- uti begleiten zu dürfen. Diese Reise hat gezeigt, dass er afrikanische Kontinent eine wichtige Rolle in der olitik der Bundesregierung einnimmt und man gegen- ber den Partnerländern „einheitlich“ auftritt. Südafrika ist Wirtschaftslokomotive in der Region nd Stabilitätsanker mit signifikanten Beiträgen zu Frie- en, Sicherheit, Entwicklung und Integration auf dem esamten afrikanischen Kontinent. In Südafrika wird 010 die erste FIFA-Fußballweltmeisterschaft auf afri- anischem Boden ausgetragen, und dies ist allein schon in Erfolg an sich. Ich bin mir sicher, dass nach der Fuß- allweltmeisterschaft die Welt mit anderen Augen auf en Kontinent Afrika schaut. Die seit dem beispiellosen demokratischen Wandel üdafrikas 1994 bestehende entwicklungspolitische Zu- ammenarbeit, EZ, ist Teil einer umfassenden deutschen ußen-, Sicherheits-, Entwicklungs-, Umwelt- und Au- enwirtschaftspolitik. Deutschland und Südafrika vertre- en in multilateralen Foren viele gemeinsame Positionen. ie Entwicklungspartnerschaft mit einem der bevölke- ungsreichsten, politisch bedeutsamsten und stabilsten änder Afrikas soll zweierlei leisten: erstens einen Bei- rag zur Bewältigung der historischen Lasten Südafrikas ei der Überwindung der strukturellen Ursachen von Ar- ut und extremer Ungleichheit und zweitens einen Bei- rag zur Erreichung regionaler und/oder globaler Ent- icklungsziele. Auch 15 Jahre nach dem Ende der Apartheid ist die ehrheit der Bevölkerung von Wohlstand und Zukunfts- hancen abgekoppelt: 42,9 Prozent der 49 Millionen üdafrikaner leben von weniger als 2 US-Dollar am Tag. xtreme Einkommensunterschiede – Gini-Koeffizient on 57,8 – und hohe Arbeitslosigkeit – offiziell: 3,6 Prozent, inoffiziell: rund 40 Prozent – lassen die nzufriedenheit vor allem in den ehemaligen Townships achsen. Dort sind auch die Defizite in Kernbereichen er öffentlichen Ordnung (durchschnittlich 75 Morde, 50 Einbrüche pro Tag), bei der Erbringung öffentlicher ienstleistungen (etwa 61 Prozent der Kommunen nah- en 2005/2006 weniger als 50 Prozent ihrer Aufgaben Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4787 (A) ) )(B) wahr) und HIV/Aids-Bekämpfung (Prävalenzrate 15- bis 49-Jährige: 18,1 Prozent) am größten. Aufgrund seiner kohlebasierten Wirtschaft (92 Prozent der Stromversorgung) ist Südafrika einer der weltweit größten CO2-Emittenten (Rang 11 absolut, 10 Tonnen pro Kopf) und muss in die Verantwortung zum Schutz globa- ler öffentlicher Güter eingebunden werden. Zugleich müssen die großen konjunkturgefährdenden Energie-Ver- sorgungslücken, beispielsweise „black outs“, die auch die Nachbarländer betreffen, geschlossen werden. Alle zwei Jahre finden zwischen der Bundesregierung und Südafrika Regierungsverhandlungen statt. 2010 wurden in Südafrika Vorhaben in Höhe von 2,5 Millio- nen Euro vereinbart. Zusätzlich fördert das BMZ Aktivi- täten von politischen Stiftungen, Kirchen und privaten Trägern/Nichtregierungsorganisationen in Südafrika. Bei der Zusammenarbeit konzentriert sich die Bun- desregierung auf bestimmte Kernbereiche: Erstens. Beseitigung der Defizite in Kernbereichen der öffentlichen Ordnung und Verbesserung öffentlicher Dienstleistungen auf allen Ebenen (National-, Provinz- und Kommunalverwaltung). Beispiele: Mit Unterstützung des Programms „Ge- waltprävention in städtischen Armenvierteln“, das unter anderem die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur in einem der größten Kapstädter Townships, Khayelitsha, ausbaut, hat sich die Sicherheitswahrnehmung der Bevöl- kerung von 2,3 auf 4,8 – auf einer Skala von 1 bis 10 – verbessert. Durch das „Programm zur Stärkung lokaler Regie- rungsführung“ nehmen Kommunalregierungen ihre Auf- gaben effizienter, wirksamer und stärker an den Bedürf- nissen der Bürger und Privatwirtschaft ausgerichtet wahr; beispielsweise wurde in circa 20 Partnergemein- den nachweislich das Geschäfts- und Investitionsklima verbessert. Zweitens. Ausbau erneuerbarer Energiequellen und Erhöhung der Energieeffizienz zur Abfederung der stei- genden Nachfrage sowie zur Verbesserung des Klima- schutzes. Beispiel: Mit deutscher Unterstützung werden über südafrikanische Institutionen zinsverbilligte Darlehen an die südafrikanische Privatwirtschaft für Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienzmaßnahmen vergeben. Dies stärkt die Energiesicherheit, fördert die Wirtschaft und schützt das Klima. So wurde auf der ge- meinsamen Reise von Bundesminister Westerwelle und Bundesminister Niebel in Südafrika ein Sonderpro- gramm für regenerative Energien in Höhe von 75,5 Mil- lionen Euro verkündet. Drittens. Prävention von HIV/Aids, dessen Ausbrei- tung alle übrigen Entwicklungserfolge zu konterkarieren droht. Beispiel: Über das Programm „Freiwilliges Beraten und Testen“ werden in den drei am stärksten von HIV/ Aids betroffenen südafrikanischen Provinzen 400 Bera- tungs- und Testzentren gebaut oder rehabilitiert. Seit Be- g g B v s 4 A n 9 d T m b W B m W n u a d Z h u l g E g u t s a d r s v h M w V w a p b w d (C (D inn des Programms ist die Zahl der Tests sprunghaft an- estiegen, mancherorts um bis zu 80 Prozent. Viertens. Verbesserung des Systems der beruflichen ildung als Voraussetzung für die nachhaltige Schaffung on Arbeitsplätzen. Beispiel: Über das Berufsbildungsprogramm konnten eit 2001 6,3 Millionen Arbeitnehmer fortgebildet und 00 000 Menschen in Langzeitkursen für den formellen rbeitsmarkt ausgebildet werden, die zu 79 Prozent in- erhalb von sechs Monaten einen Arbeitsplatz bekamen. 7 Prozent der Ausgebildeten haben ein Einkommen eutlich über der Armutsgrenze von 2 US-Dollar pro ag. Weitere 323 000 Arbeitslose wurden für den infor- ellen Arbeitsmarkt ausgebildet. Fünftens. Vorbereitung der WM 2010, der ersten Fuß- allweltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent. Beispiel: Über ein Austauschprogramm zwischen den M-Austragungskommunen 2006 und 2010 und einen eratungsfonds konnten deutsche Experten in bislang ehr als 170 Beratungseinsätzen ihr 2006 erworbenes issen zu Themen wie Unterkunftsplanung, Abfallma- agement, „Fan-Parks“, Verkehrsplanung, Feuerwehr- nd Notarzteinsätzen oder Katastrophenvorsorge an süd- frikanische WM- „Host Cities“ weitergeben. Dies trägt azu bei, dass die Städte mit den Vorbereitungen gut im eitplan sind und die Mitarbeiter der Kommunen nach- altig Kompetenzen aufbauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie sehen, ist nd bleibt Südafrika ein Schwerpunktland für Deutsch- and. Dafür steht auch die neue Bundesregierung. Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Wenn mor- en die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika mit dem röffnungsspiel der Bafana Bafana gegen Mexiko be- innt, wird über eine Milliarde Menschen weltweit einen nmittelbaren Blick auf das heutige Südafrika werfen. Sie werden feststellen, dass sich trotz der vielen Kri- ik von Bedenkenträgern im Vorfeld der Weltmeister- chaft bereits Vieles gewandelt und verändert hat. Süd- frika hat sich längst auf den Weg gemacht, die Risse, ie durch die jahrzehntelange Apartheid in der Bevölke- ung entstanden sind, wieder zu schließen. Die Fußballweltmeisterschaft und die vielen gemein- amen Sportförderprojekte, seien sie staatlich oder auch on nichtstaatlichen Organisationen durchgeführt, tragen ierzu bei. So hat das Auswärtige Amt im Jahr 2010 unter dem otto „Menschen bewegen – Grenzen überwinden“ die eltweite Förderung des Sports noch einmal verstärkt. iele Sportprojekte davon finden in Afrika, wie beispiels- eise in Simbabwe, Namibia, Madagaskar und Süd- frika, statt. Die meisten sind auch nachhaltige Langzeit- rojekte, die bereits vor der Fußballweltmeisterschaft egonnen haben und mehrere Jahre über sie hinausgehen erden. Lassen Sie mich im Folgenden eines dieser Projekte etaillierter vorstellen. 4788 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) Seit Oktober 2008 unterstützt der Fußballexperte Michael Nees im südafrikanischen Johannesburg für die Dauer von zunächst zwei Jahren den Südafrikanischen Fußball-Verband (SAFA) als technischer Berater. Die in- haltlichen Schwerpunkte des Projekts liegen auf der Mo- dernisierung des bestehenden Trainerausbildungssys- tems und der strukturellen und administrativen Beratung des Verbandes. Mit Blick auf die Fußballweltmeister- schaft 2010 spielte dabei auch die Talentförderung eine große Rolle. Dieses Langzeitprojekt, welches nun in enger Zusam- menarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der deutschen Botschaft in Pretoria realisiert wird, zeigt die gute und wichtige Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Südafrika im Bereich des Sports. Aber auch viele Projekte im unmittelbaren Zusam- menhang mit der Fußballweltmeisterschaft werden durch die Sportförderung des Auswärtigen Amtes unterstützt. So veranstalten beispielsweise unter dem Motto „football meets culture“ die Deutsche Botschaft und das Goethe-Institut von Mai bis August Deutschlandwochen in Johannesburg. Sie sollen den Begegnungscharakter der Fußballweltmeisterschaft unterstreichen. Im Herbst 2010 finden dann in Kapstadt Deutschland- wochen unter dem Motto „20 Jahre Deutsche Einheit“ statt. Der Bogen zum Thema Fußball wird durch ein Ju- gend-Fußballturnier diverser Schulen mit unterschiedli- chem sozialen Hintergrund in Kapstadt unter Leitung der New World Foundation in Kooperation mit der Deut- schen Schule in Kapstadt geschlagen. Der Sport leistet damit aus meiner Sicht einen un- schätzbaren Beitrag zur Völkerverständigung. Werte wie Fairness, Toleranz und Weltoffenheit können so spiele- risch übermittelt werden. Er nimmt aber zugleich auch eine besondere Rolle im Rahmen der Entwicklungshilfe ein. Durch die Förderung des Breitensports in vielen afri- kanischen Ländern wird automatisch auch für mehr Inte- gration von Minderheiten und marginalisierten Gruppen in den jeweiligen Gesellschaften geworben. Der Dialog zwischen den Kulturen wird angeregt, um bestehende Vorurteile abzubauen und neuen vorzubeugen. Dass bereits ein starker Schwerpunkt der internatio- nalen Sportförderung des Auswärtigen Amtes bei Afrika liegt, zeigen auch die nachfolgenden Zahlen. 2009 förderte das Auswärtige Amt im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Sportmaßnah- men in Afrika mit 3,5 Millionen Euro. Dies entspricht etwa 70 Prozent der für die Internationale Sportförde- rung zur Verfügung stehenden Mittel. Es wurden alleine in Kooperation mit dem DOSB und dem DFB 13 Lang- zeitprojekte in Afrika – weltweit: 17 – und 36 Kurzzeit- projekte in Afrika – weltweit: 47 – durchgeführt. Aus dem Vorgesagten können Sie entnehmen, dass das Auswärtige Amt bereits sehr intensive Sportförde- rung gerade auch mit und in Afrika betreibt. Die zusätz- liche Aufmerksamkeit für internationale Sportförderung und gemeinsame Projekte durch die Fußballweltmeister- s k i A d d w ü f m m a s w n a l n s R B a m d s n h c g B s k t a g t v s t d s k p E W w d l r m t 2 (C (D chaft in Südafrika im Jahr 2010 wurde rechtzeitig er- annt, und viele kurz- und langfristige Projekte konnten nitiiert werden. Eines weiteren Antrages oder gar einer ufforderung durch den Deutschen Bundestag bedarf es aher aus meiner Sicht nicht. Lassen Sie uns stattdessen ie hoffentlich sportlichen fairen Spiele bei der Fußball- eltmeisterschaft 2010 in Südafrika genießen und uns ber die Lebensfreude und Weltoffenheit Südafrikas reuen. Dagmar Freitag (SPD): Natürlich fällt nicht erst orgen, dem Tag des Eröffnungsspiels der Fußballwelt- eisterschaft in Südafrika, der Blick der Welt auf den frikanischen Kontinent. Aber für die nächsten vier Wochen geschieht das chon in einem besonderen Maße; Grund genug, dass ir uns dem Land mit einem Antrag widmen, der nicht ur, aber auch die Chancen, die Sport im Rahmen der uswärtigen Kultur- und Bildungspolitik bietet, aufzeigt. Unbestritten ist: Die Republik Südafrika hat in den etzten Jahren einen erkennbaren Wandel vollzogen, der icht nur Wohlwollen, sondern weitere konkrete Unter- tützung verdient. Mit der Überwindung des Apartheid- egimes 1994 konnte sich Südafrika wirtschaftlichen eziehungen öffnen. Die Fortschritte gipfeln sichtbar für lle in dem Zuschlag zur Austragung der Fußballwelt- eisterschaft, dem nach den Olympischen Spielen be- eutendsten Sportereignis der Welt. Erstmalig findet olch eine Veranstaltung auf dem afrikanischem Konti- ent statt – eine Chance weit über Südafrika hinaus. Die südafrikanische Wirtschaft hat sich seit 1994 er- eblich stabilisiert; die ökonomischen Kennziffern spre- hen für sich: Die Inflation ist kontinuierlich zurückge- angen, ein hohes Haushaltsdefizit von 7 Prozent des ruttoinlandsprodukts konnte in einen Haushaltsüber- chuss umgewandelt werden. Bis zur weltweiten Finanz- rise war für Südafrika bis 2008 ein jährliches Wachs- um von bis zu 5 Prozent zu verzeichnen; die usländischen Direktinvestitionen sind kontinuierlich estiegen. Deutschland ist zusammen mit China wich- igster Handelspartner. Zweifellos hat die Ausrichtung der Fußball-WM In- estitionsanreize in vielen Bereichen ausgelöst: Infra- trukturausgaben wurden erhöht, die Anzahl der Polizis- en gesteigert, der Transportsektor ausgebaut, und eutsche Architekten waren am Bau der Stadien in Kap- tadt, Durban und Port Elizabeth beteiligt. Deutsch-afri- anische Wirtschaftsbeziehungen profitieren von diesem ositiven Trend, erstmals auch im Bereich erneuerbare nergien. – Auch der Tourismus, ebenfalls wichtiger irtschaftsfaktor für Südafrika, befindet sich im Auf- ind: Die Zahl der Touristen hat sich seit 1994 fast ver- reifacht, trotz bekannter problematischer Sicherheits- age. Das WM-Austragungsland Südafrika wird alles da- ansetzen, sich in den kommenden vier Wochen als ein odernes, stabiles und gastfreundliches Land zu präsen- ieren. Erinnern wir uns an die Fußballweltmeisterschaft 006 in Deutschland: Wer hätte uns zugetraut, dass wir Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4789 (A) ) )(B) als Gastgeber derart ausgelassen die WM feiern und weltoffen und herzlich auf die ausländischen Gäste zu- gehen? Deutschland hat in vielfältiger Hinsicht von der Austragung profitiert. Nur ein Beispiel: der ungezwun- gene, fröhliche Stolz, mit dem deutsche Flaggen das Straßenbild prägten, verbunden mit einem nachhaltigen positiven Eindruck, den unsere ausländischen Besucher mit in ihre Heimatländer nahmen. Wir haben innen- wie außenpolitisch von der WM 2006 profitiert. Vergleichba- res ist auch Südafrika zu wünschen. Zur Rückschau ge- hört aber auch die Erkenntnis, dass es Verlierer bei der Austragung solcher Sportgroßveranstaltungen gibt. Die Macht der Vermarkter im Auftrag der internationalen Sportverbände, in diesem Fall der FIFA, engt die Mög- lichkeiten der Local Organising Committees in der Re- gel in einem nicht zu akzeptierenden Maße ein. Der Kampf um Vermarktungsrechte und die damit verbunde- nen Erlöse kennt viele Verlierer und nur wenige Gewin- ner. In den nächsten Wochen werden beispielsweise die kleinen Straßenhändler, die den Lebensunterhalt ihrer Familien sichern müssen, aus dem Umfeld der Stadien vertrieben, mit Verlusten von mindestens einem Monats- einkommen. Bei aller Vorfreude: 16 Jahre nach der Überwindung der Apartheid stehen immer noch viele Südafrikaner am Rande der Gesellschaft, mit nur geringen Aussichten auf Bildung und damit ein selbstbestimmtes Leben. 7 Mil- lionen Menschen gehören zu den Langzeitarbeitslosen, die Arbeitslosenquote der schwarzen Bevölkerung liegt bei 40 Prozent, täglich infizieren sich 1 000 Südafrikaner mit HIV, Südafrika gehört zu den Ländern mit den höchsten Mord-, Raub- und Vergewaltigungszahlen weltweit, Energiekrisen prägen den Alltag, Spannungen und Ausschreitungen in den Townships sind keine Sel- tenheit. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schrieb: Südafrika ganz unten: Den Menschen in den Town- ships von Johannesburg bringt die WM nichts – keine Arbeit, nicht einmal Strom. Demnach hat die südafrikanische Regierung umge- rechnet 40 Milliarden Euro im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft in die Infrastruktur gesteckt; in den Townships jedoch herrscht weiterhin Armut. Große Teile der schwarzen Mehrheit Südafrikas finden kaum Zugang zur Marktwirtschaft. Ihre Chancen auf geregelte Arbeit sind auch aufgrund unzureichender Bildungsvorausset- zungen schlecht. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, Südafrika weiterhin bei der Bekämpfung dieser Pro- bleme zu unterstützen und das Engagement, das der da- malige Außenminister Frank-Walter Steinmeier während seiner Amtszeit entscheidend vorangetrieben hat, fortzu- setzen. Diese Unterstützung kann auf vielfältige Weise geschehen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf den Sport als aus unserer Sicht unverzichtbaren Be- standteil einer erfolgreichen auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik verweisen. Er ist geeignet, langfristige und nachhaltige Beziehungen aufzubauen und zu nutzen. Auswärtige Kulturpolitik leistet einen erheblichen Beitrag zur Festigung von Demokratie. Das Auswärtige Amt setzt rund 70 Prozent der Sportfördermittel im Rah- m S z r h A e n h r g k b a w 5 d g z d s s s l d d f f t z a m u c c c a i F B v c i l l t b t s d W (C (D en der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in portprojekte auf dem afrikanischen Kontinent ein. Der Deutsche Olympische Sportbund und seine Spit- enverbände haben allein seit der Jahrtausendwende und 20 Sportprojekte in Südafrika unterstützt. Die in- altliche Bandbreite ist beeindruckend: Vom Auf- und usbau des Fußballsports auf Regional- und Verbands- bene über Triathlon-, Handball-, Hockey- und Ten- isprojekte und Projekte im Sport von Menschen mit Be- inderungen und explizit an Frauen und Mädchen ge- ichtete Sportangebote bis hin zu sozialpädagogisch eprägten Projekten im Bereich der Arbeit mit Straßen- indern und zur Prävention von Gewalt und Kriminalität ei Kindern und Jugendlichen waren viele der Bereiche bgedeckt, in denen Sport als Entwicklungsinstrument irken kann. Insgesamt stand Südafrika im Zentrum von rund 0 Sportprojekten seit Aufnahme der Sportförderung urch das Auswärtige Amt Anfang der 60er-Jahre; ins- esamt wurden weltweit über 1 300 Langzeit- und Kurz- eitmaßnahmen in über 100 Ländern durchgeführt. Für as Auswärtige Amt zählt die Sportförderung zu den ab- olut erfolgreichsten Instrumenten, und das mit einem ehr geringen Mittelanteil von nur 0,7 Prozent des Ge- amthaushalts der Kultur- und Kommunikationsabtei- ung des Auswärtigen Amtes. Umso unverständlicher ist, ass die schwarz-gelbe Koalition ausgerechnet im „Jahr es Sports und der Außenpolitik“ 350 000 Euro weniger ür die Sportförderung des Auswärtigen Amtes zur Ver- ügung stellt. Südafrika und der gesamte Kontinent verdienen wei- erhin unsere Aufmerksamkeit und unsere Unterstüt- ung. Marina Schuster (FDP): Die Fußball-WM in Süd- frika – ein wunderbares Debattenthema, auf das ich ich die ganze Woche gefreut habe. Denn hier geht es m gute Nachrichten aus Afrika, um eine Chance. Erinnern Sie sich an folgende Schlagzeilen? „Das Ti- ketsystem ist zu kompliziert. Die Stadien sind nicht si- her. Es schneit. Die Heimmannschaft gibt ein erbärmli- hes Bild ab. Es gibt Orte, wo man keinem, der eine ndere Hautfarbe hat, raten würde, hinzugehen. Die Welt st zu Gast im Jammertal.“ Das sind Zitate aus der Vorberichterstattung über die ußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland, die die erliner Zeitung zusammengestellt hat. Wenn man nun ergleicht, welchen Heldenstatus dieses Turnier rückbli- kend genießt, dann darf man mal festhalten: Südafrika st auf einem guten Weg. Es haben noch vor jedem sport- ichen Großereignis der Neuzeit die Panikmacher am autesten geschrien, nur um sich wenig später mit Plas- ikfähnchen und Fanschal am Bierstand anzustellen. Die Entwicklungen der vergangenen sechs Jahre ha- en gezeigt: Afrika kann es! Das hat Südafrika stellver- retend für den gesamten Kontinent eindrucksvoll bewie- en, trotz aller Skepsis, Widrigkeiten und Hindernisse, ie das Land in der Vorbereitung des Turniers aus dem eg räumen musste. Seit der Vergabe der WM an Süd- 4790 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) afrika im Jahr 2004 hatte es immer wieder geheißen: Es war ein Fehler, ein zu großes Risiko, die Ausrichtung dieser Großveranstaltung an ein afrikanisches Land zu vergeben. Afrika-Pessimisten überall. Der Vorwurf bezog sich erstens auf die organisatori- schen Fähigkeiten der Südafrikaner. „Können die so- was?“ lautete die Frage. Welch Arroganz wurde da sicht- bar! Dabei wurde mal eben übergangen, dass Südafrika bereits 1995 und 2003 die Cricket- und Rugby-Welt- meisterschaften organisiert hat. Ja, sicher, im Vorfeld dieser WM gab es Schwierigkeiten und Verzögerungen beim Bau der Stadien und der nötigen Infrastruktur. Ich selbst habe mich als Teil der Delegation von Bundes- kanzlerin Merkel im Jahre 2007 vor Ort vom Stand der Bauarbeiten überzeugen können. Erst kürzlich konnte ich das fertige „Cape Town Stadium“ bewundern. Neben den damals schon unübersehbaren Fortschritten an den insgesamt neun Spielorten war es vor allem beeindru- ckend zu beobachten, mit welchem Engagement und welch einer Begeisterung alle Beteiligten – unter ande- rem auch eine Menge freiwilliger Helfer – bei der Sache waren. Spätestens da hatte ich keine Zweifel mehr, dass alles termingerecht fertig sein würde. Der zweite Vorwurf lautete, das Sicherheitsrisiko sei zu groß. Geradezu grotesk war es, als der Überfall auf den togolesischen Mannschaftsbus Anfang des Jahres im Norden Angolas als Beleg für das angeblich unzurei- chende Sicherheitskonzept bei der WM im rund 2 500 Kilometer entfernten Südafrika herangezogen wurde. Keine Frage: Südafrika hat eine erschreckend hohe Kriminalitätsrate, insbesondere bei Gewaltverbre- chen – das belegen die Statistiken. Aber auch hier hat die Regierung, mit der Unterstützung der FIFA und der Teil- nehmerländer – unter anderem hat auch das Bundeskri- minalamt daran mitgewirkt –, ein umfassendes Sicher- heitskonzept erarbeitet, über 100 Millionen Euro investiert und mehr als 50 000 Polizisten neu eingestellt. Diese bleiben übrigens auch über die WM hinaus im Dienst, sind also nicht bloß eine kurzfristige Placebo- maßnahme. Das bringt mich abschließend zum Antrag der SPD- Fraktion. Sie listen da eine Reihe von Maßnahmen auf, die schon längst im Gange sind und auch selbstverständ- lich über das Ende der WM hinaus fortgeführt werden. Da will ich nur beispielhaft auf die bereits existierende Einbindung der Goethe-Institute und die Stärkung der Sicherheitskapazitäten der Afrikanischen Union verwei- sen, was ebenfalls bereits im Gange ist. Südafrika ist un- ser strategischer Partner in Afrika. Dies hatten die Mi- nister Westerwelle und Niebel bei ihrer gemeinsamen Reise betont. Das gilt besonders für unseren Einsatz für Frieden und Sicherheit auf dem Kontinent. Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, ein neues, ressortübergreifendes Afrika-Konzept vorzulegen. Es wird den sicherheitspolitischen, gesellschaftlichen, öko- logischen und ökonomischen Herausforderungen ebenso Rechnung tragen wie den großen Entwicklungspotenzia- len des afrikanischen Kontinents. Wir wollen diese positiven Kräfte auf dem Kontinent stärken und den Aufbruch Afrikas unterstützen – mit e l t s s n f b m W d n s P g A b a m a w G d W e a r r r s m s h a W h W n k g e U g d B s s t L s d i (C (D iner Politik, die auf Partnerschaft für Frieden und Stabi- ität setzt, auf wirtschaftliche Entwicklung und auf kul- urelle Verständigung. Lassen Sie uns diese Aufbruch- timmung, die die anstehende Fußballweltmeisterschaft pürbar werden lässt, nutzen, um gemeinsam für einen euen Blick auf den Kontinent zu werben. Ich bin mir sicher, dass Südafrika in allen Bereichen ür die WM gut vorbereitet ist, und hoffe auf ein Fuß- allfest wie vor vier Jahren in Deutschland. Ein Som- ermärchen – auf der Südhalbkugel in diesem Fall als intermärchen –, wie wir es erlebt haben, wünsche ich er Regenbogennation. Und wenn ich mir ein Traumfi- ale wünschen darf, dann findet es mit einer afrikani- chen und der deutschen Mannschaft statt! Jens Petermann (DIE LINKE): Südafrika hat unter räsident Nelson Mandela wichtige Sportereignisse aus- erichtet: 1995 die Rugbyweltmeisterschaft, 1997 den frica Cup of Nations. Beide Turniere haben die Gastge- er überraschend gewonnen. Beide Turniere haben Süd- frika wichtige Impulse gegeben mit Blick auf eine ge- einsame „Nation“. Morgen wird die Fußballweltmeisterschaft in Süd- frika eröffnet. Ab morgen könnten also Zeichen gesetzt erden. Zum ersten Mal wird ein echtes sportliches roßereignis auf dem afrikanischen Kontinent stattfin- en. Die Südafrikaner haben große Hoffnung in diese eltmeisterschaft gelegt: wirtschaftlicher Fortschritt, ine deutlich verbesserte Infrastruktur und – und das vor llem – wieder ein stärkeres Gefühl, zusammenzugehö- en. All das wäre diesem Land zu wünschen. Noch nie wa- en die Blicke der Welt so sehr auf diesen Kontinent ge- ichtet wie jetzt. Aber was sind das für Blicke? Da chwang und schwingt eine Menge Afrika-Pessimismus it. Es gab und gibt ein Negativbild vom Krisen-, Kata- trophen- und Hungerkontinent Afrika – gerade auch ier, in Europa. Eigentlich ist Südafrika ein wohlhabendes Land mit llen seinen Naturschönheiten, seiner Fauna, seinen einbergen; aber das ist das Land, das die Touristen se- en. Und die meisten Fans werden auch während der M vieles nicht sehen. Hier irrt der SPD-Antrag: Es ist icht gewollt, dass Townships an den touristischen Ver- ehrsadern sichtbar sind. Deshalb hat es Umsiedlungen egeben. In „Tin Can City“ wohnen die Menschen in infachen Wellblechhütten, ohne sanitäre Versorgung. nd es ist auch nicht gewollt, dass es – aus Sicherheits- ründen? – Versammlungen in der Nähe der WM-Sta- ien gibt. Nur leider betrifft dies auch Fußball- und olzplätze. Junge, vor allem schwarze Freizeitkicker ind so vier Wochen lang, auf Geheiß der FIFA, ohne portliche Heimat, eine an sich absurde Maßnahme. Fast 50 Prozent der Menschen in Südafrika leben un- erhalb der Armutsgrenze – im dennoch wohlhabendsten and des afrikanischen Kontinents. Fast alle diese Men- chen sind schwarz. Die politische Apartheid mag been- et sein, die ökonomische ist es längst nicht. Nirgendwo n Afrika klafft die Schere zwischen arm und reich so Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4791 (A) ) )(B) weit auseinander wie im gastgebenden Land der Fuß- ball-WM 2010. Fraglos wird insbesondere die Verkehrsinfrastruktur in Südafrika nach der WM besser sein als zuvor. Vorher gab es keine. Es sollte keine geben. Im Rassismus war die Mobilität der schwarzen Bevölkerung nicht er- wünscht. Ja, es ist sehr viel Geld in die Infrastruktur ge- flossen. Aber wer kann sich ein Auto oder ein Ticket für den Super-Schnellzug leisten? Die meisten Schwarzen fahren mit dem Sammeltaxi oder dem „Armen-Zug“ – zehn Stunden für umgerechnet sechs Euro. Allerdings muss ein Drittel der Bevölkerung mit weniger als 15 Rand am Tag auskommen, umgerechnet 1 Euro 35 Cent. Gerne wird vom „schönen Schein“ gesprochen, wenn die Rede von Südafrika ist. Nicht wenige vermuten, dass nach dem Abpfiff der Weltmeisterschaft zumindest Ka- terstimmung aufkommt. Einige Anzeichen dafür sind bereits offenkundig: 1 Million Jobs sollte die WM Süd- afrika bringen. Stattdessen sind anscheinend genauso viele Jobs im vergangenen Jahr verloren gegangen. Die streng begrenzten Zonen – vorbehalten den FIFA-Spon- soren – schließen die einheimischen Händler aus. Kein Fan-Tourist wird in Stadionnähe in den Genuss einer au- thentischen südafrikanischen Garküche kommen. Der Zuschlag für Südafrika hat bei vielen – zu Recht – Begehrlichkeiten auf Teilhabe geweckt. Denn auch zwanzig Jahre nach Ende der politischen Apartheid leben die Südafrikaner in Parallelgesellschaften – viele Schwarze in Blechhüttendörfern irgendwo im „Regen- bogenland“. Wie echt ist die Einheit, die wir in den kom- menden vier Wochen in Südafrika sehen werden? Ist eine Einheit bei einer derartigen ökonomischen Un- gleichheit überhaupt möglich? Als Sportler und Fußballfan bin ich froh, dass die WM zum ersten Mal auf dem afrikanischen Kontinent stattfin- den wird. Zudem hoffe ich, dass dieses Sportereignis ei- nen kleinen Teil dazu beitragen wird, den Rassismus ein wenig zurückzudrängen. Aber ich warne davor, in einem derart kommerzialisierten Event einen Heilsbringer zu sehen, der es nicht sein kann, so sehr ich das bedaure. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Davor können wir Deutsche uns kaum schützen: Sobald es um die Fußballweltmeisterschaft geht, tritt bei den Jüngeren das Sommermärchen 2006 ins Gedächtnis, und ältere Semester erinnern sich an 1954 oder zumindest an die Erzählungen daran. Das morgen beginnende Fest wird vermutlich wieder weit mehr als eine Milliarde Men- schen in seinen Bann ziehen, und wir wünschen uns alle, dass damit ein Sommermärchen 2010 beginnt. Es stellt sich allerdings die Frage, ob das Fest in der Lage sein kann, unser oftmals sehr negativ geprägtes Bild von Afrika zu überlagern. Afrika hat einen An- spruch darauf, dass wir diesen Kontinent differenziert betrachten. Leider haben sich bei uns über Jahre hinweg Klischees vom verlorenen, hoffnungslosen Schwarzen Kontinent verfestigt. Zum Teil ist dies verständlich, oft- m s l i A E m h e d d u v p h w w g s d s s d s S V l l a H D d T s d K g l i F n T b m n n z I l W n w p K s (C (D als hat es allerdings mit den Realitäten in den 53 unter- chiedlichen Staaten nur wenig zu tun. Afrika ist schon lange mehr als eine entwicklungspo- itische Herausforderung, denn das Afrika von heute ist n Bewegung. Das zeigt zum Beispiel die Gründung der frikanischen Union und eine Vielzahl von regionalen ntwicklungsinitiativen. Auch gibt es immer mehr de- okratische Wahlen. Bei Reisen nach Afrika kann man eute fast überall deutlich vernehmen: Afrika entwickelt in positives Selbstbewusstsein. Die vielen Menschen ort haben erkannt, dass Afrika sein Schicksal selbst in ie Hand nehmen und kann und muss. Dabei dürfen wir nsere historisch begründete Verantwortung nicht außen or lassen. Die Weltmeisterschaft ist zweifellos geeignet, diese ositive Entwicklung zu verstärken. Der WM-Titel 1954 at auf die ganze deutsche Nation durchaus positiv ge- irkt, hat die Verkrampfung gelöst und das Selbstbe- usstsein gestärkt. Die Afrikaner sind im Allgemeinen enauso fußballverrückt. Deshalb könnte Ähnliches pas- ieren. Aber verschließen wir trotzdem nicht die Augen vor en negativen Realitäten: Tatsächlich relevante wirt- chaftliche Verbesserungen von der Fußballweltmeister- chaft zu erhoffen, wäre angesichts der Probleme, mit enen Südafrika zu kämpfen hat, vermessen: Noch nie eit dem Ende der Apartheid-Ära 1994 hat es in den tädten so viele Proteste gegen die schlechte öffentliche ersorgung und die Korruption auf lokaler und nationa- er Ebene gegeben. Die inoffizielle Arbeitslosenquote iegt bei 40 Prozent, es geschehen im Schnitt 50 Morde m Tag, 21 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ist IV-positiv und 70 Prozent der Kinder leben in Armut. ie Probleme sind jedoch nicht nur wirtschaftlich: Seit em Mord an dem ultrarechten weißen Politiker erre’Blanche am 3. April dieses Jahres geht das Ge- penst des Rassenkonflikts wieder um. Julius Malema, er 29-jährige Chef der ANC-Jugendliga, hat das alte ampflied „Bringt die Buren um, sie sind Vergewalti- er“ wieder ausgepackt und ist damit zu einem der be- iebtesten Politiker des Landes aufgestiegen. Rassismus st in Südafrika weit verbreitet. Pretoria leugnet die remdenfeindlichkeit, obwohl im Frühjahr 2008 bei ei- er Hetzjagd auf Arbeitsimmigranten 60 Menschen zu ode kamen. Zigtausende wurden aus Südafrika vertrie- en. Mit großer Traurigkeit müssen wir zur Kenntnis neh- en, dass Mandelas hervorragende Ansätze zur Versöh- ung nach seinem politischen Abgang nicht intensiv ge- ug weiter verfolgt wurden. Die Gründe hierfür liegen um Teil auch in unserer Verantwortung. 1993 hat der WF Pretoria gezwungen, Schulden in Höhe von 25 Mil- iarden Euro zu übernehmen. Dieses Geld war Geld von eißen für Weiße. Gleichzeitig wurde Südafrika ein eoliberales Wirtschaftsmodell aufgezwungen, das heißt eitgehende Privatisierung von Staatsvermögen. Der ersönliche Reichtum ist zur Triebfeder der politischen aste geworden. Wenn wir uns die Verhandlungen zu einem Wirt- chaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und 4792 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) dem südlichen Afrika oder das bestehende Freihandels- abkommen zwischen der EU und Südafrika anschauen, können wir feststellen, dass die EU und damit auch Deutschland auch heute noch der Logik der bedingungs- losen Liberalisierung von Handelsbeschränkungen frönt. Nur ein Beispiel für die negativen Auswirkungen einer solchen Handelspolitik sind Hähnchen. Wir erinnern uns ja, wie berechnend und unverantwortlich wir die Hähn- chenmast in Ghana und Kamerun mit unseren subventio- nierten, billigen Hähnchenteilen zerstört haben. Im Han- delsabkommen mit Ghana sind Hähnchenteile nun nach massiven Protesten von der Liberalisierung ausgenom- men; im südlichen und östlichen Afrika drohen hingegen weiterhin lokale Märkte zerstört zu werden. Ich habe positiv begonnen, und ich möchte meine kleine Rede auch positiv beenden: Die Fußballweltmeis- terschaft kann schaffen, was im Alltag vieler Südafrika- ner noch die Ausnahme ist: Begegnungen zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Arm und Reich, nicht als Bergarbeiter oder Dienstmädchen, nicht als Hausherr oder Managerin, sondern schlicht als Fußballfans. 1995 gab der Slogan „One team – one country“ bei der dama- ligen Rugby-Weltmeisterschaft in Südafrika den Start- schuss in eine weltweit beachtete und sehr erfolgreiche Versöhnungsarbeit. Nelson Mandela gelang es damals, die Weltmeisterschaft zu nutzen, um die noch kurz vor- her durch die Apartheid gespaltene Nation zu einen. Dies zeigt auch die Chancen dieser WM für Südafrika. 1995 wurde das südafrikanische Rugby-Team übrigens Weltmeister. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates (Zusatz- tagesordnungspunkt 10) Kai Wegner (CDU/CSU): Wir sind uns sicherlich in diesem Hause alle einig: Ohne Regelungen ist kein Staat zu machen! Aber wie immer geht es um die richtige Dosis, um die Balance zwischen dem, was geregelt werden muss, und dem, was nicht geregelt werden soll. Sie kennen alle das Zitat Lord Dahrendorfs. Er hat einmal gesagt: „Wir brau- chen Bürokratie, um unsere Probleme zu lösen. Aber wenn wir sie erst mal haben, hindert sie uns, das zu tun, wofür wir sie brauchen.“ Das ist – wie ich finde – genau die richtige Beschreibung dafür, dass wir – dass die Poli- tik – die Balance finden muss, zwischen dem, was von staatlicher Seite geregelt werden muss, wo möglicher- weise eine Überregulierung stattfindet und wo nützliche Regelungen fehlen. Diese Balance zwischen diesen drei Feldern müssen wir finden. Aber dabei muss immer eines das Ziel bleiben, näm- lich: Umfang und Nebenwirkungen der Regelungen so gering wie möglich zu halten. Denn zu viele und zu auf- wendige Regelungen und ihre häufig komplizierte Um- s t e d g u m z d R r „ v A B K U r d S B r D t t B D s t v t C h E N n G s N r d w s t J d s a l g W r A (C (D etzung stehlen Bürgern, Unternehmen und der Verwal- ung zu viel Zeit und zu viel Geld – auch wenn schon rste Fortschritte erreicht wurden. Deshalb wird oft auf ie Bürokratie geschimpft, auch wenn im Grundsatz ein ewisses Maß an Regelungen und Gesetzen notwendig nd sinnvoll ist. Dieses, seit vielen, vielen Jahren bekannten Dilem- as hat sich die Bundesregierung angenommen, und mit u ihren Prioritäten politischen Handelns erklärt. Mit en „Eckpunkten zum Bürokratieabbau und zur besseren echtsetzung“ hat die christlich-liberale Bundesregie- ung am 27. Januar dieses Jahres „Bürokratieabbau“ und bessere Rechtsetzung“ als eigenständige Politikziele erankert. Dies zeigt sich unter anderem auch in dem uftrag an den Koordinator der Bundesregierung für ürokratieabbau und bessere Rechtsetzung, Eckart von laeden, regelmäßig im Kabinett über den Stand der msetzung des Programms zu informieren. Dass die Bundesregierung in diesem Feld auf dem ichtigen Weg ist, bestätigt uns zum Beispiel die OECD, ie am 28. April 2010 ihren „Länderbericht über den tand der besseren Rechtsetzung in Deutschland“ an die undeskanzlerin übergeben hat. Darin wird die Bundes- egierung für ihr Engagement ganz ausdrücklich gelobt. ie Koordination im Bundeskanzleramt und die Kon- rolle durch den Normenkontrollrat sowie eine klare Me- hodik und verbindliche Ziele sorgten – nach OECD- eobachtungen – dafür, dass die Rechtsetzung in eutschland immer besser wird. Das ist ein großer Fort- chritt im Vergleich zum Bericht aus dem Jahr 2003. Und um den Erfolg des Regierungsprogramms wei- erhin sicherzustellen, wollen wir unsere Anstrengungen erstärken, den eingeschlagenen Weg konsequent wei- ergehen, ja sogar ausbauen. Die Fraktionen von CDU/ SU und FDP im Deutschen Bundestag haben dazu eute einen Entwurf zur „Änderung des Gesetzes zur insetzung eines Nationalen Normenkontrollrates, KR-Gesetz“ auf den Weg gebracht. Wie in der Kabinettsklausur im November vergange- en Jahres beschlossen, bezieht die Koalition mit dieser esetzesnovelle den Normenkontrollrat, NKR, umfas- ender in die Rechtsetzung mit ein. Der unabhängige ormenkontrollrat bleibt die zentrale Institution des Bü- okratieabbaus, wird jedoch erheblich gestärkt, indem as Mandat und die Kompetenzen des NKR ausgeweitet erden. Der Normenkontrollrat – ein mit Experten aus Wirt- chaft und Verwaltung besetztes unabhängiges Bera- ungsgremium der Bundesregierung – wurde bereits im ahr 2006 im Zusammenhang mit der Verabschiedung es Regierungsprogramms „Bürokratieabbau und bes- ere Rechtsetzung“ eingesetzt. Bisher prüft der NKR bei llen Gesetzentwürfen der Bundesregierung die Darstel- ung des bürokratischen Aufwands, der durch die Befol- ung sogenannter Informationspflichten bei Bürgern, irtschaft und öffentlicher Verwaltung entsteht, und egt gegebenenfalls die Erarbeitung kostengünstigerer lternativen an. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4793 (A) ) )(B) Künftig soll diese Begutachtung auf den gesamten Aufwand ausgedehnt werden, der für die Betroffenen bei der Erfüllung bundesrechtlicher Vorschriften anfällt. Das ist im § 2 unter dem sogenannten „Erfüllungsaufwand“ zu verstehen. Während bisher zum Beispiel nur der Nachweis über den Einbau eines Abgasfilters in die Be- trachtung bürokratischer Belastungen eingeflossen ist, werden künftig auch dessen Preis und die Kosten für den Einbau berücksichtigt, die sogenannten sonstigen Kos- ten der Wirtschaft. Neben den Regelungsentwürfen der Bundesministe- rien soll der NKR künftig außerdem Gesetzesentwürfe des Bundesrates und Regelungsvorhaben aus der Mitte des Bundestages, soweit eine Fraktion dies beantragt, prüfen können. Was heißt, dass auch Oppositionsfraktio- nen einen Entwurf der Koalition dem NKR vorlegen könnte. Damit wäre das Schlupfloch gestopft, dass in der Vergangenheit Vorhaben über Regelungen am NKR „vorbeigemogelt“ werden konnten. Jeder Initiator – egal, ob Regierungsfraktion oder Opposition – wäre dann also gut beraten, die Gesetzentwürfe regelmäßig vorab auf ihre Auswirkungen hinsichtlich der Bürokratiebelastung abzuschätzen. Das entscheidend neue Element des Regierungspro- gramms ist die Betrachtung des gesamten Aufwands, der zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung notwen- dig ist. Diese Ausweitung des Programms auf den ge- samten Erfüllungsaufwand bringt einen Perspektiv- wechsel mit sich: Das Recht wird aus der Sicht aller Betroffenen untersucht und weiterentwickelt. Damit betritt die Bundesregierung – auch im internationalen Vergleich – methodisches Neuland. Mit diesem neuen Ansatz entfällt die bisherige Trennung von Informations- pflichten und anderen zur Normerfüllung auferlegten Pflichten; denn man misst die Gesamtbelastung, die sich für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung durch die Recht- setzung ergibt. Die bisherige Beschränkung auf Informationspflich- ten war häufig ein Kritikpunkt aus der Wirtschaft und den Verbänden. Aber auch die Bürger bemängelten, dass beispielsweise Umstellungs- oder Anschaffungskosten als Teil ihrer durch die Befolgung von Vorschriften aus- gelösten Belastung bei der Darstellung von Gesetzesfol- gen nicht berücksichtigt wurden. Die Bundesregierung hat daher beschlossen, künftig den gesamten Aufwand für alle Betroffenen in den Blick zu nehmen. Dabei be- treten wir Neuland und entwickeln die bewährten Mess- und Schätzinstrumente weiter. Bisher sind wir in der Frage des Standardkosten-Mo- dells und der Informationspflichten dem Beispiel ande- rer Länder, insbesondere den Niederlanden, gefolgt. Wenn wir jetzt ein ähnlich objektives Messverfahren für den Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung erarbeiten, dann sind wir an der Spitze der internationalen Entwicklung. Die Bereiche, in denen der Erfüllungsaufwand ermit- telt und Reduzierungen aufgezeigt werden sollen, sind in der jetzt anstehenden ersten Phase: Planungs- und Bau- recht von Infrastrukturvorhaben; Steuererklärungen, steuerliche und zollrechtliche Nachweispflichten; Har- m P b g n t k e l s u d t s u N A R d R w u e w w w o L v t m u b m B d 2 d S m S w l d g l R z w A l s P r d c (C (D onisierung und Verkürzung der Aufbewahrungs- und rüfungsfristen nach Handels-, Steuer-, und Sozialrecht; etriebliche Beauftragte; Antrag auf gesetzliche Leistun- en, insbesondere für Existenzgründer und Kleinunter- ehmen sowie bei drohender Firmeninsolvenz, die Si- uation von Menschen, die pflegebedürftig, chronisch rank oder akut schwer krank sind, Familien und Allein- rziehende; Erleichterung der elektronischen Übermitt- ung der Gewerbeanzeige. Damit sind Bereiche ange- prochen, die jeweils einen großen Teil der Wirtschaft nd der Bevölkerung betreffen, oder aber Bereiche, in enen Betroffene in einer besonders schwierigen Situa- ion sind. Konkret heißt das: Im Vordergrund der Betrachtung teht das, was bei den Betroffenen passiert. Wir stellen ns während des Gesetzgebungsverfahrens, an dem der KR im Verfahren stets beteiligt ist, ex ante, sowie beim bbau bestehender Bürokratie, an dem der NKR in der egel methodisch an den Prozessen beteiligt ist, ex post, ie Frage: Was löst das Recht bei den Betroffenen in der ealität aus? Also bei den Bürgerinnen und Bürgern so- ie bei der Wirtschaft, den Unternehmen und Betrieben nd bei der Verwaltung. Das heißt weiterhin: Wir untersuchen nicht mehr nur ine abstrakte isolierte Norm, sondern – wenn man so ill – das wahre Leben! Und wie Sie wissen, wirken im ahren Leben stets viele Normen gleichzeitig. Die Ver- altung ist beispielsweise in aller Regel eine Länder- der Kommunalverwaltung. Da wirken meist Bund, änder, Kommunen und gegebenenfalls andere Selbst- erwaltungsträger, zum Beispiel Krankenkassen, Ren- enversicherung oder berufständische Kammern, zusam- en. Und das bedeutet auch, dass die Bundesregierung nd damit auch der NKR künftig sehr viel intensiver als isher ebenen- und rechtsbereichsübergreifend arbeiten üssen. Allerdings gebietet die Vernunft auch Grenzen. Ein eispiel dazu: Wenn eine vierspurige Straße gebaut wer- en soll und man dort den Erfüllungsaufwand um 5 Prozent reduzieren will, dann ist damit nicht gemeint, ass man statt einer vierspurigen nur eine dreispurige traße baut. Mit Erfüllungsaufwand ist also all das ge- eint, was an Aufwand betrieben werden muss, um die traße bauen zu können. Mir ist natürlich aber auch be- usst, dass die Fragen, wo die Grenze des Messbaren iegt und welcher Aufwand gesetzlich veranlasst ist, in er Abgrenzung schwierig bleiben. Die Initiative der Re- ierungsfraktionen im Deutschen Bundestag zeigt deut- ich, dass Parlament und Regierung zur Steigerung der echtsetzungsqualität in Deutschland an einem Strang iehen. Staatliche Regulierungen soll es nur dort geben, o es unbedingt erforderlich ist. Der daraus entstehende ufwand muss für die Betroffenen so gering wie mög- ich sein. Eines will ich sagen: Den Bürgerinnen und Bürgern owie der Wirtschaft ist es zu Recht egal, ob nun das arlament oder die Regierung oder alle gemeinsam bü- okratische Belastungen verursachen. Ich begrüße es eshalb sehr, dass das Prüfungsrecht des NKR entspre- hend erweitert wird. Die geplante Mandatserweiterung 4794 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) ist auch Ausdruck der hohen Wertschätzung für die Ar- beit des NKR. An dieser Stelle möchte ich mich deshalb ganz herzlich bei allen bedanken, die im Normenkon- trollrat mitarbeiten – sowohl bei denen, die den Normen- kontrollrat selbst bilden, als auch bei den Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern. Die kleinen und mittleren Unternehmen sind dennoch nach wie vor durch staatliche Regulierung besonders stark belastet. Sie können sich keine große Verwaltung leisten, die „nur“ damit beschäftigt ist, die häufigen und kleinteiligen Änderungen des sowieso schon komplizier- ten Rechts in Deutschland nachzuvollziehen, Meldungen abzugeben und Anträge zu stellen. Bislang hat die Bundesregierung Maßnahmen mit Entlastungen von rund 7 Milliarden Euro jährlich auf den Weg gebracht. Das sind knapp 15 Prozent der Ge- samtbelastung. Wie beim Langstreckenlauf wird die zweite Hälfte der Strecke sicherlich schwerer als die erste. Dennoch sind weitere Entlastungen möglich und nötig. Jetzt muss es endlich zu wirklich spürbaren Ent- lastungen kommen. Das Ziel, 25 Prozent der Bürokratiekosten der Wirt- schaft im Vergleich zum Stand vom 30. September 2006, rund 47 Milliarden Euro jährlich, bis 2011 abzubauen, ist deshalb im Kabinettsbeschluss vom 27. Januar 2010 als Netto-Vorgabe formuliert worden. Das heißt, die be- reits erzielten Entlastungen von rund 7 Milliarden Euro pro Jahr dürfen nicht durch neue Belastungen an anderer Stelle wieder aufgezehrt werden. Nach jetzigem Stand weitere rund 5 Milliarden Euro an jährlichen Bürokosten der Wirtschaft bis 2011 abzubauen, ist zwar ehrgeizig, aber erreichbar. Denn nur wenn die Menschen in unserem Land das Gefühl haben, dass es den tatsächlichen Willen gibt, Bü- rokratie auf ein Minimum zu reduzieren, dann wächst auch die Akzeptanz staatlichen Handelns, und zwar auf allen Ebenen. Die Erfahrungen der Vergangenheit, insbesondere im Hinblick auf das Steuerrecht, haben dazu geführt, dass die Unternehmer erhebliche Zweifel daran haben, ob die Politik tatsächlich jemals die Kraft zum spürbaren Büro- kratieabbau findet. Aber wir müssen die Kraft dafür fin- den und dafür aufbringen; denn Bürokratieabbau ist ein dringend erforderlicher Beitrag zu mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland, sozusagen ein Konjunk- turprogramm zum Nulltarif. Und dieses Potenzial wollen und werden wir nutzen. Andrea Wicklein (SPD): Der Abbau von Bürokratie, die Unternehmen und Bürger belastet, ist ein wichtiges Ziel unserer Wirtschaftspolitik. Wir wollen, dass sich Unternehmer auf die Erreichung ihrer wirtschaftlichen Ziele konzentrieren, anstatt sich mit dem Ausfüllen von umständlichen Anträgen beschäftigen zu müssen oder Berichte zu schreiben. Darin sind wir uns hier sicher alle einig. Gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Lage ist es wichtig, unnötige Bremsen in der Wirtschaft zu lösen. Dazu gehört der Abbau von Bürokratie. K r M r d 7 Z e b E s e z k 3 s i V c g d d d g d w E r s d w d R J r s d s Z u 1 p s g t t G w d D e B S s m (C (D Den Aufwand an Bürokratie zu reduzieren, war ein ind der Großen Koalition. Mit dem „Programm für Bü- okratieabbau und bessere Rechtsetzung“ und den drei ittelstandsentlastungsgesetzen hatte die letzte Bundes- egierung gezeigt, dass sie es damit ernst meint. Es ist er Großen Koalition gelungen, Belastungen von rund Milliarden Euro abzubauen. In Anbetracht der kurzen eit kann sich das Ergebnis sehen lassen. Schon im Jahr 2006 hatten wir den Normenkontrollrat ingesetzt und damit eine Überprüfung und Messung der ürokratischen Lasten unserer Unternehmen eingeführt. s wurde eine Bestandsaufnahme eingeleitet, die inzwi- chen abgeschlossen ist. Gleichzeitig schufen wir damit in Instrument, um die Gesetzgebung – also uns selbst – u kontrollieren. Mit der Überprüfung von Gesetzen onnte der Kontrollrat eine Netto-Entlastung von ,6 Milliarden Euro erreichen. Ziel der SPD ist aber nicht nur ein Abbau bürokrati- cher Lasten, der zu Einsparungen führt. Es ging auch mmer um die Praxis einer besseren Rechtsetzung. Das erhältnis der Bürgerinnen und Bürger zu den staatli- hen Stellen soll verbessert werden. An diesem über- eordneten Ziel halten wir als SPD fest. Uns geht es arum, Verwaltungsabläufe zu überprüfen und zu mo- ernisieren, wenn möglich zu vereinfachen. Für uns be- eutet Bürokratieabbau aber nicht, bewährte soziale oder esellschaftliche Standards zu reduzieren oder notwen- ige Aufgaben des Staates infrage zu stellen. Ob im Um- eltschutz, beim Steuerrecht oder beim Arbeitsrecht: ine effiziente Verwaltung ist notwendig, um die Inte- essen der Bürgerinnen und Bürger und des Staates zu ichern. Daher haben wir ein Interesse an gut ausgebil- etem und motiviertem Personal in der öffentlichen Ver- altung. Das möchte ich ausdrücklich klarstellen. In iesem Sinn begrüßen wir nochmals die Einigung zur eform der Arbeitsverwaltung. Eine Zerschlagung der obcenter hätte Langzeitarbeitslose mit neuen Formula- en belastet und sie zu unterschiedlichen Stellen ge- chickt. Das verhindern wir nun durch eine Änderung es Grundgesetzes. Noch immer kostet die deutsche Bürokratie die Wirt- chaft rund 48 Milliarden Euro. Bis Ende 2011, so das iel, soll ein Viertel davon abgebaut sein. Die bisher ntersuchten Informationspflichten machen aber nur 5 Prozent der Bürokratiekosten insgesamt aus. Die ge- lante Stärkung des Kontrollrates und die Ausdehnung einer Zuständigkeiten ist daher nachvollziehbar. Da eht der vorliegende Gesetzentwurf in die richtige Rich- ung. Eine Ausweitung der Untersuchung über Informa- ionspflichten hinaus ist richtig. Die Überprüfung von esetzentwürfen gewinnt damit eine neue Qualität. Es ird nicht mehr nur unnötige Bürokratie abgebaut, son- ern auch eine effektive Verwaltung ermöglicht. eutschland nimmt damit eine Vorreiterrolle in Europa in. Diese Vorreiterrolle muss Deutschland stärker nutzen. ereits mehrfach hat der Normenkontrollrat in seinen tellungnahmen darauf hingewiesen, dass die europäi- che Ebene in die Anstrengungen zum Bürokratieabbau it einbezogen werden muss. Bereits die Hälfte aller Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4795 (A) ) )(B) Bürokratiekosten wird in Deutschland durch europäische Regelungen verursacht. Hier muss die Bundesregierung in den Gremien der EU aktiver werden und zum Beispiel eine Folgekostenabschätzung für alle europäischen Rechtsakte erreichen. National können wir durch eine Ausdehnung der Be- fugnisse des Nationalen Normenkontrollrates voran- schreiten. Das setzt aber voraus, dass der Normenkon- trollrat auch zu dieser Arbeit befähigt wird. Der Gesetzentwurf der Koalition sieht zwar eine Ausdeh- nung der Mitglieder des Rates auf zehn Personen vor, sagt aber nichts über die Mitarbeiterausstattung im Se- kretariat des Normenkontrollrates. Es wird zu überprü- fen sein, ob zwei weitere Stellen im Sekretariat ausrei- chend sind, um die Aufgaben zu erfüllen. Das Gleiche gilt für den Faktor Zeit. Nur wenn Ge- setzentwürfe rechtzeitig dem Normenkontrollrat zugelei- tet werden, kann er sich überhaupt damit beschäftigen. Sicher gibt es Ausnahmesituationen, in denen ein schnelles Handeln des Gesetzgebers unabdingbar ist. Das zeigen Beispiele in den letzten zwei Jahren, als es um die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise ging. Trotz- dem stellen wir immer wieder fest, dass Gesetzentwürfe in nächtlichen Runden endverhandelt werden, die dann eine Stellungnahme des Normenkontrollrates vor der Einbringung in den Bundestag ausschließen. Wichtig ist auch, dass die neuen Aufgaben des Nor- menkontrollrates hinreichend definiert werden. Die De- finition und das Verständnis des Begriffs „Erfüllungsauf- wand“, den der Rat ermitteln soll, bedarf der genauen Erörterung. Ob die im vorliegenden Gesetzentwurf ge- fundene Formulierung ausreichend und abschließend ist, muss diskutiert werden. Es wird nicht mehr nur das Standardkosten-Modell anzuwenden sein, wir brauchen einen neuen Ansatz. In der Schweiz ist unlängst vom Schweizerischen Gewerbeverband ein Modell entwi- ckelt worden. Der Deutsche Bundestag kann jedoch Stellungnahmen des Normenkontrollrates nur dann in seiner Arbeit berücksichtigen, wenn eindeutig erkennbar ist, auf welcher Grundlage überprüft wurde. Geplant ist ebenfalls, Gesetzesvorlagen der Fraktio- nen in die Prüfungen mit einzubeziehen. Das ist eine konsequente Schlussfolgerung der bisherigen Zielset- zung. Die Erfahrungen des Nationalen Normenkontroll- rates sind inzwischen dafür ausreichend. Vorgeschlagen wird, dass auf Antrag einer Fraktion – damit auch gegen den Willen der Einbringer – Gesetzentwürfe überprüft werden. Es muss aber sichergestellt werden, dass der Normenkontrollrat nicht zu einem Verschiebebahnhof der Regierungsfraktionen für unliebsame Oppositions- entwürfe wird. Ebenso sollten die Entscheidungen des Bundesrates in die Bemessung einbezogen werden. Hier sind die Länder gefragt. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf bedeutet für uns nicht das Ende der Anstrengungen zum Bürokratieab- bau. In seiner Arbeit hat der Normenkontrollrat deutlich gemacht, dass es sinnvoll erscheint, auch über den Tel- lerrand der Gesetzgebung hinaus zu schauen. Der Voll- zug der Gesetze bei Ländern, Gemeinden oder Sozial- verbänden ist ebenso entscheidend. Dort ist nämlich der O c d a m g u d n w m A D i c G a s t w s m s f e D n b z n B b b v w N r h m l k B t F z D U B a t c K h g (C (D rt, an dem Formulare erstellt werden und der eigentli- he Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern stattfin- et. Die Zusammenarbeit mit diesen Stellen ist daher un- bdingbar. Wir begrüßen daher die Modellprojekte, die der Nor- enkontrollrat in diesem Bereich unternommen hat. Es ing um die Anträge zum Elterngeld, zum Wohngeld nd zum BAföG. Damit hat der Normenkontrollrat ganz irekt den Sinn des Bürokratieabbaus für die Bürgerin- en und Bürger in den Fokus genommen. Daran sollte er eiter arbeiten. Er wird so auch zu einem Beratungsgre- ium für untergeordnete Ebenen. So wissen wir jetzt, dass das Ausfüllen eines BAföG- ntrages 335 Minuten dauert, also rund 5½ Stunden. abei halten die Hälfte aller Antragsteller die Formulare n Teilen für unverständlich. Die BAföG-Ämter brau- hen dann mindestens 1½ Monate zur Bearbeitung, in renzfällen sogar ½ Jahr. Da bleibt für den Bürokratie- bbau viel zu tun! Der Normenkontrollrat hat dazu Vor- chläge zusammengetragen, die sicher eine nähere Be- rachtung wert sind. Am Ende sind jedoch alle Anstrengungen umsonst, enn aufgrund schlechter Politik ständig neue bürokrati- che Hürden für die Bürgerinnen und Bürger hinzukom- en. Ein Beispiel ist das sogenannte Wachstumsbe- chleunigungsgesetz. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz ür Hotelübernachtungen hat am Ende mehr Bürokratie rzeugt, bei den Hotels genauso wie bei den Ämtern. as kann jeder nachvollziehen, der seit 1. Januar in ei- em Hotel übernachtet hat und dort auch ein Frühstück estellte. Dieses Beispiel zeigt, dass auch beim Abbau- iel von 25 Prozent auf der Basis des Jahres 2006 nicht ur abgeschaffte, sondern auch neue Regelungen in die ilanz einfließen müssen. Außerdem müssen wir selbst eim Formulieren von Gesetzen die damit verbundenen ürokratischen Belastungen immer mitdenken. In den ergangenen Jahren haben wir da einen Bewusstseins- andel ausgelöst, den wir alle verinnerlichen müssen. Frank Schäffler (FDP): Seit 2006 unterstützt der ationale Normenkontrollrat, NKR, die Bundesregie- ung beim Bürokratieabbau. Er hat sich dabei als unab- ängige und kompetente Institution einen Namen ge- acht und ist allgemein anerkannt. Mit dem vor- iegenden Gesetzentwurf wollen wir ihn erheblich stär- en. Er soll künftig nicht mehr nur die Entwürfe der undesregierung, sondern auch Vorhaben des Bundesra- es und aus der Mitte des Bundestages – auf Antrag einer raktion – prüfen. Die inhaltlichen Prüfungskompeten- en des NKR werden durch § 4 Abs. 2 NKRG erweitert. anach kann der NKR beispielsweise die Eins-zu-eins- msetzung von EU-Richtlinien oder Erwägungen zur efristung und Evaluierung von Gesetzen prüfen. Wichtig ist dabei jedoch, dass der NKR nach wie vor uf eine Plausibilitätsprüfung und die Prüfung der Me- hodengerechtigkeit beschränkt ist. Die Ziele und Zwe- ke der jeweiligen Regelung sind nicht Gegenstand der ontrolle durch den NKR, sondern unterliegen weiter- in der politischen Entscheidung der Rechtsetzungsor- ane. Das Primat der Politik bleibt selbstverständlich ge- 4796 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) wahrt. Der NKR wird in seiner beratenden Rolle gestärkt, behält aber seine politische Neutralität und Un- abhängigkeit. Die christlich-liberale Koalition bekräftigt das Ziel, die Informationspflichten für die Wirtschaft um 25 Pro- zent abzubauen. Wir wollen aber nun beim Bürokratie- abbau einen entscheidenden Schritt weitergehen. Bisher wurden nur die Informationspflichten in den Blick ge- nommen. Allerdings begegnet Bürokratie Bürgern und Unternehmen vielfach auch in anderen Bereichen. Wir wollen den Ansatz deshalb ausweiten und mit dem Er- füllungsaufwand den gesamten messbaren Zeitaufwand und die Kosten, die durch die Befolgung einer bundes- rechtlichen Vorschrift entstehen, darstellen. Auch Vertragspflichten zwischen Privaten werden künftig einbezogen. Dabei werden solche Erklärungen, die für das Vertragsverhältnis grundlegend sind, also bei- spielsweise Angebot und Annahme oder eine Kündigung eines Vertrages, nicht einbezogen. Berücksichtigt wer- den aber jene von den Bürgern als Bürokratie empfunde- nen Informationspflichten wie beispielsweise Warnhin- weise oder Begründungspflichten. Die sich aus den Stellungnahmen des NKR ergebende umfassende Kenntnis der Folgen, die ein Gesetz für die Betroffenen hat, erleichtert dem Gesetzgeber eine be- wusste und verantwortungsvolle Entscheidung bei der Rechtsetzung und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur besseren Rechtsetzung. Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung wirken wie ein Wachstumsprogramm zum Nulltarif. Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, wollen CDU/CSU und FDP dieses Potenzial nutzen. Michael Schlecht (DIE LINKE): Keine Bundesre- gierung der Nachkriegszeit hat die Wirtschaft so an die Wand gefahren. Um das wirtschaftliche Desaster perfekt zu machen, lassen Sie mitten in der Krise die Bevölke- rung das radikalste Sparprogramm der Nachkriegsge- schichte bezahlen. Dies wird die Inlandsnachfrage abwürgen und insbesondere den Mittelstand in Deutsch- land treffen. Alles, was ihnen zu Wirtschaft noch ein- fällt, sind daher Sonntagsreden über Bürokratieabbau. Sie konnten bislang nicht einmal nachweisen, dass die bisherigen Befugnisse des Normenkontrollrates einen wesentlichen Beitrag zur Effizienz der Gesetzgebung oder der Belebung der Wirtschaft geleistet haben. Der Normenkontrollrat soll zukünftig nicht nur die Kosten der Informationspflichten durch Gesetze überprüfen, sondern die Kosten des Vollzugs. Außerdem sollen nicht nur Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, sondern auch des Bundesrates bzw. des Bundestages überprüft werden. So weit, so gut. Die Linke unterstützt selbstver- ständlich effiziente Gesetze, die keine sinnlosen Kosten verursachen. Das Problem ist, was Sie unter Bürokratie verstehen. Dazu reicht ein Blick in das Steuerkonzept der FDP. Die FDP will ihre Steuergeschenke für Besserverdiener etwa durch die Senkung der Standards beim Straßenbau finan- zieren. Das hätte sich Berlusconi nicht besser ausdenken können. Viele Länder beneiden uns um Bauvorschriften zur Wärmedämmung. Damit wird viel Energie gespart. A t d o u V v s t s A n t m m h s z a s 1 f n B n v g P p L e t z w I t P d R d J A w n w d Z G a n w S t (C (D us Sicht eines Bauunternehmens entstehen aber Kos- en. Bedeutet dies nach dem hier vorgelegten Gesetz, ass solche Vorschriften unter Bürokratiekosten fallen der nicht? Früher kamen Ausländer nach Deutschland nd lobten die deutsche Infrastruktur, die übrigens eine oraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg ist. Heute sind iele Besucher unseres Landes schockiert, wie sehr un- ere Straßen, Verkehrsmittel oder Universitäten verlot- ern. Der Skandal um die Kölner U-Bahn ist nur ein Bei- piel, dass Sie mit Bürokratie nicht die Kosten für die llgemeinheit sondern die Kosten für schlampige Unter- ehmen meinen. Damit benachteiligen Sie auch jene Be- riebe, die auf hohem Niveau arbeiten. Der Bürokratieabbau der Bundesregierung ging im- er mit dem Abbau der Qualität amtlicher Statistiken, it geringeren Umweltstandards oder Datenschutz ein- er. Ich habe von Ihnen auch noch nie etwas zu der un- äglichen Bürokratie gehört, die Sie etwa Menschen umuten, die ihre Arbeit verloren haben und zur Arbeits- gentur müssen. Das alles verstecken Sie hinter nebulö- en Konzepten wie der Standardkostenmessung. Der vorliegende Gesetzentwurf ist daher nur die 00. Fortsetzung einer schlechten Seifenoper. Jedes Jahr ällt den Arbeitgeberverbänden etwas Neues ein, was ih- en das Leben schwer macht. Und jedes Mal legt die undesregierung einen neuen Gesetzentwurf vor, der ichts anderes ist als der Wunschzettel der Arbeitgeber- erbände in Form einer Bundestagsdrucksache. Ihnen eht es beim Bürokratieabbau nur darum, Gesetze der olitik, die den Lobbyisten nicht schmecken, den Stem- el bürokratisch zu verpassen. Daran ändert auch das ippenbekenntnis nichts, dass es sich hierbei nicht um inen Eingriff in die Politik, sondern nur um die Bewer- ung von Bürokratiekosten handelt. Die Praxis zeigt etwas anderes: In der Modellregion um Bürokratieabbau Ostwestfalen-Lippe stiegen Um- eltverbände und Gewerkschaften aus dem Projekt aus. hr Vorwurf lautet: Unter dem Deckmantel des Bürokra- ieabbaus wird der Naturschutz demontiert und einseitig olitik für die Wirtschaft gemacht, nämlich auf Kosten er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer echte. Ich habe daher einen ganz praktischen Vorschlag: Vor rei Jahren versorgten Sie Edmund Stoiber mit einem ob in Brüssel. Er ist dort ehrenamtlicher Leiter einer rbeitsgruppe zum Bürokratieabbau. Ich würde gerne issen, was er dort eigentlich macht und wie viel Ton- en Papier und Geld mit dieser Arbeitsgruppe verbrannt urde? Das wäre doch einmal eine schöne Aufgabe für en Normenkontrollrat. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): unächst einmal begrüße ich es sehr, dass endlich ein esetzentwurf vorgelegt wird, den wir im Wirtschafts- usschuss federführend beraten können. Daran herrscht ämlich Mangelware, seit Rainer Brüderle als Bundes- irtschaftsminister im Amt ist. Und ich freue mich, dass chwarz-Gelb erste Vorbereitungen macht, um Bürokra- ie abzubauen, wie im Koalitionsvertrag versprochen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4797 (A) ) )(B) Leider war es das auch schon mit der Freude, denn der Gesetzentwurf bleibt leider auf halbem Wege stehen. Union und FDP lassen die Chance verstreichen, den Normenkontrollrat viel stärker in den Dienst der Abge- ordneten zu stellen. Das ist sehr bedauerlich. Denn was nutzt es, wenn die Fraktionen den Normenkontrollrat zu einer Stellungnahme auffordern können, diese Stellung- nahme aber im Zweifel erst erfolgt, wenn das Gesetzge- bungsverfahren abgeschlossen ist? Das ist ein Placebo, und ich hoffe, dass wir hier im Ausschuss noch eine bes- sere Lösung finden werden. Es sollte die Regel und nicht die Ausnahme sein, dass der Normenkontrollrat eine ab- schließende Stellungnahme abgibt, bevor ein Gesetzge- bungsverfahren abgeschlossen wird. Ganz ähnlich ist es mit dem Nettoziel zum Bürokra- tieabbau. Die Regierung hat sich in ihrem 2009er Be- richt zum Stand des Bürokratieabbaus zum Nettoziel be- kannt, und das haben wir auch sehr begrüßt. Die kleinen und mittleren Unternehmen haben nichts davon, wenn wir hier im Bundestag an der einen Stelle unnütze Belas- tungen streichen, aber an anderer Stelle doppelt und dreifach neue Pflichten aufbauen. Das zeigt sich zum Beispiel bei dem missglückten Reparaturversuch für die Sofortabschreibungen für geringwertige Wirtschaftgüter. Da steht jetzt zwar wieder die alte Wertgrenze von 410 Euro drin, aber daneben existiert ein Wahlrecht für die vorherige Sammelpostenregelung. Das ist alles sehr kompliziert und unnötig aufwendig für die Unterneh- men. Oder auch die Steuerermäßigung für Hoteliers und das dann folgende Hickhack mit getrennter Abrechnung von Übernachtung und Frühstück und so weiter. Das Nettoprinzip für den Bürokratieabbau macht also durchaus Sinn. Allerdings steht im Gesetzentwurf von Schwarz-Gelb von einem Nettoziel nichts drin. Dieses Nettoziel sollten wir unbedingt noch in die Berichts- pflichten der Bundesregierung hineinschreiben. Damit wäre gesichert, dass künftig entlastende und belastende Maßnahmen im Jahresbericht der Bundesregierung zum Bürokratieabbau gegenübergestellt werden. Wir hätten endlich ein klares Bild, wie sich die Bürokratielasten tat- sächlich entwickeln. Ich bin mir sicher, wir werden uns die Augen reiben, wie wenig sich im Saldo bisher verän- dert hat. Für die Bürgerinnen und Bürger, für Selbstständige und Mittelständler geht es darum, dass Bürokratieabbau für sie wirklich spürbar wird. Bisher ist diese Spürbarkeit aber eher gering. Das hat auch der Normenkontrollrat be- reits angemahnt. Deshalb sehe ich es als großen Fort- schritt an, dass wir Abgeordneten künftig mit dem ge- samten Erfüllungsaufwand konfrontiert werden, den die Vorschläge der Bundesregierung, der Länder und auch Vorschläge aus der Mitte des Bundestages heraus für die Bürger und für die Unternehmen auslösen. An diesem gesamten Erfüllungsaufwand sollten dann aber auch die Bürokratieabbauziele gemessen werden. Ansonsten er- gibt sich ein falsches Bild: Im letzten Bericht hat sich die Regierung nämlich noch gefeiert, dass sie bis Ende 2009 die Bürokratiekosten der Wirtschaft aus Informations- pflichten von 47,6 Milliarden Euro pro Jahr bereits um rund 6,6 Milliarden Euro abgebaut habe. Damit wäre das E t g f B g g d V v t B n B b a s a w b u s w j r t s s d u A u v e w d g m f W t i J g g f z v e (C (D tappenziel auf dem Weg zur angestrebten Netto-Entlas- ung der Wirtschaft um 25 Prozent bis Ende 2011 im Ver- leich zu 2006 erreicht. Dabei geht es aber nur um die In- ormationspflichten, keineswegs um die tatsächlichen ürokratiekosten, die zum Beispiel durch Behörden- änge, Genehmigungs- und Zertifizierungsverfahren aus- elöst werden. Hier sollte nicht weiter Zeit vertan wer- en. Zum Beispiel sollten die Ministerien bei ihren orschlägen zum Bürokratieabbau, die sie bis zum 1. Juli orlegen müssen, bereits auf die Reduzierung des gesam- en Erfüllungsaufwands abzielen. Dieser Gesetzentwurf schafft einen Rahmen, um den ürokratieabbau voranzubringen. Die konkreten Maß- ahmen müssen folgen. Hier bleibt die Regierung in einer ringschuld. Nötig wäre ein umfassendes Bürokratieab- auprogramm, das unnötige bürokratische Belastungen us allen geltenden gesetzlichen Regelungen zusammen- tellt und Vorschläge zum Abbau entwickelt. Fakt ist uch, dass die Bundesebene allein keinen Erfolg haben ird, die Bürokratielasten entscheidend abzubauen. Wir rauchen eine gemeinsame Initiative von Bund, Ländern nd Kommunen. Bürokratieabbau muss von einer politi- chen Floskel zu einem verbindlichen Ziel werden. Denn eniger Bürokratie ist ein langfristig wirksames Kon- unkturprogramm, das zudem wenig kostet. Die Ministe- ien sollten deshalb für jedes Jahr verbindliche Bürokra- ieabbauziele für ihr Haus formulieren, und die Minister ollten jährlich mit den Haushaltsberatungen im Deut- chen Bundestag und seinen Ausschüssen zur Einlösung ieser Ziele sowie zu den Zielen des Folgejahres Rede nd Antwort stehen. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Unsere Meere brau- chen Schutz (Tagesordnungspunkt 18) Ingbert Liebing (CDU/CSU): Täglich erschüttern ns die Nachrichten und Bilder von der Ölkatastrophe or der Südküste der USA. So erfährt derzeit ein Thema ine hohe Aufmerksamkeit: der Schutz der Meere, ein ichtiges Anliegen. Die Berichte, die uns tagtäglich aus em Golf von Mexiko erreichen, machen deutlich, welch ravierenden Einfluss menschliche Aktivitäten auf das arine Ökosystem haben können und wie wichtig ein ef- ektiver Schutz der Meere ist. Auf schmerzliche Art und eise werden wir daran erinnert, wie groß die Bedeu- ung der Ozeane und Meere für unser tägliches Leben st. Zwar wurde dem Meeresschutz in den vergangenen ahren auf verschiedenen Ebenen verstärkt Rechnung etragen. Es wurde bereits viel Gutes erreicht, dennoch eben wir uns mit dem bisher Erzielten noch nicht zu- rieden. Noch lange nicht wurden alle Probleme einer ufriedenstellenden Lösung zugeführt. Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass der orliegende Antrag der SPD-Fraktion eine wahllose An- inanderreihung meerespolitischer Aspekte darstellt. Ein 4798 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) umfängliches Sammelsurium, ohne jede Form der Prio- risierung. Teilweise werden nur Themen benannt, aber keine Lösungen. Zudem lässt er wesentliche Bereiche ganz aus, zum Beispiel die Auswirkungen der illegalen Fischerei, Fragen der in Nord- und Ostsee versenkten Munition oder Wechselwirkung von Schifffahrt und Meeresumwelt. Ihr Antrag benennt ein wichtiges Thema, ist aber mit ganz heißer Nadel gestrickt. Erstaunlich finde ich auch die Forderungen der SPD, wofür sich die Bundesregierung alles verstärkt einsetzen soll. Wo waren Sie denn in den vergangenen elf Regie- rungsjahren, Ihr SPD-Umweltminister in den vergange- nen vier Jahren? Im Grunde ist Ihr Antrag eine schal- lende Ohrfeige für Gabriel, wenn so viel zu kritisieren und so wenig zu loben ist. Dabei ist doch auch viel Gutes auf dem Weg. Gerne möchte ich drei Forderungen aus Ihrem Antrag exemplarisch herausgreifen: Erstens. Meeresschutzgebiete. Im Bereich der Mee- resschutzgebiete ist Deutschland Vorreiter. Im Jahr 2010, das durch die Generalversammlung der Vereinten Natio- nen zum „Internationalen Jahr der biologischen Vielfalt“ ausgerufen wurde, erfüllt die Ostseeregion als erste Meeresregion weltweit die Zielvorgabe der UN-Konven- tion zur Biologischen Vielfalt. Sie ist weltweit die erste Meeresregion, die es geschafft hat, mindestens 10 Pro- zent der Meeresfläche als Meeresschutzgebiete vorwei- sen zu können. Innerhalb des deutschen Ostseegebietes sind sogar mehr als 35 Prozent als Meeresschutzgebiete ausgewiesen. Die Deutsche Nationale Meeresstrategie setzt klare Akzente für eine integrierte Meeresschutzpolitik und bil- det eine wesentliche Grundlage für die Mitwirkung auf regionaler und europäischer Ebene. Nicht zuletzt be- treibt Deutschland im Rahmen von OSPAR die Identifi- zierung und Ausweisung von Meeresschutzgebieten im Nordostatlantik auf hoher See. Diese Liste ließe sich be- liebig fortsetzen, aber schon jetzt ist deutlich geworden: Im Bereich der Meeresschutzgebiete hat Deutschland eindeutige Erfolge vorzuweisen. Aber es geht nicht nur um die Ausweisung von Mee- resschutzgebieten, sondern viel wichtiger sind die kon- kreten Rechtsetzungen, was in diesen Schutzgebieten künftig erlaubt und was verboten sein soll. Es geht um konkrete Maßnahmenprogramme. Dafür war gerade im vergangenen Monat die HELCOM-Konferenz in Mos- kau ein wichtiger Fortschritt für die Ostsee. Zweitens. Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL). Das Ziel der MSRL, die am 15. Juli 2008 in Kraft trat, ist es, Meeresschutz und Meeresnutzung in eine Balance zu bringen. Der integrative Politikansatz, der der Richtlinie zugrunde liegt, dient dem Schutz des marinen Ökosys- tems als Ganzes. Dies schließt die biologische Vielfalt und die Meeresschutzgebiete als Unterpunkte ein. Priori- täres Ziel der Richtlinie ist es, bis 2020 einen guten Um- weltzustand der europäischen Meere zu erreichen. Dazu hat die Richtlinie im Anhang I elf qualitative Deskripto- ren entwickelt, die den Zustand bzw. die Gesundheit der Meere messen sollen. Der Eintrag von Müll in die Meere s M A n z g d M a s d a m D H N R J n t d Ü M d g l b d D c e r v m g n k b v s s S e e d E b h m J k d W r s (C (D tellt dabei ein Kriterium dar („Die Eigenschaft und engen der Abfälle im Meer haben keine schädliche uswirkungen auf die Küsten- und Meeresumwelt“) – eben zehn weiteren. Der vorliegende Antrag, der in Be- ug auf die MSRL ausschließlich von Müll spricht, reift somit zu kurz und wird dem umfassenden Ansatz er MSRL in keiner Weise gerecht. Drittens. Vermüllung der Meere. Die Vermüllung der eere bringt mich zu meinem dritten Punkt. Mit Blick uf die Forderung in Ziffer 6, die Bundesregierung möge ich stärker auf europäischer und internationaler Ebene afür einsetzen, dass der Eintrag gefährlicher und radio- ktiver Stoffe, von Nährstoffen und Abfällen so weit wie öglich gesenkt wird, bitte ich Folgendes zu beachten: eutschland ist seit den 1970er-Jahren Mitglied der ELCOM (Ostsee) und der OSPAR (Nordsee und des ordostatlantiks). Das bedeutet, dass sich unser Land im ahmen regionaler Kooperationen bereits seit vielen ahren intensiv dieser Problematik widmet. Dieser regio- ale Ansatz ist deshalb so wichtig, da Lösungen am bes- en dort entwickelt und am effektivsten umgesetzt wer- en, wo die Probleme entstehen. Beim Thema „Vermüllung der Meere“ helfen aber berdramatisierungen nicht weiter. Plastik und anderer üll in den Meeren ist ein Problem, aber wenn gerade in en vergangenen Tagen Meldungen durch die Medien eisterten, allein die Reinigung des sieben Kilometer angen Strandes von Westerland auf Sylt erbringe täglich is zu zwei Tonnen Müll, jährlich 23 000 Müllsäcke, ann muss man sich dies schon etwas genauer ansehen. as ist vor allem die Menge Müll, die die Strandbesu- her hinterlassen – unter anderem in Müllbehältern, wie s sich gehört. Müll aus dem Meer wird zwar nicht sepa- at erfasst, aber dürfte örtlichen Schätzungen zufolge ielleicht gerade 1 Prozent umfassen. Wenn das UBA it diesen argumentiert, aber den Eindruck erweckt, es ehe um Müll aus dem Meer, wird dies also den Fakten icht gerecht. Dem Thema helfen wir mit solchen Dis- ussionen nicht weiter. Dabei gibt es natürlich auch an den Stränden Pro- leme mit Müll aus dem Meer. Ich nenne immer wieder orkommende Anlandungen von Öl aus illegaler Öl-Wä- che auf dem Meer, oder das Paraffin-Problem: kein chädlicher Stoff, aber ein Stoff, der eben nicht an die trände gehört und deshalb von den Kommunen teuer ntsorgt werden muss. Insgesamt zeichnet der Antrag ein falsches Bild, denn r zeichnet ein Bild deutscher Passivität mit Blick auf en Meeresschutz. Wir sollten es aber vermeiden, den indruck zu erwecken, als dass alles schlecht sei und islang nichts substanziell Gutes erreicht worden sei. Ich abe anhand einiger ausgewählter Beispiele deutlich ge- acht, dass dem Schutz der Meere in den vergangenen ahren verstärkt Rechnung getragen wurde. Auch in Zu- unft werden wir weiter dafür sorgen, dass den Meeren ie Aufmerksamkeit zuteilwird, die sie um ihrer selbst illen verdienen, aber die wir ihnen auch aus Eigeninte- esse zukommen lassen müssen. Diese Absicht möchte ich mit einem Beispiel unter- treichen, das aktueller nicht sein könnte: Es erfüllt mich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4799 (A) ) )(B) mit großer Freude, dass es uns anlässlich der aktuellen internationalen Verhandlungen zur Zukunft der IWC am heutigen Tag gelungen ist, einen fraktionsübergreifenden Antrag für die Fortsetzung und Verbesserung eines kon- sequenten Walschutzes zu verabschieden. Das ist ein starkes Votum des Deutschen Bundestages für den Schutz der großen Meeressäuger, ein wichtiger Beitrag zum Meeresschutz. Josef Göppel (CDU/CSU): Der Antrag „Unsere Meere brauchen Schutz“ fasst die Vorschläge zum Mee- resschutz zusammen. Viele bekannte Probleme werden in der Tat richtig angesprochen; die Dinge müssen den- noch im Einzelnen abgearbeitet werden. Ihr Antrag folgt im Wesentlichen der Rede von Bun- desminister Röttgen zum Meeresschutz vom 12. Mai dieses Jahres. Ich darf den Bundesumweltminister zitie- ren: „Die Meere sind ein kostbares Naturerbe. Sie bilden die größten zusammenhängenden Ökosysteme der Erde. 99 Prozent des Lebensraumes, den unser Planet zur Ver- fügung stellt, ist hier angesiedelt. Es ist deshalb unser ur- eigenes Interesse, biologische Vielfalt und dynamische Meeresökosysteme in einem sicheren, sauberen, gesun- den und produktiven Zustand zu erhalten.“ Um die Viel- falt der Meeresökosysteme und ihren Artenreichtum zu erhalten und zu sichern, haben die Europäische Union und die Bundesregierung bereits gehandelt. Seit dem 15. Juli 2008 ist die Europäische Meeresstrategie-Rah- menrichtlinie 2008/56/EG, MSRL, in Kraft. Ziel der Richtlinie ist es, den Meeresschutz und die Meeresnut- zung in eine Balance zu bringen. Bis zum Jahr 2020 soll damit ein „guter Umweltzustand“ der europäischen Meere erreicht werden. Am 1. Oktober 2008 hat die Bundesregierung die „Nationale Strategie für die nachhaltige Nutzung und den Schutz der Meere“, kurz „Nationale Meeresstrate- gie“, beschlossen. Damit wird die Europäische Richtli- nie in deutsches Recht umgesetzt. Für den Schutz der biologischen Vielfalt der Meere soll bis 2012 ein welt- weites Netz von Meeresschutzgebieten geschaffen wer- den. Deutschland wird zu diesem Ziel 10 000 Quadratki- lometer ausgewiesener Natura-2000-Gebiete beisteuern. Zurzeit werden im Bundesumweltministerium die not- wendigen Schutzverordnungen und die Bewirtschaf- tungspläne erarbeitet, um die Nachhaltigkeit sicherzu- stellen. Das Wattenmeer, das zum Großteil im vergangenen Jahr in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufge- nommen wurde, ist eines der größten Feuchtgebiete der Erde und ein einzigartiger Lebensraum. Hier kooperie- ren wir bereits jetzt erfolgreich und grenzüberschreitend mit unseren Nachbarstaaten. Auch im Punkt Klimaschutz möchte ich Herrn Röttgen zitieren, der sagt: „Klimaschutz bedeutet Mee- resschutz. Aber es gilt auch: Meeresschutz bedeutet Kli- maschutz.“ Ich unterstreiche ausdrücklich die Notwendigkeit, zum Schutz der Meere aktiv zu handeln. Sie sehen, der vorliegende Antrag rennt offene Türen ein. Viele der in I U M S z b t t d S s v s u B t b m u s K s M t L U R d s u g a t V z M S g z g t V d e d s s h A g f e v r n (C (D hrem Antrag geforderten Punkte befinden sich bereits in msetzung. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir im eeresschutz noch viel erreichen müssen. Unterstützen ie deshalb den Bundesumweltminister bei der Umset- ung seiner Pläne zum internationalen Meeresschutz und ei der Umsetzung der Nationalen Meeresstrategie. Frank Schwabe (SPD): Wir haben als SPD-Bundes- agsfraktion diese Debatte nicht zufällig für heute bean- ragt. Denn heute ist der Weltozeantag und es ist wichtig, ass heute diese Debatte zum Thema Meere und deren chutz geführt wird. Den Weltozeantag gibt es nun chon seit einigen Jahren, seit letztem Jahr ist er offiziell on der UN anerkannt. Der diesjährige Tag der Ozeane teht unter dem Motto „Unsere Ozeane: Möglichkeiten nd Herausforderungen“. Wie wichtig die Meere sind, erschließt sich mit einem lick, wenn man unseren Planeten aus dem Weltall be- rachtet. Wir leben auf dem Blauen Planeten. Die Meere edecken 71 Prozent der Erdoberfläche, bieten volumen- äßig 99 Prozent des Lebensraumes auf dem Planeten nd stellen somit das größte Ökosystem dar. Die Meere ind Ursprung allen Lebens, sie sind Regulator für das lima unserer Erde, sie bergen gewaltige Energieres- ourcen und sind eine wichtige Nahrungsquelle. Die eere sind ein kostbares Naturerbe. Sie bilden die größ- en zusammenhängenden Ökosysteme der Erde. Der Schutz der Meere ist deshalb besonders wichtig. ange Zeit wurden die Meere in einem Irrglauben an die nerschöpflichkeit der Ressourcen und eine grenzenlose egenerationsfähigkeit genutzt. Die Folgen dieses Han- els wurden viel zu spät erkannt. Heute drohen ökologi- che Risiken und negative Auswirkungen auf die Meeres- mwelt. In nur wenigen Jahrzehnten hat der Mensch es eschafft, die ältesten Lebensräume unseres Planeten bis n die Belastungsgrenze und darüber hinaus auszubeu- en. Der faszinierenden Vielfalt der Ozeane droht die ernichtung. Damit wird aber auch gleichzeitig die Nut- ung der Meere durch den Menschen beeinträchtigt. eeresumweltschutz dient also auf der einen Seite dazu, chädigungen des Ökosystems Meer zu verhindern und leichzeitig das Potenzial für seine nachhaltige Nutzung u sichern. Dieses Ziel kann am besten durch die Inte- ration meeresschutzrelevanter Aspekte in andere Poli- ikbereiche wie Fischerei, Landwirtschaft, Industrie, erkehr usw. erreicht werden. Deshalb sprechen wir in unserem Antrag verschie- enste Aspekte an. Einen anderen Aspekt haben wir vor inigen Stunden schon besprochen, deshalb möchte ich en Schutz der Wale nur kurz anreißen. Es ist gut, dass ich der Deutsche Bundestag geschlossen für einen kon- equenten Schutz von Walen ausgesprochen hat. Somit aben wir der Bundesregierung für die Verhandlungen in gadir in Marokko den Rücken gestärkt. Obwohl von roßer Bedeutung ist, dass sich die Internationale Wal- angkommission – IWC – auf ein Verbot von Walfang inigen wird, dürfen wir jedoch nicht aus den Augen erlieren, dass der Bestand der Wale nicht nur durch ücksichtslose Jagd massiv gefährdet wurde und immer och gefährdet ist. Neben dem Walfang werden die 4800 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) größten Säugetiere unserer Erde durch viele Gefahren bedroht. Dabei spielt die Verschmutzung der Umwelt eine große Rolle wie beispielsweise Belastungen mit Dauergiften. Die Auswirkungen chemischer Verschmutzung auf Wale und Delfine gehen von direkten Vergiftungen bis hin zur Beeinträchtigung und Zerstörung wichtiger Le- bensräume. Langlebige organische Verbindungen wie zum Beispiel Pestizide, etwa DDT, oder Industriechemi- kalien wie die Polychlorierten Biphenyle gelangen in die marine Umwelt und reichern sich bis zum Ende der Nah- rungskette an. Und wer steht am Ende der Nahrungs- kette? Es sind die Wale und Delfine. In einigen Gebieten der Welt sind die an den Strand gespülten toten Körper von Walen und Delfinen so stark kontaminiert, dass sie als Giftmüll gesondert entsorgt werden müssen. Aber auch der Klimawandel, militärische Sonare und der zehntausendfache Tod der Wale als sinnloser Beifang in den Netzen der Weltfischerei stellen das Überleben der Meeressäuger infrage. Um die Wale umfassend zu schüt- zen, müssen wir gleichzeitig auch stärker ihren Lebens- raum schützen. Womit wir wieder beim Thema unseres Antrags wären. In zunehmenden Maße wächst die Bedrohung der Meere durch den Klimawandel. Die Folgen des Klima- wandels werden voraussichtlich immens sein. Wenn die globale Erwärmung nicht auf unter zwei Grad Celsius begrenzt wird, drohen ganze marine Ökosysteme zu ver- schwinden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen auf, dass der Klimawandel große Veränderungen und Schäden für die Meeresumwelt und die Küsten verursa- chen wird, die erhebliche Folgen für den Menschen ha- ben dürften. Die Oberflächenschichten erwärmen sich, der Meeresspiegel steigt immer rascher an, die Meere versauern zunehmend und die Meeresökosysteme sind bedroht. Die Menschheit ist dabei, Prozesse im Meer an- zustoßen, die in den letzten Jahrmillionen ohne Beispiel sind, gleichzeitig aber wegen der erheblichen geophysi- kalischen Verzögerungseffekte den Zustand der Welt- meere für Jahrtausende bestimmen werden. Damit greift der Mensch an entscheidender Stelle in die Funktions- weise des Erdsystems ein, wobei viele Folgen noch nicht genau vorhersehbar sind. Deshalb ist Klimaschutz für den Schutz und Erhalt des Lebens in den Meeren unab- dingbar. Wir brauchen möglichst schnell ein Kioto-An- schlussabkommen, das Minderungsverpflichtungen ent- hält, mit denen das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden kann. Um den Umfang und die Konsequenzen des Klima- wandels auf die maritime Umwelt zu untersuchen, star- tete das Forschungsschiff „Polarstern“ gestern eine vier- monatige Reise in arktische Gewässer. Die Erwärmung und Versauerung der Meere sowie ein deutlicher Anstieg des Meeresspiegels sind heute bereits messbar. Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist mit ihrem Schiff „Esperanza“ unterwegs im hohen Norden. Wis- senschaftler sollen für Greenpeace untersuchen, wie sich die Eisschmelze und die Ozeanversauerung in der emp- findlichen Polarregion auswirken. Hintergrund dieser Untersuchungen ist, dass die Ozeane einen großen Teil des von Menschen verursachten Kohlendioxids spei- c S v d w s f k S j K n d S g d u s i e a d d t s e s a P w r E f w d t a d b a b U s G e o u G m t t D V ö d k (C (D hern und damit der Erderwärmung entgegenwirken. eit Beginn der Industrialisierung haben sie bereits so iel Kohlendioxid aufgenommen, dass der Säuregrad es Wassers um 30 Prozent angestiegen ist. Bis 2100 ird er voraussichtlich um weitere 100 Prozent wach- en, falls der CO2-Ausstoß in seiner derzeitigen Höhe ortgesetzt wird. Konsequenzen hat das vor allem für alkbildende Organismen wie Muscheln, Schnecken, eeigel, Kalkalgen oder kalkhaltiges Plankton. Die Folgen der Versauerung der Weltmeere gehören edoch zu den bislang noch am wenigsten erforschten limaproblemen. Für den Schutz der Arktis sind jedoch icht nur Maßnahmen gegen den Klimawandel notwen- ig. Wir brauchen einen internationalen Vertrag zum chutz der Arktis nach dem Vorbild des Antarktisvertra- es. Um die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhin- ern, muss sich die Bundesregierung nachdrücklich und nverzüglich für ein Moratorium einsetzen mit dem Ziel, ämtliche Gebietsansprüche oder sonstigen Ansprüche m Hinblick auf die arktischen Ressourcen bis zu einem ndgültigen Schutzabkommen zurückzustellen. Die Arktis und ihr Schutz sind keine Themen, die es uf die Titelseiten der Zeitungen schaffen. Sie sind je- och genauso wichtige Themen wie die Verschmutzung er Meere durch Öl. Natürlich haben wir in unserem An- rag auch die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ange- prochen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für in Moratorium für Öl-Tiefseebohrungen einzusetzen, olange die Technologien noch nicht verfügbar sind, um uftretende Unfälle zu beherrschen. Auch haben wir das roblem der Meeresverschmutzung durch Produktions- asser der Bohrplattformen angesprochen. Die Bundes- egierung muss sich auf europäischer und internationaler bene dafür einzusetzen, dass beim Betrieb von Ölplatt- ormen die Techniken zur Reinigung der Produktions- asser verbessert werden. Der Haupteintrag von Öl in ie Meere durch Ölplattformen erfolgt nicht durch spek- akuläre Unfälle, sondern durch den täglichen Betrieb uf den Ölplattformen. Um diesen Eintrag zu vermin- ern, ist beim Betrieb der Ölplattformen darauf hinzuar- eiten, dass der Ölanteil im Produktionswasser weiter bgesenkt wird, bis eine Produktionsweise erreicht wird, ei der keinerlei umweltbelastende Stoffe mehr in die mwelt abgegeben werden. Auch fragen wir an, ob denn alles getan wird, damit ich so ein schrecklicher Unfall, wie wir ihn gerade im olf von Mexiko erleben, nicht vor der deutschen Küste reignen kann. Und sollte doch so ein Unfall passieren, b das Unfall- und Katastrophenmanagement gegen Öl- nfälle effektiv genug gestaltet ist und alle denkbaren efahrenlagen umfasst. Wenn wir heute über den Schutz der Meere reden, so uss auch der Schutz der marinen Artenvielfalt im Zen- rum stehen. Die Vereinten Nationen haben 2010 als In- ernationales Jahr der biologischen Vielfalt ausgerufen. iese Proklamation dient dazu, das Thema biologische ielfalt mit seinen vielen Facetten weltweit stärker ins ffentliche Bewusstsein zu rücken. Zurzeit schwindet ie biologische Vielfalt weltweit in einer Geschwindig- eit, wie sie in der Geschichte vorher nicht beobachtet Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4801 (A) ) )(B) wurde. Die aktuelle Rate des globalen Artensterbens übersteigt die angenommene natürliche Aussterberate um das 100- bis 1 000-fache. Nach Daten der Weltnatur- schutzorganisation IUCN sind derzeit weltweit mehr als 16 000 Arten vom Aussterben bedroht, darunter etwa ein Viertel aller Säugetiere, ein Drittel aller Amphibienarten und 12 Prozent der Vogelarten. Bei den Ökosystemen zeigt sich ein ähnliches Bild: Karibische Korallenriffe sind bereits zu 80 Prozent zerstört, 35 Prozent aller Man- groven wurden innerhalb der letzten 20 Jahre vernichtet. Nach Angaben der Sachverständigenrates der Bun- desregierung gelten 88 Prozent der Fischbestände in den europäischen Meeren als übernutzt, 30 Prozent der Be- stände als bedroht. Deshalb ist es von höchster Wichtig- keit, dass ein globales Netzwerk von Meeresschutzge- bieten durch das UN-Übereinkommen über Biologische Vielfalt, CBD, geschaffen wird. Meeresschutzgebiete sind Gebiete, in denen die wirtschaftlichen Nutzungsin- teressen aufeinander abgestimmt sind und ihre Ausbrei- tung dem Schutzauftrag entsprechend begrenzt wird. Dazu gehören Fischerei, Öl- und Gasförderung sowie Sand- und Kiesabbau. Meeresschutzgebiete sind ein Schlüsselinstrument gegen den Verlust der marinen Ar- tenvielfalt und für den Schutz der Meere und ihrer Be- wohner. In Meeresschutzgebieten können sich über- fischte Bestände erholen, und die Fischerei profitiert von wachsenden Populationen. Ein effektives Netzwerk von Meeresschutzgebieten muss groß genug sein, um Arten und ökologische Prozesse nachhaltig zu sichern und zu erhalten. Wichtig dabei ist auch eine wirkungsvolle und effiziente Kooperation bei der Ausweisung und dem Ma- nagement von grenzüberschreitenden Schutzgebieten. Sei es beim Artenschutz, bei der Fischerei oder dem Klimaschutz: Ziel muss sein, die Nutzung und Bewah- rung der Meere wieder miteinander zu verbinden. Wir müssen den Schutz der Meere vermehrt auf die politi- sche Agenda setzen und hartnäckig und mit langem Atem für Verbesserungen kämpfen. Als Politik müssen wir hierfür den Dialog suchen und dafür eintreten, dass kurzfristiges Profitdenken durch langfristige Verantwor- tung abgelöst wird. Angelika Brunkhorst (FDP): Der Schutz der Meere ist insgesamt nach wie vor eine große Herausforderung. Die Erhaltung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt der Meere dient dem Schutz der gemeinsamen natürlichen Ressourcen. Davon wollen letztendlich auch wir immer wieder profitieren. Es ist ganz richtig, die Wichtigkeit des Lebensraums Meer hervorzuheben. Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Ihre im Antrag angesprochenen Verlustszenarien sind nachvollziehbar, dennoch ist die daraus entstandene Projektion von absoluten Vernichtungsszenarien mir zu dramatisch. Die FDP sieht in der verantwortungsvollen Nutzung der Meeresressourcen eine besondere Herausforderung. Meeresschutz und Meeresnutzung sollen in Balance ge- bracht werden. t n s w t d s t s l s E S 0 N m b G t d s f z i i l A n t n s W z m d E r s u c i z w w g a L p s h m b (C (D Auf europäischer Ebene gilt seit 2008 die Meeresstra- egie-Rahmenrichtlinie, die den Ordnungsrahmen für die otwendigen Maßnahmen für alle EU-Mitglieder chafft. Bis 2020 soll ein „guter Zustand der Meeresum- elt“ in allen europäischen Meeren erreicht bzw. erhal- en werden. Hier existiert schon einmal eine Strategie, ie den Schutz des Meeres vorantreibt. Sie legt den Öko- ystemansatz zugrunde und wählt den integrativen Poli- ikansatz. Die Vertragsstaaten der Konvention über die Biologi- che Vielfalt, CBD, haben bereits 2004 das Ziel formu- iert, bis 2012 ein Netzwerk von Meeres- und Küsten- chutzgebieten einzurichten. Auf der Landfläche der rde sind derzeit etwa 10 Prozent unter besonderen chutz gestellt. Bei den Meeren sind es weltweit nur ,5 Prozent. Daher bin ich ganz auf Ihrer Seite, dass der atur auch hier die notwendigen Schutzräume einzuräu- en sind. Deutschland ist auf einem guten Weg, da wir ereits etwa 10 000 Quadratkilometer als Natura-2000- ebiete ausgewiesen haben. Wir werden uns für den Aufbau eines globalen Sys- ems von Meeresschutzgebieten gerade im Hinblick auf ie 10. Vertragsstaatenkonferenz in Nagoya/Japan ein- etzen. Momentan haben wir noch den Vorsitz der Kon- erenz. Die Forderung der Einrichtung eines weltweiten Net- es von Meeresschutzgebieten haben wir ausdrücklich m Koalitionsvertrag festgehalten. Wir setzen uns gerade m Jahr der Biologischen Vielfalt dafür ein, dass der Ver- ust der Artenvielfalt gestoppt wird, so auch der marinen rten. Der Artenschutz ist eine globale Aufgabe. Inter- ationale Natur- und Artenschutzabkommen sind bedeu- end für die Koordination der Maßnahmen. Internatio- ale Maßstäbe zur Bewertung der Biodiversität müssen tärker erforscht werden. Eine ständige Verbesserung der issensgrundlage in Bezug auf die Meere ist Vorausset- ungen für die Gestaltung von wirkungsvollen Schutz- aßnahmen. Auch der Klimawandel mit einem weltweiten Anstieg er Temperatur wirkt sich auf die Meeresumwelt aus. in steigender CO2-Gehalt der Luft führt zur Versaue- ung der Meere. Saures Wasser erschwert den minerali- chen Aufbau neuer Korallen, Muscheln oder Schnecken nd kann zu deren Zerstörung führen. Liebe Kollegen von der SPD, die von Ihnen angespro- hene Forderung, sich verstärkt für den Abschluss eines nternationalen Kioto-Anschlussabkommens einzuset- en, damit das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden kann, ist ünschenswert, aber in der Umsetzung schwierig. Wie ir in Kopenhagen gesehen haben, war eine Einigung erade mit den großen Schwellenländern und den USA uf derartige Ziele momentan nicht möglich. Nicht alle änder fühlten sich diesem Ziel gleichermaßen ver- flichtet und wollten mit einer ambitionierteren Klima- chutzpolitik beispielsweise die Meere schützen. Leider aben nur 25 der 193 Teilnehmerstaaten sich auf der Kli- aschutzkonferenz in Kopenhagen verständigt, die glo- ale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. 4802 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) Liebe Kollegen von der SPD, Sie fordern den Ab- schluss eines internationalen Vertrags zum Schutz der Arktis nach dem Vorbild des Antarktisvertrags und die Einsetzung eines Moratoriums. Der Antarktisvertrag kann aus unserer Sicht nicht ohne Weiteres auf die Ark- tis übertragen werden, da die Gebietsansprüche inner- halb der Arktis noch nicht eindeutig geklärt sind. Es ist völkerrechtlich noch völlig unklar, ob der Nordpol – und vor allem das Nordpolarmeer – überhaupt von einer Na- tion beansprucht werden kann: 1994 trat die Seerechts- konvention der Vereinten Nationen in Kraft, nach der Staaten Anspruch auf Meeresregionen erheben können, die bis zu 200 Seemeilen vor ihrer Küste liegen. Eine Entscheidung der Vereinten Nationen, wer wo seine Grenzen rund um den Nordpol ziehen darf, steht noch aus. Die betreffenden Staaten müssen wissenschaftliche Belege vorweisen, die ihre Ansprüche stützen. Der Schutz der Meeresumwelt und des Nordostatlan- tiks ist in dem OSPAR-Abkommen geregelt, bei dem Deutschland Mitglied ist. Hier sind schon eindeutige Schutzregelungen bis hin zur Arktis getroffen worden. Der Schutz der Meere, die Nutzung der Meeresressour- cen und die Entwicklung der maritimen Wirtschaft sehen wir als eine große Herausforderung an. Sabine Stüber (DIE LINKE): Das Thema Meeres- schutz hatten wir in den letzten Monaten häufiger im Bundestag auf der Tagesordnung. Die unterschiedlichen Anlässe waren die 11. Trilaterale zum Wattenmeerschutz im März, der internationale Tag der Biologischen Viel- falt im Mai und in dieser Woche zum Tag des Meeres. In ihren Inhalten ähneln sich die Anträge. Warum wohl? Der Zustand unserer Meere ist nicht erst seit heute be- sorgniserregend. Die Meere werden als Lebensraum sys- tematisch zerstört durch Unmengen Müll am Meeresbo- den und in den Küstenregionen, durch Überfischung, Ölverschmutzung und anderen Schadstoffeintrag. Das zunehmende Vordringen des Menschen mit seinen Akti- vitäten in der Tiefsee lässt selbst diesen ganz speziellen Lebensräumen kaum eine Chance. Sei es die industrielle Fischerei mit Grundschleppnetzen oder die Erdölförde- rung in der Tiefsee: Die Ressourcenausbeutung erfolgt ohne Rücksicht auf Verluste. Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU sollte 2008 die Notleine zumindest für die europäischen Meeresgebiete gezogen werden. Hohe Ziele sind ge- steckt. Bis 2020 soll sich die Situation ins Positive um- kehren. Das kann anhand festgeschriebener Kriterien auch überprüft werden. Jetzt daran zu erinnern und Maßnahmen zur konse- quenten Umsetzung der Meeresstrategie der EU einzu- fordern, können wir nur unterstützen. Und gerade weil uns die Realität mal wieder eingeholt hat: Meeresschutz braucht Internationalität. Seit dem 20. April fließt Erdöl in den Golf von Me- xiko. Die Schätzungen der täglichen Menge reichen von 1 500 Tonnen bis 3 400 Tonnen. Ein Vergleich in Güter- zügen für meine und Ihre Vorstellungskraft, Kolleginnen und Kollegen: Ein Kesselwagen fasst 60 Tonnen und ein Güterzug zieht circa 20 solcher Wagen. Nehmen wir den mittleren Wert von 2 500 Tonnen, dann strömen täglich z M 1 d b t 1 U „ c S s a v W A s M m ü w K g m k l F I d g b s r S A n w s s s n „ m d K w t s d F M g – w w (C (D wei Güterzüge mit 20 Kesselwagen Öl in den Golf von exiko. Das sind jetzt, nach mehr als sieben Wochen, 30 000 Tonnen. Die Versuche des Mineralölkonzerns, as ausströmende Öl irgendwie aufzuhalten, scheitern isher. Wir sind so erschrocken, dass wir gar nicht rich- ig mitbekommen haben, dass am 21. Mai knapp 000 Kilometer vor der deutschen Küste ein ähnlicher nfall geschah. Die größte norwegische Bohrinsel Gullfaks C“ musste 89 Mitarbeiter evakuieren. Ein Si- herheitsventil versagte. Mit mehr als 600 Kubikmeter chlamm konnte das Förderloch versiegelt werden. Mitte Mai sind an Rügens Nordstränden und wenig päter auch vor Usedom etwa 100 Kubikmeter Paraffin ngelandet. Das waren mehr als 2 000 Küchenmülleimer oll, die von vielen Helfern weggetragen wurden. Die asserschutzpolizei vermutet, dass das Wachs beim uswaschen eines Schifffrachtraums illegal in der Ost- ee entsorgt wurde. Das ist jetzt ein kleines Beispiel für eeresverschmutzung vor unserer Haustür. Fast unbe- erkt passieren die kleinen Verschmutzungen täglich berall und belasten in der Summe die Meere ebenfalls eltweit. Ich habe das schon vor einer Woche gesagt, Euro- rise hin oder her: Unsere natürlichen Lebensgrundla- en befinden sich ebenfalls in einer Krise. Ein wirksa- er Meeresschutz duldet keinen Aufschub. Dazu sind lare Prioritäten mit knappen zeitlichen Vorgaben uner- ässlich. Und darum werden wir uns als Linke in den achausschüssen bemühen. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ch freue mich ganz ehrlich über den Antrag der SPD: Er eckt sich in seinen Positionen mit unseren Vorstellun- en von nachhaltiger Meerespolitik. Er ergänzt, was hier ereits vor zwei Wochen mit unserem Antrag themati- iert wurde. Dennoch hat diese Debatte etwas sehr Bitte- es: Zum Welttag der Ozeane sollte man eigentlich die chönheit und Größe dieser wichtigen Ressource feiern. ber wir alle wissen: Zu feiern gibt es nichts. Zum ei- en, weil trotz aller Bemühungen der Zustand der Meere eiter schlecht ist, vor allem jedoch, weil wir täglich chreckliche Bilder vom Meeresboden sehen. Das Öl prudelt jetzt seit sieben Wochen unaufhörlich und ver- eucht Meer und Küsten. Die schöne saubere und grüne Welt, die uns BP in sei- en Kampagnen vorgegaukelt hat, ist endgültig passé. Zum Glück“ kann ich nur sagen! Wer Dreck macht, uss auch dazu stehen. Es kann nicht sein, dass Milliar- en mit Öl verdient werden, und man gleichzeitig mit ampagnen aus der Portokasse Umweltschützer sein ill. Bei fast 17 Milliarden Dollar Gewinn allein im letz- en Jahr hat BP seit 1997 etwa 200 Millionen Dollar für eine Imagekampagne ausgegeben. Für den Einstieg in en klimaschädlichen Ölsandabbau wurde dagegen das ünfzigfache bezahlt. Kurz nach der Explosion der Ölplattform im Golf von exiko haben wir Grünen vor den dramatischen Folgen ewarnt. In der Debatte hier im Haus hat die Union sich vor gerade mal vier Wochen – darüber gewundert, dass ir hier über die Zukunft der Energieversorgung reden ollen. Und den Kolleginnen und Kollegen der FDP war Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4803 (A) ) )(B) es nicht einmal wert, überhaupt an dieser Debatte teilzu- nehmen. Es ist letztendlich erschütternd, dass es immer solche Katastrophen braucht, um zur Einsicht zu kommen. Denn wir müssen mit aller Konsequenz sagen: Das Ganze ist ein GAU der Ölindustrie! Klar ist jetzt: Wir müssen weg vom Öl! Ich freue mich sehr, dass inzwi- schen auch die FDP dieser Forderung folgt. Immerhin hat es bei diesem GAU der Ölindustrie nur vier Wochen gedauert, um aus einer Katastrophe die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Ich hoffe, dass Sie Ihren verbalen Ankündigungen jetzt auch Taten folgen lassen und unserem und dem Antrag der SPD folgen. Der GAU von Tschernobyl macht mir da nicht gerade Mut: Hier haben Sie ja auch nach 25 Jahren den Irrweg noch nicht erkannt. Wir sehen hier ganz klar: Maximales Gewinnstreben geht viel zu schnell auf Kosten der Allgemeinheit. Und deswegen muss es jetzt eine eindeutige Botschaft an alle Marktliberalen geben. Wir alle müssen sagen: Angebot und Nachfrage nach Erdöl dürfen nicht länger einzige Handlungsmaxime sein. Wir als Politik müssen eindeu- tig festlegen, wann Schluss ist mit der rücksichtslosen Ausbeutung unseres Planeten. Wir müssen sagen, wie unsere Energieversorgung ohne Öl aussehen kann – und welchen Beitrag die Energiekonzerne hierzu zu leisten haben. Nur mit dieser Ehrlichkeit wird sich wirklich etwas ändern. Nur wenn wir wirklich den Schritt hin zu einer weitestgehend erdölfreien Wirtschaft machen, werden wir die Meere schützen und den Klimawandel men- schenverträglich halten können. Nach jüngsten Berechnungen wird in der Folge der Katastrophe im Golf von Mexiko die Ölknappheit dras- tisch steigen, und zwar schon zwischen 2013 und 2015 – also noch im Laufe dieser Legislatur. Wer jetzt noch so weitermachen will wie bisher, der ist mindestens genau so wenig dicht wie das Loch im Golf von Mexiko. Reißen wir das Ruder herum und investieren in die einzige Möglichkeit, die uns bleibt: Fördern wir die er- neuerbare Energien! Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Menschenrechtsverteidiger brauchen den Schutz der Europäischen Union – Mehr Schutz für Menschenrechtsverteidige- rinnen und Menschenrechtsverteidiger (Tagesordnungspunkt 21) Frank Heinrich (CDU/CSU): Der weltweite Schutz der Menschenrechte war und ist ein zentrales Anliegen bundesdeutscher Politik. Dazu gemahnt uns unsere Ge- schichte, die leuchtenden wie auch die finsteren Kapitel d u n a s V z h d g L p d r t z B g M d M s A v h g i r S g n s B T s s i w b t z w b B S z d r m n v B 1 d f t (C (D ieser wechselhaften Geschichte. Und dazu beauftragt ns unsere Verfassung. Das Anliegen dieses Tagesord- ungspunktes wiegt schwer genug, um das Grundgesetz n dieser Stelle auch zu zitieren: „Die Würde des Men- chen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist erpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Menschenwürde u schützen heißt, Menschenrechte zu schützen, und es eißt vor allem, diejenigen zu schützen, die den Schutz er Würde und der Rechte anderer Menschen verteidi- en und dadurch selber in Gefahr geraten. Dazu ist die enkungsmacht der staatlichen Gewalt, die Politik, ver- flichtet. Alle demokratischen Kräfte und Parteien in iesem Land stehen hier auf einem gemeinsamen Boden. Die Koalition aus CDU/CSU und FDP weiß sich da- über hinaus einem gemeinsamen Wertekodex verpflich- et, der in der jüdisch-christlichen Tradition ebenso wur- elt wie im aufklärerischen Humanismus des liberalen ürgertums. Diese Werte haben zur Ausprägung des Be- riffes der Menschenwürde und zur Formulierung der enschenrechte geführt. So wird es nicht überraschen, ass ich mich namens meiner Fraktion im Ausschuss für enschenrechte und Humanitäre Hilfe positiv und zu- timmend zum Anliegen der heute zu beschließenden nträge geäußert habe. Menschenrechte und der Schutz on Verteidigerinnen und Verteidigern dieser Rechte ste- en in unserer Prioritätenliste weit oben. Auch inhaltlich ibt es in beiden Anträgen Passagen, die wir begrüßen, nsbesondere im SPD-Antrag. Ich zitiere aus dem Be- icht: „Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, dass die chnittmenge mit dem Antrag der SPD-Fraktion sehr roß sei.“ Zu dieser Aussage stehe ich und stehen wir, ach wie vor. Zugleich machen mir die beiden Anträge Bauch- chmerzen, denn sie suggerieren unterschwellig, dass die undesregierung und die Regierungskoalition sich dem hema zu wenig widmen würden. Beide Anträge unter- chlagen die Ergebnisse der bisherigen Debatten und Be- chlüsse dieser Legislaturperiode. Ich darf daher erinnern: Für die Regierungskoalition st das Thema Menschenrechte von zentraler Bedeutung, eil es als ein Querschnittsthema alle Politikbereiche etrifft. Darum haben wir bereits zu Beginn der Legisla- urperiode zügig zum Thema gearbeitet und am 16. De- ember 2009 den umfassenden Antrag „Menschenrechte eltweit schützen“ in den Deutschen Bundestag einge- racht, der am 22. März 2010 beschlossen wurde. Dieser eschluss musste gegen die Stimmen der Fraktionen der PD, von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gefasst u werden, und das zeigt leider, dass es hier nicht nur um ie Sache selbst, nämlich den Schutz der Menschen- echte, sondern um eine parteipolitisch gefärbte Instru- entalisierung des Themas ging. Ähnlich lesen sich die euerlichen Anträge. Sie enthalten Forderungen, die im on der CDU/CSU eingebrachten und vom Deutschen undestag beschlossenen Antrag bereits enthalten sind. Ich darf noch einmal erinnern: Wir haben einen 7 Punkte umfassenden Forderungskatalog an die Bun- esregierung formuliert, der zum Ziel hat, „konsequent ür die Menschenrechte in allen Politikbereichen einzu- reten“. Diese Forderungen umfassen Themenbereiche 4804 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) wie: Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in der Entwick- lungszusammenarbeit, die weltweite Abschaffung von Todesstrafe, Folter und unmenschlicher Behandlung, den Einsatz gegen die Beschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit, den Kampf gegen Sklaverei, Ausbeu- tung und Menschenhandel, den Einsatz gegen Kinderar- beit, Kindersoldaten, Zwangsprostitution, Zwangsheirat und Praktiken wie Genitalverstümmelung, den Einsatz gegen jegliche Benachteiligung aufgrund von Religion, ethnischer Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientie- rung weltweit, den Kampf für Religionsfreiheit und die Lage christlicher Minderheiten. Dazu forderten wir auf institutioneller Ebene: die Rücknahme der Vorbehaltserklärung zur Kinderrechts- konvention der Vereinten Nationen – was im Übrigen mittlerweile erreicht worden ist –, den Einsatz bei den Nichtunterzeichnerstaaten des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs für eine baldige Ratifi- zierung – was ich persönlich übrigens durch meine Teil- nahme an der Konferenz zur Überprüfung des Römi- schen Statuts in Kampala/Uganda unterstützt habe – und die Unterstützung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bei der Ausübung seiner Aufgaben. Damit diese Forderungen auch wirklich mit Leben er- füllt werden können, braucht es – wie Sie, meine Damen und Herren der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen zu Recht betonen – die Beobachter und Verteidiger der Menschenrechte vor Ort. Dass Menschenrechtsverteidi- ger dabei vielerorts unter Gefahr für ihr eigenes Leben agieren, ist ein trauriger, skandalöser und nicht hinnehm- barer Zustand. Ich denke an die großen Menschenrechts- verteidiger des 20. Jahrhunderts: Mahatma Ghandi in In- dien oder Martin Luther King in den Vereinigten Staaten, die für ihre Sache mit dem Leben bezahlen mussten. Aber ich denke auch an Begegnungen hier in Berlin mit Menschenrechtsverteidigern aus Honduras, aus Israel/Palästina und vielen anderen Ländern mehr, die vor Mitgliedern des Menschenrechtsausschusses die gefährlichen Umstände ihres Wirkens geschildert haben. Diese Menschen sind in Gefahr! Darum hat sich der Deutsche Bundestag bereits 2003 in einem interfraktionellen Antrag – Drucksache 15/2078 – zum Schutz von bedrohten Menschenrechtsverteidigern verpflichtet. Darum hat die spanische EU-Ratspräsidentschaft in Rücksprache mit der Bundesregierung das Vorhaben ei- ner Verbesserung des Schutzes von Menschenrechtsver- teidigern angekündigt. Darum ist die Unterstützung von Menschenrechtsver- teidigern seit langem fester Bestandteil der EU-Men- schenrechtspolitik. Die Leitlinien zu Menschenrechts- verteidigern wurden bereits am 14. Juni 2004 vom Allgemeinen Rat der Außenminister angenommen. Da- mit wurde ein genereller Bezugsrahmen mit Empfehlun- gen für konkrete Maßnahmen der EU beim Einsatz für den Schutz dieser Personengruppe geschaffen. Am 12. Juni 2006 verabschiedete der Rat der Außenminister infolge der umfassenden Evaluierung zur Umsetzung der Leitlinien Empfehlungen, die eine Verbesserung der Im- plementierung zum Ziel hatten. Deutschland setzte sich i e L d m n z s e H r z d l M g N A p d t p w d I v g d w A w w g G K g d e f o K K A e d e g A b r t s (C (D n der Dauer der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im rsten Halbjahr 2007 für die konsequente Umsetzung der eitlinien zu Menschenrechtsverteidigern ein und ergriff ie Initiative zur weltweiten Erarbeitung lokaler Imple- entierungsstrategien der EU. Und darum, eben weil wir dem Los der Verteidigerin- en und Verteidiger von Menschenrechten nicht tatenlos usehen können und dürfen, enthält unser Antrag „Men- chenrechte weltweit schützen“ – welchen, um es noch inmal zu betonen, die gesamte Opposition in diesem ohen Hause abgelehnt hat – eine explizite Aufforde- ung an die Bundesregierung, die betroffenen Menschen u schützen. Ich zitiere: „Der Deutsche Bundestag for- ert die Bundesregierung auf, ... über die deutschen Aus- andsvertretungen in akuten Fällen die notwendigen aßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidi- ern zu ergreifen und diese gegebenenfalls auch unter utzung der entsprechenden Vorschriften des geltenden usländerrechts kurzfristig zeitweilig in der Bundesre- ublik Deutschland aufzunehmen.“ Damit sind viele Forderungen der beiden vorliegen- en Anträge obsolet. Entweder sind sie bereits Bestand- eil bundesdeutscher und europäischer Menschenrechts- olitik. Oder sie sind im Antrag „Menschenrechte eltweit schützen“ enthalten. Auch gibt es im Detail einige abweichende Positionen er CDU/CSU-Fraktion zu den vorliegenden Anträgen. ch beschränke mich auf drei davon: Erstens. Die SPD fordert in Punkt 3 die Einbeziehung on Menschenrechtsverteidigern und Menschenrechtsor- anisationen in die Diskussion der Vorschläge des Rates er EU. Diese Forderung ist unangemessen, da sie ent- eder bereits in der Vorfeldarbeit durch das Auswärtige mt geleistet wird oder aber in einen Bereich eingreifen ill, der dem Auswärtigen Amt vorbehalten ist. Zweitens. Im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ird unter Bezugnahme auf die Antwort der Bundesre- ierung auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die rünen dargestellt, die Bundesregierung hätte trotz ihrer enntnis der Bedrohung von Menschenrechtsverteidi- ern in Honduras keine notwendigen Maßnahmen zu eren Schutz unternommen. Dabei wird in der Antwort rläutert, dass Vertreter der deutschen Botschaft fortlau- end die Situation der Menschenrechte in Honduras be- bachten sowie bilateral, im EU-Rahmen und in der oordinierungsgruppe der wichtigsten Geber, G 16, ontakt mit Menschenrechtsverteidigern haben. Deren ngehörige werden durch die Botschaft zu Gesprächen mpfangen, womit der Schutz dieses Personenkreises eutlich wird. Drittens. Gefordert wird im selben Antrag, das Amt ines Verbindungsbeamten für Menschenrechtsverteidi- er beim Auswärtigen Amt einzusetzen und in den uslandsvertretungen zu gewährleisten, dass ein Ver- indungsbeamter vor Ort für die aktiven Menschen- echtsverteidiger unter Ausstattung notwendiger Kapazi- äten zur Verfügung steht. Wir sehen darin eine unnötige, ehr teure Aufblähung eines auch ohne dieses Amt gut Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4805 (A) ) )(B) funktionierenden Verwaltungsapparates und damit die Vergeudung finanzieller Ressourcen. Damit komme ich zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/ Die Grünen, ich achte und ehre Ihr Engagement für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern. Die Anträge in der vorliegenden Form lehnt meine Fraktion ab. Statt- dessen fordere ich Sie auf, Ihrerseits die Schnittmenge mit dem Antrag „Menschenrechte weltweit schützen“ zu erkennen und mit der Regierungskoalition gemeinsam die Beschlüsse daraus umzusetzen. Christoph Strässer (SPD): Nach 13-jährigen Ver- handlungen ist am 9. Dezember 1998 die Erklärung der Vereinten Nationen zu Menschenrechtsverteidigern ver- abschiedet worden. Die langen Verhandlungen machen deutlich, wie schwierig es war, sich auf einen allgemein verbindlichen Konsens zu einigen, was Menschenrechts- verteidiger eigentlich sind. In der Erklärung heißt es: „Menschenrechtsverteidiger ist grundsätzlich jeder, der sich friedlich für die Förderung und den Schutz von Menschenrechten einsetzt.“ Der Deutsche Bundestag hat sich bereits in einer Ent- schließung im Jahr 2003 für einen intensiveren Schutz von Menschenrechtsverteidigern stark gemacht, im Jahr 2005 hat die EU Richtlinien zum Schutz von Menschen- rechtsverteidigern verabschiedet. Gerade in Zeiten des internationalen Terrorismus ist es wichtig, den Schutz von Menschenrechtsverteidigern zu verstärken; denn manche Regierung nutzt die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus auch als Vorwand, um Menschenrechte einzuschränken oder außer Kraft zu setzen. Deshalb ist es gut und richtig, dass die spanische EU- Ratspräsidentschaft anregt, das vorhandene Instrumenta- rium zu überprüfen und die Umsetzung bereits beschlos- sener Maßnahmen zu beschleunigen. Immer wieder, in der letzten Zeit zunehmend, errei- chen uns Berichte des Büros der Sonderberichterstatterin der VN für Menschenrechtsverteidiger, wonach die Ge- fährdung von Menschenrechtsverteidigern zunimmt und die Bereitschaft der Staaten zur Kooperation sinkt. Immer wieder erreichen uns auch in Deutschland er- schütternde Mitteilungen über das Schicksal von Rechts- anwälten, Journalisten, Parlamentariern, Gewerkschafts- mitgliedern oder Vertretern von Frauenorganisationen oder Minderheiten, die nichts weiter getan haben, als sich für die unveräußerlichen Rechte Anderer einzuset- zen und die dann selbst Opfer staatlicher Repression oder paramilitärischer Gruppierungen werden. Deshalb ist Unterstützung für Menschenrechtsverteidiger nach wie vor dringend erforderlich; deshalb unterstützten wir die Initiativen der spanischen Ratspräsidentschaft nach- drücklich. Denn es sind Menschenrechtsverteidiger, die die friedliche Entwicklung zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit konkret und unter Einsatz ihres Lebens tatsächlich voranbringen. Zu unser aller Erschrecken und Bedauern sind Men- schenrechtsverteidiger oft auch Opfer von Gewalttaten und politischen Morden, so zum Beispiel Floribert C k a l g i T d K „ S M R k l u g M t S b w s L G A t c k z v f g B l k m i w – g S u s k a A S f d s z r e R s B m (C (D hebeya, der bekannteste Menschenrechtler der Demo- ratischen Republik Kongo. Er wurde vor vier Tagen tot ufgefunden. Zuvor war er in Kinshasa einer Polizeivor- adung gefolgt. Nun ist er tot. Es wird davon ausgegan- en, dass er Opfer eines Gewaltverbrechens geworden st. Wir sind zutiefst erschüttert und empört über diese at. Er war der international bekannteste Vorkämpfer für ie Menschenrechte in der Demokratischen Republik ongo. Als Präsident der Menschenrechtsorganisation Voix de Sans-Voix“, VSV, auf Deutsch „Stimme der timmlosen“, setzte er sich für mehr Freiheit der enschen im Kongo, also für mehr Demokratie und echtsstaatlichkeit, ein. Mit Chebeya verliert die Demo- ratische Republik Kongo eine ihrer wenigen unbestech- ichen Stimmen, die beharrlich auf staatliche Willkür nd Gewalt und Missachtung der Menschen- und Bür- errechte aufmerksam machten. Chebeyas Tod ist für die enschen im Kongo eine Katastrophe und für uns eine raurige Mahnung, in unserem Engagement für den chutz von Menschenrechtsverteidigern nicht nachzuge- en und alles für ihre Sicherheit zu tun. Deshalb fordern ir auch eine rückhaltlose Aufklärung des Falles. Dieses Beispiel steht für viele, in denen sich Men- chenrechtsverteidiger trotz der Gefahr für ihr eigenes eben für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. erade uns Demokraten sollte das dazu bringen, diese rbeit zu unterstützen und zu würdigen. Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion diesen An- rag eingebracht. Bevor ich auf einige Inhalte zu spre- hen komme, möchte ich diesbezüglich die Regierungs- oalition fragen, wo denn ihr parlamentarischer Beitrag um Schutz und zur Unterstützung von Menschenrechts- erteidigern verblieben ist. Oder anders und deutlicher ormuliert: Es ist wirklich ein Armutszeugnis sonder- leichen, dass von Union und FDP zu diesem wichtigen ereich der Menschenrechtspolitik nichts kommt. Und iebe Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, ommen Sie mir bitte in diesem Zusammenhang nicht it dem Abschnitt zu den Menschenrechtsverteidigern n ihrem total substanzlosen Antrag „Menschenrechte eltweit schützen“. Denn die Forderung unter Punkt 17 ich zitiere –, „über die deutschen Auslandsvertretun- en in akuten Fällen die notwendigen Maßnahmen zum chutz von Menschenrechtsverteidigern zu ergreifen nd diese gegebenenfalls auch unter Nutzung der ent- prechenden Vorschriften des geltenden Ausländerrechts urzfristig zeitweilig in der Bundesrepublik Deutschland ufzunehmen“, ist erstens aus einem interfraktionellem ntrag einfach abgeschrieben, und zum Zweiten haben ie sich seinerzeit auch nur auf diesen Passus im inter- raktionellen Antrag eingelassen, weil wir Sie dazu ge- rängt haben. Des Weiteren ist diese auf Ihr Verlangen chwammig formulierte Einzelforderung natürlich viel u wenig, um der Wichtigkeit des Themas wirklich ge- echt zu werden. Außerdem: Was heißt Ihre Forderung igentlich konkret? Heißt es, wie im Fall von Syrien, ücknahmeabkommen zu schließen obwohl dort Men- chenrechtsverteidiger wie Herr Labwani oder Anwar el- unni nachweislich rechtswidrig inhaftiert, gefoltert und isshandelt werden? 4806 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) Es ist leider so, dass auch im Fall der Menschen- rechtsverteidiger Ihre menschenrechtspolitischen Aussa- gen entweder gar nicht vorhanden oder völlig unzurei- chend sind und zu allem Überfluss die konkrete Politik ihren vermeintlichen Ansprüchen sogar zuwider ist. Warum sonst unterstützen Sie nicht unseren Antrag, das Rückübernahmeabkommen mit Syrien sofort aufzu- kündigen? Rückführungen in einen Staat, in dem Folter nicht nur nicht untersagt, sondern aktiv eingesetzt wird, dürfen unter Geltung des absoluten Folterverbots nicht hingenommen werden. Was wir brauchen, sind konkrete, menschenrechtlich und politisch pragmatisch schnell umsetzbare Vor- schläge wie die Schaffung eines Amtes einer Verbin- dungsbeamtin oder eines Verbindungsbeamten für Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechts- verteidiger beim Auswärtigen Amt und in den deutschen Auslandsvertretungen, ausgestattet mit den erforderli- chen Kapazitäten und Kompetenzen. Außerdem ist es unabdingbar, über die deutschen Auslandsvertretungen die notwendigen Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern zu ergreifen, diese in Fällen akuter Bedrohung für 12 bis 24 Monate in der Bundesre- publik Deutschland aufzunehmen und sie während die- ser Zeit finanziell mit einem deutlich über der Grund- sicherung liegenden Betrag zu unterstützen. Weil dies auch in dem Antrag „Mehr Schutz für Men- schenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsvertei- diger“ der Grünen gefordert wird, werden wir auch die- sen Antrag unterstützen. Wer schützen will, muss konkrete Schritte zu deren Schutz vorschlagen und vor allem auch im eigenen Land durchführen. Weder das eine noch das andere macht die Regierungskoalition. Deshalb bitte ich alle ernsthaft menschenrechtlich engagierten Kollegen von Union und FDP, die Anträge von Grünen und SPD zu unterstützen. Aber vermutlich wird auch die Menschenrechtspolitik ihrem Parteikalkül geopfert, wie so einiges andere ver- mutlich auch. Marina Schuster (FDP): Der FDP ist der Schutz von Menschenrechtsverteidigern ein wichtiges Anlie- gen. Bereits im ersten Antrag zu „Menschenrechte welt- weit schützen“ haben wir als Koalitionsfraktionen die Menschenrechtsverteidiger erwähnt und beschlossen, dass die Bundesregierung über die deutschen Auslands- vertretungen in akuten Fällen die notwendigen Maßnah- men zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern er- greift und diese gegebenenfalls auch unter Nutzung der entsprechenden Vorschriften des geltenden Ausländer- rechts kurzfristig zeitweilig in der Bundesrepublik Deutschland aufnimmt. Oft führe ich Gespräche mit den mutigen Menschen, die sich aus der Zivilgesellschaft heraus für den Schutz, die Förderung und die Durchsetzung der Menschen- rechte einsetzen, oft unter Einsatz ihrer körperlichen Un- versehrtheit oder ihres eigenen Lebens. Ich bin sehr dankbar und beeindruckt von der Leistung dieser muti- g d n e r b A K U L t B s t l M s R f s A s r A L B t b S d r e M S l M s M s g s z B M f s r f S v g M (C (D en Menschen. Menschenrechtsverteidiger bedürfen eshalb eines besonderen Schutzes durch die internatio- ale Gemeinschaft. Dieses Thema nehmen wir sehr rnst: Der Schutz und die Unterstützung von Menschen- echtsverteidigern sind ein thematischer Schwerpunkt ei der Projektförderung des Auswärtigen Amtes. Das uswärtige Amt förderte unter anderem eine regionale onferenz afrikanischer Menschenrechtsverteidiger in ganda, auf der vom Auswärtigen Amt über die EU- eitlinien informiert wurde. Neben dem ständigen Aus- ausch mit Menschenrechtsverteidigern vor Ort und in erlin, unter anderem über die Möglichkeit der verbes- erten Umsetzung der Leitlinien, setzt sich das Auswär- ige Amt – auch in konkreten Einzelfällen – in bilatera- en Gesprächen auf allen Ebenen, einschließlich der inister, für Menschenrechtsverteidiger ein. Aktuell wird über die Aufnahme von circa 20 irani- chen Oppositionellen, die in der „grünen Revolte“ eine olle spielten und sich momentan noch in der Türkei be- inden, gesprochen. Die Gespräche und Verhandlungen ollen demnächst mit einem positiven Ergebnis und der ufnahme der Oppositionellen beendet sein. Der Men- chenrechtsbeauftragte Markus Löning hat sich erfolg- eich beim Bundesinnenministerium eingesetzt, um die ufnahme zu beschleunigen. Dafür möchte ich Markus öning danken. Sowohl der Antrag der SPD als auch der Antrag von ündnis 90/Die Grünen lassen gerade im Feststellungs- eil genau das vermissen, was bereits geleistet wird. Die Bundesregierung setzt sich für die weitere Ver- esserung von Monitoring- und Berichtssystemen zum chutz von Menschenrechtsverteidigern ein, auch um ie bereits existierende enge Zusammenarbeit mit Nicht- egierungsorganisationen weiter zu vernetzen und damit ffizienter zu gestalten. So verfolgt die Bundesregierung eldungen von Nichtregierungsorganisationen über das chicksal von Menschenrechtsverteidigern weltweit. In der täglichen Praxis berichten die deutschen Aus- andsvertretungen regelmäßig über die Situation von enschenrechtsverteidigern. Darauf aufbauend setzt ich Deutschland im Kontext bilateraler Dialoge mit enschenrechtsverteidigern und durch förmlich politi- che Demarchen für verfolgte Menschenrechtsverteidi- er ein. Ihre Forderungen, liebe Kollegen von der SPD, sind ehr allgemein gefasst. Insbesondere Ihre Forderung 7 eigt, dass Sie sich noch nicht mit den Tätigkeiten der undesregierung, insbesondere mit der Arbeit von arkus Löning als Beauftragtem der Bundesregierung ür Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, auseinander- etzen. Auch der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen igno- iert die bereits unternommenen Anstrengungen und Er- olge der deutschen Bundesregierung in Bezug auf chutz der Menschenrechte und von Menschenrechts- erteidigern. Dies gilt insbesondere vor dem Hinter- rund Ihrer Kritik, Herr Kollege Beck. Noch bevor arkus Löning sein Amt überhaupt angetreten hat, hat- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4807 (A) ) )(B) ten Sie nichts besseres zu tun als gleich mal Kritik gegen die Person und das Amt des Beauftragten der Bundesre- gierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu äußern. Markus Löning hat lieber Taten sprechen lassen. So hat sich Markus Löning nach seinem Amtsantritt mit ei- nem Brief an alle Leiter der deutschen Auslandsvertre- tungen gewandt und für besondere Aufmerksamkeit bei der Umsetzung der EU-Leitlinien zu Menschenrechts- verteidigern geworben. Die Unterstützung für Men- schenrechtsverteidiger soll auch Thema bei der anste- henden Botschafterkonferenz im Herbst sein. In allen seinen bisherigen Reisen sind Treffen mit Menschen- rechtsverteidigern erfolgt. Hierüber hat er in den Aus- schusssitzungen ausführlich berichtet. Die Bundesregierung zeigt mit all diesen Maßnahmen die sichtbare Unterstützung von Menschenrechtsvertei- digern nach außen und trägt der überragenden Bedeu- tung von Menschenrechtsverteidigern für die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte Rechnung. Ich danke all denen, die diesen Weg unterstützen. Annette Groth (DIE LINKE): Menschenrechtsver- teidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger werden in vielen Ländern der Erde bedroht und verfolgt. Men- schenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsvertei- diger sind als Anwältinnen und Anwälte, aktive Gewerk- schafterinnen und Gewerkschafter, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter oder in journalistischen Berufen tätig. Aber auch viele Geistliche oder Studierende kämpfen unter Einsatz ihres Lebens für die Rechte der Menschen. Sie organisieren Demonstrationen, schaffen Öffentlich- keit und untersuchen Menschenrechtsverletzungen in ih- ren Ländern. Sie sind es, die Verletzungen der Men- schenrechte trotz schwerer Repressionen in die Öffentlichkeit bringen und Widerstand organisieren. Durch ihre Informationen an internationale Gremien oder Einrichtungen der Vereinten Nationen schaffen sie vielfach die Grundlage für eine internationale Debatte über diese Menschenrechtsverletzungen. Dabei setzen sie häufig ihr Leben und ihre Gesundheit aufs Spiel, um anderen Menschen zu helfen. Ohne diese mutige Arbeit wäre die Durchsetzung der Menschenrechte undenkbar. Deshalb brauchen sie einen intensiveren Schutz. Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschen- rechtsverteidiger werden verfolgt, obwohl sie sich mit demokratischen und friedlichen Mitteln für ihre Ziele einsetzen. Wir erwarten deshalb von der deutschen Au- ßenpolitik, dass sie sich für den konkreten Schutz der Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechts- verteidiger einsetzt und konkrete Maßnahmen für ihren Schutz ergreift. Um dies zu erreichen, können konkrete Verbesserungen der bisherigen organisatorischen Aus- stattungen in den Auslandsvertretungen und im Auswär- tigen Amt ein wichtiger Schritt sein. Die beiden heute zu diskutierenden Anträge zeigen hier konkrete Möglich- keiten auf. Die Fraktion Die Linke unterstützt den Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen, eine Verbindungsbeamtin oder einen Verbindungsbeamten für Menschenrechtsverteidi- g t d t s u m R b d t N g M r f r M a D M s m ß k z p ü d l u f D r b t G z r H s k V g d w F s A d p D t n g M v m (C (D erinnen und Menschenrechtsverteidiger beim Auswär- igen Amt zu schaffen. Auch die Forderung, dass in den eutschen Auslandsvertretungen eine Verbindungsbeam- in oder ein Verbindungsbeamter als konkreter An- prechpartner für die Menschenrechtsverteidigerinnen nd Menschenrechtsverteidiger zur Verfügung stehen uss, halten wir für unerlässlich. Die Argumentation der egierungskoalition, dass hierfür finanzielle Engpässe eständen, sind völlig inakzeptabel, da an dieser Frage er konkrete Schutz von Gesundheit und Leben der Be- roffenen hängen kann. Wir wollen wirtschaftliche und menschenrechtliche otwendigkeiten der Arbeit von Botschaften nicht ge- eneinander ausspielen. Wenn aber auf der einen Seite ittel für den Ausbau der Stellen für wirtschaftliche Be- atung und Zusammenarbeit in den Botschaften zur Ver- ügung gestellt werden können, für die konkrete Siche- ung der Arbeit der Menschenrechtsverteidigerinnen und enschenrechtsverteidiger jetzt aber fehlende Finanzen ngeführt werden, ist das nicht akzeptabel. Die Fraktion ie Linke wird sich dafür einsetzen, dass entsprechende ittel im Haushalt zur Verfügung gestellt werden müs- en, da wir den Schutz der Betroffenen für eine zentrale enschenrechtspolitische Aufgabe der deutschen Au- enpolitik halten. Trotzdem müssen wir auch einige kritische Anmer- ungen zu den beiden Anträgen machen. Wir unterstüt- en das Anliegen beider Anträge völlig, finden es jedoch roblematisch, dass in beiden Anträgen keine Aussagen ber die schwierige Situation der Menschenrechtsvertei- igerinnen und Menschenrechtsverteidiger in Deutsch- and vorgenommen werden. Viele Verbände, Initiativen nd Einzelpersonen setzen sich seit vielen Jahrzehnten ür die Rechte der benachteiligten Menschen hier in eutschland ein, ohne dass sie eine institutionelle Förde- ung für ihre wertvolle Arbeit erhalten. Wenn wir uns eispielsweise die wertvolle Arbeit der vielen antirassis- ischen, antiziganistischen und migrationspolitischen ruppen anschauen, die aufgrund einer fehlenden Finan- ierung häufig nicht wissen, wie sie ihre Arbeit finanzie- en können, besteht auch hier in Deutschland dringender andlungsbedarf. Die Linke würde sich deshalb wün- chen, dass im Rahmen dieser Diskussion auch eine kon- rete Verbesserung der Finanzierung von Gruppen und erbänden in Deutschland sichergestellt wird, da auf- rund der fehlenden finanziellen Möglichkeiten notwen- ige menschenrechtspolitische Arbeit real eingeschränkt ird. Beide Anträge machen deutlich, dass es innerhalb der raktionen im Deutschen Bundestag wenige Unter- chiede zu diesem Thema gibt. Aus diesem Grund ist die blehnung der Anträge durch die Regierungsparteien in en Ausschüssen völlig unverständlich. Hier wird mit arteitaktischen Überlegungen verhindert, dass der eutsche Bundestag eine klare Positionierung zur Wei- erentwicklung der Arbeit des Auswärtigen Amtes vor- immt. Die Regierungsfraktionen nehmen damit billi- end in Kauf, dass mögliche Verbesserungen für die enschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechts- erteidiger nicht vorgenommen werden. Die Fraktion Die Linke wird beiden Anträgen zustim- en. 4808 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechts- verteidiger leisten zum Schutz und zur Förderung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit einen un- schätzbaren Beitrag. In Ausübung dieser wertvollen Ar- beit werden sie jedoch häufig selber zur Zielscheibe von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. Ganz beson- ders davon bedroht sind jene Menschenrechtsverteidige- rinnen und Menschenrechtsverteidiger, die selber diskri- minierten Gruppen angehören: Frauen, Homo-, Bi- oder Transsexuelle, Angehörige religiöser oder ethnischer Minderheiten etwa werden als Menschenrechtsverteidi- gerinnen und Menschenrechtsverteidiger häufig noch in- tensiver diskriminiert und verfolgt als zuvor. Ihr Mut und ihre Motivation, aktiv für den Schutz der Menschen- rechte einzustehen, sind daher besonders schützens- und unterstützenswert. Zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern hat die EU bereits im Jahr 2004 Leitlinien, die „Guidelines on Human Rights Defenders“, verabschiedet. Der spanische EU-Ratsvor- sitz möchte diesen Schutz nun noch weiter ausbauen und strebt an, dass sowohl auf EU-Ebene als auch in den einzelnen Mitgliedstaaten jeweils ein Amt einer Verbindungsbeamtin oder eines Verbindungsbeamten für Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschen- rechtsverteidiger geschaffen wird. Diese Verbindungsbe- amten sollen eine koordinierende Funktion haben und zur Durchsetzung der Leitlinien zum Schutz von Men- schenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsvertei- digern beitragen. Wir stellen daher in unserem Antrag drei wesentliche Forderungen: Erstens fordern wir die Bundesregierung auf, das Amt einer Verbindungsbeamtin oder eines Verbindungsbeam- ten für Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschen- rechtsverteidiger beim Auswärtigen Amt einzusetzen und damit der spanischen Initiative zu folgen. Der Be- auftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspoli- tik und Humanitäre Hilfe, Herr Markus Löning, hat bei seinem Besuch im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe am 19. Mai dieses Jahres deutlich seine Sympathie und Zustimmung für diesen Vorschlag bekundet. Sie können dies in der Beschlussfassung nach- lesen: Er sagte, der Vorschlag, im Auswärtigen Amt ei- nen „Focal Point“ einzurichten, sei eine gute Idee. Es stelle sich einzig die Frage, ob man diesen – wie in unse- rem Antrag gefordert – dauerhaft einrichte oder ob man nur für eine absehbare Zeit jemanden dafür abstelle, um in dieser Zeit die Situation zu verbessern. Wir sind da- rauf eingegangen, haben dem zugestimmt und dadurch versucht, es den Menschenrechtspolitikern der Koalition einfach zu machen: Bei der Abstimmung im Ausschuss haben wir über diese Forderung aus unserem Antrag, die Forderung unter II.1, einzeln und getrennt abstimmen lassen. Die Abgeordneten der CDU/CSU- und der FDP- Fraktion im Menschenrechtsausschuss haben dennoch dagegengestimmt – gegen eine Forderung ihres eigenen Menschenrechtsbeauftragten. Das ist schlichtweg pein- lich. Menschenrechtspolitik bedeutet, zum Wohle der Menschen arbeiten zu wollen. Den Koalitionsfraktionen fehlt hierfür offensichtlich jedes Gespür. Sie scheitern b M d t A b G d r w f s v k w z s V d M n w d B s H s i V s n d d D m B d c M v M d F b S s b m I H r B k u d M M (C (D ereits daran, eine Forderung zum Schutze engagierter enschen zu unterstützen, einzig, weil sie formell von er Opposition gestellt wurde. Was die Koalition hier be- reibt, ist Menschenrechtsverhinderungspolitik. Deutschland kann es sich keinesfalls leisten, auf das mt einer Verbindungsbeamtin oder eines Verbindungs- eamten zu verzichten. Bereits jetzt sind wir auf diesem ebiet schlechter aufgestellt als viele unserer Partnerlän- er in der EU. Würden wir die spanische Initiative igno- ieren, gerieten wir noch weiter ins Hintertreffen. Viel ichtiger als diese Überlegung ist aber, dass wir andern- alls die Menschenrechtsverteidigerinnen und Men- chenrechtsverteidiger im Stich ließen. Gerade von uns, on Deutschland, sollten sie aber den Schutz erwarten önnen, der notwendig ist, um ihre Sicherheit zu ge- ährleisten und ihnen manchmal sogar Leib und Leben u retten. Unsere zweite zentrale Forderung ist, in den deut- chen Auslandsvertretungen zu gewährleisten, dass eine erbindungsbeamtin oder ein Verbindungsbeamter für ie vor Ort aktiven Menschenrechtsverteidigerinnen und enschenrechtsverteidiger und die für diese Tätigkeit otwendigen Kapazitäten zur Verfügung stehen. Not- endig ist nämlich nicht nur das Amt einer Verbin- ungsbeamtin oder eines Verbindungsbeamten hier in erlin. Mindestens ebenso wichtig ist, dass in den tat- ächlich betroffenen Ländern unbürokratisch und schnell ilfe geleistet wird. Hierzu ist es vonnöten, in den deut- chen Auslandsvertretungen in zumindest jenen Staaten, n denen Menschenrechtsprobleme zu befürchten sind, erbindungsbeamtinnen oder Verbindungsbeamte einzu- etzen. Derzeit wird diese Aufgabe in der Regel einzel- en Referatsleiterinnen und -leitern übertragen und tritt aher zuweilen aufgrund der Arbeitsbelastung zu weit in en Hintergrund. Nicht dass Sie mich falsch verstehen: ie Motivation und der Wille sind bei zuständigen und otivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den otschaften schon jetzt vorhanden. Es fehlt ihnen je- och schlichtweg die Zeit, sich neben ihren hauptamtli- hen Aufgaben auch noch intensiv um den Schutz von enschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechts- erteidigern zu kümmern. Auch diese Forderung hat der enschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung aus- rücklich unterstützt. Es geht bei dieser zweiten Forderung nicht um interne ormalia des Auswärtigen Amtes. Sie entfaltet unmittel- are Wirkung für das Leben vieler Menschen. Denn zum chutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Men- chenrechtsverteidigern werden seitens der Bundesrepu- lik selbst in akuten Notfällen die notwendigen Maßnah- en häufig nicht ergriffen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: nfolge des Putsches in Honduras im vergangenen erbst kamen mindestens 15 Menschenrechtsverteidige- innen und Menschenrechtsverteidiger ums Leben. Die otschaft in Tegucigalpa kannte diese Menschen und annte auch die Gefahren, in denen sie steckten. Sie hat ns dies auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion hin in er Drucksache 17/729 bestätigt. Helfen konnte sie den enschen jedoch nicht. Sie sind tot, weil sie sich für enschenrechte eingesetzt haben. Das kann und darf Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4809 (A) ) )(B) nicht Bestandteil deutscher Außen- und Menschen- rechtspolitik sein! Auch unsere dritte Forderung wird von dem Men- schenrechtsbeauftragten der Bundesregierung ausdrück- lich unterstützt. Wir fordern unter II.3 unseres Antrages, Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechts- verteidiger in Fällen akuter Bedrohung für 12 bis 24 Mo- nate in der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen und sie während dieser Zeit finanziell zu unterstützen. Herr Löning sagte uns dazu, gegen die Aufnahme von bedrohten Menschenrechtsverteidigern spreche nichts; dies habe die Bundesregierung gerade im Bezug auf 20 Menschen aus dem Iran verkündet. Ich hoffe, dass die Koalitionsabgeordneten im Menschenrechtsausschuss diesen Worten aufmerksam zugehört haben. Denn über genau diese Forderung wollen wir hier im Plenum eben- falls einzeln und getrennt abstimmen. Die Koalition sollte sich den ausdrücklichen Empfeh- lungen der von ihr gewählten Regierungsvertreter nicht ausgerechnet dann widersetzen, wenn es um Menschen- rechte und das Wohl und Leben verfolgter Menschen geht. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Zukunft öffentlich- rechtlicher Sparkassen sichern – Privatisierung verhindern Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Im vorliegenden Antrag fordert die SPD-Fraktion vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in Schleswig-Holstein die Bundesregierung auf, sich für die Stärkung der öffent- lich-rechtlichen Sparkassen im deutschen Bankensystem einzusetzen, sich gegen die Möglichkeit zur Bildung von Stammkapital und dessen beschränkte Übertragbarkeit einzusetzen und gegenüber der schleswig-holsteinischen Landesregierung darauf zu drängen, einen entsprechen- den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Hintergrund sind die Pläne der christlich-liberalen Koalition in Schleswig-Holstein, das Sparkassengesetz zu ändern. Durch diese Änderung soll den öffentlich- rechtlichen Sparkassen in Schleswig-Holstein ermög- licht werden, beschränkt übertragungsfähiges Stammka- pital zu bilden – wohlgemerkt: Die Möglichkeit soll er- öffnet werden. Über die tatsächliche Bildung entscheidet der Verwaltungsrat nach vorheriger Zustimmung der Vertreter des Trägers, also zum Beispiel der Kommunen und Gemeinden. Bis zu 25,1 Prozent dieses Stammkapitals sollen von anderen öffentlich-rechtlichen Sparkassen, deren Trä- gern oder vergleichbaren Trägern gehalten werden. Ver- gleichbarer Träger ist nur, wer sich unter staatlicher Aufsicht auf die Wahrung von sparkassentypischen Auf- gaben verpflichtet hat sowie etwaige Ausschüttungen und Liquidationserlöse gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken zuführt. Darüber hinaus haben CDU und FDP beantragt, dass die Beteiligung nur von Mitgliedern ei- n w ö l M g l r V w d d t r g S z g r d H D s b s b j e t t w z k c u n s t e n a i s r B s (C (D es regionalen Sparkassen- und Giroverbandes gehalten erden darf. Dies soll den Willen zur Beibehaltung des ffentlich-rechtlichen Charakters der Sparkassen zusätz- ich unterstreichen. Damit soll den öffentlich-rechtlichen Sparkassen die öglichkeit gegeben werden, ihre Eigenkapitalbasis ei- enverantwortlich zu erhöhen. So weit die Ausgangs- age. Dazu ist zunächst einmal festzustellen: Sparkassen- echt ist Landesrecht und obliegt aus gutem Grund der erantwortung der Entscheidungsträger vor Ort. Daran erden wir als CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bun- estag nicht rütteln. Wir setzen deswegen darauf, dass Landtag und Lan- esregierung in Schleswig-Holstein in einer für die dor- ige Sparkassenorganisation anspruchsvollen Zeit die ichtigen Entscheidungen treffen werden, Entscheidun- en, die, wie bereits ausgeführt, notwendig sind, um das parkassenwesen in Schleswig-Holstein zu stärken und u stützen. Die Veränderung der Regelungen hinsichtlich des Ei- enkapitals ist im Übrigen kein neuer Vorgang. In ande- en Ländern wurden Sparkassengesetze ebenfalls geän- ert, um die Eigenkapitalbasis zu verbreitern, immer im inblick darauf, die Rolle der Sparkassen im deutschen rei-Säulen-System im Bankenwesen zu erhalten und zu tärken. Dieses Drei-Säulen-Modell, die Trennung in Privat- anken, öffentlich-rechtliche Institute sowie Genossen- chaftsbanken, hat sich durchaus bewährt. Es hat dazu eigetragen, dass Deutschland relativ gut durch die üngste Finanzkrise gekommen ist. Die Sparkassen nehmen dabei eine wichtige Rolle in: Sie versorgen, wie im vorliegenden Antrag ganz rich- ig ausgeführt wird, insbesondere mittelständische Un- ernehmen mit Krediten. Wir haben es im Übrigen ganz esentlich den Sparkassen und Genossenschaftsbanken u verdanken, dass es bisher zu keiner Kreditklemme ge- ommen ist. Sie stellen gerade im ländlichen Raum die flächende- kende Versorgung mit Finanzdienstleistungen sicher. Sie genießen vor Ort großes Vertrauen bei Bürgern nd Unternehmen und verfügen über exzellente Kennt- isse der lokalen Besonderheiten. Sie sind in vielfältiger Weise in das lokale Gemeinwe- en eingebunden, nicht nur als Kreditgeber und als wich- iger Arbeitgeber, sondern auch als Förderer von vielen hrenamtlichen und gemeinnützigen Initiativen. Diese wichtigen Funktionen der Sparkassen möchte iemand antasten. Im Gegenteil, das Sparkassenwesen ls wichtige Säule des deutschen Bankenwesens, gerade n der Funktion als Partner des Mittelstandes, muss ge- tützt und erhalten werden. Dafür steht die Bundesregie- ung, dafür steht die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen undestag, und dafür steht auch – das wird in dem Ge- etzentwurf des Landes Schleswig-Holstein zur Ände- 4810 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) rung des Sparkassengesetzes deutlich – die christlich-li- berale Koalition in Schleswig-Holstein. Das Land Schleswig-Holstein will nicht die Sparkas- sen gefährden, sondern im Gegenteil das für das Ge- meinwohl wichtige Sparkassenwesen im Land schützen. Dies wird im Gesetzentwurf zur Änderung des Sparkas- sengesetzes auch noch einmal ausdrücklich betont. Die Zweckbindung der Sparkassen soll durch die Möglichkeit der Bildung von Stammkapital und deren beschränkte Übertragbarkeit auf andere öffentlich-recht- liche Sparkassen, deren Träger oder vergleichbare Trä- ger nicht eingeschränkt werden. Die Fraktionen der CDU und der FDP im Landtag von Schleswig-Holstein verlangen darüber hinaus unter anderem, dass eine Min- derheitsbeteiligung an einer Sparkasse an die Mitglied- schaft in einem regionalen Sparkassen- und Giroverband gebunden sein soll. Ein entsprechender Änderungsantrag zum Gesetzesentwurf der Landesregierung wurde noch in dieser Woche gestellt. Wir nehmen das im ersten Teil des Antrages formu- lierte Ansinnen der Antragsteller, das Sparkassenwesen zu schützen, sehr ernst. Die aufgeworfenen Fragestellun- gen sind diskussionswürdig und müssen beantwortet werden. Wir bezweifeln aber, dass der vorliegende An- trag dazu beiträgt. Wir sind uns sicher, dass die Entscheidungsträger in Schleswig-Holstein verantwortungsvoll mit der Zukunft der dortigen Sparkassen umgehen. Auch die CDU- und die FDP-Fraktion im Landtag in Schleswig-Holstein ha- ben ihren Willen dazu erneut durch ihren in Detailfragen klarstellenden Änderungsantrag gezeigt. Wir lehnen den vorliegenden Antrag der SPD daher ab. Wir lehnen den Antrag aber auch deswegen ab, weil er sich der Einsicht verweigert, dass Sparkassen zukünf- tig neue Wege bei der Beschaffung von Eigenkapital ge- hen müssen. Nach den beiden Finanzkrisen kann und wird die Finanzbranche nicht mehr bleiben, wie sie war. Im Rahmen der diskutierten und der bereits auf den Weg gebrachten Regulierungsmaßnahmen wird die Ver- stärkung des Eigenkapitals für Banken eine entschei- dende Rolle spielen. Die Überlegungen des Baseler Aus- schusses zum Beispiel zur Leverage Ratio sind hierfür nur ein Beispiel. Die Sparkassenorganisation wird also die Frage beantworten müssen, wie sie dieses Eigenkapi- tal generiert. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die kommunalen Träger der Sparkassen bundesweit ver- mehrt in einer komplexen Finanzsituation befinden. Vor diesem Hintergrund wird sich immer häufiger die Frage stellen, inwieweit die Sparkassen zur Konsolidierung der Haushalte ihrer jeweiligen Träger beitragen können. In- sofern wird der Druck, soweit gesetzlich zulässig, an die Kommunen als Träger auszuschütten, größer werden und das Thesaurierungspotenzial mithin sinken. Wir werden diesen Herausforderungen, bei allem Re- spekt vor den im Antrag der SPD formulierten Beden- ken, nicht dadurch begegnen können, dass wir so tun, als dürfe sich nichts ändern. Sparkassen werden andere Wege als bisher einschlagen müssen, um das für ihre A n v w n b L e s s m k w e w s d z b i v S z k s K e V n i R l S S D d m B b l b d e d d K v r g v (C (D ufgabe auskömmliche Eigenkapital zu generieren. Ei- ige Bundesländer haben sich, wie bereits ausgeführt, orsichtig auf diesen Weg gemacht. Schleswig-Holstein ill dem folgen, und das ist auch gut so. Wir sollten diesen Prozess als Bundespolitik daher icht blockieren, sondern vielmehr kritisch konstruktiv egleiten – in Schleswig Holstein und im Rest unseres andes. Bernd Scheelen (SPD): Im Bundestag hat es bisher inen fraktionsübergreifenden Konsens über das deut- che dreigliedrige Bankensystem gegeben. Dieser Kon- ens schloss immer auch die Sparkassen mit ein. Es uss deshalb den Bundestag beschäftigen, wenn die Zu- unft der öffentlich-rechtlichen Sparkassen gefährdet ird. Eine solche Gefährdung geht aktuell von dem Gesetz- ntwurf der schwarz-gelben Landesregierung in Schles- ig-Holstein zur Änderung des dortigen Sparkassenge- etzes aus. Der Gesetzentwurf droht zum Einfallstor für ie Privatisierung der Sparkassen in Schleswig-Holstein u werden. Dies würde den Bestand der gesamten Ver- undorganisation der öffentlich-rechtlichen Sparkassen nfrage stellen und hätte somit über das Land hinaus gra- ierende negative Auswirkungen auf den gesamten parkassensektor. Die öffentlich-rechtlichen Sparkassen sind ein unver- ichtbarer Teil des Bankensystems. Sie sind der Haupt- reditgeber für die mittelständischen Unternehmen. Sie tellen einen diskriminierungsfreien Zugang für alle unden zu Finanzdienstleistungen sicher. Ohne sie wäre ine flächendeckende geld- und kreditwirtschaftliche ersorgung in ländlichen und strukturschwachen Regio- en nicht gesichert. Diese Funktion können Sparkassen aber nur aufgrund hrer öffentlich-rechtlichen Struktur, der Einhaltung des egionalprinzips und ihres öffentlichen Auftrags erfül- en. Bei einer Privatisierung der öffentlich-rechtlichen parkassen würden kurzfristige Renditeinteressen an die telle der bisherigen Gemeinwohlorientierung treten. ie SPD wendet sich deshalb gegen die Privatisierung er Sparkassen! Die schleswig-holsteinische Landesregierung betritt it der in ihrem Gesetzentwurf enthaltenen Option zur ildung beschränkt übertragungsfähigen Stammkapitals ei öffentlich-rechtlichen Sparkassen leichtfertig Neu- and. Nach Einschätzung der kommunalen Spitzenver- ände und des Deutschen Sparkassen- und Giroverban- es birgt diese Option die Gefahr eines Verstoßes gegen uropäisches Wettbewerbsrecht. Der Gesetzentwurf roht deshalb zu einem Dammbruch zur Privatisierung er Sparkassen zu werden. Dies scheint Schwarz-Gelb in iel nicht zu stören. Bereits die Möglichkeit zur Bildung und Übertragung on Stammkapital ist ein Schritt in Richtung Privatisie- ung. Sparkassen werden dadurch zu Finanzbeteiligun- en, die bei Nichterreichen einer gewünschten Rendite eräußert werden können. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4811 (A) ) )(B) Für die Stammkapitalbildung gibt es dabei keine überzeugenden betriebswirtschaftlichen Argumente. Fu- sionen von Sparkassen oder die Stärkung der Eigenmit- telausstattung einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse sind mit den bestehenden sparkassenrechtlichen Mitteln auch ohne den Einsatz von Stammkapital möglich. Die größte Gefahr liegt aber darin, dass der Gesetz- entwurf erstmals die Übertragbarkeit von Stammkapital nicht auf öffentlich-rechtliche Sparkassen und kommu- nale Träger beschränkt. Einbezogen wird nämlich mit der HASPA Finanzholding die Trägerin einer freien Sparkasse und damit ein privates Rechtssubjekt. Dies wird von der schwarz-gelben Landesregierung zwar be- stritten. Die EU-Kommission hat aber bereits deutlich erkennen lassen, dass sie die Haspa als Privaten einord- nen wird. Wird die Übertragbarkeit nicht auf den öffentlich- rechtlichen Bereich beschränkt, ist nach der Rechtspre- chung des Europäischen Gerichtshofs eine Privilegie- rung bestimmter Rechtsträger gegenüber anderen poten- ziellen Investoren unzulässig. Es besteht somit das Risiko, dass die EU-Kommission wegen der unzulässi- gen Veräußerungsbeschränkung ein Vertragsverletzungs- verfahren einleitet. Selbst wenn dies unterbleibt, könnten sich private Investoren auf eine Gleichstellung mit der HASPA Finanzholding berufen und sich damit in eine Sparkasse hineinklagen. Die SPD fordert deshalb die schleswig-holsteinische Landesregierung auf, ihren Gesetzentwurf zurückzuzie- hen. Der offensichtlich gegen das europäische Wettbe- werbsrecht verstoßende Gesetzentwurf darf nicht zum Einfallstor für die Privatisierung der Sparkassen werden! Dr. Volker Wissing (FDP): Ein leistungsfähiges und stabiles Finanzsystem ist für die wirtschaftliche Ent- wicklung unseres Landes unerlässlich. Nicht zuletzt mit dem Koalitionsvertrag erneuern Union und FDP daher das gemeinsame Bekenntnis zum dreigliedrigen Banken- system, bestehend aus Privatbanken, Volks- und Raiffei- senbanken sowie Sparkassen. Privatpersonen und Unter- nehmen profitieren von dieser wettbewerbsintensiven Bankenlandschaft. Die Bundesregierung setzt sich mit zusätzlichen An- strengungen für die nachhaltige Stabilisierung des Fi- nanzsektors ein. Hierzu zählt die strukturelle Verbesse- rung privater und hoheitlicher Aufsichtssysteme ebenso wie die Stärkung langfristiger Wachstumskräfte durch wettbewerbsorientierte Reformen. Unser Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit aller Marktteilnehmer – unabhängig von der Rechtsform – nachhaltig zu stärken. Als Fundament einer wirkungs- volleren Bankenregulierung werden die Kapitalanforde- rungen differenziert nach Risiko und Systemrelevanz verstärkt. In Krisenzeiten auftretende Verluste werden zukünftig in größerem Umfang selbst zu tragen sein. Die Bildung von Stammkapital auch durch Sparkassen ent- spricht dieser Zielsetzung einer effizienten Risikovor- sorge durch Eigenkapitalbildung. d E N w s k f d l G n n s b s g R S s S d n g m n r l S N l l n h i r A m s T k „ r d g r p o t H k s i t ö (C (D Die SPD will diese Art der eigenen Vorsorge durch ie Finanzmarktakteure unterbinden. Aus den schlechten rfahrungen mit der Sparkasse Südholstein und der ord-Ostsee Sparkasse sollen keine Lehren gezogen erden. Die somit nur plakative Forderung der SPD, ich bei den Bemühungen zur Stabilisierung und Stär- ung von Finanzinstituten einseitig auf Sparkassen zu okussieren, verkennt zudem den Reformbedarf auch in en anderen kreditwirtschaftlichen Bereichen. Nicht zu- etzt die mittlerweile bundeseigene Hypo-Real-Estate- ruppe muss so gestärkt werden, dass von ihr keine euen Gefahren für andere Marktteilnehmer ausgehen. Schon vor dem Hintergrund des Beihilferechts ist icht ersichtlich, warum die Bundesregierung sich ein- eitig für die Stärkung von Sparkassen im Wettbewerb eispielsweise mit Genossenschaftsbanken einsetzen ollte. Die Koalition bekennt sich auch weiterhin zu ver- leichbaren Wettbewerbsbedingungen für Institute aller echtsformen. Nicht nur deswegen ist die vorliegende Initiative der PD abzulehnen. Vor allem die grundgesetzlich ge- chützte Zuständigkeit der Landesparlamente für die parkassengesetzgebung gilt es zu wahren. Allein aus iesem Verfassungsprinzip kann die Bundesregierung icht auf die freie Meinungsbildung der gewählten Ab- eordneten im schleswig-holsteinischen Landesparla- ent Einfluss nehmen. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Machen wir uns doch ichts vor: Der Hintergrund für den Vorstoß zur Ände- ung des Sparkassengesetzes ist die desaströse Schief- age der öffentlich-rechtlichen Finanzwirtschaft in chleswig-Holstein. Durch die Risikogeschäfte der HSH ordbank mussten die Sparkassen einen Vermögensver- ust in dreistelliger Millionenhöhe hinnehmen. Als Ent- astung schlägt die schwarz-gelbe Regierungsfraktion un vor, dass fremde Kreditinstitute künftig Minder- eitsbeteiligungen an den öffentlich-rechtlichen Kredit- nstituten von bis zu 25,1 Prozent erwerben können. Vo- aussetzung ist laut Gesetzentwurf, dass diese neuen nteilseigner aus dem „öffentlichen Bereich“ stammen üssen. Die Landesregierung beansprucht mit dem Ge- etz, die Eigenkapitalausstattung der Institute zu stärken. atsächlich aber wird einer Teilprivatisierung von Spar- assen Tür und Tor geöffnet. Elf Sparkassen in Schleswig-Holstein sind noch echte“ Sparkassen: Sie sind öffentlich-rechtlich struktu- iert, dürfen nur in einem bestimmten Gebiet tätig wer- en und schütten ihre Gewinne an Stiftungen in der Re- ion aus. 2009 waren das bei der Sparkasse Holstein und 5,2 Millionen Euro. Mit der von CDU und FDP ge- lanten Gesetzesänderung sollen sich nun auch anders rganisierte, „unechte“ Sparkassen an den „echten“ be- eiligen können. Das Gesetz bereitet den Weg für die ASPA Finanzholding, Mutter der Hamburger Spar- asse, Haspa, bei den schleswig-holsteinischen Sparkas- en einzusteigen. Wenngleich die Haspa mit Verweis auf hre öffentlichen Aufgaben gerne den Eindruck vermit- elt, keine private Bank zu sein, ist sie doch auch keine ffentliche. Denn das Hamburger Geldinstitut hat eine 4812 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 (A) ) )(B) Sonderstellung inne. Für sie gilt das Regionalprinzip nicht, und es ist unklar, wer eigentlich die Holding kon- trolliert. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund, DStGB, und der Sparkassen- und Giroverband für Schleswig- Holstein, SGVSH, haben die schwerwiegenden Konse- quenzen einer solchen Neuregelung bereits mehr als deutlich gemacht: Wenn die Haspa bei den Sparkassen einsteigen darf, dann ist die Option eröffnet, dass sich Privatbanken dasselbe Recht erstreiten und damit das öf- fentlich-rechtliche Finanzwesen in Richtung Privatisie- rung treiben. Sparkassenfremde Anbieter könnten sich auf die Kapitalverkehrsfreiheit und die Niederlassungs- freiheit in den EU-Mitgliedstaaten berufen und hierüber den Erwerb von Sparkassenanteilen in Schleswig-Hol- stein erzwingen. Dies würde den Fortbestand des Spar- kassenwesens – und damit das Rückgrat der Kreditver- sorgung für kleinere und mittelständische Unternehmen – massiv gefährden. Der Beitrag, den die Sparkassen nicht zuletzt auf Grundlage ihrer kleinteiligen Strukturierung und regionalen Verankerung zum wirtschaftlichen Leben vor Ort leisten, würde dann bald der Vergangenheit an- gehören. Abzulehnen ist in der Tat bereits die Möglichkeit, bei öffentlich-rechtlichen Sparkassen Stammkapital einzu- führen und den Trägern der Institute die Option einzu- räumen, Anteile zu veräußern. Hierdurch wird den Spar- kassen kein frisches Kapital zur Verbesserung ihrer Eigenmittelausstattung zugeführt. Das Gesetz würde völlig falsche Anreizstrukturen für öffentliche Träger schaffen, weil diese dann Sparkassenanteile veräußern können, beispielsweise um sich finanziell zu entlasten. Wäre der schleswig-holsteinischen Regierung an einer Aufstockung der Kapitaldecke wirklich gelegen, könnte dies im Übrigen auch mittels stiller Einlagen erfolgen. Der jetzige Gesetzentwurf ist nichts anderes als ein Ein- fallstor für die vor allem von der FDP geplante Zerstö- rung des öffentlichen Finanzsektors. Dem erteilen wir eine entschiedene Absage. Der Antrag der SPD geht in die richtige Richtung. Die öffentlich-rechtlichen Spar- kassen sind in ihren Strukturen zu erhalten. Wir wollen keine Privatisierung durch die Hintertür und stimmen heute dem Antrag der SPD zu. Allerdings fordert der Antrag im letzten Spiegelstrich eine Intervention der Bundesregierung in Richtung der Landesregierung von Schleswig-Holstein. Dies ist natürlich nicht korrekt, weil die Gesetzesvorlage nicht von der Landesregierung, son- dern von den Koalitionsfraktionen eingereicht worden ist. Deshalb kann die Landesregierung ihren Gesetzent- wurf auch nicht zurückziehen, sondern nur die Fraktio- nen von FDP und CDU können dies tun. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was die schwarz-gelbe Landesregierung in Schleswig- Holstein mit den Sparkassen vorhat, ist nichts anderes als eine Trippelschrittprivatisierung durch die Hintertür. Nicht die Frage nach dem Warum und Wofür leitet diese Regierung, sondern eine fragwürdige und in anderen Be- reichen schon vielfach gescheiterte Privatisierungsdok- trin, die den privaten Banken ein Einfallstor zum Spar- kassengeschäft öffnet. Die Absicht der Regierung C ä s s g v g m m t l h d o G r s f z v D v s D d h t k A B B d c G w e b s S s G E a a v d d s a D g t l b s d w S (C (D arstensen, aus den Rücklagen der Sparkassen jetzt ver- ußerbares Stammkapital zu machen, lenkt die Diskus- ion um die Sparkassen in die falsche Richtung. So soll ich einmal mehr die Auseinandersetzung in der vorder- ründigen Frage erschöpfen: Privatisierung oder Teilpri- atisierung – ja oder nein? Dabei bestehen im Sparkassenbereich bereits ohnehin roße Herausforderungen: Aus Brüssel droht Ungemach it Reformen bei der Einlagensicherung, die einmal ehr die Funktionsweise des öffentlich-rechtlichen Sek- ors wie des genossenschaftlichen Sektors in Deutsch- and ignorieren. Doch es ist nicht nur notwendig, Bedro- ungen dieser Art zu thematisieren. Es geht nicht nur um ie Abwehr unerwünschter Gesetzgebung in Europa der einzelnen Bundesländern, sondern auch darum, die emeinwohlorientierung angesichts neuer Herausforde- ungen neu zu gestalten. Gemeinwohlorientierung darf ich bei weitem nicht in Mittelstandsfinanzierung, Konto ür jedermann und Mittelausschüttung für gemeinnüt- ige Zwecke erschöpfen. Sosehr Bündnis 90/Die Grünen on der Bedeutung eines öffentlichen Bankensektors in eutschland und in Europa – und übrigens auch von der olkswirtschaftlichen Richtigkeit – überzeugt sind, so- ehr fordern wir eine Neuausrichtung der Sparkassen. enn nur wenn sie der Gesellschaft Leistungen bieten, ie Privatbanken nicht erbringen können oder wollen, aben sie eine Daseinsberechtigung von öffentlichem In- eresse und sind daher schützenswert. Ich will also die Diskussion nicht in der Frage Eigen- apital/Stammkapital vertiefen. Da stimmen wir dem ntrag der SPD zu. Ich denke, die darin aufgeführten edenken wird auch Schwarz-Gelb, im Land wie im und, nicht von der Hand weisen können: Eine Stärkung er Eigenkapitalbasis wird mit der Umwandlung von Si- herheitsrücklagen in Stammkapital nicht erreicht. Im egenteil: Bei einer Verzinsung des Stammkapitals ürde die Eigenkapitalbasis sogar geschmälert. Auf den rsten Blick vielleicht einleuchtend, langfristig aber pro- lematisch und für die Zukunft der Sparkassen insge- amt gefährlich ist der geplante Einstieg der Hamburger parkasse Haspa. Schließlich bewertet die EU-Kommis- ion deren Eigner, den Hanseatischen Sparkassen- und iroverband, HSGV, als privatrechtlich. Wer also den instieg der Haspa betreibt, der öffnet den Einstieg für ndere Privatbanken. Nebenbei: Damit würde die FDP usnahmsweise einmal der Erfüllung eines ihrer Wahl- ersprechen wenigstens einen Schritt näherkommen, hat ie FDP doch in ihrem Wahlprogramm die Umwandlung er Sparkassen in Aktiengesellschaften gefordert. Wie chon gesagt: Privatisierung um jeden Preis. Sparkassen ls bloße Finanzbeteiligungen. Darauf läuft es hinaus. as machen wir nicht mit, und das werden auch die Bür- erinnen und Bürger nicht mitmachen, deren Restver- rauen in die Finanzbranche neben dem genossenschaft- ichen Bereich insbesondere den insgesamt soliden und ürgernahen Sparkassen zu verdanken ist. Damit ist ge- agt, was zu dieser falsch motivierten und zu erwarten- en fatalen Änderung des Sparkassengesetzes in Schles- ig-Holstein gesagt werden muss. Ich will die Diskussion vielmehr auf die Funktion der parkassen lenken. Ihre Rolle, die ihren öffentlich-recht- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 46. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 4813 (A) (C) (D)(B) lichen Status legitimiert, können sie unserem Verständ- nis nach nur ausfüllen, wenn sie sich konsequent als mo- derne, nachhaltig wirtschaftende Finanzdienstleister aufstellen, die in ihren Investments konsequent auch ökologische, soziale und ethische Kriterien berücksichti- gen, und wenn sie zugleich den öffentlichen Auftrag ins Zentrum ihres Geschäftsmodells stellen sowie in Bezug auf Transparenz und Offenheit eine Vorreiterrolle ein- nehmen. Im Zentrum der modernen Sparkasse stehen für uns drei zentrale Eigenschaften: die ökologische und die soziale Ausrichtung sowie Transparenz und demo- kratische Verfasstheit. Den Sparkassen öffnet sich eine Vielzahl von ökologischen Handlungsmöglichkeiten: Unternehmens- leitlinien, Umweltmanagement, Investitionsrichtlinien, Produktgestaltung und Beratungskompetenz sowie Un- terstützung nachhaltiger Unternehmen können zentrale Ansatzpunkte einer ökologischen Ausrichtung einer Sparkasse sein. Das am Finanzmarkt angelegte Kapital sollte neben den übrigen Aspekten der Anlagestrategie eben auch nachhaltige Gesichtspunkte umfassen. Spar- kassen sollten sich verpflichten, Angebote nachhaltiger Geldanlagen anzubieten, und entsprechende Kriterien bei ihrer eigenen Anlagepolitik berücksichtigen. Dazu wiederum bedarf es bundespolitischer Rahmensetzun- gen. Das ist ein Thema, das die Bundesregierung völlig ignoriert – dabei liegen gerade hier enorme Potenziale für den deutschen Finanzmarkt, ganz abgesehen von der schlichten Notwendigkeit einer Neuorientierung der Fi- nanzströme zur Bewältigung von Finanz-, Klima- und Hungerkrise. Ein weiterer wichtiger Punkt, den die Koalition bis heute nicht ernst genug nimmt, ist der Anlegerschutz. Hier haben etliche Sparkassen in den vergangenen Jah- ren nicht gerade geglänzt. Auch sie haben ihren Kundin- nen und Kunden riskante, den Bedürfnissen des jeweili- gen Kunden nicht entsprechende Produkte wie Zertifikate aufgedrängt – und sich danach aus der Ver- antwortung zu stehlen versucht. Dabei müssten die Spar- kassen auch hier ihrer Vorbildfunktion gerecht werden, wenn sie, was wir wollen, einen öffentlichen Auftrag verfolgen. Bundes- und Landesgesetzgeber sind deshalb aufgefordert, statt an neuen Privatisierungseinfallstüren zu arbeiten, den gemeinwohlorientierten Fortbestand der Sparkassen in einem Drei-Säulen-Bankensystem zu er- möglichen. 46. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704600000

Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Be-
vor wir in die Tagesordnung eintreten, gibt es wieder ei-
nige Mitteilungen.

