Protokoll:
17041

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 41

  • date_rangeDatum: 7. Mai 2010

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:26 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/41 Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses (6. Aus- schuss): zu Streitverfahren vor dem Bun- desverfassungsgericht gegen das Wäh- rungsunion-Finanzstabilitätsgesetz (Drucksache 17/1646) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Große Anfrage der Abgeordneten Elke Ferner, Bärbel Bas, Dr. Edgar Franke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Einführung einer Kopfprämie in der gesetzlichen Krankenversiche- rung (Drucksache 17/865) . . . . . . . . . . . . . . . . 3995 A 3995 C 3995 D 3998 B 4000 B 4000 C 4001 A 4003 B 4005 A 4030 B 4031 A Deutscher B Stenografisc 41. Sit Berlin, Freitag, d I n h a Gedenkworte zum 8. Mai 1945 . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Wäh- rungsunion erforderlichen Zahlungsfähig- keit der Hellenischen Republik (Währungs- union-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Drucksachen 17/1544, 17/1561, 17/1562) . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3989 A 3989 D 3990 B 3991 D 3993 B AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4008 B 4010 D 4011 A undestag her Bericht zung en 7. Mai 2010 l t : Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4012 B 4014 B 4015 D 4016 D 4018 A 4019 B, C, D 4022 B, C, D 4030 B 4019 D, 4022 D, 4025 A 4028 A, 4036 C, 4038 D 4041 C, 4043 D, 4046 C b) Antrag der Abgeordneten Dr. Martin Bunge, Kathrin Senger-Schäfer, Hara Weinberg, weiterer Abgeordneter und d a ld er II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 Fraktion DIE LINKE: Solidarische Bür- gerinnen- und Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege einführen (Drucksache 17/1238) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Kopfpauschale – Für eine solidarische Krankenversicherung (Drucksachen 17/240, 17/1605) . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Maria Anna Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine soli- darische und nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens (Drucksachen 17/258, 17/1606) . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Lars Lindemann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4031 A 4031 B 4031 B 4031 C 4033 D 4035 A 4049 A 4050 D 4052 A 4054 B 4056 B 4057 B 4059 A 4060 C 4061 C 4062 D 4063 B 4064 A 4065 B 4066 B Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungs- förderungsgesetzes (23. BAföGÄndG) (Drucksache 17/1551) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms (Stipendienprogramm-Gesetz – StipG) (Drucksache 17/1552) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: BAföG ausbauen – Gute Bil- dung für alle (Drucksache 17/1558) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Sylvia Kotting-Uhl, Krista Sager, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein zum Nationalen Stipendienprogramm (Drucksache 17/1570) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Frankenberg, Minister (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Jan Korte, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden (Drucksache 17/585) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4067 C 4067 D 4067 D 4068 A 4068 A 4070 B 4071 D 4073 A 4075 A 4076 D 4078 D 4081 A 4082 D 4082 D 4083 C 4085 A 4085 A 4085 B 4086 B 4087 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 III Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ölkatastro- phen vermeiden – Raubbau an Mensch und Natur ausschließen (Drucksache 17/1572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfä- higkeit der Hellenischen Republik (Wäh- rungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Sebastian Blumenthal (FDP) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . 4088 D 4089 A 4089 D 4090 D 4092 A 4092 D 4094 C 4095 A 4095 C 4096 B 4096 C 4097 D 4100 D 4102 A 4102 B 4102 C 4103 C 4103 D 4104 B 4105 A 4105 C 4105 D 4106 B 4106 D 4107 B Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrich Lange und Albert Rupprecht (Weiden) (beide CDU/CSU) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Er- halt der für die Finanzstabilität in der Wäh- rungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lisa Paus, Monika Lazar und Uwe Kekeritz (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Übernahme von Gewährleis- tungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zah- lungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Scheel, Kerstin Andreae und Alexander Bonde (alle BÜNDNIS 90/DIE 4107 D 4108 C 4109 A 4109 D 4109 D 4110 D 4111 A 4111 C 4112 A 4112 D 4113 D 4114 D 4115 A 4115 D 4116 B 4116 C 4117 B 4118 A 4118 C 4119 A IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungs- union erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Thilo Hoppe, Sven- Christian Kindler, Ute Koczy, Stephan Kühn, Beate Müller-Gemmeke, Ingrid Nestle, Dr. Hermann Ott, Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn, Viola von Cramon-Taubadel, Winfried Hermann, Maria Anna Klein-Schmeink, Kerstin Müller (Köln), Ulrike Höfken, Katja Dörner, Sylvia Kotting-Uhl, Bettina Herlitzius, Thilo Hoppe, Tabea Rößner, Agnes Krumwiede, Memet Kilic, Markus Kurth, Agnes Malczak, Wolfgang Wieland, Dr. Harald Terpe, Friedrich Ostendorff und Claudia Roth (Augsburg) (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Er- halt der für die Finanzstabilität in der Wäh- rungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden (Tagesordnungspunkt 15) Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Ölkatastrophen vermeiden – Raub- bau an Mensch und Natur ausschließen (Zu- satztagesordnungspunkt 10) Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4120 A 4120 D 4122 A 4122 D 4123 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 3989 (A) (C) (D)(B) 41. Sit Berlin, Freitag, d Beginn: 9
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4095 (A) (C) (D)(B) Insofern hätte Griechenland stärker von Zinsen für seine Schulden entlastet werden müssen. Die Entlastung desZimmermann, Sabine DIE LINKE 07.05.2010 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker, Dirk SPD 07.05.2010 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Binder, Karin DIE LINKE 07.05.2010 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 07.05.2010 Bulmahn, Edelgard SPD 07.05.2010 Connemann, Gitta CDU/CSU 07.05.2010 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 07.05.2010 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 07.05.2010 Jelpke, Ulla DIE LINKE 07.05.2010 Kauder (Villingen- Schwenningen), Siegfried CDU/CSU 07.05.2010 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Dr. Ott, Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Remmers, Ingrid DIE LINKE 07.05.2010 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 07.05.2010 Werner, Katrin DIE LINKE 07.05.2010 Dr. Wiefelspütz, Dieter SPD 23.04.2010 Zapf, Uta SPD 07.05.2010 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Übernahme von Ge- währleistungen zum Erhalt der für die Finanz- stabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Christian Ahrendt (FDP): Wenngleich ich das Ge- setz zu diesem Zeitpunkt für alternativlos erachte und diesem deswegen zustimme, folgt hieraus nicht, dass das dem Gesetz zugrundeliegende Handlungskonzept ohne Alternativen gewesen ist. Erstens. Die Griechenland-Krise ist kein unerwartetes Ereignis. Sie hat sich seit langem angekündigt. Schon zu Beginn des Jahres 2009 erreichte das Zinsniveau für griechische Staatsanleihen an den Märkten fast sieben Prozent. Über mögliche Zahlungsschwierigkeiten südeu- ropäischer Staaten ist schon damals öffentlich berichtet und spekuliert worden. Indes hat weder die Europäische Kommission noch der Europäische Rat gehandelt. We- der wurden Prüfungen zu konkreten Haushaltslagen an- gestellt, noch wurden Konsequenzen erwogen. Die Chance einer frühzeitigen Reaktion auf eine sich konkret verschlechternde Haushaltslage in Griechenland wurde durch passives Abwarten der künftigen Entwicklung vertan. Wichtige Handlungsspielräume wurden so fahr- lässig verspielt und schlussendlich die seit langem schwelende Krise dem heutigen dramatischen Hand- lungsnotstand zugeführt. Zweitens. Die nach Verabredung mit dem IWF und der Europäischen Kommission vom griechischen Parla- ment beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen für die öffentlichen Haushalte der Hellenischen Republik be- gegnen Bedenken. Es steht zwar völlig außer Frage, dass nur klare Ausgabenkürzungen dem griechischen Staat seine finanzielle Handlungsfähigkeit mittelfristig zu- rückzugeben vermögen. Die Rigorosität der Ausgaben- kürzungen steht aber in einem Gegensatz zur Anhebung von Konsumsteuern, über die auf der Einnahmeseite ein weiterer zentraler Beitrag zur Konsolidierung der Haushaltslage erreicht werden soll. 72 Prozent der grie- chischen Wirtschaftsleistung beruhen auf der Binnen- nachfrage. Wenn aber durch die Kürzungen von Er- werbseinkommen Kaufkraft entzogen wird, beschädigt dies die Nachfrage. Folglich ist fraglich, ob über die An- hebung von Konsumsteuern überhaupt ein signifikanter Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erreicht werden kann. Dieses Sanierungsprogramm steht auch der in der Eurozone überwiegend vertretenen Auffassung entge- gen, dass eine Haushaltskonsolidierung allein über Aus- gabenkürzungen nicht erreicht werden kann, sondern ei- nes nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums bedarf. 4096 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Haushaltes über eine Umschuldung, was eine Reduzie- rung des Zinsaufkommens bedeutet hätte, wäre weniger wachstumshemmend gewesen, hätte mit einer moderate- ren Kürzung der Erwerbseinkommen und damit einem nicht so einschneidenden Kaufkraftverlust verbunden werden können. Insofern vermag die Konsolidierung des Haushaltes der hellenischen Republik ohne Beteiligung der Gläubiger und damit ohne eine Umschuldung nicht zu überzeugen. Drittens. Dies führt zu einem dritten Aspekt. Die finanziellen Hilfen für Griechenland werden gerade da- mit begründet, dass aufgrund der labilen Verfassung der internationalen Finanzmärkte eine Umschuldung und da- mit ein bedingter Zahlungsausfall als Risiko angesehen werden. Diese Argumentation verfängt allein vor dem Hintergrund des zeitlichen Drucks, Griechenland wegen am 19. Mai zur Rückzahlung fällig werdender Anleihen mit Liquidität ausstatten zu müssen. Indes verändert die Griechenland-Hilfe nicht die Erkenntnis, sondern ver- schärft zusätzlich die Sorge, dass auch andere Staaten trotz besserer Strukturdaten in Zahlungsschwierigkeiten kommen können. Denn die Griechenland-Krise offen- bart über die Hellenische Republik hinaus, dass auch für andere Staaten angesichts ausgeweiteter Staatsschulden einerseits und geringen wirtschaftlichen Wachstums ande- rerseits ein Risiko für den Ausfall von Staatsanleihen besteht. Die von Griechenland ausgehende Ansteckungs- gefahr besteht deswegen ungeachtet der Hilfe fort. Sie verschärft sich, weil über das Hilfsprogramm die ge- samte Verschuldung in der Euro-Zone weiter zunimmt und damit die finanziellen Gestaltungsspielräume der Regierungen weiter abnehmen. Insofern sind die Pro- bleme Griechenlands eher ein Indiz für eine sich weiter verschärfende Schuldenkrise. Diese klare Indizwirkung entfällt nicht durch die Griechenland-Hilfe, sie ver- schärft diesen Effekt. Christine Aschenberg-Dugnus (FDP): Angesichts der heutigen Entscheidung des Deutschen Bundestages zugunsten einer finanziellen Hilfe für Griechenland er- kläre ich, dass ich dem Gesetz mit Bedenken zustimme. Mir ist bewusst, dass es inzwischen unausweichlich ist, zur Sicherung der Währungsstabilität in Europa Grie- chenland zu helfen. Die von der Bundesregierung nun eingeleiteten Maßnahmen sind alternativlos, um eine be- vorstehende Kettenreaktion zu verhindern. Gleichwohl ist daran zu erinnern, dass zunächst jedes Land selbst für seine eigene Volkswirtschaft, den eige- nen Staatshaushalt und somit die strenge Einhaltung der Stabilitätskriterien verantwortlich ist. Für die Mitglieder der Währungsunion ist jede nationale Verantwortung gleichzeitig eine gesamteuropäische Verantwortung. Die Zugehörigkeit zur Euro-Zone darf keinen Automatismus zu bedingungsloser Solidarität vonseiten der anderen Mitglieder bewirken. Zunächst muss jedes betroffene Land alle erdenklichen Maßnahmen zur Stabilisierung der eigenen Volkswirtschaft selbst ergreifen. Erst in Ver- bindung mit diesen kann es zur Unterstützung vonseiten der anderen Mitgliedstaaten kommen. Solidarität ist keine Einbahnstraße, sondern eine Verpflichtung auf Ge- genseitigkeit. Ein Unterlassen von möglichen Maßnah- men muss zur Sanktionierbarkeit durch die anderen Mit- gliedstaaten führen können. Griechenland ist ein Präzedenzfall, der schnell zu kla- ren Regeln und eindeutigen Sanktionsmechanismen füh- ren muss. Veronika Bellmann (CDU/CSU): Die Griechen ha- ben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. Zum Zeit- punkt der Aufnahme in die EU und die Währungsunion war Griechenland weder für die eine noch die andere Gemeinschaft beitrittsreif. Aber die „Euroromantiker“ in Europa, unter anderem die der der rot-grünen Bundes- regierung setzten sich über alle Bedenken und Vorbe- halte hinweg. Das Land hat bis heute nicht die nötige Wettbewerbsfähigkeit erreicht. Die Finanz- und Wirt- schaftskrise verschärfte diese Lage. Griechenland wurde zur Angriffsfläche von Spekulanten. Mit Griechenlands Zukunft steht die Zukunft der EU als Friedensgemein- schaft genauso auf dem Spiel wie die gemeinsame Währung. Deshalb ist das Ziel die Verteidigung der Europäischen Union. Das Währungsunion-Finanzmarkt- stabilisierungsgesetz kann ein Weg sein, um dieses Ziel zu erreichen. Allerdings sind dafür die europarechtlichen Voraussetzungen sehr lückenhaft. Nur das offensichtliche Vorhandensein einer Rege- lungslücke im Primärrecht, das heißt, weil es auf unions- rechtlicher Ebene an institutionellen Regelungen für den Fall eines Staatsbankrottes fehlt, veranlasst mich dem Gesetz nach anfänglicher Ablehnung doch zuzustim- men. Allerdings haben meine grundsätzlichen Bedenken und Feststellungen weiterhin Bestand. Die der Begründung zugrunde liegende Interpretation der No-bail-out-Klausel, des Ausschlusses der gegensei- tigen Beistandspflicht, des Haftungsausschlusses und der Pflicht zur Solidarität auf Unionsebene, halte ich für durchaus kritikwürdig. Die Bundesregierung ist nun der Ansicht, dass ihr Handeln an dem gemessen werden muss, was passieren würde, wenn sie untätig bliebe. Sie will eine Krise der Währung verhindern und damit Schaden vom deutschen Volk abwenden, in dem im Zusammenwirken mit dem Internationalen Währungsfonds, IWF, Kredite zur Verfü- gung gestellt werden. Ich bin nach wie vor davon über- zeugt, dass eine größere Beteiligung der Gläubiger an der Rettung Griechenlands notwendig wäre und das eine Restrukturierung bzw. Umschuldung wenn nicht jetzt, so doch in absehbarer Zeit folgen wird. Zu den Gläubigern Griechenlands zählen ausländi- sche Banken mit einem Anteil von 302 Milliarden Dol- lar. Davon französische Institute 75,5 Milliarden Dollar, Schweiz 64 Milliarden Dollar und Deutschland 43,2 Mil- liarden Dollar. Bei einem Staatsbankrott müssten schät- zungsweise 30 bis 40 Prozent der Forderungen abge- schrieben werden. Das würde das Eigenkapital belasten. Die deutschen Banken könnten beim staatlichen Finanz- marktstabilisierungsfond, SoFFin, Eigenkapitalhilfen beantragen. Die Bundesregierung würde dadurch Mitei- gentümerin der Banken und könnte zum Beispiel Bonus- zahlungen beeinflussen, was diese Institute mit aller Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4097 (A) (C) (D)(B) Macht vermeiden wollen. Eine staatliche Rettung Grie- chenlands erspart zwar den Banken den Gang zum SoFFin, sozialisiert aber die Verluste. Der deutsche Steuerzahler bürgt damit bzw. reicht Kredite aus, für die wir uns verschulden müssen, nicht nur für die Misswirtschaft in Griechenland und die nach- lässige Kontrolle des Stabilitätspaktes der EU, sondern auch wiederum für riskante Geschäfte und Spekulatio- nen des Finanzmarktsektors. Zahlen die Griechen Kre- dite nicht zurück, muss die Bundesrepublik die Verluste übernehmen. Das wiederum würde die Bonität Deutsch- lands belasten und höhere Zinsen nach sich ziehen. Inso- fern bestünde eine gewisse „Nachschusspflicht“, für die der deutsche Steuerzahler zurecht befürchtet, immer wieder in Haftung genommen zu werden. Fraglich ist, ob die Finanzhilfen Griechenland tat- sächlich helfen. Denn Griechenlands Wirtschaft muss wachsen, was eine mehrjährige Prozedur mit niedrigen Löhnen und steigernder Produktivität erfordert. Die Hil- fen setzen den Sanktionsmechanismus der Märkte außer Kraft. Damit steigt der Druck auf Griechenland, den Staatshaushalt zu sanieren. Ob der IWF und die Euro- Länder dauerhaft die Härte aufbringen, gegen die grie- chische Bevölkerung die notwendigen Reformen zu er- zwingen, ist ebenfalls fraglich. Es steigt die Gefahr, dass andere Länder dem Beispiel Griechenlands folgen und möglicherweise auch nicht den notwendigen Änderun- gen der europäischen Verträge zustimmen. Die Wäh- rungsunion droht so zu einer Schulden- und Transfer- union zu verkommen, die die Kraft der leistungsstarken Länder aushöhlt. Der wachsende Schuldenberg wäre dann nur durch eine höhere Zinsbelastung abzutragen. Der politische Druck in den Ländern mit Stabilitätstradi- tion, die Währungsunion zu verlassen, wird wachsen. Wenn behauptet wird, die Rettungsaktion Griechenlands auch durch oben benanntes Gesetz sei für die Existenz der Währung als fundamentale Grundlage eines Staats- wesens momentan alternativlos, so müssen dennoch die beschriebenen Szenarien deutlich benannt werden. Insofern steht meine Zustimmung zum Gesetz unter dem Vorbehalt, dass umgehend, wie im Entschließungs- antrag der Koalitionsfraktionen dargelegt, folgende Maßnahmen umgesetzt werden: Versetzung der zustän- digen europäischen Institutionen in die Lage, wirksame Maßnahmen ergreifen zu können, die für eine effektivere Überwachung der Haushalts- und Finanzpolitiken der Mitgliedstaaten sorgen; Einrichtung eines effektiven Frühwarnmechanismus, der im Fall drohender Über- schuldung von Staaten eine Warnung auslöst; Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in seiner Funktion, Beschleunigung des Defizitverfahrens, damit Sanktio- nen zu einem früheren Zeitpunkt verhängt werden; Hür- den für politische Einflussnahme gegen zu verhängende Sanktionen möglichst hoch legen; Modifizierung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, so dass deutlich spür- barere Sanktionen verhängt werden können; Entwick- lung neuer Instrumentarien für überschuldete Staaten, für den Aufbau eines Restrukturierungs- und Insolvenz- systems; Durchführung eines ausreichend langen Moni- toringverfahrens bei zukünftigen Beitrittsanträgen zur Währungsunion; Schaffung einer unabhängigen europäi- schen Ratingagentur und Verbesserung der Regulierung für diese, damit mögliche Marktmanipulationen durch die Finanzaufsicht streng kontrolliert werden können; Änderungen, damit zukünftig kein Finanzmarkt, kein Fi- nanzmarktakteur und kein Finanzmarktprodukt ohne Re- gulierung, Aufsicht und Haftung bleibt; Verbot von un- gedeckten Leerverkäufen; zukünftige Regulierung aller Finanzprodukte und aller Finanzmarktteilnehmer, zum Beispiel Hedgefonds; umgehendes Verbot für den Kauf von Kreditausfallversicherungen, CDS, die nicht zur Ab- sicherung eigener oder mandatierter Risiken dienen; Schaffung von verbindlichen Standards für Verbriefun- gen; Prüfung des Vorschlags des IWF, der ein abge- stimmtes Vorgehen zur Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise vorsieht. Zusätzlich fordere ich eine Differenzierung des Ban- kensektors weg von den sogenannten Universalbanken hin zu einer Trennung des klassischen Bankengeschäfts vom risikoreichen Investmentbanking. Eine Bankenab- gabe und eine Finanzmarkttransaktionssteuer für die risi- koreichen Investmentbankgeschäfte zu erheben, halte ich für dringend notwendig. Sie werden zwar keine Spe- kulationen verhindern, aber sie beteiligen die jeweiligen Akteure an der Refinanzierung künftiger Restrukturie- rungs- und Abwicklungsmaßnahmen. Die Systemrele- vanz der Banken und damit die Haftung des Staates bzw. des Steuerzahlers schlagen nicht mehr durch. Vielleicht ist die Rettungsperspektive durch das Wäh- rungsunions-Finanzstabilisierungsgesetz die beste unter den schlechtesten Lösungen. Ich hoffe, dass wir die da- durch „gekaufte Zeit“ als Chance begreifen, notwendige Reformen auf EU-Ebene durchzusetzen und endlich strengere Regelungen für den Finanzmarktsektor einzu- führen, sowie diejenigen schleunigst in die Haftung neh- men bzw. sanktionieren, die für die Krise verantwortlich sind – national, europäisch und international. Lothar Bindig (Heidelberg) (SPD): Diese Erklärung entsteht wenige Minuten nach den Äußerungen des FDP-Vorsitzenden Westerwelle am 6. Mai 2010 in den ARD-Spätnachrichten. Ich war zutiefst erschrocken, mit welcher Kaltschnäuzigkeit sich Westerwelle gegen unse- ren Staat stellt. Auf die Frage, warum sich die FDP-Bundestagsfraktion selbst der vorsichtigen Forderung der SPD-Bundestags- fraktion nach einer „Prüfung der Finanztransaktionsteuer“ im Zusammenhang mit der Unterstützung Griechenlands verweigert habe, kam die scheinheilige Antwort, die Finanztransaktionsteuer belaste die kleinen Sparer, die Riester-Sparer etc., und das wolle die FDP natürlich nicht zulassen. Kein Wort zu den Händlern am Finanz- markt, die mehrere Tausend Geschäfte am Tag abwi- ckeln, Kurse hinauf- und hinunter treiben, gegen Staaten und Währungen wetten und spekulieren und so die Er- sparnisse des Kleinsparers bzw. der Kleinsparerin ent- weder direkt oder über eine steuerliche Beteiligung zur Überwindung der so erzeugten Krisen indirekt vernich- ten. Die Antwort folgte dem Motto: „Ich fürchte, der Kompromiss wird scheitern – und wenn ich selber dafür Sorge tragen muss.“ 4098 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Auf die Frage nach den dramatischen Ergebnissen der Steuerschätzung – bis zum Jahr 2014 werden gesamt- staatlich über 50 Milliarden Euro weniger Steuereinnah- men erwartet als bisher geplant – der magere, eindimen- sionale Hinweis, der Staat nehme doch mehr ein als in der Vergangenheit und deshalb könnten die Steuern auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung gesenkt wer- den. Selbst der Hinweis der Moderatorin auf die Schul- denbremse und die riesige neue Staatverschuldung im schwarz-gelben Haushalt im Jahr 2010 konnte die vier Grundrechenarten bei Westerwelle nicht aktivieren. Nach den Steuergeschenken an Hotels in Höhe von etwa 1 Milliarde Euro und Steuererleichterungen für Konzerne und reiche Erben sind dies zwei weitere Be- lege dafür, wie zielstrebig die FDP unseren Staat ruiniert und die CDU/CSU unfähig ist, diesen Prozess zu stop- pen. So erklärt sich auch die heutige Abstimmungssitua- tion zur Hilfe für Griechenland im Bundestag, in die uns eine zerstrittene CDU/CSU/FDP unter einer zögerlichen Kanzlerin gebracht hat. Nachdem der mögliche Kom- promiss mit der SPD-Fraktion, der neben der Hilfe für Griechenland auch die Verursacher der Finanzkrisen in der Welt und die Verstärker der Finanzkrise in Griechen- land in die Verantwortung nehmen wollte, der Kompro- missunfähigkeit der schwarz-gelben Koalition absichts- voll zum Opfer gefallen ist, bleiben fast nur noch zwei Alternativen: ein dramatisch schlechtes Gesetz oder die Ablehnung der Hilfe. Ich will aber Griechenland helfen und einem guten Gesetz zustimmen. Es bleibt die Aufgabe, den nicht zu beziffernden finanziellen Schaden für Deutschland zu beheben, der durch das Zögern und den Zickzackkurs von Kanzlerin Merkel und des Finanzministers Schäuble durch voreilige und falsche Äußerungen über die deut- sche Hilfsbereitschaft entstanden ist. Außerdem enthält das Gesetz unkalkulierbare Risiken durch den Zinsaus- gleichsmechanismus. Nachdem die SPD-Fraktion mit Blick auf die „plötz- lich“ besonders schwierige und eilige internationale Auf- gabe auf „Fristeinrede“ verzichtet und damit der schwarz- gelben Koalition ein verkürztes Gesetzgebungsverfahren ermöglicht hat, führt diese Großzügigkeit bzw. unser Kooperationsverständnis nun dazu, dass die SPD-Frak- tion aus Fristgründen heute keinen eigenen Gesetzent- wurf einbringen kann. So viel zur Fairness. Nun zu den Hintergründen, die in dieser Situation zu meiner Stimmenthaltung wider Willen führen: Wenn wir den einfachen Weg gingen, Hilfe für Grie- chenland ablehnten und alles in Europa und Deutschland ohne Probleme weiter ginge wie gewohnt, wäre unsere harte Haltung anscheinend eine gute Lösung. Das haben Kanzlerin Merkel und „Bild“-Zeitung immerhin eine ganze Weile öffentlich propagiert. Damit würde Grie- chenland aus der Euro-Zone gedrängt. Rückkehr zur Drachme – das klingt doch verlockend. Griechenland könnte über eine Abwertung seiner Währung die Preise der eigenen Produkte senken und deren Absatzchancen verbessern, die heimische Wirtschaft könnte sich lang- sam erholen, die Griechen würden wieder mehr eigene Produkte kaufen, man könnte kleine Pflänzchen in der Industrielandschaft pflegen, den Export stärken etc., etc. Für Deutschland wäre das natürlich eine schlechte Lösung; denn wir leben sehr stark vom Export nach Europa, auch in den Süden. Und wenn wir glaubten, diese Therapie sei gut für Griechenland, dann würde dies ja auch für andere Länder gelten, und unser EU-Handel käme unter starken Druck – zum Nachteil der anderen Länder und zum Nachteil Deutschlands. Die deutsche Wirtschaft profitiert also von einer stabilen Nachfrage aus Griechenland, aus ganz Südeuropa. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum die Kanzlerin inzwischen eine andere Meinung vertritt. Oft lese ich zwar: Es müssten in Griechenland Inves- titionsanreize geschaffen werden, statt den Konsum zu reduzieren. Die derzeitige Entwicklung, vorangetrieben von den Verhandlungen – eigentlich: dem Spardiktat – des Internationalen Währungsfond, IWF, der Europäi- schen Zentralbank, EZB, und der EU-Kommission mit Griechenland, weist allerdings in eine andere gefährliche Richtung: Die Löhne in Griechenland geraten unter Druck, Stellen im öffentlichen Dienst sollen abgebaut werden – müssen sie auch, aber mit Blick auf die Konse- quenzen –, Renten sollen sinken, die Mehrwertsteuer wird angehoben, den öffentlichen Haushalten wird die Luft abgeschnürt, und das 13. und 14. Monatsgehalt soll abgeschafft werden. All das dämpft die Binnennachfrage in Griechenland und unseren Export. Außerdem frage ich mich, welche Regierung eine sol- che von Europa und dem IWF verordnete Rosskur über- haupt überleben kann. Die Regierung in Griechenland hatte ein strukturelles und finanzielles Desaster von der Vorgängerregierung übernommen, und nun geriet Grie- chenland durch Aktivitäten am Weltfinanzplatz zusätz- lich in existenzielle Probleme. Deshalb betrachte ich die gegenwärtige Entwicklung auch mit Sorge um die politi- sche Stabilität im Land, um den sozialen Frieden und die wirtschaftliche Lage. In einer solchen Lage sind Proteste der Betroffenen verständlich. Die Demonstranten wollen erreichen, dass das so geschnürte Paket von Maßnahmen neu gepackt werden soll. Dafür gibt es einige Ansatzpunkte. Denn in einer fast industriefreien Landschaft mit monostrukturel- ler Konzentration auf den Tourismus wird das mit den Investitionsanreizen kurzfristig schwierig – wäre aber notwendig und möglich, wenn man die Einnahmeseite des griechischen Haushalts in den Blick nimmt: Men- schen mit großem Einkommen und Vermögen, die Ober- schicht, Selbstständige zahlen praktisch keine Steuern. Während der Staat extreme Liquiditäts- und Zahlungs- probleme hat, gibt es gleichzeitig privaten Reichtum. Eine vernünftige Besteuerung von hohen Einkommen, Vermögen oder Erbschaften wäre sicher angemessen und würde die Lasten gerechter auf viele Schultern verteilen. Bei dem ganzen, stark von außen dominierten „Sparpro- zess“, der offiziell Konsolidierung heißt, geraten auch die Arbeitnehmerrechte unter Druck, es drohen soziale Konflikte und Verteilungskämpfe. Wir sehen uns in Deutschland mit Blick auf die sinkenden Reallöhne und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4099 (A) (C) (D)(B) die steigenden Erträge aus Vermögen ähnlichen Vertei- lungsproblemen gegenüber. Ich hoffe auf eine Lösung dieser Probleme in Griechenland durch Einbeziehung al- ler Griechen, auch der Wohlhabenden. Die sozialen und ökonomischen Folgen für Griechen- land und Europa verfolge ich hier nicht weiter, obwohl sie wichtiger sind als bloße Geldfragen. Hier geht es aber um mehr als um eine reine Geld- frage. Es geht auch um die europäische Einigung, um wirtschaftliche Entwicklung, um unsere gemeinsame Währung und um Unterstützung, Solidarität mit anderen und soziale Gerechtigkeit. Es geht um Europas Zukunft und die Zukunft seiner Währung. Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier haben diese sozialdemokrati- schen Wertvorstellungen in einem Beitrag für den Spie- gel vom 4. Mai 2010 unterstrichen – leider sind viele in der Regierung offensichtlich nicht bereit, unser europäi- sches Wirtschafts- und Sozialmodell gegen die unregu- lierten Finanzmärkte, gegen Spekulanten und High Fre- quently Trader zu verteidigen. Zustimmen oder nicht zustimmen? Einem solchen Gesetz? Ich fühle mich durch die Politik des Versagens der Kanzlerin erpresst. Es liegt ein Gesetz vor, das prak- tisch nichts weiter regelt als dies: Deutschland zahlt. Ich finde im Gesetzentwurf unter der Überschrift: „Finan- zielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte“: „Es entstehen keine unmittelbaren Ausgaben. Die mittel- baren Auswirkungen sind nicht bezifferbar.“ Nicht bezif- ferbar – und das bei einem Gesamtfinanzierungsbedarf von 110 Milliarden Euro und einem deutschen Anteil in Höhe von 22,4 Milliarden? Wie kann ich mit gutem Ge- wissen einem Gesetz zustimmen, dem zu den finanziel- len Folgen für den deutschen Steuerzahler nichts Besse- res einfällt als „nicht bezifferbar“? Diesem Gesetz darf ich also nicht zustimmen. Aber dann bin ich der „Feind Griechenlands“, der „Totengräber des Euro“, der „Zer- störer Europas“, eine „Blamage für die Kanzlerin“ – die Regierungsfraktionen haben mit solchen vorsorglichen Schuldzuweisungen enormen Druck aufgebaut, um das Gesetz durch das Parlament zu prügeln. Aber schließlich drängt ja auch die Zeit – kein Wunder, nachdem die Kanzlerin und ihr Finanzminister die Krise erst mal wie- der aussitzen wollten, dann auf das Verstreichen der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hofften, schließ- lich den Karren mit großer Entschlossenheit und Aus- dauer in völlig unterschiedliche Richtungen gezogen ha- ben, um dem Parlament dann quasi in letzter Minute einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die eigentlichen Fragen nicht beantwortet. Außerdem hat die Bundesregierung die Kosten für die Hilfe durch die Staatengemeinschaft leichtfertig, unver- antwortlich, fahrlässig nach oben getrieben. Blicken wir zurück und ein wenig auf die Praxis: Griechenland gibt Anleihen aus; der Staat bekommt Geld, die Käufer die- ser Schuldverschreibungen ein Papier, das ihnen Zins- und Tilgungszahlungen zusichert. Der Geldgeber be- kommt also Zinsen und zum vereinbarten Zeitpunkt das geliehene Geld zurück. Benötigt ein Land mehr Geld – etwa um alte Schulden zu begleichen oder Investitio- nen zu tätigen – begibt es neue Anleihen, die aktuelle Zinslast steigt. Entscheidend für die Höhe der Zinsen, die ein Staat zu bezahlen hat, wenn er sich Geld leiht, ist die Beurteilung seiner Kreditwürdigkeit Als die Schwierigkeiten Griechenlands vor einiger Zeit offenkundig wurden und der Staat in Zahlungsnot geriet, kam eine folgenschwere Entwicklung in Gang: Kanzlerin Merkel ließ sich in der Bild-Zeitung als „ei- serne Kanzlerin“ feiern: Keinen Cent für die Griechen! Das Volk jubelte: Merkel spart, alle Griechen sind kor- rupt und Verschwender. Diese unüberlegte, lautstarke Verweigerung jeglicher Hilfe hat der Zahlungsfähigkeit Griechenlands schwer geschadet: Die Kreditwürdigkeit des griechischen Staates wurde schlechter beurteilt, er wird von Ratingagenturen heruntergestuft. Damit galt der Staat als weniger zuverlässig; es wurde für die Geld- geber riskanter, diesem Staat ihr Geld zu leihen. Sie wollten sich daher dieses Risiko wenigstens mit höheren Zinsen vergüten lassen. Die Zinsen stiegen sehr schnell und sehr stark an, das Land geriet noch stärker unter Druck, der Finanzbedarf wuchs weiter, bis Griechenland die Notbremse zog und die anderen Staaten des Euro- Raums um höhere Finanzhilfen bat, als es zuvor notwen- dig gewesen wäre. Mit ihrer „Strategie“ hat die Bundesregierung – be- wusst oder unbewusst – auch Spekulanten am Finanz- markt in die Hände gespielt, wie man mit Blick auf die sogenannten Kreditausfallversicherungen oder Credit Default Swaps, CDS, erkennt. Sie funktionieren – sehr vereinfacht gesagt – im Grundsatz wie eine Versiche- rung, mit der sich ihr Käufer gegen den Ausfall von Schuldnern absichern kann, denen er einen Kredit gege- ben oder eine Anleihe abgekauft hat. Credit Default Swaps, außerhalb der Börsen gehandelt, dienen der Wei- tergabe finanzieller Risiken an eine andere Person, den sogenannten Sicherungsgeber. Um mich also gegen den Zahlungsausfall Griechenlands abzusichern, schließe ich, beispielsweise als Bank, eine solche Versicherung ab. Fällt der Schuldner aus, soll die Versicherung die fehlende Rückzahlung ausgleichen. Natürlich bekommt die Versicherung im Gegenzug eine „Gebühr“. Ein Beispiel mit fiktiven Zahlen: Ein Staat braucht 100 Millionen und begibt Staatsanleihen. Diese Anleihen werden versichert. Die Versicherung für die 100 Millio- nen kostet 3 Millionen Gebühr. Wenn es dem Staat all- mählich schlechter geht, er ständig mehr Geld braucht, die Zuverlässigkeit seiner Rückzahlung in Zweifel gezogen wird, dann kostet die Versicherung plötzlich nicht mehr 3 Millionen, sondern 20 Millionen. Es gibt also am Markt Kreditausfallversicherungen für 100 Millionen und An- leihegeschäfte, die 3 Millionen und welche, die 20 Mil- lionen kosten. Wer nun mit solchen Versicherungsver- trägen handelt und einen Versicherungsvertrag für 3 Millionen hat, der kann ihn zum richtigen Zeitpunkt für 20 Millionen verkaufen – an jemanden, der dringend eine Versicherung braucht, weil er frisches Geld – neue Anleihen ausgibt – braucht. Wenn Kanzlerin Merkel sich bei der Bild-Zeitung unterhakt und verkündet: „Keinen Cent für die Griechen!“, schnellen die Gebühren für die Versicherung, die Credit Default Swaps, CDS, in die Höhe. Die Händler solcher Derivate reiben sich die Hände, weil der Wert der CDS steigt, und freuen sich, 4100 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) weil sie dieses Geschäft den Äußerungen der Kanzlerin der wichtigsten Volkswirtschaft in Europa verdanken. Es gibt allerdings auch Banken oder Hedgefonds, die sich freuen, wenn der Wert der CDS sinkt. Auch diese professionellen Zocker hat die Bundesregierung mit ih- rer Blockade-Hinhalte-Strategie belohnt: Diese Unter- nehmen haben oder leihen sich ein Bündel dieser CDS. Dann verkaufen sie die CDS mit einem vertraglich ver- einbarten Rückkaufdatum; sagen wir die CDS sind 10 Millionen wert. Nun merkt die Kanzlerin plötzlich, dass es international, europäisch und für Deutschland ein schwerer Fehler war, jegliche Hilfe zu verweigern; Grie- chenland kann endlich mit unserer Unterstützung rech- nen und gilt wieder als zuverlässiger Zahler, die Gebüh- ren für die Kreditausfallversicherungen sinken. Zum Rückkauftag sind dann die CDS nicht mehr 10 Millionen wert, sondern vielleicht nur noch 2 Millionen, macht für den Käufer einen satten Gewinn von 8 Millionen. Der vertraglich zuvor festgelegte Rückkauf zum Stichtag ist ein sehr lohnendes Geschäft. Üblicherweise hat bei diesem Handel einer den Ge- winn, ein anderer den Verlust. Nun werden diese Wettge- schäfte aber durch öffentliches Handeln beeinflusst: Keine Hilfe für Griechenland – Zickzackkurs – schließ- lich doch Hilfe für Griechenland. Und deshalb hängen öffentliche Kosten und private Gewinne stark davon ab, wer und insbesondere zu welchem Zeitpunkt die Ge- schäfte mit den Krediten und den Versicherungen ge- macht hat. Wenn wir Pech haben, bezahlen wir sowohl den Gewinn der Bank, die auf steigende CDS gewettet hat, als auch den Gewinn desjenigen Hedgefonds, der auf sinkende CDS gewettet hat. Der Schaden, den die Kanzlerin angerichtet hat, ist si- cher nicht leicht zu beziffern. Ganz abgesehen von dem politischen Schaden, dass die Regierung Merkel interna- tional keine klare Linie verfolgt. Mit dieser „Wackelstra- tegie“, Zögerlichkeit und falschen Äußerungen, die dem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen geschuldet sind, ha- ben Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble sehr viele Partner in Europa irritiert und die große finanzpoli- tische Reputation, die Peer Steinbrück aufgebaut hatte, in kurzer Zeit verspielt. Das ist nicht die politische Füh- rung, die man sich in einer solchen Krise von einer Bundesregierung erhofft und erwartet. Und wo sind ei- gentlich unser Außenminister Westerwelle und sein Bundeswirtschaftsminister Brüderle? Kann ich die Hilfe jetzt noch ablehnen, nachdem wir, unsere Regierung, solchen Schaden angerichtet haben? Eine Zwickmühle nach der anderen. Also doch zustim- men? Natürlich darf man nicht nur auf den Finanzmarkt schauen – wir müssen auch nach Griechenland schauen, um die Ursachen für die Krise zu analysieren: Fälschun- gen in der Statistik und den Finanzdaten, Korruption, systematische Klientelpolitik, schwache Bekämpfung der Steuerhinterziehung, Fehlverwendung von EU-Gel- dern, sehr hohe Militärausgaben und, last but not least, ein riesiger öffentlicher Sektor. Griechenland hat einiges getan, um seine Staatsfinanzen zu ruinieren, und es ver- säumt, seine strukturellen Wirtschaftsprobleme zu lösen. Deshalb sind harte Auflagen in Verbindung mit der inter- nationalen Hilfe gerechtfertigt und notwendig. Aber viele Griechen haben mit der Krise viel weniger zu tun als so mancher Finanzjongleur an den internationalen Finanzmärkten. Deshalb ist es ungerecht, mit diesem Gesetz und seinen Folgewirkungen die einen schwer zu belasten und die anderen zu verschonen – auch wenn dies dem neoliberalen Zeitgeist entspricht. In meine Abwägung fließt außerdem Folgendes ein: Die Kosten unserer Hilfe sind nicht bezifferbar. Tatsäch- lich sind aber auch die Kosten einer unterlassenen Hilfe kaum abschätzbar. Denn nicht zu helfen, schadet Deutschland auch ganz direkt: Viele Bürgerinnen und Bürger haben, wie auch die Banken, griechische Papiere gekauft. Manche Bürger werden vielleicht gar nicht wis- sen, dass mit Ihrem Geld in Rentenfonds, Lebensversi- cherungen oder Aktiendepots auch griechische Papiere gekauft wurden. Wenn wir nun Griechenland abstürzen lassen, gibt es in den Banken gravierende Wertberichti- gungen, die Anlagen verlieren drastisch an Wert – und das gesparte Geld für die Altersvorsorge, die Ausbildung der Kinder, den sorgenfreien Lebensabend ist verloren. Wenn Griechenland seine Schulden nicht zurückzah- len kann, trifft das auch die Spareinlagen der Bankkun- den in Deutschland. Denn Banken benötigen mehr Ei- genkapital, um Kredite abzusichern, die sie mit dem Geld der Sparer ausgereicht haben. Wenn aber das Ei- genkapital für diese Besicherung gebraucht wird, kann die Bank weniger Kredite an die heimische Wirtschaft und an Privatpersonen vergeben. Es fehlt an Investitio- nen, an Konsum, an Vertrauen in die Banken – die Kre- ditklemme geht um. Dass manche Banken – selbst sol- che, die der deutsche Staat in der Finanzkrise unterstützt oder sogar gerettet hat – sich bei der EZB „billiges“ Geld für weniger als 2 Prozent Zinsen besorgen können und dies dann zu viel höheren Kreditzinsen weitergeben, steht auf einem anderen Blatt. Natürlich sollen die Ban- ken Gewinne machen, um wieder selbstständig auf die Beine zu kommen; aber wenn der Staat schon hilft, pri- vates Fehlverhalten und Versagen im Finanzmanage- ment zu kompensieren, um das Geld der Sparerinnen und Sparer zu schützen, dann sollten die Banken wenigs- tens bei der Vergabe von Krediten an die heimische Wirtschaft Maß und Ziel halten. Es gibt noch eine schreckliche Entwicklung: Um Griechenland am Finanzmarkt zu stützen, verletzt die Europäische Zentralbank eherne Grundsätze und setzt – nur für Griechenland – eine wichtige Regel außer Kraft: Sie akzeptiert Staatsanleihen als Sicherheit für Kredite auch dann, wenn sie kein befriedigendes Rating, also mindestens BBB, haben. Bisher wurden nur Staats- anleihen mit einem mindestens befriedigenden Rating als Sicherheit akzeptiert. Und nun das Schlimmste: Das Gesetz reflektiert die Krise nicht, nicht die Verursacher, nicht die Profiteure, nicht die internationalen Finanzbeziehungen, nicht die Verhältnisse in Griechenland, natürlich auch nicht die Bedeutung der Reallöhne für unseren Exportüberschuss und die fehlende Binnennachfrage. Es gibt keine Überle- gung für die Zukunft. Das „Modell Griechenland“, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4101 (A) (C) (D)(B) dieses magere Gesetz, über das hier abgestimmt wird, enthält keine Komponente der Prophylaxe. Der Finanz- markt agiert wie bisher und kann ein Land nach dem an- deren in seinen Fokus rücken. Deshalb hat die SPD-Fraktion Vorschläge einge- bracht, um dieses Gesetz besser zu machen. Ein eigenes Gesetz ist leider nicht möglich, weil die ungeheuerliche Hektik der Regierung ein geordnetes Verfahren nicht er- laubt. Noch vor zwei Wochen war Schäuble sowohl im Finanzausschuss als auch im Haushaltsausschuss. Wer sich Aufklärung, Sachinformation oder gar ernsthafte Zusammenarbeit erwartet hatte, wurde enttäuscht. Der Bundesfinanzminister hat Nebel verbreitet. Er hat es bei vagen Andeutungen belassen, statt mit klarer Sicht die Probleme anzupacken. Diese Zeit fehlt uns nun. Ich un- terstelle, dass CDU/CSU und FDP auch dieses Thema hinter die Wahlen in Nordrhein-Westfalen schieben wollten. Ein teurer Plan. Aber noch eine Zickzack- schleife hätte wohl international noch größeren Schaden angerichtet. Das Gerede davon, dass „die Verursacher der Krise an ihrer Überwindung beteiligt werden sollen“, wird in kei- ner Formulierung der Regierung konkret. Im Gegenteil: Die freiwillige oder angekündigte gesetzlich definierte Bankenabgabe ist ein Werbegag von Ackermann. Er kümmert sich um 2 Milliarden Euro, alle freuen sich, sind dankbar, die Bild-Zeitung hat eine tolle Schlagzeile – der Schaden von einigen 100 Milliarden gerät in Vergessen- heit. Und es soll doch niemand an einen plötzlichen „An- fall“ von Wohltätigkeit der Banken glauben: Die freiwil- ligen Abgaben werden einfach auf die Preise, sprich: Zinsen der Kreditnehmer oder der Einleger und Sparer, abgewälzt. Nein, unsere Überlegungen müssen auf das Verhalten von Bankern, Finanzberatern, Fondsmanagern etc. wir- ken: Einige Produkte müssen auch verboten und die Finanzmärkte wirksam reguliert werden, damit sich so etwas nicht wiederholt. Auch wenn sich Kanzlerin und Finanzminister bisher mit eigenen Vorschlägen und For- derungen national wie international nicht leichtgetan ha- ben – wann, wenn nicht jetzt, wollen wir entscheidende Fortschritte erzielen? Nachfolgend ein Ausschnitt aus unseren Forderun- gen, die wir national und international umsetzen wollen: Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Warum geht es hierbei nicht um den einmaligen Kredit für ein Häus- chen? Die Steuer hat eine Größenordnung von 0,05 Pro- mille. Bedeutung hat die Steuer an anderer Stelle: Ein Aktienhändler kommt auf 5 000 Geschäfte pro Tag. In- zwischen ist ein sogenannter Hochfrequenz-Trader, eine Software, die 60 Millionen Kauf- und Verkaufsaufträge pro Tag erledigt, in der Entwicklung. Hier lohnt sich die Steuer schon kräftiger und steuert vielleicht sogar. Mehr unter den Stichwörtern „Cross Asset Strategie“, „Pairs- Trading“ oder „Block-Trades“ etc. Einschränkung oder Verbot des CDS-Handels, Aufle- gen einer Euro-Anleihe zu niedrigen Zinsen, Prüfung der Gründung einer EU-Bank für öffentliche Anleihen, die ihre Anleihen über die EZB platziert – Vorschlag des DGB –, Aufbau einer europäischen Ratingagentur mit transparenten Verfahren, Überwachung der Leistungs- bilanzdefizite und -Überschüsse, Einführung einer schärferen Aufsicht über alle Produkte und Anbieter durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf- sicht, BaFin, Einführung strengerer Haftungsvorschrif- ten für Vorstände und Aufsichtsräte, Reform der Vergü- tungssysteme von Bankvorständen und -mitarbeitern und Verbesserung der Beratung und des Verbraucher- schutzes. Das schlechte Krisenmanagement der Bundesregie- rung hat mich in eine Situation gebracht, in der meine Zustimmung zu einem untauglichen Gesetzentwurf er- wartet wird. Gleichzeitig allerdings blockiert die Bun- desregierung jegliche Zusammenarbeit auf der Grund- lage guter Vorschläge zur Vermeidung künftiger Krisen. Wir müssen Griechenland, den Griechen, helfen, weil wir in Europa eine befreundete Zukunftsgemeinschaft bilden. Wir müssen helfen, um uns zu helfen. Aber wir müssen auch die Verursacher von Krisen in die Pflicht nehmen. Diese Chance, endlich den zerstörerischen Kräften auf den internationalen Finanzmärkten Einhalt zu gebieten und sie in Verantwortung zu nehmen, ver- geudet die Bundesregierung durch die Floskel, zu die- sem Gesetz gebe es keine Alternative – ein schwerer Irrtum, wie der Entschließungsantrag der SPD-Bundes- tagsfraktion zeigt. Mit der Unfähigkeit der schwarz-gelben Koalition zum Kompromiss und meinem Willen, Griechenland zu helfen, begründet sich meine Enthaltung zum Gesetzent- wurf der CDU/CSU-FDP-Koalition. Sebastian Blumenthal (FDP): Die Notwendigkeit der heutigen Abstimmung ist das Ergebnis einer Politik, die ökonomische Notwendigkeiten vor dem Hintergrund des Ziels der europäischen Einigung ausgeblendet hat. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Maßnah- men, die er unterstützen soll, kann lediglich ein Zeitge- winn zur Reparatur des ökonomisch missglückten Maastricht-Vertrags erreicht werden. Um diesen Zeitgewinn durch eine kurzfristige Stabili- sierung unserer gemeinsamen Währung geht es bei die- ser Abstimmung. Ginge es nur um Griechenland, stünde meine Entscheidung fest. Einem Partner, der von Beginn an durch Abgabe fal- scher Daten das Vertrauen der Mitstreiter in der Schick- salsgemeinschaft Euro missbraucht hat, der über Jahre hinweg deutlich über seine Verhältnisse gelebt hat, kann auch mit viel gutem Willen nicht geholfen werden. Als Ultima Ratio muss es der Staatengemeinschaft in der Euro-Zone möglich sein, ein Mitglied auch auszu- schließen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein hohes und wichtiges Gut. Es endet aber dort, wo das eigene jahrelange Fehlverhalten die Existenzgrundlagen anderer Völker innerhalb der Währungsunion bedroht. Im Vertrauen darauf, dass die nunmehr verbleibende Zeit genutzt wird, um den Maastricht-Vertrag so zu än- dern, dass aus der Währungsunion nicht eine dauerhafte Transferunion wird, werde ich diesem Gesetzentwurf 4102 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) zustimmen, um in der jetzigen Situation dauerhaften und nicht absehbaren Schaden von der gemeinsamen Wäh- rung Euro und der deutschen Bevölkerung kurzfristig abzuwenden. Diese Entscheidung ist kein Freibrief für eventuell anstehende ähnliche Entscheidungen in der Zukunft. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): In die- ser Entscheidung heute geht es nicht nur um unseren eu- ropäischen Partner Griechenland. Es geht letztlich um die Zukunft unseres gemeinsamen Europas. Es geht um die Stabilität des Euros, unserer Währung. Es geht um die wirtschaftliche Situation unseres Landes und um die Existenzsicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Wir dürfen nicht verkennen, dass fast 70 Prozent unseres Handels auf EU-Länder entfallen und jeder fünfte Arbeitsplatz davon abhängig ist. Bricht ein Glied aus der europäischen Kette, setzen wir den ge- samten Handelsraum aufs Spiel. Griechenland hat in den vergangenen Jahren schwere Fehler gemacht. Das gilt auch für andere Staaten, und auch wir sitzen im Glas- haus. Im Jahr 2000, als Rot-Grün den Antrag zur Auf- nahme Griechenlands in die Währungsunion stellte, habe ich dagegengestimmt. Erst sollte finanziell, wirt- schaftlich und politisch Klarheit herrschen. Meine Frak- tion und ich unterlagen damals. Trotzdem, bei der Ab- wägung des Für und Wider, werde ich aus Verantwortung für unser Land und für die Europäische Gemeinschaft für die Griechenland-Hilfe stimmen – un- ter der Voraussetzung, dass alle Staaten sowie die Ban- ken sich beteiligen und wir in Europa wie weltweit schnellstmöglich Institutionen schaffen, die Staaten wie Banken einer laufenden Kontrolle unterziehen, um im Vorwege eine Krise dieser Art zu unterbinden. Nicht Kartelle und Monopolisten, sondern das Primat der Poli- tik, die von den Bürgern gewählten Parlamente und da- mit die Regierungen haben zu herrschen. Weltweit ist unverzüglich ein Finanzsystem sicherzustellen, das Transparenz und Überprüfbarkeit bis hin zu Verboten er- möglicht. Nicole Bracht-Bendt (FDP): Bundestag und Bun- desrat entscheiden heute über das Rettungspaket für Griechenland. Es sieht Kredite im Umfang von 22,4 Mil- liarden Euro in den nächsten drei Jahren vor. Das Ret- tungspaket für Griechenland halte ich für notwendig, aber nicht ausreichend. Dem Gesetz werde ich zustimmen, weil es keine Al- ternative gibt, um die Stabilität der Gemeinschaftswäh- rung Euro nicht zu gefährden. Dennoch möchte ich an dieser Stelle deutlich zum Ausdruck bringen, dass aus meiner Sicht Griechenland für die derzeitige Notlage maßgeblich selbst verantwort- lich ist. Ich bedaure, dass die Verhandlungen der letzten Wochen nicht vorrangig eine geregelte Insolvenz oder eine Umschuldung zum Ziel hatten. Deshalb gibt es im Moment keine andere Möglichkeit als das Rettungspa- ket, um einen Staatsbankrott Griechenlands zu verhin- dern. Es ist mir ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass ich mich als Bundestagsabgeordnete in der Verantwortung gegenüber dem deutschen Steuerzahler sehe, der letzt- lich für die Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau haftet. Die Entscheidung, für das Rettungspaket zu stim- men, ist mir außerordentlich schwergefallen. Ich fordere Griechenland auf, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um sein Staatsdefizit in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus halte ich es für unverzichtbar, den EU-Staaten, die das Rettungspaket gewährleisten, mehr Möglichkeiten der Kontrolle und Überprüfung einzuräu- men. Es müssen Sanktionsmöglichkeiten sichergestellt werden, um weitere Entwicklungen, die für die Gemein- schaftswährung ein Risiko darstellen, einzudämmen. Das heutige Gesetz muss ein Einzelfall bleiben. Elke Ferner (SPD): Die Bundesregierung, allen vo- ran Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle, haben unser Land auf der internatio- nalen und europäischen Ebene durch ihre Verzögerungs- taktik isoliert und die Spekulationen der Finanzmärkte angeheizt. Der einzige Grund war: Sie wollten vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen keine Position beziehen. Sie haben mit ihrem unverantwortlichen Verhalten in Kauf genommen, dass die internationalen Finanzmärkte zunächst gegen Griechenland und dann gegen Portugal und Spanien spekuliert haben. Dies hat dazu geführt, dass Griechenland wegen der ständig steigenden Zinsen am Kapitalmarkt keine Kredite mehr aufnehmen konnte und dass die Euro-Zone insgesamt in Schwierigkeiten zu geraten drohte. Jeder Versuch der Länder der Euro-Zone oder der Kommission, die Spekulanten durch Hilfszusagen für Griechenland zu stoppen, wurde von der Bundesregie- rung torpediert. Durch die gebetsmühlenhaften Behaup- tungen, Griechenland müsse erst einmal seine Hausauf- gaben machen und ein Sparpaket vorlegen, wurden die Hilfen infrage gestellt und die Spekulanten geradezu ein- geladen, weiter auf einen Staatsbankrott zu wetten. Anstatt die deutsche Bevölkerung über die Fakten und die Notwendigkeit zur Hilfe aufzuklären, wurde sei- tens der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien keine Gelegenheit ausgelassen, die billigsten Ressenti- ments und Vorurteile, Falsch- und Fehlmeldungen, die in einer beispiellosen Hetzkampagne einiger deutschen Medien über Wochen publiziert wurden, zu bedienen und zu verstärken. Jeder, der es wissen wollte, hätte wis- sen können, dass die griechische Regierung und das griechische Parlament seit Beginn dieses Jahres bereits zahlreiche und sehr weit reichende Maßnahmen be- schlossen haben – zuletzt gestern – und dass weitere in Kürze beschlossen werden. Diese Maßnahmen verlan- gen der griechischen Bevölkerung viel ab, manchen viel- leicht zu viel. Die jetzige griechische Regierung unter Ministerprä- sident Giorgos Papandreou war und ist fest entschlossen, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4103 (A) (C) (D)(B) Griechenland eine neue und bessere Perspektive zu ge- ben. Die Maßnahmen, die für die Erreichung dieses Zie- les ergriffen werden, sind tiefgreifend und ohne Beispiel und es ist nicht auszuschließen, dass der politische Preis dafür hoch sein kann. Anstatt der griechischen Regie- rung den Rücken zu stärken, ihre Anstrengungen zu würdigen und der griechischen Bevölkerung die Zu- sicherung zu geben, dass die europäische Familie dem Treiben der Finanzmärkte ein Ende setzt und den Weg Griechenlands in eine neue Zukunft unterstützt, hat die Bundesregierung den guten Beziehungen zwischen Deutschland und Griechenland massiv geschadet und das Vertrauen der griechischen Bevölkerung in die euro- päische Idee geschwächt. Niemand weiß besser als die Griechinnen und Griechen selbst, dass Veränderungen notwendig sind, auch wenn sie hart sind. Die griechische Bevölkerung wird zuallererst die Fehler der früheren griechischen Regierungen, insbesondere die der konser- vativen Regierung Karamanlis, aber auch die Hinhalte- taktik der Regierung Merkel teuer bezahlen müssen. Die Hinhaltetaktik der Deutschen Bundesregierung hat nicht nur dazu geführt, dass für die zuletzt ausgegebenen grie- chischen Staatsanleihen durch Spekulationen getriebene überhöhte Zinsen bezahlt werden müssen, sondern auch dazu, dass der Hilfsmechanismus in Gang gesetzt wen- den musste und die daraus resultierenden Bürgschaften höher ausfallen, als sie sonst ausgefallen wären. Bis vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung den Eindruck erweckt, dass es sich bei dem Hilfspaket um direkte Zahlungen aus dem Bundeshaushalt handelt und nicht um eine Bürgschaft für Kredite, an denen die KfW und damit die deutschen Steuerzahler und Steuerzahle- rinnen verdienen werden. Und sie hat den Eindruck er- weckt, als ob nicht die griechische Regierung und das griechische Parlament weit reichende Maßnahmen er- griffen haben, sondern dass erst die Verweigerungshal- tung der deutschen Regierung dazu geführt hat, dass überhaupt Maßnahmen ergriffen wurden. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat auch aus der Finanz- und Wirtschaftskrise keine Lehren gezogen. Sie weigert sich aus ideologischen Gründen, die Verursacher und Profiteure der Krise an den Kosten zu beteiligen. Sie weigert sich, die Finanzmärkte so zu regulieren, dass Spekulationen eingedämmt werden und vom Finanzsek- tor künftig keine Gefahren für die Realwirtschaft oder ganze Währungsräume mehr entstehen können. Es ist schwer zu ertragen, dass diejenigen, die die Finanz- und Wirtschaftskrise verursacht haben, auch jetzt wieder in der Krise, in die sie die Euro-Zone hineinmanövriert ha- ben, von den Hilfsmaßnahmen profitieren werden, weil Deutschland keinerlei ernsthafte Anstrengungen unter- nimmt, die Kapitalmärkte zu regulieren und den Finanz- sektor an den Kosten zu beteiligen. Bei der heutigen Entscheidung geht es nicht mehr um Griechenland, sondern es geht um eine Stabilisierung der gesamten Euro-Zone. Leider ist die schwarz-gelbe Koalition nicht willens, über das konkrete Hilfspaket hi- naus ihrer Verantwortung für Europa gerecht zu werden. Das ist zu wenig. lch unterstütze das Hilfspaket und hätte dem Gesetz auch gerne meine Zustimmung gegeben. Allerdings hat eine sehr sehr deutliche Mehrheit meiner Fraktion ent- schieden, sich der Stimme zu enthalten. Ich respektiere diese Auffassung, sehe mich aber nicht in der Lage, die- ses Votum mitzutragen. Ich werde mich deshalb nicht an der Abstimmung zum Gesetzentwurf beteiligen. lch wünsche der griechischen Regierung, vor allem aber dem griechischen Volk und meinen Freundinnen und Freunden in Griechenland, dass die Anstrengungen sich auszahlen werden und Griechenland eine bessere und neue Perspektive erhält. Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU): Bei der heutigen Abstimmung zum Finanzstabilitätsgesetz werde ich dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht zustimmen, weil er für die Erreichung seiner Hauptziele – Stabili- sierung des Euro und Wiederherstellung der Zahlungs- fähigkeit Griechenlands – kontraproduktiv ist: Weitere Kredite der vorgesehenen Art bzw. die Bürgschaften für Kredite der KfW stellen nicht die Zahlungsfähigkeit Griechenlands wieder her, sondern erhöhen die für das Land heute nicht mehr zu bewältigende Kreditlast. Sie dienen nur der Absicherung spekulativer Kreditge- schäfte internationaler Großbanken und der Verlänge- rung dieser Geschäfte. Die eingeleiteten Sparmaßnah- men dienen auch nicht der Stimulierung der griechischen Wirtschaft, sondern beinhalten eine Entsagungs- und Rosskurpolitik, die nicht zur wirtschaftlichen Gesun- dung des Landes führen kann. Deutschland hatte sich eine derartige „Sparpolilik“ zum Ende der Weimarer Re- publik aufgelegt – die Ergebnisse sind bekannt. Verhindert bzw. hinausgeschoben würde durch die Annahme des Entwurfs auch das notwendige – zumin- dest zeitweise – Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-System und damit eine vom IWF zu unterstützende Entschuldung – sogenanntes Haircut –, die mit einer Ab- wertung verbunden sein müsste, um griechische Pro- dukte, Leistungen und Angebote – insbesondere auch im Tourismus – weltweit wieder attraktiv zu machen. Es ist auch gegen jede Wahrscheinlichkeit, dass der Beschluss zur Stabilisierung des Euro beiträgt. Wahr- scheinlich ist vielmehr, dass der Beschluss andere Staa- ten der Euro-Zone, die mit vergleichbaren Schwierig- keiten wie Griechenland belastet sind, animiert, vergleichbare „Rettungsprogramme“ zu verlangen, die die Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland endgültig überspannen dürften. Es besteht deshalb die Gefahr, dass das beschlossene „Sanierungskonzept“ die Krise nicht beseitigt, sondern vergrößert. Nicht zuletzt verstößt das „Rettungspaket“ gegen das europarechtliche Bail-out-Verbot, Art. 125 AHUV. Das Vertrauen der Märkte in die stabilitätssichernde Funktion dieser Vorschrift wird damit dauerhaft erschüttert. Auf diese Weise wird eine der tragenden rechtlichen Säulen, die aus der Währungsunion eine Stabilitätsunion machen sollten, zum Einsturz gebracht. Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): Angesichts der Ent- scheidung des Bundestages zugunsten einer finanziellen 4104 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Hilfe für Griechenland ist daran zu erinnern, dass die Mitglieder der Europäischen Union und besonders die Mitgliedsländer der Euro-Zone eine eigene sozusagen ganz persönliche politische, wirtschaftliche und gesell- schaftliche Verantwortung in ihren nationalen Angele- genheiten zum Zusammenhalt Europas und zur Stabilität des Euro haben. Die Euro-Länder insgesamt müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihre Währung in ihrem Ansehen und in ihrer Stabilität von ihrer Wettbewerbsfähigkeit, der Kraft ihrer Marktwirtschaften, den zwischen ihnen vereinbar- ten Spielregeln und den Fähigkeiten ihrer Gesellschaften abhängt. Mit der Mitgliedschaft in der Europäischen Union oder der Zugehörigkeit zur Euro-Zone allein ist es nicht getan. Sie sind eine Chance, zugleich aber auch eine Herausforderung, die bisher zweifellos nicht bei al- len – und nicht nur in Griechenland – in der nötigen Deutlichkeit das Bewusstsein bestimmt hat und be- stimmt. Darauf erneut aufmerksam zu machen, ist ge- rade aufgrund der Bereitschaft zur Hilfe für Griechen- land dringend notwendig. Die zu treffende Entscheidung des Deutschen Bun- destages zur Hilfe für Griechenland treffe ich im Be- wusstsein der europäischen Verantwortung Deutsch- lands, die uns selbst aus der größten Katastrophe unserer Geschichte herausgebracht und in den Kreis der aner- kannten demokratischen Nationen hineingeführt hat. Ich treffe sie aber zugleich unter Zurückstellung erheblicher europapolitischer und wirtschafts- und finanzpolitischer Bedenken; denn die europäischen Institutionen, vor al- lem die Europäische Zentralbank, haben in dem gesam- ten Ablauf, der sie dazu geführt hat, zur Rettung Europas im gleichen Atemzug sozusagen aus Gründen eines übergreifenden Notstandes einige der Spielregeln Euro- pas außer Kraft zu setzen, an Glaubwürdigkeit und im Falle der letzteren an Unabhängigkeit verloren. Deshalb kann und darf der Vorgang nicht zu einer unendlichen Geschichte mit dauerhafter Inanspruchnahme für Politi- ken führen, die sich mit der eigenen Verantwortung und dem Einhalten von Spielregeln schwertun. Solidarität ist keine Einbahnstraße, sondern eine Verpflichtung auf Ge- genseitigkeit. Sie entlastet nicht von einer Verantwor- tung, und sie entschuldigt nicht eigene Versäumnisse. Die im vorliegenden Fall zu gewährende Hilfe für Griechenland, die jetzt unumgänglich geworden ist, muss deshalb in der Erwartung geschehen, dass Grie- chenland seine eigenen nun notwendigen und unum- gänglichen Entscheidungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik auch in einem Bewusstsein seiner eigenen Verantwortung für den europäischen Zusammenhalt und eine stabile Währung trifft. Griechenland ist sich das in allererster Linie selbst schuldig und nicht allein dem In- ternationalen Währungsfonds und den weiteren Gläubi- gern. Robert Hochbaum (CDU/CSU): Nach den parla- mentarischen Beratungen, insbesondere der Anhörung, bin ich zum Schluss gekommen, dass die Zahlungsunfä- higkeit Griechenlands, ein Staatsbankrott, die europäi- sche Währungsunion in höchste Not bringen, eine neuer- liche internationale Bankenkrise auslösen und für andere ebenfalls höher verschuldete Länder weitere Schwierig- keiten bei der Refinanzierung mit möglichen weiteren Folgen bedeuten würde. Eine kaum mehr vorhersehbare und steuerbare Kettenreaktion würde ausgelöst werden. Diese würde Deutschland als Euro-Land und Land, das seinen Wohlstand massiv auf Exporten gerade in den umgebenden Euro-Raum begründet, empfindlich und für alle Bürger spürbar treffen. Dies zu verhindern, stimme ich dem vorliegenden Gesetzentwurf, dem deutschen Beitrag der Hilfe der Euro-Staaten und des Internationa- len Währungsfonds, als Utima Ratio, als letztes Mittel, zu. Es ist von einer Reihe schlechter Varianten nach mei- ner Überzeugung die beste. Ein früheres Eintreten, das vor allem die Bundesre- gierung in Europa verhindert hat, wäre entgegen den Äu- ßerungen der Opposition nicht billiger und besser, son- dern teurer und schlechter gewesen. Die wichtige Einbeziehung des IWF und damit der Weltgemeinschaft und das Aufzwingen nötiger harter Sparmaßnahmen ge- genüber Griechenland, das Gewinnen von Akzeptanz für das Bestehen von Fehlentwicklungen in der griechischen Bevölkerung waren nur so überhaupt erst möglich. An- dere Euro-Länder wollten schneller unbedingter eintreten – das wäre falsch gewesen und teurer geworden. Dass die Kopplung der in Tranchen auszureichenden Hilfen anders als noch im Entwurf nun im Gesetz an die Bedingungen der Einigung zwischen Griechenland und den Hilfsgebern gebunden und tranchiert ist, war mir sehr wichtig, zeigte es doch, dass es keinen Freifahrt- schein gibt, sondern Griechenland sich redlich halten muss, will es diesen Weg gehen. Durch gefälschte Statistiken hat die politische Elite Griechenlands lange Jahre bewusst die europäischen Partner getäuscht und sich den Zugang zum Euro-Raum erschlichen. Die Griechen insgesamt haben seit länge- rem über ihre Verhältnisse gelebt; die Defizite sind nicht durch Spekulanten entstanden oder vom Himmel gefal- len. Eine drastische Verringerung des griechischen Haushaltsdefizits ist daher unumgängliche Vorausset- zung für Hilfe. Das nochmals nachgebesserte griechi- sche Sparprogramm geht in die richtige Richtung. Unbe- dingte Transparenz und absolute Kontrolle der Einhaltung sind vereinbart und zwingend. Die No-bail-out-Klausel in Art. 125 der Europäischen Verträge als Haftungsausschluss stellt klar, dass ein Euro-Teilnehmerland nicht für Verbindlichkeiten und Schulden anderer Teilnehmerländer aufkommen muss. Diese Klausel soll gewährleisten, dass für die Rückzah- lung öffentlicher Schulden die jeweiligen Staaten selbst verantwortlich bleiben. Die Übertragung von Risiken in- folge einer nicht tragfähigen Haushaltspolitik einzelner Staaten auf die Partnerländer soll damit vermieden wer- den. Das ist richtig, war eine der Grundvoraussetzungen für den Beitritt Deutschlands zur Währungsunion. Die abgestimmten freiwilligen Hilfen der Euro-Länder un- terfallen diesem Szenario nicht, da sie nur Kredite und keine Schuldenübernahme sind. Das Instrumentarium der Währungsunion, das offen- sichtlich nicht ausreicht, für die Zukunft zu schärfen und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4105 (A) (C) (D)(B) Lücken zu schließen bzw. bei faktisch unpraktikablen Regelungen nachzusteuern, ist absolut unumgänglich. Mehr Transparenz, frühere Eingriffs- und härtere Sank- tionsmöglichkeiten und -automatismen, die politisch nicht einfach abdingbar sind, sind erforderlich. Was nun hier gerade passiert, widerspricht dem Geist des Euro und darf sich nie wiederholen, soll der Euro, der, wenn er stark und hart ist, allen Euro-Ländern weit überwie- gend Vorteile bringt, bestehen. Unverantwortlichen Spekulanten, die auch in dieser Krise Treiber waren, müssen wir das Handwerk legen. Der zum Gesetz vorgelegte Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zeigt hierzu die richtigen, notwen- digen Maßnahmen auf. Die allermeisten dieser bedürfen europäischer Lösungen oder solcher der Staatengemein- schaft. Wir müssen größte Anstrengungen unternehmen, diese schnellstens zu erreichen. Dr. Eva Högl (SPD): Die Bundesregierung hat durch ihr unverantwortliches Verhalten, ihre Verzögerung, ihr Taktieren und die fehlende Einsicht, dass Griechenland dringend unsere Hilfe braucht, unser Land international und in Europa isoliert und die Spekulationen der Finanz- märkte angeheizt. Anstatt den Deutschen Bundestag und die deutsche Bevölkerung über die Fakten und notwen- dige Maßnahmen aufzuklären, wurde seitens der Bun- desregierung und der sie tragenden Parteien keine Gele- genheit ausgelassen, Vorurteile und Falschmeldungen zu bedienen und zu verstärken. Dadurch wurden die not- wendigen Hilfsmaßnahmen für Griechenland nicht nur schwieriger, sondern auch unsicherer in ihrer Wirkung und nahmen ein immer größeres Ausmaß an. Ich kriti- siere besonders, dass die Bundesregierung aus der Fi- nanz- und Wirtschaftskrise keine Lehren gezogen hat. Sie weigert sich aus ideologischen Gründen, die Verur- sacher und Profiteure der Krise an den Kosten zu beteili- gen. Und sie weigert sich, die Finanzmärkte wirksam zu regulieren, um künftigen Krisen vorzubeugen. Bei der heutigen Entscheidung geht es nicht nur um Griechenland, sondern um die Stabilisierung der Euro- Zone und die Zukunft und Handlungsfähigkeit Europas. Leider ist die schwarz-gelbe Koalition nicht in der Lage, ihrer Verantwortung für Europa gerecht zu werden, und weitere notwendige Maßnahmen zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise und zur Vermeidung künftiger Kri- sen zu beschließen. Das ist zu wenig. Gleichwohl unterstütze ich das geplante Hilfspaket für Griechenland, weil ich es für alternativlos halte. Die Mitgliedstaaten der EU sind jetzt gefordert, der griechi- schen Regierung mit dem vereinbarten Hilfspaket zur Seite zu stehen. Es geht um die Stabilisierung des Euro und des europäischen Wirtschaftsraumes, von dem maß- geblich Deutschland dank seiner Exporte profitiert. Mil- lionen Arbeitsplätze in Deutschland wären bedroht, wenn es zu einem Flächenbrand käme, der sich bei- spielsweise auf Spanien, Portugal oder gar Großbritan- nien ausdehnte. Die Europäische Union und der IWF haben sich nun- mehr auf ein Hilfspaket verständigt. Es muss umgehend in Kraft treten und wirken. Aber es trägt wenig zur Ver- hinderung ähnlicher Krisen in der Zukunft bei. Hierzu hat die SPD eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Spekulationen auf Währungen und Staaten sind einzu- dämmen, die internationalen Finanzmärkte sind auch durch eine entsprechende Steuer an den Kosten der Krise zu beteiligen, eine stärkere Kontrolle und Regulierung des internationalen Banken- und Finanzsystems ist über- fällig. Die Staatsfinanzen müssen von den Kapitalmärk- ten weitgehend entkoppelt werden. Die Euro-Zone leidet auch unter den massiven wirtschaftlichen, beschäfti- gungspolitischen und sozialen Ungleichgewichten. Aus ideologischen Gründen verschließen sich CDU/CSU und FDP dieser Einsicht. Dennoch erteile ich dem Gesetzesentwurf meine Zu- stimmung. Ich bin davon überzeugt, dass es unter den obwaltenden Umständen die notwendige Antwort auf die Krise ist. Ein deutliches, auch von der deutschen So- zialdemokratie als der Europapartei getragenes Zeichen der Solidarität in Richtung Griechenland und Europäi- sche Union halte ich für zwingend. Deshalb stimme ich zu, unabhängig davon, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen europapolitisch versagt und sich zur zukünftigen Verhinderung solcher Krisen soli- darischen, gerechten und europäischen Antworten ver- weigert haben. Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU): Nach reiflicher Überlegung und sorgfältiger Abwägung aller Argumente für und gegen das Gesetz zur Sicherung der Finanzstabi- lität in der Euro-Zone habe ich mich entschieden, dem Gesetz zuzustimmen. Ausschlaggebend für meine Ent- scheidung ist die Tatsache, dass es nicht allein um die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands aufgrund selbstver- schuldeten Verhaltens geht, sondern in erster Linie um die Stabilität der gemeinsamen europäischen Währung. Der Verlust von Stabilität des Euro hätte gefährliche Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft und den Wohl- stand Deutschlands. Insofern liegt es im nationalen Inte- resse unseres Landes, die Insolvenz Griechenlands abzu- wenden und die Finanzstabilität der Europäischen Währungsunion zu erhalten. Ich erwarte, dass nicht nur die griechische Regierung die mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds vereinbarten Maßnahmen zur Sicherstel- lung der Rückzahlungsfähigkeit Griechenlands nachvoll- ziehbar umsetzt. Ich erwarte ebenso Maßnahmen Deutschlands und der Europäischen Union, die künftige Fehlentwicklungen vermeiden. So beispielsweise ein ge- ordnetes Insolvenzverfahren, die Einführung eines Früh- warnsystems bei möglicher Überschuldung eines Mit- gliedslandes, eine Bankenabgabe zur Einführung eines Stabilitätsfonds, eine europäische Ratingagentur, die Überprüfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, da- mit Sanktionen früher greifen können, das Verbot unge- deckter Leerverkäufe von Finanzmarktinstrumenten, ein effektiveres Monitoringverfahren bei Anträgen auf Bei- tritt zur Währungsunion. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Dem Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz kann ich nicht zustimmen, da die finanziellen Lasten allein den europäischen Steuerzah- 4106 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) lern auferlegt werden, ohne dass die internationale Fi- nanzwirtschaft irgendeinen echten Beitrag leistet. Erstens. Wir müssen Griechenland helfen, aber bitte unter Einbeziehung der Banken und Spekulanten, die von hohen griechischen Zinsen profitieren. Griechische Anleihen brachten wegen des höheren Risikos höhere Zinsen – bis zu 9 Prozent. Ohne europäische Hilfe wären die Gläubiger voll ausgefallen. Dann kann man jetzt aber von ihnen eine Beteiligung an den Kosten der Rettungs- aktion durch einen teilweisen Forderungsverzicht im Rahmen einer Umschuldung verlangen. Der Steuerzah- ler muss nach der US-Immobilienkrise vor zwei Jahren jetzt zum zweiten Mal bei Griechenland die Risiken der Gläubigerbanken übernehmen. Dies kann nicht zum Re- gelfall werden: In einer Marktwirtschaft hat ein Investor die Chancen, trägt aber eben auch die Risiken. Zweitens. Nur bei einer Reduzierung seiner Staats- schulden von circa 300 Milliarden Euro als Folge einer Umschuldung hat Griechenland eine echte Chance. Die jetzigen Schulden wird Griechenland aller Voraussicht nach nicht zurückzahlen können. In Griechenland kön- nen wir nicht einerseits der Bevölkerung große Opfer zu- muten und andererseits griechischen Milliardären hohe Zinseinnahmen durch den europäischen Steuerzahler ga- rantieren. Drittens. Die heute beschlossene Griechenland-Hilfe ist keine nachhaltige Lösung. Auch weitere europäische Länder haben über ihre Verhältnisse gelebt und zu hohe Schulden aufgetürmt. Bei weiteren Folgefällen ist der europäische Steuerzahler überfordert. Deshalb brauchen wir eine nachhaltige Lösung durch eine Umschuldung, verbunden mit einem teilweisen Forderungsverzicht der Gläubigerbanken. Sonst wird der Euro nicht zum Inte- grationsfaktor, sondern eher zum Spaltpilz für Europa. Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): In der Anhörung des Haushaltsausschusses erklärte Professor Dr. Weber, Präsident der Deutschen Bundesbank: Griechenland hat über viele Jahre grob und unver- antwortlich gegen europäische Vereinbarungen und Vorgaben verstoßen. Die Haushalts- und Wirt- schaftspolitik war den Stabilitätserfordernissen ei- nes gemeinsamen Währungsraums nicht angemes- sen ... Als Mitglied des Haushaltsausschusses des Deut- schen Bundestages bin ich erschüttert darüber, dass erst jetzt die dramatische Situation bekannt wird. Ich hätte erwartet, dass uns die Bundesfinanzminister früherer Re- gierungen schon viel früher umfassend informiert hätten. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Wissen über die erheblichen Zahlungsschwierigkeiten Griechenlands den Bundesfinanzministern Hans Eichel und Peer Steinbrück durchaus bekannt gewesen waren. Es war eine politische Entscheidung, Griechenland seit dem 1. Januar 2001 in die Euro-Gruppe zu nehmen. Es stellt sich immer mehr die Frage, ob schon damals beim Beitritt das griechische Finanzsystem erheblich ge- fährdet war. Es war eine völlige Fehleinschätzung des Bundesfi- nanzministers Hans Eichel, als er am 29. Juni 2000 im Deutschen Bundestag erklärte: Ich freue mich, dass Griechenland mit seiner langen Geschichte und seinem großen Beitrag, den es zur europäischen Kultur geleistet hat, Mitglied der Euro-Zone wird. Sie sehen darin übrigens, welche Stabilitätsgemeinschaft die Euro-Zone inzwischen ist. Ebenso hat nach meiner Auffassung die von Bundes- finanzminister Hans Eichel und Bundeskanzler Gerhard Schröder und der rot-grünen Koalition im März 2005 ge- wollte flexiblere Auslegung des Euro-Stabilitätspakts er- heblichen Schaden angerichtet und Griechenland mit in die Situation geführt, mit der sich heute der Deutsche Bundestag beschäftigen muss. Die Kritik der Oppositionsparteien an der Aufwei- chung des Stabilitätspaktes wies der damalige Bundes- kanzler Schröder öffentlich mit den Worten: Die Kritik der Opposition beruht auf der Kenntnis- losigkeit der ökonomischen Zusammenhänge zurück. Die Fehleinschätzungen der früheren rot-grünen Koalition und ihres Bundeskanzlers Schröder muss die jetzige Koalition in einer beispiellosen Rettungsaktion für Griechenland bezahlen. Ich habe erhebliche Zweifel, ob jetzt die finanz- und wirtschaftspolitischen griechischen Daten belastungsfä- hig sind. Ebenso muss ich anzweifeln, dass allein die Be- schlüsse der griechischen Regierung zu den notwendi- gen Konsolidierungen führen. Ohne Entschuldung ist nach meiner Auffassung kein wirtschafts- und haushalts- politischer Neuanfang in Griechenland möglich. Trotz dieser Bedenken werde ich dem Gesetz zustim- men. Ich stimme auch deshalb zu, weil bei der Anhörung der Sachverständigen durch den Haushaltsausschuss auf die dringende Notwendigkeit der Maßnahmen, wie sie die Bundesregierung vorgeschlagen hat, hingewiesen wurde. Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU): Die Entschei- dung über das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz ist nicht leicht zu treffen. Ich stimme dem Gesetz mit großen Bedenken zu. Chancen und Risiken unseres Vorgehens sind man- gels historischer Vergleiche und Erfahrungen nur einge- schränkt abzuwägen. Im Mittelpunkt dieser für mich persönlich mit vielen Unsicherheiten behafteten Abwä- gung steht der mit dem griechischen Staatsbankrott im Euro-Raum mit relativ höherer Wahrscheinlichkeit ver- bundene Dominoeffekt und die zu befürchtende neuerli- che Vertrauenskrise. Die Möglichkeit, eine solche Krise zu verhindern, müssen wir wahrnehmen. Gelingen die ergriffenen Hilfsmaßnahmen, geht dies ohne Belastung unserer Steuerzahler, weil dann die auf Basis unserer Garantien gewährten Kredite verzinst und zurückgeführt werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4107 (A) (C) (D)(B) Das Gelingen hängt ab vom Verhalten der Kreditge- ber, von der Einigkeit der Regierungen im Euro-Raum, von der Entschlossenheit der Griechen und der Durch- setzungsfähigkeit des IWF. Der IWF spielt meines Er- achtens eine Schlüsselrolle. Ohne ihn wäre ich in noch größerer Sorge, ob es gelingen kann, die Griechen auf den Pfad haushaltspolitischer Tugend zu führen. Entscheidend für meine Zustimmung ist auch, dass wir die Bundesregierung nicht einfach ermächtigen, Ga- rantien zu geben, sondern diese auch an den Reformfort- schritt binden. Eine Generalermächtigung kam für mich nicht infrage. Mein Vertrauen in die Gestaltungskraft des krisenerfahrenen IWF ist jedenfalls ausgeprägter als das in den Durchsetzungswillen etlicher – wegen eigener Haushaltsdefizite befangener – europäischer Regierun- gen. Meine Zustimmung zu dem Gesetz wird damit auch getragen von der Hoffnung, dass wir unsere Lehren zie- hen und sich unsere Europapolitik grundlegend ändert. Es ist mir an dieser Stelle ein ausdrückliches Anliegen, klarzustellen, dass der Euro selbst nicht das Problem ist. Problematisch ist der Umgang mit dem Stabilitätspakt. In Kenntnis der Haushaltslagen anderer Euro-Staaten – auch der in Deutschland – darf man nicht nur mit dem Finger auf Griechenland zeigen. Wenn es uns mit dieser Ermächtigung und der konsortialen Kreditgewährung durch die übrigen Euro-Staaten tatsächlich gelingt, Ver- trauen zu schaffen, haben wir Zeit gewonnen, aber nicht alles erreicht. Wir müssen den Waigel’schen Stabilitäts- pakt nachschärfen und durchsetzen. Dies ist unverzicht- bar, bei uns in Deutschland wie in allen anderen EU-Mit- gliedstaaten. Anfangen sollten wir hier bei uns – in Deutschland. Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Ich stimme dem Gesetz – trotz erheblicher Bedenken – zu. Die geplanten Kredithilfen an Griechenland sind ein nicht unerhebli- cher Eingriff in die Marktmechanismen und schon des- halb kritisch zu bewerten. Das Problem Griechenlands ist gerade die enorme Schuldenlast. Ich schließe nicht aus, dass eine geordnete Insolvenz Griechenlands oder andere diskutierte Maßnahmen eine wirksamere Me- thode zur Überwindung der Krise wären. Letztlich muss ich mich allerdings auf die Richtigkeit der vorgetragenen Argumente seitens der Bundesregie- rung und der Experten aus der Europäischen Union bzw. der Deutschen Bundesbank/Europäische Zentralbank verlassen. Voraussetzung für meine Entscheidung stell- ten die Maßnahmen im Entschließungsantrag der CDU/ CSU und FDP dar. Demnach würde ein Zahlungsausfall Griechenlands ein erhebliches Risiko für die Stabilität der Währungsunion und des Finanzsystems darstellen. Dies ist zu verhindern. Außerdem muss ein Domino- effekt verhindert werden, der andere fragile Staaten in den Abgrund reißt. Die strengen Richtlinien für die Finanzverfassung im Euro-Raum müssen wieder solide, und deren Umsetzung muss mit aller Konsequenz durchgesetzt werden. Dazu gehört vor allem, dass auf den Bruch dieser Richtlinien Sanktionen erfolgen müssen. Die jetzigen Hilfen für Griechenland entbinden den Bundestag und die Bundesregierung nicht von der Pflicht, die Umstände der Aufnahme Griechenlands in den Euro-Raum sowie dessen Verhalten seitdem aufzu- klären. Dazu gehört auch die Frage, warum Stabilitäts- kriterien aufgeweicht bzw. deren Anwendung nicht oder nur nachlässig durchgesetzt wurden. Dies darf sich nicht ausschließlich auf Griechenland konzentrieren, sondern muss insbesondere auch die beteiligten Euro-Staaten und insbesondere die Bundesrepublik Deutschland einbezie- hen. Mit der Abstimmung verbinde ich die Hoffnung da- rauf, dass auch in Deutschland die Einsicht darüber ein- kehrt, dass nur solide Finanzen, ein durchschaubares Steuersystem und die konsequente Durchsetzung von Kontrollmechanismen langfristig das Überleben der Währungsunion sichern kann. Der Fall Griechenland zeigt, dass unfinanzierbare Tagträume, die beständig im politischen Meinungsprozess Einzug oder Wiederkehr feiern, fatale Folgen haben. Darüber hinaus müssen wir uns vor Augen führen, dass auch Deutschland nicht ohne Weiteres die Über- nahme solch enormer finanzieller Risiken leisten kann. Deutschland muss sich trotz seiner im Vergleich zu Grie- chenland besseren Finanzausstattung bewusst sein, das es selbst immense Hausaufgaben in dieser Beziehung vor sich hat. Erhebliche Einsparmaßnahmen, die Re- formierung des Steuersystems und die Bekämpfung der Bürokratie bleiben auf der Tagesordnung. Diese Not- wendigkeiten sind auch im Lichte der griechischen Ver- hältnisse nicht relativierbar und müssen weiterhin mit Nachdruck verfolgt werden. Paul Lehrieder (CDU/CSU): Trotz größter Beden- ken habe ich zur Stützung der Geldwertstabilität unserer gemeinsamen Euro-Währung am Freitag, den 7. Mai 2010, dem sogenannten Währungsunion-Finanzstabili- tätsgesetz meine Zustimmung erteilt. Eine Abwertung der griechischen Staatsanleihen bzw. eine Umschuldung Griechenlands mit entsprechenden Verlusten bei den gezeichneten Staatsanleihen hätte kei- nesfalls eine gangbare Alternative darstellen können, zu- mal auch Staatsanleihen weiterer Euro-Länder – Portu- gal, Spanien, Irland – in der Folge unverzüglich Gefahr gelaufen wären, ebenfalls nicht mehr akzeptiert bzw. als Anlage nicht mehr gezeichnet werden zu können mit der Folge, dass neben dem relativ kleinen Griechenland ein weiterer Teil des Euro-Landes sehr kurzfristig erhebliche Finanzprobleme dergestalt leiden würde – Spanien –, dass hier eine Hilfe wie im Fall Griechenlands bei den übrigen Ländern schlichtweg aus haushaltstechnischen Gründen nicht mehr infrage kommen könnte. Man würde mit großer Wahrscheinlichkeit hier Gefahr laufen, dass beispielsweise ein Land wie Spanien „too big to fail“ wäre und hierdurch erhebliche Stabilitätsprobleme der gesamten Euro-Währung entstehen würden. Ich sehe mich außerstande, unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern einen Währungsschnitt bzw. eine ähn- lich drastische Einschnittsmaßnahme in ihre Spargutha- ben zu erklären bzw. zuzumuten. 4108 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Mir ist sehr wohl bekannt und bewusst, dass die Be- reitstellung der im eingangs genannten Gesetz vorgese- henen Finanzmittel mit erheblichen Risiken verbunden ist. Ebenfalls ist mir durchaus ein Ärgernis, dass in un- vermeidbarer Weise die relativ hochverzinsten griechi- schen Staatsanleihen letztendlich über deutsche Steuer- mittel abgesichert werden und die Risiken von uns als Mittelbereitsteller getragen werden, die Rendite jedoch bei den Zeichnern der Staatsanleihen verbleibt. Dies stellt jedoch im Verhältnis zu der eingangs ge- nannten Problematik eines sogenannten Flächenbrands des Misstrauens unserer Gemeinschaftswährung von im- merhin etwa einem halben Dutzend der Euro-Länder das aus meiner Sicht geringere Risiko im Verhältnis zu einer Geldentwertung des Euro dar. Die absichtlich falschen Daten Griechenlands vor Aufnahme in die Euro-Gruppe im Jahr 2000/2001, viele Entscheidungen griechischer Regierungen seitdem, das Übersehen von Warnhinweisen im Jahr 2005 durch die rot-grüne Regierung in Deutschland sowie die andau- ernde Verschleierung und Beschönigung der griechi- schen Wettbewerbsfähigkeit und Staatsfinanzen haben ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber der griechischen Politik geschürt, das auch jetzt noch Zweifel am Willen Griechenlands hegt, Kredite ernsthaft zurückzuzahlen. Ebenfalls begegnet das Verhalten der Sozialdemokra- tischen Partei Deutschlands erheblichem Befremden, wenn sie einerseits im Jahr 2001 gegen bestehende Be- denken maßgeblich den Beitritt Griechenlands zur Euro- Zone forciert hatte, nunmehr offensichtlich in der Ab- stimmung unsere Kanzlerin im Regen stehen lässt und mit einer Enthaltung von der historischen Verantwortung der SPD offensichtlich nichts mehr wissen will. Dennoch komme ich nach Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass die mit dem Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz möglicherweise verbundenen Folgen eher zu verantworten sind als ein Nichthandeln und ein griechischer Staatsbankrott. Die Gefahr für die Stabilität unserer Währung, die Gefahr für Aufschwung und Arbeitsplätze in Deutschland durch einen Staats- bankrott Griechenlands bedrohen die Bürger Deutsch- lands unmittelbarer und härter. Bei meiner Entscheidung, meine Bedenken zurückzu- stellen, habe ich mich von folgenden Überlegungen lei- ten lassen: – Die Nothilfe für Griechenland ist ein absoluter Aus- nahmefall. Aus der Europäischen Union darf und wird keine Transferunion werden. – Die Bundesregierung wird alles daransetzen, zu einer Stärkung der Kontroll- und Eingriffsbefugnisse der Europäischen Union gegenüber Mitgliedstaaten zu kommen, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. – Die Bundesregierung wird alles daransetzen, im eu- ropäischen Stabilitätspakt schärfere, nach verbindlich beschriebenen Kriterien eintretende und damit von politischen Rücksichtnahmen unabhängigere Sank- tionen zur Ahndung von Verstößen zu verankern. – Das Sanierungsprogramm der Regierung Griechen- lands wird vom IWF und den europäischen Institutio- nen strikt überwacht. Die Bundesregierung unterrich- tet den Bundestag laufend über die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. – Künftigen Krisen wird wirksamer als in der Vergan- genheit vorgebeugt: durch strengere Regeln für Fi- nanzinstitutionen und Finanzmärkte, die derzeit erar- beitetet und in den nächsten Monaten in Deutschland, Europa und möglichst weltweit in Kraft gesetzt wer- den, und durch Reformen, die dem europäischen Sta- bilitätspakt mehr Biss geben. – In Europa werden Instrumente für eine geordnete Staatsinsolvenz überschuldeter Staaten entwickelt. Das Restrukturierungs- und Insolvenzsystem wird eine systemische Risiken vermeidende Heranziehung der Gläubiger entsprechend der von ihnen eingegan- genen Risiken sicherstellen. Dr. Erwin Lotter (FDP): Der Deutsche Bundestag beschließt am heutigen Tage eine milliardenschwere Un- terstützung für das in Not geratene EU-Mitglied Grie- chenland. Dem entsprechenden Gesetz habe ich aus übergeordneten Gesichtspunkten zugestimmt, insbeson- dere um die Stabilität der Gemeinschaftswährung Euro nicht zu gefährden und einen europaweiten finanzpoliti- schen Flächenbrand zu verhindern. Dessen ungeachtet möchte ich festhalten, dass Grie- chenland einen Großteil der Verantwortung für die der- zeitige Situation trägt. Ich bedaure. dass die Verhandlun- gen der letzten Wochen nicht primär in Richtung einer geregelten Insolvenz oder einer Umschuldung geführt worden sind. Als Konsequenz steht das jetzige Vorgehen ohne Alternative da, um einem ungeregelten Staatsbank- rott Griechenlands zu entgehen. Es ist auch im Hinblick auf die vertraglichen Regelungen zur Einführung des Euro nicht unproblematisch, die eine „Rettung“ ver- schuldeter Staaten durch die anderen Mitglieder der Euro-Zone nicht vorsehen. Es ist mir wichtig, die besondere Verantwortung zu unterstreichen, die ich als Bundestagsabgeordneter ge- genüber dem deutschen Steuerzahler habe, der letztlich für die Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau haf- tet. Die Entscheidung ist mir daher persönlich schwerge- fallen. Ich fordere einen nachdrücklichen Einsatz des grie- chischen Staates, der wirksame Maßnahmen ergreifen muss, um sein Staatsdefizit in den Griff zu bekommen, auch wenn dies bedauerlicherweise mit harten Einschnit- ten für die griechischen Staatsbürger verbunden ist. Hier ist ein Mentalitätswandel erforderlich, den Griechenland sich selbst schuldig ist. Die jüngsten Ausschreitungen haben leider Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der griechischen Zusagen geweckt. Es bleibt fraglich, ob die Maßnahmen der Regierung von der Bevölkerung mitgetragen werden. Die Umsetzung der Reformen und entsprechenden Gesetze im Sinne der europäischen Ver- antwortung und der Einhaltung vereinbarter Spielregeln werden von uns selbstverständlich unterstützt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4109 (A) (C) (D)(B) Nach meiner Überzeugung ist es unverzichtbar, bessere Überprüfungsmaßnahmen einzuführen und Sanktionsmechanismen zu etablieren, um derartigen Entwicklungen, die für die Gemeinschaftswährung be- drohlich sind, künftig Einhalt zu gebieten. Es darf nicht geschehen, dass das im Falle von Griechenland gewählte Verfahren sich bei anderen gefährdeten Staaten der Euro-Zone wiederholt; der übergreifende Notstand kann keinesfalls zum Normalfall werden. Die Stabilitätsanfor- derungen des Maastricht-Vertrages müssen das Bewusst- sein aller europäischen Regierungen bestimmen und dür- fen nicht zur bloßen Absichtserklärung verkommen. Das heutige Gesetz muss auch in diesem Sinne als Warnung verstanden werden und ein Einzelfall bleiben. Oliver Luksic (FDP): Zur Abstimmung zum Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleis- tungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabili- tätsgesetz – WFStG) der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/1544 erkläre ich Folgendes: Da es zum jetzigen Zeitpunkt kein Zeitfenster für Al- ternativen mehr gibt, gilt es nicht nur aus Gründen der europäischen Solidarität, die mögliche Destabilisierung Griechenlands der Finanzmärkte und der europäischen Wirtschaft zu verhindern, sondern auch deshalb, weil dies wohl unkalkulierbare Kosten vor allem für den deutschen Steuerzahler verursachen würde. Ich stimme dem Gesetz trotz folgender Bedenken zu. Die Bundesga- rantie für einen Kredit der KfW von bis zu 22,4 Milliar- den Euro im Rahmen der von EU, EZB und IWF koordi- nierten bilateralen Hilfe für die Hellenische Republik halte ich politisch, ökonomisch und rechtlich für in ho- hem Maße bedenklich. Aus guten Gründen haben die Väter des Maastricht-Vertrages vermeiden wollen, dass es zu einer Haftungs- bzw. einer Transferunion kommt. Das WFStG ist de facto ein Bail-out Griechenlands und stellt europapolitisch, ökonomisch und juristisch eine Zäsur dar. Kurzfristig mag der Euro so gestützt werden, mittel- und langfristig wird die Stabilität des Euro durch diesen Beschluss jedoch geschwächt. Die Akzeptanz des Euro und der europäischen Integration in der Bevölkerung wird durch diesen Beschluss nicht gefördert, insbeson- dere wenn es trotz aller Bemühungen und Beteuerungen dazu kommen sollte, dass Griechenland die Kredite nicht zurückzahlen kann. Wenn Schulden geteilt werden, sinkt die Eigenverantwortung. Ein Bail-out oder gar ein wie auch immer gearteter „permanenter Krisenlösungs- mechanismus“ führen meiner Überzeugung nach zu weniger fiskalischer Disziplin und damit zu einer Schwächung unserer gemeinsamen Währung, die für Deutschland und Europa von großer Bedeutung und gro- ßen Nutzen war und ist. Nicht nur das Maastricht-Urteil des BVerfG, sondern vor allem das europäische Recht mit Art. 125 AEUV setzt den Hilfsmaßnahmen klare Grenzen. Was verfas- sungsrechtlich vielleicht noch möglich ist, ist europa- rechtlich jedoch in äußerstem Maße fragwürdig. Wenn weder Art. 122 noch Art. 136 AEUV als Ausnah- mebestimmungen hier greifen, ist die Vereinbarkeit des WFStG mit EU-Recht weder was den Wortlaut, noch, was den Geist des AEUV angeht, gegeben. Da diese Prü- fung dem EuGH obliegt, könnte es zu dem Fall kom- men, dass es ohne Kläger keinen Richter gibt, was recht- lich und politisch hochproblematisch wäre. Gerade weil die EU im Kern eine Rechtsgemeinschaft ist, halte ich das vorliegende Gesetz für äußerst bedenklich. Entscheidend ist, alles dafür zu tun dass die Kredite zurückbezahlt werden und dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt. Vor allem durch die konsequente Hal- tung der Bundesregierung kam es zu einer Beteiligung des IWF und dem zweiten Sparpaket Griechenlands, was im Rahmen der Möglichkeiten das wohl bestmögliche Verhandlungsergebnis ist. Trotz meiner grundsätzlichen Bedenken und meiner Zweifel, ob Griechenland aus der Schuldenspirale herauskommt, stimme ich aus oben ge- nannten Gründen dem vorliegenden Gesetz zu. Die von EU und Bundesregierung angekündigte Stär- kung des Stabilitätspaktes, der in der Vergangenheit auf- geweicht und nun gebrochen wird, ist unabdingbar. Ne- ben der Krisenprävention muss die Durchsetzbarkeit des Paktes gestärkt werden. Auch der rechtlich bisher nicht mögliche Ausschluss aus der Währungsunion als schärfstes disziplinierendes Instrument darf in der Zu- kunft europapolitisch jedoch nicht weiter tabuisiert wer- den, wenn der Euro eine dauerhaft stabile Währung blei- ben soll. Griechenland muss ein Sonderfall bleiben und darf nicht zum Präzedenzfall werden. Horst Meierhofer (FDP): Als Mitglied der FDP- Bundestagsfraktion werde ich dem Gesetz zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Fi- nanzmarktstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik, 17/1544, sowie dem dazugehörigen Entschließungsantrag von CDU/CSU und FDP zustimmenden. Ich möchte auf die- sem Wege jedoch meine Bedenken mitteilen: Durch die Hilfen erhöht sich die Verschuldung Griechenlands zu- sätzlich; wie auf diese Weise die Zahlungsfähigkeit ver- bessert werden kann, erscheint zumindest offen. Ob nach der zugesagten Gewährleistung für drei Jahre eine Stabi- lisierung erreicht sein wird, ist ebenso fraglich – ein Au- tomatismus, dass die Hilfen danach fortgesetzt werden müssen, darf sich hieraus nicht ergeben. Ob die Stabilität des Euro dadurch gewinnt, dass die EU ihre Stabilitäts- kriterien ignoriert bzw. Verstöße nicht sanktioniert, son- dern heilt, wird sich auch erst zeigen müssen. Die wich- tigste Lehre muss aber sein, schnellstmöglich dafür zu sorgen, dass alle EU-Länder wissen, dass sie zukünftig selbst für ihre finanziellen Verpflichtungen verantwort- lich sind – zum Schutz des Euro. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Die Entscheidung über das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz, WFStG, ist nicht leicht zu treffen. Ich stimme dem Gesetz mit großen Bedenken zu. Eine Transferunion darf nicht ent- stehen. Wie sie aber angesichts der Zwangssituation zu vermeiden ist, bleibt abzuwarten. Aber: Es geht hier um 4110 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Deutschland und nicht darum, griechischen Schlendrian mit deutschem Steuergeld zu finanzieren. Allerdings: Chancen und Risiken unseres Vorgehens sind mangels historischer Vergleiche und Erfahrungen nur eingeschränkt abzuwägen. Im Mittelpunkt dieser für mich persönlich mit vielen Unsicherheiten behafteten Abwägung steht der mit dem griechischen Staatsbank- rott im Euro-Raum mit relativ höherer Wahrscheinlich- keit verbundene Dominoeffekt und die zu befürchtende neuerliche Vertrauenskrise. Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen: Den Versuch, eine solche Krise zu verhindern, muss man wagen. Gelingt er, geht dies ohne Belastung unserer Steuerzahler, weil dann die auf Basis unserer Garantien gewährten Kredite ver- zinst und zurückgeführt werden. Das Gelingen hängt ab vom Verhalten der Kreditge- ber, von der Einigkeit der Regierungen im Euro-Raum, von der Entschlossenheit der Griechen und der Durch- setzungsfähigkeit des IWF. Der IWF spielt meines Er- achtens eine Schlüsselrolle. Ohne ihn wäre ich in noch größerer Sorge, ob es gelingen kann, die Griechen auf den Pfad haushaltspolitischer Tugend zu führen. Hier liegen meine eigentlichen Befürchtungen, befeuert durch die Demonstrationen, Brände und Straßenschlachten in der Hellenischen Republik. Entscheidend für meine Zustimmung war auch, dass wir die Bundesregierung nicht einfach ermächtigen, Ga- rantien zu geben, sondern diese auch an den Reformfort- schritt binden. Eine Generalermächtigung kam für mich nicht infrage. Ich bin dem Bundestagspräsidenten für seinen Einsatz an dieser Stelle ausdrücklich dankbar. Europapolitik entkoppelt sich über viele Jahre von der legislativen Kontrolle und vermeidet vorsätzlich – als Handlungsfeld der Exekutive – die demokratische Rück- bindung an die Parlamente. Das habe ich insbesondere bei meiner Ablehnung des Lissabon-Vertrages bemän- gelt. Vom Bundesverfassungsgericht wurde diese Sicht- weise zwischenzeitlich bestätigt. Es möge sich jeder selbst Gedanken machen, wie viel Anteil an den jetzt of- fenkundigen Fehlentwicklungen darin zu suchen ist. Ich kann mir aber an dieser Stelle einen weiteren europapolitischen Seitenhieb nicht verkneifen: Es stimmt, die Griechen haben beim Euro-Beitritt betrogen. Die entscheidende Frage heißt aber: Wer war wirklich gutgläubig? Klar könnte man die Schuld für die Zulas- sung Griechenlands der damaligen rot-grünen Bundes- regierung zuweisen. So einfach will ich es mir aber nicht machen, auch wenn das taktische, unverantwortliche Abstimmungsverhalten der SPD am heutigen Tage dazu reizen würde. Diese Entscheidung passt nämlich in eine Reihe von europapolitischen Entscheidungen, bei denen Europa- pathos und der Blick auf das „geschichtsträchtige große Ganze“ Fakten und Realitäten verdrängten. Ich verweise ausdrücklich auf die von mir mehrfach angemerkte zu frühe Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU, die Verhandlungen mit der Türkei, die weder geogra- fisch noch kulturell zu Europa gehört. Auch der – Gott sei Dank verhinderte – aktuelle Versuch, die Beteiligung des IWF nicht zuzulassen, weil die Euro-Zone angeblich ihre Probleme eigenständig lösen müsse, passt in diese Reihe eines überhöhten Europaverständnisses. Mein Vertrauen in die Gestaltungskraft des krisenerfahrenen IWF ist jedenfalls ausgeprägter als das in den Durchset- zungswillen etlicher, wegen eigener Haushaltsdefizite befangener europäischer Regierungen. Meine Zustim- mung zu dem Gesetz wird damit auch getragen von der Hoffnung, dass wir unsere Lehren ziehen und sich un- sere Europapolitik grundlegend ändert. Es ist mir an dieser Stelle ein ausdrückliches Anlie- gen, klarzustellen, dass der Euro selbst nicht das Pro- blem ist. Problematisch ist der Umgang mit dem von Finanzminister Dr. Theo Waigel in genialer Weise ver- handelten Stabilitätspakt. Eigentlich hätte dieses Über- einkommen die Basis und nicht das Anhängsel der Euro- Einführung sein müssen, zu dem es nicht zuletzt die Re- gierung Schröder gemacht hat. Ich schäme mich dafür, dass es eine deutsche Bundesregierung, nämlich die von Gerhard Schröder, war, die damit den Anstoß für die Aufweichung des Stabilitätspaktes geliefert hat. In Kenntnis der Haushaltslagen anderer Euro-Staaten – und auch der in Deutschland – darf man nicht nur mit dem Finger auf Griechenland zeigen. Wenn es uns mit dieser Ermächtigung und der konsortialen Kreditgewäh- rung durch die übrigen Euro-Staaten tatsächlich gelingt, Vertrauen zu schaffen, haben wir Zeit gewonnen, aber nicht alles erreicht. Wenn wir den Waigel’schen Stabili- tätspakt nicht nachschärfen und durchsetzen, ist nichts gewonnen. Anfangen sollten wir hier bei uns – in Deutschland. Gisela Piltz (FDP): Dem Währungsunion-Finanz- stabilitätsgesetz stimme ich zu, weil ich die Notwendig- keit erkenne, rasche Maßnahmen zur Stabilisierung der ge- meinsamen Währung und mithin zur Sicherung auch der deutschen Wirtschaft und zum Schutz der deutschen Bürgerinnen und Bürger zu ergreifen, und davon über- zeugt bin, dass Deutschland seinen Teil hierzu beitragen muss. Zugleich stelle ich aber fest, dass die Krise der ge- meinsamen Währung aufgrund der Misswirtschaft in Griechenland und die daraus folgenden Risiken auch für die deutsche Wirtschaft und die deutschen Bürgerinnen und Bürger mindestens teilweise hätten vermieden wer- den können. Die Krisenmechanismen der EU im Bezug auf die Überschuldung ihrer Mitgliedstaaten und die Kontrolle der Einhaltung der Stabilitätskriterien durch die einzelnen Mitgliedstaaten sind offensichtlich nicht ausreichend. Es kann und darf nicht ohne Konsequenzen bleiben, dass einzelne Mitgliedstaaten auf Kosten und zulasten der übrigen Mitgliedstaaten – insbesondere auf Kosten und zulasten der Menschen, die, wie in Deutsch- land, selbst harte Einschnitte zu schultern haben und mit ihrer Arbeit und ihren Steuern die finanzielle Hand- lungsfähigkeit des Staates sicherstellen – über ihre Ver- hältnisse leben. Es kann weiterhin nicht ohne Konse- quenzen bleiben, dass einzelne Mitgliedstaaten die EU darüber täuschen, wie die finanzielle Lage des Staats- haushalts tatsächlich ist. Schließlich kann und darf es nicht ohne Konsequenzen bleiben, dass diejenigen, die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4111 (A) (C) (D)(B) durch die Gewährung von riskanten und nicht gedeckten Krediten Griechenland die immer weitere Aufnahme von Schulden ermöglicht haben, hierfür die Verantwor- tung auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abwäl- zen. Die Verantwortung der Finanzwirtschaft für die Ri- siken spekulativer Geschäfte kann und darf nicht der Staat übernehmen. Ich stimme dem Gesetz zu, weil ich erwarte, dass den Ankündigungen der Bundesregierung Taten folgen, sich auf EU-Ebene für Regularien einzusetzen, die künftig derartige Lagen erst gar nicht entstehen lassen. Ich er- warte weiterhin, dass die Finanzwirtschaft in die Pflicht genommen wird, künftig ihrer Verantwortung gerecht zu werden und nicht durch spekulative Geschäfte die Fi- nanz- und Währungsstabilität erneut zu gefährden. Michael Roth (Heringen) (SPD): Europa ist wohl endlich in der Mitte der nationalen Politik angekommen. Daran ändern auch die hilflosen Versuche von CDU/ CSU und FDP nichts, im Begleitzug des medialen Bou- levards wieder Mauern hochzuziehen und sich abzu- schotten. Wir Europäer sitzen in einem Boot. Mit dem internationalen Hilfspaket zur Stabilisierung Griechen- lands wird nicht nur Solidarität geübt. Es geht ebenso um die Stabilisierung des Euro und des europäischen Wirtschaftsraumes, von dem maßgeblich Deutschland dank seiner Exporte profitiert. Millionen Arbeitsplätze in Deutschland wären bedroht, wenn es zu einem Flä- chenbrand käme, der sich beispielsweise auf Spanien, Portugal oder gar Großbritannien ausdehnte. Die Europäische Union ist bislang daran gescheitert, entsprechende Strategien und Instrumente zur Verhinde- rung solcher Krisen zu entwickeln. Die absurden Vor- schläge aus den Reihen von CDU/CSU und FDP sind ein Zeichen von Renationalisierung und Entsolidarisie- rung: Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone oder der EU, Verkauf von Inseln etc. Die Bundeskanzlerin hat versagt, weil sie über Wochen blockiert und gezaudert hat. Das hat die Krise unnötig verschärft und Griechen- land weiter an den Abgrund getrieben. Bereits vor Mo- naten hat die griechische Regierung erste massive Spar- und Konsolidierungspakete geschnürt. Man muss sich die Ausmaße dieser Anstrengungen einmal verdeutli- chen: Hochgerechnet auf Deutschland wären von uns 100 Milliarden Euro Einsparungen jährlich zu erbringen. Wären wir dazu wirklich bereit und in der Lage, solche Einschnitte zu realisieren und unserer Bevölkerung zu- zumuten? Die Europäische Union und der IWF haben sich nun- mehr auf ein Hilfspaket verständigt. Es muss umgehend in Kraft treten und wirken. Aber es trägt wenig zur Ver- hinderung ähnlicher Krisen in der Zukunft bei. Hierzu hat die SPD eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet: Speku- lationen auf Währungen und Staaten sind einzudämmen, die internationalen Finanzmärkte sind auch durch eine entsprechende Steuer an den Kosten der Krise zu beteili- gen, eine stärkere Kontrolle und Regulierung des interna- tionalen Banken- und Finanzsystems ist überfällig. Die Staatsfinanzen müssen von den Kapitalmärkten weitge- hend entkoppelt werden. Die Euro-Zone leidet auch unter den massiven wirtschaftlichen, beschäftigungspoliti- schen und sozialen Ungleichgewichten. – Aus ideologi- schen Gründen verschließen sich CDU/CSU und FDP dieser Einsicht. Dennoch erteile ich dem Gesetzesentwurf meine Zu- stimmung. Ich bin davon überzeugt, dass er unter den obwaltenden Umständen die notwendige Antwort auf die Krise ist. Ein deutliches, auch von der deutschen So- zialdemokratie als der Europapartei getragenes Zeichen der Solidarität in Richtung Griechenland und Europäi- sche Union halte ich für zwingend. Deshalb stimme ich zu, unabhängig davon, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen europapolitisch versagt und sich zur zukünftigen Verhinderung solcher Krisen soli- darischen, gerechten und europäischen Antworten ver- weigert haben. Björn Sänger (FDP): Die Notwendigkeit der heuti- gen Abstimmung ist das Ergebnis einer Politik, die öko- nomische Notwendigkeiten vor dem Hintergrund des Ziels der europäischen Einigung ausgeblendet hat. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Maßnahmen, die er unterstützen soll, kann lediglich ein Zeitgewinn zur Reparatur des ökonomisch missglückten Maastricht- Vertrags erreicht werden. Um diesen Zeitgewinn durch eine kurzfristige Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung geht es bei dieser Abstimmung. Ginge es nur um Griechenland, stünde meine Ent- scheidung fest. Einem Partner, der von Beginn an durch Abgabe falscher Daten das Vertrauen der Mitstreiter in der Schicksalsgemeinschaft Euro missbraucht hat, der über Jahre hinweg deutlich über seine Verhältnisse ge- lebt hat, kann auch mit viel gutem Willen nicht geholfen werden. Trotz der anerkennenswerten erheblichen und für die griechische Bevölkerung schmerzhaften Konsoli- dierungsschritte der griechischen Regierung haben die Griechen zum Teil Errungenschaften, die es in Deutsch- land bei wesentlich höherer wirtschaftlicher Ertragskraft niemals gegeben hat. Das Motto „Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet“ muss nicht nur unter den Bürgern innerhalb eines Landes gelten, muss auch in der Gemeinschaft der Staaten der Europäischen Union seine Anwendung finden. Durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnah- men wird aus meiner Sicht ein Zeitgewinn von drei Jah- ren erzielt. Er ist die einzige Chance, nicht abseh- und beherrschbare Verwerfungen auf den Finanzmärkten ab- zuwenden, und bietet Griechenland die Möglichkeit, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Die Einbin- dung des IWF, der den mit den Griechen vereinbarten eingeschlagenen Konsolidierungskurs regelmäßig über- wacht und die Daten auf ihre Validität überprüft, sorgt dafür, dass das Risiko der Inanspruchnahme der im Ge- setz gewährten Bürgschaften minimiert ist. Diese Siche- rungen sind das absolute Minimum dessen, worauf der deutsche Steuerzahler einen Anspruch hat. Der durch die Hilfsmaßnahmen erwirtschaftete Zeit- gewinn muss zwingend dazu genutzt werden, die Kon- struktionsfehler des Maastricht-Vertrags zu beseitigen. Hierzu gehören Sanktionsmaßnahmen, die bei der Ver- 4112 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) letzung bestimmter Kriterien automatisch greifen. Eine den Sanktionen vorgeschaltete, politische Debatte mit Abstimmung etwa auf EU-Ebene darf es in diesen Fra- gen nicht geben. Der Verstoß gegen die vereinbarten Re- geln muss durch eine unabhängige Institution festgestellt werden, die sodann die festgelegten Sanktionen einleitet. Zu den möglichen Sanktionen muss auch ein Sonderbe- auftragter gehören, der für einen bestimmten Zeitraum in den währungsrelevanten Politikfeldern die alleinigen Befugnisse erhält. Als Ultima Ratio muss es der Staaten- gemeinschaft in der Euro-Zone möglich sein, ein Mit- glied auch auszuschließen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein hohes und wichtiges Gut. Es endet aber dort, wo das eigene jahrelange Fehlverhalten die Existenzgrundlagen anderer Völker innerhalb der Wäh- rungsunion bedroht. Im Vertrauen darauf, dass die nunmehr verbleibende Zeit genutzt wird, um den Maastricht-Vertrag so zu än- dern, dass aus der Währungsunion nicht eine dauerhafte Transferunion wird, werde ich diesem Gesetzentwurf zu- stimmen, um in der jetzigen Situation dauerhaften und nicht absehbaren Schaden von der gemeinsamen Wäh- rung Euro und der deutschen Bevölkerung kurzfristig abzuwenden. Diese Entscheidung ist kein Freibrief für eventuell anstehende ähnliche Entscheidungen in der Zukunft. Frank Schäffler (FDP): Bevor wir hier über so ei- nen wichtigen Gesetzentwurf abstimmen, mache ich von meinem Recht Gebrauch, mein Abstimmungsverhalten zu begründen: Das gemeinsame Europa hat gemeinsame Ziele, die durch gemeinsame Regeln erreicht werden sollen. Diese Regeln sollten für alle gleich sein. Sonderrechte zerstö- ren die europäische Idee. Die Stabilität des Euro ist eine tragende Säule unserer marktwirtschaftlichen Ordnung. Die Solidarität bewährt sich in der Solidität der Mit- gliedsländer des Euro-Raumes. Deshalb ist nicht der un- solidarisch, der Sonderrechte verweigert, sondern der, der zulasten anderer Regeln dauerhaft verletzt hat und damit den Euro insgesamt in Gefahr bringt. Die rechtliche Bewertung: Die Vereinbarungen vom 11. Februar, 25. März und 11. April 2010 der Staats- und Regierungschefs und der Finanzminister des Euro-Rau- mes zerstören diese Solidarität und brechen die gemein- samen Regeln. Nach Art. 125 AEUV haften weder die Union noch einzelne Mitgliedstaaten für Verbindlichkei- ten eines Mitgliedstaates und treten auch nicht für dessen Verbindlichkeiten ein. Ein Bail-out Griechenlands wi- derspricht dieser Klausel. Er widerspricht der Stabilitäts- orientierung des Euro. EU und Regierungen sind dafür da, Recht zu sichern und es nicht zu schleifen. Die ökonomische Bewertung: Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass damit die Wirtschaftsverfassung geändert wird. Mit dem Bail- out werden Verantwortung und Haftung außer Kraft ge- setzt und die Risiken sozialisiert. Nicht die Spekulanten sind das Problem, sondern der Bai-out ist das Problem. Nur durch den Bail-out lohnt es sich für Geschäftsban- ken, griechische Anleihen zu kaufen, weil diese dann wissen, dass dieses Geschäftsmodell nicht zusammen- brechen kann. Das pervertiert die marktwirtschaftliche Ordnung, und es setzt Anreize für einzelne Staaten, sich weiter zu verschulden. Das vereinbarte Sparpaket des IWF und der Euro- Zone wird Griechenland nicht helfen, da es die Ursache der Probleme Griechenlands nicht löst. Erstens. Selbst wenn das Sparpaket bis 2014 vollstän- dig umgesetzt wird, steigt die Verschuldung Griechen- lands gegenüber 2009 weiter an. Griechenland steckt in der Verschuldungsfalle. Diese wird dazu führen, dass sehr wahrscheinlich die Staatsverschulung am Ende des Hilfspaketes eher bei 130 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt liegt, als bei 115 Prozent (2009). Rund 10 Milliarden Euro des Sparpaketes sind ausdrück- lich nicht spezifizierte Kürzungen im Haushalt Grie- chenlands. Also ein Drittel des Sparpaketes liegt im Ne- bel. Zweitens. Griechenland wird nicht in der Lage sein, mit seiner Wirtschaft die Mittel zu erwirtschaften, die zur Schuldenreduzierung notwendig sind, solange Grie- chenland Mitglied der Euro-Zone ist. Notwendig wäre dafür ein Produktivitätsfortschritt der griechischen Wirt- schaft von mindestens 30 Prozent, der in dieser kurzen Zeit nicht erreicht werden kann. Beides sind die notwendigen Bedingungen, dass Grie- chenland überhaupt in die Lage versetzt wird, sich wie- der ausreichend an den Finanzmärkten zu refinanzieren. Deshalb ist die Hilfe der Einstieg in die Transferunion, der die Stabilität des Euro gefährdet und damit die kol- lektive Verantwortungslosigkeit im Euro-Raum beför- dert. Dies wird unweigerlich Einfluss auf die Geldwert- stabilität in unserem Land haben. Damit werden das Sparvermögen von Millionen Menschen und die Investi- tionsentscheidungen von Tausenden von Unternehmen infrage gestellt. Diesem Handeln kann ich im Interesse unserer Bürge- rinnen und Bürger nicht meine Zustimmung erteilen. Deshalb stimme ich gegen diesen Gesetzentwurf. Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD): Die Bundes- regierung hat durch ihr unverantwortliches Verhalten, ihre Verzögerung, ihr Taktieren und die fehlende Ein- sicht, dass Griechenland dringend unsere Hilfe braucht, unser Land international und in Europa isoliert und die Spekulationen der Finanzmärkte angeheizt. Ich halte es für völlig unzureichend, dass die Koali- tionsfraktionen nicht bereit sind, entscheidende Maßnah- men zur Vermeidung von zukünftigen Krisen des inter- nationalen Finanzsystems, daraus folgenden Krisen in der Realwirtschaft und Krisen bei den Staatshaushalten zu beschließen. Die Krise des griechischen Staatshaushalts ist eine Krise, die Bedeutung weit über die kleine griechische Volkswirtschaft hinaus hat. Abgesehen von den hausge- machten Ursachen einer nicht tragfähigen Verschuldung, einer Verschleppung von Modernisierungsprojekten und einer überhöhten Inflationsrate, war Griechenland in den Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4113 (A) (C) (D)(B) letzten Monaten Spekulationsangriffen der internationa- len Finanzakteure ausgesetzt. Wenn die Krise und die Spekulationen nicht eingedämmt werden, besteht die Gefahr, dass ein Flächenbrand entsteht und weitere Län- der in den Fokus der Hedgefonds geraten und schließlich die gesamte Währungsunion destabilisiert wird. Jeder Versuch der Länder der Euro-Zone oder der Kommission, die Spekulanten durch Hilfszusagen für Griechenland zu stoppen, wurde von der Bundesregie- rung torpediert. Durch die gebetsmühlenhaften Behaup- tungen, Griechenland müsse erst einmal seine Hausauf- gaben machen und ein Sparpaket vorlegen, wurden die Hilfen infrage gestellt und die Spekulanten geradezu ein- geladen, weiter auf einen Staatsbankrott zu wetten. Anstatt die deutsche Bevölkerung über die Fakten und die Notwendigkeit zur Hilfe aufzuklären, wurde sei- tens der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien keine Gelegenheit ausgelassen, die billigsten Ressenti- ments und Vorurteile, Falsch-und Fehlmeldungen, die in einer beispiellosen Hetzkampagne einiger deutscher Me- dien über Wochen publiziert wurden, zu bedienen und zu verstärken. Der einzige Grund war: Sie glaubten, damit in den Landtagswahlen NRW punkten zu können. Die Hinhaltetaktik der deutschen Bundesregierung hat nicht nur dazu geführt, dass für die zuletzt ausgege- benen griechischen Staatsanleihen durch Spekulationen getriebene überhöhte Zinsen bezahlt werden müssen, sondern auch dazu, dass der Hilfsmechanismus in Gang gesetzt werden musste und die daraus resultierenden Bürgschaften höher ausfallen, als sie sonst hätten ausfal- len müssen. Bis vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung den Eindruck erweckt, dass es sich bei dem Hilfspaket um direkte Zahlungen aus dem Bundeshaushalt handelt und nicht um eine Bürgschaft für Kredite, an denen die KfW und damit die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuer- zahler gut verdienen werden. Und sie hat den Eindruck erweckt, als ob nicht die griechische Regierung und das griechische Parlament weitreichende Maßnahmen ergrif- fen haben, sondern dass erst die Verweigerungshaltung der deutschen Regierung dazu geführt hat, dass über- haupt Maßnahmen ergriffen wurden. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat auch aus der Finanz- und Wirtschaftskrise keine Lehren gezogen. Sie weigert sich aus ideologischen Gründen, die Verursacher und Profiteure der Krise an den Kosten zu beteiligen. Sie weigert sich, die Finanzmärkte so zu regulieren, dass Spekulationen eingedämmt werden und vom Finanzsek- tor künftig keine Gefahren für die Realwirtschaft oder ganze Währungsräume mehr entstehen können. Es ist schwer zu ertragen, dass diejenigen, die die Finanz-und Wirtschaftskrise verursacht haben, auch jetzt wieder von der Krise, in die sie die Euro-Zone hineinmanövriert ha- ben, von den Hilfsmaßnahmen profitieren werden, weil Deutschland keinerlei ernsthafte Anstrengungen unter- nimmt, die Kapitalmärkte zu regulieren und den Finanz- sektor an den Kosten zu beteiligen. Dabei ist es höchste Zeit, dass die Bundesregierung aktiv wird, um die Finanzmärkte zu regulieren, die Finanzakteure an den durch sie verursachten Kosten zu beteiligen und für eine wirtschaftspolitische Koordinie- rung in der EU zu sorgen, damit auf Dauer Leistungs- bilanzungleichgewichte eingedämmt werden – siehe Forderungen im Entschließungsantrag der SPD. Dies ist im gesamteuropäischen und damit im deutschen Inte- resse. Ich bin darüber hinaus der Überzeugung, dass die Mitgliedstaaten der Währungsunion und Deutschland dringend gefordert sind, der griechischen Regierung jetzt mit dem vereinbarten Hilfspaket zur Seite zu ste- hen. Die Bundesregierung hat aus meiner Sicht mit ihrer über viele Wochen wahltaktisch bedingt zögerlichen und widersprüchlichen Haltung massiv die bereits verab- schiedeten tiefgreifenden Sparmaßnahmen der griechi- schen Regierung gefährdet. Sie hat es zugelassen, dass der Euro immer stärker unter Druck gerät. Damit wird der Wohlstand der gesamten Währungsunion und damit auch Deutschlands in Gefahr gebracht. Jüngste Herab- stufungen Griechenlands, Portugals und Spaniens durch Ratingagenturen zeigen die Dramatik der Situation auf. Hilfe ist nötig, damit diese Entwicklungen gestoppt wer- den. Die von Giorgos Papandreou geführte sozialdemokra- tische Regierung in Athen hat im vergangenen Oktober von den Konservativen eine noch nie dagewesene Staatsverschuldung übernommen und das tatsächliche griechische Haushaltsdefizit veröffentlicht. Papandreou hat dadurch die politische Verantwortung für die Miss- stände der vergangenen Jahrzehnte übernommen. Seit- dem befindet sich das Land in einem Rennen gegen die Zeit und gegen die Spekulation. Die griechische Regie- rung hat in kürzester Zeit eine ganze Serie von Gesetzen mit drastischen Maßnahmen verabschiedet, um die Staatsverschuldung zu verringern. Diese Reformen wer- den tiefgreifende Auswirkungen auf die Menschen in Griechenland haben. Griechenland benötigt jetzt drin- gend die Unterstützung der EU-Staaten. Mit meiner Zu- stimmung zum Gesetz möchte ich ein Zeichen der Soli- darität mit dem griechischen Volk setzen. Dr. Hermann Otto Solms (FDP): Erstens. Ange- sichts der Situation in Griechenland muss festgestellt werden, dass der Europäische Stabilitäts- und Wachs- tumspakt nicht in der Lage war, die in ihn gesetzten Er- wartungen zu erfüllen. Der Versuch, die Mitgliedstaaten auf eine nachhaltige Finanzpolitik zu verpflichten, ist gescheitert. Die griechische Haushalts- und Finanzpoli- tik hat die europäischen Stabilitätserfordernisse nicht er- füllt. Überdies hat das Land nach wie vor große Struk- turprobleme. Diese Umstände waren den zuständigen Institutionen seit langem bekannt, ohne dass daraus an- gemessene Konsequenzen gezogen worden wären. Spä- testens als infolge der Finanzkrise die Märkte auf die sich verschlechternde Zahlungsfähigkeit Griechenlands reagierten, wäre es höchste Zeit gewesen, dem Stabili- täts- und Wachstumspakt nachdrücklich Geltung zu ver- schaffen und die unumgänglichen strukturellen Anpas- sungsmaßnahmen zur Konsolidierung der griechischen Staatsfinanzen zu ergreifen. Es ist meine persönliche Überzeugung, dass ein Strukturanpassungsprogramm 4114 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) und eine Umschuldung mithilfe des IWF – so wie es Griechenland in der Vergangenheit vor dem Beitritt zur Euro-Zone mehrfach gemacht hat – bereits damals gebo- ten war. Das hätte das Vertrauen der Märkte wieder her- gestellt. Aber weder die europäischen Institutionen noch die damalige schwarz-rote Bundesregierung haben auf die Situation in Griechenland angemessen reagiert. Eine Umschuldung hätte im Übrigen die Anleger, wie zum Beispiel Banken und Versicherungen, die in griechische Staatsanleihen investiert haben, automatisch mit in die Haftung genommen. Dieser Weg ist jetzt versperrt. Durch Untätigkeit ist nun eine Lage entstanden, aus der sich Griechenland aus eigener Kraft nicht mehr befreien und in der eine Umschuldungsvereinbarung die kurzfris- tige krisenhafte Zuspitzung nicht mehr verhindern kann. Zweitens. Mit den heute zu beschließenden Bürg- schaften kaufen wir für die nächsten drei Jahre eine Frist, um den drohenden Zahlungsausfall Griechenlands abzuwenden. Das Problem ist damit nicht gelöst. Aber wir gewinnen Zeit, um einen Lösungsweg zu eröffnen. Griechenland muss dieses Zeitfenster nutzen, um die mit dem IWF und der Europäischen Kommission im Auftrag der Mitgliedstaaten unter Mitwirkung der Europäischen Zentralbank vereinbarten Auflagen zu erfüllen. Nur so kann das verloren gegangene Vertrauen der Märkte wie- der hergestellt werden. Drittens. Die Finanzhilfen durch IWF und Währungs- union setzen den Druck der Märkte auf die griechischen Finanzierungsbedingungen vorübergehend außer Kraft. Das darf nicht zu einem Präzedenzfall für die Zukunft werden, sondern muss eine einmalige Notfallaktion blei- ben. Wir müssen mit aller Kraft verhindern, dass es innerhalb der Euro-Zone zu einer Finanzausgleichs- automatik kommt. Deshalb ist ein europäischer Wäh- rungsfonds abzulehnen. Wir wollen keine Transferunion, die die schädlichen Wirkungen des deutschen Länder- finanzausgleichs auf europäische Dimensionen über- trägt. Damit würden die Steuerzahler der stabilitätsorien- tierten Länder zur Kasse gebeten und müssten für den Schlendrian und die Schulden der übrigen Länder auf- kommen. Es ist Aufgabe der Bundesregierung, die deut- schen Steuerzahler vor einem solchen Mechanismus zu schützen. Viertens. Die Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist durch die unsolide Finanzpolitik Griechenlands und anderer Unionsstaaten massiv er- schüttert worden. Dem hat die rot-grüne Bundesregie- rung durch die Aufweichung der Stabilitätskriterien im Frühjahr 2005 Vorschub geleistet. Schon der Aufnahme Griechenlands in den Währungsverbund hätte der dama- lige Bundeskanzler Schröder widersprechen müssen. Europa als Ganzes muss jetzt den Stabilitäts- und Wachstumspakt von Grund auf erneuern. Er wurde ur- sprünglich nur als Präventionsinstrument konzipiert. Er sollte verhindern, dass es überhaupt zu einer solchen Si- tuation kommt. Die Krise in Griechenland hat offenbart, dass es nicht ausreicht, allein auf Prävention zu setzen. Neben einer verbesserten Prävention braucht die Euro- päische Währungsunion neue Instrumente, die im Kri- senfall stabilisieren, Sanktionen auslösen und gegebe- nenfalls ein geregeltes Verfahren zur Umschuldung in Gang setzen. Nur durch eine glaubwürdige No-bail-out- Androhung können die einzelnen Staaten zu einer seriö- sen und soliden Haushalts- und Finanzpolitik gezwun- gen werden, weil sie dann nicht mehr mit Hilfsaktionen der Partnerländer rechnen können. Fünftens. Der von CDU/CSU und FDP vorgelegte Entschließungsantrag macht in beide Richtungen kon- krete Verhandlungsvorschläge. Außerdem erhöht er grundsätzlich die Hürden für den Beitritt weiterer Län- der in die Währungsunion. Insgesamt halte ich die im Entschließungsantrag genannten Maßnahmen für eine geeignete Verhandlungsgrundlage, endlich einen funk- tionsfähigen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu verein- baren. Die konkrete Ausgestaltung muss allerdings erst zwischen den europäischen Partnern verhandelt und be- schlossen werden. Das ist noch ein langer Weg. Sechstens. Der vorliegende Gesetzentwurf leistet kei- nen Beitrag zur Lösung der ursächlichen Probleme, son- dern verschafft Griechenland lediglich einen zeitlichen Aufschub und eröffnet Handlungsspielräume. Das Hilfs- paket für Griechenland ist ein Wechsel auf die Zukunft, der große Hoffnungen und Vertrauen in das Handeln der griechischen Regierung und Bevölkerung setzt. Ob die- ser Aufschub genutzt wird, die zugrunde liegenden Pro- bleme anzugehen, wird erst die Zukunft erweisen. Ich stimme dem Gesetzentwurf in Verbindung mit dem Entschließungsantrag trotz der oben genannten Be- denken zu, weil dadurch die Chance eröffnet wird, end- lich einen glaubwürdigen und tragfähigen Stabilitäts- und Wachstumspakt auf den Weg zu bringen und die in der Vergangenheit begangenen Fehler für die Zukunft auszuschließen. Torsten Staffeldt (FDP): Ich erkläre, dass ich trotz schwerer Bedenken dem oben genannten Gesetzentwurf zustimme. Meine Bedenken resultieren aus meiner persönlichen Einschätzung der mit der Ausführung dieses Gesetzes verbundenen Risiken. Der hoffentlich nicht eintretende Fall der Inanspruchnahme der Garantie – Bürgschaft – durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, für die Finanzierung der griechischen Staatsschulden verursacht eine Belastung der deutschen Steuerzahler von mindes- tens 22,4 Milliarden Euro. Dies entspricht nach meiner überschlägigen Berechnung dem Aufkommen aus der Einkommensteuer von drei Monaten, bezogen auf alle deutschen steuerpflichtig arbeitenden Menschen. Das heißt, im schlimmsten Falle – der Inanspruchnahme der Bürgschaft – müssen die Deutschen ein Vierteljahr ar- beiten, um Griechenland zu helfen. Des Weiteren bezweifele ich, dass die griechische Re- gierung das nötige Durchhaltevermögen besitzt, die not- wendigen Einsparungen konsequent umzusetzen. Ge- rade als Abgeordneter aus einem Haushaltsnotlageland weiß ich, dass die Verlagerung der Schulden auf andere nicht unbedingt zu den Verhaltensänderungen führt, die notwendig sind, um dauerhaft eine Krise zu bewältigen und aus ihr die richtigen Lehren zu ziehen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4115 (A) (C) (D)(B) Schließlich halte ich es für falsch, dass durch diesen Schritt die Tür für einen gravierenden Wechsel der Ziele der Europäischen Union geöffnet wird. Die EU wurde ursprünglich als Wirtschaftsunion mit dem Ziel gegrün- det, durch den freien Handel ein Zusammenwachsen der Europäer und damit dauerhaften Frieden in Europa zu erreichen. Durch diesen – ersten – Schritt wandelt sich die EU von einer Friedens- und Wirtschaftsunion mit gemeinsamer Währung für einige Länder zu einer Trans- ferunion. Dies kann und darf nicht das Ziel sein, da die daraus resultierenden Begehrlichkeiten zu einer dauer- haften Fehlorientierung verleiten. Diejenigen, die versu- chen, sich an die Maastricht-Kriterien zu halten, werden für ihre Anstrengungen bestraft, indem sie diejenigen finanzieren, die diese Kriterien nicht einhalten können oder wollen. Das ist nicht hinnehmbar. Stephan Stracke (CDU/CSU): Griechenland ist fak- tisch bankrott. Eine Refinanzierung ist an den Finanz- märkten derzeit nicht möglich. Ursächlich hierfür ist ne- ben einer aktuellen Spekulationswelle vor allem die langjährige unverantwortliche Schuldenpolitik Grie- chenlands über seine Verhältnisse. Mit den deutschen Notkrediten für Griechenland mu- ten wir unserer Bevölkerung viel zu; denn in letzter Konsequenz ist es der deutsche Steuerzahler, der für die falsche Finanz- und Wirtschaftspolitik Griechenlands einsteht. Eine Transferunion darf nicht entstehen. Ein Automatismus, dass ein notleidender Staat in der Euro- Zone jederzeit auf die Unterstützung der anderen Mit- gliedstaaten zählen kann, wäre fatal und im Grunde nicht verantwortbar finanzierbar. Deshalb kann die Unterstüt- zung für Griechenland nur das sein, was sie ist: ein Aus- nahmefall. Meine Entscheidung, dem Währungsunion-Finanz- stabilisierungsgesetz zuzustimmen, ist das Ergebnis ei- ner Abwägung. Historische Vergleiche und Erfahrungen im Umgang mit einem Staatsbankrott in der Euro-Zone bestehen nicht. Daher sind Chancen und Risiken nur ein- geschränkt abzuwägen und eine Prognose nur schwer zu treffen. Im Mittelpunkt meiner für mich persönlich mit vielen Unwägbarkeiten behafteten Abwägung steht die Überlegung, dass eine Insolvenz Griechenlands mit rela- tiv höherer Wahrscheinlichkeit einen Flächenbrand auf andere notleidende Staaten in der Euro-Zone und eine neuerliche Vertrauenskrise auslösen würde. Die Auswir- kungen auf Deutschland wären bei Weitem gravierender. Daher bin ich persönlich zu dem Schluss gekommen: Den Versuch, eine solche Krise zu verhindern, muss man wagen. Das Gelingen hängt maßgeblich von der Entschlos- senheit der Griechen, der Durchsetzungsfähigkeit des IWF, von der Geschlossenheit der Regierungen im Euro- Raum und vom Verhalten der Kreditgeber ab. Dabei kommt es vornehmlich auf die Griechen selbst an. Deren bisheriges Verhalten schürt bei mir ein tiefsitzendes Misstrauen, dass sie wirklich auf breiter gesellschaftli- cher Basis willens sind, das wirtschafts- und finanzpoli- tisch Notwendige dauerhaft zu leisten. Daher kommt meines Erachtens dem IWF eine Schlüsselrolle zu. Er hat die Erfahrung und die Gestaltungskraft im Umgang mit notleidenden Staaten. Ohne ihn wäre ich in noch größerer Sorge, dass die Nothilfe gelingen kann. Jeden- falls ist mein Vertrauen in die Durchsetzungskraft des IWF größer als in die etlicher Regierungen in der Euro- Zone, die mit nicht unerheblichen eigenen Haushalts- defiziten beschwert sind. Daher ist es gut und richtig, dass der IWF nach anfänglichem Zögern so mancher maßgeblich beteiligt ist. Richtig und für meine Zustimmung unabdingbar ist auch, dass die Bundesregierung nicht einfach ermächtigt wird, Garantien zu geben, sondern dass der Reformfort- schritt Geschäftsgrundlage für deren Handeln ist. Eine solche Bindung hat vor allem mit dem Selbstverständnis des Deutschen Bundestages selbst zu tun. Daher be- danke ich mich ausdrücklich beim Bundestagspräsiden- ten für seinen Einsatz an dieser Stelle. Wenn es uns durch die konditionale Kreditgewährung gelingt, Vertrauen zu schaffen, haben wir Zeit gewon- nen. Diese gilt es unverzüglich zu nutzen. Wir müssen den von Finanzminister Dr. Theo Waigel verhandelten und von der Regierung Schröder maßgeblich aufge- weichten Stabilitätspakt nachschärfen sowie passgenaue Instrumente zu dessen Durchsetzung hinzufügen. Und wir müssen – zumindest mittelfristig – auch denjenigen einen Teil der Last aufbürden, die mit Staatsanleihen notleidender Staaten viel Geld verdient haben. Nur so lässt sich das Verantwortungsbewusstsein der Finanz- investoren schärfen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen stimme ich nicht zu. Ich stimme mit Enthaltung. Die Ge- währung von Garantien für Kredite der staatlichen KfW- Bank an Griechenland halte ich grundsätzlich für richtig und notwendig – auch in der im Gesetzentwurf vorgese- henen Höhe. Falsch und nicht zu verantworten ist aber, dass die Kredite aus Steuermitteln den privaten Groß- banken zugutekommen. Deren Risiken werden über- nommen und Renditen sowie Spekulationsgewinne ga- rantiert. Also Kredite für die griechische Bevölkerung: Ja. Für die großen privaten Gläubiger: Nein. Dies mache ich durch meine Enthaltung deutlich. Kredite und Garantien in Milliardenhöhe aus Steuer- mitteln dürfen nur gegeben werden, wenn die privaten Großbanken zur Kasse gebeten und an der Bezahlung der Hilfen echt beteiligt werden. Dazu muss die Bundes- regierung die Initiative ergreifen, um den Bankensektor zu regulieren und eine Finanztransaktionsteuer einzufüh- ren. Auch für mich ist das Bekenntnis zur Europäischen Union und zum Prinzip der innereuropäischen Solidari- tät zentral wichtig Auch ich halte es für notwendig, dass die EU-Länder sich gegenseitig helfen, wenn ein Land in Not gerät, und auch ich will der Bevölkerung Griechen- lands in der jetzigen Notsituation beistehen. Staatlich ga- rantierte deutsche Kredite können ein Mittel sein, um der Finanznot Griechenlands entgegenzuwirken, und gerade den sozial Schwachen helfen. 4116 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Aber Hilfen aus Mitteln der deutschen Steuerzahler müssen verantwortbar sein. Das sind sie nicht, wenn diese wieder den privaten Großbanken zufließen. Die staatlichen Kredite dürfen deshalb nur an Griechenland geben werden, wenn sie im Rang vor den Krediten der Großbanken und privaten Gläubiger bedient werden. Alle staatlichen Kredite nebst Zinsen müssen also zu- rückgezahlt sein, bevor die privaten Gläubiger Geld er- halten. Die bisherigen Großgläubiger, also die Banken, tragen so nur weiter das Risiko, das sie bei Hingabe der Kredite an Griechenland eingegangen sind. Sie lassen sich das erhöhte Risiko ja auch durch hohe Zinsen be- zahlen. Ohne die staatlichen Krediten hätten die bisheri- gen privaten Großgläubiger das eingesetzte Kapital jetzt ganz oder zum großen Teil verloren, da Griechenland die Kredite aus eigenen Kraft nicht mehr zurückzahlen kann. Durch die internationalen staatlichen Kredithilfen und die Garantien werden die Kapitaleinlagen der Groß- banken und sogar deren hohe Rendite gerettet. Da ist es recht und billig, wenn diese das höhere Risiko tragen und vielleicht nicht alle Zinsen und alles Kapital zurück- erhalten. Die Kredite und Garantien aus Steuermitteln müssen auch ordnungsgemäß in den Bundeshaushalt aufgenom- men werden. Der Deutsche Bundestag ist nicht nur über die Entwicklung des Kreditgeschäfts laufend zu unter- richten. Ohne seine Zustimmung, dürfen die Kredite nicht gewährt werden. Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf stimme ich nur mit Bedenken zu. Die europarechtliche Zulässigkeit ist Zweifeln ausge- setzt. Art. 125 AEUV soll die Eigenverantwortung eines einzelnen Mitgliedstaates für seine Staatsverschuldung sichern. Die formale Freiwilligkeit von formal bilatera- len Krediten aller anderen Mitgliedstaaten widerspricht dieser Grundidee des Vertrages von Maastricht – zumal wenn höhere Refinanzierungskosten einzelner Mitglied- staaten zwangssolidarisch von den übrigen zu tragen sind. Die währungspolitische Wirksamkeit ist nicht so si- cher, wie dies angesichts der hohen Garantierisiken für den Bundeshaushalt wünschenswert wäre. Das Ver- trauen der Märkte auf eine Wiederherstellung der Wett- bewerbsfähigkeit Griechenlands und die langfristige Be- wältigung von dessen immenser Schuldenlast ist schwach. Manches spricht für weitere Hilfenotwendig- keiten gegenüber Griechenland und weiteren Staaten der Euro-Zone, was letztlich auch Deutschland angesichts des eigenen Konsolidierungsbedarfs überfordern dürfte. Andererseits muss ich das Urteil der Bundeskanzle- rin, des Bundesfinanzministers und meines Fraktions- vorsitzenden berücksichtigen, die mit Recht auf das ein- hellige Votum zugunsten der jetzt in der Euro-Gruppe geplanten Maßnahme von IWF, EZB und Bundesbank verweisen. Auf deren Urteil und dasjenige der in den Bundestagsausschüssen angehörten Fachleute, die eine Umschuldung wegen unabsehbarer Folgen auf die Stabi- lität des Euro insgesamt ablehnen, vertraue ich. Die in den Gesetzestext aufgenommenen Hinweise auf die quartalsweisen Kontrollen sowie der von mir vollumfänglich begrüßte Text und Inhalt das Entschlie- ßungsantrages ermöglichen mir die Zustimmung. Marco Wanderwitz (CDU/CSU): Nach den parla- mentarischen Beratungen, insbesondere der Anhörung, bin ich zum Schluss gekommen, dass die Zahlungsunfä- higkeit Griechenlands, ein Staatsbankrott, die europäi- sche Währungsunion in höchste Not bringen, eine neuer- liche internationale Bankenkrise auslösen und für andere ebenfalls höher verschuldete Länder weitere Schwierig- keiten bei der Refinanzierung mit möglichen weiteren Folgen bedeuten würde. Eine kaum mehr vorhersehbare und steuerbare Kettenreaktion würde ausgelöst werden. Diese würde Deutschland als Euro-Land und Land, das seinen Wohlstand massiv auf Exporten gerade in den umgebenden Euro-Raum begründet, empfindlich und für alle Bürger spürbar treffen. Dies zu verhindern, stimme ich dem vorliegenden Gesetzentwurf, dem deutschen Beitrag der Hilfe der Euro-Staaten und des Internationa- len Währungsfonds, als Ultima Ratio, als letztes Mittel, zu. Es ist von einer Reihe schlechter Varianten nach mei- ner Überzeugung die beste. Ein früheres Eintreten, das vor allem die Bundes- regierung in Europa verhindert hat, wäre entgegen den Äußerungen der Opposition nicht billiger und besser, sondern teurer und schlechter gewesen. Die wichtige Einbeziehung des IWF und damit der Weltgemeinschaft und das Aufzwingen nötiger harter Sparmaßnahmen ge- genüber Griechenland, das Gewinnen von Akzeptanz für das Bestehen von Fehlentwicklungen in der griechischen Bevölkerung, waren nur so überhaupt erst möglich. An- dere Euro-Länder wollten schneller unbedingter eintre- ten – das wäre falsch gewesen und teurer geworden. Dass die Kopplung der in Tranchen auszureichenden Hilfen anders als noch im Entwurf nun im Gesetz an die Bedingungen der Einigung zwischen Griechenland und den Hilfsgebern gebunden und tranchiert ist, war mir sehr wichtig, zeigte es doch, dass es keinen Freifahrt- schein gibt, sondern Griechenland sich redlich halten muss, will es diesen Weg gehen. Durch gefälschte Statistiken hat die politische Elite Griechenlands lange Jahre bewusst die europäischen Partner getäuscht und sich den Zugang zum Euro-Raum erschlichen. Die Griechen insgesamt haben seit Länge- rem über ihre Verhältnisse gelebt; die Defizite sind nicht durch Spekulanten entstanden oder vom Himmel gefallen. Eine drastische Verringerung des griechischen Haushalts- defizits ist daher unumgängliche Voraussetzung für Hilfe. Das nochmals nachgebesserte griechische Sparprogramm geht in die richtige Richtung. Unbedingte Transparenz und absolute Kontrolle der Einhaltung sind vereinbart und zwingend. Die No-bail-out-Klausel in Art. 125 der Europäischen Verträge als Haftungsausschluss stellt klar, dass ein Euro-Teilnehmerland nicht für Verbindlichkeiten und Schulden anderer Teilnehmerländer aufkommen muss. Diese Klausel soll gewährleisten, dass für die Rückzah- lung öffentlicher Schulden die jeweiligen Staaten selbst Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4117 (A) (C) (D)(B) verantwortlich bleiben. Die Übertragung von Risiken in- folge einer nicht tragfähigen Haushaltspolitik einzelner Staaten auf die Partnerländer soll damit vermieden wer- den. Das ist richtig, war eine der Grundvoraussetzungen für den Beitritt Deutschlands zur Währungsunion. Die abgestimmten freiwilligen Hilfen der Euro-Länder un- terfallen diesem Szenario nicht, da sie nur Kredite und keine Schuldenübernahme sind. Das Instrumentarium der Währungsunion, das offen- sichtlich nicht ausreicht, für die Zukunft zu schärfen und Lücken zu schließen bzw. bei faktisch unpraktikablen Regelungen nachzusteuern, ist absolut unumgänglich. Mehr Transparenz, frühere Eingriffs- und härtere Sank- tionsmöglichkeiten und -automatismen, die politisch nicht einfach abdingbar sind, sind erforderlich. Was nun hier gerade passiert, widerspricht dem Geist des Euro und darf sich nie wiederholen, soll der Euro, der wenn er stark und hart ist, allen Euro-Ländern weit überwiegend Vorteile bringt, bestehen. Dass Griechenland 2000 unreif in den Euro-Raum eingelassen wurde, hat die damalige rot-grüne Bundesre- gierung ebenso zu verantworten wie die Schwächung des europäischen Stabilitätspakts in ihrer Regierungs- zeit, ja auf ihr Betreiben in Europa, um national in die Schuldenmacherei ausweichen zu können. Beides war falsch, vor beidem haben CDU und CSU damals ge- warnt. Das derzeitige Verhalten von SPD und Grünen ist im Lichte dessen an Heuchelei kaum zu übertreffen. Unverantwortlichen Spekulanten, die auch in dieser Krise Treiber waren, müssen wir das Handwerk legen. Der zum Gesetz vorgelegte Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zeigt hierzu die richtigen, notwen- digen Maßnahmen auf. Die allermeisten bedürfen euro- päischer Lösungen oder solcher der Staatengemein- schaft. Wir müssen größte Anstrengungen unternehmen, diese schnellstens zu erreichen. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Erstens. Bereits in der letzten Februarwoche habe ich in der Fraktion dar- gelegt, dass ich die europäischen Strukturen für völlig ungeeignet halte, der Überschuldungssituation und mög- lichen Zahlungsunfähigkeit Griechenlands Herr zu wer- den. Mit dieser Aufgabe ist der Internationale Wäh- rungsfonds, IWF, betraut, nicht die Europäische Union. Ich bin sehr froh, dass der IWF jetzt zumindest im Spiel ist, aber der Anteil des IWF beträgt hierbei nur etwa 25 Prozent; die Mitgliedstaaten des Euro-Raumes tragen nahezu 75 Prozent des Risikos. In realen Zahlen bedeu- tet dies für den IWF ein Risiko von 30 Milliarden Euro, für die Mitglieder der Euro-Gruppe 80 Milliarden Euro. Zweitens. Griechenland hat in den vergangenen Wo- chen ein beispielloses Sanierungsprogramm beschlos- sen, um den Weg für die Kredithilfen vom IWF und aus dem Euro-Raum zu bereiten. Übertragen auf Deutsch- land würde dieses Sparprogramm bedeuten, dass wir bis 2014 rund 60 Milliarden Euro an Ausgabenabsenkungen bzw. Einnahmesteigerungen jährlich in den öffentlichen Haushalten erzielen müssten. Ich honoriere den guten Willen der griechischen Regierung, sage jedoch gleich- zeitig, dass ich sehr skeptisch gegenüber den Erfolgsaus- sichten bin. Die derzeitigen Proteste und Streiks in Grie- chenland, bei denen am Mittwoch drei Tote zu beklagen waren, machen schon jetzt deutlich, dass die politische Durchsetzbarkeit des Sanierungsprogramms nicht zu er- warten ist. Drittens. Der Weg ist auch ökonomisch falsch. Man wirft dem schlechten Geld kein gutes hinterher. Ohne Schuldenmoratorium und Teilverzicht auf Forderungen wird die Sanierung der griechischen Staatsfinanzen nicht gelingen. Nur so kann auch gewährleistet werden, dass Gläubiger, die für ihre vermeintliche Risikobereitschaft ordentliche Zinsen einstreichen, nun auch tatsächlich bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Beitrag leisten. Unweigerlich wird der Garantiefall eintreten; und der Garantiefall bedeutet, dass der deutsche Steuerzahler für die griechische Überschuldungspolitik aufkommen muss. Viertens. Es ist auch im griechischen Interesse, eine geregelte Umschuldung und einen befristeten Ausstieg aus dem Euro-Raum als Lösung anzustreben. Nur so hat Griechenland die Chance, durch autonome währungs- politische Entscheidungen (Abwertung) die Außenbilanz zu verbessern und wieder an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Es gibt also Alternativen zum vorgeschlage- nen Vorgehen. Wir können in der derzeitigen Situation der deutschen Staatsfinanzen dem Steuerzahler keine weiteren Belastungen in diesem Ausmaß zumuten, ohne die Einhaltung der gerade in das Grundgesetz aufgenom- menen Schuldenbremse zu gefährden. Fünftens. Nun soll durch Veränderung der europäi- schen Verträge erreicht werden, dass Defizitsünder unter den Euro-Ländern durch Stimmrechtsentzug und Aus- schluss aus der Währungsunion bestraft werden können. Wer sich des langen Verfahrens für die endgültige Ratifi- zierung des heute gültigen Vertrages von Lissabon erin- nert, wird zumindest einräumen, dass dies ein unabseh- bar langer Weg sein wird, mit vielfältigen Risiken des Scheiterns (alle 27 Staaten müssen nach ihren Regeln zustimmen, unter anderem Volksabstimmungserforder- nis in mehreren Mitgliedsländern der EU). Weiterhin möchte man die Defizitsünder zukünftig in ihrem Haushaltsgebaren kontrollieren. Dazu möchte ich nur anmerken, dass wir als Deutscher Bundestag uns verbitten würden, dass die EU-Kommission in unser Budgetrecht eingreift. Wie können wir realistischerweise von den nationalen Parlamenten der Defizitsünder er- warten, dass diese sich das gefallen lassen, wenn sie es mit einem einfachen Nein verhindern können? Viviane Reding, Vizepräsidentin der EU-Kommis- sion, lehnt die deutschen Forderungen nach einer Ände- rung der Verträge entschieden ab; Christine Lagarde, französische Wirtschaftsministerin, meint, wir Deut- schen müssten mehr für die Binnennachfrage im Euro- Raum tun. Der Euro-Raum wird so umgebaut zum dau- erhaften Sozialtransferraum. Das ist das Gegenteil von unserer Überzeugung, dass Leistung sich lohnen muss. Dem kann ich mich nicht an- schließen. Sechstens. Die europäische Einigung ist eine großar- tige Leistung der Politik im Europa der Zeit nach dem 4118 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Zweiten Weltkrieg. Die Währungsunion ist politisches Symbol der höchsten Ausprägungsstufe dieses Prozes- ses. Für uns Deutsche war es wichtig, die Erfolgsge- schichte der Deutschen Bundesbank durch die Unabhän- gigkeit der Europäischen Zentralbank auf den gesamten Euro-Raum zu übertragen. Durch Errichtung des Stabili- tätspaktes hofften wir, Vorsorge dafür zu treffen, den ge- samten Euroraum auf das Ziel der nachhaltigen Haus- haltspolitik und der Preiswertstabilität zu verpflichten. In den europäischen Verträgen ist hierzu festgelegt, dass im Euro-Raum kein Staat für die Schulden des anderen aufkommen muss, ja nicht einmal darf, Bail-out-Verbot. Dies ist der Kern des Vertrauens in den Euro angesichts der sehr unterschiedlichen Volkswirtschaften in diesem gemeinsamen Währungsraum. Die vorgesehene Hilfe für Griechenland verstößt offenbar gegen die Buchstaben, in jedem Falle aber gegen den Geist der gültigen europäi- schen Verträge. So wird die langfristige Stabilität des Euro nicht gesichert, sondern gefährdet. Deshalb kann und will ich diesen Weg nicht mitge- hen. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Bundestag stimmt heute über ein Gesetz ab, mit dem Deutschland bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, für insgesamt 22,4 Milliarden Euro bürgt. Mit die- sem Geld soll Griechenland in den nächsten drei Jahren geholfen werden, um den Staatsbankrott abzuwehren. Als überzeugte Europäerin ist diese Hilfe für mich notwendig und alternativlos. Die europäische Solidarität gebietet es, Partnern zu helfen, wenn sie in Not sind – selbst wenn sie zuvor unsolidarisch waren, schlecht ge- wirtschaftet haben und Statistiken geschönt wurden. Griechenlands – zum großen Teil selbst verschuldete – Not ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite sind Finanzmärkte, die bereits mitten in der letzten Banken- krise wieder mit Spekulationen begonnen haben. Nach wie vor – und trotz der schon entstandenen Milliar- denschäden – ist der internationale Finanzmarkt weitest- gehend nicht reguliert. Die Schärfe der griechischen Krise hat durch die internationale Finanzmarktspekula- tion zugenommen. Als Europäerinnen und Europäer müssen wir uns dem entgegenstellen: Unsere Idee von einem gemeinsamen Kontinent mit gemeinsamer Währung wird von Spekulan- ten bedroht. Die Verbindung der Hilfe für Griechenland mit einem Paket von Maßnahmen, um die Finanzmärkte neu zu ordnen, ist deswegen zwingend notwendig. Wenn die Politik hier nicht ordnend eingreift, sind die nächsten Kredite für strauchelnde Volkswirtschaften absehbar. Als Mitglied im parlamentarischen Beirat für nach- haltige Entwicklung fühle ich mich in besonderer Ver- antwortung gegenüber nachfolgenden Generationen. Dem wäre der Bundestag nur gerecht geworden, wenn durch einen interfraktionellen Entschließungsantrag der Start in die wirksame Bankenregulierung erfolgt wäre. Dies ist leider nicht gelungen und enttäuschend für das ganze Haus. Unserer Verantwortung gegenüber den Bür- gerinnen und Bürgern Deutschlands und Europas wer- den wir damit nicht gerecht. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrich Lange und Albert Rupprecht (Weiden) (beide CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleis- tungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungs- fähigkeit der Hellenischen Republik (Wäh- rungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Die Entscheidung über das Währungsunion-Finanz- stabilitätsgesetz habe ich trotz großer Bedenken getrof- fen. Die Lage der griechischen Staatsfinanzen und ihre Auswirkungen auf Währungsstabilität, Wachstumsaus- sichten und Arbeitsplätze im ganzen Euro-Raum erfüllen mich mit tiefer Sorge. Die absichtlich falschen Daten Griechenlands vor der Aufnahme in die Euro-Gruppe, viele Entscheidungen griechischer Regierungen seitdem und die andauernde Verschleierung und Beschönigung der Schwierigkeiten in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und Staatsfinanzen haben ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber der grie- chischen Politik geschürt, das auch jetzt noch Zweifel am Willen Griechenlands weckt, Kredite zurückzuzah- len. Zusätzlich muss in Zukunft bei der Aufnahme wei- terer Staaten in die EU die finanzielle Basis genauer geprüft werden und bei Nichteinhaltung der Stabilitäts- kriterien auch eine Ablehnung ausgesprochen werden. Dennoch komme ich nach Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass die mit dem Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz möglicherweise verbundenen Folgen eher zu verantworten sind als ein Nichthandeln und ein griechischer Staatsbankrott. Die Gefahr für die Stabilität unserer Währung, die Gefahr für Aufschwung und Arbeitsplätze in Deutschland durch einen Staats- bankrott Griechenlands bedrohen die Bürger Deutsch- lands unmittelbarer und härter. Bei meiner Entscheidung, meine Bedenken zurückzu- stellen, habe ich mich von folgenden Überlegungen lei- ten lassen: Die Nothilfe für Griechenland ist ein absoluter Aus- nahmefall. Aus der Europäischen Union darf und wird keine Transferunion werden. Die Bundesregierung wird alles daransetzen, zu einer Stärkung der Kontroll- und Eingriffsbefugnisse der Eu- ropäischen Union gegenüber Mitgliedstaaten zu kom- men, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. Die Bundesregierung wird alles daransetzen, im Eu- ropäischen Stabilitätspakt schärfere, nach verbindlich beschriebenen Kriterien eintretende und damit von poli- tischen Rücksichtnahmen unabhängigere Sanktionen zur Ahndung von Verstößen zu verankern. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4119 (A) (C) (D)(B) Das Sanierungsprogramm der Regierung Griechen- lands wird vom IWF und den europäischen Institutionen strikt überwacht. Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag laufend über die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. Künftigen Krisen wird wirksamer als in der Vergan- genheit vorgebeugt: durch strengere Regeln für Finanz- institutionen und Finanzmärkte, die derzeit erarbeitetet und in den nächsten Monaten in Deutschland, Europa und möglichst weltweit in Kraft gesetzt werden, und durch Reformen, die dem Europäischen Stabilitätspakt mehr Biss geben. In Europa werden Instrumente für eine geordnete Staatsinsolvenz überschuldeter Staaten entwickelt. Das Restrukturierungs- und Insolvenzsystem wird eine syste- mische Risiken vermeidende Heranziehung der Gläubi- ger entsprechend der von ihnen eingegangenen Risiken sicherstellen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lisa Paus, Monika Lazar und Uwe Kekeritz (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Fi- nanzstabilität in der Währungsunion erforder- lichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Re- publik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Für uns als engagierte und überzeugte Europäer ist es selbstverständlich, dass die griechischen Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Schuldenkrise nicht alleingelassen werden dürfen. Der Gedanke der europäischen Solidari- tät muss gerade dann, wenn eine harte Bewährungsprobe bevorsteht, besonders hochgehalten werden. Und wären wir der Auffassung, dieses Gesetz würde tatsächlich Griechenland aus der Krise helfen, würden wir ohne Zö- gern dem Gesetz zustimmen. Doch wir können nicht da- rüber hinwegsehen, dass die Kreditzusagen für Grie- chenland als Antwort auf die Zuspitzung der Krise so spät gekommen und deshalb schon wieder zu klein sind, um diesen Zweck zu erfüllen. Wir sind, nach reiflicher Überlegung und Abwägung, zu dem Schluss gekommen, dass mit diesem Paket die Banken gerettet werden, nicht aber die Griechen und auch nicht Europa. Trotz anderslautender Versprechen wiederholt sich mit dem vorliegenden Gesetz zur Rettung Griechenlands ge- nau der Fehler, der schon bei der Bankenrettung gemacht wurde. Schlimmer noch: Wenn die Banken wieder nicht selbst für die Kosten ihrer Hochrisikogeschäfte aufkom- men müssen, ist das für die Märkte eine Einladung zur Spekulation auf die nächste Krise. Mit hochriskanten Wetten auf die Pleite Griechenlands wurden Renditen von bis zu 500 Prozent erzielt. In Kreditausfallversiche- rungen – nach Warren Buffet „finanzielle Massenver- nichtungswaffen“ – stecken heute 30 Billionen US-Dol- lar, die als Munition für die nächste Attacke eingesetzt werden können. Es gibt keine objektiven ökonomischen Kriterien, ab welcher Höhe eine Staatsverschuldung kri- tisch ist. Damit gibt es heute auch für keinen Staat einen sicheren Schutz gegen den „Angriffskrieg“ der Spekulan- ten, wie BaFin-Chef Sanio die Attacken auf die Euro- Zone treffend bezeichnet. Ein Rettungspaket, das sich da- rauf beschränkt, die Banken ein weiteres Mal herauszu- hauen, löscht nicht das Feuer, sondern schafft die Öl- kanne zur Befeuerung der nächsten Krise. Mit dem Rettungspaket bekennt sich zwar die Euro-Zone zur Schicksalsgemeinschaft. Sie gibt sich aber nicht die In- strumente, die nötig wären, um wirksam den Angriffen trotzen zu können. Auch für Griechenlands aktuelle Probleme ist dieses Paket keine stabile Lösung. Obwohl die Griechen sich gegenüber dem IWF zu einem einzigartigen Austeritäts- programm verpflichtet haben, wird nach Berechnungen desselben IWF der griechische Schuldenberg bis 2014 dennoch auf mindestens 150 Prozent des BIP anwachsen und die Wirtschaft massiv schrumpfen. Griechenland muss dann immer noch jährlich 7 Prozent des BIP für Zinszahlungen ausgeben. Und da es das Geld zu 75 Pro- zent von ausländischen Kapitalgebern bekommt, muss es allein zur Bedienung der Kredite jährlich dauerhaft ei- nen Exportüberschuss von mindestens 5 Prozent erwirt- schaften. Das kann man, wie der Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Meyer, „sehr ehrgeizig“ nen- nen. Man kann aber unter diesen Umständen auch be- rechtigterweise argumentieren, für die Griechen sei eine Umschuldung beim Verbleib in der Euro-Zone in der jet- zigen Situation sogar der bessere und billigere Ausweg. Nicht politische Luftschlösser, sondern die Finanz- krise ist die Ursache für die Schuldenkrisen in Europa. Konjunkturpakte, Rettungsschirme und Finanzspritzen auf Kosten der Steuerzahler haben die Banken vor den Folgen ihres unverantwortlichen Handelns bewahrt. Sie stehen bei den Steuerzahlern in ganz Europa tief in der Kreide. Mit dem Hilfspaket für Griechenland werden jetzt vermeintliche Gläubiger belohnt, die in Wirklich- keit Schuldner sind. Einen solchen Fehler dürfen wir uns nicht erlauben. Es ist eine Überlebensfrage für Europa, die Finanz- märkte einer echten Regulierung und Kontrolle zu un- terwerfen. Dazu gehört neben der Einführung einer Finanztransaktionsteuer und einer europäischen Wirt- schaftsregierung mit echten Kompetenzen vor allem ein Verbot von spekulativen Kreditausfallversicherungen und Leerverkäufen. Ohne eine effektive Eindämmung der Spekulationsgeschäfte bis hin zur Zerschlagung gro- ßer Banken wird es keine Stabilität auf den internationa- len Märkten geben. Mit dem Hilfspaket für Griechen- land gehen wir diesen Schritt nicht, sondern tun das Gegenteil. Deswegen können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Es gilt aber auch, in der Abstimmung deut- lich zu machen, dass es ausschließlich darum geht, dass die mit dem vorgelegten Gesetz von der Regierung ange- legte Politik kontraproduktiv ist, wie im von der grünen Bundestagsfraktion vorgelegten Entschließungsantrag auf der Drucksache 17/1640 ausführlich dargestellt. Es darf nicht darum gehen, Griechenland die Unterstützung zu verweigern. Um dies deutlich werden zu lassen, wer- den wir nicht dagegenstimmen, sondern enthalten uns der Stimme. 4120 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Scheel, Kerstin Andreae und Alexander Bonde (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungs- union erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Fi- nanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) Unsere Zustimmung zum vorliegenden Gesetzent- wurf ist allein in der Sache begründet und erfolgt trotz erheblicher Kritik an der schwarz-gelben Regierung; siehe auch den zum Gesetz eingebrachten Entschlie- ßungsantrag der Grünen-Fraktion. Die Schuldenkrise Griechenlands und die Probleme weiterer europäischer Staaten sind die erste harte Be- währungsprobe für die Euro-Zone. Zum ersten Mal seit Einführung der Gemeinschaftswährung steht der Fortbe- stand der Währungsunion auf dem Spiel. Scheitert die Währungsunion, wäre das ein dramatischer Rückschlag für das ganze europäische Projekt. Es ist ein Test für die Europäische Union; aber es ist damit auch die Chance, den Beweis anzutreten, dass das Projekt Europa funktio- niert. Daher müssen wir Europäer wesentliche Hilfen leis- ten, um Griechenland und Europa nicht noch weiter zu gefährden. Das ist nicht nur eine Frage europäischer So- lidarität, sondern auch eine Frage der ökonomischen Vernunft. Denn es sind besonders deutsche Unterneh- men und deutsche Beschäftigte, die in den vergangenen Jahren von der Währungsunion profitiert haben. Der Euro muss seine Erfolgsgeschichte fortschreiben. Wir müssen beweisen, dass die Währung stärker ist als die Spekulationen auf ihr Scheitern. Zudem würde jede alternative Lösung um ein Vielfa- ches teurer werden und die ärmeren Menschen in der griechischen Bevölkerung über Gebühr belasten. Bei ei- nem Staatsbankrott wäre das innenpolitische Chaos in Griechenland unkalkulierbar. Wetten gegen andere Staa- ten würden in einem Dominoeffekt die Gemeinschafts- währung und die Handlungsfähigkeit der Euro-Staaten untergraben. Griechenland hat sich mit dem IWF, der EZB und den Euro-Staaten auf ein ambitioniertes Sparkonzept geei- nigt. Es wird in den kommenden Jahren sehr schwer für die griechische Bevölkerung, diese Verpflichtungen ein- zuhalten. Die Griechen werden auf vieles verzichten müssen. Natürlich ist Griechenland alles andere als unschuldig an der aktuellen Krise: Der griechische Staat hat mit Klientelpolitik, Korruption, Fälschung von Statistiken, Duldung von Steuerhinterziehung, Missbrauch von EU- Fonds, schlechten Investitionen, durch hohe Militäraus- gaben und besonders einen aufgeblähten öffentlichen Sektor die Schuldenkrise maßgeblich selbst verursacht. Das multilateral ausgehandelte Sparprogramm ist da- her der richtige Weg, die Schulden des griechischen Staates zurückzufahren und durch notwendige struktu- relle Reformen die Produktivität der griechischen Wirt- schaft und des öffentlichen Sektors zu steigern. Die mit diesem Gesetz bewilligten Hilfen stehen in einem direk- ten Zusammenhang mit dem Sparpaket. Die vierteljähr- lichen Überprüfungen müssen die Einhaltung des Spar- pakets kontrollieren und gegebenenfalls zu Sanktionen führen. Es muss jedoch auch mit der nötigen Flexibilität auf geänderte ökonomische und gesellschaftliche Rah- menbedingungen reagiert werden. Die Sparanstrengun- gen müssen schon mittelfristig zu einem gesunden Wachstum der griechischen Wirtschaft führen. Die Entscheidung über das Währungsunion-Finanz- stabilitätsgesetz stellt einen Scheidepunkt in der europäi- schen Entwicklung dar. Eine Zustimmung zu dem Ge- setz ist mit dem Auftrag an die deutsche Regierung verbunden, Strukturveränderungen in der Europäischen Union und in den europäischen Finanzmärkten durchzu- setzen. Die Krise muss genutzt werden, die offen zutage getretenen fundamentalen Schwächen zu überwinden und die Währungsunion langfristig zu stärken. So müssen die Rechte des europäischen Statistikamts und des europäischen Rechnungshofes gestärkt werden. Eine unabhängige europäische Ratingagentur muss ein- gerichtet werden, und die Entscheidungen der marktbe- herrschenden Ratingagenturen müssen transparenter werden. Die Sanktionsmechanismen bei Verstößen ge- gen den Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen erneuert und verschärft werden. Kreditausfallversicherungen, Credit Default Swaps, müssen umgehend verboten wer- den, sofern sie nicht zur Absicherung eigener Risiken dienten. Außerdem muss eine europäische Finanztrans- aktionsteuer eingeführt werden, damit Spekulationen verteuert und eingedämmt werden. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Thilo Hoppe, Sven-Christian Kindler, Ute Koczy, Stephan Kühn, Beate Müller-Gemmeke, Ingrid Nestle, Dr. Hermann Ott, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Viola von Cramon- Taubadel, Winfried Hermann, Maria Anna Klein-Schmeink, Kerstin Müller (Köln), Ulrike Höfken, Katja Dörner, Sylvia Kotting-Uhl, Bettina Herlitzius, Thilo Hoppe, Tabea Rößner, Agnes Krumwiede, Memet Kilic, Markus Kurth, Agnes Malczak, Wolfgang Wieland, Dr. Harald Terpe, Friedrich Ostendorff und Claudia Roth (Augsburg) (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Helleni- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4121 (A) (C) (D)(B) schen Republik (Währungsunion-Finanzstabili- tätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Bei der Entscheidung über das Griechenland-Hilfspa- ket geht es um die Zukunft Europas und um die Solidari- tät in Europa. Als Europäerinnen und Europäer leitet uns heute die Sorge um die Zukunft Europas in unserer Ent- scheidung. Die Solidarität zwischen den Menschen in Europa ist uns wichtig, gerade in schwierigen Zeiten. Die gewalttätigen Konflikte in Griechenland haben deut- lich gemacht, welche Bedeutung das Hilfspaket und die Krise für die Menschen in Griechenland haben. Fas- sungslos erleben wir eine national-populistische Kam- pagne gegen Griechenland, befeuert nicht nur von man- chen Medien, sondern auch von Politikerinnen und Politikern aus CDU, CSU und FDP. Wir distanzieren uns ausdrücklich davon und erinnern daran, dass gerade Deutschland dem europäischen Einigungsprozess sehr viel verdankt. Das sollte niemand in Deutschland leicht- fertig aufs Spiel setzen. Zu hinterfragen ist allerdings, ob das Hilfspaket und das damit verbundene Konsolidierungsprogramm in Griechenland seine beiden Ziele zu erfüllen vermag: die Lösung des griechischen Schuldenproblems und die Sta- bilisierung des europäischen Finanzmarkts. Das Hilfspaket kommt viel zu spät und erreicht das erste Ziel – die Überwindung des griechischen Schul- denproblems – nicht. Eine Umschuldung, die dringend nötig ist, damit Griechenland seine Schulden tragen kann, ist nicht vorgesehen. Sie könnte aber eher früher als später drohen. Wenn die Kredite über die KfW ohne Vorrang gegenüber den bisherigen privaten Gläubigern vergeben werden, ist klar, dass eine künftige Umschul- dung Milliardenverluste für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verursachen würde. Wie schon bei der Ban- kenrettung werden, während die Staaten voll ins Risiko gehen, damit vor allem die privaten Gläubiger, also ins- besondere Banken, Fonds und Versicherungen, ge- schützt, ohne dass sie ihren Teil zur Lösung der Krise beitragen würden. Die von Finanzminister Schäuble und Deutsche-Bank-Chef Ackermann inszenierte Beteili- gung der privaten Wirtschaft leistet das eindeutig nicht. Das mit dem IWF vereinbarte Konsolidierungspro- gramm für Griechenland ist in seiner Größenordnung von 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2012, 6,5 Prozent davon im ersten Jahr, einzigartig. Klar ist: Griechenland hat schlecht gewirtschaftet. Die Steuerein- nahmen und die Staatsausgaben stehen in Griechenland in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zueinander, und das schon seit Jahren. Ein Konsolidierungskurs ist not- wendig. So richtig vor diesem Hintergrund viele ein- zelne Maßnahmen sind, steht jedoch zu befürchten, dass der griechische Schuldenberg dadurch nicht kleiner, son- dern größer werden wird. Denn ein Konsolidierungspro- gramm in dieser Größenordnung droht über viele Jahre Griechenland in eine tiefe Rezession zu stürzen. Thomas Meyer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, etwa schätzt, dass der Schuldenstand bis 2014 auf 150 Prozent des BIP anwachsen würde. Seinen jährlichen Kreditbedarf würde das Land zu 75 Prozent von ausländischen Kapi- talgebern decken lassen müssen. Es sei davon auszuge- hen, dass ein Leistungsbilanzüberschuss von mindestens 5 Prozent allein zur Zinszahlung erwirtschaftet werden müsse. Ob mit einem solchen Programm Griechenland wirklich geholfen ist, bezweifeln wir. Zu sehr hat sich die Bundesregierung von einer Bestrafungslogik leiten lassen, als dass das von ihr mit verantwortete Programm einen wirklichen Weg aus der Schuldenkrise weisen würde. Hinzu kommt eine soziale Schieflage, die vor al- lem die ärmeren Menschen treffen wird und zudem die Chancen der politischen Durchsetzung mindert. Die Mehrwertsteuererhöhung trifft alle Griechinnen und Griechen. Eine notwendige Beteiligung der großen Ver- mögen durch einen sozial gerechten Lastenausgleich bei der Konsolidierung ist nicht vorgesehen. Profitiert von Miss- und Günstlingswirtschaft und Spekulationen ha- ben dagegen nur wenige. Weniger Investitionen, weniger Nachfrage, geschweige denn ein ökologischer Umbau von Wirtschaft und Tourismus: Griechenland steht vor einer jahrelangen Rezession, die sich natürlich auch auf den Arbeitsmarkt niederschlagen wird. Auch hier wer- den die Verlierer bestimmt nicht jene sein, die die Misere mitzuverantworten haben. Auch das zweite Ziel, die Stabilisierung der Finanz- markte, erreicht das Programm offenkundig nicht. Das lange Zögern der Bundesregierung hat Spekulanten Tür und Tor geöffnet und die Probleme verschärft. Die Ver- werfungen an den Märkten und die Spekulation gehen auch nach Verkündigung des Programms und der Zu- stimmung durch die Regierungen ungemindert weiter. Die Ansteckungsgefahr ist nicht gebannt. Nur eine durchgreifende Reform der Finanzmärkte, wie sie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht erst seit Aus- bruch dieser Finanzkrise fordert, wird hier Abhilfe schaffen. Doch fast drei Jahre nach Ausbruch der Krise fehlen noch immer die Regeln die die Finanzmärkte bän- digen würden. Die Bundesregierung blockiert immer noch die Entwicklung einer europäischen Wirtschaftsre- gierung sowie eine Ergänzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und das Ziel außenwirtschaftlicher Gleichgewichte steht ebenfalls aus. Wenn aber die struk- turellen Probleme der Leistungsbilanzungleichgewichte in der Währungsunion, die mitverantwortlich für die griechische Krise sind, nicht behoben werden, kann sich Stabilität in der Euro-Zone nicht einstellen. Trotzdem stimmen wir zu. Denn wir stehen vor der Alternative, entweder den Gewährleistungen zuzustim- men, obwohl sie Teil eines Programms sind, das seine Ziele zu verfehlen droht und für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zusätzliche Risiken bedeutet, oder aber mit der Ablehnung dieses Gesetzes ohne Zwei- fel eine weitere Verschärfung der Lage zu riskieren. Denn Griechenland braucht schnelle Hilfe, unsere Soli- darität. Europa und der Euro brauchen unsere Entschlos- senheit – und die Gefahr ist einfach zu groß, dass der Schaden, den eine Ablehnung des Hilfspakets verursa- chen würde, in Griechenland wie in Europa und damit letztlich auch in Deutschland noch zunehmen würde. Das können wir aus europäischer Solidarität wie aus wirtschaftlicher Vernunft nicht verantworten. Der Zeitgewinn, den diese Hilfen von IWF und Euro- Zone bringen, muss von der Bundesregierung nun drin- 4122 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) gend genutzt werden, umfassender und ohne Blick auf kurzfristige parteipolitische Taktik, die Finanzmärkte zu bändigen und Antworten auf die Schuldenkrise zu fin- den. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden (Tages- ordnungspunkt 15) Dr. Stefan Ruppert (FDP): Im 8. Mai 1945 verdich- ten sich symbolisch wichtige Ereignisse der deutschen Geschichte: Tag der Befreiung, Stunde null und Aus- gangspunkt deutscher Teilung. Der Tag steht am Beginn von Vertreibung und kommunistischer Diktatur. Die Er- eignisse schafften aber vor allem die Voraussetzung für die Errichtung einer stabilen Demokratie. Theodor Heuss formulierte es mit dem ihm eigenen versöhnlichen Ton: „Im Grunde genommen bleibt dieser 8. Mai 1945 die tragischste und fragwürdigste Paradoxie … für jeden von uns. Warum denn? Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind.“ Die Vielschichtigkeit dessen, was an historischen Ent- wicklungen im 8. Mai 1945 mündete und für die ebendie- ser Tag Ausgangspunkt war, spiegelt sich auch in der Er- innerungskultur in Deutschland wider. Mit der Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag, in der er den Tag als Tag der Befreiung „von dem menschenverachten- den System der nationalsozialistischen Gewaltherr- schaft“ definierte, hatte sich ein bedeutsamer Wandel in der Erinnerungskultur in Deutschland vollzogen. Später zeichneten konservative Kreise ein anderes Bild vom 8. Mai, indem sie den Tag als Beginn für Flucht- und Ver- treibungsbewegungen in Europa und als Anfang der Tei- lung Deutschlands herausstellten. Dabei wurde glückli- cherweise nur selten der Konsens infrage gestellt, dass das Ende des Krieges keine Ursache für Flucht, Vertrei- bung und Unterdrückung nach 1945 gewesen ist. Mit dem 50. und 60. Jahrestag des Kriegsendes trat in der jüngsten Vergangenheit dann eher der Versöhnungsgedanke in den Vordergrund, mit dem der friedliche Wandel in Europa nach 1989/90 gewürdigt wurde. All diese Veränderungen in der Erinnerungskultur des 8. Mai zeigen schon, dass sich im Laufe der Jahre rege und offene Diskussionen in der Öffentlichkeit zu diesem historischen Datum herausgebildet haben. Die zuneh- mende historische Distanz erhöhte die Bereitschaft der Deutschen, sich aktiv mit dem Nationalsozialismus aus- einanderzusetzen. Schweigen und Beschönigung wurden zunehmend durch eine aktive Vergangenheitspolitik ver- drängt. Wir können selbstbewusst sagen, dass die Deut- schen sich auf der Basis eines breiten gesellschaftlichen Konsenses ihrer Vergangenheit gestellt haben. Braucht es deshalb einen staatlich verordneten Gedenktag, um den Dialog über diesen Tag anzuregen, wie es die Frak- tion Die Linke in ihrem Antrag fordert? Wir Liberale glauben: Nein! Ich möchte der Linkspartei gar nicht eine politische Ideologisierung des 8. Mai unterstellen, ob- wohl sich diese Verbindung bei der SED-Nachfolgepar- tei durchaus auftun kann. Nein, ihren Antrag lehnen wir aus anderen Gründen ab. In unseren gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen wie Schulen, Universi- täten, Museen und Stiftungen, in der Politik, Publizistik und Wissenschaft wird alljährig des 8. Mai und der mit ihm verbundenen Ereignisse gedacht. In diesem Jahr wird beispielsweise im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst ein umfangreiches Museumsfest zur Erinnerung an den 65. Jahrestag des Kriegsendes statt- finden. Zudem knüpft das schon lange bestehende Pro- jekt „Topographie des Terrors“ die Eröffnung seines neuen Dokumentationszentrums bewusst an das Datum des 8. Mai. Bei all diesen Veranstaltungen und Projekten wird auch und gerade der Aspekt der Befreiung von der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft immer wie- der hervorgehoben. Was aber aus liberaler Sicht noch viel entscheidender ist: Sie kommen aus freien Stücken ohne staatliche Vor- gabe aus der Mitte unserer Gesellschaft. Für uns ist nicht bedeutsam, ob an ein Ereignis aufgrund einer politischen Anordnung gedacht wird. Wichtig ist, dass in unserer Gesellschaft eine aktive Auseinandersetzung mit der ei- genen Vergangenheit stattfindet und so die Ursachen und Folgen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Erinnerung bleiben. Wir sind davon überzeugt, dass in einer lebendigen Demokratie ein Gedenktag nicht durch den Staat vorgeschrieben werden muss. Dass ein „staat- lich verordneter Antifaschismus“ auch nicht funktionie- ren kann, hat schon die Geschichte der DDR gezeigt. Dort war der 8. Mai lange politisch auferlegt, aber in das Bewusstsein der Bevölkerung ist er kaum getreten. Vor allem aber hat er nicht die Bereitschaft staatlicher Insti- tutionen geschaffen, Entschädigungen zu leisten und ak- tiv zu versöhnen. Ein Datum wie der 8. Mai eignet sich auch nicht, um parteipolitisch Profit herauszuschlagen. Wir bedauern es ausdrücklich, dass die Fraktion Die Linke mit ihrem Antrag den demokratischen Konsens verlassen hat, die Frage von historischen Gedenktagen interfraktionell zu diskutieren. Nicht an einem Tag, sondern jeden Tag ist es unsere Aufgabe, im täglichen Plebiszit die Errungenschaften ei- ner freiheitlichen Ordnung neu zu festigen. Jeder Tag, an dem die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land in Freiheit leben können, ist ein besonderer Tag. Dies aber kommt schon durch die lebendige Erinnerungskultur am 8. Mai und an anderen Tagen wie dem 9. November oder dem 17. Juni – getragen von der Mitte der Gesellschaft – zur Geltung. Eine zusätzliche staatliche Gedenkverord- nung, wie es die Linkspartei in ihrem Antrag fordert, bleibt hinter dem Erreichten zurück und ist deshalb über- flüssig. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Ölkatastrophen ver- meiden – Raubbau an Mensch und Natur aus- schließen (Zusatztagesordnungspunkt 10) Angelika Brunkhorst (FDP): Seit der Explosion auf der BP-Bohrinsel „Deepwater Horizon“ am 20. April hat Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4123 (A) (C) (D)(B) das ausgetretene Öl schätzungsweise eine Fläche von rund 210 mal 110 Kilometern verschmutzt. Es wird be- fürchtet, dass die Katastrophe sich als folgenschwerer erweisen könnte als die Havarie des Öltankers „Exxon Valdez“ in Alaska 1989. Die Umweltschäden damals wa- ren enorm und sind bis heute spürbar. Einige Tierarten haben sich noch immer nicht von dieser Katastrophe er- holt. Schätzungen zufolge starben 250 000 Seevögel, 2 800 Fischotter, 300 Seehunde, 250 Weißkopfseeadler und bis zu 22 Orcas. Aktuell hat man die Situation auf der Ölplattform „Deepwater Horizon“ noch nicht im Griff; es gibt aber Fortschritte: Das erste von drei Lecks ist abgedichtet. Leider vermindert sich dadurch allerdings kaum die Menge des austretenden Öls, da die anderen beiden Lö- cher größer sind. Das größte Leck soll mithilfe eines py- ramidenförmigen Stahlcontainers nächste Woche abge- deckt werden. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, jede Stunde weniger mindert das Ausmaß der Verschmut- zung. Sie, liebe Kollegen der Grünen, nehmen diese Kata- strophe zum Anlass, um ihre Forderung „Weg vom Öl“ zu untermauern. Sie zielen darauf ab, sich nicht mehr auf die Förderung von Erdöl zu fixieren, sondern auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen, und ma- len ein düsteres Bild für Afrika, für die Nordsee usw. Das hilft nicht weiter. Der Rohstoff Öl ist als Energieträger, aber auch in der chemischen Industrie für die Herstellung von Kunststof- fen aktuell unverzichtbar. Erdöl ist derzeit der wichtigste Rohstoff der modernen Industriegesellschaft. Die Ge- winnung gänzlich infrage zu stellen, ist unrealistisch. Aus Sicht des Meeresnaturschutzes bin ich auf Ihrer Seite bei vielen Ihrer Forderungen. Eine solche Katastro- phe auf einer Ölplattform, aber auch Tankerunglücke müssen vermieden werden. Die Erdölförderung muss so erfolgen, dass das Meeresökosystem vor Verschmutzun- gen bewahrt wird. Hierfür sind entsprechende Standards erforderlich, die auch kontrolliert gehören. Weltweit ist die Offshore-Industrie durch die Förde- rung von Erdöl und Erdgas geprägt. Es sind Umweltver- träglichkeitsprüfungen notwendig, die bereits für die Bauphase untersuchen, welche Gefahren, Verschmut- zungen und Lärmbelästigungen entstehen. Der sichere Betrieb der jeweiligen Anlagen muss ebenso gewährleis- tet sein wie Unfälle möglichst zu vermeiden sind. Beim weiteren Ausbau der unterschiedlichen Offshore-Pro- jekte sind insbesondere auch die Auswirkungen dieser Bauten auf die Sicherheit der Schifffahrt zu überprüfen. In Deutschland gibt es nur eine Förderplattform, die in der Elbmündung nördlich von Cuxhaven liegt. Sie ist nicht mit den Bohrinseln vor der Küste der USA zu ver- gleichen, da die Nordsee flacher ist. Die Bohrinsel steht fest auf dem Meeresboden, und hohe Stahlspundwände schützen die Umgebung. Deutschland hat vorausschauende, praktikable Maß- nahmen für mögliche Unfälle getroffen. Das Havariekom- mando ist seit 2003 zuständig für das Unfallmanagement auf See. Dazu gehört auch die Bekämpfung von großen Ölverschmutzungen. Entlang der gesamten deutschen Küstenlinie sind Materialdepots eingerichtet und Spezial- schiffe für den Öleinsatz stationiert. 3 000 Einsatzkräfte stehen an der gesamten deutschen Küstenlinie bereit. Mithilfe von Notfallplänen und rund 160 praktischen Übungen mit verschiedenen Organisationen pro Jahr ist Deutschland für einen Ölunfall vorbereitet. Die Einsatz- konzepte werden fortlaufend überprüft und an die neues- ten Erkenntnisse angepasst. Eine Vernetzung mit den Nachbarländern erleichtert die Zusammenarbeit auf in- ternationaler Ebene. Auch wir von der Koalitionsfraktion wollen die er- neuerbaren Energien konsequent ausbauen und die Ener- gieeffizienz weiter erhöhen. Auch unser Ziel ist es, dass die erneuerbaren Energien sukzessive den überwiegen- den Teil an der Energieversorgung übernehmen. Die Nutzung erneuerbarer Energien nimmt in Europa und weltweit weiter stark zu. Die Unternehmen der Branche und deren Märkte haben sich in den vergange- nen Jahren erheblich entwickelt. Gerade in Deutschland haben sich zahlreiche mittelständische Unternehmen in diesem Markt etabliert. Für die Küste kommt der Wind- energie dabei eine besondere Bedeutung zu. Zum einen ist Deutschland bei den Maschinen und Anlagen zur Windenergieerzeugung Exportweltmeister, zum anderen gibt es erhebliche Ausbaupläne für die Windkraft auf dem Meer. Wir Liberale sehen in einer verantwortungsvollen Nutzung der Meere eine Herausforderung für Deutsch- land und Europa. Die Erhaltung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt der Meeresgebiete dient dem Schutz der gemeinsamen natürlichen Ressourcen. Wir setzen uns für eine bessere Vermeidungsstrategie ein, ge- gen direkte Verunreinigungen der Meere durch Schiffe aufgrund illegaler sowie legaler Einleitungen von Öl und Chemikalien oder über den Schiffsanstrich. Bei der Skandalierung der Erdölindustrie aufgrund ei- nes Unfalls – so schlimm dieser auch sein mag – macht die FDP nicht mit. Anlage 9 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Deutschland muss deutliche Zeichen für eine Welt frei von Atomwaffen setzen auf Drucksache 17/242 zurückzieht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die Balkanstaa- ten und ganz Südosteuropa (Berichtszeitraum: 11. März 2008 bis 31. Januar 2009) – Drucksachen 16/12252, 17/790 Nr. 3 – 4124 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Petitionsausschuss Drucksache 17/504 Nr. A.1 EuB-EP 1988; P7_TA-PROV(2009)0066 Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/720 Nr. A.1 EuB-BReg 71/2010 Innenausschuss Drucksache 17/136 Nr. A.14 Ratsdokument 11480/1/09 REV 1 Drucksache 17/136 Nr. A.17 Ratsdokument 10972/09 Drucksache 17/136 Nr. A.18 Ratsdokument 11709/09 Drucksache 17/136 Nr. A.19 Ratsdokument 11722/09 Haushaltsausschuss Drucksache 17/975 Nr. A.3 Ratsdokument 6243/10 Drucksache 17/1100 Nr. A.7 Ratsdokument 6559/10 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/720 Nr. A.12 Ratsdokument 5406/10 Drucksache 17/1270 Nr. A.3 Ratsdokument 7060/10 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 17/178 Nr. A.27 Ratsdokument 14848/09 Drucksache 17/859 Nr. A.11 Ratsdokument 5834/10 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/136 Nr. A.101 Ratsdokument 12382/09 Drucksache 17/504 Nr. A.22 Drucksache 17/136 Nr. A.20 Ratsdokument 11726/09 Drucksache 17/504 Nr. A.12 Ratsdokument 16870/09 Drucksache 17/790 Nr. 1.6 Ratsdokument 9042/09 Drucksache 17/1100 Nr. A.2 Ratsdokument 5842/10 Drucksache 17/1100 Nr. A.4 Ratsdokument 6898/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.9 Ratsdokument 8151/10 Rechtsausschuss Drucksache 17/859 Nr. A.5 Ratsdokument 5200/10 Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Kö EuB-EP 1987; P7_TA-PROV(2009)0065 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/136 Nr. A.111 Ratsdokument 12061/09 Drucksache 17/859 Nr. A.15 Ratsdokument 12223/09 Drucksache 17/975 Nr. A.4 Ratsdokument 6956/10 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/136 Nr. A.117 Ratsdokument 12540/09 Drucksache 17/1100 Nr. A.14 Ratsdokument 7094/10 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 ln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 41. Sitzung Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704100000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und
Herren! Morgen ist es 65 Jahre her, dass in Europa die
Waffen schwiegen. Am 8. Mai 1945 war, jedenfalls in
Europa, der Zweite Weltkrieg zu Ende und damit zu-
gleich die nationalsozialistische Schreckensherrschaft.
Das Gefühl einer lang ersehnten Befreiung hatten an die-
sem Tag wohl nur diejenigen, die unter der NS-Diktatur
so entsetzlich gelitten hatten – in den überfallenen Län-
dern, in den Konzentrationslagern, als Zwangsarbeiter,
als politisch und rassisch Verfolgte. Für sie war dieser
Tag eine wirkliche und erlebte Befreiung durch sowjeti-
sche, amerikanische und britische Truppen. Für viele an-
dere dauerte es noch lange, bis sich die heutige Gewiss-
heit durchsetzte: Es war ein Tag der Befreiung für alle.