Die Kollegin Ewa Klamt und der Kollege Heinz
Lanfermann haben Ende Mai Ihre 60. Geburtstage ge-
feiert. Dazu möchte ich Ihnen auch auf diesem Wege
noch einmal die guten Wünsche des ganzen Hauses
übermitteln.


(Beifall)


Die FDP-Fraktion schlägt für den ausgeschiedenen
Kollegen Hellmut Königshaus den Kollegen Joachim
Spatz als neues stellvertretendes Mitglied im Gemein-
samen Ausschuss vor. Sind Sie damit einverstanden? –
Das ist offenkundig der Fall. Dann ist der Kollege Spatz
damit in den Gemeinsamen Ausschuss gewählt.

Ebenfalls auf Vorschlag der FDP-Fraktion soll der
Kollege Dr. Heinrich Kolb Nachfolger des ausgeschie-
denen Kollegen Carl-Ludwig Thiele im Vermittlungs-
ausschuss werden. Könnten Sie sich auch damit an-
freunden? –


(Jörg van Essen [FDP]: Aber sehr sogar, Herr Z Z Redet Präsident!)


Ermutigende Zwischenrufe aus den Reihen der FDP-
Fraktion. Widerspruch ist nirgendwo festzustellen. Dann
ist der Kollege Kolb damit in den Vermittlungsausschuss
gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbun-
dene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste auf-
geführten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Abbau der Neuverschuldung durch sozial ge-
rechte Belastung auch der starken
statt massiver Kürzungen bei Ar
und jungen Eltern

(siehe 45. Sitzung)


(C (D ung en 10. Juni 2010 1 Uhr P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Frühkindliche Bildung und Betreuung verbessern – Für Chancengleichheit und Inklusion von Anfang an – Drucksache 17/1973 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss P 3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Ergänzung zu TOP 32 a)

Höfken, Nicole Maisch, Cornelia Behm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates betref-

ext
fend die „Information der Verbraucher über
Lebensmittel“ KOM(2008) 40

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre-
gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes

Lebensmittelinformation verbessern – Ver-
bindliche Ampelkennzeichnung einführen

– Drucksache 17/1987 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)


für Gesundheit
für die Angelegenheiten der Europäischen Union

des Antrags der Abgeordneten Beate
emmeke, Ingrid Hönlinger, Jerzy
Schultern
beitslosen

Ausschuss
Ausschuss

b) Beratung
Müller-G





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ungerechtigkeiten bei Bagatellkündigungen
korrigieren – Pflicht zur Abmahnung einfüh-
ren

– Drucksache 17/1986 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Maria
Anna Klein-Schmeink, Fritz Kuhn, Birgitt
Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Unabhängige Patientenberatung ausbauen
und in die Regelversorgung überführen

– Drucksache 17/1985 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Schmidt (Aachen), Heinz Paula, Sören Bartol,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Potenziale von Kultur und Tourismus nutzen –
Kulturtourismus gezielt fördern

– Drucksache 17/1966 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Oliver
Kaczmarek, Dirk Becker, Marco Bülow, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Hochwasserschutz europäisch und ökologisch
nachhaltig umsetzen – Für ein integriertes
Hochwasserschutzkonzept

– Drucksache 17/1974 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

ZP 4 Weitere abschließende Beratung ohne Aus-
sprache
Ergänzung zu TOP 33

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


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(C (D zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 1099/10 – Drucksache 17/1997 – Berichterstattung: Abgeordneter Siegfried Kauder (VillingenSchwenningen)


P 5 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE
LINKE:

Schnellstmögliche Aufklärung des Angriffs
des israelischen Militärs auf einen internatio-
nalen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern für Gaza

P 6 Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konsequenten Walschutz fortsetzen und ver-
bessern

– Drucksache 17/1982 –

P 7 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP

Einen effizienten und schlagkräftigen Euro-
päischen Auswärtigen Dienst schaffen

– Drucksache 17/1981 –

P 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt, Marieluise Beck (Bremen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Den Europäischen Auswärtigen Dienst euro-
päisch, handlungsfähig und modern gestalten

– Drucksachen 17/1204, 17/2012 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Roderich Kiesewetter
Dietmar Nietan
Michael Link (Heilbronn)

Dr. Diether Dehm
Manuel Sarrazin

P 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Diether Dehm, Sevim Dağdelen, Jan van
Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates
über die Organisation und die Arbeitsweise
des Europäischen Auswärtigen Dienstes und
zum Vorschlag für eine Verordnung des Euro-
päischen Parlaments und des Rates zur Ände-
rung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/
2002 des Rates über die Haushaltsordnung für
den Gesamthaushaltsplan der Europäischen
Gemeinschaft in Bezug auf den Europäischen
Auswärtigen Dienst





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Ratsdok. 8029/10 und KOM(2010) 85 endg.,
Ratsdok. 8134/10

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre-
gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über
die Zusammenarbeit von Bundesregierung
und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten
der Europäischen Union

Den Europäischen Auswärtigen Dienst entmi-
litarisieren

– Drucksache 17/1976 –

ZP 10 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
Einsetzung eines Nationalen Normenkontroll-
rates

– Drucksache 17/1954 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Agnes
Malczak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kyritz-Ruppiner Heide in ihrer Einheit erhal-
ten – Voraussetzungen für eine chancenreiche
Regionalentwicklung

– Drucksache 17/1989 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

ZP 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Bernd
Scheelen, Nicolette Kressl, Joachim Poß, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Zukunft öffentlich-rechtlicher Sparkassen si-
chern – Privatisierung verhindern

– Drucksache 17/1963 –

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so-
weit erforderlich, abgewichen werden.

Der Tagesordnungspunkt 11 wird abgesetzt. Die Ta-
gesordnungspunkte 8 und 16 werden getauscht.

Außerdem mache ich auf mehrere nachträgliche Aus-
schussüberweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste
aufmerksam:

Der in der 41. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Ausschuss für Tourismus (20. Ausschuss) zur Mitbera-
tung überwiesen werden.

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( s n T s (C (D Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Undine Kurth Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ölkatastrophen vermeiden – Raubbau an Mensch und Natur ausschließen – Drucksache 17/1572 – überwiesen: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Der in der 43. Sitzung des Deutschen Bundestages berwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem usschuss für Tourismus ung überwiesen werden. Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das Bundeswaldgesetz novellieren und ökologische Mindeststandards für die Waldbewirtschaftung einführen – Drucksache 17/1586 – überwiesen: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Der in der 43. Sitzung des Deutschen Bundestages berwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem portausschuss 6. Ausschuss)

chuss), dem Ausschuss für Menschenrechte und Huma-
itäre Hilfe (17. Ausschuss) und dem Ausschuss für
ourismus (20. Ausschuss) zur Mitberatung überwie-
en werden.

Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Kurth, Monika Lazar, Katja Dörner, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Bericht der Bundesregierung über die Lage
behinderter Menschen und die Entwicklung
ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter
vorlegen

– Drucksache 17/1762 –
überwiesen:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Tourismus





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Der in der 43. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll nicht mehr dem
Haushaltsausschuss (8. Ausschuss) zur Mitberatung
überwiesen werden.

Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Kurth, Elisabeth Scharfenberg, Katja Dörner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Handlungsaufträge aus dem UN-Übereinkom-
men über die Rechte von Menschen mit Behin-
derungen

– Drucksache 17/1761 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Darf ich zu alldem Ihr Einvernehmen feststellen? –
Das ist offensichtlich der Fall. Dann haben wir das so
beschlossen.

Ich darf nun um Ihre Aufmerksamkeit bitten für die
Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b:

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchli-
che Wertpapier- und Derivategeschäfte

– Drucksache 17/1952 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Schlecht, Sahra Wagenknecht, Dr. Herbert Schui,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Banken regulieren – Spekulationsblasen ver-
hindern

– Drucksache 17/1151 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. –
Auch dazu besteht offenkundig Einvernehmen. Dann
verfahren wir so.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zuächst dem Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang chäuble. Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei allen erwirrenden Einzelheiten und Entwicklungen der Deatte steht fest, dass wir aus den Krisen der Finanzärkte und inzwischen auch der Euro-Zone zwei Konse uenzen ziehen müssen: Wir müssen zum einen die zu ohen öffentlichen Defizite reduzieren. Darüber haben ir in dieser Woche schon ausreichend diskutiert. Wir erden auch weiter daran zu arbeiten haben. Zum ande en brauchen die Finanzmärkte strengere und effizienere Regeln. Man hat ja in den letzten Wochen erlebt, ass sich die dramatisch verschlechterten Refinanzieungsbedingungen Griechenlands, Portugals oder Spaiens nur zum Teil mit den verschlechterten ökonomichen Fundamentaldaten erklären lassen. Die lange ertretene Behauptung, dass Spekulation in der Regel bertreibungen am Markt entgegenwirke, also eine stailisierende Funktion habe, stimmt so auch nicht mehr. ach den Erfahrungen der letzten Jahre müssen wir daon ausgehen, dass die modernen Finanzmärkte in ihrer erflechtung und mit ihren innovativen Instrumenten auch durch ausgeprägtes Herdenverhalten, das durch en elektronischen Handel noch verstärkt wird – die chwankungen auf den Märkten verschärfen. Daurch können die Akteure auf den Finanzmärkten in Kriensituationen die Volatilität auf den Märkten und die nsicherheit der Marktteilnehmer massiv verstärken. Im Übrigen haben die Akteure – auch das muss man inmal aussprechen – ein Interesse an Volatilität. An stailen, ruhigen Märkten verdienen die Spekulanten nicht o viel. Die alte Börsenweisheit „Hin und her macht Tachen leer“ gilt offensichtlich nicht mehr, sondern das egenteil gilt. Mit dieser inhärenten Tendenz zur Volatilität können ie modernen Finanzmärkte die Bemühungen der Poliik, in einer Krise rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen nd die Lage zu stabilisieren, konterkarieren. Wir haben as kurz vor dem und am 9. Mai 2010 erleben müssen. ie rasante Geschwindigkeit, mit der sich die Situation n den Finanzmärkten zuspitzte, drohte die Euro-Zone useinanderbrechen zu lassen. Also müssen wir das Krienverschärfungspotenzial der Finanzmärkte reduzieen. Vor diesem Hintergrund legen wir heute unseren Enturf eines Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuch iche Wertpapierund Derivategeschäfte vor, mit dem ie zurzeit gefährlichsten Finanzinstrumente verboten erden sollen: Ungedeckte Leerverkäufe deutscher Aktien werden erboten. Ungedeckte Leerverkäufe von Staatsschuldtiteln also Anleihen der Länder der Euro-Zone, die an deut Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

schen Börsen gelistet sind; in Wahrheit sind das deutsche
und österreichische Staatsanleihen – werden verboten.

Der Handel mit Kreditderivaten, den sogenannten
CDS, auf Schuldtitel der Länder der Euro-Zone wird
verboten, sofern diesen kein Absicherungszweck zu-
grunde liegt.

Damit wir, weil das in seinen Auswirkungen auf die
Finanzmärkte kompliziert und sensibel ist, genauer steu-
ern können, schlagen wir vor, das BMF durch Rechts-
verordnungen zu ermächtigen, Ausnahmen von und zu-
sätzliche Maßnahmen zu den gesetzlichen Verboten
vorsehen zu dürfen.

Wir ergreifen diese Maßnahmen, weil wir uns des
Eindrucks nicht erwehren können, dass Leerverkäufe
und CDS ohne Absicherungszweck am Ende Einfluss
auf den Ausgang der Geschäfte nehmen und so eine Ab-
wärtsspirale in Gang setzen. Vieles in der Wettbewerbs-
wirtschaft ist Wette auf den Eintritt ungewisser Ereig-
nisse oder auch Spekulation; das ist nichts Negatives.
Aber wenn der Wettteilnehmer eine Einflussmöglichkeit
auf den Ausgang der Wette hat, dann würde man im
Fußball von einem Wettskandal sprechen. Genau das ha-
ben wir aber bei der missbräuchlichen Nutzung dieser
Instrumente feststellen müssen. Deswegen müssen diese
Instrumente beseitigt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gab im Vorfeld verständlicherweise eine Menge
Kritik. Ich sage aber noch einmal deutlich: Das Argu-
ment, dass durch mehr Regulierung das Angebot auf den
Märkten verringert und damit die Fähigkeit der Märkte
zur korrekten Preisbestimmung beeinträchtigt wird, ist
zwar nicht von der Hand zu weisen, aber dagegen steht
das Argument der Missbrauchsmöglichkeiten, und ich
glaube, dass dieses überwiegt. Deswegen haben wir uns
entschieden, diesen Gesetzentwurf vorzulegen. Im Übri-
gen habe ich bisher von interessierter Seite nur Kritik,
aber keine alternativen Vorschläge dazu gehört, wie man
die krisenverschärfenden Wirkungen dieser Instrumente
kurzfristig in den Griff bekommen könnte.

Auch der Vorwurf des nationalen Alleingangs ist
üblich, aber er beeindruckt mich nicht mehr so sehr.


(Joachim Poß [SPD]: Mit dem Argument haben Sie aber selbst lange argumentiert! – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Ungefähr die letzten 15 Jahre! – Weiterer Zuruf von der SPD: Könnte man so sagen!)


– Den Einwurf von der Linkspartei nehme ich einfach
hin, aber die Sozialdemokraten muss ich daran erinnern,
dass ich erst seit einem knappen halben Jahr Bundes-
finanzminister bin. Deshalb sollten Sie genau aufpassen,
gegen wen sich Ihre Argumente im Ergebnis wirklich
richten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in diesem letzten halben Jahr haben Sie so argumentiert, Herr Schäuble!)


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(C (D Ich bin alt genug, dass mir kein Zacken aus der Krone ällt, sofern ich eine haben sollte, wenn ich sage: Wir leren aus diesen Erfahrungen, und wir machen Erfahrunen, die wir uns vor ein paar Monaten gar nicht hätten orstellen können. – Ungeeignet wären wir nur dann, enn wir nicht mehr in der Lage wären, aus neuen Er ahrungen entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Das nterscheidet uns von Ihnen. Zu der Kritik der mangelnden Abstimmung will ich agen: In anderen europäischen Staaten, zum Beispiel in rankreich und Spanien, gibt es vergleichbare Regelunen, auch in den USA, in Singapur – der singapurische inanzminister war in diesen Tagen in Berlin –, in Hongong und in Japan. Im Übrigen haben Präsident Sarkozy nd die Bundeskanzlerin in diesen Tagen einen Brief an ie Kommission geschrieben, in dem sie die Kommision auffordern, möglichst rasch Vorschläge für eine euopäische Lösung vorzulegen. Als ich in der Sitzung der cofin-Gruppe am 18./19. Mai zur Kenntnis nehmen usste, dass die Kommission bis Oktober braucht, um orschläge vorzulegen – das war für mich ausschlaggeend –, haben wir uns entschieden, voranzugehen, in der esten Hoffnung und der Erwartung, dass das eine geeinsame europäische Regelung nicht erschwert, son ern sie dadurch schneller zustande kommt. Genauso aren wir bei der Bankenabgabe nicht Spalter in Eu opa, sondern Vorreiter und diejenigen, die europäische egelungen zustande bringen. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die in ede stehenden Maßnahmen sind ein Teil der Bemühunen, mit einer strengeren Regulierung des Finanzsektors ie notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Wir haben ber auch bereits eine Fülle von Maßnahmen ergriffen, ie bei den Ursachen ansetzen sollen. Wir brauchen robustere Eigenkapitalund Liquidiätsregeln für die Finanzinstitute. Das ist vor allem der asel-Prozess, der durch die Kommission und die Euroäische Union in europäische Rechtsetzung umgesetzt ird. Wir brauchen klügere Anreizsysteme. Das haben wir it den Vergütungsregelungen schon auf den Weg ge racht. Wir brauchen strengere Haftungsregelungen für die inanzmarktakteure. Wir brauchen eine durchschlagskräftigere Finanzarktaufsicht. Wir brauchen am Ende auch einen wirksameren chutz der Steuerzahler und Sparer; darüber haben ir gestern gesprochen. Neben dem Restrukturierungsfonds für Banken brauhen und wollen wir eine zusätzliche Belastung des Fianzsektors durch eine international oder europäisch zu ereinbarende Besteuerung; auch darüber sind wir uns inig. Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Ich glaube, dass wir mit all diesen Maßnahmen die
Probleme nicht gelöst haben, wohl aber auf dem richti-
gen Weg sind. Ich werbe dafür, dass wir mit großer Of-
fenheit und großer Entschiedenheit diesen Weg weiter-
gehen. Deswegen bitte ich um eine zügige Beratung des
Gesetzentwurfs.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704600100

Das Wort erhält nun der Kollege Manfred Zöllmer für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1704600200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Finanzminister Schäuble hat eben gesagt, diese Ko-
alition sei in der Lage, dazuzulernen. Sehr schön! Aber
machen Sie es doch einfach mal! Machen Sie es bei der
Mehrwertsteuer für Hoteliers! Nehmen Sie die Reduzie-
rung zurück!


(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der FDP)


Im Regierungsentwurf zum Verbot von Leerverkäu-
fen heißt es wörtlich:

Die Finanzkrise hat das Vertrauen in die Finanz-
märkte erschüttert und die Notwendigkeit weiterer
substanzieller Verbesserungen des Aufsichtsrechts
zu Tage treten lassen.

Richtig. Aber warum wurden eigentlich entgegen sozial-
demokratischen Warnungen im Februar dieses Jahres auf
einmal Leerverkäufe wieder zugelassen, nachdem Peer
Steinbrück dafür gesorgt hatte, dass diese Art der Fi-
nanzmarktgeschäfte als Konsequenz aus der Finanz-
marktkrise verboten wurde?


(Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: Weil das eine Regelung war, die Ende Januar auslief!)


Die Politik dieser Bundesregierung gegenüber den Fi-
nanzmarktakteuren richtet sich nach dem Motto: Ich lege
mich mal auf Grund und spiele U-Boot. – Gelegentlich
taucht die Bundesregierung wieder aus dem Meer der
politischen Stille auf, sondert ein paar markige Willens-
erklärungen ab und taucht dann erneut unter. Diese Re-
gierung hat keinen Plan, kein Konzept, keine Vorstellung
von dem, was sie bei der Regulierung der Finanzmärkte
eigentlich erreichen will.


(Beifall bei der SPD)


Da verkündet Herr Schäuble, er wolle eine Banken-
abgabe. Dann taucht ein Herr Dobrindt aus Bayern auf
und sagt: „Wir wollen aber das Dreifache!“. Dass bis da-
hin überhaupt noch keine konkrete Summe genannt wor-
den ist, stört ihn nicht.

Dann findet Frau Merkel, die Finanztransaktion-
steuer sei eine reizende Idee. Anschließend taucht Herr
Westerwelle auf und sagt: „Nur über unsere politische
Leiche! Ohne uns! Die FDP macht da nicht mit.“ Da

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(C (D ird eine Financial Activities Tax gefordert, dann wieer eine Bankenabgabe. Auch über die Eigenkapitaluote der Banken wird diskutiert. Vielleicht will man aber auch eine Finanzmarktransaktionsteuer oder lieber doch nicht, wenn sie nicht eltweit eingeführt wird. Oder man will sie vielleicht och, aber man glaubt nicht daran. Ich habe da noch die ußerung des Finanzministers im Ohr. Sicherheitshalber ird bereits eine Einnahmeposition in Höhe von 2 Mil iarden Euro aus der Finanztransaktionsteuer zur Hausaltskonsolidierung eingesetzt. Dann will man eine Reform der Bankenaufsicht. as sei ein zentrales Projekt der Koalition und völlig unerzichtbar. Plötzlich heißt es: Nein, das ist uns jetzt zu ompliziert. Weg damit! Diese Bundesregierung handelt konsequent nach dem otto: Wir wissen nicht, was wir wollen, aber das mit anzer Kraft. o bleibt ein Konzept, in dem dieser Finanzmarktund ankensektor als Ganzes betrachtet wird und in dem aßnahmen benannt werden, deren Zusammenwirken nalysiert werden, ein Konzept, das konsequent verfolgt ird? Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen drinend Regeln für ein außer Kontrolle geratenes Finanzystem, das uns durch exzessive Spekulation ohne Risiobewusstsein, ohne Kontrolle und ohne Moral in die rößte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit geführt hat. ir brauchen auch ein funktionierendes Finanzsystem, in System, das dienende Funktion für die reale Wirtchaft hat. Wir brauchen Rahmensetzungen. Wir brauhen Leitplanken, die ein Ausbrechen der Finanzmärkte erhindern, und nicht ein kindisches Geplänkel à la Wildsau“ gegen „Gurkentruppe“. Die Finanzmarktkrise war 2008. Nun, Mitte 2010, ommt dieser Entwurf eines Gesetzes gegen missräuchliche Wertpapierund Derivategeschäfte. Leererkäufe waren schon am Crash von 1929 ursächlich beeiligt. Danach waren sie lange Zeit verboten, bis sie ann wieder zugelassen wurden. Diese Finanzwetten ienen nicht der Markttransparenz, wie viele Marktpuisten behaupten. Es sind Wetten auf Entwicklungen, die apitalstarke Investoren erst hervorrufen. Selbst der hef von Goldman Sachs musste einräumen, dass viele on den Banken entwickelte Finanzinstrumente volksirtschaftlich ohne Nutzen sind. Deshalb müssen wir en Zockern vorschreiben, was sie zu tun und was sie zu assen haben. Meine erste Frage lautet deshalb: Warum jetzt, nachem erst Anfang Februar dieses Jahres das bis dahin betehende Verbot von Leerverkäufen mit der Begründung ufgehoben wurde, die Lage an den Märkten sei hinreihend stabil? Unsere Kritik an der Aufhebung des Verotes wurde weggewischt. Doch die Regierung kam Manfred Zöllmer )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

durch ihr Nichtstun immer mehr unter Druck, und mit
dem Rettungsschirm für den Euro wurde der politische
Druck dann so stark, dass man etwas tun wollte, um es
vorzeigen zu können. Deshalb wird jetzt dieser Gesetz-
entwurf eingebracht.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Herr Steinbrück hat doch nur eine Befristung gemacht! Das ist doch Geschichtsklitterung, was Sie machen!)


Meine zweite Frage lautet: Warum nur in Deutsch-
land? Warum hat es nicht den Versuch gegeben, diese
Maßnahmen europaweit umzusetzen?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der deutsche Alleingang hat viel Ärger und Unverständ-
nis bei den europäischen Partnern ausgelöst, Ärger, weil
nichts abgestimmt wurde, Unverständnis, weil Deutsch-
land seine Chancen als Motor bei der Regulierung der
Finanzmärkte, seitdem Schwarz-Gelb die Bundesregie-
rung stellt, nicht nutzt. Damit es kein Missverständnis
gibt: Die Kritik aus Europa am Verfahren ist richtig, die
Kritik am Inhalt der Maßnahme so nicht.


(Beifall bei der SPD)


Deutschland hat sich vom Motor Europas zum Brem-
ser entwickelt. Das ist verheerend. Die für Europa so
zentrale Achse von Frankreich und Deutschland besteht
nicht mehr. Die Ergebnisse haben wir in der Euro-Krise
gesehen. Der französische Präsident konnte öffentlich
sagen, er habe sich zu 95 Prozent gegen Madame Non,
also Frau Merkel, durchgesetzt. Die Verärgerung vieler
europäischer Länder über die Bundeskanzlerin ist nach
wie vor groß. Leider ist Deutschland inzwischen ein Teil
des Problems in Europa geworden, nicht ein Teil der Lö-
sung.

Die dritte Frage lautet: Was bringt das? Was soll
durch diesen Gesetzentwurf geregelt werden? Es wird
das Wertpapierhandelsgesetz dahin gehend geändert,
dass bestimmte Geschäfte verboten werden. Untersagt
werden ungedeckte Leerverkäufe von deutschen Aktien,
ungedeckte Leerverkäufe von Papieren von Staaten der
Euro-Zone und Kreditausfallversicherungen auf Ver-
bindlichkeiten von Staaten der Euro-Zone, die keinen
Absicherungszwecken dienen. Die Aktivitäten an den
Märkten sollen transparenter werden. Dafür wird ein
zweistufiges Transparenzsystem über die BaFin eta-
bliert.

An ungedeckte Leerverkäufe heranzugehen, sie zu
untersagen, ist richtig. Wir Sozialdemokraten fordern
das seit langem. Es ist ein wichtiges politisches Signal
an die Märkte. Es geht um den Handel mit Papieren, die
man gar nicht besitzt, um mit Kursmanipulationen Geld
zu verdienen – viel Geld. Daraus können sich systemi-
sche Risiken entwickeln. Im Zweifelsfall muss dann der
Steuerzahler das Risiko tragen. Wir haben das im Zu-
sammenhang mit Staatsanleihen hautnah erlebt.

Verbot klingt gut, zupackend und problemlösend.
Aber man muss wissen: All dies gilt nur für Wertpapiere,
die an einer deutschen Börse im regulierten Markt zuge-
lassen sind,

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(C (D nd das sind im Wesentlichen Aktien deutscher und weiger ausländischer Emittenten sowie nur deutsche und sterreichische Staatstitel. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sie sind ein personifizierter Leerverkauf!)


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das stimmt!)


ei Währungsderivaten sprechen wir von einem Anteil
on 1,5 Prozent am weltweiten Umsatz, der in Deutsch-
and getätigt wird. Warum ist die Bundesregierung
igentlich nicht in der Lage, eine solche Maßnahme eu-
opaweit durchzusetzen? Wir brauchen dringend min-
estens eine europaweite Lösung; besser wäre es, wenn
ir weltweit die großen Finanzmärkte in dieses Verbot

inbeziehen könnten.


(Beifall bei der SPD)


Die vierte Frage in dem Zusammenhang lautet: Wa-
um haben Sie den vorliegenden Entwurf eigentlich ge-
enüber dem Referentenentwurf abgeschwächt? Im
eferentenentwurf hatten Sie für bestimmte Papiere
och ein Verbot vorgesehen; jetzt ist daraus eine Er-
ächtigung für die BaFin geworden, ein solches Verbot

uszusprechen. Warum sind Sie da zurückgerudert?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn!)


iese Frage müssen Sie beantworten.

Die fünfte Frage lautet: Was muss noch geschehen?
ir brauchen eine internationale Regelung. Wir brau-

hen eine wirkliche Reform dieser Märkte. Der vorlie-
ende Gesetzentwurf ist leider nur ein erster kleiner
chritt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Investor Warren
uffett hat CDS einmal „finanzielle Massenvernich-

ungswaffen“ genannt. Wir dürfen nicht zulassen, dass
ie ihr Zerstörungswerk erneut entfalten können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704600300

Volker Wissing ist der nächste Redner für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1704600400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

as in den letzten Jahren auf den Finanzmärkten pas-
iert ist, hat uns alle beeindruckt.


(Manfred Zöllmer [SPD]: „Beeindruckt“ ist schön, ja!)


ch glaube, niemand hat wirklich vorhersehen können,
as da passiert ist, wie es sich entwickelt und zugespitzt
at. Aber nun, Herr Kollege Zöllmer, stellen Sie sich
ier hin und erzählen uns die Geschichte,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ein Märchen!)






Dr. Volker Wissing


(A) )


)(B)

dass Sie seit Jahren darauf warteten, dass endlich regu-
liert wird, wo Sie doch elf Jahre lang den Finanzminister
gestellt haben. Sie waren nicht nur in Regierungsverant-
wortung. Sie haben den Finanzminister gestellt.


(Joachim Poß [SPD]: Und Sie waren gegen Regelungen!)


Jetzt sagen Sie, die SPD warte seit elf Jahren und dränge
immer darauf, dass etwas passiert.


(Beifall bei der FDP)


Warum haben Sie das Ihren Finanzministern nie gesagt?
Das wäre doch ein einfacher Weg gewesen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Deswegen wäre ein Stück Ehrlichkeit besser.


(Joachim Poß [SPD]: Sie waren doch immer dagegen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Unsinn, was Sie erzählen!)


Sie haben es nicht gesehen, Sie haben es nicht erkannt.

Wir sind bereit, zu sagen: Auch wir haben nicht im-
mer darauf gedrängt, dass wir eine solche Regulierung,
wie wir sie heute für notwendig erachten, bekommen.
Aber Sie hatten die Verantwortung, und die werden Sie
auch im Nachhinein nicht los.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Nicht nur ein Heuchler, ein Superheuchler!)


Deswegen wäre es angemessen, wenn Sie uns keine er-
fundenen Geschichten präsentierten, sondern zu Ihrer
Verantwortung stünden.

Herr Kollege Zöllmer, es ist nicht wahr, dass das
Leerverkaufsverbot, das Herr Steinbrück angeordnet hat,
von dieser Bundesregierung aufgehoben worden ist, son-
dern es ist von Herrn Steinbrück befristet worden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Er hat die Lage falsch eingeschätzt – dazu kann man ste-
hen – und die Regelung befristet.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Sie hätten das doch verlängern können! Sie haben es nicht verlängert! Was soll denn dieser Unsinn?)


Dann ist es zu einer Zeit ausgelaufen, in der ein Auslau-
fen nicht zu verantworten war. Wir als Koalitionsfraktio-
nen haben nun die Regierungsverantwortung; Bundes-
minister Schäuble hat die Situation erkannt. Wir haben
einen Gesetzentwurf zur Lösung dieses Problems vorge-
legt.

Deswegen sollten wir zu mehr Sachlichkeit zurück-
kehren und gemeinsam erkennen, wie richtig dieser Ge-
setzentwurf ist.


(Joachim Poß [SPD]: Sie waren doch gegen jede Maßnahme!)


– Wir hätten es nicht mit eingebracht, wenn wir dagegen
wären, Herr Kollege Poß. Der Entwurf ist richtig, not-

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(C (D endig und ausgewogen. Er gibt den Aufsichtsbehörden ene Instrumente an die Hand, die sie brauchen. Herr Kollege Wissing, lassen Sie eine Zwischenfrage u? Ja, gerne. Bitte schön, Herr Kollege Schick. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704600500
Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1704600600
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704600700
Herr Kollege, Sie haben im Zusammenhang mit der

efristung gesagt, man habe in der Großen Koalition die
age falsch eingeschätzt. Das ist wahrscheinlich so.
timmen Sie mir zu, dass auch Ihre Koalition die Lage
alsch eingeschätzt hat? Denn schließlich hatten Sie das
eerverkaufsverbot erst im Rahmen eines anderen Ge-
etzes vorgesehen und wollten das erst auf lange Sicht
msetzen. Jetzt haben Sie das kurzfristig ausgelagert,
lso die Lage offensichtlich auch falsch eingeschätzt.


Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1704600800

Ich möchte Ihnen ausdrücklich widersprechen, Herr

ollege Schick, und greife dabei auf das zurück, was
ein Vorredner, der Kollege Zöllmer, gesagt hat. Wir ha-

en versucht, eine internationale Abstimmung durch-
uführen, um wenigstens in Europa einen möglichst
reiten Konsens dafür zu erreichen.


(Joachim Poß [SPD]: Davon weiß keiner etwas, dass Sie das versucht haben! – Manfred Zöllmer [SPD]: Davon weiß keiner was!)


enn man merkt, dass es notwendig ist, in einer be-
timmten Situation und in Bezug auf eine wichtige
rage, deren Lösung für uns notwendig ist, als Bundes-
epublik Deutschland vorbildhaft einen Schritt voranzu-
ehen, dann muss man das tun. Das ist keine Falschein-
chätzung der Lage, es ist eine sehr realistische
inschätzung der Lage, die diese Bundesregierung vor-
enommen hat. Wir sollten uns darauf konzentrieren, so
eiterzumachen. Das ist der richtige Weg. Wir unterstüt-

en ihn voll und ganz.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, Märkte brauchen Regeln.
ie brauchen einen klaren staatlichen Ordnungsrahmen,
onst ist immer die Gefahr gegeben, dass Systeme sich
elbst zerstören. Wir dürfen uns aber auch nicht einre-
en, dass mit der Regulierung der Märkte so, wie die
ozialdemokraten uns das vortragen, das Problem gelöst

st. Die Lösung der Euro-Krise liegt nicht allein in der
egulierung.


(Joachim Poß [SPD]: Das sagt auch keiner!)

Wer sich vor Spekulationen schützen möchte, braucht

or allem eines, einen gesunden Staatshaushalt.

(Joachim Poß [SPD]: Dem widerspricht kei ner!)






Dr. Volker Wissing


(A) )


)(B)

Wir können bestimmte Formen von Spekulation regulie-
ren. In Teilen können wir sie auch verbieten. Wir können
aber die Märkte nicht zwingen, in öffentliche Anleihen
zu investieren. Die Märkte haben dem Euro lange Zeit
das Vertrauen ausgesprochen. Sie haben es hingenom-
men, dass Griechenland trotz des Vorlegens falscher
Zahlen in die Euro-Zone aufgenommen wurde. Sie ha-
ben die hohe Neuverschuldung der Euro-Länder über
viele Jahre hinweg ziemlich geräuschlos akzeptiert.


(Joachim Poß [SPD]: Quatsch mit Soße!)


Ja, sie haben auch lange Zeit die von Rot-Grün betrie-
bene Aufweichung der Euro-Stabilitätskriterien ohne
Verwerfungen hingenommen.


(Joachim Poß [SPD]: Auch das ist Quatsch!)


Aber weder die Aufnahme Griechenlands noch die
Aufweichung der Stabilitätskriterien waren Entschei-
dungen der Märkte. Das waren politische Entscheidun-
gen, im Übrigen solche, die die Sozialdemokraten, Herr
Kollege Zöllmer, gemeinsam mit den Grünen, Herr Kol-
lege Schick, zu verantworten haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Manfred Zöllmer [SPD]: Da ist nichts aufgeweicht worden! Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis!)


Auch das ist Teil der Wahrheit. Deswegen dürfen Sie
sich nicht hinstellen und uns, nachdem Sie elf Jahre Ver-
antwortung für das Finanzressort getragen haben, erzäh-
len, dass man durch eine Schwächung der Märkte, so
wie Sie sich das wünschen, das Problem lösen könnte.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ist sehr schlecht auszuhalten, was Sie erzählen!)


Sie haben mit dazu beigetragen, dass der Staat in die Ab-
hängigkeit von starken Märkten geführt worden ist,


(Joachim Poß [SPD]: Der Superheuchler aus der Pfalz!)


und dieses Problem löst man nicht allein, indem man re-
guliert, und man löst es schon gar nicht, indem man die
Märkte schwächt, sondern indem man die Unabhängig-
keit des Staates wiederherstellt. Dies ist durch solide
Haushaltspolitik möglich, und das macht diese Koali-
tion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Manfred Zöllmer [SPD]: Das nennen Sie solide?)


Meine Damen und Herren, wir mussten einige Fehler
korrigieren, die unter sozialdemokratischer Verantwor-
tung in Deutschland gemacht worden sind: Wir haben
ein Schuldenproblem, wir haben ein Währungsproblem,
wir haben deregulierte Finanzmärkte.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das größte Problem ist die Regierung!)


Wir werden diese Dinge Schritt für Schritt angehen.

Sie haben das Thema Bankenaufsicht angesprochen.
Auch das ist ein Thema, das diese Koalition auf den Weg
bringen wird.

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(C (D m Fall Hypo Real Estate haben wir festgestellt, dass die inanzaufsicht Schwächen hat. Diese Schwächen müsen beseitigt werden. Aber Sie sollten sich nicht hinstelen und mit dem Finger auf diese Koalition zeigen, denn ie Fehler sind in Ihrer Regierungsverantwortung enttanden, meine Damen und Herren. Das muss doch klar esagt werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


Deswegen gehen wir jetzt die Dinge an, die Sie nicht
n Angriff genommen haben. Sie haben im Regulie-
ungssystem und im Aufsichtssystem Lücken hinter-
assen, und diese Lücken müssen im Interesse sicherer,
tabiler Finanzmärkte geschlossen werden. Das ist die
ufgabe dieser Koalition. Mit dem heutigen Gesetzent-
urf gehen wir weiter in die richtige Richtung, und dies
nterstützen wir ausdrücklich.

Die Freien Demokraten sehen direkte Eingriffe in
arktgeschehen durchaus kritisch. Deswegen halten wir

s auch für richtig, dass der vorliegende Gesetzentwurf
ie notwendige Differenzierung vorsieht. Wir geben den
inanzaufsichtsbehörden Instrumentarien an die Hand,
egen Exzesse auf den Märkten vorzugehen; wir schaf-
en aber keine Automatismen.

Die Linkspartei wird uns gleich erzählen, dass man
m besten alle Kapitalmarktprodukte verbietet. Das wird
err Gysi gleich vortragen, so nach dem Motto: „Wenn
an nichts mehr isst, isst man auch nichts Falsches“.
ber dann, Herr Gysi, hat man ein anderes, ein noch
rößeres Problem. Deswegen muss man vernünftig vor-
ehen, und das tut diese Regierung: abgewogen, interna-
ional abgestimmt, wo eine internationale Abstimmung
rforderlich ist, insbesondere bei Steuerfragen, aber auch
m nationalen Vorausgang, wenn es notwendig ist, bei-
pielhaft zu zeigen, dass die Bundesrepublik Deutsch-
and handlungsfähig und auch entschlossen ist, die not-
endigen Regulierungsmaßnahmen an den Märkten
oranzutreiben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704600900

Herr Kollege Gysi, wenn Sie nun noch Ergänzungen

u den Vermutungen des Kollegen Wissing über Ihre be-
bsichtigte Rede vortragen wollen, erhalten Sie jetzt das
ort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704601000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, ich

atte mich auch schon gewundert, wer Herrn Wissing
eine Rede zur Verfügung gestellt hat; dabei hatte ich

ar nicht vor, dies zu sagen.

Ich sehe übrigens mit großem Interesse, wie Frau
omburger und Herr Kauder die ganze Zeit miteinander





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

sprechen. Ich sage Ihnen jetzt schon: Sie einigen sich
trotzdem nicht.


(Heiterkeit bei der LINKEN)


Aber kommen wir zum eigentlichen Problem: Die Fi-
nanzkrise ist noch längst nicht überwunden, obwohl
viele hier so tun. Gegen den Euro wird weiter spekuliert.
Die nächsten Spekulationsblasen drohen zu platzen,
und zwar wiederum in den USA. Da passiert jetzt näm-
lich Folgendes: Die Gewerbeimmobilien sind nicht mehr
zu vermieten und nicht mehr zu verkaufen. Daher kön-
nen die Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden, die
Banken bleiben darauf sitzen, und dann erleben wir die
nächste Krise.

Ich frage mich immer, was die verantwortlichen Poli-
tikerinnen und Politiker zum Beispiel der G-20-Staaten
eigentlich dagegen tun. Sie treffen sich in Südkorea und
teilen uns mit: Es wird gar nichts dagegen getan. Ich
halte das für den Gipfel der Unverfrorenheit der Politik,
und zwar weltweit.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch die Euro-Krise ist nicht überwunden; in Spa-
nien spitzt sich die Lage weiter zu. Dort besteht eine Re-
kordarbeitslosigkeit von über 20 Prozent. Wir erleben
Sozialkürzungen, wir erleben Kaufkraftrückgang, die
Binnenwirtschaft droht zusammenzubrechen, mit allen
damit verbundenen Folgen. Ich sage Ihnen jetzt schon,
Herr Schäuble: Dann treffen sich wieder alle EU-Finanz-
minister und überlegen sich die nächste Spritze, weil es
anders gar nicht zu handhaben ist. Wir kommen aus dem
Gewurschtel überhaupt nicht heraus, wenn nicht die
Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik endlich einmal
wirklich umgestellt wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Wegen der drohenden neuen Krise misstrauen sich die
Banken schon wieder gegenseitig. Sie leihen sich gegen-
seitig kein Geld mehr. Es ist doch interessant, dass am
Montag die Geschäftsbanken schon wieder 350 Milliar-
den Euro bei der Europäischen Zentralbank geparkt ha-
ben, obwohl sie bei dieser Zentralbank viel weniger Zin-
sen bekommen als bei anderen Banken. Sie trauen den
anderen Banken nicht mehr. Auch hier staut sich schon
wieder vieles an, was zur nächsten Krise führt.

Zu G 20. Um es ganz klar zu sagen, Herr Schäuble:
Sie haben sich weder auf eine Bankenabgabe noch auf
eine Finanzmarkttransaktionsteuer geeinigt. Sie haben
keine festeren Wechselkurse und keine Regulierung der
Finanzmärkte festgelegt. Die Wettgeschäfte sind nicht
beseitigt, die riesigen Spekulationen gehen weiter,
Hedgefonds können so weitermachen wie bisher. Dabei
ist wirklich nichts herausgekommen, außer Spesen.


(Beifall bei der LINKEN)


Was ist das Signal? Was haben Sie damit bisher den
Banken und den Spekulanten gesagt? Sie haben gesagt:
Treibt es weiter so! Für die Verluste haftet ihr sowieso
nicht. Die bezahlen bei uns die Hartz-IV-Empfängerin-
nen und Hartz-IV-Empfänger. – Das halte ich übrigens

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(C (D ür den Gipfel der Unverschämtheit; um es klar zu saen. ie haben gesagt: Wir werden euch das Geld für eure läubiger und Eigentümer, das heißt für die Aktionäre, ur Verfügung stellen. Nun hat die Regierung – das muss ich sagen – doch och den ganzen Mut eines Jahrhunderts zusammengeommen und sich entschieden, den Entwurf eines Gesetes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapiernd Derivategeschäfte vorzulegen. Das Schwert ist aber iemlich stumpf und wird wohl eher wirkungslos bleien. Sie wollen zunächst ungedeckte Leerverkäufe erbieten; das ist völlig richtig. Herr Zöllmer, Sie haben gesagt, dass Sie das seit Jahen fordern. Sie hätten nur erwähnen sollen, dass erst Sie ie Erlaubnis dazu gegeben haben. Das gehört zur Volltändigkeit einer solchen Aussage hinzu. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist völliger Unsinn!)


(Beifall bei der LINKEN)


Leerverkäufe sollen also verboten werden, aber nur in
er Euro-Zone.


(Joachim Poß [SPD]: Das war sehr wahrscheinlich eine falsche Behauptung!)


as heißt, außerhalb der Euro-Zone soll auch an unseren
örsen weiterspekuliert werden dürfen. Damit lösen Sie
as Problem nicht.

Das Zweite ist, dass Sie ungedeckte Kreditausfall-
ersicherungen verbieten wollen, aber wiederum nur
ür Verbindlichkeiten im EU-Markt. Das heißt, Sie sa-
en: Wetten auf den Dollar und auf das Pfund können
ortgesetzt werden, auch was Pleiten anderer Staaten be-
rifft. Warum sind Sie nicht in der Lage, diesbezüglich
in vollständiges Verbot auszusprechen und zu sagen:
Wir wollen nicht länger von Spekulationen leben, son-
ern Realwirtschaft in dieser Gesellschaft entwickeln“?
arum sind Sie dazu nicht in der Lage?


(Beifall bei der LINKEN)


Immerhin hat in der FDP und der CDU/CSU ein Ge-
innungswandel stattgefunden. Denn wenn wir solche

aßnahmen früher ganz bescheiden gefordert haben,
ann haben Sie uns immer gesagt: Das ist ein Teufels-
erk gegen die Marktwirtschaft. – Ich stelle mit Erleich-

erung fest, dass Sie dazulernen können.

Wenn Sie aber bei der jetzigen Halbherzigkeit blei-
en, dann werden die Maßnahmen ziemlich wirkungslos
leiben. Das ist unsere Sorge. Ich sage Ihnen, was das
auptproblem ist. Das Hauptproblem ist ein strukturel-

es Ungleichgewicht innerhalb der Welt. Wenn Sie sich
ie einzelnen Länder vor dem Hintergrund der Weltwirt-
chaft, des Weltfinanzmarktes ansehen, dann stellen Sie
est, dass rapide so große Unterschiede, übrigens auch
uf dem Finanzmarkt, geschaffen werden, auf die dann
iederum die Spekulanten spekulieren und damit riesige
ewinne machen. Deshalb brauchen wir etwas anderes.





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Was ist eigentlich Ihre Antwort darauf? Ich kann ja
nicht nur über den vorliegenden Gesetzentwurf reden.
Herr Schäuble, Sie machen eine Agenda 2014. Sie fra-
gen: Woher bekommen wir denn das Geld, das wir jetzt
dringend brauchen? Innerhalb einer Woche können Sie
ja Summen in Höhe von 480 Milliarden Euro beschlie-
ßen, um die Banken zu retten. Nun muss ja irgendwann
einmal die Frage beantwortet werden: Was ist zu tun?
Sie sagen, Sie wollten die Ausgaben um 80 Milliarden
Euro reduzieren. Im Kern machen Sie keine einzige
Steuererhöhung. Sie sagen damit: Wir werden die Lasten
ganz einseitig verteilen.

Was machen Sie im Sozialbereich? Ich habe wirklich
gestaunt. Ich fange einmal bei den Hartz-IV-Empfänge-
rinnen und Hartz-IV-Empfängern an.


(Zuruf von der CDU/CSU)


– Hören Sie zu! – Da gibt es heute Pflichtleistungen. Sie
haben Anspruch auf bestimmte Qualifizierungen. Sie
sollen angeblich nicht nur gefordert, sondern auch geför-
dert werden. Aus diesen Ansprüchen machen Sie eine
Ermessensleistung und sagen: Bei diesen Ermessensleis-
tungen muss bis zum Jahre 2014 ein Betrag von
16 Milliarden Euro gespart werden. Herr Schäuble,
wenn man diese Summe sparen will, heißt das, dass es
deutlich weniger Maßnahmen gibt. Was heißt denn Er-
messen? Welche Willkür führen Sie denn da eigentlich
ein? Dann sitzt da der Angestellte herum und sagt: Die
gefällt mir besser, die gefällt mir weniger; die eine be-
kommt die Maßnahme, die andere nicht. – Was ist das
denn für ein Rechtsdenken? Tauschen Sie nicht einen
Anspruch gegen eine Willkürentscheidung, wie Sie das
hier vorbereitet haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Zum Zweiten streichen Sie das Übergangsgeld beim
Übergang von ALG I zu ALG II. Das heißt, Sie sagen
den Arbeitslosen: Du musst deinen Lebensstandard so-
fort rapide senken; das Übergangsgeld wird gestrichen.


(Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Sind Sie beim falschen Tagesordnungspunkt?)


Zum Dritten streichen Sie die Rentenbeiträge für
Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfän-
ger.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Sie reden immer das Gleiche!)


– Hören Sie zu! – Das hat zwei Folgen. Die eine Folge
ist, dass Sie für die Betroffenen damit die Renten kürzen.
Die haben sowieso schon so geringe Renten, und die
kürzen Sie noch weiter. Die zweite Folge ist, dass diese,
wenn sie eine Rente unter dem Grundsicherungsniveau
beziehen, die Differenz doch wieder vom Staat bezahlt
bekommen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Was hat das mit dem Finanzmarkt zu tun?)


Sie sparen also jetzt das Geld und geben es dann später
zur Aufstockung bis auf das Grundsicherungsniveau
wieder aus. Da gibt es nur einen Unterschied: Jetzt
müssten Sie das bezahlen, die Differenz beim Grundsi-

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(C (D herungsniveau muss aber die Kommune bezahlen. Dait machen Sie die Kommunen noch „pleiter“ als sie es hnehin schon sind. Auch das ist ein Schritt in die völlig alsche Richtung. Dann komme ich zum Mindestelterngeld. Nein, lassen Sie mich über das Mindestelterngeld sprehen. Ich möchte noch einmal die Geschichte – – Ich wusste, dass Sie sich aufregen. Das hängt aber och zusammen. Sie machen doch das Sparpaket wegen er Krise, und über diese Krise diskutieren wir hier. Höen Sie einmal zu, Sie können mir doch nicht das Wort erbieten! (Beifall bei der LINKEN – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Weil Sie keine Ahnung von dem Thema haben!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zurufe von der CDU/CSU)


(Zurufe von CDU/CSU und FDP)


eshalb sage ich Ihnen: Jetzt reden wir über das Eltern-
eld.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Da hat er die falsche Rede gegriffen!)


lso, wie war das? – Die Bedürftigen bekamen zwei
ahre lang 300 Euro pro Monat. Dann hat die Große Ko-
lition – meine Damen und Herren von der SPD, das
üssen auch Sie rechtfertigen – entschieden, das Eltern-

eld von 300 Euro auf bis zu 1 800 Euro zu erhöhen,
ämlich für die Besserverdienenden. Aber weil sie das
eld nicht hatte, hat sie gesagt, dafür kürzen wir das El-

erngeld von zwei Jahren auf zwölf Monate bzw.
4 Monate. Mehr als die Hälfte der Bezieherinnen und
ezieher bekommt aber nur die 300 Euro. Das heißt, den
rmsten in der Gesellschaft habt ihr gesagt: Ihr be-
ommt zehn oder zwölf Monate weniger die 300 Euro,
amit wir den Besserverdienenden 1 800 Euro bezahlen
önnen. Das ist ein Skandal. Das hätte die SPD nie mit-
achen dürfen. Sagen Sie das doch wenigstens einmal!


(Beifall bei der LINKEN – Iris Gleicke [SPD]: In der DDR waren das Lohnersatzleistungen! – Manfred Zöllmer [SPD]: So ein Blödsinn!)


Jetzt kommt der Höhepunkt, Sie sagen jetzt: Wir
treichen das Elterngeld für Hartz-IV-Empfängerinnen
nd Hartz-IV-Empfänger vollständig. Sie bekommen
icht einmal mehr diese 300 Euro, keine zwölf Monate
ie bisher. Bei den Besserverdienenden bleibt jedoch im
ern alles beim Alten. Weiter gibt es bis zu 1 800 Euro.
ußerdem streichen Sie den Heizkostenzuschuss für
eringverdienerinnen und Geringverdiener.

Ich will jetzt gar nicht darüber reden, was Sie bei den
undesbeamten machen. 10 000 Stellen wollen Sie

treichen. Was heißt das denn eigentlich, Herr Schäuble? –
ekommen dann nur noch britische Anwaltsfirmen den
uftrag, Gesetzentwürfe zu erarbeiten, weil Ihre Minis-

erien das nicht mehr können? Was soll dabei denn ei-
entlich herauskommen?





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)


(Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie auch noch etwas zum Wertpapiergeschäft, Herr Gysi?)


Abgesehen davon erhöht es – sage ich einmal – auch in
jeder Hinsicht die Arbeitslosigkeit. Sie wollen auch noch
die Bezüge der Beamten kürzen.


(Zurufe von der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704601100

Herr Kollege!


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704601200

Herr Präsident, ich weiß, Sie wollen mir sagen, dass

die Redezeit abgelaufen ist.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704601300

Ja, so ist es.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704601400

Ja, ich weiß das, ich sehe es. Lassen Sie mich deshalb

zum Schluss sagen: Die beiden Verbote sind vernünftig,


(Zurufe von der CDU/CSU: Danke!)


wenn auch nicht vollständig. Sie reichen nicht aus. Sie
werden sehen, dass sie eher wirkungslos bleiben. Wenn
Sie nicht den Mut haben, eine Millionärsteuer, einen hö-
heren Spitzensteuersatz, eine Finanztransaktionsteuer,
eine höhere Erbschaftsteuer etc. einzuführen, dann set-
zen Sie ein Signal, nämlich dass Sie den Bankern, den
Spekulanten und den Vermögenden sagen: Ihr könnt Kri-
sen verursachen, solange ihr wollt, ihr haftet dafür nicht,
das bezahlen in Deutschland die Hartz-IV-Empfängerin-
nen und Hartz-IV-Empfänger. Ich sage Ihnen: Das ist
dreist und nicht hinnehmbar!


(Beifall bei der LINKEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da lache ich ja!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704601500

Der nächste Redner ist der Kollege Dr. Gerhard

Schick für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704601600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

ist ja verständlich, wenn man nur ein bestimmtes Set von
Textbausteinen hat, Herr Gysi.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube aber nicht, dass wir die Märkte wieder in den
Griff bekommen, wenn wir immer alles mit allem zu-
sammenrühren und nur über die Sozialfragen reden.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nur über die Sozialfragen?)


Es geht heute Morgen um die Finanzmarktregulierung,
und dann muss man auch einmal über die Finanzmarkt-
regulierung reden. So, wie Sie es machen, gewinnen wir
den Kampf nicht.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das, was jetzt von der Regierung vorliegt, ist doch
innvoll. Das kann man einmal anerkennen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ch glaube, es wäre allerdings auch möglich gewesen,
nzuerkennen, dass das eine Korrektur einer bisherigen
osition ist, und zwar in zweierlei Hinsicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


iese Größe, das zuzugeben, kann man in diesen Zeiten
esitzen.


(Jörg van Essen [FDP]: Herr Wissing hat das ja begründet!)


Die erste Korrektur, die vorgenommen wird, ist wich-
ig. Herr Schäuble, auch Sie persönlich haben in den
etzten Monaten immer gesagt: Wir müssen alles inter-
ational abstimmen. Sie haben bei den verschiedenen
orschlägen, die aus der Opposition kamen, argumen-

iert: Jetzt einmal nicht voreilig; das muss man interna-
ional angehen! Es ist richtig, dass Sie das jetzt korrigie-
en und sagen: An vielen Stellen muss Deutschland
orangehen. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass Sie mit
iesem Gesetz einen ersten Schritt in diese Richtung ma-
hen. Aber geben Sie zu: Es ist eine Korrektur Ihrer
osition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eine Ergänzung!)


Die zweite Korrektur ist wichtig, weil sie das finanz-
arktpolitische Paradigma korrigiert, das in den letzten

ahren geherrscht hat: Immer wenn mehr Handelsmög-
ichkeiten geschaffen werden, stellt das für die Märkte
ine Verbesserung dar. Es ist richtig, dass auch dieses
aradigma korrigiert wird; denn manchmal geht es nur
m mehr Herdentrieb und Instabilität. Wir müssen jetzt
nterscheiden: Was ist für eine Stabilisierung der Fi-
anzmärkte wirklich nützlich? Was bringt zusätzliche
nstabilität? Das macht die Finanzmarktpolitik schwie-
ig: Man muss eine genaue Unterscheidung treffen; das
st jetzt die Aufgabe. Herr Gysi, das leisten Sie nicht. Es
st richtig, dass diese Korrektur endlich vorgenommen
ird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann kommen wir zu der Frage: Wie werden die Kor-
ekturen vorgenommen? Sie kommen nicht um den ers-
en Punkt herum: Internationale Abstimmung bedeutet
war nicht, dass man alles gemeinsam macht; aber Sie
aben nicht einmal das Mindestmaß an Information ge-
eistet. Ich kann der französischen Finanzministerin ein-
ach nur zustimmen: Es wäre besser gewesen, diese

aßnahme vorher mit den betroffenen Staaten in der
uro-Zone abzustimmen. Das haben Sie nicht gemacht.

Dabei geht es nicht nur um eine Frage der außenpoli-
ischen Höflichkeit: Sie haben mit Ihrem Verbot die

ärkte massiv verunsichert; das ist das Problem. Der





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion
stellte sich an dem Abend hin


(Zuruf von der CDU/CSU: Guter Mann!)


– ich würde mit dem Lob für den Mann nicht zu voreilig
sein – und gab gegenüber den Märkten und der Öffent-
lichkeit bekannt, dass es ein Verbot geben wird. Bevor es
irgendeine Information darüber gab, was wirklich verbo-
ten werden soll, herrschte an den Märkten zwei Stunden
zusätzliche Panik; denn aufgrund einer unbedachten Äu-
ßerung aus Ihren Reihen wusste niemand, was genau
passieren sollte. Erst zwei Stunden später gab es eine
Pressemitteilung der BaFin, sodass die Finanzmarktak-
teure wussten, was die Bundesregierung plant. Das ist
brandgefährlich, gerade in einer Woche wie dieser: Ei-
nerseits argumentieren Sie, dass man wegen der Labilität
der Märkte etwas tun muss; andererseits verschärfen Sie
die Lage. Das ist purer Dilettantismus. So etwas darf
sich eine Regierung nicht erlauben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich bin bei den Reden aus der Koalition – von Ihnen,
Herr Finanzminister, und Ihnen, Herr Wissing – beson-
ders bei einem Punkt unruhig geworden. Der Präsident
des Bankenverbands hat es so ausgedrückt:

Nachdem die Mannschaft endgültig die Orientie-
rung verloren hatte, beschloss man …, die Schlag-
zahl zu erhöhen.

Jetzt beschleunigen Sie. Aber welche Prioritäten setzen
Sie?


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das kann ich Ihnen sagen!)


– Ich bin auf Ihre Rede nachher gespannt; denn ich habe
Ihre Prioritäten noch nicht gehört. – Ich glaube zwar,
dass es richtig ist, bei den Leerverkäufen zu handeln;
aber die Priorität muss doch auf der Stabilisierung un-
seres instabilen Bankensystems liegen. Das sagen uns
übrigens alle internationalen Beobachter. Die Kapitali-
sierung der deutschen Banken ist viel zu niedrig. Sie re-
den nicht darüber, weil es unangenehm wäre und Sie sa-
gen müssten, dass hier eine Rekapitalisierung notwendig
ist. Herr Finanzminister, ich würde mir wünschen, dass
es dort einmal klarere Zielvorgaben gibt.

In der Schweiz hat man viel klarere Zielvorgaben ge-
macht; das konnten wir beim Besuch einer Delegation
des Finanzausschusses in der Schweiz in der Diskussion
nachvollziehen. Sagen Sie doch einmal den Leuten: Der
Hebel bei der Deutschen Bank ist 50:1. Der Finanz-
staatssekretär aus Kanada hat bei Ihrer Konferenz ge-
sagt: Die Leverage Ratio in Kanada beträgt 20:1. Wir ha-
ben es in Deutschland mit einem extrem gefährlichen
Geschäftsmodell zu tun. Wir wissen: Wenn die Deutsche
Bank wackelt, dann ist es gefährlich. Wir müssen uns
also klarmachen, dass es jetzt das Wichtigste ist, die
deutschen Banken zu stabilisieren. Die Eigenkapital-
quote deutscher Banken beträgt im Durchschnitt
2,6 Prozent, der Hebel 38:1. Das ist doch nicht stabil.
Deswegen muss jetzt endlich Priorität haben, die Eigen-
kapitalunterlegung zu stärken, die deutschen Banken zu

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(C (D ekapitalisieren und in Deutschland eine Schuldenremse für Banken einzuführen. Das muss man national achen, denn das ist eine nationale Schwierigkeit. Das äre die Priorität, über die Sie endlich reden sollten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist ganz wichtig, dass wir folgende Frage noch ein-
al diskutieren: Wie kann man das, was jetzt bei den
eerverkäufen getan wird, auch bei der Bankenregulie-

ung entsprechend unterstützen? Bisher fehlt in der Ver-
andlungsposition der Bundesregierung, dass wir ent-
prechende Geschäfte im Eigenhandel systematisch mit
ehr Eigenkapital unterlegen. Das muss eine Priorität

ieser Regierung bei den Verhandlungen in Basel sein,
st es aber bisher nicht. Das, was wir hier machen, ist nur
ie Marktregulierung. Wir müssen dasselbe auf der Ban-
enseite angehen.

Deswegen ist die Aufforderung von unserer Seite,
enn Sie jetzt zugeben, dass man national vorangehen

oll: Legen Sie uns einmal vor, was Ihre Prioritäten sind!
eben Sie eine Perspektive! Verunsichern Sie nicht
ann, wenn Sie getrieben sind, weiter die Märkte mit
urzfristigen Aktionen, die dann auch noch dilettantisch
urchgeführt werden.

Stabilität in der Finanzmarktpolitik werden Sie mit
er Vorgehensweise der letzten Wochen genauso wenig
ie mit dem erreichen, was Sie vor der NRW-Wahl ge-
acht haben, sondern es braucht jetzt einen klaren Fahr-

lan. Wir sind bereit, daran mitzuwirken. Aber diesen
ahrplan müssen Sie jetzt vorlegen. Davon haben wir
eute Morgen von der Regierungskoalition noch nichts
ntscheidendes gehört.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704601700

Das Wort erhält nun der Kollege Hans Michelbach für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1704601800

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Auch

eute debattieren wir in dieser ersten Lesung über die
ehren aus der Krise und einen neuen Ordnungsrahmen

ür unser Finanzsystem. Zweifellos hat die Finanz-,
ährungs- und Schuldenkrise das Vertrauen in die
ärkte nachhaltig erschüttert.

Bankenkrise, Boni-Wildwuchs, intransparente Speku-
ationen, die Nachrichten über europäische Staaten vor
em Staatsbankrott und die Gefahr der Ansteckung, der
auf von Staatsanleihen durch die EZB, die Entwick-

ung der Risiken und die Auswirkungen auf die Real-
irtschaft und die Kreditfinanzierung haben viele Men-

chen in unserem Land verunsichert. Sie haben Angst
m das Ersparte. Das hat zu Skepsis gegenüber unserer
ährung geführt.





Dr. h. c. Hans Michelbach


(A) )


)(B)

Diesen großen Herausforderungen für Stabilität,
Wachstum und Beschäftigung müssen wir uns mit vol-
lem Engagement stellen. Zuallererst geht es jetzt darum,
Vertrauen wiederherzustellen und zukünftige Krisen
durch gesetzliche Maßnahmen zu verhindern. Es geht
um Krisen- und Missbrauchsbekämpfung, nicht um radi-
kale Marktablehnung. Darum geht es.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir wollen eine Balance zwischen der Sicherung der
Marktstabilität und der Bewahrung des Nutzens dynami-
scher Märkte. Herr Gysi, Herr Zöllmer, Herr Dr. Schick,
es liegt im Wesen von marktwirtschaftlichen Prozessen,
dass diese nicht endgültiger Natur sind, keine letzten
Wahrheiten sind. Marktwirtschaft fördert aber Wohl-
fahrtszuwachs, auch beim dienenden Faktor des Finanz-
marktes. Das darf man nie vergessen. Ohne Instrumente
gegen Wechselkurs- und Rohstoffpreisschwankungen
gibt es keine globale Wirtschaft. Wir in Deutschland sind
die Profiteure der globalen Wirtschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Moderne Volkswirtschaften ohne moderne Finanzpro-
dukte sind nicht denkbar oder nur unter erheblichen
Wohlfahrts- und Wachstumseinbußen. Es geht also nicht
um Radikallösungen, sondern um gezielte Krisen- und
Missbrauchsbekämpfung. Dafür kämpfen unser Bundes-
finanzminister, Dr. Wolfgang Schäuble, und diese Koali-
tion in großer Einheit. Darin lassen wir uns in diesem
Haus von niemandem überbieten. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir wollen einen neuen Ordnungsrahmen, der es
unserer modernen Volkswirtschaft ermöglicht, durch
moderne Finanzprodukte auf internationalen, dynami-
schen Märkten für Wohlstand und Wachstum zu sorgen.
Wir wollen eine Balance zwischen der Sicherung der
Marktstabilität und der Bewahrung des Nutzens dieser
dynamischen Märkte. Maxime unseres Handelns ist da-
bei, dass es in Zukunft kein Finanzmarktprodukt und
keinen Finanzmarktteilnehmer geben darf, der nicht be-
aufsichtigt oder reguliert wird. Das ist unser Grundsatz,
an dem wir uns orientieren müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie machen der Bundesregierung Vorwürfe. Aber Sie
müssen doch einräumen, dass in den sieben Jahren Rot-
Grün das Volumen der Derivatemärkte um Hunderte
von Billionen US-Dollar gestiegen ist. Derzeit umfasst
es rund 700 Billionen US-Dollar.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Wo denn? In New York oder in London?)


Das ist die Wahrheit. Ihr damaliger Finanzminister
Steinbrück hat die ungedeckten Leerverkäufe nicht ab-
geschafft, sondern er hat sie befristet. Es handelte sich
um nichts anderes als um eine Befristung. Auch das ist
die Wahrheit.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben das damals vorgeschlagen!)


Die Befristung ist ausgelaufen, bevor wir zu Lösun-
en auf internationaler Ebene kommen konnten. Da die
ösungen auf internationaler Ebene noch nicht Platz ge-
riffen haben, hat der Bundesfinanzminister eine Vorrei-
errolle übernommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as ist hervorragend. Inzwischen hat der französische
taatspräsident Sarkozy gemeinsam mit der Bundes-
anzlerin einen Brief an den EU-Kommissionspräsiden-
en Barroso geschrieben, in dem das gefordert wird, was
er Bundesfinanzminister vorgeschlagen hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Björn Sänger [FDP])


er nicht bereit ist, selbst voranzugehen und mit Tat-
raft zu überzeugen, der kann auch andere nicht über-
eugen. Von uns als einer der stärksten Wirtschaftsnatio-
en wird die Übernahme der Vorreiterrolle immer
ieder gefordert. Diese Rolle wird durch die Bundesre-
ierung, speziell durch den Bundesfinanzminister wahr-
enommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Björn Sänger [FDP])


Wenn betroffene Finanzmarktteilnehmer nun behaup-
en, unsere Maßnahmen nützten nichts, dann sage ich:

arten wir die Ergebnisse erst einmal ab. Derivate, Ver-
riefungen, ungedeckte Leerverkäufe, CDS sind nicht
as Gleiche wie ein Kredit, sondern sie sind eine Wette
uf die Zukunft. Es ist doch ein Unterschied, ob man re-
le Gegenwerte oder ungedeckte Leerverkäufe ohne
ubstanz hat.

Man muss immer wieder verdeutlichen, was unge-
eckte Leerverkäufe sind. Mit ungedeckten Leerver-
äufen können Anleger auf sinkende Kurse von Wertpa-
ieren spekulieren, ohne diese überhaupt zu besitzen.
ei ungedeckten Kreditausfallversicherungen können

nvestoren eine Versicherung auf den Zahlungsausfall ei-
es Gläubigers abschließen, ohne im Besitz einer Forde-
ung zu sein. Das ist der wesentliche Punkt. Man muss
eale Substanz und Verbriefungen ohne Transparenz und
hne realwirtschaftlichen Hintergrund unterschiedlich
etrachten. Darum geht es letzten Endes. In der Finanz-
irtschaft muss verstanden werden, dass wir einen Ord-
ungsrahmen brauchen, der zwischen den einzelnen Pro-
ukten und den Finanzteilnehmern differenziert.

Wir brauchen einen neuen Ordnungsrahmen, um für
ie realwirtschaftlichen Werte Platz zu schaffen. Wir
ind auf einem guten Weg, um die internationalen Ab-
timmungsprozesse weiter voranzutreiben. Es wäre na-
ürlich am besten, wenn man zu Lösungen ohne Wettbe-
erbsverzerrungen kommen würde, indem man sie

nternational durchsetzt. Wir übernehmen eine Vorreiter-
olle, die vielleicht dazu führen wird, dass auf europäi-
cher Ebene, vielleicht auch auf Ebene der G 20, interna-





Dr. h. c. Hans Michelbach


(A) )


)(B)

tionale Abstimmungsprozesse stattfinden, die uns in die
Lage versetzen, unser Ziel einer neuen, soliden Markt-
ordnung auch auf den internationalen Finanzmärkten
durchzusetzen. Ich betrachte nationale, deutsche Allein-
gänge deshalb immer mit Skepsis. Wenn sie aber zum
Ziel führen, gehen sie in die richtige Richtung. Ziel
bleibt weiterhin das Zustandekommen zumindest euro-
päischer Regelungen.

Wir müssen uns immer wieder die folgenden Fragen
stellen: Welche Rolle spielen Finanzmärkte in einer mo-
dernen Wirtschaft? Welche Formen der Finanzmärkte und
welche Finanzprodukte wollen wir? Darauf aufbauend
müssen wir schließlich fragen: Was ist der angemessene
und notwendige Ordnungsrahmen für diese gewünschten
Formen der Finanzmärkte? Welcher Ordnungsrahmen ist
notwendig, damit die Finanzmärkte einen Nutzen für die
Allgemeinheit entfalten, ohne unerwünschte Instabilität
zu verursachen? Das sind die Fragen, die gestellt werden
müssen. Auf diese Fragen werden wir konsequente Ant-
worten geben.

Heute machen wir in diesem Sinne einen guten An-
fang. Deswegen bitte ich Sie, dass wir nach dieser ersten
Lesung den Gesetzentwurf, diese Missbrauchsbekämp-
fung vorantreiben und damit einen Erfolg für das Ge-
meinwohl in Deutschland, für unsere Wirtschaft und hin-
sichtlich unserer Arbeitsplätze erreichen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704601900

Bevor ich dem Kollegen Carsten Sieling für die SPD-

Fraktion das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen,
dass mir nachweislich der angereichten Protokolle deut-
lich geworden ist, dass manche Zwischenrufe in dieser
Debatte nicht nur eine Spur temperamentvoller ausgefal-
len sind, als das für die meisten Redebeiträge festzustel-
len war, sondern sie gelegentlich auch hart an der Grenze
dessen waren, was wir hier eigentlich als parlamentari-
sche Umgangsformen für angemessen halten. Ich will
doch noch einmal darum bitten, das für den Rest der Re-
debeiträge zu diesem wichtigen und uns gemeinsam na-
türlich besonders sensibilisierenden Tagesordnungspunkt
im Bewusstsein zu behalten.

Falls sich nun irgendjemand angesprochen fühlt, sich
aber vergewissern möchte, ob er Anlass für diese Be-
merkung war, stehe ich für präzisere Auskünfte gern zur
Verfügung.


(Heiterkeit bei der SPD – Nicolette Kressl [SPD]: Unentgeltlich!)


– Auch das.

Nun hat der Kollege Sieling das Wort.


Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1704602000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vielen Dank für diesen Hinweis. Aber ich muss sagen,
dass ich es sowohl als Redner als auch als Zuhörer im
Parlament eigentlich immer gut finde, wenn es Zwi-
schenrufe gibt.

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(C (D Ich auch, Herr Kollege. Darüber haben wir keinen treit. – Das habe ich fast erwartet. – Wenn das Tempera ent einmal mit einem von uns durchgeht, dann müssen ir das aushalten, finde ich. Klar gibt es Grenzen, die icht überschritten werden dürfen. Aber ich will ausrücklich dazu auffordern, diese Debatte mit Redebeiträen lebendiger und nachvollziehbarer zu machen; (Iris Gleicke [SPD]: Wir müssen aufpassen, dass die nicht alle zurücktreten!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704602100
Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1704602200

enn dieses Problem, diese Thematik ist wirklich schwer
erständlich.

Zu Anfang möchte ich den Punkt ansprechen, dass
undesminister Schäuble uns in seiner Einleitung vorhin
ebeten hat, für eine zügige Beratung zu sorgen. Für die
PD-Fraktion will ich ausdrücklich sagen, dass wir dem
ntsprechen wollen und entsprechen werden. In den Vor-
esprechungen haben wir einer Fristverkürzung bereits
ugestimmt; denn es ist dringend notwendig, dass wir zu
rgebnissen kommen. Es ist für uns eine Selbstverständ-

ichkeit, dass wir einer zügigen Beratung zustimmen.

Aber man muss auch sagen – darüber ist in dieser De-
atte einige Male diskutiert worden; ich will darauf noch
inmal eingehen –, warum dieser Zeitdruck entstanden
st. Dieser Zeitdruck darf nicht dazu führen – auch dazu
ill ich gleich etwas sagen –, dass die Qualität und die
irksamkeit dieses Vorhabens leiden. Deshalb werden
ir uns einige Dinge genau anschauen müssen. Ich darf
ier aber einmal sagen, dass der jetzige Zeitdruck da-
urch entstanden ist, dass wir eine Bundesregierung ha-
en, die eine Regierung des Attentismus gewesen ist, die
icht gehandelt hat und viel Zeit hat verstreichen lassen.


(Beifall bei der SPD)


Das jetzt auf Vorgängerregierungen zu schieben – ich
omme gleich beim Beispiel der Leerverkäufe noch ein-
al darauf zu sprechen, weil dazu Unsinn ohne Ende er-

ählt wird –, gleicht einem Märchen. Ich finde es wichtig
nd richtig, dass man hier klar sagt: Die Lage ist von der
undesregierung offensichtlich falsch eingeschätzt wor-
en. Als Kollege Wissing hier auf die Zwischenfrage ge-
ntwortet hat: „Nein, wir haben das immer realistisch
esehen“, fand ich es interessant, ins ganze Plenum zu
chauen. Bundesfinanzminister Schäuble hat genickt, als
esagt wurde, dass man die Lage falsch eingeschätzt hat.
eine Damen und Herren in der Koalition, einigen Sie

ich wenigstens darauf, was Sie in der Vergangenheit
alsch gemacht haben und jetzt richtig machen können
nd wollen, damit wir zu vernünftigen Ergebnissen
ommen. Noch nicht einmal in der Einschätzung der
üngsten Vergangenheit sind Sie sich einig.

Nach dieser Debatte habe ich den Eindruck, dass ich
och einmal die Beschlüsse und Programme der Sozial-
emokratie zum Thema Leerverkäufe lesen muss, weil
er eine oder andere Beitrag nahelegte, die Leerverkäufe
eien eine sozialdemokratische Erfindung; so war, glaube





Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)

ich, die Formulierung von Herrn Gysi. Ich darf an dieser
Stelle einmal sagen: Leerverkäufe haben sich über Jahre
und Jahrzehnte in der Nachkriegszeit entwickelt. Ihre
Zahl hat zugenommen, und unterschiedliche Prozesse
haben dazu geführt, dass sie sich ökonomisch so entwi-
ckelt haben. Sie sind aber nicht politisch genehmigt wor-
den, und es sind keine Gesetze dazu entwickelt worden.

Sie haben das vielleicht mit den Hedgefonds ver-
wechselt; auch darüber wird hier ja immer diskutiert.
Manche bringen Hedgefonds und Private Equity durch-
einander. Ich rate: Lassen Sie dieses Durcheinander. Bei
den Hedgefonds haben wir in Deutschland eine strenge
Regelung durchgesetzt. An den Leerverkäufen sind nicht
wir schuld. Dabei geht es um Marktbewegungen, die
passiert sind und jetzt beschränkt werden müssen. Da-
rum diskutieren wir hier. Lassen Sie uns das gemeinsam
machen.


(Beifall bei der SPD)


Nun sagt Kollege Michelbach: Das habt ihr doch sel-
ber nicht gemacht. Ich darf noch einmal sagen: Als die
Krise 2008 ausgebrochen ist, hat der damalige Bundes-
finanzminister Steinbrück


(Joachim Poß [SPD]: In der Großen Koalition!)


auf der rechtlichen Grundlage in der Großen Koalition
mit CDU/CSU dieses befristete Verbot gemacht.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Befristungen gemacht! Das ist richtig! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Es ging gar nicht anders in der Großen Koalition als befristet!)


Es ging darum, schnell zu handeln und dieses umzuset-
zen. Das ist passiert.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Er hat es nicht abgeschafft, sondern befristet!)


– Das ist wahr.


(Joachim Poß [SPD]: Es ging doch gar nicht anders! Das wäre an Ihnen gescheitert!)


Dann ist das befristete Verbot ausgelaufen. Darüber
kann Kollege Poß mehr sagen. Ich bin ja neu gewählter
Abgeordneter. Ich höre aus meiner Fraktion, dass CDU/
CSU in der Großen Koalition damals nicht bereit gewe-
sen sind, für ein Verbot solcher Leerverkäufe zu stehen.
Die FDP darf hier, glaube ich, gar nicht reden, weil sie
immer dagegen gewesen wäre, weil sie die Tiefe der
Krise gar nicht erkannt hat.

Ich möchte an einen anderen wichtigen Punkt erin-
nern. Das befristete Verbot von Leerverkäufen war aus-
gelaufen und ist von der Großen Koalition verlängert
worden. Es ist in der Zeit der Großen Koalition ein wei-
teres Mal ausgelaufen und wieder verlängert worden.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)


Dann ist es – diesmal zu einem unglücklichen Zeitpunkt;
denn er liegt nach dem 27. September 2009 – im Januar
2010 wieder ausgelaufen. Zu dieser Zeit hat es eine neue

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(C (D egierung ohne Beteiligung der Sozialdemokraten gegeen. Da hat man die Befristung nicht verlängert, sondern an hat es ins Leere laufen lassen. o gesehen: Klagen Sie hier nicht die Falschen an! Fasen Sie sich an die eigene Nase! Stimmen Sie die FDP m! Wir haben viel Zeit verloren. Wir haben jetzt Zeitruck. Der Bundesfinanzminister muss uns bitten, bechleunigt zu beraten, weil Sie geschlafen haben, weil ie diese Situation falsch eingeschätzt haben und nicht as gemacht haben, was wir als Sozialdemokraten mit inanzminister Steinbrück umgesetzt hatten. Das muss ier sehr deutlich gesagt werden. Ich will einen Blick auf diesen Gesetzentwurf werfen. ir alle, die sich intensiver damit befassen, haben uns icherlich angeschaut, was in den Referentenentwürfen tand. Es gibt eine Änderung in diesem Gesetzentwurf. ch vermisse in der Begründung des Gesetzentwurfes ine Erklärung, warum es diese Änderung gegeben hat. ollege Zöllmer hat vorhin schon darauf hingewiesen, ass es im Bereich der Derivategeschäfte zu einer Änerung gekommen ist. Wenn man ein bisschen recherchiert, findet man eine tolze Presseerklärung des Bundesverbandes der Wertapierfirmen an den deutschen Börsen, also einer Vereiigung, die selber damit zu tun hat. Herr Schäuble, Sie aben angesprochen, dass es bei den Spekulanten ein Ineresse an Volatilitäten, an Schwankungen, an Unsichereiten, an Zeitmöglichkeiten gibt, um viel Geld zu verienen. Hier will ich sagen: Da haben sich einige von enen geäußert, die ein Interesse an so etwas haben. iese sagen ganz klar, dass die Änderung, die Sie sehr urzfristig in Ihren Gesetzentwurf eingebaut und nicht egründet haben, auf Ihre Initiative vorgenommen woren ist. In der entsprechenden Presseerklärung heißt es: Wir begrüßen nachdrücklich, dass der nunmehr auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf, entgegen dem in der letzten Woche seitens des BMF vorgestellten Diskussionsentwurf, Derivategeschäfte auf deutsche Aktien und Staatsschuldpapiere der Eurozone, die nicht der Absicherung bestehender Positionen dienen, sowie Derivategeschäfte auf den Euro … nicht mehr mit einem allgemeinen gesetzlichen Verbot belegt … sein sollen. ußerdem weisen Sie ganz stolz darauf hin, dass Sie ies „in letzter Minute“ erreicht hätten. Herr Bundesminister, Sie müssen uns erläutern, waum Sie diese Ausnahme gemacht haben. (Joachim Poß [SPD]: Das wird Herr Dautzenberg gleich machen!)


(Beifall bei der SPD)


ch kann sie nicht nachvollziehen. Ich kann nicht erken-
en, dass die Wirkungskraft dieses Gesetzes durch diese
nderung zugenommen hat, vielmehr habe ich die Be-

ürchtung, dass seine Wirkungskraft dadurch eher ge-
chwächt worden ist. Das können wir uns nicht erlauben.

ir müssen beim Thema Leerverkäufe konsequent vor-
ehen. Herr Kollege Dautzenberg, vielleicht können Sie
ns nachher erklären, warum Sie diese Änderung vorge-





Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)

nommen haben. Ich habe den Eindruck, dass schon wie-
der Lobbyisten vor der Tür standen und sich auch ein
gutes Stück durchgesetzt haben. Das geht so nicht.
Meine Damen und Herren, bitte ändern Sie das.


(Beifall bei der SPD)


Ich hoffe, Sie können uns das so gut erklären, dass wir
an dieser Stelle vielleicht zu einer Rückänderung kom-
men, sodass wir das beschleunigte Verfahren wirklich
realisieren können.

Zum Schluss möchte ich gerne darauf hinweisen: Es
ist richtig, dass ein nationaler Weg gegangen worden
ist. Kollege Michelbach hat in anderen Debatten zur
Finanztransaktionsteuer und ähnlichen Themen immer
gesagt: –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704602300

Herr Kollege.


Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1704602400

Ich komme zum Schluss. – Es geht darum, internatio-

nale Lösungen zu finden, nationale Wege sind nicht
möglich. – Jetzt wird ein nationaler Weg gegangen. Das
Problem ist: Es fehlt eine Strategie, um wenigstens auf
europäischer Ebene zu einer Verständigung zu kommen.
Dieses Thema darf kein Thema bleiben, mit dem sich je-
des Land allein beschäftigt. Sie brauchen ein Konzept.
Das fehlt uns; das ist in dieser Debatte deutlich gewor-
den. Bitte bleiben Sie nicht bei diesem Gesetzentwurf
stehen, sondern treffen Sie endlich auch Entscheidungen
zur Verbesserung des Anlegerschutzes, zur Einführung
einer Finanztransaktionsteuer und vielen anderen wichti-
gen Themen, damit die Finanzmärkte in Deutschland
und in Europa vernünftig reguliert werden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704602500

Björn Sänger ist der nächste Redner für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1704602600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Jedes Ding hat zwei Seiten, so auch Finanzinstru-
mente wie Leerverkäufe. Sie sind ein bisschen wie ein
Unimog – Sie kennen dieses Gerät –: Wenn man ihn
orange anstreicht und vorne einen Schneepflug befestigt,
ist er ein sehr sinnvolles und nützliches Kommunalfahr-
zeug. In olivgrün und mit einer Raketenabschussrampe
hinten drauf sieht das Ganze schon etwas anders aus.

Betrachten wir zunächst die orange Seite. Leerver-
käufe können bei den am Kapitalmarkt gehandelten
Wertpapieren zu einer effizienten Preisbildung beitra-
gen. Marktteilnehmer, die der Ansicht sind, ein be-
stimmtes Wertpapier sei überbewertet und spiegele nicht
den wahren Wert des Unternehmens wider, haben die
Möglichkeit, Aktien dieses Unternehmens leer zu ver-
kaufen, um bei Eintritt des erhofften Kursverlaufs einen

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(C (D ewinn in Höhe der Differenz des Verkaufspreises zu em späteren Eindeckungspreis zu erzielen. Neben diesem individuellen wirtschaftlichen Erfolg eisen derartige Verkaufsgeschäfte aber vor allem einen nformationsgehalt dahin gehend auf, dass sie dem arkt indirekt die Einschätzung des Marktteilnehmers ermitteln, wie dieser die Werthaltigkeit des Unternehens bewertet. Auf diese Weise kann das Entstehen von ewertungsblasen verhindert werden. Des Weiteren wiren Leerverkäufe im Rahmen einer effektiven Preisbilung als Gegengewicht zu übertriebenen Käufen überbeerteter Wertpapiere, indem die Verkaufsorder durch rhöhung des Angebots auf dem Kapitalmarkt den Kurs es Wertpapiers nach unten korrigiert. (Manfred Zöllmer [SPD]: Was wollen Sie uns jetzt sagen?)


Warten Sie es ab.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Okay!)


m Übrigen versorgen gedeckte Leerverkäufe den Markt
it zusätzlicher Liquidität, indem sie dem Markt mittels

es Wertpapierdarlehens Wertpapiere zuführen, die die-
em ansonsten entzogen wären. So weit die orange Seite.

Ungedeckte Leerverkäufe ermöglichen aber, in kurzer
eit eine große Zahl von Wertpapieren zu verkaufen,
hne dass diese zuvor durch ein mit Kosten verbundenes
ertpapierleihgeschäft beschafft werden müssen. Leer-

erkäufe können die Kurse von Wertpapieren derart unter
ruck bringen, dass deren Emittenten in Finanzierungs-

chwierigkeiten geraten. Bei ungedeckten Leerverkäufen
st es auch grundsätzlich möglich, mehr Wertpapiere zu
erkaufen als am Markt verfügbar sind. Das ist die oliv-
rüne Seite der Leerverkäufe.

Handelt es sich bei diesen Papieren zudem um Pa-
iere von Unternehmen der Finanzwirtschaft, dann kann
as Finanzsystem als Ganzes in Gefahr geraten. Mit ei-
em Verbot ungedeckter Leerverkäufe wird also den Ri-
iken für die Stabilität und Funktionsfähigkeit der Fi-
anzmärkte im Kern entgegengewirkt. Dies zu
rreichen, ist das Ziel der Bundesregierung und auch In-
alt dieses Gesetzentwurfs.

Bisher wurden diese Leerverkäufe durch die BaFin
ntersagt. Dabei ist es fraglich, ob die bisher herangezo-
ene gesetzliche Grundlage überhaupt hinreichend dafür
st. Daher ist dieser Gesetzentwurf richtig und wichtig,
eil durch ihn eben eine Arbeitsgrundlage geschaffen
ird.

Neben dieser Richtigkeit und Wichtigkeit des Verbots
on Leerverkäufen von Aktien wird auch der Handel mit
ngedeckten CDS verboten, weil bei diesem Finanzin-
trument derjenige, der einen ungedeckten CDS kauft,
in hohes Interesse daran hat, dass die Kreditwürdigkeit
esjenigen, dessen Kredite versichert werden, infrage
estellt wird. Das haben wir bei der Euro-Krise erlebt.
as führt eben zu negativen Markttendenzen bis hin zu
arktmanipulationen. Dies wird durch den Gesetzent-
urf geregelt. Damit schützen wir unseren Wohlstand
nd bewahren wir uns die Freiheit.





Björn Sänger


(A) )


)(B)


(Manfred Zöllmer [SPD]: Herr Sänger, eine Stufe tiefer würde auch reichen!)


Der Gesetzentwurf ist im Übrigen kein Ausdruck ei-
nes unbedachten Vorpreschens Deutschlands,


(Manfred Zöllmer [SPD]: Freiheitsschutzgesetz!)


da in Griechenland, Italien und Großbritannien ähnliche
temporäre Verbote durch die Finanzmarktaufsicht erlas-
sen wurden. In Irland und Schweden wird ein solches
Verbot geprüft, in Österreich besteht ein solches Verbot
durch die Aufsichtsbehörde, in Belgien existiert ein ge-
setzliches Verbot, und die französische Finanzministerin
hat am 4. Juni erklärt, dass sich Frankreich hinsichtlich
des Verbots dieser Leerverkäufe mit Deutschland einig
ist. Das, was hier erzählt wurde, wonach das in Europa
nicht in Einklang zu bringen sei, ist also wirklich ein
Märchen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist nicht abgestimmt!)


Wir werden uns allerdings darüber unterhalten müs-
sen, ob man das Ziel, das mit diesem Gesetzentwurf er-
reicht werden soll, nicht vielleicht auch mit einem mil-
deren Mittel erreichen kann, nämlich mit einem sachlich
auf bestimmte Finanzinstrumente zu beziehenden und
befristeten behördlichen Leerverkaufsverbot. Dazu ha-
ben wir ja auch eine entsprechende Anhörung geplant.

In jedem Fall ist die Herstellung einer eindeutigen
Gesetzeslage zu begrüßen, um eben auch Unsicherheiten
hinsichtlich der Zulässigkeit von Maßnahmen der Auf-
sichtsbehörde, wie sie in der Vergangenheit aufgetreten
sind, zu vermeiden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704602700

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Leo Dautzenberg für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Der Leo erklärt es! – Manfred Zöllmer [SPD]: Jetzt klären Sie uns doch einmal auf, Herr Kollege! – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt werden alle offenen Fragen beantwortet!)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1704602800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem von den Koali-
tionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurf wollen wir
einen Teil des Primats der Politik hinsichtlich der Fi-
nanzmarktinstrumente zurückgewinnen. Von daher ist
das der richtige Ansatz.

Herr Kollege Zöllmer, es war schwer erträglich, um
9.15 Uhr eine Märchenstunde zu erleben. Das wäre um

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(C (D 9.15 Uhr für die Kinder vielleicht besser angebracht geesen. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Da kommt aber das Sandmännchen!)


ei dem Zerrbild wären sie aber wahrscheinlich nicht
ingeschlafen. Man sollte sich hier wirklich den Realitä-
en stellen, auf die wir uns mit diesem Gesetzentwurf be-
iehen. Von daher ist das ein wichtiger Beitrag zur Regu-
erung von Finanzmärkten und Finanzmarktprodukten.
ies wurde im Koalitionsvertrag zwischen den Koali-

ionsvertragspartnern auch vereinbart.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Den Koalitionsvertrag haben Sie doch schon weggeschmissen!)


Herr Kollege Schick, das ist auch keine Korrektur,
ondern eine Ergänzung um weitere Punkte, die durch
ie zeitlich befristete Ermächtigung des damaligen Bun-
esministers bisher nicht erfasst wurden.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es war in anderen Gesetzen eingeplant!)


as, was damals, zu Beginn der Finanzmarktkrise, ver-
rdnet worden ist, bezog sich ausschließlich auf einige
inanztitel an den deutschen Börsen. Mit diesem Gesetz-
ntwurf sollen alle in Deutschland gehandelten Aktien
nd staatlichen Schuldtitel erfasst werden. Staatliche
chuldtitel waren bisher nicht von dem in einer Verord-
ung geregelten Leerverkaufsverbot erfasst. Denn es ist
ine neue Erkenntnis, dass Schuldtitel anderer Staaten
nter Umständen nicht mehr das gewährleisten, was man
rsprünglich mit staatlichen Schuldtiteln verbunden hat.
on daher ist es eine vollumfängliche Regelung, die bis-
er in keiner Weise vorgesehen war.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


nsofern ist es keine Korrektur, sondern eine Ergänzung
nd Weiterentwicklung der Regulierung von Finanz-
ärkten und Finanzprodukten.

Deshalb geht die Kritik, dass die Regelung zu spät
omme und dass das Ganze nicht passiert wäre, wenn
rühere Regelungen verlängert worden wären, fehl. Sie
eht fehl, weil es ein vollumfänglicher Ansatz ist und
isher eben keine Eingriffsmöglichkeiten bis hin zum
erbot bestanden haben.

Wie die Regelungen wirken sollen und welche Tatbe-
tände davon erfasst werden, haben meine Vorredner
chon dargelegt. Es wurde bereits darauf hingewiesen,
ass es um ungedeckte Leerverkäufe geht. Die politi-
chen Forderungen auch aus Ihrer Fraktion, Herr Gysi,
eziehen sich auf ein Verbot aller Leerverkäufe.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Die gehandelt werden!)


Die gehandelt werden: also auch die gedeckten. Das
eht doch fehl. Ein Finanzmarktprodukt an sich ist we-
er negativ noch positiv. Entscheidend ist, mit welcher
ielsetzung es eingesetzt wird. Manche Zielsetzung
uss bekämpft und eingeschränkt werden. Dazu gehö-





Leo Dautzenberg


(A) )


)(B)

ren in der Konsequenz auch Verbote, wenn damit Ver-
werfungen am Markt eingeschränkt werden müssen, die
mit Grundsicherungsgeschäften im Grunde nichts mehr
zu tun haben, weil sie durch vielfältige Ableitungen zu
rein spekulativen Finanzprodukten geworden sind. Das
müssen wir einschränken.

Ein weiterer Schritt, den wir vollziehen, ist ein natio-
naler Dreiklang aus einer effektiveren Aufsicht, für die
wir eine zeitnahere Umsetzung anstreben


(Manfred Zöllmer [SPD]: Die ist beerdigt!)


– die ist doch nicht beerdigt –,


(Manfred Zöllmer [SPD]: Doch sicher! Das war zu schwierig!)


einer Bankenabgabe, die in einen Restrukturierungs-
fonds fließt, und dem Insolvenzrecht für Kreditinstitute,
um demnächst auch systemisch relevante Banken abwi-
ckeln und neu strukturieren zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Wann kommt der Gesetzentwurf?)


– Die Eckpunkte liegen vor, Herr Kollege.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Wann kommt das?)


– Seien Sie doch ruhig! Das wird schon zur Sommer-
pause kommen. Dann werden die ersten Referentenent-
würfe vorliegen.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Und die Volatilitäten gehen weiter!)


– Sie erwarten eine hohe Volatilität. Insofern spekulieren
Sie falsch. Wir werden den Gesetzentwurf schon zum
richtigen Zeitpunkt vorlegen.

Das alles sind weitere nationale Maßnahmen, um
unsere Vorstellungen in diesem Bereich konsequent
durchzusetzen. Von einigen Kollegen wurde gesagt, das
seien Alleingänge. Ich habe eine Liste mitgebracht, auf
der 20 Staaten aufgeführt sind, in denen es bereits Rege-
lungen zum Verbot von Leerverkäufen gibt. Es sind also
keine nationalen Alleingänge. Selbst wenn es so wäre,
wäre der Ansatz, auf nationaler Ebene zu beginnen und
dann internationale Bündnispartner in diesen Fragen zu
finden, richtig. Denn es geht um Entwicklungen, die
nichts mehr mit der dienenden Funktion eines Finanz-
markts für die Volkswirtschaft und die Menschen zu tun
haben. Dies gilt es einzuschränken und zum Teil auch zu
verbieten.

Dabei haben wir neben dem Gesetzentwurf weitere
Maßnahmen auf den Weg gebracht. Wir beraten zurzeit
die Regelungen zu Vergütungsstrukturen. Das ist ein
weiterer Ansatz, um Nachhaltigkeit in der Wirtschaft zu
erreichen und auch für Finanzinstitute und die Versiche-
rungswirtschaft zu nachhaltigen Vergütungssystemen zu
kommen, statt Kurzzeitbetrachtungen anzustellen, die
vielleicht noch zur Störung der Finanzmärkte beitragen.

Als weiterer Aspekt in der Diskussion über die
Finanztransaktionsteuer ist zu beachten, dass wir so-
wohl national als auch international eine vernünftige Be-

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(C (D essungsgrundlage entwickeln müssen. Neben dem reulatorischen Ansatz im Hinblick auf Leerverkäufe üssen wir den gesamten Bereich der Derivate, die nicht ber Börsen, sondern over the counter gehandelt werden, rfassen und regulieren; bei diesen OTC-Geschäften ereinbaren zwei Parteien etwas, von dem andere gar ichts wissen, sodass keinerlei Transparenz hergestellt ird. Das ist in unserem eigenen Interesse, insbesondere enn man sich die Größenordnungen vor Augen hält. In er Bundesrepublik Deutschland werden Derivate im ert des 35-Fachen unseres Bruttoinlandsprodukts ge andelt. Man kann davon ausgehen, dass der überwieende Teil davon keine der Volkswirtschaft dienende unktionen erfüllt, sondern rein spekulativ ist. Wenn man iese Geschäfte mit einer Finanzmarkttransaktionsteuer esteuern will, muss man sie erst einmal transparenten ormen zuführen, nämlich Clearingstellen und Börsenandelssystemen. Sonst hat man gar keine Grundlage für ie Bemessung einer Finanzmarkttransaktionsteuer. Herr Zöllmer, auch Ihr diesbezüglicher Vorwurf war alsch. Herr Barnier, der zuständige EU-Kommissar, atte ursprünglich vor, Maßnahmen in diesem Bereich rst im Herbst auf den Weg zu bringen. Die letzte Taung des Ecofin hat, auch dank des Beitrags unseres Fianzministers, dazu geführt, dass Herr Barnier jetzt unerzüglich europäische Maßnahmen auf den Weg ringen muss, um entsprechende Handelsplattformen zu chaffen. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass diese Handelslattformen in Kontinentaleuropa angesiedelt werden. isher gibt es zur Abwicklung dieser Geschäfte nur priatwirtschaftlich organisierte Institutionen in New York, ie sich teilweise jeder Transparenz entziehen. Es muss eiterhin an den Grundlagen gearbeitet werden, damit wir ine vernünftige Bemessungsgrundlage als Voraussetzung er Wirksamkeit einer Finanzmarkttransaktionsteuer festegen können; sonst würde vieles fehlgehen. Sie sehen anhand all dieser Maßnahmen, dass wir uns emühen, konsequent das umzusetzen, was wir uns vorenommen haben. Vom Kabinett, von der Regierung erarten wir – wie ich eben schon gesagt habe –, dass wir och zur Sommerpause die ersten Referentenentwürfe ekommen. Darüber hinaus erwarten wir ein Anlegerschutzgeetz. Die Eckpunkte dazu sind ebenfalls klar. Wir wollen en Anlegerschutz weiter verstärken sowie härtere Sankionen bei Falschberatung und falschen Angaben in Prouktinformationsblättern. Eine weitere für unsere Wirtschaftskultur in Deutschand wichtige, wenngleich sehr spezielle Frage betrifft ie Vorgaben zur Vermeidung des Anschleichens an Aneilsmehrheiten bei Unternehmensübernahmen. (Joachim Poß [SPD]: Das fordern die Sozialdemokraten auch schon länger!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie Beispiele Porsche/VW und Schaeffler/Continental
aben gezeigt, wie es nicht sein soll.





Leo Dautzenberg


(A) )


)(B)

Das alles sind Maßnahmen, die wir ergreifen werden.
Damit sind wir auf einem guten Wege, und auch Sie
könnten Ihren Beitrag zur Effizienz dieses Gesetzent-
wurfs leisten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704602900

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 17/1952 und 17/1151 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c sowie
den Zusatzpunkt 2 auf:

4 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Ernst
Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus
Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Nationalen Bildungspakt für starke Bildungs-
infrastrukturen schaffen

– Drucksache 17/1957 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Petra
Hinz (Essen), Krista Sager, Kai Gehring, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Gemeinsam für gute Schulen und Hochschu-
len sorgen – Kooperationsverbot von Bund
und Ländern in der Bildung abschaffen

– Drucksache 17/1984 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ernst
Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels,
Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Studienpakt für Qualität und gute Lehre
jetzt durchsetzen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein,
Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE

Forderungen aus dem Bildungsstreik auf-
nehmen und die soziale Spaltung im Bil-
dungssystem bekämpfen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring,
Priska Hinz (Herborn), Krista Sager, weiterer

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(C (D Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Konsequenzen aus dem Bildungsstreik ziehen – Bildungsaufbruch unverzüglich einleiten – Drucksachen 17/109, 17/119, 17/131, 17/1977 – Berichterstattung: Abgeordnete Tankred Schipanski Swen Schulz Dr. Martin Neumann Nicole Gohlke Kai Gehring ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Frühkindliche Bildung und Betreuung verbessern – Für Chancengleichheit und Inklusion von Anfang an – Drucksache 17/1973 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. Ich öre keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahen. Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin agmar Ziegler für die SPD-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Vor anderthalb Jahren haben Bund und Länder eschlossen, dass ab 2015 10 Prozent des Bruttoinlandsrodukts in Bildung und Forschung investiert werden ollen, 3 Prozent in Forschung und 7 Prozent in Bildung. eute, anderthalb Jahre danach und drei Bildungsgipfel päter, wäre es allerhöchste Zeit, dass endlich verbindlihe und konkrete Vereinbarungen zustande kommen, um ieses Ziel umzusetzen. Das ist die Aufgabe, die die undeskanzlerin heute Nachmittag zu bewältigen hätte, ber nicht – wenn man allen Presseverlautbarungen lauben schenken darf – bewältigen wird. Zwei Fragen üssten heute konkret und verbindlich beantwortet wer en: Wie kann das Erreichen des 7-Prozent-Ziels für Bilung gerecht und nachhaltig finanziert werden, und wie önnen zusätzliche Bildungsaufwendungen so investiert erden, dass sie den größtmöglichen Effekt für mehr hancengleichheit und bessere Bildung erzielen? Die Bundeskanzlerin hätte dafür sorgen müssen, dass und und Länder zu verbindlichen Vereinbarungen ommen. Dagmar Ziegler )

Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1704603000

(Beifall bei der SPD)





(A) )

(Iris Gleicke [SPD]: Das ist wohl wahr! Wo ist
sie denn?)

Dazu gehört, dass es bei der Bildungsfinanzierung keine
Abstriche geben darf, weder beim Volumen noch beim
Zeitplan. Konkret bedeutet das: Wir brauchen 13 Milliar-
den Euro zusätzlich für die Bildung, und zwar 2015 und
nicht erst 2018 oder 2020, wie das beispielsweise Bayern
und Baden-Württemberg wollen oder wie es aus der Be-
schlussvorlage der B-Länder hervorgeht. Die Finanzie-
rungsfrage braucht eine dauerhafte Lösung. Dazu gehört
auch eine Lösung für die Schieflage zwischen der Finanz-
ausstattung der Länder und Kommunen einerseits und ih-
ren Aufgaben in der Bildungspolitik andererseits. Die
Bundesregierung trägt eine große Mitschuld an dieser
Schieflage.


(Beifall bei der SPD)


Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat dieses Miss-
verhältnis noch verstärkt. Deswegen steht die Bundesre-
gierung heute in der Verantwortung, die Länder und die
Kommunen bei der Realisierung zusätzlicher Bildungs-
aufwendungen zu unterstützen. Die 5,2 Milliarden Euro,
die der Bund angeboten hat, reichen nicht, um das Errei-
chen des 10-Prozent-Ziels abzusichern.

Völlig klar ist, dass zusätzliche Bildungsaufwendun-
gen solide finanziert werden müssen. Was nicht geht, ist
das, was Sie machen, nämlich bei den Familien und den
Arbeitslosen zu kürzen, um die Bildungs- und die Haus-
haltspolitik in Einklang zu bringen.


(Beifall bei der SPD)


Richtig wäre, von starken Schultern mehr zu verlangen.
Wir haben schon im vergangenen Jahr einen Bildungs-
soli als Aufschlag auf die Spitzensteuer für sehr hohe
Einkommen vorgeschlagen, zweckgebunden für Bil-
dung. Das wäre ein gerechter Weg. Im Übrigen haben
wir erwartet, dass Frau Merkel und Frau Schavan nicht
nur von mehr Bund-Länder-Kooperation in der Bildung
ständig reden, sondern ernsthaft den Versuch unterneh-
men, eine Grundgesetzänderung zur Aufhebung des Ko-
operationsverbotes in der Bildungspolitik auf den Weg
zu bringen. Auch davon ist nichts zu sehen.


(Beifall bei der SPD)


Der heutige Bildungsgipfel hätte ein Infrastrukturgip-
fel werden müssen. Das Fundament für erfolgreiche Bil-
dungsbiografien wird schon vor der Schule gelegt, wie
wir wissen. Deshalb ist es unverantwortlich, wenn die
Bundesregierung die Kommunen mit den Schwierigkei-
ten, die sie selber mit verursacht hat, beim Ausbau der
U-3-Betreuung alleine lässt. Dieses Thema hätte zur
Chefsache werden müssen. Der Rechtsanspruch auf Kin-
derbetreuung für unter Dreijährige darf nicht zur Dispo-
sition stehen. Es reicht nicht aus, ständig zu sagen: „An
dem gesetzlichen Anspruch wird nicht gerüttelt“, wenn
man Länder und Kommunen bei der Umsetzung völlig
alleine lässt.


(Beifall bei der SPD)


Es wäre anständig und notwendig gewesen, heute die
kommunalen Spitzenverbände mit an den Tisch zu ho-

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(C (D en; denn sie sind zum großen Teil die Betroffenen. Diees Versäumnis hat die Bundesregierung zu verantworen. Wenn Sie es mit der Bildungsrepublik Deutschland irklich ernst meinten, dann müssten Sie sich für einen ationalen Pakt von Bund, Ländern und Kommunen für ie Bildung einsetzen, nämlich für einen Bildungspakt, er verbindliche Vereinbarungen für den Ausbau der Bilungsinfrastruktur enthält – und zwar entlang der komletten Bildungskette, von der frühkindlichen Bildung ber den Ausbau der Ganztagsschulen bis zur Ausstatung der Hochschulen –, und einen Bildungspakt, der undesweit einheitliche Standards festschreibt, um die eilhabe an Bildung für alle sicherzustellen, und zwar bgestimmt und ergänzend zur Neubemessung der Kinerregelsätze. Deshalb fordern wir zum x-ten Mal: Mahen Sie Nägel mit Köpfen! Verbrennen Sie das Geld icht in sinnlosen Projekten, die an den öffentlichen Bilungsinfrastrukturen völlig vorbeigehen und Bildung icht verbessern! Investieren Sie nicht in sinnlose Bilungsbündnisse und Bildungskonten, sondern in Ganzagsschulen und die frühkindliche Bildung! Dann würen Sie die Bildung tatsächlich voranbringen, und dann ätten Sie unsere Unterstützung. So haben Sie die Chanen der Ausübung von Regierungsverantwortung wieder inmal leichtfertig verspielt. Noch schlimmer: Sie haben amit unsere Kinder und unsere Jugendlichen ein weitees Mal hinters Licht geführt. Vielen Dank. Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, öchte ich gerne der Bundesministerin für Bildung nd Forschung zu ihrem heutigen Geburtstag gratulieen. ch verbinde die guten Wünsche für das neue Lebensjahr it der heimlichen Hoffnung, dass ein Teil dieser Wün che vielleicht schon heute Abend in Erfüllung gehen önnte. Nun erteile ich das Wort dem Bayerischen Staatsmiister für Unterricht und Kultus, Herrn Dr. Ludwig paenle. Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem dritten Bil ungsgipfel, der heute Nachmittag hier in Berlin stattfinen wird, stehen wir vor einem sehr wichtigen Punkt in er Weiterentwicklung des zentralen Themas „Bildung n der Bundesrepublik Deutschland“. Mit der Leitentcheidung, die letztlich auf die Festschreibung des 0-Prozent-Zieles ausgerichtet ist, sorgen wir für eine entrale Weichenstellung. Die Leitentscheidung, daueraft in Bildung zu investieren, wird nämlich weit über iese Legislaturperiode hinaus von grundlegender Beeutung sein. Ich wiederhole: Diese Leitentscheidung ist Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle )


(Beifall bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704603100

(Beifall)


(Heiterkeit)

Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1704603200




(A) )

eine ganz zentrale Weichenstellung. Sie ist Ausdruck der
Notwendigkeit in einem Land, in dem die Begabung der
jungen Menschen und das lebenslange Lernen der zen-
trale Rohstoff sind, eine entsprechende Priorisierung
dauerhaft sicherzustellen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Festschreibung des 10-Prozent-Ziels ist deshalb
politisch unumstößlich. Ich bin der Überzeugung, dass
dies auch heute Nachmittag zum Ausdruck kommen
wird. Das ist die Kernaussage.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber davon merkt man nichts!)


Es geht um eine Leitentscheidung, die Auswirkungen
weit in die Zukunft haben wird. Es ist in dieser Form et-
was Neues in der bildungspolitischen Debatte und in der
bildungspolitischen Praxis in diesem Land.

Wichtig ist außerdem die Frage, wie wir das notwen-
dige Miteinander zwischen den Kompetenzträgern – das
sind die Länder – und dem Bund, der seine Aufgaben
komplementär wahrnimmt, weiterentwickeln. Die Kul-
tusministerkonferenz hat am Donnerstag vor 14 Tagen in
München im Zusammenwirken mit dem BMBF – ich darf
mich den Glückwünschen für Frau Bundesministerin
Schavan anschließen – hier Maßstäbe gesetzt. Es ist in
komplementärer Ausschöpfung der Kompetenzen von
Bund und Ländern gelungen, ein Papier vorzulegen, in
dem die gesamte bildungspolitische Agenda – von der
frühkindlichen Bildung über den gesamten Katalog des
Kerngeschäfts von Bildung und Erziehung bis hin zur
Wissenschaftspolitik und der Forschungsförderung – auf-
geführt ist. Dadurch ist ein Maßnahmenbündel auf den
Tisch gelegt worden, wie es in dieser Form, abgestimmt
zwischen Bund und Ländern, seit langem, wenn es über-
haupt jemals der Fall gewesen ist, nicht vorgekommen ist.
Auch das ist eine Leitentscheidung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


In diesem Beschluss sind die Kompetenzebenen und
die damit verknüpften Aufgabenstellungen – das war ein
Auftrag an die Kultusministerkonferenz vonseiten der
Ministerpräsidenten und der Frau Bundeskanzlerin – er-
schöpfend dargelegt. Der Bund legt hier seine Projekte
auf den Tisch. Es handelt sich dabei um eine detaillierte
Liste von Maßnahmen – ich habe die entsprechenden
Themenstellungen angerissen – in den Feldern, in denen
Bund und Länder ihre Kompetenzen zusammen oder er-
gänzend wahrnehmen. Außerdem liegt eine Liste von
Maßnahmen vor, die die Länder in Eigenverantwortung
durchführen. Das ist aus unserer Sicht – ich darf das
auch als amtierender Präsident der Kultusministerkonfe-
renz sagen – der Weg, wie wir Bildungspolitik auf natio-
naler Ebene verantwortlich gestalten.

Die Verortung der Bildungspolitik in den Ländern ist
nicht umsonst Kern der Kulturhoheit der Länder und
damit Herzstück, Tabernakel, des Föderalismus in der
Bundesrepublik Deutschland. Warum? Weil es dabei um
die Sicherung der Eigenstaatlichkeit der Länder geht.

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(C (D as ist die formale, verfassungsrechtliche Situation. Die olitische Begründetheit liegt darin, dass wir mit der Beandlung des Themas Bildung näher an den Menschen ind. Durch die demokratisch verfasste Kontrolle auf em Gebiet von Bildung und Erziehung, Wissenschaft nd Forschung in den Ländern agieren wir in einem ernbereich der Menschen. Sie sind davon direkt betrof en und nehmen ihn deshalb auch politisch wahr. Wenn an die Landtagswahlergebnisse der vergangenen Jahre iefer analysiert, dann erkennt man, dass die Frage, wie ie Bildungspolitik im jeweiligen Land beurteilt wurde, ür die Wahlentscheidung der Menschen immer eine ichtige Rolle gespielt hat. Diese unmittelbare demoratische Gebundenheit der Bildungspolitik und ihrer ontrolle an den Souverän in den Ländern ist für uns der igentliche Kern. Dadurch ist die Bildungspolitik im föeralen Gefüge richtig eingeordnet. Deshalb ist für uns die Frage eines Herangehens an ie Verfassung zum jetzigen Zeitpunkt völlig falsch getellt. Natürlich ist es immer möglich oder sogar geboen, über Aufgabenverteilungen zwischen Bund und ändern intensiv zu diskutieren. Aber gerade der Bechluss, den die Kultusministerkonferenz in enger Abtimmung mit der Bundesregierung in München gefasst at, macht deutlich, dass der Arbeitsauftrag lautet, die erantwortung in der Kompetenzverteilung – gemeinam, komplementär oder auch allein – auszuschöpfen nd in politische Wirklichkeit zu übersetzen. Der Maßnahmenkatalog, der, wie gesagt, weit in die ukunft reicht, auch weit über die Legislaturperiode des undes und der einzelnen Länder hinausreicht, zeigt, ass in der Berufsorientierung, beim Übergang von den llgemeinbildenden Schulen in die berufliche Bildung, eim Übergang auch vom sekundären in den tertiären ektor – in Umsetzung etwa des Bologna-Prozesses; ein ernelement ist dabei auch der Mobilitätspakt – sich die ompetenzen der Länder und die Kompetenzen des undes ergänzen können. Natürlich ist es geboten – ich sage es noch einmal –, ber die Verteilung von Aufgaben und das richtige Seten von Gewichten im verfassungsrechtlichen Gefüge achzudenken und zu urteilen. Bevor wir diese Debatte ntensiver führen, sollten wir aber den Weg der Wahrehmung der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, er erfolgreich beschritten wird und für den heute Nachittag ein weiterer wichtiger Meilenstein gesetzt wird, ortsetzen. Ich weiß um die besondere Verantwortung er Länder. Es geht darum, dass die Letztgestaltungsompetenz in der Bildungspolitik in gesamtstaatlicher erantwortung wahrgenommen wird. Das ist die besonere Aufgabe, die die Länder in der Bildungspolitik zu eisten haben. Ich möchte es an einem Beispiel deutlich machen. atürlich haben wir einen bunten Strauß von Schulorgaisationsformen, für die der jeweilige Souverän in den ändern entsprechend den Wahlergebnissen die Grund age geschaffen hat. Die Kultusministerkonferenz hat or einem halben Jahrzehnt einen Strategiewechsel auf en Weg gebracht. Mindestbildungsstandards betreffend nhalte und Fächer, die landesweit gelten, von Rostock Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle )





(A) )

bis zum Bodensee – daran muss sich eine Schule, gleich
welcher Organisationsform, orientieren, wenn sie etwa
einen mittleren Abschluss oder auch das Abitur verlei-
hen will –, werden in der Regel 16 : 0 verabschiedet. Das
ist der Weg, mit dem wir Bildungsföderalismus prakti-
kabel machen. Die Inanspruchnahme des verfassungs-
mäßig garantierten Rechts auf Freizügigkeit darf nicht
zulasten von Familien mit Kindern gehen. Das ist ein
Weg, wie wir Kulturföderalismus auf der Höhe der Zeit
interpretieren. Deshalb sind wir der Meinung, dass das
Ausschöpfen des komplementären Miteinanders von
Bund und Ländern, fußend auch auf den Ergebnissen,
die am heutigen Nachmittag zu verabschieden sein wer-
den, der richtige Weg ist, Bildungspolitik in der Bundes-
republik Deutschland zukunftszugewandt zu organisie-
ren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704603300

Die Kollegin Dr. Rosemarie Hein ist die nächste Red-

nerin für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704603400

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Dr. Spaenle, das Kooperationsverbot zwi-
schen Bund und Ländern war – daran gibt es nichts zu
rütteln – ein Flop.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es hat die Bildungslandschaft nicht reicher und auch
nicht vielfältiger gemacht. Es hat den Föderalismus nicht
befördert, aber die Finanzierbarkeit von guter Bildung
erheblich erschwert.

Alle Oppositionsfraktionen haben Anträge zum Ko-
operationsverbot vorgelegt, die Linke schon früher, die
beiden anderen Oppositionsfraktionen zur heutigen Sit-
zung. Es wird Zeit, dass sich endlich auch die Koalition
bewegt. Es wird Zeit, dass sich auch die Länder bewe-
gen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir hoffen, dass mit diesen Anträgen in der Politik eine
Debatte angestoßen wird, in der man die Sorgen und
Nöte der Menschen in diesem Land ernst nimmt und sich
einmal der Frage stellt, warum die Kritik am zerglieder-
ten Schulsystem beständig wächst.

Worum geht es? Wir verlangen von den Menschen in
unserem Land immer mehr Mobilität. Wenn man der Ar-
beit nachziehen muss oder auch will, läuft man Gefahr,
dass die Kinder in einem anderen Bundesland auf andere
Schulformen, Schulbücher und Lehrpläne treffen, dass
die Abschlüsse nicht anerkannt werden oder aber dass
sie nur über Umwege erreicht werden können, weil man

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(C (D um Beispiel die falsche Sprache zum falschen Zeitunkt gewählt hat. Die Länderhoheit und das von der Kultusministerkonerenz ausgehandelte Regelungssystem – damit meine ich usdrücklich nicht die Bildungsstandards, sondern alle egelungen, die es vorher schon gegeben hat und die icht aufgehoben worden sind – sind mehr und mehr zu inem Korsett geworden, das Innovation im Schulsysem eher hemmt als ermöglicht nd das die soziale Schieflage im Bildungswesen nicht bbaut, sondern verschärft. Dabei habe ich Verständnis ür die Länder, denn ich war lange genug Landespolitierin. Die lautstarke Forderung nach mehr Einheitlichkeit edeutet nämlich nicht, dass „einheitlich“ immer auch leich „gut“ ist. Fakt ist: Die öffentliche Schule in der undesrepublik kann heute in allen Ländern nicht mehr as leisten, was sie leisten müsste. Ein Grund dafür ist ie strukturelle Unterfinanzierung des gesamten Bilungsbereiches von der frühkindlichen Bildung bis hin ur Weiterbildung. Was gute Schulen können, wenn sie denn dürfen, was ie zu leisten in der Lage sind, das hat die Verleihung des eutschen Schulpreises am gestrigen Tage eindrucksvoll argestellt. Den Stiftern dieses Preises gehört dafür ank, den Schulen gebührt hohe Anerkennung und ertschätzung. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Es bleibt zu hoffen, dass die Kanzlerin, die gestern den
rsten Preis übergeben hat, die eindrucksvollen Bilder
on der Preisverleihung in den heutigen Bildungsgipfel
itnimmt und vielleicht bei den Ländern eine größere
ufgeschlossenheit für eine wirkliche Gemeinschafts-

ufgabe Bildung erreichen kann. Das wäre ein schönes
eburtstagsgeschenk für die Ministerin.

Ich bin mir aber nicht sicher, ob dies das Ziel der
anzlerin ist. Vielmehr scheint es mir, als ob die Bil-
ungsgipfelkette zum neuen Steuerungsinstrument zwi-
chen Bund und Ländern wird. Das wäre in der Tat fatal.
enn dabei geht es in erster Linie nicht um Qualität,

ondern um Rechenkünste und viel beschriebenes Pa-
ier, und dabei gab es bisher immer eine ziemlich ergeb-
islose Feilscherei. Das kann für eine Bildungsrepublik
icht der Weg in die Zukunft sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Die Zusagen vom Dresdener Gipfel im Jahre 2008
ind bislang uneingelöst. Sie stehen nach wie vor nur auf
em Papier. Das kann man im Übrigen auch in der jüngst
eröffentlichten Klemm-Studie nachlesen. Vielmehr be-
teht durch das Sparpaket der Bundesregierung die Ge-
ahr, dass neue Bildungskürzungen auf den Weg ge-
racht werden, auch wenn die Regierung etwas anderes
ehauptet. Zum Beispiel sollen bei der Arbeitsförderung
m kommenden Jahr 2 Milliarden Euro und bis 2013





Dr. Rosemarie Hein


(A) )


)(B)

schon 5 Milliarden Euro eingespart werden. Dahinter
stehen massive Kürzungen bei Ausbildung, Weiterbil-
dung und Umschulung. Das aber trifft gerade jene Men-
schen, die darauf besonders angewiesen sind. Und dabei
gibt es keine Kompensationsmaßnahmen. Was die Bun-
desregierung hier vorhat, ist Bildungskürzung durch die
Hintertür.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Die Linke legt den Schwerpunkt darauf, dass das öf-
fentliche Bildungswesen wieder seiner Aufgabe gerecht
werden kann, dass die soziale Schieflage abgebaut wird
und dass Bildungsbenachteiligungen nach Möglichkeit
gar nicht erst entstehen können. Sie entstehen zu einem
großen Teil innerhalb des Bildungssystems und nicht
schon vorher.

Bildung in dieser Hinsicht muss zu einer echten Ge-
meinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen
– und zwar im Rahmen eines kooperativen Föderalis-
mus – werden. Dazu bedarf es einer gemeinsamen Fi-
nanzierung – sie ist heute nicht möglich –, statt sich im-
mer nur neue Hilfsprogramme auszudenken. Unter den
gegebenen Umständen geschieht an Komplementärför-
derung fast nichts mehr zwischen Bund und Ländern.

Ich hoffe, dass wir im Interesse der Lehrenden und
der Lernenden in eine produktive Debatte kommen, von
der die Lehrenden und Lernenden am Ende auch etwas
haben: dass das Bildungssystem in Deutschland besser
und nicht, wie es bislang immer war, weiter verschlech-
tert wird.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704603500

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Patrick

Meinhardt das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1704603600

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr

geehrter Herr Präsident! Zu der 1001. Strukturdebatte in
diesem Haus möchte ich gleich zu Beginn eine wohl-
überlegte Antwort geben. Ich zitiere:

Meine Erfahrung: Der Föderalismus hat in der Bun-
deshauptstadt wenig Freunde. … Im Bundestag ist
der Föderalismus nicht beliebt und unverstanden.

Meine Erwartung – die ist stärker als meine Hoff-
nung – ist: dass sich das ändert, dass erkannt wird,
die Bundesrepublik Deutschland hat als föderaler
Staat die gute Entwicklung genommen in Jahrzehn-
ten, der Föderalismus hat zur Dynamik, zum Erfolg
unseres Landes geführt.

Stellen Sie sich bitte einen Moment ein Bundesbil-
dungsamt vor. Also, der Föderalismus hat Deutsch-
land vorangebracht.

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(C (D Nein, ich habe jetzt nicht aus einer Rede von Roman erzog oder Otto Graf Lambsdorff zitiert, sondern aus er Hauptstadtrede 2009 von Ministerpräsident Kurt eck. Meines Erachtens sind in dieser Rede wichtige eichen gesetzt worden, und zwar deswegen, weil wir in er Bundesrepublik Deutschland nicht verkennen düren: Die Menschen haben von Zuständigkeitsdebatten, on Quoten, von Verteilungsschlüsseln und von Strukurfragen die Nase voll. Deswegen sollten wir dies jetzt anz unaufgeregt so zur Kenntnis nehmen und daran ine moderne Bildungspolitik ausrichten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich darf deswegen auch, Frau Bundesbildungsminis-
erin Schavan, aus Ihrem Interview in der heutigen Stutt-
arter Zeitung zitieren:

Ich bin realistisch genug, jetzt keine Kraft darauf zu
verschwenden, bei der Föderalismusreform einen
neuen Anlauf zu unternehmen. Ich setze aber schon
darauf, dass künftige Debatten vom Willen zu einer
möglichst intensiven Zusammenarbeit aller staatli-
chen Ebenen geprägt werden. Für diese Zusammen-
arbeit setze ich mich ein.

ies wiederum, eine starke Bildungspartnerschaft zwi-
chen Bund, Ländern und Kommunen zu schmieden,
ntspricht genau dem Geist des Koalitionsvertrages; da-
ür steht diese Regierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Am Tag des Bildungsgipfels ist es natürlich ganz klar,
ass hierauf der Blick gerichtet werden muss. Das 10-
rozent-Ziel darf nicht aufgeweicht werden. Das ist poli-

ischer Inhalt dieser Regierung, und dafür müssen wir
uch heute auf diesem Bildungsgipfel intensiv werben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich füge hinzu, sowohl aus der Sichtweise des Bun-
estages als auch aus der Sichtweise dieser Regierungs-
oalition: Wir haben fest in unserem Regierungspro-
ramm verankert, dass wir das 10-Prozent-Ziel im Jahr
015 erreichen wollen. Eine Verschiebung auf einen spä-
eren Zeitpunkt wäre aus unserer Sicht fatal. Vielmehr
üssen wir erreichen, dass dieses Ziel so schnell wie
öglich in die Realität umgesetzt wird.

Wir als Regierung haben dafür einen Riesenbestand-
eil auf den Weg gebracht.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Sparprogramm?)


2 Milliarden Euro mehr für Bildung und Forschung ist
er höchste Aufwuchs, den eine Bundesregierung in der
eschichte der Bundesrepublik Deutschland je für diese

nvestition in die Zukunft festgelegt hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Bereitschaft, 40 Prozent der Finanzierungslücke,
er 13 Milliarden, zu übernehmen, was als Ziel des letz-
en Bildungsgipfels festgeschrieben worden ist, muss als
esentlicher Bestandteil in die Verhandlungen heute





Patrick Meinhardt


(A) )


)(B)

Nachmittag eingebracht werden. Das ist ein deutliches
Zeichen, das die Bundesregierung gesetzt hat, dass sie
nämlich bereit ist, sich dort an der Finanzierung zu betei-
ligen, wo es Schwierigkeiten gibt; denn an diesen
40 Prozent darf zukünftig irgendwo in der Bundesrepu-
blik Deutschland eine zusätzliche Bildungsinvestition
nicht scheitern.

Wir haben mit der BAföG-Modernisierung ein kla-
res Zeichen gesetzt, ebenso mit dem Stipendienpro-
gramm – beides sind für uns zwei Seiten ein und dersel-
ben Medaille –,


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie im Bundesrat blockiert!)


um ein gerechteres Bildungssystem in der Bundesrepu-
blik Deutschland sicherzustellen. Das sind Maßnahmen,
die auch heute auf dem Bildungsgipfel besprochen wer-
den müssen, weil sie dieses Land bildungspolitisch vor-
anbringen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Da haben Sie bei der Anhörung nicht zugehört!)


Ich bin auch sehr froh, dass in den letzten zwei Tagen
auf der europäischen Ebene durch massive Einfluss-
nahme der Bundesrepublik Deutschland verhindert wer-
den konnte, was immer eine große Sorge von uns war,
nämlich die Festschreibung europäischer verbindlicher
Bildungsinhalte und Bildungsziele. Denn eines muss in
diesem Hohen Haus klar sein: Wenn wir auf Schulen
Länderkompetenzen draufsatteln, wenn wir auf Schulen
zusätzlich Bundeskompetenzen draufsatteln, was manch
einer ja will, und dann auch noch Leitlinien der europäi-
schen Ebene darauf packen, worin soll denn dann eigent-
lich noch die Freiheit für die Schule vor Ort bestehen?
Wir brauchen keinen zusätzlichen europäischen Bil-
dungszentralismus.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber für europäische Qualifikationsnachweise waren Sie doch auch!)


Ich glaube, der Weg muss in die entgegengesetzte
Richtung führen. Wichtig ist: Wir brauchen vor Ort von
den richtigen Menschen die richtigen Entscheidungen.
Deswegen ist das Ziel, mehr Eigenverantwortung für
Bildungseinrichtungen, und zwar sowohl für Schulen
als auch für Hochschulen, sicherzustellen; denn nur mit
mehr Eigenverantwortung schaffen wir es, dass die
Menschen die Bildungsfreiheit vor Ort selbst spüren.

Ich zitiere zum Schluss den Präsidenten des Deut-
schen Lehrerverbandes, Josef Kraus, aus dem Jahre
2007:

Hätte man etwa 1969 … einen verfassungsrechtlich
garantierten Bildungszentralismus gehabt, dann
hätte ganz Deutschland jetzt PISA-Ergebnisse wie
Bremen.


(Lachen des Abg. René Röspel [SPD])


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(C (D Bremer Bildungschaos in ganz Deutschland – nicht it den Liberalen, nicht mit den Vernünftigen in der Bil ungspolitik, nicht mit dieser Regierung der Mitte! Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie 5 Prozent haben! Das ist noch zu viel für Sie!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704603700

Priska Hinz erhält nun das Wort für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
einhardt, es geht bei dieser Debatte um die Verbesse-

ung der Bildung und nicht um Strukturen. Uns wäre
irklich wichtig, wenn auch die Bundeskanzlerin, als sie
ie Bildungsrepublik ausrief, die Verbesserung der Bil-
ung im Auge gehabt hätte. Sie ist vor drei Jahren mit
roßem Mediengetöse herumgereist


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie immer!)


nd hat dann mit großer Geste zum ersten Bildungsgip-
el eingeladen. Man hätte denken können, die Bundes-
anzlerin meint es wirklich ernst.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Das tut sie!)


Nur, das Problem dabei ist – damit komme ich zu dem
unkt –, dass sie es hätte besser wissen müssen. Denn
ie Bundeskanzlerin hat in der Großen Koalition zusam-
en mit der SPD einen großen Teil der gesamtstaatli-

hen Verantwortung für die Bildung an die Länder abge-
eben. Daran krankt die Bildungsrepublik, daran krankt
eder Bildungsgipfel, der seitdem stattfindet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das schlägt sich auch in dem Streit auf dem heutigen
ipfel nieder. Lediglich Auflistungen, Herr Kultus-
inister Spaenle, haben die Länder und der Bund zu-

tande bekommen. Sie haben ja vorhin vorgetragen, man
abe sich auf eine Liste verständigt. Aber in dieser Liste
teht vor allen Dingen, welche Schwerpunkte jedes Land
etzt und was der Bund machen will, was aber von den
ändern zum Teil wieder in Abrede gestellt wird. Das ist
och keine gesamtstaatliche Strategie für bessere Bil-
ung in diesem Land. Das ist wirklich Murks. So kom-
en wir nicht weiter auf dem Weg zu einer besseren Bil-

ung.

Es ist notwendig, dass endlich das Kooperationsver-
ot aufgekündigt wird, damit der Bund Angebote ma-
hen kann und sich Bund und Länder gemeinsam ver-
tändigen können, wie die übergreifenden Probleme in
er Bildung in diesem Land gelöst werden können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Priska Hinz (Herborn)



(A) )


)(B)

Koordinierte Programme brauchen wir zum Beispiel in
der frühkindlichen Bildung, und dies nicht nur bei der
Beantwortung der Frage, wie viele Plätze wir brauchen,
sondern auch, wie die frühkindliche Bildung qualitativ
verbessert werden kann, wie die Schulabbrecherzahlen
tatsächlich gesenkt werden können, die pädagogische
Konzeption der Ganztagsschulen verbessert und der
Übergang von Schule in Ausbildung gestaltet werden
kann. Diese Dinge gehen alle an: die Länder und den
Bund. Denn ansonsten hat der Bund – und damit die ge-
samte Gesellschaft – hinterher die Folgekosten zu tra-
gen. Deswegen ist es notwendig, dass wieder kooperiert
werden darf. Das ist keine Auslöschung des Föderalis-
mus, sondern wäre ein kooperativer Föderalismus. Das
wäre gut für die Bildung in diesem Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was passiert jetzt stattdessen? Es wird viel Energie
darauf verschwendet, dass man versucht, Umwege zu
gehen; denn ohne den Bund geht es auch nicht. Im
Konjunkturprogramm II sind Mittel für energetische Sa-
nierungen von Schulbauten vorgesehen. Findige Schul-
träger schaffen es, mit diesen Mitteln ihre Schulbauten
so zu verändern, dass guter Ganztagsunterricht stattfin-
den kann. Denn von Bundesseite darf nichts mehr für
Ganztagsschulen aufgelegt werden. Man muss also über-
legen, wie man die Vorlagen gestaltet, damit es tatsäch-
lich auf eine energetische Sanierung hinausläuft.

Die Bundesbildungsministerin will lokale Bildungs-
bündnisse fördern. Die Länder sind im Moment noch
dagegen; mal schauen, wie sich das entwickelt. Sie will
auf diese Weise – was eigentlich richtig ist – Kinder in
sozial benachteiligten Gebieten fördern. Das ist ein ge-
samtgesellschaftliches Anliegen und damit etwas, was
Bund und Länder gemeinsam anpacken sollten. Da der
Bund aber keine Mittel dafür geben kann, dass in diesen
Schulen individuelle Förderung stattfindet, sollen jetzt
Fördervereine entstehen, die dann gefördert werden. Fin-
den Sie einmal Elternvereine gerade in diesen Gebieten!
Das ist völliger Humbug. Das ist eine Umwegfinanzie-
rung, die gemessen an dem gesellschaftlichen Problem,
das wir zu bewältigen haben, völlig unwürdig ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiterer Grund, weshalb die Hürde beim Bil-
dungsgipfel so hoch ist, ist die immer prekärer werdende
finanzielle Lage der Länder. Darüber wollen wir nicht
hinweggehen. 13 Milliarden Euro soll die Lücke 2015
betragen, um das 10-Prozent-Ziel zu erreichen; und das
ist niedrig angesetzt. Wir wissen schon jetzt, dass es un-
geheuer schwer werden wird, diese Lücke zu füllen, weil
Länder wie Schleswig-Holstein und Hessen bereits ei-
gene Sparanstrengungen unternehmen und gerade im
Bildungsbereich sparen. Das heißt, sie werden kaum
zum Aufwuchs beitragen. Das Problem ist natürlich,
dass der Bund daran eine Mitschuld trägt. Wenn man
wie die FDP und die CDU Steuergeschenke an die Hote-
liers verteilt, dann muss man sich nicht wundern, wenn
die Länder Stipendienprogramme und BAföG-Erhöhun-
gen im Bundesrat blockieren, weil sie das notwendige
Geld für die Komplementärfinanzierung nicht aufbrin-
gen können. Deshalb ist es wichtig, dass die Steuerbasis

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(C (D erändert wird, dass Länder und Kommunen in die Lage ersetzt werden, durch die Steuereinnahmen ihrem Teil er Verantwortung für die Bildungsaufwendungen geecht zu werden. Sie als Regierung sind in der Bringchuld, ein solches Steuersystem einzuführen, das zu ehr Geld für Bund, Länder und Kommunen führt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Frau Schavan, was nützt es Ihnen als Bundesbil-
ungsministerin eigentlich, wenn Sie Ihre 12 Milliar-
en Euro vor Kürzungen bewahren – das ist ja richtig;
ir sind der Meinung, dass mindestens 12 Milliar-
en Euro für die Bildung ausgegeben werden müssen –,
ie das Geld aber gar nicht ausgeben können, weil die
änder Ihre Programme blockieren und Sie nicht die
öglichkeit haben, tatsächlich da in Bildung zu inves-

ieren, wo es notwendig ist, nämlich von Anfang an, von
er frühkindlichen Bildung über die Schulbildung bis
in zur beruflichen Bildung und Weiterbildung?

Der amtierende Ministerpräsident Koch hat das 10-Pro-
ent-Ziel für die Bildung als Erster infrage gestellt. Es
ieht so aus, als ob er damit erfolgreich sein wird. Es
ieht so aus, als ob die Unionsländer alle mitziehen und
er Bildungsgipfel heute Mittag insgesamt von dem Ziel
bschied nehmen wird. Das wäre allerdings das größt-
ögliche Fiasko, nicht für die Bundeskanzlerin – das

ann man verschmerzen –, sondern für die Kinder in die-
em Land, weil sie dann weiter auf qualitative Verbesse-
ungen im Bildungssystem hoffen müssten. Es muss uns
och darum gehen, dass wir weniger Schulversager ha-
en, dass wir bessere Bildung bekommen. Deshalb ist es
otwendig, das Kooperationsverbot aufzukündigen, die
teuerbasis zu verändern und den Bildungs-Soli einzu-
ühren; dann kann man eine gesamtstaatliche Bildungs-
trategie auflegen. Das sollte der Bildungsgipfel heute
achmittag beschließen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704603800

Das Wort hat nun Michael Kretschmer für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1704603900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor weni-

en Tagen hat die Bundesregierung Entwürfe vorgelegt,
ie sie 80 Milliarden Euro einsparen möchte. Heute fin-
et der Bildungsgipfel statt. Das ist der richtige Zeit-
unkt, um über Bildung zu sprechen und an die Fakten
u erinnern.

Fakt ist, dass mit dem großen Einsparungspaket der
undesregierung in nahezu jedem Bereich gekürzt wer-
en muss, um dieses Land aus der Verschuldungsfalle
erauszuführen, nur in einem Bereich nicht, bei Bildung
nd Forschung. Im Gegenteil, dort wird Geld draufge-





Michael Kretschmer


(A) )


)(B)

legt. Das ist ein klares Bekenntnis dieser Koalition zur
Zukunftsorientierung. Ich halte das für eine großartige
Angelegenheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Fakt ist auch, dass der erste Bundeshaushalt der Bun-
desforschungsministerin Annette Schavan im Jahr 2006
ein Volumen von 8 Milliarden Euro hatte und wir in die-
sem Jahr über 11 Milliarden Euro verfügen können. Das
sind 3 Milliarden Euro mehr in vier Jahren. Dies ist ein
gewaltiger Aufwuchs, der zeigt, wie ernst es uns ist. Wir
heben die Mittel über die Jahre weiter an.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden in den nächsten Jahren, bis 2013, 12 Milliar-
den Euro zusätzlich für Bildung und Forschung ausgege-
ben haben. Das ist mehr als der Aufwuchs, den Rot-Grün
in der gesamten Regierungszeit zustande gebracht hat.
Auch das ist ein Signal dafür, wie ernst es der Union mit
diesem Thema ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Angesichts der notwendigen Sparanstrengungen finde
ich es traurig, dass die Opposition Fundamentalkritik an-
bringt, um in die Zeitungen und ins Fernsehen zu kom-
men; das ist der Lage des Landes nicht angemessen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich finde es richtig, dass wir über Fakten sprechen und
uns über Inhalte streiten; aber man muss die Realitäten
in diesem Land anerkennen. Die Realitäten sind, dass
wir erstens aus der Verschuldungsfalle heraus müssen,
dass kein Weg an einer Konsolidierung des Haushaltes
vorbeiführt, und dass diese Regierung zweitens ganz
klar auf Bildung und Forschung setzt. Sie sollten das an-
erkennen; zumindest wäre es redlich, das zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir konzentrieren uns mit den Maßnahmen gerade
bei der Bildung auf die Bereiche, von denen wir glauben,
dass wir hier die stärkste Wirkung erzielen und am meis-
ten zu sozialer Gerechtigkeit beitragen können, etwa
auf den Bereich der frühkindlichen Bildung. Aus diesem
Grund haben wir gemeinsam mit den Ländern – Herr
Staatsminister Spaenle hat das eindrucksvoll vorgetra-
gen – eine ganze Reihe von Punkten vereinbart, die der
Bund in den nächsten Jahren angehen wird, um damit
seinen Beitrag zu leisten.

In der Diskussion über den Bildungsgipfel kommt im-
mer wieder die Frage auf, ob der Bund den Ländern
nicht mehr Geld zur Verfügung stellen müsse, damit das
Ziel eines Anteils der Bildungsausgaben am Bruttoin-
landsprodukt von 10 Prozent erreicht wird. Zunächst
einmal: Es ist eine große Leistung, dass es überhaupt ge-
lungen ist, das Thema Bildung auf drei Ministerpräsi-
dentenkonferenzen hintereinander zu einem zentralen
Thema zu machen.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Was nützt das denn ohne Beschluss?)


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(C (D ir müssen Bundesforschungsministerin Annette Schavan ehr dankbar dafür sein, dass das gelungen ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


und und Länder werden heute gemeinsam vereinbaren,
ass es beim 10-Prozent-Ziel bleibt; Bildung und For-
chung sind uns wichtig. Das ist doch eine große Ange-
egenheit, ein richtiger Weg. Der zentrale Punkt ist nicht,
b das Ziel wie vorgesehen erreicht wird oder ein oder
wei Jahre später.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Oder 20 Jahre später!)


er zentrale Punkt ist, dass Bund und Länder gemein-
am an dem 10-Prozent-Ziel festhalten. Dieses Signal
ird vom Bildungsgipfel ausgehen, der heute hier in
erlin stattfindet.

Wir haben in den vergangenen Jahren mehrfach ge-
eigt, dass Bund und Länder gemeinsam handeln kön-
en: beim Hochschulpakt, beim Pakt für Forschung und
nnovation und auch jetzt, bei der dritten Säule des
ochschulpakts. Klar ist: Wir setzen in diesem Bereich
kzente und werden das auch in Zukunft tun.

Ich will es einmal ganz deutlich sagen: Wenn das
anze auf Pump finanziert wird, ergibt es ein Gebäude,
as nicht lange halten wird. Aus diesem Grund stehe ich
anz klar dazu, dass wir auf Bundesebene die Regeln so
assen, dass wir mit dem vorhandenen Geld auskommen,
uch kürzen, und die richtigen Prioritäten setzen. Wir
üssen die entsprechende Diskussion auch in den Län-

ern führen. Ich lege ganz klar eine Priorität auf den Fö-
eralismus. Kollege Meinhardt, du hast es angespro-
hen. Ich möchte klar betonen: Der Freistaat Sachsen hat
ach der Wiedervereinigung im Bildungsbereich sehr
tark vom Föderalismus profitiert. Unser Partnerland
ar Baden-Württemberg, das von Brandenburg war
ordrhein-Westfalen. Innerhalb von 15 Jahren ist es im
ildungsniveau zu einem Unterschied von einem ganzen

ahr gekommen: Ein Schüler in Sachsen hat gegenüber
inem Schüler in Brandenburg einen Bildungsvorsprung
on einem Jahr. Das ist das Ergebnis von unterschiedli-
her Bildungspolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich kann nur dafür werben, dass auch in Zukunft ein
ettbewerb um die besten Ideen möglich ist, aber dass
ir es gleichzeitig schaffen, gemeinsam zu handeln.
eswegen sind solche Veranstaltungen wie der Bil-
ungsgipfel wichtig, genauso wie die dort getroffenen
emeinsamen Vereinbarungen. Ich wünsche der Veran-
taltung heute Nachmittag viel Erfolg. Wir müssen es in
ukunft schaffen, gemeinsam Prioritäten in diesem Be-

eich zu setzen und zusätzliches Geld in die Hand zu
ehmen. Es ist für die Zukunft dieses Landes von exis-
enzieller Bedeutung, dass wir auf Bildung und For-
chung setzen. Nur so können wir den internationalen
ettbewerb gewinnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704604000

Das Wort hat nun Swen Schulz für die Fraktion der

SPD.


(Beifall bei der SPD)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1704604100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind bei
der Bildung an einem kritischen Punkt angelangt. Die
bisherigen Bildungsgipfel der Bundeskanzlerin waren
von den Ergebnissen her enttäuschend und schwach.
Aber alle haben gesagt: Im Juni 2010 wird und muss die-
ser Gipfel erfolgreich sein.

Heute Nachmittag ist der Bildungsgipfel. Er droht zu
scheitern. Das berühmte 10-Prozent-Ziel, also 10 Pro-
zent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung und For-
schung zu investieren, droht auf den Sankt-Nimmer-
leins-Tag verschoben zu werden. Die Rede von Minister
Spaenle hat mich nicht optimistischer gestimmt. Er hat
erklärt, das 10-Prozent-Ziel solle festgeschrieben wer-
den, aber er sagte nicht, wann. Das ist ein entscheidender
Unterschied. Früher wurde immer von 2015 gesprochen.

Natürlich – das will ich fairerweise sagen – trägt die
Bundesregierung nicht alleine die Verantwortung dafür.
Es gibt da Kandidaten wie den hessischen Ministerpräsi-
denten Koch, der noch jede Möglichkeit genutzt hat, um
bei der Bildung zu kürzen und dem Bund Knüppel zwi-
schen die Beine zu werfen. Aber die CDU/CSU und die
FDP hier im Deutschen Bundestag, so wie sie hier sit-
zen, tragen die Verantwortung für die desolate finan-
zielle Situation der Länder und Kommunen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Patrick Meinhardt [FDP]: Nach elf Jahren SPD-Regierung! – Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist lächerlich!)


– Sie sagen, das sei lächerlich. Ich will an das soge-
nannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz erinnern: Mil-
liardengeschenke für Hoteliers und andere zulasten von
Ländern und Kommunen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Heuchelei!)


Das ist der Hintergrund für die kritische Haltung der
Länder mit Blick auf den Bildungsgipfel. Die Länder sa-
gen: Wir würden gerne mehr in Bildung und Forschung
investieren. Aber es geht nicht; uns fehlt das Geld.

Sehr geehrte Frau Ministerin Schavan, ich kann Sie
auch an Ihrem Geburtstag nicht vor Kritik bewahren. Es
klingt nachgerade wie Hohn, wenn Sie im Morgenmaga-
zin der ARD – das entnehme ich einer entsprechenden
Meldung – erklären, dass Sie trotz des allgemeinen
Sparzwangs an dem Ziel festhalten,

die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015
auf 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts anzuhe-

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(C (D ben. Vom Bildungsgipfel … müsse ein Signal der Geschlossenheit ausgehen … Angesichts von Widerständen aus den Ländern erinnerte Schavan daran, dass das 10-Prozent-Ziel gemeinsam vereinbart wurde. ie soll das denn gehen? Sie haben den Ländern doch as dafür notwendige Geld weggenommen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Koalition hat den Bildungsgipfel durch eine unse-
iöse Haushalts- und Finanzpolitik an den Rand des
cheiterns manövriert.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Patrick Meinhardt [FDP]: Das waren die sozialdemokratischen Länder!)


as haben wir immer gesagt, auch hier im Deutschen
undestag. Wir haben vor den Folgen dieser Haushalts-
nd Finanzpolitik gewarnt. Aber wo war Frau Schavan
ls Bildungsministerin mit Gesamtverantwortung? Wo
at Frau Schavan im Kabinett bei Finanzminister
chäuble, bei Bundeskanzlerin Merkel Einspruch gegen
iese Politik erhoben? Nichts kam.

Das Schlimme ist – das bringt einen fast zur Ver-
weiflung –: Es geht so weiter.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie lernen nicht aus Ihren Fehlern. Im Zusammenhang
it dem von der Bundesregierung beschlossenen Spar-
aket brüsten Sie sich damit, Frau Schavan – auch der
ollege Kretschmer hat das getan –, Ihr Haushalt bleibe
nangetastet.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Er wächst sogar!)


och durch das Sparpaket werden wieder einmal die
änder und Kommunen belastet. Wenn Sie mir nicht
lauben, dann glauben Sie vielleicht dem CDU-Minister
aumann aus Nordrhein-Westfalen. Er hat – die entspre-
hende Pressemeldung liegt mir vor – vor „Belastungen
er Länder und Kommunen durch das Sparpaket des
undes“ mit den absehbaren Konsequenzen für Bildung

n den Ländern und in den Kommunen gewarnt. Das ist
eine verantwortungsvolle Politik, Frau Schavan.


(Beifall bei der SPD)


Das Problem ist, dass sich Frau Schavan immer dann,
enn es ernst wird, wegduckt.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as gilt auch bei den Themen „Föderalismus“ und „Ko-
perationsverbot von Bund und Ländern“, das im
rundgesetz festgeschrieben ist. Frau Schavan, Sie tin-
eln durch die Lande und sagen in jedem Interview: Das
rundgesetz muss geändert werden. Eine Kooperation

wischen Bund und Ländern muss ermöglicht wer-
en. – Ich habe Ihnen im März hier im Deutschen Bun-
estag angeboten – Sie sind nicht nur Ministerin, son-
ern auch Mitglied des Deutschen Bundestages –:
assen Sie uns gemeinsam eine überparteiliche Initiative





Swen Schulz (Spandau)



(A) )


)(B)

zur Änderung des Grundgesetzes ergreifen. Ich habe Ih-
nen das auch schriftlich zukommen lassen. Ihre Antwort,
die irgendwann kam, hat deutlich gemacht, dass Sie
nichts unternehmen wollen. Viel reden, wenig handeln –
das ist das Motto Ihrer Regierungszeit, Frau Schavan.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber ich will fair bleiben: Es gibt durchaus einige
Aktivitäten der Regierungskoalition. Doch leider sind
sie durch Mutlosigkeit, Halbherzigkeit und – auch das
muss gesagt werden – durch Stümperei gekennzeichnet.
Ich will zwei der aktuellsten Beispiele herausgreifen:
BAföG-Novelle und nationales Stipendienprogramm.
Wir befinden uns hier in einem laufenden Gesetzge-
bungsverfahren. In dieser Woche hatten wir jeweils eine
Sachverständigenanhörung zu diesen Themen.

Beim Thema BAföG haben alle Sachverständigen
durch die Bank weg die Haltung der SPD unterstützt.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Sie waren auf der falschen Veranstaltung!)


Sie haben gesagt: Die BAföG-Novelle geht zwar in die
richtige Richtung; aber hier wird zu kurz gesprungen.
Was Sie anbieten, ist zu wenig. Die Anhörung zum
Thema „nationales Stipendienprogramm“ ist für Sie
nachgerade peinlich verlaufen. Es war ein Desaster für
die Regierungskoalition.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Sie leben in einer Fantasiewelt!)


Der Gesetzentwurf ist von den Sachverständigen in der
Luft zerrissen worden. Ich will jetzt nicht in den Sprach-
gebrauch abdriften, der derzeit in der Koalition gepflegt
wird, und von Gurkentruppe und Wildsäuen sprechen;
aber was Sie im Bereich Bildung abliefern, haben die
Bürgerinnen und Bürger wirklich nicht verdient. Das
muss anders werden.

Die SPD hat einen Antrag zum Bildungsgipfel vorge-
legt. Es ist ein durchdachtes Konzept. Auch ein Finan-
zierungskonzept ist dabei, das den Ländern und den
Kommunen erlaubt, jenseits aller parteipolitischen Strei-
tereien und unterschiedlichen Auffassungen in Bildung
zu investieren. Das Scheitern des Bildungsgipfels, wie es
sich abzeichnet, wäre für die Bürgerinnen und Bürger
ein Desaster. Machen Sie es endlich durch eine vernünf-
tige Politik möglich, damit der Bildungsgipfel doch noch
ein Erfolg wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704604200

Das Wort hat nun Martin Neumann für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Meine Damen und Herren von der Opposiion, es überrascht mich immer wieder, wenn ich Ihre nträge lese, wie viel Sie vorgeben, von guter Bildungsolitik zu verstehen, und mit wie vielen guten Ratschläen Sie immer kommen. (Patrick Meinhardt [FDP]: Das überrascht uns alle!)

Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1704604300

s entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass gerade Sie
ns erzählen wollen, wie gute Bildungspolitik aussieht.
gal welche seriöse wissenschaftliche Untersuchung zu
en Ergebnissen von Bildungs- und Forschungspolitik
ch mir ansehe: Im Vergleich aller deutschen Bundeslän-
er kommen immer wieder gerade die Länder, die von
PD, Grünen und Linken regiert werden, besonders
chlecht weg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ehmen wir nur den aktuellen Ländercheck des Stifter-
erbandes für die Deutsche Wissenschaft. Brandenburg,
o ich wohne und das seit 20 Jahren von der SPD regiert
ird, gehört „bundesweit zu den Schlusslichtern in Sa-

hen Forschung“, und auch die Hochschulen schnitten
eher mäßig“ ab – Zitat Märkische Allgemeine vom
. Juni 2010.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Sie wissen doch auch, warum!)


nd Sie wollen uns etwas von guter Bildungspolitik er-
ählen?

Keine andere Bundesregierung hat so viel für bessere
ildungs- und Forschungspolitik getan und wird so viel
afür tun wie die jetzige. Nehmen wir als Beispiel die
eiterentwicklung der Bologna-Reform. Heute werden
ir mit den Ländern ein Programm für bessere Studien-
edingungen und mehr Qualität in der Lehre beraten.
ir werden in den nächsten Jahren insgesamt 2 Milliar-

en Euro für eine verbesserte Hochschullehre investie-
en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ies war ein wichtiges Ergebnis der nationalen Bologna-
onferenz im vergangenen Monat. Nun mag der eine
der andere sagen, dass 2 Milliarden Euro zu wenig
eien. Aber es ist ein Anfang und ein wichtiger Schritt
uf dem Weg Deutschlands zur Bildungsrepublik.

Meine Damen und Herren von der SPD und den Grü-
en, Sie sind Ihrer Verantwortung damals nicht gerecht
eworden und kommen heute mit erhobenem Zeigefin-
er.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as mag Ihrer Oppositionsrolle geschuldet sein – das
erstehe ich –, ist aus meiner Sicht aber völlig unnötig.
eute nämlich wird der Bund seiner Verantwortung ge-

echt.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie
ordern immer wieder – wenigstens da sind Sie sich ei-





Dr. Martin Neumann (Lausitz)



(A) )


)(B)

nig – die Abschaffung von Studienbeiträgen. Mittler-
weile fließen mehr als 1,2 Milliarden Euro aus Erlösen
der Studienbeiträge in die Hochschullehre. Diese Ein-
nahmen decken bundesweit mehr als ein Drittel der Kos-
ten zusätzlicher Hochschulinvestitionen.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es nicht besser!)


Hochschulen im Verantwortungsbereich liberaler Minis-
ter konnten dadurch bemerkenswerte Verbesserungen er-
zielen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie wollen allen Hochschulen diese Einnahmequelle
streitig machen, ohne uns die Frage zu beantworten, wie
die zu erwartenden Einnahmeverluste für die Hochschu-
len aufgefangen werden sollen. Auch das Deutsche Stu-
dentenwerk bestätigt, dass Studienbeiträge


(Dagmar Ziegler [SPD]: Gebühren!)


durchaus zielgerichtet eingesetzt werden und eine erheb-
liche positive Wirkung in den Hochschulen entfalten.

An dieser Stelle nenne ich auch das nationale Stipen-
dienprogramm. Der Deutsche Hochschulverband sieht
in seiner Pressemeldung vom 8. Juni 2010 „Deutschland
endlich auf dem richtigen Weg“. Er bezeichnet dieses
Vorhaben als „ein hervorragendes Projekt, dessen Vor-
teile bislang nicht ausreichend erkannt“ wurden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Patrick Meinhardt [FDP]: Recht hat der Hochschulverband!)


Ein Experte sprach in der Anhörung in dieser Woche von
einem genialen Gesetz; Sie haben es gehört.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Das ist die Trendwende! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das war ironisch gemeint!)


Ein weiterer sprach von einem großen Wurf in der Stu-
dienfinanzierung.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: So kann man mit Sachverständigen nicht umgehen!)


Wenn das Gesetz keinen Erfolg habe, koste es den Steu-
erzahler auch nichts. – Sie sehen, die Experten begrüßen
auch diesen Schritt der Koalition auf dem Weg zur Bil-
dungsrepublik.

Das ständige Gegeneinanderausspielen bei der
BAföG-Erhöhung ist sehr durchsichtig und unsinnig.
Mit dem nationalen Stipendienprogramm werden neue
Mittelgeber akquiriert und damit zusätzliches Geld für
Bildung zur Verfügung gestellt. Das Hemmnis für eine
Inanspruchnahme des BAföG, die Verschuldung, gibt es
dann gar nicht erst.


(Willi Brase [SPD]: Sie waren doch bei der Anhörung!)


Ich erwarte, dass auch die Länder ihre Hausaufgaben
machen. Wer die Zuständigkeit für die Bildung bei sich

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(C (D ieht, muss auch die dazugehörige Verantwortung überehmen und das dafür erforderliche Geld in die Hand ehmen. Wenn ich zum Beispiel sehe, wie viele Bundesittel aus dem Hochschulpakt nach Brandenburg flie en, wodurch massiv Studierende ins Land gelockt weren, dort aber nicht gleichzeitig in entsprechendem aße eigene Investitionen mit dem Ziel des Ausbaus der apazitäten getätigt werden, dann ärgert mich das maß os. Nur ganz kurz zum sogenannten Bildungsstreik. Die oalition hat in der Vergangenheit die Kritik der streienden Studierenden wirklich ernst genommen. Wir haen dies auch durch konkretes Handeln bewiesen: AföG-Novellierung, nationales Stipendienprogramm nd der „Qualitätspakt Lehre“ sind wichtige Ergebnisse er nationalen Bologna-Konferenz. Die heutige Bund-Länder-Konferenz ist die Chance erade für die von SPD, Linken und Grünen regierten änder, den blumigen Worten ihrer Genossen und Par eifreunde im Bundestag endlich auch Taten folgen zu assen und entsprechende eigene Anstrengungen auf em Weg zur Bildungsrepublik Deutschland zu unterehmen. Der Bund jedenfalls wird seinen Beitrag leisen. Ich bedanke mich. Das Wort hat nun Nicole Gohlke für die Fraktion Die inke. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ber eine viertel Million Menschen streikten und deonstrierten im Juni 2009 für bessere Bildung. (Beifall des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704604400

(Beifall bei der LINKEN)

Nicole Gohlke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704604500

hr Slogan war damals: Geld für Bildung statt für Ban-
en. Sie wehrten sich dagegen, dass ein milliarden-
chweres Rettungspaket für Banken über Nacht ermög-
icht wurde, gleichzeitig aber angeblich kein Geld für
ildung da war. Ein Jahr später: Wieder werden Ret-

ungspakete im Umfang von mehreren Hundert Milliar-
en Euro geschnürt, diesmal für verschuldete Euro-Län-
er. Aber nicht etwa, dass die Bevölkerung der in Not
eratenen Staaten etwas davon hat; nein, das Geld fließt
ieder an die Banken, bei denen sich die Staaten ver-

chuldet haben.

Gestern waren erneut 70 000 Schülerinnen und Schü-
er, Studierende, Auszubildende, Eltern und Lehrkräfte
uf der Straße, weil die Gründe für die Proteste auch ein
ahr später nicht aus der Welt sind. Im Gegenteil: Sie ha-
en sich sogar noch verschärft. Zwar versprechen die
undesregierung und Frau Schavan, dass die Bildung





Nicole Gohlke


(A) )


)(B)

der einzige Bereich sei, der von ihren rigiden Sparplä-
nen ausgenommen werden soll.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist das!)


Dabei scheint die Regierung jedoch zu vergessen, dass
die Finanzierung der Bildungsprojekte alles andere als
sicher ist. Nahezu alle Projekte sind Bund-Länder-Pro-
gramme, und die Länder sind – übrigens auch dank der
Schuldenbremse der Großen Koalition – quasi pleite.
Während Sie von sicheren Bildungsinvestitionen reden,
haben viele Länder bereits den Rotstift gezückt. In Hes-
sen sollen die Hochschulen 30 Millionen Euro einspa-
ren. In Bayern, Herr Spaenle, wurden die Zuschüsse für
die Studentenwerke um ein Drittel gekürzt. Die Univer-
sität Lübeck steht vor der Schließung. In Sachsen ist
trotz steigender Schülerzahlen mittelfristig der Abbau
von 4 500 Lehrerstellen geplant. In NRW gibt es in die-
sem Jahr 7 600 Ausbildungsplätze weniger als im Jahr
zuvor. Selbst die Minierhöhung des BAföG um 2 Pro-
zent scheint den Ländern zu viel. – Das ist die Realität in
diesem Land. Das, Herr Meinhardt, ist die Bildungsfrei-
heit vor Ort, die Sie so preisen.

Die Regierung hat versprochen, in den nächsten Jah-
ren 12 Milliarden Euro zusätzlich in Bildung und For-
schung zu investieren. Schauen wir uns das einmal ge-
nauer an. 12 Milliarden Euro in vier Jahren, das macht
3 Milliarden Euro pro Jahr. Die Hälfte davon fließt aller-
dings in die Forschung und nicht zusätzlich in die Bil-
dung. Die Wahrheit ist, dass dank des Kooperationsver-
botes von diesem Geld keine einzige Lehrkraft, keine
einzige Betreuungskraft neu eingestellt werden wird. Im
Gegenteil: Bei denen, die das Geld am nötigsten brau-
chen, kommt kaum etwas an. An den Hochschulen sol-
len mit dem nationalen Stipendienprogramm nur die
vermeintlich besten Studierenden, mit der Exzellenzini-
tiative nur die vermeintlich besten Hochschulen unter-
stützt werden. Die chronische Unterfinanzierung besteht
allerdings weiter. Dafür tragen Sie die Verantwortung, da
Sie die Haushalte der Länder in Not gebracht haben und
sich selbst mit dem völlig absurden Kooperationsverbot
die Möglichkeit genommen haben, einzugreifen.

Wenn Sie jetzt betonen, dass Schülerinnen und Schü-
ler sowie Studierende von den Sparplänen ausgenom-
men sind, und damit letztlich Ihre brutalen Kürzungen
bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, bei den
Arbeitslosen und bei den Familien rechtfertigen, dann ist
das einfach nur zynisch.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie wirklich nicht wissen, woher Sie mehr Geld
für Bildung bekommen können, habe ich ein paar Vor-
schläge für Sie. In Würzburg gibt es den berühmten
Aldi-Süd-Hörsaal. Diese Spende von Aldi wird als sehr
großzügiger und mildtätiger Akt gepriesen. Aber wuss-
ten Sie, dass die beiden Aldi-Brüder zusammen ein Ver-
mögen von über 32 Milliarden Euro haben? Das sind nur
zwei von vielen Milliardären in Deutschland. Ich sage
Ihnen: Mit einer ordentlichen Vermögensteuer könnten
noch sehr viele Hörsäle gebaut und instand gesetzt wer-
den.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s könnten sehr viele Lehrkräfte eingestellt werden,
hne dass bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst
der den Hartz-IV-Bezieherinnen und -Beziehern ge-
ürzt werden muss. Ich denke, Ihr Versuch, die Betroffe-
en mit der Gegenüberstellung „Bildung oder Sozialleis-
ungen“ gegeneinander auszuspielen, wird scheitern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704604600

Das Wort hat nun Kollegin Monika Grütters für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1704604700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manche

ebatten hier haben rituellen Charakter. Bei der Bildung
äuft das immer so: da Bildungsgipfel, dort Bildungs-
treik, hier Bildungsdebatte. Machen wir also das Beste
araus; das haben wir ja schon öfter getan. Schließlich
at für uns die Bildung – das hat nicht zuletzt die
parklausur erwiesen – tatsächlich die höchste Priorität,
nd zwar nicht nur in großen Reden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


eshalb ist für uns bei dem heutigen Treffen der Kanzle-
in mit den Ministerpräsidenten vor allen Dingen eine
otschaft wichtig. Diese heißt: Das 10-Prozent-Ziel

teht.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber bis wann?)


ch bin Minister Spaenle dankbar, dass er das hier betont
at. Herr Schulz, von einem Minister aus einem von Ih-
er Partei regierten Land habe ich ein solches Statement
ier so jedenfalls noch nicht gehört.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die 12 Milliarden Euro, die wir zusätzlich für Bil-
ung und Forschung ausgeben, müssen natürlich durch
inen Beitrag der Länder ergänzt werden. Wir alle wis-
en, wie es um die Finanzen der Länder steht. Wir alle
issen, wie wichtig aufgrund der schwierigen föderalis-

ischen Situation der enorme Beitrag des Bundes ist.
och nie, Herr Schulz, ist ein Etat in der Bundesrepublik

o stark gestiegen wie dieser, und das sogar vor dem
intergrund dieser Einsparungen. Der Schwerpunkt Bil-
ung war für diese Legislaturperiode verabredet und
ird eingehalten, auch und gerade in der Finanzkrise.

Ihnen, Herr Schulz, will ich sagen – wir beide kom-
en aus Berlin –: Hier in Berlin wird im Vergleich zu

en anderen Bundesländern das meiste Geld pro Kopf
er Schüler in die Schulen gesteckt, nur mit einem fata-





Monika Grütters


(A) )


)(B)

len Ergebnis: Bei PISA landen Sie grundsätzlich und im-
mer zielsicher auf Platz 16.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Machen Sie lieber Ihre Hausaufgaben und gewöhnen Sie
sich eine Perspektive an, die nicht „arm, aber sexy“, son-
dern „arm, aber schlau“ heißt.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Rossmann war für den Antrag, den wir heute
auch debattieren, federführend verantwortlich. Ich finde
es gut, Herr Rossmann, dass Sie auch die Leistungen der
ehemaligen und der jetzigen Bundesregierung in der Bil-
dungspolitik anerkennen. Ansonsten finde ich Ihren Na-
tionalen Bildungspakt etwas schwammig. Frühkindliche
Bildung, Schulen stärken, gehaltvolles Studium sichern,
das sind unser aller Ziele. Genauso steht es auch in der
Koalitionsvereinbarung. Wie Sie wissen, ist – zusätzlich
zu unseren finanziellen Anstrengungen – noch nie so
viel in diesem Bereich getan worden. Frau Gohlke, ich
darf daran erinnern: Trotz rückläufiger Schülerzahlen
wird nicht weniger, sondern mehr Geld in die Bildung
gesteckt. Früher hieß es immer: weniger Schüler, weni-
ger Geld. Jetzt ist das umgekehrt. Das sollten auch Sie
nicht kleinreden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Uns geht es um Teilhabe und Chancen durch Bil-
dung. Wenn Sie wissen wollen, was wir neben der enor-
men Summe, die wir bereitstellen, tun, sage ich Ihnen:
Wir sorgen für verpflichtende Sprachkurse, wir bauen
die Zahl der Krippenplätze aus – wir haben gerade erst
den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz beschlos-
sen –, und wir stärken die Hausaufgabenbetreuung, die
sich an eine ganz bestimmte soziale Schicht richtet. Wir
wollen der Armut nicht zuletzt mit solchen Instrumenten
und ganz bewusst mit Bildung entgegenwirken.

Nun zu den Hochschulen. Die anderen Anträge, die
heute auf der Tagesordnung stehen, haben wir schon im
Dezember letzten Jahres beraten. Dafür gibt es den
Hochschulpakt. Dafür gibt es die Exzellenzinitiative.
Dafür haben wir das BAföG erhöht. Dafür wird jetzt ein
Stipendienprogramm vorgeschlagen. Dafür stellt Frau
Schavan bzw. der Bund, der für die Lehre an den Hoch-
schulen am allerwenigsten zuständig ist, 2 Milliarden
Euro zur Verfügung. Sie, Herr Rossmann, haben sich auf
den Wissenschaftsrat und einen Mehrbedarf in Höhe von
13 Milliarden Euro bezogen. Das ist gut und schön. Nur,
bisher ist gar nichts passiert. Ich finde, es ist enorm, dass
der Bund, der für diesen Bereich am allerwenigsten zu-
ständig ist, dafür 2 Milliarden Euro zur Verfügung stellt.

Noch etwas, Herr Schulz: Wegducken sieht anders
aus. Damit bin ich beim berühmten Kooperationsver-
bot. Frau Hein, Sie haben gesagt, es sei ein Flop. Ich
würde es anders formulieren und sagen: Ich finde, es ist
in der Bildungspolitik in der Tat eine Krux, dass die Län-
der auf ihre Bildungshoheit beharren, übrigens auch all
die Länder, in denen Sie regieren.

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(C (D as kann man ja verstehen. Ich glaube, keiner von uns, ußer vielleicht den Linken, würde eine zentralistische ildungspolitik wollen. Da gäbe es einen Aufstand in er Republik. Ich finde, wir haben mit sehr guten Pakten nd Einzelinstrumenten – ich habe sie gerade erwähnt – ine sehr gute Umgehungsstraße um das Kooperationserbot gebaut. Die einzelnen Komponenten werden mit en Ländern immer vernünftig vereinbart. Frau Ministein Schavan hat ihren Stil, mit Entschiedenheit und Resekt mit den Ländern umzugehen. All diese Instrumente at es in keiner vorigen Regierung, sondern nur unter iher Verantwortung gegeben. Ich gebe zu: Gerade was den Föderalismus und das ooperationsverbot angeht, unter dem wir alle eher leien, sollten Vorschläge zur Weiterentwicklung gerade us dem Bildungsbereich kommen. Wir sollten die Koperationsmöglichkeiten, wie ich finde, im Grundgesetz ogar erweitern. Bisher steht da nur, dass Bund und Läner die Zusammenarbeit im Bildungsbereich so gestalen, dass es um die Feststellung der Leistungsfähigkeit eht. Ich fände es gut – das hat auch Frau Schavan imer wieder betont –, wenn die Leistungsfähigkeit unse es Bildungssystems nicht nur gemeinsam festgestellt, ondern auch gemeinsam sichergestellt würde. Zu diesem Zweck findet heute der Bildungsgipfel der undeskanzlerin und der Ministerpräsidenten statt. Ich enne keinen Kanzler, der jedes Jahr solch einen Bilungsgipfel durchgeführt hat, außer Angela Merkel. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Wir könnten auch noch mehr Bildungsgipfel machen! Aber das bringt nichts! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn dabei nichts herauskommt, können sie sich noch zehn Jahre treffen! Das hilft ja nicht!)


(Dagmar Ziegler [SPD]: Nein!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Noch einmal: Es ist das erste Mal, dass ein Kanzler
inmal im Jahr zu solchen Themen einen Gipfel durch-
ührt. Da sehen Sie alle blasser aus als wir.

Zum Antrag der SPD kann ich nur sagen: Viel Neues
st Ihnen nicht eingefallen. Es ist aber gut, dass die bis-
erigen Leistungen, wie Herr Rossmann geschrieben
at, zumindest anerkannt werden. Ich finde, Ihr Antrag
st ein Schrei nach noch mehr Geld. Aber ich wieder-
ole: Dieser Etat war bei keiner vorigen Bundesregie-
ung besser ausgestattet. Keine Regierung, an der Sie be-
eiligt sind oder waren, hat jemals so viel Geld in die
ildung investiert wie wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


err Rossmann, ich finde, Ihren Wunsch nach einem
ationalen Bildungspakt sollten Sie zunächst Ihren eige-
en fünf Bildungsministern vorlegen. Ich wäre gespannt,
as aus deren Reihen dazu käme.





Monika Grütters


(A) )


)(B)

Das Bundesbildungsressort hat noch nie über ein so
großes Budget verfügt. Ich finde, wir sollten gemeinsam
das Beste daraus machen und das nicht schlechtreden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704604800

Das Wort hat nun Ernst Dieter Rossmann für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1704604900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bil-

dungsgipfel sind ja gut, aber sie müssen auch zu Ergeb-
nissen führen; denn sonst entlarvt sich dies natürlich als
ein PR-Instrument. Wir befinden uns dicht an der Kante.
Auf dem ersten wurden große Versprechen gemacht, auf
dem zweiten auch, und auf dem dritten wird es wieder
bei Versprechen bleiben. Herr Dr. Spaenle, noch einmal
zu sagen, dass man ein 10-Prozent-Ziel hat, ist nichts,
was die Welt noch bewegt, sondern bewegt würde sie,
wenn das damit unterlegt würde, wie man das erreichen
will.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Unsere große Sorge ist, dass dies heute nicht damit un-
terlegt wird; aber wir warten ab.

Mein erster Punkt. Ich will gerne so fair sein, anzuer-
kennen, dass es bei diesem Bildungsgipfel heute ein
konkretes Ergebnis in Bezug auf die Förderung guter
Lehre geben könnte, nämlich die Anerkennung der drit-
ten Säule an den Hochschulen. Frau Grütters, das Di-
lemma ist aber, dass sich an dieser Stelle einmal mehr
zeigt, dass wir zu spät kommen. Wir beide wissen, dass
wir in der Großen Koalition 2005 in Ihrem schönen Lie-
bermann-Haus einen Antrag auf Förderung guter Lehre
an den Hochschulen erarbeiten wollten, Ihr Fraktions-
vorsitzender aber sagte: Der Bund hat bei der Lehre
nichts zu suchen. – Dadurch haben wir vier Jahre verlo-
ren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Monika Grütters [CDU/ CSU]: Ich bestreite das nicht!)


Das muss man auch einmal sagen können, damit nicht
noch einmal Jahre verloren gehen, weil man glaubt, man
dürfe Bestimmtes nicht anpacken. Deshalb lautet die
erste Kritik, dass wir zu spät kommen.

Die zweite Kritik lautet: Für die Hochschulen wäre es
gut, wenn wir uns ein bisschen mehr am Wissenschafts-
rat orientieren könnten, statt den Wissenschaftsrat damit
zu übertrumpfen, dass wir die Maßnahmen über zehn
Jahre strecken. Ich will aber gerne zugeben: Zehn Jahre
ist bei dem, was zwischen Bund und Ländern gefördert
wird, eine neue Qualität; denn an anderer Stelle haben
wir bisher keine Zusage über zehn Jahre.

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(C (D Wir müssen hier über Parteigrenzen hinweg einmal eflektieren, was eigentlich passiert ist: Das ist ein Bunesprogramm zur Förderung von Lehre, bei dem die änder keine finanzielle Zusicherung mehr machen. aben wir uns die Bund-Länder-Zusammenarbeit eientlich so vorgestellt, dass es nicht einmal mehr eine 0-Prozent-Verpflichtung gibt, wie es sie beim Ganzagsschulprogramm und bei anderen Programmen auch ab? (Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Was sagen die SPD-Ministerpräsidenten dazu?)


ch werbe dafür, dass sich auch die Länder daran beteili-
en müssen. Wenn sich die Länder weigern, sich mit ei-
em kleinen finanziellen Anteil zu beteiligen, dann ver-
eigern sie sich eigentlich auch der Landeskompetenz.

Den wirklichen kooperativen Föderalismus macht
us, dass Bund und Länder auch eine finanzielle Schick-
alsgemeinschaft sind. Deshalb habe ich nicht nur die
leine Freude, dass es heute eine konkrete Vereinbarung
ibt, sondern ich habe auch die Bedenken, dass es auf
iesem Weg so nicht weitergehen kann.

Das Zweite. Frau Grütters, Sie haben angesprochen,
ass in dem SPD-Vorschlag zu diesem Bildungsgipfel
eute nichts Konkretes stände.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Nichts Neues!)


ch will folgende Behauptung aufstellen: Die Bildungs-
ipfel der Zukunft werden nur dann gut sein, wenn auf
hnen jeweils ein konkretes Projekt Thema ist, das zwi-
chen Bund und Ländern als Leuchtturm für eine Wei-
erentwicklung verabredet wird. Dadurch, dass man
0 Seiten zu dem aufschreibt, was die Länder und der
und an kleinen Dingen tun wollen, wird weniger aus-
estrahlt, als wenn Sie sich zum Beispiel ein gemeinsa-
es Bund-Länder-Programm für die Schulsozialarbeit

orgenommen, dieses mit ausreichenden Mitteln ausge-
tattet und an der Schlüsselstelle – Entwicklung des
chulwesens in Richtung einer integrativen, inklusiven
nd ganztägig lernenden und lebenden Schule – begrün-
et hätten. Das wäre ein Leuchtturm und einem Bil-
ungsgipfel angemessen gewesen. Leider ist dies nicht
öglich gewesen. Das ist aber das, was in unserem An-

rag steht.

Dieses Mal haben Sie es nicht geschafft. In Zukunft
uss auf einem Bildungsgipfel ein wirklicher Leucht-

urm erkennbar sein, durch den die Bildungslandschaft
it verändert wird. Es gibt Beispiele dafür, zum Beispiel

as Ganztagsschulprogramm, für das 4 Milliarden Euro
ur Verfügung gestellt wurden und das ausstrahlt, und
ie Hochschulpakte, die ebenfalls ausstrahlen. Die zu-
ünftigen Bildungsgipfel brauchen solche Zuspitzungen;
enn sonst werden sie langweilig und auch in der Öffent-
ichkeit immer nur noch als Niederlagen begriffen.

Drittens. Durch diesen Bildungsgipfel wird natürlich
ufgezeigt, dass für die Bildung bei uns auch in der mitt-
eren Perspektive zu wenig finanzielle Mittel zur Verfü-
ung stehen. Deshalb sind die Länder der Meinung – das
st schon von vielen Kollegen aus den verschiedensten
raktionen ausgeführt worden –, dass sie Bildungsfinan-





Dr. Ernst Dieter Rossmann


(A) )


)(B)

zierungsverluste erlitten haben. Deshalb fordern sie hö-
here Umsatzsteueranteile.

Ich will für die SPD politisch auf einen Punkt auf-
merksam machen. Ihre Philosophie ist, die Bildung da-
rüber zu fördern, dass Sie die Haushalte und die Sozial-
ausgaben im Haushalt begrenzen. Sie wollen Armut über
Bildung verhindern. Dem steht aber eine Einsicht entge-
gen, die sich in einem Satz ausdrücken lässt: Wo es Ar-
mut gibt, kann Bildung nicht gedeihen. Deshalb kann
man die Sozialpolitik nicht gegen die Bildungspolitik
ausspielen, sondern beides ist wichtig.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist nicht richtig, von der sozialen Sicherheit zur Bil-
dung umzuverteilen. Bildung gedeiht besser ohne Ar-
mut. Es ist wichtig, eine Umverteilung vom Reichtum
zur Bildung vorzunehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Darum geht es den Grünen mit dem Bildungssoli. Das
wollen wir mit dem Aufschlag auf die Reichensteuer und
Sie mit der Vermögensteuer. Wir müssen eine Umvertei-
lung weg von denen vornehmen, die keinerlei Sorge um
ihre Bildungschancen und die ihrer Kinder haben müs-
sen, hin zu denjenigen, die in Armut leben und deshalb
auch ihren Kindern keine Bildungschancen bieten kön-
nen. Das ist sowohl konzeptionell als auch politisch und
sozial der fundamentale Unterschied zu dem, was
Schwarz-Gelb in diesem Parlament mit exekutiert.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dies wird umso wichtiger, weil von den B-Ländern,
also den CDU/CSU- und FDP-regierten Ländern in
Deutschland, zum heutigen Bildungsgipfel in der Per-
spektive etwas „Spektakuläres“ vorgeschlagen wird, um
es ironisch zu sagen. Herr Spaenle, man will das Ziel
halten. Fraglich ist aber, was Sie schon erreicht haben
und welche Ziele Sie noch setzen müssen. Sie wollen im
Dezember 2014 auf einer Konferenz Einzelheiten festle-
gen. Dazu kann ich nur sagen: Im Dezember 2014 ist al-
les zu spät. Wenn Sie das Ziel, ab 2015 die Ausgaben für
Bildung und Forschung zu erhöhen, tatsächlich ernst
nehmen, dann müssen Sie es schon im Dezember 2011
und im Dezember 2012 weiter angehen, um zu richtigen
Vereinbarungen und Überprüfungen zu kommen. Bis
Dezember 2014 zu warten ist eine politische Lachnum-
mer.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Lassen Sie es sich heute noch einmal durch den Kopf ge-
hen, ob Sie wirklich mit einer solchen Position der CDU/
CSU-geführten Länder in einen Bildungsgipfel gehen
wollen.

Ein letzter Punkt, weil ich im Zusammenhang mit
dem Bildungsföderalismus Herrn Spaenle angesprochen

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(C (D abe: Niemand in Deutschland muss Angst haben, dass er Bundestag schulgesetzliche Kompetenzen haben ollte. Im föderativen Aufbau in Deutschland bleiben ie schulgesetzlichen Kompetenzen bei den Ländern und amit nahe an den Menschen. Man fragt sich aber, waum nicht auch im Schulbereich, wie es in Hochschule nd Wissenschaft schon jetzt möglich ist – heute präsenieren Sie einen weiteren Erfolg in diesem Bereich, nämich die dritte Säule im Hochschulpakt –, eine Kooperaionsmöglichkeit von Bund und Länder eingeführt wird. Ich komme auf einen konkreten Punkt zurück, Frau rütters, die Schulsozialarbeit. Die einen verweisen da auf, dass das Bundesjugendhilfegesetz schon jetzt entprechende Möglichkeiten bietet. Andere stellen dann est, dass die Förderung einer bestimmten Schule aber ar keine Sozialarbeit ist, sondern die Ganztagsschule nterstützt. Wäre es nicht absurd, wenn wir dort zu ähnichen Abgrenzungsschwierigkeiten kommen wie wir es n Bezug auf die Konjunktur erlebt haben, wo man geau darauf achten musste, ob die energetische Sanierung n Schulen einen Anteil von 49 Prozent oder 51 Prozent atte? Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen. Deswegen ist als Geste Ihrerseits darüber nachzuden en, ob Sie diese Kooperationsmöglichkeit, die sich in er Wissenschaft so gedeihlich entwickelt hat, nicht uch im Bereich Schule zulassen wollen. Auch das ist in Wunsch für den heutigen Tag des Bildungsgipfels. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704605000
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1704605100


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704605200

Das Wort hat nun Eckhardt Rehberg für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1704605300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeord-

eten! Sicherlich kann man sagen, Herr Rossman, das
an zu spät kommt, aber die spannende Frage ist, wer

u spät gekommen ist. Unter Rot-Grün hat es in der Bil-
ungspolitik 1998 bis 2005 einen Aufwuchs um gerade
,2 Milliarden Euro gegeben.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Nein!)


Ja, natürlich. Lesen Sie doch die Haushaltszahlen
ach! Sie haben mit 6,5 Milliarden Euro angefangen und
it 7,6 Milliarden Euro aufgehört. Das ist richtig. – In

ieser Zeit haben Sie nur ein Prestigeobjekt fertig be-
ommen, nämlich das Ganztagsschulprogramm. Ganz
nders nach 2005: Es gab mit Ministerin Schavan einen
aradigmenwechsel in der Bildungspolitik der Bundes-
epublik Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Eckhardt Rehberg


(A) )


)(B)

Wir haben von 2006 bis heute, bis 2010, eine Erhöhung
von fast 3 Milliarden Euro auf rund 11 Milliarden Euro
vorgenommen. Das ist eine Steigerung um fast ein Drit-
tel in fünf Jahren.

Herr Rossmann, Sie haben gesagt, wir seien in einer
finanziellen Schicksalsgemeinschaft, und beklagen
gleichzeitig, dass der Bund in einem Programm des drit-
ten Paktes den Hochschulen nur einen Anteil von
10 Prozent abverlangt. Ich frage Sie: Welchen Einfluss
haben Sie als der verantwortliche Bildungspolitiker in
der SPD-Bundestagsfraktion auf Ihre Ministerpräsiden-
ten?

In Punkt 6 des Beschlussentwurfes der A-Länder für
den Bildungsgipfel, der in wenigen Stunden beginnt,
heißt es, dass die Erreichung des 10-Prozent-Zieles bis
2015 mit den vorhandenen Ressourcen nicht sicherge-
stellt werden kann. Das heißt, die A-Länder stellen den
Zeitpunkt 2015 infrage.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es geht noch weiter. Ich finde es fatal, was hier in den
letzten Tagen abgelaufen ist. Mich stellt auch das, was
von den B-Ländern im Beschlussentwurf steht, nicht im-
mer zufrieden.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Also!)


Aber was die A-Länder in Punkt 7 machen, ist ein reines
Geschacher um Mehrwertsteuerpunkte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir stehen in der Bildungspolitik vor verschiedenen
Herauforderungen: erstens die demografische Ent-
wicklung; zweitens insbesondere in den neuen Bundes-
ländern eine verschärfte Situation. In Mecklenburg-Vor-
pommern scheiden jeden Monat 1 400 Beschäftigte aus
Altersgründen aus dem Arbeitsleben aus, ca. 16 000 im
Jahr. Die Zahl der Schulabgänger in den nächsten Jahren
liegt zwischen 9 000 und 12 000 pro Jahr. Das zeigt, dass
das Thema Bildung die eigentliche soziale Frage des
21. Jahrhunderts ist.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Das stimmt!)


Wenn wir – dafür steht der Bund – in Zukunft keinen
Fachkräftemangel wollen, dann müssen wir bei der früh-
kindlichen Bildung, der Berufsorientierung und der
Hilfe für benachteiligte Jugendliche ansetzen.

Ein Blick auf den Aufwuchs der Bildungsausgaben
zwischen den Jahren 2006 und 2008, wo die Steuerein-
nahmen auch für die Länder stark geflossen sind, zeigt:
Der Bund hat massiv aufgestockt, die Länder hingegen
waren sehr verhalten. Diejenigen Länder, die nicht er-
kennen, dass in die Bildung investiert werden muss, wer-
den ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung nicht ge-
recht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wem sagen Sie das?)


Einigen Ländern, liebe Kolleginnen und Kollegen ge-
rade von der Opposition, scheint nicht aufzufallen, dass
die Schulabbrecher- und Ausbildungsabbrecherquo-
ten zwischen 20 und 25 Prozent liegen. Die Zahlen der

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(C (D chülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss bewegen ich zwischen 5 und 13 Prozent. Ich nenne jetzt einmal ur die Länder, die nicht am oberen Rand liegen: Das ind Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thürinen, die vier Länder, die bei PISA ganz vorn stehen, zuällig unionsgeführte Länder mit kontinuierlicher Schulolitik und mit unterschiedlichen Schulsystemen. Bei en Ausgaben pro Schüler stehen diese vier Länder nicht nbedingt an der Spitze. Das zeigt, dass viel Geld nicht leichzeitig gute Bildung bedeutet. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Rossmann? Gerne. Bitte schön. Herr Rehberg, Sie haben unsere gemeinsame Sorge ngesichts von 80 000 jungen Menschen ohne Schulabchluss und vielen Hunderttausend Menschen ohne abeschlossene Berufsausbildung angesprochen. Deshalb tellt sich für uns die Frage, ob Sie garantieren können, ass das Bundesinstrumentarium, durch das bisher im ahmen von Arbeitsförderungsgesetzen die Nachholung es Hauptschulabschlusses gefördert wurde, beibehalen wird. Denn sonst besteht nicht nur die von Ihnen aufezeigte Kritik vonseiten des Bundes gegenüber den ändern, von denen der Bund mehr erwartet, sondern es esteht auch Kritik in diesem Hause, weil wir die Sorge aben, dass im Rahmen dessen, was Sie als Ihr Sparkonept vorgestellt haben, dieses Bundesinstrumentarium ngegriffen werden könnte. Es wäre hilfreich, wenn Sie etzt ein Wort dazu sagen könnten, ob es unter Ihrer Verntwortung erhalten bleibt, und zwar in dem Rahmen, en wir uns in der Großen Koalition mühsam erarbeitet aben. Herr Rossmann, die Bundesregierung hat ein Eck unktepapier zum Haushalt 2011 und zur mittelfristigen inanzplanung für die nächsten Jahre vorgelegt. Am . Juli dieses Jahres wird es einen Regierungsentwurf um Haushalt 2011 geben, und im September beginnen ir mit den Haushaltsberatungen. Dann wird Ende Noember/Anfang Dezember der Haushalt hier im Deutchen Bundestag verabschiedet. Da ich davon ausgehe, ass der Vermittlungsausschuss an der einen oder andeen Stelle bemüht wird, kann ich Ihnen heute nicht saen, wie der Haushalt endgültig aussieht. Ich kann Ihnen ber mit Sicherheit sagen, dass die Bundesregierung und ie Regierungsfraktionen – das war auch Gegenstand der espräche am Wochenende – fest zur Erreichung des 0-Prozent-Ziels stehen und dass wir in dieser Legisla Eckhardt Rehberg )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704605400
Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1704605500
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704605600
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1704605700

(Beifall bei der SPD)

Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1704605800




(A) )

turperiode insgesamt 12 Milliarden Euro für Bildung
und Forschung mehr ausgeben werden, 400 Millionen
Euro für Bildung pro Jahr und 350 Millionen Euro für
die Forschung pro Jahr. Herr Rossmann, dies ist mehr als
ehrgeizig. Insoweit habe ich überhaupt keine Sorge, dass
die Gruppen, die Sie angesprochen haben, nicht weiter-
hin die Förderung erfahren, die sie bisher erfahren ha-
ben. Es wird eher noch mehr sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Als Haushälter möchte ich noch eine Anmerkung zu
dem Vorwurf unseriöser Haushaltspolitik machen. Wir
haben gemeinsam in der Großen Koalition Konjunktur-
pakete geschnürt. Wir haben gemeinsam ein Bürgerent-
lastungsgesetz auf den Weg gebracht. Wir haben – das
halte ich in gesellschaftspolitischer Hinsicht für hoch ver-
antwortlich – die Sozialbeiträge nicht erhöht, sondern der
Arbeitslosenversicherung und der Krankenversicherung
einen Zuschuss in Höhe von 17 Milliarden Euro gegeben,
insbesondere auch deswegen, weil das sozial gerecht ist,
weil die oberen 10 Prozent der Steuerpflichtigen 60 Pro-
zent und die unteren 50 Prozent der Steuerpflichtigen
nicht einmal 8 Prozent des Steuervolumens aufbringen
müssen, während man schon ab dem ersten Euro des
Bruttolohns Sozialabgaben zahlen muss. Zur Erinnerung
derjenigen, die uns unseriöse Haushaltspolitik vorwerfen:
Dieser Haushalt 2010 ist im Wesentlichen der Steinbrück-
Haushalt. Insoweit trifft der Vorwurf unseriöser Haus-
haltspolitik die SPD selber. Wer mit einem Finger auf an-
dere zeigt, auf den weisen vier Finger zurück.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Drei!)


Eine Anmerkung zur Langzeitwirkung von Steuer-
politik. Mitte 2000 ist eine große Steuerreform von Rot-
Grün auf den Weg gebracht worden. Dies hat bewirkt,
dass im Jahr 2001 die fehlenden Einnahmen aus der Kör-
perschaftsteuer aus den Einnahmen der Lohnsteuer finan-
ziert werden mussten, weil Sie die großen Unternehmen
noch reicher gemacht haben, indem Sie die Veräußerung
von Kapitalbeteiligungen steuerlich freigestellt haben.
Das wirkt bis heute nach. Ihre Steuerpolitik hat im ersten
Jahr zu Steuermindereinnahmen in Höhe von 24 Milliar-
den Euro und im letzten Jahrzehnt zu Steuerminderein-
nahmen in Höhe von insgesamt 120 Milliarden Euro ge-
führt. Unter den Nachwirkungen leiden heute Länder und
Kommunen nach wie vor.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das Schmankerl dieser Geschichte ist: Die entscheiden-
den Stimmen kamen von der PDS bzw. der Linken aus
Schwerin. Man hat sich mit fünf Ortsumgehungen kau-
fen lassen und hat dann Ja zu diesem Steuerreformpaket
gesagt. Wer über die Finanzausstattung von Ländern und
Kommunen redet, der muss auch an den Sommer des
Jahres 2000 denken.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704605900

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktion der SPD auf Drucksache 17/1957 mit dem Titel Nationalen Bildungspakt für starke Bildungsinfrastrukuren schaffen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit en Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen die Stimen der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion Die inke und der Grünen abgelehnt. Tagesordnungspunkt 4 b und Zusatzpunkt 2: Interraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den rucksachen 17/1984 und 17/1973 an die in der Tagesrdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind ie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Tagesordnungspunkt 4 c: Wir kommen zur Beschlussmpfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung nd Technikfolgenabschätzung auf Drucksache 17/1977. er Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss mpfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der PD auf Drucksache 17/109 mit dem Titel „Studienpakt ür Qualität und gute Lehre jetzt durchsetzen“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und der Linen gegen die Stimmen der SPD bei Stimmenthaltung er Grünen angenommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion ie Linke auf Drucksache 17/119 mit dem Titel „Forde ungen aus dem Bildungsstreik aufnehmen und die soiale Spaltung im Bildungssystem bekämpfen“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen des Hauses gegen die Stimmen der raktion Die Linke angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner eschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der raktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/131 it dem Titel „Konsequenzen aus dem Bildungsstreik iehen – Bildungsaufbruch unverzüglich einleiten“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und der Linen gegen die Stimmen der Grünen bei Stimmenthaltung er SPD angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 32 a bis 32 l sowie ie Zusatzpunkte 3 a bis 3 e auf: 32 a)

gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än-
derung des Grundgesetzes (Artikel 91 e)

– Drucksache 17/1939 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiter-
entwicklung der Organisation der Grund-
sicherung für Arbeitsuchende
– Drucksache 17/1940 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dreiundzwanzigsten
Gesetzes zur Änderung des Bundesausbil-
dungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG)

– Drucksache 17/1941 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaf-
fung eines nationalen Stipendienprogramms

(Stipendienprogramm-Gesetz – StipG)

– Drucksache 17/1942 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Bundesbesoldungs-
und -versorgungsanpassungsgesetzes 2010/2011

(BBVAnpG 2010/2011)

– Drucksache 17/1878 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Verwendung von Verwaltungsdaten für Wirt-
schaftsstatistiken und zur Änderung von Sta-
tistikgesetzen
– Drucksache 17/1899 –

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Innenausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz g)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Än-
derungsprotokoll vom 11. Dezember 2009 zum
Abkommen vom 23. August 1958 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem Groß-
herzogtum Luxemburg zur Vermeidung der
Doppelbesteuerungen und über gegenseitige
Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
sowie der Gewerbesteuern und der Grund-
steuern
– Drucksache 17/1943 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 13. Juli 2006 zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und
der mazedonischen Regierung zur Vermei-
dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet
der Steuern vom Einkommen und vom Vermö-
gen
– Drucksache 17/1944 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

i) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 33
des Gerichtsverfassungsgesetzes
– Drucksache 17/1462 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Viola

(Bremen)

und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
OSZE-Vorsitz für Reformen in Kasachstan
nutzen
– Drucksache 17/1432 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Deklarationspflicht für Palmöl in Lebensmitteln
– Drucksache 17/1780 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

l) Beratung des Antrags des Präsidenten des Bun-
desrechnungshofes

Rechnung des Bundesrechnungshofes für das
Haushaltsjahr 2009
– Einzelplan 20 –
– Drucksache 17/1730 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

ZP 3a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike
Höfken, Nicole Maisch, Cornelia Behm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates betref-
fend die „Information der Verbraucher über
Lebensmittel“
KOM(2008) 40

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre-
gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes
Lebensmittelinformation verbessern – Ver-
bindliche Ampelkennzeichnung einführen
– Drucksache 17/1987 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Ingrid Hönlinger, Jerzy
Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ungerechtigkeiten bei Bagatellkündigungen
korrigieren – Pflicht zur Abmahnung einfüh-
ren
– Drucksache 17/1986 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Maria
Anna Klein-Schmeink, Fritz Kuhn, Birgitt Bender,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Unabhängige Patientenberatung ausbauen und
in die Regelversorgung überführen
– Drucksache 17/1985 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Schmidt (Aachen), Heinz Paula, Sören Bartol,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Potenziale von Kultur und Tourismus nutzen –
Kulturtourismus gezielt fördern
– Drucksache 17/1966 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss e)

Kaczmarek, Dirk Becker, Marco Bülow, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Hochwasserschutz europäisch und ökologisch
nachhaltig umsetzen – Für ein integriertes
Hochwasserschutzkonzept

– Drucksache 17/1974 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich komme nunmehr zu den Tagesordnungspunkten 33 a
is 33 k sowie zu Zusatzpunkt 4. Es handelt sich um die
eschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aus-

prache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 33 a:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Feststellung des Wirtschaftsplans des
ERP-Sondervermögens für das Jahr 2010

(ERP-Wirtschaftsplangesetz 2010)


– Drucksache 17/1294 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 17/1752 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dieter Jasper

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
iehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 17/1752, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
uf Drucksache 17/1294 anzunehmen. Ich bitte diejeni-
en, die dem Gesetz zustimmen wollen, um das Hand-
eichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen des Hauses bei Stimmenthaltung der SPD an-
enommen.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen wie in der
zweiten Beratung angenommen.

Tagesordnungspunkt 33 b:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu den Änderungen vom 2. Oktober 2008 des
Übereinkommens vom 3. September 1976
über die Internationale Organisation für mo-

(International Mobile Satellite Organization – IMSO)

– Drucksache 17/1295 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 17/1753 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Herbert Schui

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 17/1753, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 17/1295 anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stim-
men des Hauses bei Stimmenthaltung der Linksfraktion
angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen wie zu-
vor angenommen.

Tagesordnungspunkt 33 c:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur Harmonisierung des Haftungs-
rechts im Luftverkehr

– Drucksache 17/1293 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 17/1836 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingo Wellenreuther
Sebastian Edathy
Marco Buschmann
Halina Wawzyniak
Ingrid Hönlinger

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/1836, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/1293 an-

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(C (D unehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf ustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in weiter Beratung einstimmig angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 33 d: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Dezember 2009 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Republik Brasilien über Soziale Sicherheit – Drucksache 17/1296 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Drucksache 17/1805 – Berichterstattung: Abgeordnete Jutta Krellmann Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/1805, en Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Druckache 17/1296 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeihen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist in zweiter Beratung einstimmig angeommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – nthaltungen? – Wer stimmt dagegen? – Der Gesetzenturf ist einstimmig angenommen. Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 33 e bis 3 k, zu den Beschlussempfehlungen des Petitionsauschusses. Tagesordnungspunkt 33 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 90 zu Petitionen – Drucksache 17/1771 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 90 ist einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 33 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 91 zu Petitionen – Drucksache 17/1772 – Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )





(A) )

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 91 ist ebenso einstim-
mig angenommen.

Tagesordnungspunkt 33 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 92 zu Petitionen

– Drucksache 17/1773 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 92 ist mit den Stimmen
von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Linken bei Stimmenthaltung der Grünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 33 i:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 94 zu Petitionen

– Drucksache 17/1775 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 94 ist mit den Stimmen
von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Grünen und bei Stimmenthaltung der Linken angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 33 j:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 95 zu Petitionen

– Drucksache 17/1776 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 95 ist mit den Stim-
men von CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen der
SPD und der Grünen sowie Stimmenthaltung der Linken
angenommen.

Tagesordnungspunkt 33 k:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 96 zu Petitionen

– Drucksache 17/1777 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 96 ist mit den Stimmen
von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der drei
Oppositionsfraktionen angenommen.

Mir wurde gerade gesagt, ich hätte bei der Abstim-
mung die Sammelübersicht 93 übersehen.


(Zurufe von der SPD: Richtig!)


Ich rufe also noch den Tagesordnungspunkt 33 h auf:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 93 zu Petitionen

– Drucksache 17/1774 –

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(C (D Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 93 ist gegen die Stimen der Linksfraktion mit den Stimmen des Hauses im brigen angenommen. Nachdem wir nun über alle Sammelübersichten zu etitionen abgestimmt haben, kommen wir zu einer wei eren abschließenden Beratung ohne Aussprache. Ich rufe Zusatzpunkt 4 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 1099/10 – Drucksache 17/1997 – Berichterstattung: Abgeordneter Siegfried Kauder (VillingenSchwenningen)


Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung, im Verfahren eine Stellungnahme abzuge-
en und den Präsidenten zu bitten, Professor Dr. Franz
ayer mit der Prozessvertretung zu betrauen. Wer

timmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
ich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
on CDU/CSU, SPD und FDP bei Enthaltung der Lin-
en und der Grünen angenommen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Schnellstmögliche Aufklärung des Angriffs
des israelischen Militärs auf einen internatio-
nalen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern für Gaza

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
an van Aken von der Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704606000

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Ich bin heilfroh – das muss ich zunächst einmal sa-
en –, dass unsere Kolleginnen und unsere Freunde, die
uf den Hilfsschiffen für Gaza waren, wieder heil zurück
n Deutschland sind. Am Montag sind neun Menschen
rschossen worden. Unser Mitgefühl gehört ihren Ange-
örigen und Freunden.

Der Angriff auf die Schiffe war ein Verbrechen. Ein
riechischer Aktivist, der sich auf einem der Schiffe be-
and, hat das sehr treffend und auch sehr einfach gesagt:
ieses Meer ist frei. Seit 4 000 Jahren fahren wir auf
iesem Meer. Es ist ein Verbrechen, auf einem freien
eer auf hoher See Schiffe zu entern, Menschen zu er-

chießen, zu verletzen und zu entführen. – Weil das eine
reiheitsberaubung und ein Kriegsverbrechen ist, haben
ir auch hier in Deutschland Strafanzeige gestellt.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte heute aber vor allem nach vorne schauen
nd fragen: Was können wir jetzt tun, um das unendliche





Jan van Aken


(A) )


)(B)

Leid in Gaza zu beenden? Die Hilfsflotte hatte von vorn-
herein zwei Ziele. Einmal ging es um ganz praktische
Hilfe. Es ging darum, dringend benötigte Güter – Ze-
ment, Rollstühle, Medikamente und Dachziegel – nach
Gaza zu bringen. An all dem mangelt es dort, weil Israel
seit Jahren rechtswidrig den Gazastreifen einschnürt, ab-
riegelt und kaum noch etwas durchlässt.

Die Hilfsflotte war aber auch eine politische Aktion.
Die Welt sollte an das Leid in Gaza, an die menschliche
Tragödie, erinnert werden. Das ist ja eine der größten
humanitären Katastrophen unserer Zeit. Die Hilfsflotte
wollte auf die illegale Blockade des Gazastreifens auf-
merksam machen. Israel blockiert fast alles – nicht nur
Waffen und Raketen, sondern auch Baumaterial für
Schulen und Häuser, lebensnotwendige Medikamente
und selbst das tägliche Brot.

60 Prozent der Menschen in Gaza können sich nicht
mehr selbst ernähren. Wenn sie Glück haben, dann be-
kommen sie Lebensmittelhilfe von den Vereinten Natio-
nen. Wenn sie kein Glück haben, dann müssen sie hun-
gern. Die Vereinten Nationen berichten, dass unter den
Kindern in Gaza Mangelernährung und Wachstumsstö-
rungen weiter zunehmen. Zwei von drei Neugeborenen
sind schon unterernährt und leiden an Blutarmut.

Die Landwirtschaft in Gaza liegt völlig am Boden. Es
gibt nicht genügend Saatgut, keine Bewässerungsanla-
gen und kaum noch Land. Denn fast die Hälfte des
fruchtbaren Bodens kann zum Beispiel deshalb nicht
mehr beackert werden, weil er zur Schutzzone erklärt
wurde. Kein Bauer darf mehr auf das Land. Niemand
darf säen und ernten. Und am Ende hungern die Kinder
von Gaza. Das muss doch endlich ein Ende haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Genauso ist es mit der Fischerei. Man muss sich das
einmal vorstellen: Ein Land mit einem so langen Küsten-
streifen am Mittelmeer muss jetzt illegal Fisch importie-
ren, der durch die Tunnel aus Ägypten kommt. Die eige-
nen Fischer dürfen nur noch drei Meilen weit
hinausfahren. Die guten Fanggründe sind viel weiter
draußen.

Die Lage in Gaza ist verzweifelt. Es liegt auch an uns,
das jetzt zu beenden. Ich freue mich, dass alle Parteien
im Bundestag hier einer Meinung sind. Aber jetzt müs-
sen wir auch etwas daraus machen. Die Bundesregierung
muss auch einmal die israelische Regierung drängen,
endlich die Blockade vollständig aufzuheben und Trans-
porte durchzulassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Moment ist die Regierung Netanjahu doch auf ei-
ner Art Kamikaze-Kurs. Die Blockade von Gaza stärkt
nur die Extremisten und die Feinde Israels. Der Angriff
auf die Schiffe hat Israel weltweit vollständig isoliert.
Bei dem Versuch, Gaza zu erdrosseln, schnürt sich Israel
im Moment selbst die Luft ab.

Jetzt müssen wir gemeinsam mit unseren Nachbarn
bzw. mit der EU solange Druck auf Israel ausüben, bis
die Blockade endlich beendet wird, bis endlich die an-
derthalb Millionen Menschen in Gaza wieder in Würde

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(C (D eben können, sich frei bewegen können und auch selbst irtschaften können. Dazu gehört natürlich auch eine Idee, wie man dann ie Sicherheit Israels garantieren kann. Niemand öchte, dass nach der Aufhebung der Blockade mit den ransporten auch Waffen und Raketen nach Israel komen. Die Lösung ist ganz einfach. Da könnten doch ontrollen durch die Vereinten Nationen sein: Inspektioen auf jedem Schiff, das Gaza anläuft, durch unabhänige Kontrolleure. Dadurch kann verhindert werden, ass Waffen nach Gaza gelangen. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland eine Waffen mehr exportieren sollte, auch nicht in den ahen Osten. Deutschland verkauft FUCHS-Panzer in die Vereinigen Arabischen Emirate, Sturmgewehre nach Saudi Araien und Kriegsschiffe nach Israel. Wie wollen Sie denn rieden im Nahen Osten schaffen, wenn Sie immer wieer neue Waffen in die Region schicken? Wir sind dafür, ass Deutschland gar keine Waffen mehr exportiert – nd schon gar nicht in den Nahen Osten. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704606100

Das Wort hat nun Andreas Schockenhoff für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1704606200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

ns alle haben die dramatischen Ereignisse der vergan-
enen Woche vor der Küste des Gazastreifens erschüttert
nd mit tiefer Sorge erfüllt. Wir sind bestürzt über den
erlust von Menschenleben; dazu hätte es nicht kommen
ürfen. Wir sind froh, dass die beteiligten Bundesbürger
nd die beiden Kolleginnen der Linksfraktion wieder
ohlbehalten in Deutschland sind. Die deutsche Bot-

chaft in Israel verdient für ihre erstklassige konsulari-
che Arbeit unser Lob und unsere Anerkennung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Vorfall hat uns wieder einmal vor Augen geführt,
ie angespannt die Lage im Nahen Osten ist. Die Bun-
eskanzlerin hat zu Recht angemahnt, dass es in dieser
chwierigen Situation zu keiner weiteren Eskalation kom-
en darf. Die CDU/CSU-Fraktion ist der Bundeskanzle-

in deshalb dankbar, dass sie mit ihren Gesprächen mit
em israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu, dem tür-
ischen Ministerpräsidenten Erdoğan und dem palästi-
ensischen Präsidenten Abbas einen wichtigen Beitrag
ur Beruhigung der Lage geleistet hat. Auch das belast-
are Verhältnis von Bundesaußenminister Westerwelle





Dr. Andreas Schockenhoff


(A) )


)(B)

zu seinem israelischen Kollegen Lieberman ist in diesen
Tagen zum Tragen gekommen.

Zur weiteren Entspannung der Situation brauchen wir
zweierlei: Erstens ist dies eine schnellstmögliche Auf-
klärung der Vorkommnisse mittels einer umfassenden,
transparenten und neutralen internationalen Untersu-
chung. Daran sollten Vertreter des Nahostquartetts betei-
ligt werden. Es ist gut, dass sich die Bundesregierung
hier um eine gemeinsame Haltung in der EU bemüht.
Zweitens müssen wir den Friedensprozess voranbringen.
Die sogenannte Hilfsflotte war dazu sicherlich nicht för-
derlich.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Eine Provokation!)


Eine Zwei-Staaten-Lösung bleibt das richtige Ziel.
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass Präsident Abbas die
indirekten Friedensgespräche mit Israel fortsetzen will.
Es kann jedoch zu keinem dauerhaften Frieden kommen,
wenn es keine Normalisierung der Beziehungen zwi-
schen den verfeindeten Palästinensergruppen Hamas und
Fatah gibt. Hamas muss das Existenzrecht Israels end-
lich anerkennen.

Ohne Frage ist die Blockade des Gazastreifens durch
Israel für den Friedensprozess nicht hilfreich. Israel hat
ein legitimes Interesse daran, dass keine Waffen und Ra-
keten, die dann wieder auf israelische Städte abgefeuert
werden könnten, in den Gazastreifen geschmuggelt wer-
den. Gleichzeitig aber ist die humanitäre Situation im
Gazastreifen unhaltbar.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ja!)


Die Grenzen müssen für normale Hilfsgüter offen
sein. Beides muss sichergestellt werden: der Schutz der
israelischen Bevölkerung vor Angriffen islamistischer
Extremisten und die Versorgung der Bevölkerung des
Gazastreifens. Die CDU/CSU-Fraktion unterstützt die
Bemühungen der Bundesregierung, dies zu erreichen.

Die EU ist mit ihrer Mission am Grenzpunkt Rafah
zwischen dem Gazastreifen und Ägypten bereits vor Ort.
Es ist noch zu klären, inwieweit die Kontrolle der nach
Gaza einfahrenden Schiffe durch die EU möglich ist.

Meine Damen und Herren, „eine einseitige Partei-
nahme in diesem Konflikt wird nicht zu seiner Lösung
beitragen“. So steht es im Positionspapier der Linken
zum Nahostkonflikt vom 20. April dieses Jahres. Sicher-
lich steht die Verhältnismäßigkeit der israelischen Ak-
tion in Zweifel. Die Linke muss sich aber fragen lassen,
ob sich ihre Abgeordneten als deutsche Volksvertreter
nicht vor den Karren der radikal-islamistischen Hamas
haben spannen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ging es Ihnen wirklich um die humanitäre Hilfe?
Wieso fanden Sie es nicht verwunderlich, dass die Orga-
nisatoren der Flotte nicht bereit waren, die Güter im is-
raelischen Hafen Aschdod zu löschen und sie von dort
nach Gaza zu bringen?

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(C (D (Zuruf der Abg. Inge Höger [DIE LINKE] – Weitere Zurufe von der LINKEN)


arum sind Sie nicht hellhörig geworden, als der Minis-
erpräsident der Hamas in Gaza, Ismail Hanija, schon
or der Aktion ihr mögliches Scheitern als „einen Sieg
ür Gaza“ bezeichnet hat? Wieso wurden Sie nicht stut-
ig, als die Hamas die Annahme der Güter, die Israel von
en Schiffen abgeladen und auf Lastwagen verfrachtet
at, verweigerte?

Warum lassen Sie es unkommentiert, dass der Hamas
ffensichtlich nicht an der humanitären Lage der Bevöl-
erung im Gazastreifen gelegen ist und dass sie Lastwa-
en mit Medikamenten, Nahrungsmitteln, Rollstühlen
nd Kinderspielzeug am Grenzübergang Kerem Scha-
om auf ihre Abfertigung warten lässt? Warum themati-
ieren Sie eigentlich nie die schweren Menschenrechts-
erletzungen unter der Herrschaft der Hamas? Die
ntwort ist, dass es Ihnen weniger um die Menschen in
aza geht als um Ihre Solidarität mit den islamistischen
xtremisten der Hamas.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: So ein Unsinn! Schade, am Beginn war Ihre Rede so vernünftig! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


as haben Sie mit Ihrer einseitigen Parteinahme im Nah-
stkonflikt eindeutig unter Beweis gestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704606300

Das Wort hat nun Rolf Mützenich für die SPD-Frak-

ion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1704606400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

eider müssen wir erneut – dies war häufig im Hinblick
uf den Nahen Osten so – über einen traurigen, schmerz-
aften und weitreichenden Vorfall reden. Nachdem end-
ich indirekte Gespräche zwischen Israel und Palästina
nter Vermittlung der USA in Gang gekommen waren,
at der Einsatz von Gewalt wieder vieles infrage gestellt.
ch sage von dieser Stelle aus eindeutig in Richtung Iran:

enn es, wie es der Iranische Rote Halbmond angekün-
igt hat, zu einem solchen Schiffskonvoi – unter Um-
tänden mit Begleitung von Revolutionsgarden – kom-
en wird, trägt dies zu einer nachhaltigen Eskalation im
ahen und Mittleren Osten bei. Wir sagen klar: Dies leh-
en wir ab. Wir bitten, die Konsequenzen zu bedenken.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr van Aken, auch wir beklagen die Toten. Ich hätte
ir aber gewünscht, Sie hätten auch an die Verletzten

uf beiden Seiten erinnert. Auch dies gehört zur Realität
ei diesem schrecklichen Vorfall.





Dr. Rolf Mützenich


(A) )


)(B)

Ich weiß, vieles ist noch ungewiss. Aber schon heute
lässt sich sagen: Weder ist durch diesen Einsatz die Si-
cherheit Israels gestärkt noch ist die humanitäre Situa-
tion im Gazastreifen verbessert worden. Beides ist nicht
erreicht worden. Ich bedauere, dass die Menschen im
Gazastreifen, die so dringend Hilfe brauchen, wieder
zum Spielball aller Seiten in diesem Konflikt geworden
sind. Ich hätte mir gewünscht, dass man, bevor man eine
solche Aktion unterstützt, die Konsequenzen bedacht
hätte. Sie waren vorhersehbar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, der Einsatz des israeli-
schen Militärs war unverhältnismäßig und ist nicht zu
rechtfertigen. Dies haben wir von Anfang an gesagt. Ich
möchte in diesem Zusammenhang zwei Punkte anspre-
chen. Die israelische Regierung kann davon ausgehen,
dass die Solidarität insbesondere von Deutschland ge-
genüber Israel unteilbar ist. Aber sie muss über die Kon-
sequenzen ihres Handelns nachdenken und sollte insbe-
sondere den Partnern den Spielraum für ihre Politik nicht
verengen. – Das ist die eine Seite.

Zum Zweiten müssen wir der israelischen Regierung
klarmachen, dass nicht jede Herausforderung von außen
mit Militär beantwortet werden kann und darf. Genau
das Gegenteil ist der Fall. Die israelische Regierung
muss die Politik befördern. Ich habe es schon einmal an
anderer Stelle gesagt: Die Bundeskanzlerin hat die
Worte in Richtung Israel mit guten Absichten gewählt.
Aber ich glaube, dass sie in der israelischen Regierung
missverstanden worden sind. Dies war kein Freifahr-
schein für eine unkluge Politik. Ich hätte mir gewünscht,
man hätte stärker darauf hingewiesen, dass ein solches
Handeln wie jetzt vor der Küste des Gazastreifens nicht
von uns durch solche Worte mit gedeckt ist.

Wir vonseiten der SPD-Bundestagsfraktion verlangen
eine unabhängige, transparente und internationale Unter-
suchung über den gesamten Verlauf der Aktion. Dies be-
trifft sowohl die Vorbereitung der Aktion, die Einschif-
fung, die Fahrt, aber auch die Erstürmung durch
israelisches Militär. Dies gehört zusammen; ich finde,
das alles muss man sagen. Ich würde mir wünschen, dass
das von allen Seiten so gesehen wird.

Die Abriegelung des Gazastreifens muss aufgehoben
werden. Wir müssen Israel klar sagen, dass die Abriege-
lung das Gegenteil dessen bewirkt hat, was intendiert
war. Man hat weder die Hamas geschwächt, noch hat
man offensichtlich den Waffenhandel in diesem Gebiet
unterbunden, noch hat man den Soldaten Schalit freibe-
kommen. All das sind Dinge, die wir gegenüber Israel
deutlich machen müssen.

Zum Schluss will ich sagen: Wir vonseiten des Deut-
schen Bundestages, aber auch vonseiten der Bundesre-
gierung müssen alles dafür tun, dass UN-Hilfslieferun-
gen in den Gazastreifen zugelassen werden, ob über den
Land- oder den Seeweg. Ich glaube, dass die Europäi-
sche Union einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann.
Der Vorschlag, dass das Nahostquartett in diesem Zu-

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(C (D ammenhang wieder eine Rolle spielen kann, kann mögicherweise einen Weg auch für die israelische Regieung bedeuten. Meine Damen und Herren, ich mache mir Sorgen ber die Rolle der Türkei, nicht so sehr deswegen, weil as eine oder andere, was jetzt in der öffentlichen Deatte in der Türkei passiert, möglicherweise eine Rolle pielt. Wir müssen aufpassen, dass wir von hier aus nicht ie falschen Signale an die türkische Regierung geben. Die Regierung Erdoğan hat eine Menge Positives für as Verhältnis zu Israel getan. Dazu zählen die Einlaung des israelischen Präsidenten in das türkische Parlaent, aber auch die Vermittlungsbemühungen zu Syrien. as sollten wir weiter unterstützen; denn wir brauchen ie Türkei in der Bearbeitung des Nahostkonfliktes. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704606500

Das Wort hat nun der Kollege Rainer Stinner für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1704606600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

roße Mehrheit dieses Hauses eint das Grundverständ-
is, dass wir als Deutsche eine besondere Verantwortung
nsbesondere für die Sicherheit Israels und eine beson-
ere Beziehung zu Israel haben.


(Zuruf von der LINKEN: Für den Frieden!)


Ich bin der neuen Bundesregierung sehr dankbar da-
ür, dass es ihr gelungen ist, sowohl zu Israel – bis vor
inigen Jahren völlig unvorstellbar – eine tiefe Bezie-
ung auf Regierungsebene aufzubauen, als auch Ähnli-
hes in ebensolcher Qualität mit der Palästinenserseite
u tun. Das ist ein Fortschritt, und das wird unserer Rolle
ls Vermittler durchaus gerecht.

Meine Damen und Herren, ich habe sehr großes Ver-
tändnis dafür, dass im Zentrum jeder israelischen Poli-
ik die Sicherheit stehen muss. Das ist völlig klar, wenn
an die Situation dort kennt. Ich sage aber auch sehr

eutlich, dass es jedenfalls der gegenwärtigen Regierung
sraels nicht gelingt, mir klarzumachen, dass jede ihrer
andlungen langfristig im Interesse Israels ist.

Gerade die enge Partnerschaft zu Israel verpflichtet
ns als Deutsche, dass wir nicht jede Handlung der je-
eiligen israelischen Regierung kritiklos hinnehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


nsere Verantwortung als Freund und Unterstützer Is-
aels ist es, in aller Offenheit mit Israel zu kommunizie-
en, aber auf der Basis einer völlig ungebrochenen und
elbstverständlichen Unterstützung, die wir diesem Land
ngedeihen lassen wollen.





Dr. Rainer Stinner


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es sollte sich aber keiner der Illusion hingeben, dass
auf diesen Schiffen nur wohlmeinende Pazifisten gewe-
sen sind, denen allein an der Versorgung des Gazastrei-
fens gelegen ist. Nein, nein, es gab natürlich noch jede
Menge andere Motive im Hintergrund. Natürlich wa-
ren dort auch Leute beteiligt, deren Motivlage eindeu-
tig – eindeutig! – gegen Israel gerichtet ist. Das muss
man der Vollständigkeit halber zu diesem Fall natürlich
auch sagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir schließen uns der Forderung an, dass es eine in-
ternationale Untersuchung der Vorfälle gibt. Bevor diese
vorliegt, enthalte ich mich jeder abschließenden Beurtei-
lung der einzelnen Aspekte der Aktion. Auch Präsident
Obama hat das gestern noch einmal sehr deutlich gefor-
dert. Ich finde es richtig, dass dabei das Quartett durch-
aus eine wichtige Rolle spielen kann und soll. Ich wäre
froh, wenn wir das Quartett etwas revitalisieren könnten.
Die Bundesregierung hat dazu Anstöße gegeben – das
begrüße ich sehr –, das könnte aber durchaus noch aus-
geweitet werden.

Dieser Vorfall hat über die unmittelbare Wirkung für
die Betroffenen hinaus, die Toten und die Verwundeten
– schrecklich, wie wir einvernehmlich feststellen –, er-
hebliche politische Weiterungen.

Erstens lassen Sie mich sagen, dass mich als beken-
nenden Unterstützer Israels erschreckt, mit welcher Ge-
schwindigkeit es der gegenwärtigen israelischen Regie-
rung gelingt, Freunde und Partner in aller Welt zu
verlieren. Das kann nicht im Interesse Israels sein. Das
müssen wir als Freunde Israels auch sehr deutlich sagen.
Ich unterscheide sehr klar zwischen unserem Commit-
ment zu Israel und den Handlungen der jeweiligen israe-
lischen Regierungen, die ich mir erlaube jeweils ganz
genau zu betrachten und anzuschauen.

Zweitens. Auch wenn im Gazastreifen keine direkte
Hungersnot herrscht, so ist dennoch die humanitäre Lage
dort nur mit dem Wort „katastrophal“ zu bezeichnen.
Der Leiter der UNRWA-Mission gibt darüber beredtes
Zeugnis. Auch Präsident Obama hat das gestern Abend
sehr deutlich gemacht. Er hat es mit einem sehr deutli-
chen Statement und auch mit einem entsprechenden fi-
nanziellen Commitment versehen.

Drittens profitiert davon – leider – ausgerechnet die
Hamas. Denn der Hamas gelingt es, durch das von ihr
kontrollierte Tunnelsystem die Waren zu beschaffen und
die Bevölkerung mit Waren zu versorgen. Und die UN,
die UNRWA, die eindeutig – das wissen wir, und das
müssen wir deutlich sagen – gegen jeden fundamentalis-
tischen Islam ist, die dafür steht und jeden Tag dafür
kämpft, versetzen wir nicht in die Lage, entsprechende
Hilfen zu ermöglichen. Das kann so nicht weitergehen,
das hilft nämlich nur der Hamas. Das muss geändert
werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Die katastrophale humanitäre Lage treibt leider der amas weitere Unterstützer zu. Das kann wirklich nicht m Interesse Israels sein; denn die Hamas – wir wissen as und sind uns darüber im Klaren – erkennt nach wie or nicht das Recht Israels an, in Frieden und Freiheit zu eben. Was ist zu tun? Erstens. Es muss eine internationale Untersuchung urchgeführt werden; ich habe dies bereits angesprohen. Zweitens. Die Blockade des Gazastreifens in der geenwärtigen Form muss aufgehoben werden. Dabei ist uf israelische Sicherheitsinteressen umfassend Rückicht zu nehmen; auch das ist gesagt worden. Hier muss ine Änderung herbeigeführt werden. Drittens. Wir müssen an der Umsetzung der Resoluionen 1815 und 1860 arbeiten. Viertens. Wir müssen noch stärker als bisher auf die eteiligten einwirken, wirklich den Friedensprozess anustoßen. Dabei kann die Bundesregierung aufgrund iher wirklich guten Vorarbeit – nicht isoliert – entsprehende Impulse geben. Wir müssen jede weitere Eskalation vermeiden. Die erüchte, die Herr Mützenich angesprochen hat, sind eradezu erschreckend, so erschreckend, dass ich gar icht wiederholen will, was da eventuell auf uns zuommt. Wir müssen das unter allen Umständen verhinern. Wir müssen aus eigenem deutschen und europäischen nteresse alles dafür tun, um die Eskalation im Nahen sten abzubauen und Friedensbrücken zu schlagen; azu dient humanitäre, aber auch politische Arbeit. Wir nterstützen die Bundesregierung dabei. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704606700

Das Wort hat nun Kerstin Müller für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

eine, dass die tragischen Ereignisse vor der Küste Ga-
as am 31. Mai eines bewirkt haben: Das Thema Gaza
teht wieder auf der politischen Tagesordnung. Aller-
ings muss man direkt hinzufügen: Der Preis, der dafür
ezahlt wurde, ist sehr hoch, ich meine, zu hoch. Neun
enschen sind gestorben, viele wurden verletzt. Bei al-

em Verständnis, das ich für Israels berechtigte Sicher-
eitsinteressen habe – ich habe mein Verständnis sehr oft
n verschiedener Stelle zum Ausdruck gebracht –: Aus
einer Sicht ist Israels Armee bei der Aufbringung des
chiffes zumindest mit unverhältnismäßiger Gewalt vor-





Kerstin Müller (Köln)



(A) )


)(B)

gegangen – meine Fraktion verurteilt das scharf –, das
muss man einfach klar sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich schließe mich Herrn Stinner und anderen an: Ich
halte es für extrem wichtig, dass Israel einer internatio-
nalen Untersuchung der Vorgänge zustimmt, gerade
wenn es anderer Meinung ist, gerade weil die internatio-
nalen politischen Folgen des Angriffs auf die Gazaflotte
so verheerend sind. Es ist nicht nur so, dass die Gewalt-
eskalation von der ganzen Welt scharf verurteilt wurde.

Auch ich will erwähnen – Herr Mützenich hat es
schon getan –: Das bisher hervorragende und wichtige
Verhältnis Israels zur Türkei wurde schwer beschädigt.
Die Türkei war bisher eine wichtige Brücke für Israel in
die islamische Welt. Nun ist man dabei, sie systematisch
zu zertrümmern.

Das, was jetzt passiert – auch der Iran fühlt sich beru-
fen, in Begleitung der Revolutionsgarden Schiffe nach
Gaza zu bringen –, könnte zu einer weiteren Eskalation
führen. Es ist völlig klar: Das muss unbedingt gestoppt
werden.

Ich war nicht auf der Gazaflotte. Ich will Ihnen sagen,
dass mir entsprechende Anfragen vorlagen; aber ich
habe mich bewusst entschieden, mich nicht daran zu be-
teiligen, und zwar, weil mir die Zusammensetzung der
Aktivisten zu undurchsichtig erschien und die Gefahr
bestand – ich meine, das hätte man von Anfang an er-
kennen können –, für andere Ziele instrumentalisiert zu
werden, die ich nicht teile.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich lasse mich nicht von der Hamas instrumentalisieren.
Das ist einfach eine völlig falsche Politik.

Frau Höger und Frau Groth, ich sage dazu aber auch:
Ich gehe davon aus, dass Sie die besten Absichten hat-
ten. Ich nehme da keine Gleichsetzung vor; das fände ich
völlig falsch. Ich denke aber, man darf nicht die Augen
davor verschließen, dass es andere gab, die Sympathien
für Hamas, für islamistische Gruppierungen hatten, und
dass man von diesen dann vereinnahmt wird. Dann muss
man überlegen, ob es gut ist, da mitzumachen.

Ich war zeitgleich in der Region und habe Gespräche
geführt. Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg
gibt, um eine weitere Eskalation zu verhindern: Israel
muss die Blockade des Gazastreifens beenden, weil sie
inhuman und völkerrechtswidrig ist. Vor allem ist die
Blockade im Hinblick auf Israels berechtigte Sicher-
heitsinteressen völlig kontraproduktiv.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Ich möchte, weil es mir wichtig ist, das klar begrün-
den: Die Freilassung von Gilad Schalit ist ein berechtig-
tes Interesse von Israel; aber nach eigener Aussage gibt
es hier wegen der Blockade null Fortschritt. Ein anderer

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(C (D unkt ist der andauernde Beschuss Israels durch Qasam-Raketen. Natürlich hat Israel ein berechtigtes Inteesse, den Beschuss zu stoppen. Aber Israel selbst sagt, ass zwar die Anzahl der Raketenangriffe reduziert urde, aber der Beschuss selbst nicht gestoppt wurde. Herr Stinner, Sie haben es angesprochen: Beabsichtigt st auch eine Schwächung der radikal-islamistischen Haas. Aber die Blockade schwächt sie nicht, sondern sie tärkt sie politisch und ökonomisch. Warum? Die Blokade verhindert die legale Einfuhr von allem, was über ie absolute Grundversorgung hinausgeht. Es gibt also eine Hungerkrise. Das sagen alle, auch John Ging von er UNRWA. Es soll jede legale wirtschaftliche Enticklung unterbunden werden. John Ging nennt das eine rise der Würde. Es gibt zwar keine Hungerkrise, aber ine Krise der Würde. Die Menschen sollen am Leben rhalten werden, ohne in Würde zu leben. Die israelichen Militärs sagen das ganz offen: no humanitarian risis. Sie wollen keine Entwicklung und keinen wirtchaftlichen Wohlstand. Das Ergebnis sind 40 Prozent rbeitslosigkeit in Gaza. 80 Prozent der Menschen in er Region sind auf Lebensmittelhilfe angewiesen. 8 Prozent der legalen Wirtschaft liegen danieder. Ich age sehr deutlich: Das hat mit berechtigten Sicherheitsnteressen nichts mehr zu tun. Dadurch wird eine Bevölerung kollektiv bestraft. Das ist völkerrechtswidrig und eshalb nicht akzeptabel. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Andererseits – jetzt kommt die Absurdität – begüns-
igt diese Blockade eine von der Hamas kontrollierte il-
egale Schattenwirtschaft. Über die rund 600 Tunnel
ommen alle nur erdenklichen Güter. Man bekommt al-
es in Gaza. Man muss nur das Geld haben. Aber es hat
ur derjenige das Geld, der mit der Hamas kooperiert. Es
ann auch nur der Unternehmer etwas anbieten, der sich
it der Hamas arrangiert. Das heißt, diese Unternehmer

rofitieren, Hamas blüht auf, und die Zivilbevölkerung
erarmt.

Organisationen wie die UNRWA, die praktisch das
ollwerk gegen das Islamisierungsprojekt der Hamas im
azastreifen sind und die nicht den illegalen Zement der
amas zum Bau von Schulen benutzen wollen, können
eine Schulen bauen. Sie müssen Eltern abweisen, die
hre Kinder auf UN-Schulen und nicht auf Koranschulen
chicken wollen. Dazu sage ich: Die Blockade der Israe-
is ist eine Blockade der UNO. Dadurch wird das Ganze
ollends absurd. Das nennt man politisch kontraproduk-
iv. Das sage ich jetzt an die Adresse Israels gerichtet.

Ich will ganz zum Schluss für eine interfraktionelle
nitiative werben. Es gibt einen Punkt, den John Ging
mmer wieder hervorhebt: Lassen Sie uns gemeinsam
afür sorgen, dass die UN ein Mandat dafür bekommen,
it Israel einen legalen Zugang nach Gaza über den See-
eg auszuhandeln, damit die Güter der UNO über einen

egalen Seeweg anlanden können. Dann kann man wei-
ere Konfrontationen auf See vermeiden. Das wäre ein
rster wirksamer Schritt zur Aufhebung der Blockade.






(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704606800

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Das ist mein letzter Satz. – Ich hoffe, dass am Ende
auch die Israelis verstehen werden, dass eine solche
Politik eigentlich in ihrem Interesse ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704606900

Das Wort hat nun Philipp Mißfelder für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1704607000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linke hat
diese Aktuelle Stunde beantragt. Auch wir wollen heute
die Gelegenheit nutzen – Andreas Schockenhoff hat das
für unsere Fraktion schon getan –, über den Gesamtzu-
sammenhang der Situation im Nahen Osten zu diskutie-
ren.

Ich möchte nun zunächst einmal eine Grundsatzbemer-
kung machen. Sie von der Linkspartei lehnen Auslands-
einsätze kategorisch ab. Wenn es um Friedensmissionen
oder um Stabilisierungsmissionen in Krisenregionen auf
der Welt geht, sind Sie konsequent dagegen. Eine radi-
kal-pazifistische Haltung kann und möchte ich nicht
grundsätzlich verurteilen, weil es für sie gute Argumente
gibt.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Aber?)


Aber – nun komme ich zu dem Aber – vor diesem Hin-
tergrund verstehe ich nicht, wie Sie sich nicht nur theo-
retisch, sondern auch ganz praktisch an dem Versuch be-
teiligen konnten, im Rahmen eines Auslandseinsatzes
die Seeblockade aufzubrechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn das Ihre Definition von Auslandseinsätzen in Zu-
kunft sein soll, dann können Sie für sich keine radikal-
pazifistische Haltung in Anspruch nehmen. Es ging kei-
neswegs – das sagen viele der Organisatoren selbst – nur
um eine politische oder humanitäre Aktion, sondern es
ging um eine konfrontative Aktion, auch um Israel welt-
weit an den Pranger zu stellen.

Ich möchte mich den Vorverurteilungen in keiner
Weise anschließen, sondern ich fordere auch für unsere
Fraktion – das ist auch schon getan worden – eine rück-
haltlose Aufklärung, die zu Ergebnissen kommt. Aber
das, was wir durch Gesprächspartner aus Israel und auch
durch Medienvertreter zugetragen bekommen, lässt mo-
mentan keinen eindeutigen Schluss zu. Ich denke, dass
jede Vorverurteilung schädlich ist. Für eine Beurteilung

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(C (D st es noch zu früh, weil die Fakten sehr ungenau sind. eshalb kann ich Sie nur auffordern, dass Sie sich an der ufklärungsarbeit nicht nur dadurch beteiligen, dass Sie nergisch Aufklärung fordern – das wollen auch wir –, ondern auch dadurch, dass Sie sachliche Beiträge leisen und nicht versuchen, eine Showveranstaltung zu insenieren, um Ihr Ziel zu erreichen, nämlich Israel an den ranger zu stellen. Das werfe ich Ihnen vor. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir machen uns große Sorgen. Deshalb sind alle An-
trengungen für die Zukunft der Region aller Mühe wert.
rau Kollegin Müller, ich denke, dass ein großer Teil der
orschläge, die Sie unterbreitet haben, auch bei uns auf
ositive Resonanz stößt. Wir wollen im Parlament, im
uswärtigen Ausschuss und von vielen anderen Stellen

us Initiativen ergreifen, die dazu beitragen, dass diese
orschläge Unterstützung erfahren.

Ich stelle fest: Die humanitäre Situation im Gazastrei-
en ist uns nicht egal, sondern uns ist klar, dass sie ein
eiteres Engagement der internationalen Gemeinschaft
edingt. Gerade als Freund Israels – Herr Kollege
tinner hat deutlich gemacht, dass es keinen Zweifel da-
an gibt, dass der Großteil des Hauses eng an der Seite
sraels steht – müssen wir die konkreten Probleme lösen
nd unseren israelischen Freunden offen sagen, wo sie
ehler gemacht haben.

In der Außenpolitik kommt es oft auf die Art und
eise an. Auch in einer solchen Debatte, wie wir sie

eute führen, dürfen wir keinen Zweifel daran lassen,
ass die Verteidigung des Staates Israel für uns im Mit-
elpunkt aller Überlegungen steht. Aus meiner Sicht und
uch aus Sicht meiner Fraktion gibt es keine Äquidistanz
u den beteiligten Gruppierungen, sondern wir stehen in
ieser Frage fest an der Seite Israels. Gerade weil wir an
er Seite Israels stehen, haben wir die Möglichkeit, kriti-
che Punkte offener und zielgenauer anzusprechen.

Ich richte meinen ausdrücklichen Dank an die Bun-
esregierung, an Staatssekretär Hoyer und an unseren
ußenminister, der in schwierigen Zeiten mit dem israe-

ischen Außenminister Liebermann eng zusammenarbei-
et. Ich habe ihn bisher nicht kennen gelernt, aber den
childerungen der Medien zufolge ist er ein handfester
olitiker mit Ecken und Kanten und sicherlich einer, der

n der einen oder anderen Debatte undiplomatische
ege geht. Das belastbare, persönliche Verhältnis zwi-

chen unserem Außenminister und dem israelischen Au-
enminister hat dazu beigetragen, dass Deutschland in
ieser schwierigen Situation eine besonders gute Rolle
pielen kann.

Es ist auch bemerkenswert, dass wir, anders als die
ürkei und andere Beteiligte, als Vermittler stärker ein-
reifen können und kein falsches Spiel spielen wie die
ürkei, die auf der einen Seite die Situation beklagt und
uf der anderen Seite zugelassen hat, dass Aktivisten tä-
ig werden. Vor diesem Hintergrund sage ich klar: Ich
in der Meinung, dass wir dem Verhalten der Türkei in
en nächsten Monaten mehr Aufmerksamkeit schenken
üssen; denn die innenpolitische Debatte, die in der





Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

Türkei durch die Flottillenaktion ausgelöst wurde, stellt
ein großes Problem dar, das uns Monate, wenn nicht so-
gar längere Zeit, beschäftigen wird. Wir können nicht
akzeptieren, dass ein NATO-Partner unsere außenpoliti-
schen Interessen in den Grundfesten erschüttert und un-
sere Politik an der Seite Israels hintertreibt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704607100

Das Wort hat nun Christoph Strässer für die Fraktion

der SPD.


(Beifall bei der SPD)



Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1704607200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-

nächst möchte ich auf den Begriff der Aufklärung einge-
hen, und zwar nicht philosophisch, sondern ganz kon-
kret. Wir fordern sie zu Recht. Ich stelle aber fest, dass
es bereits Antworten gibt. Für mich als Jurist ist es so:
Wenn ich Aufklärung fordere, dann deshalb, weil ich
nicht weiß, was passiert ist. Das geht in beide Richtun-
gen. Ich würde mir wünschen, dass man an die Aufklä-
rung der Vorkommnisse ergebnisoffen herangeht, ohne
Vorverurteilung, in welche Richtung auch immer. Ich
sage das bewusst in Richtung derjenigen, die diese Ak-
tion vorbereitet und durchgeführt haben; denn ich würde
gerne wissen, was an den Meldungen dran ist, dass es
eine türkische Organisation gibt, die die Aktion beein-
flusst hat, die dem Dschihad und der Hamas nahestehen
soll, und dass auch andere Kräfte mitgewirkt haben.

All das würde ich gerne wissen. Ich denke, es ist sinn-
voll und vernünftig, die Situation im Sinne derjenigen
aufzuklären, die ich persönlich respektiere. Das sage ich
ganz offen. Es ist wichtig, aufzuklären, was an Bord des
Schiffes, bei der Vorbereitung der Aktion und später pas-
siert ist. Das muss ergebnisoffen Inhalt einer solchen
Untersuchung sein. Ich werbe dafür, das intellektuell
redlich zu machen und nicht an der einen oder anderen
Stelle zu sagen: Ich weiß bereits die Antwort. Deshalb
fordere ich eine Aufklärung. – Ich finde, das geht nicht.
Deshalb sollten wir uns darauf verständigen, über diese
Fragen intensiv zu diskutieren, wenn diese Aufklärung
durchgeführt worden ist.

Es gibt Dinge, die wissen wir nicht. Es gibt aber auch
Dinge, Fakten, die wir kennen. Ich will sie einmal auf-
zählen, weil die humanitäre Lage in Gaza aus meiner
Sicht der eigentliche Kern all dessen ist, worüber wir uns
in den letzten Tagen und Wochen unterhalten haben und
uns in Zukunft unterhalten werden: Wir haben die Abrie-
gelung des Gazastreifens seit 2007. In den Jahren 2008
und 2009 ist im Rahmen der Aktion „Gegossenes Blei“
sozusagen eine komplette Abriegelung der Zugänge zum
Gazastreifen vorgenommen worden. Ich sage ganz be-
wusst: Wir reden immer über die Zugänge von und nach
Israel. Ich finde, unser Appell und unsere Aufmerksam-
keit müssten auch auf Ägypten gerichtet werden; denn
auch Ägypten, sozusagen das Brudervolk der Palästinen-
ser, ist verpflichtet, humanitär zu wirken, die Grenze bei

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(C (D afah aufzumachen und auf diesem Weg Landzugänge um Gazastreifen zu schaffen. Ich glaube, auch das geört zur Wahrheit, mit der wir uns auseinanderzusetzen aben. Wir wissen aber auch noch etwas anderes. Wir kenen beispielsweise die Zahl der zugelassenen Lkwransporte. Sie betrug im April 2010 2 647. Das sind ehr als 70 Prozent weniger als im Durchschnitt der onate Januar bis Mai 2007. Ich will jetzt gar nicht ehr auf die Äußerungen von John Ging eingehen, der ei uns in Berlin zu Besuch war. Er hat gesagt, dass das, as im Moment in Gaza ankommt, nicht mehr als ein ropfen auf den heißen Stein ist. Ich finde, das muss an bei dieser ganzen Diskussion in den Vordergrund tellen, weil das geändert werden muss. 65 Prozent der Menschen leben unter der Armutsrenze. 37 Prozent leben in extremer Armut. Für 60 Proent der Haushalte ist die Lebensmittelversorgung nicht esichert. Weitere 16 Prozent leben am Rand der Versorungssicherheit. 300 000 Menschen sind nach Angabe on UNOCHA nicht in der Lage, sich ausreichend Leensmittel, Trinkwasser und Hygieneartikel zu besorgen. 0 000 Menschen haben keinen Zugang zu fließendem asser. Täglich fließen dennoch 80 Millionen Liter Abasser ungeklärt bzw. nur teilweise geklärt in den Boen. Leidtragende sind wie immer die Ärmsten der Aren, Frauen, Kinder und Kranke. Diese Zustände – darüber sind sich alle internationaen Organisationen einig – müssen verändert werden. eshalb ist es gut und zu begrüßen, dass die Bundesreierung, die EU und auch die internationale Staatengeeinschaft angekündigt haben, ihre Unterstützung der alästinensischen Menschen im Gazastreifen deutlich uszuweiten. Besser wäre es natürlich, wenn die Ursache ür dieses Dilemma beseitigt würde. Die Ursache ist ach meiner Überzeugung die Blockade des Zugangs um Gazastreifen. Sie ist kontraproduktiv für das Anseen Israels. Es ist völlig klar, dass wir dabei zu berückichtigen haben, dass es nicht darum gehen kann, über en Weg der Öffnung des Gazastreifens Terrorismus und affen in diese Region zu exportieren. Ich glaube, man muss vor der Bewertung dieses Voralls die notwendigen Aufklärungsmaßnahmen durchühren. Ich sage es noch einmal: Es wäre am besten, enn es gelänge, die Abriegelung zu beenden und den enschen im Gazastreifen eine Perspektive zu verschaf en. Ich weiß nicht – die Völkerrechtler sind sich darüber neins –, ob die Seeblockade Gazas völkerrechtlich legiimiert ist. Wenn sie zulässig ist – ich finde, das ist die lare Botschaft und die klare Aussage, zu der man keine ntersuchung braucht –, ist es die Verpflichtung des taates, der sie durchführt, nämlich Israels, die Versorung der Zivilbevölkerung des blockierten Landes siherzustellen. Das ist die Aufgabe Israels. Dieser Aufabe wird Israel nicht gerecht. Deshalb müssen wir dafür orgen, dass diese Blockade aufhört. Ich persönlich bin der Meinung – ich sage das zum chluss –, dass diese Aktion zu verurteilen ist, wenn sich Christoph Strässer )





(A) )

herausstellen sollte, dass diese Aktion von Hamas und
anderen unterstützt worden ist. Ich verurteile aber nicht
– das sage ich ausdrücklich – den Mut und den Respekt,
den viele Menschen auf der Welt gezeigt haben, geleitet
von Desmond Tutu, Pax Christi und anderen. Sie haben
auf dem Wege einer friedlichen Zuführung über die
Grenzen hinweg humanitäre Hilfe geleistet. Dafür haben
diese Menschen meinen Respekt. Meinen Respekt haben
sie aber nicht, wenn sie sich von anderen Organisationen
vor den Karren spannen lassen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704607300

Das Wort hat nun Staatsminister Werner Hoyer.


(Beifall bei der FDP)


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Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1704607400


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
möchte Ihnen heute die Haltung der Bundesregierung zu
den Ereignissen vom 31. Mai 2010 vor Gaza darstellen
und Sie über die von der Bundesregierung ergriffenen
Maßnahmen unterrichten. Ich bedanke mich für die Re-
debeiträge von den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD,
der Grünen und der FDP, weil sie einen breiten Grund-
konsens in der Bewertung darstellen und auch mahnen,
bei der Interpretation nicht voreilige Schlussfolgerungen
zu ziehen und nicht der Gefahr zu erliegen, auf einem
Auge blind zu werden.

Die dramatischen Ereignisse vom 31. Mai 2010 wer-
fen ein Schlaglicht auf die angespannte Situation im Na-
hen Osten. Die Bundesregierung ist, ebenso wie Sie alle,
über den Verlust von Menschenleben zutiefst bestürzt.
Wir wissen auch: Was sich dort am 31. Mai abgespielt
hat, ist in erster Linie ein Symptom für viel tiefer lie-
gende Probleme. Wenn die internationale Gemeinschaft
erneute gewaltsame Auseinandersetzungen verhindern
will, darf sie diese Probleme nicht aus den Augen verlie-
ren.

Bislang ist die Faktenlage noch nicht vollständig ge-
klärt. Klar ist: Am 31. Mai 2010 brachte die israelische
Marine circa 70 Seemeilen vor der Küste von Gaza
sechs Schiffe der sogenannten Free-Gaza-Flottille auf.
Bei dieser Aktion kamen neun Menschen ums Leben,
und es gab circa 30 Verletzte. Der VN-Sicherheitsrat hat
ebenso wie die Europäische Union die Anwendung von
Gewalt verurteilt. Die Bundesregierung unterstützt diese
Erklärungen der Vereinten Nationen und der Europäi-
schen Union in vollem Umfang.

Die Bundesregierung hat frühzeitig ihrerseits Stellung
genommen. Wir haben dabei insbesondere eine umfas-
sende, transparente und neutrale Untersuchung des Vor-
falls gefordert. Für die Glaubwürdigkeit des Untersu-
chungsergebnisses ist eine überzeugende internationale
Beteiligung nach unserer Auffassung unerlässlich. Das
haben wir auch Israel gegenüber deutlich gemacht. Es
geht nun um die Ausgestaltung einer solchen Beteili-

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(C (D ung. Darüber wird auf internationaler Ebene gegenwärig sehr intensiv diskutiert. Die Bundesregierung hat eine eteiligung des Nahost-Quartetts vorgeschlagen. Das uartett aus USA, Vereinten Nationen, EU und Russland ereint die entscheidenden Akteure und ist nach unserer uffassung das beste Gremium, um die internationale kzeptanz einer solchen Untersuchung zu sichern. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es bleibt dabei: Ohne angemessene internationale Be-
eiligung wird die Glaubwürdigkeit einer Untersuchung
icht gesichert werden können. Das gilt übrigens aus-
rücklich nicht nur in Bezug auf das israelische Vorge-
en. Ich bedanke mich in diesem Zusammenhang für die
nmerkungen, die eben von verschiedenen Kolleginnen
nd Kollegen dazu gemacht worden sind. Man darf sich
uch nicht vor den Karren der Hamas spannen lassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


An Bord der Schiffe befanden sich elf deutsche
taatsangehörige, darunter die Kolleginnen Groth und
öger und auch unser früherer Kollege Professor Paech.
in deutscher Staatsangehöriger wurde bei der israeli-
chen Aktion verletzt. Die Bundesregierung hat rasch
ehandelt und versucht, unseren Staatsangehörigen Hilfe
ukommen zu lassen. Das AA und die Botschaft in Tel
viv waren seit den frühen Morgenstunden des 31. Mai
egenüber den israelischen Stellen um Kontakt und
ugang zu den deutschen Staatsangehörigen bemüht. Te-

efonate des Bundesaußenministers und auch der Bun-
eskanzlerin haben diesen Bemühungen weiteren Nach-
ruck verliehen. Bereits in der Nacht zum 1. Juni
onnten die Kolleginnen Groth und Höger mit drei wei-
eren Deutschen ausreisen. Am 2. Juni folgten die übri-
en sechs Deutschen, darunter auch der Verletzte, der in
ie Türkei ausreisen konnte. Wir sind froh, dass wir Sie
ieder wohlbehalten unter uns sehen können, meine Da-
en.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wir auch, Herr Staatsminister!)


Ich habe eingangs auf die tiefer liegenden Probleme
er Region hingewiesen. So schlimm die Ereignisse vom
1. Mai 2010 sind, wir dürfen gerade in dieser Situation
en Friedensprozess nicht aus den Augen verlieren.
hne Fortschritte auf dem Weg zur Zwei-Staaten-Lö-

ung wächst das Risiko einer erneuten Eskalation in der
egion. Nur die Feinde des Friedens würden hiervon
rofitieren. Gemeinsam mit unseren Partnern in der Eu-
opäischen Union und dem Quartett werden wir weiter-
in alles tun, damit die indirekten Gespräche fortgesetzt
nd in richtige Verhandlungen überführt werden können.

Wir leisten hierzu auch konkrete Beiträge. Ein Bei-
piel ist die Durchführung des Deutsch-Palästinensi-
chen Lenkungsausschusses am 18. Mai 2010 hier in
erlin unter Vorsitz von Ministerpräsident Salam Fajjad
nd Außenminister Guido Westerwelle. Ziel war es, un-
ere Unterstützung für den Aufbau eines palästinensi-
chen Staates deutlich zu machen und durch eine noch
ntensivere Zusammenarbeit zu untermauern. Minister-





Staatsminister Dr. Werner Hoyer


(A) )


)(B)

präsident Salam Fajjad hat den Lenkungsausschuss in
Berlin zu Recht als historisches Ereignis bezeichnet.

Wir Deutsche wollen uns nicht überheben. Aber wir
sind in einer besonderen Situation. Unsere Freundschaft
zu Israel wird niemand in Zweifel ziehen. Umgekehrt
sollte jeder wissen, dass wir in der arabischen Umwelt
Israels über ein beachtliches Vertrauen verfügen. Dies
zusammengenommen ergibt ein Kapital, das die Bun-
desrepublik Deutschland in die Bemühungen der Völ-
kergemeinschaft, hier zu einer friedlichen Lösung zu
kommen, einbringen muss.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. h. c. Gernot Erler [SPD])


Gleichzeitig verdeutlichen die Ereignisse des 31. Mai
2010 erneut die Notwendigkeit der Öffnung des Zugangs
zum Gazastreifen. Die derzeitige Situation ist nicht ak-
zeptabel, und vor allem ist sie kontraproduktiv. Es gibt
keine Alternative zu einer Öffnung der Übergänge für
humanitäre Lieferungen und Güter für den Aufbau der
zivilen Infrastruktur. Wir brauchen eine fundamentale
Veränderung bzw. Verbesserung des Zugangs nach Gaza.
Wohlgemerkt, das ist keine neue Position. Wir vertreten
diese Auffassung seit langem, ebenso wie unsere Partner
in der Europäischen Union. Der VN-Sicherheitsrat hat
die entsprechenden Parameter in seiner Resolution 1860
formuliert. Alle Elemente dieser Resolution müssen um-
gesetzt werden, der Zugang nach Gaza ebenso wie die
Einstellung von Angriffen aus dem Gazastreifen auf Is-
rael und die Unterbindung des Waffenschmuggels.

Ein erster Schritt könnte darin besehen, dass die ge-
genwärtige Positivliste durch eine Negativliste ersetzt
wird, in der solche Güter aufgeführt sind, die aus Sicher-
heitsgründen nicht nach Gaza eingeführt werden dürfen;
das wäre zumindest gegenüber dem derzeitigen Zustand
eine Verbesserung. Aber es bleibt dabei: Notwendig ist
eine fundamentale Verbesserung des Zugangs im Inte-
resse der Menschen im Gazastreifen, aber auch, um die
Perspektive für eine politische Lösung zu schaffen.

Die Ereignisse des 31. Mai 2010 sind Anlass zur
Trauer. Aber sie müssen auch Anstoß sein, unsere Be-
mühungen für den Frieden weiter zu verstärken. Wir
werden diese Fragen in den nächsten Tagen und Wochen
mit unseren Partnern in der Europäischen Union behan-
deln. Heute, zu dieser Stunde, findet eine Sondersitzung
des PSK unter Vorsitz von Catherine Ashton, der Hohen
Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Si-
cherheitspolitik, statt. Am kommenden Montag werden
wir uns im EU-Außenministerrat in Luxemburg mit dem
Thema Gaza befassen.

Was wir brauchen, ist eine fundamentale Änderung
der israelischen Gazapolitik. Die Rechnung, dass eine
Politik der Isolation irgendetwas Positives bewirken
könnte, ist nicht aufgegangen. Das Gegenteil ist Realität.
Deshalb muss diese Isolation beendet werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D ugleich ist die Europäische Union bereit, nach besten räften dazu beizutragen, dass den israelischen Sichereitsbedenken Rechnung getragen wird. Das Argument, icherheit für Israel und Versorgung des Gazastreifens ießen sich nicht miteinander vereinbaren, lässt sich icht länger rechtfertigen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704607500

Das Wort hat nun Annette Groth für die Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704607600

Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrter Präsident!

ch war auf zwei Schiffen der Free-Gaza-Flottille, erst
uf der keinen Challenger 1 unter US-amerikanischer
lagge mit 16 Passagieren, und am 29. Mai bin ich auf
ie Mavi Marmara umgestiegen. Ich möchte betonen,
ass alle Passagiere auf allen Schiffen unterschrieben
aben, dass es eine friedliche Mission ist und dass wir
eine Gewalt anwenden werden.


(Beifall bei der LINKEN – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Auch noch vertragsbrüchig!)


ch bin überzeugte Pazifistin und hätte nie gedacht, dass
s zu solch einer Gewalt mit neun Toten kommen
önnte.

Ich bin sehr froh, dass ich nicht Zeugin von Schieße-
eien oder anderen Gewalttaten wurde. Aber ich wurde
eugin einer äußerst menschenunwürdigen Behandlung
onseiten der israelischen Soldaten. So habe ich gese-
en, dass Verletzte auf der Treppe zum oberen Deck mit
em Kopf nach unten transportiert wurden; für Schwer-
erletzte kann das tödlich sein. Viele Männer hatten ihre
ände stundenlang mit Kabelbindern auf dem Rücken
efesselt. Ich war eine der wenigen Frauen, deren Hände
benfalls auf dem Rücken gefesselt wurden. Der Toilet-
enbesuch wurde willkürlich erlaubt oder verboten. Ein
sraelischer Soldat hat eine palästinensische Israelin mit
en Worten beschimpft: Solche Leute wie ihr gehören
lle ins Meer geworfen.

Nur durch eine internationale Untersuchung können
ie Vorwürfe widerlegt werden, die mittlerweile gegen
ns vorgebracht werden. Durch diese Vorwürfe soll an-
cheinend auch vom rechtswidrigen Angriff auf die Flot-
ille und von der Rechtswidrigkeit der Blockade abge-
enkt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Dem deutschen Free-Gaza-Bündnis gehören neben
er IPPNW – das sind die Internationalen Ärzte für die
erhütung des Atomskriegs – auch die katholische Frie-
ensbewegung Pax Christi an.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Terroristen!)






Annette Groth


(A) )


)(B)

In einer Presseerklärung betonte das deutsche Free-
Gaza-Bündnis gestern, dass die türkische Hilfsorganisa-
tion IHH eine von weltweit 3 000 Nichtregierungsorga-
nisationen ist, die beim Wirtschafts- und Sozialrat der
Vereinten Nationen einen beratenden Status haben.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Terroristen!)


Dazu muss eine Organisation demokratische und trans-
parente Entscheidungsprozesse nachweisen. Die Vor-
würfe, der Free-Gaza-Bewegung gehörten auch Parteien
mit rechten Tendenzen an, scheinen haltlos und tenden-
ziös.

Noch ein Punkt ist mir sehr wichtig. Überall werden
nun israelische Videos gezeigt. Die israelische Marine
hat die absolute Bildhoheit über die Vorfälle. Der deut-
sche Journalist Mario Damolin, der für die FAZ auf ei-
nem Schiff der Flottille war, konnte einen Chip seiner
Kamera retten. Alles andere Bildmaterial der Aktivisten
und auch von mir hat die israelische Marine eingesteckt.

Inzwischen wurde bewiesen, dass die israelischen
Videos manipuliert waren. Das Komitee zum Schutz von
Journalisten hat inzwischen gegen die Bearbeitung und
Verbreitung des Bildmaterials protestiert, das den rund
60 ausländischen Journalisten und Journalistinnen abge-
nommen wurde. Inzwischen haben auch die israelischen
Streitkräfte eingeräumt, dass es sich bei den Aufnahmen
eines Gesprächs, bei dem angeblich ein Aktivist die Mi-
litärs aufforderte, nach Auschwitz zurückzukehren, um
eine Fälschung handelt. Diese Fälschung wurde leider
auch von einigen deutschen Medien übernommen.

Meine große Sorge gilt zurzeit Hanin al-Suabi, Free-
Gaza-Aktivistin und Mitglied der Knesset. Man will ihre
Immunität aufheben und ihr die israelische Staatsbürger-
schaft aberkennen. Außerdem kursiert im Internet ein
Mordaufruf. Ein Likud-Abgeordneter will sie wegen
Hochverrats anklagen. Hanin ist äußerst gefährdet, und
ich möchte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitten,
mitzuhelfen, sie in das parlamentarische Schutzpro-
gramm aufzunehmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte mit einem Zitat von Bischof Tutu schlie-
ßen:

Wenn du dich in Situationen der Ungerechtigkeit
neutral verhältst, hast du dich auf die Seite des Un-
terdrückers gestellt.

Die ehemalige israelische Kultusministerin Schulamit
Aloni betonte, dass ein Staat, der ein anderes Volk unter-
drückt, nicht in Sicherheit leben kann. Als Menschen-
rechtspolitikerin und -aktivistin werde ich mich natürlich
weiterhin für die Aufhebung der Blockade einsetzen,
und dafür werbe ich um Ihre Unterstützung.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704607700

Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Peter

Beyer von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bilder der reignisse vom frühen Morgen des 31. Mai 2010, als ine Gruppe von insgesamt acht Schiffen durch die isaelische Marine aufgebracht wurde, haben uns erneut eutlich gemacht, wie weit Frieden im Nahen Osten dereit noch entfernt ist. Durch die Instabilität der Verhältisse wird unsere Sorge vor einer weiteren Eskalation in er Region und einem endgültigen Ende des Friedensrozesses im Nahen Osten verstärkt. Die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister aben ihre Bestürzung über die Ereignisse umgehend um Ausdruck gebracht. Auch ich möchte den Angehöigen der Toten meine Anteilnahme aussprechen und zuem unseren konsularischen Beamten und Mitarbeitern afür danken, dass sie trotz schwierigster Umstände daür gesorgt haben, dass eine sehr schnelle Rückführung ller Deutschen, die an Bord der Schiffe gewesen sind, innen 48 Stunden sichergestellt wurde. Wir alle sind bestürzt über den Verlust menschlichen ebens. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass die zuächst gemeldeten Abläufe und die sich die Tage darauf bzeichnenden Fakten über das tatsächliche Geschehen tark voneinander abweichen: Anfangs war von 20 getöeten Aktivisten die Rede. Kurze Zeit später wurden ereblich weniger Opfer gemeldet. Videos zeigen zudem, ass Soldaten sofort, nachdem sie sich an Bord der Mavi Marmara“ begeben hatten, und offenbar auch kordiniert mit massiver Gewalt konfrontiert worden sind. (Zuruf von der LINKEN: Eine Unterstellung! – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Peter Beyer (CDU):
Rede ID: ID1704607800

s kam dazu, dass ein Soldat in völliger Absicht über die
eling des Schiffes geworfen worden ist.

Die furchtbare Eskalation der Gewalt macht noch ein-
al deutlich, wie sehr man gerade in diesem Konflikt

orschnelle Rückschlüsse auf das tatsächliche Gesche-
en vermeiden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


larheit über die wirklichen Ereignisse kann nur eine in-
ernationale, unabhängige, transparente und vollständige
ntersuchung der Abläufe unter Geltung des allgemei-
en Völkerrechts geben. Darüber herrscht in diesem
ause größtenteils Konsens, wie auch die bisherigen Re-
ebeiträge gezeigt haben. Das ist sehr zu begrüßen.

Vor einer Bewertung des Geschehens muss eine Auf-
lärung aller Umstände stattfinden. Hier gilt das Motto
Sorgfalt vor Schnelligkeit“. Das muss für unsere Prinzi-
ien und die Hierarchie in den Prinzipien gelten. Diesen
eg werden wir gemeinsam mit unseren europäischen

reunden und amerikanischen Partnern unterstützen.

Wo unsere Hilfe gewünscht wird und wo wir helfen
önnen, etwa bei unabhängigen Kontrollen des Küsten-
ebietes vor Gaza, da sollten und werden wir unseren
reunden zur Seite stehen. Lassen Sie mich aber auch ei-
es deutlich sagen: Beschuldigungen und Vorverurtei-





Peter Beyer


(A) )


)(B)

lungen schüren den Konflikt und sind in hohem Maß
verantwortungslos.


(Christoph Strässer [SPD]: Beidseitig!)


Eine vorschnelle und einseitige Bewertung der Gesche-
hensabläufe in die eine oder in die andere Richtung, um
damit durchsichtige politische Zwecke zu verfolgen


(Zurufe von der LINKEN)


– erschreckenderweise gibt es hier noch einige, die dies
tun –, ist auch Wasser auf die Mühlen derjenigen, die
den Frieden in der Region gar nicht wollen.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist ja unglaublich! Unterstellung!)


Alle Seiten müssen endlich den friedlichen Weg zur
Konfliktlösung beschreiten. Dazu gibt es keine Alterna-
tive.

Die in Gaza seit 2007 herrschende Hamas ist eine Or-
ganisation, die Terror täglich als Mittel der Politik ein-
setzt. Seit 2007 herrscht damit in Gaza ein Regime, das
die Existenz Israels auch weiterhin nicht anerkennt. Die
Bedrohung Israels durch Raketenbeschuss und Spreng-
stoffanschläge ist real und unmittelbar. Fest steht, dass
die Blockade Gazas den Friedensprozess nicht einfacher
macht. Um die Situation heute verstehen zu können,
muss man aber auch die Umstände betrachten, die zur
Blockade Gazas durch Israel geführt haben.

Ein Import über den Landweg nach Anlaufen des Ha-
fens von Aschdod wäre auch im Fall der sogenannten
Friedensflottille möglich gewesen. Das haben wir in den
heutigen Redebeiträgen schon mehrfach gehört. Er
wurde jedoch von den Organisatoren des Konvois abge-
lehnt. Das wirft die hier und heute nicht abschließend zu
klärende Frage nach der wahren Absicht der Organisato-
ren des sogenannten humanitären Konvois auf.

Richtig ist: Humanitäre Güter müssen die Menschen
in Gaza erreichen können. Zur Lösung der schwierigen
Situation braucht es jedoch mehr als widersprüchliche,
offensichtlich wenig durchdachte und damit letztlich
auch fahrlässige Einzelaktionen. Mehr denn je brauchen
wir starke demokratische Partner in der Region. Wir
Deutsche haben in der Vergangenheit Israel und in den
letzten Jahren auch die Türkei als solche verlässlichen
Partner kennen und schätzen gelernt. Beide Staaten sind
entscheidende Stabilitätsfaktoren in der Region. Die
Bundeskanzlerin hat in Telefonaten mit Regierungschef
Erdogan und Premierminister Netanjahu Deutschlands
Sorge darüber zum Ausdruck gebracht, dass eine Eskala-
tion stattfindet.

Die jüngsten Ereignisse sind eine eindringliche Mah-
nung an uns alle und an die internationale Staatenge-
meinschaft, die Verhältnisse in Gaza nachhaltig zu ver-
bessern. Der Weg zum Frieden führt dabei nicht über
Einzelaktionen, sondern über Verhandlungen und Kom-
promisse aller Beteiligten, wobei auch das Nahostquar-
tett eine prominente Rolle spielen sollte. Beide Seiten
müssen den Ausgleich suchen, damit die Blockade Ga-
zas beendet werden kann, ohne dass dadurch die Sicher-
heit Israels gefährdet wird.

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(C (D Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704607900

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Günter

loser.


(Beifall bei der SPD)



Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1704608000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine Kollegen Rolf Mützenich und
hristoph Strässer und auch andere Kolleginnen und
ollegen haben bereits etwas zur internationalen Auf-
lärung der Vorfälle gesagt. Im Zusammenhang damit
age auch ich: Israel als der einzige demokratische Staat
n der Region sollte von sich aus erkennen, dass es einer
nternationalen Aufklärung der Vorgänge bedarf, bevor
ine Bewertung vorgenommen werden kann.

Ich möchte die Vorgänge aber auch zu der Entwick-
ung des Nahost-Friedensprozesses in Beziehung setzen.
atürlich ist dieser Prozess durch die jüngsten Vorfälle

rneut beeinträchtigt worden. Das dürfen wir nicht ein-
ach hinnehmen; denn eine Einigung zwischen Israelis
nd Palästinensern ist nach wie vor nötig und alternativ-
os. Die Gewalt beider Seiten bei der Erstürmung des
chiffes war dabei ein Rückschlag, der vor allem die
osition Israels geschwächt und die Unterstützung für
adikale Kräfte auf arabischer Seite wesentlich verstärkt
at. Es braucht deshalb nicht noch einmal betont zu wer-
en, dass diese Aktion den Sicherheitsinteressen Israels
roßen Schaden zugefügt hat.

Angesichts dessen ist es bemerkenswert, dass sich der
alästinensische Präsident einem sofortigen Stopp der
erade aufgenommenen Gespräche verweigert hat. Das
rfordert Mut und zeigt, dass zumindest in Teilen der Fa-
ah weiterhin die Überzeugung besteht, dass es ohne ei-
en Ausgleich mit Israel keinen palästinensischen Staat
eben wird. Auch das muss berücksichtigt werden.

Es wäre übertrieben, zu sagen, dass die indirekten
riedensgespräche zwischen Israel und den Palästinen-
ern im Westjordanland auf einem guten Weg waren, bis
ie Ereignisse der letzten Woche wieder einmal alles in-
rage stellten. Aber nach langem Zögern und Taktieren
urden endlich wieder erste Schritte getan. Wir und die

sraelische Regierung müssen zu diesem Punkt zurück-
ommen und darüber hinausgehen; denn die Gespräche
ind der einzige Weg zum Ziel. Die Frage ist also nicht,
b Israel einen Ausgleich mit den Palästinensern finden
ird, sondern wann. Denn bis zum Erreichen dieses Aus-
leichs wird der Konflikt mit den Nachbarn nicht gelöst,
ird die Sicherheit Israels, der wir als Deutsche – auch

ch unterstreiche das hier noch einmal – ganz besonders
erpflichtet sind, nicht erreicht werden können.

Wir Deutschen können dazu mehr beitragen, als viele
keptiker vielleicht meinen: zum einen – das ist in ver-
chiedenen Gesprächen und Beiträgen deutlich gewor-
en –, indem wir mit unseren israelischen Partnern in
ngstmöglichem Kontakt bleiben, zum anderen, indem





Günter Gloser


(A) )


)(B)

wir mit der Palästinenserregierung im Westjordanland
zusammenarbeiten, um dort eine glaubwürdige Alterna-
tive zur Hamas aufzubauen und zu stärken. Ich sage, ge-
rade als Vertreter der Opposition, ganz deutlich, dass ich
das Auswärtige Amt und den Außenminister in zwei
Punkten ausdrücklich unterstütze:

Erstens ist es gut, dass Außenminister Westerwelle
vor kurzem vier arabische Länder besucht hat, unter an-
derem Syrien und Libanon. Herr Staatsminister Hoyer,
die SPD fordert seit langem, die Beziehungen gerade zu
Syrien zu intensivieren und den deutschen Einfluss dort
durch vertiefte Gespräche und Kooperationen zu stär-
ken. Dass damit jetzt offenbar begonnen wurde, ist posi-
tiv; aber weitere Schritte müssen folgen.

Der zweite positive Punkt ist die Einrichtung des
Deutsch-Palästinensischen Lenkungsausschusses, der
Mitte Mai dieses Jahres erstmals und gleich auf Minister-
ebene tagte. Das ist eine sehr praktische und zugleich
symbolisch ungeheuer wichtige Unterstützung der kon-
struktiven Kräfte rund um den palästinensischen Minis-
terpräsidenten Fajjad.

Wir dürfen aber – damit komme ich zurück zum
Thema – bei alledem den Gazastreifen nicht vergessen.
Der Unterschied im Lebensstandard zwischen Gaza und
Westbank wächst dramatisch. Die ideologische, wirt-
schaftliche und räumliche Trennung trägt Tag für Tag
dazu bei, genauso wie die Blockade des Gazastreifens
durch Israel.

Ich will es noch einmal ganz klar sagen: Israel hat
seine selbstgesteckten Ziele mit dieser Blockade nicht
erreicht. Die Hamas bekommt alles, was sie braucht,
durch Schmuggel: Waffen, Geld und Material. Zugleich
wird aber die Bevölkerung des Gazastreifens in Elend
und Arbeitslosigkeit und damit in absoluter Abhängig-
keit von der Hamas gehalten. Deshalb gehört die Blo-
ckade aufgehoben. Die Kontrollen müssen zugleich
deutlich verbessert werden. Das sollte nicht durch Israel
allein, sondern unter anderem auch mit europäischer
Hilfe geschehen. Nur wenn das gelingt, können Gaza
und Westbank wieder zusammengeführt werden und
dann gemeinsam einen unabhängigen, lebensfähigen
und friedlichen Palästinenserstaat bilden.

Mich hat in der letzten Woche ein Zitat des israeli-
schen Schriftstellers Amos Oz besonders beeindruckt. Er
hat hervorgehoben, dass es falsch ist, die Hamas nur mit
militärischen Mitteln zu bekämpfen, denn die Hamas sei
nicht nur eine terroristische Organisation, sondern eben
auch eine Idee, nämlich die verzweifelte und falsche
Idee, dass man den palästinensischen Interessen mit Ge-
walt gegen Israel dienen könne. Dazu schreibt Amos Oz
weiter:

Um eine Idee zu besiegen, muss man etwas Besse-
res präsentieren, eine Idee, die attraktiver und ak-
zeptabel ist. Israel wird die Hamas nur dann los,
wenn es sich mit den Palästinensern rasch über die
Errichtung eines unabhängigen Staates …

– gemeint ist Palästina –

verständigt.

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(C (D arin kann ich Amos Oz nur zustimmen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704608100

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Patrick Kurth

as Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1704608200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Die Vorgänge vom 31. Mai sind bestürzend. Ich
edauere genauso wie meine Vorredner die Toten und
erletzten auf beiden Seiten. Wir haben gesehen, dass
ie Situation dort sehr viel labiler ist als gedacht. Wir
ollten, wenn wir über diesen Tag sprechen, auch über
ie Vorbedingungen und die Gesamtlage sprechen. Die
ituation im Nahen Osten insgesamt ist bekannt. Die Si-

uation im Gazastreifen ist mehr als unbefriedigend. Die
lockade des Gazastreifens führt ohne Zweifel zu einer
nerträglichen humanitären Situation der dort lebenden
enschen. Herr Staatsminister Hoyer, herzlichen Dank

ür Ihre sehr klaren Worte heute. Sie waren in dieser
larheit, auch für einige von uns, möglicherweise über-

aschend.

Vor diesem Hintergrund muss klar sein, dass friedli-
her Protest und friedliche Demonstrationen, die dazu
ienen, auf diese Situation aufmerksam zu machen, zu
kzeptieren sind. Aber im Gazastreifen ist eine Organi-
ation an der Macht, die gewaltsam agiert, die Vernich-
ung Israels offen propagiert und vor bestimmten Aktio-
en – auch vor Angriffen auf israelische Ziele – nicht
urückschreckt. Das sind die Umstände. In dieser Situa-
ion fährt ein Konvoi mit mehreren Tausend Tonnen
ilfsgütern und einigen Hundert Aktivisten an Bord los.
abei waren Aktivisten – die meisten sicherlich mit eh-

enwerten Motiven, manche mit Kalkül, manche naiv –,
nallharte Provokateure und manche, die schon vorher
esagt haben, sie wollten zu Märtyrern werden. Laut tür-
ischen Medien waren 40 der türkischen Teilnehmer ge-
altbereit. Drei der Getöteten hatten vorher bekundet,
ass sie auf diesem Trip als Märtyrer sterben wollen.
as sind die Fakten, die man bei aller Kritik an dem is-

aelischen Vorgehen nicht vergessen darf.

Sie wissen, dass Israel angeboten hat, die Hilfsliefe-
ung zu prüfen und auf dem Landweg nach Gaza zu ver-
enden. Das Angebot wurde ausgeschlagen. Sie wissen,
ass der Kapitän mehrfach gewarnt und aufgefordert
urde, abzudrehen; das wurde bewusst ignoriert bzw.
egativ beschieden. Eine Konfrontation und die mediale
ufmerksamkeit sollten also bewusst provoziert werden.

n diesem Kontext durchbrechen die Schiffe die Blo-
kade.


(Zurufe von der LINKEN)






Patrick Kurth (Kyffhäuser)



(A) )


)(B)

Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen Sitzstreik
in Deutschland, sondern um ein Geschehen im Nahen
Osten. Ein kleiner Flügelschlag kann dort zum Erdbeben
führen. Die Region ist hochsensibel. Die Akteure sind
grundsätzlich nervös. Es reichen dort wenige Aktionen
aus, um eine blutige Auseinandersetzung zu provozie-
ren. Das sind die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte.

Man darf also deutlich sagen, dass auch Fehler und
manche Vorhaben der Aktivisten zu dieser Eskalation
massiv beigetragen haben. Keiner der Beteiligten wollte
eine derartige Eskalation; davon kann man ausgehen. Ich
schließe mich denjenigen an, die argumentieren, hier
handele es sich um eine fatale Kette von Fehleinschät-
zungen, die im Ergebnis von keiner Seite in diesem Aus-
maß gewollt war. Genau hier spiegeln sich die verfah-
rene Situation und die fragile Lage im Nahen Osten
wider. Ein kleiner Funke kann ausreichen, um eine große
Explosion zu verursachen. Was hätte aus diesem Vorfall
nicht alles werden können! Manche haben es gezielt an-
gestrebt, manche haben es in Kauf genommen.

Natürlich bestanden an diesem Montag auch auf un-
serer Seite Ängste über das Schicksal derjenigen – ihre
Identität war ja zunächst unbekannt –, die auf den Boo-
ten waren. Wir stellten uns die Fragen: Was passiert als
Reaktion darauf zum Beispiel im Gazastreifen? Welche
Mittel setzt möglicherweise Israel ein? Welche Reaktion
kommt aus der Türkei? Wie wirkt sich das auf die Stabi-
lität der Regierung aus? Bricht eine neue Spirale der Ge-
walt aus? – Meine Damen und Herren, mit Blick auf die
Toten und auf die Folgen, die an diesem Tag innerhalb
weniger Stunden hätten eintreten können, war der Preis
der Aktion eindeutig zu hoch.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Geschadet hat dieser Vorfall dem gesamten Friedens-
prozess im Nahen Osten. Eines ist schon jetzt klar: Die-
ser Vorfall hat den gerade erst wieder aufkeimenden
Friedensprozess zurückgeworfen. Der Anstoß für neue
Bemühungen im Nahostfriedensprozess muss jetzt erfol-
gen, eine fundamentale Änderung der israelischen Gaza-
politik inbegriffen. Der erste Schritt muss sein – diese
Auffassung teilt man offensichtlich fraktionsübergrei-
fend –, eine unabhängige internationale Untersuchung
des Vorfalls durchzuführen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704608300

Für die Unionsfraktion spricht der Kollege Holger

Haibach.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1704608400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass

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(C (D eder, der bei dieser Aktion ums Leben gekommen ist, in Toter zu viel gewesen ist, dass es nicht gut ist, dass erletzte zu beklagen sind, und dass es internationale ntersuchungen geben muss. Es ist auch schon deutlich eworden – Christoph Strässer, Frau Müller und auch ndere haben darauf hingewiesen –, dass die Politik, die srael in Bezug auf den Gazastreifen und zum Teil auch n Bezug auf die Westbank verfolgt, sicherlich nicht erolgversprechend ist, zumindest hat sie nicht das geracht, was Israel sich erhofft hat. Diverse Zahlen dazu ind schon genannt worden. Man könnte hinzufügen: Sogar wir, Deutschland, sind etroffen; denn Deutschland versucht, in der Mitte des azastreifens – Herr Niebel kennt den Fall – eine Klär nlage aufzubauen. Dass dies nicht gelingt, liegt daran, ass die Lieferung der Teile, die dafür notwendig sind, n einem Grenzübergang von Israel aufgehalten wird. ch bin Herrn Niebel sehr dankbar dafür, dass er dazu ehr deutliche Worte findet. Insofern kann ich sehr vieem zustimmen, was hier gesagt worden ist. Nichtsdestoweniger ist immer die Frage, welches ittel man eigentlich anwendet und welche Möglichkei en man hat, um auf solche Missstände aufmerksam zu achen. Mich stört an dieser ganzen Aktion mit dem onvoi, dass es sich meiner Meinung nach um eine un uverlässige Vermischung von politischer Agitation und on Hilfsgüterlieferung handelt. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das ist eine Glaubensfrage!)


as diskreditiert viele Hilfsorganisationen, die seriös ar-
eiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Fragen Sie sich doch einmal, warum das Rote Kreuz
igentlich bei fast allen Regierungen dieser Welt akzep-
iert ist. Das hat etwas damit zu tun, dass das Rote Kreuz
trikte Neutralität wahrt. Das Rote Kreuz ist sogar in
ändern tätig, in denen fast niemand anders tätig sein
ann. Ich streite überhaupt nicht ab, dass politischer Pro-
est legitim ist. Darüber gibt es für mich überhaupt keine
iskussion. Ich glaube nur, dass die Vermischung von
eidem schlecht ist. Dadurch werden nämlich auf der ei-
en Seite neutrale Organisationen diskreditiert, und auf
er anderen Seite dient es dem Zweck nicht. Auf mögli-
he Folgen dieser Aktion ist ja sehr deutlich hingewiesen
orden.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Lin-
en, Sie sind hier nie zimperlich mit Ihrer Wortwahl, und
ie sind auch relativ schnell dabei, uns alles Mögliche zu
nterstellen.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wir sagen immer die Wahrheit! Das ist das Problem dabei!)


ch würde gern der Frage nachgehen wollen: Wer war ei-
entlich dabei? Hätte man das nicht vorher wissen kön-
en? – In der ARD-Sendung Report Mainz vom 7. Juni
010 wurde unter anderem ein Interview mit Frau Groth
usgestrahlt. In diesem Interview antwortete Frau Groth
uf die Frage, wer mit ihr reise:





Holger Haibach


(A) )


)(B)

…, fragen Sie doch die Dame von Pax Christi. Die
kennt sich da vielleicht eher aus als ich.

Auf die Frage, ob sie sich nicht vor der Fahrt über die
Mitreisenden informiert habe, antwortete sie: „Ich be-
ende das jetzt!“ Ich unterstelle Ihnen die besten Absich-
ten, aber es ist zumindest fahrlässig, wenn man weiß,
dass sich die Gruppe an Bord offensichtlich sehr multi-
pel zusammensetzt. Unter anderem waren dort – das
wird nicht bestritten – Mitglieder einer in der Türkei täti-
gen Partei, Funktionäre der BBP. Das ist eine Partei, de-
ren demokratische Legitimation – um es ganz vorsichtig
zu formulieren – extrem zweifelhaft ist. Das müssen Sie
jetzt nicht mir glauben, aber Sie können natürlich gern
Ihrer eigenen Fraktion glauben, Frau Groth.

Mit Genehmigung der Präsidentin möchte ich aus ei-
ner Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke aus dem
Jahr 2007 mit der Überschrift „Türkische Rechtsextreme
in Deutschland“ zitieren; wohlgemerkt: Ich zitiere nicht
die Antwort der Bundesregierung, sondern die Vorbe-
merkungen der Fragesteller. Darin heißt es:

Als „Graue Wölfe“ … werden die Anhänger der
rechtsextremen „Partei der Nationalistischen Bewe-
gung“ MHP und der von dieser abgespaltenen isla-
misch-nationalistisch orientierten „Großen Ein-
heitspartei“ BBP aus der Türkei bezeichnet.

Weiter unten heißt es:

Das Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-
Westfalen bescheinigt der Bewegung der „Grauen
Wölfe“ eine rassistisch-nationalistische Orientie-
rung, Antisemitismus … eine stark islamisch ge-
färbte Ideologie, Gewaltbereitschaft und am Füh-
rerprinzip ausgerichtete totalitäre Strukturen.

Die „Grauen Wölfe“ … vertreten einen ausgepräg-
ten Rassismus gegenüber nicht türkisch-islami-
schen Bevölkerungsteilen der Republik Türkei wie
Kurden, Aleviten und christlichen Minderheiten.
„Zu den ‚Feinden‘ gehören Armenier, Griechen, Ju-
den, Freimaurer, Nachkommen von Sabbatei Zwi,
Europäer, Amerikaner, Russen und Kurden“ …

Dies kommt nicht von mir, sondern von Ihnen. Es ist aus
dem Jahr 2007. Sie hätten wissen können, mit wem Sie
sich dort aufs Schiff begeben haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Insofern: Für mich gibt es überhaupt keine Diskus-
sion darüber, dass politischer Protest vollkommen legi-
tim ist. Aber vermischen Sie das nicht mit Hilfsleistun-
gen; denn Sie diskreditieren dann alle diejenigen, die in
neutraler und guter Absicht Hilfe leisten.

Danke sehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704608500

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 a bis 5 c auf:

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(C (D a)

gierung

Gutachten zu Forschung, Innovation und
technologischer Leistungsfähigkeit 2010

– Drucksache 17/990 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bundesbericht Forschung und Innovation
2010

– Drucksache 17/1880 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Kultur und Medien

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten René
Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-
Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Innovationslücke schließen – Zügig ein tragfä-
higes Konzept zur Stärkung der Innovations-
und Validierungsforschung vorlegen

– Drucksache 17/1958 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
inisterin für Bildung und Forschung, Dr. Annette
chavan, der ich auch von hier aus recht herzlich zu ih-
em heutigen Geburtstag gratuliere.


(Beifall)


Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
ung und Forschung:

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
nd Kollegen! Meine Damen und Herren! Im Bundesbe-
icht Forschung und Innovation 2010 wird mit Blick auf
ie Entwicklung des Forschungsstandorts Deutschland
ilanz gezogen: Bilanz über den Zusammenhang zwi-

chen Forschung und Innovation, Bilanz über den Zu-
ammenhang zwischen Forschung und wirtschaftlicher
ntwicklung in Deutschland.





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) )


)(B)

Die Daten sind erfreulich und eindeutig. Es gibt eine
erhebliche Dynamik am Forschungsstandort Deutsch-
land. Seit 2005 sind die Investitionen für Forschung sei-
tens der öffentlichen Hand um 21 Prozent gestiegen, und
wir haben damit zugleich – das ist ja immer Ziel unserer
öffentlichen Investitionen – Dynamik bei den Investitio-
nen seitens der Unternehmen erreicht. Diese Investitio-
nen sind nämlich um 19 Prozent gestiegen. Seit der Wie-
dervereinigung, also in den letzten 20 Jahren, hat es
nicht einen so hohen Anteil von Forschung und Entwick-
lung am BIP gegeben, nämlich 2,7 Prozent. Das ist eine
überaus gute und dynamische Entwicklung in den letzten
Jahren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Durch den Bericht wird deutlich, dass wir uns natür-
lich mit Trends außerhalb Deutschlands beschäftigen
müssen.

Erstens. Die Gewichte verschieben sich. Länder wie
China, Indien und Brasilien legen hier deutlich zu, inves-
tieren konsequent, sind übrigens auch an internationalen
Kooperationen stark interessiert. Deshalb war es richtig,
liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir im Koalitions-
vertrag festgelegt haben: Bei der Internationalisierung
unserer Forschungspolitik wollen wir einen Schwer-
punkt bei den Entwicklungs- und Schwellenländern le-
gen. Wir werden auch in den nächsten Jahren alles tun,
um mit den besten, also mit exzellenten Partnern Koope-
rationen auf internationaler Ebene zu schmieden.
90 Prozent des Wissens wird außerhalb Deutschlands
generiert. Das heißt: Die Internationalisierung bleibt in
dieser Legislaturperiode ein zentrales Projekt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der zweite Trend, der beschrieben wird, betrifft die
Investitionen innerhalb Deutschlands. Die Zahl der Pu-
blikationen und Patente ist in Deutschland in den letzten
Jahren um 20 Prozent gestiegen. Es ist also eine deutlich
positive Entwicklung zu erkennen. Diejenigen unter uns,
die international unterwegs sind, spüren, dass es ein ho-
hes Interesse am Forschungsstandort Deutschland gibt.
Außerdem gibt es ein hohes Interesse an Forschungsko-
operationen mit unseren Universitäten. Unsere Devise in
dieser Legislaturperiode lautet also – davon sind wir fest
überzeugt –: Forschung bedeutet Arbeit an der Quelle
künftigen Wohlstands. Die strukturelle Weiterentwick-
lung des Wissenschaftssystems hat für uns deshalb Prio-
rität. Wir werden neue Allianzen zwischen Wissenschaft
und Wirtschaft schmieden. Das Karlsruher Institut für
Technologie und die Entwicklung neuer Zentren der Ge-
sundheitsforschung in verschiedenen Regionen Deutsch-
lands sind Beispiele für strukturelle Innovation. Wir in-
vestieren nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern
setzen auch neue Konzepte um. Wir schmieden Allian-
zen und wollen das Wissenschaftssystem strukturell wei-
terentwickeln. Denn das stärkt unsere internationale
Position.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das alles hat ein solches Gewicht, weil der Anteil von
Gütern, Produkten, Dienstleistungen und Verfahren, die
auf Forschung basieren, 45 Prozent der Wertschöpfung

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(C (D er deutschen Wirtschaft beträgt. Aus diesem Grunde ist ieses Thema nicht nur ein Ressortthema. Wir sind nicht eltmeister niedriger Löhne, sondern wollen Weltmeis er der Innovationskraft sein. Denn davon hängt die irtschaft von morgen ab. Neben der Dynamik im Bereich der Finanzen und der euen Impulse bei der strukturellen Entwicklung ist es ine weitere positive Entwicklung, dass sich immer ehr junge Leute für eine hochqualifizierte Ausbildung m Wissenschaftsund Forschungsbereich interessieren. er Anteil der Studienanfänger eines Jahrgangs ist im ahr 2009 auf über 43 Prozent gestiegen. Diejenigen, die chon länger bildungspolitische Debatten führen, wisen, wie viele Jahre von allen gefordert wurde, einen Aneil von 40 Prozent zu erreichen. Mittlerweile liegt der nteil aber bereits bei 43 Prozent – Tendenz steigend. as ist der dritte zentrale Faktor: Die jungen Leute, die ich für ein wissenschaftliches Studium interessieren nd in die Forschung gehen möchten, werden von uns rmutigt, diesen Weg zu gehen. Wer den Bundesbericht Forschung und Innovation 010 liest, stellt sofort eine Verbindung zwischen dem issenschaftsund dem Bildungssystem her. Die Bun esregierung und die sie tragenden Fraktionen haben daür gesorgt – dies wird auch in fünf oder sechs Jahren im undesbericht stehen –, dass in den nächsten Jahren die indeutige Priorität im Bereich von Bildung und Forchung liegt. Das hat es so noch nie gegeben. Das lassen ir uns auch nicht kleinreden. atürlich liegt die Priorität im Bereich der Finanzen; das eigen die 12 Milliarden Euro. Das ist in Zeiten wie dieen keine Kleinigkeit; darauf ist heute Morgen mehrfach ingewiesen worden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt ber auch bei neuen Impulsen und der Umsetzung unseer Konzepte. Ich möchte in diesem Zusammenhang eines ausrücklich erwähnen: Ich habe mir die Debatte, die heute orgen geführt wurde, angehört. Manchmal denke ich, ass mancher mit seinen Textbausteinen irgendwo hänen geblieben ist. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as ist im Computerzeitalter leichter möglich; da kön-
en Sie immer wieder auf die entsprechende Taste drü-
ken, und es kommt immer wieder das gleiche Zeug he-
aus.

Wir haben uns doch alle weiterentwickelt: in der Gro-
en Koalition, in den Ländern, in denen jetzt fast alle,
ie hier vertreten sind, irgendwie Verantwortung tragen.
eder weiß, wie kompliziert es ist, auch nur eine kleine
eform so umzusetzen, dass die Bürger am Ende sagen:
as ist gut. Jeder weiß, wie schwierig es mit den Finan-

en ist; jeder weiß, dass es in dieser Gesellschaft in na-
ezu keiner einzigen bildungspolitischen Frage einen





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) )


)(B)

Konsens gibt, sondern Pluralität, Vielfalt. Das kann man
auch gut finden; ich finde es in Ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Meinhardt [FDP] Aber man muss doch bereit sein, darüber zu diskutieren, sich dem zu stellen, statt immer die gleiche Feststellung zu treffen, dass der Bildungsstandort nicht vorankomme. Dieser Bildungsstandort Deutschland ist in den letzten Jahren vorangekommen, und er ist es nicht nur im Hinblick auf Geld. Dies zeigt auch der Vergleich der letzten PISA-Studie mit der ersten PISA-Studie. Diese habe ich als Präsidentin der Kultusministerkonferenz vorgestellt und weiß deshalb noch ganz genau, was darin stand. In diesen zehn Jahren ist enorm viel passiert. Wir konstatieren den Rückgang der Schulabbrecherzahlen, eine größere Spitzengruppe und eine Verringerung der Zahl derer, die am unteren Ende sind. Deshalb rate ich uns dringend: Wenn es uns gelingen soll, diese Dynamik am Forschungsstandort Deutschland zu erhalten, dann müssen jetzt alle auch einmal über ihren Schatten springen, dann müssen wir sensibler wahrnehmen, was sich verbessert hat und auf welchen Gebieten wir gut geworden sind. Dazu zählt, das Flaggschiff berufliche Bildung stärker herauszustellen, zum Beispiel im europäischen Kontext. Wir müssen wirklich an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, die wohl 200 verschiedenen Maßnahmen zu bündeln, die sich mit dem Übergang von der Schule in den Beruf befassen und die es auf allen möglichen Ebenen gibt, von jeder einzelnen Kammer bis hin zum Bund und zu den Ländern. Der erste wichtige Schritt ist geschehen. Diese Aufgaben gemeinsam zu lösen, dafür werbe ich. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steht das auch im Forschungsbericht?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Willi Brase [SPD]: Sehr richtig!)


Ich lasse dann auch nicht zu und halte es für wirklich-
keitsfremd, ewig so zu tun, als konzentrierten wir uns
auf Maßnahmen, die mit den wirklichen Nöten im Bil-
dungssystem nichts zu tun haben. Nein, wer sich die vor-
gesehene Verwendung der 6 Milliarden Euro für Bildung
anschaut, erkennt genau zwei Schwerpunkte. Der erste
Schwerpunkt betrifft etwas, das 60 Jahre lang nicht ge-
leistet worden ist, die Stärkung der Lehre an Hochschu-
len. Das kommt den Studierenden zugute. Die anderen
50 Prozent der Mittel sollen der Stärkung der Förderung
für Benachteiligte zugutekommen. Das sind unsere bei-
den Schwerpunkte: einerseits die Studierenden – dritte
Säule Hochschulpakt –,


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja schön!)


andererseits die Förderung der Benachteiligten mit all
den Maßnahmen, die schon auf dem Weg sind, ein-
schließlich der Bildungslotsen.

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(C (D Ich werbe dafür, dass wir diesen Weg zur Bildungsreublik Deutschland weitergehen, an einem Strang zieen, klare Akzente setzen und damit auch deutlich mahen: Wir wissen, welches die zwingend notwendige oraussetzung für den Forschungsstandort Deutschland st, nämlich gute Bildung für jedes Kind und jeden Juendlichen. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege René Röspel für die SPD raktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Frau Schavan, erlauben Sie mir, Ihnen heute uch namens der Fraktion ganz herzlich zum 55. Geurtstag zu gratulieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Jetzt wird es wieder politisch: Wenn man wie ich schon ast elf Jahre hier stehen darf und immer wieder über die inbringung eines Bundesberichtes Forschung und Innoation oder des Berichtes der Expertenkommission Forchung und Innovation debattieren kann – das ist eine Exertenkommission, die sich die Forschungslandschaft eutschland sozusagen von außen, unabhängig anguckt –, ann kann man als Bildungsund Forschungspolitiker ier durchaus relativ gut gelaunt stehen, denn die letzten lf Jahre sind nicht schlecht gewesen. Ich habe als Wissenschaftler noch die bleierne Zeit er 90er-Jahre erlebt, als der Bildungsund Forchungsetat unter dem damaligen Forschungsminister üttgers und ehemaligen Ministerpräsidenten von Nord hein-Westfalen entweder stagnierte oder sogar gekürzt urde. Diese Zeit ist seit dem Jahr 1989 glücklichereise vorbei, als Rot-Grün die Regierung übernahm – (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1998 war das!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704608600

(Beifall bei der SPD)

René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1704608700

ich bitte um Entschuldigung, seit 1998; ich habe beides
iterlebt –


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nd Bildung und Forschung in dieser Republik einen an-
eren Stellenwert erhalten haben, nicht nur was die Stei-
erung der Finanzmittel anbelangt. Man kann sowohl im
ericht der EFI als auch im BuFI sehr gut nachvollzie-
en, wie das aussah.

Ich bin sehr froh, dass wir das in der Großen Koali-
ion ab 2005 haben fortsetzen können. Die Zuwächse
ind weiter gestiegen. Ich bin sehr zufrieden, dass auch
n der neuen Regierung erkannt worden ist, dass Bildung
nd Forschung eine zentrale Aufgabe in dieser Republik
st. Kompliment für die 12 Milliarden Euro! Wir sehen
ie noch nicht ganz. In den Erläuterungen zum Sparpaket
om Montag steht – ich habe es mir extra herausge-
chrieben –:





René Röspel


(A) )


)(B)

Wir halten an unserem Ziel fest, 12 Milliarden Euro
zusätzlich für Forschung, Bildung und Entwicklung
bis 2013 bereitzustellen.

Das klingt etwas anders, als wenn man sagen würde:
Wir werden das auch tun.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Wir tun das!)


Möglicherweise klingt in dieser Formulierung die Unsi-
cherheit mit,


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Kleinkrämer!)


ob das alle Beteiligten auch wirklich mittragen können.
Denn – dies ist heute Morgen mehrmals gesagt worden –
Sie hauen den Ländern über die Steuerpolitik, die Sie in
letzter Zeit gemacht haben, die Finanzierungsmöglich-
keiten weg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Rot-Grün hat 1998 nicht nur die Mittel erhöht, son-
dern auch inhaltlich neue Schwerpunkte gesetzt. Das
Wahlprogramm der SPD hieß damals: „Arbeit, Innova-
tion und Gerechtigkeit“. Das heißt, wir wollten Bildung
und Forschung einen neuen Stellenwert geben. Wenn
man den BuFI aufschlägt, findet man sehr schnell unter
dem Stichwort „Die drei Reforminitiativen von Bund
und Ländern“ drei sehr wesentliche Initiativen, die in
den letzten Jahren die Bildung vorangebracht haben:

Das ist erstens der Pakt für Forschung und Innova-
tion, mit dem die außeruniversitären Wissenschaftsein-
richtungen und -organisationen deutlich gefördert wer-
den.

Das ist zweitens der Hochschulpakt für mehr Studien-
plätze und bessere Studienbedingungen.

Das ist drittens die Exzellenzinitiative, die die For-
schungslandschaft in Deutschland tatsächlich bewegt
hat.

Alle drei Reforminitiativen sind übrigens Ergebnisse
rot-grüner Regierungspolitik, unterschrieben von Edelgard
Bulmahn, der SPD-Bildungsministerin, in 2005. Wir
freuen uns, dass diese Initiativen sehr weit vorne im Bun-
desbericht Forschung und Innovation ihren Platz finden.

EFI, also die Expertenkommission Forschung und
Innovation, weist uns immer wieder darauf hin, dass wir
neue Technologien fördern müssen. Auch unter Rot-
Grün und in der letzten Legislaturperiode gab es sicher-
lich Defizite. Aber Rot-Grün hat sich das 1998 auf die
Fahnen geschrieben. Wir haben das Projekt der ökologi-
schen Erneuerung der Gesellschaft auf den Weg ge-
bracht. Das war damals im Wesentlichen – ich darf daran
erinnern – das 100 000-Dächer-Solarstrom-Programm.
Wir haben das Erneuerbare-Energien-Gesetz erarbeitet,
übrigens gegen großen Widerstand der Opposition, wenn
ich mich richtig entsinne. Es ist mittlerweile weltweit
anerkannt. Im Bereich der erneuerbaren Energien, bei
der Solartechnologie und der Windkraftenergie, sind wir
Weltmeister bzw. Marktführer. 15 Prozent unseres Brut-

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(C (D ostromverbrauches stammen mittlerweile aus erneueraren Energien. Dies schafft Arbeitsplätze in einer Dimension, wie ir das bis dato nicht gekannt haben. Es hat zu einem echnologieschub geführt, wie es ihn vorher nicht gab. u Recht widmet der EFI-Bericht extra ein Kapitel dem ereich Fotovoltaik, um nicht nur die Bedeutung für die rbeitsplätze, sondern auch für Ostdeutschland insge amt herauszustellen. Denn dort findet die entsprehende Produktion in erhöhtem Maße statt. Das ist die Empfehlung von EFI. Was ist die Antwort er schwarz-gelben Regierungspolitik? Sie kürzen die ittel für Förderungen und Anreizprogramme im Be eich der erneuerbaren Energien und der Solarstromeinpeisung. Der Bundesrat hat jetzt ein Veto eingelegt. Wir erden sehen, was dabei herauskommt. Das einzig Gute n dieser Maßnahme, die Perspektiven verhindert und ie Schaffung neuer Industrien und die Entwicklung euer Technologien behindert, ist, dass es Ihnen wahrcheinlich wie mir geht: Wir bekommen im Wahlkreis it, wie viele Unternehmen mittlerweile im Bereich der rneuerbaren Energien arbeiten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


a spricht mich ein Unternehmer mit 200 Beschäftigten
n, dessen Unternehmen Wechselrichter für die Erzeu-
ung von Solarenergie herstellt. Da kommen Vertreter
ines Stahlwerkes auf mich zu, das Elektroband für die
rzeugung von Energie durch Windkraftanlagen produ-
iert und Arbeitsplätze sichert, die umweltfreundlich
nd standortnah sind. Diese Regierung aber hat nichts
nderes im Sinn, als diesen Technologiezweig in höchs-
em Maße zu verunsichern.

Ein weiteres Problem, auf das im Bericht der Exper-
enkommission, über den wir heute auch diskutieren,
ingewiesen wird, ist der mangelnde Technologietrans-
er, der in Deutschland stattfindet, also der Übergang
on Forschungsergebnissen in kommerziell nutzbare
rodukte wie MP3-Player, Faxgeräte und Ähnliches.

Wir legen heute als SPD-Fraktion einen Antrag vor
nachdem wir lange Jahre in der Großen Koalition da-

über diskutiert haben und nicht weitergekommen sind –,
er sich dem Thema Validierungsforschung widmet. Wir
ollen also die Innovationslücke zwischen der Identifi-

ierung von Forschungsergebnissen und der Anwendung
n kommerziellen Produkten, wie sie auch die EFI be-
ennt, schließen. Ich würde mich freuen, wenn Sie diesen
ntrag nach der Überweisung in die Ausschüsse unter-

tützen würden.

Ein anderes Thema: EFI fordert auch im zweiten Jahr
ine steuerliche Förderung von FuE-Maßnahmen in Un-
ernehmen. Die SPD hat da immer ein bisschen zurück-
altend reagiert und gesagt, das müsse eine zusätzliche
aßnahme sein, das müsse noch oben drauf kommen.
ir hätten sehr viel Verständnis dafür, wenn diese Bun-

esregierung sagen würde, im Moment sind diese zu-
ätzlichen Mittel nicht finanzierbar. Aber es war genau
iese Bundesregierung, allen voran Ministerin Schavan,
ie im Oktober 2009 gesagt hat, diese FuE-Förderung





René Röspel


(A) )


)(B)

müsse mit mindestens 2 Milliarden Euro kommen. Auf
meine Anfrage beim Bundesministerium der Finanzen,
ob denn nun endlich die steuerliche Förderung kommt
und wie die Ausfälle finanziert werden sollen, habe ich
bis heute noch keine Antwort erhalten. Das ist übrigens
parlamentsrechtswidrig. Der Sache werde ich noch ein-
mal nachgehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


EFI hat im Bericht des Jahres 2009 – man kann nicht
immer nur den Bericht aus 2010 anschauen, sondern
muss auch schauen, was sozusagen noch an Resten aus
den letzten Jahren aufzuarbeiten ist; wir sind ja nicht nur
dazu da, Papiere zu verabschieden, sondern wir müssen
sie auch lesen – zum ersten Mal das Thema Fachkräfte-
mangel in das Zentrum des Berichts gestellt. Sie schreibt:

Die Aufgaben für die F- und I-Politik Deutschlands
im nächsten Jahrzehnt liegen … im Umbau des Bil-
dungssystems.