Der Krieg hatte eine Spur des Todes und der Verwüs-
tung durch Europa gezogen, und mit dem erklärten Ende
des Krieges war das Leid keineswegs zu Ende. Im Ge-
genteil: Für nicht wenige begann eine neue Leidenszeit,
weil sie in Gefangenschaft gerieten, weil sie aus ihrer
Heimat vertrieben wurden oder weil sie sich erneut in ei-
ner Diktatur wiederfanden und es weitere 40 Jahre dau-
ern sollte, bis sie ihre Freiheit mutig zurückerkämpfen

Rede
konnten. In den Städten Europas – und nicht nur dort –
hat der Krieg deutlich sichtbare Narben hinterlassen.
Narben gibt es auch in der Seele der Menschen.

Wir gedenken heute der Millionen Opfer dieses Krie-
ges. Wir gedenken aller, die ihr Leben, ihre Gesundheit,
ihre Angehörigen, ihre Heimat verloren haben. Wir
Nachgeborenen können heute besser als damals Ursache
und Folgen des Krieges unterscheiden. Dieser Krieg ist
von Deutschland angezettelt worden; er hatte entsetzli-
che Folgen, auch im eigenen Land.

Nach dem 8. Mai 1945 begann der Wiederaufbau ei-
nes am Boden liegenden Landes. Die Menschen – zwi-
schen Hoffen und Verzweiflung – wollten ü
bauten das Land aus Ruinen wieder auf – i
im Westen. Der Westen hatte dabei die weit
Startvoraussetzungen, weil hier in Freiheit
Unterstützung der westlichen Siegermächte ein demo-
zung

en 7. Mai 2010

.00 Uhr

kratischer Neubeginn möglich war. Die Menschen waren
fest entschlossen, sich die ihnen gegebene Freiheit nicht
ein zweites Mal aus der Hand nehmen zu lassen. Den
Frauen und Männern, die 1945 die Chance des demokra-
tischen Neubeginns mutig genutzt haben, sind wir zu
großem Dank verpflichtet.

In Mittel- und Ostdeutschland mussten die Menschen
einen ungleich mühsameren Weg gehen und sich die
Freiheit von der kommunistischen Diktatur schwer er-
kämpfen. Die Art und Weise, wie sie sich 1989 ent-
schlossen, aber ohne Gewalt befreit haben, fügt unserer
Demokratiegeschichte ein glanzvolles Kapitel hinzu, auf
das wir alle in Deutschland stolz sein dürfen.

65 Jahre sind vergangen. Die Feinde von damals ha-
ben sich längst die Hand zur Versöhnung gereicht.
Deutschland ist im vereinten Europa ein verlässlicher
und geachteter Partner und Nachbar. Auch Russland ist
nach dem Zerfall der Sowjetunion immer mehr zu einem
politischen und wirtschaftlichen Partner geworden –
auch im gemeinsamen Bemühen um eine neue und dau-
erhafte Friedensordnung in Europa.