In keinem anderen Industrieland sind die Bildungschan-
cen so von der sozialen Herkunft abhängig wie in
Deutschland. Von 100 Akademikerkindern werden 88
ein Studium aufnehmen. Bei gleicher Begabung werden
von 100 Arbeitnehmerkindern nur 23 ein Studium auf-
nehmen. Das liegt nicht daran, dass diese dümmer sind,
sondern daran, dass die Bedingungen es nicht zulassen,
dass sie auch eine Chance zur Aufnahme eines Studiums
bekommen.

Das sind nicht die ewig gleichen Textbausteine, son-
dern das sagt eine unabhängige Expertenkommission.
Sie fordert deshalb, dass das Bildungssystem verändert
und reformiert sowie das im Rahmen der Föderalismus-
reform geschaffene Kooperationsverbot aufgehoben
werden soll.

Die Antwort der schwarz-gelben Regierung ist: Sie
zementieren in den Ländern ein völlig veraltetes Bil-
dungssystem und führen Studiengebühren ein. Damit le-
gen Sie genau denen einen Stein in den Weg, die darauf
angewiesen sind, möglichst wohnortnah und kosten-
günstig zu studieren.


(Beifall der Abg. Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD])


Oder kann jemand von den Zuschauern hier mal eben so
locker 1 000 Euro pro Jahr allein an Gebühren für das
Studium seines Kindes aufbringen? – Damit grenzen Sie
aus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das trifft übrigens genau diejenigen, die wir dringend
brauchen. Das schreibt EFI auch in ihrem Bericht. Das
trifft nämlich gerade Ausländer und Bildungsaufsteiger,
also jene, die aus bildungsfernen Schichten kommen. Sie
studieren überdurchschnittlich oft ingenieur- und natur-
wissenschaftliche Fächer. Ich zähle übrigens auch zu
diesen. Ich bin Bildungsaufsteiger und habe Biologie
studiert. Unsere zweite Rednerin, ebenfalls Bildungsauf-

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(C (D teigerin, ist Physikerin. Das sind genau diejenigen, die m meisten gebraucht werden. (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/ CSU und der FDP)


Werte Koalition, ich komme zum Schluss. Gratulation
u 12 Milliarden Euro! Wir werden sehen, ob Sie das
eld bekommen werden. Wir wissen allerdings über-
aupt noch nicht, wofür Sie es ausgeben wollen.


(Zurufe von der CDU/CSU)


as ist mein letzter Kritikpunkt. Wenn ich am Anfang
agte, dass es 1998 von Rot-Grün eine Strategie und ein
rojekt gegeben hat, muss ich jetzt feststellen: Heute
ehe ich kein Konzept. Sie haben keine Ideen, Sie haben
eine Konzepte, und Sie wissen auch nicht, wohin Sie
ollen – außer, dass Sie sich im Moment mit Gemüse-
nd Tiernamen bezeichnen. Ich fordere Sie auf: Hören
ie auf, sich wie die Kesselflicker zu streiten! Arbeiten
ie zusammen! Machen Sie eine gute Forschungspolitik;
enn die Krise bietet die Chance und die Notwendigkeit,
ine gute Forschungs- und Bildungspolitik zu machen,
ie für die Menschen und nicht für Ihre Regierung da ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704608800

Der Kollege Professor Dr. Martin Neumann hat nun

ür die FDP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1704608900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, auch im Namen
einer Fraktion wünsche ich Ihnen herzlichen Glück-
unsch zu Ihrem Geburtstag! Wir wünschen Ihnen Ge-

undheit, Mut und Kraft für die Aufgaben in dem Be-
eich, den Sie hier vertreten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundesbericht
orschung und Innovation zeigt, dass Deutschland ein
ührender Forschungs- und Industriestandort ist und
uch künftig Schrittmacher für Forschung, Entwicklung
nd Innovation sein wird. Die Weichen zu einem effi-
ienten Forschungs- und Innovationssystem sind richtig
estellt. Eines ist gewiss: Wir wollen damit das Leben
er Menschen besser und lebenswerter gestalten, für die
irtschaft in unserem Land Wertschöpfungspotenziale

röffnen, Arbeitsplätze schaffen sowie talentierte und
ochqualifizierte Menschen fördern und deren Poten-
iale nutzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind uns doch alle einig: Ein einfaches Weiter-so
ann es nach der Empfehlung der Expertenkommission
orschung und Innovation nicht geben. Die Zielrichtung





Dr. Martin Neumann (Lausitz)



(A) )


)(B)

ist, dass unser Forschungs- und Innovationssystem seine
Stärken noch besser ausspielt. Dazu zählt natürlich auch
die Aufdeckung aller stillen Reserven, insbesondere
– das will ich hervorheben – in der Grundlagenfor-
schung. Diese bildet ein riesiges Potenzial für spätere
Anwendungen in der Wirtschaft. Wir brauchen – es ist
wichtig, das an dieser Stelle immer wieder zu sagen –
vor allen Dingen Mut, auch Mut zu neuen Wegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen forschende Unternehmen unabhängig
von der Größe unterstützen. Hier geht es um die soge-
nannten Cluster; das ist ein schreckliches Wort, aber es
bringt die Verbindung zum Ausdruck. Wir müssen deut-
lich machen: Wir wissen, wo der Bund die Wirtschaft
und deren Innovationsvorhaben unterstützen soll.

Mit unserem Antrag „Brücken bauen – Grundlagen-
forschung durch Validierungsförderung der Wirtschaft
nahebringen“ fordern wir die Bundesregierung auf, ein
Konzept zur Validierungsförderung vorzulegen. Ein sol-
ches Konzept liegt uns jetzt vor und wird 2011 umge-
setzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich
freue mich, dass auch Sie so positiv zu diesem Instru-
ment stehen und es eigentlich unterstützen.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber man muss es auch richtig umsetzen!)


Ich verstehe allerdings nicht so richtig, warum Sie mit
Ihrem Antrag den Aufbau neuer und großer bürokrati-
scher Strukturen fordern.


(René Röspel [SPD]: Sie haben es nicht verstanden!)


Es geht doch darum – das ist mein Verständnis der Sache –,
mit diesem neuen Förderinstrument Wissenschaftler zu
unterstützen, die ihre eigenen Forschungsergebnisse auf
ihre wirtschaftliche Anwendbarkeit hin untersuchen
wollen. Es soll doch eine Bewegung aus der Wissen-
schaft heraus entstehen, mit flachen Strukturen, kurzen
Antragswegen und vor allen Dingen schnellen Entschei-
dungswegen, gerade ohne einen Aufbau neuer Verwal-
tungsstrukturen. Die Devise muss lauten: einfach,
schnell und gut. Alles andere – ich glaube, da sind wir
uns einig – ist sehr kontraproduktiv.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Allerdings muss die Validierungsförderung technolo-
gieoffen ausgestaltet werden und vor allen Dingen auf
die Potenziale der akademischen Forschung ausgerichtet
sein. Es ist der falsche Weg, der Validierungsförderung
von vornherein Fesseln anzulegen, indem man sie, wie
Sie sagen, zunächst auf „wenige, dynamische For-
schungsfelder“ ausrichtet. Wir werden aber in der nächs-
ten Woche im Ausschuss Gelegenheit haben, die vorlie-
genden Vorschläge mit Ihnen intensiv zu diskutieren.

Lassen Sie mich etwas zu den Forschungs- und Ent-
wicklungsleistungen Deutschlands sagen. Ich hatte ges-
tern Gelegenheit, die ILA zu besuchen und mit den Aus-

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(C (D tellern zu sprechen. Es war sehr beeindruckend, zu ehen, wo und in welchem Umfang Forschung und Enticklung in deutschen bzw. in Deutschland ansässigen nternehmen stattfindet. 90 Prozent der Ausgaben für orschung und Entwicklung der deutschen Wirtschaft nvestiert die Industrie. Es ist ein unglaubliches Potenial an Innovationskraft vorhanden. Das ist ein gutes eichen. Es lässt auch in Krisenzeiten den Kurs der eutschen Wirtschaft hin zu Forschung und Entwicklung rkennen. Lassen Sie mich eines feststellen: Für den heutigen nd künftigen Wohlstand spielt die industrielle Kompeenz unserer Volkswirtschaft eine entscheidende Rolle. as schließt eine enge Verflechtung von kleinen und ittelständischen Unternehmen mit Großunternehmen, ie sogenannten Cluster, ein. Deutschlands Stärke ist die erbindung aus bestehender Produktionskompetenz und er Anwendung immer wieder neuer Technologien. Es geht darum, die Innovationskraft gerade jener Beeiche zu stützen, die letztendlich die Grundlage für die teigerung des Steueraufkommens in unserem Land chaffen. Die Zahlen zum tatsächlichen Steueraufkomen in unserem Land in den vergangenen fünf Jahren eigen, wie stabil und belastbar eigentlich unser Fundaent auch während der letzten Krise war. Für uns heißt das: Der Weg, den wir mit der Bereittellung von 12 Milliarden Euro für Bildung, Forschung nd Entwicklung eingeschlagen haben, ist richtig. Wir ürfen uns auf keinen Fall beirren lassen. Das ist der eg in die Zukunft; da sind wir uns einig. Ich will mit inem Zitat von Frau Marie von Ebner-Eschenbach chließen, die so treffend bemerkt hat: Wer aufhört, besser werden zu wollen, hört auf, gut zu sein! Ich bedanke mich. Das Wort hat die Kollegin Dr. Petra Sitte für die Frak ion Die Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be prechen heute zwei Berichte – das ist schon gesagt woren – zum Thema Innovation. Der Bericht der Bundesreierung ist eine fette Datensammlung von mehr als 00 Seiten mit gelegentlichem Hang, sich selbst auf die chulter zu klopfen. Das Expertengutachten wiederum st viel stärker problemorientiert, aber es ist in vielen Beeichen auch nicht wirklich innovativ. Viele Vorschläge es Expertengutachtens werden nämlich längst diskuiert, zum Teil wird die Umsetzung schon angegangen. Meine Hauptkritik an beiden Berichten besteht darin, ass Innovationsförderung von bereits vorhandenen ubventionen abgekoppelt betrachtet wird. Insbesondere roßunternehmen in der Bundesrepublik werden durch orschungsprogramme, Lohnsubventionen, Entlastun Dr. Petra Sitte )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704609000

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704609100




(A) )

gen bei Arbeitgeberanteilen zur Sozial- und Krankenver-
sicherung und natürlich auch durch massive Steuersen-
kungen öffentlich unterstützt. Das sind drei- bis
vierstellige Milliardensummen, die der öffentlichen
Hand dadurch in den letzten Jahren verloren gegangen
sind.

Die öffentliche Hand ihrerseits finanziert also längst
direkt und indirekt Kernaufgaben von Unternehmen.
Dennoch, so der Bericht der Expertenkommission, sind
die Ergebnisse nicht befriedigend. Die Expertenkommis-
sion sagt uns, ein Umdenken sei dringend notwendig.
Die Linke wiederum sagt: Sicherster Garant für Innova-
tion ist ein qualifiziertes und ausfinanziertes öffentliches
Bildungs- und Wissenschaftssystem.


(Beifall bei der LINKEN)


Innovationsschübe sind vor allem von Menschen zu er-
warten, die immer wieder und immer weiter lernen,
Menschen, die eine klare Berufsperspektive haben, exis-
tenzsichernde Einkommen beziehen, auch im qualifi-
zierten und hochqualifizierten Bereich, und zwar unter
Arbeitsbedingungen, die Engagement und Kreativität
herausfordern und fördern.

Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung, so das
Expertengutachten, setzt neue Potenziale frei. Das ist als
Feststellung so neu nicht. Natürlich grüßt das Murmel-
tier längst aus der Furche. Darüber geht noch ein weite-
rer Ministeringeburtstag ins Land. Aber das Gutachten
bewertet unter dieser Prämisse die aktuelle Studienre-
form, auch bekannt unter dem Begriff Bologna-Reform.
Das Urteil des Gutachtens? Überschrift: „Bologna reicht
nicht.“ Das heißt, das Gutachten gibt uns ein weiteres
Alarmsignal. Deshalb habe ich beschlossen, in meinem
Redebeitrag die Reformziele durchzugehen. Immerhin
hat die Ministerin vorhin ausdrücklich gesagt, man sei
mit dem Bildungsstandort Deutschland ziemlich weit
vorangekommen.

Erstes Ziel der Bologna-Reform: Öffnung der Hoch-
schulen, vor allem für Jugendliche aus einkommens-
schwächeren Familien. Was steht dazu in dem Gutach-
ten? Ich zitiere: „Erste Ergebnisse nähren diese
Hoffnung nicht.“ Das heißt, soziale Auswahlmechanis-
men setzen sich an den Hochschulen fort. Die Linke ist
daher nicht nur gegen Studiengebühren. Nein, wir wol-
len mittelfristig ein insgesamt harmonisiertes System der
Bildungsförderung, das Schülerinnen und Schüler, Aus-
zubildende, Studierende und natürlich auch Berufstätige
zur Fortbildung ermutigt.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweites Ziel der Bologna-Reform: Erhöhung der Zahl
der Studienanfängerinnen und -anfänger, vor allem von
Frauen in naturwissenschaftlichen und technischen
Richtungen. Was steht in dem Gutachten? „Die
Erwartung … wurde bislang enttäuscht.“ Ich finde, Inte-
resse kann nicht früh genug geweckt werden. Dazu be-
darf es vielfältiger individualisierter Angebote, insbe-
sondere für Mädchen. Ein G-8-Abitur beispielsweise
verengt eben das Zeitfenster für solche individualisierten
Angebote.

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(C (D Drittes Ziel: Absenkung der Zahl der Studienabbrühe. Was steht in dem Gutachten? „Auch die Zahl der tudienabbrüche konnte … nicht spürbar reduziert weren.“ Das sind immer Zitate, meine Damen und Herren. ötig sind also im Vorfeld von Studienentscheidungen orbereitungsund Beratungsangebote. Das Studium elber muss viel flexibler gestaltet werden. In anderen ändern sind Teilzeitstudien überhaupt kein Thema ehr. Bei uns fällt jeder Studierende automatisch aus der AföG-Förderung heraus, wenn ein Teilzeitstudium anestrebt wird. Das wird nicht anerkannt. Viertes Ziel: Senkung der Studienzeiten und Überareitung von Lehrinhalten, Verbesserung der Betreuungselation. Die Reform wurde, so die Experten – ich zitiere ieder –, „kaum für grundlegende inhaltliche und didak ische Änderungen … genutzt“. Anforderungen seien für ehrende und Studierende unangemessen und unerfüllar. Ebenso wie das Gutachten votiert die Linke ausrücklich für die Mitgestaltung der Beteiligten, um nicht eiterhin am Studienalltag vorbei zu reformieren. Für ine bessere Qualität des Studiums sind am Ende mehr ahlund Vertiefungsmöglichkeiten entscheidend. Da ür brauchen Hochschulen mehr Freiräume bei der Ausestaltung und Festlegung der Dauer beispielsweise von euen Studiengängen in Prüfungsoder in Studienordungen. Fünftes Ziel der Reform: Abbau von Hindernissen, ie den Wechsel zwischen Hochschulen in Deutschland nd dem Ausland erschweren. Bisher gibt es – ich zitiere ieder das Gutachten –: … keine deutliche Erhöhung des Ausländeranteils … Selbst in Masterprogrammen … nimmt dieser seit 2001 deutlich ab. araus folgt: Studienleistungen müssen großzügig geenseitig anerkannt werden, und die Finanzierung von uslandsaufenthalten von deutschen Studierenden muss usgebaut werden. Es wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass es erzeit zahlreiche Aktionen gibt, bei denen es um mehr nd bessere Bildung geht. Am Willen seitens der Studieenden oder der Schüler und Schülerinnen mangelt es ofensichtlich nicht. Das Gutachten titelt „Bologna-Reorm reformieren“, aber ohne verbindliche Zusagen ist ieses Ziel nicht erreichbar. Das ist die klare Botschaft es vorliegenden Gutachtens. Deshalb sind wir der Meiung – Frau Hein hat das eben in Bezug auf das Koopeationsverbot erläutert –, dass Bund und Länder in der flicht stehen, etwas gemeinsam zu unternehmen. Wenn er Bologna-Prozess die Hochschulen nicht als Kern des eutschen Innovationssystems stärkt, dann werden auch och so ausgeklügelte Unternehmensförderungen diesen erlust nicht wettmachen. Innovationskraft gewinnt aus olch einer Reform allemal mehr Schub, weil wissenchaftlich kompetente, inspirierte und kreative Menchen mehr Dynamik und mehr Energie freisetzen. Danke schön. Dr. Petra Sitte )


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg.
Dr. Peter Röhlinger [FDP])


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704609200

Das Wort hat die Kollegin Krista Sager für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704609300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehr-

tes Geburtstagskind! Frau Schavan, ich hätte schon er-
wartet, dass Sie hier nicht einfach die Bildungsdebatte
von heute Morgen fortführen,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


sondern auch etwas zu den offenen Fragen in der For-
schungspolitik sagen. Eine offene Frage ist doch, dass
die Expertenkommission mehrfach angemahnt hat, dass
wir neben der Projektförderung auch eine steuerliche
Forschungsförderung für kleine und mittlere Unterneh-
men brauchen. Was ist denn damit? Die Grünen haben
schon in der letzten Legislaturperiode ein zielgenaues
und praktikables Konzept vorgelegt. Es ist ein Treppen-
witz und sagt viel über den traurigen Zustand der Koali-
tion aus, dass ausgerechnet eine sogenannte bürgerliche
Regierung in dieser Frage kläglich versagt und nichts zu-
stande bringt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ausgerechnet die angebliche Wirtschaftspartei FDP
sieht den Zustand unseres Landes eher durch die Sub-
ventionierung von Hotelübernachtungen gesichert. Das
ist doch wirklich ein Witz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP: Oh! – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Das ist immer dieselbe Leier! – René Röspel [SPD]: Das war innovativ!)


– Ja, das werden wir Ihnen so lange vorhalten, bis Sie
das revidiert haben. Dafür haben Sie immerhin
1 Milliarde Euro ausgegeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Sie haben zig Milliarden sinnlos verschwendet!)


Jetzt sind die Kassen leer. Sie haben sich von den
Lobbyisten der Großkonzerne überreden lassen, beson-
ders teure Konzepte zu entwickeln. Mit diesen teuren
Konzepten konnten Sie die Finanzierungsvorbehalte von
Herrn Schäuble erst recht nicht überwinden. Ich fürchte,
das Zeitfenster ist jetzt geschlossen. Sie können schlecht
für Arbeitslosengeld-II-Bezieher die Rentenbeiträge
streichen und gleichzeitig millionenschwere Steuerge-
schenke für Autokonzerne und Pharmakonzerne be-
schließen. Das sieht Ihr Konzept leider vor.

Ich würde dieses Trauerspiel gern mit den Worten
charakterisieren, mit denen Sie untereinander kommuni-

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(C (D ieren. Bei der Hotelsubventionierung sind Sie noch ranegangen wie die „Wildsau“. Bei der steuerlichen Forchungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen aben Sie sich aber als innovationspolitische „Gurkenruppe“ herausgestellt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Worum wäre es eigentlich gegangen? Kleine und
ittlere Unternehmen profitieren einfach nicht in ange-
essener Weise von der Projektförderung – das zeigt die
tatistik –, weil der Förderung ein aufwendiges Verfah-
en mit vielen Anträgen vorausgeht. Deswegen ist es
innvoll, dass man die Projektförderung zielgenau er-
änzt und dabei auch junge Start-ups, die noch keine Ge-
inne machen, berücksichtigt. Man muss dafür sorgen,
ass das Geld nicht für unnötige Mitnahmeeffekte ver-
lempert wird, für große Konzerne, die sowieso an na-
ionalen und europäischen Forschungstöpfen sitzen. Ge-
au diese Bedingungen erfüllt das Konzept der Grünen.
ie hätten es einfach übernehmen können. Sie hätten
och nicht einmal Lizenzgebühren dafür zahlen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martin Neumann [Lausitz] [FDP]: Das funktioniert nicht, Frau Sager!)


Ihre falsche Steuerpolitik gefährdet jetzt auch andere
ehr wichtige forschungspolitische Vorhaben. Der Pakt
ür Forschung und Innovation steht seit Juni des letzten
ahres unter Finanzierungsvorbehalt. Diverse Länder ha-
en gesagt, dass sie ihren Beitrag zum 5-prozentigen
ufwuchs bei den Forschungseinrichtungen und For-

chungsorganisationen nur dann erbringen können, wenn
hnen die Mittel dafür nicht durch die Steuerpolitik des
undes entzogen werden. Frau Schavan, ich kann Sie
icht verstehen: Dass Sie die Bundesmittel für den Be-
eich Forschung erhöht haben – lassen Sie sich das nicht
egnehmen! –, das kann keiner bestreiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ls erfahrene Landespolitikerin hätten Sie aber erkennen
üssen, dass es Sie in Ihrem Bereich auf ganz bittere
eise einholt, wenn den Ländern die Finanzierungsbasis

ür die Forschungs- und Bildungsprogramme entzogen
ird. Das ist doch die Situation, vor der wir stehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich finde, dass der Forschungsbericht der Bundesre-
ierung mit über 600 Seiten für politische Entscheidun-
en zum Teil leider wenig aussagefähig ist. Er enthält
infach zu wenig Wirkungsbewertung. Die Forschungs-
rämie hat offensichtlich nicht funktioniert. Aber ein In-
trument, das nicht funktioniert, kann man doch nicht
infach unter den Teppich kehren, man kann nicht ein-
ach aufhören, darüber zu reden, sondern man muss da-
aus politische Schlüsse ziehen. Das muss doch einer
ritischen Bewertung unterzogen werden, und zwar öf-
entlich. Ich finde es richtig, dass die Expertenkommis-
ion gesagt hat: Wir brauchen mehr Wirkungsforschung,
nd wir brauchen mehr Koordination in der Forschungs-
olitik. Wir brauchen keine Zentralisierung, aber Ko-





Krista Sager


(A) )


)(B)

ordination. Das ist etwas, was auch der Wissenschaftsrat
angemahnt hat.

Das EFI-Gutachten empfiehlt eine Sache, die ich für
besonders wichtig halte, nämlich die bessere Verknüp-
fung der Hightech-Strategie mit der Entwicklung wis-
sensbasierter Dienstleistungen. Dem widmen Sie gerade
einmal eine halbe Seite in Ihrem eigenen Bericht. Das
halte ich für grundfalsch. Bei vielen gesellschaftlichen
Herausforderungen, gerade im Umweltbereich, kommen
Sie nur zu adäquaten Lösungen, wenn Sie Technik, wis-
sensbasierte Dienstleistungen und Know-how zu einem
systemischen Produkt bündeln. Gerade beim Export in
Schwellenländer – wie China – haben Sie durch die
Kombination von Technik, Know-how und wissensba-
sierten Dienstleistungen den Vorteil, dass sie diese Pro-
dukte dann nicht mehr so einfach kopieren können wie
ein rein technisches Produkt. Das heißt, wir haben da-
durch eine große Chance, dass die Wertschöpfung und
die Beschäftigung tatsächlich in Deutschland bleiben.
Diesem Zusammenhang – das hat sich auch im Spitzen-
clusterwettbewerb gezeigt – sollten wir wirklich mehr
Aufmerksamkeit widmen. Ich bitte Sie dringend, die
Empfehlungen der Expertenkommission da ernst zu neh-
men.

Ein letztes Wort, Frau Schavan. Ich hätte bei Ihrem
Streit mit der französischen Kollegin im Wettbewerbsrat
gerne Mäuschen gespielt, als es um ITER gegangen ist.
Über ITER werden wir heute noch sprechen; dem will
ich nicht vorgreifen. Ich will nur sagen: Dass Sie den
deutschen Forschungsetat davor schützen wollen, dass
aufgrund der großen Kostenlücke noch 900 Millionen
Euro Zusatzkosten für Deutschland entstehen, ist aus
Sicht einer nationalen Bildungs- und Forschungsministe-
rin verständlich und auch richtig. Aber wir dürfen diese
große Kostenlücke von über 4 Milliarden Euro für
Euratom nicht in den EU-Forschungsetat verlagern.
Denn dann haben wir für sehr lange Zeit die energiepoli-
tischen und forschungspolitischen Weichen auf der EU-
Ebene blockiert bzw. falsch gestellt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das darf nicht passieren. Machen Sie nicht eine Politik
nach dem Sankt-Florians-Prinzip.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704609400

Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege Albert

Rupprecht. Auch ihm gratulieren wir zu seinem heutigen
Geburtstag.


(Beifall – René Röspel [SPD]: Ist das jetzt verpflichtend?)



Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1704609500

Vielen herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe

Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Röspel, es bleibt da-
bei: Bildung und Forschung haben bei uns absolute Prio-
rität.

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(C (D as ist ein historischer, ein einzigartiger Meilenstein. ie Frau Ministerin hat absolut recht: Diese historische eistung lassen wir uns nicht zerreden. Es ist der einzige Bereich, der vom Sparen ausgenomen wird. Sie wissen sehr wohl, dass es nicht ohne ist, afür im Parlament Mehrheiten zu finden; denn jeder ereich hat natürlich seine Schwerpunkte und Interes en. Trotzdem wird es von der Unionsfraktion und auch on der FDP-Fraktion mitgetragen. Es ist ein ganz klares eichen, das wir trotz Euro-Krise, trotz Schuldenbremse nd trotz Sparpaket diese Priorität setzen. Wenn die Opposition behauptet, dass das Sparpaket eine Linie hat und unsozial ist, (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


(René Röspel [SPD]: Sehr gut!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ann ist das schlichtweg falsch. Die Linie ist vollkom-
en klar: Vorrang für Forschung und für Bildung. Da-

über hinaus glaube ich, dass wir uns hier einig sind,
ass es nichts Sozialeres gibt, als in den Bereich Bildung
u investieren. Genau das machen wir.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der EFI-Bericht und auch der Innovationsbericht der
undesregierung bestätigen den Aufbruch in der For-

chungspolitik, seit die Union regiert, also seit 2005.


(René Röspel [SPD]: Ein bisschen vorher auch!)


uch das noch einmal zur Klarheit, Herr Röspel: Die
akte tragen alle die Unterschrift der Ministerin
chavan. Kein einziger Pakt wurde von Frau Bulmahn
nterschrieben.


(René Röspel [SPD]: 21. Juni 2005 vereinbart! Okay!)


orher wurde diskutiert. Frau Schavan hat ihre Unter-
chrift daruntergesetzt und die Finanzierung organisiert.
as ist das Entscheidende.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben die Forschungsausgaben des Bundes seit
005 um satte 21 Prozent erhöht. Seit 2005 bekommen
leine Unternehmen zwei Drittel mehr Bundesförderung
ls in der Vergangenheit. Ich glaube, das ist beachtlich.
eutschland gehört endlich wieder zur internationalen
pitzengruppe. Nur in den USA, in China und in Japan
ird mehr für Forschung ausgegeben als in Deutschland.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Finnland, Schweden, Korea!)


ir sind an vierter Stelle; das ist ein exzellentes Ergeb-
is. Diese Ausgaben zeigen Erfolge. Die deutsche For-
chung an den Universitäten und Forschungseinrichtun-
en ist in vielen Bereichen wieder Weltspitze.





Albert Rupprecht (Weiden)



(A) )


)(B)

Auch die private Wirtschaft – das ist ebenfalls wich-
tig – hat die Forschungsausgaben in diesem Zeitraum um
19 Prozent erhöht. Wenn die Bayer AG die Forschung
aus den USA nach Deutschland zurückverlagert, weil es
in Deutschland die besten Forschungsnetzwerke und die
besten Köpfe gibt – man hat das gestern so begründet,
als wir dort zu Besuch waren; einige Kollegen waren da-
bei –, dann zeigt das, dass wir in der Politik einen guten
Job machen.


(Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Aber sicherlich nicht nur diese eine Koalition!)


An dieser Stelle möchte ich mich bei den zehn nam-
haften deutschen Großunternehmen bedanken, die zuge-
sagt haben, dass sie jeden Euro, den sie sich durch eine
steuerliche Forschungsförderung ersparen werden, min-
destens eins zu eins in zusätzliche Forschung am Stand-
ort Deutschland investieren werden. Ich finde, das ist ein
vorbildliches Angebot an den Standort Deutschland. Ich
finde auch, dass es ein ganz tolles Stück gelebter Patrio-
tismus ist.

Geld ist wichtig, aber Geld ist nicht alles. Es braucht
vor allem die richtige mentale Einstellung, es braucht
Gesinnung, es braucht ein Stück Begeisterung für Tech-
nik, Innovation und Fortschritt, und es braucht in einer
älter werdenden Gesellschaft jugendliche Dynamik im
Bereich Forschung und Innovation, um Wohlstand und
soziale Sicherheit zu erhalten. Das heißt aber auch, dass
es Risiken gibt. Technische Neuerungen gibt es nicht
ohne Risiken. Aber wir haben den Glauben, dass der
menschliche Verstand Wege finden kann, die Risiken
zu bewerten und zu begrenzen. Falschinformationen,
Irrationalität und Angstmacherei helfen nicht.

Im Antrag der Grünen zu ITER, über den wir hier im
Parlament heute noch diskutieren werden, heißt es – ich
zitiere –,

dass die Menge radioaktiven Inventars in Fusions-
reaktoren etwa genauso hoch ist wie in Kernspal-
tungsreaktoren.

Sie schreiben also, die Menge sei etwa genauso hoch wie
bei der Kernfusion.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt!)


Sehr geehrte Damen und Herren, man kann zu ITER
stehen, wie man mag, aber das ist schlichtweg bewusste
Panikmache. Es geht bei der Fusion nicht um eine End-
lagerung hochradioaktiven Materials, wie es bei der
Kernspaltung der Fall ist, sondern es geht ausschließlich
um die Zwischenlagerung in Größenordnungen von ma-
ximal 100, 150 Jahren.


(René Röspel [SPD]: Na dann! Das hört sich ja schon viel, viel besser an!)


Das ist ein Riesenunterschied. Diese Unsachlichkeit,
diese Irrationalität, diese Angstmacherei schadet
Deutschland massiv. Das Land der besten Ingenieure, das
Land der besten Techniker der Welt kann sich irrationale
Technologiefeindlichkeit nicht leisten,

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum kürzen Sie dann im Solarbereich?)


gal ob bei der Kernfusion, bei der Gentechnologie, bei
en Nanotechnologien oder anderswo.

Seit 2005 reparieren wir, was zuvor in 20 Jahren der
echnologiefeindlichkeit in Deutschland kaputtgemacht
urde.


(René Röspel [SPD]: Aha! Gibt es deswegen in Bayern jetzt gentechnische Pflanzen?)


as war vor allem die „Leistung“ der Grünen und der
ntitechnologiebewegung, die in den letzten Jahrzehn-

en insbesondere von den Grünen und Teilen der SPD
itgetragen worden ist.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum kürzen Sie jetzt die Solarförderung?)


Die christlich-liberale Koalition hat die klare Ansage
emacht, dass wir die Ausgaben für Forschung massiv
rhöhen werden. Im EFI-Gutachten werden hierzu, wie
ir meinen, sehr vernünftige und sehr gute Vorschläge
emacht. Diese Vorschläge entsprechen unserem Geist.
eswegen fühlen wir uns bestätigt.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach ja? Wo bleibt denn die steuerliche Forschungsförderung?)


Zur steuerlichen Forschungsförderung. Das Konzept
er Grünen – darüber haben wir bei mehreren Veranstal-
ungen diskutiert – wurde von der Wirtschaft und den
etroffenen regelmäßig versenkt.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Nur von den Großkonzernen! Das verwechseln Sie!)


as Konzept der Unionsfraktion hingegen, dessen Eck-
unkte wir ausformuliert haben, wurde durch die Bank
ositiv bewertet.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist es denn? Was bringen Sie denn zustande? – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bleibt denn Ihr Gesetzentwurf?)


brigens ist dieses Konzept beinahe in Gänze deckungs-
leich mit dem der FDP.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das ein BDI-Entwurf oder ein schwarz-gelber?)


Im EFI-Gutachten sind folgende Vorschläge formu-
iert: wettbewerbsfähiger Wagniskapitalmarkt, mehr
ründungen im Bereich der Hochschulen und For-

chungseinrichtungen, Verbesserungen beim Technolo-
ietransfer – das ist die Daueraufgabe schlechthin – und
in Wissenschaftsfreiheitsgesetz, um den Forschungsor-
anisationen mehr Freiraum zu geben. All dies sind
unkte, die wir in unserem Koalitionsvertrag verankert





Albert Rupprecht (Weiden)



(A) )


)(B)

haben und mit denen wir uns im Augenblick befassen.
An einigen dieser Themen arbeiten wir derzeit, einige
Beschlüsse haben wir in den letzten Wochen bereits ge-
fasst. Zum Beispiel haben wir die Validierungsförderung
eingeführt, die Wissenschaftlern dabei helfen soll, die
Marktchancen ihrer Forschungsergebnisse besser ein-
schätzen zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschlands For-
schung ist zurück an der Weltspitze. Diese Spitzenstel-
lung werden wir ausbauen, zum einen durch die Bereit-
stellung von mehr Geld, zum anderen aber auch durch
ein ganz klares Ja zu Forschung und technischer Fortent-
wicklung in Deutschland.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704609600

Das Wort hat die Kollegin Daniela Kolbe für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1704609700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Allen Geburtstagskindern herzlichen
Glückwunsch zum Geburtstag!


(René Röspel [SPD]: Es werden ja immer mehr!)


Es gibt politische Mantras, die wir alle sehr gerne mit-
einander singen. Eines davon lautet: Bildung, Forschung
und Entwicklung sind die Zukunftsthemen für unser
Land. Das stimmt. Im Bereich Forschung und Entwick-
lung sind wir auf einem guten Weg. Herr Rupprecht,
nicht zuletzt dank der Regierungsbeteiligungen der SPD
in den letzten Jahren sind wir dem 3-Prozent-Ziel deut-
lich näher gekommen. Das 3-Prozent-Ziel im Bereich
von Forschung und Entwicklung ist mittlerweile breiter
gesellschaftlicher Konsens. Frau Schavan, ich kann nur
hoffen, dass dieses Ziel durch die Ergebnisse des heuti-
gen Bildungsgipfels nicht konterkariert und auf den
Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt werden.


(Beifall bei der SPD – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Reden Sie lieber mal mit Ihren Ländern!)


Bei aller Freude über die einhellige rhetorische
Schwerpunktsetzung in diesem Bereich muss ich sagen:
Es gibt in der deutschen Forschungslandschaft Aspekte,
die unser besonderes Augenmerk und die eine oder an-
dere kritische Bemerkung verdienen. Ein Blick auf die
Ausgaben für Forschung und Entwicklung, aufgeschlüs-
selt nach Bundesländern, macht deutlich, dass von
gleichmäßigen Forschungsausgaben in Deutschland
keine Rede sein kann. Wir beobachten bei den FuE-In-
vestitionen ein Auseinanderklaffen zwischen wirtschaft-
lich starken und wirtschaftlich schwachen Ländern. Pri-
vate FuE-Investitionen – das sind immerhin zwei Drittel
der gesamten FuE-Mittel – sind natürlich eng an die
Wirtschaftskraft der jeweiligen Region gekoppelt. Diese
Diskrepanzen werden zumindest teilweise durch den

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(C (D ielgerichteten Einsatz öffentlicher Forschungsmittel usgeglichen. Gerade in den neuen Ländern ist der Aneil der staatlichen FuE-Förderung daher nur sehr schwer egzudenken. Ein wichtiges Instrument der Forschungsförderung ür Ostdeutschland sind die EFRE-Mittel der Europäichen Union, aus denen heute sage und schreibe 3 Prozent der öffentlichen FuE-Ausgaben in Deutschand finanziert werden. 2014 läuft diese Förderperiode us. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie ich schon jetzt dafür starkmacht, dass auch nach 2014 n ausreichendem Umfang Mittel aus europäischen trukturfonds für Forschung und Entwicklung in struk urschwächeren Regionen zur Verfügung stehen. Es gibt viele ermutigende Zeichen aus den neuen Länern: Forschungscluster sind entstanden und funktionieren ut, Innovationsfelder, wie der Bereich der Fotovoltaik, urch den in Deutschland Arbeitsplätze in nennenswerter rößenordnung geschaffen wurden, funktionieren eben alls, und wir beobachten eine immer regere Forschungsktivität bei kleinen und mittelständischen ostdeutschen nternehmen. Das reicht aber bei weitem noch nicht aus. ie Zahl der Patentanmeldungen liegt deutlich unter der n den alten Ländern – und die Höhe der Forschungsinestitionen sowieso. Wer eine stabile wirtschaftliche und positive Entwickung in Ostdeutschland will – und das liegt in unser aller nteresse –, der muss hier weiter investieren und die ichtigen Akzente setzen, zum Beispiel durch eine zuätzliche steuerliche FuE-Förderung speziell für kleine nd mittlere Unternehmen. Das käme gerade dem Osten ugute. Das ist eine Zukunftsfrage – genauso wie die usbildung unserer jungen Menschen und das Halten on Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchsissenschaftlern. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels, den an in Ostdeutschland, aber nicht nur da, schon sehen ann, wird es wichtiger, wissenschaftliche Fachkräfte zu alten. Ich frage Sie: Sind wir in diesem Bereich wirkich zukunftsfähig aufgestellt? Schaffen wir es, unseren ut ausgebildeten Akademikerinnen und Akademikern ier eine Perspektive zu bieten? Zu viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ehen an den Forschungseinrichtungen nur begrenzte erspektiven. Viele sind in Teilzeit eingestellt und arbei en trotzdem fast Vollzeit. Der übergroße Teil ist befristet ingestellt – und das ohne eine wirklich längerfristige erspektive. Ich höre immer mehr Berichte von Postocs, die auch an bundesdeutsch finanzierten Einrichungen Stipendienangebote bekommen. Sie sind darüber icht gerade erbaut. Zukunftssicherheit sieht anders aus. Glauben Sie wirkich, dass man topausgebildete, promovierte Wissenchaftler Ende 20, Anfang 30, vielleicht mit Familie, mit inem Stipendium dauerhaft binden kann – ohne Einzahung ins Rentenversicherungssystem, bei freiwilliger Daniela Kolbe )


(Beifall bei der SPD)


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ja!)





(A) )

Krankenversicherung? Meine Erfahrungen lassen mich
hier stark zweifeln.

Ich kann der Bundesregierung nur raten: Nehmen Sie
diese jungen, engagierten, topausgebildeten Menschen
in den Blick. Sie sind wesentlich für den Forschungs-
standort Deutschland. Verbessern Sie Ihre Arbeits- und
Forschungsbedingungen.


(Beifall bei der SPD)


Auch der Bund hat hier Möglichkeiten, die endlich ge-
nutzt werden sollten.

In Sachen Forschung und Entwicklung ist jetzt leider
die konservative Regierung am Zuge.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist gut so! Zum Glück!)


Für uns alle können wir nur hoffen, dass Sie die richti-
gen Weichenstellungen vornehmen. Es hängt nicht weni-
ger als die Zukunft unseres Landes davon ab.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Darauf können Sie sich verlassen!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704609800

Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Röhlinger für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Peter Röhlinger (FDP):
Rede ID: ID1704609900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar,
dass ich zu diesem Thema einige Worte sagen kann.

Im Laufe der heutigen Diskussion habe ich festge-
stellt, dass wir gut aufgestellt sind: Biologen, Physiker,
Ingenieure und ein Tierarzt. Wir bedienen uns einer an-
deren Sprache als die anderen Ausschüsse, dabei würde
es naheliegen, dass wir botanische und zoologische Be-
griffe ins Spiel bringen. Herr Röspel, wir sollten weiter-
hin so miteinander umgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Ich kenne sogar die ganzen Fremdwörter!)


– Mir gefällt die Atmosphäre in unserem Ausschuss
ganz gut; wir kommen doch ganz gut zurecht. Ich denke,
die bisherigen Redebeiträge sind – verglichen mit dem,
was man sonst in diesem Hohen Hause zu hören be-
kommt – anerkennenswert.

Die von der Bundesregierung eingerichtete Experten-
kommission Forschung und Innovation, kurz EFI, hat
dieses Jahr ihr drittes Gutachten zu Forschung, Innova-
tion und technologischer Leistungsfähigkeit Deutsch-
lands vorgelegt. Die Bundesregierung hat sich dem Ur-
teil unabhängiger Experten gestellt. Diese bestätigen,
dass unser Innovations- und Wachstumskurs richtig ist.

Die Sachverständigen haben festgestellt, dass unser
gesamtes Wissenschaftssystem in den alten Strukturen
staatlicher Aufsicht und Detailsteuerung die internatio-

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(C (D alen Herausforderungen in Zukunft nicht mehr bewältien kann. Das ist deutlich genug und für uns im Auschuss Anlass zu sehr viel Arbeit. Vor diesem Hintergrund bin ich, schon bevor mir das FI-Gutachten bekannt war, in den letzten Wochen und onaten in Gesprächen mit Rektoren und Präsidenten on Instituten und Forschungseinrichtungen der Frage achgegangen, wo der Schuh drückt und womit wir helen können. Ich kann dazu feststellen, Frau Professor chavan: Finanzielle Probleme haben sie Gott sei Dank icht. Das ist ein gutes Zeichen. Sie wissen von unserem rogramm und geben an, dass sie im Vergleich mit früeren Jahren gut auskommen, dass aber in struktureller insicht der Schuh drückt. In diesem Bereich sollte vie es geändert werden. Deshalb sollten wir, glaube ich, hier einer Bringschuld achkommen. In der vergangenen Legislaturperiode urde die Initiative zu einem Wissenschaftsfreiheitsge etz vorgelegt. Ich habe mit dem Geburtstagskind, Frau rofessor Schavan, vereinbart, dass ich sozusagen anläss ich ihres Geburtstages in Abstimmung mit dem Staatsseretär das Versprechen abgebe, dass wir das jetzt angeen. Sie haben es bereits angesprochen, Herr Rupprecht: s ist höchste Zeit. Wir sind am Anfang einer Wahlpe iode. Ich denke, solche Vorhaben muss man zu Beginn iner Wahlperiode angehen. Ich bin dafür, dass wir von Anfang an die beteiligten kteure mit einbeziehen. Dazu gehört im Gesetzgeungsverfahren selbstverständlich die Opposition, dazu ehören aber auch die Institute, deren Präsidenten und ie Akteure in den zahlreichen Einrichtungen. Das Wisenschaftsfreiheitsgesetz kann wirksam werden, wenn nsbesondere ihr, liebe Gäste auf der Tribüne, hoffentlich avon Gebrauch macht. Dabei geht es nicht um etwas ochtrabendes, wie es der Titel vermuten lässt, sondern m sehr triviale Fragen, zum Beispiel um Baumaßnahen und – spätestens dann, wenn wir von der linken eite des Hauses damit konfrontiert werden – um Lohnnd Gehaltsforderungen. Ich glaube, wir sollten das Geetz nicht isoliert betrachten, sondern als einen großen omplex und als Chance, auf diesem Gebiet zusammen uarbeiten. In dem Sinne wünsche ich uns auf der Grundlage des utachtens und hinsichtlich der Bringschuld, die wir haen, weiterhin eine gute Zusammenarbeit. Es ist schön, dass Sie gemerkt haben, dass Sie die Re ezeit überschritten haben. Aber heute ist weder Ihr Geurtstag noch war es Ihre erste Rede. Es bleibt dabei: ir haben keine Mindestredezeit, sondern eine verabre ete Redezeit. Ich hoffe, dass wir uns bei unserem ächsten Zusammentreffen in dieser Konstellation daauf einigen können. Für die Unionsfraktion hat der Kollege Tankred chipanski das Wort. )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704610000

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Tankred Schipanski (CDU):
Rede ID: ID1704610100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu-

nächst ein paar Worte an die Opposition: Frau Sitte, Bo-
logna steht heute gar nicht auf der Tagesordnung.


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das steht in dem Bericht drin!)


– Ja, aber in dem EFI-Gutachten steht, dass wir bei Bo-
logna auf einem guten Weg sind.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber meilenweit vom Ziel entfernt!)


Wir haben dieses Thema hier im Hause mehrfach disku-
tiert und hatten einen Bologna-Gipfel, auf dem wir die
Anregungen aufgegriffen und die Probleme einer Lö-
sung zugeführt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bei dem Kollegen Röspel von der SPD hat man den
Eindruck, dass er bei Rot-Grün 1998 stehengeblieben ist
und nicht wahrnimmt, was die christlich-liberale Koali-
tion macht. Wir haben mittlerweile den Bundesbericht
Forschung und Innovation 2010 vorliegen, der die For-
schungs- und Innovationskraft unseres Landes umfäng-
lich zeigt, und zwar ganz im Sinne dessen, dass Innova-
tion, Erneuerung und Forschung den Gewinn neuer
Erkenntnisse bedeuten.

Beides kann man staatlich nicht verordnen.


(René Röspel [SPD]: Ach! Das wusste ich noch nicht!)


Staat und Politik können lediglich Rahmenbedingungen
setzen und Impulse geben. Diesbezüglich werden uns
von der Expertenkommission Forschung und Innovation
– kurz EFI – gute Erfolge attestiert. Gleichzeitig gibt es
laut EFI aber auch noch Bereiche, in denen wir unsere
Anstrengungen verstärken müssen. Wir nehmen diese
Empfehlungen ernst und werden unser Ziel, die Innova-
tionskraft Deutschlands auf einem international wettbe-
werbsfähigen Niveau zu halten, mit allem Nachdruck
verfolgen.

Dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigen ein
Blick auf die Zahlen in dem EFI-Gutachten sowie die
Ausführungen unserer Bundesministerin und des Kolle-
gen Rupprecht. Auch die inhaltliche Grundausrichtung
unserer Forschungssysteme ist positiv zu bewerten. Es
gibt zwei Trends, die uns dieses Gutachten aufzeigt: ers-
tens Nachhaltigkeit durch Technologie und zweitens ein
Querschnittsdenken als Antwort auf das Ineinandergrei-
fen der wissenschaftlichen Disziplinen.

Bei den politischen Rahmenbedingungen geht es um
eine klare Schwerpunktsetzung; genau dies empfiehlt
uns auch die Expertenkommission. Mit der Hightech-
Strategie wurden die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Sie
beinhaltet die Forschungsschwerpunkte Gesundheit und
Ernährung, Klima und Energie, Mobilität, Kommunika-
tion und Sicherheit.

Diese Forschungsschwerpunkte der Hightech-Strate-
gie werden durch unsere Schlüsseltechnologien, nämlich

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(C (D iotechnologie, Nanound Werkstofftechnologien, optiche Technologien und Photonik, verbunden. Bei der konreten Ausgestaltung dieser Forschungsschwerpunkte hat ie Bundesregierung darauf geachtet, Felder zu vermeien, die von einem internationalen Subventionswettlauf ekennzeichnet sind. Es geht uns darum, den Ausbau von pitzentechnologien und wissensintensiven Dienstleis ungen an bereits existierenden wirtschaftlichen Schwerunkten zu orientieren. Dieser Bericht lässt sich mit den Worten „Exzellenz chaffen – Talente sichern“ zusammenfassen. Im Folgenden will ich drei Themenfelder kurz anreien, und zwar die Technologieund Gründerförderung, ie Netzwerkförderung und die Nachwuchsförderung. ie Programme „EXIST“, „ZIM“, „KMU-innovativ“ nd „INNO-KOM-Ost“ funktionieren, was die Technoogieund Gründerförderung angeht, gut. Das bestätigt ns auch dieser Bericht. Wir haben eine umfassende Netzwerkförderung. Daei geht es um Netzwerke zwischen Forschungseinrichungen und Hochschulen. Ich verweise auf Aachen, ülich sowie die Fachhochschulen in Düsseldorf, Köln nd Bonn, wo das hervorragend funktioniert. Ich vereise aber auch auf Cluster und Netzwerke wie das chon angesprochene „Solarvalley Mitteldeutschland“ der das „Automotive Cluster“. Herr Röspel, ich möchte diesbezüglich richtigstellen, ass wir im Solarbereich nicht Einspeisevergütungen innlos gekürzt, sondern eine Überförderung abgebaut nd dies mit einer Innovationsallianz Photovoltaik verunden haben, in die wir 100 Millionen Euro zusätzliche orschungsgelder investieren werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Sie gefährden bestehende Strukturen und wollen als Symbol neue aufbauen! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht der Bundesrat aber anders!)


Frau Kolbe, zu Ihrer Sorge um die Entwicklung in
en ostdeutschen Bundesländern kann man nur sagen,
ass wir extra ein Programm Innovationsförderung in
en neuen Ländern aufgelegt haben. 2008 standen dafür
1 Millionen Euro zur Verfügung, 2009 waren es
30 Millionen Euro, und 2010 haben wir 143 Millionen
uro dafür im Haushalt vorgesehen. Das ist ein Er-

olgsprogramm, und wir können die Wirkungen in den
euen Bundesländern auch sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mein letzter Punkt betrifft die Nachwuchsförderung.
ns ist klar, dass junge Wissenschaftler gute Rahmenbe-
ingungen brauchen. Dazu gehören Familien- und Karrie-
eplanung, Kindergartenplätze, aber auch, dass man über
efristungsregelungen im Arbeitsrecht nachdenken
uss. Für uns ist es wichtig, Akademiker in Deutschland

u halten und neue aus dem Ausland anzuwerben. Kol-
ege Röhlinger hat bereits unsere Initiative für das Wis-
enschaftsfreiheitsgesetz umfänglich vorgestellt.





Tankred Schipanski


(A) )


)(B)

Ich darf abschließen. Der Bericht enthält folgende
Kernbotschaften: Exzellenz schaffen, Talente sichern.
Deutschland hat eine sehr gute Forschungsinfrastruktur,
hohe Kreativität, Erfindergeist und Innovationsbereit-
schaft. Wir haben die Forschungsschwerpunkte richtig
gesetzt, müssen aber nunmehr unsere Projekte und Ini-
tiativen bündeln. Dabei gilt es, laufende Programme
kontinuierlich zu evaluieren und gegebenenfalls nach-
zujustieren, Kompetenzzentren aufzubauen und die
universitäre Forschung weiter zu intensivieren. Innova-
tionskraft ausbauen, Zukunft sichern, mit diesem Leit-
bild werden wir die deutsche Forschungslandschaft wei-
terhin erfolgreich gestalten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704610200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/990, 17/1880 und 17/1958 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann ist so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a und 6 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Caren
Lay, Karin Binder, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Verbraucherinformationsgesetz jetzt verbrau-
cherfreundlich ausgestalten

– Drucksache 17/1576 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Maisch, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Verbraucherinformationsgesetz jetzt novellie-
ren

– Drucksache 17/1983 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Caren Lay für die Fraktion Die Linke.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher ollen wissen, was in ihren Lebensmitteln drin ist. Viele ollen zum Beispiel nichts mehr von Unternehmen kau en, die einst Gammelfleisch in Umlauf gebracht haben. nd wer isst schon gerne in einem Lokal, in dem er dait rechnen muss, dass im Essen Salmonellen unterwegs ind? Diese Ansprüche der Verbraucherinnen und Verraucher sind völlig berechtigt. s ist unsere Aufgabe als Politik, sie umzusetzen. Dafür rauchen Verbraucherinnen und Verbraucher zuverläsige Informationen. Genau das sicherzustellen darf man och von einem Verbraucherinformationsgesetz erwaren. Doch in der Praxis ist es eine einzige Fehlanzeige. n der Praxis – das hat der Praxistest von Greenpeace, ber auch von vielen anderen zum Vorschein gebracht – ient das Gesetz nicht den Verbraucherinnen und Verrauchern. Im Gegenteil: Es schützt Behörden und Unernehmen vor den Verbrauchern. Das ist schon ein stares Stück, finde ich. Die Linke will das ändern. Die Ursachen für die Untauglichkeit des Gesetzes lieen auf der Hand. Erstens, die langen Wartezeiten. Wer ill schon Wochen und Monate auf eine Antwort war en? Gerade im Lebensmittelbereich kommen die Inforationen dann viel zu spät. Zweitens, die hohen Kosten. Viele Verbraucherinnen nd Verbraucher lassen sich davon abschrecken. Drittens, bürokratische Umwege. Verbraucherinnen nd Verbraucher müssen die Informationen – so ist unere Auffassung – auch direkt von den Unternehmen beommen und sollten nicht den Umweg über die Behören wählen müssen. Viertens, die Passivität der Behörden. Wir wollen, ass die Behörden von sich aus informieren. Das heißt, ie Behörden müssen aktiv vor Risiken warnen und düren nicht darauf warten, dass Verbraucherinnen und Verraucher nachfragen. Gängige Praxis ist aber, dass die Behörden Informaionen unter Verschluss halten, indem sie gebetsmühlenrtig auf das Betriebsund Geschäftsgeheimnis der Unernehmen verweisen. So kann praktisch jede Anfrage, ie irgendwie mit einem Unternehmen zu tun hat, abgeimmelt werden. Deshalb sage ich: Wir brauchen eine eue, eine moderne Informationskultur. Die Geheimnisrämerei in den deutschen Amtsstuben muss endlich ein nde haben. Caren Lay )


(Beifall bei der LINKEN)

Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704610300

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Hier sind unsere Vorschläge:

Erstens. Transparenz muss die Regel sein. Wenn das
öffentliche Interesse überwiegt, dann müssen auch Be-
triebs- und Geschäftsgeheimnisse veröffentlicht werden.

Zweitens. Ganz wichtig ist uns, dass der Informa-
tionsanspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher
nicht auf den Lebensmittelbereich beschränkt wird. Ge-
rade in der Finanzkrise – um hier ein Beispiel zu nen-
nen – muss der Informationsanspruch auch für Finanz-
produkte gelten. Ich darf darauf verweisen, dass bei der
Debatte zum VIG vor zwei Jahren nicht nur die Linke,
sondern auch die jetzt regierende FDP diese Forderung
erhoben hat. Wir sind gespannt, wie sie sich heute dazu
positioniert.

Drittens. Information ist ein Recht für alle Menschen
und darf nicht am Geldbeutel scheitern. Daher fordern
wir weitgehend kostenfreien Zugang. Das Verursacher-
prinzip muss auch für Unternehmen gelten.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer gegen die Vorschriften verstößt oder Risiken
schafft, muss auch für die Folgekosten aufkommen.

Das Verbraucherministerium hat einen breiten Dialog
zu der Novellierung des Verbraucherinformationsgeset-
zes angekündigt. Das gilt jetzt offenbar nicht mehr: Sie
sind der Einladung zur Konferenz zur Novellierung des
Gesetzes, die unsere Fraktion durchführt, leider nicht ge-
folgt. Gestern wurde auch eine Anhörung zum VIG im
Ausschuss abgelehnt, obwohl sie seit langem vereinbart
war. Ich finde, ein breiter Dialog sieht anders aus.

Meine Damen und Herren, das Verbraucherinforma-
tionsgesetz muss geändert werden. Das duldet im Inte-
resse der Verbraucherinnen und Verbraucher keinen Auf-
schub.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704610400

Das Wort hat die Parlamentarische Staatssekretärin

Julia Klöckner.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1704610500


Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-
legen! Ich freue mich sehr, dass wir heute hier zusam-
menstehen und dass wir das einlösen, was wir nach
Verabschiedung des Entwurfs des Verbraucherinforma-
tionsgesetzes vereinbart haben, nämlich zwei Jahre nach
Inkrafttreten dieses Gesetz zu evaluieren. Das haben wir
damals in der Großen Koalition festgelegt. Es ist richtig,
sich anzuschauen, wie ein Gesetz wirkt.

Ich bin auch deshalb froh, weil wir eines geschafft ha-
ben, was Vorgängerregierungen überhaupt nicht gelun-
gen ist: Wir haben nach sechsjähriger Debatte ein Gesetz

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(C (D erabschiedet, das man evaluieren kann. Interessant ist, ass jetzt Kataloge mit Maximalforderungen vorgelegt erden. Bundestagsdrucksachen gehen ja nicht verloren; an kann darin immer wieder nachlesen. Just diejenigen eile der Opposition stellen nun Forderungen auf, die orgängerregierungen angehörten, also richtig viel Zeit atten, ihre heutigen Forderungen umzusetzen. (Ulrich Kelber [SPD]: Bei einer Vorgängerregierung haben Sie das doch verhindert, Frau Klöckner! Sie ganz persönlich!)


Man schaue sich einmal die Entwürfe an, die unter
nderem unter Frau Künast vorgelegt worden sind; bis
005 war ja Rot-Grün an der Regierung. Frau Künast
nd die SPD hätten alle Chancen gehabt,


(Ulrich Kelber [SPD]: Ja! Danach haben Sie es ja verhindert!)


twas durchzusetzen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie sind der Hemmschuh für Verbraucherinformationen!)


ie erinnern sich noch daran, dass der damalige Wirt-
chaftsminister Clement den Entwurf von Frau Künast
icht durchgehen ließ.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bundesrat hat das doch verhindert! Die CDU-Länder haben das doch blockiert!)


ir sind mit dem, was wir heute vorlegen, viel weiter als
ie mit dem, was Sie damals in das parlamentarische
erfahren eingebracht haben. Dies ist ein guter Tag für
ie Verbraucherinnen und Verbraucher, da wir uns dem
erbraucherinformationsgesetz zuwenden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Es ist schon dreist, den anderen das vorzuwerfen, was man selber verhindert!)


Heute hat in unserem Ministerium eine sehr konstruk-
ive Runde mit Verbrauchervertretern und mit Vertretern
erschiedener Betroffenenverbände stattgefunden. Wie
ir alle wissen, gibt es natürlich eine Bandbreite; es gibt
nterschiedliche Interessen. Zum einen sagen die Ver-
raucherverbände: Wir brauchen überhaupt keine Be-
riebs- und Geschäftsgeheimnisse. Zum anderen sagen
ie Unternehmensvertreter: Wir möchten gar nichts
ach draußen geben; denn wir fürchten Industriespio-
age etc. – Ich bin mir sicher, dass die Wahrheit weder
uf der einen noch auf der anderen Seite liegt; sie liegt
ielmehr meistens in der Mitte.


(Ulrich Kelber [SPD]: Deswegen machen Sie nichts, wie üblich!)


Es ist ganz klar, dass wir die Wirkung des Verbrau-
herinformationsgesetzes in Ruhe und auf wissenschaft-
ich fundierter Basis auswerten müssen.


(Ulrich Kelber [SPD]: In Ruhe nichts machen!)


as Verbraucherministerium hat deshalb für ein Novum
esorgt: Es hat drei unabhängige Studien in Auftrag ge-





Parl. Staatssekretärin Julia Klöckner


(A) )


)(B)

geben – das heißt, das Ministerium macht keine Vorga-
ben, ohne wissenschaftliche Grundlagen zu haben –, um
alle Anfragen, die es im Zusammenhang mit dem Ver-
braucherinformationsgesetz bisher gegeben hat, auszu-
werten.

In einem föderalen Staat ist es nun einmal so: Die
Länder ticken sehr unterschiedlich. Die Informationskul-
tur ist unterschiedlich. Man muss erst einmal sehen, wie
es läuft, und dann hat man auch die Chance, das, was an
Informationen an die Verbraucherinnen und Verbraucher
gegeben wird, zu harmonisieren. Das war übrigens eines
der Ergebnisse. Ich bin den Koalitionsfraktionen auch
sehr dankbar dafür, dass sie diesen Punkt angesprochen
haben. Der Verbraucher oder die Verbraucherin hat na-
türlich nicht vor Augen: Welche Informationen be-
komme ich, je nach Struktur, nach dem Umweltinforma-
tionsgesetz oder dem Informationsfreiheitsgesetz oder
dem VIG? – Das ist ein Punkt, über den wir weiter nach-
denken müssen.

Ich bin sehr froh darüber, dass die Studien gezeigt ha-
ben: Dieses Gesetz ist ein Erfolg. Bei diesem Gesetz
wird in der Mehrzahl der Fälle fristgerecht gehandelt,
das heißt, Antworten kommen dann, wenn man anfragt.
Natürlich beschweren sich die Umwelthilfe, Foodwatch
und viele andere darüber, dass sie eine Antwort nicht
zeitnah bekommen. Dabei muss man aber auch ehrlich
sein: Das ist ein Verbraucherinformationsgesetz; es ist
kein Warngesetz und auch kein Verbändegesetz, sondern
eben ein Verbraucherinformationsgesetz. Es geht auch
nicht darum, dass wir ständig irgendwelche Warnungen
in die Welt setzen und Panik machen, sondern bei die-
sem Gesetz geht es darum, dass Anfragen der Verbrau-
cherinnen und Verbraucher beantwortet werden, und
zwar zeitnah und weitgehend kostenlos. Auch das haben
die unabhängigen Studien gezeigt: In der überwiegenden
Zahl der Fälle führt die Anfrage nicht zu Kosten für die
Anfragenden. Wenn überhaupt, dann entstehen Kosten
von maximal 25 Euro, oder es wird ein Kostenvoran-
schlag ausgegeben.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ein breites Spektrum, was Sie da als „überwiegend“ bezeichnen!)


Sicherlich kommen nachher von der Opposition Bei-
spiele dafür, dass jemand länger warten musste oder dass
eine Frage aus dem Herbst bis heute nicht beantwortet
worden ist.


(Ulrich Kelber [SPD]: Auch durch Ihr Ministerium nicht!)


Natürlich muss man sehen, welche Anfragen gestellt
werden. Einige Verbände haben jetzt sogar eine Referen-
tenstelle eingespart, weil sie durch Anfragen bei den Be-
hörden die Informationen bekommen, die sie sich vorher
selbst beschaffen mussten. Wenn bei einer Stelle ein Fra-
genkatalog mit 112 Fragen eingeht, ist doch verständ-
lich, dass die Fragen nicht bis zur nächsten Woche be-
antwortet sein können; so fair müssen wir gegenüber den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten in den einzelnen Be-
hörden schon sein.

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(C (D (Ulrich Kelber [SPD]: Ihr Ministerium hält sich nicht an das eigene Gesetz!)


Es gibt übrigens sehr gute Beispiele dafür, wie man
uch proaktiv informieren kann. Im Saarland zum Bei-
piel werden Verfahren zu bußgeldbewehrten Tatbestän-
en, bei denen es um mindestens 350 Euro geht, ins In-
ernet gestellt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Was macht Ihr Ministerium proaktiv? Kein einziges Beispiel!)


ch bin der Meinung, dass man durchaus noch proaktiver
nd transparenter vorangehen kann. Es gibt wunderbare
eispiele. In Nordrhein-Westfalen hat Herr Uhlenberg,
er Nachfolger von Ihnen, Frau Höhn, Angaben zu Pes-
izidrückständen ins Internet gestellt, ohne dass danach
efragt worden war.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir lange vorher gemacht!)


Sie haben das lange gefordert, aber nie gemacht. Letzt-
ich ist wichtig, was hinten rauskommt, was der Verbrau-
her davon hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie schon proaktiv informiert, Frau Klöckner? – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Informieren Sie sich mal vorher!)


Wir werden in der nächsten Zeit mit den Verbrauche-
innen und Verbrauchern einen Dialog führen. Ich freue
ich sehr darüber, dass sie sich an diesem Dialog betei-

igen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie als Ministerium schon einmal aktiv informiert? – Gegenruf von der CDU/CSU: Hör doch mal auf!)


ieser Dialog findet auf einer Internetseite statt. Auf
ieser Internetseite beteiligen sich die verschiedensten
erbände. Dass man solche Studien so offen und in einer
o transparenten Art und Weise vorstellt, hat es noch nie
egeben. Zu den Studien kann man bis Ende August
tellung beziehen. Dann werden wir gemeinsam eine
valuierung bzw. eine Überarbeitung des Gesetzes vor-
ehmen. Dabei kann ich mir eine Ausweitung des Aus-
unftsanspruches vorstellen. Ich kann mir aber auch vor-
tellen, dass noch transparenter zu informieren ist.

Eines ist festzuhalten: Wir haben mit dem Verbrau-
herinformationsgesetz die Informationskultur in
eutschland verändert. Das ist der erste Schritt auf ei-
em richtigen Weg. Hätten wir es nicht gemacht, würden
ir noch heute darauf warten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704610600

Das Wort hat die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1704610700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin mal gespannt, wie die Regierungsko-
alition „gemeinsam“ definiert. Das ist schon toll.

Ich beginne mit einem Zitat:

Unser Ziel ist es, die Evaluation des VIG als trans-
parenten, offenen und partizipatorischen Prozess zu
gestalten und die Präsentation vorgefertigter Stand-
punkte zu vermeiden.

So steht es in der Einladung der Parlamentarischen
Staatssekretärin Klöckner zur Diskussion über den Eva-
luationsbericht zum Verbraucherinformationsgesetz, die
heute Vormittag – wahrscheinlich wurde sie noch recht-
zeitig vor dieser Debatte beendet – stattgefunden hat.


(Caren Lay [DIE LINKE]: So ein Zufall! – Peter Bleser [CDU/CSU]: Um 12 Uhr mittags!)


Offenheit, Transparenz und Partizipation sind für die
Bundesregierung nur leere Worte. Offensichtlich bedeu-
ten sie die Aussperrung der Opposition. Keine einzige
Vertreterin und kein einziger Vertreter der Oppositions-
fraktionen war eingeladen. Damit nicht genug: Die SPD
hat gestern im Ausschuss – die Kollegin Lay hat es
schon angesprochen – einen Antrag auf Durchführung
einer öffentlichen Anhörung zur Evaluierung des Ver-
braucherinformationsgesetzes noch vor der Sommer-
pause gestellt. Er wurde mit der Mehrheit der Stimmen
der Regierungskoalition abgelehnt. Der CDU-Kollege
Bleser hat bereits angekündigt, dass, wenn wir nächste
Woche erneut einen Antrag zum VIG stellen, auch dieser
abgelehnt werde. Das bedeutet für Sie also Offenheit
und Transparenz. Das ist Ihr Umgang mit der Opposi-
tion.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Wir sind halt kalkulierbar! Wir ändern unsere Meinung nicht jeden Tag! – Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Wir machen den zweiten Schritt nach dem ersten!)


Das ist Ihr Demokratieverständnis, werte Kolleginnen
und Kollegen von der Regierungskoalition.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben Angst vor der Wahrheit, Herr Bleser!)


Als ich in den Bundestag gewählt wurde, war das Ver-
braucherinformationsgesetz das erste Gesetz, an dessen
Zustandekommen ich intensiv mitgearbeitet habe. Es ist
sozusagen mein erstes Gesetzeskind.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Und wir haben das ordentlich gemacht!)


Im Vorfeld waren bereits mehrere Versuche für ein Ver-
braucherinformationsgesetz am Widerstand der CDU im
Bundesrat gescheitert, Frau Kollegin Klöckner.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Ich war dabei!)


Auch dieses Kind war letztendlich eine sehr schwere Ge-
burt. Ich will nicht verhehlen, dass dieses Kind sich nicht
so entwickelt hat, wie ich und die SPD sich das ge-

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(C (D ünscht hätten. Das ist aber eigentlich kein Wunder; enn es entsprang ja nicht gerade einer Liebesheirat. (Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben ja auch kein Weihnachten!)


chon damals ging uns das Gesetz nicht weit genug, und
inige Schwächen waren bereits absehbar. Es war die
PD, die eine Evaluierung verlangte, um dieses Gesetz
uf Basis der Erfahrungswerte zu überarbeiten und für
chte Transparenz – das möchte ich betonen – für Ver-
raucherinnen und Verbraucher zu sorgen.

Der Evaluationsbericht zeigt nun leider, dass all un-
ere Befürchtungen eingetroffen sind. So ist nun zwar
estzustellen, dass die ersten Behörden anfangen, von
ich aus Informationen ins Netz zu stellen. Trotzdem ist
as Ziel des Gesetzes, mehr Transparenz und einen
eichteren Zugang zu Verbraucherinformationen zu er-

öglichen, verfehlt worden. Es zeigt sich, dass Anfra-
en von Verbraucherinnen und Verbrauchern oft gar
icht, nicht im gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum
der überhaupt nicht ausreichend beantwortet wurden.
ie in § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbu-

hes geschaffene Sollvorschrift, wonach die Behörden
on sich aus aktiv über Rechtsverstöße, Gesundheitsge-
ahren und Gammelfleischfunde informieren sollen,
urde bisher kaum angewandt.

Auf der Grundlage der Landesgebührenordnungen
urden teilweise abschreckend hohe Kosten erhoben.
ie Erhebung der Kosten vom Bearbeitungsaufwand ab-
ängig zu machen, führt natürlich dazu, dass die Ver-
raucher bei der Antragstellung keine Sicherheit darüber
aben, wie hoch die Kosten letztendlich sein werden.
nfragen über Rechtsverstöße wurden oft mit der Be-
ründung abgewiesen, dass das Verwaltungsverfahren
och nicht abgeschlossen sei bzw. ein Rechtsverstoß erst
it Erlass eines Bescheides vorliege – und dies, obwohl

er Gesetzeswortlaut einen Zugang zu Informationen
ber Rechtsverstöße auch während laufender Verwal-
ungsverfahren ausdrücklich ermöglicht.

Es kann also kein Zweifel daran bestehen, dass es
berarbeitungsbedarf gibt. Umso erstaunlicher ist es,
ass die Koalitionsfraktionen eine sachkundige Diskus-
ion mit Verbrauchervertretern und anderen Fachleuten
m Rahmen einer öffentlichen Anhörung des zuständi-
en Ausschusses im Bundestag verweigern. Im Einla-
ungsschreiben zu der heute stattgefundenen Veranstal-
ung hat Frau Klöckner geschrieben, dass die Zeit bis
eptember für einen breiten und ergebnisoffenen Dialog
ber die Evaluation und die daraus zu ziehenden Konse-
uenzen genutzt werden soll.


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau! So ist das richtig!)


s ist wirklich die Frage: Was ist hier breit, was ist er-
ebnisoffen? Wie wird das hier definiert?

Da die Opposition an diesem breiten Dialog offen-
ichtlich gar nicht beteiligt werden soll, brauchen wir die
ffentliche Anhörung noch vor der Sommerpause; denn
s deutet sich an, dass Frau Klöckner die offenbar ge-
ordenen Schwächen des Gesetzes glattbügeln und mit





Elvira Drobinski-Weiß


(A) )


)(B)

minimalen Äußerungen maximale Medienpräsenz errei-
chen will.


(Beifall bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Ankündigungsstaatssekretärin!)


Ob das Thema Verbraucherschutz bei ihr in guten Hän-
den ist, ist ohnehin zweifelhaft; denn seit heute wissen
wir,


(Ulrich Kelber [SPD]: Keine einzige Verordnung oder Gesetz! Nichts!)


dass nicht einmal Seniorinnen und Senioren vor ihr si-
cher sind. Auf einer Postkarte mit der Aufschrift „Wie
viele Heizdecken braucht ein Mensch?“


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


verspricht sie, sich für Senioren und gegen Trickser und
Betrüger einzusetzen, gegen – ich zitiere – „belästigende
Telefonwerbung, Abo-Fallen, unlesbare Beschriftung
und Informationsdschungel“. Dagegen will sie kämpfen.

Auf der Rückseite der Karte kann man dann ankreu-
zen, dass man entsprechende Informationen zugesandt
bekommt. Dazu muss man seine Adresse angeben und
unterschreiben. Bei der Unterschrift gibt es ein kleines
Sternchen, und ganz unten auf der Karte erklärt ein Satz
hinter einem kleinen Sternchen in kleiner Schrift, dass
man sich mit seiner Unterschrift mit der – Zitat – „Erhe-
bung, Speicherung und Nutzung der vorstehenden perso-
nenbezogenen Daten“ einverstanden erklärt hat.


(Heiterkeit und Beifall der Abg. Karin Binder [DIE LINKE] – Ulrich Kelber [SPD]: Unglaublich!)


Kurz: Seniorinnen und Senioren, die hier Informations-
material bestellen, müssen damit rechnen, von allen Sei-
ten mit CDU-Werbematerial überhäuft zu werden.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Hört! Hört!)


Ich habe das zuerst ernsthaft für einen schlechten
Scherz gehalten, aber das ist leider ernst, und ich finde:
Das ist einer Parlamentarischen Staatssekretärin nicht
würdig.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704610800

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Profes-

sor Dr. Erik Schweickert.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1704610900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Lay, Sie haben
den breiten Dialog, der angeblich fehlt, angemahnt. Ich
weiß nicht, wie man es noch breiter machen kann, als im
Internet rechtzeitig alle Gutachten zu veröffentlichen
und eine Plattform einzurichten. Wir haben auch gesagt:

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(C (D ir werden eine Anhörung machen, aber erst dann, enn der Gesetzentwurf vorliegt. Wenn Sie sich jetzt hinstellen, Frau Drobinski-Weiß, nd sagen, Sie seien heute Mittag nicht eingeladen geesen, erwidere ich darauf: Herzliche Grüße zurück! ie SPD und die Grünen haben uns damals auch nicht ingeladen. – Wir haben die Opposition nicht eingelaen, aber wir haben Fachleute eingeladen, die das aus iher Sicht bewerten, und zwar das komplette Spektrum om vzbv über die Umwelthilfe bis zu anderen Verbänen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Sie waren vom Ministerium eingeladen? Ich denke, das war ein Ministeriumsgespräch!)


(Zuruf von der SPD: Es liegt doch einer vor!)


Herr Kelber, hat Sie Ihre Fraktion nicht reden lassen?


(Ulrich Kelber [SPD]: Wenn das das einzige Argument ist! Ich dachte, das war ein Ministeriumsgespräch! Und dazu waren Sie eingeladen?)


Man hört die Zwischenfragen nicht.

Dieses Verbraucherinformationsgesetz gibt es jetzt
eit zwei Jahren.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704611000

Kollege Schweickert, gestatten Sie die Zwischenfrage

er Kollegin Binder?


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1704611100

Ja, klar, gerne.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ja interessant! Die FDP ist zu einem Ministeriumsgespräch eingeladen!)



Karin Binder (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704611200

Herr Kollege Schweickert, gestatten Sie die Frage, ob

ies der Ersatz für ein parlamentarisches Verfahren war,
n dem in einer offiziellen Anhörung des Ausschusses
lle zuständigen Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker
ie Ausführungen der Fachwelt hätten zur Kenntnis neh-
en können. Das kann es nicht sein, oder?


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1704611300

Liebe Kollegin Binder, wir haben gerade dargestellt,

ass es eigentlich keinen breiteren Weg gibt, dieses Ge-
etz zu diskutieren. Dazu werden wir alle Möglichkeiten
utzen, als einzelne Fraktion und als Regierungskoali-
ion: Das Ministerium lädt zu Terminen ein, man macht
ine Homepage, man sucht den Dialog mit den Betroffe-
en, man hat die Gutachten vorliegen. Somit besteht jede
öglichkeit, sich daraus zu informieren. Ich habe Ihnen

orher gesagt, dass wir selbstverständlich eine Anhö-
ung machen werden, wenn der Gesetzentwurf vorliegt.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! In dieser Reihenfolge!)






Dr. Erik Schweickert


(A) )


)(B)

Aber dazu muss man eben erst einmal wissen, womit
man sich auseinandersetzt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dazu gehört, dass man einfach auch einmal zur Kenntnis
nimmt, dass das Verbraucherinformationsgesetz, liebe
Frau Binder, ein paar Punkte enthält, bei denen auch wir
sagen: Da kann man noch etwas verbessern. Insofern
sind wir im grundsätzlichen Anliegen bei Ihnen. Wir
wollen zum Beispiel, dass der Verbraucher noch mehr
Transparenz erhält. Was ist denn geschehen? Proaktive
Transparenz wurde erreicht. Insbesondere im Lebens-
mittelbereich gab es erfreuliche, positive Entwicklun-
gen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704611400

Kollege Schweickert, gestatten Sie eine weitere Zwi-

schenfrage, dieses Mal von der Kollegin Maisch?


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1704611500

Sehr gerne.


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704611600

Danke, Herr Schweickert, dass Sie mir die Möglich-

keit geben, zu fragen. – Ich hätte noch eine Nachfrage zu
diesem Gespräch. Sie sind kein Mitglied der Bundesre-
gierung, obwohl Sie ja sehr fähig sind.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ein Ausschlussgrund für die Regierung!)


Warum waren Sie als Parlamentarier geladen, und woher
hatten Sie die Einladung? Warum hatten wir als Mitglie-
der der Oppositionsfraktionen keine?


Dr. Erik Schweickert (FDP):
Rede ID: ID1704611700

Ich kann Ihnen nicht sagen, auf welchem Weg die

Einladung kam. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich eine
Einladung zu diesem Gespräch hatte, wie viele andere
Verbände auch.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ist die FDP jetzt ein Verband?)


Wir sind zu diesem Gespräch gegangen, um uns anzuhö-
ren, wie die Meinungen sind. Wenn Sie zu den Formali-
täten der Einladung Fragen haben, dann müssen Sie
diese den Einladern stellen. Da ich nicht der Einlader
war, kann ich Ihnen, Frau Kollegin Maisch, das leider
nicht beantworten.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Einlader ist gerade weg!)


Es gibt laut Gutachten auch Schwächen. 487 Anfra-
gen wurden gestellt, allerdings nur ein Bruchteil davon
von Privatpersonen. Dazu muss ich sagen: Es ist ein Ver-
braucherinformationsgesetz und kein Verbändeinforma-
tionsgesetz. Es ist sicherlich eine Schwäche, dass wir in
diesem Bereich nicht mehr Anfragen haben.

Ich habe mich gefragt: Warum ist dies so? Was kön-
nen wir verbessern? Vielleicht ist es etwas zu kompli-
ziert, zu intransparent oder zu bürokratisch. Wir mussten

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(C (D n diesem Zusammenhang auch feststellen, dass die Kosen und Gebühren vor der Anfrage nur eingeschränkt abchätzbar sind. Das ist von Bundesland zu Bundesland nterschiedlich. Einen einheitlichen Gebührenkatalog ibt es leider nicht. Auch halte ich das Gesetz für nur bedingt alltagstaugich: Wenn ich morgen Mittag in einer Dönerbude etwas ssen möchte, dann will ich, wenn ich vor dem Laden tehe, wissen, ob ich unbeschwert hineingehen kann, nd möchte nicht erst eine Anfrage stellen, um dann ach zwei Monaten zu wissen, ob ich ohne Sorge hineinehen kann oder nicht. Dann bin ich wahrscheinlich verungert. Ein paar Punkte sind mir also etwas zu stark ormalisiert. Der Flickenteppich, bestehend aus Umweltinformaionsgesetz, Verbraucherinformationsgesetz und Inforationsfreiheitsgesetz, führt dazu, dass wir zu viele un erschiedliche Regelungen haben, was teilweise zur olge haben kann, dass eine Anfrage nicht beantwortet ird. Zu diesen Hauptmängeln kommen vielleicht noch ein aar kleine Hindernisse hinzu. Zu diesem Ergebnis komen die Gutachten. Wir als Koalition haben gesagt: Wir ollen dies verbessern. Das heißt für mich, aus den Kri ikpunkten zu lernen und klar zu sagen: Es muss eine inheitliche Gebührenordnung geben. Der Auskunftseruchende muss vorher wissen, was ihn seine Anfrage ostet, und dann kann er sich entscheiden, ob er sie stellt der nicht. Ich hoffe, dass dieses Instrument dann von ehr Privatpersonen und weniger von den Verbänden enutzt wird. Zum Zweiten haben wir als christlich-liberale Koaliion in unserem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass ir den Flickenteppich beseitigen und die drei Gesetze, as Umweltinformationsgesetz, das Informationsfreieitsgesetz und das Verbraucherinformationsgesetz, zuammenführen. Durch diese Zusammenführung – das at die Kollegin Lay vorhin angesprochen – würde die orderung, die wir erhoben haben und immer noch erheen – wir wünschen uns eine Ausdehnung des VIG, zum eispiel auf Finanzdienstleistungen –, obsolet, weil es ach dem Informationsfreiheitsgesetz die Möglichkeit ibt, an bestimmte Informationen heranzukommen. Uns geht es darum, eine schnelle Orientierung für den erbraucher zu ermöglichen. Das könnte zum Beispiel as Smiley-System für Gaststätten nach dänischem Vorild sein. Damit kann man positive Anreize für mehr ygiene, mehr Transparenz und mehr Verbraucher chutz schaffen, ohne dabei die Unternehmen mit zu viel ürokratie zu belasten. Dabei ist natürlich auch wichtig – so fair muss jeder ein, der diese Forderung erhebt –, den Bereich der Leensmittelkontrolle zum einen personell und zum andeen technisch in die Situation zu versetzen, dies auch msetzen zu können. Schauen Sie sich einmal an, wie as in Dänemark funktioniert: Da bekommt man sofort inen Ausdruck. Man weiß sofort, welche Hygienemänel auf der Toilette oder sonst wo zu einer Abstufung ge Dr. Erik Schweickert )





(A) )

führt haben. – Wenn wir so vorgehen wollen, dann müs-
sen wir das auch sagen und dazu stehen.

Freiwillige Qualitätssiegel in anderen Wirtschaftsbe-
reichen könnten in dieser Hinsicht das Ihrige dazu bei-
tragen.

Bei aller notwendigen Verbraucherinformation – das
sage ich bezüglich der Anträge der Grünen und der Lin-
ken – muss gewährleistet sein, dass Unternehmen ihre
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wahren können.
Wir sind ganz klar gegen eine Ausweitung der Informa-
tionspflichten von Unternehmen, weil wir der Meinung
sind, dass dies zu einer bürokratischen Überfrachtung
insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen füh-
ren würde. Die Unternehmen sind schon nach heutiger
Gesetzeslage dazu verpflichtet, den Behörden Auskunft
zu geben. Wenn jetzt aber jeder Pizzabäcker bei jeder
Anfrage sagen muss, woraus sich seine Pizza zusam-
mensetzt, dann muss er jemanden einstellen, der nur
diese Anfragen bearbeitet.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: So ist das ja nicht gemeint! Durch Wiederholungen wird es auch nicht besser!)


Das kann ja nicht sein. Die Evaluierungen haben uns ge-
zeigt, dass in einigen Behörden Leute eingestellt werden
mussten, um Fragenkataloge mit mehr als 100 Fragen
abzuarbeiten.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das müsste man verbieten!)


– Herr Kelber, wenn Sie fordern, dies auf die Unterneh-
men auszudehnen, dann verabschiedet sich die SPD


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Die nicht! Die verabschiedet sich nicht!)


von einer Partei, die sich auch darüber Gedanken macht,
ob die Wirtschaft so etwas schultern kann oder nicht.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Ich glaube, Sie sollten sich einmal über Ihre Werte Gedanken machen, nicht wir!)


Ich komme zum Schluss. Mehr Transparenz statt
mehr Bürokratie, einfache, aber dafür für den Verbrau-
cher verständliche, niedrigschwellige und im Alltag an-
wendbare Informationen – dafür stehen wir als FDP in
der christlich-liberalen Koalition. Wir werden uns dafür
gemeinsam einsetzen und entsprechend an der Novellie-
rung des VIG arbeiten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704611800

Die Kollegin Klöckner hat um die Möglichkeit einer

Kurzintervention gebeten. – Bitte schön.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1704611900

Ich bedanke mich. Die Kollegin Drobinski-Weiß hat

mich in ihrer Rede angesprochen. Dann hat man ja die
Möglichkeit, darauf einzugehen.

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(C (D Liebe Frau Drobinski-Weiß, ich bedanke mich sehr erzlich für die Werbung für die CDU Rheinland-Pfalz. ie haben darauf hingewiesen, dass wir uns um die Verraucherinnen und Verbraucher kümmern. (Ulrich Kelber [SPD]: Aber mit unlauteren Methoden!)


ie Seniorinnen und Senioren werden oft Opfer krimi-
eller Machenschaften. Das haben wir erkannt; deshalb
ehmen wir uns dieses Problems an.

Ich möchte der Vollständigkeit halber noch etwas er-
ähnen, was Sie vorhin nicht gesagt haben: Man sollte

wischen Partei – das ist eine Parteiveranstaltung gewe-
en – und Regierung trennen. Das wird auf dieser Karte
icht vermischt.

Ich habe mir diesbezüglich einmal die Seite der Bun-
es-SPD angeschaut. Man muss dort unterschreiben, und
m Unterschriftenfeld ist auch ein Sternchen, zu dem
teht:

Ich bin damit einverstanden, dass meine personen-
bezogenen Daten … vom SPD-Parteivorstand ge-
speichert werden können.

as heißt, die SPD wie auch die CDU halten sich an die
orgegebenen Datenschutzbestimmungen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nein, nein!)


as halte ich für absolut notwendig.

Auf der angesprochenen Karte muss man ankreuzen,
b man etwas haben möchte oder nicht. Ich denke, wir
ollten hier ehrlich bleiben. Man muss trennen zwischen
rbeit der Regierungspartei und Parteiarbeit. Das haben
ie vielleicht nicht getan, wir aber tun das. – Danke noch
inmal für die Werbung.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704612000

Kollegin Drobinski-Weiß, Sie haben das Wort zur

ntwort.


Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1704612100

Wenn ich das richtig verstanden habe, kann ich diese

nformationen von Ihnen gar nicht anfordern, wenn ich
icht unterschreibe. Ich muss das also unterschreiben.
as ist es, was falsch daran ist. Außerdem brüsten Sie

ich doch immer damit, wie sehr Sie sich für die Senio-
innen und Senioren einsetzen. Entschuldigen Sie bitte,
n diesem Fall braucht man eine ganz besonders starke
rille, um das lesen zu können.

Ich hoffe natürlich sehr, dass Sie Ihr Amt als Parla-
entarische Staatssekretärin nicht missbrauchen, um die

ntsprechenden Informationskampagnen und Aktionen
ür Ihren Wahlkampf zu starten.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704612200

Das Wort hat nun Kollegin Nicole Maisch für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.






(A) )


)(B)


Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704612300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Ver-

braucherschutz sind die Verfallsdaten eine wichtige Sa-
che, nicht nur bei Joghurt und anderen Produkten, sondern
manchmal auch bei Gesetzen. Als das Verbraucherinfor-
mationsgesetz beschlossen wurde, hat der Gesetzgeber
der Regierung klugerweise ins Stammbuch geschrieben,
man solle nach zwei Jahren eine Bilanz ziehen, evaluie-
ren, und gegebenenfalls Verbesserungen vornehmen.

Die Opposition sieht sich zusammen mit Verbänden
wie der Deutschen Umwelthilfe oder dem vzbv mit die-
sem Bericht in ihren Forderungen nach mehr Anwender-
freundlichkeit und breiteren Informationsansprüchen be-
stärkt. Auch im Evaluationsbericht der Uni Marburg, den
Sie in Auftrag gegeben haben, wird deutlich: Die Gebüh-
renerhebung ist intransparent, und es fehlt eine Systema-
tisierung der gesetzlichen Informationsrechte. Das heißt,
die Verbraucher und manchmal auch die Verbände wis-
sen nicht, ob jetzt das Informationsfreiheitsgesetz, das
Verbraucherinformationsgesetz oder das Umweltinfor-
mationsgesetz einen Informationsanspruch begründet.
Außerdem fehlt die Rechtsklarheit, welche Behörden
auskunftspflichtig sind.

All das macht deutlich: Als Horst Seehofer von einem
„Meilenstein des Verbraucherschutzes“ sprach, war er
auf dem falschen Dampfer.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es war höchstens ein kleines Schrittchen. Es besteht er-
heblicher Nachbesserungsbedarf.

Ein Beispiel dafür ist das Thema „aktive Behörden-
auskünfte“. In Pankow, übrigens unter grüner Verant-
wortung, werden die Behörden aktiv und veröffentlichen
die Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das heißt, wenn die Frittenbude um die Ecke Rattenkot
in der Küche hat, informiert Sie Ihr grüner Bürgermeis-
ter im Internet darüber. Ich denke mir: Was in Pankow
unter grüner Verantwortung funktioniert, müsste doch
eigentlich auch bundesweit zu machen sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Thema
Betriebsgeheimnis eingehen. Das Betriebsgeheimnis wird
immer als ein Argument gegen breitere Informationsan-
sprüche ins Feld geführt. Die genaue Zusammensetzung
der Currysoße auf der Fritte ist natürlich Betriebsgeheim-
nis. Der Rattenkot in der Küche ist kein Betriebsgeheim-
nis. Die Information darüber ist verbraucherrelevant und
gehört am besten auf einen Zettel, der im Schaufenster
ausgehängt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiteres Argument, das immer wieder gegen eine
Ausweitung von Informationsansprüchen angebracht
wird, ist die Tatsache, dass die meisten Anfragen von
Journalisten oder Verbänden wie Foodwatch, aber eben
nicht von Privatpersonen stammen. Ich finde, dieses Ar-

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(C (D ument sticht nicht. Es ist doch sinnvoll, dass Verbände nd Journalisten stellvertretend für die Verbraucherinnen nd Verbraucher die Arbeit eines Wachhundes auf den ärkten übernehmen. Es würde Ihnen auch nicht pas en, wenn jeder politisch interessierte Bürger im Kanzeramt anriefe, um zu erfahren, wo genau Sie sparen ollen. Es ist gut, dass die Medien dies stellvertretend un. Genauso ist es im Verbraucherbereich. Die proaktive Art, mit der Foodwatch und verschieene Journalisten Informationen zum Beispiel über ammelfleisch in die Presse bringen, führt zu fairen und ransparenten Marktbedingungen für die Konsumenten nd die Wettbewerber. Wenn Anbieter von Gammelleisch schneller aus dem Verkehr gezogen werden, nützt as nicht nur den Verbrauchern, die das nicht mehr essen üssen, sondern auch den Wettbewerbern, die seriös nd ehrlich wirtschaften. Wir fordern ein umfassendes, wirksames und unbüroratisches VIG, das den Interessen aller Konsumenten nd der seriösen Marktteilnehmer dient. Professor chweickert hat das Beispiel Dänemark genannt. Ich inde es gut, wenn Sie sich an den Dänen orientieren wolen; denn die sind in diesem Bereich weiter als wir. Die ängen die Ergebnisse der Hygieneüberwachung schön m Schaufenster des Restaurants aus. Ich wünsche Ihnen iel Erfolg bei den Auseinandersetzungen mit dem EHOGA, der das furchtbar findet. Ich denke aber, dass ie beim DEHOGA noch einen gut haben. (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704612400

Das Wort hat nun Lucia Puttrich für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Lucia Puttrich (CDU):
Rede ID: ID1704612500

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

rau Drobinski-Weiß, ich bin schon ein bisschen ver-
undert darüber, dass Sie sich von dem distanzieren,
as Sie selbst mit beschlossen haben.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Ja!)


ch darf Sie daran erinnern, dass Sie beteiligt waren, als
as Verbraucherinformationsgesetz beschlossen wurde.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Ich habe ja etwas dazu gesagt, Frau Puttrich! Haben Sie nicht zugehört? Da habe ich es erklärt!)


ch hätte mir eigentlich gewünscht, dass Sie nicht ein
rittel Ihrer Redezeit darauf verwenden, Reklame zu
achen – auch wenn das für uns positiv ist –, sondern

ich mit den Inhalten beschäftigen.

Ich kann nur feststellen, dass die Grünen offensicht-
ich von Neid zerfressen sind, weil sie nicht hinbekom-

en haben, was die nächste Regierung geschafft hat.





Lucia Puttrich


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir sind diejenigen, die das Verbraucherinformationsge-
setz beschlossen haben;


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU-Länder haben das verhindert! Sie wissen das doch!)


wir sind den historischen Schritt gegangen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704612600

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kelber?


Lucia Puttrich (CDU):
Rede ID: ID1704612700

Herr Kelber, ich habe gehört, dass Sie nicht zu Wort

gekommen sind. Sie würden jetzt gern reden?


(Ulrich Kelber [SPD]: Ganz artig!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704612800

Ja oder nein?


Lucia Puttrich (CDU):
Rede ID: ID1704612900

Ja, bitte.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1704613000

Frau Kollegin, vielen Dank für Ihr Mitleid mit in der

eigenen Fraktion unterdrückten Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie sind seit September 2009 Abgeordnete, waren
also zu Zeiten der Großen Koalition noch keine Abge-
ordnete. Deswegen meine Frage: Hat Sie Ihr Sprecher,
Peter Bleser, einmal informiert, wie damals die Verhand-
lungen über das Verbraucherinformationsgesetz gelaufen
sind? Hat er Sie insbesondere darüber informiert, wie es
sich mit dem Versuch verhielt, über die aktive Benach-
richtigung nachzuverhandeln? Alle Ländervertreter und
die SPD haben gesagt: Wir wollen das Instrument schär-
fen. – Minister Seehofer hat gesagt: Ja, ich will das. – Es
gab aber einen im Raum, der gesagt hat: Ich lege mein
Veto ein.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Und wer hat sich durchgesetzt?)


Das war der Sprecher der CDU/CSU. Insofern dürfen
wir schon kritisieren, was mit Ihnen nicht machbar war
und scheinbar auch jetzt nicht machbar ist.


Lucia Puttrich (CDU):
Rede ID: ID1704613100

Herr Kelber, ich darf Ihnen versichern, dass unser

AG-Sprecher die Mitglieder der Fraktion in seiner all-
umfassenden Fürsorge natürlich informiert und dass wir
darüber hinaus des Lesens mächtig sind und uns über
Sachverhalte informieren können. Ich kann nur sagen:
Das, was Sie gesagt haben, hat den Sachverhalt nicht
verändert und auch nicht erhellt. Fakt ist, dass die SPD
gemeinsam mit der CDU/CSU dieses Gesetz beschlos-
sen hat. So viel dazu.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war eine schwache Antwort!)


Ich wundere mich darüber, dass Sie sich im Zusam-
enhang mit der Verfahrensweise über die Evaluierung

ieses Gesetzes beklagen. Auf die drei Gutachten, die in
uftrag gegeben worden sind, brauche ich nicht weiter

inzugehen. Die Sachverständigen wurden schon sehr
rüh einbezogen. Bei der Erstellung des Gutachtens wur-
en erst einmal alle Anfragen untersucht. Darüber hi-
aus sind schon zu diesem frühen Zeitpunkt die Verbrau-
herorganisationen einbezogen worden. Sie können also
avon ausgehen, dass diese drei Gutachten eine sehr fun-
ierte Grundlage sind, um die Evaluation dieses Geset-
es weiter zu betreiben.

Was man schon jetzt feststellen kann, ist, dass sich
ieses Gesetz bewährt hat, auch wenn es selbstverständ-
ich weiterentwickelt werden soll und weiterentwickelt
ird. Sie haben es vorhin angesprochen: Natürlich sind
ir dabei, uns nicht nur theoretisch sachkundig zu ma-

hen, sondern wir sprechen auch mit denjenigen, die die-
es Gesetz anwenden und praxiserfahren sind, seien es
erbände, Länder oder Behörden, und die uns ganz klar
agen, wie sich dieses Gesetz in zwei Jahren bewährt
at. Das ist der sinnvollste Weg. Ich bedaure sehr, dass
ie diese Informationen nicht haben wollen. Schließlich
ollen Sie ohne diese Informationen eine Anhörung
urchführen, deren Sinn sich mir überhaupt nicht er-
chließt. Selbstverständlich werden wir die Anregungen,
ie wir für sinnvoll halten, aufnehmen, aber erst dann,
enn der Zeitpunkt gekommen ist, um die entspre-

hende Novellierung zu formulieren.

Lassen Sie mich auf ein paar Dinge eingehen, die Sie
eines Erachtens falsch darstellen. Sie stellen einige Be-

auptungen auf, die schlicht und ergreifend unhaltbar
ind. So behaupten Sie, dass das VIG den Praxistest
icht bestanden habe. Wenn Sie sich mit dem Gutachten
ertieft beschäftigen, dann stellen Sie fest, dass genau
as Gegenteil der Fall ist, dass sich nämlich das VIG im
rundsatz bewährt hat und Ihre Aussage schlichtweg

alsch ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn Sie immer wieder behaupten, dass immense
osten entstünden, dann machen Sie bewusst oder unbe-
usst eine falsche Aussage. Sie suggerieren, eine Aus-
unft koste normalerweise 1 000 Euro. Wenn Sie sich
uch hier ein bisschen besser informieren würden – da
ann ich nur sagen: Lesen erhellt –, würden Sie feststel-
en: 80 Prozent aller Antworten auf Anfragen waren kos-
enlos. Bei gebührenpflichtigen Antworten lagen die Ge-
ühren in der Regel zwischen 5 und 25 Euro. Höhere
eträge waren der Ausnahmefall, und zwar nur in den
ällen, in denen die Anfragen sehr umfangreich gewesen
ind.

Sie behaupten auch, die langen Bearbeitungszeit-
äume hätten die Anfrager abgeschreckt. Dazu kann man





Lucia Puttrich


(A) )


)(B)

nur sagen: Diese Behauptung ist unhaltbar. Die Fakten
widersprechen dieser Behauptung.

Die Linken fordern, dass die Ergebnisse der VIG-
Evaluation umgehend veröffentlich werden. Noch mehr
Transparenz als im Moment kann doch überhaupt nicht
mehr erfolgen.


(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Die Gutachten sind veröffentlicht worden; Sie können
sie im Internet nachlesen. Der ganze Dialogprozess wird
über das Internet stattfinden. Jetzt könnte ich Sie ein biss-
chen provokativ fragen, ob Sie so viel Basisdemokratie
nicht aushalten können; denn demokratischer geht es in
der Tat nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen: Ich habe den
Eindruck, dass Sie entweder schlecht informiert sind
oder sich einfach nicht informieren wollen. Vielleicht
gilt für Sie das Motto: Vertiefte Sachkenntnis verhindert
fröhliches Debattieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie möchten den
Anwendungsbereich ausweiten. Das würde bedeuten,
dass die Wirkung des VIG verwässert wird. Deshalb sa-
gen wir Ihnen ganz klar, dass wir das nicht mittragen
werden. Sie wollen, dass die Unternehmen die Aus-
künfte direkt geben. Ich glaube, dass es im Sinne der
Verbraucherinnen und Verbraucher ist, dass die Aus-
künfte über die Behörden gegeben werden. Dass die Be-
hörde eingeschaltet wird, was Sie bemängeln, ist meines
Erachtens positiv zu sehen, weil eine neutrale Behörde
zur Erteilung von Auskünften mit Sicherheit sinnvoll ist.

Lassen Sie mich abschließend noch ein Beispiel nen-
nen. Sie behaupten immer wieder, dass im Moment noch
keine Missstände veröffentlicht wurden. Ich komme aus
Hessen. Die dortige Verbraucherschutzministerin ist mit
einem ausgesprochen positiven Beispiel vorangegangen.


(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie ist zurückgetreten, weil sie so erfolgreich ist?)


Es gab ein Restaurant, das Mogelschinken verwendete,
ihn aber auf der Karte anders deklarierte.


(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum tritt sie denn zurück, wenn sie so erfolgreich ist?)


Daraufhin ist dieses Restaurant verwarnt worden. Nach
der ersten Verwarnung kam der zweite Schlag. Im Inter-
net wurde veröffentlicht, dass sich das Restaurant nicht
an die Vorgaben gehalten hat. Das hat für entsprechende
Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gesorgt.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum tritt diese gute Ministerin denn dann zurück? – Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie scheint nicht so erfolgreich gewesen zu sein!)


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(C (D aran sehen Sie, welche Wirkung erzielt wird, wenn an die vorhandenen Möglichkeiten nutzt. Hoffentlich erden andere diesem Beispiel folgen; (Ulrich Kelber [SPD]: Zum Beispiel das BMELV!)


enn ein Unternehmen, das diese Erfahrung gemacht
at, wird sich zukünftig etwas vorsichtiger verhalten.

Wir würden uns wünschen, dass Sie konstruktiv an
er Evaluierung mitarbeiten,


(Ulrich Kelber [SPD]: Wenn Sie uns einmal einladen würden!)


nstatt hier Polemik an den Tag zu legen.

Besten Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704613200

Die Aussprache ist beendet.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
uf den Drucksachen 17/1576 und 17/1983 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 7 auf:

– Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)


Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der
internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo
auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999)

des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Techni-
schen Abkommens zwischen der internationa-
len Sicherheitspräsenz (KFOR) und den
Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien

(jetzt: Republik Serbien) und der Republik

Serbien vom 9. Juni 1999

– Drucksachen 17/1683, 17/2009 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Philipp Mißfelder
Dr. Rolf Mützenich
Dr. Rainer Stinner
Sevim Dağdelen
Marieluise Beck (Bremen)


– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/2010 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Petra Merkel (Berlin)

Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Sven-Christian Kindler





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor.

Über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses werden wir später namentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Rainer Stinner für die FDP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1704613300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man damals den gewählten Präsidenten des Ko-
sovo Rugova besucht hat, kam man mit zwei Dingen zu-
rück. Erstens. Jeder bekam einen Stein. Das war das
Symbol dafür, welche ungeheuren Bodenschätze im Ko-
sovo vorhanden sind.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Einen Edelstein!)


– Liebe Marieluise, du hast natürlich einen Edelstein be-
kommen. Ich musste mit einem einfachen Stein vorlieb-
nehmen. Dafür habe ich aber großes Verständnis.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das Zweite, das man mitnahm, war die tausendfache
Versicherung, dass ausschließlich die Unabhängigkeit
des Kosovo alle Probleme löse.

Die Bodenschätze liegen immer noch im Kosovo, und
mit der Unabhängigkeit sind weiß Gott nicht alle Pro-
bleme gelöst worden. Keine Frage: Die Probleme im
Kosovo sind immer noch immens. Arbeitslosigkeit, Ju-
gendarbeitslosigkeit, fehlende Verwaltungsstrukturen,
Korruption, Kriminalität, ein Sammelsurium von inter-
nationalen Vertretungen, deren Begrifflichkeiten auch
uns manchmal schwindelig machen: UNMIK, EULEX,
ICO, KFOR usw. Wir wissen, dass viele dieser Organi-
sationsstrukturen der bisher nicht einheitlichen interna-
tionalen Vereinbarungen bezüglich des Status des Ko-
sovo geschuldet sind. Wir müssen deshalb zunächst
einmal damit leben. Ich bin auch zwei Jahre nach der
Unabhängigkeit klar der Meinung, dass die Anerken-
nung der Unabhängigkeit des Kosovo im Jahre 2008 der
einzig richtige, wenn auch kontroverse Weg gewesen ist.
Wir als FDP-Fraktion stehen nach wie vor voll dazu.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir diskutieren heute über die Verlängerung des
KFOR-Mandates. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis,
wenn ich sage, dass wir als FDP-Fraktion dem Antrag
der Bundesregierung zustimmen werden. Aber wir müs-
sen etwas genauer betrachten, was im Kosovo passiert.
Bei den Sicherheitsorganen steht die KFOR mittlerweile
an dritter Stelle – das hat sich am 30. Mai in Mitrovica
erwiesen: nach den KSF, dessen Aufbau sehr schwierig

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(C (D ar, und den EULEX-Polizisten. Das militärische Engaement der KFOR ist nach wie vor notwendig, bis die icherheitsstrukturen im Kosovo so aufgebaut sind, dass ewährleistet ist, dass alle Bevölkerungsteile durch die icherheitsorgane des Kosovo nachhaltig geschützt sind. Wir als FDP-Fraktion begrüßen die Reduktion der FOR-Truppen von insgesamt 15 000 auf 10 000 Solda en. Das ist ein richtiger Schritt. Wir begrüßen auch, dass ie NATO erwägt, im Rahmen des sogenannten Gate 2 ie Anzahl der NATO-Soldaten auf 5 500 abzusenken, nd zwar verantwortungsvoll, liebe Frau Kollegin Beck. ch glaube, wir können es verantworten, im Laufe des ahres damit zu beginnen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir halten es auch für richtig, dass die Bundesregie-
ung die Obergrenze des deutschen Mandats von 3 500
uf 2 500 Soldaten absenkt. Zur Erinnerung: Wir haben
egenwärtig 1 500 Soldaten dort. Ich bin der Meinung,
ass wir im Zuge der weiteren Verringerung auf
00 Soldaten gehen können – deutlich unter 1 000 Sol-
aten –, um für uns, aber auch für unsere Bürger das Si-
nal zu senden: Auslandseinsätze sind keine Never-
nding-Story. Wir sind in der Lage, durch Politik dafür
u sorgen, dass die Präsenz von Soldaten im Ausland
erantwortungsvoll – sehr verehrte Frau Beck, da sind
ir beieinander – verringert werden kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Günter Gloser [SPD]: Das war nicht immer so! – Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du hast wohl mächtig Angst vor mir!)


Zu Recht, allein schon wegen der Edelsteine. Du hast
ie Edelsteine. Ich habe die einfachen Steine.

Der Einsatz im Kosovo wurde im Jahr 1999 – gleich
rwarte ich einen Aufschrei von links – aus humanitären
ründen begonnen. Wer das bezweifelt, nachdem wir

lle in den 90er-Jahren erleben konnten, was zum Bei-
piel in Sarajevo auf der Snipers Alley oder in Srebre-
ica passiert ist, der hat meiner Meinung nach ein etwas
erschrobenes Bild von Humanität. Das musste unter al-
en Umständen verhindert werden, und das ist gesche-
en.


(Beifall der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Soll ich jetzt aufschreien, oder was erwarten Sie?)


Ich habe es erwartet, aber Sie haben es nicht getan.
ielleicht finden Sie sich mit der Wahrheit ja langsam
b, Herr Gehrcke. Das würde mich natürlich noch mehr
rfreuen.


(Beifall bei der FDP)


Wir können heute zum Glück feststellen, dass ein
ückfall in militärische Auseinandersetzungen im Ko-

ovo gegenwärtig von niemandem erwartet wird. Trotz-
em ist die Sicherheitslage alles andere als erfrischend
nd befriedigend. Aber der Aufbau von Demokratie,





Dr. Rainer Stinner


(A) )


)(B)

Rechtsstaatlichkeit und vor allen Dingen einer sich
selbst tragenden Wirtschaft ist weiß Gott nicht so weit,
wie wir es hätten erwarten, vermuten und hoffen können.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich auch mit dem,
was die internationale Gemeinschaft erreicht, nicht zu-
frieden bin. Ich finde, die neun oder zehn Jahre von
UNMIK waren kein Erfolgserlebnis und sind keine
Krone internationaler Handlungsfähigkeit. Wenn ich da-
ran denke, dass auch nach zehn Jahren internationalen
Engagements und vollständiger internationaler Beherr-
schung des Kosovo durch die Vereinten Nationen zum
Beispiel die Energieversorgung im Kosovo immer noch
stundenweise unterbrochen wird, dann ist das weiß Gott
kein Ruhmesblatt.

Auch was Rechtsstaatlichkeit und Kriminalität an-
geht, müssen wir mit Erschrecken den Bericht der Inter-
national Crisis Group vom 19. Mai dieses Jahres zur
Kenntnis nehmen, die – das kann man nicht anders sagen –
zu einem wirklich verheerenden Urteil über die Rechts-
staatlichkeit im Kosovo kommt. Darin wird gesagt: Es
gibt einzelne Elemente von Rechtsstaatlichkeit im Ko-
sovo; aber das System insgesamt funktioniert leider
überhaupt nicht. Wir alle wissen, dass das Fehlen eines
funktionierenden Rechtsstaates Investitionen verhindert
und insofern auch den weiteren wirtschaftlichen Aufbau
im Kosovo.

Die Kosovo-Mission ist eine von drei militärischen
Interventionen des Westens auf dem Balkan in den letz-
ten 20 Jahren. Die unbekannteste, aber erfolgreichste
Mission fand im Jahr 2001 in Mazedonien statt. Dort ist
durch das Eingreifen des Militärs dafür gesorgt worden,
dass erst gar kein Krieg ausgebrochen ist. Das heißt, hier
ist der Beweis angetreten worden, dass durch den klugen
Einsatz von militärischen Mitteln Kriege verhindert wer-
den können. Das ist eine gute Nachricht, die manche in
diesem Hause – das weiß ich – gar nicht gerne hören.

Nach den furchtbaren Ereignissen der 90er-Jahre in
Bosnien-Herzegowina wurde das Dayton-Abkommen
geschlossen. Dann wurden über 50 000 NATO-Soldaten
zur Befriedung hingeschickt. Wir stellen heute fest: Die
Mission ist stark reduziert worden. Wir haben jetzt nur
noch etwas mehr als 1 000 Soldaten dort. Wir sind der
Meinung, dass wir diese Mission in absehbarer Zeit ins-
gesamt beenden können. Auch das ist eine erfolgreiche
NATO-Mission gewesen.

Auch im Kosovo waren zunächst mehr als
50 000 Soldaten. Ich habe die Zahlen von heute genannt.
Auch hier gehen die Zahlen richtigerweise nach unten.
Wenn wir über Auslandseinsätze sprechen, steht heute
überwiegend das Thema Afghanistan im Vordergrund.
Dabei wird häufig vergessen, dass die Soldaten der Bun-
deswehr auch im Kosovo über viele Jahre hinweg unter
schwierigsten Bedingungen einen beispielhaften Einsatz
geleistet haben. Unsere Soldaten haben mit ihren Kame-
raden aus den anderen Ländern dafür gesorgt, dass wei-
terer Krieg verhindert wurde. Das ist ein großes Kompli-
ment für die Soldaten. Ich glaube, die Bundeswehr und
wir alle können stolz auf den Einsatz Deutschlands im
Kosovo sein.

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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber auch auf dem Balkan gilt: Militär kann nur die
rundlage für den Aufbau einer Gesellschaft bilden. Da-

an mangelt es ja; das ist gar keine Frage. Dennoch gilt
ür uns die starke politische Aussage des Jahres 2003, als
ie EU gesagt hat: Jawohl, auch für die Staaten des west-
ichen Balkans gilt die europäische Perspektive. Sie gilt
ach wie vor. Wir wissen, wie steinig und schwierig der
eg ist, den die einzelnen Länder gehen müssen. Die
alkan-Konferenz vor zehn Tagen, eine Konferenz der
uropäischen Union mit den Ländern des westlichen
alkans, hat das noch einmal bestätigt.

Die Staaten des westlichen Balkans, auch das Ko-
ovo, haben die Möglichkeit, politisch zu Europa zu
ommen; geografisch gehören sie zu Europa. Die Tür zu
uropa steht offen; den Weg müssen sie selbst beschrei-

en. Dabei wollen wir ihnen helfen. Ich sage Ihnen:
eine Fraktion ist der Meinung, dass auch Bundeswehr-

oldaten helfen müssen, die Region zu stabilisieren, bis
ieser Weg beschritten werden kann. Deshalb werden
ir den Kosovo-Einsatz nach wie vor befürworten und

hm zustimmen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704613400

Das Wort hat nun Fritz Rudolf Körper für die SPD-

raktion.


Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1704613500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn in

iesen Zeiten von Auslandseinsätzen der Bundeswehr
ie Rede ist, geht es in der Regel um Afghanistan. Der
uslandseinsatz der Bundeswehr im Kosovo ist ein
tück in Vergessenheit geraten. Das darf eigentlich nicht
ein. Man muss sich überlegen, womit wir es zu tun ha-
en. Das Kosovo liegt im Grunde genommen mitten in
uropa und vor unserer Haustür. Wenn man überlegt,
ass man das Kosovo von München aus innerhalb von
wei Flugstunden erreicht, wird deutlich, wie wichtig es
st, dass diese Region die Perspektive auf Frieden und
reiheit hat. Dazu müssen wir unseren Beitrag leisten.

Wir haben heute den 10. Juni. Am 10. Juni 1999 be-
chloss der Sicherheitsrat die Resolution 1244, auf deren
rundlage der Versuch unternommen wurde, eine inter-
ationale Übergangsverwaltungsmission zu schaffen.
iese internationale Übergangsverwaltungsmission ist

m ersten Redebeitrag kritisiert worden. Ich denke, das,
as dargestellt worden ist, ist nachvollziehbar. Aber ich

telle mir auch immer die Frage: Was wäre passiert,
enn man nichts unternommen hätte? Deswegen muss
an mit Kritik an den Ergebnissen der Übergangsver-
altungsmission vorsichtig umgehen.


(Beifall der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Vielen Dank, Frau Beck.





Fritz Rudolf Körper


(A) )


)(B)

Unsere Aufgabe ist, glaube ich, ganz einfach zu um-
schreiben. Es geht darum, das Kosovo in eine substan-
zielle Autonomie zu befördern. Dies ist auch in der Un-
abhängigkeitserklärung aus dem Jahre 2008 enthalten, in
der es um die sogenannte überwachte Souveränität geht.
Die Aufgaben stellen sich in gleicher Weise. Es geht da-
rum, dafür zu sorgen, dass im Kosovo und in dessen
Umgebung ein sicheres Umfeld geschaffen wird. All die
damit einhergehenden politischen Probleme sind im
Grunde genommen nur lösbar, wenn wir es schaffen,
selbsttragende Sicherheitsarchitekturen zu schaffen und
den Einwohnerinnen und Einwohnern der verschiedens-
ten Ethnien im Kosovo ein sicheres Umfeld zu bieten.
Das ist, wie ich glaube, nach wie vor die Aufgabe, der
wir uns stellen müssen. Die militärische Sicherheit wird
durch KFOR gewährleistet.

Zu dieser Aufgabe gehört aber auch, ein sicheres Um-
feld zu schaffen und die Aufrechterhaltung öffentlicher
Sicherheit und Ordnung im Kosovo zu gewährleisten. Es
ist sehr wichtig, dass wir es schaffen, die lokalen Polizei-
kräfte so auszustatten, dass sie zunehmend in der Lage
sind, die Aufgabe der Bewahrung der öffentlichen Si-
cherheit zu übernehmen. Ich denke, das ist der richtige
Ansatz.


(Beifall bei der SPD)


Die lokalen Polizeikräfte haben eine immense He-
rausforderung zu bewältigen. Eine ihrer Aufgaben ist ge-
rade in den jüngsten Tagen wieder sehr deutlich gewor-
den: die Krake Korruption im Kosovo zu bekämpfen.
Wenn es nicht gelingt, die Korruption effektiv und effi-
zient zu bekämpfen, dann sind wir in einer ganz schwie-
rigen Situation. Im Kampf gegen die Korruption müssen
wir auch im Rahmen von EULEX eine ganz klare Kante
zeigen.


(Beifall bei der SPD)


Wichtig ist, dass wir die einheimische Bevölkerung
im Kosovo auf ihrem Weg in eine freie und demokrati-
sche Gesellschaft, die jedermann offensteht, unterstüt-
zen. Es scheint mir sehr wichtig zu sein, dass es gelingt,
in dieser Richtung aktiv zu sein. Wir müssen alle Kon-
zeptionen prüfen und alle Ressourcen nutzen, damit dies
gelingt.

Außerdem scheint mir sehr wichtig zu sein, dass wir
den Versöhnungsprozess, der im Hinblick auf den Ko-
sovo dringend notwendig ist, auch im Rahmen des Stabi-
litätspaktes für Südosteuropa weiter befördern. Denn wir
kennen die Ursachen und Gründe für die kriegerischen
Auseinandersetzungen vor dem Jahre 1999, die zum
Morden und Töten geführt haben. Deswegen, meine Da-
men und Herren, glaube ich, dass es keine Alternative
dazu gibt, diesen Versöhnungsprozess massiv voranzu-
treiben. Dabei müssen die unterschiedlichen Ethnien
einbezogen werden, damit sich das, was sich in den
Jahren 1997 und 1998 im Kosovo ereignet hat,


(Robert Hochbaum [CDU/CSU]: Und 1999!)


nie wiederholt, sondern der Vergangenheit angehört.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Es ist wichtig und richtig, immer zu überlegen: Was st mit militärischem Einsatz, mit militärischen Ressouren zu leisten? Zu Beginn hatte der Kosovo-Einsatz eien großen Umfang; die Zahlen sind schon genannt woren. Die Truppenstärke betrug einmal 50 000 oldatinnen und Soldaten. Bis zum Jahre 2010 ist diese ahl auf rund 10 000 Soldatinnen und Soldaten aus 2 Ländern – auch dies ist festzuhalten – reduziert woren. Für die Zukunft ist es sehr wichtig, dass wir uns imer auch die Frage stellen: Welche Aufgaben können ir im Sinne eines sicheren Umfeldes und sich selbst ragender Sicherheitsstrukturen leisten, und wie viel Peronal brauchen wir dafür? Da wir auch diese Entwickung zur Kenntnis nehmen, werden wir diesem Mandat eiterhin unsere Zustimmung geben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704613600

Das Wort hat nun Andreas Schockenhoff für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1704613700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die

DU/CSU-Bundestagsfraktion wird dem KFOR-Man-
at heute zustimmen, weil dieser Einsatz bisher zu einer
eutlichen Stabilisierung und Verbesserung der Sicher-
eitslage im Kosovo geführt hat.

Dass dies so ist, kann man an vielen Beispielen able-
en. Ich will nur drei davon nennen:

Erstens. Wer noch vor wenigen Jahren beispielsweise
n Prizren war, der musste mit Beklemmung feststellen,
ass das dortige serbische Kloster und andere Kulturstät-
en oder auch nur einzelne Häuser von serbischen Be-
ohnern mit Panzern, Stacheldraht und Soldaten massiv
eschützt werden mussten. Heute hat die Verantwortung
afür die albanisch besetzte Polizei des Kosovo über-
ommen. Wer sich die symbolische Bedeutung dieser
rte vor Augen führt, der kann am besten nachvollzie-
en, welche Veränderung hier erreicht wurde.

Zweitens. Weil KFOR erfolgreich war, können unsere
oldaten verstärkt für die Ausbildung von Sicherheits-
räften im Kosovo eingesetzt werden. Auch dies ist ein
eispiel für eine erfolgreiche Sicherheitsübergabe in
erantwortung.

Drittens. 1999, am Beginn der Stabilisierungsmission,
atten wir über 6 400 Bundeswehrsoldaten im Kosovo
tationiert. Heute sind es aktuell 1 557, also nur noch ein
iertel.

Das alles zeigt: KFOR hat einen außergewöhnlichen
eitrag auch zur inneren Stabilität des Landes geleistet,
ofür wir insbesondere unseren Soldatinnen und Solda-

en danken.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Dr. Andreas Schockenhoff


(A) )


)(B)

Aus diesem Grund ist es auch mehr als gerechtfertigt,
dass wir die Obergrenze von ursprünglich einmal 8 500
Soldaten im Jahre 1999 und derzeit 3 500 Soldaten auf
künftig 2 500 Soldaten absenken werden.

Aber noch ist eine „abschreckende Präsenz“, wie die
gegenwärtige Phase von KFOR bezeichnet wird, not-
wendig, um sicherzugehen, dass es hinsichtlich der Si-
cherheitslage nicht zu Rückschlägen kommt. Wir sind
zuversichtlich, dass bald weitere Reduzierungen mög-
lich sind. Dem Ziel, dass das Kosovo ohne ausländische
Truppen für seine Sicherheit und Stabilität sorgen kann,
sind wir inzwischen deutlich näher gekommen.

Ich denke, in einer Zeit, in der wir an anderer Stelle
unter schwierigsten Bedingungen mehr Soldaten einset-
zen müssen, um auch dort eine Stabilisierung und eine
Übergabe in Verantwortung zu erreichen, sollten wir die-
sen Stabilisierungserfolg und den bisher erreichten Fort-
schritt bei der Übergabe in Verantwortung nachdrücklich
würdigen.

Neben dem großartigen militärischen Beitrag von
KFOR haben zwei weitere politische Faktoren entschei-
dend zur Stabilisierung in der Region und im Kosovo
beigetragen:

Zum einen ist das die EU-Perspektive für die Länder
des westlichen Balkans. Deshalb treten wir dafür ein,
den Prozess der Annäherung und des Beitritts der West-
balkanstaaten zur EU fortzusetzen, mit dem Ziel einer
weiteren Stärkung von Sicherheit, Demokratie, Freiheit
und Rechtsstaatlichkeit in der Region. Allerdings – das
sage ich auch mit allem Nachdruck für meine Fraktion –
muss dieser Prozess mit mehr Sorgfalt bei der Umset-
zung vor Ort, aber auch mit mehr Überzeugungskraft ge-
genüber unserer eigenen Bevölkerung durchgeführt wer-
den. Damit dies erreicht wird, müssen und werden wir
unsere neuen Rechte in EU-Angelegenheiten nachdrück-
lich nutzen.

Zum Zweiten kann man heute, zwei Jahre nach der
Anerkennung des Kosovo, mit Fug und Recht feststel-
len: Diese Anerkennung hat maßgeblich zur Stabilität
und Beruhigung der Situation beigetragen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deswegen appellieren wir nachdrücklich insbesondere
an die fünf EU-Staaten, die den Kosovo noch nicht aner-
kannt haben, das zu tun. Die Anerkennung ist der beste
Beitrag zur Stärkung von Frieden und Stabilität auf dem
Balkan.

Bei aller Freude über das Erreichte müssen aber deut-
lich auch die Probleme und Mängel angesprochen wer-
den. Die wirtschaftlichen Probleme sind trotz einer guten
Wachstumsrate immens. Hinsichtlich der Rechtsstaat-
lichkeit hat die EU-Kommission in ihrem letzten Fort-
schrittsbericht erhebliche Mängel benannt, insbesondere
beim Kampf gegen Korruption, Drogenhandel, organi-
sierte Kriminalität und sogar Kinderarbeit.

EULEX, also die EU-Rechtsstaatsmission, hat hier
eine besonders schwierige Aufgabe. EULEX ist das
richtige Instrument, aber – das sage ich mit allem Re-

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(C (D pekt vor der schwierigen Arbeit, die die Männer und rauen in der EULEX-Mission leisten – dieses Instruent muss noch wirksamer werden. ie EULEX-Experten wissen sehr genau, wer die auptverursacher der Korruption sind. Doch bisher urde ihnen Untätigkeit vorgeworfen. Jetzt hat EULEX m Falle des Transportministers Limaj endlich einmal urchgegriffen. Es würde dem Ansehen und der Durchetzungsfähigkeit von EULEX als Rechtsstaatsmission uttun, wenn sie im Kampf gegen die strukturelle Koruption auch gegenüber weiteren sogenannten dicken Fichen Rechtsstaatlichkeit durchsetzt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Michael Brand [CDU/CSU]: Wie wahr!)


Ein drittes Beispiel: Wenn Kosovo etwas zu bieten
at, dann ist es seine Jugend. Aber es gibt zu geringe In-
estitionen in Bildung und Ausbildung. Hier können
nd müssen wir auch bilateral mehr tun. Das deutsche
oyola-Gymnasium in Prizren ist überfüllt. Jugendliche
üssen zum Studium nach Albanien oder nach Tetovo in
azedonien, es sei denn, sie werden von einer Privatuni-

ersität in Pristina aufgenommen. Lehrbücher kommen
och immer größtenteils aus Albanien, in den serbischen
ebieten natürlich aus Serbien. Dies alles zeigt: Hier
üssen wir noch mehr tun, auch um ein mögliches Un-

uhepotenzial zu vermeiden.

Frieden im Kosovo ist auf die Dauer nicht gegen Ser-
ien zu erreichen. Umgekehrt wird Serbien seine EU-
erspektive nicht verwirklichen können, wenn es nicht
er Tatsache Rechnung trägt, dass das Kosovo sein un-
bhängiger Nachbar ist. Die verantwortungsbewussten
räfte in Serbien wissen das, aber sie haben einen

chweren Stand. Deswegen ist es richtig, wenn wir diese
räfte und insbesondere den mutigen Präsidenten Boris
adić darin bestärken, ihre Politik der Verständigung
nd des Ausgleichs entschlossen weiterzuverfolgen.

Deswegen sage ich mit Blick auf den Antrag Serbiens
uf Beitritt zur Europäischen Union: Niemand erwartet
etzt von Serbien die völkerrechtliche Anerkennung des
osovo als unabhängigen Staat. Aber wir müssen erwar-

en, dass Serbien möglichst bald, spätestens aber bis zu
inem EU-Beitritt, einen Modus Vivendi, beispielsweise
ergleichbar dem deutsch-deutschen Grundlagenvertrag,
efunden hat.

Ein Infragestellen der Unabhängigkeit des Kosovo
nd Forderungen nach neuen Verhandlungen über den
tatus des Kosovo schaden nur dem serbischen Beitritts-
esuch: Wenn das Gutachten des Internationalen Ge-
ichtshofs zur Frage der Anerkennung des Kosovo dazu
enutzt werden sollte, neue Statusverhandlungen zu for-
ern, dann würde dies eine Zustimmung des Deutschen
undestages zu Beitrittsverhandlungen erst einmal in-

rage stellen. Das sage ich in aller Deutlichkeit.

Aber ich sage mit der gleichen Deutlichkeit: Wenn
ie mutige Politik der Verständigung und des Aus-
leichs – ich nenne nur die Srebrenica-Resolution des
erbischen Parlaments – und die Politik der regionalen





Dr. Andreas Schockenhoff


(A) )


)
Zusammenarbeit fortgesetzt und die Beitrittsvorausset-
zungen erfüllt werden, dann können alle nur gewinnen:
vor allem Serbien die Mitgliedschaft in der Europäi-
schen Union, aber auch die Westbalkanregion und ganz
Europa durch Frieden und Sicherheit in einer Region,
die Europa immer wieder in Unfrieden und Kriege ge-
stürzt hat.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704613800

Das Wort hat nun Kollegin Sevim Dağdelen für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704613900

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da-

men und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor
elf Jahren auf den Tag genau beendete die NATO ihre
Bombardierung Jugoslawiens. Über 2 000 Menschen be-
zahlten den völkerrechtswidrigen Krieg, an dem sich
auch Deutschland beteiligte, mit dem Leben.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Ursache und Wirkung nicht vergessen!)


Mit der schon erwähnten Resolution 1244 des UN-Si-
cherheitsrates wurde allerdings festgeschrieben, dass das
Kosovo völkerrechtlicher Teil Jugoslawiens blieb. Seit-
dem ist die KFOR und seitdem sind deutsche Soldaten
im Kosovo stationiert.

Heute werden Sie, Herr Guttenberg, von dpa, Han-
delsblatt und ORF mit folgenden Worten zitiert: „Die Si-
cherheit von Handelswegen kann unseren Wirtschaftsin-
teressen dienen.“ Sie nannten neben Afrika, Nahost und
Lateinamerika den Kosovo als Beispiel. Darüber hinaus
haben Sie sich explizit hinter die Aussagen des zurück-
getretenen Horst Köhler gestellt, Auslandseinsätze der
Bundeswehr würden auch für wirtschaftliche Interessen
durchgeführt werden, etwa für freie Handelswege.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Propaganda!)


Herr Guttenberg, ich bin Ihnen für diese Klarstellung
wirklich außerordentlich dankbar. Damit vertreten Sie
nämlich eine Position, die die Linke von Anfang an ver-
treten hat.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sie waren auf der Seite der Täter!)


Wir haben nämlich nie den Kriegslügen des damaligen
grünen Außenministers Fischer und Ihres sozialdemo-
kratischen Vorgängers Scharping geglaubt, die der Öf-
fentlichkeit weismachen wollten, es ginge bei diesem
Krieg um Menschenrechte.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sie waren auf der Seite der Täter! Herr Gysi ist zu Herrn Milosevic gefahren!)


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(C (D esonders perfide war die damalige Argumentation der ot-grünen Bundesregierung, es ginge um die Verhindeung von Auschwitz. Das war unerträglich. Deutsche Militäreinsätze werden zum Schutz von Kaitalinteressen, auch im Kosovo, durchgeführt. Das ist, ie gesagt, eine neue Ehrlichkeit, für die ich mich bei hnen bedanke. Nur im Gegensatz zu Ihnen zieht die inke ganz andere Schlüsse daraus. Kriege und Militärinsätze für Wirtschaftsinteressen sind per Grundgesetz ntersagt. (Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/ CSU]: Gysi und Milosević! Das passt!)


(Beifall bei der LINKEN)


ie Linke will, dass diese permanente Verletzung des
rundgesetzes und des Völkerrechts endlich aufhört.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesregierung erklärt, die Bundeswehr sichere
ie Unabhängigkeit des Kosovo ab. Auch diese Aufgabe
er Bundeswehr sucht man im Grundgesetz vergeblich.
ie Geschichte von elf Jahren deutscher Militärpräsenz

m Kosovo ist eine Geschichte fortgesetzter Rechtsbrü-
he. Gemeinsam mit Afghanistan und Saudi-Arabien ge-
örte Deutschland zu den Erstanerkennerstaaten der ein-
eitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. Die
iste der über 60 Staaten, die das Kosovo anerkannt ha-
en, liest sich wie das Who is Who der Koalition der Wil-
igen des Irakkriegs von George W. Bush. Ich finde,
eutschland ist da nicht in allerbester Gesellschaft.


(Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/ CSU]: Ihre Freundschaft zu Milosević!)


Während die Große Koalition 2008 gemeinsam mit
em Europäischen Rat erklärte, die territoriale Unver-
ehrtheit der Staaten achten zu wollen, und dabei explizit
uf die UN-Charta verwiesen hat, gibt es in puncto Ko-
ovo abenteuerliche Begründungen zur Rechtfertigung
er völkerrechtswidrigen Anerkennung des Kosovo.

So erklärte die Vertreterin der Bundesregierung im
erfahren vor dem Internationalen Gerichtshof zur Klä-

ung dieser Frage, dass das Kosovo infolge der Interven-
ion zu einem „Gebilde“ geworden sei. Kosovo sei ein
onderfall, der nicht auf die anderen Fälle übertragbar
ei. Mit dieser Sonderfallkonstruktion setzen Sie einfach
ur die Gültigkeit des Völkerrechts aus.

Was ist das für eine Außenpolitik, die in puncto Geor-
ien etwas anderes gelten lassen will als im Falle Serbi-
ns? Sie wollen anstelle des internationalen Rechts das
echt des Stärkeren etablieren. Und dann wundern Sie

ich, wenn andere, zum Beispiel Abchasien und Südos-
etien, sich auf Sie berufen.


(Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/ CSU]: Zitieren Sie einmal Kofi Annan!)


iese Art des Rechtsnihilismus in der internationalen
olitik, die Sie uns heute noch einmal vorführen, legt die
xt an die Wurzel des friedlichen Zusammenlebens
eltweit. Das müssen Sie endlich einmal einsehen. Ich

ordere Sie auf: Kehren Sie endlich um auf diesem Weg!


(Beifall bei der LINKEN)


(B)






Sevim Daðdelen


(A) )


)(B)


Sevim Dağdelen
Was haben Sie eigentlich in elf Jahren Bundeswehr
im Kosovo erreicht? Die Menschen im Kosovo leben in
tiefster Armut.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber in Frieden!)


Über 45 Prozent Arbeitslosigkeit, 75 Prozent unter den
Jugendlichen, sprechen eine deutliche Sprache.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Weil das Kosovo unter Milosević ausgebeutet wurde!)


Nicht einmal eine Stromversorgung wurde aufgebaut.
Gleichzeitig unterstützen Sie fragwürdige Eliten im Ko-
sovo und machen sogar gemeinsame Sache mit ihnen.
Laut Interpol geht ein Großteil des Heroinhandels aus
Afghanistan in die EU über das Kosovo, und die Admi-
nistration des Kosovo sei darin verwickelt. Wenn ich Sie
im Ausschuss danach frage, schlagen Sie einfach die
Augen nieder. Es hat auch keinen Aufschrei gegeben,
dass die Sicherheitskräfte des Kosovo, die eng mit der
KFOR kooperieren, auf bewaffneten Gedenkveranstal-
tungen für die UCK auftauchen. Warum schweigen Sie
dazu, frage ich mich, Herr Westerwelle? Warum nehmen
Sie das einfach hin, Herr Guttenberg?


(Michael Brand [CDU/CSU]: Warum schweigen Sie zu den Opfern im Kosovo?)


Einer Ihrer Mythen ist, die KFOR sorge für die Si-
cherheit der Menschen im Kosovo. Aber was war denn
2004, als ein kosovo-albanischer Mob Kirchen anzün-
dete, Serben umbrachte und vertrieb und serbische Dör-
fer plünderte? Wo war denn da die KFOR? In Kosovska
Mitrovica schaute sie aus ihrem Camp dabei zu, wie das
Diebesgut unmittelbar an ihr vorbeigefahren wurde.
Später kam man dann zum Aufräumen. Die meisten der
damals Vertriebenen konnten – genauso wie über
100 000 Roma und Serben – nicht in ihre Heimatorte zu-
rückkehren. Die Verantwortlichen wurden bis heute
nicht zur Rechenschaft gezogen. Also erzählen Sie uns
nicht, dass Sie irgendetwas für die Sicherheit der Men-
schen tun würden, im Gegenteil.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt haben Sie auch noch angefangen, massenhaft Ro-
maflüchtlinge in das Kosovo abzuschieben, entgegen
dem Rat aller Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisa-
tionen. Die weisen nämlich zu Recht darauf hin, dass die
Menschenrechtslage im Kosovo katastrophal ist, gerade
für die Roma. Die Linke fordert deshalb, diese Abschie-
bungen sofort zu stoppen. Gefährden Sie nicht weiterhin
Leib und Leben auch noch der Romaflüchtlinge!


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundeswehr auf dem Balkan und im Kosovo hat
in der Vergangenheit keinen Frieden geschaffen und
wird dies auch nicht in Zukunft tun. Mein Appell an Sie
lautet: Hören Sie auf mit den Anschlägen auf Grundge-
setz und Völkerrecht! Militäreinsätze für Wirtschaftsin-
teressen müssen der Vergangenheit angehören. Eine
friedliche Außenpolitik ist in Deutschland möglich.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat nun Marieluise Beck für die Fraktion ie Grünen. Marieluise Beck RÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704614000
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ob-

ohl ich – derzeit noch – aus strukturellen Gründen nach
en Linken spreche, möchte ich nicht immer in die Lage
eraten, eine kleine Geschichtsstunde geben zu müssen.
ir sollten deshalb den vorangegangenen Redebeitrag

eiseite lassen und uns den Realitäten zuwenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wie Sie das Völkerrecht zur Seite getan haben!)


Für meine Fraktion möchte ich festhalten: Die Prä-
enz der KFOR im Kosovo ist nach wie vor notwendig.
ie kann reduziert werden; das ist erfreulich. Deswegen
timmt meine Fraktion der Verlängerung des UN-ge-
eckten Mandates zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU)


llerdings gibt es zu der Entwicklung im Kosovo – wir
ollten uns die Verhältnisse nicht schönreden – sehr viel
ritisches zu sagen. Das will ich hier deutlich tun.

Die Kritik betrifft viele Beteiligte, sowohl die kosova-
ische Regierung als auch die Europäische Union, die
N und nicht zuletzt Serbien. Zehn Jahre nach Ende des
rieges sind die große Erleichterung aufseiten der Ko-

ovo-Albaner über ein Ende der jahrelangen Unterdrü-
kung, gegen die Herr Rugova mit seiner durch und
urch gewaltfreien Bewegung über Jahre friedlich ge-
ämpft hatte, und die Freude über die Unabhängigkeit
iner zunehmenden Frustration gewichen. Die Lebens-
erhältnisse im Kosovo sind sehr schwierig. Es bewegt
ich wenig. Vieles ist unklar. Das Leben im Kosovo ist
ür viele kaum leichter geworden.

Manches war absehbar. Vieles war kaum vermeidbar.
as ist das Schwierige. Der Westen stand vor der Gefahr

ines zweiten Bosnien mit über 100 000 Toten, Frau
ollegin. Srebrenica lag noch nicht lange zurück. Der
N-Sicherheitsrat erwies sich als nicht handlungs- und

ntscheidungsfähig. Das war die Situation, in der agiert
urde und die in der Tat viele Unklarheiten nach sich
ezogen hat. An diesem Konstruktionsfehler leidet die-
es Land bis heute. Diese Unklarheit wirkt auch einer
chnelleren Entwicklung entgegen.

Probleme gibt es aber auch im eigenen Haus, inner-
alb der Europäischen Union, und das nicht zum ersten
al. Es ist kaum nachvollziehbar, dass fünf Mitglied-

taaten der Europäischen Union die Anerkennung des
osovo mit dem Verweis auf die Gefahr eines Präze-
enzfalls nach wie vor verweigern, so als könnte etwa
ine Regierung Spaniens schlussfolgern, sie könne wie
ine Milosević-Regierung die ethnischen Minderheiten
m eigenen Land bedrohen. Das könnte zu einer Sezes-
ion führen. Das ist so absurd und so abwegig, dass man





Marieluise Beck (Bremen)



(A) )


)(B)

den Ländern, die die Anerkennung des Kosovo verwei-
gern, sagen muss: Werdet gelassen, glaubt an eure
eigene Demokratiefähigkeit und erkennt zusammen mit
den anderen EU-Staaten das Kosovo an, damit das
Durcheinander der Organisationsstrukturen endlich auf-
hört!


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)


EULEX muss in unterschiedlichen Gewändern auf-
treten. Im größeren Teil vom Kosovo ist sie eine status-
neutrale Mission. Im Norden von Mitrovica muss diese
Mission unter dem Dach von UNMIK agieren. Es fehlt
natürlich an Autorität und Durchsetzungsfähigkeit. Das
konnte man sehen, als Serbien im Norden Mitrovicas,
also in einem Mandatsgebiet der UNMIK, das durch
Serbien mit der UN-Resolution anerkannt worden ist, ei-
gene Staatsanwälte und Richter ernannt hat. Das führt
natürlich zu einem ständigen Hemmnis für die Entwick-
lung, gerade auch für die Entwicklung von Rechtsstaat-
lichkeit, die dieses Land dringend bräuchte.

Noch eine Fußnote: An der KFOR-Mission ist
Deutschland überproportional, an EULEX mit Richtern,
Staatsanwälten und Polizisten unterproportional betei-
ligt. Das ist ein schlechtes Zeugnis für Deutschland. Ich
möchte hier noch einmal öffentlich sagen, dass Men-
schen, die solche zivilen Mandate innegehabt haben und
nach Deutschland zurückgekommen sind, immer wieder
Beförderungshindernisse erleben. Dagegen sollten wir
wirklich ganz massiv angehen. Solche zivilen Missionen
werden in ihrer Anzahl nämlich größer werden, und der
Bedarf an Personen, die sich daran beteiligen, wird
wachsen. Diejenigen, die bereit sind, dabei mitzuma-
chen, sollen nach ihrer Rückkehr keine Nachteile erfah-
ren.

Ich komme noch einmal auf die Rolle Serbiens zu
sprechen. Wie ich eben schon gesagt habe, ist UNMIK
von Serbien mit der UN-Resolution 1244 anerkannt; in-
sofern steht dieses Manöver wie die eigene Ernennung
von Staatsanwälten und Richtern gegen das eigene Man-
dat. Noch dramatischer ist, dass am 30. Mai von serbi-
scher Seite zum wiederholten Mal Kommunalwahlen in
Nord-Mitrovica ausgetragen worden sind. Das hat auch
in diesem Jahr fast zu einer großen gewalttätigen Aus-
einandersetzung geführt. Es gab in den vergangenen Jah-
ren Tote. Zum Glück gab es in diesem Jahr keine Toten.
Das ist ein Beweis dafür, dass die Polizei, die inzwi-
schen im Wesentlichen kosovarisch ist, unter Einbezie-
hung serbischer Polizisten durchaus handlungsfähig ist.
Auch wenn die notwendigen Schritte nur langsam voll-
zogen worden sind, ist es ein großer Fortschritt, wenn
bei gewalttätigen Auseinandersetzungen keine Men-
schen mehr sterben. Auch das ist eine Folge der KFOR-
Mission.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Für die Zukunft des Landes muss sehr deutlich sein,
dass die Europäische Union glaubwürdig ist. Sie muss in
ihren Ansagen klar sein. Das bedeutet auch Klarheit ge-
genüber Serbien, das ziemlich eindeutig zum Ausdruck

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(C (D ringt, dass es auf eine Teilung des Kosovo hinarbeitet. ie Europäische Union muss Serbien sagen: Der Zugang ur Europäischen Union wird offen sein für ein unabhäniges Kosovo und für ein freies Serbien. Beide werden ich auf neuer Geschäftsgrundlage unter dem Dach der U treffen können. Serbien wird sich aber selber den eg verstellen, wenn es in der Frage Kosovo – Norditrovica ist ein Beispiel dafür – weiterhin zündelt. Die Zukunft dieser Region liegt auch in einer sehr indeutigen, glaubwürdigen und starken Haltung der Euopäischen Union. Wir sind da nicht immer top; das uss man deutlich sagen. Unsere Stärke wird letztlich uch mit ausschlaggebend dafür sein, ob wir dort eine erspektive entwickeln können, damit der Westbalkan icht – wie das immer und immer wieder der Fall war – u einer Quelle ganz Europa gefährdender Auseinanderetzungen wird. Schönen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704614100

Das Wort hat nun Florian Hahn für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1704614200

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen

nd Kollegen! Wenn wir heute über die Verlängerung
es Mandats für die KFOR beschließen, können wir zu-
ächst festhalten: Die Lage im Kosovo hat sich seit den
etzten schweren Unruhen im Jahr 2004 deutlich stabili-
iert. Wir dürfen diesen Einsatz unserer Parlamentsar-
ee als Erfolg verbuchen. Wir sind 1999 gegen Völker-
ord und Vertreibung eingetreten, und heute haben wir

ine Lage erreicht, in der Krieg auf dem Balkan immer
nwahrscheinlicher wird. Die Schaffung einer nachhal-
ig stabilen europäischen Region wird realistischer.

Frau Dağdelen, lassen Sie mich eines gleich klarstel-
en: Unser Verteidigungsminister hat gestern zu Recht
esagt, dass Sicherheit für wirtschaftliche Dynamik sor-
en kann und deren Grundlage ist.


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha! – Hört! Hört!)


as zeigt das Beispiel Kosovo. Alles andere ist falsche
ropaganda.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass wir heute die Obergrenze der Bundeswehrprä-
enz um fast 30 Prozent reduzieren können, ist sichtbarer
usdruck dieser sehr erfreulichen Entwicklung.

Grundsätzlich verfolgen wir einen vernetzten Ansatz
us wirtschaftlicher Hilfe, politischem Neuaufbau sowie
icherheitspolitischer und wirtschaftlicher Integration
es Landes in Richtung Europäische Union. Doch dabei
ibt es noch viel zu tun.





Florian Hahn


(A) )


)(B)

Aktuell traut die kosovarische Bevölkerung der eige-
nen Regierung den entschiedenen Kampf gegen die gras-
sierende Korruption nicht zu. Sie vertraut mehr auf die
EU und die EULEX. Hier liegt ein zentraler Ansatz-
punkt der zivilen Aufbauarbeit, der durch den Anker der
KFOR mit abgesichert werden muss; denn Korruption
erzeugt Wut, Enttäuschung und in letzter Konsequenz
leider auch Resignation in der Bevölkerung. Der Ver-
trauensverlust der Menschen in dem Bereich wirkt sich
auch negativ auf das Vertrauen in internationale Organi-
sationen aus. Leider habe ich den Eindruck, dass die ko-
sovarische Bevölkerung insofern zunehmend frustriert
und enttäuscht ist.

Wir sind also aufgefordert, über die Entsendung der
EULEX und über die Präsenz der KFOR hinaus gerade
im Bereich Mittelvergabe das Thema Korruptionsver-
meidung an die erste Stelle zu setzen. Sollten sich die
Vorwürfe bestätigen, die Medienberichten zu entnehmen
sind, nämlich dass führende Regierungsmitglieder in den
Korruptionszirkeln sind, stinkt – das muss man so sagen –
wohl offensichtlich der Fisch vom Kopf her.

Inzwischen ermittelt man offiziell aufgrund des Ver-
dachts von Geldwäsche, organisierter Kriminalität, Amts-
missbrauch und Betrug gegen Mitglieder und Berater der
Regierung. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, er-
warte ich Konsequenzen; denn ich bin nicht bereit, das
Geld unserer Bürgerinnen und Bürger beispielsweise in
kosovarische Privatvillen zu stecken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich fordere daher von der kosovarischen Regierung
den vehementen Einsatz gegen Korruption, auch inner-
halb der eigenen Reihen; denn es bleibt dabei: Wir wol-
len das Land aufbauen, aber nicht die Korruption.

Meine Damen und Herren, Deutschland zählt zu den
Ländern, die den Kosovaren in hoher Not und ohne Zö-
gern geholfen haben. Wir erwarten dafür, dass sich die
Republik Kosovo dieser Hilfe auch in Fragen des Min-
derheitenschutzes als würdig erweist. Dies gilt beispiels-
weise für die Religionsfreiheit und den Schutz auch von
serbisch-orthodoxen Kirchen und Klöstern.

Ich appelliere ausdrücklich an die Minderheiten, sich
nicht abzuschotten, sondern sich aktiv am gesellschaftli-
chen Leben zu beteiligen. Der albanischen Mehrheitsbe-
völkerung rufe ich zu, dass aktives Zugehen auf die Min-
derheiten und deren Schutz für ein gedeihliches
Miteinander und für die Zukunft des Landes in Europa
von großer Bedeutung sind.

Mit unserem vernetzten Ansatz wollen und können
wir Kosovos Weg nach Europa unterstützen. Dazu leis-
ten wir auch massive Hilfe im zivilen Bereich, und das
sowohl von staatlicher Seite als auch durch die Arbeit
von Nichtregierungsorganisationen. Seit 1999 trägt al-
lein unsere staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit
340 Millionen Euro erheblich zum sozialen, wirtschaftli-
chen und politischen Aufbau des Landes bei. Für die
nächsten zwölf Monate sind im Haushalt 99 Millionen
Euro bereits vorgesehen. Unsere Schwerpunkte sind da-
bei der Aufbau von Infrastruktur, die Förderung von
Wirtschaft und Beschäftigung sowie der Aufbau einer

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(C (D unktionierenden öffentlichen Verwaltung und die Veresserung der Grundbildung. Meine Damen und Herren, die KFOR bleibt ein gutes eispiel für friedenschaffende Maßnahmen. Die stetig eringer werdende Truppenstärke ist daher nur eine logiche Konsequenz und unterstreicht den Erfolg. Deshalb ilt unser Dank den Soldatinnen und Soldaten, den zivien Aufbauhelfern, den Polizeikräften und den Diplomaen. Sie alle tragen dazu bei, den Frieden in Europa an ieser sensiblen Stelle zu sichern. Allen Beteiligten ünsche ich für die künftige komplexe und manchmal uch gefährliche Arbeit weiterhin Erfolg und Gottes Seen. Im Interesse der Menschen im Kosovo und der Reion bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zum vorliegenen Antrag. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Günter Gloser für die SPD-Frak ion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Der erfolgreiche Verlauf der KFOR-Mission m Hinblick auf die militärische Absicherung der Enticklung des Kosovo ist von vielen, von fast allen ge obt worden. Dem schließe ich mich an. Die heute zu bechließende Absenkung der Höchstzahl der eingesetzten ruppen und die zu erwartende weitere Absenkung der atsächlich eingesetzten Soldatinnen und Soldaten sind in Beleg für diesen Erfolg. Doch die Präsenz der KFOR st weiterhin nötig. Die SPD wird deshalb, wie es Kolege Fritz Rudolf Körper eben schon ausgeführt hat, dieem Antrag der Regierung zustimmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann den Kolleen Stinner jetzt nicht sehen; aber ich möchte sagen: Ich in über seine Klarstellung erfreut, dass es um einen verntwortungsvollen Rückzug geht. In der Vergangenheit atte ich Gelegenheit, manche Diskussion der FDP zu erfolgen, die so geführt wurde, als sei Exit ein Selbstweck. Aber Exitstrategien sind von den jeweiligen Verältnissen abhängig. Wir werden in diesen Tagen ja noch eiter über die Frage sprechen, wo wir reduzieren und ausgehen müssen, wie es bei der UNIFIL-Mission der all ist. Aber wenn wir feststellen, dass eine günstige ntwicklung stattgefunden hat, dann ist es natürlich klar, ass wir bei der Verbesserung der Verhältnisse auch eine ntsprechende Zahl von Soldaten zurückziehen oder anz aus dem Mandat nehmen können. Deshalb bin ich roh, dass Sie diese Klarstellung vorgenommen haben. Kommen wir aber auch zu dem anderen, dem zivilen eil der Entwicklung: Bei aller Kritik glaube auch ich, ass diese Entwicklung ohne die Gewährleistung von Siherheit durch KFOR nicht möglich gewesen wäre. Dies age ich ausdrücklich auch in Richtung der Linken; Kolegin Marieluise Beck hat eben deutlich gesagt, dass sie icht erneut erklären wolle, was hier in vielen Debatten Günter Gloser )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704614300

(Beifall bei der SPD)

Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1704614400




(A) )

geäußert worden ist. Ich muss weder Sie noch mich be-
unruhigen; aber ich werde es in meinem parlamentari-
schen Leben und vermutlich auch in dem anderen Leben
nicht mehr erleben, dass die Linke jemals ohne Selbst-
zweifel ist und nicht so argumentiert, als gäbe es einen
Idealplan.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist nicht wahr!)


Viele, die über viele Jahre im Parlament sind, wissen,
dass wir es uns nicht leicht gemacht haben. Wir haben
auch Zweifel gehabt, ja, wir haben Ängste und Sorgen
gehabt. Aber wir haben genauso oft erlebt, was auf dem
Westbalkan passiert ist, wo massiv gefragt worden ist:
Warum leistet ihr nicht Hilfe und Unterstützung? Sie war
eben – leider muss ich auch dies immer wieder sagen –
nicht durch Sozialarbeiter einer Kommune, der Stadt
Nürnberg, oder anderer Kommunen, sondern nur dank
der Soldatinnen und Soldaten zu leisten. Aber lassen wir
dies, meine sehr verehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Brand [CDU/CSU]: Die Linke war schon früher auf der Seite von Milosević!)


Wenn diese militärischen Konflikte abebben, dann fo-
kussiert sich vieles auch zu Recht auf die Frage der
Missstände, der Kriminalität, der Korruption, der Ar-
beitslosigkeit, aber auch der ethnischen Spannungen.

Das ist durchaus berechtigt; es verzerrt aber meines
Erachtens auch das Bild, denn wir können bei aller nöti-
gen Kritik an den bestehenden Verhältnissen im Kosovo
seine Entwicklung noch nicht an der anderer Länder der
Region messen.

Lassen Sie mich das Wichtigste kurz nennen: Die
wirtschaftlichen Rahmendaten sind immer noch besorg-
niserregend. Erstens liegt trotz 340 Millionen Euro bila-
teraler Hilfe allein durch Deutschland seit 1999 das
Bruttoinlandsprodukt bei 1 713 Euro pro Kopf und Jahr.
Selbst im ärmsten EU-Land Bulgarien beträgt dieser
Wert das Fünffache, nämlich 8 600 Euro. Zweitens sind
43 Prozent der Bevölkerung arbeitslos, darunter beson-
ders viele Jugendliche. Drittens stocken wichtige Inves-
titionen in die Infrastruktur, weil politische Prozesse in-
transparent ablaufen.

Angesichts dieser Situation ist es gut, dass EULEX
beim Aufbau von Justiz, Polizei und Zoll nicht nur bera-
tende Funktion, sondern auch ein exekutives Mandat hat,
solange kosovarische Behörden dazu noch nicht selbst in
der Lage sind. Das betrifft die Bereiche der staatsanwalt-
schaftlichen Verfolgung schwerer Verbrechen und inter-
ethnischer Straftaten sowie von Finanzdelikten genauso
wie die Grenzsicherung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen wir
uns trotzdem keine Illusionen: Es wird Zeit brauchen; es
fehlen die angesprochenen wirtschaftlichen Grundla-
gen, es fehlt die Existenz einer stabilen Bürgergesell-
schaft. Deshalb kann es auch nicht verwundern, wenn
die noch sehr jungen Parteien ebenfalls noch nicht so

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(C (D unktionieren, wie wir als Parlamentarier uns dies vieleicht wünschen. Dennoch, bei allen Defiziten, bei allen Rückschlägen nd bei allen Schwierigkeiten – wir sagen das auch an ieser Stelle –: Die Beitrittsperspektive des Kosovo für ie Europäische Union bleibt bestehen, genauso wie sie atürlich für Serbien bestehen bleibt. Ich möchte aber auch auf einige humanitäre Fragen ingehen. Hier wird die Wahrnehmung ganz und gar om angespannten Verhältnis von Serben und Albanern m Kosovo dominiert. Dabei werden andere Minderheien häufig übersehen. Vor allem betrifft dies die Roma, ie im Kosovo-Konflikt zwischen die Fronten gerieten nd im Kosovo mehr noch als in anderen Ländern Südsteuropas zu Opfern massiver Ausgrenzung sowie soialer und gesellschaftlicher Benachteiligung werden. In diesem Zusammenhang stelle ich noch einmal die rage, ob es richtig ist, dass Deutschland Roma, die als riegsflüchtlinge hierher kamen, jetzt verstärkt wieder n den Kosovo abschiebt. Hierbei sollten Einzelfälle sehr orgfältig geprüft und berücksichtigt werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


s stellt sich die Frage, ob die aufnehmende Gesellschaft
m Kosovo in der Lage ist, diese Menschen wieder zu in-
egrieren. Die Abwesenheit von Krieg sollte jedenfalls
icht als einziges Argument für die massenhafte Ab-
chiebung von Roma in den Kosovo dienen.

Auch eine andere Folge der Kriege im Kosovo dürfen
ir nicht vergessen: Das Land ist in großen Teilen von
inen verseucht, die eine tägliche Gefahr für alle Men-

chen dort bedeuten. Es wird noch viele Jahre brauchen,
ieses Problem zu lösen. Auch hierbei benötigen die
enschen im Kosovo weiterhin unsere Unterstützung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Fall des
osovo zeigt, dass militärische Sicherung eine zwar not-
endige, aber niemals eine hinreichende Voraussetzung

ür zivile Entwicklung ist. Ohne die KFOR könnte es
ULEX nicht geben; ohne große eigene Anstrengungen
er Kosovaren und vielfältige Formen der bilateralen
ilfe wird aber auch die EULEX-Mission letztlich nicht
achhaltig erfolgreich sein können. Deshalb ist KFOR
otwendig, auch wenn der Schwerpunkt des internatio-
alen Engagements sich mit EULEX klar auf die zivile
ntwicklung des Landes und den Aufbau einer eigenen
erwaltung und einer eigenen Polizei verlagert hat.

Auch an dieser Stelle gilt mein ganz persönlicher
ank den Soldatinnen und Soldaten, den Richtern, den
taatsanwälten und vielen anderen, die für Institutionen

m Kosovo aktiv sind. Vor zwei Jahren hatte ich die Ge-
egenheit, verschiedene Institutionen und gerade auch
ie Soldatinnen und Soldaten zu besuchen. Ich musste
eststellen, dass manche Bedingungen nicht gut waren.
ch hoffe, dass in der Zwischenzeit, vor allem in den hei-
en Monaten Juni, Juli und August, hinsichtlich dieser
edingungen für die Soldatinnen und Soldaten, die für





Günter Gloser


(A) )


)(B)

uns dort sind, durch das Verteidigungsministerium Ab-
hilfe geschaffen worden ist.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704614500

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich dem

Kollegen Peter Beyer von der CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Peter Beyer (CDU):
Rede ID: ID1704614600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf dem
westlichen Balkan hat sich seit dem Kosovo-Krieg 1999
viel zum Guten gewendet. 1999 haben uns die Vereinten
Nationen angesichts einer humanitären Tragödie den
Auftrag erteilt, ein sicheres Umfeld für alle Menschen
im Kosovo zu schaffen. Vor elf Jahren beschloss der
Deutsche Bundestag deshalb ein Mandat mit einer Ober-
grenze von 8 500 Soldaten. Der Unterschied zwischen
dem Mandat von damals, von 1999, mit 8 500 Soldaten
und dem heutigen Mandat mit 2 500 Soldaten, das wir
heute beschließen wollen, drückt den Erfolg der KFOR
aus. Wir dürfen heute sicher davon ausgehen, dass die
KFOR mit maximal 2 500 deutschen Soldatinnen und
Soldaten ihren Auftrag erfüllen kann. Das ist eine posi-
tive Entwicklung, die sich sehen lassen kann.

Hinter den Zahlen des KFOR-Mandats verbergen sich
Einzelschicksale, Fortschritte, ja, auch Rückschläge und
viele kleine Erfolgsgeschichten. Lassen Sie mich eine
dieser kleinen Erfolgsgeschichten kurz schildern:

Eine Familie wird 1992 aus dem Kosovo vertrieben.
Sie kommt mit ihrer kleinen Tochter nach Deutschland,
die hier ebenso wie ihre Eltern eine sichere Heimstatt
findet. Sie lernt die Landessprache. Was bleibt, ist die
Sehnsucht nach der alten Heimat. Nach dem Kosovo-
Krieg 1999 kann diese Familie dank der Sicherheit, die
die KFOR unter deutscher Beteiligung gewährleistet,
wieder in ihr Land, das Kosovo, zurückkehren. Die
Tochter studiert Germanistik an der Universität in Pris-
tina. Dort arbeitet sie nach dem Abschluss weiter. Heute
arbeitet die junge Frau in meinem Bundestagsbüro hier
in Berlin.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nach der Sommerpause wird sie in das Kosovo zurück-
kehren. Ebenso wie unsere Soldaten wird sie dort – da
bin ich mir sehr sicher – ein positives Bild von Deutsch-
land verbreiten.

Hervorheben möchte ich dabei, dass an diesem Sti-
pendiatenprogramm, an dem die Dame aus dem Kosovo
teilnimmt, auch junge Menschen aus Serbien, Bosnien-
Herzegowina, Kroatien, Frankreich und den USA teil-
nehmen, die zum Teil noch vor wenigen Jahren Krieg

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(C (D egeneinander geführt haben. Insgesamt sind es über 00 Stipendiaten. Wer hätte eine solche Entwicklung och vor wenigen Jahren für möglich gehalten? Das ist eine dieser kleinen Erfolgsgeschichten, an elcher die KFOR und das deutsche Engagement auf em Balkan insgesamt mitgeschrieben haben. Darauf önnen wir, kann Deutschland mit Fug und Recht stolz ein. Deshalb sage ich: Hätte die internationale Gemeinchaft damals die Tragödie auf dem Kosovo nicht getoppt, hätte nicht jeder deutsche Soldat und jede deutche Soldatin mit dem Abzeichen der Kosovo Force am rmel der Uniform der Sache gedient und wären sie icht Tag für Tag mit ihren Kameraden aus über 0 Ländern bereit, viel für den Auftrag der internationaen Gemeinschaft zu leisten, dann wäre auch diese rfolgsgeschichte nicht möglich gewesen. Dann gäbe es eute keine berechtigte Hoffnung. Dann könnten die enschen des Kosovo heute nicht in eine Zukunft in Eu opa investieren. Noch sind die Investitionen in Infrastruktur und Eneriesicherheit nicht ausreichend. Ebenso gibt es Defizite ei den Investitionen in den Bildungssektor, bei Schulen nd Hochschulen; Kollege Andreas Schockenhoff hatte as in seiner Rede schon hervorgehoben. Trotz aller egrüßenswerten Fortschritte ist die Republik Kosovo och immer nicht sicher genug. Sicherheit ist ein wichties Stück Lebensqualität für die Menschen im Kosovo. uch deswegen ist ein Verbleib der KFOR-Truppe im osovo erforderlich. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, noch ist der Auftrag der
FOR nicht erfüllt. Darum brauchen wir das neue Man-
at. Während der Sicherheitsauftrag noch andauert, kön-
en wir nun das politische Ziel angehen; denn die deut-
chen KFOR-Soldaten garantieren die Sicherheit. Das ist
nsere Aufgabe als außenpolitisch verantwortlich Han-
elnde. Unser Ziel heißt: Wir wollen gemeinsam mit den
enschen im Kosovo die Perspektive für eine Zukunft

n Europa schaffen. Slowenien ist als erster Staat der
alkanregion unser EU-Partner geworden. Kroatien ist
abei, seinen Weg in die EU zu vollenden. Was für sie
ereits Wirklichkeit ist, ist für die Menschen im Kosovo
och ein weiter Weg. Da sind wir ganz realistisch. Auch
erbien sieht seine Zukunft in der EU. Das kommt in
em im Dezember 2009 gestellten Beitrittsantrag zum
usdruck. Das hat mir noch kürzlich der serbische Ge-

andte in Deutschland persönlich ausdrücklich versi-
hert.

Aus meiner Sicht bedarf es für eine echte EU-Per-
pektive vor allem einer Klärung des Verhältnisses von
osovo und Serbien zueinander. Serbien hat sein Anlie-
en nach einer rechtlichen Bewertung der Unabhängig-
eitserklärung des Kosovo – mit gutem Recht – vor den
nternationalen Gerichtshof gebracht. Dabei ist für uns
lar, der Status des Kosovo steht nicht zur Disposition.
in neues Konfliktfeld um die Unabhängigkeitserklä-

ung des Kosovo wird hier aber gerade nicht eröffnet.





Peter Beyer


(A) )


)(B)

Serbien hat den Weg der völkerrechtlich verbindlichen
Streitbeilegung beschritten. Das macht deutlich, dass es
den Beteiligten ernsthaft darum geht, auf diesem Weg
eine wirkliche Klärung zwischen Serbien und Kosovo zu
erwirken. Das Ziel einer europäischen Perspektive für
alle Menschen des westlichen Balkan rückt damit ein
bedeutendes Stück näher.

Meine Damen und Herren, wir nehmen zur Kenntnis,
was bereits erreicht worden ist. Ich bin zutiefst davon
überzeugt, ohne die KFOR wäre dies alles nicht möglich
gewesen. Keiner kann behaupten, die Männer und
Frauen der Kosovo-Force hätten in elf Jahren nicht viel
erreicht. Und es besteht Grund zur Hoffnung, dass auch
in den nächsten Jahren erhebliche Fortschritte auf dem
westlichen Balkan erreicht werden. Weil die KFOR
Sicherheit gibt, glauben die Menschen, dass ihre Kinder
eine sichere Zukunft haben. Weil die Menschen an die
Zukunft ihrer Kinder glauben, können sie in die Zukunft
in Europa investieren. Kurzum: Sicherheit ist die Grund-
lage für die Hoffnung und eine Zukunft in Europa. Si-
cherheit im Kosovo braucht KFOR – so lange, bis der
Auftrag der Vereinten Nationen beendet ist.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704614700

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen

Christian Ströbele das Wort.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Oh!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Präsident. – Der Deutsche Bundestag
wird jetzt – voraussichtlich mit großer Mehrheit – die
Fortsetzung des Einsatzes der Bundeswehr im Kosovo
beschließen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl! Sehr gut!)


Der Deutsche Bundestag beruft sich auf einen Antrag
der Bundesregierung, in dem zur Legitimierung dieses
Einsatzes der Bundeswehr im Kosovo entscheidend auf
die Resolution der Vereinten Nationen 1244 Bezug
genommen wird.

Der Deutsche Bundestag – und vorher schon die Bun-
desregierung – übersieht aber, dass wichtige Vorausset-
zungen für die Entscheidung der Vereinten Nationen in-
zwischen weggefallen sind. Wer die Resolution 1244
durchsieht, erkennt, dass sie schon in ihrer Präambel be-
sagt, dass es darum geht, dass alle Staaten ein Bekennt-
nis zur Souveränität und territorialen Unversehrtheit der
Bundesrepublik Jugoslawien abgeben. Eine der Haupt-
aufgaben des Einsatzes nach dieser Resolution, auf die
Sie alle Bezug nehmen, soll die Herstellung, die Ge-
währleistung einer substanziellen Selbstverwaltung für
das Kosovo unter voller Berücksichtigung der Prinzipien

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2)

(C (D er Souveränität und territorialen Unversehrtheit der undesrepublik Jugoslawien sein. (Zuruf von der CDU/CSU: Die gibt es doch gar nicht mehr!)


Wie kann sich dieser Antrag auf diese Resolution
tützen – das hat auch mein Vorredner getan –, sodass
ann die Hauptaufgabe des Einsatzes der Bundeswehr
m Kosovo unter anderem die Herstellung, die Erhaltung
nd die Gewährleistung der Souveränität und der territo-
ialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien
ein soll? Solange der Internationale Gerichtshof nicht
ie Anerkennungsfrage entschieden hat, kann über den
ntrag keine verantwortliche Entscheidung dieses Parla-
ents getroffen werden.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Kurzintervention!)


ch appelliere an alle Kolleginnen und Kollegen, dies bei
hrer Entscheidung zu berücksichtigen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704614800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-
en Ausschusses auf Drucksache 17/2009 zu dem An-
rag der Bundesregierung zur Fortsetzung der deutschen
eteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz im
osovo. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
rucksache 17/1683 anzunehmen.

Wir stimmen über die Beschlussempfehlung nament-
ich ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftfüh-
er, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind über-
ll die vorgesehenen Plätze von den Schriftführerinnen
nd Schriftführern eingenommen? – Das ist der Fall.
ann eröffne ich die Abstimmung.

Darf ich fragen, ob noch ein Kollege anwesend ist,
er seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist offen-
ichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstim-
ung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
it der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der
bstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.1)2)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
rucksache 17/2011. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
ich? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen
on CDU/CSU, FDP und der Linken gegen die Stimmen
er Grünen bei Stimmenthaltung der SPD abgelehnt.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-
Uhl, Hans-Josef Fell, Kai Gehring, weiterer Ab-

Erklärung nach § 31 GO siehe Anlage 2
Ergebnis Seite 4673 D





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Kernfusionsforschung kritisch überprüfen –
ITER-Vertrag kündigen

– Drucksachen 17/1433, 17/1949 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Stefan Kaufmann
René Röspel
Dr. Martin Neumann (Lausitz)

Dr. Petra Sitte
Sylvia Kotting-Uhl

Über die Beschlussempfehlung werden wir später na-
mentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Bevor ich die Aussprache eröffne, bitte ich die lieben
Kolleginnen und Kollegen, die in verschiedenen Ecken
in Gruppen zusammenstehen und diskutieren, entweder
Platz zu nehmen oder den Plenarsaal zu verlassen, damit
wir ungestört weiterdebattieren können.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat
Stefan Kaufmann für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Stefan Kaufmann (CDU):
Rede ID: ID1704614900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits vor gut einem
Monat haben wir uns hier im Plenum zum gleichen
Thema getroffen. Damals lag die aktuelle Kostenschät-
zung zum ITER-Projekt frisch auf dem Tisch. Erst auf
massiven Druck der Projektpartner hin konnte die Kom-
mission bzw. das ITER-Management dazu gebracht wer-
den, eine belastbare Kostenschätzung vorzulegen. Das
Ergebnis ist alarmierend. Gegenüber dem ursprüngli-
chen Ansatz von 2,7 Milliarden Euro als europäischem
Anteil an ITER belaufen sich die anteiligen Kosten für
die EU nach nun vorliegender Schätzung auf bis zu
7,2 Milliarden Euro. Das ist eine Verdreifachung der
Kosten. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregie-
rung zu Recht an die Europäische Kommission appel-
liert, alle Einsparungsmöglichkeiten zu überprüfen. Es
erging die deutliche Aufforderung an die Kommission,
möglichst rasch Vorschläge für Kosteneinsparungen vor-
zulegen und zu prüfen, ob und wie die Mehrkosten bei
ITER aus dem EU-Haushalt finanziert werden können.
Das BMBF erwartet zu Recht einen substanziellen Bei-
trag der EU, gegebenenfalls auch durch Umschichtun-
gen im Haushalt.

Ebenso wichtig war es nach den in der Vergangenheit
nicht besonders glücklichen Erfahrungen mit dem ITER-
Management, bei ITER eine hochrangige Taskforce ein-
zurichten. Diese Taskforce hat sich bereits konstituiert
und wird in den nächsten Wochen eine nochmalige Sit-
zung des Rates für Wettbewerbsfähigkeit vorbereiten,
um die von der Bundesregierung aufgeworfenen Fragen
zu beraten. Nach heutigem Wissensstand ist der jetzt

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(C (D estgesetzte EU-Kostenanteil von 7,2 Milliarden Euro ealistisch. Zu Recht verlangt die Bundesregierung jeoch, dass es bei den nun definierten Mehrkosten bleibt nd dass dennoch weitere auftretende Kostensteigerunen bei ITER gegebenenfalls durch Einsparungen an anerer Stelle des Projekts finanziert werden. Ebenso dringend – möglicherweise entscheidend – ist ie Verbesserung der Leitungsstrukturen bei Fusion for nergy. Das ist die zuständige Stelle für die Koordinie ung der ITER-Aktivitäten, die ihren Sitz in Barcelona at. Hierbei sind auch die bisher dort durchgeführten Asessments zu berücksichtigen. Ein weiterer Punkt, der on der Bundesregierung aufgegriffen wurde und von ns unterstützt wird, ist die Neugestaltung der Auschreibungsregularien. Diese sind derzeit einem Forchungsprojekt dieser Größenordnung nicht angemesen. Hier ist eine Anpassung an internationale Standards otwendig. (Beifall des Abg. Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Schließlich ist für die weitere Unterstützung des Pro-
ekts seitens der Bundesrepublik und damit auch seitens
ieses Parlamentes sowohl hinsichtlich der Kostenpla-
ung als auch hinsichtlich der Entwicklung des wissen-
chaftlichen Konzeptes künftig deutlich mehr Transpa-
enz erforderlich. Es ist insofern zu begrüßen, dass
ukünftig auch Vertreter der einzelnen europäischen Re-
ierungen, jedenfalls der wichtigsten Mitgliedstaaten
ie Deutschland, in die Führungsgremien von ITER ein-
ezogen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bezüglich der Fusionsforschung stehen wir in dieser
oche an einem Scheideweg. Ich möchte nicht falsch

erstanden werden: Selbstverständlich bekennen wir uns
ach wie vor zur Fusionsforschung, weil wir die darin
iegenden immensen Chancen zur Sicherung unserer
nergieversorgung über das Jahr 2050 hinaus sehen.
unktioniert die Kernfusion wie geplant, können wir un-
eren Energiebedarf ab der zweiten Hälfte des Jahrhun-
erts einfach und sauber decken. Bis dahin ist es jedoch
in weiter Weg. Dieser Weg darf für die Beteiligten nicht
u einem Drahtseilakt werden, zumal uns ein Auffang-
etz derzeit fehlt.

Auf die Chancen für die Hightechindustrie in
eutschland und die positiven Wechselwirkungen von

TER und der Fusionsforschung in Garching und Greifs-
ald habe ich in meiner letzten Rede bereits hingewie-

en. Nochmals: Wir sind gewillt, das Projekt ITER wei-
erzuführen, allerdings nur dann, wenn wir die feste
berzeugung haben, dass das Management den Aufga-
en gewachsen ist und die technischen Probleme in den
riff zu bekommen sind. Auch hier sind noch einige
ragen offen, zum Beispiel hinsichtlich ungeklärter Ma-

erialfragen beim Bau des Reaktors.





Dr. Stefan Kaufmann


(A) )


)(B)


Bei ITER sind wir in eine über die EU hinausgehende die Gewitter der letzten Wochen tatsächlich reinigende
nenne nur die USA, Japan, Russland und China. Das bie-
tet Chancen, setzt uns aber auch einer erhöhten Be-
obachtung aus. Unsere Partner beobachten sehr genau,
wie sich die Bundesrepublik bei diesem wichtigen, zu-
kunftsweisenden Projekt verhält. Auch das verpflichtet
uns zu einer sehr gewissenhaften Prüfung des weiteren
Vorgehens.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein schneller Ausstieg ist keine Lösung. Ein deut-
scher Alleingang ist im Übrigen vertragsrechtlich ohne
die anderen Euratom-Staaten nicht möglich, es drohen
zudem hohe Auslösungskosten. Bei einem Ausstieg
müssen insbesondere die Auswirkungen auf die europäi-
sche Forschungszusammenarbeit, auf die bereits er-
wähnten deutschen Fusionsprojekte in Garching und
Greifswald, aber auch auf andere deutsche Großfor-
schungsprojekte mit internationaler Beteiligung wie
XFEL in Hamburg und FAIR in Darmstadt geprüft wer-
den.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass unsere deut-
schen Forschungseinrichtungen, zum Beispiel die Helm-
holtz-Zentren in Jülich und am KIT in Karlsruhe, vor al-

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Endgültiges Ergebnis
Abgegebenen Stimmen: 567;
davon

ja: 486
nein: 71
enthalten: 10

Ja

CDU/CSU

Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle

Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt

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(D ehmen wir die deutsche Führungsrolle bei der Bewältiung der europäischen ITER-Krise an. Ich bitte Sie daer, dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen nicht zuzutimmen und der Beschlussempfehlung des Ausschusses u folgen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704615000

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen

wischendurch das von den Schriftführerinnen und
chriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
bstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-
ärtigen Ausschusses zum Antrag der Bundesregierung

ur Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der interna-
onalen Sicherheitspräsenz im Kosovo auf der Grund-
ge der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Verein-
n Nationen bekannt geben. Abgegebene Stimmen 567.
it Ja haben gestimmt 486, mit Nein haben gestimmt 71,

nthaltungen gab es 10. Die Beschlussempfehlung ist
amit angenommen.

r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
itta Connemann
eo Dautzenberg
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
nak Ferlemann

ngrid Fischbach
artwig Fischer (Göttingen)

irk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Josef Göppel
Gemeinschaft bedeutender Staaten eingebunden. Ich Wirkung gehabt. Richten wir nun den Blick voraus und
Liebe Kolleginnen und Kolle
haben den Antrag gestellt –, ga
wir nicht zu neuer Spitzentech
zen wir ganz bewusst auf deutli
Bereichen Bildung und Forsch
sere lebhafte Diskussion heute
internationalen Konkurrenz lie
lands als Innovationsstandort
Fortführung von ITER hat also
Förderung erneuerbarer Energ
gaben in diesem Bereich zurü
Grünen gerne unterstellen. Die
entsprechende Befürchtungen
gründet, und das wissen auch S


(Beifall bei der CDU/CSU neten der F gen von den Grünen – Sie nz ohne Risiko kommen nologie. Schließlich setche Mehrausgaben in den ung. Ich erinnere an un Morgen. Bei der harten gt die Zukunft Deutschin der Forschung. Die nichts damit zu tun, die ien oder Forschungsausckzufahren, wie das die ser Vorwurf ist unredlich, sind offensichtlich unbeie. sowie bei AbgeordDP)


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em aber das IPP in Garching
on den Euratom-Mitteln für
hne ITER ist Garching in
hne ITER fehlt Wendelstein
em Nachfolger DEMO ab c
uch die deutsch-französisch
reundschaft könnte aufgrund
ache und des damit zusammen
ösischen Interesses am Projek
en werden. Auch diese Über
em ehrlichen Umgang mit der


(Beifall bei der CDU/CSU neten der F Lassen Sie uns also gemeins och nicht den Stab über das P eute nicht der richtige Zeitpun (C, bisher überproportional ITER profitiert haben. seiner Existenz bedroht, 7-X in Greifswald bzw. a. 2025 die Perspektive. e Zusammenarbeit und des ITER-Sitzes in Cadahängenden starken fran t in Mitleidenschaft gezolegungen gehören zu ei Zukunft von ITER. sowie bei AbgeordDP)


am kritisch bleiben, aber
rojekt brechen. Dafür ist
kt. Es scheint, als hätten





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel

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r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
r. Ursula von der Leyen
gbert Liebing
atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
r. Michael Luther
arin Maag
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
arlene Mortler
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

adine Müller (St. Wendel)

r. Philipp Murmann
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
r. Michael Paul
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
hristoph Poland
uprecht Polenz
ckhard Pols
ucia Puttrich
aniela Raab
homas Rachel
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

othar Riebsamen
osef Rief
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber

ohannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
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(Weil am Rhein)

etlef Seif

ohannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
homas Silberhorn
ohannes Singhammer
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arola Stauche
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
ero Storjohann
tephan Stracke
ax Straubinger
arin Strenz
homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
r. Peter Tauber
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
r. Johann Wadephul
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

ngo Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
eter Wichtel
nnette Widmann-Mauz
lisabeth Winkelmeier-
Becker
agmar Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
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PD

ngrid Arndt-Brauer
ainer Arnold
einz-Joachim Barchmann
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ören Bartol
ärbel Bas
abine Bätzing-Lichtenthäler
irk Becker
othar Binding (Heidelberg)

erd Bollmann
laus Brandner
illi Brase
ernhard Brinkmann

(Hildesheim)


delgard Bulmahn
arco Bülow
artin Burkert

etra Crone
r. Peter Danckert
artin Dörmann

lvira Drobinski-Weiß

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(C (D arrelt Duin ebastian Edathy iegmund Ehrmann r. h. c. Gernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer lke Ferner abriele Fograscher r. Edgar Franke agmar Freitag eter Friedrich artin Gerster is Gleicke ünter Gloser lrike Gottschalck ngelika Graf ichael Groß olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann ichael Hartmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog abriele Hiller-Ohm rank Hofmann r. Eva Högl hristel Humme liver Kaczmarek ohannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler aniela Kolbe ritz Rudolf Körper nette Kramme ngelika Krüger-Leißner hristine Lambrecht hristian Lange r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel llrich Meßmer r. Matthias Miersch ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles anfred Nink homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )


(Wackernheim)





(A) )

Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen

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r. Wolfgang Gerhardt
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iriam Gruß

oachim Günther (Plauen)

r. Christel Happach-Kasan
einz-Peter Haustein
anuel Höferlin

lke Hoff
irgit Homburger
r. Werner Hoyer
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ichael Kauch
r. Lutz Knopek
ascal Kober
r. Heinrich L. Kolb
ebastian Körber
olger Krestel
atrick Kurth (Kyffhäuser)

einz Lanfermann
ibylle Laurischk
arald Leibrecht
abine Leutheusser-
Schnarrenberger

ars Lindemann
hristian Lindner
r. Martin Lindner (Berlin)

ichael Link (Heilbronn)

r. Erwin Lotter
liver Luksic
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atrick Meinhardt
abi Molitor

an Mücke
etra Müller (Aachen)

urkhardt Müller-Sönksen
r. Martin Neumann

(Lausitz)

irk Niebel
ans-Joachim Otto

(Frankfurt)

r. Christiane Ratjen-
Damerau
r. Birgit Reinemund
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
jörn Sänger
hristoph Schnurr

immy Schulz
arina Schuster
r. Erik Schweickert
erner Simmling

udith Skudelny
r. Hermann Otto Solms

oachim Spatz
r. Max Stadler
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
lorian Toncar
erkan Tören
ohannes Vogel


(Lüdenscheid)

r. Daniel Volk
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)


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erstin Andreae
arieluise Beck (Bremen)

ornelia Behm
irgitt Bender
lexander Bonde
iola von Cramon-Taubadel
kin Deligöz
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ans-Josef Fell
r. Thomas Gambke
ai Gehring
ritta Haßelmann
ettina Herlitzius
riska Hinz (Herborn)

lrike Höfken
r. Anton Hofreiter
ärbel Höhn

ngrid Hönlinger
hilo Hoppe
we Kekeritz
atja Keul
emet Kilic

ven-Christian Kindler
aria Klein-Schmeink
te Koczy
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liver Krischer
gnes Krumwiede
ritz Kuhn
tephan Kühn
enate Künast
arkus Kurth
ndine Kurth (Quedlinburg)

icole Maisch
gnes Malczak

erzy Montag
erstin Müller (Köln)

r. Konstantin von Notz
mid Nouripour
riedrich Ostendorff
rigitte Pothmer
abea Rößner
laudia Roth (Augsburg)

rista Sager
anuel Sarrazin

lisabeth Scharfenberg
r. Gerhard Schick
r. Frithjof Schmidt
orothea Steiner
r. Wolfgang Strengmann-
Kuhn
arkus Tressel

ürgen Trittin
aniela Wagner
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r. Valerie Wilms

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olfgang Börnsen

(Bönstrup)

r. Peter Gauweiler

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(C (D DP r. h. c. Jürgen Koppelin IE LINKE an van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch erbert Behrens arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen r. Diether Dehm eidrun Dittrich erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann olfgang Gehrcke icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll ndrej Konstantin Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen atja Kipping arald Koch an Korte utta Krellmann atrin Kunert aren Lay abine Leidig alph Lenkert ichael Leutert tefan Liebich lla Lötzer r. Gesine Lötzsch orothée Menzner ornelia Möhring ornelia Möller iema Movassat olfgang Nešković homas Nord etra Pau ens Petermann ichard Pitterle vonne Ploetz aul Schäfer r. Herbert Schui r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber rank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )





(A) )


ment kam, war einer meiner ersten Kontakte im
wissenschaftlichen Bereich ein in Sachen Kernfusion ten berührt. Sprich: Wenn man tatsächlich austreten

sehr engagierter Professor, der
bis 40 Jahren in der Lage seien
lich zu nutzen. Das ist allerding

Problem Nummer eins bei d
sich nach wie vor im Stadium
vermutete, dass wir in 30
, die Kernfusion tatsäch-
s schon zwölf Jahre her.

er Kernfusion ist, dass sie
der Grundlagenforschung

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ürde, was den anderen Vertra
äre man zwar nicht mehr dab

ahlen. Das muss man vor dem
ie Beiträge zu ITER, zu diese
hen in der Form von Lieferun
enten aus den jeweiligen betei
gsparteien möglich wäre,
ei, würde aber trotzdem
Hintergrund sehen, dass
m Reaktor, im Wesentli-
gen von fertigen Kompo-
ligten Ländern, also auch
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Jörn Wunderlich

Enthalten

SPD

Klaus Barthel
Petra Hinz (Essen)


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Wir setzen die Beratung fort. Der nächste Redner ist
Kollege René Röspel von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1704615100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Sonne meint es heute wieder sehr gut mit
uns. Draußen sind 30 Grad. Wenn man in der Sonne
steht, spürt man die Sonnenstrahlung und die Wärme,
die auf einen einwirkt. Welch gewaltige Menge an Ener-
gie uns zugeführt wird, wird einem vielleicht klar, wenn
man sich vor Augen führt, dass von diesem Pult, von
dieser Stelle aus gesehen, sich die Sonne in einer Entfer-
nung von 150 Millionen Kilometern befindet. Trotzdem
ist sie in der Lage, uns eine solche Energiemenge zu sen-
den. Wie passiert das? In der Sonne werden zwei leichte
Atomkerne zu einem schwereren verschmolzen. Das ist
die Kernfusion. Unter einem milliardenfachen Erdatmo-
sphärendruck und 15 Millionen Grad Celsius Tempera-
tur wird eine so gewaltige Menge an Energie freigesetzt,
dass es ausreicht, uns Licht und Wärme in ausreichender
Menge zu senden.

Das ist faszinierend. Ich kann nachvollziehen, dass
Forscher seit über einem halben Jahrhundert von der
Vorstellung bewegt sind, diesen Prozess der Kernfusion,
also der Kernverschmelzung, auf die Erde zu holen und
für die Energiegewinnung nutzbar zu machen. Aus unse-
rer Sicht ist allerdings zu vermuten, dass das noch ein
wenig dauern wird. Es ist nicht machbar, dieses Projekt
als einzelnes Land zu stemmen. So haben sich neben der
Europäischen Union sechs weitere Länder, unter ande-
rem China, Indien, die USA, Südkorea und Japan, zu-
sammengefunden, um einen Kernfusionsexperimentalre-
aktor namens ITER in Cadarache in Frankreich zu
bauen. 2019 soll es die ersten Plasmaversuche geben,
2026 den ersten Betrieb mit Deuterium und Tritium, und
für 2050 wird vermutet, dass der erste kommerzielle Re-
aktor in Betrieb gehen könnte. In 40 Jahren, von heute
an gerechnet, könnte durch Kernfusion vielleicht das
erste Kilowatt Strom geliefert werden.

Allerdings hat man das auch vor 40 Jahren schon ge-
glaubt. Eigentlich müsste es schon heute einen Kernfu-
sionsreaktor geben. Als ich vor zwölf Jahren ins Parla-

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(C (D altraud Wolff ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN infried Hermann Sylvia Kotting-Uhl Monika Lazar Beate Müller-Gemmeke Dr. Hermann Ott Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe efindet und noch lange befinden wird. Die Anwenungsmöglichkeit liegt in weiter Ferne. Problem Nummer zwei ist – das ist der Punkt, über en wir im Moment im Wesentlichen reden –, dass wir on einer gewaltigen Kostenexplosion ausgehen müsen. Während noch 2001 von der Europäischen Komission und den Betreibern berechnet wurde, dass das esamte Projekt 5,9 Milliarden Euro kosten und der Aneil für die Europäische Union in Form der Euratom ,7 Milliarden Euro betragen würde, sprechen wir heute on 7,2 Milliarden Euro möglicher Kosten für Euratom. ir sprechen also über eine Steigerung von 2,7 auf ,2 Milliarden Euro. Allein 2012 und 2013 braucht das TER-Projekt 1,4 Milliarden Euro zusätzlich. Die indiekte Belastung für Deutschland beträgt für diesen Zeitaum etwa 280 Millionen Euro. Ich gebe zu: Mein Vertrauen in die Kostenkalkulation, as ITER und Kernfusion anbelangt, schwindet drama isch, und das nicht erst seit heute. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Wolmirstedt)


Die Analyse im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen
eckt sich eindeutig mit dem, was wir formulieren. Al-
erdings können wir die Konsequenz, die außerordentli-
he Kündigung des Vertrages, nicht als realistisch ein-
chätzen. Deswegen werden wir uns bei der
bstimmung enthalten.

Wir haben ein großes Dilemma, nämlich eine kom-
lexe Vertragssituation. Dieser Vertrag zwischen den
echs Ländern und der Europäischen Union ist vermut-
ich entstanden – anders kann ich das nicht erklären –,
m den Kernfusionsreaktor nach Europa zu bekommen.
enn man sich den Vertrag durchliest, kann man nicht

erstehen, warum er so formuliert wurde. Nach Art. 26
ieses Vertrags – Deutschland ist nicht direkt an dem
TER-Abkommen beteiligt, sondern nur über Euratom –
ann nämlich jede Partei außer der Gastgeberpartei vom
ertrag zurücktreten. Das heißt, alle können austreten,
ur das Sitzland nicht. Das ist die Europäische Union,
rankreich im Besonderen.

Das Dilemma Nummer zwei, in dem wir uns befin-
en, ist, dass nach Art. 26 dieses ITER-Vertrages der
ücktritt nicht den Beitrag zu Bau- und Stilllegungskos-





René Röspel


(A) )


)(B)

Deutschland, geleistet werden. Die Beiträge werden also
von deutschen Unternehmen in Form von Material und
Technologie geleistet. Bei einem Ausstieg zahlt man
nach meiner Interpretation des Vertrages weiter, arbeitet
aber nicht mehr mit.

Die SPD bleibt dabei: Die Kernfusion ist zweifels-
ohne eine höchst spannende Forschungsoption. Sie war
für uns aber nie Energieversorgungsoption.


(Beifall bei der SPD)


Sie ist keine Energieoption für die Zukunft. Wir brau-
chen bereits heute und nicht erst 2050, und zwar schnel-
ler, als wir es bisher anstreben, den Einstieg in erneuer-
bare Energien, in Energieeffizienz,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


damit wir den nachfolgenden Generationen keine Klima-
katastrophe hinterlassen und ihnen die Möglichkeit ge-
ben, Ressourcen, die wir heute verschwenden, weiterhin
zu nutzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das allerdings muss heute passieren und nicht erst 2050.

Nicht hinnehmbar ist für uns, dass diese Kostenstei-
gerungen in der Form stattfinden, wie sie jetzt von der
Europäischen Kommission an uns übermittelt worden
sind. Wir drängen ausdrücklich darauf, dass sich die
Bundesregierung für eine Deckelung der Beiträge ein-
setzt. Soweit ich das mitbekommen habe, vertritt auch
sie diese Position. Es darf nicht sein, dass die Kosten
über das bisherige Maß hinaus gesteigert werden. Wir
fordern die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen,
dass sich die Industrie stärker an diesem Projekt betei-
ligt. Wenn allgemein anerkannt werden sollte, dass 2050
eine kommerzielle Nutzbarkeit vorhanden sein wird,
dann sind wir der Auffassung, dass sich die Industrie
auch heute schon daran beteiligen muss.

Wir wollen, dass die Bundesregierung eine transpa-
rente Kostenanalyse und vor allen Dingen eine Prognose
vorlegt, wie es bei ITER weitergehen wird. Wir erwarten
von der Bundesregierung, dass sie für den Fall der Fälle
eine Exitstrategie, also eine Ausstiegsstrategie, vorberei-
tet, wie wir gegenüber Europa durchsetzen – wie auch
immer das gehen kann –, dass wir uns an den weiteren
Kosten nicht mehr beteiligen.

Wir brauchen nicht die Mechanismen, die in der
Sonne zur Energieentstehung beitragen, auf die Erde zu
holen. Wir können die Energie der Sonne schon heute
ausgiebig nutzen. Das sollten wir mit aller Kraft tun.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Sonne ist für alle da und für alle nutzbar. Kernfusion
kann nur von denen genutzt werden, die sie sich leisten
können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat nun Martin Neumann für die FDP-Frak ion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704615200


Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1704615300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Bei meinem gestrigen Besuch auf der Interna-
ionalen Luft- und Raumfahrtausstellung am Flughafen
erlin-Schönefeld kam ich mit einem Vertreter eines der
edeutendsten Hersteller für Flugzeugtriebwerke ins Ge-
präch. Jetzt fragen Sie natürlich, was das mit dem
hema ITER und vor allen Dingen mit dessen Zukunfts-
erspektiven zu tun hat. Ich fragte, als mir ein Triebwerk
iner neuen Generation gezeigt wurde, wie hoch in etwa
ie Entwicklungskosten für ein solches Hightechprodukt
ind. Die Antwort, die ich erhalten habe, hat mich nach-
enklich gemacht. Vom Anfang der Entwicklung bis
um fertigen Triebwerk muss circa 1 Milliarde Euro in-
estiert werden.

Zurück zum ITER. Wir sprechen hier über die Kos-
ensteigerung und den europäischen Anteil bei der Fi-
anzierung des größten Fusionsforschungsprojektes der
elt. Der europäische Anteil für diese Energiemaschine

oll 7,2 Milliarden Euro betragen. Dieser Betrag wird
edeckelt. Im Gegensatz zu dem genannten Triebwerks-
au betreten wir an dieser Stelle völliges Neuland. Mit
TER schaffen wir das Triebwerk für die Energieversor-
ung von morgen. Mit der Kernfusionsforschung ver-
ucht man, eine unerschöpfliche Quelle kostengünstiger
nd umweltfreundlicher Energie zu entwickeln, bei der
aum Abfallprodukte entstehen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da entsteht viel Radioaktivität!)


iebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der
rünen, das lässt sich doch nicht verleugnen. Ist das
icht unser gemeinsames Ziel? Vielleicht aber setzen Sie
ei umweltfreundlicher Energiegewinnung auf nur we-
ige Branchen.

Auch wenn die positiven Aspekte der klimafreundli-
hen Energiegewinnung im Vordergrund stehen, darf
an die kostenökonomischen Zügel nicht schleifen las-

en.

Im Antrag der Grünen wird auf die nicht unerhebliche
ostensteigerung hingewiesen. Aber, liebe Kolleginnen
nd Kollegen, diese Fakten sind nicht neu. Bereits im
ahr 2008 wurde bekannt, dass bei ITER mit einer größe-
en Kostensteigerung zu rechnen sein wird, als bei Ver-
ragsunterzeichnung bekannt war. Jetzt ist die Katze tat-
ächlich aus dem Sack. Heute betragen die Gesamtkosen
ür Europa 7,2 Milliarden Euro. Wenn man sich die Ursa-
hen dieser Kostensteigerung anschaut, stellt man fest,
ass sie im Wesentlichen auf erhöhte Rohstoffpreise,
eue wissenschaftliche Erkenntnisse, höhere Qualitätsan-
orderungen und Fehleinschätzungen hinsichtlich des not-
endigen Umfangs von Diagnostiken zurückzuführen

st. Umso wichtiger ist es, bei solchen internationalen





Dr. Martin Neumann (Lausitz)



(A) )


)(B)

Großprojekten die Kosteneffizienz stärker im Auge zu
behalten.


(Beifall des Abg. Patrick Meinhardt [FDP])


Klar ist: ITER darf nicht zu einem schwarzen Loch
für Steuergelder verkommen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tut es aber!)


Die derzeitige Entwicklung zeigt, dass die ITER-Partner
auf einem guten Weg sind, eine Lösung für das Finanzie-
rungsproblem zu finden. Euratom muss 5,9 Milliarden
Euro aufbringen. Frankreich muss zu seiner Verpflich-
tung stehen, 20 Prozent der Kosten der europäischen
Partner zu tragen. Der Rest muss aus den laufenden und
künftigen Forschungsrahmenprogrammen finanziert wer-
den.

Ich stehe auf der Seite der Bundesregierung, die die
Auffassung vertritt, dass die zusätzlichen Kosten nicht
einfach den EU-Mitgliedstaaten übergeholfen werden
dürfen. Es ist richtig, dass jetzt eine Taskforce, die übri-
gens am 3. Juni 2010 das erste Mal getagt hat, überlegen
soll, welche Lösungen bezüglich des Finanzierungsdefi-
zits von ITER einvernehmlich gefunden werden können.
Sich jetzt aus dem Projekt zu verabschieden, wäre für
uns aber der falsche Weg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Vielmehr ist es richtig, neu zu kalkulieren, Kostenfal-
len deutlich zu machen und das Projekt unter ökonomi-
schen Gesichtspunkten zu betrachten. Ich persönlich
sehe schon deutliche Verbesserungen des Projektma-
nagements durch die Einführung eines wissenschaftlich
adäquaten Controllingsystems als einen entscheidenden
Schritt an.

Ich sage deutlich: Wir können es uns heute nicht leis-
ten, uns leichtfertig aus dem ITER-Projekt zu verab-
schieden. Wir können es uns auch nicht leisten, dass
auch nur ein ITER-Partner aufgibt, nur weil Frankreich
als Sitzland des ITER seinen Verpflichtungen vielleicht
nicht nachkommt. Das wäre fatal.

Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang ganz
kurz an die damalige Standortentscheidung. Dass sich
Deutschland letztendlich nicht um den Standort bewor-
ben hat, wurde damit begründet, dass der Sitzlandanteil
in dieser Größenordnung von Deutschland nicht finan-
ziert werden könne.

Sie wissen sicherlich, dass XFEL zu 54 Prozent vom
Sitzland Deutschland finanziert wird. Das sind immerhin
584,3 Millionen Euro der Gesamtkosten von 1,08 Mil-
liarden Euro. Umso mehr freue ich mich, dass Frankreich
– so glaube ich, zu hören – zu seinen Verpflichtungen ste-
hen will und 1,3 Milliarden Euro zusätzlich aufbringen
wird.

Unstrittig ist, dass das Fusionsforschungsprojekt ITER
von der christlich-liberalen Koalition weiterhin befür-
wortet und unterstützt wird. Die Entwicklung des Projek-
tes wird aufmerksam beobachtet und kritisch analysiert.
Die deutschen Interessen und die der übrigen Mitglied-
staaten müssen gegenüber der EU-Kommission mit

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(C (D achdruck vertreten werden. Nach wie vor appelliert die DP-Bundestagsfraktion an die bisherigen Gegner von TER: Meine Damen und Herren, setzen Sie sich in Ihren raktionen für ITER ein! Beenden Sie die Politik der kleien Messerstiche gegen die Fusionsforschung! Ich bedanke mich. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viele Milliarden wollen Sie denn noch rauswerfen?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704615400

Das Wort hat nun Kollegin Petra Sitte für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704615500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! ITER ist,

ie schon gesagt, ein internationales Fusionsexperiment.
iese Anlage soll durch Verschmelzung von Wasser-

toffkernen Energie erzeugen; Herr Röspel hat das er-
lärt. Allerdings soll bei ITER zum ersten Mal mehr
nergie erzeugt werden, als zum Betrieb aufgewendet
ird. Ziel des Megaprojektes soll langfristig eine neue
orm der Energiegewinnung sein.

Aus dem Lateinischen übersetzt heißt ITER „Weg“.
enn man diesen Weg verfolgt, stellt man fest: Er ist in

er Tat lang, steinig und ausgesprochen verschlungen,
nd keiner kann heute sagen, ob man das Ziel jemals er-
eicht.

In den Schätzungen hinsichtlich einer kommerziellen
utzung dieser Erzeugungsform – das ist schon gesagt
orden – geht man vom Jahr 2050 aus. Physiker haben
as auch schon vor 50 Jahren gesagt. Nun sind diese
0 Jahre vorbei, aber an dieser Prognose des Zeithori-
onts hat sich nichts geändert.

Was sich aber geändert hat, sind die Rahmenbedin-
ungen, und das ist das Problem. Durch ITER kann aktu-
ll eben nichts nachhaltig zur Reduzierung der Klima-
rwärmung der Erde beigetragen werden. Wir haben
iese Zeit nicht mehr. Im Jahre 2050 ist der Point of no
eturn lange überschritten. Die Experten sagen – und so

teht es auch in den internationalen Vereinbarungen –,
ass bereits in den nächsten zehn Jahren die wichtigsten
aßnahmen für die Energiewende gegriffen haben müs-

en.

ITER dauert nicht nur ultralang, sondern ist auch, wie
eine Kollegen schon ausgeführt haben, megateuer. Re-

elmäßig erhalten wir im Ausschuss neue Kostenschät-
ungen. Angesichts der globalen Finanzkrise hat auch
ie Projektfinanzierung natürlich einen kritischen Punkt
rreicht, wenn die Summe dafür heute dreimal so hoch
ie ursprünglich angenommen ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Mitgliedstaaten wollen diese Kosten nicht tragen;
as kann ich auch nachvollziehen. Die Bundesregierung
at uns die jüngste Information gegeben, wonach alles





Dr. Petra Sitte


(A) )


)(B)

aus dem EU-Haushalt finanziert werden soll. Es ist also
völlig klar, dass darunter andere Programme leiden wer-
den, insbesondere im Forschungsbereich. Das möchten
wir nicht; wir möchten vorher genau Auskunft darüber
haben, was man dort eigentlich ins Auge fasst.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke hat die Entwicklung des Projektes schon
lange kritisch betrachtet. Die Fusionstechnologie ist
grundsätzlich natürlich eine ausgesprochen interessante
Technologie, allerdings werden aufgrund der ITER-Mil-
liarden zum gegenwärtigen Zeitpunkt und unter den jet-
zigen Rahmenbedingungen für andere Projekte weniger
Gelder zur Verfügung gestellt, zum Beispiel für Projekte
für Energieeinsparung, für effizientere Speicherformen
und andere klimafreundliche Erzeugungsformen.

Die Koalition tritt zeitgleich auch noch auf die Bremse,
wenn es um den nachhaltigen Umbau der Energieversor-
gung geht. Es werden in diesem Bereich nämlich die Mittel
reduziert. Zudem wollen Sie die Einspeisevergütung für
Solarenergie kürzen, wodurch beispielsweise bei uns im
Osten – ich komme aus Sachsen-Anhalt; „Solar Valley“
ist bei mir um die Ecke – massiv Arbeitsplätze gefährdet
werden. Das heißt, Schwarz-Gelb ist nicht nur eine Warn-
farbe, sondern Schwarz-Gelb will unter diesen Bedingun-
gen auch noch die Laufzeiten von Kernkraftwerken ver-
längern. Das heißt natürlich auch, dass genau wie bei
ITER ein Missverhältnis zwischen öffentlichen Aufwen-
dungen und privatem Engagement entsteht. Wenn selbst
die FDP sagt, die Wirtschaft müsse hier stärker einstei-
gen, dann kann man dem nichts mehr hinzufügen. Der
Staat investiert, und die private Energiewirtschaft schöpft
später die Gewinne ab.

Schon jetzt – wir sehen es täglich – wird durch Mono-
polisten der Energiewirtschaft am Markt nicht nur der
Ausbau dezentraler Strukturen, sondern eben auch eine
sozial gerechte und transparente Preisgestaltung er-
schwert. Das muss bei künftigen Netzstrukturen, insbe-
sondere bei ITER, in Rechnung gestellt werden. Durch
kommerzielle Fusionskraftwerke wird dieser Zentralisie-
rungseffekt nämlich verstärkt.

Das alles sind gewichtige Gründe dafür, das Gesamt-
projekt zur Diskussion zu stellen. Für uns ist der Antrag
der Grünen mit der Konsequenz, aus den Verträgen aus-
zusteigen, ein erster Schritt. Die Frage nach der Verläss-
lichkeit stellt sich eben nicht nur für die Forscherinnen
und Forscher sowie hinsichtlich der Forschung, sondern
auch in Bezug auf die öffentlichen Haushalte.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704615600

Das Wort hat nun Sylvia Kotting-Uhl für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704615700

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsi-

dent! Seit der ersten Lesung unseres Antrags hat sich
auch in anderen Kreisen die Erkenntnis durchgesetzt,

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(C (D ass ITER ein Projekt ist, das immense Finanzmittel bei ragwürdigem oder doch zumindest sehr potenziellem ukünftigen Nutzen verschlingt. Das lässt hoffen, dass iese Fusionsforschung, wenn schon nicht hier durch en Bundestag, dann doch über andere Wege gestoppt ird. Die Mitgliedsländer der EU haben derzeit keine ,4 Milliarden Euro Spielgeld übrig, um weiter in ITER u investieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dadurch, dass nun eine Taskforce gegründet wurde,
ie der Kommission gute Argumente für den ITER-Rat
iefern soll, zum Beispiel durch den Vorschlag Frau
chavans, das Projekt kleiner zu dimensionieren, wird
ehr die verzweifelte Lage als irgendein Lösungsweg

ezeigt.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Ich nenne noch einmal die Zahlen, um die es geht:
ie reinen Baukosten für den ITER werden heute auf
6 Milliarden Euro geschätzt. Da man vor neun Jahren
och von 5,9 Milliarden Euro ausging, habe ich keine
weifel, dass es bis zur Fertigstellung des ITER nicht
ei den 16 Milliarden Euro bleiben wird. ITER ist ein
ass ohne Boden.

Die Begründungen für die Kostensteigerungen sind
anebüchen, zum Beispiel das Argument, man konnte
icht wissen, dass man in einem Erdbebengebiet baut.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon länger bekannt!)


bgesehen davon, dass ein Fusionsreaktor nicht in ein
rdbebengebiet gehört, sodass diese neue Erkenntnis zu
anz anderen Konsequenzen führen sollte, freue ich
ich auf weitere überraschende Erkenntnisse der Planer.

Falls der ITER tatsächlich eines Tages gebaut sein
ollte, entstehen Kosten für die Experimente, den Be-
rieb und die Entsorgung der radioaktiven Rückstände.
afür wird mit Kosten gerechnet, die der Hälfte der
aukosten entsprechen. Das sind also weitere
Milliarden Euro.

Nach ITER kommt DEMO, der Demonstrationsreak-
or. Strom gibt es dann immer noch nicht, nur weitere
osten.

Wofür das alles? Für das vage Versprechen: Falls alles
lappt, gibt es im Jahr 2055 ungeheure Mengen Energie.
ie Einlösung dieses Versprechens ist aber völlig über-

lüssig. Niemand in der EU und schon gar nicht in
eutschland braucht 2055 ungeheure Mengen zusätzli-

her und dann auch noch teurer Energie.


(Zuruf von der CDU/CSU: Vollkommen falsch!)


enn wir im Klimaschutz-Zieljahr 2050 nicht ein
tromsystem aufgebaut haben, das sich durch höchste
ffizienz und null Emissionen auszeichnet, also zu
00 Prozent aus erneuerbaren Energien besteht, dann ha-





Sylvia Kotting-Uhl


(A) )


)(B)

ben wir in der Jahrhundertaufgabe Klimaschutz völlig
versagt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung an die lieben
Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Sie hängen
noch an der Kernfusion als Forschungsprojekt. Die Fusi-
onsforschung und besonders der ITER wurden aber im-
mer mit dem Energiebedarf begründet. Sie war und ist
also anwendungsbezogen. Verträge können nach Völker-
vertragsrecht gekündigt werden, Herr Röspel. Nach
Art. 62 des Wiener Übereinkommens über das Recht der
Verträge kann ein Vertrag, wenn durch die Änderung der
bei Vertragsabschluss gegebenen Umstände das Ausmaß
der zu erfüllenden Verpflichtungen tiefgreifend umge-
staltet werden würde, gekündigt werden. Wann, wenn
nicht bei einer dreifachen Kostensteigerung, werden die
Ausmaße tiefgreifend verändert?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gehen Sie alle heute den konsequenten Schritt und
stimmen Sie unserem Antrag zu! ITER macht im Jahr
der größten EU-Finanzkrise und in Zeiten notwendiger
und schneller Antworten auf die Energie- und Klima-
fragen keinen Sinn mehr.

Ein erfolgreiches Prestigeobjekt auch für internatio-
nale Zusammenarbeit sieht anders aus als der ITER. Ich
bin überzeugt, dass wir da etwas Besseres finden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704615800

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

nun der Kollege Dr. Philipp Murmann von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Philipp Murmann (CDU):
Rede ID: ID1704615900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ich habe jetzt das besondere Vergnügen, Sie kurz
vor der namentlichen Abstimmung noch einmal für das
Thema Energieforschung zu begeistern, und werde mein
Bestes geben, das zu erreichen.

Heute vor 55 Jahren wurde der Grundstein für CERN
gelegt. Einige von uns erinnern sich. Es war damals das
erste europäische Kernforschungslabor und ist inzwi-
schen das weltweit größte Forschungszentrum für Teil-
chenphysik. Es hat uns viel gelehrt. Unter anderem ist es
ein gutes Beispiel für die internationale Zusammenarbeit
im Bereich der Forschung. Es hat uns auch gelehrt, dass
wir einen langen Atem brauchen, um gute Ergebnisse zu
erzielen. Das Gleiche gilt auch für die Erforschung der
Kernfusion. Ich glaube, dass in ihr die Chance für eine
zukunftsweisende Energiequelle liegt. Deswegen sollten
wir grundsätzlich an ihr festhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Worum geht es? Wir bekommen eine Energiequelle, ie CO2-frei, sicher und wirtschaftlich ist und keine Endagerproblematik mit sich bringt. Dafür brauchen wir naürlich Investitionen. Es wurde schon gesagt, dass wir wei entsprechende Projekte haben: das internationale rojekt ITER, welches das komplexere von beiden ist, nd das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifsald, welches unseren nationalen Forschungsbeitrag azu darstellt. Immerhin haben uns die Wissenschaftler erlässlich zugesichert, dass wir 2035 mit einem Moellkraftwerk rechnen können. Darauf haben wir sie uch festgenagelt, und ich denke, dass das erreichbar ist. (René Röspel [SPD]: Das werden wir doch gar nicht mehr überprüfen können, Herr Murmann!)


Wir prüfen das dann zusammen, Herr Röspel.


(René Röspel [SPD]: Das glaube ich nicht!)


Ziel unserer Energieforschung ist es, Energieformen
ür die Zukunft zu finden, mit der wir – der Herr Um-
eltminister ist ja auch da – unsere Klimaziele errei-

hen. Eine umweltverträgliche, klimaschonende und
achhaltige Energieversorgung ist das Ziel. Sie muss si-
her sein; dazu gehören die Versorgungssicherheit sowie
ie technische Sicherheit. Natürlich sind auch Wettbe-
erbsfähigkeit und Verbraucherfreundlichkeit wichtig.
chließlich sollten wir auch den Energiestandort
eutschland nicht vergessen, der mit auf dem Spiel

teht.

Wir haben vier Schwerpunkte in der Energiefor-
chung:

Der wichtigste Schwerpunkt, zu dem wir stehen,
urde schon oft genannt: die regenerativen Energien.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön wäre es!)


Energiespeicherung ist ein weiteres wesentliches
hema.

Außerdem brauchen wir intelligente Netze, um die er-
euerbaren Energien ans Netz zu bekommen. Wir wer-
en uns bemühen, diese möglichst schnell auszubauen.

Ein Schwerpunkt ist aber auch die Fusionsforschung.
rotz all der großen Zahlen, die hier genannt wurden,
acht sie weit weniger als 1 Prozent des Etats für Bil-

ung und Forschung aus. 2050 wird mein Sohn 47 Jahre
lt sein.


(René Röspel [SPD]: Und im Bundestag sein!)


enn die Technik dann funktioniert, wenn auch mit ein
aar Jahren Verspätung, wird er uns das danken. Insofern
ollte man daran festhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Röspel hat schon kurz dargestellt, worum es bei
er Kernfusion geht. Er hat aber nicht gesagt, dass
Gramm Wasserstoff so viel Energie freisetzt wie die
erbrennung von 8 Tonnen Erdöl und 11 Tonnen Kohle.
er Brennstoff ist ein extrem dünnes ionisierendes Gas.
ie Problematik besteht darin, das Plasma zu erzeugen





Dr. Philipp Murmann


(A) )


)(B)

und die sehr hohen Temperaturen – 15 Millionen Grad
sind es, glaube ich, nicht; diese Temperatur herrscht nur
in der Sonne –


(René Röspel [SPD]: 100 Millionen Grad mindestens!)


von einigen Millionen Grad zu beherrschen. Aber diese
Herausforderung bringt uns auch zusätzliche Erkennt-
nisse in der Materialforschung, im Anlagenbau und in
der Sensorik. Es werden also auch rund um das Projekt
Erkenntnisse gewonnen, die wichtig für uns sind. Das ist
noch ein Grund, warum man zu diesem Zeitpunkt nicht
aus ITER aussteigen sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ITER nicht um jeden Preis – das sehen auch wir so.

Wir können Frau Schavan dankbar dafür sein, dass sie
im Wettbewerbsrat für die Einrichtung einer Task Force
eingetreten ist, die sich um eine Deckelung der Kosten
kümmern soll. Dazu haben sich jetzt alle verpflichtet. Im
Juni soll ein Konzept erstellt werden. Das sollte man erst
einmal abwarten, bevor man das ganze Projekt jetzt vor-
zeitig abbricht. Außerdem befinden wir uns in einer in-
ternationalen Kooperation. Wenn wir jetzt alleine früh-
zeitig aussteigen, verspielen wir einen gewissen
internationalen Ruf.

Ich komme vorzeitig zum Schluss, damit wir gleich
abstimmen können: Wir brauchen eine starke Ener-
gieforschung. Wir setzen auf Forschung und Bildung für
die Zukunft unseres Landes. Wir müssen nicht nur spa-
ren, sondern auch in die Zukunft investieren, und das tun
wir auch.

Ich freue mich auf die Abstimmung und bitte Sie um
Ihre Zustimmung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704616000

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen mit dem Titel „Kernfusionsforschung kritisch
überprüfen – ITER-Vertrag kündigen“. Der Ausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/1949, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen auf Drucksache 17/1433 abzulehnen.

Wir stimmen nun auf Verlangen der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen namentlich über die Beschlussemp-
fehlung ab.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre
Plätze einzunehmen. Sind alle Schriftführer an ihren
Plätzen? – Dann eröffne ich die Abstimmung.

Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimmkar-
ten eingeworfen? – Das scheint der Fall zu sein. Dann
schließe ich den Wahlgang und bitte, mit der Auszählung
zu beginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstim-
mung wird Ihnen später bekannt gegeben.1)

Wir setzen die Beratungen fort.

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D1) Seite 4684 D

(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 a und b auf: a)

richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (21. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU
und der FDP

Europa 2020 – Die Wachstums- und Be-
schäftigungsstrategie der Europäischen
Union braucht realistische und verbindliche
Ziele

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundes-
tages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grundge-
setzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zu-
sammenarbeit von Bundesregierung und
Deutschem Bundestag in Angelegenheiten
der Europäischen Union

– zu dem Antrag der Fraktion der SPD

Europa 2020 – Strategie für ein nachhaltiges
Europa
Gleichklang von sozialer, ökologischer und
wirtschaftlicher Entwicklung

– zu dem Antrag der Abgeordneten Manuel

(Bremen)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

EU 2020 – Für ein ökologisches und soziales
Europa

– Drucksachen 17/1758, 17/882, 17/898, 17/2015 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Johann Wadephul
Dr. Eva Högl
Gabriele Molitor
Alexander Ulrich
Manuel Sarrazin

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Alexander Ulrich, Dr. Diether Dehm, Andrej
Konstantin Hunko, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Europa 2020 – Ein nachhaltiges Europa nur
mit tiefgreifenden Reformen

– Drucksache 17/1969 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
erspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so
eschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
erin das Wort der Kollegin Gabriele Molitor von der
DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gabriele Molitor (FDP):
Rede ID: ID1704616100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das erste

albjahr 2010 war von tiefen Erschütterungen geprägt.
ie Schuldenkrise in Griechenland, die Währungskrise





Gabriele Molitor


(A) )


)(B)

der Europäischen Union und die Auswirkungen der glo-
balen Wirtschafts- und Finanzkrise haben unser Denken
und Handeln in den vergangenen Monaten maßgeblich
bestimmt. Die Bürgerinnen und Bürger sind in Sorge.
Sie erwarten nicht nur die richtigen Sofortmaßnahmen,
sondern auch nachhaltige Langzeitstrategien.

Die neue europäische Wachstums- und Beschäfti-
gungsstrategie „Europa 2020“ verfolgt genau diesen
Ansatz. Die Europäische Union zeigt anhand des Kern-
gedankens eines intelligenten, integrativen und nachhal-
tigen Wachstums auf, wie sich Europa in der Welt auf-
stellen soll. Die geforderten Anstrengungen im Bereich
der Wirtschafts-, Forschungs-, Bildungs- und Klimapoli-
tik sind notwendig und richtig.

Vor allem aber muss diese Strategie – das ist mir ganz
besonders wichtig – Rahmenbedingungen für die Schaf-
fung von Arbeitsplätzen setzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Arbeiten zu können, sichert Existenzen und ist der beste
Schutz gegen Armut. Ein Arbeitsplatz finanziert direkt
und indirekt unsere Sozialsysteme. Vor diesem Hinter-
grund ist es richtig, anhand des von der Bundesregierung
mitverhandelten Armutsindikators den Anteil der Perso-
nen zu reduzieren, die in Erwerbslosenhaushalten leben.
Dieses Ziel wird von uns unterstützt. Vorrangig muss es
uns und unseren Partnern darum gehen, Arbeitslose wie-
der in Lohn und Brot zu bringen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das gelingt nur über die Schaffung zusätzlicher Arbeits-
plätze. Dabei muss klar sein, dass ein Sozialstaat, der
Armut bekämpfen will, auch das Prinzip des Forderns
und Förderns berücksichtigen muss.

Umso erschreckender sind die an den Realitäten vor-
beizielenden und rückwärtsgewandten Forderungen der
Opposition. Entgegen der Notwendigkeit, die in Europa
ansässigen kleinen und mittleren Unternehmen zu stär-
ken – sie sind ja das Rückgrat unserer Wirtschaft; denn
sie erwirtschaften unseren Wohlstand und sichern unsere
Zukunft –, werden hier Vorschläge aufgetischt, die jede
Hoffnung auf eine Steigerung der europäischen Wettbe-
werbsfähigkeit zunichtemachen. Mindestlöhne, europäi-
sche Betriebsräte,


(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Europäische Betriebsräte gibt es ja noch nicht!)


überbordende Regularien in Klimafragen schwächen die
Konkurrenzfähigkeit der europäischen Wirtschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Die FDP hat wirklich gar nichts gelernt!)


Dabei können eine Arbeitsplatzverlagerung und eine
Abwanderung von Unternehmen ins Ausland infolge
drangsalierender Regelungen nicht in ihrem Interesse

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(C (D iegen. Vielmehr muss es darum gehen, unsere Position n der Welt zu stärken. An dieser Stelle ist auch zu sagen: Die Versuche der pposition, die richtigen Reformen des deutschen Sozial taates über Europa wieder auszuhebeln und damit die eit zurückzudrehen, sind enttäuschend. Die Versprehungen von sozialen Wohltaten und Forderungen nach iner sozialen Fortschrittsklausel schmälern die Zukunftchancen unserer Wirtschaft und der gesamten Europäichen Union. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie lernen gar nichts dazu!)


leichzeitig wird deutlich, dass die Überfrachtung einer
trategie dazu führt – bei der Lissabon-Strategie ist dies

a passiert –, dass Ziele nicht erreicht werden, weil Prio-
itäten falsch gesetzt wurden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die christlich-liberale Koalition hingegen hat sich in
hrem Antrag klar auf die richtigen Prioritäten geeinigt.
ie Stärkung des Wachstums durch Investitionen in For-

chung, Bildung und Innovation sowie der Ausbau des
eschäftigungsniveaus durch die Verbesserung der Ar-
eitsmobilität und die stärkere Einbindung bislang unter-
epräsentierter Gesellschaftsgruppen sind der Schlüssel
ür ein starkes Europa.

Uns sind die Konsequenzen einer falschen Politik für
ie europäischen Produktions- und Dienstleistungsstand-
rte bewusst. Wir wissen, dass nur wettbewerbsfähige
nternehmen das Niveau unserer sozialen Modelle auf-

echterhalten können. Die richtigen Mittel, um dieses
iel zu erreichen, sind ein weiterer Abbau von Handels-
emmnissen und Zollschranken sowie die stärkere Ver-
etzung des europäischen Binnenmarktes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Für meine Fraktion möchte ich klipp und klar heraus-
tellen: Wir sehen, dass es auch bei uns Armut gibt,


(Zuruf von der SPD: Ansonsten müsste man auch blind sein! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


nd wir setzen alles daran, sie zu beseitigen. Aber wir
ehen einen anderen Weg als die Opposition.

Nach einem aktuellen Bericht von Staatssekretär
intze hat die EU-Kommission bereits eine Übersicht
otwendiger Verbesserungen für Deutschland erstellt,
amit wir die Ziele von Europa 2020 erreichen und die
ntsprechenden Initiativen auf den Weg bringen können.


(Beifall bei der FDP)


berraschenderweise finden sich hier weder Empfehlun-
en für die Einführung von Mindestlöhnen noch der Ruf
ach einem Tunnelblick auf grüne Technologien und
nternehmen. Im Gegenteil, der bisherige Kurs der Bun-
esregierung wird bestätigt. Gefordert werden ein star-
er Fokus auf die Konsolidierung der öffentlichen Haus-





Gabriele Molitor


(A) )


)(B)

halte, die Stärkung des Bildungswesens, die verbesserte
Nutzung von Beschäftigungspotenzialen und die Anre-
gung der Binnenwirtschaft.

Die Entscheidungen der Bundesregierung waren also
nicht nur richtig für das unmittelbare Überstehen der Fi-
nanz- und Wirtschaftskrise, sondern damit wurden auch
noch nachhaltig die Weichen für eine erfolgreiche Zu-
kunft richtig gestellt. Die Vorschläge für ein milliarden-
schweres Sparpaket, die Erhöhung der Ausgaben für Bil-
dung und Forschung um 12 Milliarden Euro bis 2013
sowie die Stärkung des deutschen Binnenmarktes und
der Binnennachfrage durch die Nichterhöhung verschie-
dener Steuersätze sind die richtigen Mittel, um die Zu-
kunft erfolgreich zu gestalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Deutschland ist recht gut aufgestellt. Ich bin mir si-
cher, dass auch der nationale Aktionsplan Deutschlands
die richtigen Prioritäten und Vorschläge beinhalten wird.
An dieser Stelle bin ich sehr zuversichtlich, dass wir mit
der neuen Strategie in die richtige Richtung gehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704616200

Das Wort hat die Kollegin Dr. Eva Högl von der SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1704616300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

bin alles andere als zuversichtlich, dass die Europäische
Union mit dieser Strategie weiterkommt. Ich will auch
gleich dazusagen, dass wir mit diesen alten Ideologien,
mit diesem überkommenen Klein-Klein Europas Zu-
kunft nicht werden gestalten werden können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bei der Strategie „Europa 2020“ geht es nämlich
nicht um eine Petitesse des europäischen Tagesge-
schäfts, sondern es geht um nicht mehr und nicht weni-
ger als um Europas Zukunft. Es geht vor allen Dingen
darum, die Akzeptanz Europas bei den Bürgerinnen und
Bürgern zu stärken. Europa ist in einer Krise, und das
kann man auch nicht beschönigen. Deswegen ist die
Strategie „Europa 2020“ für unsere Demokratie insge-
samt und für die Akzeptanz Europas von großer Wich-
tigkeit.

Ich will hier eines ganz deutlich sagen: Unerträglich
in der Debatte über die Finanzkrise und die Unterstüt-
zung Griechenlands war die schlimme Hetze gegen die
Griechinnen und Griechen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das war aus meiner Sicht ein Tiefpunkt der europapoliti-
schen Debatte. Ich möchte so etwas nie wieder erleben.

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(C (D ch hatte gehofft, dass so etwas im 21. Jahrhundert in uropa nicht mehr möglich ist. Warum sage ich das im Zusammenhang mit der Deatte um Europa 2020, meine Damen und Herren? Weil s bei Europa 2020 – ich habe es gesagt – um die Zuunft Europas geht. Es geht um Solidarität. Es geht um ine gemeinsame Zukunft. Wenn wir hier nicht aufpasen, nicht vorsichtig sind, nicht die richtigen Akzente etzen, sondern uns hinter Klein-Klein und hinter alten deologien verschanzen, verabschieden sich die Menchen von Europa, von entsprechenden Debatten und dait letztlich von unserer Demokratie. Wir können in den iederlanden, wo gestern gewählt wurde, aber auch in nderen Mitgliedstaaten beobachten, dass die Menschen unehmend rechte Populisten wählen – das ist kein schöes Ergebnis –, die Hassparolen verbreiten und gegen estimmte Bevölkerungsgruppen hetzen. Das macht Euopa kaputt. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns bei der Strateie „Europa 2020“ darauf konzentrieren, bei dieser Tenenz gegenzusteuern. Wir müssen mit Europa 2020 Antorten auf die Fragen geben, die die Menschen in nserem Land haben. Hinter dem Anspruch bleibt das, as auf dem Tisch liegt, deutlich zurück. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Strategie – das erschreckt mich und macht mich
esorgt – gibt keine Antwort auf die Finanzkrise. Diese
trategie gibt keine Antwort darauf, wie wir die Finanz-
ärkte regeln und wie wir künftig Krisen vermeiden.
or allem gibt sie keine Antwort auf die drängende
rage, wer die jetzige Krise bezahlt. Was auf dem Tisch

iegt, gibt keine Antwort darauf, wie wir den Klimawan-
el gestalten, stärker in Bildung und Forschung investie-
en, besser Beschäftigung schaffen und sichern sowie
rmut bekämpfen können.

Das Schlimmste ist, meine Damen und Herren: Es ist
icht nur so, dass die vorliegende Strategie, die der Eu-
opäische Rat beschließen wird, dem Anspruch nicht ge-
ügt. Was wir zu kritisieren haben, ist – das sage ich sehr
eutlich –: Die Bundesregierung sagt zu allen Ansätzen
ein und versucht, auch noch ein Minimum an Fort-

chritt und Zukunftsfähigkeit in Europa zu verhindern.
afür trägt die Bundesregierung Verantwortung. Das
ritisiere ich hier sehr deutlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deutschland ist in Europa nicht irgendein Akteur. Es
ird sehr genau darauf geschaut, wie Deutschland

giert. Von uns in Deutschland wird erwartet, dass wir
andeln, dass wir Ideen für Europa formulieren und dass
ir voranschreiten. Daran hat sich die deutsche Europa-
olitik in den letzten Jahrzehnten auch immer orientiert.
eit Übernahme der Regierungsverantwortung durch
chwarz-Gelb stellen wir jedoch fest, dass Deutschland

n Europa isoliert ist, dass die Bundesregierung hand-
ungsunfähig und – vor allen Dingen das ist erschre-
kend – ideenlos ist.





Dr. Eva Högl


(A) )


)(B)

Die Bundeskanzlerin ist in Europa zur neuen Madame
No geworden und hat die unsägliche Rolle von Maggie
Thatcher übernommen. Das ist etwas, worüber wir uns
im Deutschen Bundestag nicht freuen können, denn es
gibt enorme Herausforderungen in Europa, die wir ange-
hen müssen. 23 Millionen Menschen in Europa sind ar-
beitslos. 80 Millionen Menschen sind von Armut und
120 Millionen Menschen von sozialer Ausgrenzung be-
droht. Viele Menschen können von ihrer Arbeit nicht le-
ben, ihre Familien nicht ernähren. Und es gibt immer
noch einen Lohnunterschied von 25 Prozent zwischen
Männern und Frauen. Diese Aufgaben bewältigen wir
nicht national, sondern nur europäisch.


(Beifall bei der SPD)


Deswegen ist es ein Armutszeugnis, wenn die Bun-
desregierung nach wie vor dagegen kämpft, Armutsbe-
kämpfung als gemeinsames Ziel zu verankern. Ich bin
sehr froh, dass die Bundesregierung auf dem Europäi-
schen Rat eine grandiose Niederlage einfahren wird;
denn der Europäische Rat wird nächste Woche Armuts-
bekämpfung als Ziel festlegen. Er wird beschließen, dass
die Zahl der von Armut betroffenen Menschen um
20 Millionen gesenkt werden soll. Das ist eine Nieder-
lage der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat sich
auf diesem Gebiet ein unwürdiges Zahlenspiel mit Indi-
katoren geleistet. Ich werde es begrüßen, wenn der Euro-
päische Rat mit Unterstützung der anderen Mitgliedstaa-
ten ein klares Bekenntnis zur Bekämpfung der Armut in
Europa beschließt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich wünsche mir – die SPD hat das in ihrem Antrag
deutlich gemacht – mehr und nicht weniger Vorgaben
aus Europa, denn wir brauchen in diesem Bereich klare
Vorgaben, damit wir in Europa gemeinsam vorwärts
kommen. Wir brauchen einen sozialen Stabilitätspakt.
Das bedeutet nicht eine Aufweichung unseres Stabili-
täts- und Wachstumspaktes, sondern das ist ein klares Si-
gnal an die Menschen, dass Sparen und Konsolidierung
der Haushalte, so richtig und notwendig das ist, sozial
ausgewogen erfolgen werden. Das wäre ein wichtiges
Signal auf der europäischen Ebene.

Wie man es nicht macht, sehen wir gerade am Bei-
spiel des Sparpakets der Bundesregierung, die eine so-
zial völlig unausgewogene Politik verfolgt, indem sie
nur bei Armen und Schwachen sparen will. Ich wünsche
mir, dass Europa solchen Sparpaketen ein Stoppschild
vorsetzt. Deswegen wünsche ich mir hier nicht weniger,
sondern mehr Europa.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Gabriele Molitor [FDP])


Frau Molitor, mit alten Ideologien kommen wir nicht
weiter. Sie haben gesagt, dass die europäischen Betriebs-
räte völlig unnötig seien. Dazu stelle ich fest: Die euro-
päischen Betriebsräte haben dafür gesorgt, dass Massen-
entlassungen und Streiks verhindert wurden. In den
Unternehmen, in denen es sie gibt, sorgen sie geradezu

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(C (D ür Wettbewerbsfähigkeit. Weiter sorgen sie für soziale tabilität und sind eine Errungenschaft des sozialen Euopas. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)


Wir wollen diesen Weg weitergehen und wünschen
ns, dass auch bei der Strategie „Europa 2020“ mehr
ber die Qualität der Arbeit diskutiert wird. Wir wollen
aire Löhne; zwar keinen einheitlichen Mindestlohn für
anz Europa, aber Löhne, von denen die Menschen sich
nd ihre Familien ernähren können. Wir wollen eine so-
iale Abfederung der Finanzkrise und mehr Gleichstel-
ung von Männern und Frauen.


(Zurufe von der CDU/CSU)


Sie brauchen sich gar nicht so aufzuregen. Das wird
icht nur bei der SPD so formuliert, sondern der Euro-
äische Wirtschafts- und Sozialausschuss, in dem auch
ie Wirtschaftsverbände und Arbeitgebervertreter sitzen,
at genau dies als Kritik an der Lissabon-Strategie geäu-
ert und im Hinblick auf die neue Strategie gefordert,
iese Punkte zu berücksichtigen. Ich denke, da sind wir
n guter Gesellschaft. Wir haben das in unseren Antrag
ufgenommen, und wir haben etwas Gutes vorgelegt.

Aus den Fehlern der Lissabon-Strategie wollen wir
ernen und nicht wieder eine bürokratische Strategie ha-
en, die keiner versteht. Wir wollen die Parlamente ein-
eziehen. All diese Forderungen haben wir als SPD for-
uliert. Es ist mehr als bedauerlich, dass die
undesregierung sich nicht getraut hat, auf der europäi-

chen Ebene klare Akzente zu setzen und gute Vor-
chläge für eine neue Strategie zu machen. Wir sollten
icht so weitermachen, wie wir es bisher getan haben.
ir brauchen neue Akzente und Antworten für die Bür-

erinnen und Bürger. Es wäre gut gewesen, sich zu
rauen, sich mutiger an Europa zu orientieren. Europa
at eine bessere Politik verdient. Die Menschen in Eu-
opa haben eine bessere Politik verdient. Dazu ist die
undesregierung nicht in der Lage. Deswegen ist das,
as jetzt als Strategie „Europa 2020“ vorliegt, keine an-
emessene Antwort auf die Herausforderungen unserer
eit. Das ist sehr bedauerlich.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704616400

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe

ch Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftfüh-
ern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-

ung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses
ür Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
it dem Titel „Kernfusionsforschung kritisch überprü-

en – ITER-Vertrag kündigen“ bekannt: abgegebene
timmen 564. Mit Ja haben gestimmt 311, mit Nein ha-
en gestimmt 132, Enthaltungen 121. Die Beschluss-
mpfehlung ist angenommen.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebenen Stimmen: 564;
davon

ja: 311
nein: 132
enthalten: 121

Ja

CDU/CSU

Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Josef Göppel
Peter Götz

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r. Wolfgang Götzer
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einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
r. Karl-Theodor Freiherr
zu Guttenberg
lav Gutting
lorian Hahn
olger Haibach
r. Stephan Harbarth

ürgen Hardt
r. Matthias Heider
echthild Heil
rsula Heinen-Esser
udolf Henke
ichael Hennrich

ürgen Herrmann
nsgar Heveling
rnst Hinsken
hristian Hirte
obert Hochbaum
arl Holmeier
ranz-Josef Holzenkamp
oachim Hörster
nette Hübinger
homas Jarzombek
ieter Jasper
r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)

r. Egon Jüttner
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
ürgen Klimke
ulia Klöckner
xel Knoerig

ens Koeppen
r. Kristina Schröder
anfred Kolbe
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
homas Kossendey
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange

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r. Max Lehmer
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r. Ursula von der Leyen

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r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
r. Michael Luther
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r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

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r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
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r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

adine Müller (St. Wendel)

r. Philipp Murmann
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
r. Michael Paul
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
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atherina Reiche (Potsdam)

othar Riebsamen
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r. Heinz Riesenhuber

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r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
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lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
r. Andreas Scheuer
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orbert Schindler
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r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
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(Weil am Rhein)


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(A) )

Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Sebastian Körber
Holger Krestel
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


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r. Marlies Volkmer

IE LINKE

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r. Dietmar Bartsch
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hristine Buchholz
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r. Martina Bunge
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r. Diether Dehm
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r. Dagmar Enkelmann
olfgang Gehrcke
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iana Golze
nnette Groth
r. Gregor Gysi
eike Hänsel
r. Rosemarie Hein
ge Höger
r. Barbara Höll
ndrej Konstantin Hunko
lla Jelpke
r. Lukrezia Jochimsen
atja Kipping
arald Koch

an Korte
utta Krellmann
atrin Kunert
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ichael Leutert

tefan Liebich
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orothée Menzner
ornelia Möhring
ornelia Möller
iema Movassat
olfgang Nešković

homas Nord
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ens Petermann
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aul Schäfer (Köln)

ichael Schlecht
r. Herbert Schui
r. Ilja Seifert
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aju Sharma
r. Petra Sitte
ersten Steinke
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r. Axel Troost
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athrin Vogler
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alina Wawzyniak
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atrin Werner

ÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN

erstin Andreae
arieluise Beck (Bremen)

ornelia Behm
irgitt Bender
lexander Bonde
iola von Cramon-Taubadel
kin Deligöz
atja Dörner
ans-Josef Fell
r. Thomas Gambke
ai Gehring
ritta Haßelmann
ettina Herlitzius
infried Hermann

riska Hinz (Herborn)

lrike Höfken
r. Anton Hofreiter
ärbel Höhn

ngrid Hönlinger
hilo Hoppe
we Kekeritz
atja Keul
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ven-Christian Kindler
aria Klein-Schmeink
te Koczy
om Koenigs
ylvia Kotting-Uhl
liver Krischer
gnes Krumwiede
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tephan Kühn
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ndine Kurth (Quedlinburg)

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gnes Malczak

erzy Montag
erstin Müller (Köln)

eate Müller-Gemmeke
r. Konstantin von Notz
mid Nouripour
riedrich Ostendorff
r. Hermann Ott
rigitte Pothmer
abea Rößner
laudia Roth (Augsburg)

rista Sager
anuel Sarrazin

lisabeth Scharfenberg
r. Gerhard Schick
r. Frithjof Schmidt
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r. Wolfgang Strengmann-
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r. Harald Terpe

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(Hildesheim)


(Wackernheim)





(A) )



(Oliver Luksic [FDP]: Genau!)

wenn Sie in der entscheidende
holfen werden musste, nicht z
SPD nicht zugestimmt hat,


(Beifall bei der CDU/C weder, als es darum ging, Grie beim Euro-Rettungspaket? Me Sozialdemokraten in Fragen de nächst einmal die Berechtigun der große Richter oder die Rich Vizepräsident Dr. Herman Herr Kollege Wadephul, da chen? n Stunde, als Europa geur Stelle waren und die SU und der FDP)


chenland zu helfen, noch
ines Erachtens haben die
r Europapolitik jetzt zu-
g verloren, sich hier als
terin aufzuführen.

n Otto Solms:
rf ich Sie kurz unterbre-

H
m
n

(Beifall beim BÜNDNIS und bei der Dr. Johann Wadephul (CD Herr Sarrazin, Schleswig-H elgoland schon einmal ein acht. Deswegen lasse ich mi en gar nicht ein. (Heiterkeit und Beifall be wie bei Abgeordneten der der SPD: Oh!)


Ich will versuchen, zum The


(Axel Schäfer [Bochum] 90/DIE GRÜNEN SPD)


U/CSU):
olstein hat mit der Insel
schlechtes Geschäft ge-
ch auf solche Diskussio-

i der CDU/CSU so-
FDP – Zurufe von

ma ein wenig zu sagen.

[SPD]: Sansibar!)
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich

Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)


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Als nächster Redner hat jetzt das Wort der Kollege
Dr. Johann Wadephul von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1704616500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Von Frau Högl haben wir eine der üblichen Re-
den gehört: Das Wort Europa kam vor, viel Kritik an der
Bundesregierung auch. Allerdings haben Sie, Frau Högl,
zum Thema bedauerlich wenig gesagt. Das müssen jetzt
die nachfolgenden Redner nachholen. Ich hoffe, das
wird uns noch gelingen.

Wenn Sie sagen, dass es Unerträgliches an Kritik ge-
genüber Griechenland gegeben hat, dann mag das der
Fall gewesen sein.


(Dr. Eva Högl [SPD]: „Dann mag das der Fall gewesen sein“? – Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Es ist unglaublich, dass Sie sich nicht distanzieren!)


– Einerseits ist – auch in Deutschland – das eine oder an-
dere geäußert worden, was nicht in Ordnung war; ande-
rerseits gab es ebenso in Griechenland selber die eine
oder andere Äußerung, die auch nicht gerade europaver-
träglich war. Aber wie können Sie, Frau Högl, sich ei-
gentlich hier hinstellen und die große europäische Idee
beschreiben,

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(C (D nton Schaaf xel Schäfer ernd Scheelen arianne Schieder erner Schieder lla Schmidt ilvia Schmidt laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz wald Schurer rank Schwabe r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Heidemarie Wieczorek-Zeul Waltraud Wolff Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Ja. Der Kollege Sarrazin von den Grünen würde gern ine Zwischenfrage stellen. Erlauben Sie das? Ja. Bitte schön, Herr Sarrazin. Herr Kollege, vielen Dank. – Sie haben hier gerade argestellt, dass einiges in Bezug auf den Umgang mit em Land Griechenland nicht in Ordnung gewesen sein ag. Das gilt auch für Kollegen der FDP aus dem inanzausschuss und den Vorsitzenden der CDU-Mitteltandsvereinigung, Herrn Schlarmann. Ich frage Sie das Folgende als patriotischen Schlesig-Holsteiner. Wenn Ihnen jemand gesagt hätte, um das efizit der Großen Koalition bzw. der jetzt existenten egierung in Schleswig-Holstein aufzulösen, möge chleswig-Holstein endlich seine Inseln verkaufen, hät en Sie das als vielleicht nicht in Ordnung empfunden der doch so, dass es gar nicht geht? Dr. Johann Wadephul )


(Schwandorf)


(Wolmirstedt)

Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1704616600
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704616700
Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1704616800
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704616900
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704617000




(A) )

– In der Tat. Ich begrüße, Herr Schäfer, dass Sie in
schleswig-holsteinischer Geschichte so bewandert sind.


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Das ist ein bisschen mehr als schleswig-holsteinische Geschichte!)


– Ja, das stimmt.

Noch einmal zurück zu dem Wortbeitrag der Kollegin
Högl: Die hier angewandte Akrobatik, diese Strategie,
die zehn Jahre gelten soll und die mit den anderen Mit-
gliedstaaten vereinbart werden muss, in einen Zusam-
menhang mit dem Sparpaket zu stellen, halte ich für be-
wundernswert. Daran wird auch deutlich, dass Ihr
Gedankengebilde letzten Endes in sich zusammengefal-
len ist.

Wir müssen an uns den Anspruch stellen, dass wir,
wenn wir hier europäische Verträge oder Strategien be-
werten, sie nicht immer nur an unseren nationalen De-
batten – dazu, ob wir sie für gut halten oder nicht, haben
Opposition und Regierung eine gewisse Rolle einzuneh-
men; das ist ganz klar –, nicht an aktueller Tagespolitik
hier in der Bundesrepublik Deutschland messen sollten.

Wenn Sie sagen, auf europäischer Ebene gebe es
Klein-Klein, dann kann ich Sie nur auffordern, die Ver-
einbarung einer solchen Strategie auf europäischer
Ebene, die mehrere Monate in Anspruch genommen hat
und wobei sich viele Mitgliedstaaten eingebracht haben,
bitte nicht an aktueller Tagespolitik in Deutschland, die
Sie in anderen Debatten zu Recht kritisieren mögen, zu
messen, sondern daran, was gemeinsam erreicht worden
ist. Wir sollten in dieser Phase, in der Europa Unterstüt-
zung braucht, nicht den Fehler machen, das, was man
gemeinsam erreicht hat und was durchaus gut ist, hier zu
zerreden. Deswegen kann ich Sie nur auffordern, an ei-
nem konstruktiven Diskussionsprozess mitzuwirken,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokrati-
schen Partei.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Eva Högl [SPD]: Sie haben doch zu allem Nein gesagt! – Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Ich sage nur Armutsbekämpfung!)


Meines Erachtens ist hiermit in der Tat ein ganz be-
merkenswerter Wurf gelungen, weil man tatsächlich
– Sie haben das ja auch angemahnt – einige Lehren aus
der Lissabon-Strategie gezogen hat: Wir konzentrieren
uns auf wenige erreichbare Ziele und kontrollieren dies
auch hinterher miteinander. Wir müssen unter dem Ein-
druck der Rettungspakete, die in der letzten Zeit ge-
schnürt wurden, eine Diskussion über folgende Fragen
führen: In welchem Umfang sind wir bereit, eine ent-
sprechende Kompetenz auf europäischer Ebene – wo
auch immer und wie auch immer sie angesiedelt wird –
zuzulassen? Ob das nach dem jetzigen Vertragsrecht
möglich ist oder ob wir eine Erweiterung brauchen, da-
rüber muss diskutiert werden. Lassen wir zu, dass es eine
Kontrolle der Stabilität und auch eine Kontrolle der
Haushalte gibt, und auf welche Art und Weise? Lassen
wir auch eine Kontrolle zu, in deren Rahmen überprüft
wird, ob das, was vor dem Hintergrund der Wachstums-

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(C (D trategie zu machen ist, auch umgesetzt wird, ob eine eschäftigungspolitik umgesetzt wird, die die 20bis 4-Jährigen nachhaltiger in Beschäftigung bringt, die zu iner Steigerung der Bildungsund Forschungsausgaben ührt, was die Kanzlerin in Deutschland dankenswertereise angeregt hat und was letzten Endes der erfolgver prechende Weg ist? Wir brauchen in diesem Sinne ein tärkeres Europa. Ich möchte für meine Fraktion ausrücklich sagen: In diese Diskussion wollen wir einsteien. Wir wollen Europa mehr Möglichkeiten als in der ergangenheit geben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


An dieser Stelle eine Bemerkung zur Armutsbekämp-
ung. Wir alle sind uns einig, dass Armutsbekämpfung
otwendig ist und jeder diese Verpflichtung hat. Diese
ann man geistesgeschichtlich unterschiedlich herleiten.
ür uns ist es eine christliche Verpflichtung der Nächs-

enliebe,


(Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Ach, was ist dann mit dem Sparpaket?)


ass man sich um Arme kümmert und ihnen hilft. Die
iefere Begründung für unsere Sozialpolitik ergibt sich
us der Christlichen Soziallehre.

Nur, die Frage, die wir uns gestellt haben, ist doch:
elches sind die richtigen Indikatoren? Wie messen wir
rmut? Wenn es hier Niederlagen gibt, dann in der
ommission. Sie wird in der nächsten Woche eine Nie-
erlage einfahren, da sie mit ihrem Ziel, die Armutsrisi-
oquote als alleinigen Indikator heranzuziehen, schei-
ern wird. Wir wollen keine Niederlage der Kommission;
as ist nicht unser Ziel. Wir wollen sie stärken. Nur, die
ommission muss sich auch intelligent verhalten. An
ieser Stelle hat die Kommission hinzuzulernen. Es ist
ut und richtig, dass andere Indikatoren hinzugezogen
erden können. Die Langzeitarbeitslosigkeit als Krite-

ium hat – das ist schon in der Ausschusssitzung gesagt
orden – bereits Rot-Grün 2000 im Rahmen der Lissa-
on-Strategie für richtig gehalten. Das greifen wir auf;
ollege Stübgen hat schon in der Ausschusssitzung
arauf hingewiesen. Was damals richtig war, ist heute
icht falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Letzten Endes muss die Kompetenzordnung gewahrt
erden. Ich glaube, dass wir bei der Umsetzung einer
achstums- und Beschäftigungsstrategie intelligente

ösungen in allen Mitgliedstaaten brauchen, die dort mit
en jeweils akzeptablen nationalen Lösungen umzuset-
en sind.

Deswegen möchte ich abschließend sagen: Der Subsi-
iaritäts- und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen
ewahrt werden. Wir können aber guter Dinge sein, dass
ie Bundeskanzlerin in der nächsten Woche eine gute
trategie verabreden wird. Wir alle sind aufgefordert,
afür zu sorgen, dass sie umgesetzt wird und das er-
eicht, was sie in ihrer Überschrift aussagt: mehr Wachs-
um, mehr Beschäftigung in Europa.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.





Dr. Johann Wadephul


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704617100

Das Wort hat der Kollege Alexander Ulrich von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704617200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Strategie „Europa 2020“ ist die Fortsetzung der geschei-
terten Lissabon-Strategie. Die Beratungen in den letzten
Wochen und Monaten haben gezeigt: Die Bundesregie-
rung und die sie tragenden Fraktionen sind nicht in der
Lage und nicht gewillt, einen Erkenntnisgewinn aus dem
Scheitern der Lissabon-Strategie zu ziehen. Denn was
war die Lissabon-Strategie? Das war die Flexibilisierung
der Arbeitsmärkte, mehr prekäre Beschäftigung, Privati-
sierung und Deregulierung. Das, was wir zurzeit auf den
Finanzmärkten sehen, war schon Inhalt der Lissabon-
Strategie. Jetzt will man diese gescheiterte Politik fort-
setzen. Es ist deshalb klar, dass die Ziele, die schon mit
der Lissabon-Strategie nicht erreicht worden sind, auch
mit der Strategie „Europa 2020“ nicht erreicht werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Schon anlässlich der letzten Beratung habe ich gesagt,
dass diese Debatte an den Menschen vorbeigeht. Wäh-
rend Europa in der tiefsten Krise steckt, das europäische
Haus lichterloh brennt und man nicht weiß, wann das
nächste Rettungspaket durch den Bundestag gepeitscht
werden muss, wird eine Strategie für die nächsten zehn
Jahre dargelegt. Dabei weiß noch nicht einmal die Bun-
deskanzlerin, ob Europa in dieser Art und Weise noch
ein Jahr besteht. Wenn die Bundesregierung so weiter-
macht, zeigt sie, dass sie zutiefst antieuropäisch handelt.


(Gabriele Molitor [FDP]: Was sind denn Ihre Vorschläge?)


Das schreiben mittlerweile schon Medien, die nicht un-
bedingt zu uns gehören.


(Beifall bei der LINKEN – Gabriele Molitor [FDP]: Immer nur destruktiv!)


Unsere Fraktion hat gesagt, wir müssen jetzt Krisen-
bewältigung betreiben. Das heißt, wir brauchen endlich
eine Regulierung der Finanzmärkte. Wenn uns das nicht
gelingt, sind alle anderen Ziele nicht erreichbar. Deshalb
haben wir gesagt, wir setzen diese Strategiedebatte aus,


(Gabriele Molitor [FDP]: Vogel-Strauß-Mentalität!)


um erst einmal das zu diskutieren, was notwendig ist.
Man sieht ja, dass die Bundesregierung auch nach zwei
Jahren Finanzkrise nicht bereit ist, zu europäischen Lö-
sungen zu kommen. Wir müssen uns dann Gedanken
machen, wie Europa in kleineren Schritten, im Prinzip
über einen Zeitraum von drei, vier Jahren, gestaltet wer-
den kann. Wir sagen es noch einmal: Europa kann nur
sozial gestaltet werden, sonst wird Europa nicht gelin-
gen.

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(C (D Sie von der FDP stellen sich hierhin – deshalb ist uch jede Debatte sinnvoll und notwendig – und sagen, uropäische Betriebsräte würden sozusagen das Wirtchaftswachstum gefährden. Hätten wir keine Betriebsäte, hätten wir keine starken Gewerkschaften, hätten wir underttausende, wahrscheinlich sogar Millionen mehr rbeitslose. Das ist nicht nur ein deutsches Phänomen das müssen Sie auch einmal anerkennen –, sondern ein uropäisches Phänomen. (Gabriele Molitor [FDP]: Wer schafft denn die Arbeitsplätze! – Harald Leibrecht [FDP]: Seit wann schaffen Gewerkschaften Arbeitsplätze? Nur für sich selber!)


eshalb müssen wir gerade die Betriebsräte und die Ge-
erkschaften stärken, möglicherweise auch durch eine
trategiedebatte.


(Beifall bei der LINKEN)


Dass die FDP, die sich hier hingestellt und vorge-
chlagen hat, wir sollten Griechenland nicht helfen, die
ollten erst einmal ihre Inseln verkaufen, ihre antieuro-
äische Politik fortsetzt, zeigte sich gestern auch bei
pel.


(Widerspruch bei der FDP)


uropäische Länder wollen Opel helfen, aber die deut-
che Bundesregierung stellt sich hin und sagt: Wir ma-
hen gar nichts.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der FDP: Quatsch!)


iese Bundesregierung will maroden Banken und der
inanzwelt helfen, aber dort, wo europäische Solidarität
efragt wäre, macht sie nichts. Die anderen Länder mit
M-Standorten haben ihre Unterstützung zugesagt.
ber FDP und CDU haben Nein gesagt.


(Harald Leibrecht [FDP]: Weil wir auch an den Steuerzahler denken, was Sie nicht tun und nie getan haben!)


ie sind mal wieder auf einem antieuropäischen Weg.


(Beifall bei der LINKEN – Gabriele Molitor [FDP]: Der hat nichts verstanden!)


Mein Vorredner von der CDU hat gesagt, wir würden
ns hier im Klein-Klein verlieren. Es war Franz
üntefering – ich erwähne es noch einmal –, der die
genda 2010 und Hartz IV zu Maßnahmen im Rahmen
er nationalen Umsetzung der Lissabon-Strategie erklärt
at. Ich bin mir relativ sicher, dass diese Bundesregie-
ung das Sparpaket aus dieser Woche auch wieder zu ei-
er Maßnahme im Rahmen der nationalen Umsetzung
er Europa-2020-Strategie erklären will. Deshalb ist es
uch nicht zufällig, dass man sich nicht auf Ziele bei der
rmutsbekämpfung einlässt. Denn wer eine Strategie

ährt, wo den Ärmsten der Armen noch einmal etwas
ekürzt wird, kann sich auf europäischer Ebene natürlich
icht hinstellen und sagen, wir wollen Armut bekämp-
en. Das, was diese Woche von der Bundesregierung be-
chlossen worden ist, wird auch in Deutschland zu mehr
rmut führen.


(Beifall bei der LINKEN)






Alexander Ulrich


(A) )


)(B)

Damit komme ich zum Schluss. Wir brauchen mehr
Regulierung; wir brauchen mehr Beteiligung in der Fi-
nanzwelt; wir brauchen europäische Mindestlöhne; wir
brauchen europäische Betriebsräte; wir brauchen stär-
kere Gewerkschaften, und wir brauchen – auch wenn die
Beträge verändert werden – endlich eine soziale Fort-
schrittsklausel. Denn Europa kann nur sozial gelingen,
oder Sie fahren es an die Wand – wenn es nicht schon so
weit ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704617300

Das Wort hat jetzt der Kollege Manuel Sarrazin vom

Bündnis 90/Die Grünen.


Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704617400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte auch noch etwas zu zwei Streitthemen hier
sagen.

Das Erste betrifft die Betriebsräte. Ich glaube, dass
eine Stärkung der europäischen Betriebsräte sehr im In-
teresse der Politik ist. Wir merken an vielen Stellen, dass
in europäischen und internationalen Zusammenhängen
die Politik als natürlicher Gegenspieler zu wirtschaftlich
international agierenden Konzernen gesehen wird. Oft-
mals werden dort von uns auch Sachen erwartet, die wir
nicht leisten können. Ich denke, an dieser Stelle die Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken, sie dabei
zu unterstützen, international zusammenarbeiten zu kön-
nen, und ihnen mehr Rechte zu geben, liegt auch im In-
teresse von uns selbst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das Zweite ist die Frage, inwieweit Ihr Sparpaket
dazu fähig wäre, Teil der Umsetzung der EU-2020-Stra-
tegie zu sein. Dazu muss ich Ihnen leider sagen: Solche
Luftnummern ziehen nicht, zumindest nicht, wenn Sie
wirklich die Surveillance, die Überwachung der Kom-
mission verstärken wollen. Sie trauen sich nicht wirk-
lich, zu agieren, Sie trauen sich nicht an die Strukturen
ran. Wer so tut, als hätte die Brennelementesteuer, die
nämlich die Verlängerung der Atomlaufzeiten beinhalten
soll, etwas mit Green Growth zu tun, der hat gar nichts
verstanden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, wenn Sie sich wirklich
von der aktiven Arbeitsmarktpolitik verabschieden wol-
len, dann verabschieden Sie sich von dem German Mi-
racle, auf das Sie in Ihren Reden immer so stolz sind.
Deshalb: Tun Sie nicht so, als hätte das irgendetwas mit
der Europa-2020-Strategie zu tun. Die Strategie ist nicht
so ambitioniert, wie sie sein sollte, aber Ihnen ist sie im-
mer noch um Längen voraus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Ich finde, Sie sollten endlich einmal Butter bei die Fiche tun. Machen Sie endlich etwas, damit wir aus dieser rise herauskommen. Dafür erwarte ich von Ihnen, dass ie beispielsweise den Punkt „Abbau von Ungleichgeichten“, der in der Strategie sehr betont wird, ernst ehmen und uns hier vorstellen, wie Sie dazu beitragen ollen, dass die Ungleichgewichte zwischen den natioalen Wirtschaftsräumen innerhalb des europäischen innenmarktes tatsächlich abgebaut werden können. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie zu den Themen der irtschaftlichen Koordinierung und der Governancetrukturen endlich proaktive Vorschläge machen, dass ie zeigen, wie man mit einem Green New Deal tatsäch ich für nachhaltiges Wachstum, für einen sparsamen mgang mit Ressourcen und für Innovationen sorgen ann. Nur mit solch einer Innovationsstrategie werden ir etwas schaffen. Dass Sie sich noch immer weigern, das Ziel der Senung der CO2-Emissionen um 30 Prozent in die EU020-Strategie aufzunehmen, zeigt, dass Sie nicht vertanden haben, wo die Zukunft der Europäischen Union atsächlich liegen muss. Da muss ich sagen: Rechnen Sie infach einmal die Folgekosten ein! Dann könnte man uch als Süddeutscher mit einem guten Taschenrechner erechnen, dass sich das spätestens 2020 für alle Menchen lohnen würde. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Högl hat ausgeführt, dass Sie beim Ziel der Ar-
utsreduzierung eine Niederlage einstecken mussten.
ir freuen uns, dass Sie diese Niederlage hinnehmen
ussten. Auch beim Bildungsziel mussten Sie zum Teil

inknicken. Wir erwarten, dass hier tatsächlich Maßnah-
en ergriffen werden, um den europäischen Ansprüchen
enüge zu tun.

Ich möchte in die Metaphase einsteigen. Eines ist
ichtig: Ihre Interessenpolitik in der Europäischen
nion ist nicht zielgenau genug, um die deutschen Inte-

essen tatsächlich gut einzubringen. Auch ich halte es für
otwendig, an bestimmten Stellen darüber zu diskutie-
en, wie man beispielsweise den Stabilitätspakt ergänzen
ann, Stichwort: Leistungsbilanzdefizite als Kriterium.
ch weiß aber auch, dass ich zunächst einmal sagen
uss, welche Änderungen ich vornehmen möchte, die

onkret möglich sind. Da muss ich der Bundesregierung
orhalten: Es ist nicht so, dass sie nicht wüsste, was zum
eil konkret verändert werden könnte, aber sie betreibt

mmer noch nationale Nabelschau, indem sie sich in der
ffentlichkeit nur auf Vertragsänderungen fokussiert. So

unktioniert das nicht.

Früher hieß es: Deutschland ist in Europa der Motor.
rüher waren wir das Schmiermittel der europäischen
ntegration und haben mit Frankreich ein Tandem gebil-
et. Schwarz-Gelb ist im Jahr 2010 bei der Strategie
Europa 2020“ nicht einmal ein Schlafwagen nach Brüs-
el. Sie sind im Moment höchstens eine Handdraisine
uf dem Abstellgleis.

Vielen Dank.





Manuel Sarrazin


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704617500

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

nun das Wort der Kollege Thomas Silberhorn von der
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1704617600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich darf uns das Thema unserer heutigen De-
batte in Erinnerung rufen. Wir reden über eine Strategie
für Wachstum und Beschäftigung in Europa. Wir reden
nicht über eine Strategie zur Regulierung, Bevormun-
dung oder Planwirtschaft.

Wenn wir uns die wirtschaftliche Entwicklung der
letzten Jahre vor Augen führen, dann müssen wir fest-
halten, dass wir gerade in Deutschland eine ausgespro-
chen stabile Volkswirtschaft haben. Wir hatten im Früh-
jahr 2006 nach wenigen Monaten Großer Koalition – ich
kann mich sehr gut erinnern – über 5 Millionen Arbeits-
lose in Deutschland. Wir haben jetzt – nach den letzten
Zahlen – gerade einmal 3,25 Millionen Arbeitslose in
Deutschland. Dazwischen liegt die größte Wirtschafts-
und Finanzkrise, die nicht nur Deutschland, sondern die
ganze Welt seit 1929 gesehen hat. Wir haben im letzten
Jahr einen Rückgang der wirtschaftlichen Entwicklung
um 5 Prozent verkraften müssen. Trotzdem stehen wir
ausgesprochen stabil da. Insofern sind wir Schrittmacher
in der Europäischen Union und ein Motor für diese Stra-
tegie für Wachstum und Beschäftigung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der letzte Europäische Rat hat die Ausgestaltung von
zwei Kernzielen dieser Strategie EU 2020 bewusst of-
fengelassen: Armutsbekämpfung und Bildung. Hier geht
es um zentrale Anliegen sowohl des Deutschen Bundes-
tages als auch des Bundesrates. Die Bundesregierung hat
diese Anliegen dankenswerterweise in den Verhandlun-
gen aufgegriffen. Es ist notwendig, dass sich die Euro-
päische Union mit ihren Strategien im Rahmen der gel-
tenden Kompetenzordnung bewegt. Ich freue mich, dass
der derzeitige Verhandlungsstand Anlass zu der Hoff-
nung gibt, dass es zu einer Einigung kommt, die diesen
Anforderungen genügt.

Wir haben zum Ziel der Armutsbekämpfung immer
gesagt, dass wir es politisch unterstützen. Aber es gibt
nun einmal keinen wirklich geeigneten und vor allem
verlässlichen Indikator, um Armut zu messen. Wenn
man gleichwohl das Ziel der Armutsbekämpfung in
solch eine Strategie aufnimmt, muss deutlich festgehal-
ten werden: Erwerbsarbeit ist immer noch die beste Ver-
sicherung gegen Armut.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Wir brauchen aber einen Mindestlohn!)


Deshalb ist es richtig und wichtig, dass das Hauptaugen-
merk im Rahmen der Strategie EU 2020 auf wirtschaftli-

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(C (D hes Wachstum und auf Arbeitsplätze gelegt wird. Das st der Weg, auf dem das Armutsniveau sinkt. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission fand ei den Mitgliedstaaten zu Recht keine Mehrheit. Der eschäftigungsrat hat diese Woche den Indikatorenkata og vorgeschlagen und sich darauf verständigt, als Oberiel bis zum Jahr 2020 mindestens 20 Millionen enschen aus Armut und sozialer Ausgrenzung heraus uführen. Ich unterstütze diese Zielsetzung durchaus. enn allerdings gleichzeitig die Zahl der Menschen, die an als potenziell armutsgefährdet bezeichnet, von 0 auf 120 Millionen erhöht wird, dann rate ich zur Zuückhaltung. Wir sind gerne bereit, großzügig zu sein, wenn das ur Gesichtswahrung der Kommission beiträgt. Wenn an aber mehr als 20 Prozent der gesamten Bevölke ung in der Europäischen Union als potenziell armutsgeährdet bezeichnet, dann mag das zwar helfen, die geetzten Ziele im Rahmen der Armutsbekämpfung eichter zu erreichen; es bleibt aber wenig überzeugend. ir sollten diese Strategie daher nicht zu hoch halten nd die Bürger nicht für blöd. Die vorgesehene Halbzeitüberprüfung 2015 wird man icher dazu nutzen können, notwendige Anpassungen er Indikatoren und in der Umsetzung vorzunehmen. In Bezug auf Bildung sind wir uns sicher einig: Sie ist ine Schlüsselqualifikation und eine Voraussetzung für ettbewerbsfähigkeit. Wenn man das so betrachtet, ann muss Wettbewerb auch im Bildungswesen selbst öglich sein. In Deutschland ermöglichen wir das da urch, dass die Länder für die Bildungspolitik zuständig ind. Der Föderalismus sichert den Wettbewerb unterchiedlicher bildungspolitischer Vorstellungen. Desween ist es wichtig, dass es auf europäischer Ebene nicht u einer verbindlichen Überwachung von bildungspolitichen Zielen durch die Europäische Union kommt. Es freut mich, dass dieses Anliegen im Bildungsrat uf breite Zustimmung gestoßen ist. Die Minister haben ich dafür ausgesprochen, dass die Kompetenz der Mitliedstaaten bezüglich der Setzung und der Umsetzung on quantitativen nationalen Zielen in vollem Umfang rhalten bleibt. Auch der Vertreter der Bundesregierung at im Rat nochmals erklärt, dass Empfehlungen des Raes und Verwarnungen der Kommission an die Mitgliedtaaten keine Anwendung auf Bildungsziele finden solen. Diese Klarstellung trägt unserer innerstaatlichen ompetenzverteilung in Deutschland Rechnung. Ich berüße es, dass die Bundesregierung dieses Anliegen och vor dem 17. Juni auch beim neuen Präsidenten des uropäischen Rates zur Sprache bringen will. Die Umsetzung der Strategie EU 2020 wird erfordern, ass nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die undesländer und die Kommunen mit einbezogen weren. Denn für die Umsetzung von Politik sind nicht nur n Deutschland vor allem die Regionen zuständig. Zwei rittel aller Rechtsakte der Europäischen Union werden ederführend von regionalen oder lokalen Gebietskörerschaften umgesetzt. Sie sind auch der Garant für bür Thomas Silberhorn )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

gernahes Handeln. Deshalb muss uns klar sein, dass die
Regionen und Kommunen eng in die Strategie EU 2020
einbezogen werden müssen, wenn ihre Umsetzung er-
folgreich sein soll.

Ich freue mich, dass dies in unserem eigenen Antrag
der Koalitionsfraktionen auch zum Ausdruck gekommen
ist. Der Ausschuss der Regionen hat noch einmal darauf
hingewiesen und selbst die Kommission hat ausgeführt,
dass die Strategie EU 2020 von allen nationalen, regio-
nalen und kommunalen Behörden umgesetzt werden
sollte. Es wäre nett gewesen, wenn das auch in den An-
trägen der Opposition Ausdruck gefunden hätte.

Eine allerletzte Bemerkung: Die Prioritäten, die wir
jetzt in dieser Strategie setzen, müssen sich natürlich
auch im Haushalt der Europäischen Union niederschla-
gen. Dort aber gilt: Wenn wir in allen Mitgliedstaaten
konsolidieren, dann muss die Europäische Union das
auch tun. Auch an dieser Stelle braucht es Kohärenz. Wir
können nicht auf europäischer Ebene Wein trinken und
den Mitgliedstaaten Wasser predigen. Wir müssen un-
sere Haushalte auf allen Ebenen sanieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704617700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für die Angelegenheiten der Europäischen
Union auf Drucksache 17/2015.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/1758 mit
dem Titel „Europa 2020 – Die Wachstums- und Beschäf-
tigungsstrategie der Europäischen Union braucht realis-
tische und verbindliche Ziele, hier: Stellungnahme des
Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusam-
menarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bun-
destag in Angelegenheiten der Europäischen Union“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenom-
men.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksa-
che 17/882 mit dem Titel „Europa 2020 – Strategie für
ein nachhaltiges Europa – Gleichklang von sozialer,
ökologischer und wirtschaftlicher Entwicklung“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen-
stimmen der SPD-Fraktion und Enthaltung der Fraktio-
nen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenom-
men.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchsta-
be c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-

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(C (D ache 17/898 mit dem Titel „EU 2020 – Für ein ökologiches und soziales Europa“. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den timmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der PD-Fraktion und der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 9 b. Abstimmung über den Anrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1969 mit em Titel „Europa 2020 – Ein nachhaltiges Europa nur it tiefgreifenden Reformen“. Wer stimmt für diesen ntrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der An rag ist abgelehnt bei Zustimmung der Fraktion Die inke gegen die Stimmen der Koalitionsfraktionen und er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der PD-Fraktion. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf: a)

Kramme, Gabriele Lösekrug-Möller, Iris Gleicke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Langfristige Perspektive statt sachgrundlose
Befristung

– Drucksache 17/1769 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jutta
Krellmann, Klaus Ernst, Herbert Behrens, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Befristung von Arbeitsverhältnissen eindäm-
men

– Drucksache 17/1968 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
erspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
o beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
erin das Wort der Kollegin Anette Kramme von der
PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1704617800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
anche Tage im Leben sind richtig schön. Ich möchte

iese Gelegenheit nutzen, erst einmal „Emmely“ ganz
erzlich zu ihrem Prozesserfolg zu gratulieren.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich habe gewettet, dass Sie damit anfangen!)






Anette Kramme


(A) )


)(B)

Das Bundesarbeitsgericht scheint im Rahmen seiner
Rechtsprechung geblieben zu sein, aber es hat viele
wichtige Wertungen vorgenommen. Bei der erforderli-
chen Interessenabwägung im Rahmen einer fristlosen
Kündigung hat es festgestellt: Erstens. Der Schaden ist
niedrig gewesen. Zweitens. Das Arbeitsverhältnis ist
langjährig unbeanstandet gewesen. Drittens. Es muss da-
von ausgegangen werden, dass das zerstörte Vertrauens-
verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin
wiederhergestellt werden kann.

Ich bin mir sicher, dass aufgrund dieser Rechtspre-
chung viele Untergerichte mutiger werden. Ich bin mir
sicher, dass nun auch viele andere Arbeitnehmer und Ar-
beitnehmerinnen mit ihren Prozessen Erfolg haben wer-
den. Trotzdem sollten Sie, meine Damen und Herren von
der Koalition, unserem Gesetzentwurf zustimmen.


(Beifall bei der SPD)


Der Gegenstand unserer heutigen Diskussion ist ein
anderer, aber ein genauso wichtiger. Wir alle haben der
Presse und den Studien viele Zahlen zu befristeten Ar-
beitsplätzen entnommen. Die Zahlen sind wirklich be-
ängstigend: 50 Prozent aller Neueinstellungen erfolgen
befristet; insgesamt sind 9 Prozent aller Arbeitsverhält-
nisse befristet; die Zahlen sind in den letzten Jahren mas-
siv angestiegen; nur 27 Prozent aller befristet Beschäf-
tigten werden anschließend in ein Arbeitsverhältnis
übernommen, und nur 2,5 Prozent aller Befristungen er-
folgen aufgrund eines entsprechenden Wunsches des Ar-
beitnehmers oder der Arbeitnehmerin.

Das Handlungserfordernis ergibt sich für den Gesetz-
geber aufgrund von zwei Gesichtspunkten:

Erstens. Wer befristet beschäftigt ist, macht sich spä-
testens dann Sorgen um seine Zukunft, wenn das Ende
der Befristung naht. Ein wenig scherzhaft mag ich da sa-
gen: Wir Abgeordnete müssten da an sich gut mitfühlen
können, da auch wir immer befristete Verträge mit der
deutschen Bevölkerung haben. Ich gebe allerdings zu,
dass unsere Situation mit Sicherheit viel einfacher, zu-
mindest komfortabler ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie machen auch befristete Verträge mit Ihren Mitarbeitern! Ausschließlich! Schämen Sie sich!)


Wer befristet beschäftigt ist, macht sich nicht nur Sor-
gen, sondern hat auch tatsächliche, objektive Probleme:
Wie viel schwieriger ist es, eine Entscheidung zugunsten
von Kindern zu treffen? Wie viel schwieriger ist es, ei-
nen Bankkredit zu bekommen, um ein Auto anzuschaf-
fen oder eine Eigentumswohnung zu kaufen? Wie viel
schwieriger ist es, eine Weiterbildung oder eine Fortbil-
dung vom Arbeitgeber zu bekommen? Wie viel schwie-
riger ist es, seine Rechte am Arbeitsplatz durchzusetzen,
Betriebsratsmitglied zu werden oder gar bekennendes
Gewerkschaftsmitglied zu sein?

Zweitens. Die befristeten Arbeitsverhältnisse sind
aber nicht nur individuell problematisch, sondern schaf-
fen sehr wohl auch volkswirtschaftliche Probleme für
diese Gesellschaft. Der Niedriglohnsektor hat sich in den
letzten Jahren sehr besorgniserregend entwickelt. Wir

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(C (D issen, dass 23 Prozent aller Arbeitnehmer und Arbeitehmerinnen weniger als 8,50 Euro brutto in der Stunde erdienen. Befristet Beschäftigte gehören häufig zu den iedrigverdienern. Es ist so, dass befristet Beschäftigte reimal häufiger unter den Niedrigverdienern zu finden ind als Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einem ogenannten Normalarbeitsverhältnis. Niedriglöhne sind nicht nur moralisch verwerflich, ondern sie gefährden auch die Funktionsfähigkeit des ozialstaates: Wer wenig verdient, muss im Fall der rbeitslosigkeit häufig sofort ergänzend Arbeitsloseneld II beziehen; wer wenig verdient, zahlt nicht kosteneckende Beiträge in die gesetzliche Krankenversicheung ein, und wer wenig verdient, muss im Alter – zuünftig wird das immer häufiger der Fall sein – die rundsicherung in Anspruch nehmen. Gegen den Niedriglohnsektor helfen Mindestlöhne, ber Mindestlöhne sind nicht ausreichend. Wir müssen uch gegen jede Form von prekärer Beschäftigung vorehen. Dazu gehört auch die Streichung jeglicher sachrundloser Befristung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


iele Jahre ist immer wieder gesagt worden, befristete
rbeitsverhältnisse würden die Einstellungspraxis von
nternehmen fördern. Aber auch die Hoffnung auf diese
irkung am Arbeitsmarkt hat sich zerschlagen und ist

urch Studien widerlegt worden. Darüber hinaus gibt es
das müssen wir feststellen, wenn wir ehrlich miteinan-
er umgehen – bereits hinreichend Flexibilität für Unter-
ehmen: Wer einstellt, braucht den Kündigungsschutz
ür Arbeitnehmer innerhalb der ersten sechs Monate
icht zu fürchten; der Unternehmer, der einen Sachgrund
ür eine Befristung hat, kann sogar für längere Zeit
efristet einstellen, und selbstverständlich ist auch die
instellung von Leiharbeitnehmern möglich. Allerdings
uss auch auf diesem Gebiet der Gesetzgeber tätig wer-

en.

Wir wollen die sachgrundlose Befristung abschaffen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Warum haben Sie sie denn eingeführt und ausgebaut?)


ie ist eine persönlich unzumutbare und arbeitsrechtlich
nnötige, einseitige Schlechterstellung der Arbeitneh-
er und Arbeitnehmerinnen. Die Abschaffung sach-

rundloser Befristungen wäre ein weiterer Etappensieg
m Rennen um Arbeitnehmerrechte und charmanter-
eise ohne jegliche finanzielle Auswirkung auf den
taatshaushalt.

Leider, meine Damen und Herren von der Union,
ollen Sie wie bei Ihrem Sparpaket wieder alles bei Ar-
eitnehmern und Arbeitnehmerinnen abladen. Beim
parpaket haben Sie eine komplette Zusammenstrei-
hung der aktiven Arbeitsmarktpolitik geplant. Arbeits-
arktpolitik ist aber Chancenpolitik. Arbeitsmarktpoli-

ik ist Bildungspolitik für ganz normale Menschen in
anz normalen Jobs. Beim Sparpaket werden Eltern im
artz-IV-Bezug zu Eltern zweiter Klasse herabgesetzt





Anette Kramme


(A) )


)(B)

und die Rentenansprüche der Ärmsten nochmals ge-
kürzt.

Im Arbeitsrecht beobachten wir eine Deregulierung.
Offiziell trauen Sie sich nicht an den Kündigungsschutz
heran. Inoffiziell machen Sie in diesem Bereich sehr
viel.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Einmal langsam! Wer hat denn die befristete Beschäftigung ausgeweitet? Das war doch Rot-Grün! Meinen Sie, wir können uns nicht mehr daran erinnern?)


Kettenbefristungen sollen wieder möglich werden. Da-
mit wird der Kündigungsschutz umgangen. Die Fraktion
der CDU/CSU hat ja schon angekündigt, dass man an
die Kündigungsfristen herangehen und das EuGH-Urteil
nicht einfach so akzeptieren will. Letztlich will man
auch an dieser Stelle den Kündigungsschutz verschlech-
tern.

Meine Damen und Herren der Koalition, Helmut
Schmidt hat einmal gesagt: „Die Dummheit von Regie-
rungen sollte niemals unterschätzt werden.“ Dieser
Spruch scheint auf Schwarz-Gelb geradezu gewartet zu
haben. Die Menschen in diesem Lande werden Ihre Poli-
tik der sozialen Ungerechtigkeit nicht akzeptieren. Des-
halb sage ich: Machen Sie mit, und unterstützen Sie un-
seren Antrag.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704617900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Gitta Connemann von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1704618000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ge-

schätzte Frau Kollegin Kramme, Sie haben vollkommen
recht: Ja, heute ist ein schöner Tag, nicht nur, weil die
Sonne scheint, nicht nur, weil eine christlich-liberale
Koalition dieses Land regiert, sondern auch, weil das
Bundesarbeitsgericht bestätigt hat, dass wir ihm ver-
trauen können. Das BAG hat in einem Fall wie
„Emmely“ nach sorgfältiger Abwägung eine Einzelfall-
entscheidung getroffen. Genau das haben wir Ihrem Ge-
setzentwurf zum Schutz gegen Kündigungen aufgrund
von Bagatelldelikten entgegengesetzt. Ihr Gesetzentwurf
ist durch die Entscheidung des BAG heute unbegründet
geworden. Ziehen Sie ihn zurück wie Ihren Antrag, den
Sie heute vorlegen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ihr Antrag trägt die Überschrift „Langfristige Per-
spektive statt sachgrundloser Befristung“. Deshalb ver-
weise ich auf einen Satz, der sich über viele Jahre hin-
weg bewährt hat: „Lieber befristete Arbeit als unbefristet
arbeitslos.“

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(C (D orbert Blüm prägte diesen Satz 1984 bei der Debatte ber das sogenannte Beschäftigungsförderungsgesetz. it diesem Gesetz wurde erstmalig die Möglichkeit röffnet, für die Dauer von einem Jahr befristete Arbeitserträge abzuschließen, sachgrundlos und unbürokraisch. Der Erfolg gab Blüm recht. Es kam vermehrt zu eueinstellungen. Arbeitslose erhielten eine Chance, nd zwar nicht nur auf finanzielle Verbesserung, sondern uch auf Teilhabe am Arbeitsmarkt und damit am gesellchaftlichen Leben. Denn Arbeit und Würde hängen unrennbar miteinander zusammen. Das erlebt jeder chmerzhaft, der außerhalb des Arbeitsmarktes steht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


„Lieber befristete Arbeit als unbefristet arbeitslos.“
on diesem Grundsatz waren Sie, liebe Kolleginnen und
ollegen von der SPD, vor einigen Jahren noch zutiefst
berzeugt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich erinnere mich!)


enn gemeinsam mit den Grünen weiteten Sie 2001 und
003 das Blüm’sche Befristungsmodell aus.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da war Frau Kramme schon im Bundestag!)


as heutige Teilzeit- und Befristungsgesetz trägt Ihre
andschrift. Es erlaubt einen befristeten Arbeitsvertrag
hne Sachgrund bis zur Dauer von zwei Jahren, im Fall
iner Existenzgründung sogar befristet bis zu vier Jah-
en. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD,
ie hatten erkannt, dass der Arbeitsmarkt mehr Flexibili-

ät braucht; das ist übrigens heute so wie damals. Noch
m Frühjahr 2008 gaben 67 Prozent aller Unternehmen
n, sie würden wegen des Kündigungsschutzes auf be-
ristete Beschäftigung zurückgreifen. Denn so können
etriebe auf konjunkturelle Schwankungen oder andere
urzfristige Änderungen reagieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Unternehmen reagierten mit neuen Jobs. Der Er-
olg gab Ihnen also recht, meine Damen und Herren von
ot-Grün. Der Anteil befristeter Neueinstellungen nahm
wischen 2001 und 2009 von 32 Prozent auf 47 Prozent
u;


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Da war ja auch Hochkonjunktur!)


o lauten die aktuellsten Zahlen des Instituts für Arbeits-
arkt- und Berufsforschung. Es kommt zu folgendem
efund – ich zitiere –:

Befristet Beschäftigte: Gut positioniert mit Hoff-
nung auf Anschluss.

Knapp jeder zweite befristet Beschäftigte – Frau Kol-
egin Kramme, ich bitte Sie, jetzt zuzuhören –


(Anette Kramme [SPD]: Ihnen immer gerne!)






Gitta Connemann


(A) )


)(B)

erhält nach einem Jahr eine unbefristete Anstellung. Ich
weiß nicht, woher Ihre Zahl stammt. Meine Zahl stammt
vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja! Und das ist keine Vorfeldorganisation der FDP, Frau Kramme!)


Demnach werden 45 Prozent der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer in eine unbefristete Beschäftigung
übernommen. Das heißt, die befristete Beschäftigung ist
eine Brücke ins Arbeitsleben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anette Kramme [SPD]: Man kann sich auch Illusionen hingeben!)


Meine Damen und Herren von der SPD, von Ihrem
damaligen Bravourstück wollen Sie heute nichts mehr
hören. Jetzt heißt es: Volle Kraft zurück! Begleitet von
Ihren Genossen von der Linken fordern Sie nun: Weg
mit der sachgrundlosen Befristung, und zwar vollstän-
dig!

Im Wesentlichen führen Sie dafür zwei Argumente
an.

Erstens. Das Normalarbeitsverhältnis werde ver-
drängt. Gemeinhin versteht man darunter einen unbefris-
teten Vollzeitjob. Per Definition werden also Selbst-
ständige, Teilzeitkräfte und befristet Beschäftigte als
atypisch ausgegrenzt,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Dafür gibt es eine Definition, Frau Connemann!)


durch die Wortwohl mancher Kollegen in diesem Haus
übrigens auch als „prekär“ diskriminiert.

Immer weniger Menschen, so Ihre Behauptung, wür-
den eine unbefristete Vollzeitstelle finden. Egal wie
häufig Sie es wiederholen, liebe Genossinnen und Ge-
nossen, das sogenannte Normalarbeitsverhältnis ist
keine aussterbende Gattung. Es gibt keinen Beleg dafür,
dass die befristete Beschäftigung das normale Arbeits-
verhältnis abgelöst hat. Vielmehr sagt uns das Statisti-
sche Bundesamt – ich bitte Sie, diese Zahlen zur Kennt-
nis zu nehmen –: Die Zahl der unbefristeten Vollzeitjobs
hat sich seit mehr als zehn Jahren bei rund 20 Millionen
eingependelt. In demselben Zeitraum ist die Zahl der
Erwerbstätigen um 2,7 Millionen gestiegen. Es wurde
also nicht von normalen zu atypischen Jobs umge-
schichtet, sondern es wurde zusätzliche Arbeit geschaf-
fen, auch wegen befristeter Stellen. Deshalb bitten wir
Sie, anzuerkennen, dass Ihr Argument uns nicht über-
zeugt.

Zweitens. Sie behaupten, befristete Anstellungsver-
hältnisse würden unser soziales Sicherungssystem
schwächen. Einen Beleg bleiben Sie schuldig. Die Linke
verweist insoweit pauschal auf die Altersarmut. Alters-
armut gibt es schon heute; das ist vollkommen zutref-
fend. Es gibt sie aber aus anderen Gründen: weil die
Betroffenen Kinder betreuen, weil die Betroffenen Äl-
tere gepflegt haben, weil sie einen Minijob haben oder

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(C (D eil sie arbeitslos waren. Sie konnten nicht in die Renenkasse einzahlen, weil ihre Erwerbsbiografie unterbrohen wurde. Die befristete Beschäftigung schafft demgeenüber die Möglichkeit, endlich eine Erwerbsbiografie u haben. Umgekehrt wird also ein Schuh daraus. Auch ieses Argument sticht nicht. Die befristete Beschäftigung wird von Ihnen zu Unecht verteufelt. Wenn man sie durch eine strikte Reguierung zurückdrängen würde, entstünden keineswegs utomatisch mehr Normalarbeitsverhältnisse. Die Alterative hieße: gar keine Beschäftigung. Damit helfen wir iemandem. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz schwach!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


„Lieber befristete Arbeit als unbefristet arbeitslos.“
ir, die christlich-liberale Koalition, werden noch beste-

ende Überregulierungen beseitigen, zum Beispiel das
rsteinstellungsgebot.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


emnach darf ein Betrieb bislang nur einen solchen Ar-
eitnehmer befristet beschäftigen, der noch nie zuvor in
er Firma gearbeitet hat. Dieses Wiederbeschäftigungs-
erbot hat zum Teil absurde Folgen.

Beispielsweise kann ein Akademiker, der als Student
ür ein Unternehmen gearbeitet hat, dort nicht mehr ohne
achliche Begründung befristet eingestellt werden.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollen die Unternehmen es doch einfach begründen!)


ie Betriebe können somit ausgerechnet auf ehemalige
itarbeiter, deren Leistungsfähigkeit sie gut kennen,

icht zurückgreifen. Ebenfalls betroffen sind die Arbeit-
ehmer, die in der jetzigen Krise ihren Arbeitsplatz ver-
oren haben. Viele Betriebe können wegen der unsiche-
en Lage nach wie vor nicht unbefristet einstellen.
eidtragende sind die Arbeitslosen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704618100

Frau Kollegin Connemann, kommen Sie bitte zum

chluss.


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1704618200

Die Bundesregierung hat deshalb auf der Grundlage

es Koalitionsvertrages beschlossen, diese Regulierung
u streichen. Zukünftig wird die sachgrundlose Befris-
ung eines Arbeitsvertrages auch zulässig sein, wenn die
rbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bereits zuvor bei
em Arbeitgeber beschäftigt war und seit dem Ende der
rüheren Beschäftigung mindestens ein Jahr vergangen
st. Das ist die richtige Politik. Ihre Anträge werden wir
blehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704618300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Jutta Krellmann von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704618400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Re-
gierungskoalition ist eine echte Strafe.


(Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Die Opposition auch!)


Ich empfinde das Ansinnen, dass jetzt, anstatt die Men-
schen fest zu beschäftigen, auch noch eine weitere unbe-
fristete Beschäftigung obendrauf gesetzt werden soll, als
eine neue Bedrohung. Das geht nicht, und das gehört in
die Kiste mit den Dingen, die nicht in Ordnung sind.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Also lieber arbeitslos!)


– Natürlich nicht. Warum werden sie nicht fest beschäf-
tigt, Frau Connemann? Warum nicht?


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe eine hohe Anforderung an Sie alle: Stellen
Sie sich einmal vor, Sie seien 23 Jahre alt. Ich glaube,
das fällt einigen schwer, aber versuchen Sie es einfach
einmal. Sie haben endlich ihre Ausbildung beendet. Sie
wünschen sich Kinder und dann vielleicht auch eine grö-
ßere Wohnung für die Familie.

Was gibt man einem jungen Menschen heute in dieser
Situation? Man gibt ihm ein unbezahltes Praktikum,
Leiharbeit oder einen befristeten Arbeitsvertrag. Von
diesem jungen Menschen erwarten Sie aber, dass er un-
sere Renten bezahlt, eine Familie gründet und ordentlich
in die Sozialkassen einzahlt. Wie soll das alles gehen?
Das kann doch nicht funktionieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Beschäftigungsförderungsgesetz – ironischer-
weise vom Tag der Arbeit, nämlich vom 1. Mai 1985 –
war der Start für eine absolut negative Entwicklung. Ich
gehöre zu den Personen, die schon vom ersten Tag an,
seit 1985, gegen die bestehenden Befristungsmöglich-
keiten geschimpft haben, und dabei bleibe ich auch. Alle
sehen die Entwicklung, die es seitdem gegeben hat, und
das geht schon seit 25 Jahren so.

Jede zweite Stelle, die jetzt besetzt wird, ist eine befris-
tete Stelle. 53 Prozent der Neueinstellungen waren befris-
tet. Damit stehen wir im europäischen Vergleich – über
Europa haben wir ja gerade eben diskutiert – wieder ein-
mal absolut schlecht da.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das stimmt gar nicht!)


Es gibt möglicherweise gute Gründe für befristete
Verträge; das will ich überhaupt nicht abstreiten.


(Harald Leibrecht [FDP]: Aha!)


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(C (D iese guten Gründe können ja aber wohl auch genannt erden. Grundlose Befristungen eines Arbeitsverhältisses sind deshalb völlig überflüssig. Um Arbeitnehmer zu beurteilen, gibt es die Probezeit on drei Monaten. Wenn sie nicht reicht, dann kann sie uf sechs Monate ausgeweitet werden. Das muss dann ber auch reichen. Vielleicht sollten Personalchefs und ndere Vorgesetzte nicht ständig von einem Meeting ins ächste laufen, sondern sich einmal um die neuen Bechäftigten kümmern; denn so viele gibt es ja eigentlich icht. Wenn ich in Betrieben Arbeitgeber aufgefordert habe, eschäftigte unbefristet einzustellen, dann habe ich reelmäßig zur Antwort bekommen: Wir machen nur das, as wir dürfen, wir machen nur das, was im Gesetz teht. – Deshalb muss das geändert und verboten weren. Befristete Arbeitsplätze bekommen vor allem Frauen, unge Menschen und ausländische Mitbürger. Das hat atastrophale Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. ie Familienplanung dieser Menschen wird erschwert, ie Planungssicherheit wird ihnen genommen, und sie erden durch die Angst vor dem Verlust ihres Arbeitslatzes oder vor der Nichtverlängerung des befristeten ertrages ständig unter Druck gesetzt. Das kostet uns ine Menge Geld; denn befristet Beschäftigte zahlen weiger in die Sozialkassen ein, und sie haben nicht die leichen Aufstiegschancen. Zwischen den befristeten Verträgen wird „gehartzt“. Hartzen“ ist ein neues Modewort von jungen Menchen. Sie „hartzen“, wenn sie zwischen ihren befristeen Verträgen immer wieder auf Hartz IV angewiesen ind. Ein geringer Lohn und Hartz-IV-Bezug bedeuten Alersarmut. Wovon sollen diese Menschen im Alter leen? Es ist eine Milchmädchenrechnung, (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Milchjungenrechnung!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


u glauben, mit der immer weiteren Ausdehnung befris-
eter Arbeitsverhältnisse spare man irgendetwas. Im Ge-
enteil: Das kommt uns alle irgendwann einmal teuer zu
tehen. Sie von der schwarz-gelben Koalition


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Christlich-liberale Koalition!)


ollen die Verbreitung sachgrundloser Verträge sogar
och ausweiten, wie wir eben gehört haben. Wir wollen
ie abschaffen, und das finde ich ganz einfach richtig.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie zwingen dieser Generation ein Verhalten von
gotaktikern mit allen seinen Konsequenzen auf: Ego-

smus, Entsolidarisierung und Ellenbogenmentalität.
iese jungen Menschen haben gar nicht mehr die
hance, in dieser Gesellschaft Solidarität und Unter-

tützung kennenzulernen. Sie glauben zu Recht nicht





Jutta Krellmann


(A) )


)(B)

mehr daran, dass sie im Alter eine Rente bekommen,
von der sie leben können.

Das ist nicht die Gesellschaft, die wir uns vorstellen.
Wir wollen, dass die Menschen in unserem Land Pla-
nungssicherheit haben. Wir wollen, dass die Menschen
nicht in ständiger Angst leben müssen, ihren Arbeits-
platz zu verlieren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704618500

Frau Krellmann, kommen Sie bitte zum Schluss.


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704618600

Deshalb fordern wir die Streichung der sachgrundlo-

sen Befristung eines Arbeitsverhältnisses und die Strei-
chung der sechsmonatigen Befristung zur Erprobung.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704618700

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1704618800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch ich will mit einer Anmerkung zum „Emmely“-Ur-
teil beginnen. Frau Kollegin Kramme, für mich ist es
kein Grund zur Freude, dass sich ein Arbeitgeber nicht
mehr in jedem Fall auf das korrekte Verhalten seiner
Mitarbeiter verlassen kann. Durch das heutige Urteil
wird mit zunehmender Dauer des Beschäftigungsver-
hältnisses ein Spielraum für pflichtwidriges Verhalten
eröffnet.

Ich mag altmodisch sein, aber für mich ist klar, dass
auch die Unterschlagung geringwertiger Güter eine Un-
terschlagung ist. Wenn der Täter ein seit langen Jahren
beschäftigter Mitarbeiter ist, dann macht das für mich
die Sache eher schlimmer als besser. Der Vertrauens-
schaden ist umso größer, gerade weil man so lange zu-
sammengearbeitet hat.

Was im Einzelfall Beifall finden mag – Ihren Beifall
hat es wohl gefunden –, ist, glaube ich, eine schwere Be-
lastung für die Vertrauenskultur in den Unternehmen.
Vertrauen ist aber letzten Endes die Basis eines jeden Ar-
beitsverhältnisses. Es bleibt abzuwarten, welche Wir-
kung dieses Urteil in der Praxis haben wird.

Was die befristete Beschäftigung anbelangt – damit
komme ich zum Thema –, hat Frau Connemann wichtige
Zahlen genannt. Ich verweise in diesem Zusammenhang
auf die IAB-Studie. Das IAB ist keine Vorfeldorganisa-
tion der FDP, Frau Kramme; es ist ein Institut, das Ihnen
regelmäßig sehr entgegenkommt. Wenn dieses Institut
darauf hinweist, dass 50 Prozent der befristeten Arbeits-
verhältnisse zu unbefristeten Verträgen führen, dann
zeigt das, wie wichtig dieses Instrument der Befristung
ist, weil die Zugangsschwellen zum Arbeitsmarkt ge-

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(C (D enkt werden und sich gerade für junge Leute in vielen ällen Beschäftigungschancen eröffnen. Ich glaube, dass die Möglichkeit der sachgrundlosen efristung in Deutschland wesentlich dazu beiträgt, dass s bei uns, etwa im Gegensatz zu Spanien, keine Kultur es Hire and Fire gibt. Die Möglichkeit der sachgrundloen Befristung auch über die Wartezeit nach dem Kündiungsschutzgesetz hinaus verhindert, dass Unternehen dazu gezwungen sind, erst einmal Verträge mit urzen Fristen zu schließen. Man kann sich stattdessen on Anfang an auch über die Frist von sechs Monaten inaus binden. Das wird getan, und ich glaube, dass man nsgesamt feststellen kann, dass Unternehmer in eutschland verantwortungsbewusst mit der Möglicheit der Befristung umgehen. Liebe Kollegen von der SPD und, wenn ich Sie richig verstanden habe, Frau Kollegin Krellmann, von den inken, auch Sie wollen nicht mehr und nicht weniger ls Sicherheit im Erwerbsleben. Dazu muss man aber ehr deutlich sagen, dass es eine solche Sicherheit, die ielleicht sogar als absolute Sicherheit verstanden wird, icht gibt. Es gibt sie nicht einmal bei den Mitarbeitern on Abgeordneten, Frau Krellmann. Auch das muss man nsprechen. Frau Kramme hat gesagt, dass wir einen beristeten Arbeitsvertrag mit dem deutschen Volk haben. as ist richtig. Aber unsere Mitarbeiter haben befristete rbeitsverhältnisse mit uns. enn es so wäre, wie Sie es darstellen, dann dürfte kein itarbeiter eines Abgeordneten verheiratet sein oder ine Familienplanung angestrebt haben. Gott sei Dank enken die Menschen aber offensichtlich anders, als Sie s ihnen unterstellen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Ihre Mitarbeiter haben es in drei Jahren schwer!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der LINKEN)


Es gibt auch keine Sicherheit für Unternehmer bzw.
rbeitgeber, etwa weil es Finanz- und Wirtschaftskrisen

benso wie Auftragsschwankungen außerhalb von Kri-
ensituationen gibt. In Zeiten der Unsicherheit, gerade in
er jetzigen Zeit, würde eine Einschränkung der Befris-
ungsmöglichkeiten am Ende der Krise, wenn der Auf-
chwung einsetzt, aber die Unsicherheit noch groß ist,
ie Schaffung von neuen Arbeitsverhältnissen erheblich
rschweren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704618900

Herr Kollege Kolb, erlauben Sie eine Zwischenfrage

er Kollegin Krellmann?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1704619000

Selbstverständlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704619100

Bitte schön, Frau Krellmann.






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)(B)


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704619200

Sehr geehrter Herr Kolb, ist Ihnen bekannt, dass es

für den Arbeitgeber in einem solchen Fall die Möglich-
keit gibt, betriebsbedingt zu kündigen?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1704619300

Frau Kollegin Kramme, Sie wissen, dass – –


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Krellmann! Danke!)


– Was hatte ich gesagt?


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Kramme! – Anette Kramme [SPD]: Das nehmen Sie zurück! – Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)


– Frau Kollegin Kramme, ich wusste nicht, dass Ihr Ver-
hältnis so angespannt ist.

Frau Kollegin Krellmann, um betriebsbedingt kündi-
gen zu können, muss erst einmal eine Einstellung erfolgt
sein. Das betrifft den Punkt, auf den ich Sie hinweisen
wollte: Wir befinden uns jetzt in einer Krise, die hoffent-
lich bald zu Ende geht. Ein Arbeitgeber, der jetzt einen
Auftrag bekommt, muss sich entscheiden, ob er eine
neue Mitarbeiterin oder einen neuen Mitarbeiter einstellt
oder nicht. Von Kündigung ist zu diesem Zeitpunkt über-
haupt noch nicht die Rede.

Es geht vielmehr darum, ob diejenigen, die bereits im
Unternehmen beschäftigt sind, also die Stammbeleg-
schaft, in dieser Situation Überstunden machen oder ob
jemand, der zurzeit am Arbeitsmarkt außen vor ist, der
langzeitarbeitslos ist, über ein befristetes Beschäfti-
gungsverhältnis die Chance bekommt, neu in ein Unter-
nehmen einzutreten. Das ist die Voraussetzung, um über-
haupt über Ihre Frage nachdenken zu müssen, was
geschieht, wenn es später wieder zu Auftragsrückgängen
kommt.

Mir geht es insbesondere vor dem Hintergrund der en-
denden Krise darum, solche Möglichkeiten zu sehen und
zu eröffnen. Wer das nicht tut, der handelt aus unserer
Sicht unverantwortlich und denkt zu kurz. Deswegen
wollen wir dies ändern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frau Kollegin Krellmann, ich weiß, dass Sie aktive
Gewerkschafterin sind und dass die Tarifautonomie hier
im Hause insbesondere auf der linken Seite immer hoch-
gehalten wird. Ich will aber darauf hinweisen, dass Süd-
westmetall mit seinen Tarifpartnern im April 2009, also
mitten in der Krise, den Tarifvertrag zu Kurzarbeit, Qua-
lifizierung und Beschäftigung abgeschlossen hat, der die
Öffnungsklausel, also die Möglichkeit der tarifvertragli-
chen Verlängerung der befristeten Beschäftigung, ge-
nutzt hat.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Die Tarifpartner haben darin vorgesehen, dass die Be-
fristung um insgesamt 24 Monate verlängert werden
kann, dass die Höchstdauer der sachgrundlosen Befris-

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(C (D ung insgesamt 48 Monate betragen darf und dass man en Arbeitsvertrag in diesem Zeitraum insgesamt sechsal verlängern kann. (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Wie erklären Sie das, Frau Krellmann?)


Frau Kollegin Krellmann, gerade weil Sie im Unter-
ehmen aktiv auf der Arbeitnehmerseite gearbeitet ha-
en, frage ich Sie, warum die Kollegen von Südwestme-
ll wohl einen solchen Tarifvertrag geschlossen haben. –
ie haben es getan, weil sie darin die richtige Antwort
uf die Unsicherheiten in der jetzigen Situation gesehen
aben. Das halte ich auch für richtig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich kann nur das unterstreichen, was die Kollegin
onnemann schon gesagt hat: Die Koalition sieht die
inge anders als Sie. Wir glauben, dass wir die Möglich-
eit der sachgrundlosen Befristung gerade in der jetzigen
ituation an den Notwendigkeiten der Praxis ausrichten
ollten. Deswegen haben wir in den Koalitionsvertrag
eschrieben – ich zitiere –:

Wir werden die Möglichkeit einer Befristung von
Arbeitsverträgen so umgestalten, dass die sachgrund-
lose Befristung nach einer Wartezeit von einem Jahr
auch dann möglich wird, wenn mit demselben Ar-
beitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestan-
den hat. Mit dieser Neuregelung erhöhen wir Be-
schäftigungschancen für Arbeitnehmer, verringern
den Bürokratieaufwand für Arbeitgeber und verhin-
dern Kettenbefristungen.

Das Kabinett hat diese Absicht in seiner Klausur am
7./18. November des letzten Jahres auf Schloss Mese-
erg noch einmal bekräftigt. Für meine Fraktion will ich
ehr deutlich sagen, dass wir glauben, dass dies die rich-
igen Schritte sind. Wir werden diesen Weg in der Koali-
ion gemeinsam gehen, auch wenn er Ihnen möglicher-
eise nicht passt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704619400

Das Wort hat die Kollegin Brigitte Pothmer von

ündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704619500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein be-

eglicher und durchlässiger Arbeitsmarkt ist nötig. Er
st nötig für die Betriebe, aber auch für diejenigen, die
ach einem Arbeitsplatz suchen und vielleicht geringere
hancen und Schwierigkeiten beim Zugang zum Ar-
eitsmarkt haben. Wir sind für Flexibilität und Durchläs-
igkeit auf dem Arbeitsmarkt. Aber das darf keine Ein-
ahnstraße sein. Die Risiken werden, was die befristete
eschäftigung angeht, derzeit einseitig den Beschäftig-

en aufgebürdet. Bei allem Verständnis für die Anforde-
ungen, die die Betriebe stellen: Es muss auch das
icherheitsbedürfnis der Beschäftigten berücksichtigt
erden.





Brigitte Pothmer


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bei den befristet Beschäftigten haben wir es tatsäch-
lich mit einer Schieflage zu tun. Wenn inzwischen die
Hälfte aller Arbeitsverträge, die abgeschlossen werden,
befristet ist, dann läuft etwas schief.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hat das vielleicht etwas mit der wirtschaftlichen Situation zu tun?)


Betroffen davon sind insbesondere die jungen Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist also ein sehr
„junges“ Phänomen. Frau Kramme hat schon die Zahlen
teilweise genannt. Jeder vierte Arbeitsvertrag, der mit
20- bis 25-Jährigen abgeschlossen wird, ist befristet. Bei
den unter 20-Jährigen sind es sogar 40 Prozent. Dabei
sind Ausbildungsverträge nicht einmal mitgezählt. Es
sind damit insbesondere die jungen Leute, die die Folgen
der Krise zu tragen haben; denn es sind ihre Arbeitsver-
träge, die nicht verlängert werden. Herr Kolb, das ist
wirklich keine faire Lastenverteilung. Dem können Sie
eigentlich nicht widersprechen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Trotz dieser Entwicklung fordern Sie – ich weiß
nicht, ob Sie sich die Zahlen anschauen – eine weitere
Deregulierung. Manchmal frage ich mich wirklich, ob
Sie gar nichts mehr merken. Sie haben überhaupt keine
Sensibilität für die Probleme und die Bedürfnisse der
Menschen, insbesondere der Schwächeren in unserer
Gesellschaft. Sie treiben mit Ihrer Politik die Spaltung
auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft zuneh-
mend voran.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie der Abg. Gabriele Lösekrug-Möller [SPD])


Ich habe mir die Daten in Ruhe angeschaut und sage Ih-
nen: Wir brauchen keinen weiteren Schub für befristete
Beschäftigung. Im Gegenteil: Es gibt Korrekturbedarf an
anderer Stelle, und zwar bei den sachgrundlosen Befris-
tungen, die heute zur Diskussion stehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber warum hat das Rot-Grün damals beschlossen? Dabei muss man sich doch etwas gedacht haben!)


– Wir haben dieses Instrument zur Verfügung gestellt
und schauen nun, wie es genutzt wird.

Ich kann Ihnen nur sagen: Es gibt Missbrauch. Diesen
müssen wir beseitigen, und zwar bei der befristeten Be-
schäftigung genauso wie bei der Leiharbeit. Es stimmt,
wir haben diese Instrumente zur Verfügung gestellt.
Aber das Ergebnis, das wir jetzt haben, war nicht unser
Ziel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Also bittere Enttäuschung!)


40 bis 50 Prozent aller befristeten Arbeitsverträge
werden sachgrundlos abgeschlossen. Die Erprobung ist

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(C (D er zentrale Grund dafür, dass befristete Arbeitsverträge bgeschlossen werden. Wenn das der Hauptgrund ist, ann man das auch als Sachgrund benennen; das gibt es. ie Erprobung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern st nämlich eine sachliche Begründung für Befristung, enauso wie zeitlich begrenzte Vertretungen, saisonale rbeitsverhältnisse, einmalige Aufträge oder begrenzt inanzierte Projekte. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es ist ungewöhnlich, bei sachgrundlos befristeter Beschäftigung einen Grund anzugeben!)


as alles sind Instrumente, die Arbeitgeber und Arbeit-
eberinnen zur Verfügung stehen, wenn sie ein Beschäf-
igungsverhältnis befristen wollen. Daher brauchen wir
usätzlich keine sachgrundlose Befristung. Ich würde
ine einzige Ausnahme machen, Frau Kramme. Diese
onderregelung kann bei Unternehmensgründungen
innvoll sein. Gerade bei Unternehmensgründungen gibt
s ein hohes Maß an Unsicherheit. Auch Arbeitgeber
üssen sich in ihrer Rolle erst einmal erproben. Wenn
ir die sachgrundlose Befristung in diesem Bereich ab-

chafften, hätte ich die Befürchtung, dass es zu Einstel-
ungshemmnissen kommt. Deswegen wollen wir diese
usnahme bestehen lassen.

Sie von der CDU/CSU- und FDP-Fraktion wollen das
iederbeschäftigungsverbot kippen. Wenn Sie dem Vor-

chlag zustimmen, der jetzt im Raum steht, dann ist das
iederbeschäftigungsverbot erledigt; deswegen können

ie ihm eigentlich nur zustimmen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704619600

Das Wort hat jetzt der Kollege Ulrich Lange von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1704619700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

iebe begrenzt finanzierte Projekte, die wir alle hier im
ahmen der Befristung der Arbeitsverhältnisse unserer
itarbeiter sind! Zum wiederholten Male werden wir

eute Zeugen einer rückwärtsgewandten SPD-Politik.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vorwärts, Genossen! Es geht zurück!)


ir erleben, dass sich die SPD endgültig von der Reali-
ät, vom Verantwortungsbewusstsein ihrer Regierungs-
eit verabschiedet hat. Sie träumt von den 1970er-Jah-
en. Darauf, wovon die Linke träumt, möchte ich heute
ar nicht mehr weiter eingehen. Es geht nicht an – wir
erden es auch nicht zulassen –, das bewährte System
er sachgrundlosen Befristungen aus dem Kanon des
eutschen Arbeitsrechts zu streichen. So viel Miss-
rauch, wie Sie es gerade angesprochen haben, liebe
ollegin, wird mit diesem Instrument mit Sicherheit
icht betrieben. Auf die rechtliche Entwicklung will ich





Ulrich Lange


(A) )


)(B)

eigentlich nicht weiter eingehen; denn ich habe nur fünf
Minuten.


(Anette Kramme [SPD]: Das ist aber schade!)


Kettenarbeitsverhältnissen oder der angeblichen Aus-
höhlung des Kündigungsschutzes ist schon seit Jahr-
zehnten, seit Reichsgerichtszeiten – die erste entspre-
chende Entscheidung ist 1932 getroffen worden –,
entgegengewirkt worden.

Kollegin Kramme, einen Schuh lassen wir uns von Ih-
nen nicht anziehen: dass die Entscheidung des EuGH zu
§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB etwas damit zu tun habe, dass
wir den Kündigungsschutz aufweichen wollten. Es geht
hier um die Systemfrage des Alterskriteriums und um
nichts anderes. Erkennen Sie das; sonst werden wir uns
hier noch einmal in die Haare bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Anette Kramme [SPD]: Nicht so aufregen!)


– Das muss man Ihnen in dieser Deutlichkeit sagen.

Sie haben 2001 sicherlich in einem Kraftakt – das war
in Ihren Reihen ja auch umstritten – das Teilzeit- und
Befristungsgesetz in Kraft gesetzt.


(Anette Kramme [SPD]: Positiv geändert!)


Es war eine positive Entwicklung. Dafür müssen Sie
sich heute nicht schämen.


(Anette Kramme [SPD]: Wir sehen nur den zweiten Schritt vor!)


Peinlich ist Ihre erneute Rolle rückwärts.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die letzten Monate erleben wir eine Rolle rückwärts
nach der anderen.

Tun Sie bitte nicht so, als ob befristete Arbeitsverhält-
nisse keine vollwertigen Arbeitsverhältnisse wären.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Fragen Sie doch mal die Menschen in den Betrieben!)


Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die befris-
tet beschäftigt sind, stehen sämtliche Rechte zur Verfü-
gung. Das möchte ich in dieser Deutlichkeit sagen. Das
geht bis hin zur Möglichkeit, in den Betriebsrat gewählt
zu werden. Übersehen Sie bitte nicht die wesentliche
Brückenfunktion. Ihren Wert bestreiten nicht einmal Sie
wirklich. Frau Kollegin, mich hat in diesem Zusammen-
hang heute sehr gewundert, dass Sie als Argument ge-
bracht haben, die Zeitarbeit übe eine Brückenfunktion
aus. Sie sollten in Ihrer Argumentation schlüssiger wer-
den.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Immer so, wie es passt!)


Gleiches gilt für die Flexibilisierungsmöglichkeit.
Auch die Flexibilisierungsmöglichkeit brauchen wir in
unserer Arbeitswelt. Es ist ein Trugschluss, zu behaup-
ten, über die Sachgrundbefristung sei die Flexibilisie-
rungsmöglichkeit zu schaffen, die Unternehmen benöti-
gen. § 14 Abs. 1 Ziffer 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz
besagt, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages zuläs-

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(C (D ig ist, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitseistung nur vorübergehend ist. Es geht dabei um reine ampagnenbetriebe, etwa Erntebetriebe. Schauen Sie inmal in Ihre damalige Begründung! Zeigen Sie mir eien Fall, in dem es mit dieser Sachgrundbefristung mögich war, für die notwendige Flexibilität zu sorgen. Ich persönlich halte es für verantwortungslos, zu beaupten, befristete Arbeitsverhältnisse würden Familienründungen erschweren. Das ist nicht richtig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Natürlich ist das so!)


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Nein, das ist nicht richtig. Sonst dürfte es viele Fami-
ien hier gar nicht geben.

Wir dürfen als Politik eines nicht machen: den Ein-
ruck vermitteln, dass wir eine arbeitsrechtliche Vollkas-
ogesellschaft anbieten können. Das gibt es nicht. Das
ieht auch die soziale Marktwirtschaft nicht vor.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie sieht im rechtlich zulässigen Rahmen den Abschluss
nd die Beendigung von Arbeitsverhältnissen vor, und
ichts anderes – nichts anderes! – regelt das Teilzeit- und
efristungsgesetz.

„Generation 30“ titelte neulich die Frankfurter Allge-
eine Sonntagszeitung. Da hieß es:

Die Eltern hatten mit 30 schon Haus, Familie und
einen festen Job. Die Jungen plagt das Gefühl, nie
mithalten zu können. Schade. Denn eigentlich geht
es dieser Generation 30 doch ziemlich prächtig.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich un-
erstreichen. Für gut ausgebildete, qualifizierte Arbeit-
ehmerinnen und Arbeitnehmer gibt es in unserem Land
este Chancen.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das stimmt nicht! Da gibt es Gegenbeispiele!)


orgen müssen wir uns um die machen, die ohne Berufs-
bschluss und ohne Ausbildung sind.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


eswegen war es richtig, in der Spardiskussion Bildung
nd Forschung außen vor zu lassen.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das stimmt nicht, was Sie sagen!)


amit haben wir auch ein Signal gesetzt, nämlich das Si-
nal für Beschäftigung; denn die brauchen wir.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich kann nur an Sie appellieren, Kollegin Kramme,
icht populistisch ein erfolgreiches Gesetz über Bord zu
erfen. Fangen Sie mit dieser Anbiederung nicht an,
der, besser, hören Sie damit auf! Machen Sie sich mit
ns zusammen Gedanken über die Weiterentwicklung





Ulrich Lange


(A) )


)(B)

des Teilzeit- und Befristungsgesetzes – eine echte
Chance für den deutschen Arbeitsmarkt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704619800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/1769 und 17/1968 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konsequenten Walschutz fortsetzen und ver-
bessern

– Drucksache 17/1982 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Ingbert Liebing von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Ingbert Liebing (CDU):
Rede ID: ID1704619900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir
heute in diesem Hause schon über viele Stunden hinweg
Themen strittig diskutiert haben, freue ich mich, dass wir
nun bei einem Thema sind, nämlich dem Schutz der gro-
ßen Meeressäuger, der Wale, bei dem wir zu einem inter-
fraktionellen Antrag, einem Antrag von Koalitions- und
Oppositionsfraktionen, gekommen sind und heute, so
glaube ich, ein breit getragenes Votum dieses Hohen
Hauses für einen konsequenten Walschutz werden abge-
ben können.

Ein solches überzeugendes Votum des Deutschen
Bundestages soll zugleich auch Rückhalt geben für die
Position der Bundesregierung, für unseren Bundes-
umweltminister Norbert Röttgen, der zur morgigen Sit-
zung des EU-Ministerrats zu diesem Thema gemeinsam
mit den Briten eine sehr überzeugende Positionierung
vorgelegt hat. Mit dem Rückhalt des gesamten Hauses
wird er dort umso besser argumentieren können.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dies stärkt Deutschlands Position auch für die bevorste-
hende IWC-Konferenz Ende des Monats in Agadir in
Marokko, wo wir über die Reform dieser Walfangorga-
nisation sprechen werden.

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(C (D Ich habe mich sehr stark für diesen gemeinsamen Anrag und für eine gemeinsame Beschlussfassung eingeetzt, weil ich auch schon an dem Bundestagsbeschluss on vor zwei Jahren mitgewirkt habe; damals haben wir in einstimmiges Votum hinbekommen. Ich halte es für wingend notwendig, aber auch für besonders wertvoll, ass wir an diesen Beschluss anknüpfen und als eutschland in Kontinuität auch über die Wahlperioden inweg einen solchen konsequenten Walschutz auf interationaler Ebene vertreten. (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich weiß, dass es noch vor wenigen Wochen Irritatio-
en im Hinblick auf mögliche Positionen des Landwirt-
chaftsministeriums gegeben hat, das innerhalb der Re-
ierung federführend ist. Mit diesem Antrag können wir
eute eine gemeinsame Position der Bundesregierung,
er Koalitions- wie auch der Oppositionsfraktionen fest-
chreiben, die im Moment viel Anerkennung auch bei
aturschutzorganisationen findet, die sich für dieses
hema engagieren. Das alles zeigt, dass wir eine ge-
einsame Linie vertreten, und das ist wichtig bei diesem
hema.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die heutige Debatte in Vorbereitung auf die IWC-
onferenz in Agadir nimmt Bezug auf die Arbeit, die in
en vergangenen zwei Jahren geleistet wurde. Es geht
m eine Reform dieser Organisation, die sich über meh-
ere Jahre hinweg nur blockiert hat und nicht zu einer
chten Lösung gekommen ist. Der bisherige Zustand,
ass trotz eines Walfangmoratoriums faktisch kommer-
ieller Walfang stattfindet, ist unbefriedigend.

Nun liegt als Ergebnis von zwei Jahren Verhandlun-
en ein Vorschlag des IWC-Vorsitzenden vor, der sicher-
ich auch einige positive Aspekte enthält; aber insgesamt
ird dieser Vorschlag dem Ziel eines konsequenten Wal-

chutzes nicht gerecht. Dieser Vorschlag ist für uns nicht
kzeptabel.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es kann nicht sein, dass die Tötung gefährdeter Arten,
ie auf der Roten Liste stehen, legalisiert wird. Dies kön-
en wir nicht akzeptieren. Wir können nicht akzeptieren,
ass Walfang in Walschutzgebieten legalisiert wird. Es
ann auch nicht sein, dass für eine Übergangsfrist Quo-
en akzeptiert werden sollen, die höher als das liegen,
as in den vergangenen Jahren tatsächlich von einzelnen
alfangnationen gefangen und getötet wurde. Wir müs-

en höllisch aufpassen, dass das Handelsverbot für Wal-
rodukte nach dem Washingtoner Artenschutzabkom-
en CITES nicht unterlaufen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Ingbert Liebing


(A) )


)(B)

Es gibt viele gute Gründe, den jetzigen Vorschlag ab-
zulehnen. Wir sind bereit zu Kompromissen. Wenn man
eine Lösung bzw. eine Reform der IWC will, muss man
auch kompromissbereit sein. Wir wollen aber keinen
Kompromiss um jeden Preis. Es gibt Grundbedingun-
gen, die zwingend erfüllt sein müssen. Das oberste Ziel
muss die Perspektive sein, zum endgültigen Ende des
kommerziellen Walfangs zu kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dies ist eine zwingende Grundbedingung, die bei jedem
Kompromiss erfüllt sein muss.

Es darf keine Fangquoten für stark bedrohte Arten ge-
ben, und es darf keinen Fang in Schutzgebieten geben.
Wir brauchen eine stärkere Reduzierung, eine degressive
Ausgestaltung möglicher Quoten. Der wissenschaftliche
Walfang darf nicht wie in den vergangenen Jahren miss-
braucht werden. Die Einhaltung von CITES muss sicher-
gestellt werden. Wenn dies auf der nächsten Konferenz
in Agadir nicht erreichbar ist, dann lohnt es sich allemal,
sich noch ein Jahr mehr Zeit zu nehmen, weiterzuarbei-
ten und weiter zu verhandeln, um vielleicht ein besseres
Ergebnis zu erzielen. Das ist allemal sinnvoller, als vor-
schnell ein schlechtes Ergebnis zu akzeptieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dies wird sicherlich keine leichte Aufgabe werden.
Was Island anbelangt, müssen wir natürlich schon im
Zusammenhang mit den EU-Beitrittsverhandlungen ein-
fordern, dass dieses Land, das in die EU will, die Regu-
larien und das Recht der EU akzeptiert – und nicht um-
gekehrt.

Was Japan anbelangt, wachsen allerdings meine
Zweifel. Wenn gerade in diesen Tagen, direkt vor der
IWC-Konferenz, die Walfangflotte Japans wieder aus-
läuft, um ihr grausames Geschäft zu betreiben, dann ist
das kein gutes Zeichen. Genauso wenig ist es ein gutes
Zeichen, wenn gerade in diesen Tagen die Staatsanwalt-
schaft in Japan gegen Aktivisten von Greenpeace, die ei-
nen Walfangkorruptionsskandal aufgedeckt haben, An-
klage erhebt. Diesen Aktivisten werden 18 Monate Haft
angedroht. Das alles sind keine guten Zeichen. Ich baue
darauf, dass, wie bisher auch, das Auswärtige Amt Un-
terstützung leistet.

Gerade im Jahr 2010, dem Jahr der Biodiversität, ist
dies ein Thema, mit dem wir deutlich machen können,
dass wir es nicht nur bei Reden belassen, sondern auch
wirklich konsequent für den Artenschutz handeln. Hier
geht es um den Artenschutz der größten marinen Säuge-
tiere, der Giganten der Meere. Ich würde mich freuen,
wenn wir heute bei diesem Thema einen einstimmigen
Beschluss des Deutschen Bundestages für einen konse-
quenten Walschutz erreichen und gemeinsam mit der
Regierung auf internationaler Ebene die genannten Posi-
tionen vertreten würden.

Herzlichen Dank.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704620000

Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Schwabe von

er SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1704620100

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Auch wenn man hier nicht zu sentimental
erden will: Es ist durchaus traurig oder, um es auf
eutsch zu sagen, eine unglaubliche Sauerei, was wir
enschen unserer Mitwelt antun. Die Bilder rund um

Deepwater Horizon“ brennen sich ein, ebenso das Leid
er Tiere, das damit verbunden ist.

Ob man es nun religiös mit dem Schöpfungsgedanken
egründet, ökonomisch als Vernichtung von Naturres-
ourcen bezeichnet oder verantwortungsethisch argu-
entiert gegenüber einer Umwelt und den Mitgeschöp-

en, denen wir zumindest vermeintlich intellektuell
berlegen sind: Das Leben der Menschen auf der Erde
st nicht nachhaltig in dem Sinne, dass wir unser Leben
o gestalten, dass wir noch lange auf dieser einen Welt
eben können.

Man könnte über vieles reden, über Ölverschmut-
ung, Plastikmüll, Überfischung, Vernichtung von Ko-
allen durch klimawandelbedingte Versauerung. Nir-
ends allerdings wird der Umgang mit dem Meer – ich
arf daran erinnern, wir haben heute den Tag des Meeres –
o greifbar, so sinnbildlich, so nachfühlbar wie bei dem
mgang mit den Walen. So wie man den Klimawandel
it dem Eisbären verbindet, kann man die Geschichte

er Gefährdung der Meere anhand des Umgangs mit den
alen erzählen.

Deswegen sage ich es ganz deutlich: Der Deutsche
undestag ist sich einig, alle fünf Fraktionen – das will

ch an dieser Stelle ausdrücklich würdigen –, dass wir
einen Walfang wollen, sondern darauf hinarbeiten, dass
er Walfang beendet wird. Ungeachtet dessen, was ein-
elne Mitglieder der Exekutive verfolgt haben – mein
ollege Heinz Paula wird darauf noch eingehen –, sen-
et jedenfalls die Legislative, wir hier im Deutschen
undestag, ein eindeutiges Signal an die Länder der Eu-

opäischen Union und an die Weltgemeinschaft, und wir
erpflichten die Regierung auf diese Position. Dafür
önnte ich vielen danken; ich tue das aber ausdrücklich
tellvertretend bei Herrn Kollegen Liebing, der sich um
ie Positionsfindung in den letzten Wochen hier im
eutschen Bundestag wirklich sehr verdient gemacht
at.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Sehr nett! Wunderbar!)