Die Freiheit, die uns damals von außen gebracht
wurde, haben wir in 65 Jahren bewahrt und verteidigt.
Unsere Demokratie hat sich auch in schwierigen Zeiten

text
als stabil und handlungsfähig erwiesen, und unser Land
hilft mit, gerade im Bewusstsein der bitteren Erfahrun-
gen des Zweiten Weltkrieges, den Frieden in der Welt zu
schützen. An einem Tag wie diesem spüren wir ganz be-
sonders deutlich die Verantwortung, die sich für uns aus
der Geschichte ergibt, und bekennen uns dazu.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir treten nun in
unsere Tagesordnung ein. Ich rufe den Tagesordnungs-
punkt 23 auf:

und dritte Beratung des von den Fraktio-
r CDU/CSU und der FDP eingebrachten
rfs eines Gesetzes zur Übernahme von
berleben und
m Osten wie
aus besseren
und mit der

Zweite
nen de
Entwu

Gewährleistungen zum Erhalt der für die





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)

Finanzstabilität in der Währungsunion erfor-
derlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen

(Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG)


– Drucksache 17/1544 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-
ausschusses (8. Ausschuss)


– Drucksachen 17/1561, 17/1562 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider (Erfurt)

Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Alexander Bonde

Hierzu liegen ein Entschließungsantrag der Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP, ein Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD, zwei Entschließungsanträge der
Fraktion Die Linke sowie ein Entschließungsantrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Zu dem Entschlie-
ßungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP lie-
gen zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen vor. Über den Gesetzentwurf, die zwei Än-
derungsanträge und die fünf Entschließungsanträge wer-
den wir später jeweils namentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
der Kollege Norbert Barthle für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1704100100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Wir haben eine anstrengende Woche
mit sehr intensiven parlamentarischen Beratungen hinter
uns. Dieser Gesetzentwurf, der formal betrachtet ledig-
lich aus zwei schlanken Paragrafen besteht, ist außeror-
dentlich intensiv, leidenschaftlich, teilweise auch kontro-
vers diskutiert worden. Diese zwei schlanken Paragrafen
beinhalten allerdings inhaltlich grundlegende Richtungs-
entscheidungen für die Zukunft Europas und damit auch
für die Zukunft Deutschlands und seiner Bürgerinnen
und Bürger.

Wir haben es uns dabei nicht leicht gemacht. Wir ha-
ben unsere parlamentarische Verantwortung sehr ernst
genommen und das hier zur Abstimmung anstehende
Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz nach vielen tage-
und fast nächtelangen Debatten in entscheidenden Punk-
ten geschärft. Mit dem Ergebnis dieser Beratungen, das
uns heute zur abschließenden Abstimmung vorliegt, kön-
nen zumindest wir von der Regierungskoalition, so finde
ich, sehr zufrieden sein. Wir können es auch – das ist das
Wichtigste – gegenüber unseren Bürgerinnen und Bür-
gern verantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Natürlich gab es während der Beratungen bei dem ei-
nen oder anderen Bedenken und Vorbehalte. Würden wir
dieses Hilfspaket jetzt aber nicht verabschieden, müssten
wir mit großer Sicherheit in wenigen Wochen an dieser
Stelle über Rettungsmaßnahmen und Nothilfen in ganz
anderen Dimensionen entscheiden; davon bin ich über-
zeugt. Denn die vorangegangenen Beratungen und die
öffentliche Anhörung der Sachverständigen im Haus-
haltsausschuss am Mittwoch dieser Woche haben ganz
klar gezeigt: Zu diesem Hilfspaket gibt es – das betone
ich ausdrücklich – keine bessere Alternative.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Alle Experten haben uns deutlich gemacht, dass jede
andere denkbare Lösung nicht nur teuer, sondern vor al-
lem in ihren Konsequenzen nicht kontrollierbar und mit
unabsehbaren Ansteckungsgefahren für andere Euro-
Länder und damit mit der Gefahr einer Erosion des ge-
samten Euro-Systems verbunden wäre. Die Sachverstän-
digen haben auch deutlich gemacht: Mit den vereinbarten
strengen Sicherheitsauflagen hat das Hilfsprogramm
Aussicht auf Erfolg. Mit dem drastischen Sparkurs und
den durchgreifenden Strukturreformen, zu denen sich
Griechenland verpflichtet hat, kann Griechenland wieder
wettbewerbsfähig werden und sich damit mit besseren
Konditionen an den Kapitalmärkten refinanzieren.

Zum anderen ist mit den eingezogenen Leitplanken
alles getan worden, damit das Rettungspaket nicht aus
dem Ruder läuft. Es ist – das muss man betonen – das
strengste und schärfste Kontrollsystem, das es jemals
im Euro-Raum gegeben hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben ein engmaschiges Überwachungssystem, auf
Neudeutsch Monitoringsystem genannt. Die Auszahlung
der Kreditmittel erfolgt nur in Tranchen. Jede Auszah-
lung ist an die Erfüllung strenger Qualitäts-Zielvorgaben
gebunden. Es gibt ein gebündeltes Schiedsrichterverfah-
ren, das von IWF, EZB und Europäischem Rat begleitet
wird. Die Euro-Staaten beurteilen die Erfüllung der Ziel-
vorgaben einstimmig und entscheiden einstimmig über
die Auszahlung der nächsten Tranche. – Die beiden letzt-
genannten Bedingungen haben Eingang in unseren Ge-
setzestext gefunden. Sie sind damit Bestandteil unseres
Gesetzes. – Das heißt konkret: Die bilateralen Kredite
und die Kredite des IWF werden nur im Rahmen eines ge-
meinsamen Vorgehens aller europäischen Euro-Mitglied-
staaten und auf der Grundlage der unter Mitwirkung der
EZB vereinbarten Maßnahmen ausgereicht. Das ist ein
starker Pakt – für Griechenland, für Deutschland und für
Europa.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Für uns bedeutet das: Die in diesem Hilfsprogramm
wirkenden Kontrollen stehen dafür – so ist meine
Schlussfolgerung –, dass das Ausfallrisiko für den deut-
schen Steuerzahler so gering wie irgend möglich gehal-
ten wird. Natürlich bleiben Restrisiken. Wer wollte das
bestreiten? Natürlich gibt es niemals eine hundertpro-
zentige Sicherheit für den Erfolg eines solchen Pakets.





Norbert Barthle


(A) (C)



(D)(B)

Natürlich hängt der Erfolg nicht unwesentlich davon ab,
ob die griechische Bevölkerung diesen Weg mitgeht. Mit
unserem Rettungspaket aber stärken wir der griechi-
schen Regierung und der griechischen Bevölkerung den
Rücken. Wir begleiten sie in solidarischer Gemeinschaft
auf ihrem Weg.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


Bildlich gesprochen: Wir werfen Griechenland einen
Rettungsring zu. Ans rettende Ufer schwimmen muss es
selbst. Schwimmt es in die falsche Richtung, landet es
auf dem offenen Meer oder gar in der Türkei.


(Zurufe von Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Oh! Oh!)


Um es zu verdeutlichen: Im Kern geht es darum, verlore-
nes Vertrauen wiederherzustellen. Wenn dies nicht ge-
lingt, dann kann und wird dieses ambitionierte Maßnah-
menpaket nur Erfolg auf Raten haben. Wir brauchen ein
einheitliches, klares Vertrauensszenario, um diese Krise
bekämpfen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bin überzeugt: Mit diesem Pakt wird eine positive
Wirkung auf unsere europäischen Partnerländer erzielt.
Dieser Pakt wird auch uns robuster und zukunftsfähiger
machen und für zukünftige Krisen gefestigter. Der ver-
trauensbildende Effekt allerdings – davon bin ich über-
zeugt – wäre stärker, wenn es einen gemeinsamen Be-
schluss des Deutschen Bundestages gäbe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie ohne Zweifel recht!)


An die Adresse der SPD gerichtet, sage ich: Es ist
schon traurig – ich finde, fast schon blamabel –, welches
Bild Sie hier abgegeben haben.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ach!)


Zuerst versagen Sie die Zustimmung zu einem beschleu-
nigten Gesetzgebungsverfahren und fordern das nor-
male.


(Christel Humme [SPD]: Immer bei der Wahrheit bleiben!)


Dann stimmen Sie dem Eilverfahren zu, aber nur unter
der Voraussetzung, dass die Banken an dem Paket betei-
ligt werden.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Richtig! – Michael Groschek [SPD]: Bravo!)


Nachdem Sie dann erkannt haben, dass dies in der aktu-
ellen Lage kontraproduktiv wäre, haben Sie sich davon
wieder verabschiedet und sagen nun: Wir brauchen eine
europäische Transaktionsteuer. – Über ein solches In-
strument kann man trefflich nachdenken. Aber ich warne
davor, dies innerhalb einer Woche in großer Hektik zu
entscheiden. Das muss reiflich überlegt sein;


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist reiflich überlegt!)


denn es geht darum, die internationalen Spekulanten zu
bekämpfen. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist das Problem. Deshalb macht es wenig Sinn, vor-
schnell eine Maßnahme zu entscheiden,


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Vorschnell? Schlaf weiter!)


an der man zwar mitverdient, mit der man aber das Übel
nicht an der Wurzel bekämpft. Alle Experten sagen, eine
Transaktionsteuer habe keinerlei Lenkungswirkung. Da-
mit wird das Spekulantentum nicht bekämpft. Wir müs-
sen an die Wurzel herangehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dazu braucht unsere Bundeskanzlerin einen möglichst
großen Rückhalt. Deshalb finde ich es blamabel, dass
sich die SPD hier vom Acker macht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Na, na, na!)


Ich darf abschließend eindringlich dafür werben, dem
Gesetzentwurf und den Änderungsanträgen der Regie-
rungskoalition zuzustimmen. Das ist das Beste, was wir
derzeit machen können. In der gegenwärtigen Lage stel-
len diese Vorschläge die bestmöglichen Lösungen dar.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704100200

Das Wort erhält nun der Kollege Joachim Poß für die

SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1704100300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Barthle, ich kann nur hoffen, dass Ihr pein-
licher Ausrutscher in Sachen Türkei


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


keine weitere Beachtung findet. Ich dachte, wir wären in
unserem demokratischen Land im Bewusstsein etwas
weiter. Für mich ist das, was Sie hier gesagt haben, er-
schreckend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Erschreckend waren aber auch Ihre Ausführungen an
sich; denn für die Sozialdemokratie geht es doch nicht
um die Notwendigkeit der Griechenland-Hilfe, sondern
darum, für diese Hilfe die Unterstützung unserer ganzen
Bevölkerung zu bekommen, damit wir – auch in Zukunft –
in Europa wirklich helfen können.


(Beifall bei der SPD)






Joachim Poß


(A) (C)



(D)(B)

In unserem Entschließungsantrag sind wir hier eindeu-
tig. Anders als die Linkspartei werden wir den Gesetz-
entwurf natürlich nicht ablehnen. – Frau Merkel ist im
Moment nicht hier. Herr Kauder geht gerade. Ich nehme
an, dass sie noch Kriegsrat halten müssen.

Herr Kauder, ich möchte Ihnen noch Folgendes mit
auf den Weg geben: Es ist schäbig, der SPD oder der
SPD-Bundestagsfraktion etwas anderes zu unterstellen.
Das dürfte nicht Ihr Niveau sein. Der SPD einen man-
gelnden Einsatz für Europa und mangelnde Solidarität
mit den europäischen Partnern zu unterstellen,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


das ist ärmlich und erbärmlich, Herr Kauder.


(Beifall bei der SPD)


Eine reine Kreditermächtigung, ohne dass sie in die
notwendigen Maßnahmen, die sich mit derselben Präzi-
sion und mit Verbindlichkeit in einem Entschließungsan-
trag wiederfinden müssen, eingebunden ist, bedeutet, zu
kurz zu springen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die sind doch eingebunden!)


Das entspricht aber dem Bild, das Sie in den letzten
sechs Monaten abgegeben haben. Sie bekommen nichts
hin. Kein Werkstück gelingt Ihnen. Schwarz-Gelb kann
es nicht. Das zeigen Sie auch an dieser Stelle eindeutig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In unserem Land ist unbestritten: So unabdingbar
– entgegen dem schlimmen Populismus Ihrer Verbünde-
ten in den Medien – die Griechenland-Hilfe ist, brauchen
wir jetzt schnelle und gute Fortschritte bei der Finanz-
marktregulierung und im Kampf gegen die Devisen-
spekulation, damit Griechenland in der Euro-Zone und
darüber hinaus nicht zu einem Flächenbrand wird. Da-
rum geht es jetzt.


(Beifall bei der SPD)


Auf diesem Feld hat die Koalition bisher jämmerlich
versagt. Warum hat sie versagt? Weil sie uneins ist, ge-
nauso wie in zig anderen Fragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das zeigt die Vorgeschichte in den letzten Wochen,
als Frau Merkel immer auf den Wahltermin in NRW ge-
schielt hat. Da hat sich herausgestellt: Sie handeln nicht
dann, wenn es sein müsste. Vielleicht wäre es für uns in
der Belastung auch etwas günstiger geworden, wenn Sie
gehandelt hätten, wie es Ihnen ohne Weiteres möglich
war.


(Beifall bei der SPD)


Es ist für die größte Wirtschaftsnation Europas unwür-
dig, dass sich die Kanzlerin und der Finanzminister zum
entscheidenden Zeitpunkt, wenn es um die Lösung die-
ser wichtigen Aufgabe geht, diametral widersprechen.
Was ist das denn für eine Regierung, meine Damen und
Herren?


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das verstehen die Menschen nicht. Die Menschen in un-
serem Lande verstehen auch nicht, dass die Banken und
die anderen Profiteure des Finanzkasinos nicht stärker
als bisher an den Krisenkosten beteiligt werden. Dazu
brauchen wir eindeutige Aussagen und Ansagen, über
das Bisherige hinaus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel, Herr Westerwelle, Herr Schäuble, es
kann nicht sein, dass die offenkundige Führungsschwä-
che an der Spitze der Bundesregierung dazu führt, dass
die Ignoranz und soziale Blindheit der FDP das gemein-
same Handeln für Deutschland in diesem Hause verhin-
dert. Das ist der Kern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Genau jetzt ist der passende Zeitpunkt, die Weichen rich-
tig zu stellen. Unser Vorschlag zur Besteuerung des Fi-
nanzmarktes auf europäischer Ebene ist ein realistischer
und, wenn man mit gutem Willen an die Sache heran-
geht, schnell umsetzbarer Weg. Den hätten Sie beschrei-
ten sollen, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dazu steht nicht im Widerspruch, dass wir auch Stu-
dien des Internationalen Währungsfonds prüfen, auf de-
nen „Confidential“ steht, die aber noch durch die Gre-
mien müssen. Die Finanzierung des Gemeinwesens kann
aber nicht länger allein Angelegenheit der Arbeitnehmer
und der sogenannten Realwirtschaft sein. Die Schulden
explodieren in allen Ländern. Dieses Problem müssen
wir in Europa jetzt gemeinsam anpacken.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wer, wie Sie es tun, jetzt fordert, dass die
Maastricht-Kriterien in Zukunft wieder streng einge-
halten werden,


(Zurufe von der FDP)


der kann doch für die überall nötige Konsolidierung
nicht allein die Steuerzahler und die Empfänger staatli-
cher Leistungen in Haftung nehmen, wie Sie es nach
dem Wahltermin in NRW vorhaben,


(Beifall bei der SPD)


zumal nicht wenige von denen selbst Opfer der Krise ge-
worden sind, während die Verantwortlichen an den Fi-
nanzmärkten verschont bleiben.

Herr Schäuble, die von Ackermann & Co. eilfertig
und mit durchsichtigem Ziel angebotenen Almosen rei-
chen nicht. Ihr Handschlag mit Herrn Ackermann war





Joachim Poß


(A) (C)



(D)(B)

mir, als ich ihn im Fernsehen gesehen habe – entschuldi-
gen Sie –, tief peinlich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nein, in den kommenden Jahren braucht es einen
spürbaren Beitrag der Finanzindustrie zu den Einnahmen
des Staates, einen Beitrag, den die Finanztransak-
tionsteuer leisten könnte. Wer, wie die SPD, heute da-
rauf besteht, neben der unumstrittenen Hilfe für Grie-
chenland zusätzlich verbindliche Maßnahmen zur
Bändigung der Finanzmärkte zu beschließen, der ist
nicht gegen europäische Solidarität oder gegen Europa.


(Zurufe von der FDP: Sind Sie da sicher? – Haha!)


Nein, im Gegenteil: Wer das tut, ist für Europa, für ein
starkes Europa,


(Beifall bei der SPD)


für ein Europa, das sich selbst stark macht und sich die
notwendigen Mittel an die Hand gibt, um sicherzustel-
len, dass es künftig nicht mehr von wild spekulierenden
Finanzakteuren vor sich hergetrieben wird. Dieses Eu-
ropa wollen wir, meine Damen und Herren. Nur ein sol-
ches Europa ist gerüstet, künftigen Herausforderungen
und Belastungen durch Spekulanten und andere zu be-
gegnen und die große Konsolidierungsaufgabe zu schul-
tern. Hier haben Sie versagt. Unser Weg ist der bessere.
Ich denke, wir können die Menschen davon überzeugen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704100400

Das Wort erhält nun der Kollege Otto Fricke für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1704100500

Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da-

men und Herren! Das ist heute kein einfacher Tag. Es ist
für die Bürger, die uns zuschauen, kein einfacher Tag. Es
ist für uns Abgeordnete, die wir zu entscheiden haben,
kein einfacher Tag.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die FDP schon gar nicht!)


– Wie ich an Ihnen, Herr Trittin, gerade merke: Für Sie
ist es, wie immer, ein verantwortungsloser Tag. Machen
Sie nur so weiter. Das ist schon in Ordnung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verantwortungslos ist Herr Pinkwart!)


Meine Damen und Herren, Deutschland und Grie-
chenland sind Freunde in Europa; ich glaube, darüber
sind wir uns einig. Es gibt einen Satz, eine Weisheit, die
lautet: Beim Geld hört die Freundschaft auf.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, beim Geld fängt die Freundschaft erst an! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer möchte denn dann mit der FDP befreundet sein?)


Das ist nicht der Fall. Aber beim Geld – das sage ich ge-
rade in Richtung der Schreihälse – hört die Verantwor-
tung nicht auf. Verantwortungsloses Verhalten, wenn es
um wesentliche finanzielle Entscheidungen geht, kann
man sich nur erlauben, wenn man gar keine Verantwor-
tung hat und am besten auch gar keine bekommt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Warum machen wir das alles trotz großer Bauch-
schmerzen? Machen wir das, um den Griechen eine wei-
tere Hilfe zu geben? Nein, wir machen es erstens, um
den Griechen den richtigen Weg aufzuzeigen.


(Zurufe von Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine pädagogische Herausforderung! Die FDP als Lehrmeister!)


Das hat der IWF auch geschafft. Wir können froh sein,
dass der IWF dabei ist.

Zweitens – das sage ich vor allem den Bürgern drau-
ßen, weil wir alle immer wieder gefragt werden: Warum
müssen wir das jetzt schon wieder machen? –: Ich bitte
jeden Bürger, der das hört, einmal zu überlegen, was
wäre, wenn er Grieche oder Portugiese wäre,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder in der FDP!)


wenn er darauf angewiesen wäre, dass wir Bundestags-
abgeordnete unserer Verantwortung gerecht werden.
Dann wird jeder sagen: Ich möchte nicht, dass ich zur
Bank rennen und versuchen muss, mein Geld noch abzu-
heben, wie es in anderen Ländern der Fall ist. Ich möchte
nicht, dass es am Ende wie bei einem Flächenbrand auch
uns trifft. – Das war schon bei der Finanzmarktstabilisie-
rung das Argument, als es um die Rettung der deutschen
Banken ging. Das ist das, was Sie gesagt haben – davon
wollen Sie heute gar nichts mehr wissen –, als wir die Fi-
nanzen der Banken, der Versicherungen und anderer ge-
rettet haben.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ihr Kollege Schäffler hat doch vorgeschlagen, Inseln zu verkaufen! Sie sind doch verantwortungslos! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn das Brüderle dazu?)


– An den Zwischenrufen, die ich höre – es ist schade,
dass man sie am Fernseher und am Radio nicht hört –,
merkt man genau, wie getroffen Sie an vielen Stellen
sind.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie ist es denn mit Ihrem Verantwortungsbewusst-
sein? Wie steht es insbesondere um das Verantwor-
tungsbewusstsein der ehemals so stolzen SPD? Noch
gestern behauptete Herr Schneider bewusst Falsches und





Otto Fricke


(A) (C)



(D)(B)

meint auch noch, damit Politik machen zu können. Auf
Fragen nach der Beteiligung der Finanzinstitute behaup-
ten Sie, wir, die FDP, wollten das nicht. – Schauen Sie
sich den Entschließungsantrag genau an. Dann werden
Sie feststellen, dass das nicht so ist. Kommen Sie mei-
netwegen jeden Tag mit neuen Vorurteilen, aber bleiben
Sie bitte – anders als der Kollege Schneider – bei der
Wahrheit und bei den Tatsachen.


(Beifall bei der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Was soll das denn?)


Dann kommen wir zur nächsten Frage nach der Ver-
antwortung: Wer trägt denn die Verantwortung dafür,
dass wir es noch immer nicht geschafft haben, uns von
einer gewissen nationalen Lebenslüge in Bezug auf Eu-
ropa zu trennen? Es kann doch nicht sein, dass die Poli-
tik sagt, wie die Zahlen sind, sondern die Zahlen sind so,
wie sie sind.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sie haben doch einen Haushalt mit 80 Milliarden Nettokreditaufnahme beschlossen! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollte sich die FDP einmal die Zahlen anschauen!)


Wer war es denn, der den Stabilitätspakt aufgeweicht
hat? Das waren Sie von Rot-Grün. Jetzt reden Sie doch
nicht so, als hätte das mit Ihnen nichts zu tun. Sie tragen
eine ganz wesentliche Verantwortung dafür, dass die
Kriterien für ein Land aufgeweicht wurden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So spricht der wahre Freund Griechenlands!)


Das ist Ihre Verantwortung, der Sie sich eigentlich stel-
len müssten. Sie stellen sich ihr aber nicht, sondern tre-
ten zurück.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie versuchen es mit billigen Tricks: Ja, wir machen
mit! Nein, wir machen nicht mit! – Und dann sagt Herr
Gabriel: Oh Gott, oh Gott, es ist Donnerstagmorgen; ich
glaube, ich schreibe der Bundeskanzlerin mal eine kleine
SMS. – Hallo? Was ist das denn für ein Verantwortungs-
bewusstsein einer Oppositionspartei, wenn man nur sagt:
„Ich will da mitmachen“?

Herr Gabriel, da Sie gerade den Scheibenwischer an-
deuten:


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er zu mir gemacht!)


Bei Ihnen geht das sogar noch weiter. Das haben wir ge-
rade bei der Frage der Rednerfolge gemerkt. Sie haben
gesagt: Ich will auf jeden Fall mit meiner Rede hinter
Westerwelle bleiben. Herr Gabriel, ich kann Ihnen eines
sagen: Sie werden immer hinter Westerwelle bleiben.
Das wollen Sie nur nicht wahrhaben.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone
– nicht die Aufnahme Griechenlands in die EU – war ein
Fehler.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Mein lieber Otto, du bist heute weit unter deinem Niveau!)


Wir haben das alle gewusst. Aber damals trug die rot-
grüne Regierung die Verantwortung. Ich darf jemanden
zitieren, der am 28. April 2000 im Deutschlandfunk ge-
sagt hat:

Und jetzt Griechenland aufzunehmen bei den dort
vorhandenen Zuständen, immer wirtschaftlich und
ökonomisch gesehen, halte ich für einen kapitalen
Fehler. Es wird die Situation weiter verschlechtern,
und ich kann mich nur wundern, was man den Bür-
gern eigentlich alles zumutet, wenn man jetzt die-
sen Beschluss auch noch fassen will zur ungeeigne-
ten Zeit und unter ungeeigneten Voraussetzungen.

Das hat er zu dem Beschluss von Rot-Grün, Griechen-
land aufzunehmen, gesagt. Wer war das? Otto Graf
Lambsdorff, der sich auf die Zahlen berufen hat. Was ha-
ben Sie dazu gesagt? Das sei unverantwortlich. Ihr feh-
lendes Verantwortungsbewusstsein fällt uns heute auf
die Füße, und wir müssen versuchen, das wieder hinzu-
bekommen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Zum Schluss:


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird Zeit!)


Wenn es um die Frage nach Ursache und Wirkung geht,
dann kann man, wie Herr Poß, immer sagen: Die bösen
Spekulanten! – Ich sage Ihnen: Ja, Spekulanten waren an
der Sache beteiligt. Die Koalition ist dabei, das abzu-
schöpfen, was von Spekulanten an Gewinnen gemacht
wurde, sodass wir von diesem Auf und Ab an den Märk-
ten wegkommen; wir sind dabei, das zu begradigen.


(Widerspruch bei der SPD)


Was aber machen Sie? Das will ich den Bürgern da
draußen einmal klarmachen: Sie reden immer schön ab-
strakt von einer Finanztransaktionsteuer. Für den Bürger
da draußen heißt das, dass zukünftig jeder Riester-Rent-
ner von Ihnen besteuert wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


– Ja, Sie hören das nicht gerne. Sie wollen das nicht
wahrhaben.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das ist unterirdisch!)


Eine Finanztransaktionsteuer nach Ihrer Maßgabe be-
zieht sich auf jede Finanztransaktion. Ein Riester-Rent-
ner wird mit allem, was er angespart hat, von Ihrer
Steuer bestraft. Das wollen wir nicht, und das ist der Un-
terschied zwischen sozialdemokratischer und christlich-
liberaler Politik.





Otto Fricke


(A) (C)



(D)(B)

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Sie sagen bewusst die Unwahrheit! – Joachim Poß [SPD]: So ein Quatsch!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704100600

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Carsten

Schneider das Wort.


Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1704100700

Sehr geehrter Herr Kollege Fricke, Sie haben mich in

Ihrer Rede der Unwahrheit bezichtigt. Es geht sicherlich
um die Frage, wie hoch die Belastung Deutschlands
durch Kredite für Griechenland insgesamt ist und ob
dieses Volumen ausreicht. Dazu halte ich fest: Alle Ant-
worten, die wir in den vergangenen Wochen vom Bun-
desfinanzministerium bezüglich der Verabredungen zu
Griechenland bekommen haben, waren substanzlos. Un-
sere Fragen wurden wie folgt beantwortet: Griechenland
hat keinen Antrag gestellt. Es gibt nichts zu verhandeln.

So haben Sie die deutsche Öffentlichkeit seit drei Mo-
naten an der Nase herumgeführt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Groschek [SPD]: Hört! Hört! – Weiterer Zuruf von der SPD: Und das Parlament!)


– Und das Parlament!

Am Mittwoch bekommen wir im Haushaltsausschuss
erstmals den Kreditvertrag kursorisch zu Gesicht. Am
M
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1704100800
Ist es richtig, dass es einen
Zinsausgleich gibt? Darauf er: Dem BMF, dem Bundes-
ministerium der Finanzen, ist das nicht bekannt. – Am
Mittwoch ist klar: Es gibt ihn, und es gibt nicht nur den
Zinsausgleichsmechanismus, sondern sogar auch die
Möglichkeit, dass ein Land, das höhere Zinsen zahlt, als
Griechenland selbst in Rechnung gestellt bekommt,
nicht mehr am Kredit beteiligt ist. Das hat zwei mögli-
che Konsequenzen, auf die ich schon hingewiesen habe:
Entweder das IWF-Paket unter Beteiligung der EU-Staa-
ten reicht im Volumen nicht aus – das bedeutet eine deut-
liche Marktverunsicherung; wir wollen aber genau das
Gegenteil erreichen –, oder Deutschland muss einen grö-
ßeren Gewährleistungsrahmen bereitstellen.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


Das hat jetzt noch keine gesetzliche Grundlage, aber Sie
müssen wissen, dass Sie, wenn Sie einmal Ja sagen,
dann auch im nächsten Schritt dabei sind. Ich finde, da-
rüber müssen der Bundestag und die deutsche Öffent-
lichkeit informiert sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man eine so wegweisende Entscheidung trifft,
dann kann man nicht so tun, als koste das alles nichts, als
gäbe es kein Risiko oder als wäre das Risiko damit be-
grenzt. Das ist nicht der Fall, und darauf habe ich hinge-
wiesen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704100900

Zur Erwiderung Herr Kollege Fricke.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1704101000

Herr Kollege Schneider, das Ganze war jetzt wieder

typisch: Sie bauschen das auf, und bei den Fakten blei-
ben Sie dann die Antwort schuldig. Das haben Sie in ei-
nem Nebensatz gesagt.


(Michael Groschek [SPD]: Zur Sache! – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Sie haben ihn der Unwahrheit bezichtigt!)


Ich wäre froh gewesen, wenn Sie hier, vor der Bevölke-
rung und den Zuhörern und Zuschauern, gesagt hätten:
Es bleibt bei den 22,4 Milliarden Euro, die der Bundes-
tag heute mit dem Gesetzentwurf beschließen wird. Es
wird kein einziger Cent mehr. Auch wenn Sie sich hinter
spekulativen Äußerungen und sonstigen Formulierungen
verstecken:


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das ist unwürdig, was Sie da treiben!)


Es bleibt bei den 22,4 Milliarden Euro. Das hätten Sie
ehrlicherweise sagen sollen, statt eine höhere Zahl ins
Gespräch zu bringen.

Wenn Sie irgendwann wieder auf den Pfad der Tu-
gend und der Wahrheit zurückkehren, dann werden Sie
das auch einsehen.


(Beifall bei der FDP – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reicht es aber langsam! – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Oberpeinlich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704101100

Das Wort erhält nun die Kollegin Gesine Lötzsch für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704101200

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Wir erinnern uns: Als am Mittwoch
die Kanzlerin hier am Pult stand, da war die gefühlte
Temperatur im Plenarsaal weit unter null Grad.


(Ulla Burchardt [SPD]: Wo ist die eigentlich?)


Frau Merkel sprach von Schonungslosigkeit im Umgang
mit Staaten, die über ihre Verhältnisse leben.


(Ulla Burchardt [SPD]: Wo ist die Kanzlerin?)


Jeder Wähler und jede Wählerin in Nordrhein-Westfalen
sollte sich diese Rede noch einmal anschauen, um ein
schauriges Gefühl dafür zu bekommen, wie es nach der
Wahl in unserem Land weitergehen soll. Wir sagen: Mit
uns nicht so. –


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Gesine Lötzsch


(A) (C)



(D)(B)

In Griechenland werden die Löhne und Pensionen
drastisch gekürzt. Der IWF und die Europäische Union
fordern von den Griechen die Umsetzung des ganzen ne-
oliberalen Unfugs, der nicht nur in unserem Land schon
so viel Schaden angerichtet hat.


(Zurufe von der FDP: Oh!)


Sie wollen Griechenland noch weiter in die Krise trei-
ben, damit die griechischen und deutschen Ackermänner
ihre Rendite einstreichen können.


(Beifall bei der LINKEN – Bundesminister Dr. Guido Westerwelle verlässt den Plenarsaal – Ulla Burchardt [SPD]: Jetzt geht auch noch der Außenminister!)


Das ist der Beginn eines weiteren Angriffs auf die Ar-
beitnehmer, Rentner, Arbeitslosen und Familien in ganz
Europa, nicht nur in Griechenland, sondern auch hier bei
uns in der Bundesrepublik.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich bin davon überzeugt: Es ist nur eine Frage der Zeit,
bis sich Frau Merkel und Herr Westerwelle hier hinstel-
len


(Ulla Burchardt [SPD]: Wo sind die eigentlich?)


und an die Menschen in Deutschland appellieren wer-
den, dem griechischen Beispiel zu folgen und Opfer zu
bringen. Die Menschen sollen wieder die Krise bezah-
len. Wir als Linke stellen uns dem entgegen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer sich an die Reden der Finanzminister der SPD
und der CDU der letzten 20 Jahre erinnert, der hat viel-
leicht noch im Ohr, was die Grundaussage war. Es war
immer die gleiche: Wir leben über unsere Verhältnisse. –
Aber kein Finanzminister meinte den Chef der Deut-
schen Bank, Herrn Ackermann, oder den ehemaligen
Chef der Deutschen Post und Steuerhinterzieher Herrn
Zumwinkel. Es ging immer nur um die Arbeitnehmer,
Rentner, Familien und die Arbeitslosen, die angeblich
über ihre Verhältnisse leben und denen mit Hungerlöh-
nen, Kürzung des Arbeitslosengeldes und Rentenkür-
zungen das Leben schwergemacht wird. Das muss end-
lich ein Ende hier in Deutschland haben.


(Beifall bei der LINKEN)


In Griechenland ist es nicht anders als hier. Es gibt
Menschen, die dort über ihre Verhältnisse leben, wie hier
Herr Ackermann und Herr Zumwinkel, und es gibt Men-
schen, denen es genauso ergeht wie vielen deutschen Ar-
beitnehmern, Rentnern und Arbeitslosen. Wir als Linke
vertreten die Interessen der Arbeitnehmer, der Rentner
und der Arbeitslosen. Sie vertreten die Interessen der
Renditemacher und der Spekulanten, und dem stellen
wir uns entgegen.


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der LINKEN: Bravo!)


In Griechenland hat sich eine konservative Regierung,
deren politische Ausrichtung der Regierung vergleichbar
ist, die hier auf der Bank sitzt, in die Euro-Zone ge-
schummelt. Die griechische Regierung und eine Ober-
schicht haben über ihre Verhältnisse gelebt, und jetzt
müssen Arbeitnehmer und Rentner mit Einnahmeeinbrü-
chen von bis zu 30 Prozent die Suppe auslöffeln, die sie
sich nicht eingebrockt haben. Das ist ungerecht. Das
sage ich in aller Deutlichkeit.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Merkel sprach in ihrer Rede von einem ehrgeizigen
Programm. Ich sage Ihnen: Dieses Programm ist nicht
ehrgeizig, es ist brutal, unsozial und erbarmungslos.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wer jetzt Solidarität mit Griechenland einklagt, der
spielt ein falsches Spiel. Es ist nicht solidarisch, wenn in
Griechenland Tausende Lehrer entlassen werden, wenn
ausgebildete Finanzbeamte gar nicht erst eingestellt wer-
den und wenn Rentnern, deren Renten weit unter dem
deutschen Niveau liegen, die Renten gekürzt werden.
Das ist nicht solidarisch. Wer diesem Gesetz zustimmt,
ist ausschließlich solidarisch mit den Banken, die grie-
chische Staatsanleihen gekauft haben; er ist nicht solida-
risch mit dem griechischen Volk und auch nicht solida-
risch mit den anderen Völkern Europas.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn die Grünen heute diesem Gesetz zustimmen,
um sich bei der Kanzlerin und der CDU in Nordrhein-
Westfalen lieb Kind zu machen, dann ist das ein Verrat
an den ursprünglichen Ideen der Grünen von Solidarität
und Internationalismus.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hoch die internationale Solidarität! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer verweigert denn die internationale Solidarität?)


Ich kann mich noch gut erinnern, wie Sie von den Grü-
nen hier in Berlin gegen den Weltwährungsfonds de-
monstriert haben. Aber das waren augenscheinlich Ihre
Vorgänger, mit denen Sie nicht mehr viel zu tun haben.


(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Langeweile hat gesprochen!)


Der IWF ist dafür bekannt, dass er immer erst das Geld
der Gläubiger rettet und dafür bereit ist, soziale Unru-
hen, Verletzte und sogar Tote in Kauf zu nehmen. Die
Kanzlerin hat den Griechen diese Rosskur verordnet, da-
mit die Märkte wieder Vertrauen gewinnen. Auch der
Finanzminister sprach unentwegt davon, dass wir nicht
das Vertrauen der Märkte verlieren dürfen. Die Bundes-
regierung ist bereit, für das Vertrauen der Märkte das
Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu opfern.

Für wen machen Sie eigentlich Politik, Frau Merkel,
für die Märkte oder für die Menschen? Das frage ich Sie.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie lassen sich ständig von den Spekulanten hinters
Licht führen und auf der Nase herumtanzen. Unterwür-





Dr. Gesine Lötzsch


(A) (C)



(D)(B)

fig buhlen Sie um das Vertrauen der Märkte. Das ist
doch völlig absurd.

Wenn Sie am Mittwoch von dem Primat der Politik
gegenüber den Finanzmärkten gesprochen haben, Frau
Merkel, dann war das doch nichts als eine aufgeblasene
Worthülse, wenn man sieht, wie diese Regierung den
Banken und Spekulanten immer wieder das Leben er-
leichtert und ihnen das Geld hinterherwirft. Das ist eine
verkehrte Welt.


(Beifall bei der LINKEN)


Der globale Finanzmarkt ist doch in Wirklichkeit
ein globaler Schwarzmarkt. Die Bundesregierung tut
nichts, aber auch gar nichts, außer schönen Worten, um
diesen globalen Schwarzmarkt zu bekämpfen. Die Spe-
kulanten, meine Damen und Herren, sind Taliban im Na-
delstreifen,


(Zurufe von der FDP: Oh, oh!)


und vor diesen Taliban müssen die Menschen in unserem
Land geschützt werden.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist doch eine Sauerei! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt wird es lächerlich!)


Die Kanzlerin hat erklärt, der Schlüssel des Problems
zur Lösung der Krise


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Herr Präsident! Das sind doch Terroristen!)


liege in Griechenland. Ist das wirklich so? – Die Grie-
chen sollen 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in
drei Jahren wegkürzen. Rechnen wir das einmal auf
Deutschland um: Das würde bedeuten, dass wir in
Deutschland innerhalb von drei Jahren 313 Milliarden
Euro streichen müssten. Das entspricht fast dem gesam-
ten Etat für ein ganzes Jahr. Das wäre auch für das wirt-
schaftlich viel stärkere Deutschland auf keinen Fall zu
schaffen.

Wie sollen die Griechen bei sinkender wirtschaftli-
cher Leistungsfähigkeit ihre Investitionen, ihre Löhne,
ihre Pensionen kürzen und gleichzeitig die Mehrwert-
steuer erhöhen und dann die Schulden zurückzahlen?
Wie wollen Sie das machen? Erklären Sie das doch mal.
Oder wollen Sie nichts anderes, als immer weiter die
sozialen Standards in Europa senken? Das ist doch der
eigentliche Plan hinter diesem sogenannten Rettungs-
fonds.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir, die Linke, lehnen das Gesetz aus zwei entschei-
denden Gründen ab. Erstens ist das Gesetz und das damit
verbundene Kürzungspaket nicht geeignet, die Probleme
Griechenlands und die Probleme der Euro-Zone zu lö-
sen. Die sozialen und ökonomischen Probleme Grie-
chenlands werden nicht gelöst, sondern weiter ver-
schärft.
Zweitens lehnen wir das Gesetz ab, weil die Bundes-
regierung nichts gelernt hat aus der Krise von 2008 und
nicht bereit ist, die Banken an der Finanzierung der
Krise zu beteiligen, und nichts unternimmt, um die
Finanzmärkte zu kontrollieren.

Wir fordern den Zweiklang von Retten und Regulie-
ren. Die Bundesregierung rettet jedoch die Falschen und
verweigert jegliche Regulierung der Finanzmärkte. Das
können wir als Linke nicht hinnehmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Vorgestern hat Frau Merkel hier im Bundestag von ei-
ner Bankenabgabe gesprochen und davon gesprochen,
dass sie sogar die Gewinne und Boni der Banker einbe-
ziehen wolle. Da war es doch umso erstaunlicher, meine
Damen und Herren von CDU/CSU und FDP, dass die
Regierungsfraktionen unseren Antrag zur Bankenabgabe
nach dem Obama-Modell gestern von der Tagesordnung
genommen haben, weil Sie eine namentliche Abstim-
mung vor der NRW-Wahl dazu verhindern wollten.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Unglaublich!)


Wir bzw. unser Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi
haben am Mittwoch offen und ehrlich angekündigt, dass
wir die namentliche Abstimmung wollen, und Sie haben
mit Tricksereien geantwortet, weil Sie nicht wollen, dass
die Menschen erfahren, wer die Banken wirklich in Ver-
antwortung nehmen will und wer nicht. Sie wollen das
nämlich nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber da haben Sie sich geirrt. Wir als Linke lassen uns
nicht austricksen, und darum geben wir Ihnen heute die
Gelegenheit zur namentlichen Abstimmung über unse-
ren zweiten Entschließungsantrag zur Bankenabgabe.
Da können Sie ja gern Farbe bekennen, liebe Kollegin-
nen und Kollegen.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, mein Fraktionsvorsitzen-
der Gregor Gysi hat am Mittwoch unsere Forderung zur
Regulierung der Finanzmärkte aufgestellt. Ich will sie
noch einmal kurz zusammenfassen: Verbot von Spekula-
tionsinstrumenten, Verbot von Hedgefonds, stärkere
Kontrolle von Zweckgesellschaften, eine europäische
Ratingagentur. Griechenland muss auf Waffenimporte
verzichten, und Deutschland muss darauf verzichten,
Griechenland zu zwingen, deutsche Waffen zu importie-
ren. Das ist nämlich die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir müssen in Griechenland und in ganz Europa Vermö-
gen mehr besteuern, und wir brauchen endlich die Ban-
kenabgabe.

Setzen Sie unsere Forderungen um! Wenn Sie das
nicht tun, dann werden Sie am Sonntag in NRW eine
deutliche Quittung erhalten. Dazu kann ich allen Men-
schen dort nur raten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704101300

Frau Kollegin Lötzsch, Sie haben vorhin in Ihren

Ausführungen mit Blick auf internationale Finanztrans-
aktionen zu einem Vergleich mit Terroristen gegriffen,
den ich für maßlos halte und deswegen rüge.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte das gerne mit dem allgemeinen Hinweis
verbinden, auch mit Blick auf die schon gehaltenen Re-
den und auf die Wortmeldungen, die noch erfolgen: Ein
Schuss Polemik würzt jede Debatte. Aber ich glaube, wir
täten uns alle gerade bei diesem Thema und der großen
Verunsicherung, die dazu in der deutschen Bevölkerung
besteht, einen großen Gefallen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Sehr richtig, Herr Präsident!)


wenn wir uns darauf konzentrierten, zu erläutern, worum
es eigentlich geht und warum sich bei der schwierigen
Abwägung von jeweils wichtigen Gesichtspunkten die
einen am Ende so und die anderen möglicherweise an-
ders entscheiden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nächste Rednerin ist die Kollegin Renate Künast für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704101400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt und

hier geht es um Europa.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Oh!)


– Ja. – Es geht um Europa und damit automatisch um he-
rausragende deutsche Interessen. Es geht bei der Ab-
stimmung am Ende auch um Griechenland.

Jetzt geht es darum, Europa gegen Abzockerei und
gegen Spekulationen zu verteidigen. Das ist die Frage,
die uns hier gestellt wird. Ich sage für meine Fraktion:
Wenn wir hier gleich mit Ja stimmen, ist es ein Bekennt-
nis zu Europa,


(Beifall des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/ CSU])


eine Abwehr nach außen. Es beinhaltet gleichzeitig das
Entsetzen und das klare Nein zur Politik der Regierung
Merkel/Westerwelle. Auch das ist enthalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich will noch kurz etwas zu Gesine Lötzsch sagen, die
ein bisschen etwas über die grüne Geschichte erzählt hat.
Ich sage Ihnen eines ganz klar: Wie können Sie, Frau
Lötzsch, sich an die Demo 1987 gegen den IWF erin-
nern, an der ich in Berlin teilgenommen habe.


(Zurufe von der LINKEN)

Da war ich in Berlin West, und Sie waren in Berlin Ost,
Mitglied der SED, ordentlich eingemauert. Wo haben
Sie gegen wen demonstriert?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich schicke noch eines voraus: Wir haben als grüne
Partei seit Jahren, von Beginn an, über die Europäische
Union immer sehr engagierte Debatten geführt, auch
diese Woche auf drei Fraktionssitzungen. Am Ende steht
für uns ein klarer grüner, europäischer Kurs. Um es mit
Ihren Worten zu sagen: Hoch die internationale Solidari-
tät!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das schaffen Sie nicht. Sie lassen die griechische Bevöl-
kerung allein. Sie lassen Papandreou als Chef einer so-
zialistischen Regierung allein. Dieser Spruch soll Ihnen
im Halse stecken bleiben. So viel dazu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt muss ich ein paar Worte zum Begründungszu-
sammenhang sagen, den die Regierungskoalition und
auch Frau Merkel gebracht haben. Frau Merkel, meine
Fraktion war vorgestern über Ihre Rede hier rechtschaf-
fen entgeistert:


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


technokratisch, blutleer und europäisch armselig. Sie
war nur national nach innen gerichtet und nicht offensiv
für Europa werbend. Es hat mir die Sprache verschlagen,
was selten geschieht,


(Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: Das ist wahr!)


als Sie sagten: Diese Regierung steht in Kontinuität zu
den Regierungen seit Konrad Adenauer. Konrad Adenauer
hätte hier gestanden wie ein Mann


(Heiterkeit bei der SPD)


und hätte klar gesagt, wo er hinwill. Das haben Sie, Frau
Merkel, an keiner Stelle getan.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


„Gegendert“ sage ich Ihnen: Man kann hier auch wie
eine Frau stehen und trotzdem Position beziehen, falls
der Lacher sich darauf bezogen hat.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wo, Frau Merkel, war die Bundeskanzlerin, als die
Pinkwarts und Brüderles dieser Welt, als die Bild-Zei-
tung ihre Einsätze im Luftraum über den Stammtischen





Renate Künast


(A) (C)



(D)(B)

geflogen sind? Warum haben Sie an dieser Stelle nicht
gesagt: „So nicht!“?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben sich das erste Mal geäußert, als der in Brasi-
lien irrlichternde Brüderle die Wahrheit aussprach und
die Summe von 130 Milliarden Euro nannte. Diese Zahl
mag nicht ganz stimmen, aber es ging um eine dreistel-
lige Summe. Da haben Sie erklären lassen: I’m not
amused. – Ich hätte mir gewünscht, dass Sie das zu
Pinkwart, Brüderle und der Bild-Zeitung wegen ihrer an-
tidemokratischen Äußerungen gesagt hätten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich würde mir wünschen, dass Sie das zu Herrn Barthle,
der gerade erklärt hat, nach Griechenland komme die
Türkei, sagen würden. Wissen Sie: Sie können die Tür-
kei nicht für uns zum Pipelineland machen und davon
profitieren und sie auf der anderen Seite mit Füßen tre-
ten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich angesichts der
Probleme, die vor uns stehen, einmal äußern, dass Sie
sagen: Was sind die deutschen Interessen? Was sind die
Prioritäten? Was ist deutsches Interesse? Das ist eben
auch die Rettung von Griechenland, weil es den Euro
und die EU vor Spekulationen rettet. Auch die Märkte
brauchen klare politische Aussagen von einer Bundes-
kanzlerin. Auch die Märkte brauchen Führung. Ich sage
an dieser Stelle: Die Partei von Ludwig Erhard kann es
heute offensichtlich nicht mehr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Thomas Oppermann [SPD]: Die gibt es gar nicht mehr!)


Ich will erklären, warum auch wir hierüber viel disku-
tiert haben. Wir haben uns überlegt: Was ist die Bedeu-
tung des Euro und der Europäischen Union? Wir profi-
tieren vom europäischen Binnenmarkt. Wir als Deutsche
und alle miteinander profitieren vom Euro. Wir sind fest
davon überzeugt, dass die Europäische Union quasi
Gestalt gewordenes elementares Interesse Deutschlands
ist. Warum? Weil wir all unsere Ziele nur erreichen kön-
nen, wenn wir sie gemeinsam mit der Europäischen
Union verfolgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Den Schutz des Klimas schafft nicht das kleine
Deutschland, sondern die 27 Staaten der EU mit fast
500 Millionen Menschen. Das ist eine ganz andere ge-
staltende Kraft. Für unsere Aufgabe, wertegeleitet für
eine soziale Gestaltung der Globalisierung einzutreten,
brauchen wir die EU, weil sie eine größere und stärkere
Kraft ist. Wir brauchen sie auch für die Zähmung der Fi-
nanzmärkte. Deshalb sagen wir heute Ja zu Europa. Wir
lassen es uns nicht kaputt zocken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Große Außenpolitiker sagen: Viele unserer ureigenen
Interessen und unserer außenpolitischen Ziele materiali-
sieren sich immer nur durch die Europäische Union. Wo,
Frau Merkel, haben Sie für diese elementaren Interessen
gekämpft? Wir haben Sie nicht kämpfen sehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zwei Dinge müssen wir Ihnen entgegenhalten: Ers-
tens. Ihre Zauderei hat die Kosten für das Hilfspaket in
die Höhe getrieben: für uns und für die Griechen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!)


Befragt dazu, hat das auch Strauss-Kahn, der IWF-Chef,
in internen und anderen Sitzungen gesagt. Das Risiko ist
jetzt höher geworden.