Meine Damen und Herren, nachdem die Population
er Wale in jahrzehntelanger rücksichtsloser Jagd bis an
en Rand des Aussterbens dezimiert wurde, entschloss
ich die Weltgemeinschaft vor knapp 25 Jahren zu einem





Frank Schwabe


(A) )


)(B)

grundsätzlichen Walfangverbot; so kann man es zumin-
dest umschreiben. Doch noch immer werden jährlich
über 1 500 Wale gejagt und getötet. Einige wenige Wal-
fangländer unterlaufen seit Jahren das Walfangverbot.
Ob „wissenschaftlicher“ Walfang oder Walfang für den
örtlichen Gebrauch – beides dient als Schlupfloch für ei-
nen letztendlich kommerziellen Walfang. Insbesondere
Japan und Norwegen unterlaufen das Moratorium
schamlos.

Es ist augenscheinlich, dass sich die Fronten zwi-
schen Walfangländern und denen, die Wale weiter schüt-
zen wollen, mehr und mehr verhärtet haben. Grundsätz-
lich ist es also richtig, wenn die Internationale Walfang-
Kommission versucht, nach Jahren erfolglos verlaufen-
der Konferenzen mit einem Kompromiss wieder Dyna-
mik in die Verhandlungen zu bringen. In wenigen Tagen
wird sie in Agadir zur 62. Konferenz zusammenkom-
men. Mit dem vorliegenden Kompromisspapier des
IWC-Vorsitzenden ist das deutsche Parlament allerdings
nicht einverstanden.


(Beifall bei der SPD)


In den letzten Wochen ist deutlich geworden, dass
durch die vorgeschlagene Einführung von Walfangquo-
ten das zumindest teilweise Verbot des Walfangs fak-
tisch aufgehoben werden würde. Selbst wenn durch eine
angedachte Quotenregelung tatsächlich in den nächsten
zehn Jahren möglicherweise einige Wale weniger getötet
werden würden, so hieße das auf der anderen Seite, dass
durch diese Quoten der kommerzielle Walfang durch die
Hintertür wieder eingeführt würde, und dies ohne klare
Ausstiegsperspektive in zehn Jahren, sondern ganz im
Gegenteil mit dem Einstieg in ein international akzep-
tiertes Quotenmanagement.

Das ist inakzeptabel. Walfang ist grausam, gefährdet
die Arten und spielt auch ökonomisch für die Walfang-
länder, ausgenommen die indigenen Völker, faktisch
keine Rolle. Längst gibt es Alternativen, wie man ver-
nünftig mit den Walen umgehen und sie im touristischen
Bereich durchaus auch ökonomisch nutzen kann.

Meine Damen und Herren, das Jahr 2010 ist das Jahr
der biologischen Vielfalt. In diesem Jahr wird sich zei-
gen, ob die Weltgemeinschaft in der Lage ist, den Verlust
der biologischen Vielfalt aufzuhalten. Der Schutz der
Wale ist ein Lackmustest für Deutschland, für die Euro-
päische Union und für die Weltgemeinschaft. Der Deut-
sche Bundestag hat in den letzten Wochen und Monaten
informell und nun heute mit dem vorliegenden Antrag
formell alles getan, um die deutsche Regierung in einem
guten Sinne in einer guten Position zu unterstützen, da-
mit wir in Agadir zu einem guten Abschluss kommen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704620200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Angelika Brunkhorst

von der FDP-Fraktion.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1704620300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

st gut, dass wir nach vielen Diskussionen in den einzel-
en Fraktionen und mit dem Bundesministerium für Er-
ährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz einen
emeinsamen Antrag auf den Weg gebracht haben und
ir so wie in der Vergangenheit unserem Anspruch treu
eblieben sind, für einen umfassenden Walschutz einzu-
tehen.

Es ist das Jahr der biologischen Vielfalt. Gerade Wale
ind in ihrer Existenz massiv bedroht. Neben dem kom-
erziellen Walfang sind die Meeressäuger unterschied-

ichsten Umwelteinflüssen ausgesetzt; das wissen wir
lle. Wir wissen, dass sich die Nahrungsketten verschie-
en, dass der CO2-Anstieg zur Versauerung der Meere
ührt und sich durch die Klimaerwärmung die Wasser-
emperatur erhöht, was für die Wale natürlich nicht gut
erträglich ist. Auch schädliche Einflüsse durch Einträge
nd die Folgen der Überfischung sind nicht zu unter-
chätzen. Dies führt zu zunehmender Nahrungsknapp-
eit. Als Beifang finden viele Kleinwale und Delfine ei-
en fürchterlichen Tod. Selbst im antarktischen
chutzgebiet wird, wie eben schon erwähnt, weiterhin
ejagt.

Aktuell wird Japan von Australien vor dem Interna-
ionalen Gerichtshof angeklagt. Unter dem Deckmantel
on Wissenschaft und Forschung macht Japan Jagd auf
wergwale und sogar auf Finnwale und verwertet das
leisch weiterhin kommerziell. Wir alle sind uns einig:
ur eine klare und absolute Absage des Walfangs kann

etztlich zu einer Verbesserung führen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Internationale Walfang-Kommission hat einen
ompromissvorschlag vorgelegt, der sicherlich gut ge-
eint war, aber leider nur der klägliche Versuch war, alle
itglieder in ein Boot zu holen. Es darf nicht sein, dass

er kommerzielle Walfang aufgrund solch eines Kom-
romisses wieder in Kauf genommen wird und dass Län-
er, die bisherige Vereinbarungen nicht einhalten, quasi
och belohnt werden. Das werden wir nicht mitmachen.
as ist völlig inakzeptabel. Der Status der bereits heute

ingerichteten Schutzgebiete muss unbedingt erhalten
leiben und darf nicht untergraben werden.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eshalb lehnen wir den Kompromissvorschlag ab. Wir
ollen weiterhin die doppelte Absicherung: Wir wollen
ie Weiterführung des Moratoriums. Zudem muss das
ashingtoner Artenschutzabkommen weiterhin gelten

nd darf nicht unterlaufen werden.

Ich kann uns alle nur zu beglückwünschen, dass wir
in sehr klares Votum für die am 21. Juni stattfindende
onferenz in Agadir vom Bundestag aussenden können





Angelika Brunkhorst


(A) )


)(B)

und Herr Röttgen ein klares Votum mit auf den Weg be-
kommt. Ich hoffe, dass Europa mit einer Stimme spre-
chen wird und wir nicht in die Bredouille kommen, dass
wir uns enthalten müssen und die Walfangbefürworter
die Oberhand gewinnen. Das darf nicht geschehen. Da-
für wird sich auch die FDP weiterhin einsetzen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704620400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Eva Bulling-Schröter

von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704620500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im

Jahr 1987 veröffentlichte Hans Magnus Enzensberger ei-
nen Essay mit dem Titel Böhmen am Meer, geschrieben
im Jahr 2006 von einem fiktiven amerikanischen Zei-
tungskorrespondenten namens Timothy Taylor. Darin
„berichtet“ dieser Journalist unter anderem von einer
Berliner Konferenz zum Artenschutz, wobei die Mauer
und der Grenzstreifen nach Auflösung der innerdeut-
schen Grenze als Naturschutzgebiet dienen sollen. Es
werden verschiedene fiktive Aussichten auf die Zukunft
geboten, wobei die Verwandlung des Geländes der Berli-
ner Mauer in ein Biotop fast genau der heutigen Realität
entspricht.

Damit sind wir bei zwei Themen, die der zur Abstim-
mung stehende Antrag tangiert: beim Thema Arten-
schutz und bei der Mauer, die in den Köpfen der Antrag-
steller offensichtlich im Gegensatz zur Realität immer
noch existiert. Die Linke ist nicht deshalb nicht unter
den antragstellenden Fraktionen, weil sie kein Herz für
Wale hat, sondern deswegen, weil insbesondere die
CDU/CSU-Fraktion


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Mit den großen Tieren habt ihr es nicht so!)


in der üblichen undemokratischen und unparlamentari-
schen Manier die Existenz der Linken nicht wahrhaben
will. Darum wurden wir weder bei der Erarbeitung des
Antrages einbezogen, noch gestattete man uns, den An-
trag als fünfte Fraktion mit zu unterzeichnen. Das zeigt
wieder einmal Ihre politische Unreife.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch wenn wir das langsam gewohnt sind, enttäuscht es
mich immer wieder. Das ist übrigens nicht nur unreif,
sondern auch heuchlerisch; denn in Ihrem Antrag schrei-
ben Sie:

Um den Verlust der Arten zu bekämpfen, müssen
national wie international alle Kräfte gebündelt
werden.

Das ist auch richtig. Auf die Kraft von 76 linken Bun-
destagsabgeordneten scheinen Sie aber verzichten zu
wollen. Ich finde, ein so wichtiges Thema wie der Wal-

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(C (D chutz müsste doch das Potenzial haben, den Kalten rieg in den Köpfen der CDU/CSU-Fraktion zu beenen. Kommen wir zum Inhalt. Für mich geht es nach wie or darum, dass die Ächtung des Walfangs Allgemeingut ird, gerade auch in Ländern, in denen er praktiziert ird. Ich habe nun mehrmals gehört, dass Japans Jugend eutlich weniger Interesse am Walfang hat, als dies die ffizielle japanische Politik darstellt. Die Definition des alfangs als wissenschaftlich zeigt doch bereits, dass er kommerzielle Walfang sonst keine Unterstützung in er Bevölkerung fände. Die Ergebnisse der japanischen alforschung sind allerdings offenkundig so dürftig, ass sie von keinem internationalen wissenschaftlichen ournal zur Veröffentlichung angenommen wurden. Isand ist neben Japan übrigens das zweite Land, das Walang zu angeblich wissenschaftlichen Zwecken betreibt. ies ist brisant. Hier wird, wie es schon im Antrag steht, iniges bei den EU-Verhandlungen zu klären sein. Imerhin hat Island 2002 das Internationale Übereinkomen zur Regelung des Walfangs unterzeichnet. Uns muss klar sein, dass der Schutz von Walen weit ehr ist, als das Bejagen dieser Meeressäuger zu redu ieren und möglichst nur noch den indigenen Walfang zu rlauben. Dazu gehört auch der Schutz der Meere vor toffeinträgen, Verschmutzungen, Lärm – vor allem urch technische Anlagen und Schiffe – und Öl sowie or industrieller Fischerei. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)


iese Themen bilden ein anspruchsvolles Politikfeld,
enn wir den Walschutz wirklich ernst nehmen wollen.
och die Politik der Bundesregierung verhält sich zu
achhaltiger Umweltpolitik genauso – und hier möchte
ch auf den Anfang meiner Rede zurückkommen – wie
öhmen zum Meer: Sie ist weit davon entfernt.

Dieser Antrag ist aus unserer Sicht durchaus ein
chritt in die richtige Richtung. Wir sind nicht so wie
ie: Wir stimmen dem Antrag zu, auch wenn wir ihn
icht mit erarbeiten durften. Sie sollten sich aber noch
inmal überlegen, mit wem sie in Zukunft Gemeinsam-
eiten sehen und mit wem nicht.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704620600

Das Wort hat nun Cornelia Behm für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704620700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

st für mich ganz ungewöhnlich, von dieser Stelle aus
inmal nicht gegen die Regierungsfraktionen zu wettern,
ondern das Gegenteil zu tun. Im Übrigen tun Sie das
urzeit untereinander bei anderen Sachverhalten ja ganz
refflich.





Cornelia Behm


(A) )


)(B)

Ich möchte noch einmal in die Geschichte gehen. Das
1986 beschlossene Walfangmoratorium hat seinerzeit
Wirkung gezeigt. Bis auf Japan, Norwegen und Island,
die nach wie vor Walfang betreiben, sind deutlich weni-
ger Wale gejagt worden. Sie teilen sich aber nach wie
vor weiter Quoten zu, und nicht nur das: Sie haben auch
weitere Walfangbefürworter geworben. 1986 hatten wir
33 Länder in der IWC. Durch das Werben der Walfang-
befürworter besteht zwar noch keine Gefahr, dass sie die
erforderliche Zweidrittelmehrheit stellen, mit der das
Moratorium abgeschafft werden könnte; aber auch die
Walschutzländer haben inzwischen keine Zweidrittel-
mehrheit mehr.

Deutschland gehörte immer zu den Walschutzländern.
Es spielte unter Rot-Grün eine Vorreiterrolle und enga-
gierte sich auch danach aktiv für den Walschutz, übri-
gens mit voller Rückendeckung des Bundestages. Der
Bundestag war es auch, der die Bundesregierung beauf-
tragte, in der Arbeitsgruppe der IWC mitzuwirken, und
zwar mit dem Ziel, die Kuh vom Eis zu holen, das heißt,
Japan, Norwegen und Island Brücken zu bauen, um sich
ohne Gesichtsverlust dem Moratorium anschließen zu
können.

Das Ergebnis löste jedoch – zumindest bei mir – Ent-
setzen aus. Der Vorschlag des Vorsitzenden sah de facto
eine Aufhebung des Moratoriums vor, nämlich durch of-
fizielle Zuteilung von kommerziellen Walfangquoten an
diese drei Länder, und zwar für die nächsten zehn Jahre.
Infolgedessen wäre die Wiederaufnahme des internatio-
nalen Handels mit Walprodukten zu befürchten gewesen.
Wo ein Markt ist, zum Beispiel für Walfleisch als Hun-
defutter oder für Waltran zur Energieerzeugung, da
nimmt auch der Walfang wieder zu. Das kann nicht ge-
wollt sein; das können wir Deutsche nicht wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU] und Angelika Brunkhorst [FDP])


Nach ersten ernst zu nehmenden Befürchtungen, dass
Deutschland bei der nächsten IWC-Jahrestagung diesen
Vorschlägen zustimmen würde, gab es zwischen Bun-
desministerien, Parlamentariern und Walschutzorganisa-
tionen einen intensiven Austausch. Ich erinnere mich an
sehr erregte Wortwechsel.


(Heinz Paula [SPD]: Sehr lebhaft, ja!)


Obwohl wir fraktionsintern und in Abstimmung mit der
SPD bereits einen Antrag beschlossen hatten, mit dem
die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, diesem
Kompromissvorschlag keinesfalls zuzustimmen, war
mir von Anfang an klar, dass nur ein interfraktioneller
Bundestagsantrag weiterhelfen würde. Ich muss aber ge-
stehen: Bis zum Schluss war ich unsicher, ob es wirklich
klappen würde, ob wir zu einem Beschluss kommen
würden, den letztlich auch wir Grüne mittragen können.
Ich bin deswegen sehr froh, dass dies zu guter Letzt ge-
lungen ist. Wir Grüne haben neben den Walschutzorga-
nisationen sicherlich einen Anteil daran. An dieser Stelle
möchte ich mich ausdrücklich beim Kollegen Liebing
bedanken. Ohne seinen Einsatz und seine Bemühungen,

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(C (D lle zueinanderzuführen, wäre das Vorhaben sicherlich rotzdem zum Scheitern verurteilt gewesen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Schluss noch ein paar Überlegungen zu den
ussichten, bei den IWC-Verhandlungen mit Japan,
orwegen und Island ein Ausstiegsszenario vereinbaren

u können. Die Aussichten sind sicherlich nicht allzu
ut. Allerdings besteht die realistische Möglichkeit, dass
sland die Seite der Walfangländer verlässt, wenn es tat-
ächlich der EU beitritt. Japan muss demnächst entschei-
en, ob es ein neues Fabrikschiff baut oder nicht. Wenn
ie Entscheidung gegen den Neubau ausfällt, wird Japan
aktisch keine Wale mehr fangen, unabhängig von seiner
ffiziellen Position in der IWC. Ohne den japanischen
arkt wird auch Norwegen den Walfang beenden. Am

nde sieht es für den Stopp des Walfangs vielleicht doch
esser aus, als es die festgefahrene Lage in der IWC ver-
uten lässt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704620800

Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Dieter

tier für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dieter Stier (CDU):
Rede ID: ID1704620900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrte Damen und Herren! Mit dem heute vorlie-
enden fraktionsübergreifenden Antrag „Konsequenten
alschutz fortsetzen und verbessern“ fordern wir Parla-
entarier die Bundesregierung einvernehmlich auf, auf

er 62. Tagung der Internationalen Walfang-Kommis-
ion ein klares Bekenntnis zum Schutz der Wale abzuge-
en.

Wir haben es von den Vorrednern schon gehört: Das
ereits 1986 beschlossene Moratorium, das ein Verbot
es kommerziellen Walfangs vorsieht, wird seit Jahren
on den drei Walfangnationen Norwegen, Island und Ja-
an systematisch unterlaufen. Allein unter dem schein-
eiligen Deckmantel des sogenannten wissenschaftli-
hen Walfanges werden gegenwärtig jährlich etwa
000 Wale getötet, und das mit steigender Tendenz.
ieses Hinwegsetzen über das Moratorium ist nicht län-
er akzeptabel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Heinz Paula [SPD])


er kommerzielle Walfang muss wirksam unterbunden
erden.

Nach zweijährigen Beratungen hat der IWC-Vorsitz
m 22. April dieses Jahres den jetzt vorliegenden Kom-
romissvorschlag zur Verbesserung des Walschutzes
usgearbeitet. Das Schlupfloch des wissenschaftlichen
alfangs soll damit endlich wirksam geschlossen wer-

en. Alle Fänge sollen wieder unter die Kontrolle der





Dieter Stier


(A) )


)(B)

IWC kommen. Auch sollen die Fänge der Walfangnatio-
nen insgesamt gegenüber den heutigen Fangzahlen deut-
lich reduziert werden. Im Grundsatz ist der Versuch der
IWC, einen Kompromiss zu finden, zu würdigen; denn
unserer Meinung nach müssen alle Wege und Möglich-
keiten geprüft werden, um dem Schutz der Wale hinrei-
chend Rechnung zu tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wie jeder Kompromiss enthält auch das vorliegende
Papier Teile, die von uns nicht uneingeschränkt mitge-
tragen werden können. Deshalb muss der vorliegende
IWC-Kompromiss in seiner konkreten Ausgestaltung
noch in folgenden zentralen Punkten modifiziert werden:

Erstens. Der Walfang unter dem Deckmantel der wis-
senschaftlichen Forschung muss beendet werden.

Zweitens. Am Walfangmoratorium muss festgehalten
werden. Jegliche Vorschläge zur Wiederaufnahme des
kommerziellen Walfangs sind deshalb strikt abzulehnen
und nicht akzeptabel.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Nicht akzeptabel ist für uns auch der Fang
von bedrohten Arten wie den Finnwalen. In keinem Fall
darf ein Bestand bejagt werden, wenn nicht vorher der
Wissenschaftsausschuss sein Einverständnis dazu erklärt
hat.

Viertens. Es ist unbedingt sicherzustellen, dass das
Handelsverbot für Walprodukte des Washingtoner Ar-
tenschutzübereinkommens nicht unterlaufen werden
kann.

Fünftens. Nicht akzeptabel ist Walfang in Walschutz-
gebieten wie dem Südpolarmeer. Japan muss uns ein
konkretes Datum für das Ende des Walfangs im Süd-
polarmeer nennen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Heinz Paula [SPD])


Die Bundesregierung darf in der IWC keinem Kom-
promissvorschlag zustimmen, der nicht mindestens diese
Forderungen erfüllt. Wir erwarten von der Bundesregie-
rung, dass sie diese Position in Agadir mit Nachdruck
vertritt. Ich bin sehr erleichtert darüber, dass wir dem
deutschen IWC-Kommissar, Herrn Staatssekretär a. D.
Lindemann, diesen gemeinsamen Beschluss des Deut-
schen Bundestages mit auf den Weg nach Agadir geben
können.

Ganz besonders begrüße ich dieses deutlich fraktions-
übergreifend vorgesehene Votum von der Regierungsko-
alition sowie von SPD und dem Bündnis 90/Die Grünen.
Es demonstriert eindrucksvoll den Schulterschluss und
eine breite Mehrheit der Parlamentarier über Parteigren-
zen hinweg, wenn es um die Belange dieser Meeressäu-
getiere geht. Liebe Kollegin Bulling-Schröter, mir er-
schließt sich aber nicht, was Artenschutz mit der

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(C (D erliner Mauer zu tun hat; das muss ich an dieser Stelle inmal sagen. (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Mir auch nicht!)


Um ehrlich zu sein: In dieser 17. Wahlperiode sind
ir noch nicht übermäßig viele parteiübergreifende An-

räge im Sinne der Sache begegnet. Deshalb finde ich es
ut und freue mich außerordentlich, dass wir Parlamen-
arier mit sichtbarer Geschlossenheit weltweit ein Signal
ür den hohen Stellenwert des Walschutzes in Deutsch-
and und Europa senden werden. Erfahrungsgemäß wer-
en sich viele EU-Länder der deutschen Position an-
chließen. Wir können somit in der EU das volle
olitische Gewicht bei den Verhandlungen im Interesse
es Walschutzes in die Waagschale werfen. Deshalb
ein Appell an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen:
assen Sie uns bei den gleich vorgesehenen Abstimmun-
en zu diesem Antrag diese Geschlossenheit auch mit ei-
em gemeinsamen Votum bekräftigen.

Erlauben Sie mir am Ende meiner Ausführungen
och eine persönliche Anmerkung. Die Diskussionen
nd Gespräche im Vorfeld dieses fraktionsübergreifen-
en Antrags waren sehr oft von Emotionalität und dem
esthalten an ideologisch geprägten Standpunkten ge-
rägt. Gelegentlich wünschte ich mir hier noch mehr
ompromissbereitschaft auf der Wegstrecke zum ge-
einsamen Ziel. Es liegt mit in unserer Verantwortung,

ass alle Walfangnationen und alle Walschutznationen in
er IWC an einen Tisch gebracht werden, um die gegen-
eitige jahrzehntelange Blockadehaltung endlich aufzu-
rechen.

Ich wünsche mir von allen beteiligten Akteuren auch
ür zukünftige Verhandlungen ein Stück mehr politi-
chen Weitblick für das Machbare und weniger für das
eharren auf ideologischen Positionen. Entscheidend ist

etztlich das Ergebnis. Ich denke, mit dem vorliegenden
ntrag haben wir der Bundesregierung ein klares und

invernehmliches Mandat zur Aushandlung eines guten
ompromissvorschlages der IWC erteilt. Ich bitte des-
alb um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704621000

Kollege Stier, dies war Ihre erste Rede im Deutschen

undestag. Herzliche Gratulation und alle guten Wün-
che für die weitere Zusammenarbeit!


(Beifall)


Das Wort hat nun Kollege Heinz Paula für die SPD-
raktion.


(Beifall bei der SPD)



Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1704621100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wale sind in der Tat faszinierende Lebewesen





Heinz Paula


(A) )


)(B)

und sowohl für unser gesamtes maritimes als auch für
unser ökologisches System unersetzlich. Herr Schwabe
und weitere Kollegen haben bereits darauf hingewiesen,
wie vielfältig die Gefährdung unserer Wale ist. Es liegt
an uns, den Bestand der Wale zu schützen. Es ist wich-
tig, dass wir Katastrophen wie momentan im Golf von
Mexiko vermeiden, den Walfang verbieten und dieses
Verbot auch konsequent durchsetzen.

Der Kompromissvorschlag der IWC-Arbeitsgruppe
hat uns alle wie ein Schlag getroffen. Der Kompromiss-
vorschlag ist in keinster Weise hinnehmbar. Es wäre die
Legitimation zum Walfang mit Quoten, die deutlich über
den momentanen Fangzahlen liegen. Man stelle sich vor:
In Schutzgebieten würden bedrohte Arten gefangen. Der
Vorschlag hätte Japan, Norwegen und Island im Nachhi-
nein dafür belohnt, dass sie permanent gegen das beste-
hende Moratorium verstoßen.

Herr Liebing, Sie haben vorhin darauf hingewiesen,
dass momentan die japanische Walfangflotte ausläuft.
Ihr angestrebtes Ziel ist der Fang von 260 Walen. Man
stelle sich vor: Darunter sind über 120 Tiere, deren Art
bedroht ist.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


Es wäre unvorstellbar, wenn ein Land, das in den letzten
25 Jahren aus wissenschaftlichen Erwägungen heraus
über 15 000 Wale getötet hat – wissenschaftliche Er-
kenntnisse: null –, durch den ursprünglich vorgelegten
Beschlussvorschlag dafür quasi belohnt würde.

Ich als Tierschutzbeauftragter bin wie meine gesamte
Fraktion froh darüber, dass die ursprünglichen Überle-
gungen im Ministerium aufgrund von massivem Protest
von Nichtregierungsorganisationen ad acta gelegt wor-
den sind. Lassen Sie mich in unser aller Namen bei
Greenpeace, bei Pro Wildlife und dem Internationalen
Tierschutz-Fonds bedanken. Herr Liebing, Sie haben
vorhin zu Recht darauf hingewiesen: Es stünde den Japa-
nern sehr gut an, auf Klagen gegen Aktivisten von
Greenpeace zu verzichten.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir finden es sehr positiv, dass alle Parteien dem vor-
liegenden Antrag zustimmen werden. Ich bedanke mich
außerordentlich bei allen, die mitgeholfen haben, dass
wir zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen sind.
Wir haben klare Forderungen aufgestellt, ohne deren
Einhaltung keinerlei Zustimmung bei der nächsten IWC-
Tagung möglich wäre. Ich brauche sie nicht zu wieder-
holen – die Kollegen haben darauf hingewiesen –, auch
nicht, dass der Missbrauch des wissenschaftlichen Wal-
fangs abgelehnt wird.

Das sind Grundvoraussetzungen, und wir erwarten
von der Bundesregierung, dass sie diese in die anstehen-
den Beratungen im EU-Ministerrat konsequent
einbringt. Wir alle wissen: Europa hat eine zentrale
Funktion. Mein dringender Appell geht an die Bundesre-
gierung: Sorgen Sie bitte dafür, dass ein möglichst ein-

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(C (D eitlicher Beschluss gefasst wird, der bei der nächsten agung kraftvoll eingebracht werden kann. Es wäre vereerend, wenn eventuell eine Enthaltung drohen würde. ch möchte sogar dringend darum bitten, dass die Bunesregierung auf möglichst viele EU-Länder einwirkt, amit selbst bei einer nicht eindeutigen Beschlusslage uf europäischer Ebene dafür Sorge getragen wird, dass bei all den Schwierigkeiten, denen wir uns durchaus ewusst sind – die von uns geforderten Punkte Untertützung finden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mein weiterer Appell an die Bundesregierung: Üben
ie enormen Druck auf die Walfangnationen aus. Da ist
iniges in Bewegung. Wir haben vor kurzem in einem
espräch mit Island deutlich sehen können, dass umge-
acht wird. Ich halte es für zwingend erforderlich, dass
or der Aufnahme von Gesprächen, was den EU-Beitritt
nbelangt, Island zu einer klaren Position gezwungen
ird, nämlich keinen weiteren Walfang zuzulassen.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich abschließend unterstreichen: Wir
lle, das gesamte Haus, werden nicht lockerlassen bei
nserem Engagement für die Wale, und wir werden nicht
ufgeben, bis es endlich geschafft ist, dass keine Tötung
ines Wales aus wissenschaftlichen bzw. kommerziellen
ründen stattfindet.

Ich bedanke mich sehr herzlich.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704621200

Das Wort hat nun Christel Happach-Kasan für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1704621300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

in sehr froh, dass wir uns beim Walschutz einig sind.
ch bin sehr froh, dass wir einen gemeinsamen Antrag
uf den Weg bekommen haben und damit wie auch in
en Jahren zuvor deutlich machen, dass der Deutsche
undestag hinter dem Ziel steht, die Wale weltweit zu

chützen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Heinz Paula [SPD])


Seit knapp 25 Jahren gibt es die Internationale Wal-
ang-Kommission. Wir müssen feststellen, dass sich
leichwohl die Anzahl der gefangenen Wale in den letz-
en zehn Jahren um knapp 100 pro Jahr erhöht hat. Das
st etwas, dem wir nicht einfach so zusehen dürfen. Es ist
aher richtig, dass ein neuer Ansatz gefunden wird, um





Dr. Christel Happach-Kasan


(A) )


)(B)

zu dem Ziel zu kommen, den gesamten kommerziellen
Walfang zu beenden. Das ist das Ziel.

Wir müssen feststellen, dass wir hinsichtlich der In-
strumente etwas beweglicher werden müssen, weil wir
dieses Ziel mit einem Moratorium allein bisher nicht er-
reicht haben. Deswegen müssen wir zu neuen Methoden
kommen. Eine neue Methode, die wir in unserem Antrag
erwähnt haben, sind Quoten. Wir alle sind uns aber darin
einig, dass wir nur eine stark degressive Gestaltung von
Quoten in Kauf nehmen können, dass geschützte, vom
Aussterben bedrohte Arten unter keinen Umständen ein-
bezogen werden dürfen und dass in Meeresschutzgebie-
ten selbstverständlich in keiner Weise gefangen werden
darf. Nur dann ist dieses Instrument überhaupt akzepta-
bel. Dennoch sind Quoten ein Instrument, mit dem wir
im Moment die Hoffnung verbinden, dass wir dahin
kommen, dass weniger Wale pro Jahr gefangen werden
und wir schließlich auf null kommen. Das ist unser Ziel.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sollten uns bei der Beratung eines solchen An-
trags natürlich auch darüber im Klaren sein, dass Wal-
fang nur ein Bedrohungsfaktor für Wale ist und es viele
weitere Bedrohungsfaktoren für Wale gibt. Da müssen
wir ansetzen. Ich denke daran, dass nach wie vor rund
300 000 Kleinwale und Delfine in Stellnetzen und Treib-
netzen verenden. Das ist ein grausamer Tod. Da können
wir nicht stehen bleiben. Wir müssen daran denken, dass
Flussdelfine durch die starke Verschmutzung von Flüs-
sen nach wie vor bedroht sind, weil ihre Lebensräume
zerstört werden. Auch da dürfen wir nicht stehen blei-
ben. Wir müssen außerdem feststellen, dass der zuneh-
mende Unterwasserlärm dazu führt, dass es für viele
Wale fast unmöglich ist, Futter zu finden, und dass sie
sich nicht richtig orientieren können. Auch das ist ein
Thema, das wir angehen müssen. Wir sollten ferner da-
ran denken, dass starker Schiffsverkehr dazu führt, dass
Wale häufiger Kollisionen mit Schiffen erleiden. Nord-
kaper ist zum Beispiel eine Walart, die stark gefährdet ist
und bei Kollisionen immer wieder Opfer ist.

– All das müssen wir in Angriff nehmen; denn wir
sind uns einig: Wir wollen die Wale, die großen Meeres-
säuger, schützen und ihren Bestand erhalten. Wir wollen
dafür sorgen, dass die seltenen Arten wieder häufiger
vorkommen. Wir wollen die Bedrohung für diese Arten
mildern. Wenn wir uns darin einig sind, dann sollten wir
nicht dabei stehen bleiben, ein Fangverbot aufzulegen,
sondern wir sollten auch an den anderen, die Wale beein-
trächtigenden Tatsachen arbeiten und auch diesbezüglich
Abhilfe schaffen.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704621400

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1982 mit em Titel „Konsequenten Walschutz fortsetzen und veressern“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig ngenommen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 12 a bis 12 c
uf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Roth (Heringen), Axel Schäfer (Bochum),
Dr. Angelica Schwall-Düren, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD

zu dem Vorschlag der Europäischen Kommis-
sion für eine Verordnung des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Bürgerini-
tiative
KOM(2010) 119 endg.; Ratsdok. 8399/10

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre-
gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes

Europäische Bürgerinitiative bürgerfreund-
lich gestalten

– Drucksache 17/1975 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej
Konstantin Hunko, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

zu dem Vorschlag der Europäischen Kommis-
sion für eine Verordnung des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Bürgerini-
tiative
KOM(2010) 119 endg.; Ratsdok. 8399/10

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre-
gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über
die Zusammenarbeit von Bundesregierung
und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten
der Europäischen Union

Europäische Bürgerinitiative bürgerfreund-
lich gestalten

– Drucksache 17/1967 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Viola
von Cramon-Taubadel, Ulrike Höfken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

zu dem Vorschlag der Europäischen Kommis-
sion für eine Verordnung des Europäischen





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Parlaments und des Rates über die Bürgerini-
tiative
KOM(2010) 119 endg.; Ratsdok. 8399/10

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre-
gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes

Europäische Bürgerinitiative – Für mehr Bür-
gerbeteiligung in der EU

– Drucksachen 17/1781, 17/2013 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Thomas Dörflinger
Michael Roth (Heringen)

Dr. Stefan Ruppert
Andrej Konstantin Hunko
Manuel Sarrazin

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Michael Roth von der SPD-Fraktion das Wort.


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1704621500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir reden über ein Thema, das von Beginn an von der
Sozialdemokratischen Partei mit sehr viel Ernsthaftig-
keit und Leidenschaft unterstützt wurde. Es geht um die
große Chance, die Bürgerinnen und Bürger in der Euro-
päischen Union stärker an diesem Projekt zu beteiligen.
Insofern hätte ich mir gewünscht, dass wir hier im Bun-
destag durch eine gemeinsame Stellungnahme belegt
hätten, dass dies nicht nur ein zentrales Thema für die
SPD-Fraktion und die Oppositionsfraktionen insgesamt
ist, sondern dass sich auch die Koalitionsfraktionen in
diesen Prozess einbringen, zumal Herr Staatsminister
Hoyer, wenn ich ihn richtig verstanden habe, uns ermun-
tert hat, die Bundesregierung aktiv zu begleiten und sie
dabei zu unterstützen, die Europäische Bürgerinitiative
zu einem bürgerfreundlichen Instrument werden zu las-
sen. Da steht das eine oder andere – das muss ich leider
sagen – noch aus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Europäische Bürgerinitiative ist eine Chance
nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für uns Par-
lamentarier. Eine europäische Öffentlichkeit, in der die
Bürgerinnen und Bürger Themen gemeinsam bespre-
chen, in der auch gemeinsam gestritten wird, ist das
beste Mittel gegen Renationalisierung. Das sehen wir
nicht nur an den Wahlergebnissen bei vielen unserer
Nachbarn. Das sehen wir nicht nur an der relativ starken
Zurückhaltung, sich der großen europäischen Idee zu
öffnen. Wir sehen das auch im tagtäglichen Handeln und
möglicherweise sogar hier in unseren eigenen Reihen.
Es ist schwieriger geworden für Europa.

Das beste Mittel, um deutlich zu machen, dass wir in
einem Boot sitzen, ist, Themen, die über die Grenzen des
Nationalstaates hinausreichen, auf die gemeinsame

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(C (D genda zu setzen und den Bürgerinnen und Bürgern, gal ob sie aus Frankreich, Lettland, Ungarn, Deutschand oder Spanien kommen, die Möglichkeit zu geben, en EU-Institutionen, insbesondere der Kommission, as zu sagen, was ihnen wichtig ist. s kann sich um Fragen des Friedens und der Sicherheit, ragen des Verbraucherschutzes und Fragen der Gesundeit handeln, viele Themen können auf die Agenda geetzt werden. Ich habe gestern von den Kolleginnen und Kollegen er Linkspartei gehört, das, was im Vertrag von Lissabon tehe, sei eher bescheiden. Ich mahne uns alle: Wir sollen selbstbewusst und nicht verzagt sein. Wo steht in den erträgen, dass beispielsweise das Europäische Parlaent Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommis ion der EU anhört, bevor sie ins Amt berufen werden? ll das hat sich das Parlament erkämpft. Genauso könen wir jetzt durch eine kritische Begleitung des Gesetzebungsprozesses dieses Projekt zu einem Erfolg führen, as ein hohes Maß an Verbindlichkeit erhält und als Erebnis eben nicht nur eine mehr oder weniger belanglose itteilung der Kommission nach sich zieht. Vor diesem Hintergrund bin ich von der Koalition ehr enttäuscht; das will ich deutlich sagen. ie stehen auf der Bremse, nicht auf dem Gaspedal. uch gestern in der Anhörung, in dem Fachgespräch, as wir im Rahmen der Sitzung des Europaausschusses urchgeführt haben, ist eher über die Bedenken und weiger über die Chancen geredet worden. Ich habe gehört möglicherweise kann Herr Staatsminister Hoyer dies n einer der nächsten Sitzungen klarstellen –, dass die undesregierung auch in Brüssel zögert und dass nicht eutlich wird, wie wichtig Ihnen das Thema ist. Insofern ätte ich mir gewünscht, dass wir dem Beispiel Östereichs und anderer nationaler Parlamente gefolgt wären nd eine fraktionsübergreifende Stellungnahme auf den eg gebracht hätten, um gemeinsam zu erklären: Dieses orhaben ist uns wichtig. Wir hätten sicherlich einen ompromiss finden können. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD)


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Was?)


Ich will noch einmal die Kernanliegen meiner Frak-
ion verdeutlichen; denn einiges, was die EU-Kommis-
ion in den Verordnungsentwurf geschrieben hat, stößt
ei uns auf Kritik. Unser Ziel ist eine bürgerfreundliche,
nbürokratische und zügige Umsetzung. Deswegen lau-
et meine Forderung an die Bundesregierung, im Rat da-
ür zu sorgen, das Gesetzgebungsverfahren gemeinsam
it dem Europäischen Parlament zeitnah zum Abschluss

u bringen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir fordern eine Herabsetzung der Mindestanzahl der
itgliedstaaten, die sich an einer solchen Bürgerinitia-

ive beteiligen. Bislang schlägt die Kommission ein Drit-





Michael Roth (Heringen)



(A) )


)(B)

tel vor. Wir schlagen ein Viertel vor, das heißt sieben
statt neun Mitgliedstaaten. Wir sind dafür, die Zulässig-
keitsprüfung frühestmöglich durchzuführen und nicht zu
warten, bis 300 000 Unterschriften gesammelt werden.
Wir sind auch dafür, dass auf die Angabe der Personal-
ausweisnummer verzichtet werden kann.

Wir würden uns freuen, wenn es uns gelänge, den
Zeitraum der Sammlung der Unterschriften von 12 auf
18 Monate zu verlängern; denn es ist schwierig, ver-
schiedene Organisationen in der Europäischen Union
zusammenzuführen. Deswegen sollten wir hier etwas
großzügiger sein. Wenn die 1 Million Unterschriften
schneller gesammelt werden kann, spricht überhaupt
nichts dagegen, das Verfahren dann zügiger abzuschlie-
ßen.


(Beifall bei der SPD)


Ein weiterer Punkt, der uns wichtig ist: Diejenigen,
die eine Europäische Bürgerinitiative auf den Weg ge-
bracht haben, müssen von der EU-Kommission ernst ge-
nommen und respektiert werden. Deswegen sollten vor
einer abschließenden Überprüfung durch die Kommis-
sion die Organisatoren einer Europäischen Bürgerinitia-
tive angehört werden, um die Grundlage noch etwas zu
verbreitern und für ein Stück Ernsthaftigkeit zu sorgen.

Gestern haben die Kolleginnen und Kollegen von der
Union gesagt, damit würden wir den Lobbyisten Tür und
Tor öffnen. Das halte ich nun wirklich für maßlos über-
zogen. Lobbyisten haben in Brüssel schon jetzt direkte
Zugänge, sowohl zum Rat, zur Europäischen Kommis-
sion als auch zum Europäischen Parlament. Die Europäi-
sche Bürgerinitiative verleiht gerade denen Ausdruck
und gibt gerade denen eine Chance der Mitwirkung, die
möglicherweise nicht über solche Lobbyzugänge verfü-
gen. Das ist Bürgerfreundlichkeit im besten Sinne des
Wortes. Ich will dieses Instrument nicht überhöhen.
Aber ich sehe darin durchaus eine Chance.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es sollte uns im
Deutschen Bundestag nicht nur darum gehen, Märkte zu
europäisieren. Es sollte uns vor allem auch darum gehen,
Bürgerinnen und Bürger, Projekte und Diskussionen in
der Europäischen Union zu europäisieren. Die Europäi-
sche Bürgerinitiative kann dazu einen wichtigen Beitrag
leisten.

Insofern fordere ich Sie auf: Geben Sie sich einen
Ruck. Leisten Sie einen Beitrag, dass deutlich wird:
Deutschland und der Deutsche Bundestag stehen hinter
der Europäischen Bürgerinitiative. Wir wollen, dass sie
ein wirklich kraftvolles, ernst zu nehmendes Instrument
wird. Daran müssen wir alle noch ein bisschen arbeiten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704621600

Das Wort hat nun Thomas Dörflinger für die CDU/

CSU-Fraktion.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1704621700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zu
eginn mit einer Begrifflichkeit aufräumen, die für uns

n Deutschland missverständlich ist. Wenn wir das Wort
Bürgerinitiative“ hören, dann denkt normalerweise je-
er von uns an eine Gemeinschaft von Menschen, die
ich in einem Verein einem bestimmten Thema widmen:
om Stadtteilfest über die erweiterten Kindergartenöff-
ungszeiten bis hin zu einer Ortsumgehung. Genau das
st hier nicht gemeint. Gemeint ist das, was wir aus den
eutschen Länderverfassungen unter dem Stichwort
Bürgerbegehren“ kennen. Ich will anregen, die Begriff-
ichkeit auch in dieser Debatte zu überprüfen, im Inte-
esse derer, die anschließend von diesem Instrument Ge-
rauch machen können, damit sich niemand etwas
alsches darunter vorstellt. Ich denke, die Bezeichnung
Bürgerbegehren“ wäre die sinnvollere Bezeichnung als
Bürgerinitiative“.

Ich will zwei Punkte unterstreichen, die der Kollege
oth angesprochen hat, weil wir uns da einig sind: Ers-

ens. Das Instrument kann eine Chance sein, wenn wir es
ichtig ausgestalten. Zweitens. Die Chance besteht darin,
ass wir so etwas wie eine europäische Öffentlichkeit
erstellen, die wir zumindest im medialen Bereich bis
um heutigen Tag so nicht haben. Es besteht, wie der
ollege formuliert hat, für die Bürgerinnen und Bürger

uch die Chance, der Kommission zu sagen, was wichtig
t.

Wenn gestern in dem Fachgespräch im Ausschuss für
ie Angelegenheiten der Europäischen Union von unse-
er Fraktion und von den Kolleginnen und Kollegen der
DP der eine oder andere kritische Unterton angeklun-
en ist, dann nicht deswegen, weil wir gegenüber diesem
nstrument prinzipiell skeptisch sind, sondern deswegen,
eil wir schon im Vorfeld, bevor das Instrument schluss-

ndlich greift, klären müssen, welche Risiken und He-
ausforderungen möglicherweise mit diesem Instrument
erbunden sind. Diese Frage dürfen wir nicht erst dann
lären, wenn wir uns bereits im Verfahren befinden.

Deswegen muss man an dieser Stelle auf ein paar of-
ene Punkte hinweisen, die wir miteinander beraten müs-
en:

In Art. 11 des Vertrages über die Europäische Union
ird die Marge von 1 Million Unterschriften genannt.

ch glaube, deshalb wäre es richtig, wenn die Quote un-
er den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei ei-
em Drittel und nicht bei einem Viertel liegen würde,
amit die Initiative anschließend auch von einer wirklich
reiten Masse getragen wird.

Das, was der Kollege Roth gestern aus dem Fachge-
präch zitiert hat, war insbesondere auch meine Einlas-
ung. Es handelt sich um die Frage an die Expertin und
n den Experten: Wie stellen wir sicher, dass das Instru-
ent, das wohlgemerkt „Bürgerinitiative“ und nicht

Verbandsinitiative“ heißt, nicht von Verbänden zur Ver-





Thomas Dörflinger


(A) )


)(B)

tretung von Partikularinteressen missbraucht wird? Das
wäre nämlich nicht im Sinne des Erfinders. Ich habe
festgestellt, dass beide Experten die Antwort auf diese
Frage schuldig geblieben sind. Im Gegenteil, sie haben
meine Bedenken bestätigt. Sie haben bestätigt, dass es
diese Risiken gibt, aber sie haben wenigstens bislang
noch keine Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Deswe-
gen ist das ein Punkt, an dem wir noch arbeiten müssen.

Ich nenne einen weiteren Punkt, der hinzukommt. Es
war die Rede davon, ob man möglicherweise darauf
verzichten könnte, dass man sich in irgendeiner Weise,
beispielsweise durch die Eingabe der Personalausweis-
nummer, identifiziert oder autorisiert. Ein bisschen kom-
plizierter und anspruchsvoller, als zwei Freunde bei Fa-
cebook anzuklicken, sollte es schon sein; denn das ist
tatsächlich ein demokratisch legitimiertes Instrument.

Wir kommen dann natürlich in einen sehr interessan-
ten Bereich, nämlich in den Bereich des Datenschutzes.
Ich kann nur hoffen, dass die Daten, die ich dort eingebe,
anschließend nicht bei irgendjemandem landen, der Un-
fug damit treibt. Deswegen ist im Rahmen dieses The-
mas noch einmal separat zu beleuchten, wie wir einer-
seits eine Möglichkeit der Identifizierung für die
Bürgerinnen und Bürger schaffen, andererseits aber den
Erfordernissen des Datenschutzes gerecht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Gucken Sie einmal, wie wir das bei uns machen! – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt ja Vorschläge der Opposition!)


Es wäre schön und edel gewesen, wenn der Deutsche
Bundestag, wie der Kollege Roth das eingefordert hat,
zu einer gemeinsamen Initiative gefunden hätte. Dieses
Begehren teile ich durchaus. Sie hätten dann aber auch
die Initiative ergreifen und das Gespräch mit der Koali-
tion suchen können,


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Oh!)


anstatt uns drei unausgegorene Anträge auf den Tisch zu
legen, über die wir heute per Abstimmung zu befinden
haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mit Blick auf das, was uns die Linksfraktion hier als
Antragstext vorgelegt hat, sage ich: Über einen Punkt
müssen wir uns verständigen. Eine Regelung ist, dass
die Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen an die Kom-
mission herantragen können. Im Rechtssetzungsprozess
innerhalb der Europäischen Union zwischen Rat, Kom-
mission und Parlament soll sich dadurch nichts ändern.


(Andrej Konstantin Hunko [DIE LINKE]: Das ist das Problem!)


Wenn man den Text des Antrages der Linkspartei
liest, dann kommt man auf die Idee, dass sie die Euro-
päische Kommission zu einer Poststelle degradieren
will, die für die Eingangsbestätigung bei Bürgeranliegen
zuständig ist, die anschließend auch noch einen An-
spruch auf Kostenerstattung für dieses Ansinnen haben.
Das ist auch nicht im Sinne des Erfinders.

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(C (D Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Sarrazin? Ja, gerne. Herr Kollege Dörflinger, Sie haben angesprochen, ass es wünschenswert gewesen wäre, hier etwas Geeinsames zu machen. Haben Sie mitbekommen, dass ir mehrfach – auch im Rahmen der Ausschusssitzung – esagt haben, dass wir uns gut vorstellen könnten, uns ber dieses wichtige Thema gemeinsam zu einigen? Auf iese Aussage hin haben wir von Ihrer Seite auch keine roße Ablehnung erfahren. Insofern finde ich, dass wir ns willig genug gezeigt haben, um das einmal so zu forulieren, sodass Sie nur noch hätten zugreifen müssen. ann wären wir alle zusammen vielleicht einen besseren eg gegangen, als wir ihn so zu gehen vermocht haben. eine Frage war, ob Sie das mitbekommen haben. Selbstverständlich habe ich das mitbekommen, so wie ch alles mitbekomme, was im Ausschuss für die Angeegenheiten der Europäischen Union passiert. (Michael Roth [Heringen] [SPD]: Manchmal ist es besser, wenn man nicht alles mitbekommt!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704621800
Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1704621900
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704622000
Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1704622100

nsere Reaktion ist durch Sie in diesem Fall aber durch-
us missverstanden worden. Für mich war es nicht be-
eits genug an Offerte, dass Sie einen Halbsatz oder ein-
inhalb Sätze in einem Ausschuss gesagt haben. Ich
ätte schon erwartet, dass Sie, wenn Sie das Ansinnen
rnsthaft verfolgen, tatsächlich den Versuch unterneh-
en, mit uns ins Gespräch zu kommen, und das nicht

ur zwischen den Tagesordnungspunkten X und Y am
ande des Ausschusses irgendwann einmal fallen lassen.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Früher haben wir das anders gemacht! Da sind wir auf die Opposition zugegangen und nicht umgekehrt! Das ist noch nicht so lange her!)


Das kann wohl sein, aber in dem konkreten Fall ist das
ben nicht so gelaufen.


(Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Sie haben offensichtlich kein Interesse, die Europapolitik gemeinsam zu machen! – Iris Gleicke [SPD]: Das sind Stilfragen!)


Ja, das sind Stilfragen. Das ist richtig, Frau Gleicke.
ie Frage ist aber, wer auf welchen Stil pocht, und ich
laube, Sie können dies in diesem Fall nicht für sich in
nspruch nehmen, meine sehr verehrten Damen und
erren.


(Lachen bei der SPD)


Wie gesagt, vielleicht wäre es schön gewesen, zu ei-
em gemeinsamen Antrag zu kommen, aber die Anträge,
nd zwar nicht nur der Antrag der Linkspartei, sondern





Thomas Dörflinger


(A) )


)(B)

auch die Anträge von Bündnis 90/Die Grünen und der
SPD, zeigen, dass wir inhaltlich sehr weit auseinander
liegen. Ich meine, es ist eine Ergänzung zum politischen
Entscheidungsprozess innerhalb der Europäischen
Union, dieses Instrument einzuführen, aber es kann die-
sen Prozess nicht ersetzen. Schon in diesem Punkt sind
wir sehr weit auseinander.

Deswegen bitte ich um Verständnis, wenn wir den
heute vorliegenden Anträgen nicht folgen können und
uns stattdessen darauf konzentrieren, eigene Interessen
zu entwickeln.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704622200

Das Wort hat nun Andrej Hunko für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Andrej Hunko (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704622300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir ken-

nen das Bild aus dem Feudalismus, wie die Untertanen
am Geburtstag des Königs am Hofe vorstellig wurden
und ihre Sorgen und Nöte darlegten, und war der König
milde gestimmt, so konnte es passieren, dass sie Gehör
fanden und der König großzügig Abhilfe versprach.

Nicht viel höher ist das demokratische Niveau der Eu-
ropäischen Bürgerinitiative, über die wir heute diskutie-
ren. Ich zitiere gerne aus dem entsprechenden Art. 11
Abs. 4 des Vertrages über die Europäische Union:

Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren An-
zahl eine Million betragen … muss, können … die
Europäische Kommission auffordern, im Rahmen
ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen
zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener
Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der
Union bedarf, um die Verträge umzusetzen.

Um es klar zu sagen: Das ist nicht mehr als ein einge-
schränktes Massenpetitionsrecht, ein kleines, aber un-
verbindliches Element partizipativer Demokratie. Es ist
kein Bürgerbegehren, wie Sie gerade gesagt haben, Herr
Dörflinger. Es ist kein plebiszitäres Element und kein
Element direkter Demokratie.

Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe selbst vor einigen
Jahren in Aachen ein Bürgerbegehren mit initiiert. Wir
haben Unterschriften gesammelt. Ein Quorum wurde er-
reicht. Es wurde geprüft, und dann musste die Stadt ei-
nen Bürgerentscheid organisieren. Wir haben 80 Prozent
gegen die Ratsmehrheit erreicht, und das Bauhaus Eu-
ropa, ein Prestigeobjekt, um das es dort ging, wurde
nicht gebaut. Das ist direkte Demokratie, und die brau-
chen wir auch auf Bundesebene und auf europäischer
Ebene.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich erinnere auch daran, dass der Lissabon-Vertrag,
durch den der zitierte Artikel eingeführt wurde, unter

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(C (D mgehung europäischer Bürgerbeteiligung durchgesetzt urde. Ich erinnere an die Referenden in Frankreich und en Niederlanden, die dabei umgangen wurden. Kann mit der Europäischen Bürgerinitiative zum Beipiel ein europäischer Mindestlohn eingeführt werden, as nicht nur wir sehr begrüßen würden? Nein, denn das ürde Art. 153 Abs. 5 des Vertrages über die Arbeitseise der Europäischen Kommission widersprechen. Kann damit eine soziale Fortschrittsklausel eingeführt erden, wie sie von den Gewerkschaften gefordert ird? Nein, denn dazu bräuchte es eine Änderung des ertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Komission. Kann damit die rechtsstaatlich höchst fragwürdige U-Terrorliste aufgehoben werden? Sie gehört zu den chwarzen Listen, die der Rat einsetzt und die dann judiative Folgen haben. Nein, denn das fällt nicht in die Zutändigkeit der Kommission, sondern des Rates. Es bleibt zu befürchten, dass bei diesen eingeschränken Möglichkeiten der wünschenswerte Effekt hinsichtich einer Herstellung europäischer Öffentlichkeit und er Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger äußerst becheiden sein wird. Gerade Sie von der Koalition geben sich mit dem viel ritisierten Umsetzungsvorschlag der Kommission ufrieden. Um wenigstens das Positive an der Europäichen Bürgerinitiative zu sichern, sollten die Durchührungsbestimmungen möglichst bürgerfreundlich getaltet werden. Da kann ich Herrn Roth nur zustimmen. ir haben ähnliche Vorschläge, die nur etwas weiter geen. Wir schlagen zum Beispiel vor, dass das Antragsaler auf 16 Jahre gesenkt wird. Außerdem – das halte ich ür sehr wichtig – fordern wir ein Klagerecht vor dem uropäischen Gerichtshof, falls die Kommission nach iner erfolgreichen Bürgerinitiative keinen Gesetzenturf vorlegt. Grundsätzlich bleibt festzuhalten: Die Europäische ürgerinitiative wird das strukturelle Demokratiedefizit er Europäischen Union nicht aufheben. Nichtsdestorotz begrüßt die Linke diesen kleinen Schritt in Richung mehr Demokratie in der EU. Es bedarf aber weierhin einer demokratischen Neubegründung der uropäischen Union mit neuen Grundlagenverträgen. Frau Merkel hat heute eine Änderung der Grundlaenverträge gefordert. Dann ist nicht einzusehen, warum ies nicht auch zu mehr Demokratie in der Europäischen nion, zu mehr Rechten des Europäischen Parlaments nd zu verbindlichen Rechten der Bürgerinnen und Bürer in Europa führen soll. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Heinz Golombeck für die FDP raktion. )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704622400




(A) )


Heinz Golombeck (FDP):
Rede ID: ID1704622500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

FDP-Bundestagsfraktion begrüßt nachdrücklich das
durch den Vertrag von Lissabon geschaffene Instrument
der Europäischen Bürgerinitiative. Die Europäische Bür-
gerinitiative kann einen wesentlichen Beitrag dazu leis-
ten, den Bürgerinnen und Bürgern die so oft als techno-
kratisch und bürgerfern bezeichnete Europäische Union
näher zu bringen. Es handelt sich hierbei um eine völlig
neue Form der partizipatorischen Demokratie in der EU.
Sie bietet die Chance, das Entstehen eines transnationa-
len Diskurses zu fördern und den Pluralismus in der EU
zu festigen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Gleichzeitig muss die konkrete Ausgestaltung der Eu-
ropäischen Bürgerinitiative sowohl effizient und reali-
sierbar sein als auch mit den Werten und Grundrechten
der Europäischen Union im Einklang stehen, um einen
Missbrauch dieses Instruments zu verhindern. Die FDP
steht für Bürokratieabbau und die Vermeidung unnötiger
Verwaltungskosten. Um diese zu vermeiden, sollte die
Europäische Bürgerinitiative mit nicht zu hohen Hürden
ausgestattet und in der Umsetzung bürgernah und prakti-
kabel gestaltet werden.


(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schauen Sie doch mal, was die Regierung macht!)


Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, gewisse
Punkte hervorzuheben, die uns für einen Erfolg der Eu-
ropäischen Bürgerinitiative als unvermeidlich erschei-
nen. Zentral ist die Zulässigkeitsentscheidung. Wir for-
dern, dass die rechtliche Prüfung der Vereinbarkeit einer
Europäischen Bürgerinitiative mit den Verträgen und der
Charta der Grundrechte sofort nach ihrer Anmeldung be-
ginnen muss. Der Verordnungsentwurf der Kommission
sieht eine Prüfung erst nach 300 000 Unterstützungsbe-
kundungen aus mindestens drei Mitgliedstaaten vor.
Dies wäre mit einem unnötigen und vermeidbaren Kos-
ten- und Verwaltungsaufwand verbunden. Zudem sind
wir der Ansicht, dass den Organisatoren im Falle einer
ablehnenden Entscheidung bei der Zulässigkeitsprüfung
der Rechtsweg offenstehen sollte. Des Weiteren halten
wir den Vorschlag der EU-Kommission, die Mindestzahl
für eine Europäische Bürgerinitiative bei einem Drittel
der Mitgliedstaaten festzulegen, für zu hoch angesetzt
und setzen uns für ein Quorum von einem Viertel ein.

Sollten diese Punkte in den Verordnungsvorschlag der
Kommission aufgenommen werden, sind wir zuversicht-
lich, dass die Europäische Bürgerinitiative erfolgreich
umgesetzt werden kann. Dieses Instrument wird die Eu-
ropäische Union mit mehr demokratischer Legitimation
ausstatten und durch direktdemokratische Elemente eine
zivilgesellschaftliche europäische Ebene schaffen, von
welcher neue positive Impulse für die europäische Inte-
gration ausgehen werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat nun Manuel Sarrazin für die Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein vor iliges Aufstehen vorhin kam daher, dass es mir ins Blut bergegangen ist, immer nach der Linken zu reden. Aber ir haben Hoffnung, dass sich das irgendwann wieder ndert. Herr Hunko, ich habe nur vier Minuten und möchte ich deshalb nicht zu sehr mit Ihnen auseinandersetzen, eil Sie bei vielen Punkten des Vorschlags der Europäi chen Kommission Verbesserungspotenzial erkennen. ber es trennt uns einmal mehr die grundsätzliche rage, ob man Europa voranbringt, wenn man immer al es schlechtredet oder wenn man sagt, es ist nicht so, ass wir keine Kritik hätten, aber wir engagieren uns rnsthaft und frühzeitig für Verbesserungen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704622600
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704622700

Deswegen ist Ihr Vergleich mit einer Massenpetition
icht richtig. Unser Anliegen ist, aus der Europäischen
ürgerinitiative mehr als eine Petition zu machen. Wir
ollen, dass das Instrument ernsthaft genutzt wird, um
ehr daraus zu entwickeln. Es soll der Anfang eines We-

es sein. Wenn man es jetzt aber in der Art und Weise
ewertet, wie Sie es getan haben, dann können diese
hancen nicht wahrgenommen werden.

Herr Hunko, ich muss Ihnen zugute halten, dass ich
en wesentlichen Teil meiner Redezeit dazu verwenden
ill, mich mit Herrn Hoyer und der Koalitionsseite aus-

inanderzusetzen.

Ich finde, dass wir eine Riesenchance verpassen. Herr
olombeck, das, was Sie gerade vorgetragen haben,
ird von der Regierung im Rat nicht gemacht. Die Re-
ierung hat im Rat für Allgemeine Angelegenheiten und
ußenbeziehungen angekündigt, dass sie die Grundla-
en der Kommission gut findet. Ich sehe nicht, dass sich
ie Bundesregierung für ein einfacheres Verfahren ein-
etzt. Ich sehe nicht, dass die Bundesregierung die Zu-
ässigkeitsprüfung an den Anfang stellen möchte. Das
alte ich für gefährlich. Stellen Sie sich vor: 300 000
timmen werden gegen den Walfang oder für sonst was
iberales, zum Beispiel für eine Steuererleichterung für
oteliers


(Heiterkeit)


solange Sie in Parlamenten sitzen, muss aber niemand
afür eine Petition einreichen –, gesammelt, und dann
agt die Kommission: Hier ist ein Komma falsch gesetzt;
as ist falsch formuliert und damit ungültig. – Was glau-
en Sie, was das bei den Menschen auslöst? „Die in
rüssel hören nicht auf uns“, das wird die Reaktion sein.
eswegen, Herr Staatsminister Hoyer, setzen Sie sich
afür ein, dass die Zulässigkeitsprüfung am Anfang
ommt!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)






Manuel Sarrazin


(A) )


)(B)

Zum Wahlalter. Gerade junge Menschen sind europa-
begeistert. Ich war gerade am Wochenende in einer über-
parteilichen Funktion beim Bundesausschuss der JEF.
Ich glaube, das Wahlalter bei der Europäischen Bürger-
initiative allgemein auf 16 Jahre zu senken, wäre ein
Zeichen an diese jungen Menschen, dass sich ihr Enga-
gement für Europa lohnt.

Zu Datenschutz und Onlinesammelsystemen. Wir ha-
ben dazu Vorschläge gemacht. Wir wollen nicht, dass je-
der Initiator sammeln und dann die online gesammelten
Daten für 7 Euro pro Adresssatz weiterverkaufen kann.
Wir wollen eine zentrale Lösung. Es bedeutet vielleicht
ein bisschen mehr Bürokratie, wenn es gleich entspre-
chend den europäischen Datenschutzstandards organi-
siert wird. Aber es ist notwendig, dass das passiert.

Die Quoren sind wichtig. Wir sollten die Quoren
nicht zu hoch setzen. Statt eines Quorums von einem
Drittel der Staaten ist nach meiner Meinung ein Quorum
von einem Viertel ausreichend. Aber ganz wichtig ist,
dass die Menschen ihre Stimme einfach online abgeben
können. Sonst wird dieses Instrument nicht gut wirken
können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


S
Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1704622800
Die politische Bedeutung der Europäi-
schen Bürgerinitiative ist von Ihnen nicht erkannt wor-
den. Sie sind nicht der Anwalt der Bürgerinnen- und
Bürgerinteressen, sondern bisher leider nur der Anwalt
der Kommission. Das können Sie noch ändern, indem
Sie entweder einen der Anträge der Opposition, zumin-
dest von SPD und Grünen, beschließen, oder sich für die
von uns vorgelegten Vorschläge im Rat einsetzen. Dann
würden wir die Chance nutzen, tatsächlich ein weiteres
Element für ein höheres demokratisches Niveau in der
Europäischen Union zu schaffen. Dann würden wir nicht
nur abstrakt darüber reden, dass der Vertrag von Lissa-
bon mehr Demokratie ermöglicht, sondern auch konkret
etwas dafür tun.

Danke sehr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704622900

Das Wort hat nun Karl Holmeier für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Karl Holmeier (CSU):
Rede ID: ID1704623000

Sehr verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die Bürger Europas als Motor der europäischen Integra-
tion, das wäre doch eine interessante Vorstellung und et-
was völlig Neues in der Geschichte der Europäischen
Union. Diese Vorstellung ist seit dem Inkrafttreten des
Vertrages von Lissabon keineswegs unrealistisch. Sie
rückt vielmehr in greifbare Nähe; denn der Vertrag von
Lissabon verbessert nicht nur die Mitwirkungsrechte der

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(C (D arlamentarier, sondern gibt auch den Startschuss für ein chtes europäisches Volksbegehren, die Europäische ürgerinitiative. Damit wird den Unionsbürgern erstals in der Geschichte der EU die Möglichkeit einge äumt, europäische Rechtsvorschriften direkt anzuregen. urch die Europäische Bürgerinitiative wird zwar nicht as Initiativmonopol der EU-Kommission angetastet. ber diese Initiative setzt ein deutliches Zeichen zur tärkung der Demokratie in Europa. Sie ist ein Meilentein für die Demokratie in Europa. Ziel der Europäischen Bürgerinitiative ist, die EU ürgernäher zu machen. Das bedeutet zugleich eine roße Chance für die Weiterentwicklung der europäichen Integration. Wir von der CDU/CSU haben immer klargemacht, ass wir nicht nur ein starkes, sondern vor allem ein bürernahes Europa wollen. Das haben wir in unseren ahlprogrammen und auch im Koalitionsvertrag festge chrieben. Mit der Europäischen Bürgerinitiative stellen ir nun die Weichen für eine stärkere Einbeziehung der ürgerinnen und Bürger in Europa. Die Menschen in der uropäischen Union können sich nun mit dieser Initia ive Gehör verschaffen und erhalten die Möglichkeit, elbst ein Wort mitzureden. Sie haben es damit in der and, zum Motor der europäischen Integration zu weren. Damit das Projekt Europäische Bürgerinitiative auch n der Praxis ein Erfolg wird, diskutieren wir derzeit mit er Europäischen Kommission und unseren europäichen Partnern über die Einzelheiten und das konkrete erfahren zur Ausgestaltung der Bürgerinitiative. Wir ind auf dem richtigen Weg. Was wollen wir? Wir wollen, dass die Bürgerinnen nd Bürger dieses Instrument aktiv nutzen. Der Zugang uss daher möglichst einfach gestaltet werden. Ich bin er Letzte, der hohe bürokratische Hürden fordert. Ich ehe mich eher als Kämpfer des Bürokratieabbaus auf alen Ebenen. (Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das hört der Herr Stoiber gern!)


osition von CDU/CSU war es von Anfang an, die Euro-
äische Bürgerinitiative unbürokratisch, unkompliziert
nd praktikabel auszugestalten.


(Zuruf von der SPD: Dann machen Sie das einmal!)


Das machen wir auch.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Sie machen gar nichts!)


Aber wir müssen natürlich auch darauf achten, dass
ieses Instrument nicht missbraucht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ngesichts der politischen Bedeutung, die von der Bür-
erinitiative ausgeht, muss sichergestellt sein, dass die
nterschriften nicht fingiert werden können. Dies ist
icht einfach; denn die Nachprüfung von 1 Million Un-





Karl Holmeier


(A) )


)(B)

terschriften in ganz Europa ist verständlicherweise eine
Riesenherausforderung. Ob es sinnvoll ist, wie im An-
trag der SPD-Fraktion gefordert, auf die Abgabe einer
persönlichen Identifikationsnummer durch Ausweisdo-
kumente zu verzichten, bezweifele ich in diesem Zusam-
menhang.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: So machen wir es bei den Petitionen im Bundestag doch auch!)


Wir müssen weiter sicherstellen, dass die Bürgerinitia-
tive tatsächlich ein Instrument für die Bürgerinnen und
Bürger wird. Sie darf nicht als populistisches Vehikel
missbraucht werden.

Die vergangenen Wochen, insbesondere die Diskus-
sion um die Finanzmarkttransaktionsteuer und die Initia-
tive der Kollegen der SPD, haben gezeigt, dass hier eine
ganz reale Gefahr besteht; insofern habe ich mich schon
gewundert, Herr Kollege Roth, dass Sie den Hinweis des
Kollegen Dörflinger gestern im Ausschuss bezüglich der
Missbrauchsgefahr durch Verbände als übertrieben und
unrealistisch dargestellt haben. Wir haben durchaus Ver-
trauen in die Bürgerinnen und Bürger, Herr Kollege,
aber wir wollen niemanden in Versuchung führen, miss-
bräuchlich Einzelinteressen mithilfe der Bürgerinitiative
durchzusetzen.

Was die Forderung der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen angeht, das Mindestalter auf 16 Jahre festzulegen, ist
es sinnvoll, sich hier am mitgliedstaatlich organisierten
Wahlrecht für das Europäische Parlament zu orientieren.
Die Europäische Bürgerinitiative ist ein demokratisches
Instrument auf europäischer Ebene, und wir sollten hier
in Europa keine unterschiedlichen Altersgrenzen einfüh-
ren.

Noch eine Bemerkung zum Antrag der Fraktion Die
Linke. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten in
Ihren Anträgen schon Vorschläge machen, die auch mit
dem Lissabon-Vertrag vereinbar sind. Das Initiativmo-
nopol zur Unterbreitung von Rechtsetzungsvorschlägen
hat die EU-Kommission. Art. 11 Abs. 4 des neuen EU-
Vertrages sieht daher ausdrücklich vor, dass die Unions-
bürger mit ihren Unterschriften die EU-Kommission
auffordern können, Gesetzgebungsvorschläge zu unter-
breiten. Der Vorschlag für den Gesetzgebungsakt muss
also von der EU-Kommission kommen und kann nicht,
wie von Ihnen gefordert, von den Bürgern gemacht wer-
den.

Ich komme zum Schluss. Insgesamt sind wir mit dem,
was von der Europäischen Kommission bisher vorgelegt
wurde und was wir zurzeit noch diskutieren, auf einem
richtigen und guten Weg. Ich halte daher eine besondere
Intervention des Deutschen Bundestages nicht für erfor-
derlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die zur
Debatte stehenden Anträge, die ich vor dem Hintergrund
meiner Ausführungen ablehne.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun Kollege Jimmy Schulz für die FDP raktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten amen und Herren! Die Europäische Bürgerinitiative ist ein Feigenblatt. Sie ist eine ernst zu nehmende Mögichkeit der Partizipation. Sie ist mehr als das Petitionsecht, aber natürlich kein Volksentscheid. Diese Initiaive ermöglicht die direkte demokratische Beteiligung er Bürgerinnen und Bürger am Gesetzgebungsverfahen in der EU. Die Europäische Bürgerinitiative könnte eshalb das sogenannte Demokratiedefizit der EU erhebich reduzieren. Wir sollten diese Chance nutzen. Die Anträge von SPD, Grünen und Linken in ihrer geenwärtigen Ausgestaltung gewährleisten keine Balance wischen Nutzerfreundlichkeit und Schutz vor Missrauch. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704623100
Jimmy Schulz (FDP):
Rede ID: ID1704623200

Wichtig ist es, Bürgerinnen und Bürger zu einer Bür-
erinitiative zu ermutigen und zu motivieren. Falsch ist
s, sie mit bürokratischen Hemmnissen abzuschrecken.
um Beispiel darf man nicht verlangen, dass die Organi-
ationen eine Rechtsgrundlage angeben müssen, wenn
ine Initiative eingereicht wird. Die Zulässigkeitsprü-
ung sollte so früh wie möglich stattfinden. Dies wäre er-
eblich bürgerfreundlicher und würde den Organisatoren
osten und Mühen ersparen. Wird die Zulässigkeit ver-
eint, dann muss es eine Möglichkeit geben, dies über-
rüfen zu lassen.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Genau!)


Im Hinblick auf die Sammlung von Unterschriften
ind wir mit der Kommission einer Meinung, nämlich
ass es keinerlei Beschränkungen in der Art und Weise
er Sammlung geben soll. Sehr wichtig ist dabei natür-
ich die Möglichkeit der Sammlung über das Internet.
ie Frist zur Sammlung von Unterstützungsbekundun-
en soll mit der positiven Zulässigkeitsprüfung begin-
en. Ich glaube, dass eine Frist von 12 Monaten dafür
usreichend ist. Die Überprüfung und Authentifizierung
er Unterstützungsbekundungen sollte in den Mitglied-
taaten geschehen. Die Mitgliedstaaten selbst sollen ent-
cheiden, in welcher Form sie dies durchführen wollen.

Das Mindestalter der Unionsbürger für die Beteili-
ung an einer Europäischen Bürgerinitiative soll, wie
on der Kommission vorgeschlagen und vom Europäi-
chen Parlament unterstützt, an das jeweilige Wahlalter
ür die Wahlen zum Europäischen Parlament gekoppelt
ein. Wer alle staatsbürgerlichen Rechte haben will,
uss auch alle staatsbürgerlichen Pflichten übernehmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as ist in Deutschland bei der Volljährigkeit der Fall, die
an mit 18 Jahren erreicht. Wir müssen konsistent blei-

en.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Konsequent!)






Jimmy Schulz


(A) )


)(B)

Datenschutz ist bekanntlich ein mir ganz besonders
wichtiges Thema. Der Schutz der Unterstützerdaten
muss durch die Organisatoren und die zuständigen Be-
hörden sichergestellt werden. Die personenbezogenen
Daten dürfen nur zum Zweck der Einreichung einer Eu-
ropäischen Bürgerinitiative verwendet werden. Danach
müssen alle gesammelten Daten vernichtet werden.

Die Europäische Bürgerinitiative ist ein mutmachen-
der Schritt in die richtige Richtung. Gerade in Zeiten, in
denen viele Bürgerinnen und Bürger an der europäischen
Idee wieder zu zweifeln drohen, ist es ein wichtiges und
richtiges Signal in Richtung von mehr Teilhabe, mehr
Demokratie und mehr Identifikation mit Europa; denn
wir sind das Volk.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704623300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die drei Stellung-
nahmen gegenüber der Bundesregierung gemäß Art. 23
Abs. 3 des Grundgesetzes zu einem Vorschlag der Euro-
päischen Kommission für eine Verordnung des Europäi-
schen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitia-
tive.

Zunächst Abstimmung über den Antrag der Fraktion
der SPD auf Drucksache 17/1975 mit dem Titel „Euro-
päische Bürgerinitiative bürgerfreundlich gestalten“.
Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von
CDU/CSU, FDP und Linken gegen die Stimmen von
SPD und Grünen abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1967 mit dem Ti-
tel „Europäische Bürgerinitiative bürgerfreundlich ge-
stalten“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist gegen die
Stimmen der Linken mit den Stimmen des Hauses im
Übrigen abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union zu dem Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Europäische
Bürgerinitiative – Für mehr Bürgerbeteiligung in der
EU“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 17/2013, den Antrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1781
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen von SPD und Grünen bei
Stimmenthaltung der Linken angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung des Antrags der Bundesregierung

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an der United Nations Inte-
rim Force in Lebanon (UNIFIL) auf Grundlage

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(C (D der Resolution 1701 2006 und folgender Resolutionen, zuletzt 1884 tes der Vereinten Nationen – Drucksache 17/1905 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundesinister des Auswärtigen, Guido Westerwelle, das Wort. Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Ausärtigen: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Kolleginnen und Kollegen! Die aktuellen Ereignisse m Nahen Osten zeigen, wie schwierig es ist, politische ortschritte im Nahostkonflikt zu erzielen. Wir haben ies gestern im Auswärtigen Ausschuss ausführlich beaten und sind uns sicherlich einig darüber, dass es umso ichtiger ist, dass sich die internationale Gemeinschaft nd auch Deutschland als Teil dieser Gemeinschaft weier für Frieden und Sicherheit in der Region engagieren. Deutschland hat ein vitales strategisches Interesse an inem dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Schlüsseleemente zur Erreichung dieses übergeordneten Zieles ind die Sicherheit des Staates Israel, die Schaffung eies lebensfähigen palästinensischen Staates und natürich nicht zuletzt die Stärkung der Souveränität und der tabilität des Libanons. Die innenpolitische Lage des Landes hat sich in den ergangenen zwei Jahren durch die erfolgreichen Parlaentswahlen, die Bildung einer Regierung der nationa en Einheit unter Ministerpräsident Hariri und die Komunalwahlen weiter stabilisiert. Deswegen möchte ich ier mit Nachdruck feststellen, dass es außer Zweifel teht, dass zu dieser Stabilisierung auch das UNIFIL-Enagement der Vereinten Nationen einen entscheidenden eitrag geleistet hat. In den Gesprächen mit den politischen Spitzen und uch mit den Verantwortlichen von UNIFIL sowie den eutschen Frauen und Männern der Bundeswehr wurde uch bei meinem jüngsten Besuch im Libanon deutlich, ie wichtig derzeit unser Beitrag für den Aufbau eines igenständigen libanesischen Küstenschutzes noch ist. Bei der UNIFIL-Mandatsverlängerung im letzten Deember habe ich auf die damals anstehende Evaluierung urch die Vereinten Nationen hingewiesen. Diese Evaluerung hat mittlerweile stattgefunden. Sie ist im Frühjahr ieses Jahres abgeschlossen worden. Als Ergebnis dieser Bundesminister Dr. Guido Westerwelle )


(2009) vom 27. August 2009 des Sicherheitsra-


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

Überprüfung hat der Generalsekretär der Vereinten Natio-
nen zusammengefasst und festgehalten, dass der UNIFIL-
Flottenverband vorerst weiter notwendig ist, aber – so
heißt es dort auch – wie die gesamte Mission nicht unbe-
grenzt fortgesetzt werden kann.

Hier knüpfen wir jetzt an und beantragen für ein wei-
teres Jahr ein Mandat zur deutschen Beteiligung am
UNIFIL-Flottenverband. Ich möchte hier aber auch fest-
halten: Wir schreiben unseren Einsatz vor der Küste des
Libanon nicht einfach fort. Das Mandat hat qualitativ
wie quantitativ einen neuen Charakter. Es beinhaltet ex-
pressis verbis auch eine Beendigungsperspektive.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die personelle Obergrenze für die deutsche Beteili-
gung am UNIFIL-Flottenverband wird von 800 auf 300
abgesenkt und damit mehr als halbiert. Derzeit sind es
unter 300 Soldaten, die eingesetzt sind und dort ihren
Dienst leisten. Der Schwerpunkt der deutschen Beteili-
gung am UNIFIL-Flottenverband wird künftig bei der
Ausbildung der libanesischen maritimen Streitkräfte und
dem Aufbau ihrer Fähigkeiten liegen.

Das Ziel des deutschen Einsatzes ist es, dazu beizutra-
gen, dass die maritimen libanesischen Streitkräfte den
Schutz der seeseitigen Grenzen des Landes möglichst
bald eigenverantwortlich übernehmen können. Genau das
muss der Kern des neuen Mandates sein. Wer eine Been-
digungsperspektive will, muss dafür sorgen, dass die
Kräfte vor Ort in der Lage sind, auch die entsprechenden
Aufgaben zu übernehmen. Deshalb geht es um Ausbil-
dung und Training. Das wurde jetzt als neuer Schwer-
punkt dieses Mandates aufgeschrieben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der Libanon hat auch auf diesem Gebiet seit 2008
deutliche Fortschritte gemacht. Das wissen vor allem die
Kolleginnen und Kollegen, die es sich vor Ort angesehen
haben. Ich glaube, wir sind uns darüber einig: Noch ver-
fügen die libanesischen maritimen Streitkräfte eben
nicht über die notwendigen umfassenden Fähigkeiten.

Viele von Ihnen waren selbst im Libanon; Sie haben
UNIFIL besucht, und Sie wissen, dass es ausdrücklich
nicht nur von der Ausbildung, sondern auch vom Gerät
her natürlich noch einen Beitrag erfordern wird, damit
die seeseitige Grenzsicherung überhaupt funktionieren
kann. Wenn die bestehenden Lücken geschlossen sein
werden, wenn also der Libanon seine Seegrenze selbst
schützen kann, dann ist es unsere Absicht, diesen Einsatz
zu beenden.

Unsere Beteiligung am UNIFIL-Flottenverband bleibt
dabei in ein umfassendes Engagement für den Libanon
und die Region eingebettet, das politische, wirtschaftli-
che und gesellschaftliche Maßnahmen umfasst. Denn
– auch da wollen wir uns nichts vormachen – wenn wir
die Lage in der Region nicht insgesamt entspannen,
wenn wir insgesamt keine Fortschritte beim Nahostfrie-
densprozess schaffen, wenn wir es nicht schaffen, dass
aus den Proximity-Talks, die glücklicherweise begonnen
haben und die aufgrund der klugen Entscheidung von
Präsident Abbas auch nach den jüngsten Vorfällen nicht

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(C (D eendet worden sind, Ergebnisse entstehen, wenn wir es icht schaffen, dass aus den indirekten Friedensgesprähen direkte Friedensgespräche werden, wenn wir all as nicht schaffen, dann wird auch die Mühe der internaionalen Gemeinschaft nicht die Fortschritte erzielen, die ir uns alle wünschen – im Interesse der Region, im In eresse des Staates Israel und ausdrücklich auch im Inteesse eines eigenen palästinensischen Staates, aber eben uch in unserem europäischen Interesse. Darum geht es, deswegen beantragen wir dieses Manat. Es hängt damit eben aufs Engste zusammen, wie wir lle wissen. Wir bitten um Zustimmung zu diesem neuen andat, das qualitativ und quantitativ geändert worden t. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Rolf Mützenich für die SPD-Frak ion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Außenminister, das war heute eine bemerkenswerte egründung für UNIFIL. Ich hätte sie mir vor sechs Moaten gewünscht, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704623400

(Beifall bei der SPD)

Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1704623500

eil die Erkenntnisse, die Sie heute hier noch einmal
orgetragen haben, nach meinem Dafürhalten bereits vor
echs Monaten bekannt waren.

Es ist richtig, man muss Auslandseinsätze immer wie-
er messen. Sie waren auch bei uns damals in der SPD-
undestagsfraktion umstritten, aber wir hatten auch eine
olitische Begründung für dieses Mandat. Was jetzt hier
onseiten der Bundesregierung präsentiert wurde, ist
ach meinem Dafürhalten ein Novum in der Außenpoli-
ik, weil zum ersten Mal ein Antrag der Bundesregierung
orgelegt wird, um eine Gesichtswahrung für die FDP
erbeizuführen, die damals in der Opposition wider bes-
eres Wissen gegen diesen UNIFIL-Einsatz stimmte.
amals waren Sie in der Opposition und hatten einen in-
enpolitischen Tunnelblick auf diese Auslandseinsätze.
ch halte es für fatal, dass Sie jetzt im Umkehrschluss
iese sechs Monate dafür genutzt haben, sozusagen die
alschen Signale in die Region zu senden, insbesondere
enn es um eine verlässliche deutsche Außenpolitik
eht.

Sie haben den Evaluierungsprozess des Generalsekre-
ärs der Vereinten Nationen angesprochen. Ja, das ist rich-
ig; aber dann hätten Sie auch bemerken müssen, dass der
eneralsekretär der Vereinten Nationen gesagt hat: Jetzt
rauche ich, weil diese Marinemission so wichtig ist, eine
regatte und ein Patrouillenboot von Bangladesch, die
usätzliche Maßnahmen zur Sicherung vor der Küste
urchführen sollen. Welches Bild gibt Deutschland ge-
enüber den Vereinten Nationen an dieser Stelle ab? Ich





Dr. Rolf Mützenich


(A) )


)(B)

halte das für fatal, und ich halte es auch für die falschen
Signale in die Region hinein.

Es ist richtig, die Bedingungen für Auslandseinsätze
müssen geschaffen werden. Wahrscheinlich haben wir in
den vergangenen Jahren zu wenig darüber diskutiert. Ich
glaube, man muss sich daran messen lassen. Aber genau
das ist bei diesem UNIFIL-Mandat nach meinem Dafür-
halten von Anfang an gemacht worden. Es war ein inter-
nationales Mandat. Die Erfolgsaussichten haben sich ab-
gezeichnet. Wir wollten eine politische Dynamik in der
Region erreichen und mit diesem UNIFIL-Mandat ins-
besondere wohl auch die deutschen Interessen wahren.
Es war doch unumstritten, dass die Vereinten Nationen
dieses Mandat wollten und dass die Konfliktparteien vor
Ort dieses Mandat sozusagen erfleht haben. Der libane-
sische Ministerpräsident Hariri war vor einigen Wochen
bei uns und hat gesagt: Machen Sie etwas aus dieser
Mission. – Israel ist für diese Mission gewesen. Ich
finde, genau das haben Sie in den letzten sechs Monaten
aufs Spiel gesetzt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn was wurde mit dem UNIFIL-Mandat erreicht?
Das UNIFIL-Mandat hat nach einem heftigen Konflikt,
der in dieser Region möglicherweise ausgeartet wäre,
zum einen eine fragile Waffenruhe gesichert. Das war
wichtig. Zum anderen hat das UNIFIL-Mandat die Sou-
veränität des Libanon gestärkt. Israel hat die Quarantäne
der libanesischen Häfen aufgrund der UNIFIL-Mission
aufgegeben.

Was war das deutsche Interesse? Den Frieden in der
Region mitzuprägen, weil ein kriegerischer Konflikt un-
mittelbare Auswirkungen auf Europa an den europäi-
schen Außengrenzen gehabt hätte. Ich finde, Sie sind vor
sechs Monaten nicht dem nachgekommen, was erforder-
lich gewesen wäre. Mit der Begründung, die Sie heute
abgegeben haben, hätten Sie dieses Mandat bereits vor
sechs Monaten fortsetzen können und hätten nicht zu ei-
ner solchen Unruhe in der Region beigetragen.

Nach Ihrer Reise in die arabische Welt, die ich für
richtig gehalten habe, möchte ich sagen: Ich hatte mir
gewünscht, dass Sie heute die Gelegenheit nutzen, ein-
mal etwas zu Ihrer Außen- und Sicherheitspolitik im Na-
hen und Mittleren Osten zu sagen. Da haben Sie eine
Chance vertan. Es war richtig, diese Reise in die Region
zu machen, insbesondere auch nach Syrien zu reisen. Für
mich stellt sich aber die Frage: Welche Akzente wollen
Sie eigentlich im Nahen und Mittleren Osten als deut-
scher Außenminister und in einer gemeinsamen Außen-
und Sicherheitspolitik der Europäischen Union setzen?
Kein Wort dazu in den vergangenen Monaten. Das halte
ich wirklich für fatal; denn das ist die Krisenregion, um
die wir uns zu kümmern haben. Ich finde, das muss man
dem Deutschen Bundestag, aber auch der deutschen Öf-
fentlichkeit erklären. Es wäre wichtig gewesen, entwe-
der zu sagen: „Ich nehme die Akzente auf, die mein Vor-
gänger Frank-Walter Steinmeier gesetzt hat“ – er hat zum
Beispiel das Tor nach Syrien sehr früh aufgestoßen – oder
zu sagen, was man in dieser Region anders machen
sollte.

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(C (D Die Herausforderungen stehen doch sozusagen vor er Tür. Die Herausforderungen in der arabischen Welt ind immens. Es gibt dort einen sozialen und wirtschaftichen Wandel. Es gibt viele junge Menschen, die nach rbeit und sozialer Sicherung schreien, Frauen, die in hren Ländern frei werden wollen, die im Grunde geommen erwarten, von den Werten und Menschenrechen, die wir durchgesetzt haben, zu profitieren. Es geht nsbesondere darum, einen Frieden zu schaffen, der dann ragil wird, wenn es zu Machtwechseln in den arabichen Ländern kommt. Sie sind doch in Ländern geween, wo wir in den nächsten Monaten oder auch Jahren ehen werden, was das für das eine oder andere Land beeutet. Ich halte es insbesondere für wichtig – das haben wir eute Mittag anlässlich der Diskussion über Gaza angeprochen –: Wir müssen uns im Deutschen Bundestag ndlich darüber klar werden, wie wir mit neuen politichen Strömungen in der arabischen Welt umgehen wolen, insbesondere mit dem politischen Islam. Es ist richig, dass wir die Hamas für das, was sie im Gazastreifen ut, kritisieren. Aber dazu gehört genauso, die Hamas icht ausschließlich mit dem politischen Islam gleichzuetzen. Es gibt in diesem Zusammenhang in Marokko ine ganz andere Strömung im Vergleich zu anderen ändern. Die Hisbollah als Teil des politischen Islam im Libaon gehört mit zur Regierung. Auch darüber sollte eine ebatte geführt werden. Ein deutscher Außenminister uss der Öffentlichkeit und dem Parlament darüber Re henschaft ablegen, wie er in den nächsten vier Jahren it diesen Herausforderungen umgehen will. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie Hisbollah, die Mitglied der Regierung im Libanon
st, hat zum Beispiel offensichtlich etwas zugelassen,
as ich gar nicht erwartet hätte. Mit 12:12 Stimmen hat

ich das Kabinett zwar offensichtlich nicht entscheiden
önnen, gestern im Sicherheitsrat der Resolution zu Iran
uzustimmen. Aber was bedeutet das? Das bedeutet
anz klar, dass die Hisbollah nicht nur der verlängerte
rm des Iran in dieser Region ist, sondern auch natio-
ale Interessen des Libanon präsentieren will.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


uch dies gehört zu einer ehrlichen Debatte über die
ahostpolitik, insbesondere wenn wir heute über
NIFIL diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich finde, diese politischen Diskussionen müssen wir
n den Ausschüssen, die in der nächsten Woche über das

andat beraten, führen. Ich würde mich freuen, wenn
ie zumindest dann Rede und Antwort bezüglich eines
olitischen Konzepts für den Nahen und Mittleren Osten
tehen würden.

Herzlichen Dank.





Dr. Rolf Mützenich


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704623600

Das Wort hat der Bundesminister Dr. Karl-Theodor

Freiherr zu Guttenberg.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bun-
desminister der Verteidigung:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Mützenich, Sie haben einen breiten Bogen
gespannt.


(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: In acht Minuten!)


Sie haben in acht Minuten einen breiten Bogen gespannt,
der bemerkenswerter Weise zu vier Fünfteln relativ deut-
liche Kritik enthielt. Man fragt sich, wie dann der Weg
von dieser sehr geharnischten Kritik zu einer gemeinsa-
men Zustimmung zu einem doch von uns allen


(Widerspruch bei der LINKEN)


– fast allen, ich weiß; der Protest musste ja gleich kom-
men – oder doch von fast allen für notwendig erachteten
Mandat aussehen soll. Da wird die Diskussion gesucht
werden müssen.

Ich darf aber auch sagen: Hier geht es nicht um koali-
tionäre Gesichtswahrung, sondern hier geht es tatsäch-
lich darum, die richtigen Signale in die Region zu sen-
den. Und die sendet diese Koalition. Das möchte ich
auch noch einmal ausdrücklich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben angesprochen, dass es etwas seltsam sei,
dass sich jetzt unterschiedliche Militärs, selbst aus Ban-
gladesch, beteiligen würden und müssten. Ich halte es
nicht grundsätzlich für ein negatives Signal, wenn eine
Mission der Vereinten Nationen nicht allein auf deutsche
Beiträge zurückgreifen muss, sondern wenn man bei ei-
nem von allen für richtig erachteten Mandat tatsächlich
auch auf Beiträge anderer zurückgreifen kann.

Wir sind mit der deutschen Marine mittlerweile seit
Oktober 2006 im Rahmen einer UN-Friedenstruppe von
heute rund 12 000 Soldaten im UNIFIL-Einsatz. Zuvor
hatte der Sommerkrieg 2006 unsägliches Leid und auch
dramatische Zerstörung auf beiden Seiten hervorgerufen.
Die Spannungen im Nahen Osten hatten sich ein weite-
res Mal in einem gewaltsamen Konflikt entladen.

Der Kollege Westerwelle hat darauf hingewiesen
– Herr Kollege Mützenich, Sie haben das auch gesagt –,
dass sich seither die innenpolitische Situation im Liba-
non, insbesondere nach den Wahlen und der Bildung ei-
ner Regierung unter Saad Hariri, auf erfreuliche Weise
stabilisiert hat. Das ist eine positive Entwicklung. Wenn
wir die Region allerdings insgesamt betrachten, besteht
weiterhin Anlass zur Sorge.

Es sind sehr wohl aktuelle Punkte aufgegriffen wor-
den, und es ist sehr wohl hier auch der notwendige Bo-
gen durch den Kollegen Westerwelle gespannt worden.

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(C (D Generell gilt, egal ob das für den Libanon oder für anere Staaten in der Region anzusetzen ist: Die auf Konrontation ausgerichtete Anhäufung von Waffenarsenaen dient nicht dem friedlichen Interessenausgleich. Das st ein weiterer und auch der maßgebliche Zweck für dieen Einsatz. Es ist ein Verdienst der UNIFIL, zur Deeskalation eigetragen zu haben – auf See ebenso wie an Land. Das st eine Leistung, die nicht hoch genug eingeschätzt weren kann. Unser eigener Beitrag bestand und besteht uch darin, die libanesischen Marinekräfte zu einer zuehmend eigenständigen Überwachung des eigenen Seeaumes zu befähigen. So haben wir etwa die Einrichtung on Küstenradarstationen materiell und auch durch prakische Ausbildungshilfe unterstützt. Ich glaube, das war in sehr richtiger und maßgeblicher Schritt. Wir haben em Libanon drei Küstenschutzboote überlassen und deen Besatzungen mit dem Ziel ausgebildet, die allgeeine Leistungsfähigkeit der libanesischen Marine zu rhöhen. Wir sind kontinuierlich in der Ausbildung enagiert gewesen und auch engagiert geblieben. Von daher können wir heute in zweifacher Hinsicht ine positive Zwischenbilanz ziehen: Zum einen betrifft das die hilfreiche Rolle der NIFIL-Operation als stabilisierender Faktor im gesam en Nahen Osten. Das ist ein stabilisierender Faktor. Die urch die Entsendung der Maritime Task Force möglich ewordene Aufhebung der Seeblockade gegenüber dem ibanon wie auch die wirksame Unterbindung des Waf enschmuggels auf See machen bis heute deutlich, dass ie Präsenz der UNIFIL sehr konkrete Folgen hat. – Es ab immer wieder die Diskussion über die Frage: Was ützt uns das, wenn man überhaupt keine Schmuggelrfolge vorweisen kann? Es ist bereits ein Erfolg beim ampf gegen den Schmuggel von Waffen und Ähnli hem, wenn er auf See tatsächlich nicht mehr stattfindet – ohl wissend, welche Herausforderungen wir weiterhin uf dem Landweg haben und dass man diese Herausforerungen auch anzunehmen hat. Zum anderen können wir konstatieren, dass die libaesische Marine vor allem aufgrund der durch UNIFIL, ber auch bilateral geleisteten Ausbildungsunterstützung ereits heute einen Zuwachs an Fähigkeiten erreicht hat, er sich im Ergebnis wiederum entlastend für UNIFIL uswirkt. Das zeigt, auch hier sind wir auf dem richtigen eg. Ich bin davon überzeugt, es wäre kontraproduktiv, enn wir den eingeschlagenen, durch den UN-Sichereitsrat vorgegebenen Kurs nicht weiter verfolgten. anz konkret geht es darum, mit unseren Möglichkeiten en Libanon weiter dabei zu unterstützen, seine Souveänität zu festigen. Deswegen werden wir die Aktivitäten nserer an UNIFIL beteiligten Marinekräfte noch mehr uf diesen Ausbildungsaspekt hin konzentrieren. Wir ollen der libanesischen Marine eine Zukunftsperspek ive geben. Diese Zukunftsperspektive beinhaltet für uns ugleich eine Abzugsperspektive. Wir wollen auch deutich machen, dass man gegenüber denjenigen, denen an bei der Ausbildung, mit Schutzmechanismen und hnlichen Dingen hilft, Erwartungen dahin gehend hat, Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg )





(A) )

dass auch sie Leistungen erbringen, dass sie sich nicht
bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag lediglich darauf verlas-
sen, dass schon immer andere da sein werden. Ich
glaube, das bleibt maßgeblich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir uns die Fähigkeitslücken der libanesischen
Marine genau ansehen und prüfen, wo wir sinnvoll hel-
fen können, um sie zu schließen, dann erkennen wir: Das
geht von der Optimierung des Küstenradarsystems bis
hin zu Fragen der Wartung und Instandsetzung. Wir wer-
den all das weiterhin in enger Abstimmung mit unseren
libanesischen Partnern tun.

Kollege Westerwelle hat darauf hingewiesen, dass die
Obergrenze von 800 auf nunmehr 300 Soldaten abge-
senkt wurde. Mit dieser im Vergleich zum bisherigen
Mandat mehr als halbierten Grenze werden wir zwar
nicht mehr das ganze bisherige Spektrum der potenziell
geforderten Fähigkeiten abdecken können, aber wir blei-
ben handlungsfähig, auch in alternativer Hinsicht. Auch
das ist ein wichtiges und klares Signal.

In einer Mission, die sowohl mit Blick auf die Wahr-
nehmung deutscher Verantwortung unter dem Dach der
Vereinten Nationen als auch im Kontext der Situation im
Nahen Osten von größerer Bedeutung ist, leisten wir un-
ter dem Strich einen äußerst konstruktiven Beitrag. Die-
jenigen, die dem UNIFIL-Mandat und unserem Beitrag
weiterhin kritisch gegenüberstehen, darf man immer
wieder daran erinnern, dass nicht alleine Libanon uns
darum bittet, weiterhin diesem Mandat nachzukommen,
sondern gerade auch Israel und dass wir damit einen
übergreifend wichtigen Beitrag zur Stabilisierung dieser
Region leisten. Ich darf Sie diesbezüglich um Ihre Un-
terstützung bitten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704623700

Das Wort hat der Kollege Stefan Liebich für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Stefan Liebich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704623800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir Deutschen sind nach dem von uns verschulde-
ten Zweiten Weltkrieg … deutlich weniger kriegs-
bereit … Diese Lehre gelernt zu haben ist weiß Gott
keineswegs verwerflich!

Das hat Altbundeskanzler Helmut Schmidt bei der
Vorstellung seiner Afghanistan-Thesen gesagt.

Die Beteiligung Deutschlands an einem UN-Einsatz
wird in allen Fraktionen kritisch diskutiert.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit Krieg zu tun?)


Bei Bündnis 90/Die Grünen und der Sozialdemokrati-
schen Partei war bis Mitte der 90er-Jahre ganz klar, dass
es eine Zurückhaltung geben muss. Bei FDP und CDU/

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(C (D SU war das viele Jahrzehnte lang eine Selbstverständichkeit. Das war keine schlechte Zeit für die deutsche ußenpolitik in dieser Frage. Auch unsere Fraktion macht es sich nicht leicht: Wir iskutieren, wir wägen ab, weil es uns nicht egal ist, was n der Welt passiert. Erst recht nach dem Ende des zweien Libanon-Kriegs, also des Kriegs zwischen der Hisollah und Israel 2006, war die Entscheidung für einen insatz der UNO richtig und sinnvoll. Das ist die Posi ion unserer Fraktion, auch wenn es bei uns Differenzen ber die Frage der Mandatierung nach Kap. 6 oder ap. 7 der UN-Charta gibt. Trotzdem gibt es bezogen auf dieses Mandat Proleme. Erstens. Wenn man einerseits Waffenlieferungen an ie Hisbollah unterbinden muss und andererseits eine üstungskooperation mit Israel betreibt, dann hat man icht die notwendige Neutralität, die eine deutsche Beeiligung an solch einem Einsatz rechtfertigen würde. eshalb wird die Linksfraktion dieses Mandat ablehnen. Zweitens. Seine Grenzen zu schützen und Waffenlieerungen an die Hisbollah zu unterbinden, muss Libanon ald selbst leisten. Deshalb begrüßen wir die Anstrenungen von Ministerpräsident Hariri mit dem Ziel des ufbaus eigener Kapazitäten. Es ist an der Zeit, ein Ende ieser in wichtigen Teilen erfolgreichen UNIFIL-Mision zu planen. Das war – Kollege Mützenich hat darauf ezug genommen – vor sechs Monaten, als wir das etzte Mal hier darüber gesprochen haben, die Begrünung des Außenministers dafür, nur ein sechsmonatiges andat zu beantragen. Nun wird erneut eine Mandats erlängerung beantragt. Da war die FDP wohl beim echsel von der Oppositionsin die Regierungsrolle ein enig blauäugig. Am Schluss möchte ich dem Außenminister zustimen: Das ganze Thema kann man nicht isoliert betrach en. Libanon und der Nahe Osten insgesamt brauchen ine Friedenslösung auf Basis des Völkerrechts. Das gilt ür alle Beteiligten, auch für Israel. Das muss im Ernstall von der UNO durchgesetzt werden, wie es in diesem all geschieht. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun er Kollege Frithjof Schmidt. Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704623900
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir führen diese Debatte auch vor dem Hintergrund der

ktuellen Krise, der israelischen Blockade von Gaza. Im
ibanon ist es trotz der Eskalation vergleichsweise ruhig





Dr. Frithjof Schmidt


(A) )


)(B)

geblieben. Das ist auch ein Erfolg von UNIFIL; das
muss man ganz deutlich sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Mission leistet nach wie vor einen wichtigen
Beitrag zur Stabilität in dieser instabilen Region. Das
trifft sowohl auf den Landeinsatz im Südlibanon als auch
auf den See-Einsatz vor der Küste zu, an dem die Bun-
desmarine teilnimmt.


(Ruprecht Polenz [CDU/CSU]: Deutsche Marine!)


Wie wichtig das nach wie vor ist, zeigt sich auch da-
ran, dass Israel und der Libanon eine Fortsetzung des
Mandats wünschen; denn – und das wissen Sie – ohne
UNIFIL bestünden keine Kontakte zwischen den Kon-
fliktparteien. Das bedeutet auch, dass Eskalationen auf
See und auf dem Land wieder Tür und Tor geöffnet wä-
ren. Ich hätte mir gerade deshalb eine Politik der Bun-
desregierung gewünscht, die in der Frage der Mandats-
verlängerung nicht so gezögert und geschwankt hätte.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Ich muss Ihnen sagen: Dass hier zu hören war, dieser
Einsatz wäre fast schon überflüssig, ist leider völlig un-
angebracht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Situation im Libanon bleibt weiterhin schwierig.
In der libanesischen Einheitsregierung hat die Hisbollah
faktisch ein Vetorecht. Nicht zuletzt deswegen geht der
innerlibanesische Reformprozess nur so mühsam voran.
Es gibt Berichte über die erneute Aufrüstung des militä-
rischen Arms der Hisbollah. Das ist eine klare Provoka-
tion gegenüber Israel. Das ist auch eine Schwächung des
staatlichen libanesischen Gewaltmonopols. Es bestehen
aber nicht nur die Spannungen zwischen Libanon und
Israel fort. Auch das syrisch-libanesische Verhältnis er-
fordert weiterhin Aufmerksamkeit. Nach wie vor gibt es
kein Grenzregime zwischen Syrien und Libanon, das
den Waffenschmuggel über Land verhindert.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Im Antrag der Bundesregierung erkenne ich einen
blinden Fleck; denn die bisherigen Bemühungen und die
Vorschläge in Bezug auf diese Region reichen nicht aus.
An dieser Stelle ist mehr Initiative erforderlich; denn sie
ist nötig und wichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren von der Koalition, der
UNIFIL-Einsatz sorgt unter anderem dafür, dass der be-
stehende Konflikt zwischen Israel und Libanon nicht er-
neut gewaltsam eskaliert. Das muss so bleiben. Daher
hat meine Fraktion von Beginn an den Einsatz unter-
stützt, und deshalb unterstützen wir ihn auch weiterhin.

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(C (D Meine Damen und Herren von der FDP, nach langem chwanken haben Sie jetzt eingelenkt. Erst haben Sie as Mandat für UNIFIL abgelehnt, dann hat man Ihnen ufgrund Ihrer Regierungsbeteiligung die Zustimmung u einem Kurzmandat von sechs Monaten abgerungen, nd jetzt stimmen Sie der Verlängerung des UNIFILandats um ein weiteres Jahr zu. Ich sage: Das ist gut o. Warum nicht gleich so? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Ruprecht Polenz [CDU/CSU]: Gut!)


Dass UNIFIL bleibt, ist weiterhin notwendig. Die
altung Deutschlands muss an dieser Stelle ganz klar

ein. Alles andere würde Signale der Instabilität in die
egion senden. Damit würden Sie Ihrer Verantwortung
icht gerecht werden.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704624000

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Philipp
ißfelder das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1704624100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Zunächst einmal begrüße auch ich, dass
ir dieses Mandat in großer Einigkeit beraten. Gerade in
ieser angespannten Situation in der Region – der Kol-
ege Schmidt hat das bereits erwähnt – ist es ganz beson-
ers wichtig, dass wir dieses Mandat heute mit großer
rnsthaftigkeit diskutieren. Wir müssen deutlich ma-
hen, dass wir durch die Verlängerung des Mandats, wel-
hes in einem politischen Zusammenhang mit den jüngs-
en Vorkommnissen rund um die Seeblockade Gazas
teht, ein politisches Signal aussenden. Dieses Signal
oll zu einer breiteren Unterstützung der Konfliktpar-
eien beitragen. Auf diese Weise soll auf die vermitteln-
en Personen Rücksicht genommen werden. Es sollen
ußerdem diejenigen gestärkt werden, die in ihren Län-
ern nicht unbedingt einen einfachen Stand haben.

Was mich an dieser Debatte gewundert hat, ist, dass
ie Linkspartei kritisiert hat, dass wir hier heute erneut
ber dieses Thema diskutieren. Ich habe eigentlich im-
er ein sehr gutes Gefühl, wenn wir im Parlament über
andate diskutieren. Ich weiß noch, wie kritisch darüber

iskutiert worden ist, dass wir dieses Mandat lediglich
m sechs Monate verlängern. Ich bin froh über jede Ge-
egenheit, die der Deutsche Bundestag wahrnimmt, um
rstens sein Recht des Parlamentsvorbehalts auszuüben
nd zweitens über Erfolg und über Misserfolg von Mis-
ionen zu diskutieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Frau Präsidentin, es gibt eine Zwischenfrage.






(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704624200

Wenn Sie die Zwischenfrage des Kollegen Liebich

beantworten wollen, lasse ich sie natürlich gerne zu.


Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1704624300

Sehr gerne.


Stefan Liebich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704624400

Herr Kollege Mißfelder, ich möchte die Aufklärung

eines Missverständnisses in eine Frage kleiden. Sie sind
doch nicht tatsächlich der Auffassung, dass wir kritisiert
haben, dass wir das Thema diskutieren. Das finde ich
selbstverständlich gut. Es wäre geradezu widersinnig, zu
behaupten, dass eine Diskussion über ein so spannendes
Thema falsch sei. Sind Sie denn der Auffassung, dass
man Mandate künftig quartalsweise verlängern sollte,
damit man häufiger darüber diskutieren kann?


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1704624500

Sie haben eben von Widersinnigkeit gesprochen. Ich

möchte die Widersinnigkeit von Fragen an dieser Stelle
nicht kommentieren. Ich habe Sie so verstanden, dass
Sie die Art und Weise kritisiert haben, wie wir vor einem
halben Jahr über dieses Thema diskutiert haben. Meinem
Verständnis nach haben Sie auch die Evaluation kriti-
siert. Ich kann nichts dagegen sagen. Das war damals der
Wunsch der FDP, und unsere Fraktion hat sich dem aus-
drücklich angeschlossen, weil wir der festen Überzeu-
gung sind, dass das Parlament darüber diskutieren muss,
wie es mit Mandaten weitergeht und wie sie sich, einge-
bettet in die politische Gesamtlage, darstellen. So habe
ich das verstanden.

Da ich mich gerade der Linkspartei zuwende: Ich bin
froh, dass ich auf die Debatte von vorhin hinweisen darf.
Frau Kollegin Höger hat am 3. Dezember 2009 im Bun-
destag gesagt – ich zitiere –:

Ohne einen umfassenden politischen Prozess wird
es keinen dauerhaften Frieden und keine Sicherheit
im Nahen Osten geben ….

Soweit stimme ich Ihnen absolut zu. Sie sagen auch: Wir
sind konsequent gegen Auslandseinsätze. – In diesem
Zusammenhang möchte ich auf etwas zurückkommen,
das mit der Blockade Gazas zusammenhängt. Immer
dann, wenn es um Auslandseinsätze geht, die dem Frie-
den dienen, sind Sie dagegen. Aber wenn es um Provo-
kation geht, dann machen Sie mit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das kann ich so nicht stehen lassen. Ein Kollege von den
Grünen hat eben richtigerweise durch einen Zwischenruf
– ich glaube, es war Kollege Nouripour – sehr deutlich
gemacht, dass es hierbei um einen Friedenseinsatz geht,
der von allen Beteiligten ausdrücklich gewünscht ist.
Wir alle haben doch persönlich gehört, dass al-Hariri,
der junge Ministerpräsident des Libanon, am 15. März
gesagt hat:

Wir sind … dankbar …



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(C (D bezogen auf Deutschland – Ihre Präsenz trägt dazu bei, den Frieden und die Sicherheit in unserer Region und unserer Grenze zu gewährleisten. Herr Kollege Mützenich hat es gerade gesagt: Die Siuation im Libanon ist keineswegs einfach. Deshalb üssen wir ein besonderes Interesse daran haben, dass iejenigen, die für die Weltgemeinschaft, die dem Frieen dient, eintreten und die an Gemeinsamkeiten in der egion interessiert sind, gestärkt werden. Deshalb müs en wir der Bitte des Libanon entsprechen und das Manat verlängern. Zu diesem Ergebnis ist die Bundesregieung gekommen. Unsere Fraktion unterstützt die Entcheidung der Bundesregierung und wird im Deutschen undestag der Mandatsverlängerung zustimmen. Wir sind der Meinung, dass unser Auftrag bei UNIFIL och nicht erfüllt ist. Die verschiedenen Ziele, die wir ns gesetzt haben – Stabilisierung und gleichzeitige Siherung des Libanon insgesamt –, wollen wir weiterhin rreichen. Die instabilen Verhältnisse dauern trotz aller emühungen noch an. Wir kommen zu ähnlichen Ergebissen wie der UNIFIL-Bericht des Generalsekretärs om 26. Februar. Es bleibt noch sehr viel Arbeit zu tun. eitere Elemente der Resolution des Sicherheitsrates er Vereinten Nationen müssen noch umgesetzt werden. Mit unserem Entschluss, die Bundesregierung zu unerstützen, reduzieren wir die Mandatsobergrenze von 00 auf 300 Soldaten; das sind über 60 Prozent. Ich inde das erwähnenswert. Wir diskutieren über so viele andate und stehen auch in kritischen Diskussionen mit er Bevölkerung. Deshalb ist es richtig, Mandatsoberrenzen herabzusetzen, wenn Missionen erfolgreich veraufen. Damit dokumentiert man den Erfolg; sonst wäre s notwendig, weiterhin mehr Soldaten zu entsenden der sich zumindest eine solche Option offenzuhalten. as ist derzeit nicht notwendig. Die Stabilisierung ist so eit fortgeschritten, dass wir ruhigen Gewissens die bergrenze des Mandats herabsetzen können. Das halte ch für bemerkenswert. Das ist schlussendlich all denjeigen zu verdanken, die dort Präsenz als Soldaten zeigen nd damit unserem Land und der Region einen großen ienst erweisen. Der Bundesminister des Auswärtigen hat deutlich geacht, dass wir jetzt weitere Aufträge übernehmen und ehr für die Ausbildung tun. Ich glaube, für die Laufzeit es nun anstehenden Mandats ist der entscheidende unkt, dass wir mehr für die Ausbildung tun, dass wir afür sorgen, dass libanesische Ingenieure und Sichereitskräfte in der Lage sind, für ihre Sicherheit selbst zu orgen, und letztendlich auch die Küste des Libanon angfristig selbst schützen können. Dieses Ziel wollen ir unterstützen. Dafür ist es allerdings notwendig, wei erhin eine Präsenz der internationalen Gemeinschaft zu ewährleisten. Insofern bitte ich Sie hier um Unterstütung für die Bundesregierung. Im Namen meiner Frakion kann ich diese zusagen. Herzlichen Dank. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704624600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/1905 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Jens
Petermann, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiteren Ab-
geordneten und der Fraktion DIE LINKE einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
der Wehrdisziplinarordnung

– Drucksache 17/572 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Rechtsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Jens Petermann für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jens Petermann (Plos):
Rede ID: ID1704624700

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Für die Linke geht es bei diesem Gesetzentwurf um
die Durchsetzung der richterlichen Unabhängigkeit, um
nicht mehr und nicht weniger.

Zum Sachverhalt: Vor gut einem Jahr kassierte der da-
malige Bundesminister der Verteidigung einen Be-
schluss des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts.
Das für die Verteilung der richterlichen Geschäfte zu-
ständige Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts hatte
in diesem Beschluss dem Wehrdienstsenat einen unge-
dienten Richter zugeordnet. Der Verteidigungsminister
berief sich deswegen auf die aus der Nachkriegsära he-
rübergerettete Vorschrift des § 80 Abs. 2 Wehrdiszipli-
narordnung und auf ein ursprünglich geheimes Ressort-
abkommen zwischen dem Bundesministerium der Justiz
und dem Bundesministerium der Verteidigung aus dem
Jahre 1970.

Normalerweise ist es das ureigene, verfassungsrecht-
lich garantierte Recht eines jeden Gerichts, die Ge-
schäftsverteilung und die Besetzung der Spruchkam-
mern in Wahrnehmung der richterlichen Unabhängigkeit
selbst zu regeln. Das ist ein Gebot der Gewaltenteilung.
Um es deutlich zu sagen: Die Einflussnahme einer Ge-
walt auf eine andere ist mit dem Grundgesetz für die
Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Der damalige Verteidigungsminister hat damit in unzu-
lässiger und nicht hinnehmbarer Weise in die von Ver-
fassungs wegen zu beachtende richterliche Unabhängig-
keit eingegriffen. Das ist schon starker Tobak.

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(C (D Die richterliche Unabhängigkeit gilt nicht nur für alle ichterinnen und Richter, sondern auch für das gewählte räsidium eines jeden Gerichts. Der Bundesminister der erteidigung hätte die Verfassungswidrigkeit dieses soenannten Vetorechts erkennen müssen und dieses desegen trotz seines angeblich rechtsstaatlich guten Geissens nicht anwenden dürfen. Stattdessen ignorierte er ragende Prinzipien unserer Verfassung. Diese Tatsache ätte die Bundeskanzlerin im Übrigen bereits im ai 2009 erkennen müssen. Aber anstatt einzugreifen, at sie den Minister gewähren lassen und sich dadurch eben einer Menge Ärger schließlich auch noch einen eritablen Fehlstart der neuen Regierung eingehandelt. Mit dem durch § 80 Abs. 2 Wehrdisziplinarordnung eschaffenen Eingriffsinstrument kann die Bundesregieung als potenzielle Prozesspartei die Richterinnen und ichter für alle künftigen Prozesse der Wehrdienstsenate es Bundesverwaltungsgerichts bestimmen. Faktisch ann sich die Militärverwaltung also auf diesem Wege ie Richterinnen und Richter selbst aussuchen, die unter nderem über Rechtsverletzungen bei Militäreinsätzen ie zuletzt beim Bombardement am Kunduzfluss zu ent cheiden haben. Wenn Deutschland weiterhin als vorildlicher Rechtsstaat gelten will, muss der Einfluss der xekutive auf ihre eigenen Inspektoren unterbunden erden, und sie muss über jeden Verdacht erhaben sein. as gehört einfach zu rechtsstaatlichen Standards. Da in ich mir übrigens mit meinen Kolleginnen und Kolleen in den Gerichten einig. In diesem Kontext ist auch ie geplante Einführung von Sondergerichten für Soldainnen und Soldaten im Auslandseinsatz zu sehen, die ir im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gleichehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes strikt ablehen. Ich gehe davon aus, dass unser Gesetzentwurf bei undesministerin Leutheusser-Schnarrenberger auf of ene Ohren trifft. Wie ihrem Brief an die Dienstleisungsgewerkschaft Verdi vom Oktober 2009 zu entnehen ist, will sie sich für eine entsprechende Änderung er Wehrdisziplinarordnung einsetzen. Sie schreibt, dass er Respekt vor unserer Verfassung gebiete, den Schutz er richterlichen Unabhängigkeit sicherzustellen. Dazu ehöre auch, dass die Gerichte selbstständig entschieen, welcher Richter welchem Senat zugeteilt werde. rau Leutheusser-Schnarrenberger und Herr zu uttenberg – er ist nicht mehr anwesend –, verzichten ie auf Ihr verfassungswidriges Vetorecht und folgen Sie em Gesetzentwurf der Linksfraktion! Springen Sie über hren koalitionsbedingten Schatten und zollen Sie der ichterlichen Unabhängigkeit auch in diesem Punkt den ötigen Respekt! Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen ür die Aufmerksamkeit, gerade auch angesichts der meeorologischen Bedingungen, die heute herrschen. )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704624800

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär

Thomas Kossendey.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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Thomas Kossendey (CDU):
Rede ID: ID1704624900


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn man den Gesetzentwurf der Linken in Ruhe liest,
hat man das Gefühl, dass sie in erster Linie gar kein Pro-
blem mit § 80 Abs. 2 der Wehrdisziplinarordnung haben,
sondern eher ein Problem mit der Bundeswehr; das spielt
in diesem Gesetzentwurf eine wichtige Rolle.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Manches, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf geschrieben
haben, aber auch so manches, was gerade gesagt worden
ist, wirkt arg bemüht.

Lassen Sie mich die Haltung des Verteidigungsminis-
teriums zu diesem Gesetzentwurf und zu dem Verfahren,
das Sie kritisieren, verdeutlichen. Die in dem Gesetzent-
wurf vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken
entbehren aus unserer Sicht jeder Grundlage. Die Mit-
wirkung unseres Verteidigungsministers bei der Beset-
zung der Wehrdienstsenate steht im Einklang mit dem
Grundgesetz.


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


Ich will das begründen: Der Bundesminister der Ver-
teidigung hat seit 1957 das Recht, bei der Besetzung der
Wehrdienstsenate mitzuwirken. Zunächst hat sich das
ausdrücklich aus der Wehrdisziplinarordnung ergeben.
Seit 1970 ist es durch eine Ressortvereinbarung gewähr-
leistet. § 80 Abs. 2 der Wehrdisziplinarordnung gibt dem
Bundesminister der Justiz das Recht zur Bestimmung
der Richter bei den Wehrdienstsenaten. Der Bundes-
minister der Verteidigung ist dort zwar nicht ausdrück-
lich erwähnt, aber ungeachtet dessen erfolgt sein Mitwir-
kungsrecht weiterhin aus der Ressortvereinbarung. Die
Ressortvereinbarung zwischen dem Verteidigungsminis-
terium und dem Justizministerium geht auf den Entwurf
eines Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinar-
rechts zurück. Die Gesetzesbegründung sah ausdrück-
lich vor, dass – unabhängig von einer gesetzlichen Rege-
lung – der Bundesminister der Justiz und der
Bundesminister der Verteidigung Mitwirkungsrechte bei
der Auswahl und Benennung von Richtern für die Wehr-
dienstsenate in einer besonderen Vereinbarung festlegen
können. Die Ressortvereinbarung sieht vor, dass das
Bundesministerium der Justiz keinen Bewerber vor-
schlagen wird – jetzt wörtlich –,

gegen den der Bundesminister der Verteidigung im
Hinblick auf die besonderen Voraussetzungen, die
an einen Richter des Wehrdienstsenats zu stellen
sind, Einwendungen erhebt.

Gleiches gilt, wenn ein Richter oder eine Richterin erst
später zur Mitwirkung bestimmt werden soll. Diese Re-
gelung hat sich über zahlreiche Gesetzesänderungen ge-
halten, an denen alle Parteien beteiligt waren. In die Kri-
tik geraten ist dieses Mitwirkungsrecht erst, nachdem

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(C (D er Bundesminister der Verteidigung auf der Grundlage ieser Ressortvereinbarung im Juli 2009 erstmals die ustimmung zur Verwendung eines bestimmten Richters n den Wehrdienstsenaten verweigert hatte, der für diese ätigkeit nicht geeignet schien. Allerdings kann man dieses kritisierte Mitwirkungsecht, wenn man genau hinschaut, letztlich sogar auf rt. 95 Abs. 2 des Grundgesetzes zurückführen. Dieser ieht vor, dass der für das jeweilige Sachgebiet zustänige Bundesminister gemeinsam mit dem Richterwahlusschuss über die Berufung der Richterinnen und Richer der obersten Gerichtshöfe des Bundes entscheidet. ür eine Reihe von Fachgerichtsbarkeiten ist diese Beugnis gesetzlich den jeweiligen Fachministerien zugeiesen worden. Herr Petermann, ich will Sie daran erinern, dass § 42 des Arbeitsgerichtsgesetzes und § 38 des ozialgerichtsgesetzes diese Mitwirkung ausdrücklich orsehen. iese Paragrafen sehen nämlich vor, dass diese Befugnis ür die Arbeitsund Sozialgerichtsbarkeit beim Bundesinisterium für Arbeit und Soziales liegt. Wenn es Ihnen llein um die Unabhängigkeit der Richter gegangen äre, hätten Sie das in Ihren Antrag zumindest einbauen üssen. Die beiden Wehrdienstsenate beim Bundesverwalungsgericht stellen, vergleichbar dem Bundesarbeitsgeicht oder dem Bundessozialgericht, eine eigene Facherichtsbarkeit dar. Sie bilden, abgesehen von der berprüfung durch das Bundesverfassungsgericht, die berste gerichtliche Instanz für den Geschäftsbereich des undesministeriums der Verteidigung auf den Gebieten er truppendienstlichen Beschwerde und der Disziplinarngelegenheiten, aber eben nicht in solchen Fällen, die ie gerade unter dem Stichwort „Kunduz“ angesprochen aben. Ausschließlich aus organisatorischen Gründen ind die beiden Wehrdienstsenate beim Bundesverwalungsgericht angesiedelt. Die Bildung dieser beiden Wehrdienstsenate wird benso wie die Errichtung der Truppendienstgerichte alein durch die Wehrdisziplinarordnung begründet. Das edeutet, dass der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichen und damit auch zu den Wehrdienstsenaten letztendich ein eigenständiger Rechtsweg ist. Er ist damit von em allgemeinen Verwaltungsrechtsweg nach der Veraltungsgerichtsordnung streng abzugrenzen. Insoweit nterscheidet sich das Wehrdisziplinarrecht auch deutich vom Beamtendisziplinarrecht, das die Aufgaben der isziplinargerichtsbarkeit für Beamte der Verwaltungserichtsbarkeit zuweist. Im Verhältnis zu den Befugnissen der anderen achressorts schränkt die Regelung für die Wehrdienstenate die Befugnisse des Bundesverteidigungsministers ogar ein. Während den übrigen Fachressorts zum eispiel bei einer Richterwahl ausdrückliche Mitwirungsrechte bei einer Richterwahl zu einem obersten erichtshof zustehen, liegt diese Befugnis für das Bunesverwaltungsgericht ausschließlich beim Bundesinister der Justiz. Parl. Staatssekretär Thomas Kossendey )


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)





(A) )

Indem § 80 Abs. 2 der Wehrdisziplinarordnung und
die Ressortvereinbarung nicht bei der Richterwahl als
solcher ansetzen, sondern das Mitwirkungsrecht bei der
Besetzung der Spruchkörper betreffen, stellen sie tat-
sächlich eine Sonderregelung dar. Aber nur so kann das
Mitwirkungsdefizit des Bundesministeriums der Vertei-
digung als Fachressort ausgeglichen werden; das habe
ich Ihnen eben erläutert.

Bei Wegfall der Regelung hätte der Bundesminister
der Verteidigung, anders als die übrigen Fachressorts,
nicht die Möglichkeit, entsprechend Art. 95 Abs. 2 des
Grundgesetzes bei der Bestimmung der richterlichen
Mitglieder seiner eigenen obersten Fachgerichtsbarkeit
mitzuwirken. Durch diese Regelung, die es in der Wehr-
disziplinarordnung gibt, wird sichergestellt, dass das
höchste Wehrdienstgericht mit fachlich geeigneten Rich-
terinnen und Richtern besetzt wird.

Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängig-
keit ist meines Erachtens nicht erkennbar. Die Entschei-
dung, wer als Richter bestimmt wird, ist schließlich
keine richterliche Entscheidung, sondern eine legitime
Entscheidung der Exekutive. Sie fällt damit eben nicht
unter die Garantie der richterlichen Unabhängigkeit. Die
gesetzliche Regelung führt schließlich nicht dazu, dass
Einfluss darauf genommen wird, welche Richterin oder
welcher Richter in einem konkreten Verfahren entschei-
det.

Auch das Bundesministerium der Justiz hat bereits im
Jahr 2005 in einem Schreiben an das Bundesministerium
der Verteidigung bestätigt, die Prüfung des § 80 Abs. 2
der Wehrdisziplinarordnung habe keine durchgreifen-
den verfassungsrechtlichen oder gerichtsverfassungs-
rechtlichen Bedenken gegen die geltende Rechtslage er-
geben. Daher bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen, dem Gesetzentwurf der Linken nicht zuzu-
stimmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704625000

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Dr. Edgar

Franke das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Edgar Franke (SPD):
Rede ID: ID1704625100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kossendey, wir entscheiden heute nicht über den
Gesetzentwurf, sondern er wurde heute eingebracht, und
wir diskutieren in erster Lesung über ihn. Insofern muss
man vielleicht erst einmal abwarten, wie dieser Gesetz-
entwurf abschließend zu beurteilen ist.

Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Fraktion
der Linken zur Änderung der sogenannten Wehrdiszipli-
narordnung. Genauer gesagt, § 80 Abs. 2 der Wehrdiszi-
plinarordnung soll ersatzlos gestrichen werden. Wenn
ich Sie, Herr Petermann, richtig verstanden habe, haben
Sie gesagt, dieser Paragraf sei verfassungswidrig, weil er
gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoße.

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(C (D Was ist der Inhalt dieses so wichtigen verfassungsechtlichen Prinzips? Wir wissen, dass das Grundgesetz eine absolute Trennung der Gewalten fordert, nach öchstrichterlicher Rechtsprechung jedoch gegenseitige ontrolle, Hemmung und Mäßigung der Gewalten im inzelnen. Was wird denn durch die Wehrdisziplinarordnung geegelt, Herr Kossendey? Es ist geregelt, dass Wehrienstsenate für Disziplinarverfahren gegen Soldaten Arrest und was es da noch alles gibt – zuständig sind, nd zwar in zweiter Tatsacheninstanz. Bei Berufungen egen Urteile der Truppendienstgerichte sind nämlich ie Wehrdienstsenate, die in das Bundesverwaltungsgeicht integriert sind, letztinstanzlich zuständig. § 80 Abs. 2 der Wehrdisziplinarordnung ist eigentlich ine ganz einfache Regelung. Es geht darum, dass allein as Bundesministerium für Justiz bestimmen kann, welher Richter im Einzelnen Mitglied in einem der beiden ehrdienstsenate wird. Was wird durch diese Regelung ber bewirkt? Zum einen kann das Bundesministerium er Justiz bestimmen. Aber nicht nur das – Sie haben es ben angesprochen –: Auch das Verteidigungsministeium kann Einfluss auf die Besetzung der Wehrdienstseate nehmen. Es besteht nämlich eine Ressortvereinbaung – das hat Herr Petermann gesagt – von 1970. Sie ist chon ein bisschen älter, hat aber noch Rechtskraft. Daach besteht im Innenverhältnis zwischen den beiden inisterien ein Vetorecht des Bundesverteidigungsmi isteriums gegenüber dem BMJ. Das Bundesverteidigungsministerium – der Bundeserteidigungsminister ist Dienstherr der Soldaten – kann n dem Verfahren also nicht nur regelmäßig Einfluss auf ie Auswahl der hauptamtlichen Richter nehmen, sonern es kann auch die Richter aussuchen, die letztinsanzlich über Wehrdienstangelegenheiten entscheiden. err Kossendey, das Bundesverteidigungsministerium ann sich also die Richter aussuchen, die seine eigenen ntscheidungen und seine eigenen Verwaltungsakte berprüfen. Ich glaube, man kann hier in erster Lesung mit gutem echt schon fragen, ob solch eine Regelung vernünftig st. Man kann sich auch fragen, ob sie sachlich gerechtertigt ist, und man muss zumindest die Frage stellen ürfen – auch hier in der ersten Lesung –, ob eine solche egelung auch verfassungsrechtlich in Ordnung ist. Im Übrigen glaube ich, dass die Gefahr groß ist, dass er Verteidigungsminister letztlich auch persönlich, inaltlich oder vielleicht sogar politisch genehme Leute ussucht, wenn sein Ministerium die personelle Besetung eines Gerichts mitbestimmen kann, wenn es alleine arüber bestimmen kann oder wenn es zumindest mit eiem Vetorecht darauf Einfluss nehmen kann. Auch ich in Jurist und habe nicht gedient, habe aber nichts gegen ie Bundeswehr. Ich könnte aber, nur, weil ich nicht bei er Bundeswehr war, dort kein Richter werden. Ob das ine sachgerechte Begründung ist, weiß ich im Einzelen nicht. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)






Dr. Edgar Franke


(A) )


)
Es gibt aber noch einen Begründungszusammenhang,
nämlich aufgrund des Art. 95 Abs. 2 Grundgesetz, den
Sie, Herr Kossendey, auch genannt haben. Nach
Art. 95 Abs. 2 Grundgesetz entscheidet über die Beru-
fung der entsprechenden Richter der zuständige Fachmi-
nister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss. Das
heißt, es geht nur zusammen. Bleibt die Zustimmung ei-
nes der beteiligten Organe aus, ist die betreffende Kandi-
datur für das Richteramt gescheitert.

Dagegen wird durch § 80 Abs. 2 Satz 1 Wehrdiszipli-
narordnung weder der Richterwahlausschuss noch das
Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts in die ein-
zelne Entscheidung mit einbezogen; denn das alleinige
Entscheidungsrecht wird nur der Exekutive zugebilligt.
Ob das unproblematisch ist, wird auch zu prüfen sein;
denn im Normalfall bestimmt gemäß § 21 e des Ge-
richtsverfassungsgesetzes – das ist schon eine alte Vor-
schrift – eben das Präsidium des Bundesverwaltungsge-
richts die Geschäftsverteilung seiner Richter. Da die
Wehrdienstsenate in das Bundesverwaltungsgericht ein-
gegliedert sind, müsste das Präsidium jedenfalls aus
meiner Sicht hier eine höhere Entscheidungskompetenz
haben. Aber die Ministerien bestimmen.

Somit ist im Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob
nicht ein Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip
vorliegt. Es ist auch zu prüfen, ob § 80 Abs. 2 der Wehr-
disziplinarordnung mit den Vorgaben der Verfassung
hinsichtlich einer eindeutigen Teilung der verschiedenen
Gewalten in Einklang zu bringen ist.

Zweitens muss aus meiner Sicht in dem Verfahren
auch geprüft werden, ob die bestehende Ressortverein-
barung von 1970, dass im Innenverhältnis das Verteidi-
gungsministerium mitbestimmen kann, wer im Einzel-
nen in den Wehrdienstsenaten Dienst tun kann, sachlich
haltbar ist.

Lassen Sie mich abschließend noch einen anderen
Punkt erwähnen. Strittig ist hier im Hause nach meiner
Kenntnis auch die Frage der Federführung im weiteren
Beratungsverfahren. Sie, meine lieben Kolleginnen und
Kollegen von der Koalition, wollen die Federführung in
den Verteidigungsausschuss überweisen.


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Guter Vorschlag!)


Das ist meiner Meinung nach sachlich nicht gerechtfer-
tigt. Ich halte das für den falschen Weg. Aus meiner Sicht
müssen im weiteren Gesetzgebungsverfahren vor allen Din-
gen die von mir aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fra-
gen geklärt werden. Insofern sollte die Federführung beim
Rechtsausschuss liegen, damit die verfassungsrechtli-
chen Fragen im Einzelnen geklärt werden können.


(Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Jörg van ssen das Wort. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704625200


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1704625300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

taatssekretär Kossendey hat auf die Geschichte dieser
estimmung hingewiesen. Es hat zwischen 1957 und
967 einen eigenen Bundesdisziplinarhof gegeben, der
ann in den Wehrdienstsenaten beim Bundesverwal-
ungsgericht aufgegangen ist. Man hat diese Gremien
ämlich zusammengelegt und damit Verwaltungskosten
espart.

Herr Staatssekretär Kossendey hat bereits auf einen
eiteren Gesichtspunkt hingewiesen, den ich deshalb
icht weiter ausführen muss, nämlich dass es auch in an-
eren Bereichen wie in § 42 des Arbeitsgerichtsgesetzes,
ber auch in § 38 des Sozialgerichtsgesetzes ähnliche Re-
elungen gibt. Damit gilt selbstverständlich auch in die-
em Zusammenhang, dass das Ganze nicht zu der von der
inkspartei behaupteten Verfassungswidrigkeit führt.

Der ganze Antrag atmet doch den Widerstand der
inkspartei gegen Streitkräfte im demokratischen Staat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


lle, die auf dieser Seite des Hauses sitzen, die sich nie
ber die Militärgerichtsbarkeit in der DDR aufgeregt ha-
en, und über all die Dinge, die dort passiert sind, nie ein
ritisches Wort gefunden haben, meinen, hier die Be-
auptung aufstellen zu müssen, das Ganze sei verfas-
ungswidrig. Das ist es eindeutig nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Trotzdem bitte ich uns alle, darüber nachzudenken, ob
ir dem allgemeinen Trend, den wir in vielen Bereichen

ehen, nämlich in unserem Staat die Unabhängigkeit der
ustiz zu stärken, nicht auch in diesem Bereich folgen
ollen. Ich weise etwa darauf hin, dass wir es inzwischen
n allen Ländern und unterstützt von allen in den jeweili-
en Ländern vertretenen Fraktionen geschafft haben,
ass die Generalstaatsanwälte nicht mehr politische Be-
mte sind, wodurch die Unabhängigkeit der Justiz ge-
tärkt worden ist. Auch andere Überlegungen, beispiels-
eise was das Weisungsrecht des Justizministers
egenüber der Staatsanwaltschaft anbelangt, weisen in
ie Richtung, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken.

Der BundeswehrVerband – auch das ist in diesem Zu-
ammenhang wichtig – bittet darum, dass es bei der Re-
elung des § 80 Abs. 2 der Wehrdisziplinarordnung
leibt. Ich glaube, dass auch die Soldaten ein Interesse
aran haben, dass in diesen Fragen Personen entschei-
en, von denen sie das Gefühl haben, dass sie mit den
ingen, über die sie zu entscheiden haben, in besonderer
eise vertraut sind. Auf der anderen Seite gibt es den
unsch der Präsidenten der Oberverwaltungsgerichte,

ass die besondere Bestimmung des § 80 Abs. 2 der
ehrdisziplinarordnung nicht weiter fortbestehen sollte.

(B)






Jörg van Essen


(A) )


)(B)

Wir müssen also zwischen den verschiedenen Interessen
abwägen.

Was mich persönlich anbelangt – Sie haben mich vor-
hin angegriffen, Herr Petermann –, setze ich mich tat-
sächlich für eine zentrale Zuständigkeit im Bereich der
Strafverfahren und Ermittlungsverfahren gegen Soldaten
im Auslandseinsatz ein. Im Übrigen – damit Sie nicht
wieder behaupten, das sei verfassungswidrig – sieht
Art. 96 des Grundgesetzes ausdrücklich als Möglichkeit
vor, dass der Bund entsprechende Gerichte einsetzen
kann. Wenn der Bund davon Gebrauch machen würde,
wäre das auch verfassungsmäßig.


(Jens Petermann [DIE LINKE]: Vorbild USA!)


Meine persönliche Auffassung in diesem Zusammen-
hang erkennen Sie daran, dass ich möchte, dass diese
Zuständigkeit bei der zivilen Justiz bleibt. Außerdem
sehe ich keine Einflussmöglichkeit des Bundesverteidi-
gungsministeriums auf die Staatsanwälte und die Rich-
ter, die in diesen Verfahren entscheiden sollen, vor, weil
mir die Unabhängigkeit der Justiz besonders wichtig ist
und weil dies nach meiner Auffassung auch aus dem
Leitbild des Staatsbürgers in Uniform folgt. Der Soldat
ist ein Staatsbürger in Uniform, und deswegen sollten
die normalen Regeln, sofern nicht ganz besondere
Gründe gegeben sind, so weit wie möglich gelten.

Das Bundesverwaltungsgericht ist ja ein Obergericht.
Das heißt, die dort tätigen Personen sind langjährig er-
fahrene Richter. Deshalb habe ich persönlich Vertrauen,
dass jeder Richter, der in den Wehrdienstsenaten Recht
spricht, die notwendige Erfahrung und juristische Exper-
tise mitbringt, um seine Entscheidungen fachgerecht
treffen zu können. Ich will in der ersten Lesung die Of-
fenheit meiner Fraktion in dieser Frage ganz deutlich
machen. Unsere frühere rechtspolitische Sprecherin und
heutige Bundesjustizministerin hat sich gegenüber Verdi
– das haben Sie angesprochen – ja auch entsprechend ge-
äußert.

Ich will aber auch darauf hinweisen, dass ich zu de-
nen gehöre, die gesagt haben, dass die Wehrdisziplinar-
ordnung ganz eindeutig in die Zuständigkeit des Bundes-
verteidigungsministers fällt. Und da, wo ein Gesetz zu
Hause ist, muss auch die Federführung liegen.

Sie hatten kritisch angemerkt, dass auch der Rechts-
ausschuss darüberschauen muss. Das ist aber ganz
selbstverständlich. Es gibt überhaupt keine Diskussion
darüber, dass der Rechtsausschuss mitberatend tätig sein
muss. Außerdem wird wohl allen aufgefallen sein, dass,
jedenfalls bisher, Juristen zu dieser Frage gesprochen ha-
ben. Deshalb habe ich keine Sorge, dass nicht auch juris-
tischer Sachverstand bei den parlamentarischen Beratun-
gen eine Rolle spielen wird.

Dass es aber auch sachgerecht ist, die Interessen der
Soldaten im Blick zu haben, möchte ich als Reservist der
Bundeswehr ausdrücklich betonen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die ollegin Katja Keul das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kossendey, vielen ank für Ihren ausführlichen juristischen Vortrag. Wenn s Ihre Strategie war, damit Verwirrung zu stiften, dann aren Sie sehr erfolgreich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Jetzt sind wir aber gespannt!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704625400
Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704625500

Der heute zur Debatte stehende § 80 Abs. 2 der Wehr-
isziplinarordnung erlaubt es der Exekutive, auf die Be-
etzung der Wehrsenate beim Bundesverwaltungsgericht
influss zu nehmen. In allen anderen Bundesgerichten
ntscheidet das Gerichtspräsidium unabhängig und ei-
enständig, welche Richterin in welchem Senat Recht
pricht. Der Einfluss der Politik endet nach der Wahl ei-
es Juristen zum Bundesrichter. Das muss auch so sein.
enn in Art. 97 Grundgesetz heißt es:

Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze
unterworfen.

Bis zum Sommer letzten Jahres ist es der Fachöffent-
ichkeit kaum aufgefallen, dass die Wehrdisziplinarord-
ung der Exekutive praktisch ein Vetorecht bei der Be-
ennung eines Richters einräumt,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht einmal mir ist es aufgefallen!)


enn bis dahin hatte noch kein Minister von diesem
echt Gebrauch gemacht. Nach dem Wortlaut des § 80
bs. 2 der Wehrdisziplinarordnung hat eigentlich nur
as Justizressort ein Bestimmungsrecht. Aber nichts hat
ie Ressorts daran gehindert, 1970 zu vereinbaren, dass
as Justizministerium sich verpflichtet, Einwände des
erteidigungsministers gegebenenfalls zu berücksichti-
en.

Im Sommer 2009 war es Minister Jung, der erstmals
inem Präsidiumsbeschluss des Bundesverwaltungsge-
ichts widersprochen hat. Die Begründung, der benannte
ichter habe nicht gedient und es müsse mehr Sachver-

tand in die Wehrsenate einziehen,


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Eine gute Begründung!)


st nicht geeignet, den eigenen Sachverstand des Minis-
ers zu belegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn seine Auffassung richtig wäre, sollten unverheira-
ete Richter besser kein Familienrecht mehr sprechen,
ichter ohne Führerschein kein Verkehrsrecht und Ei-
enheimbesitzer kein Mietrecht. Jeder kann sich weitere
bsurde Beispiele vorstellen.





Katja Keul


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Die Qualität juristischer Arbeit hängt nicht von einem
persönlichen Bezug des Juristen zu dem infrage stehen-
den Sachverhalt ab.


(Jens Petermann [DIE LINKE]: Eher umgedreht!)


Im Gegenteil, die Fähigkeit zur Abstraktion und zur
Subsumtion eines Sachverhaltes unter eine Gesetzes-
norm sollte umso ausgeprägter sein, je größer der per-
sönliche und emotionale Abstand des Entscheidenden
ist.

Der Irrglaube, es müsse jemand beim Militär gewesen
sein, um einen militärischen Sachverhalt juristisch beur-
teilen zu können, begegnet uns derzeit auch bei der
Frage der Einrichtung von Sondergerichten für Strafta-
ten von Soldaten im Ausland. Auch hier gilt: Persönliche
Nähe hat mit juristischem Sachverstand nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Das Handwerkszeug des Juristen ist, den konkreten
Einzelfall mit der abstrakten Norm zu vergleichen und
auf Übereinstimmung zu überprüfen. Auf die militäri-
schen Insiderkenntnisse kann der Berufsrichter im Wehr-
senat ohne Weiteres zugreifen; denn dafür gibt es dort
zwei Soldatenbeisitzer, die nach Truppengattung und
Dienstgrad jeweils dem beschuldigten Soldaten nahe-
kommen.

Die Begründung des damaligen Verteidigungsminis-
ters für die Einlegung des Vetos zeigt, dass die Einfluss-
nahme der Exekutive nicht etwa einer Qualitätskontrolle
dient, sondern einer Interessenwahrnehmung des jewei-
ligen Ressorts. „Wohin kommen wir, wenn Bundes-
minister entscheiden, von welchen Richtern sie gerne
Angelegenheiten aus ihrem Ressortbereich entschieden
sehen wollen?“, fragten zu Recht die protestierenden
Richter.


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Aber Sachverstand kann doch nicht schaden!)


§ 80 Abs. 2 der Wehrdisziplinarordnung ist ein Fremd-
körper in unserem Rechtssystem und auch im Hinblick
auf den Gewaltenteilungsgrundsatz höchst problematisch.
Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichtes, Frau
Marion Eckertz-Höfer, appellierte bereits im Herbst an
die Bundesregierung, die Möglichkeit der Ministerien,
Einfluss auf die Richterbesetzung durch § 80 Abs. 2 der
Wehrdisziplinarordnung zu nehmen, abzuschaffen. Die-
ser Forderung schlossen sich alle Präsidenten der obers-
ten Verwaltungsgerichte, der Bund Deutscher Verwal-
tungsrichter und Verwaltungsrichterinnen sowie die Neue
Richtervereinigung an.


(Jörg van Essen [FDP]: Wenn die sich auch von Angehörigen der Linkspartei vertreten lässt!)


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(C (D ie Bundesjustizministerin versprach den Richtern daaufhin, sich für eine Änderung dieser Regelung starkzuachen. Ich zitiere: Zum Schutz richterlicher Unabhängigkeit gehört, dass die Gerichte selbstständig über die Richterbank bestimmen. In diesem Sinne werde ich mich in der neuen Wahlperiode für eine entsprechende Änderung der Wehrdisziplinarordnung einsetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


öge die Justizministerin endlich aus der Deckung
ommen und Flagge zeigen!


(Jörg van Essen [FDP]: Sie hat doch Flagge gezeigt und ihre Meinung klar und deutlich gesagt!)


Wir Grüne werden uns dem versammelten richterli-
hen Sachverstand nicht verweigern und dem Gesetzent-
urf der Linksfraktion zustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704625600

Für die Unionsfraktion spricht der Kollege Dr. Sensburg.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Patrick Sensburg (CDU):
Rede ID: ID1704625700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

amen und Herren! Die Fraktion Die Linke verfolgt mit
em vorliegenden Gesetzentwurf rein politische Ziele.


(Zurufe von der LINKEN: Das ist im Parlament so üblich! – Ja, was denn sonst?)


icht im Geringsten geht es der Fraktion Die Linke um
en Schutz der verfassungsrechtlich verankerten richter-
ichen Unabhängigkeit. Diese ist nämlich gar nicht in Ge-
ahr. Ihnen und Frau Kollegin Keul sage ich: Das Grund-
esetz geht hinsichtlich der Richterernennung sowohl in
rt. 95 als auch in Art. 98 von der Personalhoheit der Re-
ierungen aus, sowohl der Bundesregierung als auch der
eweiligen Landesregierung. Herr Petermann, der von Ih-
en im Antrag zitierte Art. 95 Abs. 2 lautet dementspre-
hend:

Über die Berufung der Richter dieser Gerichte ent-
scheidet der für das jeweilige Sachgebiet zustän-
dige Bundesminister gemeinsam mit einem Rich-
terwahlausschuss …


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: So ist es!)


enn Sie bemängeln, dass es den Bundesministern mög-
ich ist – so steht es in Ihrem Antrag –, nur ihnen politisch
enehme Richter an die obersten Gerichte entsenden,
ann ist dem entgegenzuhalten: Diese Sichtweise ist ein-
ach falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jens Petermann [DIE LINKE]: So sagen wir es ja gar nicht!)






Dr. Patrick Sensburg


(A) )


)(B)

Denn es geht nicht um politisch genehme Richter, son-
dern um die verfassungsrechtlich statuierte Verantwor-
tung der Minister, an der Entscheidung über die Auswahl
der Richter der obersten Gerichte teilzunehmen; allein
darum geht es.


(Jens Petermann [DIE LINKE]: Nein, darum geht es nicht!)


Ihr Antrag ist unter diesem Gesichtspunkt verfas-
sungsrechtlich sogar bedenklich. Ich empfehle Ihnen, die
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem
Jahre 1998 und des OVG Schleswig aus dem Jahre 2002
zu lesen, die gerade darauf abstellen, dass eine andere
Verfahrensweise dem aus dem parlamentarischen Prinzip
abgeleiteten Letztentscheidungsrecht des zuständigen
Bundesministers widersprechen würde. Wenn Sie darauf
abstellen – das haben die Kollegen Kossendey und
van Essen gesagt –, dass es sich bei § 80 Abs. 2 Wehrdis-
ziplinarordnung um eine Sonderregelung handelt, die ne-
ben § 13 des Richterwahlgesetzes unzulässig ist, ist dem
wiederum entgegenzuhalten: Auch dies ist falsch. Auch
in § 42 Arbeitsgerichtsgesetz oder § 38 Sozialgerichtsge-
setz finden Sie entsprechende Regelungen für das Ar-
beits- und Sozialministerium.


(Jörg van Essen [FDP]: Exakt so!)


Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist
die Unterstellung der Fraktion Die Linke, ausgerechnet
beim Bundesverteidigungsministerium bestehe nun die
Gefahr politischer Einflussnahme, mehr als aussagekräf-
tig; denn sie zeigt deutlich, was Sie mit Ihrem Gesetzent-
wurf erreichen wollen: Sie wollen das Verteidigungs-
ministerium und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
in ein schlechtes Licht rücken. Das lassen wir Ihnen
nicht durchgehen; denn das gehört sich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie doch selber!)


Herr Petermann, dass Sie sich als ehemaliger Zeitsol-
dat im Wachregiment „Feliks Dzierzynski“, das direkt
Herrn Mielke unterstand, gerade an dieser Stelle so
echauffieren und diesen Gesetzentwurf an erster Stelle
unterschrieben haben, das ist wirklich Ironie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie hatten wirklich keine Schwierigkeit mit der Nähe zur
Exekutive. Art. 95 Grundgesetz und § 80 Wehrdiszipli-
narordnung sind Beispiele für funktionierende Gewal-
tenteilung!


(Jörg van Essen [FDP]: Interessant, dass er in der Neuen Richtervereinigung ist! Das sagt was über diese Vereinigung!)


Die Wehrdienstsenate waren ab 1956 zunächst Be-
standteile des Bundesdisziplinarhofs – das haben wir
eben schon von Herrn Kossendey gehört –, der unabhän-
gig vom Bundesverwaltungsgericht war. 1967 wurde der
Bundesdisziplinarhof in das Bundesverwaltungsgericht
integriert, sodass nunmehr dort besondere Wehrdienst-
senate eingerichtet wurden. Es ist also ein historischer
Prozess gewesen. Nach der Ressortvereinbarung aus

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(C (D em Jahre 1970 – sie ist heute schon zitiert worden – ird diese Befugnis nach dem Richterwahlgesetz nun im invernehmen mit dem Bundesverteidigungsministe ium ausgeübt. Durch die Regelung des § 80 Abs. 2 Wehrdisziplinarrdnung wird dem Bundesverteidigungsministerium daer gar kein weitreichenderer Einfluss eingeräumt, als ies bei anderen Ministerien auch der Fall war. Das haen wir heute bereits mehrmals gehört. Ich bitte Sie, dies ur Kenntnis zu nehmen. Die unterschiedlichen Formuierungen ergeben sich aus der historischen Entstehungseschichte der Wehrdisziplinarsenate. Die Fraktion Die Linke scheint hier in ihrer Tradition er Agitation gegen die Bundeswehr eine juristische iskussion lostreten zu wollen, um zu verunsichern und u verwirren. Mehr steckt nicht hinter ihrem Gesetzenturf. Was die Linke vorhat, wird ihr nicht gelingen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der SPD: Zur Sache!)


Zur Sache kann ich Ihnen sagen, dass das Bundesver-
eidigungsministerium seit den 50er-Jahren nur ein ein-
iges Mal eine andere Sichtweise als das Präsidium des
undesverwaltungsgerichts gehabt hat. Einen Miss-
rauch kann ich hierin nicht erkennen.

Daher ist festzustellen, dass das Bundesministerium
er Verteidigung auf die Berufung der Wehrdienstrichter
einen weiter gehenden Einfluss ausübt als zum Beispiel
as Arbeitsministerium bei der Berufung der Arbeits-
ichter oder der Sozialrichter. Würden Sie dies meinen,
ann hätte Ihr Gesetzentwurf anders lauten müssen.
ann hätten Sie eine Grundgesetzänderung beantragen
üssen, durch die sichergestellt wird, dass es keine mi-

isteriale Einflussnahme mehr auf die Benennung von
undesrichtern gibt. Gerade das schreiben Sie aber
icht, sondern Sie picken nur einen Bereich heraus. Das
eigt ganz deutlich, was Sie wünschen und was Sie wol-
en.


(Jörg van Essen [FDP]: Aber Juristen in der DDR haben im Wesentlichen MarxismusLeninismus studiert! Das kann man ihnen nicht vorwerfen!)


Ihr Gesetzentwurf ist schnell zu durchschauen. So wie
r gestellt ist, ist er verfassungsrechtlich bedenklich. So
ie er gemeint ist, ist er verfassungswidrig. Damit ist er

bzulehnen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704625800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 17/572 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die
ederführung beim Verteidigungsausschuss liegen soll.
ibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht
er Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) )


)(B)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 a und b auf:

a) Beratung des Antrags der Bundesregierung

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an der Friedensmission der
Vereinten Nationen im Sudan (UNMIS) auf
Grundlage der Resolution 1590 (2005) des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom
24. März 2005 und Folgeresolutionen

– Drucksache 17/1902 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Bundesregierung

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an der AU/UN-Hybrid-Ope-
ration in Darfur (UNAMID) auf Grundlage
der Resolution 1769 (2007) des Sicherheitsra-
tes der Vereinten Nationen vom 31. Juli 2007
und Folgeresolutionen

– Drucksache 17/1901 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-
minister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren Kolleginnen und Kollegen! Die Jahre 2010 und
2011 werden ganz gewiss Schicksalsjahre für den Sudan.
Am 11. April, also vor wenigen Wochen, wurde im Su-
dan nach über 24 Jahren zum ersten Mal wieder gewählt.
Die Menschen haben von ihrem demokratischen Grund-
recht regen Gebrauch gemacht, und die Zivilgesellschaft
hat sich mutig engagiert.

Wir wissen aber auch, dass die Wahl ganz gewiss
nicht internationalen Standards entsprochen hat. Die in-
ternationale Gemeinschaft hat zu Recht die zahlreichen
Manipulationen als nicht akzeptabel kritisiert. Mit der
internationalen Gemeinschaft fordern wir, dass der Su-
dan mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusam-
menarbeitet. Schwerste Verbrechen wie die in Darfur

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(C (D üssen geahndet werden; das möchte ich vorab hier och einmal feststellen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch immer ist die Lage in Darfur von Gewalt ge-
rägt. Der Waffenstillstand von Doha zwischen der Re-
ierung und den Rebellengruppen wird wieder und wie-
er gebrochen. Die Menschen in Darfur werden Opfer
es Bürgerkriegs und Opfer von Kriminellen, die die an-
espannte Sicherheitslage ausnutzen.

Auch im Südsudan kommt es immer wieder zu Ge-
altausbrüchen zwischen den Ethnien. Es gibt zahllose

rreguläre Milizen. Es droht die Gefahr, dass extremisti-
che Kräfte aus dem Nordsudan diese Konflikte weiter
nheizen. Ein Wiederaufflammen des Bürgerkriegs zwi-
chen Nord und Süd wird von den Beobachtern und den
ennern nicht ausgeschlossen.

In dieser Lage braucht der Sudan von der internatio-
alen Gemeinschaft mehr Engagement und nicht weni-
er. Das fordert zu Recht auch der dem Deutschen Bun-
estag dazu vorliegende interfraktionelle Antrag. Die
undesregierung wird diesen Antrag und dessen kon-

truktive Vorschläge ihrer Politik zugrunde legen. Auf
ieser Basis werden wir uns in internationalen Foren und
remien für eine vollständige Umsetzung des umfassen-
en Friedensabkommens und für einen Friedensvertrag
n Darfur einsetzen. Fünf Punkte, die ich hier nennen

öchte, sind dabei für unser Engagement besonders
ichtig:

Erstens muss das Referendum über die Unabhängig-
eit des Südsudan transparent und friedlich verlaufen. Es
st für die Zukunft des Sudan entscheidend, dass das Er-
ebnis von allen Parteien akzeptiert wird. Dafür müssen
etzt die Voraussetzungen geschaffen werden. Nach dem
mfassenden Friedensabkommen von 2005 ist das Refe-
endum bis zum Jahr 2011 durchzuführen. Die Siche-
ung des Referendums ist eine Hauptaufgabe von
NMIS. Damit auch die inhaltlichen Standards erfüllt
erden, drängen wir in der Europäischen Union auf eine
roße und umfassende Wahlbeobachtungsmission.

Zweitens braucht der Südsudan stärkere staatliche
trukturen. Das ist entscheidend für die Stabilität der ge-
amten Region. Während meiner Afrikareise haben
eine Gesprächspartner in Dschibuti und in Tansania

ie Risiken betont, die von einem instabilen Südsudan
ür die gesamte Region ausgehen würden. Die Ausbil-
ung der Sicherheitskräfte im Südsudan und die Ent-
affnung irregulärer Milizen ist neben der Vorbereitung
es Referendums Hauptaufgabe von UNMIS. Der Süden
es Sudan hat nur dann eine friedliche Zukunft, wenn
ationale Behörden den Schutz der Zivilbevölkerung
uch garantieren können. Die Bundesregierung kann zur
tärkung staatlicher Strukturen weiterhin wichtige Bei-

räge leisten. Auch besteht enormer Beratungsbedarf für
en Fall, dass die Mehrheit der Wähler sich im Referen-
um für die Unabhängigkeit des Südsudan entscheidet.
chon vor dem Referendum muss auch dieser Fall vor-
ereitet werden, den die überwiegende Zahl der Be-





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)(B)

obachter für das wahrscheinliche Ergebnis der Abstim-
mung hält. Damit greifen wir der Abstimmung gewiss
nicht vor, aber vorbereitet müssen wir sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Drittens brauchen wir einen Erfolg bei den Friedens-
gesprächen über Darfur. Auf Dauer wird nur eine Eini-
gung aller Konfliktparteien die Situation befrieden. Im
Mai habe ich dem Chefunterhändler für die Vereinten
Nationen und für die Afrikanische Union Bassolé hier in
Berlin die volle Unterstützung der Bundesregierung zu-
gesichert. Er ist trotz aller Rückschläge zuversichtlich,
dass die Verhandlungen bis Ende dieses Jahres Fort-
schritte machen werden. Wir wünschen ihm das natür-
lich – und uns auch. Bis zu einer Verhandlungslösung
und voraussichtlich darüber hinaus steht UNAMID in
Darfur vor einer sehr schweren Aufgabe. Deswegen
werden wir die Mission weiter nach Kräften unterstüt-
zen.

Viertens dürfen wir bei der humanitären Hilfe und
beim Wiederaufbau nicht nachlassen. Die Menschen in
Darfur sind auf Unterstützung der internationalen Ge-
meinschaft angewiesen. Auch wenn Gewalt nicht überall
verhindert werden kann, können wenigstens die Folgen
gelindert werden.

Fünftens und letztens muss die Menschenrechtslage
im gesamten Sudan langfristig verbessert werden. Hier
werden wir nur Fortschritte sehen, wenn sich die Sicher-
heitskräfte im Norden wie im Süden an rechtsstaatlichen
Kriterien orientieren. Irreguläre Milizen – ich sage das
noch einmal – müssen deshalb entwaffnet und wieder in
die Zivilgesellschaft eingegliedert werden. Eine bessere
Ausbildung und Unterstützung im Rahmen dieser De-
mobilisierungsprogramme ist unverzichtbar.

Mit den Blauhelm-Missionen begleiten die Vereinten
Nationen den Sudan bei der Konfliktlösung. Deutsch-
land will und wird dazu auch weiter seinen Beitrag leis-
ten. Das Bundestagsmandat für UNMIS soll inhaltlich
unverändert verlängert werden. Für das UNAMID-Man-
dat beantragt die Bundesregierung eine Anpassung der
Obergrenze von bisher bis zu 250 Soldatinnen und Sol-
daten auf bis zu 50 jetzt. Wir müssen im Rahmen des
Mandats nicht mehr für die eigenen Flüge der Bundes-
wehr vorsorgen; denn UNAMID hat inzwischen zuver-
lässige Lösungen für den Lufttransport gefunden. Das ist
der fachliche Hintergrund der Reduktion. Diese Anpas-
sung bedeutet keine Verringerung des deutschen Enga-
gements für UNAMID. Das Mandat wird lediglich an
die zukünftigen Anforderungen angepasst. Das dient der
Mandatswahrheit und der Mandatsklarheit, auf die der
Deutsche Bundestag zu Recht Wert legt.

Zum Schluss möchte ich mich für den großen Einsatz
unserer Soldatinnen und Soldaten, unserer Polizistinnen
und Polizisten, der Mitarbeiter der humanitären Hilfe
und Entwicklungszusammenarbeit, aber auch bei den
Diplomatinnen und Diplomaten ausdrücklich bedanken.
Sie leisten – das können wir uns alle, glaube ich, vorstel-
len – unter großem persönlichen Einsatz und unter sehr
schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen einen
ganz wichtigen Beitrag.