Zweitens. Frau Merkel, Sie haben in Ihrer Rede ge-
sagt: Wir brauchen wieder das Primat der Politik. Das
wollen wir wiederherstellen. – Da hat es bei mir geklin-
gelt, weil ich das im Zusammenhang mit dem Banken-
rettungspaket schon einmal gehört habe. Ich sage Ihnen
ganz klar: Wer das Primat der Politik durchsetzen will,
muss nicht nur ein Gesetz machen, sondern im Gesetz
muss auch das enthalten sein, was darauf steht, nämlich
das Primat der Politik gegenüber den Finanzmärkten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das heißt, eine Finanztransaktionsteuer einführen.
Ich sage in Richtung FDP und der anderen, die sagen, es
gebe auch andere Varianten: Alle Varianten, auch die des
IWF, zum Beispiel die Gewinne, die Gehälter oder die
Boni besteuern, greifen immer erst am Ende der Kette.
Wir wollen nicht alle Banken gleichermaßen belasten,
sondern wir wollen von Anfang an – das sieht auch der
IWF in seinem Vorschlag vor – die Zockereien, die Spe-
kulationen, die Hin- und Herverkäufe zielgenau besteu-
ern. Wenn man die Interessen dieser Zocker zurückwei-
sen will, dann muss man für die Einführung einer
Finanztransaktionsteuer kämpfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Man muss den Weg in Richtung einer EU-Wirtschaftsre-
gierung gehen, weil man den Euro nicht haben kann,
ohne gemeinsam die dafür notwendigen Strukturen zu
gestalten. Man muss eine unabhängige, das heißt öffent-
lich-rechtliche, Ratingagentur installieren. Nur mit die-
sen drei Mechanismen kann man es schaffen, die Fi-
nanzmärkte an die Leine zu legen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir stimmen heute für Europa.


(Zuruf von der LINKEN)


– Dass wir nicht weitergekommen sind, ist an der CDU/
CSU und der FDP gescheitert. – Luther hat gesagt:
Wenn morgen die Welt unterginge, würde ich noch ein





Renate Künast


(A) (C)



(D)(B)

Apfelbäumchen pflanzen. – Ich habe langsam den Ein-
druck, dass für die FDP und Teile der CDU/CSU gilt:
Wenn morgen die Welt unterginge, würden sie als Letz-
tes die Koalitionsvereinbarung mit der Seite „Steuersen-
kungen“ hochhalten und sagen: Könnte ich doch noch
eine Steuersenkung haben!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


An dieser Stelle merken wir: Sie können es nicht, weder
in Bezug auf das Große noch in Bezug auf die Kommu-
nalfinanzen, die die Basis der Menschen darstellen.

Ich sage Ihnen heute trotz alledem: Wir wollen den
„Angriffskrieg“, wie das Handelsblatt geschrieben hat,
der Finanzmärkte auf die EU abwehren, weil wir alle ge-
meinsam die EU brauchen; denn die EU hilft uns, zen-
trale Zukunftsprobleme zu lösen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das steht aber im Gesetz nicht drin!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704101500

Frau Kollegin.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704101600

Das heißt, wir stimmen heute über die Zukunft der

Europäischen Union ab. Über die Regierung Merkel/
Westerwelle wird an einem anderen Tag abgestimmt –
dieser Tag wird kommen.


(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Am Sonntag!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704101700

Zu einer Kurzintervention erhält die Kollegin Lötzsch

das Wort.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704101800

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr verehrte Frau

Kollegin Künast, es stimmt, dass Sie 1987 in Westberlin
waren und ich in Ostberlin. Aber ich darf Ihnen, falls Ih-
nen das noch nicht bekannt war, mitteilen: 1987 waren
bereits Radio und Fernsehen erfunden, und man hatte
auch in Ostberlin Empfang.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Aha, Westfernsehen! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/ CSU]: Umso schlimmer, dass Sie Kommunistin geblieben sind! – Weitere Zurufe)


– Das ist augenscheinlich neu für Sie.

Weiterhin stimmt, liebe Renate Künast, dass ich 1987
Mitglied der SED war; das habe ich nie verheimlicht.
Das verbindet mich übrigens mit der langjährigen Frak-
tionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus Sibyll
Klotz; auch sie war damals Mitglied der SED.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Nicht ablenken! – Thomas Oppermann [SPD]: Aber sie hat dazugelernt!)

Ebenso stimmt, dass Sie – das haben Sie eben in Ihrer
Rede noch einmal betont, Frau Künast – das, wogegen
Sie 1987 protestiert haben, heute unterstützen, nämlich
die Durchführung der Maßnahmen des IWF auf dem Rü-
cken der kleinen Leute: Lohnkürzung, Rentenkürzung,
Entlassungen, wie das jetzt in Griechenland geschieht.
Ich glaube, Sie haben die Aussagen in meiner Rede sehr
gut bestätigt. Vielen Dank dafür!


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704101900

Zur Erwiderung Frau Kollegin Künast.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704102000

Liebe Frau Lötzsch, was wäre, wenn wir diesen Kre-

dit nicht geben würden, wenn wir den IWF jetzt nicht
genutzt hätten, um die Verhandlungen mit Griechenland
zu führen? Darum geht es,


(Zuruf von der LINKEN: Nein!)


nicht nur um die Auseinandersetzung, ob der IWF gut
oder schlecht ist. Ich behalte mir auch vor, gegen ihn
wieder zu demonstrieren, weil das eine der Ausdrucks-
möglichkeiten ist. Warum eigentlich nicht?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Jetzt stimmt ihr zu, und dann demonstriert ihr dagegen!)


Aber ich meine es wirklich ganz ernst: Was wäre,
wenn man dem Wunsch der sozialistischen griechischen
Regierung, Griechenland mit Krediten und einer Bürg-
schaft zu helfen und den Griechen etwas Zeit zu geben,
nicht nachkäme? Das würde dazu führen, dass das grie-
chische System quasi implodiert. Es könnte dazu führen,
dass die Drachme wieder eingeführt wird. Was würde
das für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
Griechenland bedeuten? Für die kleinen Leute würde es
heißen, dass es noch sehr viel schlimmer kommt, als
jetzt in dem griechischen Memorandum dargestellt. Des-
halb sagen wir Ja.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es geht im Leben immer um Visionen und langfris-
tige Ziele. Aber nie sollte man so dumm sein, darüber zu
vergessen, wie man dahin kommt. Lassen wir Griechen-
land vorher fallen, oder geben wir dem Land die Mög-
lichkeit, dahin zu kommen? Wir und auch Europa wollen
ihm diese Möglichkeit geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704102100

Das Wort erhält nun der Bundesminister der Finan-

zen, Dr. Wolfgang Schäuble.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(D)(B)

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben
heute eine schwere Entscheidung zu treffen, in einer
Zeit, die viele Menschen mit großer Sorge erfüllt, in
Deutschland, in Griechenland, in Europa und weit da-
rüber hinaus. Ich finde, wir sollten in der Tat diesen Sor-
gen und dieser Verunsicherung in der Art, wie wir uns in
dieser Entscheidung auseinandersetzen und wie wir ent-
scheiden, Rechnung tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Bundestagspräsident hat zu Beginn der Sitzung
daran erinnert, dass morgen vor 65 Jahren, am 8. Mai
1945, der Zweite Weltkrieg – das finsterste Kapitel unse-
rer Geschichte – zu Ende ging. Das Grundgesetz hat in
seiner Präambel daraus die Konsequenz gezogen – daran
muss man in dieser Debatte erinnern –:

Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und
den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleich-
berechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem
Frieden der Welt zu dienen, …


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


So beginnt die Präambel des Grundgesetzes. Diesen Weg
sind wir über Jahrzehnte gegangen, in vielen Auseinan-
dersetzungen, mit vielen Irrungen und vielen Schwierig-
keiten, aber mit großen Erfolgen und Fortschritten. Die
Bundeskanzlerin hat vorgestern gesagt: Europa ist zu
seinem Glück vereint.

Meine Damen und Herren, die gemeinsame europäi-
sche Währung, der gemeinsame europäische Wirt-
schaftsraum, der gemeinsame Binnenmarkt waren rich-
tig, um auf diesem Weg voranzugehen. Sie sind richtig
wie die europäische Einigung, nicht nur in Zeiten der
deutschen Teilung und des Ost-West-Konflikts: Sie sind
– das hat selbst Frau Künast eben gesagt – im 21. Jahr-
hundert, im Zeitalter der Globalisierung, ohne vergleich-
bare Alternative die richtige Antwort auf die Herausfor-
derungen der Gegenwart und der Zukunft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deswegen müssen wir diese gemeinsame europäische
Währung als Ganzes verteidigen; darum geht es. Mit ihr
verteidigen wir zugleich das europäische Projekt. Das ist
die Entscheidung, die wir heute, in einer Zeit großer Ver-
unsicherung bei den Menschen, auch auf den Märkten
– übrigens nicht nur in Europa –, zu treffen haben.

Heute haben wir eine Verflechtung der internatio-
nalen Finanzmärkte in einem Maße, das man sich bei
der Gründung der europäischen Währungsunion noch
gar nicht vorstellen konnte. Das haben wir in der Finanz-
und Bankenkrise der letzten Jahre gesehen. Natürlich ist
man in einer solchen Situation auch ein Stück weit ge-
trieben worden. Warum sollte man das bestreiten, oder
warum sollte man sich das gegenseitig zum Vorwurf ma-
chen? Das bringt doch nichts. Es ist so: Es gibt diese
Verflechtung, die in atemberaubender Geschwindigkeit
Dinge verändert. Deswegen ist es so wichtig, dass wir
erklären, worum es geht, welche Handlungsmöglichkei-
ten wir haben und was wir tun.
Natürlich ist es wahr, dass der Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt für uns die Voraussetzung dafür war, dass wir
uns auf eine gemeinsame europäische Währung einlas-
sen konnten; denn für die Deutschen mit ihren ganz eige-
nen Erfahrungen im 20. Jahrhundert ist die Stabilität
der Währung nicht irgendetwas, sondern etwas Wichti-
ges. Es war ein Versprechen, das wir alle gegeben und
das wir übrigens eingehalten haben: Die europäische
Währung ist, seit es sie gibt, stabil geblieben, im äußeren
wie im inneren Wert. Dieses Versprechen muss weiter
eingehalten werden. Auch darum geht es heute.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mit dem bisherigen Instrumentarium ist es nicht ge-
lungen, etwas zu verhindern, was man sich bei der
Schaffung der gemeinsamen europäischen Währung und
des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht vorstellen
konnte. Auch das ist wahr. Deswegen müssen daraus die
Konsequenzen gezogen werden. Das hat die Bundes-
regierung gefordert, und das wird die Bundeskanzlerin
heute wieder bei dem Treffen der Staats- und Regie-
rungschefs der Euro-Zone vertreten.

Wir alle bringen in unterschiedlichen Formulierungen
– aber im Kern sind wir ja alle in diesem Haus weitge-
hend einig – auch in den verschiedenen Entschließungs-
anträgen zum Ausdruck, dass wir natürlich aus dieser
Krise Lehren und Konsequenzen ziehen müssen, dass
wir ein geordnetes Verfahren schaffen müssen, das wir
jetzt nicht haben und das wir in der Bankenkrise nicht
hatten; deswegen mussten wir damals so handeln, wie
wir gehandelt haben. Das haben wir aber mit den Be-
schlüssen des Bundeskabinetts vor der Osterpause auf
den Weg gebracht. Wir werden den Gesetzentwurf für
ein solches Verfahren, was die Banken anbetrifft, vor der
Sommerpause vorlegen.

Ein vergleichbares Verfahren brauchen wir auch für
die Mitgliedstaaten der Währungsunion; denn die
Wahrheit ist: Mit einer solchen Situation in einem Land,
das Mitglied einer gemeinsamen Währungsunion ist,
gibt es keine Erfahrungen in der Welt. Auch der IWF hat
sie nicht. Deswegen müssen wir diese Krise mit den jet-
zigen unvollkommenen Instrumentarien und Verträgen
bewältigen. Wir haben keine andere, bessere, verant-
wortbarere Alternative.

Alle sagen uns – der Bundesbankpräsident mit be-
schwörenden Worten, der Präsident der Europäischen
Zentralbank, der geschäftsführende Direktor des IWF
und viele andere –: Es wäre verheerend, zu riskieren, in
Kauf zu nehmen, dass ein Mitgliedsland der europäi-
schen Währungsunion, Griechenland, jetzt in die Zah-
lungsunfähigkeit geraten würde. Alles, was mit
Umstrukturierung oder Ähnlichem zu tun hat, ist in den
Folgewirkungen für die Stabilität des Euro als Ganzes
nicht zu verantworten, und deswegen muss es vermieden
werden, in unserem eigenen Interesse.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Joachim Poß [SPD])


Darum geht es, das steht auf der Tagesordnung, und des-
wegen muss es in unserem eigenen Interesse vermieden
werden. Daher müssen wir diese Entscheidung treffen
und haben keine bessere Alternative. Jede andere Alter-





Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble


(A) (C)



(D)(B)

native würde viel teurer für den deutschen Staat, würde
viel gefährlicher, würde viel größere Risiken bergen.
Das muss man wissen, das muss man sagen, und nur
deswegen können wir diese Entscheidung, so wie wir sie
treffen, auch miteinander und gemeinsam verantworten.

Wenn wir dies tun, so will ich daran erinnern – das
spielt ja nun auch eine Rolle –, dass wir die Konsequen-
zen daraus ziehen müssen. Daran müssen wir arbeiten.
Sie können wir nur gemeinsam ziehen, so wie wir ge-
meinsam aus der Finanz- und Bankenkrise die Konse-
quenzen ziehen müssen.

Wir sind uns auch alle einig, und ich bin nicht derje-
nige, der es am leisesten sagt: Ich bin völlig ungeduldig
bei der Art, wie die internationale Gemeinschaft aus der
Finanz- und Bankenkrise ihre Konsequenzen zieht oder
nicht zieht.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Führungsrolle!)


Da ist manches schneller auf den Weg gekommen, als
man sich zuvor hätte vorstellen können, aber es geht
noch immer zu langsam; manchmal hat man das Gefühl,
dass das Momentum schon ein wenig verloren geht.

Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Wahr-
heit zuliebe müssen wir doch unseren Mitbürgerinnen
und Mitbürgern auch sagen: In dieser so eng verflochte-
nen Welt der Globalisierung können wir viele dieser
Fragen nicht mehr national lösen. Deswegen brauchen
wir die europäische Einigung, deswegen brauchen wir
globale Lösungen, und deswegen ist der G-20-Prozess
so wichtig. Deswegen brauchen wir auch den Internatio-
nalen Währungsfonds. Wenn und weil dies so ist, hilft es
auch nichts, dann müssen wir uns dafür einsetzen, zu Lö-
sungen zu kommen, die international vereinbar sind.
Dann hat es keinen Sinn, im Deutschen Bundestag zu sa-
gen: Egal was die anderen in der Welt sagen, wir be-
schließen jetzt irgendetwas, und dann sehen wir bei den
nächsten Landtagswahlen gut aus, und der Rest kümmert
uns nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, wenn ich mir den gestri-
gen Versuch, mehr Gemeinsamkeit in diesem Haus auch
bei der Beschlussfassung über dieses Gesetz, mit dem
das Bundesfinanzministerium ermächtigt wird, der Kre-
ditanstalt für Wiederaufbau eine Garantie für den zu
übernehmenden Kredit abzugeben, den Versuch, eine
größere Gemeinsamkeit herzustellen, vor Augen führe,
so habe ich nicht mehr verstanden, woran es eigentlich
gescheitert ist.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: An der FDP!)


– Na ja, Frau Hendricks.

Ich wollte auf Folgendes aufmerksam machen: Im
vergangenen Jahr, noch in der letzten Legislaturperiode,
gingen die Meinungen innerhalb der Koalition – das ist
auch in Ordnung – auseinander; aber sowohl die Bun-
deskanzlerin als auch der Bundesfinanzminister – der
damalige; das war nicht ich – haben gesagt: Wenn eine
Finanztransaktionsteuer global vereinbar ist, dann ist
das eine Möglichkeit, um die Probleme zu lösen.
Beim G-7-Finanzministertreffen Anfang Februar in
Kanada haben wir diese Frage wieder erörtert. Es gibt
ja eine Aufforderung des Rats der Regierungschefs der
G-20-Runde von Pittsburgh, auch an den IWF, bis zum
G-20-Gipfel im Juni in Kanada Empfehlungen zu ma-
chen und zu sagen: Ist das global vereinbar oder nicht?
Beim G-7-Finanzministertreffen habe ich meine Kolle-
gen gefragt: Gibt es eine Chance, zu einer solchen Ver-
einbarung zu kommen? Die Antwort war: realistischer-
weise Nein.

Daraus haben wir in Europa – Frankreich, Großbri-
tannien, andere – die Konsequenz gezogen: Dann ma-
chen wir die Bankenabgabe, damit wir nicht noch drei
Jahre diskutieren, ob wir es global vereinbaren können
– machen wir dieses oder jenes? –, und es geschieht
nichts im Ergebnis.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch dieser Weg ist umstritten; aber wir gehen ihn kon-
sequent, und wir gehen ihn in Europa gemeinsam.

Jetzt haben wir den Bericht des IWF bekommen, den
die Staats- und Regierungschefs angefordert haben. In
diesem Bericht steht erstens: Es gibt keine Chance – Herr
Gabriel, da können Sie reden, so viel Sie wollen –, eine
solche Steuer global zu vereinbaren. Zweitens sagt der
IWF: Das wäre auch nicht zielführend. Frau Künast, Sie
haben gerade gesagt: Es muss zielgenau sein, was wir
machen. – Der IWF sagt: Eine Finanztransaktionsteuer
ist nicht zielführend.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er will sie nicht, aber sie ist zielführend!)


– Man kann ja vieles bestreiten. Aber dass der IWF in
seinem Bericht schreibt, eine Finanztransaktionsteuer
wäre nicht zielführend, das kann man für falsch halten;
aber Sie können nicht bestreiten, dass er das sagt.

Wenn Sie nun argumentieren: „Wir wollen globale
Lösungen“, dann müssen wir uns auch ein Stück weit
dafür einsetzen, dass wir globale Lösungen zustande
bringen. Wir können aber nicht gegen die Empfehlungen
der internationalen Institutionen sagen: Wir bekommen
eine globale Lösung hin. – Das macht keinen Sinn.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir dürfen daran die Verteidigung der Stabilität des
Euro als Ganzes, auch die Solidarität mit Griechenland
in dieser schwierigen Zeit nicht scheitern lassen. Das ist
der Punkt, und das müssen Sie sich sagen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch mit einer Enthaltung tun Sie sich keinen rechten
Gefallen. Es gibt Dinge, da muss man – –


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sich entscheiden! Da haben Sie völlig recht!)


Sie haben Luther zitiert. Ich füge hinzu:

Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber
ist, das ist vom Übel.





Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal in al-
lem Ernst und mit allem Nachdruck: Die Nervosität
– auch über Europa hinaus – ist ungewöhnlich groß. Die
Verunsicherung bei unseren Mitbürgerinnen und Mitbür-
gern ist groß. Wenn wir nicht erklären, warum wir diese
Entscheidung, die keinem von uns leichtfällt, treffen
müssen, nämlich im Interesse unserer Chancen und für
eine Zukunft in Frieden, sozialer Sicherheit und stabilen,
nachhaltigen Verhältnissen, wenn wir das nicht erklären,
dann haben die Bürgerinnen und Bürger keine Chance,
zu verstehen, was eigentlich vor sich geht, und sie kön-
nen auch nicht folgen.

Kurzfristige, kleinmütige Rücksichtnahmen auf die-
ses oder jenes – wirkt sich das alles am Sonntag bei der
Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen aus oder nicht? –
helfen uns in dieser Frage nicht weiter. Hier steht die
Entscheidung an: Sind wir bereit, die Stabilität der euro-
päischen Einigung und des Euro, unserer gemeinsamen
Währung, zu verteidigen, ja oder nein?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir wissen, es gibt dazu keine bessere Alterna-
tive, dann werbe ich bei den Sozialdemokraten dafür:
Lassen Sie uns streiten über die Finanztransaktionsteuer.
Wenn Sie meinen, Sie können das global durchsetzen,
nun ja.


(Joachim Poß [SPD]: Europäisch!)


Aber lassen Sie es bei der gemeinsamen Verantwortung
für die Verteidigung unserer europäischen Währung und
bei der Überzeugung für die Übernahme von Verantwor-
tung gegenüber verunsicherten Bürgern in Deutschland,
in Griechenland und in Europa nicht scheitern.

Herzlichen Dank.


(Langanhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Abschiedsrede!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704102200

Das Wort hat der SPD-Vorsitzende, Sigmar Gabriel.


(Beifall bei der SPD)



Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1704102300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

ehrter Herr Kollege Schäuble, ich gehöre nicht zu denen,
die nicht erkennen, wenn jemand, der einer anderen poli-
tischen Partei angehört, eine engagierte und, wie ich
finde, kluge und gute Rede hält. Ich habe kein Problem,
das zuzugestehen. Ich habe nur eine Frage an Sie: Wa-
rum sagen Sie dann vorher, zu Beginn der Griechenland-
Krise, in der Börsen-Zeitung – ich zitiere –:

Es wäre falsch verstandene Solidarität, wenn wir
den Griechen … unter die Arme greifen würden.

Herr Kollege Schäuble, Vorsicht mit Luther-Zitaten.
Bei Ihnen hat Ja und Nein zu dieser Frage in den letzten
Wochen mehrfach gewechselt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Wann war das denn? – Zurufe von der CDU/CSU: Datum!)


Ich hätte mir, Herr Kollege Schäuble, diese Rede und
diese Begründung zu Beginn der Debatte über die Grie-
chenland-Krise gewünscht; dann wäre manches anders
gelaufen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, die Sozialdemokratische
Partei und die SPD-Bundestagsfraktion sind sich natür-
lich darüber im Klaren, dass die Entscheidungen, die wir
heute treffen, von großer Bedeutung für die Zukunft der
gemeinsamen Währung und der Europäischen Union
sind.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Deswegen enthalten Sie sich? Das ist ja lächerlich!)


Das ist auch der Grund dafür, dass wir die Hilfsmaßnah-
men für Griechenland nicht ablehnen und nicht gegen
Ihren Gesetzentwurf stimmen.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Ein kräftiges Jein!)


Allerdings, Ihren Weg einer reinen Kreditermächtigung
können und werden wir nicht mitgehen, weil damit
nichts anderes eingeleitet wird als die Überwälzung der
finanziellen Risiken auf diejenigen, die am wenigsten
für die aktuelle Krise können: auf die deutschen und
europäischen Steuerzahler, auf mittelständische Unter-
nehmer ebenso wie auf Arbeitnehmer, Familien, Rent-
ner, Schüler und Studenten. Sie alle sollen in Haft ge-
nommen werden für unverantwortliches Handeln auch
und gerade an den Finanzmärkten.


(Beifall bei der SPD – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sie haben die Griechen in den Euro geholt! Sie waren das!)


Es sind ja bei weitem nicht nur die gefälschten Zah-
len, die Korruption und die Steuerhinterziehung in Grie-
chenland, die diese Krise hervorgerufen haben, sondern
Banken haben riskante Kredite vergeben, obwohl sie
wussten, dass Griechenland nicht mehr zahlungsfähig
ist. Spekulanten und Zocker haben anschließend auf die
Pleite ganzer Staaten gewettet, immer wieder mit den
gleichen gemeingefährlichen Finanzaktionen, die 2008
die ganze Welt an den Rand des Abgrunds geführt ha-
ben.

Deutschland, meine Damen und Herren, hat jetzt in
der Tat eine Schlüsselstellung. Ohne uns ist diese Wäh-
rungskrise nicht zu bewältigen. Aber wir müssen diese
Schlüsselstellung auch endlich dazu nutzen, denen das
Handwerk zu legen, die sich Europa zur Beute machen
wollen. Darum geht es heute.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Sigmar Gabriel


(A) (C)



(D)(B)

Frau Bundeskanzlerin, Sie und Ihre Regierung haben
seit dem Regierungswechsel keinen Handschlag dafür
getan: keine kraftvolle deutsche Initiative zur Regulie-
rung der Finanzmärkte, kein deutsch-französischer Vor-
schlag zum Verbot gemeingefährlicher Finanzprodukte,
keine EU-Ratsbeschlüsse, um die neuerlichen Milliar-
dengewinne aus Finanzspekulationen wirklich abzu-
schöpfen und die gewaltige Schuldenlast damit abzu-
bauen. – Getan haben Sie mehr als sechs Monate nach
dem Regierungswechsel nichts, aber jetzt, kurz vor den
Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, entfalten Sie
scheinbar eine hektische Aktivität – zumindest auf dem
Papier.


(Beifall bei der SPD)


Auf einmal wollen Sie die Finanzmärkte regulieren.
Auf einmal, Frau Bundeskanzlerin, wollen Sie die Spe-
kulation über Leerverkäufe verbieten. Frau Bundeskanz-
lerin, sagen Sie einmal: Warum haben Sie diese Leerver-
käufe nach der Bundestagswahl eigentlich wieder
erlaubt? Die waren doch schon von Peer Steinbrück ver-
boten worden. Warum eigentlich?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Was war denn mit dem Finanzminister? – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP ist ein einziger Leerverkauf!)


Wenn es wirklich zum Schwur kommt, wenn es da-
rum geht, wer die Zeche der Finanzjongleure bezahlen
soll, dann kneifen Sie. Wie heißt es noch im Beschluss
des CDU-Bundesvorstands vom 15. Januar 2010, also
deutlich nach dem Regierungswechsel, als Sie wussten,
mit wem Sie sich eingelassen haben? Ich zitiere:

Wir

– also die CDU –

setzen uns für eine internationale Finanztransak-
tionssteuer ein. Eine solche … Steuer kann überbor-
dende Spekulationen dämpfen und einen Beitrag
leisten, die finanziellen Lasten der Krisenbewälti-
gung in fairer Weise zu tragen.

Recht hatten Sie. Nichts anders wollen wir.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


Herr Kollege Schäuble, auch wenn Sie es noch ein
paar Mal behaupten: Der IWF hat nicht erklärt, dass das
alles nicht geht,


(Andrea Nahles [SPD]: Ja!)


sondern er hat erklärt, dass eine Reihe von Bedingungen,
die die G 20 an die Finanztransaktionsteuer stellt,
nicht zu erfüllen ist. Er hat aber gleichzeitig gesagt, dass
diese Finanztransaktionsteuer sehr einfach und unbüro-
kratisch einzuführen wäre. Nehmen Sie nichts für sich
als Begründung in Anspruch, was sich aus den Beschlüs-
sen des IWF und der Vorschläge nicht ergibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nicht zielgenau einzusetzen, Herr Kollege! Viel zu breite Streuung!)


Meine Damen und Herren, wir waren trotzdem bereit,
Sie ernst zu nehmen; denn nachdem Sie Ihre alte Forde-
rung nach der Finanzmarktsteuer aufgegeben hatten,
wollten Sie jetzt ja angeblich die vom IWF vorgeschla-
gene Sonderabgabe auf Bankengewinne und Manager-
gehälter. Einmal abgesehen davon, dass ich erhebliche
Zweifel habe, ob Herr Ackermann und seine Berufskol-
legen ihre Milliardenquartalsgewinne durch Sondersteu-
ern verringern werden: Die Wahrheit ist doch, dass sie
sich das durch die Erhöhung der Zinsen für ihre Kunden
und für die Mittelständler schnell zurückholen werden.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das, was Sie hier machen, ist ganz billig!)


– Nein, bei der Transaktionsteuer geht es darum, dass
Sie die Spekulation selbst besteuern. Da trifft es im
Zweifel übrigens auch die Richtigen, wenn es teurer
wird. Das ist der Unterschied zwischen den beiden Steu-
ern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Fricke – weil Sie selbst darauf verwiesen haben –
und Frau Bundeskanzlerin, wie sollen wir Ihnen eigent-
lich glauben, wenn Sie diesen IWF-Vorschlag gar nicht
ernsthaft erwähnen? Sie behaupten in den Reden zwar,
Sie seien jetzt für diese Sonderabgabe, aber, Herr Fricke,
nicht einmal diese weichgespülte Bankenbeteiligung ha-
ben Sie in Ihren Entschließungstext aufgenommen.

Die von Ihnen angeblich so favorisierte Financial
Activities Tax, also die Sondersteuer auf Bankenge-
winne, findet sich in Ihrem heute vorgelegten Entschlie-
ßungsantrag nämlich nicht. Es muss doch die Frage er-
laubt sein, warum Sie die eigentlich nicht ausdrücklich
erwähnen. Die Antwort ist doch klar: Ihnen geht es um
Symbolpolitik. Sie wollen nicht wirklich eine Kostenbe-
teiligung derjenigen, die die Krise ausgelöst haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Bundeskanzlerin, ich weiß, dass viele in der
CDU/CSU unserem Vorschlag gerne folgen würden,
aber Sie setzen sich in Ihrer Koalition mit den Finanz-
marktjunkies Ihres Koalitionspartners FDP nicht mehr
durch. Das ist die eigentliche Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704102400

Herr Kollege Gabriel, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Fricke, den Sie gerade angesprochen
haben?






(A) (C)



(D)(B)


Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1704102500

Nein, jetzt nicht. Wenn am Ende meiner Rede noch

Zeit ist, dann gerne.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704102600

Das wird nicht von Ihrer Redezeit abgezogen.


Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1704102700

Dann gerne.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das sollte man wissen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704102800

Ich habe jetzt die Uhr gestoppt, dann sehen Sie es. –

Bitte.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1704102900

Jeder muss selber wissen, wie groß sein Karo ist, das

er trägt.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieser Schnösel! – Ulla Burchardt [SPD]: Der Mann hat schlechte Manieren! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pepita-Fricke!)


Herr Gabriel, wenn ich das richtig sehe, haben Sie uns
jetzt breit erklärt, wie die Vorschläge des IWF lauten und
dass Sie diese so langsam kapiert haben. Der Minister
hat klar und deutlich erklärt, dass es ein Unterschied ist,
ob ich einfach nur abkassieren will oder ob ich mit einer
Steuer lenken will. Ich möchte Ihnen einen Satz aus un-
serem Entschließungsantrag vorlesen:

Deutschland wird sich in Europa und in der G 20
Gruppe für die Umsetzung der jetzt vom Internatio-
nalen Währungsfonds vorgelegten Vorschläge hin-
sichtlich eines abgestimmten Vorgehens zur Beteili-
gung des Finanzsektors an den Kosten der Krise
einsetzen.

Wie können Sie vor diesem Hintergrund wahrheits-
widrig behaupten, dass wir diesen Vorschlag nicht in un-
serem Antrag hätten? So etwas macht man nicht, Herr
Gabriel.


(Beifall bei der FDP)



Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1704103000

Vielen Dank dafür, dass Sie wieder nur auf eine Liste

von Vorschlägen verweisen und sich nicht trauen, die
von Ihnen vorgeschlagene Sonderabgabe zu erwähnen.
Schreiben Sie es doch in Ihren Text rein! Dann wird es
etwas glaubwürdiger.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, worum es
bei Ihrer Liste geht. Es geht darum, kurz vor der Wahl
das alte Motto gelten zu lassen, Herr Fricke: Am Abend
werden die Faulen fleißig. – Um mehr geht es nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Ist das Ihre Erfahrung?)


Frau Bundeskanzlerin, Sie haben am Mittwoch in Ih-
rer Regierungserklärung zu den Maßnahmen zum Erhalt
der Währungsunion viele große Worte bemüht. Nicht ge-
liefert haben Sie eine Erklärung dafür, warum Sie und
Ihre Regierung in den vergangenen Wochen und Mona-
ten die Krise unserer gemeinsamen Währung so misera-
bel gemanagt haben. Sie berufen sich ja gerne, wenn es
eng wird, auf Ihre Vorgänger Helmut Kohl und Helmut
Schmidt. Aber seien Sie gewiss: Die beiden hatten deut-
lich mehr Mut. Die hätten den Deutschen vor dem Wahl-
tag die Wahrheit gesagt, schlicht und ergreifend.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


– Sie sagen den Deutschen doch deshalb jetzt die Wahr-
heit, weil die Spekulanten schneller waren als Sie und
weil Sie nicht mehr bis nach dem 9. Mai warten konnten.
Sie sind zur Wahrheit gezwungen worden, Sie wollten
sie doch nicht selber herbeiführen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Wahrheit ist einfach: Wir als Deutsche haben das
größte Interesse an einem stabilen Euro. Bei uns ver-
schwinden Hunderttausende von Arbeitsplätzen, wenn
der Euro instabil wird, da zwei Drittel unserer Exporte in
den Euro-Raum gehen.


(Paul K. Friedhoff [FDP]: Deshalb enthalten Sie sich!)


Europa steht in der Tat am Scheideweg, aber nicht
weil wir eine Finanzkrise zu bewältigen haben, nicht
weil es so schwer wäre, diese Krise zu bewältigen oder
zu begründen, warum wir helfen müssen. Nein, bei der
heutigen Debatte und Abstimmung über die Maßnahmen
zur Stabilisierung der Euro-Zone geht es längst nicht
mehr nur um Griechenland. In Wirklichkeit geht es da-
rum, welchen Weg Europa im nächsten Jahrzehnt ein-
schlägt. Wollen wir Europa weiter zu einem Reparatur-
betrieb für die Krisen entfesselter Märkte degradieren?
Soll Europa nicht mehr sein als ein Markt, auf dem die
Gewinne einiger privatisiert und die gigantischen Ver-
luste vieler sozialisiert werden? Herr Kollege Schäuble,
ich fand das Zitat des Grundgesetzes richtig und gut.
Aber in Wahrheit geht es doch darum, ob wir das Grund-
gesetz nur noch zitieren oder ob wir es endlich wieder
real in der Politik einlösen. Darum geht es bei der heuti-
gen Debatte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir alle wissen doch, wie gering das Vertrauen vie-
ler Menschen in die Politik, gerade in die Europapolitik
ist. Die Antwort, warum das so ist, ist so eindeutig wie
erschreckend: Unsere Bürgerinnen und Bürger haben
nicht mehr den Eindruck, dass unser Handeln ihre Le-
bensumstände hinreichend berücksichtigt. Sie können





Sigmar Gabriel


(A) (C)



(D)(B)

unsere Entscheidungen nicht mehr nachvollziehen, und
sie haben den Eindruck, dass wir sie gegen die ungebän-
digten und unregulierten Marktkräfte nicht mehr hin-
reichend schützen. Die Bürgerinnen und Bürger in
Deutschland und in vielen europäischen Ländern fühlen
sich zunehmend eher als Opfer denn als Gewinner der
Europäischen Union. Deshalb hatte Frank-Walter
Steinmeier am Mittwoch völlig recht, als er sagte: Es
geht im Kern um das Vertrauen der Menschen in die Ge-
staltungskraft von Politik gegen die Einzelinteressen der
Marktakteure.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen, dass Europa mehr ist als ein Wirtschafts-
raum mit einer gemeinsamen Währung. Wir wollen, dass
der Gründungsidee eines friedlichen Europas mit fort-
schreitendem Wohlstand eine dritte Idee zugefügt wird:
ein soziales und demokratisches Europa, das seinen
Namen wirklich verdient.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Doch das werden wir nur verwirklichen, wenn die Ent-
scheidungen über das Zusammenleben und Fortkommen
der Menschen in Europa in den Demokratien, Parlamen-
ten und den gewählten Regierungen gefällt werden und
nicht in anonymen Märkten oder in den Vorstandsetagen
einiger Banken oder Investmentaktivisten.


(Beifall bei der SPD)


Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die
Rückeroberung der demokratischen Kontrolle über die
Bedingungen unseres Zusammenlebens und um die
Orientierung der Märkte am Gemeinwohl, statt um die
Unterwerfung des Gemeinwohls unter die Märkte.


(Beifall bei der SPD)


Frau Bundeskanzlerin, zu dieser Herausforderung ha-
ben Sie in Ihrer Regierungserklärung kein einziges Wort
gesagt. Das ist das politische Versagen, das wir Ihnen
vorwerfen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Stattdessen haben Sie ein Schauspiel abgeliefert. Ich zi-
tiere: „Nie wieder Zahlmeister Europas! An unserer
Kanzlerin beißt sich Europa die Zähne aus.“ – so die
Bild-Zeitung am 25. März 2010. Die „eiserne Kanzlerin“
gegen Europa. Das war Ihre mediale Versuchsanordnung
für den Boulevard,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


die Sie billigend in Kauf genommen haben. Die Folgen
der Inszenierung waren sofort spürbar. Heute wissen wir,
dass wir 1 Milliarde Euro mehr bezahlen müssen, weil
Ihr Taktieren die Spekulanten erst richtig eingeladen
hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt müssen Sie den Scherbenhaufen, den Sie angerich-
tet haben, zusammenkehren. Keiner hat das so treffend
formuliert wie die Financial Times Deutschland am
5. Mai:

Merkels Strategie ist deswegen fehlgeschlagen,
weil man in … Europa … dem Europäischen Rat
und den Lesern der Bild über lange Zeit entgegen-
gesetzte Information zukommen lässt.

Genau das haben Sie versucht, und Sie sind katastrophal
gescheitert. Nun werden Sie die Geister, die Sie gerufen
haben, nicht mehr los.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Schauen Sie sich an, was in der Boulevardpresse seit
Wochen an Ressentiments geschürt wird. Als ob Ver-
schwendungssucht und Korruption zum griechischen
Volkscharakter gehören würden. Auch ich bin dafür,
dass korrupte Regierungen und Beamte sowie Steuerhin-
terzieher und Cliquenwirtschaft bekämpft werden, aber
ich schäme mich inzwischen für das Bild, das seit Wo-
chen über die Menschen in Griechenland gezeichnet
wird.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es sind nicht die normalen Arbeitnehmer, Rentner, Ju-
gendlichen und Familien in Griechenland, die diese
Krise zu verantworten haben. Hören Sie deshalb mit
Sprüchen wie „schwimmt in die falsche Richtung“ auf,
wie sie ihr erster Redner gemacht hat. Kämpfen Sie end-
lich gegen solche Ressentiments. Sie machen unsere Ar-
beit immer schwieriger, und die falschen Rattenfänger
profitieren davon!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich erspare Ihnen ein paar der wirren Zitate, die Sie in
den letzten Wochen geliefert haben. Übrigens hat auch
der Vizekanzler am 26. April erklärt:

Die Bundesregierung hat noch nicht entschieden.
Und das heißt, dass eine Entscheidung auch in ver-
schiedene Richtungen ausfallen kann.

Herr Westerwelle, eine deutlichere Einladung an die
Spekulanten hat in der Bundesregierung keiner ausge-
sprochen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir sind von einer Laienschauspieltruppe durch die
Krise geführt, oder besser gesagt: in die Krise hineinge-
führt worden. Frau Kanzlerin, ich habe kein Mitleid,
dass Sie mit diesen Kollegen gemeinsam unser Land re-
gieren müssen.


(Heiterkeit bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Das sind Phantomschmerzen!)


Es ist der von Ihnen ersehnte Wunschpartner. Herr
Fricke, seien Sie versichert: Ich beschäftige mich nicht
mit der Frage, wer vor oder nach Herrn Westerwelle re-





Sigmar Gabriel


(A) (C)



(D)(B)

det. Lieber vor ihm reden, als unter ihm arbeiten. Das ist
alles, was ich dazu sagen kann.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Kommentare der deutschen Leitmedien und
Wirtschaftszeitungen sind so eindeutig wie nie zuvor.
Ihre Regierung sei aus dem falschen Jahrhundert. Bun-
deskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister
Schäuble erscheinen als Getriebene der Finanzmärkte.
Das Handelsblatt meint: Angela Merkel hat so intensiv
auf den Kalender geschielt, dass sie nicht gesehen hat,
wie schnell sich die Spekulationswelle erst gegen Grie-
chenland und nun gegen Portugal aufbaut.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Frau Bundeskanzlerin, ich könnte den Rest meiner
Redezeit mit solchen Zitaten aus der Presse verbringen.
Ich erspare mir das. Was ich Ihnen nicht ersparen kann,
ist der Vorwurf, dass Sie auch das Vertrauen in die
Glaubwürdigkeit deutscher Europapolitik nachhaltig
zerstört haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das wiegt schwerer als Ihr orientierungsloses Tu-nix-
Kabinett, mit dem Sie versuchen, sich durch die
schlimmste Krise hindurchzuwursteln. Hören Sie bitte
auf, anderen in Europa ständig weismachen zu wollen,
dass Sie wüssten, wie man anständige Haushalte organi-
siert! Frau Merkel, angesichts der Berichterstattung da-
rüber, dass wir 40 Milliarden Euro weniger Steuern ein-
nehmen werden, frage ich Sie: Wie rechtfertigen Sie
eigentlich Ihre schamlose Diskussion über weitere Steu-
ersenkungen für Leute, die es nicht nötig haben? Wie
soll das eigentlich funktionieren?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Herrn Eichel mal fragen!)


Ich vermute: Auch dazu werden wir nach dem 9. Mai
Genaueres erfahren. Wir wundern uns nicht darüber,
dass Sie heute eine kleine Kopfpauschale fordern, mor-
gen vermutlich höhere Müllgebühren und übermorgen
steigende Sozialabgaben. Sie planen nichts anderes als
eine Nettolüge. Die einen bekommen etwas, während die
anderen, die schon wenig haben, höhere Steuern und Ab-
gaben zahlen sollen. Das ist das, was Sie in Deutschland
vorbereiten. Dem wollen wir am kommenden Sonntag in
Nordrhein-Westfalen endlich ein Ende bereiten; darum
geht es.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Es geht nicht um Europa, es geht um NRW!)


– Tut es weh?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Arrogant!)


Ab und zu muss man Ihnen den Spiegel vorhalten.


(Lachen bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Schauen Sie selber hinein!)


Statt etwas zu tun, feiern Sie Erfolge, die nichts ande-
res als Selbstverständlichkeiten sind, zum Beispiel die
Zusage der Banken – hören Sie genau zu! –, Kreditlinien
offenzuhalten. Herr Schäuble sagt, das sei ein wunderba-
rer Vorschlag. Die deutschen Steuerzahler bürgen mit
über 22 Milliarden Euro, und die Banken kommen ange-
sichts dieser Staatsbürgschaft auf die glorreiche Idee,
wenigstens Kreditlinien offenzuhalten. Ich sage Ihnen:
Die Menschen erwarten zu Recht, dass die Kosten der
jetzigen Krise nicht wie im Herbst 2008 schon wieder
alleine von ihnen getragen werden müssen; darum geht
es in Wahrheit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: 2008 habt ihr doch noch regiert!)


Wir stimmen nicht gegen die Hilfe für Griechenland.
Aber wir werden Ihnen keinen Blankoscheck ausstellen.
Sie kennen unsere Vorstellungen und Forderungen, weil
wir sie Ihnen in den letzten Tagen in Gesprächen immer
wieder dargelegt haben. Wir brauchen eine Finanztrans-
aktionsteuer. Wir müssen die Finanzmärkte endlich
wirksam regulieren. Wir brauchen aber auch eine Regu-
lierung der Hedgefonds in Europa.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Die Sie eingeführt haben!)


Ich habe gelesen, was Sie vorschlagen. Der EU-Gesetz-
entwurf, den Sie, Herr Friedrich, und andere unterstüt-
zen, sieht lediglich die Regulierung der Managerboni,
aber nicht die der Fonds vor. Das ist doch völlig unzurei-
chend. Sie müssen die Fonds selber endlich in den Griff
bekommen und dürfen nicht nur versuchen, ein paar
Boni anzutasten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wer hat das denn verhindert?)


Sie wollen aus Europa eine GmbH machen, eine Gesell-
schaft mit beschränkter Haftung für Zocker und Speku-
lanten. Dem werden wir nicht zustimmen; darum geht
es.


(Beifall bei der SPD)


Wer Europa verteidigen und eine Zukunft geben will,
muss den Vorrang der Demokratie vor den Märkten end-
lich wieder schaffen. Wir Sozialdemokraten haben keine
Angst vor dem Boulevard und dem unverantwortlichen
Populismus.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Damit haben wir zu viel Erfahrung. Dazu können wir Ih-
nen gerne noch etwas erzählen. Für Sie gilt das Leit-





Sigmar Gabriel


(A) (C)



(D)(B)

motto des Chefredakteurs der Bild-Zeitung: Wen die im
Aufstieg begleiten, den begleiten die auch im Abstieg.
Das erleben Sie gerade bei der Debatte über die Grie-
chenlandhilfe.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, für uns ist Europa mehr als
ein Markt, und für uns sind die Bürgerinnen und Bürger
Europas keine Objekte, die Finanzmarkt- oder Kapitalin-
teressen zu erdulden und zu ertragen haben. Die europäi-
sche Idee stellt das Gemeinwohl über wirtschaftliche
Einzelinteressen, die kulturelle Vielfalt über Anpassung,
Lebensqualität über die Anhäufung von Reichtum, nach-
haltige Entwicklung über die rücksichtslose Ausbeutung
von Mensch und Natur, die universellen Menschenrechte
und Demokratie über das Recht des Stärkeren und übri-
gens die Zusammenarbeit über einseitige Machtaus-
übung. Darum geht es, wenn wir heute mehr wollen als
eine Kreditermächtigung, und darum geht es, wenn wir
Europa endlich seinen Bürgerinnen und Bürgern zurück-
geben wollen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Anhaltender Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704103100

Das Wort hat der Bundesminister Dr. Guido

Westerwelle.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Wir spüren, dass wir heute eine Entscheidung von
einer gewaltigen Tragweite fällen. Ich gehe davon aus,
dass diese Entscheidung heute keinem leichtfällt. Den-
noch muss sich jeder Abgeordnete heute entscheiden,
weil wir eine große Verantwortung tragen: für die Zu-
kunft unseres Landes, unserer Währung und auch für die
Zukunft Europas. Es geht bei dieser Debatte heute nicht
um einen Wahlsonntag. Es geht darum, Schaden von un-
serem Volk abzuwenden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie der Fuchs, dem die Trauben zu sauer sind! – Thomas Oppermann [SPD]: Und um den Wahlsonntag ganz nebenbei auch!)


Ich glaube, meine Damen und Herren, wir alle spüren,
dass Europa vor einer sehr schweren Bewährungsprobe
steht. Es ist bedauerlich, dass sehr viele in diesen Tagen
am Nutzen Europas zweifeln. Viele, auch viele Bürge-
rinnen und Bürger, fragen sich in diesen Tagen, was uns
Europa kostet. Am Anfang möchte ich aber unterstrei-
chen: Wir wollen auch nie vergessen, was uns Europa
wert ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Weiß Herr Pinkwart das auch?)

An jeden gerichtet, den es betrifft, will ich hinzufügen
– ich vermute, dass in diesem Punkt unverändert eine
Gemeinsamkeit der Demokraten besteht –: Wenn Europa
nicht mehr gebracht hätte, als dass wir auf diesem Konti-
nent seit Jahrzehnten in Frieden leben können, dann
hätte sich Europa schon gelohnt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Europa ist eine Schicksalsfrage, eine Friedensfrage, eine
Wohlstandsversicherung für alle Bürgerinnen und Bür-
ger auf diesem Kontinent.

Herr Kollege Gabriel – ich will mit dem, was uns ver-
bindet, beginnen –, ich unterstütze, was Sie zum Aus-
druck gebracht haben: Manches, was über Griechen-
land gesagt worden ist, war geprägt von einer
Abschätzigkeit gegenüber einem demokratischen Volk,
einem Partner und Freund in Europa,


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Von wem denn? Das kommt doch nur von Ihrer Seite! Von uns hat keiner so etwas gesagt! Das kam nur von Ihrer Seite!)


die in keiner Weise akzeptabel ist.

Weil das griechische Parlament und die griechische
Regierung gestern Nacht eine schwere Entscheidung zu
treffen hatten, möchte ich ausdrücklich sagen: Ich habe
großen Respekt


(Elke Ferner [SPD]: Ach! Jetzt auf einmal!)


vor dem griechischen Parlament und vor der griechi-
schen Regierung, dass sie dieses harte Sparprogramm
verabschiedet haben und es jetzt in der Praxis durchset-
zen wollen.


(Rolf Schwanitz [SPD]: Das gilt aber nicht für Ihre Parteikollegen!)


Ich stelle mir manchmal vor, wir in Deutschland würden
Vergleichbares zu bewältigen haben. Ich betone nach-
drücklich: Ich habe großen Respekt davor, wie sich Grie-
chenland entschieden hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ihre Leute wollen doch die Inseln verkaufen! Was haben Sie denn in NRW plakatiert?)


Die Lage ist sehr ernst, und niemand kann so tun, als
wären wir mit der heutigen Entscheidung schon über den
Berg. Worum es jetzt geht, ist, dass wir den Brand lö-
schen müssen, damit sich in Europa kein Flächenbrand
ausbreitet. Wir müssen gleichzeitig die Brandursache be-
kämpfen.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


Zu beidem will ich etwas sagen:

Erstens. Wir sind bereit, Griechenland mit einer
Bürgschaft zu unterstützen, weil Griechenland bereit
ist, ein einschneidendes, aber notwendiges Sparpro-
gramm zu beschließen, und es jetzt auch gegen viele Wi-
derstände durchsetzt. Das ist und bleibt die richtige Rei-
henfolge. Wer der Bundesregierung heute vorwirft, sie





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) (C)



(D)(B)

hätte bereits vor Monaten einen Scheck ausstellen sol-
len, der verkennt, dass wir dieses ehrgeizige Sparpro-
gramm in Griechenland dann niemals gesehen hätten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es kann nicht derjenige der bessere Europäer sein, der
einen Blankoscheck ausstellt. Der bessere Europäer ist
derjenige, der nachhaltig auch die strukturellen Ursa-
chen der Krise bekämpft.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Diejenigen, die an den Beratungen teilgenommen ha-
ben oder das nachgelesen haben, wissen, dass genau das
vom Bundesbankpräsidenten erklärt wurde, zum Bei-
spiel in der Anhörung des Haushaltsausschusses. Es geht
nicht allein um Geld. Griechenland muss auf Dauer auch
die strukturellen Reformen durchsetzen, damit das,
worüber wir heute reden, kein Fass ohne Boden ist. Wir
müssen dafür sorgen, dass das Programm nachhaltig ist.
Deswegen ist es richtig, dass der mit dem IWF und der
Europäischen Union vereinbarte, schmerzhafte Sanie-
rungskurs jetzt eingeschlagen wird. Er ist die Chance zur
Überwindung der Krise. Geld allein hätte hier nicht ge-
holfen, sondern es müssen Strukturpakete in Griechen-
land und, was die Folgen der Krise angeht, in Europa be-
schlossen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704103200

Herr Kollege Westerwelle, erlauben Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Schlecht von den Linken?