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(C (D Ich bitte Sie um Unterstützung dieser Mandate. Nächster Redner ist der Kollege Christoph Strässer ür die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge tatten Sie auch mir einige kurze Vorbemerkungen zur ituation im Sudan, bevor ich konkret auf das Mandat zu prechen komme. Ich denke, das kann man an der Stelle icht trennen. Zunächst einmal möchte ich auf unsere gemeinsame nterfraktionelle Aktivität hinweisen, die wir vor wenien Wochen im Deutschen Bundestag mit großer Mehreit auf den Weg gebracht haben. Es gab heute Morgen in sogenanntes parlamentarisches Frühstück mit vielen itarbeiterinnen und Mitarbeitern von Nichtregierungs rganisationen, die aktuell aus Juba, Darfur und Kharoum gekommen sind. Ich kann Ihnen nur sagen – es ist a manchmal ein schwieriges Verhältnis zwischen Parla ent und Nichtregierungsorganisationen –, dass es noch ie eine derartig einhellige Zustimmung zu einem Bechluss des Deutschen Bundestags gegeben hat wie zu em, den wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Ich sage noch einmal: Das war eine gute Aktion. Die enschen im Sudan haben gemerkt: Wir kümmern uns, nd wir nehmen wahr, was dort stattfindet. – Ich würde ir wünschen, dass wir an dieser Stelle weitere gemein ame Aktivitäten ergreifen. Das ist die Sache, glaube ch, wert. Wir sollten auch einmal an unsere eigene dresse gerichtet sagen: Das war eine gute Aktion. Wir ollten sie nicht als Einzelfall stehen lassen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704625900
Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1704626000

Ich möchte noch einmal betonen: Der Antrag, den wir
eschlossen haben, hat sich auf die beiden Mandate,
ber die wir heute reden, bezogen. Mit aller Klarheit
age ich: Kein einziger Vertreter dieser Nichtregierungs-
rganisationen hat uns erzählt, die Einbeziehung der
andate für UNMIS und UNAMID sei bei ihren Orga-

isationen streitig. Das Gegenteil ist richtig. Viele von
hnen haben uns aufgefordert, die Mandate nachzubes-
ern und an die Notwendigkeiten anzupassen. Darüber
erden wir gleich noch einmal reden. Es ist jedenfalls
lar geworden: Nichtregierungsorganisationen, die seit
ielen, vielen Jahren – viel länger, als wir uns mit die-
em Thema befassen – dort aktiv sind, sehen den Einsatz
er Bundeswehr bzw. von UNMIS und UNAMID ge-
ade nicht als einen Kriegseinsatz, sondern als einen
lassischen Peacekeeping-Einsatz. Ich glaube, auch das
ollte zu Beginn dieser Debatte ganz deutlich klarge-
acht werden.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Eine Entwicklung bereitet mir Sorgen: Sie hat etwas
it dem bereits angesprochenen Haftbefehl gegen den





Christoph Strässer


(A) )


)(B)

wiedergewählten Präsidenten al-Baschir zu tun. Ich war
vor eineinhalb Wochen auf der Vorbereitungskonferenz
der Parlamentarier zur Überprüfung des Römischen Sta-
tus des ICC in Kampala. Dort ist schon mit einiger Ver-
wunderung zur Kenntnis genommen worden, dass bei der
Amtseinführung und Vereidigung von Herrn al-Baschir,
der immerhin vom ICC mit Haftbefehl gesucht wird, ne-
ben einigen wenigen Vertretern afrikanischer Staaten
– ich habe gehört, dass sie aus fünf Ländern kamen – so-
wohl die beiden Sonderberichterstatter der Vereinten Na-
tionen für den Sudan und Darfur als eben auch ein Ver-
treter der deutschen Botschaft vor Ort gewesen sind.
Das, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, ist eine Geschichte, die ich doch ganz offen
und offensiv kritisiere, denn wir stehen beim ICC als
eine der Nationen, die dieses Mandat des ICC ganz of-
fensiv unterstützt haben, in der Verantwortung. Es tut
unserer Glaubwürdigkeit in dieser Frage wirklich nicht
gut, wenn die deutsche Bundesregierung über ihre Bot-
schaft einem mit Haftbefehl gesuchten Staatspräsidenten
bei dessen Amtseinführung die Ehre erweist. Das sollten
wir deutlich sagen; ich halte das für nicht in Ordnung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben – das ist ebenfalls angesprochen worden –
auch an der einen oder anderen Stelle das Mandat zu kri-
tisieren, wobei ich deutlich sage: Bei der Kritik an die-
sem Mandat geht es nicht um eine grundsätzliche Ent-
scheidung, sondern um die konkrete Ausgestaltung.

Ich will dies einmal an einem Beispiel von UNMIS
deutlich machen, das uns auch heute Morgen vorgetra-
gen worden ist. Im Südsudan – dies ist auch von Ihnen,
Herr Außenminister, angesprochen worden – besteht
eine ausgesprochen schwierige Situation. Es gab im letz-
ten Jahr – das ist vielen von uns nicht bewusst gewesen –
eine größere Zahl von Opfern im Südsudan. Nach allge-
meinen Schätzungen gab es 2 500 Tote und über
30 000 Binnenvertriebene, mehr als in Darfur.

Diese Situation macht uns Sorgen. Wenn man dann
von Menschen, die zum Beispiel in dem DDR-Prozess,
also bei der Demobilisierung und Entwaffnung, aktiv
sind, von den immer noch vorhandenen gegenseitigen
Aktivitäten hört, dann fragt man sich natürlich: Was ma-
chen die da eigentlich? Wenn ich dann höre, auch von
denjenigen, die vor Ort aktiv sind, es sei unklar, ob
UNMIS-Soldaten, wenn sie von Stammeskämpfen, von
bewaffneten Kämpfen erfahren, dort eingreifen und die
Beteiligten und die Zivilbevölkerung schützen dürften,
und höre, dass sie es nicht tun, weil sie Angst haben, sie
verletzten damit das Mandat, dann muss an diesem Man-
dat inhaltlich nachgebessert werden.

Ich halte es gegenüber niemandem und nirgendwo für
vertretbar, dass für viel Geld Soldatinnen und Soldaten
in einer Region stehen und es nicht schaffen, einzugrei-
fen, wenn Stammesauseinandersetzungen oder Aus-
einandersetzungen um Ressourcen stattfinden. Da muss
nachgebessert werden; anderenfalls machen wir uns mit
unserem Engagement im Südsudan unglaubwürdig,
meine Damen und Herren. Auch dies ist eine Botschaft,
die wir einmal adressieren müssen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe jetzt die Erklärung gehört – sie hat mich ein
tück weit überzeugt; ich habe das zunächst nicht ver-
tanden –, warum die Beteiligung der Bundesrepublik
eutschland im Rahmen des UNAMID-Mandats redu-

iert wird. Die Zahlen bezüglich unseres Engagements
ber UNAMID im Sudan sind eigentlich eher marginal.

Das Hybrid-Mandat, das wir anstrebten – die alte
undesregierung, die EU, die Vereinten Nationen –,
ing davon aus, wir benötigten dort 26 000 Soldatinnen
nd Soldaten sowie Polizistinnen und Polizisten. Dieses
andat ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Das hat auch

twas damit zu tun, dass insbesondere die europäischen
taaten, obwohl sie das Mandat gewollt und unterstützt
aben – ich sage es einmal vorsichtig –, bei der personel-
en und materiellen Ausstattung des Mandats in Darfur
nd anderswo ausgesprochen zurückhaltend sind.

Das ist auch ein Teil des Problems, denn wir können
das erwarten viele Menschen auch von uns – nicht auf

er einen Seite immer sagen, das sei eine eigene Angele-
enheit der Afrikanischen Union, jedoch auf der anderen
eite fordern, dass hierbei nicht allein die Afrikanische
nion aktiv wird, sondern auch die EU und andere,
enn wir uns dann bei der Gestellung und bei der Aus-

tattung zurückhalten. Das verstehen die Menschen in
en Flüchtlingslagern nicht, die wir schützen wollen und
ie nach wie vor in sehr großen Schwierigkeiten sind.
eshalb bin ich der Meinung, dass wir auch an dieser
telle insbesondere im europäischen Rahmen nachbes-
ern müssen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704626100

Herr Kollege Strässer, lassen Sie eine Zwischenfrage

er Kollegin Schuster zu?


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1704626200

Ja, gerne.


Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1704626300

Lieber Herr Kollege Strässer, sind Sie denn bereit, zur

enntnis zu nehmen, dass auch unter der Vorgängerre-
ierung weder beim UNAMID- noch beim UNMIS-
andat mehr deutsche Bundeswehrsoldaten im Sudan

ätig waren?


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1704626400

Ich habe das schon an vielen anderen Punkten gesagt:

enn an bestimmten Stellen eine alte Regierung oder
ine ganz alte Regierung, wie auch immer, mit ihrem
andat nicht auf der Höhe der Zeit gewesen ist, dann

eißt das noch lange nicht, dass wir das jetzt weiterfüh-
en müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist
ohl deutlich geworden. Wenn man mit dem, was wir
emeinsam auf den Weg gebracht haben, ernsthaft Er-
olge erzielen will, dann muss auch die Effektivität ge-





Christoph Strässer


(A) )


)(B)

währleistet sein. Man kann das drehen und wenden, wie
man will: Dies ist sie im Moment im Sudan nicht. Aus
meiner Sicht ist völlig klar, dass wir gerade vor dem
Hintergrund der fragilen Situation vor dem Referendum
im Südsudan – dies wurde angesprochen – dann nach-
bessern müssen, wenn wir dies tun können. Es wäre auf
jeden Fall das völlig falsche Signal, wenn die internatio-
nale Staatengemeinschaft und wir als Bundesrepublik
Deutschland an dieser Stelle sagen würden: Das war es.
Wir kündigen das Mandat. Wir beteiligen uns nicht an
der Befriedungsaktion, die uns bevorsteht.

Ich finde, wir sollten in den Diskussionen im Aus-
schuss darüber nachdenken, wo es effektivere Möglich-
keiten gibt, uns dort einzubringen, den Frieden zu si-
chern und den Menschen im Sudan eine menschen-
würdige, vernünftige und nachhaltige Zukunft zu si-
chern.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704626500

Das Wort erhält nun der Bundesminister der Verteidi-

gung.

Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bun-
desminister der Verteidigung:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Strässer, Sie haben sehr zu Recht darauf hingewie-
sen, welche Folgen eine Aufkündigung dieses Mandates
haben könnte. Ich glaube, wir alle dürfen noch mehr An-
strengungen unternehmen, um den Gesamtkomplex Su-
dan im Bewusstsein unserer Bevölkerung noch etwas
mehr zu verankern. Das ist einer der Einsätze, die vielen
himmelschreiend fern erscheinen und bei denen ich fest-
stelle, dass wir noch einen erheblichen Erklärungsbedarf
haben. Wenn wir dies parteiübergreifend leisten können,
dann wäre insbesondere dem Einsatz der beteiligten Sol-
daten, aber auch jenen, denen wir helfen wollen, ein
Dienst getan. Ich glaube, das wäre ein wichtiger und
weiterer Ansatz über die konkreten Punkte hinaus, über
die wir heute diskutieren.

Bei dem, was Sie mit Blick auf die richtige Einschät-
zung eines Peacekeeping-Einsatzes angesprochen haben,
aber auch bei der Kritik, die Sie gleichzeitig haben ein-
fließen lassen, was die Effektivität anbelangt, gilt es na-
türlich, eine genaue Differenzierung und eine sehr ge-
naue Abwägung dahin gehend vorzunehmen, wo man
letztlich möglicherweise die Grenzen überschreitet. Dass
wir immer bemüht sind, so weit nachzubessern, dass
man solchen Anforderungen nachkommen und gerecht
werden kann, steht völlig außer Frage. Aber die Grenz-
überschreitung ist auch sehr schnell geleistet. Deswegen
ist der Hinweis sicherlich richtig, dass wir uns um
höchstmögliche Effektivität zu bemühen haben. Aber
wenn wir dies gleichzeitig in den so schön und wohl
klingenden Begriff „Peacekeeping-Einsatz“ einbetten
wollen, dann muss man sich auch dieser Debatte und
dieser Diskussion bewusst sein.

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(C (D Sudan befindet sich – das wurde bereits gesagt – am cheideweg. Die kommenden zwölf Monate werden für ieses größte Land Afrikas, aber auch für die gesamte egion – auch diesen regionalen Gesamtansatz sollten ir im Blick behalten – von ganz entscheidender Bedeu ung sein. Es konnte bislang weder für den Darfur-Konlikt eine nachhaltige Lösung gefunden werden, noch urde das umfassende Friedensabkommen zwischen ordund Südsudan von 2005 in allen Teilen umgesetzt. ie nächsten Monate – Herr Westerwelle hat darauf hinewiesen – werden im Zeichen der Vorbereitung für das m Januar 2011 anstehende Referendum stehen. An desen Ende könnte auch die Entscheidung für die Unabängigkeit des Südsudan stehen. Die Unterstützung der nternationalen Gemeinschaft wird hierbei dringend geraucht. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig, dass der icherheitsrat der Vereinten Nationen die beiden Missioen – UNMIS im Südsudan und UNAMID in Darfur – m weitere zwölf Monate verlängert bzw. in Kürze verängern wird. Die Mitgliedstaaten der UN sind weiter ur Beteiligung an der Mission aufgerufen. Dem werden ir uns, wie Herr Westerwelle bereits gesagt hat, nicht erschließen. Es ist gelegentlich wichtig, auf diesen vergessenen onflikt und auf die Zahlen hinzuweisen, darauf, was ich im Sudan an menschlicher Dramatik abgespielt hat nd weiterhin abspielt. Da haben wir zum einen die Lage n Darfur. Die Lage bleibt ohne Frage angespannt. Ich öchte einmal die Zahlen nennen: Nach UN-Schätzunen hat der Konflikt seit 2003 etwa 300 000 Menschen as Leben gekostet. Das ist zunächst einmal eine unvortellbar hohe Zahl. Manche sagen dann zynisch: Da haen wir schon ganz andere Dinge gesehen. – Sie ist unorstellbar hoch. 2,7 Millionen verloren ihr Zuhause. ies ist eine gewaltige Zahl. Die Zahlen, was letztlich en Südsudan anbelangt, haben Sie genannt, Herr trässer. Ich glaube, dass wir die Zahl der Binnenvertrieenen höher ansetzen müssen als die von Ihnen genannte ahl von 30 000. Ich glaube, dass sie erheblich höher ist. ies zeigt noch einmal den gesamten Komplex, vor dem ir stehen. Zu beiden UN-Missionen im Sudan leistet die Buneswehr einen zahlenmäßig kleinen, vergleichsweise becheidenen Beitrag, aber trotzdem einen wichtigen und ochanerkannten. Diese Rückmeldungen bekommen wir mmer wieder. Er ist gleichzeitig ein unentbehrlicher eil der Gesamtanstrengungen der Bundesregierung und er internationalen Gemeinschaft zur Befriedung dieser egion. Wir haben bei UNMIS derzeit 32 Soldaten der undeswehr als Militärbeobachter im Südsudan und in en UNMIS-Stäben im Einsatz. Ich möchte ausdrücklich auf die fünf Polizisten hineisen. Auch die sollten wir in den Rahmen einbezieen. (Christoph Strässer [SPD]: Auch so eine Zahl!)


Auch so eine Zahl; aber es sind fünf Polizisten. Ich
laube, wir können dankbar sein und sollten bedenken,





Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg


(A) )


)(B)

unter welchen Bedingungen diese fünf Polizisten dort ih-
ren Dienst vollziehen. Auch das muss man einmal sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Dank richtet sich ebenso an unsere Soldaten.
Diese 32 Soldaten – wie ich zu Beginn sagte – stehen
auch nicht im ständigen Fokus und Blickpunkt der Öf-
fentlichkeit. Sie tun unter sehr harten Bedingungen vor
Ort ihren Dienst. Auch an sie geht der Dank von uns al-
len.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Von ebenso großer Bedeutung für die Gesamtstabili-
sierung ist – wie bereits genannt – die UNAMID-Mis-
sion. Herr Strässer, Sie haben gesagt, jetzt hätten Sie es
verstanden, warum wir von den 250 auf 50 runtergegan-
gen sind. De facto ist die Lufttransportfähigkeit einfach
nicht abgefragt worden. Das ist für uns natürlich auch
eine Frage der entsprechenden Planbarkeit insgesamt:
Was können wir vorhalten? Gleichzeitig ist es aber auch
wichtig, das Signal an die Vereinten Nationen zu setzen:
Wir sind bereit, uns zu engagieren. Ich glaube, es ist aber
auch richtig – wenn Dinge nicht abgerufen werden, weil
sie nicht benötigt werden –, dass man einmal das Signal
setzt, dass man bereit ist, die Dinge auch abzuschmel-
zen, und vielleicht in der Hinsicht auch einmal einen
Weg erkennbar werden zu lassen.

Wir sind derzeit mit acht Experten in verschiedenen
Stabspositionen in der Mission engagiert. Mit der Ver-
längerung der beiden Einsätze entspricht die Bundesre-
gierung auch einem Anliegen des Bundestages. Sie ha-
ben auf den interfraktionellen Beschluss vom 25. März
2010 hingewiesen, mit dem die Bundesregierung aufge-
fordert wurde, den Friedensprozess über das Referen-
dum hinaus zu begleiten.

Ich darf Sie um Zustimmung zu den beiden Mandaten
und das entsprechende Engagement bitten. Ich glaube, in
der Hinsicht haben wir eine zielführende und über die je-
weiligen Grenzen hinwegreichende gute Diskussion als
Grundlage.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
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Christine Buchholz ist die nächste Rednerin für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Christine Buchholz (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704626700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

desregierung möchte die deutsche Beteiligung an den
UN-Einsätzen im Sudan verlängern. In ihrer Antragsbe-
gründung argumentiert sie, das sei zum Schutz der suda-
nesischen Bevölkerung.


(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Das ist zum Schutz der Bevölkerung!)


Um aber den Menschen im Sudan helfen zu können,
macht es Sinn, die sozialen, politischen und wirtschaftli-

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(C (D hen Ursachen der Konflikte im Sudan anzuschauen. Ich öchte hier ein paar Punkte umreißen, um deutlich zu achen, dass die UN-Missionen und die Bundeswehr uch im besten Falle nicht helfen können. Der Sudan ist an sich ein reiches Land. Der US-Ölonzern Chevron schätzte, dass der Sudan so viel Ölvoräte wie Iran und Saudi Arabien zusammen hat. Außerem verfügt der Sudan über die drittgrößten Uranorkommen und die viertgrößten Kupfervorkommen der elt. (Zuruf von der CDU/CSU: Trotzdem geht es den Menschen schlecht!)


on diesem Reichtum hat die große Mehrheit der Bevöl-
erung nichts.

Im Nordwesten des Landes, in Norddarfur, hat der
limawandel in den letzten 20 Jahren die Lebensgrund-

age der Bevölkerung zerstört. Hunderttausende flohen
or der sich ausbreitenden Wüste, Konflikte um Land
nd Wasser in Zentraldarfur waren die Folge.

Im Südsudan, wo das meiste Öl liegt, gibt es seit Jahr-
ehnten einen Bürgerkrieg. Hauptsächlich streiten sich
ie sudanesische Zentralregierung und lokale Machtha-
er um die Verteilung der Öleinnahmen. Verschärft wer-
en die Konflikte durch das Eingreifen verschiedener
taaten. China zum Beispiel unterstützt die Zentralregie-
ung, die weitreichende Handelsabkommen mit China
bgeschlossen hat. 80 Prozent der aktuellen Ölexporte
ehen an China.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Die Kommunisten!)


Die US-Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die US-
limporte aus Afrika bis 2020 rund zu verdreifachen.
er Sudan ist dafür von zentraler Bedeutung, aber vor

llem muss dafür der chinesische Einfluss zurückge-
rängt werden. Die USA wollen im Südsudan eine ihnen
ohlgesonnene und abhängige Regierung haben, die
ber die Ölvorkommen verfügen kann. Ob das im Rah-
en einer Teilautonomie oder einer Abtrennung pas-

iert, ist ihnen egal, Hauptsache die Zentralregierung
ird geschwächt und muss Zugeständnisse machen.

Der Aufbau eigenständiger staatlicher Strukturen im
üdsudan durch die UN, an dem sich auch die Bundesre-
ierung beteiligt, spielt dieser Zielsetzung in die Hände.
or diesem Hintergrund ist eine friedliche Lösung des
onfliktes leider unwahrscheinlich.


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist einfach dummes Zeug! Das ist töricht, so etwas! Da kann man doch nicht klatschen!)


Die UNO-Soldaten sind bei dem Konflikt geduldete
aungäste. Eine Eskalation verhindern können sie nicht.
as werden die UNO-Truppen machen, sollte es wieder

um Krieg kommen? Im besten Falle ziehen sie sich zu-
ück; dann werden sie schlicht überflüssig. Im
chlimmsten Falle ergreifen sie Partei und kämpfen auf
iner Seite mit.





Christine Buchholz


(A) )


)(B)

Wie der ehemalige Bundespräsident Köhler fest-
stellte, leben wir in Zeiten, in denen der Zugang zu Roh-
stoffen und Märkten militärisch abgesichert wird.


(Henning Otte [CDU/CSU]: Falsch verstanden! Völlig falsch verstanden!)


Anscheinend kann und will sich die Bundesregierung
dieser Logik nicht verschließen, auch wenn sie an dieser
Stelle nur ein symbolisches Kontingent beisteuert. Was
auch immer sich die Bundesregierung von diesen Einsät-
zen erhofft – vielleicht eine gestiegene internationale
Bedeutung, eventuell am Ende sogar einen ständigen
Sitz im Weltsicherheitsrat –, auf keinen Fall tragen sie
zur Lösung der Probleme der sudanesischen Bevölke-
rung bei.


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Man merkt, dass Sie das Sterben da nie erlebt haben! Das ist schon brutal! Unglaublich, so etwas! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ach, halt die Klappe!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704626800

Das Wort erhält nun die Kollegin Kerstin Müller,

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident!
Frau Kollegin Buchholz, zu Ihrem Beitrag würde ich sa-
gen: Man muss ihn in das Kapitel „antimilitaristische
und antikapitalistische Folklore“ einordnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Zuruf von der LINKEN)


– Nein, das ist wirklich wahr. Sie wissen nicht, wovon
Sie reden. Sie sagen, dass UNMIS und UNAMID „nicht
helfen können“. Tatsächlich tragen aber beide Einsätze
entscheidend zur Stabilisierung der Situation sowohl im
Süden des Sudans als auch in Darfur bei.

Ich möchte etwas zu UNMIS sagen. Es handelt sich
bei UNMIS nicht um einen Kriegseinsatz zur Sicherung
von Ölinteressen, wie Sie es hier behauptet haben, son-
dern um einen Einsatz, der von beiden Konfliktparteien
gewünscht war. Es ist ein Einsatz nach Kapitel VI der
UN-Charta: im Kern eine Beobachter- und Verifikations-
mission – so heißt das – zur Überwachung der Einhal-
tung eines Friedensvertrages, der sehr mühsam zustande
gebracht wurde. Der Einsatz hat keinen neuen Krieg ge-
bracht; er hat den längsten und blutigsten Bürgerkrieg in
Afrika, den Krieg im Sudan, beendet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die Parteien haben gewünscht, dass es diese Beobach-
termission gibt. Ich finde wirklich, solange Sie solche
Einsätze als Kriegseinsätze zur Sicherung von Ölinteres-
sen diffamieren,

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(C (D (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt: Das hilft nichts!)


ind Sie einfach nicht satisfaktionsfähig, um in solch ei-
er Debatte seriös mitzudiskutieren. Das muss ich hier
irklich sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Auch ich bin froh, dass wir hier gemeinsam einen in-
erfraktionellen Antrag zur Lage im Sudan beschlossen
aben. Ich sage aber auch: Es ist wichtig, dass die ent-
cheidenden Punkte Schritt für Schritt umgesetzt wer-
en. Da reicht es eben nicht, dass der Sudan jetzt ein
chwerpunktthema des Ressortkreises des Unteraus-
chusses „Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicher-
eit“ ist. Wir erwarten wirklich, dass auf europäischer
bene und der Ebene der Vereinten Nationen die Forde-

ungen des interfraktionellen Antrags aktiv umgesetzt
erden.

Zu den Wahlen im Sudan. Sie waren weder frei noch
air; diese Auffassung teile ich natürlich. Die Wahlen ha-
en gerade nicht zur Entspannung beigetragen, nicht
wischen Nord und Süd, erst recht nicht in Darfur. Ge-
ade in Darfur war der Betrug am größten, weil die Wäh-
erlisten fehlerhaft waren und viele erst gar nicht zur

ahl gegangen sind. Es gab keine unabhängigen Wahl-
eobachter. Eine transparente Klärung der Vorwürfe ist
icht zu erwarten. Stattdessen flammen immer wieder
ämpfe auf: Allein im Mai gab es 600 Tote; Hunderttau-

ende brauchen noch immer Schutz.

Ich sage deshalb: UNAMID und UNMIS sind richtig
nd wichtig für die Menschen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nsofern müssen gerade die Wahlen im Sudan für uns
nlass sein, sowohl die Peacekeeping-Mission der UNO

ffektiver zu machen als auch zivile Friedensschaffungs-
aßnahmen auszubauen, das heißt das Peacebuilding zu

tärken. Sonst wird es, glaube ich, keinen dauerhaften
rieden geben; das Unabhängigkeitsreferendum im
üdsudan würde dann zu einem Desaster führen.

Ich will auf die Reduzierung eingehen, die Sie bei
NAMID beschlossen haben. Ich denke, es ist klar, dass

ine schlichte Reduzierung des Mandates von 250 auf
0 Soldaten bei der UNO natürlich nicht als Verstärkung
nseres Engagements verstanden werden kann,


(Beifall der Abg. Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


umindest dann nicht, wenn man nicht wenigstens paral-
el das zivile Engagement, das Peacebuilding, verstärkt.

Ich will auf den interfraktionellen Antrag eingehen.
a fordern wir im Hinblick auf die Mandate, die not-
endige Ausrüstung und Unterstützung für UNAMID
ereitzustellen und den Anforderungen vor Ort anzupas-
en. Herr von Guttenberg, es ist richtig: Die Transportka-
azitäten werden schon seit langem nicht mehr angefor-
ert; ich habe das hier mehrmals angemahnt. Es ist aber





Kerstin Müller (Köln)



(A) )


)(B)

auch richtig, dass immer noch Hubschrauberkapazitäten
benötigt werden, dass Aufklärungsgerät, über das wir
durchaus verfügen, gebraucht und von der UNO immer
noch angefordert wird. Es ist eine große Region; die
Mission ist im Verhältnis dazu immer noch zu klein. Die
Forderung nach Anpassungen aus dem interfraktionellen
Antrag heißt nach meiner Auffassung nicht, dass man
das Mandat einfach reduzieren, sondern den realen An-
forderungen vor Ort anpassen soll. Das hätte ich mir ge-
wünscht. An dieser Stelle bin ich daher damit, wie Sie
das hier gehandhabt haben, nicht einverstanden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich möchte ein paar Dinge nennen, die man in Bezug
auf Peacebuilding machen kann. Wieso zum Beispiel
bauen Sie nicht die erfolgreiche Unterstützung für die
UNO-Polizisten durch das THW aus? Warum bauen Sie
keine Polizeistation, damit die Menschen nach Darfur
und in den Südsudan zurückkehren und dort sicher leben
können? Wir haben zum Beispiel gerade den Vorsitz bei
der UNO-Peacebuilding-Kommission. Um die interna-
tionale Unterstützung wirksam zu bündeln, könnte man
also einiges machen.

Für mich ist ganz klar: Ohne Friedensvereinbarung ist
ein erfolgreiches Peacekeeping und Peacebuilding nur
schwer möglich. Ich spreche in diesem Zusammenhang
vor allem von Darfur. Dort gibt es nämlich noch keinen
tragfähigen Friedensvertrag. Ich möchte hier außerdem
einen Gedanken anbringen: Ich wünsche mir, dass wir
aufgrund des Unabhängigkeitsreferendums Darfur nicht
links liegen lassen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Richtig!)


Diesen Fehler haben wir nämlich im Jahre 2005 ein
Stück weit mit dem CPA gemacht. Ich glaube, es wäre
jetzt wichtig, dass Darfur Gegenstand einer hochrangi-
gen UNO-Sudan-Konferenz wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte Ihnen noch etwas ans Herz legen:


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704626900

Das muss aber kurz und knapp erfolgen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Das ist mein letzter Satz. – Ich spreche von einer her-
vorragenden Initiative des Max-Planck-Instituts, und
zwar von Deutschland aus. Es handelt sich um einen
Entwurf eines Friedensvertrages, der die Zivilgesell-
schaft und viele andere Seiten betrifft. Wir müssen – das
würde ich erwarten – jetzt richtig Druck auf die Kon-
fliktparteien machen, damit dieses Dokument zur
Grundlage der Friedensgespräche in Doha wird. Diese
stocken nämlich.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das stimmt!)


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(C (D Da passiert im Moment gar nichts. Diese Initiative önnte neue Perspektiven eröffnen, damit es auch in arfur zu einem Friedensvertrag kommt, den UNAMID ann überwachen kann. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704627000

Der Kollege Philipp Mißfelder von der CDU/CSU-

raktion ist der letzte Redner zu diesem Tagesordnungs-
unkt.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1704627100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Frau Müller, ich hatte heute hier im Ple-
um fast immer die Gelegenheit, Ihnen zuzustimmen.
achdem ich das bei der Debatte zu Gaza bereits aus
oller Überzeugung getan habe, möchte ich es an dieser
telle erneut tun. Ihr Hinweis in Bezug auf die Luftun-

erstützung und die Hubschrauber war wichtig. Wir sind
ns darin einig, dass wir in diesem Bereich gern mehr
apazitäten zur Verfügung hätten. Diese haben wir aller-
ings schlichtweg nicht. Das ist das Problem an der
telle.

Trotz der aktuellen Spardiskussionen sehen wir sehr
ohl, dass es durchaus Einsatzgebiete gäbe. Wir sind

uch der Meinung, dass es sowohl moralisch als auch
olitisch sinnvoll wäre, in diesen Gebieten Kapazitäten
ur Verfügung zu stellen. Wir müssen daher mit größe-
em Engagement als bisher die Diskussion darüber füh-
en, wofür die Bundeswehr in Zukunft zuständig sein
oll und mit welchen Mitteln sie dafür ausgerüstet sein
uss.

Das, was Sie angemahnt haben und was von der UNO
ngefordert wird – nämlich Hubschrauberkapazitäten –,
önnen wir nicht in dem Maße bieten, wie es notwendig
äre. Das gestaltet diese Frage sehr schwierig. Denn
enn wir es könnten, hätten wir es auch gemacht. Das

st gar keine Frage. Vor diesem Hintergrund betrachte
ch Ihren Hinweis als Ermutigung für den Fortgang der
eiteren Debatten über die Zukunft der Bundeswehr.
as nehme ich gerne mit. Ich möchte anhand dieses kon-
reten Beispiels deutlich machen, dass man sich überle-
en muss, welche Aufgaben die Bundeswehr in Zukunft
ewältigen soll und wie sie das tun soll.

Ich möchte gern das, was vorhin von der Kollegin
uchholz von der Linksfraktion gesagt wurde, aufgrei-

en. Ich halte es nämlich nicht für eine einzelne verbale
ntgleisung. Sie steht vielmehr in einer Reihe von vielen
ußerungen der Linkspartei zu diesen Mandaten. Vor

ängerer Zeit ist hier im Deutschen Bundestag von neo-
olonialistischen Herangehensweisen in Bezug auf unser
ngagement für Afrika gesprochen worden.


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Exakt!)






Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

Das halte ich nun wirklich für eine noch schwerwiegen-
dere verbale Entgleisung als das, was Sie vorhin gesagt
haben.

Frau Kollegin Müller hat ja schon ausdrücklich etwas
dazu gesagt. Dem kann ich mich nur anschließen. Es
handelt sich bei den Missionen, über die wir heute disku-
tieren, um völkerrechtlich legitimierte Einsätze, die von
den beteiligten Parteien angefordert und erwartet wer-
den. Außerdem stehen wir auch moralisch in der Pflicht,
Verantwortung zu übernehmen. Vor diesem Hintergrund
irgendwelche Verschwörungskonstrukte in Bezug auf
Neokolonialismus oder ähnliche Diskussionen aufzu-
bauen, die nichts mit unserem Thema zu tun haben, halte
ich für geschmacklos. Das zeigt, dass Sie sich in der Au-
ßenpolitik absolut verantwortungslos darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Versuch, sich aus diesem schwerwiegenden Kon-
flikt einfach herauszuhalten, ist der Weltgemeinschaft
gegenüber unverantwortlich. Ich kann an vielen Stellen
nachvollziehen – Herr Strässer hat das betont –, dass
mehr Engagement gefordert wird. Ich sehe die Schwie-
rigkeiten, dies in Deutschland im Rahmen der politi-
schen Diskussion durchzusetzen, aber ich glaube, dass
wir den Beitrag, den wir leisten, schon allein deshalb
weiterhin leisten müssen, um in dieser Diskussion über-
haupt noch ernst genommen zu werden.

In der Tat handelt es sich um einen vergessenen Kon-
flikt, wie fast alle Konflikte, die mit Afrika zu tun haben.
Sie werden sowohl in den deutschen Medien als auch bei
unseren eigenen Diskussionen häufig vergessen. Umso
wichtiger ist es, dass wir uns im Deutschen Bundestag
nicht nur heute mit dieser Frage beschäftigen. Mit unse-
rem interfraktionellen Antrag zum Sudan haben wir be-
reits deutlich gemacht, welchen Stellenwert dieses
Thema für uns hat.

Ich danke insbesondere meinem Fraktionskollegen
Fischer dafür, dass er sich vehement mit diesem Thema
beschäftigt hat. Das ist wichtig, um auf bestehende Kon-
flikte jenseits der Themen, die uns im Alltag beschäfti-
gen, hinzuweisen, um uns zu ermutigen, dauerhaft mora-
lische Verantwortung zu übernehmen, selbst wenn
deutsche Interessen – wie auch immer sie definiert wer-
den, und das ist immer eine schwierige Frage – in die-
sem Konflikt nicht auf den ersten Blick betroffen sind.
Die moralische Verantwortung der Weltgemeinschaft ist
gegeben. Ich bedanke mich bei jedem, der sich für dieses
Thema und die Durchsetzung der Menschenrechte vor
Ort beharrlich einsetzt.

Ich möchte darauf eingehen, wie wichtig der welt-
weite Einsatz der Vereinten Nationen ist. Daran, dass
Länder wie Malawi, Norwegen und Thailand Personal
für UNMIS und UNAMID stellen, wird deutlich, dass
man an dieser Stelle nicht von Neokolonialismus oder
von der Durchsetzung von Rohstoffinteressen sprechen
kann. Vielmehr handelt es sich um eine vielfältige Mis-

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(C (D ion, in der die Weltgemeinschaft ihre Bereitschaft zeigt, ich für den Frieden einzusetzen. Aufgrund Ihrer ideologische Ablehnung könnte man einen, dass Sie grundsätzlich auf die Ahndung von enschenrechtsverletzungen verzichten und auch da auf, die Durchsetzung von Friedensverträgen zu überachen. Darum geht es an dieser Stelle. Es geht um inen mühsam errungenen Friedensschluss, der durchgeetzt werden muss. Die Situation ist sehr fragil. Der Suan wird uns heute sicherlich nicht zum letzten Mal bechäftigen. Im Namen unserer Fraktion bitte ich um die Untertützung für diese Mandate. Ich danke den Soldatinnen nd Soldaten und den fünf Polizisten für ihren Einsatz. s wurde vorhin darüber gewitzelt, dass es sich lediglich m fünf Polizisten handelt, aber auch diese fünf Menchen haben eine Familie, die sich berechtigterweise orgen darüber macht, was mit ihrem Angehörigen im insatz passiert. Ich danke ihnen dafür, dass sie für unser and im Einsatz sind. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704627200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 17/1902 und 17/1901 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ibt es dazu Einwände? – Das ist offensichtlich nicht
er Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Tom
Koenigs, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Anerkennung des Menschenrechts auf
sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung
weiterentwickeln

– Drucksache 17/1779 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Hat jemand
inwände dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann kön-
en wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
er Kollege Tom Koenigs für die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen.






(A) )


)(B)


Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704627300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Mit unserem Antrag fordern wir im Kern die
Aufnahme des Rechts auf Wasser in den Katalog der
Menschenrechte. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser
und Sanitärversorgung ist in unserer Wohlstandsgesell-
schaft eine alltägliche Selbstverständlichkeit, über die
kaum jemand nachdenkt.

Das ist für mindestens 17 Prozent der Weltbevölke-
rung anders – das sind 1,2 Milliarden Menschen –, die
über keinen Zugang zu sauberem Wasser verfügen. Mehr
als doppelt so viele, etwa 3 Milliarden Menschen, verfü-
gen über keinen Zugang zu sanitären Anlagen. Die Fol-
gen sind fatal: Weltweit sterben mehr Menschen an
Krankheiten, die auf verschmutztes Wasser und mangel-
hafte Sanitärversorgung zurückzuführen sind, als an
Aids oder im Zusammenhang mit bewaffneten Konflik-
ten.

Noch immer wird der Zugang zu sauberem Wasser
und Sanitärversorgung nicht von allen Staaten als Men-
schenrecht anerkannt. Dabei können andere Menschen-
rechte wie das Recht auf Leben, das Recht auf Nahrung
oder das Recht auf Bildung erst durch den Zugang zu
sauberem Wasser und sanitären Anlagen verwirklicht
werden. In der Abschlusserklärung der Weltwasserkon-
ferenz 2009 in Istanbul ist lediglich die Rede von einem
Grundbedürfnis. Ein Menschenrecht auf Wasser und Sa-
nitärversorgung wurde dort noch nicht formuliert. Das
Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung muss
aber als eigenständiges Recht kodifiziert werden und da-
mit gleichberechtigt neben die anderen Menschenrechte
treten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Erst wenn der Rechtsstatus des Menschenrechts auf
Wasser und Sanitärversorgung stark und eindeutig ist,
können die Rechtsträger ihre Rechte effektiv einfordern.
Nur so erhalten alle Menschen eine konkrete Anspruchs-
grundlage. Nur so kann ein diskriminierungsfreier
Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversorgung überall
eingefordert werden. Nur so werden Staaten zu Rechts-
adressaten mit klaren Verpflichtungen, und nur so kön-
nen effektive Kontroll- und Sanktionsmechanismen eta-
bliert werden, die eine zielgerichtete Implementierung
des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung
sicherstellen.

Wir können eine Kodifizierung natürlich nicht von
heute auf morgen erreichen. Sie ist das Endziel eines
langen und schwierigen diplomatischen Prozesses. Es
sind beharrliche Anstrengungen der internationalen
Staatengemeinschaft notwendig, um das Menschenrecht
auf Wasser und Sanitärversorgung in den internationalen
Konventionen zu verankern. Genau das erwarten wir
von der Bundesregierung. Jedes Regierungsgespräch
über Wasser, über Sanitärversorgung, jede Demarche,
jede Deklaration und jede Resolution im internationalen
Völkerrecht ist ein Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel.

Diesbezüglich unterstützen wir es ausdrücklich, dass
die Bundesregierung in der Entwicklungszusammenar-

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(C (D eit einen Schwerpunkt auf das Thema Wasser gelegt at. Wir dürfen uns darauf aber nicht ausruhen, sondern üssen weitere Schritte gehen, damit die bisherigen An trengungen mehr sind als ein Tropfen auf den heißen tein. Das ist der Gegenstand unseres Antrages. Dafür itten wir Sie um Ihre Unterstützung. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Holger Haibach [CDU/ CSU])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704627400

Frank Heinrich ist der nächste Redner für die CDU/

SU-Fraktion.


Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1704627500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir ha-
en ein großes Privileg. Momentan habe ich ein großes
rivileg: Ein Glas Wasser steht vor mir. Ich darf trinken.
ir dürfen trinken und uns darauf verlassen, dass wir

as morgen und übermorgen auch noch tun können, dass
ir damit kein Problem haben werden.

Das geht vielen Menschen auf dieser Welt – Herr
oenigs hat gerade gesagt, dass es 17 Prozent der Welt-
evölkerung sind – ganz und gar nicht so.

Zurzeit werden wir auf sehr kreative Weise über die-
es Thema aufgeklärt. Es gibt eine Kampagne zur Fuß-
all-WM; Sie haben vielleicht das eine oder andere Pos-
er gesehen, auf dem jemand drei Finger hochhält. Die
ampagne trägt den Namen eines fiktiven Sportvereins:
ASH United. Ich zitiere eine kurze Passage von der
ebsite dieser Kampagne:

Eine schreckliche Wahrheit steht allerdings fest:
Wenn während der Fußball-WM um den Worldcup
gekickt wird, werden in Afrika Spiel für Spiel zwi-
schen Anstoß und Abpfiff fast 150 Kinder an den
Folgen verunreinigten Trinkwassers, fehlender Toi-
letten und mangelnder Hygiene sterben. Alle 45 Se-
kunden stirbt ein Kind einen vermeidbaren Tod.

Das Motto lautet: Wasser und Gesundheit für alle.
rot für die Welt, Bayern München, Fußballstars aus
frika und viele andere Organisationen machen im
M-Jahr 2010 mobil für das Menschenrecht auf Wasser

nd sanitäre Grundversorgung.

Wenn ich heute darüber nachdenke, wenn ich mir die
ygienische Situation vieler Kinder vor Augen führe,
ird mir ganz anders. Heute vor 22 Jahren ist nicht nur
ie EM eröffnet worden, ich bin an diesem Tag auch
um ersten Mal Vater geworden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ch bin inzwischen vierfacher Vater.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704627600

Ich bitte, die Beifallsbekundungen jetzt ein bisschen

in Grenzen zu halten. Ich fürchte, daraus werden hinter-
her noch geschäftsordnungsrechtliche Ansprüche, die
bei entsprechenden Debatten eingelöst werden müssen.


(Heiterkeit)



Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1704627700

Trotzdem danke. – Ich habe mir in Bezug auf meine

inzwischen vier Kinder über einen Zugang zu sauberem
Wasser nie Gedanken machen müssen. Das ist ein Vor-
recht angesichts der Zahlen, die wir immer wieder hören.
Die Anerkennung eines Menschenrechts auf sauberes
Wasser, auf Trinkwasser, ist heute Abend Thema. Etwa
900 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sau-
berem Trinkwasser. 2,5 Milliarden Menschen verfügen
über keine ausreichende Sanitärversorgung; das haben
wir gerade gehört. Täglich sterben 5 000 Kinder an
Durchfallerkrankungen, die meist durch verunreinigtes
Wasser und fehlende Sanitäranlagen ausgelöst werden.

In Art. 24 der UN-Kinderrechtskonvention ist der Zu-
gang zu Trinkwasser im Rahmen des Rechtes von Kin-
dern auf Gesundheit geregelt. Die Millenniumsentwick-
lungsziele sehen vor, dass der Anteil der Bevölkerung
ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und grundlegen-
der Sanitärversorgung bis 2015 halbiert werden soll.
Was wurde bis jetzt erreicht? Seit 1990 haben 1,6 Mil-
liarden Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser er-
halten. Hält dieser Trend an, kann bis 2015 das Zwi-
schenziel, dass der Anteil der Bevölkerung ohne Zugang
zu sauberem Trinkwasser halbiert wird, erreicht werden.
Bei der Sanitärversorgung sieht es schlechter aus. Seit
1990 ist der Anteil der Bevölkerung, der Zugang zu Sa-
nitärversorgung hat, zwar von 49 auf 59 Prozent gestie-
gen, aber bis 2015 einen Anteil von 75 Prozent zu errei-
chen, ist im Moment nicht realistisch.

Für den Zeitraum 2005 bis 2015 haben die Vereinten
Nationen eine Wasserdekade, „Water for Life“, ausgeru-
fen. Das BMZ unterstützt dies durch die Förderung der
Aktivitäten von UN-Water. Ich weiß – ich war vor weni-
gen Wochen in Uganda –, dass auch die GTZ an vielen
Stellen den Zugang zu Wasser als oberste Priorität ge-
setzt hat.

In dem heute vorliegenden Antrag wird die Bundesre-
gierung von Ihnen aufgefordert, sich im Europäischen
Rat, im Rat der Europäischen Union und im Ausschuss
der Ständigen Vertreter immer wieder für die Anerken-
nung dieses Menschenrechts einzusetzen. Dieser Stand-
punkt hat unsere Zustimmung. Die Forderung, sich dafür
einzusetzen, dass die nachfolgende belgische Ratspräsi-
dentschaft diesen Schwerpunkt weiterhin setzt, hat eben-
falls unsere Zustimmung. Die Forderung, sich im Minis-
terkomitee des Europarates für die Anerkennung dieses
Menschenrechts einzusetzen, ist in gewisser Weise über-
flüssig; denn das ist bereits der Fall. Am 22. März 2010
hat Catherine Ashton das sehr deutlich erklärt. Der vier-
ten Forderung, sich für einen Allgemeinen Kommentar
des VN-Menschenrechtskomitees zur Sanitärversor-
gung einzusetzen, kann man auch zustimmen.

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(C (D Wir haben ein Problem damit – mein Kollege wird estimmt noch genauer darauf eingehen –, sich für die odifizierung in einem Zusatzprotokoll zum Sozialpakt inzusetzen. Ich möchte einen Satz dazu sagen: Einer ausdrücklichen Kodifizierung …, etwa in Form einer Konvention, bedarf es deshalb aus Sicht der Bundesregierung in juristischer Hinsicht nicht mehr. Das war eine Antwort auf eine Kleine Anfrage, die ie gestellt haben. Unsere Position als CDU: Wir und ich persönlich finen diese Debatte sehr richtig. Wir finden es klasse, zu iesem Zeitpunkt, kurz vor der WM – wir haben nachher och eine Debatte, die auch mit der WM zusammenängt –, dem Thema Priorität zu geben und es sehr hoch u hängen, den Fokus der Weltöffentlichkeit darauf zu ichten. Wir haben aber ein Problem damit, dass in Ihrem Anrag ein paar Forderungen stehen, die so schon erfüllt ind, und dass verzögernde Aufforderungen statt konkreer Schritte genannt werden. Als Antwort sagen wir: Wir ollen zu diesem Thema selbst einen Antrag einbringen; r entsteht in diesen Tagen. Außerdem arbeiten wir an inem Antrag zu den Millenniumszielen, der sich natürich mit sehr vielem, was schon gesagt wurde, überchneidet; das habe ich gerade deutlich gemacht. Uns eht es allerdings um etwas mehr Klärung. Wichtig für uns ist – damit komme ich zum Ende –, ass die öffentliche Wahrnehmung dieses Themas erhöht ird und dass eine Bewusstseinsschärfung stattfindet. ch bin froh über die Aktion im Zusammenhang mit dem ußballclub WASH United und bitte dafür um Unterstütung. Ich bin auch dankbar für die Thematisierung in iesem Haus. Wir sollten aber noch weiter voranschreien. Auch dabei bitten wir um Ihre Unterstützung. Ich danke Ihnen. Ich erteile das Wort dem Kollegen Ullrich Meßmer ür die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Ban Ki-moon, Generalsekreär der Vereinten Nationen, hat den Satz geprägt: Wasser st Frieden. – Das hört sich im ersten Moment vielleicht ehr pathetisch an, gerade angesichts dieser Diskussion n diesem Haus, in dem der Zugang zu Wasser für die enschen gesichert ist. Das, was bei uns Alltag ist, ist llerdings nicht für alle Menschen auf der Welt und chon gar nicht für alle Kinder eine Selbstverständlicheit; darauf ist schon hingewiesen worden. Auch wenn heute in der Schule gelehrt wird und jedes ind weiß, wie wichtig Wasser als Lebensgrundlage ist, issen wir auch: Das ist es nicht für alle Menschen. Im Ullrich Meßmer )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704627800

(Beifall bei der SPD)

Ullrich Meßmer (SPD):
Rede ID: ID1704627900




(A) )

vorliegenden Antrag der Grünen – Herr Kollege
Heinrich, ich würde die Hoffnung, dass wir es schaffen,
einen interfraktionellen Antrag auf den Weg zu bringen,
nicht aufgeben; schließlich geht dieses Thema uns alle
an – wird der Blick darauf gelenkt, dass das Thema Was-
ser hochpolitisch ist. Denn ohne Wasser gibt es keine
Nahrung und damit auch keine wirtschaftliche Entwick-
lung. Wo keine wirtschaftliche Entwicklung ist, bleibt
der Wohlstand fern, gibt es keine Gesundheit, und damit
– in einem der vorigen Tagesordnungspunkte ging es um
ein ähnliches Thema – geht auch die politische Stabilität
in der Welt verloren. Angesichts der Zahl von Men-
schen, überwiegend Kindern, um die es geht, ist es zwin-
gend notwendig, den Zugang zu sauberem Trinkwasser
und vor allen Dingen ausreichender Sanitärversorgung
als Menschenrecht zu verankern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte deutlich machen: Dazu gehört auch, dass
Freiheitsrechte immer nur dann möglich sind, wenn sie
auch Sicherheit bieten. Menschenrechte, meine Damen
und Herren, müssen stets in ihrer Gesamtheit verwirk-
licht sein. Die Umsetzung von Freiheitsrechten ist nicht
möglich, wenn nicht gleichzeitig auch das Recht auf
Nahrung verwirklicht wird, und Ernährungssicherheit
funktioniert niemals ohne sauberes Trinkwasser und sa-
nitäre Versorgung.

Weil ich mich in der Vorbereitung umfassend infor-
miert habe, erlaube ich mir, noch einmal zu zitieren.
Albert Einstein hat einmal gesagt:

Ein Großteil der Geschichte ist erfüllt vom Kampf
um die Menschenrechte, einem ewigen Streit, bei
dem niemals ein endgültiger Sieg zu erringen ist.
Aber in diesem Kampf zu ermüden, würde den Un-
tergang der Gesellschaft bedeuten.

Ich kann für meine Fraktion begrüßen, dass der Antrag
zur Weiterentwicklung des Menschenrechts auf sauberes
Trinkwasser und Sanitärversorgung gestellt ist. Ich
hoffe, dass er in der nächsten Beratung breite Unterstüt-
zung und Zustimmung finden wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Was die Ausgangslage angeht, kann man feststellen,
dass viele Experten, vor allen Dingen Experten der Ver-
einten Nationen, auf die Bedeutung dieses Menschen-
rechts hingewiesen haben.

Was ich dabei vor allen Dingen wichtig finde, ist die
Rolle, die sie der Europäischen Union zumessen. Sie er-
warten, dass die EU als supranationale Organisation ih-
ren politischen Einfluss auf andere Akteure in National-
staaten, aber auch in nichtstaatlichen Einrichtungen
geltend macht. Deshalb ist es notwendig, auch deutlich
zu machen, dass die Diskussion über das Thema Wasser
allein nicht ausreicht, weil die Themen Wasser und Sani-
tärversorgung zwingend zusammengehören.

Spanien hat das Menschenrecht auf sauberes Trink-
wasser und Sanitärversorgung bereits anerkannt und

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(C (D um Schwerpunkt seiner EU-Ratspräsidentschaft geacht. Dies ist ein positives Signal. Aber längst nicht lle EU-Staaten betrachten diesen Zugang als Menchenrecht. Die Tschechische Republik geht zum Beipiel davon aus, dass es sich hierbei vielmehr um ein rundbedürfnis handelt. Ein Grundbedürfnis – das ist eben vom Kollegen oenigs schon gesagt worden – ist im internationalen echt und auch in der internationalen Wirkung aber etas anderes. Menschenrechte stehen als unveräußerli he, unteilbare und universelle Normen fest, und vor alen Dingen – das halte ich für wichtig – haben die enschen einen individuellen Anspruch auf Einhaltung er Menschenrechte gegenüber ihrem jeweiligen Staat nd ihren staatlichen Einrichtungen. Allein schon desalb wäre es wichtig, dass die Staaten klare und unumtößliche Verpflichtungen erhalten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dazu gehört, das Menschenrecht auf sauberes Trink-
asser und Sanitärversorgung in dem jeweils eigenen
and zu achten und zu erfüllen. Es gehört ebenfalls
azu, das Menschenrecht auch in anderen Ländern zu
chten und die Erfüllung auch in anderen Ländern einzu-
ordern. Vor allen Dingen muss sichergestellt werden,
ass Verletzungen dieses Menschenrechts vorgebeugt
ird. Ich sage ausdrücklich dazu: Vor allen Dingen muss

uch darauf geachtet werden, dass nichtstaatliche Ak-
eure zur Einhaltung des Menschenrechts auf sauberes
rinkwasser und Sanitärversorgung verpflichtet sind;
enn auch sie haben dort, wo sie tätig sind, eine Verant-
ortung für die Menschen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: BP!)


Gerade wurde „BP“ gerufen; das ist ein gutes Beispiel.

Deshalb haben die Vereinten Nationen dieses Men-
chenrecht bereits in mehreren Verträgen aufgegriffen,
um Beispiel in dem VN-Übereinkommen zur Beseiti-
ung jeglicher Form von Diskriminierung der Frau, in
er VN-Kinderrechtskonvention und im Allgemeinen
ommentar Nr. 15 des VN-Menschenrechtskomitees

um Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale
nd kulturelle Rechte. Nach wie vor fehlt allerdings die
ehandlung der Sanitärversorgung im Allgemeinen
ommentar Nr. 15. Außerdem steht natürlich – das ist

ben schon angesprochen worden, aber ich denke, über
iese Frage sollten wir auch weiter beraten – die Kodifi-
ierung des Menschenrechts auf sauberes Trinkwasser
nd Sanitärversorgung in einem Zusatzprotokoll zum
ozialpakt noch aus. Ich meine, auch hier sollten wir
icht daran gehindert sein, zu versuchen, zu gemeinsa-
en Positionen zu kommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für mich und meine Fraktion ist es allerdings auch
ehr wichtig, dass gerade unsere Bundesregierung ihre
orreiterrolle auf den Ebenen der Vereinten Nationen
nd der EU behält und ausweitet. Es wird in Zukunft





Ullrich Meßmer


(A) )


)(B)

wichtig sein, dass die EU hier mit einer Stimme spricht,
damit sie als Vorreiter und gleichzeitig auch als Bezugs-
punkt für andere Staaten dienen kann.

Meine Damen und Herren, mit der Unterstützung der
Regierung für die Erreichung dieser Ziele kann Europa
einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die An-
erkennung des Menschenrechts auf sauberes Trinkwas-
ser und Sanitärversorgung vorangetrieben und die Trink-
wasser- und Sanitärversorgung weltweit verbessert und
vor allem gerechter gestaltet wird. Das sind Aufgaben,
denen es sich zuzuwenden lohnt.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nicht nur in
Europa, sondern in der ganzen Welt gehört werden,
wenn wir die Anerkennung dieses Menschenrechts aus
diesem Parlament heraus betreiben.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704628000

Das Wort erhält nun der Kollege Pascal Kober für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1704628100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

gibt Zusammenhänge, die sich nicht unbedingt auf den
ersten Blick erschließen. Jeder und jede von uns weiß,
dass Bildung und eine gute Ausbildung die Vorausset-
zung für individuelle Chancen und individuelle Entwick-
lung sind. Jeder und jede weiß freilich auch, dass eine
fundierte Bildung und Ausbildung auch die Vorausset-
zung für die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohl-
stand einer Gesellschaft sind. Das gilt in Deutschland, in
Europa, aber auch weltweit. Es gilt auch insbesondere in
den ärmsten Gegenden der Welt.

Diesen Zusammenhang kennt, wie man so schön sagt,
jedes Kind. Aber kaum einer weiß, dass man, wenn man
alle Tage zusammenzählt, an denen Kinder wegen Durch-
fallerkrankungen nicht in die Schule gehen können, auf
die unvorstellbare Summe von 400 Millionen Fehltagen
kommt. Das sind 400 Millionen Tage Schulausfall welt-
weit wegen Durchfallerkrankungen.

Wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die Ursache für
viele Durchfallerkrankungen verunreinigtes Trinkwasser
und mangelnde sanitäre Versorgung sind, dann wird mit
einem Mal ein Zusammenhang sichtbar, den man auf
den ersten Blick vielleicht nicht gesehen hat. Deshalb ist
es gut, dass wir uns in Fragen des Einsatzes für Men-
schenrechte, der Außenpolitik und der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit und Entwicklungen nicht im Klein-
Klein vieler aufeinander unabgestimmter Projekte ver-
lieren, sondern dass wir unseren Verstand bemühen und
eine kluge, aufeinander abgestimmte, in sich stringente
und damit effiziente Politik verfolgen, wie sie Dirk
Niebel und Guido Westerwelle gemeinsam begonnen ha-
ben, die den Zusammenhang von Ursache und Wirkung

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(C (D ennt und deshalb aus jedem Mitteleinsatz den maximaen Nutzen für die betroffenen Menschen generiert. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass das Engageent für das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser nd Sanitärversorgung in dieser Bundesregierung, die es ich zum Kernziel gemacht hat, eine stringente und aufinander abgestimmte Außenpolitik und Politik der wirtchaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung zu verolgen, eine so bedeutende Stellung einnimmt. Dirk Niebel und Guido Westerwelle haben anlässlich es 60. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menchenrechte der Vereinten Nationen im letzten Jahr das enschenrecht auf sauberes Trinkwasser und angemes ene Sanitärversorgung als zentrales Element ihrer Politik enannt. Denn die Verwirklichung dieses Menschenrechts st die Grundlage für viele weitere Entwicklungsschritte n vielen Gegenden der Welt, wie ich zu Beginn meiner ede am Beispiel des Zusammenhangs von Bildungser olg und Trinkwasserversorgung aufgezeigt habe. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündis 90/Die Grünen, Sie fordern in Ihrem vorliegenden ntrag beispielsweise, dass sich die Bundesregierung uf europäischer Ebene stärker für die Anerkennung des enschenrechts auf sauberes Trinkwasser und Sanitär ersorgung einsetzt. Vielleicht übersehen Sie dabei, dass ie Bundesregierung das bereits erfolgreich tut. So beält beispielsweise die Bundesregierung zusammen mit er spanischen Regierung als Doppelspitze die Federührung beim Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser nd Sanitärversorgung auf europäischer Ebene. Sodann fordern Sie in Ihrem Antrag die Bundesregieung auf, sich um eine Kodifizierung des Menschenechts auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung n einem Zusatzprotokoll zum Sozialpakt zu bemühen. er Kollege Frank Heinrich hat bereits die Antwort der undesregierung auf eine Kleine Anfrage Ihrer Fraktion itiert, in der die Bundesregierung darauf hinweist, dass ie Kodifizierung des Menschenrechts auf Wasser und anitärversorgung in Form einer Konvention in juristicher Hinsicht nicht nötig ist. Denn deutlich genug lässt ich das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser und anitärversorgung bereits aus den bestehenden Texten bleiten. Worauf es viel eher ankommen muss, ist, dass wir um einen für die Umsetzung dieses Menschenrechts eltweit werben. Das tut die Bundesregierung. Sie un erstützt die Arbeit der Unabhängigen Expertin der Verinten Nationen für das Menschenrecht auf sauberes rinkwasser und Sanitärversorgung, die diesem Menchenrecht eine hörbare Stimme gibt. Sie engagiert sich uf europäischer Ebene für die Schaffung einer Freunesgruppe aus mehreren Staaten, die sich in ihrer Region ls Multiplikatoren für dieses Menschenrecht engagieren ollen. Zum anderen kommt es aber vor allem darauf an, dass ir tatkräftigen Anteil an der Lösung des Problems haen. Allein südlich der Sahara werden durch das Engageent der Bundesregierung bis 2015 circa 30 Millionen Pascal Kober )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

Menschen Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversor-
gung erhalten.

Außerdem – auch darauf wurde in dieser Debatte
schon hingewiesen – fördert die Bundesregierung die
Initiative „WASH United“, die während der Fußball-
weltmeisterschaft in acht Ländern Afrikas über Bestehen
und Inhalt des Menschenrechts auf Wasser und Sanitär-
versorgung und Hygieneerfordernisse aufklärt.

Wir als Parlamentarier der christlich-liberalen Regie-
rungskoalition werden die Regierung bei ihren Bemü-
hungen für die Verwirklichung des Menschenrechts auf
sauberes Trinkwasser und eine angemessene Sanitärver-
sorgung unterstützen sowie die erforderlichen Schritte
prüfen und miteinander gehen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704628200

Das Wort erhält nun der Kollege Niema Movassat für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704628300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Ohne

Wasser kein Leben“ lautet eine alte Wahrheit. Heute
müsste es heißen: Ohne Zugang zu sauberem Wasser
und sanitärer Grundversorgung gibt es kein würdevolles
Leben. Dennoch trinken mehr als 1 Milliarde Menschen
aus verschmutzten Quellen.

Aber was bedeutet das im Lebensalltag von Men-
schen? – Auf dem Land bedeutet es, erst einmal eine
halbe Stunde aus dem Dorf heraus zu laufen, um sich hin-
ter irgendeinen Busch zu hocken. Für Frauen bedeutet es,
sich der Gefahr von sexuellen Übergriffen auszusetzen.
Für viele Mädchen und Frauen bedeutet es, dass sie sich
aufgrund mangelnder Privatsphäre und Scham nirgendwo
erleichtern können und krank werden. Viele Mädchen be-
suchen mangels eigener Toilette keine Schule.

In Lusaka, der Hauptstadt von Sambia, greifen viele
Menschen mangels Toiletten auf die einfachsten Mittel
zurück, etwa die „fliegende Toilette“. Man macht in eine
Plastiktüte und wirft sie dann auf der Straße weg. Alle
20 Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an einfa-
chen Erkrankungen wie Durchfall. Dies alles sind un-
haltbare Zustände. Die reichen Industriestaaten sind auf-
gefordert, viel mehr zu tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn vom Erreichen des UN-Millenniumsziels, die
Zahl der Menschen ohne Zugang zu Wasser und Abwas-
serentsorgung zu halbieren, sind wir meilenweit entfernt.
Dafür müsste pro Sekunde mehr als eine Toilette gebaut
werden.

Ein sehr deutliches Beispiel für lebensbedrohliche
Wasserprobleme ist die Situation der Menschen in Gaza
und der Westbank. Der Salzgehalt im Trinkwasser ist im
Gazastreifen mittlerweile gesundheitsgefährdend hoch.
Die von Israel errichtete Mauer in der Westbank verhin-

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(C (D ert den Zugang von Palästinensern zu Wasserquellen. s ist ihnen verboten, auf ihrem eigenen Land neue runnen zu bauen oder alte zu reparieren. Israel hat zusätzlich durch seinen extremen Wassererbrauch drastisch zum Absinken des Grundwasserpiegels beigetragen. Ein weiteres Beispiel hat der Kolege Herr Haibach heute schon zu Gaza genannt: Zurzeit ersucht die GTZ, in Gaza eine Kläranlage zu bauen. och auch das kann nicht funktionieren, weil Israel die infuhr von Bauteilen verbietet und die Abwassersitua ion damit verschärft. Als Besatzungsmacht ist Israel völkerrechtlich zur ersorgung der palästinensischen Bevölkerung verflichtet. Diese Verpflichtung wird von Israel aber vollommen missachtet. Dabei stünde es Israel gut zu Geicht, die Menschenrechte, auch das Recht auf Wasser, ndlich zu achten. Dennoch denkt Entwicklungsminister Niebel öffentich über trilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Isael nach. Warum gerade Israel als Experte für Wasserragen in Entwicklungsprojekten herangezogen werden oll, ist mir unbegreiflich, denn es honoriert die Menchenrechtsverletzungen. Der Antrag der Grünen greift vor allem die Anerkenung des Menschenrechts auf Wasser und auf sanitäre rundversorgung in allen EU-Ländern auf. Das ist loenswert, und deshalb werden wir dem Antrag heute zutimmen. Aber es muss auch die Frage gestellt werden, was die rsache dafür ist, dass weltweit jeder fünfte Mensch keien Zugang zu sauberem Wasser hat. Denn es gibt genüend Wasser auf der Erde. Ob es jedoch sauber und rinkbar ist und wie es verteilt wird, hängt von politichen und wirtschaftlichen Entscheidungen ab. Denn asser wird weltweit von Firmen durch Ölbohrungen erseucht. Es wird den armen Menschen durch Anstaung und Bewässerungsprojekte vorenthalten. Warum haben circa 40 Prozent der Weltbevölkerung eine hygienischen Toiletten und erst recht keinen Abasseranschluss, wenn es Konzepte für dezentrale und echnisch einfache Lösungen sehr wohl gibt? ier geht es um den politischen Willen zu strukturellen eränderungen und darum, dass Menschenrechte über rofiten zu stehen haben. In der letzten Wahlperiode haben Sie von der FDP em Antrag der Grünen auf Verbesserung der sanitären rundversorgung zugestimmt. Dass Sie dies heute aus oalitionstaktischen Gründen nicht tun, ist wirklich chade. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN – Holger Haibach [CDU/ CSU]: Das ist doch die erste Lesung!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704628400

Das Wort hat jetzt der Kollege Holger Haibach von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1704628500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege
Movassat, so ganz habe ich Ihre Rede nicht verstanden.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Soll ich sie noch mal vortragen?)


Daran, dass Sie am Ende immer wieder Israel kritisieren,
haben wir uns inzwischen gewöhnt. Israel scheint grund-
sätzlich an allem Schlimmen schuldig zu sein, das auf
dieser Welt passiert. Das ist der eine Punkt.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Es geht um Wasser für die Palästinenser!)


Der andere Punkt ist: Wir überweisen den zur Diskus-
sion stehenden Antrag. Wir diskutieren heute darüber
zum ersten Mal. Wir werden heute noch gar keine Ent-
scheidung fällen. Bleiben Sie also ganz ruhig und ent-
spannt, und schauen Sie, was im weiteren Verlauf des
parlamentarischen Verfahrens passiert!

Es gibt durchaus Schnittmengen. Vieles, was der von
Bündnis 90/Die Grünen vorgelegte Antrag enthält, ist
unterstützenswert. Ich glaube aber, dass es einige As-
pekte gibt, die leider übersehen worden sind. Wenn wir
über die Anerkennung des Menschenrechts auf sauberes
Trinkwasser reden, dann müssen wir auch darüber reden,
welche politische, strategische und taktische Bedeutung
Wasser inzwischen gewonnen hat. Wir haben in der letz-
ten Legislaturperiode im Deutschen Bundestag oft über
den Ilisu-Staudamm in der Türkei diskutiert, nicht nur
weil dieses Projekt in irgendeiner Form für uns wichtig
ist, sondern weil die Frage, dass man, wenn man in ei-
nem Land das Wasser aufstaut, dabei anderen Ländern
das Wasser abgräbt, hoch politisch ist. Wenn wir über
die Anerkennung des Menschenrechts auf sauberes
Trinkwasser reden, müssen wir auch über solche Punkte
diskutieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels, den
wir derzeit erleben, ist es wichtig, daran zu erinnern,
dass Wasser eine wichtige Ressource ist und dass diese
Ressource in Zukunft – vermutlich noch mehr als heute –
ein Ausgangspunkt für Konflikte sein wird.


(Beifall des Abg. Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir werden Konflikte in vielen Regionen dieser Welt er-
leben, die wegen Wasser geführt werden. Wasser hat
eine unglaublich hilfreiche, aber auch zerstörerische
Kraft.

Herr Kollege Movassat, natürlich haben Sie recht,
wenn Sie sagen, dass die reichen Industriestaaten ihre

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(C (D ufgabe erfüllen müssen. Ich glaube aber, dass man auserechnet Deutschland nicht den Vorwurf machen kann, ir täten es nicht; denn neben der Anerkennung des enschenrechts auf Zugang zu sauberem Wasser ist die ntscheidende Frage, was man daraus ableitet. Daraus uss abgeleitet werden, dass man durch das eigene poli ische Handeln dafür sorgt, dass der Zugang gewährt ird. Auf die Folgen zum Beispiel für die Millennium evelopment Goals oder die Mütterund Kindersterb ichkeit ist schon hingewiesen worden. Aber gerade an ieser Stelle – ich finde, das könnte man auch sagen, enn man ständig kritisiert – macht Deutschland seine ufgabe sehr gut. Deutschland ist im Rahmen der Entwicklungszusamenarbeit mit über 350 Millionen Euro im Jahr der dritt rößte Geber, wenn es um den Zugang zu sauberem rinkwasser geht. Herr Movassat, wir sitzen im gleichen usschuss. Das wissen Sie genauso gut wie ich und hät en Sie auch sagen können. Es tut mir leid, dass das nicht n Ihr Bild passt. Dann muss ich es eben sagen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das war aber jetzt Israel-Kritik, was Sie gesagt haben!)


0 Prozent dieser Gelder fließen nach Afrika. In insge-
amt 60 Ländern ist Deutschland im Wassersektor aktiv.
n 28 Ländern ist das ein Schwerpunkt der Entwick-
ungszusammenarbeit. Das heißt, wir haben es hier mit
inem Punkt zu tun, der nicht nur in der menschenrecht-
ichen, sondern auch in der entwicklungspolitischen De-
atte in Deutschland und im entwicklungspolitischen
andeln sowohl dieser Bundesregierung als auch der
orgängerregierung eine sehr große und entscheidende
olle spielt bzw. gespielt hat.

Herr Movassat, Sie haben gefragt, warum ausgerech-
et Israel eine besondere Rolle spielen soll, wenn es um
rilaterale Kooperationen geht. – Wenn Sie mir zuhören,
ann ich es Ihnen vielleicht erklären


(Zuruf von der LINKEN)


Ja, das ist mir klar. Deswegen hat er Dinge behauptet,
ie so nicht stimmen.

Warum also ausgerechnet Israel, wenn es um multila-
erale Kooperationen im Bereich Wasser geht? Ganz ein-
ach: Israel hat eine sehr große Erfahrung und eine sehr
roße Kompetenz in diesem Bereich. Wir führen zusam-
en mit Israel in Afrika ein Projekt auf dem Gebiet der

rilateralen Kooperation durch. Israel hat nämlich viel
rfahrung damit, wie man in Gebieten mit großer Tro-
kenheit ein kompliziertes Problem wie das der Bewäs-
erung vernünftig lösen kann.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das ist bei den Palästinensern umgekehrt!)


Diese Debatte haben wir heute Mittag geführt, Herr
ehm. Ich glaube, ich habe heute Mittag ganz deutlich
esagt, was ich davon halte. Ich finde, man darf das eine
it dem anderen nicht vermischen. Es geht darum, wo
an am besten Effekte erzielen kann. Wenn Sie wie ich

n vielen Tagungen teilgenommen und sich mit dieser
rage beschäftigt hätten, dann würden Sie wissen, dass





Holger Haibach


(A) )


)(B)

es in Israel, auf der Seite der Palästinenser oder der Jor-
danier und anderenorts in der Region viele Experten
gibt, die wissen, dass die Frage des Wassers entschei-
dend ist für Krieg und Frieden. All diese Experten wis-
sen ebenfalls, dass es nationale Alleingänge an dieser
Stelle nicht gibt. Dass die israelische Politik zurzeit viel-
leicht nicht so ist, wie wir sie gern hätten, entbindet uns
doch nicht von dem Versuch, etwas dafür zu tun, dass
die Wasserproblematik – Wasser ist ein verbindendes
Element – regional gelöst wird; anders kann sie nicht ge-
löst werden. Ich halte eine billige Israel-Kritik an dieser
Stelle, ehrlich gesagt, für intellektuell ziemlich über-
schaubar.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Billig ist das, was Sie jetzt sagen! – Niema Movassat [DIE LINKE]: Das waren doch ganz konkrete Punkte!)


Ich finde, wir sollten uns eher konkret an das halten,
was der Antrag, den Bündnis 90/Die Grünen uns heute
hier vorgelegt haben, beinhaltet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich verweise aber auch auf die Punkte, die ich darüber
hinaus erwähnt habe. Wir sollten versuchen, eine sachli-
che Debatte über ein extrem wichtiges Thema zu führen;
denn dieses Thema ist es auf jeden Fall wert.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704628600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/1779 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich rufe die Zusatzpunkte 7 bis 9 auf:

ZP 7 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP

Einen effizienten und schlagkräftigen Euro-
päischen Auswärtigen Dienst schaffen

– Drucksache 17/1981 –

ZP 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt, Marieluise Beck (Bremen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Den Europäischen Auswärtigen Dienst euro-
päisch, handlungsfähig und modern gestalten

– Drucksachen 17/1204, 17/2012 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Roderich Kiesewetter
Dietmar Nietan

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(C (D Michael Link Dr. Diether Dehm Manuel Sarrazin P 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Sevim Dağdelen, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes und zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung 2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf den Europäischen Auswärtigen Dienst 2010)

Ratsdok. 8134/10

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre-
gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über
die Zusammenarbeit von Bundesregierung
und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten
der Europäischen Union

Den Europäischen Auswärtigen Dienst entmi-
litarisieren

– Drucksache 17/1976 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
erspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
o beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er das Wort dem Kollegen Roderich Kiesewetter von
er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1704628700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am

0. Juni 1979 wurde um diese Zeit die erste Europawahl
usgezählt. Da schwitzte man nicht in Berlin bei 30 Grad
elsius, sondern bei den Auszählungen der ersten Wahlen
um Europäischen Parlament. Damals war die Bevölke-
ung der Mitgliedstaaten aufgerufen, das erste Europäische
arlament zu wählen. Heute, 31 Jahre später, sprechen wir
ber die Außendarstellung, über die Außenrepräsentanz,
ber die Außenpolitik der Europäischen Union. Das ist
in Riesenfortschritt innerhalb einer Generation und Aus-
ruck der Bewältigung schwierigen Zusammenwirkens
er Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Europäische Auswärtige Dienst ist natürlich ein
anz besonders innovatives Element im Bereich der Eu-
opäischen Union. Die Schaffung dieser Institution ist
ie wichtigste verbliebene Umsetzung dessen, was mit
em Vertrag von Lissabon vereinbart worden ist. Der
undestag begleitet die Diskussion über die europäische
ußendarstellung seit dem Konvent von 2002. Wir ha-





Roderich Kiesewetter


(A) )


)(B)

ben uns seit Jahresbeginn im Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union wie auch im Auswär-
tigen Ausschuss intensiv damit auseinandergesetzt. Am
26. April gab es die Ratseinigung. Unsere heutige Befas-
sung ist auch darin begründet, dass man das Ziel hat,
nächste Woche die politische Einigung im Europaparla-
ment herzustellen.

Ich möchte an dieser Stelle dem Staatsminister Hoyer,
der beiden Ausschüssen stets umfassend Rede und Ant-
wort stand, sehr herzlich für die immer zeitnahen Infor-
mationen danken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. h. c. Gernot Erler [SPD] – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das war gestern aber ein bisschen suboptimal! – Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Auch Herr Sarrazin hat viele Fragen gestellt, und Herr
Staatsminister Hoyer hat immer intensiv Antwort gege-
ben.

Es sind noch drei wesentliche Rechtsakte zu verhan-
deln: das Personalstatut, die Haushaltsordnung und der
Haushalt des EAD. Die Einigung soll, wenn möglich,
noch unter spanischer Präsidentschaft erfolgen.

Worum geht es eigentlich? Warum haben wir unseren
Antrag gestellt? Was sind unsere Kernforderungen? Wir
möchten natürlich, dass das Europäische Parlament inten-
siv beteiligt wird. Wir brauchen die parlamentarische
Kontrolle des Europäischen Auswärtigen Dienstes, nicht
nur in Haushaltsfragen, aber insbesondere dort. Ange-
sichts der Herausforderungen, vor denen wir in Europa
stehen – ich nenne einige: Klimaschutz, Energiepolitik,
Nichtverbreitung, Menschenrechte, Terrorismus, organi-
sierte Kriminalität, entwicklungspolitische Fragen –, brau-
chen wir einen klaren Dialog über die außenpolitischen
Prioritäten. Deshalb fordern wir dies auch ausdrücklich in
unserem Antrag. Die neuen großen Herausforderungen
müssen in eine Priorisierung gebracht werden.

Des Weiteren geht es uns – das unterscheidet unseren
Antrag sehr deutlich vom Antrag der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen – um die institutionelle Ausgestaltung der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Wir dür-
fen nicht neue bürokratische Strukturen schaffen, eine
extra Generaldirektion, sondern wir müssen schauen,
dass wir einen schlanken europäischen Dienst schaffen.
Es gilt der Primat der Politik. Gerade bei den sicherheits-
politischen Fragen, die das Militär betreffen, gilt der
Bundestagsvorbehalt. Ich halte es für ganz wichtig, dass
wir nicht nur in Deutschland einen ganzheitlich vernetz-
ten Sicherheitsbegriff fordern, sondern einen solchen
auch praktizieren, wenn wir die Chance dazu haben. Das
tun wir, indem wir Krisenprävention und frühzeitige Kri-
senerkennung im Europäischen Auswärtigen Dienst er-
möglichen sowie zivile und militärische Fähigkeiten zu-
sammenbinden. Wer anders als die Zivilmacht der EU
kann das leisten? Ich glaube, das ist ein ganz besonderer
Fortschritt. Ich weiß noch, wie vor zehn Jahren die ers-
ten Soldaten im EU-Militärstab wie weiße Raben be-
trachtet wurden. Heute sind sie – ich möchte nicht sagen:

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(C (D nter kontrollierter Aufsicht – in die entsprechenden trukturen sehr eng eingebunden. Uns geht es darum, dass es nicht zu Duplizierungen on Fähigkeiten kommt. Was meine ich damit? Es geht ns darum, dass wir die Expertise der bilateralen Zusamenarbeit mit den Drittstaaten zusammenfassen, die emeinsame Außenund Sicherheitspolitik, die Länder eferate, die Themenund Länderorientierung zusamenbringen. Das ist, glaube ich, ganz entscheidend. Des eiteren fordern wir, dass die Vertretungen der Europäi chen Union in Drittstaaten – sprich: mit längerfristigem lick die konsularischen Vertretungen, aber auch die De egationen selbst – Teil des EAD werden. Wir brauchen eine starke Führung des Europäischen uswärtigen Dienstes. Sie erfolgt dadurch, dass die ohe Vertreterin nicht nur Weisungsrecht haben soll, ondern auch bei der Personalauswahl die entscheidende ürde darstellen soll. Wir wissen: Die Hohe Vertreterin at drei Hüte auf. Sie ist Vorsitzende des Rates für Ausärtige Angelegenheiten, Vizepräsidentin der Kommis ion und die Telefonnummer, die Kissinger immer geforert hat: der europäische Außenminister. Hierbei brauchen wir eine politische Vertretung. iese politische Vertretung, die nicht nur das Europäi che Parlament fordert, muss erst einmal implementiert erden. Für uns ist es ganz wichtig, dass wir diese Ein ichtungen dann nicht als gegeben hinnehmen, sondern nsere Forderung, die wir im Antrag auch deutlich mahen, lautet, dass der Europäische Auswärtige Dienst in einen Managementstrukturen, aber auch in der Frage er politischen Vertretung durch die Hohe Vertreterin eitnah überprüft wird; Zwischenbericht im Jahr 2011. m Jahr 2013 möchten wir einen Sachstandsbericht haen und, wenn es sein muss, die notwendigen Anpassunen in den entsprechenden Verwaltungsstrukturen. Das führt die außenpolitischen Fähigkeiten der Euroäischen Union zusammen. Es geht uns um vernetzte Siherheitspolitik. Es geht uns um vernünftige Personalolitik. Ein Drittel der Angehörigen des Auswärtigen ienstes kommt aus den Mitgliedstaaten. Wir wollen, dass ier ein Teamgeist herrscht – die Fraktion Bündnis 90/Die rünen drückt das mit „Esprit de Corps“ sehr vornehm us –, der zusammenschweißt und europäische Außenolitik mit den Mitgliedstaaten ganz eng vernetzt. Ich laube, wir sind uns alle einig: Das ist eine ganz wesentiche Leistung in diesem Zusammenhang. Natürlich geht es auch darum, die Entwicklungszuammenarbeit zu vernetzen, die in etwas anderen Strukuren stattfindet. Ein letzter Punkt, der uns wichtig ist: Es geht um eutsch als Amtssprache. Wir haben seit langer Zeit rstmals wieder eine solche klare Forderung in einem ntrag. Es geht darum, dass im Europäischen Auswärtien Dienst Deutsch als Amtsund Arbeitssprache in den ntscheidungsvorlagen, aber auch in der Binnenund ußenkommunikation besonders gefördert werden soll. Roderich Kiesewetter )


(Beifall des Abg. Oliver Luksic [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Ich fasse zusammen: Wir möchten einen schlanken,
leistungsfähigen Europäischen Auswärtigen Dienst. Wir
möchten keine zusätzlichen Organisationsstrukturen wie
ein Generaldirektorat, sondern ganzheitliche, vernetzte
Zusammenarbeit. Diese Strukturen möchten wir erpro-
ben und zeitnah bewerten, um sie dann möglicherweise
anzupassen. Und wir brauchen Synergien, damit das er-
kennbar wird, was mit der europäischen Telefonnummer
für die Außenwirkung unserer großen Gemeinschaft mit
über 500 Millionen Einwohnern wirksam wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie
deshalb um Unterstützung für den Antrag der Regie-
rungskoalition.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704628800

Das Wort hat jetzt Kollege Axel Schäfer von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1704628900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Frage des Europäischen Auswärtigen Dienstes ist in ei-
ner Gemeinschaft, wie sie die EU darstellt, etwas ganz
Besonderes. Es ist das „Spezifische sui generis“. Das ist
mehr als ein Wortspiel, sondern es ist aus meiner Sicht
deshalb etwas Besonderes, weil wir mit den vergemein-
schafteten zentralen Politikbereichen wie Wettbewerb,
Handel, Zölle und vor allen Dingen mit der Währung
– dem Euro – das große europäische Projekt des
21. Jahrhunderts haben. An ihm wird sich die Hand-
lungsfähigkeit bzw. das gemeinsame Europa zeigen –
oder eben auch nicht.

In Bezug auf den Europäischen Auswärtigen Dienst
wird die Frage sein, ob dieser Wille vorhanden ist oder
ob man – statt eine Institution zu schaffen, die im
Dienste aller, nämlich des Rates, der Kommission und
des Europäischen Parlamentes, stehen muss – zu einer
Ausrichtung kommt, die zu sehr auf den Rat zugeschnit-
ten ist.

Ich bin froh, dass die SPD-Fraktion als Erste dies the-
matisiert hat. Wir haben bereits vor mehreren Monaten
eine Kleine Anfrage mit insgesamt 38 Fragen gestellt. Es
ist gut, dass sich jetzt auch andere Fraktionen dazu posi-
tioniert haben. Dass CDU/CSU und FDP besonders spät
Stellung bezogen haben, ist ihre Sache.

Was die konkrete Ausgestaltung anbelangt: Wir müs-
sen uns insbesondere auf die folgenden Punkte beschrän-
ken. Erstens brauchen wir einen politischen Gestaltungs-
willen vonseiten dieses Europäischen Auswärtigen
Dienstes. Das würde bedeuten, dass wir in einer globali-
sierten Welt handlungsfähig werden.

Wir brauchen zweitens eine strategische Ausrichtung,
wie wir in Europa mit diesem Instrument die Außenpoli-
tik gestalten.

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(C (D Drittens brauchen wir Personal, das den Zielen der uropäischen Union loyal gegenübersteht. Viertens ist dafür notwendig, dass wir eine entsprehende Grundlage für die Rekrutierung von Beschäftigen – auf der Basis von Leistung und Qualifikation – chaffen. Fünftens. Gleichzeitig werden wir ein hohes Maß an lexibilität bekommen. Wir brauchen das – mit gemeinamen Ausbildungsmaßnahmen – auch zur Weiterenticklung. Sechstens muss es ein vernünftiges Rotationsverfahen des Personals zwischen dem Europäischen Auswärtien Dienst, den nationalen Dienststellen sowie anderen uropäischen Institutionen geben. Dies wird, glaube ich, u einer Stärkung beitragen. Natürlich gehört auch dazu, dass der Deutsche Bunestag laufend – und zwar intensiver als bisher – über ie weitere Entwicklung des Europäischen Auswärtigen ienstes informiert wird und dass wir dabei auch zu eier politischen Willensbildung kommen. Es wird wichtig sein, dass wir im Zusammenwirken on Europäischem Parlament und den nationalen Parlaenten – so wie das auch angelegt worden ist – zu Er ebnissen kommen, die darauf hinauslaufen, dass die echte des Europäischen Parlaments in den jetzt ansteenden drei Entscheidungen voll zur Geltung kommen. as heißt, es muss deutlich sein, dass die Kompromisse, ie zustande kommen werden, die Rechte des Europäichen Parlaments wahren. Nur so kann dies meiner Anicht nach gelingen. Das Gelingen setzt voraus, dass wir von einem Punkt bschied nehmen. Ich hoffe, es gibt hier in diesem Haus enügend überzeugte europäische Föderalisten, die das m Kopf, aber auch im Herzen tragen. Wir müssen ein tück weit davon Abschied nehmen, dass die klassische ußenpolitik etwas ist, was letztendlich als etwas sehr ichtiges noch beim Nationalstaat verbleiben muss, mit llen Instrumenten, Symbolen und Personen. Vielmehr ollte man wissen, dass dieses Gemeinsame in Europa um Ausdruck kommt; das heißt, das Ganze ist da mehr ls die Summe seiner Teile. Das erfordert sowohl ein Stückchen Mut als auch die ereitschaft, an einigen Stellen auch in politischer Hin icht das Herz über die Hürde zu werfen. Ich glaube, das st bei allen Außenministern der Fall, völlig unabhängig on ihrer parteipolitischen Ausrichtung, weil wir wissen, elche zentrale Rolle Außenpolitik spielt. An dieser Stelle muss man darauf hinweisen, weil uns ier in diesem Hause vieles verbindet, uns aber an einien Punkten manches auch trennt: Dazu gehört, dass wir olche Debatten wie heute mit Blick auf die geneigten uhörer zu einem solchen Zeitpunkt wie jetzt, 2.50 Uhr, nicht führen sollten. (Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Die eingenickten Zuhörer! – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben alle einen Axel Schäfer )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )

Computer zu Hause! Bochum sitzt geschlos-
sen am Computer!)

– Ach, die Zuhörer. Wir sind ja die Beteiligten. Wir hö-
ren zwar auch zu, aber wir sind hier keine Zuhörer. Wir
sind die beteiligten Abgeordneten.

Das Folgende sage ich ausdrücklich an die Kollegin-
nen und Kollegen der Fraktion der Linkspartei: Der
Europaausschuss


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Jetzt sind sie wieder munter!)


hat, beginnend in der letzten Legislaturperiode, eine be-
stimmte Stilprägung vorgenommen, indem er Wert da-
rauf legte, sich bei wichtigen Fragen zu verständigen
– gerade solchen, bei denen es um institutionelle Dinge,
aber auch um Verfahren und das Miteinander hier geht –,
ohne dass man inhaltlich alles glattbügelt. Wir haben es
als Einzige geschafft, mit fünf Fraktionen eine interinsti-
tutionelle Vereinbarung hinsichtlich der Zusammen-
arbeit zwischen Bundestag und Bundesregierung hinzu-
bekommen, die sogar stilbildend für andere Länder ist.
Dies ist auch in unseren Begleitgesetzen niedergelegt.

Wir haben es als Erste geschafft, Folgendes zu verein-
baren: Wenn es um die Kommission geht, machen wir
etwas ganz anderes, indem wir den designierten Kom-
missar einladen, damit er angehört wird. Das war ein
Antrag der SPD, der aber auch von CDU/CSU, FDP,
Grünen und von der Linkspartei unterstützt wurde.
Hierzu sage ich noch einmal ausdrücklich Dank an die
Beteiligten und auch an Günther Oettinger.

Wir haben es einvernehmlich geschafft, dass wir in
der Regel öffentlich tagen; das ist ein sehr großer Fort-
schritt. Es ist mir nicht erklärlich, dass wir heute Abend
eine Debatte zu diesem wichtigen Punkt um diese Zeit
führen müssen, zumal noch andere Debatten anstehen,
bei denen wir das in diesem Rahmen machen; das kann
man auch in der Öffentlichkeit überhaupt nicht transpor-
tieren.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich appelliere wirklich an Sie, dass wir uns auch auf-
grund unseres Selbstverständnisses und unseres europäi-
schen Engagements in Zukunft darauf verständigen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


dies so zu platzieren, dass alle ihr Recht haben und mit
ihren differenzierten Meinungen hier zur Geltung kom-
men, aber bitte füglich nicht mehr um 22.52 Uhr.


(Christoph Strässer [SPD]: Lob doch mal diejenigen, die da sind!)


– Jetzt lobe ich die, die da sind. Vielen Dank noch ein-
mal, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Es gibt auch andere wichtige Dinge. Wir haben näm-
lich – das war der Hauptkritikpunkt; entschuldigt, es ist
wirklich schon spät – heute die in dieser Legislatur-
periode einzige Sitzung mit dem Ausschuss für konstitu-
tionelle Fragen des Europäischen Parlaments. Die Teil-

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(C (D ehmer daran sind jetzt seit 20 Uhr zusammen. igentlich sollten wir bis 23 Uhr ebenfalls anwesend ein, weil es dort Debatten mit Verfassungsrichtern, mit inistern usw. gibt. Dies war jetzt nicht kontinuierlich öglich, weil auf dieser Debattenzeit beharrt wurde. Es ar meines Erachtens von der Sache her nicht richtig, ass man dies so auseinanderreißt und die Möglichkeit es Gesprächs mit den Kolleginnen und Kollegen des uropäischen Parlaments nicht so nutzt, wie es gut geesen wäre. Das sei an dieser Stelle auch gesagt. – Jetzt st meine Redezeit zu Ende; jetzt gibt es auch keine Zwichenfragen mehr. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Oliver Luksic von der DP-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit nserem Antrag wollen wir der Bundesregierung den ücken stärken, im Rat darauf hinzuwirken, dass der AD ein leistungsfähiges Instrument wird. Es ist wich ig, dass der Bundestag ein Signal nach Brüssel sendet, m die Chance zu nutzen, den EAD offensiv mitzugetalten. Der EAD soll dazu beitragen, dass die EU ihre außenolitischen Interessen möglichst geschlossen, kohärent nd wirkungsvoll vertreten kann. Damit wird ein neues apitel in der Gemeinsamen Außenund Sicherheitsolitik aufgeschlagen werden. Es handelt sich bei der inrichtung des EAD um einen wichtigen Meilenstein er europäischen Integration. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704629000

(Beifall bei der FDP)

Oliver Luksic (FDP):
Rede ID: ID1704629100

Der EAD muss unserer Überzeugung nach eine starke
nd eigenständige Institution sui generis sein. Die EU
ird im 21. Jahrhundert – das wurde eben zu Recht ge-

agt – außenpolitisch nur gehört werden können, wenn
ie mit einer Stimme spricht. Hierzu muss dem EAD und
er Hohen Vertreterin notwendigerweise eine starke
olle zukommen. Daher begrüßen wir ausdrücklich die

n diesem Zusammenhang getroffene Entscheidung für
ie politische Vertretung der Hohen Vertreterin, die wir
ür wichtig erachten.

Bei der Einrichtung des EAD betreten wir Neuland.
eswegen wird es in Zukunft notwendig sein – das sa-
en wir auch in unserem Antrag –, seinen Aufbau und
eine Struktur auf Effektivität zu überprüfen und gege-
enenfalls neu zu justieren und anzupassen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ir wollen einen schlagkräftigen, effizienten EAD. Des-
egen legen wir in unserem Antrag ein besonderes Au-
enmerk auf seinen Aufbau und die Leitungsstruktur.
chwierig wird es insbesondere dann, wenn es zu Über-





Oliver Luksic


(A) )


)(B)

schneidungen mit den Zuständigkeiten der Europäischen
Kommission kommt. Hier muss ein einheitliches Auftre-
ten gesichert sein. Ich glaube, dass hier gute Lösungen
gefunden werden. Das gilt etwa für die Frage der Dele-
gationen der Europäischen Union, die grundsätzlich
integraler Teil des EAD werden sollen. Dabei müssen
geeignete Lösungen für die spezifischen Belange derje-
nigen Politikbereiche gefunden werden, für die die
Kommission originär zuständig ist, etwa Handel und Er-
weiterung.

Ich meine, die Hohe Vertreterin sollte in jedem Fall
die zentrale Rolle bei Weisungen an die Delegationen
spielen. Auch bei der Benennung der Delegationsleiter
soll die Hohe Vertreterin in Abstimmung mit der Kom-
mission eine wichtige Rolle spielen.

Von besonderer Bedeutung ist es, dass mit der Ein-
richtung des EAD mittel- und langfristig ein Synergie-
effekt erreicht wird. Deswegen gilt es, wo immer mög-
lich, Doppelstrukturen in den Institutionen des EAD, des
Rats und der Kommission zu vermeiden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Deren wirksame Zusammenarbeit sollte unserer Mei-
nung nach in Form einer institutionalisierten politischen
Koordinierung sichergestellt werden, beispielsweise in-
dem in einem Gremium die Hohe Vertreterin, die Lei-
tungsebene des EAD und die entsprechenden EU-Kom-
missare zusammenkommen. Denn klar ist: Der EAD
muss das institutionelle Herzstück der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik werden. Deswegen ist es
wichtig, dass sowohl die Arbeitsstrukturen im Rahmen
des Krisenmanagements und der Europäischen Sicher-
heits- und Verteidigungspolitik als auch die Aspekte der
Entwicklungszusammenarbeit in den EAD eingebunden
werden. Hierdurch kommt es nicht zu einer Abkopplung
bzw. Verselbstständigung, was einige Kollegen der Lin-
ken immer kritisieren. Im Gegenteil: Indem wir die
zweite Säule in den EAD integrieren, haben wir mehr
demokratische Kontrolle in diesen Bereichen.

Wichtig ist, dass der EAD die Zuständigkeit für die
strategische Programmierung der einschlägigen Finanz-
instrumente erhält und die Hohe Vertreterin eine ent-
scheidende Rolle bei der Programmierung und Umset-
zung des Haushalts der GASP und der kurzfristigen
Aspekte der Stabilitätsinstrumente einnimmt.

Die Synergieeffekte sollten meiner Meinung nach
mittel- und langfristig nicht nur auf die übrigen EU-In-
stitutionen begrenzt bleiben, sondern auch die nationalen
auswärtigen Dienste umfassen. Dafür haben wir uns in
unserem Antrag explizit ausgesprochen. Es ist ein wich-
tiger Punkt, dass langfristig durch die Einrichtung der
Delegationen der Europäischen Union auch eine Aus-
übung konsularischer Tätigkeiten angestrebt werden
soll. Ich glaube, auch das ist ein wichtiger Impuls.

Lassen Sie mich abschließend einige Worte zur
Finanzierung des EAD sagen. Wir meinen, die Finanzie-
rung des EAD muss von Anfang an auf soliden Füßen
stehen. Im Antrag ist vorgesehen, dass die Hohe Vertre-
terin und die Kommission vor Annahme des Beschlusses
zur Einrichtung des EAD einen Vorschlag für das Bud-

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(C (D et vorlegen sollen. Die Schaffung des EAD sollte dem rundsatz der Kosteneffizienz genügen. Haushaltsneu ralität ist das Ziel, um eine Mehrbelastung für die natioalen Haushalte zu vermeiden. Vor allem muss der aushalt des EAD vollumfänglich der Kontrolle des uropäischen Parlaments unterliegen. Wir senden mit unserem Antrag ein Signal aus. Wir tärken der Regierung den Rücken. Es ist wichtig – dies urde eben zu Recht gesagt –, dass der Initiative des ußenministers, der deutschen Sprache eine angemes ene Bedeutung im EAD zukommen zu lassen, Rechung getragen wird. Für uns ist klar, dass am Ende dieser Verhandlungen er EAD nicht nur Gestalt angenommen haben soll, sonern die Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik der U darüber hinaus ein Gesicht bekommt, das der Bedeu ung der EU in der Welt des 21. Jahrhunderts gerecht ird. Ich glaube, dass der Bundestag mit der Verabschieung unseres Antrages dazu ein kleines Stück beitragen ann. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Diether Dehm von er Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber xel Schäfer, die Koalition hat diesen Tagesordnungsunkt aufgesetzt. Uns ist Europa zu wichtig, als dass wir ine Rede hierzu zu Protokoll geben. eden zu Militärfragen gehören im Übrigen nicht zu rotokoll gegeben. Die Parlamentarier werden gut genug ezahlt, auch noch um diese Uhrzeit die Regierung zu ontrollieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ezeichnend für Ihr Demokratieverständnis in militärichen Fragen ist, dass die Konsultationen mit dem Euroäischen Parlament erst nach der politischen Weichentellung im zuständigen Rat stattfinden werden und dass uch den nationalen Parlamenten wichtige Dokumente ehlen wie das von Baroness Ashton überarbeitete Orgaigramm zur personellen Ausgestaltung des EAD. Den orschlag der Kommission zur Personalausstattung haen wir ebenso wenig wie den Haushaltsentwurf der ommission; der kommt erst am 15. Juni. Ist der Antrag der Koalition Ihr Beitrag zu § 9 Abs. 1 es Zusammenarbeitsgesetzes? Wo ist die Aufforderung ur Stellungnahme mit angemessener Zeitvorgabe? Meien Sie, dass militärische Einigungen im Rat keiner vorerigen Stellungnahme des Bundestages unterliegen? enn die Koalition überfallartig einen solchen Antrag tellt, den wir erst gestern Nachmittag auf dem Rechner Dr. Diether Dehm )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704629200

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704629300

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)





(A) )

hatten, ist das ein Versuch, das Zusammenarbeitsgesetz
und das Bundesverfassungsgericht ins Leere laufen zu
lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die gestrige Unterrichtung durch Staatsminister
Hoyer im Europaausschuss war – ich sage das vorsich-
tig; ich habe es im Europaausschuss etwas deutlicher ge-
sagt – substanzarm. Auf meine schlichte Frage an Sie,
Herr Hoyer, wie viele Beschäftigte der EAD hat, kam
undurchsichtiger Zahlennebel. Zu der Frage, was es den
Steuerzahler kosten wird, gab es eine komplette Fehlan-
zeige. Wie sollen das deutsche und das Europäische Par-
lament unter diesen Voraussetzungen angemessen re-
agieren?

Im Schweinsgalopp will der Europäische Rat, assis-
tiert von Kommission, High-Level-Group, Planungs-
und Arbeitsgruppe der Hohen Vertreterin und Bundesre-
gierung, bereits am kommenden Montag im Rat die poli-
tische Einigung durchpeitschen. Die EU ist bisher ohne
EAD ausgekommen. Warum dann jetzt diese Hast?


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


Instrumente ziviler Konfliktbearbeitung werden bei
Ihnen zum Wurmfortsatz degradiert. Unter dem ver-
schleiernden Begriff der „vernetzten Sicherheit“ wird
die Entwicklungszusammenarbeit der Militärlogik ein-
verleibt. Zivile Konfliktlösung braucht viel Geduld, Mit-
tel und Menschenliebe.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber dann stolzierten in der Geschichte immer Militärs
heran und riefen: Wir lösen euch das ruckzuck! – Ent-
wicklungshilfe für arme Menschen der Militärpolitik
starker Rüstungskonzerne unterzuordnen, zeigt, wer bei
Ihnen den Kürzeren ziehen soll.

Mit dem EAD in seiner Konzeption als „Institution
sui generis“ entsteht ein Apparat, dessen Ausrichtung
sich jeder echten parlamentarischen Kontrolle entzieht.
Die Haushaltskontrolle ersetzt das eben nicht, Kollege
Luksic, und die Anhörungsrechte des Europäischen Par-
lamentes sind ohnehin unterbelichtet. In der EU versu-
chen Sie zu vermischen, was Sie hierzulande aus gutem
Grund nicht dürfen, was hier streng getrennt ist: Außen-
ministerium, Verteidigungsministerium und Geheim-
dienste mit der Entwicklungshilfe.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt übertreiben Sie!)


Schon bei Georg Orwell wurde das Kriegsministe-
rium Friedensministerium getauft. Lassen wir die unver-
bindliche Friedenslyrik in Ihrem Antrag durchs Netz lau-
fen: Hängen bleiben die harten Fakten. Das fängt bei
dem Titel an: „Einen … schlagkräftigen Europäischen
Auswärtigen Dienst schaffen“. Schlagkräftig, das klingt
nun wirklich sehr nach einem Kriegsministerium, aber
natürlich „sui generis“.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: So ein Quatsch!)


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(C (D as alles geht bei Ihnen hopplahopp, damit das die Öfentlichkeit und das Bundesverfassungsgericht nicht erken. Aber die Umfragemehrheiten gegen Ihre riegseinsätze wachsen weiter. Die Völker in dieser EU ind eben friedlicher als ihre Regierungen, und denen ist er Antrag der Linken verpflichtet. Das Wort hat der Kollege Manuel Sarrazin vom ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir Grünen wünschen uns einen modernen, in einem Selbstverständnis europäischen und effizienten uswärtigen Dienst. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er kann auch schlagkräftig sein!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704629400
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704629500

s geht dabei nicht um klassische, nationalstaatlich ge-
rägte Außenpolitik, sondern darum, Antworten auf die
robleme zu geben, die unsere Welt am meisten betref-
en: Klimawandel, Armutsbekämpfung, Umgang mit
ragiler Staatlichkeit, Bekämpfung der Verbreitung von

assenvernichtungswaffen. All diese Sachen kann kein
taat mehr im Alleingang lösen. Deswegen muss der
AD dem effektiven Multilateralismus gewidmet sein.
r muss eindeutig widerspiegeln, dass die EU eine Zivil-
acht ist; die Priorität muss auf dem Zivilen liegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gut ist, dass das Europäische Parlament bei der Frage
er parlamentarischen Kontrolle und der Rechenschafts-
flicht des EAD gegenüber dem Parlament seine Posi-
ion deutlich und entschieden vertreten hat. Deswegen
usste dem Parlament entgegengekommen werden. Nun
ird das Europäische Parlament bei der Ausarbeitung
on Strategien und Mandaten im Bereich der GASP eine
olle spielen. Auch im Bereich der organisatorischen
ingliederung der Krisenmanagementstrukturen im
AD gibt es zumindest nach dem, was uns bisher nur in-

ormell vorliegt, Herr Hoyer, Verbesserungen. Eine Son-
erstellung dieser Strukturen ohne jegliche Anbindung
n alle anderen für diesen Bereich relevanten Strukturen
ätten wir nicht akzeptieren können.

Herr Dehm, Sie sprechen sich letztlich dafür aus, dass
ie Geheimdienst- und Militärstrukturen in keiner
eise, in keiner Form in den EAD integriert werden.
ies würde dazu führen, dass diese Strukturen total frei-

chwebend, außerhalb jeglicher vernünftigen parlamen-
arischen Kontrolle durch das EP oder die nationalen
arlamente agieren könnten. Insofern fordern Sie nicht
as, was Ihre Worte suggerieren, und das ist ein Fehler.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir finden, dass Krisenmanagement nicht allein auf
ilitärische Strukturen reduziert werden darf. Vielmehr





Manuel Sarrazin


(A) )


)(B)

muss der gesamte Konfliktzyklus zusammen betrachtet
werden, von der Konfliktprävention über die Bewälti-
gung bis zur Nachsorge, und zwar unter dem Primat des
Zivilen. Der Wiederaufbau und die Mediation müssen
im EAD eine Rolle spielen. Deswegen haben wir immer
eine Generaldirektion für „Peacebuilding and Civilian
Crisis Management“ gefordert. Wenn Sie Ihre Forderung
ernst meinen und die militärischen Strukturen außerhalb
des zivilen Krisenmanagements – nicht unter der Vor-
herrschaft des Zivilen – installieren wollen, dann werden
Sie Ihren Worten, dass Sie keinen freischwebenden Mili-
tarismus in der EU wollen, nicht gerecht.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie reden gerade für die Regierung, ja?)


Wir sehen keine Anzeichen für eine Militarisierung im
EAD, wenn sich das Organigramm, so wie es sich der-
zeit darstellt, durchsetzt, obwohl wir mehr fordern wür-
den.

Wir wollen auch nicht, dass die Entwicklungspolitik
einfach außenpolitischen Zielen untergeordnet wird.
Deswegen ist es wichtig, dass sich der EAD zu den Men-
schenrechten und zur weltweiten Bekämpfung von
Armut und Hunger bekennt. Die UN-Millenniumsziele
sind entscheidend für die Arbeit dieses Dienstes.

Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie ha-
ben gestern im Ausschuss zugegeben, dass manche der
Forderungen in unserem und Ihrem Antrag deckungs-
gleich sind. Folgerichtig kann ich nicht behaupten, dass
Ihr Antrag kompletter Nonsens wäre. Zumindest in den
deckungsgleichen Bereichen finden sich positive An-
sätze.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Seien Sie doch froh!)


Dennoch muss ich – Hand aufs Herz – zugeben: Auch
wenn nicht alles in Ihrem Antrag schlecht ist, so ist unse-
rer doch deutlich besser. Sie hätten sich die Arbeit spa-
ren und einfach unserem Antrag zustimmen können.


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Nein, das geht nicht! Wir sind verantwortungsvolle Politiker! Wir arbeiten selbst!)


Dann hätten Sie sich wirklich für einen wertegebunde-
nen EAD ausgesprochen. So müssen wir hier wohl aus-
einanderlaufen.

Unabhängig vom „Esprit de Corps“, den Sie, Herr
Kiesewetter, angesprochen haben, ist es wichtig, dass
sich der EAD auf die Ziele und Werte der Europäischen
Union bezieht und wir diese auch im aktuellen Verfahren
nicht aus den Augen verlieren. Bei allen Grabenkämpfen
um Posten, die von manchen in Brüssel geführt werden,
ist es wichtig, dass wir die Arbeit des EAD in Zukunft
konstruktiv begleiten. Ein Beitrag dazu wäre, dass die
Bundesregierung uns jährlich einen ausführlichen
Bericht über die Arbeit des EAD aus ihrer Sicht vorlegt;
dann könnte der Bundestag weiterhin seine Rolle spie-
len.

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(C (D Ich bedanke mich für diese schöne Debatte. Es war ine Freude, noch um diese Zeit mit Ihnen allen zusamen sein zu dürfen. Gute Nacht! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704629600

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

rteile ich dem Kollegen Thomas Silberhorn von der
DU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1704629700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Kaum eine Forderung ist in den letzten Jahren so
äufig und so nachdrücklich erhoben worden wie die,
ass wir außenpolitisch in der Europäischen Union mit
iner Stimme sprechen müssen.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das habe ich noch nie gefordert!)


er Europäische Auswärtige Dienst kann das Instrument
azu werden. Er muss dazu natürlich leistungsfähig und
ffizient organisiert sein. Nach meiner Einschätzung
ird er auf Dauer auch auf die Unterstützung der Mit-
liedstaaten angewiesen sein.

Dass dieser Europäische Auswärtige Dienst eine Ein-
ichtung eigener Art wird, entspricht der Forderung in
nserem Koalitionsvertrag. Es entspricht durchaus auch
er Vertragslage; denn im Bereich der Gemeinsamen
ußen- und Sicherheitspolitik ist durch den Vertrag von
issabon nicht vorgesehen, dass eine weitere Kompe-

enzübertragung von den Mitgliedstaaten auf die Euro-
äische Union stattfinden soll. Die Kommission verfügt
war über für die Außenbeziehungen relevante Kompe-
enzen im Bereich der Handels- und der Entwicklungs-
olitik. Die Verträge sehen aber nicht vor, dass der Euro-
äische Auswärtige Dienst vollständig an die Stelle der
ationalen Dienste treten soll. Deswegen ist es richtig,
ass bei der institutionellen Verankerung des Europäi-
chen Auswärtigen Dienstes Äquidistanz gegenüber dem
at und der Kommission zum Tragen kommt. Das ent-

pricht im Übrigen auch der Konzeption eines Doppel-
uts für den Hohen Vertreter, der zugleich Vizepräsident
er Kommission und Vertreter der Mitgliedstaaten in der
emeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist. Dass

in solches Organisationsmodell parlamentarische Kon-
rolle nicht ausschließt, liegt auf der Hand. Insbesondere

uss das Europäische Parlament die Haushaltskontrolle
n vollem Umfang ausüben. Ich denke, da sind wir uns
ber alle Fraktionen hinweg einig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dass der Europäische Auswärtige Dienst keine Dop-
elstrukturen schaffen darf, ist bereits mehrfach zu
echt angesprochen worden. In diesem Zusammenhang

tellt sich eine Reihe von Zukunftsfragen. Ich denke
chon, dass wir langfristig anstreben sollten, dass bei-





Thomas Silberhorn


(A) )


)(B)

spielsweise konsularische Aufgaben durch EU-Delega-
tionen wahrgenommen werden. Es ist aber genauso
notwendig, dass intern kein Nebeneinander von Wei-
sungssträngen existiert und keine Loyalitätskonflikte
entstehen.

Der Europäische Auswärtige Dienst muss angemes-
sen an die Mitgliedstaaten angebunden bleiben. Deswe-
gen ist es richtig, dass ein Drittel dieses Dienstes mit
nationalen Beamten bestückt wird,


(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis wann?)


die den übrigen Bediensteten gleichgestellt werden. Um
Ihren Zuruf aufzugreifen: Das soll möglichst schnell
geschehen.


(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kostet aber! Es soll doch kostenneutral sein, Herr Silberhorn!)


Ich bin der Meinung, dass der Europäische Auswär-
tige Dienst haushaltsneutral finanziert werden muss.


(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das widerspricht sich mit Ihrem vorigen Satz!)


Die Mittel können nicht „on top“ kommen; die Finanzie-
rung muss sich vielmehr vollständig im Rahmen der gel-
tenden finanziellen Vorausschau bewegen. Die laufen-
den Kosten müssen ausschließlich aus dem Haushalt der
Europäischen Union gedeckt werden. Es gibt überhaupt
keinen Grund, den Europäischen Auswärtigen Dienst als
Vorwand zu nehmen, um Finanzmittel der EU aufzusto-
cken. Es ist eher umgekehrt: Wir haben schon vor dem
Jahre 2007 die jetzt geltende Vorausschau so ausgestat-
tet, dass der damalige Entwurf des Verfassungsvertrages
bzw. der Vertrag von Lissabon in diese Maßnahme
gewissermaßen eingepreist worden ist.

Dass Deutsch im Europäischen Auswärtigen Dienst
eine wichtige Bedeutung hat, ist der CSU immer ein be-
sonderes Anliegen gewesen. Es freut mich, dass ich dies
aufgrund der Einlassungen meiner Kollegen aus der
CDU und der FDP nicht mehr besonders apostrophieren
muss.


(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Linke hat das auch immer betont, Herr Silberhorn!)


Deutsch ist die meistgesprochene Muttersprache in
Europa. Dass wir als größter Nettozahler bei der Einrich-
tung des Europäischen Auswärtigen Dienstes finanziell
den größten Anteil tragen, darf auch erwähnt werden.
Deswegen ist es notwendig, dass Deutsch dem Engli-
schen und dem Französischen weitestgehend gleichge-
stellt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es liegt noch vieles im Argen, wenn wir europaweit
mit einer Stimme sprechen wollen. Hin und wieder gibt
es Vielstimmigkeit und manchmal wohl auch einen
Wettstreit um größtmögliche Sichtbarkeit unter den Mit-

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(C (D liedstaaten. Deswegen werden die Strukturen des Euroäischen Auswärtigen Dienstes alleine nicht ausreichen. s gehört der politische Wille der europäischen Mitliedstaaten dazu, gemeinsame Interessen in der Welt uch gemeinsam wahrzunehmen. Dann kann Europa mit tärke nach außen auftreten. Ich glaube, der Europäische uswärtige Dienst ist dafür – wenn wir es richtig ma hen – ein geeignetes Mittel. Ich wünsche der Bundesegierung Erfolg bei den anstehenden Verhandlungen. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktionen von CDU/CSU und FDP auf Drucksache 7/1981 mit dem Titel „Einen effizienten und schlagräftigen Europäischen Auswärtigen Dienst schaffen“. er stimmt für diesen Antrag? – Wer ist dagegen? – nthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositinsfraktionen angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für die Angeegenheiten der Europäischen Union zum Antrag der raktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Den Euopäischen Auswärtigen Dienst europäisch, handlungsfäig und modern gestalten“. Der Ausschuss empfiehlt in einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2012, en Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 17/1204 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen, der Fraktion Die Linke gegen die timmen von Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der PD-Fraktion angenommen. Zusatzpunkt 9. Antrag der Fraktion Die Linke auf rucksache 17/1976 mit dem Titel „Den Europäischen uswärtigen Dienst entmilitarisieren“. Wer stimmt für iesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – er Antrag ist bei Zustimmung der Fraktion Die Linke it den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Es gibt noch eine größere Zahl von Tagesordnungsunkten, zu denen die Reden zu Protokoll genommen erden. Ich bitte Sie, mir noch Gesellschaft zu leisten, amit wir das ordentlich abwickeln können. (Heiterkeit – Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Wir lassen Sie nicht allein, Herr Präsident!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704629800

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Die Fußballweltmeisterschaft – Eine Chance
für Südafrika

– Drucksache 17/1959 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Die Reden, die zu Protokoll gegeben werden, stam-
men von den Kollegen Hartwig Fischer und Stephan
Mayer, CDU/CSU, Dagmar Freitag, SPD, Marina Schuster,
FDP, Jens Petermann, Die Linke, und Uwe Kekeritz,
Bündnis 90/Die Grünen.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/1959 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 10 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
Einsetzung eines Nationalen Normenkontroll-
rates

– Drucksache 17/1954 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Auch hierzu sollen die Reden zu Protokoll genom-
men werden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen
Kai Wegner, CDU/CSU, Andrea Wicklein, SPD, Frank
Schäffler, FDP, Michael Schlecht, Die Linke, und
Kerstin Andreae, Bündnis 90/Die Grünen.2)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 17/1954 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Frank
Schwabe, Dirk Becker, Marco Bülow, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Unsere Meere brauchen Schutz

– Drucksache 17/1960 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Auch zu diesem Tagesordnungspunkt sollen die Re-
den zu Protokoll gegeben werden. Es handelt sich um
die Reden der Kolleginnen und Kollegen Ingbert
Liebing und Josef Göppel, CDU/CSU, Frank Schwabe,

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1) Anlage 3
2) Anlage 4 3)

(C (D PD, Angelika Brunkhorst, FDP, Sabine Stüber, Die inke, und Dr. Valerie Wilms, Bündnis 90/Die Grünen.3)


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/1960 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Katja Kipping, Klaus Ernst, Matthias W.
Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE

Europäisches Jahr gegen Armut und soziale
Ausgrenzung ernst nehmen

– Drucksachen 17/889, 17/1246 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Johann Wadephul

Die zu Protokoll zu nehmenden Reden stammen von
echthild Heil und Dr. Johann Wadephul, CDU/CSU,
abriele Hiller-Ohm, SPD, Pascal Kober, FDP, Cornelia
öhring, Die Linke, und Markus Kurth, Bündnis 90/Die
rünen.


Mechthild Heil (CDU):
Rede ID: ID1704629900

Der Antrag der Fraktion Die Linke ist untauglich. Mit

einen Ansätzen wird es weder gelingen, Armut in unse-
er Gesellschaft zu reduzieren, noch wird er die große
ruppe derer stärken, die mit ihrer Arbeit und ihrem
erdienst die Steuereinnahmen erwirtschaften, die es
ns ermöglichen, eines der erfolgreichsten und stabils-
en Sozialsysteme der Welt aufrechtzuerhalten. Sinnvolle
nsätze und wirksame Mittel sind in der zur Beratung
nstehenden Initiative nicht zu erkennen. Meine Frak-
ion wird daher diesen Antrag ablehnen.

Allein der über 200 Seiten starke Dritte Armuts- und
eichtumsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr
008 zeigt uns, dass wir sowohl in der Analyse der Ur-
achen von Armut in unserer Gesellschaft die Augen
icht verschließen, als auch in der Umsetzung der erfor-
erlichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung auf dem
ichtigen Weg sind. Wir setzen unsere Anstrengungen
abei vor allem vor dem Hintergrund eines breiten poli-
ischen und gesellschaftlichen Bewusstseins in Deutsch-
and an, dass unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsord-
ung allen Menschen Chancen bieten muss und kann.
hancen auf Bildung, auf Wissen und den Erwerb von
ähigkeiten, Chancen auf Erfolg am Arbeitsmarkt, auf
in gesichertes Einkommen, auf soziale Akzeptanz und
ozialen Aufstieg.

Nicht zuletzt steht deshalb auch der Begriff der „Bil-
ungsrepublik Deutschland“ mit einem klaren Bekennt-
is zu mehr Ausgaben für Schule, Hochschule, Aus- und
eiterbildung sowie für Forschung im Mittelpunkt unse-

Anlage 5


(A) )


)(B)

rer Politik. Chancengerechtigkeit ist daher ein vorrangi-
ges Ziel der Politik der unionsgeführten Bundesregie-
rung, und dies ist es am Ende allein, was nachhaltiges
Wachstum und Arbeitsplätze in Deutschland schaffen
wird.

Wir verschließen gleichwohl nicht die Augen vor den
Herausforderungen unserer Zeit bei der Bekämpfung
von Armut. Wir wissen, dass etwa Kinder von Alleiner-
ziehenden, Kinder von Kinderreichen und Kinder mit
Migrationshintergrund in besonderer Weise von Armuts-
risiken betroffen sind. Wir sind wesentlich mehr für Kin-
derbetreuung und die Vereinbarkeit von Familie und Be-
ruf, damit Alleinerziehende und Eltern die Chance
haben, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Im Bereich der frühkindlichen Bildung sind die Zei-
chen der Zeit erkannt worden, damit etwa Kinder von
Migranten bei Schuleintritt ausreichende deutsche
Sprachkenntnisse erworben haben, um im Unterricht
mitzukommen. Kinder brauchen Verlässlichkeit und Zu-
wendung in der Familie und in ihrem Umfeld. Wir wol-
len allen Kindern und Jugendlichen faire Startchancen
und die besten Möglichkeiten für ihre Entfaltung bieten.
Armut und soziale Ausgrenzung von Kindern und Ju-
gendlichen sind mit unserer Politik aus christlichem
Verständnis unvereinbar. Armut ist mehr als materielle
Armut. Wir vertrauen auf die Bereitschaft der Menschen,
ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Wo
immer es geht, wollen wir Hilfe zur Selbsthilfe bieten.

Mit einer eigens eingesetzten Kommission werden wir
das Problem der zunehmenden Altersarmut angehen.
Wir benötigen hier ein in sich schlüssiges Konzept, um
auch in Zukunft eine bedarfsgerechte Alterssicherung in
Deutschland herzustellen. Die Anbindung der Rente an
die Lohnentwicklung wirkt der Altersarmut entgegen.
An diesem bewährten Prinzip halten wir fest und werden
uns auch künftig für eine Rentenentwicklung einsetzen,
die den Rentnerinnen und Rentnern eine verlässliche
und gerechte Beteiligung an der allgemeinen Einkom-
mensentwicklung gewährleistet, ohne der jüngeren Ge-
neration Chancen auf Entfaltung und Wohlstand zu neh-
men.

Anstatt eines allgemeinen gesetzlichen Mindestloh-
nes, der Arbeitsplätze für Geringqualifizierte gefährdet,
werden wir das Verbot sittenwidriger Löhne gesetzlich
festschreiben, um Lohndumping zu verhindern. Wir
bauen hier auf den bewährten Mechanismus der verant-
wortlichen Verhandlungen der Tarifpartner in Deutsch-
land, der 60 Jahre lang sozialen Frieden maßgeblich
mitgeschaffen hat. Wir wollen die Tarifautonomie als ei-
nen Garanten für die Stabilität des Standortes Deutsch-
land stärken. Sie gehört unverzichtbar zum Ordnungs-
rahmen der sozialen Marktwirtschaft. Der wichtigste
Ansatzpunkt ist dabei, dass die Lohnfindung nicht ver-
staatlicht wird, sondern Aufgabe der Tarifpartner bleibt.
Deshalb ist Reglementieren, Regulieren und Sozialisie-
ren nicht unser Weg.

Wir sind der Auffassung, dass starke Schultern einen
relativ stärkeren Beitrag für das Gemeinwohl leisten
sollen. Dies wird in Deutschland durch die Progressivi-
tät der Einkommensteuer gesichert. So tragen die 5 Pro-

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Zu Protokoll ge

(C (D ent der Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen twa 42 Prozent zum Aufkommen der Einkommensteuer ei, während sie etwa ein Viertel des Gesamtbetrages er Einkünfte vor Steuern erzielen. Dies ermöglicht eien Sozialstaat, in dem sich Leistung lohnt. Ein Abtandsgebot zwischen Lohneinkommen und sozialen ransferleistungen bleibt darüber hinaus unabdingbar, m Menschen den Anreiz zu geben, eine Arbeit aufzuehmen. Die Bundesregierung gestaltet das Europäische Jahr egen Armut und Ausgrenzung 2010 zielgerichtet und achhaltig mit. Daran besteht kein Zweifel. Deutschandweit erhalten 40 sogenannte Leuchtturmprojekte örderungen der EU im Rahmen des Europäischen Jah es. Die zahllosen Informationsquellen dazu sind Ihnen ekannt. Im Rahmen des Europäischen Jahres gegen Armut nd soziale Ausgrenzung findet in Kürze vom 19. bis 5. Juni 2010 eine nationale Fokuswoche statt. Mit ahlreichen Veranstaltungen werden die Themen Armut nd Armutsbekämpfung stärker ins öffentliche Bewusstein gerückt. Die Fokuswoche wird von der Nationalen rmutskonferenz, nak, durchgeführt und durch Mittel es Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, BMAS, efördert. Die Politik steht nicht alleine, sondern hat viele geellschaftliche Akteure an ihrer Seite, die zielgerichtet nd engagiert mithelfen. Ich erwähne hier die Nationale rmutskonferenz. Sie setzt sich zusammen aus Vertreteinnen und Vertretern der Spitzenverbände der Freien ohlfahrtspflege und Vertreterinnen und Vertretern von undesweiten Verbänden und Initiativen. Dieses regeläßig tagende Forum will mit seiner Arbeit dazu beitraen, das Armutsproblem zu überwinden bzw. die Selbstilfeansätze der von Armut betroffenen oder bedrohten enschen zu unterstützen. Die Nationale Armutskonfe enz sieht ihren Auftrag unter anderem darin, einen Beirag zu einer veränderten Politik zu leisten, damit die ebenslage armer Menschen verbessert und eine struk urelle Überwindung von Armutsbedrohung erreicht ird. Armutsbekämpfung bleibt für uns in der Union ein ichtiges Oberziel unserer Sozial-, Wirtschaftsund Ge ellschaftspolitik, und wir werden den erfolgreichen Weg eitergehen! Wenn man ernsthaft an einer Verbesserung der Situa ion der hierzulande in Armut lebenden Menschen inteessiert ist und etwas bewegen will, ist doch deutlich ehr Substanz und inhaltliche Reife nötig, als es Ihrem ntrag zu entnehmen ist. Sie sprechen von „Armutsregelsätzen“ und „Stigmaisierung“: Was glauben Sie denn, wie sich jemand fühlt, er von ebendiesen Regelsätzen sich und seine Familie rnähren muss und gleichzeitig immer wieder hört, dass r ein Armutseinkommen bezieht? Eine treffsicherere soiale Ausgrenzung ohne triftigen Grund hätten Sie nicht ornehmen können! Dass solche Bewertungen nicht ge Mechthild Heil gebene Reden )

Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1704630000




(A) )

rade zum Wohlbefinden der Betroffenen beitragen, son-
dern diese in ihrer ohnehin schon schwierigen Lage zu-
sätzlich belasten, dürfte eigentlich auf der Hand liegen.

In Ihrem Antrag finden sich diffus formulierte Krite-
rien als Antwort auf die Beseitigung von Armut. So for-
dern Sie zum Beispiel „verbindliche Ziele“ und ein
„Handlungsprogramm zur Unterfütterung“. Bei allem
Respekt – etwas konkreter sollten Sie schon werden, da-
mit man ernsthaft darüber diskutieren könnte. Der Blick
auf andere Statements zu sozialen Themen oder in Ihr
Wahlprogramm ist zwar ein bisschen aufschlussreicher
dahin gehend, wie Sie sich den Kampf gegen Armut und
soziale Ausgrenzung vorstellen, wenngleich auch die
materiell verwertbare Ausbeute sich stark in Grenzen
hält. Ihre wiederkehrenden Themen sind: die Vertei-
lungsgerechtigkeit im Sinne einer Umverteilung von
oben nach unten; die Einführung gesetzlicher Mindest-
löhne sowie Abschaffung von Hartz IV.

Lassen Sie mich zu diesen Punkten Folgendes ausfüh-
ren:

Erstens: Die Umverteilung von Vermögen bewirkt
keine soziale Gerechtigkeit, auch wenn die Linke das im-
mer wieder skandiert. Soziale Gerechtigkeit entsteht
dort, wo jeder Bürger die Chance erhält, seinen Fähig-
keiten entsprechend gefördert zu werden. Da nun mal je-
der unterschiedliche Voraussetzungen mitbringt, bedeu-
tet dies automatisch unterschiedliche Förderung.
Soziale Gerechtigkeit heißt aber auch, dass jeder die
Möglichkeit haben muss, an gesellschaftlichen Abläufen
teilhaben zu können, sich eigenverantwortlich einzu-
bringen und seinen Lebensunterhalt bestreiten zu kön-
nen. Eine rein passive Umschichtung von Kapital kann
kein eigenständiges oder eigenverantwortliches Denken
und Handeln hervorrufen. Sozial ist nicht, wenn etwas
gleichgemacht wird, sondern wenn Gleiches gleich und
Ungleiches ungleich behandelt wird.

Zweitens: Ein gesetzlich festgeschriebener Mindest-
lohn – so wie Sie ihn sich wünschen, also bei 10 Euro –
würde sich in denjenigen Branchen, die sich im Niedrig-
lohnsektor befinden, verheerend auswirken. Die Lohn-
kosten würden dramatisch ansteigen, wodurch Wettbe-
werbsnachteile gerade im Vergleich zu ausländischen
Unternehmen vorprogrammiert wären. Dies wiederum
würde zahlreiche Unternehmen finanziell ruinieren und
somit Arbeitsplätze vernichten. Dagegen brächte ein flä-
chendeckender Mindestlohn in Branchen wie zum Bei-
spiel der Metallindustrie keinen Gewinn, da dort die
Löhne oft ohnehin höher liegen. Mindestlöhne machen
dort einen Sinn, wo sie branchenbezogen angewendet
werden und für inländische und ausländische Betriebe
gelten, sodass kein Verdrängungswettbewerb entstehen
kann.

Drittens: Es gibt außer den Linken keine Fraktion
mehr in diesem Hause, die das System von Hartz IV
grundsätzlich infrage stellt. Es gibt an manchen Stellen
Bedarf, nachzubessern, zum Beispiel bei der Umsetzung
des Bundesverfassungsgerichtsurteils hinsichtlich des
Berechnungsverfahrens bei den Regelsätzen. Übrigens
wurden weder die Berechnungsmethode noch die Leis-
tungshöhe beanstandet, weshalb Ihre Forderung, die

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Zu Protokoll ge

(C (D egelsätze auf 500 Euro zu erhöhen, völlig unangemesen und irreführend ist. Was die Zusammenführung der rüheren Arbeitslosenund Sozialhilfe für Erwerbsfäige zu einer einheitlichen Grundsicherung für Arbeituchende betrifft, so herrscht unisono die Auffassung, ass dies der Schritt in die richtige Richtung war. Dies eigt sich unter anderem auch darin, dass die Ausweiung des Optionsmodells bundesweit auf große Zustimung in den Kommunen stieß. Die Arbeitsmarktstatisti en weisen zudem ebenfalls darauf hin, dass sich die ahlreichen Instrumente positiv für viele Langzeitareitslose ausgewirkt haben. Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung zu Ihrem orwurf, die Bundesregierung verfolge kein Programm um Thema Armut und soziale Ausgrenzung: Das Bunesministerium für Arbeit und Soziales hat ein recht ielseitiges Programm zum Europäischen Jahr 2010 ufgelegt, das drei Hauptziele verfolgt: Estens. Die Entwicklungschancen für Kinder verbesern. Zweitens. Mithilfe von Arbeit die Hilfebedürftigkeit berwinden. Drittens. Integration statt Ausgrenzung. Die Details hierzu sind Ihnen bekannt – zumindest errn Lothar Bisky, der die Inhalte ja anlässlich der uftaktveranstaltung zu diesem Programm ausdrücklich egrüßt hat. Heute beraten wir erneut den Antrag der Linken zum uropäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenung. Bereits am 4. März 2010 hatten wir unsere Reden ierzu – genau wie heute – zu Protokoll gegeben. Das ist ei einem so wichtigen Thema mehr als bedauerlich! as Thema Armut darf nicht in den Ordnern verschwinen, sondern muss – so auch der Titel des Antrags – rnst genommen werden. SPD, Grüne und Linke haben sich in den vergangeen Wochen und Monaten zum Thema Armut stark paramentarisch eingemischt. Der SPD liegt das Thema anz besonders am Herzen. Das haben wir unter andeem mit unseren Anträgen zu den Regelsätzen, zur leichstellung und zu Guter Arbeit aufgezeigt. Mit der nationalen Ausgestaltung des Europäischen ahres gegen Armut und soziale Ausgrenzung, die noch on SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz auf den Weg geracht wurde, haben wir der neuen Regierung und der inisterin von der Leyen eine gute Vorlage gegeben, uch unter europäischer Flagge aktiv zu werden. Leider at die schwarz-gelbe Bundesregierung den Kampf geen Armut und soziale Ausgrenzung bislang komplett erschlafen. Sie nimmt auch das Europäische Jahr als uten Anlass nicht ernst. Schlimmer noch: Die von der undesregierung vorgelegte Sparliste zeigt, dass ganz ewusst zulasten der Ärmsten in unserem Land der parhammer geschwungen wird. Die Bundesregierung rbeitet für Armut – nicht gegen sie. Dr. Johann Wadephul gebene Reden )

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1704630100




(A) )

Welche Maßnahmen hat denn die Bundesregierung
aus CDU, CSU und FDP zur Armutsbekämpfung bisher
ergriffen? Die „armen“ Hoteliers wurden entlastet, da-
für wird der Rotstift jetzt gnadenlos bei den Sozialleis-
tungen angesetzt. Hier zieht die FDP die Unionspar-
teien am Nasenring durch die politische Arena.

Wer Armut bekämpfen will, muss Geld an den richti-
gen Stellen einsetzen. Das Elterngeld zu kürzen, ist da-
bei grundlegend falsch. Insbesondere für Alleinerzie-
hende ist diese Nachricht eine Katastrophe. Außerdem:
Wo liegt die Gerechtigkeit, wenn Alleinerziehende in der
Grundsicherung kein Elterngeld bekommen – die Ban-
kiersgattin, die nicht arbeitet, dagegen schon? Letztere
wird die zusätzlichen 300 Euro kaum spüren. Die Arbeit-
suchenden trifft der Wegfall umso stärker.

Aber auch die anderen Kürzungen im Sozialbereich
sind auf gar keinen Fall hinnehmbar. Wohngeldbezieher
bekommen die soziale Kälte der Regierung hautnah zu
spüren: Der Heizkostenzuschuss fällt ersatzlos weg.
Diese Kürzung des Wohngeldes bedeutet für viele Men-
schen den Gang zum Jobcenter – sie werden dann wie-
der zu sogenannten „Aufstockern“. Gerade viele Fami-
lien konnten sich mit Wohngeld und Kinderzuschlag aus
der Grundsicherung herausrechnen. Für diese Familien
zählt jeder Euro.

Die Rentenversicherungsbeiträge für Menschen in
der Grundsicherung sollen entfallen. Damit verschärft
die Bundesregierung nicht nur die Altersarmut, es hat
auch ganz einschneidende Wirkungen im Bereich der
Erwerbsminderung.

Viele Pflichtleistungen der Bundesanstalt für Arbeit
sollen nach dem Willen der schwarz-gelben Bundesre-
gierung zu Ermessensleistungen degradiert werden. Das
heißt nichts anderes, als dass die Arbeitsförderung mas-
siv zusammengestrichen wird. Den Ausbildungsbonus
sehe ich dabei genauso gefährdet wie das Nachholen des
Hauptschulabschlusses für benachteiligte Jugendliche
oder auch die Weiterbildung. Die Bundesregierung ver-
hindert so von Grund auf, dass Menschen eine Chance
auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Das bedeutet für die
meisten Betroffenen eine Karriere als Empfänger von
staatlichen Transferleistungen. Von Teilhabe, Überwin-
dung von Hilfebedürftigkeit oder guten Entwicklungschan-
cen keine Spur.

Zur Erinnerung: Die vom damaligen Minister Scholz
angestoßenen Hauptthemenfelder des Europäischen
Jahres gegen Armut und soziale Ausgrenzung sind:

„Jedes Kind ist wichtig – Entwicklungschancen ver-
bessern!“

„Wo ist der Einstieg? – Mit Arbeit Hilfebedürftigkeit
überwinden!“

„Integration statt Ausgrenzung – Selbstbestimmte
Teilhabe für alle Menschen!“

Wie es scheint, ist der Bundesregierung aber nicht je-
des Kind gleich wichtig, sonst wäre die Diskussion um
Kürzungen, die besonders zulasten der Familien gehen,
gar nicht erst entstanden. Kinderarmut und Armut der
Eltern hängen eng miteinander zusammen. Deswegen

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(C (D ordert ein Themenfeld auch zu Recht: „Mit Arbeit Hilebedürftigkeit überwinden“. Aber auch hier kann man er Bundesregierung nur ein Armutszeugnis ausstellen. Wenn man Armut bekämpfen will, dann geht es ganz onkret um faire Arbeitsbedingungen und existenzsihernde Löhne. Dazu brauchen wir einen flächendekenden gesetzlichen Mindestlohn. 8,50 Euro pro Stunde ind die absolute Untergrenze, um Armut zu vermeiden. chwarz-Gelb scheut hingegen den Mindestlohn wie der eufel das Weihwasser. Stattdessen propagieren CDU, SU und FDP Kombilöhne. So werden Armutslöhne uch noch subventioniert. Auch bei den Transferleistungen für Menschen ohne rbeit und deren Familien muss dringend gehandelt erden. Die neuen Regelsätze werden auf die lange Reierungsbank geschoben. Zum transparenten Bemesungssystem für die Regelsätze schweigt diese Regieung. Macht man als Mitglied des Deutschen undestages von seinem parlamentarischen Fragerecht ebrauch, um sich über den Planungsstand bei den Reelsätzen zu informieren, antwortet die Bundesregieung inhaltsleer und zeitlich vage. Wenigstens die Kriteien, wie die Einkommensund Verbrauchsstichprobe ünftig für die Regelsätze herangezogen wird und in elchen Abständen sie erhoben wird, muss die Regie ung vorlegen. Die Zeit drängt. Dieses Verhalten zeigt: Schwarz-Gelb lässt die Menchen, die von Armut bedroht sind, im Unklaren, statt ihen zu helfen. Skandalös handelt Schwarz-Gelb nicht ur bei den Regelsätzen. In meinem wunderschönen chleswig-Holstein hat sich die schwarz-gelbe Landesegierung dadurch hervorgetan, die Entwicklungschanen von Kindern sogar zu verschlechtern. Das letzte ita-Jahr kostenfrei – in Schleswig-Holstein gestrichen. inanzmittel, damit Schüler in ländlichen Regionen mit em Bus zur Schule befördert werden – gestrichen, nach em Motto: Sollen die Eltern doch selbst schauen, wie hre Kinder zur Schule kommen. Es ist zur Überwindung on Armut und sozialer Ausgrenzung wichtig, dass Failie und Beruf miteinander vereinbar sind. Schleswigolstein zeigt dabei, wie man die Vereinbarkeit wieder rschwert. In diesem Zusammenhang muss man vor alem an die rund 650 000 Alleinerziehenden denken, die uf der Suche nach Arbeit sind oder so schlecht bezahlt erden, dass sie mit Arbeitslosengeld II aufstocken müs en. Sie sind ganz besonders auf kostenfreie und qualitaiv hochwertige Betreuungsangebote angewiesen. Geauso ist der Staat in der Pflicht, Mittel bereitzustellen, ass Schülerinnen und Schüler die Schule erreichen önnen. Gute Bildung und Ausbildung sind der wesentliche chlüssel, um Armut wirksam zu bekämpfen. Leider wird as durch schwarz-gelbe Politik konterkariert und die xt zum sozialen Kahlschlag angesetzt. Kinder aus aren Familien brauchen eine gute und vor allem diskriinierungsfreie Unterstützung. Die Gebührenfreiheit on der Kita bis zur Uni spielt dabei eine wesentliche olle. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, ich egrüße, dass Sie mit Ihrem Antrag das Thema Armut Gabriele Hiller-Ohm gebene Reden )





(A) )

– auch im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr
gegen Armut und soziale Ausgrenzung – auf die Agenda
gebracht haben. Ihre Analyse und Ihre Fragen sind nicht
falsch, gehen allerdings aus Sicht der SPD-Bundestags-
fraktion nicht weit genug. Der Forderungskatalog ist
sehr abstrakt und stellenweise auch inhaltlich noch aus-
baufähig. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich deswe-
gen bei diesem Antrag der Stimme enthalten.

Gleichzeitig laden wir alle Fraktionen dazu ein, mit
uns gemeinsam nach Wegen aus der Armut zu suchen.
Das Europäische Jahr 2010 wird zu Ende gehen. Der
Kampf gegen Armut wird uns allerdings – leider – noch
lange erhalten bleiben. Deswegen gilt es jetzt weiterzu-
arbeiten und wirksame Strategien zu entwickeln und um-
zusetzen.


Pascal Kober (FDP):
Rede ID: ID1704630200

Das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Aus-

grenzung ist eine gute Gelegenheit, um in unserem Land
den Blick auf die Menschen zu richten, die auf die Soli-
darität der Gesellschaft angewiesen sind. Deshalb be-
grüßen wir, dass sich die Koalition und das Bundes-
ministerium für Arbeit und Soziales vorbildlich an
diesem Projekt beteiligen.

Ich möchte Ihnen jedoch auch sagen, dass es nicht, so
wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, es
in Ihrem Antrag machen, nur darum gehen kann, nur im
Jahr 2010 etwas zu unternehmen und den Fokus der Öf-
fentlichkeit nur in diesem Jahr auf das Thema zu richten.
Auch über das Jahr 2010 hinaus werden wir als christ-
lich-liberale Koalition dem Thema Beachtung schenken.

In Ihrem Antrag fordern Sie verbindliche Messgrößen
und Bekenntnisse der Politik. Das ist für uns eindeutig
zu wenig. Diese Koalition ist eine Koalition des Han-
delns. Deswegen haben wir konkrete Projekte zur Ver-
besserung der Situation der Menschen schon beschlos-
sen, auf den Weg gebracht oder in Planung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, sie wer-
fen der Regierungskoalition in Ihrem Antrag vor, dass
sie keine Initiative gegen Armut in Deutschland ergrif-
fen habe. Dass dies falsch ist, werde ich gleich belegen.
Aber in Ihrem Antrag ist keine einzige konkrete Forde-
rung, die den Menschen weiterhelfen würde. Nur in die
Begründung des Antrags haben Sie Ihre altbekannten
Forderungen wie den gesetzlichen Mindestlohn ver-
packt. Da hätte ich schon mehr von Ihnen erwartet. Und
dass ein Mindestlohn Arbeitsplätze in Branchen gefähr-
det, haben diverse Studien, unter anderem der
Friedrich-Ebert-Stiftung, nachgewiesen. Wenn wir Ihren
Vorschlägen in der Arbeits- und Sozialpolitik folgen
würden, hätten wir deutlich mehr Arbeitslose und arme
Menschen, die kaum Chancen auf einen Wiedereinstieg
ins Berufsleben hätten.

Unser Ansatz ist da ein anderer: Wir möchten die
Brücken in den Arbeitsmarkt, wie es zum Beispiel die
Zeitarbeit und aufstockende Leistungen zum Lohn für
die Betroffenen sind, weiter nutzen. So haben wir be-
schlossen, die Instrumente zur Vermittlung in den Ar-
beitsmarkt zu evaluieren, um dann die wirksamen In-

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Zu Protokoll ge

(C (D trumente im Interesse der Menschen zu bündeln. Die erbesserung der Hinzuverdienstgrenzen, die wir im Kolitionsvertrag beschlossen haben und umsetzen weren, sorgen dafür, dass es sich mehr lohnen wird, wieder rbeit aufzunehmen. Zudem wird den Menschen dann ehr von Ihrem Zuverdienst übrig bleiben. Und auch die erdreifachung des Schonvermögens im Sozialgesetzuch II von 250 auf 750 Euro ist nicht nur ein Akt der airness, sondern wird Armut, vor allem im Alter, verindern. Der Vorwurf, dass sich die christlich-liberale Regieungskoalition dem Problem der Armut in Deutschland icht annehmen würde, trifft schlichtweg nicht zu. Aber trategien zur Vermeidung von Armut dürfen nicht nur n der Arbeitsund Sozialpolitik angedacht werden. ort ist, um es sprichwörtlich zu sagen, das Kind meist chon in den Brunnen gefallen. Diese Regierung setzt or allem auf Bildung als langfristige Investition zur ermeidung von Armut. Es gilt noch immer, dass gute ildungspolitik die beste Sozialpolitik ist. Gute Bildung ersetzt den Menschen in die Lage, frei, verantwortlich nd selbstbestimmt zu leben. Sie mindert daher unmitelbar das spätere Armutsrisiko. Sie ermöglicht indiviuelle Entfaltung, persönliche Förderung und sichert adurch auch den Wohlstand der Gesellschaft. Zudem st nur durch gute Bildungspolitik Chancengerechtigkeit u erfüllen, indem sie Aufstiegsperspektiven eröffnet. Entgegen Ihrer Kritik beteiligt sich die Bundesregieung aktiv und konkret am Europäischen Jahr gegen Arut und soziale Ausgrenzung. So hat Bundesministerin on der Leyen im Rahmen einer Festveranstaltung das uropäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung m Februar eröffnet. Dies ist auch medial auf Interesse estoßen. Im Rahmen des Europäischen Jahres fördern ie EU und das Ministerium gezielt 40 Sozialprojekte it insgesamt 1,5 Millionen Euro. Die drei großen Themenfelder, mit denen das Euroäische Jahr sichtbar gemacht werden soll, unterstützen ir als FDP ausdrücklich: „Jedes Kind ist wichtig – ntwicklungschancen verbessern!“, „Wo ist der Eintieg? – Mit Arbeit Hilfebedürftigkeit überwinden!“ und Integration statt Ausgrenzung – Selbstbestimmte Teilabe für alle Menschen!“ sprechen die drei zentralen hemenbereiche für die Vermeidung und Bekämpfung on Armut an: Bildung, Arbeit und Integration. Wir sehen Armut als wichtiges Problem in unserem and und gehen gezielt mit Maßnahmen dagegen vor. abei setzen wir vorrangig darauf, Menschen in Arbeit u bringen. Wir haben bereits in der Wirtschaftsund Fianzpolitik sowie in der Arbeitsmarktpolitik Akzente geetzt. Wir unterstützen alle Maßnahmen, die auf daueraftes wirtschaftliches Wachstum und die Schaffung von rbeitsplätzen ausgerichtet sind. Der oftmals aus ideo ogischen Gründen künstlich aufrechterhaltene Gegenatz von ökonomischer Vernunft und sozialstaatlicher erantwortung hilft keinem von Armut, prekärer Lebensituation oder Arbeitslosigkeit Betroffenen und gehört aher endlich überwunden. Ein Arbeitsplatz ist zum einen der beste Schutz vor rmut, er ist aber noch wichtiger für die Persönlichkeit Gabriele Hiller-Ohm gebene Reden )





(A) )

des Einzelnen, der Wertschätzung und das Gefühl des
Gebrauchtwerdens erfährt. Daran arbeitet diese Bun-
desregierung, und Sie werden bald feststellen können –
mit Erfolg!


Cornelia Möhring (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704630300

Ich möchte meine Rede mit einem Märchen beginnen:

Es war einmal ein Mann, der wurde durch seine Hände
Arbeit reich … So weit das Märchen. Und hätte ich ge-
sagt: Es war einmal eine Frau …, dann wäre uns allen
noch schneller aufgefallen, dass da etwas nicht stimmen
kann.

Das Gegenteil des Märchens ist in unserer Gesell-
schaft der Fall: In der Bundesrepublik werden Men-
schen trotz Arbeit arm. Etwa 1,4 Millionen Erwerbstä-
tige erhalten für ihre Arbeit so wenig Lohn, dass sie auf
ergänzende Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind. Circa
300 000 von ihnen arbeiten in Vollzeitjobs. Und schauen
wir noch genauer hin, wünschten wir uns das Reich der
Fantasie lieber nicht zu verlassen – so skandalös ist die
Realität in unserem Land.

Laut offizieller Statistik sind rund 11,4 Millionen
Menschen in der BRD arm oder von Armut bedroht. Das
ist mittlerweile jede/r Siebte.

Wenn wir von mehr als 2,5 Millionen Kindern spre-
chen, die in Armut leben, dann ist das nicht nur eine
Zahl. Dahinter verbergen sich Schicksale, Geschichten,
die davon erzählen, wie Kinder hungrig und ohne Früh-
stück in die Schule kommen, von Jugendlichen, die sich
ein bisschen Geld durch Leergut im Müll sammeln ver-
dienen müssen. Es sind Geschichten von Kindern und
Jugendlichen, die kraft Geburt schon weniger Chancen
auf Bildung und Arbeit – auf eine Zukunft – haben als
die Kinder wohlhabender Eltern.

Wir reden über Rentnerinnen und Rentner, die auf ein
arbeitsreiches und bewegtes Leben zurückblicken und in
ihrem wohlverdienten Ruhestand trotzdem jeden Cent
umdrehen müssen. Wir reden über Millionen ehemals er-
werbstätiger Männer und Frauen, die per Gesetz in die
Armutsfalle Hartz IV abgeschoben wurden. Wir reden
über die stetig steigende Anzahl von Frauen, die gleich
mehrere Arbeitsverhältnisse eingehen müssen, um ihre
Familien zu ernähren. Sie bekommen ihre Kinder und
Partner kaum noch zu Gesicht, arbeiten deutlich über
10 Stunden pro Tag und steuern dennoch in die Alters-
armut.

Die Armut in unserem Land zeigt sich auch an fehlen-
den Kindergartenplätzen, Lehrerinnen und Lehrern,
Fachärzten, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Kommu-
nen und Städte müssen Theater schließen, Kinderbetreu-
ung abbauen, können notwendige Investitionen nicht
vornehmen. Sportvereine, Initiativen, Beratungsstellen,
soziale Projekte bekommen keine Zuschüsse mehr.

Kultur, Sport, Bildung, Mobilität, Gesundheit, Erho-
lung: All das kostet, ist zum Luxus geworden, den sich
viele nicht mehr leisten können. Wir leben in einer ar-
men Gesellschaft! Und steuern in eine noch ärmere,
wenn nicht endlich was passiert.

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Zu Protokoll ge

(C (D Hier und heute findet eine politisch gewollte, gigantiche Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums statt. ie macht wenige Reiche immer reicher und vergrößert ie Armut in unserem Land rasant. Das jüngste Beispiel ieser unsozialen Politik sind die von der Bundesregieung am schwarzen Montag dieser Woche vorgeschlageen Kürzungen. Im Namen der Haushaltskonsolidierung ird der Rotstift einseitig zulasten derjenigen angesetzt, ie eh schon wenig haben. Die Verursacher von Krisen nd Armut dürfen ungehindert weitermachen. Während die Beteiligung von Unternehmen an der aushaltssanierung bis zum Ende der Wahlperiode mit nsgesamt rund 14 Milliarden Euro beziffert wird, sollen m selben Zeitraum bei Arbeitslosen und ihren Familien 0,7 Milliarden Euro gekürzt werden: durch Streichung er Rentenbeiträge und des Elterngeldes für Hartz-IVmpfängerInnen, Kürzungen bei den Fördermitteln für rwerbslose, Arbeitsplatzabbau im öffentlichen Dienst. elbst die von der Bundesregierung ausgewiesene Beteiigung von Unternehmen an den Kürzungen ist bei geauem Hinsehen eine Luftnummer. Die mit 2 Milliarden uro angesetzte „Kernelemente-Abgabe“ kostet die Be reiber der Atommeiler keinen müden Cent. Es werden ediglich Subventionen der Bundesregierung gekürzt nd im Gegenzug die Laufzeiten der AKW verlängert. Auch die angebliche Beteiligung des Bankensektors it 2 Milliarden Euro ab 2012 fließt nicht in die Hausaltskasse, sondern in einen speziellen Fonds, in den die teuerzahler bereits Hunderte Milliarden Euro gezahlt aben. Damit soll nicht die jetzige Krise bewältigt, sonern die nächste vorbereitet werden. Diese Kürzungsorgie der Bundesregierung ist sozial ngerecht, politisch gefährlich und schadet der Zuunftsfähigkeit der gesamten Gesellschaft. Die Linke ehnt sie deshalb ab. Wir werden gemeinsam mit Initiatien, Vereinen, Verbänden, Kirchen und Gewerkschaften egen ihre Umsetzung kämpfen. Seit einem halben Jahr läuft die EU-weite Kampagne egen Armut und soziale Ausgrenzung, weitgehend uner Ausschluss der Öffentlichkeit. Es scheint, als hätten uch die meisten in diesem Hause davon – wie von der esellschaftlichen Realität – bisher nichts mitbekomen. Das die Kampagne begleitende Motto der Bundes egierung lautet: „Mit neuem Mut“. Ihren eigenen Mut ür neue Strategien gegen Armut kann die Bundesregieung damit nicht gemeint haben. Im Gegenteil: Die anzlerin lehnte im Europäischen Rat das gemeinsame iel ab, die Armutsquote auf 25 Prozent zu senken, und amit auch die entsprechenden Maßnahmen zur Armutsekämpfung. Mit der Beteiligung an der Kampagne will die Bunesregierung nicht die gesellschaftlichen Ursachen der rmut bekämpfen, sondern die politische Verantwortung erschieben, weg von den politischen Akteuren hin zu en von Armut betroffenen Menschen in der Gesellchaft. Bei der Eröffnungsveranstaltung der Kampagne egen Armut erklärten die Vertreterinnen der Bundesreierung, es sei unter den heutigen Verhältnissen leider icht unwahrscheinlich, arm zu werden. Nicht alle Beroffenen seien aus eigenem Verschulden arm, deshalb Pascal Kober gebene Reden Cornelia Möhring )








(A) )

brauchten sie auch Verständnis statt Stigmatisierung.
Wir alle sollten ihnen Mut machen, sich aus eigener
Kraft aus Armut zu befreien. Diesen Zynismus mit Wor-
ten zu beschreiben, würde mir eine Rüge des Präsiden-
ten einbringen.

Wer aber denkt, es sei geistige Armut, der irrt. Es ist
politisches Kalkül der verantwortlichen Regierung und
ihrer Hintermänner. Armut ist und bleibt ein politisches
Problem und wird als politisches Instrument genutzt.
Wer Armut ernsthaft beseitigen will, muss besonders in
Krisenzeiten strukturelle und konsequente Gegenmaß-
nahmen entwickeln und umsetzen. Die Linke fordert im
vorliegenden Antrag deshalb ein sofortiges politisches
Gegensteuern in allen maßgeblichen Politikfeldern, und
das in Europa wie auch in unserem Land. Wir brauchen
endlich eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reich-
tums von oben nach unten. Wir brauchen tatsächliche
Investitionen in die Zukunft.

Ein Programm zur Bekämpfung von Armut und sozia-
ler Ausgrenzung muss gerade in Krisenzeiten an den Ur-
sachen ansetzen und diese mit wirksamen Maßnahmen
bekämpfen. Anstatt die Reste des Sozialstaates zu beer-
digen, muss die Bekämpfung von Armut national wie in-
ternational höchste Priorität erhalten. Doch die Bun-
desregierung verfolgt im Europäischen Jahr gegen
Armut und soziale Ausgrenzung eine Politik der Igno-
ranz und der sozialen Kälte. Sie treibt das Land immer
tiefer in die Krise. Dafür gehört sie schleunigst abge-
wählt. Denn eine andere Politik ist nötig und möglich!


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704630400

Die EU-Kommission hat in ihren fünf Kernzielen de-

finiert, was die EU bis 2020 ihres Erachtens erreichen
soll. Diese Kommission, des Linksradikalismus ja ziem-
lich unverdächtig, schlägt in einem der fünf Kernziele
vor, die Zahl der armutsgefährdeten Personen in der EU
bis 2020 um 20 Millionen Menschen zu senken. Das
würde eine Senkung der in relativer Armut lebenden
Menschen um 25 Prozent bedeuten. Das wäre in der Tat
ein Ziel, für das es sich lohnen würde, zu kämpfen.

Von dem – wohlgemerkt von der Kommission vorge-
schlagenen – Ziel der Armutsreduktion scheint die Bun-
desregierung aber nicht viel zu halten. Anders kann ich
mir nicht erklären, dass sie auf dem Europäischen Rat
am 25. und 26. März noch erhebliche Kritik an der Ver-
folgung des Ziels der Armutsreduktion geübt hat und so-
gar den Indikator dafür infrage stellt, der schon seit
2001 zu Armutsmessung im Einsatz ist. Dem Vernehmen
nach soll die deutsche Kritik sogar besonders heftig ge-
wesen sein. Ich habe die Bundesregierung aufgefordert,
in einer Kleinen Anfrage Stellung dazu zu beziehen, wie
sie sich geäußert hat. Ich wollte wissen, wie sich die
Bundesregierung den Kampf gegen die Armut in der EU
vorstellt; denn ich glaube, wir alle haben ein Recht zu
erfahren, ob die Bundesregierung die Armut in der EU
bekämpfen will und welche Vorschläge sie dafür macht,
oder ob sie den Kampf gegen die Armut torpedieren will,
weil sie den Einflüsterungen des kleinen Koalitionspart-
ners FDP erlegen ist.

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(C (D Es ist schön, dass die Herstellung der Öffentlichkeit urch Zivilgesellschaft und Opposition nun wohl Wirung gezeigt hat und die Bundesregierung diese Woche och noch dem Ziel zugestimmt hat, die Armut zu reduieren. Auch ich finde, dass wir das „Europäische Jahr geen Armut und soziale Ausgrenzung“ ernst nehmen müsen, wie es die Fraktion Die Linke fordert. Das heißt, ass man nicht, wie es die Bundesregierung tut, nur ,24 Millionen von 2,25 Millionen Euro in die Förderung onkreter Projekte gegen Armut und soziale Ausgrenung geben kann und den Rest in eine Arbeitsbeschafungsmaßnahme für PR-Projekte und Werbeagenturen; enn dafür ist das Thema von Armut und Ausgrenzung in er EU zu ernst. Ich habe ja schon in der ersten Lesung dieses Antrags esagt, dass ich ihn im Grundsatz richtig finde. Ich finde ichtig und gut, dass man Ziele und – das ist wichtig – ege zur Armutsreduktion beschreibt. Ich habe aber uch gesagt, dass ich dieser Bundesregierung auf dieem Feld nicht viel zutraue. Ich glaube, sie braucht ein isschen mehr Hilfestellung, als dieser Antrag bietet. ir sehen ja, wo es hinführt, wenn die Bundesregierung eim Europäischen Rat ohne genaue parlamentarische orgaben agiert. Wir haben das gerade beispielhaft am mgang mit dem Ziel der Armutsreduktion gesehen. Wir rauchen also außer dem Druck aus diesem Hause auch ruck aus Gewerkschaften, Sozialverbänden und Nicht egierungsorganisationen, wenn die Bundesregierung ußerhalb der deutschen Grenzen agiert. Es kann nicht ein, dass sich Frau Merkel hier als die bessere präsiiale Bundeskanzlerin geriert und dann im Ausland die nallharte FDP-Politik ihres schwindsüchtigen Koaliionspartners exekutiert. Trotzdem ist es ein notwendiges Zeichen, diesem Anrag gerade vor dem Hintergrund der kürzlich beschlosenen Milliardenbürgschaften und des Sparpakets zuzutimmen. Es darf bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht er Eindruck entstehen, der Staat würde nur denen aus er Patsche helfen, die „too big to fail“ sind. Der Staat uss gerade auch Strategien entwickeln, zunehmend uch auf europäischer Ebene, den Armen und sozial usgegrenzten in unserer Gesellschaft zu helfen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für rbeit und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempehlung auf Drucksache 17/1246, den Antrag der Frakion Die Linke auf Drucksache 17/889 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen timmen der Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die rünen und Enthaltung der SPD-Fraktion angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704630500




(A) )

Beteiligung der Energiekonzerne an den Kos-
ten für das Atommülllager Asse

– Drucksache 17/1599 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Die zu Protokoll zu nehmenden Reden stammen von
den Kolleginnen und Kollegen Dr. Michael Paul und
Dr. Georg Nüßlein, CDU/CSU, Ute Vogt, SPD, Angelika
Brunkhorst, FDP, Dorothée Menzner, Die Linke, und
Sylvia Kotting-Uhl, Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Michael Paul (CDU):
Rede ID: ID1704630600

125 787 Fässer radioaktiver Abfälle wurden in den

Jahren 1967 bis 1978 im ehemaligen Salzbergwerk Asse
eingelagert. Über die Frage, wie dieses „Versuchsend-
lager“ sicher stillgelegt werden kann und wie teuer dies
ist, hat man sich damals sicher keine ausreichenden Ge-
danken gemacht. Jedenfalls gab es keine aus heutiger
Sicht realistischen Schätzungen der Kosten: Das zeigt
die Tatsache, dass die Ablieferer der Abfälle insgesamt
nur rund 16,5 Millionen DM Gebühren zahlen mussten.
Bei der Kalkulation dieser Gebührenhöhe wurden nicht
einmal ansatzweise die tatsächlich entstehenden Kosten
einer sicheren Stilllegung zugrunde gelegt. Wie Bun-
desumweltminister Norbert Röttgen im Umweltaus-
schuss am 27. Januar 2010 vorgetragen hat, wird die
Stilllegung – je nachdem, welche Option der Stilllegung
verwirklicht wird – mindestens weitere 800 Millionen
Euro bis hin zu 3,9 Milliarden Euro kosten.

Es liegt daher auf der Hand, zu fragen, wer diese
Kosten tragen soll. Die Rechtslage dazu ist eindeutig:
Eine nachträgliche Heranziehung der Abfallverursa-
cher ist heute nicht mehr möglich. Diese Auffassung hat
im Übrigen auch der frühere Bundesumweltminister
Sigmar Gabriel immer vertreten. Der Grund dafür liegt
darin, dass die Abfallverursacher über 30 Jahre nach
der Ablieferung der Abfälle nicht mehr damit rechnen
müssen, für die Entsorgung der Abfälle nochmals he-
rangezogen zu werden. Für sie stellte der Ablieferungs-
vorgang einen abgeschlossenen Sachverhalt dar. Sie
konnten auf die „befreiende Wirkung“ ihrer Gebühren-
zahlung vertrauen. Gleiches gilt für die Ablieferer der
Jahre bis 1975. In dieser Zeit wurden keine Gebühren
oder Entgelte gezahlt. Auch für sie ist der Vorgang der
Abfallentsorgung erledigt.