(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)


Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Ich würde meine Rede gerne fortführen, wenn Sie er-
lauben.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie immer!)


Wir ziehen die richtigen Lehren aus der Krise. Europa
braucht Veränderungen. Das ist der zweite Punkt, über
den ich sprechen möchte, weil wir die Brandursachen
jetzt entschlossen zu bekämpfen haben.


(Zuruf von der LINKEN: Brandbeschleunigung!)


Dazu haben wir als Koalitionsfraktionen in unserem An-
trag eine Fülle von Maßnahmen aufgeschrieben.

Ich möchte zunächst einiges zu den Einzelvorschlä-
gen sagen, Herr Kollege Gabriel.


(Thomas Oppermann [SPD]: Koalitionsvereinbarung, Herr Westerwelle!)


Der Debatte konnte ich entnehmen, dass es Punkte gibt,
bei denen wir uns einig sind. Gestern haben wir uns un-
terhalten, und wir waren in einigen Punkten sehr nahe
beieinander, um es einmal offen zu formulieren.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Sigmar Gabriel [SPD]: Da stimme ich Ihnen zu!)


Unser Antrag enthält Punkte, die wir alle als richtig
erkannt haben. Wir wissen doch, dass wir in Europa jetzt
dafür sorgen müssen, dass sich das nicht wiederholt,
dass wir zumindest die Chance minimieren müssen, dass
sich so etwas wiederholt. Zum Beispiel ist es notwendig,
dass wir in Europa eine unabhängige Ratingagentur
schaffen. Ob sie öffentlich-rechtlich sein muss, lasse ich
einmal dahingestellt. Ich glaube, dass das die Glaubwür-
digkeit einer solchen Ratingagentur, die Staaten bewer-
tet, eher relativieren könnte. Aber wir brauchen eine
unabhängige Ratingagentur in Europa, weil es nicht ak-
zeptabel ist, dass Ratingagenturen Finanzprodukte ent-
wickeln und sie anschließend auch noch bewerten. Da
besteht eine Interessenkollision. Dagegen muss man in
diesem Hohen Hause gemeinsam vorgehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir sind uns auch bezüglich Eurostat einig. Wir sind
uns doch einig, dass wir es nicht akzeptieren können,
dass ein Land über längere Zeit falsche Zahlen nennt und
damit durchkommt. Deswegen sind wir uns einig da-
rüber, dass die europäische Statistikbehörde wirkliche
Kontrollrechte und Eingriffsrechte bekommen muss, das
heißt, dass sie wirklich in die Bücher schauen kann. Wir
sind gemeinsam der Überzeugung, dass das notwendig
ist. Also könnten wir uns darauf doch verständigen.

Zum Dritten sind wir auch der Überzeugung, dass es
Konsequenzen haben muss, wenn ein Land über lange
Zeit gegen den Konsolidierungskurs verstößt, wenn sich
ein Land dauerhaft nicht an das Prinzip der soliden
Haushaltsführung, die wir in Europa vereinbart haben,
hält. Ich rede nicht über den Wirtschafts- und Stabilitäts-
pakt und deren Aufweichung, sondern ich spreche vor
allem davon, dass es schnelle Reaktionen geben muss.
Auch darin sind wir uns in diesem Hause eigentlich ei-
nig, indem wir beispielsweise dafür sind, jemandem, der
sich auf Dauer falsch verhält, die europäischen Finanz-
mittel entsprechend zu sperren. Ich denke, dass das sehr
viel schneller und wirkungsvoller ist als das bisherige
Verfahren mit blauen Briefen, langjährigen Reaktionen
und am Ende Strafzahlungen. Es muss schnell gehandelt
werden. Auch darin sind wir uns einig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In Wahrheit geht es um einen anderen Punkt – darin
sind wir uns nicht einig, wie ich der Debatte eben noch
einmal entnommen habe –, und zwar um die Finanz-
transaktionsteuer. Ich habe Ihre Antworten eben auf
Herrn Fricke so verstanden, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, dass es Ihnen im Wesentlichen darum geht, eine
Finanzsteuer in den Entschließungsantrag aufzuneh-
men. Das können wir gerne tun.

Wenn es Ihnen damit leicht wird und Sie damit in der
Lage sind, in dieser Stunde der Verantwortung auch dem
Paket, dem Antrag und der Bürgschaft zuzustimmen,
dann biete ich Ihnen an, dass wir das unter dem letzten
Spiegelstrich aufnehmen. Dann nehmen wir nach den





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) (C)



(D)(B)

vorgelegten Vorschlägen genau das auf, was Sie in Ihrer
Antwort auf Herrn Kollegen Fricke verlangt haben, in-
dem wir den Zusatz Bankenabgabe und Financial Activi-
ties Tax in Klammern aufnehmen. Das können wir sofort
mit aufnehmen, weil es genau das ist, was der IWF vor-
gelegt hat.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist etwas anderes! Können Sie kein Englisch?)


Springen Sie doch heute und nehmen Sie das Angebot
an!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704103300

Herr Kollege Westerwelle, haben Sie jede Zwischen-

frage abgelehnt?

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Danke schön, jetzt nicht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704103400

Keine Zwischenfrage.

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Ich möchte Ihnen noch einmal helfen. Ich darf mir er-
lauben, etwas zu zitieren, was längst im Internet veröf-
fentlicht worden ist.


(Thomas Oppermann [SPD]: Warum sind Sie plötzlich dafür? Sie haben es doch gestern abgelehnt!)


– Nein, Herr Kollege Oppermann, ich will noch einmal in
aller Ruhe versuchen, es deutlich zu machen. Es gibt ei-
nen Unterschied zwischen der Finanztransaktionsteuer
und der Financial Activities Tax. Ich weiß nicht, ob
Sie diesen Unterschied sehen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich sehen wir das! – Sigmar Gabriel [SPD]: Wir haben es verstanden!)


Das ist ein fundamentaler Unterschied. Das eine hat der
IWF verworfen; das andere schlägt er vor.


(Beifall bei der FDP)


Wenn Sie Ihrer Verantwortung nachkommen und im In-
teresse Deutschlands dem Vorhaben zustimmen können,
dann sagen wir Ja und kommen Ihnen auch entgegen.
Aber springen Sie endlich! Stellen Sie sich Ihrer Verant-
wortung!


(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU)


Wir haben doch ein gemeinsames Ziel. Es weiß jeder,
dass wir diesen Spekulationen Einhalt gebieten müssen.
Lassen Sie doch einen Augenblick die Vorurteile weg,
die Sie selber haben. Wir müssen erkennen, dass wir
– auch für unser Land – eine Aufgabe zu erfüllen haben.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Das sagt der Richtige!)


Ich möchte Ihnen die Bewertung des IWF vortragen,
zu der er in einer Studie gekommen ist. Sie ist mittlerweile
im Internet nachzulesen. Zur Finanztransaktionsteuer
heißt es dort, dass sie die Hauptursachen finanzieller
Instabilität unberücksichtigt lässt. Eine Finanztrans-
aktionsteuer würde keinem der wichtigen Faktoren
Rechnung tragen, die systemische Risiken verursachen.
Weiter heißt es in der Studie: Zweifellos würde ein Teil
der Belastung von Inhabern und Managern der Finanz-
institutionen getragen. Aber ein großer Teil der Belas-
tung würde an die Nutzer von Finanzdienstleistungen in
Form von geringen Sparerträgen, höheren Kreditkosten
bzw. höheren Preisen für Endprodukte weitergegeben
werden.

Was nutzt denn eine Regel, die am Ende Otto Nor-
malverbraucher trifft, aber niemanden, der eigentlich
haften sollte. Was Sie vorschlagen, ist doch grob unver-
nünftig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dagegen wenden wir uns.

Es gibt Situationen, in denen man Haltung zeigen
muss.


(Beifall bei der SPD)


Enthaltung ist keine Haltung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Beschließen Sie im Deutschen Bundestag, was Sie
wollen, legen Sie meinetwegen Anträge vor, in dem in
jedem Schimpf und Schande über die Regierung ausge-
gossen wird, aber stehen Sie bei der Frage der Bürg-
schaft zu Ihrer Verantwortung, sagen Sie Ja! Wir sind Ih-
nen jetzt einen großen Schritt entgegengekommen.


(Lachen bei der SPD)


Jetzt liegt es an Ihnen, dass Sie Ihr Herz über die Hürde
werfen, nicht für Sie, nicht für uns, nicht für die Wahl
am Sonntag, sondern für unser Land und für unsere Bür-
ger. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Sie hier sitzen.


(Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704103500

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Abgeordne-

ten Michael Schlecht das Wort.


Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704103600

Herr Westerwelle, Griechenland zu helfen, ist richtig.

Darin sind wir uns einig.


(Zurufe von der FDP: Oh!)


Nur, das, was mit diesem Regierungsentwurf vorliegt, ist
ein Rettungsring aus Blei. Das Problem ist, dass dieses
atemberaubende Sparpaket, das maßgeblich durch die
deutsche Bundesregierung – die Kanzlerin hat das vor
zwei Tagen sogar mit Stolz hier verkündet – dem grie-
chischen Volk aufoktroyiert wird, eine radikalisierte





Michael Schlecht


(A) (C)



(D)(B)

Agenda 2010 ist. Die ist eher mit einem bleiernen Ret-
tungsring zu vergleichen. Wenn in Griechenland nach
Aussagen von Bankökonomen dieses Jahr das Brutto-
inlandsprodukt um 10 Prozent abstürzt und damit natür-
lich auch die Steuereinnahmen einbrechen, dann werden
Sie überhaupt keine Chance haben, das Ziel, das eigent-
lich verfolgt wird, nämlich Griechenland von seinen
Schulden zu befreien und eine Schuldenrückführung zu
organisieren, zu erreichen. Das wird nur in einer weite-
ren desaströsen Entwicklung enden. Deshalb ist es ver-
heerend, was Sie hier heute auf den Weg bringen wollen.
Das ist der Grund, weshalb wir ablehnen.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704103700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sahra Wagenknecht.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704103800

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es sind in dieser Debatte viele hochtrabende Worte ge-
fallen. Herr Schäuble hat schon im Vorfeld darauf hinge-
wiesen, dass es darum gehen muss, einen Flächenbrand
zu verhindern. Merken Sie wirklich nicht, dass der Flä-
chenbrand längst da ist und dass Sie gerade dabei sind,
Steuergeld in Höhe von 22 Milliarden Euro in dieses
Feuer zu werfen, in ein Feuer, in dem es wahrscheinlich
auf Nimmerwiedersehen verloren sein wird, genauso
verloren wie die Milliarden, die Sie in die IKB und HRE
versenkt haben?

Ich muss sagen, dass ich schon etwas verblüfft über
die Rede von Herrn Gabriel gewesen bin.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Dann muss ich eine gute Rede gehalten haben, wenn Sie verblüfft sind!)


Herr Gabriel, entweder leiden Sie unter Gedächtnisver-
lust oder ich; denn Sie haben die Rettungspakete von
2008 kritisiert. Wenn ich es richtig im Kopf habe, war
2008 die SPD in der Regierung, und Sie waren Minister.
Ich hätte mir eine solche Rede, wie Sie sie hier gehalten
haben, 2008 von Ihnen als Minister der damaligen Gro-
ßen Koalition gewünscht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zurück zur Regierung. Sie sagen: Wenn wir dieses
Hilfspaket jetzt nicht beschließen, dann fliegt uns die
Währungsunion um die Ohren. – Ich sage Ihnen: Die
Währungsunion wird uns um die Ohren fliegen, wenn
Sie weiter in Deutschland dieses rabiate Lohndumping
betreiben, mit dem wir die anderen Euroländer totkon-
kurrieren.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Währungsunion wird uns um die Ohren fliegen,
wenn Sie Zockerbanken und Hedgefonds weiter speku-
lieren lassen, wenn Sie weiter zulassen, dass ganze Staa-
ten in die Pleite spekuliert werden und wenn Sie die
aberwitzigen Finanzinstrumente, die das alles ermögli-
chen, nicht endlich verbieten.


(Beifall bei der LINKEN)


Griechenland ist doch kein Einzelfall. Es gibt fast
kein Land, das nicht in kürzester Zeit bankrott wäre,
wenn es plötzlich 14 Prozent Zinsen auf seine Schulden
zahlen müsste.

Überlegen wir doch mal, was hier wirklich passiert
ist. Nahezu alle Industrieländer haben seit 2007 ihre
Schulden beispiellos erhöht. Aber nicht, weil sie plötz-
lich alle angefangen haben, Sozialgeschenke an ihr Volk
zu verteilen, sondern weil diese Länder ihre Banken und
Finanzinstitute gerettet haben, weil sie deren Giftpa-
piere, deren Verluste auf die eigene Kappe genommen
haben. Das ist doch das, was stattgefunden hat.

In Deutschland ist der Schuldenberg nach Angaben
der Bundesbank allein infolge der Bankenrettung um
98 Milliarden Euro angestiegen, 98 Milliarden Euro
Schulden, die wir alle an der Backe haben. Gleichzeitig
macht die Deutsche Bank, einer der indirekten Haupt-
profiteure dieses Rettungspakets, schon wieder 30 Pro-
zent Eigenkapitalrendite, erhöht die Dividende um 50 Pro-
zent und zahlt Herrn Ackermann einen Bonus von
10 Millionen Euro. Zu diesem Glanzergebnis, das die
Deutsche Bank da gemacht hat – das sei nur nebenbei
erwähnt –, hat gerade das Geschäft mit und die Spekula-
tion gegen Staatsanleihen entscheidend beigetragen.

Ja, das ist doch so, als wenn ein Einbrecher mir mein
Haus leerräumt, und ich anschließend zu diesem Einbre-
cher hingehe und sage: Bitte, gib mir einen Kredit, damit
ich mich neu einrichten kann. Und dann sehe ich auch
noch zu, wie dieser Einbrecher die Zinsen auf den Kredit
immer weiter nach oben treibt, im Extremfall so weit,
dass ich nicht mehr zahlungsfähig bin. Dann schickt er
mir einen Gerichtsvollzieher ins Haus, der das Haus zum
zweiten Mal leerräumt und auch noch alles mitgehen
lässt, was der Einbrecher beim ersten Mal noch nicht
mitgenommen hat. Das ist das, was Sie gegenüber den
Banken machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist ein Skandal, und das ist einfach nicht hinnehm-
bar.

Während Sie die Ackermänner dieser Welt in Sänften
tragen, diktieren Sie der griechischen Bevölkerung ein
Sparpaket, das unerträgliche Folgen haben wird, das
Griechenland in eine tiefe Depression stürzen wird. Spä-
testens dann wird die griechische Zahlungsunfähigkeit
tatsächlich nicht mehr aufschiebbar sein.

Wenn wir nicht endlich den Zockerbanken, den Spe-
kulanten das Handwerk legen – das sage ich Ihnen –,
werden wir uns sowieso in wenigen Wochen hier wie-
dersehen, und dann wird uns Frau Merkel mit treuem
Augenaufschlag begründen, warum wir jetzt auch Por-
tugal oder Irland unterstützen müssen, dann vielleicht
Spanien oder Italien. Hören Sie doch auf, die Leute zu
belügen!


(Beifall bei der LINKEN)






Sahra Wagenknecht


(A) (C)



(D)(B)

Sie bauen Sandburgen, um eine Tsunamiwelle aufzuhal-
ten, und Sie wollen uns weismachen, Sie wüssten nicht,
dass das nichts bringt. Also, solche wirtschaftspoliti-
schen Tiefflieger können Sie nicht sein, dass Sie das
nicht wissen.


(Beifall bei der LINKEN)


Geben Sie doch lieber zu, dass Sie schlicht und er-
greifend zu feige sind, die Finanzhaie an die Kandare zu
nehmen,


(Beifall bei der LINKEN)


dass Sie schlicht und einfach zu feige sind, tatsächlich
die Spekulation zu verbieten und sich mit den Wirt-
schaftsmächtigen anzulegen. Das ist doch das Problem,
dass Sie sich das nicht trauen, weil Sie von denen in den
letzten Jahren zig Millionen an Spenden eingesackt ha-
ben. Deswegen machen Sie fortgesetzt eine Politik ge-
gen die Mehrheit der Menschen in diesem Land, eine
Politik gegen die Mehrheit der Menschen, wie vor Ihnen
schon die Große Koalition, wie vorher Rot-Grün. Es ist
immer das gleiche Problem: Sie legen sich nicht mit de-
nen an, die wirklich zocken, mit denen, die Wirtschafts-
macht haben, mit denen, die hinter den Banken stehen.
Das wollen Sie nicht. Zu dieser Politik wird die Linke
weiterhin konsequent Nein sagen. Deswegen werden wir
diese Art von Rettungspaket auch ablehnen.

Vielen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der LINKEN: Bravo!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704103900

Das Wort hat der Kollege Dr. Michael Meister von

der CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1704104000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich bin Herrn Kollegen Gabriel dafür dankbar,
dass er am Ende seiner Rede sehr klar und deutlich ge-
sagt hat, worum es ihm heute geht. Er hat gesagt, ihm
gehe es um die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen
übermorgen. Ich bin der Meinung, dass dies der Bedeu-
tung des heutigen Tages in keiner Weise angemessen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte darauf hinweisen: Wir sind über Jahre die
größte Exportnation der Welt gewesen. Wir stehen nach
wie vor auf einem Spitzenplatz. Der Euro hat dazu bei-
getragen, dass wir unsere Position im Export ausbauen
und damit Wohlstand für die Menschen in Deutschland
erhalten konnten. Wir müssen daher darum kämpfen,
dass der Euro als Währung erhalten bleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Euro ist stabiler, als es die D-Mark war. Wer sich
die Inflationsraten der vergangenen zehn Jahre anschaut,
der sieht, dass dies nicht nur ein Versprechen am Anfang
war, sondern dass es Realität ist. Wir müssen am heuti-
gen Tage alles dafür tun, dass die Stabilität erhalten
bleibt und Inflationsgefahren gebannt werden. Die Auf-
gabe, vor der wir stehen, ist: Erhalt eines stabilen Euro.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben an dieser Stelle eine Vorbildfunktion. Es
wird hier sehr viel über Europa und Griechenland ge-
sprochen. Ich möchte einmal über unsere Verantwortung
an dieser Stelle sprechen. Wenn wir sagen, dass eine
Konsequenz des heutigen Tages ist, dass wir bessere
Rahmenbedingungen in Bezug auf Maastricht und den
Euro brauchen und dass dies für alle Mitgliedstaaten der
Euro-Gemeinschaft gelten muss, dann können wir nicht
in der Sekunde, in der wir selbst betroffen sind, mit allen
uns zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen kämpfen,
dass diese Konsequenzen auch auf uns angewendet wer-
den.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


Es war ein fataler politischer Fehler, dass in den Jahren
2001 bis 2003, als wir um die Glaubwürdigkeit des
Maastricht-Vertrages hätten kämpfen müssen, die rot-
grüne Bundesregierung alles getan hat, um diese Glaub-
würdigkeit zu untergraben. Das war eine der Ursünden
und Ursache des Problems.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Gabriel lenkt nun ab, indem er auf die Kapital-
märkte und auf die Spekulanten verweist. Die erste Ur-
sache für das Problem sind doch nicht die Kapitalmärkte
und die Spekulanten; es sind auch nicht die schon ange-
sprochenen Menschen in Griechenland. Nein, es sind die
Damen und Herren, die im Jahr 2000 den Beschluss ge-
fasst haben, dass Griechenland, ohne sich für die Wäh-
rungsgemeinschaft zu qualifizieren, in diese Gemein-
schaft aufgenommen wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Auch das war Rot-Grün!)


Ich will darauf hinweisen, dass dies die rot-grüne Mehr-
heit unter Bundeskanzler Gerhard Schröder am 7. Juni
2000 im Deutschen Bundestag beschlossen hat. Da
wurde die Ursünde begangen, die zu dem Problem
führte, über das wir heute diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Davon sollten Sie, Herr Gabriel, nicht ablenken. Sie
sollten vor dieser Verantwortung nicht weglaufen, Sie
sollten bleiben und sich als SPD-Vorsitzender zu dieser
Verantwortung bekennen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Was wir in dieser Situation brauchen, sind aus meiner
Sicht vier Dinge.

Erstens. Die Bundesregierung – das gilt für die deut-
sche Politik insgesamt – muss versuchen, das Vertrauen
in den Euro, das aufgrund der Situation in Griechenland
verloren gegangen ist, wieder herzustellen.





Dr. Michael Meister


(A) (C)



(D)(B)

Zweitens. Wir müssen dafür sorgen, dass im
Maastricht-Vertrag bessere Vorkehr getroffen wird, dass
eine solche Situation wie in Griechenland in Zukunft
hoffentlich bei anderen vermieden wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Drittens. Wir brauchen eine bessere Finanzmarktre-
gulierung, damit Finanzmärkte Entwicklungen nicht
durch Spekulationen überhöhen können.

Viertens. Wir müssen Vorsorge dafür treffen, dass wir
in der Lage sind, in Krisensituationen als Vertrauensge-
ber aufzutreten. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Da-
rauf müssen wir uns wirtschafts- und finanzpolitisch
vorbereiten, indem wir selbst eine Stabilitäts- und Kon-
solidierungspolitik fahren.

Wenn eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt wird,
dann werden wir mit dem Vorhaben eines stabilen Euro
auf Dauer scheitern. Deshalb muss es um diese vier
Punkte gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich möchte zunächst denjenigen Kolleginnen und
Kollegen des Deutschen Bundestages, die heute bereit
sind, Verantwortung zu übernehmen, danken. Es sind
die Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/Die Grü-
nen, der FDP-Fraktion und meiner eigenen Fraktion. Wir
wissen, dass es eine schwierige Entscheidung ist. Wir
sind aber bereit, uns dieser Verantwortung zu stellen.
Deshalb möchte ich all diesen Kollegen an diesem Tag,
an dem eine schwierige Entscheidung getroffen werden
muss, von dieser Stelle aus Danke dafür sagen, dass sie
bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens. Ich möchte den Kollegen der SPD sagen:
Es reicht nicht aus, sich mit etwas Rhetorik aus der Ver-
antwortung zu verabschieden. Hier ist gefordert, klar
Farbe zu bekennen und klar zu sagen, wie man Verant-
wortung wahrnimmt. Das, was Sie am heutigen Tage
tun, ist verantwortungslos.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jetzt zu den einzelnen Punkten. Bei dem ersten Punkt,
als Vertrauensgeber aufzutreten, wird kritisiert, dass wir
den IWF ins Boot geholt haben. Wer sagt, wir hätten
früher helfen sollen, nimmt in Kauf, dass dies ohne den
IWF geschehen wäre. Es wird auch kritisiert, dass der
Vertrag zwischen dem IWF und Griechenland für die
Garantie, die wir geben, zugrunde gelegt wird. Auch das
wäre zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewe-
sen. Auch die Vorgaben, die die Euro-Gruppe macht,
wären zu einem früheren Zeitpunkt nicht vorhanden ge-
wesen.

Wer fordert – all das hat die deutsche Regierung
durchgesetzt –, dass wir zu einem früheren Zeitpunkt un-
konditioniert hätten helfen sollen, der hätte einen Präze-
denzfall für die Zukunft geschaffen und zu einer Trans-
ferunion statt zu einem stabilen Euro beigetragen.
Deshalb war die Strategie der Bundesregierung richtig.
Die Bundesregierung war nicht führungslos, sondern es
war eine führungsstarke Entscheidung, klare Vorgaben
durchzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jetzt komme ich zu dem Punkt: Was müssen wir im
Maastricht-Vertrag ändern? Mit Sicherheit müssen wir
die Position des Eurostat verbessern. Mit Sicherheit
muss der Durchgriff der EU-Kommission verbessert
werden, um bei Vertragsverletzungen früher und schnel-
ler handeln und Konsequenzen, Pönalen durchsetzen zu
können. Aber wir brauchen für die aktuelle Ultima Ratio
in Zukunft auch die Möglichkeit eines geordneten Insol-
venzverfahrens, um die systemischen Risiken von den
Finanzmärkten in einer solchen Lage fernzuhalten. Da-
rum müssen wir uns bemühen. Dafür wollen wir kämp-
fen. Das bringen wir in unserer Entschließung zum Aus-
druck.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein weiterer Punkt ist die Frage: Wie regulieren wir
besser die Finanzmärkte, und wie kommen wir zu einer
Beteiligung der Finanzmarktakteure? Auch hier möchte
ich sagen: Ich halte es für richtig, dass der Bundesfi-
nanzminister mit den Finanzinstituten gesprochen und
eine freiwillige Beteiligung der deutschen Finanzinsti-
tute erreicht hat.


(Andrea Nahles [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht! Das ist der Witz des Jahres!)


Dasselbe haben die Kollegen in Frankreich gemacht.
Auch dort gibt es die Vereinbarung zwischen der franzö-
sischen Regierung und den dortigen Finanzinstituten
über eine freiwillige Beteiligung. Das ist der richtige
Weg. Wir begrüßen ihn ausdrücklich.

Darüber hinaus müssen wir sagen: Es ist absolut rich-
tig, dass wir an den entstehenden Kosten für die öffentli-
che Hand, für die Bürger, für die Steuerzahler auch die-
jenigen beteiligen, die die Krise verursacht haben.
Deswegen bringen wir in unserem Entschließungsantrag
klar zum Ausdruck: Wir wollen diese Beteiligung. Kol-
lege Westerwelle hat eben vorgetragen, dass wir sogar
bereit sind, diese zu präzisieren. Jetzt sollten wir keine
Debatte um Spiegelstriche und Klammern führen, son-
dern Sie von der SPD sollten zu Ihrer Verantwortung zu-
rückfinden. Es geht um den Gesetzentwurf, die Garantie
für Griechenland, nicht darum, sich hinter Klammern
und Spiegelstrichen zu verstecken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen auch dazu kommen, dass wir bei der
Frage einer Regulierung der Finanzmärkte nicht mehr
nur über eine Beteiligung für den eingetretenen Schaden
reden, sondern wir müssen auch die Frage stellen: Wie
können wir Schaden frühzeitig abwenden? An dieser
Stelle will ich mit der Mär aufräumen, wir hätten in den
vergangenen beiden Jahren nichts getan. Wir haben ei-
nen Vorschlag zur Regulierung von Ratingagenturen auf
dem Tisch und diskutieren darüber. Es gibt einen Kabi-
nettsbeschluss zum Thema Bankenabgabe und Insolvenz-





Dr. Michael Meister


(A) (C)



(D)(B)

verfahren für Finanzinstitute. An diesen Themen sind
wir dran. Wir diskutieren die Frage, wie der Anleger-
schutz verbessert werden kann. Das heißt, wir sind in
verschiedenen Bereichen unterwegs, bessere Bedingun-
gen für die Finanzmärkte zu schaffen.

Wer sich hier hinstellt und kritisiert, dass es Kredit-
versicherungen gibt, die virtuell gehandelt werden, oder
dass Leerverkäufe ungedeckt existieren, den möchte
ich bitte schön daran erinnern, in welcher Zeit die ge-
setzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland entstan-
den sind, um dies bei uns überhaupt möglich zu machen.
Das war in der Zeit von Bundeskanzler Schröder. Des-
halb sollten Sie die Verantwortung dafür wahrnehmen
und sie nicht anderen zuweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ändert nichts daran, dass es jetzt zurückgenommen werden muss!)


Wir sind der Meinung, dass wir an dieser Stelle eine
bessere Regulierung der Finanzmärkte brauchen.


(Zuruf von der LINKEN: Dann machen Sie es doch!)


Deshalb sagen wir klar und deutlich, dass sich hier etwas
in dem Sinne ändern muss, dass wir ungedeckte Leerver-
käufe und den virtuellen Kreditversicherungshandel in
Zukunft verbieten wollen, und zwar nicht durch eine An-
ordnung der Aufsichtsbehörde, sondern durch einen Ge-
setzesbeschluss.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


Dies sagen wir klar und präzise. Ich sehe nicht ein, wa-
rum Sie das kritisieren. Sie müssten sich eigentlich voll-
umfänglich dahinter stellen. Aber das ist wahrscheinlich
zu viel verlangt, weil Sie dann eigene Fehler eingestehen
müssten.

Ich hoffe, dass wir hier zu einer verantwortlichen Ent-
scheidung kommen, dass diese verantwortliche Ent-
scheidung von unserer Bundeskanzlerin im Rahmen der
Euro-Gruppe heute vertreten werden kann und dass das
Paket von IWF und Euro-Gruppe insgesamt so gestaltet
wird, dass niemand daran zweifelt, dass Volumen und
Zeitrahmen reichen, um Griechenland, den Euro und die
gesamte Gemeinschaft zu stabilisieren. In diesem Sinne
bitte ich alle, ihre Verantwortung wahrzunehmen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704104100

Das Wort hat der Kollege Fritz Kuhn von Bündnis 90/

Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704104200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Außenminister Westerwelle, ich möchte an Ihre
Rede anknüpfen. Ich fand es ein starkes Stück, dass Sie
argumentiert haben, man habe erst einmal zögern und
abwehren müssen, um bei den Griechen Sparbereitschaft
zu erzeugen. Das ist ein nachträgliches Schönreden. Sie
– die FDP und auch die Kanzlerin – haben nicht erkannt,
dass klare Signale nötig sind, um Spekulation zu unter-
binden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Ihr Zögern, Ihr Ablehnen, Ihre nordrhein-westfalen-be-
zogene Argumentation mit den Schlaglöchern haben
dazu beigetragen, dass über mehrere Wochen Spekula-
tionen getätigt werden konnten, was unser Land sowie
alle Länder in der Europäischen Union nun viele Milliar-
den Euro kostet. Um diesen Vorwurf kommen Sie nicht
herum, ganz egal, mit welcher Rabulistik Sie das versu-
chen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Die damaligen Sprüche, etwa vom Wirtschafts-
minister, waren eine Einladung für die Spekulanten. Üb-
rigens: Ein Wirtschaftsminister, der nicht einmal bei sol-
chen Debatten hier anwesend ist


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das finde ich auch!)


und der nicht einen Beitrag aus wirtschaftspolitischer
Sicht mit Blick auf die Arbeitsplätze in unserem Land
und in Europa leisten kann,


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Der kann den nicht leisten! Der kann das gar nicht!)


hat wirklich vollständig versagt. Gegenüber Herrn
Brüderle war Herr Glos ja geradezu ein Aktivposten!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Michi, komm zurück!)


Ich kann der FDP die Nummer, die sie hier veranstal-
tet hat, einfach nicht durchgehen lassen. Übrigens, auch
das Angebot, das Sie Herrn Gabriel gerade gemacht ha-
ben, ist schlicht Unfug und Unsinn. Beim Schach nennt
man so etwas „einen vergifteten Bauern hinhalten“, wor-
auf nur schlechte Schachspieler hereinfallen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Andrea Nahles [SPD]: Keine Sorge, wir sind gute Schachspieler!)


Ich will einmal erklären, warum das Unfug ist: Die
beiden Steuern, über die wir hier diskutieren – die
Finanztransaktionsteuer und die Finanzaktivität-
steuer –, sind grundverschiedene Dinge.


(Birgit Homburger [FDP]: Natürlich!)


Sie schlagen denjenigen, die die Spekulation, das heißt
die schnellen Finanzbewegungen durch Banken und
Hedgefonds, durch eine Umsatzsteuer oder Transak-
tionsteuer eindämmen wollen, vor, sich nun auf die Fi-
nanzaktivitätsteuer einzulassen. Das ist einfach Unsinn.





Fritz Kuhn


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Die Finanzaktivitätsteuer ist eine Körperschaftsteuer für
Banken und nichts anderes. Da werden Gewinne


(Otto Fricke [FDP]: Boni!)


– Boni – und wahrscheinlich auch Lohnanteile besteuert.

Übrigens, Herr Schäuble, müssen Sie Folgendes wis-
sen: Wenn Sie die Finanzaktivitätsteuer einführen, dann
wird zunächst auch das Eigenkapital der Banken belas-
tet, was natürlich die Finanzmarktklemme in Deutsch-
land vergrößern wird. Nur eine Umsatzsteuer besteuert
die Spekulanten und trifft diejenigen, die vier- oder fünf-
mal täglich gegen Währungen spekulieren. Das ist der
Unterschied, und darüber müssen wir reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Aber mit einem Trick wie dem, den Sie gerade versucht
haben, Herr Westerwelle, machen Sie nichts anderes
deutlich, als dass Sie in der Klemme sitzen. Sie machen
vergiftete Angebote; aber ich glaube, das hat nicht funk-
tioniert. Darauf brauchen Sie nicht stolz zu sein.

Gut, dass jetzt die Kanzlerin kommt. – Frau Merkel,
Sie haben bei der Krise durch den Fall der Bank Lehman
Brothers erkannt, dass man schnell handeln muss; denn
Sie haben gemerkt, dass die Sparer beginnen, bei den
Sparkassen und Banken nach ihrem Geld zu fragen und
es abzuheben. Es war richtig, schnell zu handeln. Aber
Sie haben nicht erkannt, dass bei der jetzigen Spekula-
tion gegen den Euro Eile genauso wichtig gewesen
wäre. Dadurch haben Sie dem Land viele Milliarden
Euro zusätzlich an Kosten aufgebürdet.

Frau Merkel, die Bürger sagen uns, wenn wir mit ih-
nen sprechen, mit Blick auf die heutigen Beschlüsse:
Jetzt haben wir schon bei der ersten Finanzmarktkrise
Milliarden bezahlen müssen – die Rechnung dafür ist
übrigens noch nicht ausgestellt –, und jetzt sollen wir
wieder 22,4 Milliarden Euro zahlen. Wann stoppt ihr
endlich die Spekulation und schützt uns davor, dass alle
eineinhalb oder zwei Jahre wieder so ein Paket im Bun-
destag geschnürt werden muss?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Liebe Frau Merkel, es reicht nicht, dass der Finanzmi-
nister hier im Zusammenhang mit Beschlüssen der EU
und der G 20 zur Bekämpfung schädlicher Spekulatio-
nen zum Ausdruck bringt – Herr Schäuble, Sie haben
das vorhin getan –, er sei „ungeduldig“. Ich stelle fest,
dass Sie eineinhalb Jahre nach der großen Finanzkrise,
die auch Deutschland erfasst hat, keine wesentliche
Maßnahme gegen diese Spekulationen durchbekommen
haben.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Dabei waren Sie immer die Kanzlerin der Bundesrepu-
blik Deutschland, egal ob in der Großen Koalition oder
jetzt mit Schwarz-Gelb. Sie haben aber keinen nennens-
werten Vorschlag durchgesetzt, der die Spekulation ein-
dämmt. Deswegen müssen wir, wenn wir ehrlich sind,
sagen: Das Kasino ist weiter offen; es wird nach den al-
ten Regeln der Finanzmärkte spekuliert und gehandelt.
Es wäre Ihre Aufgabe als deutsche Bundeskanzlerin, un-
ser Land vor diesen Spekulationen zu schützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das haben Sie bislang – diese Bilanz ist heute zu ziehen –
nicht geschafft.

Der Antrag der Koalition, ein bisschen in die Richtung
zu gehen, ist halbherzig. Er leistet nicht, was eigentlich
Ihre Aufgabe wäre. Ich fordere Sie deswegen auf, mit die-
sem Mechanismus aufzuhören: hier eine Ankündigung,
dort ein Abwägen, dann ein Rückzug. Wir brauchen sub-
stanzielle Ergebnisse. Frau Merkel, Ihre Kanzlerschaft
wird danach bemessen werden, ob Sie der schädlichen
Spekulation auf den Finanzmärkten ein Ende bereiten
oder nicht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darüber werden wir hier in den nächsten Monaten sehr
intensiv zu diskutieren haben.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704104300

Das Wort hat der Kollege Bartholomäus Kalb von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1704104400

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Im Herbst vor zwei Jahren mussten wir sehr schnell
weitreichende Entscheidungen zur Rettung und Stabili-
sierung des Bankensektors und zur Abwendung der Ge-
fahren aus der internationalen Finanzkrise treffen. Nie-
mand von uns konnte seinerzeit sicher sein, ob diese
Maßnahmen hundertprozentig richtig sein würden. Die
Maßnahmen waren seinerzeit auch nicht populär; man
musste viel Überzeugungsarbeit leisten. Ich habe noch
gut im Ohr, dass die Menschen, wenn ich in den Wahl-
kreis zurückgekommen bin, gesagt haben: Für die Ban-
ken habt ihr Geld, aber für uns, für meinen Betrieb, für
die Rettung der Arbeitsplätze, die gerade von der Insol-
venz bedroht sind, habt ihr keines.

Im Nachhinein hat sich aber herausgestellt, dass die
seinerzeitigen Entscheidungen richtig waren, dass sie im
Interesse der Menschen waren, dass sie ihnen gedient
haben. Die Entscheidungen waren im Interesse der Ar-
beitnehmer, der Betriebe und der Sparer. Es war im Inte-
resse aller, dass die Funktionsfähigkeit des Banken-
sektors seinerzeit aufrechterhalten wurde. Das waren
damals für uns keine leichten Entscheidungen; es ging
um schwierige Fragen. Regierung und Parlament haben





Bartholomäus Kalb


(A) (C)



(D)(B)

seinerzeit ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein
an den Tag gelegt.

Heute wissen wir, dass es richtig und gut war: Es wur-
den weniger Menschen in die Arbeitslosigkeit geschickt
als befürchtet. Die Kurzarbeit musste nicht so lange an-
dauern. Die Arbeitslosigkeit ging erfreulich schnell zu-
rück. Der Schaden für die Wirtschaft war nicht so groß
wie befürchtet. Das heißt: Die Maßnahmen waren sei-
nerzeit zwar nicht populär, aber sie haben sich als richtig
erwiesen; sie waren im Interesse der Menschen und
dienten ihnen.

So ist es auch heute wieder: Die Entscheidung fällt
nicht leicht, die Maßnahmen sind nicht populär, aber wir
treffen sie im Interesse der Menschen. Sie dienen nicht
nur Griechenland, sondern in erster Linie den Bürgerin-
nen und Bürgern unseres Landes.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Gabriel ist jetzt nicht im Saal.


(Abg. Sigmar Gabriel [SPD] hebt die Hand)


Kollege Meister hat vorhin darauf hingewiesen: Es war
Ihre Regierung unter Gerhard Schröder, die Hedgefonds
und Leerverkäufe in Deutschland zugelassen hat, nicht
Frau Merkel. Nur aufgrund einer Vereinbarung der Auf-
sichten in den USA, Großbritannien und Deutschland
wurden Leerverkäufe bei einigen Titeln vorübergehend
ausgesetzt. Wenn Sie, Herr Gabriel, schon nicht Frau
Merkel, die Bundeskanzlerin, loben wollen, dann sollten
Sie zumindest Ihrem früheren Finanzminister Steinbrück
die Ehre erweisen. Frau Bundeskanzlerin Merkel und
Herr Steinbrück waren es beim Gipfel in Heiligendamm,
die sich schon damals um eine stärkere Regulierung der
Hedgefonds bemühten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Leider war die Einsicht bei den Briten und bei den Ame-
rikanern seinerzeit nicht vorhanden.

Wenn Sie weiter die Meinung aufrechterhalten, dass
dies richtig ist, dann stimmen Sie dem Gesetz zu und
stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu. Hierin
ist wortwörtlich aufgeführt, ein Verbot ungedeckter
Leerverkäufe von Finanzmarktinstrumenten einzufüh-
ren. Also bitte, Sie haben die Möglichkeit, hier mitzuma-
chen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Soweit ich den Bürgern schon in den letzten Wochen
und Monaten aufmerksam zugehört habe, so erwarten
sie von uns zuallererst, dass wir für die Stabilität unse-
rer Währung sorgen. Das ist das wichtigste Anliegen
und das vorrangigste Ziel; genau darum geht es. Mit dem
heute zu verabschiedenden Gesetz tun wir nach derzeiti-
gem Erkenntnisstand alles Notwendige, um die Stabilität
der Währung und des Finanzsektors in der Eurozone zu
gewährleisten.

Für die Stabilität der Währung einzutreten, war schon
immer das Markenzeichen und das Kernanliegen der
Politik von CDU/CSU, und dies aus gutem Grunde. Das
Beispiel Griechenland zeigt aber auch, wohin es führt,
wenn ein Land dauerhaft über seine Verhältnisse lebt.
Daraus sollten auch wir die Lehren ziehen. Es zeigt
auch, dass künftig größere Sorgfalt an den Tag gelegt
werden muss, wenn es darum geht, Kandidaten aufzu-
nehmen, aber ebenso, wenn es um die Überwachung der
Einhaltung der Kriterien geht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb ist es gut, dass die Hilfe an strenge Auflagen ge-
bunden ist, die vom Internationalen Währungsfonds
überwacht werden. Die Griechen bekommen das Geld
nicht bedingungslos zur Verfügung gestellt; es gibt also
keine bedingungslose Hilfe.

Wenn uns der Präsident der Deutschen Bundesbank,
Herr Professor Dr. Weber, und andere Fachleute drin-
gend den Rat geben, diese Maßnahmen zu beschließen,
sollten wir diesen Rat nicht in den Wind schlagen. Herr
Professor Weber hat in der Anhörung vor zwei Tagen
wörtlich gesagt, er halte das Programm für absolut rich-
tig, und andere Fachleute haben sich in ähnlicher Weise
geäußert.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704104500

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1704104600

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Jetzt nicht

zu handeln und Griechenland nicht zu helfen, könnte der
Beginn eines Erosionsprozesses des Euros sein, mit un-
absehbaren Folgen auch für uns. Ich persönlich möchte
diese Folgen nicht verantworten müssen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704104700

Das Wort hat der Kollege Leo Dautzenberg von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1704104800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der

Abstimmung über den vorliegenden Gesetzentwurf und
die vorliegenden Entschließungen haben wir heute eine
der wichtigsten Entscheidungen in dieser Legislaturpe-
riode zu treffen. Manche Anmerkungen und manche Re-
debeiträge waren dem, worüber wir heute zu befinden
haben, nicht angemessen; sie waren teilweise, gerade bei
Herrn Gabriel, im Grunde genommen nur durch Wahl-
kampfgetöse gekennzeichnet. Wie er manche Zitate ver-
kürzt darstellt nach der ausgezeichneten und grundlegen-
den Rede unseres Finanzministers, möchte ich mit dem
Zitat aus dem Handelsblatt belegen, das er eingeführt
hat. Das war, Herr Kollege Gabriel – wo ist er denn
jetzt? –, vom 30. Dezember 2009.


(Zuruf von der SPD)


– 30. Dezember 2009.





Leo Dautzenberg


(A) (C)



(D)(B)

Darin ging es grundsätzlich um die Frage der Haus-
haltsschwierigkeiten in Griechenland. Schäuble wurde
dort zitiert mit den Worten:

„Es wäre falsch verstandene Solidarität, wenn wir
den Griechen mit Finanzhilfen unter die Arme grei-
fen würden“, sagte der CDU-Politiker der „Börsen-
zeitung“. „Wer es haushaltspolitisch so weit hat
kommen lassen, muss schwere Konsequenzen tra-
gen.“

Über die Konsequenzen und darüber, was wir zur
Grundlage für die Hilfen im Rahmen des Programms des
IWF machen, haben wir gemeinsam mit dem IWF und
mit der Kommission befunden. Deshalb geht jegliche
Kritik, dass hier zu spät gehandelt worden sei, fehl. Hier
wird verantwortlich gehandelt: Die Garantien werden
erst dann gegeben, wenn die Grundlagen für die Hilfen
geschaffen sind. Dieses Programm musste schnell erar-
beitet werden und konnte im Grunde nur mit dem Instru-
mentarium des IWF erarbeitet werden. Es geht über ei-
nen Dreijahreszeitraum und wird den Griechen – das
muss man zugestehen – sehr viel abverlangen. Das grie-
chische Parlament hat dem gestern in überzeugender
Weise zugestimmt. Damit ist eine wesentliche Grund-
lage für die Hilfen geschaffen.

Wenn einige Kollegen der SPD – fast schon wie bei
einem Pawlow’schen Reflex – immer wieder beklagen,
dass der Begriff Finanzmarkttransaktionsteuer nicht auf-
taucht, dann ist das nicht nachvollziehbar. Man darf
nicht allein wegen der Begrifflichkeit der Verantwor-
tung, die zu tragen wäre, nicht nachkommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Der IWF hatte im Hinblick auf die Finanzmarkttrans-
aktionsteuer einen Prüfauftrag. Wenn wir seinen Bericht
lesen, sehen wir, dass der IWF klar festgestellt hat, dass
aufgrund der Entscheidungen in großen Währungsräu-
men eine Finanzmarkttransaktionsteuer keine Chance
hat, weil sich die jeweiligen Regierungen – in Deutsch-
land, aber auch im angelsächsischen Raum – stattdessen
für eine Bankenabgabe ausgesprochen haben. Wenn die
Grundlage dafür, international eine Finanzmarkttrans-
aktionsteuer einzuführen, zur Illusion wird, dann ist es
verfehlt, dieser Forderung weiter anzuhängen.

Man muss sich dann für eine Alternative entscheiden.
Diese Alternative sehen wir in der Einführung einer
Bankenabgabe und in den weiteren Punkten, die der
IWF vorgeschlagen hat; so hat die Koalition unter dem
letzten Spiegelstrich ihres Entschließungsantrages auf-
genommen, dass „ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe
von Finanzmarktinstrumenten“ eingeführt werden soll.
Man könnte das noch ergänzen zu den Bereichen „Ban-
kenabgabe international“ und „Financial Activities Tax“,
sozusagen zur Abrundung.


(Joachim Poß [SPD]: Ist abgelehnt worden! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/ CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

In der Wirkung ist das so, wie Herr Kuhn es gesagt hat.

Herr Gabriel hat beim Lesen eine selektive Wahrneh-
mung, wenn er nicht zur Kenntnis nehmen möchte, dass
es einen Absatz davor heißt: „Erhebung einer risiko-
adjustierten Bankenabgabe“ sowohl in Deutschland als
auch demnächst im europäischen Bereich.

Wenn wir die Wirkung einer Finanzmarkttrans-
aktionsteuer finanzwissenschaftlich betrachten, müssen
wir feststellen, dass sich im Grunde zwei Zielsetzungen
gegenüberstehen: Die einen Protagonisten wollen diese
Abgabe wegen der Lenkungsfunktion, die anderen ver-
folgen mit dieser Abgabe rein fiskalische Zielsetzungen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Beide Zielsetzungen zugleich kann man nicht verfolgen.
Wenn die Lenkungsfunktion im Vordergrund stehen soll,
dann muss man sehen – das stellt der IWF in seinem
Prüfbericht fest –, dass ein großer Teil der Volumina, die
dieser Besteuerung unterworfen werden sollen, an eini-
gen wenigen Orten in der Welt gehandelt werden – näm-
lich vor allem in New York und in London –, sodass ein
eigener Finanzausgleich herbeigeführt werden müsste,
um die Einnahmen gleichsam über die Länder zu vertei-
len. Schon daher ist der Weg, den Sie wollen, nicht
gangbar.

Wenn hier gesagt wird, bisher sei nichts unternom-
men worden, will ich entgegnen: Zielgerichtet hat diese
Regierung in ihrem Eckpunktepapier von der nationalen
Ebene aus Vorschläge gemacht für eine Bankenabgabe,
für ein Insolvenzrecht für Finanzinstitute und für eine ef-
fektivere Aufsicht, verbunden mit Restrukturierungs-
möglichkeiten.

Darüber hinaus haben wir gestern Abend hier im Ple-
num einen wichtigen Beitrag von der europäischen
Ebene umgesetzt. Es ging darum, die Ratingagenturen
einem Regelungsmechanismus zu unterwerfen. Daher
gehen Vorwürfe, bisher sei nichts unternommen worden,
ins Leere.

Wir müssen uns zum einen auf europäischer Ebene
dafür einsetzen – das geschieht auch mit unserem Ent-
schließungsantrag –, dass uns im Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt Instrumentarien zur Verfügung stehen, die es
im Euro-Raum ermöglichen, zukünftig rechtzeitig auf
Fehlentwicklungen in den Ländern einzugehen; das geht
bis zur Restrukturierung von Mitgliedstaaten. Wir haben
in unserem Entschließungsantrag zum anderen die inter-
nationale Ebene angesprochen. Wir möchten in Zukunft
keinen Finanzmarkt ohne Regulierung. Dazu leisten wir
mit dieser Entschließung wesentliche Beiträge.

Es gibt keine bessere Alternative zu dem, was jetzt im
Gesetzentwurf und in den Entschließungen der Koali-
tionsfraktionen enthalten ist. Ich kann Ihnen die An-
nahme dieser Vorlagen nur empfehlen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704104900

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich das Wort dem Kollegen Michael Stübgen von
der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1704105000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich möchte am Schluss dieser Debatte zunächst
meinen Respekt gegenüber dem griechischen Parlament
zum Ausdruck bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich denke, dass sich jeder Parlamentarier leibhaftig vor-
stellen kann, unter welch extrem schwierigen Bedingun-
gen die griechischen Parlamentarier gestern ein notwen-
diges Reform- und Sparpaket beschließen mussten. Dass
es in Griechenland eine überzeugende klare Mehrheit
dafür gab – sie war sogar etwas größer, als die dortige
Koalition Abgeordnete hat –, ist für mich Beleg dafür,
dass dieses Land in der Lage sein wird, zunächst seine
eigene Kapitalisierungsfähigkeit wiederzuerlangen und
dann in einem längerfristigen Reformprozess zu einer
selbstverantwortlichen ausreichenden Haushalts- und
Finanzpolitik zurückzufinden.