Dieses Vertrauen gilt in unserer Rechtsordnung als
schützenswert. Deshalb sind Regelungen, die eine
„echte Rückwirkung“, also einen Eingriff in abge-
schlossene Vorgänge der Vergangenheit bewirken,
grundsätzlich unzulässig, so auch hier. Die Abfallverur-
sacher können auch nicht über die Entsorgungsverträge,
die sie in den Jahren 1975 bis 1978 mit dem damaligen
Betreiber der Asse geschlossen hatten, zu einer weiteren
Zahlung verpflichtet werden. Darin hatten sich die Ab-
fallablieferer zur Zahlung eines Entgelts, das „Gebühr“
genannt wurde, verpflichtet. Im Gegenzug hat sich der
Betreiber der Asse zur Einlagerung der Abfälle ver-
pflichtet. Mit der Zahlung dieser Entgelte und der Einla-
gerung der Abfälle war der Vertrag erfüllt. Eine „Nach-

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(C (D ahlung“ kann nicht geltend gemacht werden. Nach der eltenden Rechtslage trägt damit der Bund als Anlagenetreiber das Risiko höherer Stilllegungskosten. An dieen Kosten können auch nicht die Bundesländer beteiligt erden. Das wurde im März letzten Jahres ausdrücklich n § 57 b Abs. 1 Satz 3 des Atomgesetzes klargestellt. Kann diese Risikoverteilung im Ergebnis als fair anesehen werden? Die Abfälle, die in der Asse eingelaert wurden, stammen zu einem großen Teil von den ernkraftwerken der Energieversorgungsunternehmen. ies gilt für 40 Prozent der Abfallgebinde, die entweder irekt von den Energieversorgungsunternehmen, EVU, n die Asse abgegeben wurden oder indirekt von den VU über die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe in ie Asse gelangten. Noch deutlicher sieht es aus, wenn an auf die Radioaktivität der Abfälle abstellt: Deutlich ber 70 Prozent der Aktivität, die in der Asse eingelagert st, sind direkt oder indirekt der Energiewirtschaft zuzuechnen. Die Gesamtmenge von über 125 000 Abfallgeinden, die eingelagert wurden, überschreitet auch obektiv die Menge, die für Forschungsarbeiten tatsächlich otwendig war. Auf der einen Seite haben damit die EVU die Vorteile iner Entsorgung ihrer Abfälle erlangt. Auf der anderen eite decken die von allen Ablieferern gezahlten Gebühen aber weniger als 1 Prozent der Kosten der Asse. Den est, über 99 Prozent, trägt die öffentliche Hand, damit er Steuerzahler. Dieses Ergebnis verträgt sich nicht mit em Verursacherprinzip. CDU, CSU und FDP haben eshalb in ihrem Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 009 festgelegt, dass die Energieversorger an den Kosen der Schließung der Asse zu beteiligen sind. Dies gechieht auch: Die Bundesregierung hat am Montag im ahmen des „Sparpakets“ beschlossen, eine Brenneleentesteuer einzuführen. Zur Begründung dieses „steu rlichen Ausgleichs der Kernenergiewirtschaft“ hat sie abei ausdrücklich auf die Beteiligung der EVU an den tilllegungskosten hingewiesen. Einen Antrag, wie ihn ie Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hier vorgelegt at, brauchen wir daher nicht. Jedenfalls müssen weitere Konsequenzen aus diesem ei der Asse aufgetretenen Problem gezogen werden: ei den künftigen Endlagern, sowohl beim Endlager onrad als auch beim Endlager für hochradioaktive Ab älle, muss von vornherein klar die verursachergerechte inanzierung der Kosten, einschließlich der Still egungskosten, verbindlich geregelt werden. Die Geldittel müssen in ausreichendem Umfang zu dem Zeitunkt verfügbar sein, an dem sie benötigt werden. Sie sprechen in Ihrem Antrag das an, was man als Verantwortungsprinzip“ beschreiben könnte. In einem echtsstaat gibt es für diese Verantwortlichkeit feste und erlässliche Regeln, namentlich etwa die der Ursächichkeit, der Zurechenbarkeit, der Verjährung etc. Diese Regeln gelten selbstverständlich auch im Enerieversorgungsbereich. Demzufolge sind Anlagenbetreier eines Kernkraftwerks in Verantwortung zu nehmen. ies ist unstreitig und richtig, und das will ich nochmals )

Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1704630700

(A) )

hervorheben. Wir hatten hierzu in der letzten Legislatur
nicht zuletzt und richtigerweise die Haftungsregeln in
dem Bereich entscheidend detailliert und verschärft.

Das erklärte Antragsziel in der Drucksache 17/1599
wäre juristisch betrachtet allerdings unter eine Art
„rückwirkende Nachforderungspolitik“ im Rahmen ei-
nes abgeschlossenen Sachverhalts zu subsumieren, und
dies ist mit der Rechtsstaatlichkeit gerade nicht verein-
bar.

Genau zu diesem Punkt bezüglich der rückwirkenden
Gebührenerhebung im Bereich Asse habe ich in der letz-
ten Legislatur in einer Plenarrede bereits ausführlich
Stellung bezogen. Ich will meine Ausführungen gerne in
Erinnerung rufen, denn das parlamentarische Erinne-
rungsvermögen von den Kollegen Bündnis 90/Die Grü-
nen scheint nahezu so schlecht zu sein wie ihr parlamen-
tarisches Gewissen.

Bezüglich Letzterem darf ich zuvörderst daran erin-
nern, dass Sie in Ihrer eigenen Regierungszeit nicht den
sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie veranlasst ha-
ben, auch wenn Ihre Partei unmittelbar nach Ausschei-
den aus dem Regierungsamt wieder zum Hardliner-An-
satz der „unmittelbaren Ausstiegsbewegung“ zurück
mutiert zu sein scheint und man ab der Niederlegung des
Regierungsamtes wieder mit organisierten Sitzblocka-
den bei Transporten von radioaktivem Material rechnen
musste, die fortan nicht mehr von grüner Prominenz, wie
Trittin und Co., zurückgehalten wurden.

Und um an der Stelle zum Thema Asse zu kommen:
Sie haben hier in Ihrer eigenen Regierungszeit auch
keine Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Gebüh-
renerhebung geschaffen, und zwar deshalb, weil sie ei-
ner verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand-
gehalten hätte. Just diesen Punkt, dass eine rückwir-
kende Gebührenerhebung nicht erfolgen kann, hatte ich
im Zuge der Änderung des Atomgesetzes in der letzten
Legislatur bereits ausgeführt und darf ergänzen, dass
dies juristisch davor wie danach vielfach belegt wurde.

Aber ich werde gerne nochmals und ergänzend für Sie
meine Ausführungen niederlegen: Bei der Asse handelt
es sich um ein Bundesforschungsbergwerk. Die von der
Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe in die Schachtan-
lage Asse angelieferten Abfälle sind, um hier Ihre Kritik
im Antrag aufzugreifen, bei der Wiederaufbereitung als
Betriebsabfall der Wiederaufbereitungsanlage Karls-
ruhe entstanden und gingen in das Eigentum und damit
in die Verantwortung der öffentlichen Hand über. Die
damalige Gesellschaft für Kernforschung hat die Wie-
deraufbereitungsanlage Karlsruhe im Auftrag des Bun-
des – ich wiederhole: im Auftrag des Bundes – als Pro-
totypanlage mit dem Ziel erstellt, Untersuchungen zur
sicheren Betriebsführung durchzuführen, die die Pro-
zesse der Wiederaufarbeitung optimieren sollte.

Zur Kritik an der Gebührenhöhe: Die veranschlagten
Gebühren wurden ordnungsgemäß entrichtet. Dabei ist
unstreitig – und insofern stimme ich Ihrer Kritik partiell
zu –, dass der hierfür veranschlagte Betrag ex post ein
zu geringer ist. Aber wir können die Uhren nicht zurück-
drehen. Genauso wenig kann der Gesetzgeber heute

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(C (D achträglich weitere Gebühren erheben. Und dies gilt, bwohl wir rund 30 Jahre später nicht nur die Einlageung in einem ausgebeuteten Bergwerk überhaupt nicht ehr vornehmen würden, sondern für die Abnahme des aterials ganz andere Gebühren zu entrichten wären. ine nachträgliche Gebührenerhebung scheitert am ver assungsrechtlich verankerten Verbot der Rückwirkung. s handelt sich um einen in der Vergangenheit abgechlossenen Lebenssachverhalt, an den rückwirkend eitere Rechtsfolgen geknüpft würden. Deshalb kann inaltlich am Bestand von § 57 b Abs. 1 Satz 3 Atomgesetz ichts geändert werden. Eng damit in Zusammenhang steht, dass Sie in Ihrem ntrag so tun, als ob die Regierungsparteien das Thema ostenbeteiligung der Energiekonzerne einfach nicht ehandeln würden: Ich darf insofern im Hinblick auf en chronologischen Rückblick in diesem Jahr exemplaisch auf die Ausführungen von Herrn Minister Röttgen erweisen anlässlich einer Sitzung des Umweltauschusses im Januar 2010. Im unmittelbaren Nachgang ierzu hatte Minister Röttgen ein Papier an alle Fraktioen im Umweltausschuss – auch an die Grünen, wie mir er Umweltausschuss aktuell nochmals bestätigte – verenden lassen, in dem er drei Möglichkeiten einer Beteiigung der Energieversorgungsunternehmen nochmals chriftlich niederlegte. Ich darf die damaligen Niederleungen des Ministers wiederholen, wenn die Herrschafen von den Grünen unter anderem an dieser Stelle konequent die Arbeit der Regierung ignorieren: die inführung einer Brennelementesteuer und Verwendung er Einnahmen für die Stilllegung der Asse; die freiwilige Verpflichtung der EVU, auch im Falle der Einlageung der Asse-Abfälle in den Schacht Konrad, eine Kosenteilung von 1/3 Bund und 2/3 EVU zu akzeptieren; die chaffung eines Asse-Fonds analog zum Salzgitteronds durch die EVU und damit teilweise Deckung der tilllegungskosten und Schaffung eines finanziellen Ausleichs für die Region. Ihr Ziel war es, mit dem stimmungsmachenden Anrag 17/1599 vom Mai 2010 die Regierung vorzuführen ls vermeintlich nicht handelnd. Das entspricht aber icht den realen Gegebenheiten, und ich darf insofern uf die aktuellen Ergebnisse der Haushaltsklausur des undeskabinetts hinweisen. Hierin ist unter anderem uch explizit der steuerliche Ausgleich seitens der Kernnergiewirtschaft niedergelegt, unter ausdrücklichem erweis auf den Ausgleich, der sich durch die Stilllegung nd den Rückbau von kerntechnischen Anlagen – einchließlich Endlager – ergibt. Dies ist das Ergebnis eier kontinuierlichen parlamentarischen Arbeit der Reierungsparteien. Hier darf ich nochmals insbesondere uf unsere Arbeit 2010 im Umweltausschuss verweisen, ie ich auszugsweise vorab angeführt habe. Diese destruktiv stimmungsmachende Haltung, meine olleginnen und Kollegen von den Grünen, halte ich in en schwierigen Zeiten, in denen wir uns derzeit befinen, für schlichtweg gleichermaßen unprofessionell wie nhaltbar. Und weil die Hoffnung zuletzt stirbt: Ich ürde mir wünschen, dass Sie im Bereich der Energieersorgung und Energieversorgungssicherheit, auch enn es das Thema Kernenergie und Endlager anbe Dr. Georg Nüßlein gebene Reden )





(A) )

langt, künftig mit fundierter und aufrichtiger Parla-
mentsarbeit überzeugen würden.


Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1704630800

Zu den überbordenden Kosten für die Atomenergie

liegt uns immer noch keine ehrliche Rechnung seitens
der Bundesregierung vor. Auf 258 Milliarden Euro
beziffert eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale
Marktwirtschaft die realen Kosten der Atomkraft.
165 Milliarden davon sind bereits bis 2008 durch den
Bund geleistete Zahlungen und dazu kommen weitere
92,5 Milliarden, von denen wir heute schon wissen, dass
sie noch geleistet werden müssen. Die Bundesregierung
hat dagegen die Höhe der Subventionen mit nur
200 Millionen Euro angegeben. Dazwischen liegen ja
„tausend Welten“ könnte man flapsig sagen und sich
trefflich darüber streiten, wer denn nun richtig gerech-
net hat. Jedoch allein für die Sanierung von Asse II wer-
den aktuell Kosten von 3,7 Milliarden Euro veran-
schlagt. Da werden Dimensionen sichtbar, die die
Atomlobbyisten in der Regierungskoalition gerne unter-
schlagen und die deutlich machen, dass die Zahlen der
Bundesregierung – freundlich umschrieben – mehr als
geschönt sind.

Wenn im vorliegenden Antrag die Beteiligung der
Energiekonzerne an den Kosten für Asse gefordert wird,
so ist dieses Ziel vollkommen gerechtfertigt. Denn diese
enormen Kosten allein den Steuerzahlern aufzubürden,
wäre nicht nur unredlich, sondern auch unsozial. Es gilt
vielmehr, die wahren Verursacher angemessen an den
Kosten zu beteiligen. Denn es kann nicht sein, dass die
großen Energieversorger die Gewinne einstreichen und
die Steuerzahler die Lasten tragen.

Die SPD hat dazu bereits den Vorschlag unterbreitet,
über eine „Brennelementesteuer“ auf Uran für eine
angemessene Beteiligung der Atomenergieerzeuger zu
sorgen. Dass die schwarz-gelbe Regierung nun diese
„Atomstromsteuer klaut“, wie die „Financial Times
Deutschland“ titelt und so unsere Idee aufgreift, ist ja
grundsätzlich sehr lobenswert, und es würde uns freuen,
wenn sie dies auch noch auf andere politische Felder
übertrüge, um Deutschland endlich wieder in ruhigeres
Fahrwasser zu bringen. Allerdings verfolgt die Bundes-
regierung hier mit dieser Steuer ein vollkommen anderes
Ziel: Nicht eine angemessene Beteiligung der Kraft-
werksbetreiber an den wahren Kosten der Atomenergie
ist vorgesehen, vielmehr plant sie einen Ablasshandel.
Sie will stattdessen nur längere Atomkraftwerkslaufzei-
ten schmackhaft machen. Auch die geplante Höhe der
Besteuerung von 2,5 Milliarden Euro relativiert sich,
sieht man die Gewinne, die die Atomstromerzeuger jedes
Jahr mit ihren abgeschriebenen Atomkraftwerken im
Gegenzug erwirtschaften können. 1 Million Euro Ge-
winn pro Tag erbringt ein Atomkraftwerk. Bei 17 laufen-
den Atommeilern landen so in einem Jahr über 6 Mil-
liarden Euro auf den Konten der Atomstromerzeuger.
Von diesem „Geschenk“ nicht einmal die Hälfte abge-
ben zu müssen, fällt natürlich leicht.

Dass mit jedem Jahr Atomkraftwerkslaufzeit auch
jede Menge neuer Atommüll entsorgt werden muss, wird

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(C (D abei gerne von der schwarz-gelben Regierung unter en Tisch gekehrt. Auch, dass wir nach wie vor noch ber kein Endlager für hochradioaktiven Müll verfügen, ird ebenfalls gerne vergessen. Und wie ein falscher Laerstandort für Atommüll schnell Unsummen verchlingt, wenn eine Sanierung notwendig wird, zeigt ich uns gerade jetzt leidvoll in Asse. Deshalb heißt es zunächst natürlich, die Kraftwerksetreiber an allen Kosten der Atomstromerzeugung anemessen zu beteiligen, wie auch in diesem Antrag geordert. Aber vor allen Dingen müssen wir am tomausstieg – wie unter Rot-Grün beschlossen und von en Energieversorgern zugesichert – festhalten. Denn eder Tag, den ein Atommeiler weiterläuft, bringt nicht ur satte Gewinne für die großen Energiekonzerne, sonern auch jede Menge Gefahren für uns und unsere Umelt und die nach uns kommenden Generationen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 wurde das For chungsbergwerk Asse II in eine Anlage des Bundes zur ndlagerung radioaktiver Abfälle überführt. Der Be rieb der Anlage ging vom Helmholtz-Zentrum München uf das Bundesamt für Strahlenschutz über. Parallel echselte die Verantwortung für die Asse II. Sie wech elte vom Bundesforschungsministerium zum Bunesumweltministerium. Die Stilllegung des Forschungsbergwerks soll nun urch ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren rfolgen. In § 57 b Abs. 1 Satz 3 des Atomgesetzes ist estgeschrieben worden, dass die Kosten für den Weiteretrieb und die Stilllegung der Schachtanlage Asse II urch den Bund zu tragen sind. Diese Vorschrift wurde nfang 2009 während der Amtszeit des damaligen Bunesumweltministers Sigmar Gabriel eingeführt. Die DP hat während der Beratungen betont, dass die Kos en nach dem Verursacherprinzip getragen werden müsen. Bei der Asse handelt es sich um eine Forschungsinrichtung des Bundes. Der überwiegende Teil der ingelagerten Abfälle stammt aus der Forschung, demntsprechend ist die Regelung über die Kostentragung ei der Asse grundsätzlich sachgerecht. Es ist jedoch nicht nur legitim, sondern auch angeeigt, die Energieversorgungsunternehmen mehr an der inanzierung der Schließung der Asse zu beteiligen. In ie Asse wurden nicht nur radioaktive Abfälle unmittelar aus Forschungseinrichtungen verbracht, sondern uch radioaktive Abfälle, die von den Energieversorungsunternehmen stammen. Im Koalitionsvertrag haen wir uns deshalb mit der CDU und der CSU darauf erständigt, dass die Energieversorger an den Kosten er Schließung der Asse II zu beteiligen sind. Die angestrebte Beteiligung der Kraftwerksbetreiber n den Sanierungskosten der Schachtanlage Asse II hat uch auf der Kabinettsklausur der Bundesregierung in ieser Woche eine Rolle gespielt. Im Rahmen der Eckunkte für die weitere Aufstellung des Haushaltsenturfs 2011 und des Finanzplans bis 2014 hat die christ ich-liberale Bundesregierung unter anderem die inführung einer Brennelementesteuer beschlossen. Die Dr. Georg Nüßlein gebene Reden )

Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1704630900




(A) )

Einnahmen sollen auch für die Stilllegung der Asse ver-
wendet werden. So kann die Kernenergiewirtschaft an
den Sanierungskosten der Asse II angemessen beteiligt
werden.

Bei der Entscheidung über die Schließung der Asse
hat für uns Liberale der Schutz der in der Region leben-
den Menschen sowie der in der Asse beschäftigten Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter absolute Priorität. Bevor
endgültig über die Rückholung entschieden wird, muss
konzeptionell sichergestellt werden, dass die betroffenen
Menschen keinen unnötigen Risiken ausgesetzt werden.
Unser Ziel ist es, eine dauerhafte und umweltverträgli-
che Schließung der Asse II sowie eine gefahrlose Ver-
wahrung der radioaktiven Abfälle sicherzustellen.


Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704631000

Das sogenannte Verursacherprinzip besagt, dass

Kosten zur Beseitigung und zum Ausgleich von Beein-
trächtigungen der Umwelt dem Verursacher zugerechnet
werden.

Im Versuchsendlager Asse liegen über 126 000 Fäs-
ser radioaktiven Mülls mit zu großen Teilen unbekann-
tem Inhalt. Das Bergwerk ist einsturzgefährdet, es tritt
Salzlauge ein, die Abfälle müssen zeit- und kostenauf-
wändig zurückgeholt werden.

Unabhängig von Vereinbarungen zur kostenlosen
Versuchseinlagerung in der Asse sind die Kosten der
Rückholung und endgültigen Endlagerung des rund
80 Prozent betragenden Anteils des Inventars, der von
AKW-Betreibern stammt, auch durch diese zu tragen.

Selbst die Regierungskoalition hat in ihrem Koali-
tionsvertrag festgestellt, dass die Energiekonzerne an
den Kosten der Asse zu beteiligen sind. Danach behaup-
tete Umweltminister Röttgen allerdings, dass keine
rechtliche Grundlage dafür in Aussicht sei. Wenn nicht
Generationen von Politikern die Atomindustrie geschont
und mit mehr als 165 Milliarden Euro öffentlicher Gel-
der subventioniert hätten, stünden wir heute ganz an-
ders da.

Bis zu 40 Milliarden Euro flossen an Subventionen
auch in Sackgassen und Altlasten. Durch den rot-grünen
Konsens wurden zudem abgesichert: über 30 Milliarden
für das hausbankähnliche System der steuerfreien Ent-
sorgungsrücklagen, ebenso die Garantie eines reibungs-
losen Betriebs, zum Beispiel Transportsicherung, ein
Betreiber förderndes Strahlenschutzgesetz, das die
Strahlenwirkung stark kostensenkend unterschätzt, man-
gelnde Abschirmung und fehlende Fallversuche für Be-
hälter, fehlende Versicherungsabdeckung. Die Liste lässt
sich beliebig fortsetzen.

Dennoch begrüßen wir den Antrag der Grünen. Denn
da nicht davon auszugehen ist, dass die Atomwirtschaft
freiwillig aus moralischen Gründen auf die Idee kommt,
ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die ange-
häuften Milliarden den Menschen zurückzugeben, müs-
sen ordnungsrechtliche Maßnahmen her. In den Eck-
punkten aus der Sparklausur der Bundesregierung für
die weitere Aufstellung des Haushaltentwurfs 2011 und
des Finanzplans bis 2014 heißt es, man wolle nun durch

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Zu Protokoll ge

(C (D ine Brennelementesteuer einen Anteil der Kosten für ie Asse-Sanierung decken. Diese geplante Brennelementesteuer stellt nur die bschaffung eines bisherigen Subventionsprivilegs dar. ran wird damit anderen fossilen Brennstoffen zum ers en Mal gleichgestellt. Einen Ersatz für die gesetzlich orgeschriebenen Entsorgungsrücklagen kann die rennelementesteuer also gar nicht darstellen. Die Reierung behauptet, die Atomwirtschaft mit einer Brennlementesteuer in die Verantwortung zu nehmen. Dabei ördert sie sie aber nur wieder einmal, indem sie durch ie Kopplung dieser Steuer mit einer Laufzeitverlängeung den Energiekonzernen weitere Milliardenprofite, en Menschen im Land aber weitere Tausende Tonnen on radioaktivem Müll beschert und die regenerativen nergien ausbremst. Die Linke fordert, die Verpflichtungen der Energieonzerne zur Kostenbeteiligung an allen Endlagervorängen endlich konsequent und schonungslos umzuseten. Dass die Verursacher jetzt für ihren Müll zahlen, ist as Mindeste, was man angesichts der kaum mehr abendbaren ökologischen Katastrophe in der Asse durch etzen muss – neben einem sofortigen Atomausstieg, um eiteren Müll zu verhindern. Die Entsorgungsrücklagen, die die Energiekonzerne teuerfrei und gut verzinst anlegen dürfen, beliefen sich 009 immerhin auf wenigstens 26 Milliarden Euro. iese Rücklagen sind mit sofortiger Wirkung und auch n Zukunft an einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu berführen, um eine risikoarme Verwaltung der Entsorungsrücklagen zu gewährleisten. Aus diesem Fonds erden sowohl die anteiligen Kosten für die Rückholung nd Endlagerung des Asse-Mülls bestritten als auch für ie vergleichende Suche nach einem bestmöglichen ndlager für hochradioaktiven Atommüll in Deutsch and sowie für dessen Bau und Betrieb. Des Weiteren ordert die Linke, jede, wirklich jede Subventionierung er Atomenergie sofort zu streichen. Wenn die Atomindustrie, wie selbst von Regierungsreisen vorhergesagt, anfängt, die zusätzlichen Kosten uf die Strompreise umzulegen, wird bald jedem im Land lar sein, dass das Märchen vom billigen Atomstrom aus st und die harte Realität zuschlägt. Damit käme diese ralte Lüge endlich einmal vom Tisch. Atomstrom ist auf auer nicht bezahlbar, hochrisikoreich und ein ökologi ches Desaster für Tausende Jahre mit allen Folgekosen. Dass das niemand mehr bezahlen will, liegt auf der and. Da gibt es nur eins: Abschalten! Jahrzehntelang wurde die Asse von den für sie Ver ntwortlichen als leuchtendes Beispiel der Endlagerforchung dargestellt, das rein dem hehren Wissensgewinn iene. Angeblich stellte sie – allen kritischen Stimmen um Trotz – keinerlei Risiko dar, und mit den Atomkrafterken und ihrem Strahlenmüll hatte sie schon gar ichts zu tun. Dieses Märchen ging jäh zu Ende. Heute st klar, dass die Asse akut einsturzgefährdet ist und die bertausende Atommüllfässer in ihr eine massive Ge ahr für Mensch und Umwelt darstellen. Angelika Brunkhorst gebene Reden Sylvia Kotting-Uhl )

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704631100







(A) )

Die Asse ist mit ziemlicher Sicherheit das größte Um-
weltproblem Europas. Ihre Sanierung stellt uns vor ge-
waltige Probleme und immense Kosten. Neben der Su-
che nach der bestmöglichen Lösung für das Problem
Asse stellt sich daher auch die Frage, wer diese Kosten
tragen soll. Bislang stehen dafür die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler in der Pflicht – wie so oft, wenn es da-
rum geht, Verantwortung für die strahlenden Hinterlas-
senschaften der Atomwirtschaft zu übernehmen. Dabei
war es nicht die Bevölkerung, die von der billigen Müll-
kippe Asse profitierte, sondern die Atomwirtschaft.

Die Asse ist untrennbar mit der kommerziellen Nut-
zung der Atomkraft verknüpft. Dies zeigt schon ein Blick
auf das radioaktive Inventar: Der Anteil der in der Asse
eingelagerten Radioaktivität, der auf Anlagen kommer-
zieller Betreiber zurückgeht, beträgt nach heutigem
Kenntnisstand mindestens 86 Prozent. Alleine drei Vier-
tel der eingelagerten Radioaktivität gehen auf abge-
brannte Brennelemente aus den Atomkraftwerken Ob-
righeim und Gundremmingen zurück.

Der in den 70er- und 80er-Jahren vollzogene Ausbau
der Atomkraft in Deutschland wäre unmöglich gewesen,
hätte man nicht Abertausende Atommüllfässer in der
Asse verscharren können. Der Historiker Detlev Möller
kommt in seiner Dissertation zu dem Schluss, dass die
Asse gerade dazu diente, der damals noch in den Kin-
derschuhen steckenden deutschen Atomwirtschaft auf
die Beine zu helfen. Zahlreiche AKW-Genehmigungen,
in denen die Asse als Endlagermöglichkeit aufgeführt
wird, bestätigen dies. So heißt es beispielsweise in einer
Genehmigung für den berühmt-berüchtigten Pannen-
meiler Krümmel, die Asse sei seit 1967 als Endlager-
stätte in Betrieb.

Neben ihrer Rolle als Nachweis für die Entsorgungs-
vorsorge für den radioaktiven Abfall aus den Atomkraft-
werken gibt es noch eine weitere Verbindung zwischen
der Asse und der kommerziellen Atomkraftnutzung.
Viele der erwähnten AKW-Genehmigungen belegen,
dass die Asse insbesondere auch als „Versuchsanlage
für Gorleben“ diente. Entsprechend wurde in der Asse
mit Bezug zu Gorleben anlagenbezogene Endlagerfor-
schung durchgeführt. Finanziell unterscheidet sich an-
lagenbezogene Forschung ganz wesentlich von der
Grundlagenforschung. Letztere finanziert der Staat, die
Kosten für Erstere sind aber nach dem Verursacherprin-
zip zu tragen. Gerade deshalb forderte der Bundesrech-
nungshof im Jahr 1992, die AKW-Betreiber an den Kos-
ten dieser im Hinblick auf Gorleben durchgeführten
Forschung in der Asse angemessen zu beteiligen. Dazu
kam es jedoch nicht. Warum, wissen wohl nur die ehe-
malige Regierung von Helmut Kohl und vielleicht auch
die AKW-Betreiber.

Diese wollen heute aber bekanntermaßen nichts mit
der Asse zu tun gehabt haben und streiten jede Verant-
wortung ab. Umso erstaunlicher ist es, dass sie es wa-
ren, die im Jahr 1975 dafür sorgten, dass Annahmebe-
dingungen für den Atommüll in der Asse gelockert
wurden. Dokumente aus der damaligen Zeit belegen ihr

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(C (D otiv: Nachdem ihnen die Entsorgungsmöglichkeit Asse cht Jahre lang völlig kostenlos zur Verfügung gestanen hatte, sollten ab 1976 erstmals Gebühren dafür eroben werden, den Müll in der Asse loszuwerden. Die onzerne waren daher entschlossen, wenigstens mög ichst viel für ihr Geld zu bekommen. In der Folge wuren auf ihren Druck hin die Abfallbestimmungen in der sse um den Faktor fünf gelockert. In der Summe haben die Energiekonzerne gerade einal umgerechnet rund 2 Millionen Euro an Asse-Gebüh en entrichtet. Demgegenüber hat der Bund bis heute chon rund 800 Millionen Euro für die Asse ausgegeben. nsgesamt wird das Problem Asse wohl 4 Milliarden uro teuer. Ohne Beteiligung der Energiekonzerne üssten ausschließlich die Steuerzahlerinnen und Steu rzahler dafür aufkommen. Dagegen haben meine Frakion und ich bereits in der letzten Legislaturperiode proestiert. Der Antrag, in dem wir eine Beteiligung der nergiekonzerne an den Asse-Kosten forderten, wurde ber mit den Stimmen der Unionsund der FDP-Frakion abgelehnt. Mittlerweile haben jedoch die heutigen egierungsfraktionen anerkannt, was geboten ist. In ih em Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: „Die Energieersorger sind an den Kosten der Schließung der Asse II u beteiligen.“ Eine Kostenbeteiligung der Energiekonzerne ist notendig, und es darf sie nur ohne Gegenleistung geben. er Schuldenberg, den die Atomwirtschaft bei der Be ölkerung angehäuft hat, ist bereits groß genug, und er ächst munter weiter. Doch anstatt diesen Schuldenberg ndlich zu verkleinern, konzentriert die Regierung ihre anze Energie darauf, den Atommüllberg zu vergrößern. nstatt die Energiekonzerne endlich finanziell in die erantwortung zu nehmen, verwendet die Regierung imer größeren Eifer darauf, den Konzernen dicke Geinne aus der Verlängerung der Laufzeiten der Atomraftwerke zu bescheren. Das muss ein Ende haben. Die Hauptprofiteure der sse, die AKW-Betreiber, müssen endlich angemessen erangezogen werden, wenn es darum geht, das Milliarenloch der Asse-Kosten zu stopfen. Gerade auch angeichts der gigantischen Staatsverschuldung kann es icht sein, dass dafür wieder einmal die Bevölkerung zur asse gebeten werden soll. Deshalb bitte ich Sie: Stimen Sie unserem Antrag „Beteiligung der Energiekon erne an den Kosten für das Atommülllager Asse“ zu. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/1599 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704631200




(A) )

– zu dem Antrag der Abgeordneten Christoph
Strässer, Angelika Graf (Rosenheim), Iris
Gleicke, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Menschenrechtsverteidiger brauchen den
Schutz der Europäischen Union

– zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck

(Köln), Marieluise Beck (Bremen), Viola von

Cramon-Taubadel, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mehr Schutz für Menschenrechtsverteidige-
rinnen und Menschenrechtsverteidiger

– Drucksachen 17/1048, 17/1165, 17/1936 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Frank Heinrich
Christoph Strässer
Serkan Tören
Katrin Werner
Volker Beck (Köln)


Die zu Protokoll zu nehmenden Reden stammen von
Frank Heinrich, CDU/CSU, Christoph Strässer, SPD,
Marina Schuster, FDP, Annette Groth, Die Linke, und
Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen.1)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe auf Druck-
sache 17/1936. Der Ausschuss empfiehlt unter Buch-
stabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1048
mit dem Titel „Menschenrechtsverteidiger brauchen den
Schutz der Europäischen Union“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 17/1165 mit dem Titel „Mehr
Schutz für Menschenrechtsverteidigerinnen und Men-
schenrechtsverteidiger“. Die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen hat beantragt, dass über die Ziffer II.3 des An-
trags einerseits und den übrigen Antrag andererseits ge-
trennt abgestimmt werden soll.

Wir stimmen daher zunächst über die Ziffer II.3 des
Antrags auf Drucksache 17/1165 ab. Wer stimmt dafür? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Ziffer II.3
des Antrags ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen abge-
lehnt.

Wer stimmt für den übrigen Teil des Antrags auf
Drucksache 17/1165? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Der übrige Teil des Antrags ist mit dem glei-
chen Mehrheitsverhältnis abgelehnt. Damit ist der An-
trag insgesamt abgelehnt.

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r1) Anlage 6

(C (D Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a und 22 b soie Zusatzpunkt 11 auf: 22 a)

Joachim Hacker, Dagmar Ziegler, Petra
Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide
nach Abzug der Bundeswehr

– Drucksache 17/1961 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Tourismus (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Kirsten
Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Jan van Aken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Friedliche Zukunft der Kyritz-Ruppiner Heide
und Interessen der Region sichern

– Drucksache 17/1972 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Tourismus (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

P 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Agnes Malczak,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Kyritz-Ruppiner Heide in ihrer Einheit erhal-
ten – Voraussetzungen für eine chancenreiche
Regionalentwicklung

– Drucksache 17/1989 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Auch hier werden die Reden zu Protokoll genom-
en. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und
ollegen Anita Schäfer und Norbert Brackmann, CDU/
SU, Hans-Joachim Hacker, SPD, Jens Ackermann,
DP, Dr. Ilja Seifert, Die Linke, und Cornelia Behm,
ündnis 90/Die Grünen.


Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1704631300

Im Juli letzten Jahres verzichtete Verteidigungsminis-

er Jung auf eine Nutzung des Truppenübungsplatzes
ittstock als Luft-Boden-Schießplatz. Im Nachgang

azu ergaben weitere Prüfungen des Ministeriums, dass
eitens der Bundeswehr auch kein Bedarf an einer ande-
en militärischen Nutzung des Geländes besteht. Dem


(A) )


)(B)

waren lange Jahre vorangegangen, in denen alle betei-
ligten Parteien mit großer Überzeugung berechtigte In-
teressen vertreten haben. Hierzu gehören ganz gewiss
die Interessen der Anwohner und die der Tourismus-
industrie der Region. Lassen Sie mich dazu ganz klar sa-
gen: Niemand nimmt eine Belastung durch militärischen
Übungsflugbetrieb auf die leichte Schulter. Wer selbst
wie ich in einem Gebiet lebt, in dem dies regelmäßig
stattfindet, weiß um die Sensibilität dieses Themas. Das
gilt sowohl im Hinblick auf den Schutz der Anwohner
vor unnötiger Ruhestörung als auch im Hinblick auf die
Auswirkungen auf den Tourismus.

Zu den berechtigten Interessen gehört aber auch die
Notwendigkeit eines militärischen Übungsbetriebes, der
einen sicheren Einsatz unserer Soldatinnen und Solda-
ten gewährleistet. Auch das wird niemand ernsthaft be-
streiten. Egal, ob unsere Piloten ihr Alltagsgeschäft der
Landes- und Bündnisverteidigung verrichten oder wir
sie zu Friedens- und Stabilisierungsmissionen ins
Ausland entsenden: Sie haben einen Anspruch darauf,
so gut dafür vorbereitet zu sein wie möglich. Gerade für
die einsatzrelevante Aus- und Weiterbildung im Rahmen
der Luftnahunterstützung wäre der Truppenübungsplatz
Wittstock von großer Bedeutung gewesen. Welche Be-
deutung eine solche Luftnahunterstützung haben kann,
ist uns allen vor Ostern vor Augen geführt worden.

Aber nicht nur für die Soldatinnen und Soldaten
bedeutet die Preisgabe einen Verlust. Gerade den Kom-
munen vor Ort entstehen damit auch greifbare wirt-
schaftliche Einbußen. So wird erstens das IV. Luftwaf-
fenausbildungsregiment erst gar nicht nach Wittstock
verlegt. Und zweitens führt dies zur Auflösung des beste-
henden Standortes. Für die Stadt Wittstock war über
viele Jahre lang die mit dem Luft-Boden-Schießplatz
verbundene Bundeswehrgarnison eine Grundlage für
stabile und sichere Arbeitsplätze, die nicht der Abhän-
gigkeit verschiedenster Faktoren unterlagen. Der Zuzug
der dort zu stationierenden Zeit- und Berufssoldaten und
ihrer Familien sowie der regelmäßige Austausch auszu-
bildender und übender Truppen hätten einen langfristi-
gen und stabilen positiven Effekt auf Wirtschaft und De-
mografie der Region entwickelt.

Diese Chancen sind nun jedoch vertan. Seitens der
Bundeswehr wurden zwischenzeitlich die ersten Schritte
für eine anstehende Konversion eingeleitet. Bei allen vo-
rangegangenen Differenzen besteht kein Zweifel daran,
dass jetzt allen Beteiligten daran gelegen ist, unverzüg-
lich zu einer Abgabe der Liegenschaft zu gelangen. Aber
es ist offensichtlich noch nicht allen Beteiligten klar,
welche Hürden hierzu noch zu überwinden sind. So habe
ich durchaus meine Zweifel daran, ob all jene, die in den
vergangenen Jahren mit Begriffen wie dem Bombodrom
polemisch gegen die Nutzung durch die Bundeswehr
vorgegangen sind, sich auch Gedanken darüber ge-
macht haben, was die von ihnen angestrebte zivile Nut-
zung letzten Endes an Anstrengungen voraussetzt.

Derzeit prüft die Bundesanstalt für Immobilienaufga-
ben die Modalitäten einer Übernahme der Liegenschaft
und hat hierzu auch schon den Kontakt mit dem Land
Brandenburg aufgenommen. Eine Eigentumsübertra-

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(C (D ung vom BMVg zur BImA als erste Voraussetzung für ine zivile Nutzung setzt aber eine umfassende Regelung er Räumungsund Kostentragungspflichten voraus. Hierfür wird eine sehr detaillierte Ermittlung der unitionsund Altlastensituation notwendig sein. Das lles wird leider nicht – wie vielleicht von vielen erräumt – von heute auf morgen zu erhalten sein. Die Erahrungen bei der Freigabe anderer Übungsplätze zeien, dass sich die notwendigen Verfahren über weitere ahre hinziehen werden. Bevor die technischen Vorausetzungen für eine Übergabe der Liegenschaft geschafen werden können, ist zuerst sogar noch zu prüfen, auf elcher gesetzlichen Grundlage diese dann zu erfolgen at. Grundsätzlich unterläge der Übungsplatz dem Veraltungsabkommen zur Übertragung der von der russi chen Armee genutzten Liegenschaften. Aber selbst dies st nicht zweifelsfrei. Zusätzlich werden sicherlich die anfallenden Räuungskosten dazu beitragen, die zivile Nutzung der yritz-Ruppiner Heide erst in einiger Zeit zu realisieren. ür die Nutzung durch die Bundeswehr wurden circa 20 Millionen Euro ermittelt. Eine zivile Nutzung setzt edoch ganz andere Standards voraus. Hier wird von eier deutlich höheren Kostenbelastung auszugehen sein. Sosehr ich der Region auch eine baldige spürbare ouristische Weiterentwicklung durch die Nutzung der yritz-Ruppiner Heide wünsche, so sehr halte ich es für nangebracht, durch Anträge wie die drei vorliegenden en Eindruck zu erwecken, dies in absehbarer Zeit erreihen zu können. Viel wichtiger ist es, die möglichen positiven Impulse, ie von der Kyritz-Ruppiner Heide für einen nachhaltien Tourismus in der Region entstehen können, auf einer echtlich sicheren Basis zu erzeugen. Auch hier bietet ich an, Erfahrungswerte, die an anderen Orten geacht wurden, zu nutzen. Ich denke hier zum Beispiel an en ehemaligen Übungsplatz Münsingen. Er ist Teil des iosphärenreservates Schwäbische Alb und wird von er BImA langfristig als Naturschutzfläche geführt. Daher ist auch die zum Beispiel von der SPD geforerte Einbeziehung in den Flächenpool des Nationalen aturerbes nicht angebracht. Hier hat es in der Verganenheit schon weitreichende Abstimmungen mit den ändern gegeben. Für eine Einbeziehung in die noch of enen 25 000 Hektar sehe ich daher keine Notwendigeit. Wichtig ist es, dass nun die verschiedenen Stellen es Bundes gemeinsam mit dem Land Brandenburg ämtliche Modalitäten der Eigentumsübertragung kläen und hinsichtlich künftiger Nutzungsüberlegungen rühzeitig auch die Interessenträger vor Ort in die entprechenden Verfahren einbinden. Zeitliche und inhaltliche Festlegungen, wie sie ganz onkret in den Anträgen gefordert werden, sind aber weer glaubhaft noch verantwortbar zu tätigen. Sowohl die echnischen Dimensionen wie auch die finanziellen und echtlichen Umfänge des Verfahrens können derzeit icht annähernd überzeugend beschrieben werden. Desalb lassen die vorliegenden Anträge vermuten, dass die iskussionen auch zukünftig mehr emphatisch und am Anita Schäfer gebene Reden )





(A) )

bitioniert geführt werden, als sachlich und an der ge-
samtgesellschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit
orientiert. Die Formulierung im Antrag der Grünen,
dass den Bürgerinnen und Bürgern ein Stück Heimat zu-
rückgegeben werde, unterstreicht dies noch einmal im
nachhinein.

Gleiches gilt für den Antrag der Linken. Gerade aus
diesem spricht wieder einmal ihre fundamental miss-
trauische und oppositionelle Gesinnung gegenüber den
formalrechtlichen Strukturen und Verfahren unseres
Rechtsstaates. Die in ihm aufgestellten Forderungen
lassen jegliche Sachlichkeit in der Herangehensweise
für die Übergabe des Geländes vermissen. Diese Un-
sachlichkeit findet ihre konsequente Fortsetzung in der
Forderung, auch die beiden verbliebenen Übungsplätze
in Nordhorn und Siegenburg zu schließen. Deutlicher
kann eine Fraktion nicht ihre Weigerung formulieren,
für eine Gesamtgesellschaft verantwortlich handeln zu
wollen.

Bei dem Antrag der Fraktion der SPD ist zwar anzu-
erkennen, dass sich hierin sehr viel mehr um Sachlich-
keit bemüht wurde. Gleichwohl ist aber auch er abzuleh-
nen. Denn ihm ist mit dem Antrag von Bündnis 90/Die
Grünen und dem Antrag der Linken gemein, dass er
vorab aller notwendigen Prüfungen weitgehende Festle-
gungen des Bundes fordert. Dem kann aus verständli-
chen Gründen nicht stattgegeben werden. Und deshalb
lehnt die CDU/CSU-Fraktion auch alle drei Anträge ab.


Norbert Brackmann (CDU):
Rede ID: ID1704631400

Die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heide mög-

lich machen – das ist allen drei Anträgen der Opposi-
tionsfraktionen gemein. Mit dieser sprachlichen Unge-
nauigkeit fängt die Verharmlosung der Größe dieser
Aufgabe aber bereits an. Denn nur rund 12 000 Hektar,
das sind rund 120 Quadratkilometer der über 700 Qua-
dratkilometer großen Kyritz-Ruppiner-Heide im Norden
Brandenburgs, werden nicht zivil, sondern militärisch
genutzt. Auf diesem Gebiet befindet sich der Truppen-
übungsplatz Wittstock.

Die Bundeswehr hat den Verzicht auf eine weitere
Nutzung dieser Fläche beschlossen. Für eine Umwid-
mung dieser Fläche ist der erste, zunächst allerdings
auch wichtigste Schritt getan. Mit den vorgelegten An-
trägen wird den Bürgern jetzt vermittelt, dass eine Nut-
zung der bisher militärisch genutzten Fläche unmittel-
bar bevorsteht. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn
grundsätzlich gibt es nur zwei Formen der Nachnut-
zung: Erstens. Eine, die das Betreten durch Menschen
unterbindet, das heißt ausschließlich dem Naturschutz
gewidmet ist. Eine sich selbst entwickelnde Natur könnte
sicherlich einen umweltfachlichen Reiz haben. Schließ-
lich gibt es kaum noch zusammenhängende Flächen die-
ser Größenordnung und Qualität in Deutschland. Zwei-
tens. Eine zivile Nutzung, die den Menschen in Zukunft
ein Betreten zu touristischen oder sonstigen Zwecken er-
möglicht.

Ihre Anträge interpretiere ich so, dass Sie die letztge-
nannte Variante bevorzugen. Wenn das so ist, muss aber
zuallererst für die Sicherheit der Menschen gesorgt wer-

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(C (D en. Auch Sie, liebe Antragssteller, kennen die Medienerichte über die militärischen Hinterlassenschaften. ach Presseberichten sollen Entmunitionierungsmaßahmen mehrere Hundert Millionen Euro kosten. Die onkreten Kosten sowie die Darstellung und Bewertung er aktuellen Belastungssituation werden noch ermittelt. llerdings deutet die Tatsache, dass etwa die Hälfte der läche den Munitionsbelastungsgraden B und C gemäß er Zentralen Dienstvorschrift der Bundeswehr 40I11 ugeordnet ist und damit einem Betretungsverbot oder trengen Betretungsauflagen unterliegen, auf das sehr ohe Gefahrenpotenzial für Leib und Leben und auf ein ostenrisiko hin, welches von der Liegenschaft ausgeht. ie konkrete Bewertung wird noch einige Zeit in An pruch nehmen. Die gebotene Gefahrenabwehr und die ffentliche Sicherheit zu gewährleisten, hat höchste riorität. Wir können nicht zulassen, dass Mitmenschen it unserem Wissen einem erhöhten Risiko für Leib und eben ausgesetzt werden! Der Entscheidung über die zivile Anschlussnutzung es Truppenübungsplatzes Wittstock in der Kyritz-Rupiner-Heide muss daher zwingend eine detaillierte Erittlung der Munitionsund Altlastensituation und die estlegung der konkreten Modalitäten des Eigentumsbergangs vom Bundesministerium der Verteidigung auf ie Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vorausgeen. Wenn man sich die Anträge der Opposition anchaut, mutet es an, zu glauben, die Bundesregierung äre hier untätig. Genau das Gegenteil ist der Fall! Und enau dieses Vorurteil möchte ich hier ausräumen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ist vom undesfinanzministerium mit der Übernahme der Lieenschaft – Truppenübungsplatz Wittstock – in das Allemeine Grundvermögen des Bundes beauftragt woren. Derzeit laufen Prüfungen sowie Gespräche mit der undeswehr und vornehmlich mit dem Bundesverteidiungsministerium, bei denen selbstverständlich die Altastenund Kampfmittelsituation sowie Sicherheitsfraen im Vordergrund stehen, aber auch Haftungsrisiken eklärt werden müssen. Eine Kontaktaufnahme mit dem and Brandenburg ist erfolgt. Fragen der Sicherheit der iegenschaft nach Wegfall des militärischen Sichereitsbereichs sowie eine mögliche Einbindung der örtlihen Interessensund kommunalen Aufgabenträger in ie Konversionsplanung sollen erörtert werden. Bevor diese Schritte abschließend erfolgt sind, kommt ie Opposition mit der Forderung daher, geeignete Flähen in das Nationale Naturerbe zu überführen. Wir verchließen uns keinesfalls einer solchen Überlegung, jeoch ist dies ein zweiter Schritt vor dem ersten. Ob und n welcher Form die Liegenschaft dem Nationalen Naurerbe zugeführt werden kann, ist abhängig von der Erittlung der Munitionsund Altlastenbelastung und der eststellung der naturfachlichen Eignung. Die weitere orderung der Opposition, bereits jetzt Teile des Gelänes für den Tourismus freizugeben, ist wiederrum ein weiter Schritt vor dem ersten. Die Verhandlungen zur onversion des Truppenübungsplatzes Wittstock laufen, nd diese gilt es, im Interesse aller und zum Schutze aler abzuwarten. Dabei ist auch klar, dass ein mögliches onzept für eine zivile Anschlussnutzung unter wirt Anita Schäfer gebene Reden )





(A) )

schaftlicher Betrachtungsweise die Gewährleistung der
öffentlichen Sicherheit, die Altlasten- und Kampfmit-
telthematik, die Naturschutzvorgaben und die Interessen
des ländlichen Raumes berücksichtigen muss.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1704631500

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Entschei-

dung des Bundesverteidigungsministeriums zur Schlie-
ßung des Truppenübungsplatzes Wittstock. Diese Ent-
scheidung erfolgte spät, aber nicht zu spät. Sie ist das
Ergebnis vielfältiger Aktivitäten von Bürgerinitiativen
aus Regionen Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpom-
merns. Hierin kommt am Ende auch zum Ausdruck, dass
Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Wahlterminen
in demokratischen Prozessen in Deutschland etwas be-
wegen können. Die SPD-Bundestagsfraktion hat im par-
lamentarischen Bereich über Jahre eine Umwandlung
des Truppenübungsplatzes für zivile Zwecke unterstützt
und hierbei die Anliegen der Bewohnerinnen und Be-
wohner der Region vertreten.

Jetzt geht es darum, Entscheidungsprozesse für die
Zukunft des ehemaligen Truppenübungsplatzes Witt-
stock und der angrenzenden Region anzustoßen und zu
konkreten Ergebnissen zu führen. Genau diesem Ziel
dient der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion, über den
wir heute in erster Lesung beraten. Wir halten es für not-
wendig, dass in einer konzertierten Aktion zwischen
Bund, dem Land Brandenburg und den Kommunen die
notwendigen Maßnahmen beraten werden.

Für uns ist wichtig, dass in diesem Prozess die Ak-
teure vor Ort eingebunden werden und sie ihre Ideen
und Vorschläge einbringen können. Das wäre ihre Divi-
dende aus den jahrelangen Bemühungen für die Umnut-
zung des Truppenübungsplatzes. Uns ist es wichtig,
deutlich zu machen, dass der Bund für die Entwicklung
der Region mit dem Abzug der Bundeswehr nicht aus der
Verantwortung entlassen ist. Gerade wenn es darum
geht, eine zivile Nutzung, insbesondere eine touristische,
vorzubereiten, muss die Bundesregierung dabei sein,
wenn Maßnahmenpakete geschnürt werden. Ich denke
dabei insbesondere an die bundeseigene Koordinie-
rungsstelle für Konversionsfragen, die beauftragt wer-
den sollte, Machbarkeitsstudien und Nachnutzungskon-
zepte gemeinsam mit den lokalen Akteuren zu erstellen.
Der Bund ist auch gefordert, wenn es um eine Altlasten-
untersuchung und die zügige Räumung der Kampfmittel
geht. Mit einem vorzulegenden Bericht über die Umwelt-
belastung sollte Klarheit geschaffen werden, was auf
dem Gelände gemacht werden muss, um dauerhaft eine
zivile Nutzung zu ermöglichen.

Im Mittelpunkt unseres Antrages steht aber die
Frage, welcher Weg beschritten werden soll, um neue
Chancen für die Region zu eröffnen. Dafür müssen die
verschiedenen Akteure aus dem Bund, dem Land und
den Kommunen sowie die Bürgerinitiativen an einen
Tisch geholt werden. Der Bund hat hier die Chance, die-
sen Prozess zu moderieren und zu einem positiven Er-
gebnis zu führen.

Die Kyritz-Ruppiner Heide hat ein enormes Poten-
zial, das auf den Nordosten Deutschlands einschließlich

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(C (D er Hauptstadt positiv ausstrahlen kann: für den sanften ourismus, als Teil eines nationalen Naturerbes, als eilfläche für Wildnis, als Nutzungsgebiet für erneuerare Energien. Vor allem sollen die Menschen der Reion und aus Nah und Fern das Gebiet wieder für sich robern können. Familien mit Kindern könnten auf eiem sicheren Gelände spazieren, wandern, picknicken. ber weite Strecken wäre Fahrradfahren möglich. Desalb soll mit unserem Antrag auch jetzt schon geprüft erden, welche Flächen zügig für die Naherholung geffnet werden könnten. Die umliegende Tourismusbranhe mit Hotels, Restaurants und weiteren Angeboten ürde davon deutlich profitieren und könnte sich entwikeln. Der Bund ist in der Verantwortung, die Folgen er jahrzehntelangen militärischen Nutzung zu bewältien und mitzuhelfen, der Region eine Entwicklung als ourismusstandort unter ökologischen Aspekten zu eröglichen. Dieser Antrag soll dazu einladen, parteienübergreiend und mit den lokalen Akteuren die Entwicklungspoenziale der Kyritz-Ruppiner Heide zu diskutieren. Die msetzung der sich dabei darstellenden Chancen muss urch die Bundesregierung unterstützt werden. Dies soll nd muss ein offener Prozess sein, weshalb die SPDundestagsfraktion nach der Vorlage einer Beschlussmpfehlung für den Bundestag auch für Ideen der andeen Fraktionen dankbar ist und diese gern prüfen wird. assen Sie uns dazu in den Fachausschüssen diskutieen. Am Ende wird es darum gehen, wie wir die gesamte egion aufwerten und was wir dazu konkret tun können. amit schaffen wir nicht nur eine wirtschaftliche und kologische Perspektive für das Areal des ehemaligen ruppenübungsplatzes Wittstock, wir helfen, Zukunftserspektiven für die Menschen in einer strukturschwahen Region Deutschlands zu entwickeln. Untersuchungen des Bundesministeriums der Vertei igung haben ergeben, dass die vorhandenen Kapazitäen der Truppenübungsplätze in Deutschland auch ohne en Übungsplatz in Wittstock ausreichend sind. Auf dieer Grundlage hat der damalige Bundesminister für erteidigung Dr. Jung entschieden, auf die Nutzung des ruppenübungsplatzes Wittstock als Luftund Bodenchießplatz zu verzichten. Zugleich haben sich die Menschen in der Region jahelang gegen eine militärische Nutzung der Kyritz-Rupiner Heide durch die Bundeswehr engagiert. Auch enn ein exakter Zeitplan für die Standortauflösung egenwärtig noch nicht feststeht, eröffnet die Entscheiung des Ministeriums für die Region nun vielfältige utzungsmöglichkeiten. Sie ist eine Chance, für die enschen und Natur gleichermaßen. Es gilt nun, das Verfahren für die umfassende zivile utzung der Kyritz-Ruppiner Heide mit den betroffenen ommunen eng zu verzahnen und den Willen der Bürger or Ort zu berücksichtigen. Die FDP hat sich dabei in er Vergangenheit für die berechtigten Belange der Anohner und umliegenden Gemeinden eingesetzt. Auch ch konnte mir in der vergangenen Legislaturperiode als Norbert Brackmann gebene Reden )

Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1704631600




(A) )

Mitglied des Petitionsausschusses vor Ort einen Ein-
druck verschaffen und mich mit den Menschen austau-
schen. Diesen Weg wollen wir nicht verlassen, sondern
gemeinsam weiter beschreiten und zusammen künftige
Nutzungsmöglichkeiten erarbeiten.

Bevor nun die zivile Nutzung möglich wird, müssen
noch zwei Probleme gelöst werden: Zunächst – und
nicht unerheblich – muss die Frage der Haftung für Alt-
lasten geklärt werden. Nach mehreren Jahrzehnten mili-
tärischer Nutzung benötigen wir ein nachhaltiges Kon-
versionskonzept. Gleichzeitig müssen aber Lösungen
geschaffen werden, die eine Nutzung der Flächen erlau-
ben, ohne von vornherein von ungeklärten Haftungs-
fragen überschattet zu werden.

Das zweite ungelöste Problem ist die Eigentumsfrage.
Eines ist, glaube ich, jetzt schon sicher: Es wird für die
Kyritz-Ruppiner Heide ohnehin keine Lösung aus einem
Guss geben. Den verschiedenen Anforderungen und Zie-
len auf der Fläche muss mit den jeweils passenden Ei-
gentumsformen entsprochen werden. Dabei kann bei
stärker ökonomisch genutzten Teilkonzepten ein privater
Investor die erste Wahl sein. Bei den eher gemeinwohl-
orientierten Aspekten kann diese Rolle das Land selbst
oder auch eine Stiftung übernehmen.

Dass wir aber überhaupt gegenwärtig darüber disku-
tieren können, was aus dem Gelände zwischen Mecklen-
burg-Vorpommern und Brandenburg werden kann, was
möglich ist und letztlich umgesetzt wird, ist jedoch be-
reits ein großer Erfolg. Denn auch hier zeigt sich ein-
drucksvoll das Ende der deutschen Teilung und im Kon-
kreten: das Ende des Kalten Krieges, welcher stets auf
militärische Abschreckung baute. 1952 als Übungsplatz
entstanden, kann dieses Areal nun anderen Nutzungs-
möglichkeiten zugeführt werden – eine friedliche, eine
zivile und vor allem eine touristische Nutzung sind denk-
bar.

Ungeachtet konkreter Schritte in Richtung Zukunft ist
das doch schon ein wichtiger Erfolg. Zugleich zeigt sich,
dass sich auch bürgerliches Engagement lohnt. Denn
auch die Initiativen der Menschen vor Ort gegen das
sogenannte Bombodrom waren erfolgreich. Ein Stück
gelebter Demokratie der Menschen vor Ort und eine
Entscheidung vonseiten der Bundeswehr, die von Ver-
antwortung für das Gemeinwohl zeugt. Unsere Soldatin-
nen und Soldaten nutzen effizient bestehende Übungska-
pazitäten innerhalb Deutschlands, sagen ehrlich, dass
die Kyritz-Ruppiner Heide hier nicht als weiterer Stand-
ort benötigt wird und eröffnen uns allen und dem Touris-
mus nun neue Perspektiven. Denn die Entscheidung ist
nicht nur ein Erfolg für die Menschen vor Ort. Es ist
auch ein Glücksfall für die Natur, die sich in weiten Tei-
len nun – nach Beseitigung der bereits angesprochenen
und nicht unerheblichen Altlasten – entfalten kann.

Noch einige Sätze zum Antrag der Linken. Sie schrei-
ben, ich zitiere: „Diese Widerstandsbewegung hat dem
bürgerschaftlichen Engagement ein Denkmal der leben-
digen Demokratie gesetzt.“ Ich möchte darauf hinwei-
sen, dass es auch zu Zeiten der DDR kritische Stimmen
in der Bevölkerung zur militärischen Nutzung dieser Re-
gion gab. Diese Stimmen wurden jedoch massiv unter-

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(C (D rückt. Es ist ein Zeichen, dass es in der DDR keine leendige Demokratie gab, im Gegenteil. Weiter schreiben Sie: „Während dieser 17 Jahre, in enen schwarz-gelbe, rot-grüne und schwarz-rote Bunesregierungen rechtsstaatswidrig versucht haben, ihr ilitärisches Nutzungsbegehren in der Kyritz-Ruppiner eide rechtsstaatswidrig gegen die Interessen der dort ebenden Bürgerinnen und Bürger und ihrer Gäste urchzusetzen, wurde die wirtschaftliche Entwicklung in er Region blockiert. Angesichts dieser Situation ist der und noch stärker in der Pflicht, die Durchsetzung der nteressen der Bürgerinnen und Bürger der Region an iner friedlichen Zukunft des Geländes nun unverzüglich u sichern.“ Ich möchte daran erinnern, dass in 40 Jahen SED-Herrschaft sich nicht nur die Kyritz-Ruppiner eide nicht entwickeln konnte, sondern die wirtschaftli he Entwicklung in der gesamten DDR blockiert worden st. Angesichts dieser Situation wäre es hilfreich, wenn ich die Erben der SED ein wenig in Demut üben würen. Nun zum Tourismus und dessen Förderung in der Reion. Nationale Naturlandschaften sind reizvolle Uraubsziele, in denen die Vielfalt der Natur und der Kulur Deutschlands entdeckt werden können. Nicht nur die ourismusbranche kann von einer intakten Natur profiieren. Auch die Umwelt und Natur selbst können durch en Tourismus gewinnen. Die Erfahrungen haben geeigt, dass durch den Tourismus in Großschutzgebieten eispielsweise willkommene Einnahmen entstehen, die iederum den Biosphärenreservaten oder den Naturarken zugutekommen. Naturnaher und nachhaltiger Tourismus ist deshalb deologiefrei zu fördern. Gerade der Ausbau von Fahradwegen und Wanderwegen sowie die Förderung nachaltiger Natursportmöglichkeiten wie zum Beispiel Kletern und Paddeln ermöglichen es den deutschen ourismusbetreibern, den Standort Deutschland – und ier eben das landschaftlich reizvolle Gebiet zwischen randenburg und Mecklenburg-Vorpommern – noch at raktiver zu gestalten. Gerade in diesen Regionen ist der ourismus schon heute Motor der Entwicklung. Zusamen mit der Servicebereitschaft und einem Preis-Leis ungs-Verhältnis auf hohem Niveau, guten Angebotstrukturen, persönlicher Sicherheit und Sauberkeit ieten die neuen Bundesländer schon jetzt ein herausraendes kulturelles und touristisches Angebot. Wir wollen das Ziel der Barrierefreiheit stärker in alen Bereichen vernetzen und Kultur und Tourismus ener verzahnen – das gilt auch für die Kyritz-Ruppiner eide. Wir setzen uns für eine Tourismuskonzeption für en ländlichen Raum ein und wollen die Rahmenbedinungen vor Ort verbessern. Die Entscheidung der Buneswehr ist eine Chance, Tourismus und Natur weiter zu erzahnen und der mittelständisch geprägten Tourisuswirtschaft weiteren Auftrieb zu geben. So kann auch as Gelände des dann ehemaligen Truppenübungsplates den Tourismusstandort in den neuen Bundesländern eiter stärken und zusätzliche Wachstumspotenziale der ranche als Jobmotor freisetzen. Jens Ackermann gebene Reden )





(A) )

Die Bundeswehr macht den Weg frei für die gute Ent-
wicklung der Kyritz-Ruppiner Heide. Nun ist die Politik
am Zuge, die weiteren Schritte konstruktiv und solide zu
gestalten. Dabei gilt es, alle Interessengruppen vor Ort
in den Prozess einzubeziehen – zum Wohle der Region.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704631700

Die Menschen in der Region rund um das ehemalige

„Bombodrom“ – die Kyritz-Ruppiner-Heide – erwarten
zuallererst Rechtssicherheit, Rechtssicherheit in Bezug
auf einen endgültigen militärischen Nutzungsverzicht.
Deshalb ist es schade, dass wir heute nicht einen über-
fraktionellen Gruppenantrag diskutieren. Stattdessen
preschte die SPD vor, sodass jetzt mit dem Antrag der
Grünen und der Linken drei vorliegen. Eigentlich er-
warten die Menschen in der Region fraktionsübergrei-
fendes Handeln. Dazu brauchen Sie nur die Presseerklä-
rung vom 9. Juni der Bürgerinitiative „Freier Himmel“
aus Mecklenburg-Vorpommern zu lesen. Allerdings sind
die Unterschiede in den Anträgen der drei Fraktionen
nicht so groß, als dass sie in den Ausschussberatungen
nicht noch zu überwinden wären.

Erst Rechtssicherheit ermöglicht eine Planung zur
nachhaltigen zivilen Nutzung des Gebietes. Im Antrag
der Linken steht daher als erste Forderung eines Sofort-
programms, den „Truppenübungsplatz Wittstock“ aus
dem Standortkonzept der Bundeswehr zu streichen und
einen Zeitplan zum Abzug der Bundeswehr aus der Re-
gion vorzulegen. Beide Forderungen sind in den Anträ-
gen von SPD und Grünen leider nicht zu finden. Sie ge-
hören aber zu den Voraussetzungen der weiteren
Vorgehensweise.

Neben rechtlicher Klarheit muss Sicherheit über die
Finanzierung einer nutzungsorientierten Räumung von
Munition und Altlasten hergestellt werden. Dazu steht
die Bundesregierung in der Pflicht. Und dieses ist die
Grundvoraussetzung, um sanfte Nutzungskonzepte – zu-
nächst für Teilbereiche der Heide – zu schaffen. Die
Linke fordert daher schon in diesem Jahr die Öffnung si-
cherer Wege für geführte Heidewanderungen. Das setzt
die Sicherung der Wege, den Brandschutz und das Of-
fenhalten der wertvollen Heideflächen voraus. Eine Öff-
nung sicherer Wege ist zudem angebracht, da das Gebiet
unmittelbar an die touristisch bedeutsamen Regionen
der mecklenburgischen Seenplatte und des Naturparks
Stechlinsee angrenzt. Warum sollen wir nicht wieder auf
Fontanes Spuren durch die gesamte Mark Brandenburg
wandern können? Die gesamte Region ist touristisch ge-
prägt. Die wirtschaftliche Zukunft dieser ländlichen Re-
gion liegt auch im sanften Tourismus. Das ist natürlich
nichts Neues und bereits ausführlich in allen relevanten
Gutachten zur regionalen Entwicklung, die in den Pro-
zessen gegen die militärische Nutzung herangezogen
wurden, dokumentiert. Umso höher ist jetzt der Erwar-
tungsdruck, endlich konkrete Ergebnisse für die Region
zu erzielen.

Die Linke fordert zudem in ihrem Antrag, auf eine
Privatisierung des Geländes zu verzichten. Bei einer
Übertragung der Flächen an die Bundesanstalt für Im-
mobilienaufgaben, BImA, muss dieses verbindlich gere-

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(C (D elt werden. Die Mitsprache der Menschen und Kommuen der Region und der Brandenburger Landesregierung n Entscheidungen und an der Erarbeitung eines nachaltigen Nutzungskonzepts für die Heide muss gewähreistet werden. Hierbei besteht die Anforderung darin, en Erhalt des Naturreichtums, sanften Tourismus und achhaltige wirtschaftliche Nutzungskonzepte in Einlang zu bringen. Neben dem oben genannten Sofortprogramm verlangt ie Linke die Unterstützung der Bundesregierung bei er Einbeziehung des Geländes in eine naturnahe, länerübergreifende Entwicklungskonzeption für die Reion. Süd-Mecklenburg und das nördliche Brandenburg aben viele Jahre unter der Blockade gelitten und eine eihe von Defiziten, die durch die Unsicherheit entstanen, hinnehmen müssen. Diese müssen nun länderüberreifend beseitigt werden. Die Linke will weder, dass die Menschen erneut aus em Gelände ausgeschlossen werden, noch, dass die ertvolle Naturlandschaft gefährdet wird. Die vielen kteure, die in den letzten 17 Jahren für eine „freie eide“ kämpften, dürfen jetzt nicht von der Zukunftsge taltung ausgeschlossen werden. An dieser Stelle sei noch einmal den Aktiven, die sich n verschiedenen Interesseninitiativen zusammenfanden, erzlich gedankt. Sie schafften es, gemeinsam für ein iel zu streiten und sich über einen sehr langen Zeitaum nicht auseinanderdividieren zu lassen. Die wesentichen Gruppen, die an diesem schwierigen Kampf beteiigt waren, sind im Antrag der Linken würdigend enannt. Mir sei es gestattet, an dieser Stelle einmal den roßen persönlichen Beitrag meiner Fraktionskollegin r. Kirsten Tackmann besonders hervorzuheben. Das abt ihr gemeinsam toll gemacht! Der Weg für eine zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner eide ist frei. Der langjährige friedliche Protest der ürgerinnen und Bürger vor Ort hat bewiesen, dass ziilgesellschaftliches Engagement und friedenspolitische rbeit einen entscheidenden Einfluss auf die Politik haen können. Dafür möchte ich den Menschen in der Reion, aber auch bundesweit meinen tiefen Dank aussprehen. Nachdem eine weitere Nutzung des Geländes durch ie Bundeswehr ausgeschlossen wurde, kommt es nun arauf an, die Weichen für die Zukunft so zu stellen, dass ie Chancen der Region in ihrer Vielfältigkeit gewahrt leiben. Als Bündnisgrüne haben wir uns in den verganenen Jahren immer wieder für ein breites, parteibergreifendes Bündnis für die Kyritz-Ruppiner Heide ingesetzt. Dies halten wir auch für die zukünftige Enticklung der Region für unerlässlich. Ich möchte desalb alle Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bunestag bitten, sich in den kommenden Wochen für eine emeinsame Position in dieser Frage starkzumachen. ir sind es den Bürgerinnen und Bürgern rund um die eide schuldig. Jens Ackermann gebene Reden Cornelia Behm )

Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704631800







(A) )

Zu den zentralen Punkten, die für die Entwicklungs-
perspektiven der Region in den kommenden Wochen und
Monaten maßgeblich sind, gehört der Erhalt der Heide
als Heide, und das in ihrer Gesamtheit. Wir Bündnis-
grünen sprechen uns deshalb für eine zeitnahe Übertra-
gung des Geländes an die Bundesanstalt für Immobi-
lienaufgaben aus, damit die konkreten Planungsschritte
gegangen werden können. Mit ihrer vielfältigen schüt-
zenswerten Naturausstattung und aufgrund ihrer
Großflächigkeit und Unzerschnittenheit ist die Kyritz-
Ruppiner Heide wert, in das Nationale Naturerbe aufge-
nommen zu werden. Ausgenommen vom Privatisierungs-
auftrag kann dann unter dem Dach „Nationales Natur-
erbe“ die Erarbeitung eines einvernehmlich mit den
Bürgerinnen und Bürgern vor Ort abgestimmten regio-
nalen Nutzungskonzepts erfolgen, ohne dass dessen Um-
setzung durch unterschiedliche Besitz- und Eigentums-
verhältnisse behindert werden würde.

Um die Heide überhaupt wieder für zivile Zwecke
nutzbar machen zu können, bedarf es eines großen
Kraftaktes bei der Munitionsbeseitigung. Hier steht
auch der Bund in der Verantwortung. Denn ohne seine
finanzielle und fachliche Mitwirkung ist eine zügige Mu-
nitionsbergung und Altlastensanierung nicht zu machen.
Insbesondere der Brandschutzriegel um das Offenland
und einige zentrale Wege durch das Gelände müssen
schnellstmöglich beräumt werden. Der schnelle Beginn
der Munitionsbergung ist zum Erhalt der Heide von
höchster Dringlichkeit. Denn die zunehmende Verbu-
schung und Bewaldung der Heidelandschaft – und damit
ihr Verschwinden – kann nur aufgehalten werden, wenn
das Gelände wieder betretbar gemacht wird.

Der Erhalt des Heidecharakters ist nicht nur unter
naturschutzfachlichen Aspekten geboten, sondern auch
hinsichtlich der touristischen Entwicklungschancen der
Region. Mit der Einbeziehung der Heidelandschaft in
diese wald- und wasserreiche Region wird ein touristi-
scher Dreiklang geschaffen, der deutschlandweit einzig-
artig ist und großes Potenzial im Hinblick auf naturver-
träglichen Tourismus verspricht.

Mit der Aufgabe der militärischen Nutzungspläne für
die Kyritz-Ruppiner Heide endet nicht die Verantwor-
tung des Bundes für das Gelände. Im Gegenteil: Die ver-
antwortungsvolle Begleitung und ressortübergreifende
Förderung der naturverträglichen Nutzbarmachung des
Geländes für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort ist ein
wichtiger Pfeiler der Zukunftschancen für die Region.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704631900

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/1961 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP
wünschen Federführung beim Verteidigungsausschuss.
Die Fraktion der SPD wünscht Federführung beim Aus-
schuss für Tourismus.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
Fraktion der SPD – Federführung beim Tourismusaus-
schuss – abstimmen. Wer stimmt für diesen Überwei-
sungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –

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(C (D er Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktioen und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen die Stimen der SPD und der Linken abgelehnt. Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der raktionen der CDU/CSU und der FDP – Federführung eim Verteidigungsausschuss – abstimmen. Wer stimmt ür diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den timmen der Koalitionsfraktionen und des Bündnises 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Linken und er SPD-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 22 b. Die Vorlage auf Drucksahe 17/1972 soll an die in der Tagesordnung aufgeführen Ausschüsse überwiesen werden. Auch hier ist die Feerführung strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und DP wünschen Federführung beim Verteidigungsauschuss. Die Fraktion Die Linke wünscht Federführung eim Ausschuss für Tourismus. Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der raktion Die Linke abstimmen. Wer stimmt für diesen berweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Der Überweisungsvorschlag ist bei Zustimmung er Fraktion Die Linke, Ablehnung durch die Koaliionsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen und Enthalung der SPD-Fraktion abgelehnt. Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der raktionen der CDU/CSU und FDP – Federführung eim Verteidigungsausschuss – abstimmen. Wer stimmt ür diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den timmen der Koalitionsfraktionen und des Bündnises 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Linken und ei Enthaltung der SPD-Fraktion angenommen. Zusatzpunkt 11. Interfraktionell wird Überweisung er Vorlage auf Drucksache 17/1989 an die in der Tagesrdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die berweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Heike Hänsel, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Freihandelsabkommen EU-Kolumbien-Peru: Mitwirkungsrecht des Deutschen Bundestages sichern – Drucksache 17/1970 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Federführung strittig Die zu Protokoll zu nehmenden Reden stammen von en Kolleginnen und Kollegen Erich Fritz, CDU/CSU, r. Sascha Raabe, SPD, Dr. Martin Lindner, FDP, Heike )


(A) )

Hänsel, Die Linke, und Thilo Hoppe, Bündnis 90/Die
Grünen.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1704632000

Die CDU/CSU begrüßt es, dass sich die Europäische

Kommission am 1. März 2010 auf ein Freihandelsab-
kommen mit Kolumbien und Peru geeinigt hat. Trotz im
Vorfeld strittiger Punkte wie der Menschenrechtsklausel
– Peru und Kolumbien haben sich gegen die Verknüp-
fung von Handels- und Menschenrechtsfragen gewehrt –
wurde am 18. Mai 2010 auf dem 6. Gipfeltreffen der EU
und der Länder Lateinamerikas und der Karibik der Ab-
schluss des Abkommens zustimmend zur Kenntnis ge-
nommen. Angesichts des Stillstandes der Handelslibera-
lisierung im Rahmen der WTO ist es nahezu unerlässlich
und erforderlich, mit bilateralen Vereinbarungen Märkte
für die eigenen Unternehmen zu erschließen, sodass es
nicht nur recht und billig, sondern auch höchst bedeu-
tend und zielführend war, dass die EU seit Januar 2009
über ein multilaterales Freihandelsabkommen mit Ko-
lumbien und Peru verhandelt hat. Es setzt zudem Zeichen
gegen weltweit zunehmende Protektionismustendenzen
sowie für eine Stärkung des internationalen Regulie-
rungsrahmens und entwickelt hoffentlich auch eine Sog-
wirkung auf die ganze Region, solche Abkommen abzu-
schließen – stockende Verhandlungen mit MERCOSUR,
Andengemeinschaft, Zentralamerika.

Für die EU sind die Ergebnisse insbesondere beim
Zollabbau – 100 Prozent bei Industriegütern in maximal
zehn Jahren –, Dienstleistungen und öffentlichem Auf-
tragswesen sehr gut. Peru und Kolumbien profitieren
insbesondere von zusätzlichen Marktöffnungen bei
Agrargütern, vor allem Bananen, Zucker sowie Dienst-
leistungen. Kolumbien verpflichtet sich außerdem, den
Schutz der Menschenrechte sowie der Arbeitnehmer-
rechte auszubauen. Dass das Abkommen eine eigene
Menschenrechtsklausel enthalten wird, ist auf die Kritik
aus dem Europäischen Parlament und von deutschen
Gewerkschaften wegen der Behandlung von Gewerk-
schaftern in Kolumbien zurückzuführen und wird von
CDU und CSU ausdrücklich begrüßt.

Die Union freut sich über den Abschluss des Abkom-
mens, nicht zuletzt aufgrund des Handelsvolumens mit
beiden Staaten, das im Jahr 2009 circa 3 Milliarden
Euro betrug, und der Tatsache, dass Kolumbien und
Peru schon jetzt diejenigen Staaten sind, die in Latein-
amerika die größten Wachstumsraten aufweisen. Im
Übrigen möchte ich daran erinnern, dass nicht nur die
Europäische Union und Deutschland ein großes Inte-
resse an einem Freihandelsabkommen haben, auch
Kolumbien und Peru haben sich stark für ein solches
Abkommen eingesetzt. Dies betonte erst kürzlich Kolum-
biens Präsident Uribe im Vorfeld der Präsidentschafts-
wahlen.

Einige Stimmen beklagen, dass der Verhandlungspro-
zess mit Kolumbien und Peru nicht transparent genug
abgelaufen sei, dass eine politische Debatte über das
Handelsabkommen nicht stattgefunden habe und zu we-
nig Fortschritte beim Schutz der Menschen- und Arbeit-
nehmerrechte gemacht würden. Dem widerspreche ich,

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Zu Protokoll ge

(C (D enn das Abkommen ist seit Verhandlungsbeginn sowohl ei den zuständigen Berichterstattern im Deutschen undestag als auch bei den EU-Parlamentariern in der iskussion. Die EU pflegt darüber hinaus einen regeläßigen bilateralen Menschenrechtsdialog mit kolumianischen Behörden. In diesem Forum wurde auch mmer wieder darauf gedrängt, Betroffene wie Gewerkchafter und Angehörige von Opferverbänden zu schüten. Im Übrigen macht es sich die Fraktion Die Linke zu infach, Peru und Kolumbien in einen Topf zu werfen. iemand bezweifelt, dass es vor allem in Kolumbien och Menschenrechtsverletzungen gibt. Wir werden daüber gerade in der aktuellen Presse angesichts der dereit stattfindenden Präsidentschaftswahl informiert. Es uss aber auch einmal gesagt werden, dass sowohl in olumbien als auch in Peru in den letzten Jahren in der ustiz und bei der Aufarbeitung viele Fortschritte geacht wurden. Das Abkommen unterstützt diese Fortschritte, indem s einen Schritt weiter geht und eine von mir bereits anangs erwähnte eigene Menschenrechtsklausel und eineutige Festlegungen zur Einhaltung internationaler ernarbeitsnormen enthält. Dass man sich darauf hat inigen können, ist in hohem Maße anzuerkennen, da enschenrechtsaspekte üblicherweise in Handelsab ommen nicht verhandelt werden. Wir haben Ihnen bereits in den Beratungen zu Ihrem ntrag „Menschenrechte in Kolumbien auf die Agenda etzen – Freihandelsabkommen EU-Kolumbien stopen“ auf Drucksache 17/1546 dargelegt, dass die CDU/ SU der Überzeugung ist, durch das Freihandelsabommen die menschenund arbeitsrechtliche Lage entpannen zu können. Es macht keinen Sinn, Kolumbien zu solieren. Sie sollten endlich zur Kenntnis nehmen, dass olche Verträge viele positive Effekte auf die wirtschaftiche Entwicklung in einem Land selbst haben und diese iederum zur Verbesserung der menschenrechtlichen age beiträgt. Gelingende Handelsbeziehungen können as Vehikel sein, und sie waren es in der Vergangenheit ft genug, die Einhaltung von Menschenrechten zu eröglichen und dann auch einzufordern. Die Widersprüchlichkeit der Linken wird an diesem ntrag geradezu exemplarisch sichtbar. Während stänig gefordert wird, den Handel nicht unabhängig von enschenrechten, Umwelt und Sozialstandards zu se en, wird in der konkreten Ausgestaltung nun gerade die rweiterung der Abkommen zum Anlass genommen, sie erzögern und verhindern zu wollen. Im Übrigen ist die eradezu sprichwörtliche Einäugigkeit der Linken geade bei den Abkommen mit Peru und Kolumbien sichtar geworden. Diese Fraktion zeigt bei der Kritik an soialen und politischen Zuständen in Lateinamerika ein o ausgeprägtes Maß an Doppelstandards, dass ich ich immer frage, wie sie das aushalten kann. Wir wol en, dass ganz Lateinamerika auf dem Weg der sozialen erechtigkeit, der Menschenrechte, der wirtschaftlichen nd der demokratischen Entwicklung vorankommt. azu bieten wir als Europäer partnerschaftliche Wege n, die von Peru und Kolumbien angenommen worden Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms gebene Reden )





(A) )

sind, während sie andere abgelehnt haben. Dass gerade
das Europäische Parlament Wert auf Abkommen legt,
die nicht nur wirtschaftliche Beziehungen im Auge ha-
ben, ist ganz im Sinne der Diskussionen im Deutschen
Bundestag über eine nachhaltige Entwicklung. Deshalb
sollte alles vermieden werden, was erste sehr positive
Ansätze sabotieren würde, wie der Antrag der Linken
das versucht.

Die Fraktion Die Linke fordert, die Mitspracherechte
des Deutschen Bundestages bei EU-Vorlagen zu sichern.
Durch den neuen EU-Grundlagenvertrag, den – wenn
wir uns erinnern – die Linke nicht wollte, sind die Betei-
ligungs- und Mitwirkungsrechte des Bundestages und
des Bundesrates gestärkt wurden. Bei den Verhandlun-
gen dazu hat sich vor allem die CDU/CSU-Fraktion da-
für eingesetzt, dass erstens die Regelungen der Zusam-
menarbeitsvereinbarungen in dem Gesetz über die
Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem
Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union,
EUZBBG, festgehalten werden, und zweitens die Bun-
desregierung unser Parlament frühzeitig und besser
über die Vorhaben der EU unterrichtet. Die Berichts-
und Informationspflicht seitens der EU-Kommission
wurde also ausgeweitet. Die Mitwirkungsrechte dürfen
aber nicht zu einem Blockadeinstrument im Sinne der
Linken ausgestaltet werden.

Wir werden bei der weiteren Debatte über die Abkom-
men sorgfältig beachten, ob sich aus den über die Han-
delszuständigkeit hinausgehenden Teilen des Abkommens
ein bestimmtes Verhalten des Bundestages notwendiger-
weise ergibt. Der bisherige Beratungszeitplan sowohl
auf europäischer als auch nationaler Ebene lässt über-
haupt nicht den Eindruck entstehen, dass nun hektische
Aktivitäten erforderlich seien, wie es der vorliegende An-
trag vorgaukelt.

Da die endgültigen Texte des EU-Freihandelsabkom-
mens mit Kolumbien und Peru zurzeit noch erstellt und
rechtsförmlich geprüft werden und damit noch die Zu-
stimmung der EU-Mitgliedstaaten und des Europäi-
schen Parlaments notwendig ist, bin ich zuversichtlich
und überzeugt davon, dass die mit den Begleitgesetzen
zum Lissabon-Vertrag eröffneten Möglichkeiten größe-
rer parlamentarischer Kontrolle aktiv und umfänglich
wahrgenommen werden. Was der Deutsche Bundestag in
der Wahrung seiner eigenen Rechte tun kann, wird er auf
keinen Fall versäumen.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1704632100

Zu den europarechtlichen Aspekten des Antrags der

Linken „Freihandelsabkommen EU-Kolumbien-Peru:
Mitwirkungsrecht des Deutschen Bundestags sichern“
und der Frage, ob der Deutsche Bundestag das Freihan-
delsabkommen ratifizieren muss, kann ich keine juristi-
sche Beurteilung abgeben.

Zu den menschenrechts- und entwicklungspoltischen
Komponenten des Antrags möchte ich auf den Antrag
der SPD-Fraktion „Menschrechtsschutz im Handelsab-
kommen der Europäischen Union mit Kolumbien und
Peru verankern“, Bundestagsdrucksache 17/883, ver-
weisen, der bereits am 4. März 2010 in den Bundestag

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(C (D ingebracht und beraten wurde. Auch die Linkspartei atte hierzu nochmals einen eigenen Antrag eingeracht. Da hierzu bereits eine ausführliche Debatte im arlament stattfand, möchte ich die Argumente der PD-Fraktion hier nicht noch einmal wiederholen. Zuammengefasst ist es aus meiner Sicht äußerst wichtig, ass in Freihandelsabkommen der EU mit Entwickungsländern ein besonders starkes Gewicht auf menchenrechtliche, ökologische und soziale Standards geegt wird. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert seit vielen Jahen in unzähligen Bundestagsanträgen neben der Einaltung der Menschenrechte die verbindliche Aufnahme on ökologischen und sozialen Mindeststandards wie en ILO-Kernarbeitsnormen in das Regelwerk der Weltandelsorganisation, WTO, und analog in alle bilateraen Handelsabkommen Deutschlands und der EU. Die Menschenrechtssituation in Kolumbien ist beorgniserregend, und deshalb ist es richtig, eine gravieende Verbesserung im Handelsabkommen einzufordern. m Unterschied zur Linkspartei sehe ich jedoch im Verleich zu früheren Zeiten auch viele Verbesserungen insesondere der Sicherheitssituation in Kolumbien, wesalb die Mehrheit der dortigen Bevölkerung auch hinter er dortigen Regierung steht. Es ist trotzdem richtig, eiterhin Druck auf die Regierung auszuüben, die Men chenrechtssituation erheblich zu verbessern. Allerdings ürde ich mich freuen, wenn die Linkspartei endlich uch gleiche Maßstäbe an die venezolanische und kubaische Regierung anlegen würde. Die Einhaltung von enschenrechten ist überall einzufordern, unabhängig on der parteipolitischen Ausrichtung der Regierung. Ich möchte abschließend noch einmal die Forderunen der SPD-Fraktion aus dem bereits im Bundestag ingebrachten Antrag vom 4. März 2010 zitieren: Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregieung auf: Erstens. Sich gegenüber den Regierungen von Koumbien und Peru nachdrücklich für die Einhaltung von rundrechten, Menschenrechten und Arbeitnehmer echten und für ein Ende der Gewalt einzusetzen. Zweitens. Bilateral und auf EU-Ebene darauf hinzuirken, dass in Kolumbien und Peru der interne politi che Dialog der staatlichen und nichtstaatlichen Akeure intensiviert wird mit dem Ziel, die Umsetzung der esentlichen Übereinkommen der Vereinten Nationen nd der Internationalen Arbeitsorganisation, ILO, zu enschenrechten und Arbeitnehmerrechten zu fördern. Drittens. Die EU-Kommission und die spanische atspräsidentschaft zu bitten, das multilaterale Freiandelsabkommen der EU mit Kolumbien und Peru auf em EU-LAK-Gipfel, EULAC, am 18. Mai 2010 in adrid nicht übereilt zu unterzeichnen. Eine Unter eichnung kommt nur dann infrage, wenn menschenechtliche, soziale und ökologische Standards sowie entprechende Überprüfungsund Sanktionsmechanismen erbindlich verankert sind. Erich G. Fritz gebene Reden )





(A) )

Viertens. Auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass
künftig wieder konsequent die Strategie verfolgt wird,
regionale statt bi- oder multilaterale Abkommen zu
schließen.

Der Deutsche Bundestag bittet das Europaparlament,
für den Fall der Unterzeichnung des Abkommens auf
dem EU-LAK-Gipfel bei der anschließenden Entschei-
dungsfindung im Parlament die oben genannten
Gesichtspunkte zu berücksichtigen und sein Votum an
menschenrechtliche Forderungen und überprüfbare
Fortschritte zu binden.


Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1704632200

Der Abschluss des Freihandelsabkommens EU-Ko-

lumbien-Peru ist eine gute Nachricht – für alle beteilig-
ten Länder. Es ist an der Zeit, die enormen wirtschaftli-
chen und politischen Potenziale von Südamerika für uns
zu nutzen. Südamerikanische Länder haben in den letz-
ten Jahren eine atemberaubende Erfolgsgeschichte hin-
gelegt und sind wirtschaftspolitisch, aber auch außen-
politisch eine wichtige Stimme in der Welt geworden.
Das Handelsvolumen mit beiden Staaten betrug 2009
circa 3 Milliarden Euro. Das Abkommen wird es den
europäischen Unternehmen ermöglichen, an diesem
Wachstum gleichberechtigt zu partizipieren, insbeson-
dere im Verhältnis zu den USA, die schon entsprechende
Abkommen haben. Ein positiver Aspekt ist weiterhin,
dass Probleme bei Exporten von Bananen und in der
Automobilindustrie ausgeräumt werden konnten. In
Deutschland profitieren die Verbraucher durch niedri-
gere Bananenpreise. Die deutsche Automobilindustrie
findet nun gleichberechtigte Bedingungen vor, wie bis-
lang die USA.

Der erfolgreiche Abschluss noch während der spani-
schen EU-Präsidentschaft ist auch ein gutes Zeichen ge-
gen Protektionismus und die Stärkung des internationa-
len Regulierungsrahmens. Der Antrag der Fraktion Die
Linke zum Thema Freihandelsabkommen EU-Kolum-
bien-Peru bezüglich des Mitwirkungsrechts des Deut-
schen Bundestags impliziert, dass Informationen über
das Abkommen nicht verfügbar sind. Tatsächlich sind im
Rahmen des Zusammenarbeitsverfahrens alle Doku-
mente auch dem Bundestag übermittelt worden. Die Ver-
handlungen zu diesem Abkommen sind schon lange be-
kannt und begannen zum Assoziierungsabkommen 2007
unter deutscher EU-Präsidentschaft. Die unter deut-
scher EU-Präsidentschaft 2007 begonnenen bi-regiona-
len Assoziierungsverhandlungen der EU mit der Anden-
gemeinschaft wurden nach dem Rückzug Boliviens seit
Januar 2009 als Freihandelsverhandlungen mit Kolum-
bien, Peru und Ecuador geführt, wobei am 1. März 2010
nur die Verhandlungen mit Kolumbien und Peru zum Ab-
schluss gebracht werden konnten. Die Paraphierung der
Abkommen beim Gipfeltreffen der Staats- und Regie-
rungschefs der EU und Lateinamerikas erfolgte am
18. Mai 2010 in Madrid.

Die Kritik der Antragsteller kann ich im Bezug auf
behauptete Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien
und Peru nicht nachvollziehen. Denn durch die weiteren
wirtschaftlichen Fortschritte der beiden Länder, die das

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Zu Protokoll ge

(C (D bkommen mit sich bringt, wird auch der politische Proess der Öffnung der beiden Länder unterstützt, zumal uch das Abkommen selbst darauf einen Augenmerk egt. Es enthält eine eigene und sanktionierbare Menchenrechtsklausel und eindeutige Festlegungen zur inhaltung zum Beispiel internationaler Kernarbeitsormen. Der Antrag der Fraktion Die Linke ist politisch eineitig, inhaltlich zumeist falsch und lässt weitestgehend ie erfolgreichen Anstrengungen beider Staaten außer cht, Gewalt einzudämmen und Menschenrechtsverletungen zu bekämpfen. Auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel am 18. und 9. Mai dieses Jahres hat die EU mit Kolumbien und eru ein sogenanntes Assoziierungsabkommen untereichnet, trotz der massiven Kritik von sozialen Beweungen, Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen n der Menschenrechtssituation in diesen Ländern und en Auswirkungen von Freihandelsabkommen. Das teht der Mitte der 1990er-Jahre verabschiedeten Menchenrechtsund Demokratieklausel der EU entgegen. iese besagt, dass die EU mit Staaten, die die Men chenrechte verletzen, ihre Kooperation erst gar nicht eginnen bzw. aussetzen oder einschränken soll, beipielsweise durch eine Einschränkung des Waffenhanels, von Militärhilfen oder eine inhaltliche Änderung nderer wirtschaftlicher Kooperationsprogramme, die iese Staaten bei die Verletzung der genannten Klausel art treffen würde. Nach den verschiedenen Stellungnahmen der Bundesegierung zur Menschenrechtslage in Kolumbien zu ureilen, ist der Bundesregierung, aber auch der europäichen Exekutive bekannt, dass in dem Partnerland olumbien massive Menschenrechtsverletzungen beangen werden. Warum also dieses Abkommen? Die Anahme, die Umsetzung wirke sich positiv auf die Menchenrechtslage eines Landes wie Kolumbien aus, ist einer Hohn für die 300 000 neuen Vertriebenen, die 8 ermordeten Gewerkschafter im Jahre 2009 und für ie Familien der über 1 200 Fälle der durch das kolumianische Militär systematisch erfolgten Verschleppung nd Ermordung von Unschuldigen. In diesem aggressien Wettbewerb wird es viele Verlierer und nur wenige ewinner geben. Um nur ein Beispiel zu benennen, arnte die kolumbianische Viehzüchterföderation noch or der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens: … das zu unterzeichnende Freihandelsabkommen zertört die Produktion von Fleisch, Milch und deren Ereugnisse im ungleichen Wettbewerb mit der EU und ringt mehr Armut und Hunger in die ländlichen Regioen und für 400 000 Familien den Ruin“. Gerade die Bundesregierung war Motor bei den Verandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Kolumien. Das zeigt: Menschenrechte zählen nichts gegenber den wirtschaftlichen Interessen der in Kolumbien ätigen deutschen und europäischen Unternehmen. enn deren Handelsgewinne vergrößern sich mit dem reihandelsabkommen, ihren Investitionen werden hö Dr. Sascha Raabe gebene Reden Heike Hänsel )

Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704632300







(A) )

here Profite garantiert – sie gehören zu den wenigen Ge-
winnern.

Die Linke fordert das gesetzlich garantierte Mitspra-
cherecht des Bundestages bei EU-Verträgen, die über
die Handelspolitik hinausreichen, bei dem anstehenden
Ratifizierungsprozess des Freihandelsabkommens ein.
Dieses Abkommen enthält Regelungen zur Liberalisie-
rung der öffentlichen Beschaffungsmärkte und zur Libe-
ralisierung des Wettbewerbsrechts sowie des Investi-
tions- und Patentschutzes und greift fundamental in die
Ordnungspolitik der lateinamerikanischen Partnerlän-
der ein. Somit berührt es entwicklungspolitische Fra-
gen, die die Zuständigkeit der nationalen Parlamente
der Mitgliedsländer betreffen. Zudem beinhaltet das Ab-
kommen auch Klauseln zu Menschenrechten und der
Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, die
nicht handelsrelevant sind.

Stärken wir den demokratischen Entscheidungspro-
zess in der EU, schenken wir endlich den Opfern der
Öffnung der Märkte im Süden Aufmerksamkeit. Setzen
wir uns gemeinsam für solidarische Wirtschaftsbezie-
hungen und für eine andere Handelspolitik ein, die den
Kleinbauernbewegungen in Lateinamerika und der Ka-
ribik sowie in Europa das Überleben und die Ernäh-
rungssouveränität der Länder ermöglicht.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704632400

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU, Kolum-

bien und Peru, das beim EU-Lateinamerika-Gipfel in
Madrid paraphiert wurde, hat mich in den vergangenen
Wochen und Monaten stark beschäftigt und ich habe es
auch wiederholt kritisiert. Denn mit diesem Abkommen
wird die EU nicht dem Anspruch gerecht, den sie selbst
für Abkommen dieser Art definiert hat. Am offensicht-
lichsten reißt die EU die Latte bei der Förderung der re-
gionalen Integration: Nicht ein Assoziierungsabkommen
mit der gesamten Andengemeinschaft soll bald unter-
zeichnet und ratifiziert werden, sondern ein reines Frei-
handelsabkommen mit Peru und Kolumbien. Ecuador
und Bolivien stiegen aus dem Verhandlungsprozess aus.
Denn sie waren nicht bereit, ihre Märkte so weit zu öff-
nen, wie es die EU verlangte. Der Integrationsprozess in
der Andengemeinschaft geht geschwächt und nicht ge-
stärkt aus den Verhandlungen hervor.

Die EU hatte zudem postuliert, mit dem Abkommen zu
mehr Entwicklung und weniger Armut beitragen zu wol-
len. Die Europäische Kommission gab zwar eine Studie
über die Nachhaltigkeit des geplanten Abkommens in
Auftrag, EU-Andean Trade Sustainability Impact As-
sessment. Die Ergebnisse der Studie scheinen aber we-
nig Einfluss in das Abkommen gefunden zu haben.

Auch zum Schutz der Menschenrechte sollte das Ab-
kommen einen Beitrag leisten. Von der Bundesregierung
wurde uns wiederholt zugesichert, dass das Abkommen
eine „sanktionsbewehrte Menschenrechtsklausel“ ent-
hält. Wie diese Klausel aber genau formuliert sei und in
welchem Fall welche Sanktionen greifen würden, das
konnte uns die Bundesregierung bisher nicht beantwor-
ten. Es ist sogar zu befürchten, dass das Abkommen gar
keine neue Menschenrechtsklausel enthält, sondern sich

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(C (D ediglich auf die bereits bestehenden Verträge bezieht, ie gezeigt haben, dass sie keine Zähne haben. Aber das wissen wir nicht, da wir den endgültigen ext des Abkommens noch immer nicht kennen. Die rage, ob es sich um eine „neue“ oder eine „alte“ Menchenrechtsklausel handelt, ist aber zentral für die rage, ob der Bundestag das Abkommen ratifizieren uss oder nicht. Denn nach dem Begleitgesetz zum Lis abonner Vertag muss der Bundestag Verträge ratifizieen, wenn Politikbereiche tangiert sind, die anders als er Handelsbereich nicht alleinige Kompetenz der EU ind. Menschenrechtspolitik ist ein solcher Bereich. Ich hoffe, dass das Abkommen wirklich eine neue enschenrechtsklausel enthält, die sanktionsbewehrt st. Ich hoffe, dass der Deutsche Bundestag das Abkomen ratifizieren muss. Ich hoffe und erwarte aber auch, ass die Bundesregierung ihren Pflichten gerecht wird, ie sich aus dem Lissabonner Vertrag ableiten, und uns ügig und umfänglich über das Abkommen informiert nd uns den Text zugänglich macht. Denn zum jetzigen eitpunkt haben wir schlicht und ergreifend nicht auseichend Informationen, auch wenn der Antrag der Linen diesen Eindruck vermittelt. Ich habe mir das im Antrag erwähnte Papier des Wisenschaftlichen Dienstes angeschaut. Ich muss sagen, ch war schon erstaunt, dass die Linke, obwohl sie sich uf diesen Sachstand bezieht, im zentralen Punkt zu eier vollkommen anderen Schlussfolgerung kommt als er Wissenschaftliche Dienst. Während es in dem Sachtand heißt „Nach vorläufiger Einschätzung spricht eiiges dafür, dass eine Ratifikation durch die Mitgliedtaaten nicht erforderlich ist“, lese ich im Antrag der inken: „Deshalb ist eine Ratifizierung durch die Parlaente der Mitgliedstaaten der EU erforderlich“. Ich teile den Wunsch der Linken, dass das Abkommen n diesem Hohen Hause thematisiert wird, und wir als bgeordnete die Möglichkeit haben, der Ratifikation zuustimmen oder sie abzulehnen. Wenn es sich um ein emischtes Abkommen handelt, dann muss die Bundesegierung auch ohne einen solchen Antrag einen Gesetzntwurf für die Ratifizierung vorlegen. Dann wird meine raktion sehr genau prüfen, ob dieses Abkommen wirk ich einen Beitrag zu Entwicklung, Menschenrechten, emokratie und regionaler Integration leistet. Und ollte der Bundestag mit dem Argument, dass es sich icht um ein gemischtes Abkommen handelt, nicht zur atifizierung aufgefordert werden, dann können wir imer noch überlegen, ob diese Frage nicht auch auf dem echtsweg geklärt werden kann. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/1970 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Auch hier ist die Feerführung strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und DP wünschen Federführung beim Ausschuss für Wirtchaft und Technologie. Die Fraktion Die Linke wünscht ederführung beim Ausschuss für wirtschaftliche Zuammenarbeit und Entwicklung. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704632500




(A) )

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
Fraktion Die Linke abstimmen. Wer stimmt für diesen
Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Der Überweisungsvorschlag ist abgelehnt mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Oppositionsfraktionen.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP – Federführung beim
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – abstimmen.
Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer
stimmt dagegen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit
dem gleichen Mehrheitsverhältnis angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Petra
Crone, Dirk Becker, Gerd Bollmann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Illegalen Holzeinschlag durch eine durchgrei-
fende EU-Verordnung wirksam verhindern

– Drucksache 17/1962 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Auch hier werden die Reden zu Protokoll genom-
men. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und
Kollegen Alois Gerig, CDU/CSU, Petra Crone, SPD,
Dr. Christel Happach-Kasan, FDP, Eva Bulling-Schröter,
Die Linke, und Cornelia Behm, Bündnis 90/Die Grünen.


Alois Gerig (CDU):
Rede ID: ID1704632600

In vielen Teilen der Welt ist es noch nicht gelungen,

die Zerstörung der Wälder aufzuhalten. Jährlich gehen
13 Millionen Hektar Naturwälder verloren – insbeson-
dere in den Tropen. Durch Waldzerstörungen verschwin-
den nicht nur wertvolle Lebensräume für Tiere und
Pflanzen. Auch die für den Klimaschutz notwendige
Kohlenstoffspeicherung der Wälder wird erheblich ab-
gesenkt. Waldzerstörungen tragen mit rund 20 Prozent
zu den globalen Emissionen von Treibhausgasen bei.

Die Ursachen für die Waldzerstörungen sind vielfäl-
tig. In Schwellen- und Entwicklungsländern tragen ne-
ben der Gewinnung von Agrar- und Siedlungsflächen
auch der illegale Holzeinschlag zur Waldzerstörung er-
heblich bei. Der illegale Holzeinschlag wird wesentlich
durch die – nicht zuletzt bei uns in Europa – bestehende
Nachfrage nach Holz verursacht. Aufgrund der überra-
genden Bedeutung des Waldes für die Biodiversität und
den Klimaschutz muss der Waldzerstörung unbedingt
Einhalt geboten werden. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist,
den Handel mit illegal geschlagenem Holz zu unterbin-
den.

Der illegale Holzeinschlag ist ein globales Problem,
das Deutschland alleine nicht lösen kann. Fortschritte
sind nur zu erwarten, wenn die Europäische Union ge-
schlossen handelt. Ein wichtiger Schritt in diese Rich-

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(C (D ung ist der EU-Aktionsplan „Rechtsdurchsetzung, Poliikgestaltung und Handel im Forstsektor“ (Forest Law nforcement, Governance and Trade – FLEGT)

iesem Aktionsplan setzen die EU und die Mitgliedstaa-
en richtigerweise an verschiedenen Stellschrauben an,
m illegalen Holzeinschlag zu bekämpfen – beispiels-
eise beim Holzhandel, in der Entwicklungszusammen-
rbeit und im öffentlichen Auftragswesen.

Ein wichtiger Baustein des FLEGT-Aktionsplans der
U ist eine Verordnung, die den Handel mit Holz regelt.
ie EU-Kommission hat deshalb einen Entwurf für eine
erordnung über die Verpflichtungen von Marktteilneh-
ern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen,

orgelegt. Der Umweltausschuss des Europäischen Par-
aments hat erhebliche Änderungswünsche angemeldet.

Zurzeit verhandeln die Kommission, Agrarminister-
at und Parlament über eine Lösung. Es ist nicht auszu-
chließen, dass heute in diesem Trilog eine Einigung er-
ielt werden kann. In diesem Fall wäre der Antrag
berflüssig. Aber auch sonst macht es wenig Sinn, mit
iesem Antrag Forderungen an die Bundesregierung zu
ichten. In den schwierigen Verhandlungen zeichnen
ich in den strittigen Punkten Lösungen ab. Die Bundes-
egierung arbeitet konstruktiv und kompromissbereit an
iner tragfähigen Einigung mit. Hervorzuheben ist, dass
ich die Bundesregierung bereits seit Jahren engagiert
ür eine wirksame Verordnung einsetzt.

Der strittigste Punkt in den Verhandlungen ist, ob ein
ermarktungsverbot für illegal geschlagenes Holz ein-
eführt werden soll. Ein Vermarktungsverbot wäre nur
chwer umzusetzen, da im Einzelfall der illegale Ein-
chlag, also der Rechtsbruch im Drittland, nachgewie-
en werden müsste. Dies ist derzeit in aller Regel nicht
erichtsfest möglich. Gleichwohl ist die Bundesregie-
ung bereit, ein Vermarktungsverbot zu akzeptieren. Aus
einer Sicht ist das richtig: Von Europa muss das un-
issverständliche Signal ausgehen, dass der illegale
olzeinschlag entschieden bekämpft wird.

Richtig ist auch die Zielsetzung der Bundesregierung,
ass aus der angestrebten Verordnung keine übermäßi-
en Belastungen für die Waldbesitzer und die Holzwirt-
chaft in Deutschland resultieren dürfen. So sollte die
ückverfolgbarkeit über die gesamte Handelskette
ewährleistet werden. Besondere Sorgfaltspflichten da-
über, ob das Holz aus legalem Einschlag stammt, soll-
en aber nur dem Erstinverkehrbringer auferlegt wer-
en.

Ebenso sollte darauf geachtet werden, dass deutsche
aldbesitzer, die Holz aus dem eigenen Wald vermark-

en, keine überzogenen Nachweispflichten erfüllen müs-
en. Die bestehenden Dokumentationspflichten für
aldbesitzer sind ausreichend, um die Rückverfolgbar-

eit sicherzustellen. Hinzu kommt, dass in Deutschland
ie in den allermeisten anderen EU-Mitgliedstaaten
olz nachhaltig erzeugt wird und das Risiko des illega-

en Holzeinschlags vernachlässigbar gering ist. Das
roblem des illegalen Holzeinschlags ist außerhalb der
uropäischen Union zu finden. Dies darf nicht zu Belas-

ungen für die legale und nachhaltige Waldbewirtschaf-
ung hierzulande führen.


(A) )


)(B)

Holz ist unser wichtigster nachwachsender Rohstoff.
Es ist zu erwarten, dass seine stoffliche und energetische
Nutzung in den kommenden Jahren zunehmen wird. Dies
ist auch erforderlich, wenn wir unsere ehrgeizigen Kli-
maschutzziele erreichen wollen. Gleichzeitig wollen wir
die biologische Vielfalt im Wald schützen und den Wald
als Erholungsraum für Menschen erhalten. Vor diesem
Hintergrund verbietet es sich, die circa 2 Millionen pri-
vaten Waldbesitzer mit neuer ungerechtfertigter Büro-
kratie zu belasten.

Vielmehr muss erreicht werden, dass die notwendige
EU-Verordnung zu einem Vorteil für die heimische
Forstwirtschaft wird. Der Handel mit illegal geschlage-
nem Holz drückt den Holzpreis – dies ist eine erhebliche
Wettbewerbsverzerrung für unsere Forstwirtschaft, die
ihr Holz durch eine naturnahe und nachhaltige Waldbe-
wirtschaftung und damit kostenintensiv erzeugt. Die bal-
dige Umsetzung der Verordnung ist nicht nur aus Klima-
schutzgründen notwendig. Es geht auch darum, für
einen faireren Wettbewerb auf dem Holzmarkt zu sorgen.


Petra Crone (SPD):
Rede ID: ID1704632700

Die illegale Abholzung ist leider in vielen waldreichen

Ländern der Welt immer noch gängige Praxis. Der ge-
samte Waldflächenverlust der Erde beläuft sich laut Be-
rechnungen der Welternährungsorganisation, FAO, auf
jährlich auf etwa 13 Millionen Hektar; in jeder Minute
verschwinden 14 Hektar Wald unwiederbringlich, über-
wiegend tropischer Regenwald. 130 000 Quadratkilome-
ter entsprechen ungefähr der Größe Griechenlands.
Deutschlands Wälder mit insgesamt 110 000 Quadratki-
lometern wären innerhalb eines Jahres demzufolge kom-
plett weg.

Ein starker Motor für die Zerstörung der Wälder ist
die internationale, auch die europäische Nachfrage
nach billigem Holz und die Umwandlung von Waldflä-
che in Acker- oder Weideland. Illegaler Holzeinschlag
ist ein Problem, das in seinen Ausmaßen nicht verhee-
rend genug beschrieben werden kann: vom Verlust der
Artenvielfalt bis hin zu den nachteiligen sozialen Folgen
für die dortige Bevölkerung. Waldrodung ist zudem nach
Berechnungen für rund 20 Prozent der Treibhausemis-
sionen verantwortlich. Umso unverständlicher ist, dass
bisher der Import solch illegal geschlagenen Holzes in
die Europäische Union und damit auch nach Deutsch-
land ungeahndet bleibt. Es ist vorrangig ein Verdienst
der zahlreichen Umweltorganisationen, dass sie unseren
Blick – als Gesellschaft im Allgemeinen und als Parla-
mentarier im Besonderen – immer wieder in diese Rich-
tung lenken. Die globale Waldvernichtung ist kein Pro-
blem, dass erst jetzt bekannt wurde. Seit Jahrzehnten
– so Cornelia Behm in einer früheren Rede zum Thema –
wird diskutiert, wie die Zerstörung der Urwälder ge-
stoppt werden könnte.

So wurde von der rot-grünen Regierung ein Gesetz
zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vorgelegt,
das das Ziel verfolgte, Urwälder vor illegalem Holzein-
schlag zu schützen. Auch ein 2004 von der CDU/CSU-
Fraktion im Deutschen Bundestag eingebrachter Antrag
forderte die Bundesregierung auf, den Besitz und die

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(C (D ermarktung von Holz und Holzprodukten zu unterbinen. Durch die vorgezogenen Bundestagswahlen im ahr 2005 wurde der parlamentarische Vorgang nicht um Abschluss gebracht. 2006 wurde er von Bündnis 90/ ie Grünen wieder aufgegriffen und mit den Stimmen er jetzigen Regierungskoalition und – das kann ich icht unerwähnt lassen – derer der SPD abgelehnt. eine Vorgänger innerhalb der SPD-Bundestagsfrak ion sahen damals vor allem Schwierigkeiten im Hinlick auf die Nachweisführung und Kontrolle des vorgechlagenen Zertifizierungsprozesses und fürchteten inen gewaltigen bürokratischen Aufwand für eine roße Zahl von Betrieben der Holzwirtschaft. Auch die inke äußerte damals Zweifel an der Wirksamkeit, unter nderem wegen Lücken bei den vom Gesetz erfassten olzprodukten und wegen der Jahresumsatzgrenze für nternehmen. Auch ich finde es bedauerlich, dass die es Gesetz in der vorherigen Legislaturperiode nicht in raft treten konnte. Trotz inhaltlicher Schwächen wäre ie Symbolkraft doch eine hohe gewesen und hätte an er einen oder anderen Stelle Prozesse beschleunigen önnen. Die Notwendigkeit, eine europaweite Regelung einzuühren, war schon damals unstrittig. Um den Blick wieer nach vorn und auf Europa zu richten: Über 90 Proent aller EU-Bürger fordern ein wirksames Gesetz zur ekämpfung des Handels mit Holz aus illegalen Quel en, wie eine Umfrage des WWF ergab. Gerade verhaneln Vertreter von Kommission, Parlament und Rat der U ein Holzhandelsgesetz im Rahmen des FLEGT-Proesses. Deutschland könnte durch sein Stimmengewicht m EU-Rat zu einem klaren Votum beitragen, um den aubbau an den Wäldern entscheidend zu bremsen. Auch die altbekannten Einwände aus der Holzwirtchaft sind durch gute Argumente entkräftet: Illegaler olzeinschlag drückt durch seine Billigangebote den olzpreis weltweit um schätzungsweise 16 Prozent. eutsche Waldbesitzer und Unternehmen der Holzbran he, die auf Nachhaltigkeit im Anbau und Vertrieb seten, sind dadurch einem unfairen Wettbewerb ausgeetzt. Allein hierzulande kommen fast 10 Prozent der olzimporte aus illegalen Quellen. Der jährliche wirt chaftliche Schaden durch entgangene Einnahmen für taat, Industrie und Waldbesitzer beläuft sich EU-weit uf rund 11 Milliarden Euro. Hinzu kommt der Imagechaden für den Rohstoff Holz und den gesamten Forstektor. Der dann mögliche Nachweis von Legalität wird in erheblicher Pluspunkt im Wettbewerb sein. Der illegale Holzeinschlag unter Missachtung natioaler und internationaler Rechtsvorschriften muss effekiver eingedämmt werden, als es die schwarz-gelbe Kolition bisher betreibt. Wir bekräftigen mit unserem ntrag unsere Forderung nach einer kombinierten Heangehensweise aus generellem Verbot von Holz und olzerzeugnissen aus illegalen Quellen in Ergänzung zu inem effizienten System der Sorgfaltspflichtregelung, elches alle Marktteilnehmer nutzen, die Holzprodukte ls Erste auf den europäischen Markt bringen. Alle weieren Marktteilnehmer nutzen ein System der lückenloen Rückverfolgung. EU-weit fordern wir ein Mindestaß an Sanktionen und Strafmaßnahmen, um gleiche Alois Gerig gebene Reden )





(A) )

Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer zu
schaffen und um dadurch Eingangsstellen illegalen Hol-
zes in den EU-Markt zu vermeiden. Alle Holzprodukte,
die illegal geschlagenes Holz enthalten könnten, müssen
unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.

Wir appellieren an die Bundesregierung, unseren
Vorschlägen zu folgen und damit eine für Umwelt und
Wirtschaft wirksame Verordnung auf den Weg zu brin-
gen. Die Verbraucher können dann sicher sein, dass ihre
Waren aus Holz und das Holz selbst aus legaler Wald-
wirtschaft stammen und nicht zur Zerstörung der letzten
Urwälder beitragen. In diesem Zusammenhang begrüße
ich auch das „Industry Statement“, unter anderem von
großen deutschen bzw. in Deutschland in der Fläche
vertretenen Firmen.

Es wäre schön, wenn es durch unser aller Zutun ge-
länge, ein höchst wirksames Gesetz gegen den Handel
mit Holz illegalen Ursprungs auf die Beine zu stellen.
Damit schlagen wir gemeinsam ein neues Kapitel für
den Schutz der Regenwälder auf. Weitere werden folgen
müssen.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1704632800

In den letzten zehn Jahren gingen nach Angaben der

FAO jährlich 13 Millionen Hektar naturnaher Wälder
verloren. Das ist mehr als die Waldfläche in Deutsch-
land, die 11,1 Millionen Hektar umfasst. Die größten
Verluste treten dabei in Afrika, Südostasien, Südame-
rika, aber auch in Australien auf. Satellitenbilder zeigen
die Verluste deutlich, die Wälder im Kongobecken sind
löchrig geworden, in Brasilien sind die Verluste an Wald
im Amazonasbecken entlang der Flüsse erheblich. An
diesen Verlusten hat der illegale Holzeinschlag einen er-
heblichen Anteil. Die Zahlen aus dem „Global Forest
Resources Assessment 2010“ der FAO machen zudem
deutlich: Außerhalb Europas wird nur ein Bruchteil der
Wälder nach den Kriterien der Nachhaltigkeit bewirt-
schaftet.

Wir brauchen die Urwälder für die Menschen vor
Ort, die Sicherung ihres Lebensunterhalts, für den
Schutz des Klimas, den Erhalt der Wasserreserven und
insbesondere den Erhalt der Artenvielfalt. Artenvielfalt
sichert biologische Informationen. Deshalb sind die Ur-
wälder die Schatzkammern der Erde. Mit dem Verlust
der artenreichen Urwälder sinkt nicht nur die Fähigkeit,
Kohlenstoffdioxid zu binden, auch die einzigartige Bio-
diversität wird zerstört.

Neben dem illegalen Holzeinschlag sind die Wälder
auch bedroht durch die Schaffung von Flächen für den
Anbau von Soja- sowie Palmölplantagen. Deshalb ist es
ein wichtiges Anliegen, über eine Nachhaltigkeitszertifi-
zierung für Biomasse zu verhindern, dass die Nachfrage
in Europa zusätzlichen Anreiz zur Vernichtung von Ur-
wald schafft. Wir wollen, dass die energetische Nutzung
von Biomasse nicht in Misskredit gerät; denn dies ist ein
wichtiges Instrument des Klimaschutzes. Wir sind uns
alle einig, dass der weltweite Schutz der Wälder ein
überragendes gemeinsames Ziel ist. Laut IPCC, Intergo-
vernmental Panel on Climate Change, stammen bis zu
30 Prozent der zusätzlichen Belastungen der Atmo-

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(C (D phäre mit CO2 aus der Zerstörung von Wäldern, insbeondere durch illegalen Holzeinschlag. Deutschland ehört wie China, die USA und Japan zu den großen Imortländern von Holz und Holzprodukten. Die EU hat im ahr 2006 etwa ein Drittel ihres Rohholzes aus Dritttaaten importiert. Deshalb haben wir eine besondere erantwortung, dass von uns genutztes Holz nur aus lealer und selbstverständlich auch nachhaltiger Bewirtchaftung von Wäldern stammt. Wir sind uns einig, dass er Handel mit illegal geschlagenem Holz und insbesonere dessen Import in die EU unterbunden werden muss. uch die FDP unterstützt ausdrücklich den Kampf geen den illegalen Holzeinschlag. Bei aller Einigkeit über das Ziel behalten wir uns leichwohl vor, die vorgeschlagenen Maßnahmen daaufhin zu überprüfen, ob sie unser gemeinsames Ziel irklich auf den Weg bringen. Ziel des SPD-Antrages ist s, durch Errichtung von Handelshemmnissen Wälder in ändern mit schlechter Regierungsführung zu schützen. b dies eine wirksame Strategie ist, ist völlig offen. Vor Jahren wurde die Zertifizierung von Holz als Alleilmittel für den Schutz bedrohter Wälder gepriesen. ir mussten leider feststellen, dass die Zertifizierung er Waldbewirtschaftung in Ländern ohne gute Regieungspraxis, ohne starke Regierungen nicht den erhoffen Erfolg gebracht hat. Eine zuverlässige Zertifizierung st mit zeitund kostenintensiven Kontrollen durch verrauenswürdige Stellen vor Ort verbunden. Eine Reihe on Ländern, beispielsweise China, ist nach wie vor beeit, nichtzertifiziertes Holz oder solches mit fragwürdien Dokumenten in riesigen Mengen zu verarbeiten. Vor iesem globalen Hintergrund stellt sich die Frage, ob ealitätsferne Regelungen in der EU den Schutz gefähreter Wälder wirklich sicherstellen können. Der Kampf gegen den illegalen Holzhandel darf die ationalen und europäischen Kleinwaldbesitzer nicht it unnötigen Bürokratiekosten belasten. Bei der Defini ion der Sorgfaltspflichten für Erstinverkehrbringer, bei er Rückverfolgbarkeit von Holz und Holzerzeugnissen ürfen keine unrealistischen, bürokratischen Türme aufebaut werden. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben im Jahr 008 den sogenannten US Lacey Act auf Holzprodukte usgedehnt. Damit sollen illegale Holzimporte verhinert werden. Bisher wurde ein einziger Fall, der Import llegalen Rosenholzes aus Madagaskar, durch Umeltaktivisten aufgedeckt und vor Gericht gebracht. Ween der Verletzung der Sorgfaltspflicht des Importeurs äre dieser Import auch ohne Verbot des illegalen Holzandels bei uns strafbar. Es bleibt daher abzuwarten, ob as Verbot des Imports von illegalem Holz einen nachaltigen Effekt haben wird. Der im Jahr 2005 von der EU beschlossene FLEGTktionsplan und die Verhandlungen über bilaterale Ver räge mit gefährdeten Staaten, die sogenannten freiwillien Partnerschaftsabkommen oder Voluntary Partnerhip Agreements, VPA, könnten im Gesamtpaket mit iner praktikablen Handelsverordnung zu einer wesentichen Verbesserung im EU-Holzhandel mit Drittstaaten ühren, da sie neben dem Umweltschutz auch soziale Be Petra Crone gebene Reden )





(A) )

lange umfassen und vor Ort ein nachhaltiges Bewusst-
sein stärken.

Für die Bekämpfung folgender Ursachen, der Zerstö-
rung der Urwälder, des illegalen Raubbaus und der be-
drückenden Armut der Bevölkerung in den betroffenen
Gebieten, müssen wir eine jeweils eigene Strategie fin-
den. Die Waldnutzung in Entwicklungsländern muss we-
sentlich der heimischen Bevölkerung zugutekommen.
Wir sollten versuchen, den armen Ländern der Erde zu
helfen, ihre Wälder für die Bekämpfung der Armut zu
nutzen und gleichzeitig ein Bewusstsein für die Bedeu-
tung des Schutzes ihrer Wälder und deren nachhaltiger
Nutzung zu entwickeln. Dafür ist eine Stärkung des Re-
gierungshandelns erforderlich. Statt weiterer internatio-
naler Verordnungen ist Hilfe zur Selbsthilfe die wich-
tigste Aufgabe internationaler Entwicklungshilfepolitik,
aber auch unserer Klimapolitik.

Vor diesem Hintergrund unterstützen wir die vielfälti-
gen Bemühungen der Bundesregierung und halten den
vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion, obwohl wir mit
den Zielen einverstanden sind, für nicht zielführend.
Deshalb lehnen wir den Antrag ab.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704632900

Gestern fand ein parlamentarischer Abend der Um-

weltschutzorganisation WWF statt. In ihren Kurzstate-
ments machten die Vertreterinnen und Vertreter der Bun-
destagsfraktionen klar, dass ihnen der Schutz der letzten
noch verbleibenden Urwälder dieser Erde am Herzen
liegt. Daher solle sich wirksam gegen den Handel mit
Tropenholz aus Raubbau eingesetzt werden. Die Abhol-
zung von Regenwald bedeutet die unwiderrufliche Zer-
störung von Lebensräumen für Orang-Utans, Leoparden
oder Anakondas. Dem Raubbau an der Natur gilt es,
Einhalt zu gebieten. Zumindest für den europäischen
Markt können wir das versuchen, indem wir eine wirk-
lich wirksame Verordnung über die Verpflichtung von
Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Ver-
kehr bringen, auf den Weg bringen.

Genau das wird im vorliegenden Antrag der SPD-
Fraktion gefordert. Ich freue mich darüber, dass nun
auch die SPD in diesem Bereich aktiv wird. Noch in der
letzten Legislatur hat sie sich gegen ein wirksames
Urwaldschutzgesetz ausgesprochen. Zumindest in
Deutschland hätten wir uns schon vier Jahre lang aktiv
gegen den Raubbau von Holz zur Wehr setzen können,
wenn die SPD gewollt hätte. Doch leider ist auch im
Jahr 2010 alles andere als klar, ob es eine wirksame Ver-
ordnung geben wird. Holzindustrie und Teile der Forst-
wirtschaft, Bundesregierung und andere politische
Kräfte wollten bisher wichtige Verbesserungsvorschläge
des Europäischen Parlaments und von Umweltorganisa-
tionen nicht annehmen und somit dem illegalen Holzein-
schlag einen Riegel vorschieben.

Auf der gestrigen Veranstaltung des WWF weckte der
Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums jedoch
die Hoffnung, dass die Bundesregierung nun zu sinnvol-
len Zugeständnissen bereit ist. Sie hält zwar das Verbot
von illegalem Holz für nicht umsetzbar, wird sich einer

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(C (D olchen Forderung jedoch nicht weiter verschließen. alls dem so sein sollte, dann zeigt dies, wie wichtig der ruck von Umweltschutzgruppen und Opposition in den ergangenen Wochen gewesen ist. Die Bundesregierung cheint sich zu bewegen, auch wenn die FDP-Fraktion on der Notwendigkeit eines Verbots von Raubbauholz och nicht überzeugt ist. Die liberale Vertreterin machte eutlich, dass sie davon nichts halte. Hoffen wir also, dass die Bundesregierung nun mit an ord ist und eine Light-Verordnung, wie sie aktuell ohne ie besagten Verbesserungsvorschläge existiert, verhinert werden kann. Dazu sind die vielen Lücken im Verrdnungsentwurf zu schließen. Ich erwarte von der Bunesregierung, dass sie sich in den Verhandlungen wischen dem EU-Parlament, dem Ministerrat und der U-Kommission engagiert für eine wirksame Verordung einsetzen wird. Die Fraktion Die Linke unterstützt ie Forderungen der Umweltverbände nach effizienter ontrolle, lückenloser Verfolgbarkeit bei Verstößen, indestmaßen von Sanktionen und Strafen, keiner Aus ahme von Recyclingprodukten und weiteren Punkten. Dabei ist die Debatte für mich nicht neu. Als umweltolitische Sprecherin meiner Fraktion Die Linke im undestag bin ich bereits seit vielen Jahren mit diesem hema vertraut. Ich weiß, wie langsam die Mühlen in er EU-Umweltgesetzgebung mahlen. Doch dass wir bei iner Holzverordnung inhaltlich und qualitativ den USA die nun leider wirklich nicht als die größten Umweltchützer bekannt sind – hinterherhinken, das verwundert ich schon sehr. Seit 2008 regeln die USA im Lacey Act en Umgang mit illegal geschlagenem Holz. Doch in Europa – und auch in Deutschland – gibt es och viele Vorbehalte gegen deutliche Verbesserungen m Verordnungsentwurf. Dabei ist doch gerade für die inheimische Forstund Holzwirtschaft ein wirksames orgehen gegen Raubbauholz neben den ökologischen ründen auch vor allem aus ökonomischer Hinsicht beeutsam. Im „Industry Statement“ des WWF haben sich ber 60 Wirtschaftsvertreter für eine wirksame Verordung ausgesprochen. Der Antrag enthält die zentralen Forderungen der mweltverbände. Dies ist ein Schritt in die richtige ichtung, ein Baustein, um die massive Abholzung des egenwaldes zu verhindern und den damit verbundenen O2-Ausstoß zu senken. Wir Bündnisgrüne begrüßen und unterstützen diesen PD-Antrag zur Bekämpfung des illegalen Holzeinchlags und Holzhandels. Ich denke, diesen Antrag häten wir gut und gerne gemeinsam einbringen können. ber dafür war die Zeit offenbar noch nicht reif. Immerin haben wir es aber geschafft, einen gemeinsamen undespräsidentenkandidaten zu benennen. Ich hoffe, ass durch das positive Echo darauf nun auch bei der PD die Einsicht greift, dass man durch gemeinsame nträge seine Anliegen aufwertet und die Erwartung, ich bei fehlendem Dissens durch eigenständige Anträge esser profilieren zu können, ein Trugschluss ist. Dr. Christel Happach-Kasan gebene Reden Cornelia Behm )

Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704633000







(A) )

Insbesondere begrüße ich das klare Bekenntnis für
ein generelles Verbot von Holz und Holzerzeugnissen
aus illegalen Quellen auf dem europäischen Markt.
Denn für dieses Verbot haben wir uns in der letzten Le-
gislaturperiode sehr stark eingesetzt – und sind dabei
immer wieder auf den knallharten Widerstand der gro-
ßen Koalition aus Union und SPD gestoßen.

Ich kann es den Kollegen von der SPD nicht ersparen,
sie darauf hinzuweisen, dass die schwarz-rote Bundesre-
gierung, und damit auch die SPD, bei diesem Thema
eine ziemlich unrühmliche Rolle gespielt hat. Zunächst
lehnte sie unseren Gesetzentwurf zur Einführung eines
nationalen Importverbots für illegales Holz mit Verweis
auf die EU-Hoheit für die Außenhandelspolitik ab. Dann
weigerte sie sich standhaft, von der EU-Kommission ei-
nen Vorschlag zur Einführung eines Importverbotes für
illegales Holz zu fordern, bevor nicht die Kommission
ihren Verordnungsentwurf vorgelegt haben würde. Das
haben wir in mehreren Antworten auf Kleine Anfragen
von der alten Regierung schriftlich mitgeteilt bekom-
men. Und zu guter Letzt lehnte die Bundestagsmehrheit
aus Union und SPD unseren Antrag 16/8052 ab, mit dem
wir erreichen wollten, dass sich die Bundesregierung in
der EU für ein EU-weites Importverbot für illegales
Holz einsetzt. Der Kollege Gerhard Botz sagte damals
zur Begründung der Ablehnung: „Partnerschaftsab-
kommen sind grundsätzlich der bessere Weg.“ Die Frus-
tration über diese jahrelang unverrückbare Linie der
SPD haben wir Grüne noch keineswegs vergessen.

Insofern begrüße ich die Kehrtwende der SPD in die-
ser Frage ausdrücklich. Aber ich frage mich, warum die
SPD erst in die Opposition wechseln musste, um auch
bei dieser Frage zur Vernunft zu kommen. Es wäre doch
sehr viel besser gewesen, diese Position bereits konse-
quent zu vertreten, als sie noch Regierungspartei war.
Dann wären wir heute vielleicht schon ein Stück weiter.

Was den Verlauf der Beratungen zum Entwurf für eine
FLEGT-Sorgfaltspflichten-Verordnung der EU betrifft,
so waren wir Bündnisgrüne froh darüber, dass das EU-
Parlament den unzureichenden Verordnungsentwurf der
Kommission in der 1. Lesung im April letzten Jahres er-
heblich verschärft und sich für ein vollwertiges Import-
verbot für illegales Holz ausgesprochen hat. Umso ent-
täuschter waren wir, dass der Ministerrat dann im
Dezember nahezu sämtliche dieser Änderungen abge-
lehnt hat. Wir hoffen nun, dass das Europäische Parla-
ment seine Vorschläge in der 2. Lesung bestätigt. Das
Votum des Umweltausschusses ist hier ermutigend. Und
wir erwarten, dass diese Änderungen dann endlich auch
vom Ministerrat bestätigt werden.

Es wäre gut, wenn dies auch mit Zustimmung
Deutschlands erfolgen würde. Allerdings hat die Bun-
desregierung im Agrarausschuss des Bundestages be-
reits deutlich gemacht, dass Deutschland auch hier wie-
der auf der umweltpolitischen Bremse stehen wird. Die
Bundesregierung lehnt das im Dezember von Großbri-
tannien, den Niederlanden, Spanien, Dänemark und
Belgien geforderte Importverbot für illegales Holz nach
wie vor ab. Deutschland ist im Begriff, seinen Ruf als
umweltpolitischer Vorreiter gründlich zu verspielen,

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(C (D urch eine Politik, die unter Schwarz-Rot begonnen hat ich erinnere nur an das Trauerspiel mit der Bodenchutzrahmenrichtlinie – und jetzt unter Schwarz-Gelb n verschärfter Form fortgesetzt wird. Es wird Zeit, dass eutschland mit dieser Bremserrolle Schluss macht und ei der FLEGT-Sorgfaltspflichten-Verordnung wieder in ie umweltpolitische Offensive kommt. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/1962 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses dem Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht, Alexander Ulrich, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Eurozone reformieren – Staatsbankrotte verhindern – Drucksachen 17/1058, 17/1602 – Berichterstattung: Abgeordnete Ralph Brinkhaus Manfred Zöllmer Dr. Axel Troost Die zu Protokoll zu nehmenden Reden stammen von eter Aumer, CDU/CSU, Manfred Zöllmer, SPD, Frank chäffler, FDP, Alexander Ulrich, Die Linke, und Viola on Cramon-Taubadel, Bündnis 90/Die Grünen. Mit dem Antrag der Fraktion Die Linke wird nicht er eicht – wie in der Überschrift genannt –, die Euro-Zone u reformieren und Staatsbankrotte zu verhindern, sonern die Antragsteller wollen ein anderes Europa, weg on der sozialen Marktwirtschaft, dem Wirtschaftsmoell, das Deutschland stark gemacht hat. Scheinbar wolen Sie mit Ihrem Antrag die Kräfte des Marktes außer raft setzen. Dies vermag keiner in unserem Land, und as wird auch die Starrheit der Linken nicht erreichen. udem machen Sie es sich mit Ihren Erklärungen über ie Ursachen der Krise doch etwas einfach. Schuld sind ie EU, der IWF, da Sie von Griechenland eine solide aushaltspolitik einfordern, Deutschland, weil wir aneblich Steuerund Lohndumping betreiben. Doch so wünschenswert es wäre, Schuldige zu finden nd eine Situation wie die heutige auf einfache Grundtrukturen herunterzubrechen, so zeigen doch aktuelle tudien, dass Sie mit Ihren Thesen falsch liegen. Meine ehr geehrten Damen und Herren Antragssteller, werfen ie einen Blick in die Stellungnahme des Rates zum akualisierten Stabilitätsprogramm Griechenlands für 010 bis 2013: Sie zeigt, wie falsch Sie in Ihrer Einchätzung liegen. Denn darin ist beispielsweise vererkt, dass die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands uch im nichtpreislichen Bereich verbessert werden uss, nämlich durch Investitionen, Reformen der öffent )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704633100
Peter Aumer (CSU):
Rede ID: ID1704633200

(A) )

lichen Verwaltung, Verbesserung der Qualität der Bil-
dung und Reformen bei den Renten. Die Griechen selbst
widersprechen im Übrigen Ihrem Antrag, was ihr eige-
nes Land betrifft. Sie haben Reformen beschlossen und
werden diese auch durchsetzen, weil sie spüren, dass
dies der Weg einer stabilen europäischen Gemeinschaft
und eines stabilen Euros ist.

Zudem verlangt Ihr Antrag, dass Deutschland seine
internationale Wettbewerbsfähigkeit zugunsten eines
Ausgleichs innerhalb der Europäischen Union senken
solle. Deutschland konkurriert nicht primär mit wirt-
schaftlich schwächeren Mitgliedstaaten, sondern doch
vor allem mit den Global Playern dieser Welt. Damit
würde die von Ihnen beabsichtigte Maßnahme nicht nur
den Wirtschaftsstandort Deutschlands schwächen, son-
dern auch für die anderen Mitgliedstaaten nicht den er-
hofften wirtschaftlichen Vorteil herbeiführen.

In Deutschland geschieht die Lohnfindung auf
Grundlage eines bewährten Instrumentariums. Die Ta-
rifautonomie hat sich bewährt, stellt einen Stabilitätsan-
ker dar und trägt zu sozialer Sicherheit und Ausgewo-
genheit in unserem Land bei. Diese infrage zu stellen, ist
äußerst gefährlich. Eine andere Lohnfindung als die
derzeit praktizierte hätte starke Ungleichgewichte auf
dem Arbeitsmarkt zur Folge und auch einen Verlust der
Wettbewerbsfähigkeit, der auch nicht durch eine Steige-
rung der Binnennachfrage kompensiert werden könnte.

Ihr Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren
der Linken hätte zur Folge, dass die Krise in Griechen-
land verschärft werden würde. Damit verspielen Sie
auch die Chance, die in jeder Krise steckt, nämlich einen
zukunftsfähigen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu ge-
stalten, der uns vor einer Situation wie der heutigen in
Zukunft bewahren soll.

Es ist wichtig und richtig, sich in Zukunft auf den Sta-
bilitäts- und Wachstumspakt zu konzentrieren oder, wie
die Wirtschaftsweise di Mauro es formuliert, ihm
„Zähne zu geben". Er muss dort, wo es nötig ist, ver-
schärft werden. In Zukunft müssen Tricksereien in der
Haushaltsstatistik unterbunden werden, Kontrollen ver-
stärkt und wirkungsvolle Instrumente der Prävention
und Sanktion eingerichtet werden. Die Arbeitsgruppe
des EU-Ratspräsidenten Van Rompuy ist dabei, Ansätze
zu entwickeln, wie wir den Stabilitäts- und Wachstums-
pakt weiterentwickeln können. Wir müssen in Europa
wieder zurückkehren zu mehr Solidität. Das ist unsere
Aufgabe in Europa und für Europa. Dazu gehören solide
Finanzen, und dazu gehört ein solides Wirtschaftssys-
tem.

Der eingeschlagene Weg der Bundesregierung ist der
einzig richtige, um die finanzielle Stabilität in der Euro-
Zone als Ganzes zu gewährleisten und den nachhaltigen
Erfolg des Euro zu sichern. Der Antrag der Linken er-
füllt diese Ziele in keinster Weise. Mit der Zustimmung
zu den Hilfen für Griechenland und den daran geknüpf-
ten Auflagen hat der Deutsche Bundestag Entscheidun-
gen von allergrößter Tragweite getroffen. Die Be-
schlüsse sind wegweisend, für die Zukunft Europas und
Deutschlands. Wir handelten und handeln im Interesse
der Bürger, zur Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität

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(C (D nseres Landes und der Stärke des Euro. Das ist unser iel, und wir sind auf dem besten Weg. Vor fast genau einem Monat, am 9. Mai, haben die U, der Internationale Währungsfonds, IWF, und die uropäische Zentralbank, EZB, ein Maßnahmenbündel it Garantien in Höhe von insgesamt 750 Milliarden uro geschnürt, das der Stärkung und dem Schutz des uro dienen soll. Die Finanzminister der Euro-Länder inigten sich diesen Montag in Luxemburg endgültig auf ieses Paket. Es wird eine Zweckgesellschaft gegründet, ie im Notfall Kredite am Kapitalmarkt für Partnerstaaen aufnehmen soll. Anders als beim Kreditpaket für riechenland steuern die Euro-Länder nicht direkt Geld ei, sondern bürgen für die Kredite in Höhe ihrer jeweils estgeschriebenen Teilbeträge. Der Anteil Deutschlands n den Kreditbürgschaften wird etwa 148 Milliarden uro betragen. Die Euro-Währung steht seit Wochen unter starkem ruck, und ein Kurs von unter 1,20 zum Dollar ist zum eginn der Woche neuester Tiefstand seit vier Jahren. Es st aber weniger der Kurs an sich, der einen besorgt acht; denn wir erinnern uns alle auch noch an Kurse on 88 Cent im Verhältnis zum Dollar. Es ist vielmehr er schnelle Verfall unserer Gemeinschaftswährung, der roblematisch ist. Seit November hat der Euro über 0 Prozent verloren. Für diese krisenhafte Situation gibt s mehrere Gründe. Der wichtigste Grund ist sicherlich die erhebliche erschuldung der Staaten, wobei insbesondere die südlihen Länder wie Griechenland, Italien, Spanien oder ortugal am stärksten von einer Überschuldung ihrer taatshaushalte betroffen sind. Aber auch Länder wie ngarn gerieten zuletzt in das Fadenkreuz möglicher otalverschuldung. Doch auch in den anderen EU-Ländern besteht wenig rund zur Freude. Nach aktuellen Schätzungen der EUommission steigen die Staatsdefizite in den 27 EUtaaten 2010 erheblich. Lag das Staatsdefizit 2007 im urchschnitt des Euro-Raums bei nur 0,7 Prozent des ruttoinlandsprodukts, BIP, und damit weit unter dem aastrichter Referenzwert von drei Prozent, so erwartet ie Europäische Kommission für 2010 im Euro-Raum in Staatsdefizit im Schnitt von 7,2 Prozent des BIP. Die uro-Staaten Irland, Griechenland und Spanien wiesen 009 sogar ein zweistelliges Defizit auf. Die durchchnittliche Verschuldung in der Euro-Zone liegt anstatt ei den geforderten 60 bei 84 Prozent. Verstärkt wird die finanzielle Schieflage dadurch, ass es in der Euro-Zone derzeit nur ein geringes wirtchaftliches Wachstum gibt. Damit wird es sehr viel chwerer, aus den Schulden „herauszuwachsen“, und es rscheint in vielen Ländern unklar, wie die Schulden abebaut werden können. Wir müssen insgesamt auch eine mangelnde Hausaltsdisziplin konstatieren. Die Maastricht-Kriterien ind sehr oft nicht eingehalten worden. Durch so ein erhalten verliert man auf Dauer aber das notwendige Peter Aumer gebene Reden )

Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1704633300




(A) )

Vertrauen in die Solidität der Finanz- und Wirtschafts-
politik der Länder in der Euro-Zone. Letztlich sinkt da-
mit die Kreditwürdigkeit, wie wir es im Fall Griechen-
land leider in den vergangenen Monaten erleben
mussten.

Angesichts dieser Entwicklung ist es richtig, wie es
im Antrag der Linken heißt, die Euro-Zone zu reformie-
ren und Staatsbankrotte zu verhindern. Die vorgeschla-
genen Maßnahmen sind dazu aber nicht tauglich. Sie
fordern ein Sammelsurium problematischer Maßnah-
men, die häufig kontraproduktiv wirken. Sie schlagen
sogar die Aussetzung des Europa-Vertrages vor, wenn
Sie eine aktive Umgehung der Bail-out-Klausel fordern.
Da befindet sich die Linkspartei wieder außerhalb der
Realität.

Die Maßnahmen, die nun auf EU-Ebene vereinbart
wurden, sind der richtige Weg:Die Euro-Staaten haben
sich verpflichtet, ihre massiv gestiegenen Defizite be-
schleunigt abzubauen, um die Verschuldung zu stoppen
und umzukehren. Griechenland, Spanien und Portugal
haben mehr als ehrgeizige Sparpläne vorgelegt und ver-
abschiedet.

Auch der 750-Milliarden-Schutzschirm ist notwendig,
weil die Spekulationen damit eingedämmt werden kön-
nen. Damit sind die Mittel aus dem Notfallfonds ein ei-
genständiger Krisenmechanismus. Dies ist das richtige
Signal an die Finanzmärkte, dass sich Spekulationen ge-
gen notleidende Länder in der Eurozone nicht lohnen.

Wir bräuchten jetzt weitere Maßnahmen zur Stabili-
sierung des Euro: Die neue Zweckgesellschaft muss ge-
gründet werden und ihre Arbeit schnellstmöglich auf-
nehmen. Frühzeitige Sanktionen gegen Schuldensünder
und eine stärkere europäische Kontrolle über die Haus-
haltspolitik der Mitgliedstaaten werden den Euro weiter
stabilisieren. Es ist richtig, wenn die Finanzminister
sich für einen direkten Zugang der Kommission zu natio-
nalen Haushaltsstatistiken ausgesprochen haben. Damit
werden Tricksereien wie im Falle Griechenlands zukünf-
tig nicht mehr möglich sein.

Die Beratungen der letzten Monate haben deutlich
gemacht, dass die Regierung in dieser Euro-Krise weder
Linie noch Richtung hatte, keinen Mut zeigte und vor al-
lem auf europäischer Ebene versagt hat. Die Regierung
hat versucht, notwendige Entscheidungen zu verschlep-
pen, und war in ihrer Meinung wankelmütig. Allein die
Äußerungen der Bundeskanzlerin zu möglichen Hilfen
an Griechenland oder zur Frage der Einführung einer
Transaktionsteuer belegen dies leider allzu deutlich.

Sowohl Merkel als auch Bundesminister Schäuble
wirken fast wie Getriebene auf der internationalen und
der europäischen Ebene. Das für sich genommen wäre
vielleicht nur ein politisches Desaster. Aber wäre die
Kanzlerin früher bereit gewesen, zu handeln, wären die
Kosten der Hilfsmaßnahmen sehr viel geringer gewesen.
Die Bundesregierung muss jetzt endlich auch ihrem Ver-
sprechen gerecht werden, gegen Spekulanten vorzuge-
hen und dies auch international durchzusetzen. Wir
brauchen endlich Taten!

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(C (D Was die Linke heute hier vorlegt, ist eine Pervertie ung unserer marktwirtschaftlichen Ordnung. Für eine artei, die den Sozialismus in Deutschland einführen ill, ist dies nur konsequent. Wer die marktwirtschaftlihe Ordnung jedoch stärken will, der darf Risiko und erantwortung nicht außer Kraft setzen, der muss dafür orgen, dass eine Sozialisierung von Verlusten nicht tattfindet. Wer – wie die Linken – die Monetarisierung er Staatsschulden durch die EZB fordert und einer uro-Anleihe das Wort redet, macht jedoch genau dies. r nimmt den Mitgliedstaaten des Euro-Raumes jeglihen Anreiz, selbst für Haushaltsdisziplin zu sorgen. as führt nicht nur bei den Mitgliedstaaten zu einer euen Schuldenlawine, die ohnehin in der Vergangeneit über ihre Verhältnisse gelebt haben, sondern es unergräbt auch bei den noch stabilen Ländern den Anreiz ur Haushaltskonsolidierung. In der Folge würde dies zu einer Politik des billigen eldes und damit zu einer galoppierenden Inflation füh en. Inflation ist die Enteignung von Sparvermögen. Sie irkt wie eine Steuer. Diese „Inflationssteuer“ zerstört as Vermögen von Millionen von Bürgerinnen und Bürern in diesem Land, die ihr Leben lang hart gearbeitet aben und einen Teil ihres Lohnes für die eigene Altersorsorge zur Seite gelegt haben. Aber nicht nur dies: Inlation, die unweigerlich mit der Umsetzung der Vorchläge der Linken eintreten würde, verändert das Sparnd Investitionsverhalten von Bürgern und Unternehen. Wer heute nicht weiß, welche Kaufkraft das Spar ermögen in 20, 30 oder vielleicht 40 Jahren hat, wird egebenenfals gar nicht mehr sparen. Diese Politik führt u einer wachsenden Abhängigkeit der Bürger vom taat. Das ist das Gegenteil dessen, was wir wollen. Wir ollen die Eigenverantwortung fördern und die Abhänigkeit der Bürger vom Staat verhindern. Unser Menschenbild ist das von Ludwig Erhard, der esagt hat: „Das mir vorschwebende Ideal beruht auf er Stärke, dass der Einzelne sagen kann: Ich will mich us eigener Kraft bewähren, ich will das Risiko des Leens selbst tragen, will für mein Schicksal verantwortich sein. Sorge Du Staat dafür, dass ich dazu in der Lage in.“ Die Konsequenz aus der Krise des Euro muss das geaue Gegenteil des vorliegenden Antrags sein. Wir müsen die Politik des billigen Geldes beenden. Das gilt für ie Monetarisierung der Staatsschulden durch die EZB uf der einen Seite und für die Verschuldungspolitik der itgliedstaaten auf der anderen Seite. Das ist die Vo aussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche Dynaik. Der Stabilitätsund Wachstumspakt war bislang ein ahnloser Tiger, der zur kollektiven Verantwortungsloigkeit geführt hat. Der Pakt braucht Zähne. Aber nicht ur! Recht muss nicht nur eingehalten werden, sondern s muss auch gelebt werden. Es braucht ein Wertegerüst, amit Normen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern uch gelebt werden. Doch das wollen die Linken in diesem Hause nicht. ie sind Gegner eines stabilen Euro. Sie wollen das Manfred Zöllmer gebene Reden )

Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1704633400




(A) )

Chaos. Sie nehmen billigend in Kauf, dass kleine Sparer,
Rentner, aber auch Arbeitslose und Sozialhilfeempfän-
ger besonders unter einer Inflation leiden werden. Hohe
Inflationsraten führen dazu, dass gerade die Preise für
Güter des täglichen Bedarfs explodieren. Das ver-
schweigen Sie.

Die Gegner der Marktwirtschaft haben immer auf In-
flation gesetzt, um ihre Ziele durchzusetzen. Lenin wird
schon von Walter Eucken mit dem Satz zitiert: „Wer die
bürgerliche Gesellschaft zerstören will, muss ihr Geld-
wesen verwüsten.“ Sie wollen die menschenverachtende
Politik Lenins fortsetzen, aber wir werden dies verhin-
dern.


Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704633500

Der Antrag, um den es hier geht, sollte eigentlich ge-

meinsam mit dem „Euro-Schutzschirm“ abgestimmt
werden. Die Koalition hat aber kalte Füße bekommen,
ihn abgesetzt und ihm nun einen Randplatz eingeräumt –
es gibt keine öffentliche Diskussion. Dies ist bedauerlich
und unverständlich. Vielleicht zeigt es aber auch, dass
die anderen Fraktionen sich nur ungern an ihre Beiträge
aus der ersten Lesung erinnern möchten. Nach dem
Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von ges-
tern“: So fragte die FDP noch spöttisch, ob die Linke al-
les besser wisse. Die SPD warf uns Einfältigkeit vor, die
CDU/CSU bezichtigte uns naiver Utopien und fragte un-
gläubig, ob wir denn etwa das Beistandsverbot aufheben
wollten.

Das war am 25. März dieses Jahres. Nun, gerade ein-
mal elf Wochen später, kann man klar sagen: Wir waren
weder naiv noch einfältig – wir wussten es besser. Einige
unserer Forderungen wurden mittlerweile umgesetzt.
Das Beistandsverbot ist durch das Euro-Rettungspaket
faktisch aufgehoben. Unsere Forderung, dass die EZB
Staatsanleihen erwerben soll, um die Macht der Speku-
lanten und Rating-Agenturen zu brechen – übrigens ein
wesentlicher Grund für die SPD, unseren Antrag abzu-
lehnen – ist fast erfüllt: Die EZB hat eigenständig ent-
schieden, Staatsanleihen aufzukaufen. Allerdings kauft
sie diese nicht direkt, sondern über den Umweg privater
und öffentlicher Banken. Somit verdienen die Banken
weiterhin an den Staatsschulden, die zu einem großen
Teil von ihnen selbst verursacht wurden. Wir fordern da-
her weiterhin: Die EZB sollte in gewissem Umfang di-
rekt Kredite an Staaten vergeben. Es kann nicht sein,
dass sich Banken billiges Geld bei der EZB leihen und es
zu Wucherzinsen an Staaten verleihen. Die Steuerzahler
müssen endlich von den Zinshaien befreit werden. In Ja-
pan ist dies gängige Praxis, ohne dass es zu einer Infla-
tion gekommen wäre.

Unsere dritte Forderung, ein Verbot des Handels mit
Kreditausfallversicherungen, ist zumindest im Hinblick
auf nackte Kreditausfallversicherungen erfüllt. Bisher
konnten sich Spekulanten gegen einen Staatsbankrott
versichern, auch wenn sie gar keine Kredite an den ent-
sprechenden Staat vergeben haben. Diese finanziellen
Massenvernichtungswaffen müssen jedoch vollständig
und europaweit verboten werden. Wir fordern weiterhin:
Keine Feuerversicherungen für Brandstifter!

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(C (D Die Kernforderungen aus dem Antrag – ein Ende des ohnund Steuerdumpings – sind jedoch nicht erfüllt. hne diese Kernforderungen wird es immer wieder zu euen Schuldenkrisen kommen. Eine zentrale Fordeung, um Krisen künftig zu verhindern, ist eine vertärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitik auf der euopäischen Ebene. Dabei geht es explizit nicht darum, ie EU durch eine Verschärfung des Stabilitätsund achstumspaktes in die nächste Rezession zu sparen, ie die deutsche Bundesregierung es dieser Tage fordert nd auch gleich vormacht. Die Bevölkerung soll nach em Willen der Bundesregierung die Krise bezahlen. Es eht vielmehr um die Beseitigung der außenwirtschaftlihen Ungleichgewichte und die besondere deutsche Verntwortung hierfür. Denn das Ausland kauft wegen der eutschen Billiglöhne immer mehr Waren und Diensteistungen bei uns als umgekehrt. Das treibt sie in die chuldenkrise. Die Bundesregierung ist international isoliert. Nicht ur die Linke kritisiert das deutsche Lohndumping, auch er französische und der amerikanische Finanzminister, er Vorsitzende der Euro-Gruppe und verschiedene irtschaftsnobelpreisträger. Der deutsche Wirtschaftsinister entgegnete, man dürfe nicht immer den Klas enbesten kritisieren. Mit anderen Worten: Die Regieung will Hartz IV, Leiharbeit, Befristungen und ungerlöhne in ganz Europa. Darin sind wir Klassenester, ohne Zweifel. Aber was gut für Siemens ist, ist icht gut für Deutschland. Beim Wachstum sollten wir och lieber bei unseren Nachbarn abschreiben. Die uro-Zone wuchs seit 1999 im Jahresdurchschnitt um ,4 Prozent, Frankreich um 1,5 Prozent, und Deutschand um 0,8 Prozent. Die deutschen Billiglöhne waren aher nicht nur schlecht für Europa, sondern schlecht ür Deutschland. Hätte Herr Brüderle im Mathematikunterricht besser ufgepasst, dann wüsste er, dass nicht alle gleichzeitig ize-Exportweltmeister sein können. Wohin wollen sie enn exportieren, wenn die ganze EU so wird wie eutschland? Vielleicht auf den Mond? Da leben keine enschen, nur hinter dem Mond. Da lebt die deutsche egierung. Die Linke fordert daher einen Pakt für ein ußenwirtschaftliches Gleichgewicht. Deutschland muss ie Verpflichtung aus dem eigenen Stabilitätsgesetz von arl Schiller endlich ernst nehmen. Dies bedeutet nicht, eniger zu exportieren, sondern mehr für den heimi chen Binnenmarkt zu tun, etwa durch Mindestlöhne und in Zukunftsprogramm in Bildung und Energiewende. as ist die beste Medizin für Europa. Eine sinnvolle Koordinierung der Wirtschaftspolitik n der EU umfasst auch die Steuerpolitik, was die Koaliion an unserem Antrag ja zumindest nicht grundsätzlich bgelehnt hat, wenngleich sie es gesondert diskutieren ill. Es gehört aber notwendigerweise zu dieser Diskus ion dazu. Denn wenn wir über Schulden reden, darf an nicht nur die Ausgabenseite betrachten, sondern uss auch auf die Steuereinnahmen schauen: Das Steu rdumping in der EU, das nicht nur in Griechenland roße Löcher in die Staatskassen gerissen hat, muss ndlich beendet werden. Unternehmen und Bezieher hoer Einkommen müssen endlich angemessen an der Frank Schäffler gebene Reden )





(A) )

Finanzierung der Krise beteiligt werden. Die Linke for-
dert daher eine europaweite Mindestbesteuerung von
Unternehmen und Einkommen.

Alle Fraktionen beziehen sich in ihrer Ablehnung un-
seres Antrags darauf, dass mit den vorgeschlagenen
Maßnahmen gegen die Stabilitätspolitik verstoßen
würde, derer sich insbesondere Deutschland immer wie-
der rühmt. Schauen wir aber auf die letzten Wochen und
Monate, so zeigt sich ganz deutlich, wohin Frau Merkels
Verteidigung der Stabilität uns geführt hat: Instabiler
als jetzt waren der Euro, die Euro-Zone und die EU als
Ganzes wohl noch nie – ganz zu schweigen von den von
der Krise besonders hart getroffenen Ländern wie Grie-
chenland. Stabilität erreicht man nicht durch unsoziale
Sparprogramme und ungehinderten Wettbewerb, Stabi-
lität erreicht man durch eine sozialere und solidari-
schere Ausrichtung der EU. Wer also die europäische
Integration will, der muss wollen, dass sie anders wird.

CDU, CSU, FDP und Grüne wollen mir ihrer Ableh-
nung des Antrags die gescheiterte Politik fortsetzen. Die
Linke will kein Europa der Banken und Konzerne. Des-
halb werden wir weiter streiten: für ein soziales und so-
lidarisches Europa!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Euro-Zone steht zweifelsfrei vor einer existenziel-
len Bewährungsprobe. Am 6. Mai ging man davon aus,
dass die griechischen Staatsfinanzen mit einer Interven-
tion von 22,4 Milliarden Euro – der deutsche Anteil des
Pakets – stabilisiert werden können. Einen Tag nach der
Verabschiedung des Rettungspakets am 7. Mai ließen
sich französische Wertpapiere nicht mehr handeln, die
Bundesbank schaute nach eigenen Angaben „in einen
Abgrund“. Der Anruf des US-Präsidenten bei der Bun-
deskanzlerin sowie die Drohung Frankreichs, aus der
Euro-Zone auszusteigen, machen die Dramatik der
Situation deutlich.

Vor dieser aufziehenden Flut schaffte man die Sand-
säcke in Form eines weiteren Rettungspakets – diesmal
ohne Beteiligung des IWF – vor und auf die Deiche.
Aber werden diese kurzfristigen Katastrophenschutzak-
tionen ausreichen, um den Euro langfristig wieder auf
ein stabiles Niveau zu hieven? Anders als an der Oder
können die Euro-Rettungskräfte noch lange nicht abzie-
hen. Die Angst vor dem Auseinanderbrechen der Euro-
Zone ist auch mit dem neuen Rettungspaket nicht ge-
bannt.

Was passiert denn, wenn die vom IWF zugrunde ge-
legten Annahmen für das griechische Sparpaket sich
nicht erfüllen, wenn die Steuereinnahmen weit hinter
den Erwartungen zurückbleiben und die Einnahmen
nicht ausreichen, um die anfallenden Schulden zu til-
gen? Die Wahrscheinlichkeit, dass es am Ende dennoch
zu einem Zahlungsausfall Griechenlands kommen wird,
wird sogar vom IWF als nicht gering eingeschätzt.
Selbst wenn die Griechen guten Willens sind, auch sen-
sible Themen wie die Senkung der übermäßigen Rüs-

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(C (D ungsausgaben endlich einmal ernsthaft anzugehen, önnte das rigorose Sparprogramm nicht reichen. Die Annahme der Linken ist, Schuld an der griechichen Misere seien die „anderen“. Wer somit ablenkt on der Eigenverantwortung und der verantwortungsloen Wirtschaftspolitik Griechenlands der letzten Jahrehnte, der greift zu kurz. Wer bringt also endlich den Mut auf, Präventionsaßnahmen zu ergreifen, um weitere Katastrophenszearien zu verhindern? Was muss noch passieren? Die ahlen in NRW sind vorbei. Der Euro befindet sich seit Wochen in einer instabilen age. Wir halten es für vernünftig, kurzfristig ein Krieninstrumentarium einzusetzen, das jetzt auch in der uropäischen Zentralbank diskutiert wird: die Euroonds. Die EZB muss ferner dazu ermuntert werden, hre Selbstständigkeit unter Beweis zu stellen. Sie soll elbst beurteilen, welche Staatsanleihen sie als Sichereiten akzeptiert und welche nicht. Die Bundeskanzlerin hat aus dem ersten Aktionismus eraus vorsichtige Schritte in die richtige Richtung unernommen: Ungedeckte Leerverkäufe wurden am 9. Mai ohne große Vorankündigung und leider ohne die otwendige Koordination auf europäischer Ebene veroten. „Na also – es geht doch!“ möchte man rufen, achdem genau diese Forderung jahrelang ungehört erhallt war. Der Grund für die Absage war immer wieer derselbe: Sinn mache ein Verbot nur, wenn dieses uch international durchzusetzen sei. Wir Grünen verlangen, dass die Bundesregierung die pekulationen endlich ernsthaft bekämpft und die Fianzmärkte nachhaltig und komplett neu ordnet. Eine ögerliche Haltung hilft niemandem. Das national, euopäisch und international umzusetzen, bleibt unser iel. Jetzt geht es in einem weiteren Schritt darum, echte uropäische Solidarität unter Beweis zu stellen – und ieses nicht nur in Form von einmaligen Finanzspritzen, ondern durch strukturelle Änderungen. Unerlässlich ind dabei, auf der Einnahmeseite aller Länder eine indestbesteuerung und vor allem auch eine harmoni ierte Bemessungsgrundlage durchzusetzen. Für eine Rettung des Euros reicht der Stabilitätsund achstumspakt in der heutigen Form nicht aus. Wie ge talten wir die Euro-Zone krisenfest? Wir Grünen forern seit langem, diesen um ein außenwirtschaftliches tabilitätspaket zu ergänzen, wie er heute schon im deutchen Stabilitätsund Wachstumspakt angelegt ist. eshalb kann es aus grüner Sicht nur eines geben: effi ientere Governance-Strukturen und verschärfte Sankionsverfahren. Die derzeit heterogenen Wirtschaftspolitiken der verchiedenen Einzelstaaten lassen das Ziel einer starken emeinsamen Währung nur halbherzig erscheinen. Erst enn wir wichtige Schritte hin zu einer Wirtschafts egierung gegangen sind, werden wir tatsächlich eine irtschaftspolitische Angleichung vollzogen haben, die eine übermäßigen Asymmetrien mehr zulässt. Alexander Ulrich gebene Reden Viola von Cramon-Taubadel Dann steht einer politischen Union nicht mehr viel im Weg, und die brauchen wir, um die wirklich großen Probleme in der Welt gemeinsam anzugehen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/1602, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1058 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angenommen mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen. Ich rufe den Zusatzpunkt 12 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Bernd Scheelen, Nicolette Kressl, Joachim Poß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Zukunft öffentlich-rechtlicher Sparkassen sichern – Privatisierung verhindern – Drucksache 17/1963 – Die zu Protokoll zu nehmenden Reden stammen von den Kollegen Ralph Brinkhaus, CDU/CSU, Bernd Scheelen, SPD, Dr. Volker Wissing, FDP, Dr. Axel Troost, Die Linke, und Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/ Die Grünen.1)








(A) (C)


(D)(B)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704633600

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1963. Wer stimmt
für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen abge-
lehnt.

Jetzt kommt die große Überraschung: Wir sind am
Schluss unserer heutigen Tagesordnung.


(Beifall)


Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 11. Juni 2010, 9 Uhr,
ein.

Die Sitzung ist geschlossen.