Ich hätte genauso großen Respekt gehabt, wenn die-
ses Haus in der Lage gewesen wäre, bei dieser so funda-
mentalen Entscheidung für Deutschland, für Griechen-
land und für Europa an eine jahrzehntelang geübte
Tradition anzuschließen, nämlich dass die überwiegende
Mehrheit der Abgeordneten einer Grundentscheidung
auch bei unterschiedlichen Auffassungen in Einzelfra-
gen zustimmt. Dies war jahrzehntelang der Fall.


(Beifall des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/ CSU])


Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erinnert sich an-
scheinend an diese Tradition.

Aber das, was die SPD-Fraktion in dieser Angelegen-
heit macht, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Es mag in der Tat sein, dass wir in der Frage der Finan-
cial Activities Tax oder Transaktionsteuer unterschiedli-
che Auffassungen haben; das war immer der Fall. Über
diese Fragen werden wir noch viel debattieren, und wir
werden viel Wichtiges zu entscheiden haben.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Wir lassen uns von der FDP nicht über den Leisten ziehen!)


Die grundsätzlich notwendige Hilfe für Griechenland ist
in einem Paket mit allen Euro-Ländern geschnürt wor-
den. Portugal und Spanien, sozialistisch regierte Länder,
sind dabei; Länder, die viel mehr Schwierigkeiten als wir
im Moment haben, leisten ihren Beitrag und stimmen zu.
Aber die SPD-Fraktion schlägt sich in die Büsche. Das
ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

Ich will mit großem Ernst sagen: Die Sozialdemokra-
tische Partei hat nach meiner Überzeugung eine große
europäische Vergangenheit. Mit Ihrer Entscheidung
heute signalisieren Sie allerdings, dass dies offensicht-
lich nur noch eine Vergangenheit ist. Trotzdem wird die-
ses Haus dem notwendigen Rettungs- und Unterstüt-
zungspaket für Griechenland mit großer Mehrheit
zustimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Noch ein Satz zu den Linken. Es hat niemanden über-
rascht, dass die Linken, schon bevor die Details dieses
Finanzierungspakets auf dem Tisch lagen, erklärt haben,
dass sie sowieso dagegenstimmen. Ich bin schon ge-
nauso lange im Bundestag, wie die damalige SED-PDS,
PDS, PDS/WASG und jetzt die Linke hier vertreten ist.
Ich weiß sehr genau, dass diese Fraktion in den letzten
20 Jahren kein einziges Mal in einer kritischen Situation,
in der es darum ging, unser Land und Europa zu schüt-
zen, Verantwortung übernommen hat. Immer und überall
haben Sie sich mit populistischen Sprüchen herausgere-
det, in der Hoffnung, Menschen, die verängstigt sind und
das Ganze kritisch sehen, Stimmen billig abzukaufen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Noch etwas muss man sagen: Wenn die Linke in die-
sem Haus Regierungsverantwortung hätte, dann hätte
sich der IWF schon längst mit uns beschäftigt, lange be-
vor das bei Griechenland notwendig war. Das ist doch
offensichtlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie
mich noch kurz ein weiteres Thema ansprechen. Ich
habe bei den meisten Reden der Vertreter der Opposi-
tionsfraktionen eine beunruhigende Einseitigkeit festge-
stellt. Natürlich ist es richtig, dass wir die Finanzmärkte
stärker regulieren, als das bisher der Fall war. Aber mit
Ihren Behauptungen, dass an der Griechenlandkrise und
der Krise der Euro-Zone ausschließlich Spekulanten und
Finanzmärkte schuld sind, springen Sie viel zu kurz. Es
reicht nicht aus, mit langem Finger auf die Finanzmärkte
zu zeigen. Wir müssen uns mit den eigentlichen Ursa-
chen der Krise der Euro-Zone beschäftigen. Diese liegen
im Wesentlichen in falschen Entscheidungen und in
nicht ausreichenden Kontrollstrukturen in der Europäi-
schen Union.

In unserem Entschließungsantrag haben wir die not-
wendigen Reformschritte dargestellt. Ich kann dem gan-
zen Haus nur empfehlen, diesem Entschließungsantrag
zuzustimmen. Wir werden in Zukunft dafür sorgen, dass
diese Schritte rechtzeitig umgesetzt werden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704105100

Ich schließe die Aussprache.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, will ich Ihnen
bekannt geben, dass eine große Anzahl von schriftlichen





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)


in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu-

und FDP auf Drucksache 17/1641 ab. Es handelt sich um
einen Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
den Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen bei Gegen-
stimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung der SPD-
Fraktion angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt liegen neun
namentliche Abstimmungen vor uns. Ich bitte, genau
aufzupassen, damit man den Überblick nicht verliert.

Es ist jetzt gerade noch eine namentliche Abstim-
mung hinzugekommen. Es geht um den Änderungsan-
trag auf Drucksache 17/1656, die Ihnen vorliegt; sie ist
auf rosafarbenem Papier gedruckt und gerade verteilt
worden. Von den Koalitionsfraktionen wird gefordert,
den letzten Spiegelstrich des vorliegenden Entschlie-
ßungsantrages auf Drucksache 17/1641 zu verändern.
Das kann jeder nachlesen. Wenn ich es richtig verstehe,
geht es um das, was der Außenminister in seiner Rede
vorgeschlagen hat.

Zunächst jedoch zur
Dritten Beratung

und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfs, über
den namentlich abgestimmt wird.

Ich möchte daran erinnern, dass wir im Anschluss da-
ran noch acht weitere namentliche Abstimmungen
durchzuführen haben. Bei drei namentlichen Abstim-
mungen geht es um Änderungsanträge zu dem Entschlie-
ßungsantrag auf Drucksache 17/1641. Wenn diese
Abstimmungen erfolgt sind, müssen wir die Sitzung un-
terbrechen. Wenn klar ist, wie abgestimmt worden ist,
kann über die fünf Entschließungsanträge abgestimmt
werden.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Das ist offenkun-
dig der Fall. Ich eröffne die Abstimmung über den Ge-
setzentwurf.

1) Anlagen 2 bis 7

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 602;
davon

ja: 391
nein: 72
enthalten: 139

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
nis 90/Die Grünen. Über diese drei Änderungsanträge
stimmen wir zunächst ab.

Als Erstes kommen wir zur Abstimmung über den
Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksa-
che 17/1656. Ich bitte, abzustimmen.

Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimm-
karte eingeworfen? – Das scheint der Fall zu sein. Dann
schließe ich den Wahlgang und bitte, auszuzählen.3)

Wir kommen jetzt zu dem ersten Änderungsantrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/1647.
Ich bitte, abzustimmen.

Sind jetzt alle Stimmkarten eingeworfen? Hat jemand
seine Stimmkarte noch nicht eingeworfen? – Das ist
nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und
bitte, auszuzählen.4)

Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung
über den zweiten Änderungsantrag von Bündnis 90/
Die Grünen, Drucksache 17/1648. Ich bitte, abzustim-
men.

Gibt es noch Kolleginnen und Kollegen, die ihre
Stimmkarte nicht eingeworfen haben?

Haben jetzt alle Kolleginnen und Kollegen ihre
Stimmkarten eingeworfen? – Ich schließe auch diesen
Wahlgang und bitte, auszuzählen.5)

Zunächst gebe ich Ihnen das von den Schriftführerin-
nen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der nament-
lichen Abstimmung über den Gesetzentwurf von CDU/
CSU und FDP bekannt: abgegebene Stimmen 601. Mit
Ja haben gestimmt 390, mit Nein 72, Enthaltungen 139.
Der Gesetzentwurf ist angenommen.

2) Ergebnis Seite 4019 D
3) Ergebnis Seite 4022 D
4) Ergebnis Seite 4025 A
5) Ergebnis Seite 4028 A

Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer

Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim- FDP sowie zwei Änderungsanträge der Fraktion Bünd-
persönlichen Erklärungen na
nung vorliegt, die wir zu Prot

Damit kommen wir zur Ab
Fraktionen CDU/CSU und FD
nes Währungsunion-Finanzst
haltsausschuss empfiehlt in s
Drucksachen 17/1561 und 17/
Fraktionen CDU/CSU und FD
ch § 31 der Geschäftsord-
okoll nehmen.1)

stimmung über den von den
P eingebrachten Entwurf ei-

abilitätsgesetzes. Der Haus-
einer Beschlussempfehlung,
1562, den Gesetzentwurf der

P auf Drucksache 17/1544
Haben alle Kolleginnen un
ten eingeworfen? – Das ist o
schließe ich die Abstimmung

Wir kommen nun zu den
stimmungen.

Zunächst stimmen wir übe
dem Entschließungsantrag d
d Kollegen ihre Stimmkar-
ffenkundig der Fall. Dann

und bitte, auszuzählen.2)

weiteren namentlichen Ab-

r die Änderungsanträge zu
er Fraktionen CDU/CSU





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

SPD

Dr. Eva Högl
Hans-Ulrich Klose
Michael Roth (Heringen)

Dr. Angelica Schwall-Düren

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Josef Philip Winkler

Nein

CDU/CSU

Alexander Funk
Dr. Peter Gauweiler
Manfred Kolbe
Klaus-Peter Willsch

FDP

Frank Schäffler
DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich
Enthalten

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)


Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)


Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula

Marianne Schieder

(Schwandorf)


Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)


Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer

Wir kommen jetzt zu dem Entschließungsantrag der
abzustimmen.

Haben Kolleginnen und
noch nicht eingeworfen? – I
und bitte, auszuzählen.2)

Wir kommen jetzt zu einem
antrag der Fraktion Die Link
Ich bitte, mit der Abstimmun

Haben alle Kolleginnen un
ten eingeworfen? – Ich schlie
auszuzählen.3)

1) Ergebnis Seite 4036 C
2) Ergebnis Seite 4038 D
3) Ergebnis Seite 4041 C
Kollegen ihre Stimmkarte
ch schließe den Wahlgang

weiteren Entschließungs-
e auf Drucksache 17/1638.
g zu beginnen.

d Kollegen ihre Stimmkar-
ße den Wahlgang und bitte,
nen und Schriftführern ermi
mentlichen Abstimmungen
anträge bekannt.

Namentliche Abstimmun
trag der Fraktionen der CD
Drucksache 17/1656 zu dem
Fraktionen der CDU/CSU un
men 599. Mit Ja haben ges
keine Enthaltungen. Der Änd
genommen.

4) Ergebnis Seite 4043 D
ttelten Ergebnisse der na-
über die drei Änderungs-

g über den Änderungsan-
U/CSU und der FDP auf
Entschließungsantrag der
d FDP: Abgegebene Stim-
timmt 328, mit Nein 271,
erungsantrag ist damit an-
Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1637. Ich bitte, Ich gebe Ihnen zunächst die von den Schriftführerin-
Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann

Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Geschäftsführer haben, um Zeit zu sparen, ver-
einbart, jetzt nicht zu unterbrechen, sondern mit den Ab-
stimmungen fortzufahren. Das geht, wenn wir mit den
Anträgen der Oppositionsfraktionen beginnen und den
Antrag der Koalitionsfraktionen zurückstellen. Über die-
sen Antrag stimmen wir dann als Letztes ab, weil wir da-
für erst die Ergebnisse der Abstimmungen über die drei
Änderungsanträge von vorhin brauchen.

Wir kommen deshalb jetzt zum Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1639. Ich bitte,
mit der Abstimmung zu beginnen.

Haben jetzt alle Kolleginnen und Kollegen ihre
Stimmkarte eingeworfen? – Ich schließe den Wahlgang
und bitte, auszuzählen.1)
Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes

Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Uwe Kekeritz
Monika Lazar
Lisa Paus
Hans-Christian Ströbele
Dr. Valerie Wilms

Wir kommen jetzt zu dem Entschließungsantrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1640.
Ich bitte, abzustimmen.

Haben bei dieser vorletzten namentlichen Abstim-
mung jetzt alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimm-
karte eingeworfen? – Ich schließe den Wahlgang und
bitte, auszuzählen.4)

Ich unterbreche kurz die Sitzung, bis die Ergebnisse
zu den Änderungsanträgen vorliegen, weil wir diese für
die letzte namentliche Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
brauchen.


(Unterbrechung von 12.13 bis 12.18 Uhr)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704105200

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 599;
davon

ja: 328
nein: 271

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina

Schröder(Wiesbaden)
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Josef Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


Nein

CDU/CSU

Dr. Peter Gauweiler

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann

(Wackernheim)


Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)


Dann kommen wir zu der namentlichen Abstimmung
über den ersten Änderungsantrag der Fraktion

Mit Ja haben gestimmt 206, mit Nein haben gestimmt
328, Enthaltungen 67. Der Änderungsantrag ist damit

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 600;

Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann

Kirsten Lühmann
Caren Marks
davon
ja: 205
nein: 328
enthalten: 67

Ja

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Elvira Drobinski-Weiß Dr. Barbara Hendricks Katja Mast
sem Entschließungsantrag: Abgegebene Stimmen 601.

Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/1647 zu die- abgelehnt.
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)


Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Elisabeth Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Nein

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabi Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


Enthalten

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich
Eduard Oswald Arnold Vaatz Hellmut Königshaus Matthias W. Birkwald





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)


Michael Groß
Wolfgang Gunkel

Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen) Ulrike Höfken

Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)


Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)


Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz

Ernst-Reinhard Beck

(Reutlingen)


Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Hans-Joachim Hacker Michael Roth (Heringen) Dr. Anton Hofreiter Günter Baumann
Dann kommen wir zu dem
von Bündnis 90/Die Grünen
dem Entschließungsantrag de

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 598;
davon

ja: 205
nein: 326
enthalten: 67

Ja

CDU/CSU

Manfred Kolbe

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
zweiten Änderungsantrag
auf Drucksache 17/1648 zu
r Koalitionsfraktionen: Ab-

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
gegebene Stimmen 597. Mit
Nein 325, Enthaltungen 67. D
mit abgelehnt.

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ja haben gestimmt 205, mit
er Änderungsantrag ist da-

Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Nein

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Jetzt kommen wir zur n
über den Entschließungsantra
CSU und FDP auf Drucksa
geänderten Fassung.

Wie ich sehe, haben d
Schriftführer die vorgesehene
eröffne die Abstimmung. Das
liche Abstimmung zu diesem

Haben alle Kolleginnen
karte eingeworfen? – Ich gl
schließe den Wahlgang und
gebnis der Abstimmung wird
ben.1)

Interfraktionell ist vereinb
nung um die Beratung der
Rechtsausschusses auf Druck
fahren vor dem Bundesverfa
und diese jetzt als Zusatzpun
damit einverstanden? – Das i
beschlossen.

Ich rufe Zusatzpunkt 11 au

Beratung der Beschlu
richts des Rechtsaussc

1) Ergebnis Seite 4046 C
amentlichen Abstimmung
g der Fraktionen der CDU/
che 17/1641 in der soeben

ie Schriftführerinnen und
n Plätze eingenommen. Ich
ist auch die letzte nament-
Tagesordnungspunkt.

und Kollegen ihre Stimm-
aube, das ist der Fall. Ich
bitte, auszuzählen. Das Er-
Ihnen später bekanntgege-

art, die heutige Tagesord-
Beschlussempfehlung des
sache 17/1646 zu Streitver-
ssungsgericht zu erweitern
kt 11 aufzurufen. Sind Sie
st der Fall. Dann ist das so

f:

ssempfehlung und des Be-
husses (6. Ausschuss)

zu Streitverfahren
sungsgericht gegen
nanzstabilitätsgesetz

– Drucksache 17/1646

Berichterstattung:
Abgeordneter Siegfrie
Schwenningen)

Wir kommen zur Abstim
empfehlung des Rechtsauss
vor dem Bundesverfassungsg
union-Finanzstabilitätsgesetz,

Der Rechtsausschuss emp
empfehlung, im Streitverfahr
sungsgericht gegen das gen
nehmen und den Präsiden
Dr. Franz Mayer als Prozessb
len. Wer stimmt dafür? – W
enthält sich? – Die Grünen
aber die Mehrheit ist geklär
haben zugestimmt. Damit is
angenommen.


(Renate Künast [BÜN NEN]: Wir haben auch rer Zuruf von BÜNDN Das haben wir gerade fe vor dem Bundesverfasdas Währungsunion-Fi – d Kauder (Villingen mung über die Beschlusschusses zu Streitverfahren ericht gegen das Währungs Drucksache 17/1646. fiehlt in seiner Beschlussen vor dem Bundesverfasannte Gesetz Stellung zu ten zu bitten, Professor evollmächtigten zu bestel er stimmt dagegen? – Wer haben sich nicht beteiligt, t. Die Koalitionsfraktionen t die Beschlussempfehlung DNIS 90/DIE GRÜzugestimmt! – WeiteIS 90/DIE GRÜNEN: stgestellt!)

Gisela Piltz Jan van Aken Michael Leutert Jörn Wunderlich
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper

Dr. Christiane Ratjen-
Damerau

Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


Enthalten

DIE LINKE
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert

Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

– Sie haben zugestimmt? – Dann ist die Mehrheit noch
erweitert worden um die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen.

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 24 a, 24 b so-
wie Zusatzpunkte 8 und 9:

24 a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Elke Ferner, Bärbel Bas, Dr. Edgar Franke, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Einführung einer Kopfprämie in der gesetzli-
chen Krankenversicherung

– Drucksache 17/865 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Martina
Bunge, Kathrin Senger-Schäfer, Harald Weinberg,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversi-
cherung in Gesundheit und Pflege einführen

– Drucksache 17/1238 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Weinberg, Dr. Martina Bunge, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Keine Kopfpauschale – Für eine solidarische
Krankenversicherung

– Drucksachen 17/240, 17/1605 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Rolf Koschorrek

ZP 9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Bender, Maria Anna Klein-Schmeink, Elisabeth
Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine solidarische und nachhaltige Finan-
zierung des Gesundheitswesens

– Drucksachen 17/258, 17/1606 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Karl Lauterbach

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Geben wir das doch zu Protokoll! Da kommt wieder dasselbe!)


Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Elke Ferner von der SPD-Fraktion
das Wort.


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1704105300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für

Ihre Gesundheitspolitik gilt: Sie führen die Menschen in
unserem Land hinters Licht, und Sie fahren – das ist lei-
der das Schlimme daran – unser Gesundheitssystem se-
henden Auges an die Wand. Anstatt zu handeln und den
Menschen vor wichtigen Landtagswahlen reinen Wein
einzuschenken, verkriechen Sie sich in Kommissionen
und reden die Probleme klein.

Sie haben in diesem Jahr ein Defizit in den gesetzli-
chen Krankenkassen von knapp 8 Milliarden Euro zu
verantworten. Sie haben es wegen Ihrer Untätigkeit, die
Kosten zu begrenzen, zu verantworten, dass schon jetzt
einige Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben müssen.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber Frau Ferner! – Heinz Lanfermann [FDP]: Das war doch Ihre Idee mit den Zusatzbeiträgen!)


Mit einem einmaligen Steuerzuschuss von 3,9 Mil-
liarden Euro in diesem Jahr versuchen Sie, sich über die
Runden und vor allen Dingen über die Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen zu retten. Sie wollen vor dieser
Landtagswahl vertuschen, welche zusätzlichen Belas-
tungen auf die 51,5 Millionen Mitglieder in der gesetzli-
chen Krankenversicherung und ihre Familien zukom-
men.

Deshalb wollen Sie unsere Anfrage, in der wir Aus-
kunft darüber verlangen, welche konkreten Zusatzbelas-
tungen durch die Kopfpauschale und das Einfrieren der
Arbeitgeberbeiträge für die GKV-Mitglieder entstehen,
erst im Herbst beantworten. Über Monate haben Sie da-
rüber gestritten, ob Sie eine Kopfpauschale vereinbart
haben oder nicht.


(Zuruf von der FDP: Haben wir nicht!)


Sie haben jetzt eine Regierungskommission einge-
setzt, in der zwar das halbe Kabinett vertreten, aber we-
nig Sachverstand vorhanden ist.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Na, na!)


Sie tagen hinter verschlossenen Türen, damit nur ja vor
dem kommenden Sonntag keine konkreten Zahlen he-
rauskommen. Die Bundesregierung und die sie tra-
genden Parteien von CDU, CSU und FDP weigern sich
– das muss man wirklich feststellen –, einfachste Grund-
rechenarten anzuwenden.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Aha!)


Aber Sie haben heute und hier Gelegenheit, Farbe zu be-
kennen.

Was will Schwarz-Gelb? Schwarz-Gelb will zunächst
einmal die Arbeitgeberbeiträge einfrieren, und zwar tat-
sächlich mit Unterstützung der CSU. Darin besteht





Elke Ferner


(A) (C)



(D)(B)

Einigkeit. Aber Sie verschweigen den Menschen, was
das konkret bedeutet. Das heißt nämlich im Klartext,
liebe Kolleginnen und Kollegen:

Die steigenden Kosten für Arzneimittel sowie auf-
grund des medizinischen Fortschritts und der älter wer-
denden Gesellschaft sollen alleine von den Mitgliedern
in der gesetzlichen Krankenversicherung getragen wer-
den.

Sie wollen eine Kopfpauschale einführen.


(Zuruf der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Einer Ihrer Experten, den Sie nächste Woche in Ihre
merkwürdige Kommission einladen, geht von 200 bis
220 Euro pro Monat aus. Sie wollen die Kopfpauschale
zwar schrittweise einführen. Aber es ist dann nur eine
Frage der Zeit, bis die Grenze von 200 Euro überschrit-
ten ist und fast alle Mitglieder in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung zu Bittstellern werden, weil ein Sozial-
ausgleich notwendig ist.

Im nächsten Jahr können bis zu 15 Milliarden Euro
fehlen. Das sind keine Horrorzahlen der Opposition,
sondern Zahlen des Bundesversicherungsamtes. Umge-
rechnet auf 51,5 Millionen Mitglieder in der GKV be-
deutet das, wenn für die fehlenden 15 Milliarden Euro
keine Deckung gefunden wird: etwas über 24 Euro
Kopfpauschale im Monat. Selbst wenn es Ihnen gelingen
sollte, wovon ich nicht ausgehe, das diesjährige Defizit
ins nächste Jahr zu retten – das heißt also, keine Ausga-
bensteigerungen zu haben und nur 8 Milliarden Euro
über eine Kopfpauschale umfinanzieren zu müssen –,
dann sind wir bei knapp 13 Euro pro Monat.

Ich frage Sie hier und heute – Sie stellen ja reichlich
Rednerinnen und Redner inklusive Regierungsmitglie-
der, die dazu Stellung beziehen können –: Wollen Sie,
dass die Kostensteigerungen in den nächsten Jahren,
beispielsweise die 15 Milliarden Euro, über eine Kopf-
pauschale von knapp 25 Euro allein von den GKV-Mit-
gliedern getragen werden – ja oder nein? Sie können
zwei Tage vor der Landtagswahl diese Frage nachher
ganz klar und eindeutig beantworten. Wollen Sie die
Kostensteigerungen in den darauffolgenden Jahren auch
allein den GKV-Mitgliedern auflasten – ja oder nein?
Auf diese klare Frage können Sie ebenfalls antworten.
Bleibt es dabei, dass niemand mehr als 1 Prozent seines
Einkommens zusätzlich zahlen muss, wie es Herr Rösler
versprochen hat – ja oder nein?

Sagen Sie doch hier und heute, wie hoch die zusätzli-
chen Belastungen je GKV-Mitglied sein werden und wie
der Sozialausgleich gezahlt und organisiert werden soll!
Schenken Sie den Menschen vor der Wahl reinen Wein
ein,


(Zurufe des Abg. Willi Zylajew [CDU/CSU])


damit sie übermorgen bei ihrer Entscheidung an der
Wahlurne auch darüber abstimmen können, ob sie wei-
terhin ein solidarisch finanziertes Gesundheitswesen
oder lieber eine Kopfpauschale haben wollen, bei der die
Rentnerin mit der Minirente im Ergebnis mehr zahlt als
der Spitzenverdiener!

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Wir wollen Klarheit!)


Sie fragen sich: Wieso plötzlich mehr? Das hat mit
steuerrechtlichen Regelungen zu tun; denn durch die Ab-
setzbarkeit der Krankenkassenausgaben hat natürlich der
Spitzenverdiener einen größeren Vorteil als derjenige,
der wenig oder überhaupt keine Steuern zahlt. Das geht
also genau in die entgegengesetzte Richtung. Die Be-
hauptung, jeder zahle gleich viel, entspricht also nicht
der Wahrheit.

Sie können heute und hier sagen, wie dieser automati-
sche Sozialausgleich organisiert werden soll, wer einen
Sozialausgleich bekommen soll und vor allem, wie die-
ser Bürokratiewahnsinn gewuppt werden soll, was er
kosten soll und wer dafür finanziell geradestehen soll.
Die Arbeit der 21 Männer und Frauen beim Bundesver-
sicherungsamt, die den Gesundheitsfonds verwalten, ist
ein Klacks gegenüber dem, was Sie zusätzlich an Büro-
kratie aufbauen müssen.

Das scheint einigen in der Regierung, zumindest im
Arbeits- und Sozialministerium, schon klar geworden zu
sein, wie man den Zeitungen entnehmen konnte. Sie ha-
ben sich gefragt, wie denn für Rentnerinnen und Rentner
der Sozialausgleich ohne Antragstellung bewerkstelligt
werden kann. Zu welcher Erkenntnis kommen sie? Zu
einer Erkenntnis, zu der jedes kleine Kind kommen
kann: Nur wenige Rentnerinnen und Rentner sind über-
haupt steuerpflichtig. Es gibt daher überhaupt gar keine
Stelle, die ohne Antragstellung und zusätzliche Datener-
hebung in der Lage wäre, einen automatischen Sozial-
ausgleich durchzuführen. Also müssten Rentnerinnen
und Rentner, auch Schwerstpflegebedürftige, einen An-
trag auf Sozialausgleich stellen, damit sie ihre Kranken-
kasse überhaupt bezahlen können. All das bedeutet Ihre
Kopfpauschale.

Das gilt auch für diejenigen mit niedrigem Einkom-
men, die keine Steuern zahlen. Auch da gibt es keine
Stelle, die den Sozialausgleich automatisch durchführen
könnte. Sie von der Koalition machen Millionen von
Menschen zu Bittstellern, Menschen, die bisher ihre
Krankenversicherung selbst bezahlen konnten. Sie kön-
nen heute und hier sagen, wie viele Menschen einen So-
zialausgleich brauchen werden. Ich habe einmal nachge-
sehen, weil Sie sich den Antworten wahrscheinlich
wieder einmal verweigern werden. Angenommen, es
bliebe dabei und niemand müsste mehr als 1 Prozent sei-
nes Einkommens zahlen, angenommen, es bliebe bei ei-
nem Defizit von 15 Milliarden Euro im nächsten Jahr,
hieße das eine Kopfpauschale von etwas über 24 Euro
pro Monat und GKV-Mitglied. Das hieße für jeden mit
einem Einkommen von weniger als 2 500 Euro, dass er
einen Anspruch auf Sozialausgleich hätte.


(Zuruf der Abg. Ulrike Flach [FDP])


– Wissen Sie überhaupt, Frau Flach, wie viele GKV-Mit-
glieder unterhalb dieser Einkommensgrenze liegen?


(Ulrike Flach [FDP]: Ja!)


40,1 Millionen Menschen verdienen weniger als
2 500 Euro und sind in der gesetzlichen Krankenversi-





Elke Ferner


(A) (C)



(D)(B)

cherung versichert. Davon sind 15,8 Millionen Rentne-
rinnen und Rentner. Das sind über 94 Prozent aller
Rentnerinnen und Rentner.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Bei diesen vielen Zahlen wird einem ja schwindelig!)


Liebe Rentnerinnen und Rentner, Sie können, wenn
Sie jedes Jahr einen Antrag auf Sozialausgleich stellen
wollen, am kommenden Sonntag in Nordrhein-Westfa-
len


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Da sind übrigens Landtagswahlen!)


gerne CDU oder FDP wählen. Wenn Sie das nicht wol-
len, wenn Sie weiterhin Ihre Krankenkassenbeiträge sel-
ber bezahlen können wollen, dann müssen Sie SPD wäh-
len.


(Beifall bei der SPD)


Selbst bei einem Defizit von 8 Milliarden Euro hätten im-
mer noch 12,4 Millionen Rentnerinnen und Rentner – das
sind drei Viertel aller Rentnerinnen und Rentner – einen An-
spruch auf Sozialausgleich. Insgesamt wären 27,8 Millionen
GKV-Mitglieder anspruchsberechtigt. Ich wünsche Ihnen
dabei wirklich viel Vergnügen.

Sie können sich zumindest bei uns darauf verlassen,
dass im Gesundheitswesen weiterhin gelten muss: Die
Jungen stehen für die Alten ein, die Gesunden für die
Kranken, und diejenigen, die mehr verdienen, für dieje-
nigen, die weniger verdienen. Man hat aber diese Woche
über Herrn Spahn und Herrn Bahr lesen können, dass sie
die Älteren mit zur Kasse bitten wollen, weil sie so viele
Kosten verursachen. – Herr Spahn, Sie schütteln den
Kopf. Wenn das nicht stimmt, können Sie das gerne rich-
tigstellen. Ich habe noch kein Dementi gehört.

Ich will hier noch einmal klarstellen: Wir bleiben
beim Solidarprinzip. Wir wollen in der gesetzlichen
Krankenversicherung kein Verursacherprinzip.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen auch nicht, dass Auszubildende, Studierende
und sehr viele Frauen nach der Einführung einer Kopf-
pauschale auf einen Sozialausgleich angewiesen sein
werden. Aber das ist noch nicht alles. Mittlerweile meh-
ren sich die Gerüchte,


(Ulrike Flach [FDP]: Nein!)


dass nach der Nordrhein-Westfalen-Wahl ein Sparpaket
geschnürt werden soll. Dabei soll nicht etwa im Arznei-
mittelbereich gespart werden. Nein, es geht um Leis-
tungsausgliederungen. Sie können heute klar und deut-
lich sagen, ob Sie Leistungsausgrenzungen planen oder
nicht. Ich frage Sie: Wollen Sie, dass das Krankengeld in
Höhe von 7,2 Milliarden Euro ausgegliedert wird – ja
oder nein? Wollen Sie die privaten Unfälle aus dem Leis-
tungskatalog der Krankenversicherung ausgliedern – ja
oder nein?


(Zuruf der Abg. Ulrike Flach [FDP])


– Sie können das nachher ganz klar beantworten, Frau
Flach. Aber ich kann Ihnen und vor allen Dingen der Öf-
fentlichkeit eines sagen: Sie sprechen immer davon, dass
die Versicherten mehr Eigenverantwortung übernehmen
sollen. Sie meinen damit allerdings, dass die Versicher-
ten mehr bezahlen sollen. Das ist die Politik von
Schwarz-Gelb.


(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das tut schon weh, was Sie hier erzählen!)


– Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen das wehtut, Frau
Flach; denn damit kommt endlich einmal auf den Tisch,
was Sie nach der Nordrhein-Westfalen-Wahl planen.
Sie können heute, zwei Tage vor der Wahl, hier sagen,
ob das geplant ist oder nicht. Wir werden das ja hinterher
überprüfen können.


(Ulrike Flach [FDP]: Ja, das wäre nicht schlecht!)


Mit Ihrer Untätigkeit und den unsinnigen Diskussio-
nen über ein System, das nicht kommen wird, richten Sie
unser Gesundheitssystem zugrunde. Man kann das ver-
gleichen mit einer Operation am offenen Herzen, die al-
lerdings nicht in einem modernen Operationssaal, son-
dern auf freier Flur stattfindet. Das will niemand in der
Republik, und deshalb ist eine Mehrheit der Menschen,
über 70 Prozent, auch gegen die Kopfpauschale. Eine
Mehrheit will die Bürgerversicherung haben.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die kennt doch noch gar keiner, die Bürgerversicherung!)


Ich kann den Menschen in Nordrhein-Westfalen nur
zurufen: Gehen Sie am Sonntag zur Wahl und wählen
Sie die SPD! Damit können Sie die Kopfpauschale ver-
hindern; denn solch einem Schwachsinn werden wir im
Bundesrat nie unsere Stimme geben.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704105400

Das Wort hat der Kollege Johannes Singhammer für

die Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1704105500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Angst macht krank und nicht gesund. Wer den
Menschen Angst machen will, und zwar aus dem einzi-
gen Grund, dass in 48 Stunden die Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen stattfindet,


(Elke Ferner [SPD]: Stellen Sie es richtig, Herr Singhammer!)


der sollte sich selbst, Frau Ferner, nur noch sehr zurück-
haltend als Gesundheitspolitiker bezeichnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden jedenfalls nicht zulassen, dass hier eine
missglückte Abschlusskundgebung vor der NRW-Wahl
stattfindet, sondern wir werden vor den Menschen, die
uns zuhören, eine ehrliche Debatte führen.

Die ehrliche Debatte beginnt damit, Ihrer Begriffs-
verwirrung zu begegnen. Sie überschreiben das Thema





Johannes Singhammer


(A) (C)



(D)(B)

mit dem Wort „Kopfpauschale“. Es geht hier aber nicht
um eine Kopfpauschale.


(Elke Ferner [SPD]: Natürlich! Um was denn sonst?)


Niemand in der Union will eine Kopfpauschale, die be-
deuten würde, dass jeder gesetzlich Versicherte, jedes
Kind in der gesetzlichen Krankenversicherung


(Elke Ferner [SPD]: Das habe ich auch nicht gesagt!)


und jeder in der privaten Krankenversicherung einen
Einheitsbetrag zahlt, das heißt mit einer Pauschale pro
Kopf versichert würde.


(Elke Ferner [SPD]: Habe ich das gesagt?)


Das haben wir immer betont. Insofern ist schon diese
Bezeichnung in der Debatte entlarvend.

Ich warne auch davor, das deutsche Gesundheitssys-
tem schlechtzureden und das Szenario zu entwickeln,
dass den Patienten eine Versorgungswüste drohe


(Elke Ferner [SPD]: Ja, mit dieser Regierung schon!)


und auch die letzten Oasen ausgetrocknet würden. Nein,
in der Debatte geht es um Folgendes: Wie können wir
das deutsche Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen
noch besser, noch leistungsfähiger machen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen ein Gesundheitssystem, das auf Solidari-
tät, Leistungsgewährung nach Bedarf, freie Arztwahl,


(Elke Ferner [SPD]: Dann müssen Sie von der Kopfpauschale Abstand nehmen!)


Selbstverwaltung und ein breitgefächertes, gegliedertes
System mit unterschiedlichen Trägern, Verbänden und
Selbsthilfeorganisationen gegründet ist. Wenn Sie nach-
fragen: „Was tut ihr?“,


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Nichts!)


dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Wir haben in den
vergangenen Wochen erstmals ein konsequentes Paket
zur Kosteneinsparung bei den Arzneimitteln vorgelegt.
Das haben Sie in der Form in keiner der diversen Regie-
rungen, an denen Sie beteiligt waren, geschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Mehr als Sie und schneller als Sie!)


Wir haben das gegen alle Widerstände durchgezogen.
Bei uns wissen die Menschen, woran sie sind. Vor allem
wissen sie eines: Wer das Gesundheitssystem auf eine si-
chere finanzielle Basis stellen will, der muss zunächst
einmal alle Möglichkeiten einer sinnvollen Einsparung
nutzen.


(Elke Ferner [SPD]: Ach, das haben Sie auch schon erkannt! Herzlichen Glückwunsch! Das hat sich vor sechs Monaten noch anders angehört bei Ihnen!)

Damit haben wir begonnen, und in dieser Hinsicht wer-
den wir den Menschen auch weiterhin Klarheit geben.

Wir sagen aber auch – das gehört zur Ehrlichkeit dazu –,
dass das Gesundheitswesen dauerhaft nicht ohne Ausga-
bensteigerungen Bestand haben wird; denn allein die de-
mografische Entwicklung bringt ganz besondere Heraus-
forderungen mit sich.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das sind doch Allgemeinplätze!)


Wir wollen ein zukunftssicheres System der gesetz-
lichen Krankenversicherung,


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wer will das nicht!)


mit folgenden Schwerpunkten: Wir wollen die beste Me-
dizin für alle, nicht die zweitbeste.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das sind doch Allgemeinplätze!)


Wir wollen das Gesundheitssystem darauf einstellen,
dass es künftig mehr Ältere und weniger Jüngere gibt.


(Elke Ferner [SPD]: Antworten Sie doch mal auf meine Fragen, Herr Singhammer!)


Wir wollen, dass Beitragszahlungen für die Gesundheit
nicht unfreiwillig zu wachsender Arbeitslosigkeit füh-
ren.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wer will denn das?)


Wir wollen, dass die Gesundheitswirtschaft selbst viele
Tausende neue, gut bezahlte Arbeitsplätze schafft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Und dann sind Sie gegen den Mindestlohn! Das ist ja lächerlich!)


Das machen wir. Sie werden uns nicht davon abhalten.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist die CSU jetzt für die Kopfpauschale?)


Wenn Sie uns immer wieder Hinweise geben, dann
muss es schon gestattet sein, nachzufragen – das ist inte-
ressant –,


(Elke Ferner [SPD]: Eier, eier, eier!)


wie Sie denn die Bürgerversicherung ausgestalten wol-
len.


(Elke Ferner [SPD]: Beantworten Sie doch erst einmal meine Fragen, Herr Singhammer!)


Die von Ihnen geplante Bürgerversicherung ist eine Mo-
gelpackung; denn Sie können den Menschen jetzt,
48 Stunden vor der NRW-Wahl, nicht einmal die Kontu-
ren und Umrisse des Modells aufzeigen. Frau Ferner, ich
kann Ihnen aber sagen, wohin diese Pläne führen – hören
Sie einmal genau zu! –: Die Bürgerversicherung führt
nicht zur Entkopplung von Arbeits- und Gesundheits-
kosten.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sagen Sie doch mal, wofür Sie sind, nicht, wogegen!)






Johannes Singhammer


(A) (C)



(D)(B)

Die Folge wären steigende Gesundheitskosten. Die Bür-
gerversicherung sichert keine nachhaltige Finanzierung.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber doch!)


Die Schwächen des bisherigen Systems blieben erhalten.
Das würde nicht zu mehr, sondern zu weniger Arbeits-
plätzen führen. Es ist das Gegenteil von Wettbewerb und
einem zukunftssicheren Gesundheitssystem, die privaten
und die gesetzlichen Krankenkassen zu einer Einheits-
kasse zusammenzuschalten, gleichzuschalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wer fordert das denn? – Gegenruf des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Der Lauterbach! – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das fordert nicht mal der Lauterbach!)


Es ist doch bei Ihnen immer das gleiche System.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704105600

Kollege Singhammer, gestatten Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Bender?


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1704105700

Ja, gerne.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704105800

Herr Kollege Singhammer, Sie sprachen von der

PKV. Können Sie uns denn erklären, wie nach Einfüh-
rung eines Kopfpauschalenmodells, bei dem jeder
Mensch monatlich 140 oder 150 Euro zahlt, die PKV als
Vollkostenversicherung zukünftig weiterbestehen soll?


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1704105900

Frau Kollegin Bender, ich kann Ihnen das nicht erklä-

ren, weil es in der Form keine Kopfpauschale geben
wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD] sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Elke Ferner [SPD]: Sie lügen, ohne rot zu werden!)


Deshalb erübrigt sich jede Diskussion darüber.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt aber keine Antwort!)


Lassen Sie mich, um bei der Diskussion auf den
Punkt zu kommen, sagen: Das, was Sie wollen, ist ver-
hängnisvoll. Sie sind nämlich bei der Bürgerversiche-
rung immer auf der Suche: Wer kann denn noch mit Ab-
gaben bedacht werden? Das ist immer das gleiche
System.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Abkassieren!)


– Abkassieren: Das ist das System.

Ich darf es, soweit Ihr System überhaupt schon er-
kennbar ist, an einem Beispiel darstellen: Die von der
SPD vorgeschlagene Erweiterung des versicherten
Personenkreises ist keine Lösung; denn Sie müssten,
wenn man es zu Ende denkt, für die Vielzahl der Beam-
tinnen und Beamten, die heute meist in der PKV sind,
ein komplexes Umstellungssystem entwickeln.


(Elke Ferner [SPD]: Nein, das stimmt doch gar nicht!)


– Natürlich müssten Sie das machen. Es wäre ein kom-
plexes System mit einem enormen Verwaltungsaufwand.


(Elke Ferner [SPD]: Die Beihilfe ist doch nun alles andere als unbürokratisch!)


Das wäre für diesen Bereich, den öffentlichen Dienst,
teurer als vorher.

Sie haben das mit dem Vorschlag verbunden – man
hört ihn immer wieder –, die Beitragsbemessungs-
grundlage zu erweitern, also Mieten und Zinsen bei-
tragspflichtig zu machen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genauso muss es sein!)


Es wäre interessant, zu erfahren, was Sie da genau vor-
haben. Wissen Sie, was das Ergebnis wäre?


(Elke Ferner [SPD]: Ja!)


Die Verdiener kleiner und mittlerer Einkommen unter-
halb der Beitragsbemessungsgrenze würden zur Kasse
gebeten;


(Elke Ferner [SPD]: Dann sagen Sie uns doch einmal, was Sie vorhaben!)


für diejenigen, deren Einkommen oberhalb der Bemes-
sungsgrenze liegen, würde sich überhaupt nichts ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deswegen heißt das Prinzip Bürgerversicherung, dass
der Briefträger zahlt und der Millionär verschont wird.
Das ist nicht solidarisch, das ist unsolidarisch, und des-
halb wollen wir uns mit einem derartigen Konzept auch
überhaupt nicht anfreunden.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Herr Singhammer, buchstabieren Sie mal Ehrlichkeit! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Im Übrigen liegen auch Parlamentarier hier in diesem
Hause oberhalb der Bemessungsgrenze; sie wären eben-
falls nicht betroffen. Vielleicht kommen aus diesem
Grund diese Zwischenrufe.


(Elke Ferner [SPD]: Reden Sie über Ihre Kopfpauschale, Herr Singhammer!)


Die Bürgerversicherung führt nicht zu mehr Gerech-
tigkeit; vielmehr ist sie eine Sondersteuer für die Bezie-
her mittlerer und unterer Einkommen. Deshalb wollen
wir sie nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich habe Ihnen die Grundzüge unserer Gesund-
heitspolitik genannt. Wir werden unsere Konzepte nicht
aufgrund des Wahltermins, sondern nach einer gründli-
chen Beratung in der Regierungskommission vorlegen.





Johannes Singhammer


(A) (C)



(D)(B)


Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)


Holger Ortel
Aydan Özoğuz Rüdiger Veit
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher

Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)


Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Sören Bartol Rolf Hempelmann Heinz Paula Ute Vogt
Dass wir uns nicht zu viel Ze
Umsetzung der Eckpunkte im
nauso zügig werden wir es
machen, wenn wir zu Ergebn


(Elke Ferner [SPD]: D gedauert, Herr S – Statt noch länger so zu sc einmal Ihre nächsten Redner gen Lauterbach. Soll er doch diese Bürgerversicherung a doch einmal! Nennen Sie do grundlage, sagen Sie es doch (Elke Ferner [SPD]: N wie die Kopfpausch Ich sage Ihnen: Wir wolle rung, keine Angstmacherei wollen Verlässlichkeit, Gerec Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 599; davon ja: 204 nein: 395 Ja CDU/CSU Josef Göppel SPD Ingrid Arndt-Brauer Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett it nehmen, sehen Sie an der Arzneimittelbereich. Ge auch in anderen Bereichen issen gekommen sind. as hat ein halbes Jahr inghammer!)


hreien, lassen Sie es doch
sagen; ich sehe den Kolle-
einmal sagen, wie er nun
usgestaltet. Sagen Sie es
ch einmal die Bemessungs-
bitte jetzt und nicht später.

ein! Sie sollen sagen,
ale aussehen soll!)

n keine Bürgerverunsiche-
vor der Wahl, sondern wir
htigkeit und Solidarität.

Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann

(Beifall bei der CDU/CS Ferner [SPD]: Das wäre bei Ihnen!)


Vizepräsidentin Petra P
Wir kommen zurück zum

Ich gebe Ihnen die von d
Schriftführern ermittelten E
chen Abstimmungen zu den
bekannt.

Zunächst gebe ich Ihnen
chen Abstimmung über den
Fraktion der SPD auf Druck
Beratung des Gesetzentwurf
CSU und FDP zum Währung
setz bekannt: abgegebene St
204 Kolleginnen und Kolleg
ben 394 gestimmt; es gab ke
schließungsantrag ist abgeleh

Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
U und der FDP – Elke
mal etwas ganz Neues

au:
Tagesordnungspunkt 23.

en Schriftführerinnen und
rgebnisse der namentli-
Entschließungsanträgen

das Ergebnis der namentli-
Entschließungsantrag der
sache 17/1639 zur Dritten

s der Fraktionen der CDU/
sunion-Finanzstabilitätsge-
immen 598. Mit Ja haben
en gestimmt, mit Nein ha-
ine Enthaltungen. Der Ent-
nt.

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Nein

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck

(Reutlingen)


Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina

Schröder(Wiesbaden)
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Josef Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP
Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel

Die sechste namentliche A
ten Entschließungsantrag de
Drucksache 17/1637 zur Dr
entwurfs der Fraktionen der
Währungsunion-Finanzstabil

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 602;
davon

ja: 67
nein: 469
enthalten: 66
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)


bstimmung betraf den ers-
r Fraktion Die Linke auf
itten Beratung des Gesetz-
CDU/CSU und FDP zum
itätsgesetz. Ich gebe Ihnen

Ja

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


DIE LINKE
Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst

das Ergebnis der namentlic
abgegebene Stimmen 605. M
nen und Kollegen gestimmt
Enthaltungen. Dieser Entschl
gelehnt.

Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich

hen Abstimmung bekannt:
it Ja haben 67 Kollegin-

, mit Nein 472; es gab 66
ießungsantrag ist damit ab-

Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Andrea Astrid Voßhoff Heinz-Peter Haustein Judith Skudelny Michael Leutert
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang

Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling

Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Thomas Strobl (Heilbronn) Otto Fricke
Paul K. Friedhoff

Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert

Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich

Nein

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabi Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)






Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

davon

Jan van Aken

Katja Kipping

Stefan Liebich
Ulla Lötzer

Frank Tempel

Nein

Michael Brand

Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Agnes Alpers Dr. Gesine Lötzsch CDU/CSU Dr. Thomas Feist
nein: 531
enthalten: 2

Ja

DIE LINKE

Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich

Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
ja: 67 Harald Koch Dr. Axel Troost Dr. Reinhard Brandl
Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


Enthalten

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell

Ich gebe Ihnen das Ergeb
stimmung über den zweiten
Fraktion Die Linke auf Druc
Beratung des Gesetzentwurf
CSU und FDP zum Währung

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 600;
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl

nis der namentlichen Ab-
Entschließungsantrag der
ksache 17/1638 zur Dritten
s der Fraktionen der CDU/
sunion-Finanzstabilitätsge-

Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Elisabeth Paus
Brigitte Pothmer

setz bekannt; das war die s
mung: abgegebene Stimmen
leginnen und Kollegen ge
536 Kolleginnen und Kollege
Der Entschließungsantrag ist

Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

iebte namentliche Abstim-
605. Mit Ja haben 67 Kol-
stimmt, mit Nein haben
n gestimmt, Enthaltungen 2.
abgelehnt.

Norbert Brackmann
Klaus Brähmig





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel (Berlin)






Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)


Ich gebe Ihnen das Ergeb
stimmung über den Entschl
Bündnis 90/Die Grünen auf
Dritten Beratung des Gesetze
CDU/CSU und FDP zum Wä
Christine Aschenberg-
Dugnus

Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)


nis der namentlichen Ab-
ießungsantrag der Fraktion
Drucksache 17/1640 zur
ntwurfs der Fraktionen der
hrungsunion-Finanzstabili-
Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann

tätsgesetz bekannt: abgegebe
ben 204 Kolleginnen und Ko
haben 393 Kolleginnen und
keine Enthaltungen. Der Ent
lehnt.
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Enthalten

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Thilo Hoppe
Sylvia Kotting-Uhl

ne Stimmen 597. Mit Ja ha-
llegen gestimmt, mit Nein

Kollegen gestimmt. Es gab
schließungsantrag ist abge-
Manfred Nink
Thomas Oppermann Christian Ahrendt

Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)


Ingrid Hönlinger
Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

FDP

Jens Ackermann
Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor

Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 600;
davon

ja: 204
nein: 396

Ja

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Nein

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina
Schröder(Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Josef Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)


Ich gebe Ihnen nun das Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktio-

bilitätsgesetz bekannt: abgegebene Stimmen 605. Mit Ja
haben 331 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 601;

Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs

Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
davon
ja: 327
nein: 273
enthalten: 1

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Manfred Behrens (Börde)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
Norbert Brackmann
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter
Wolfgang Bosbach Hans-Joachim Fuchtel Rudolf Henke
der Dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP zum Währungsunion-Finanzsta-
antrag ist mit der soeben beschlossenen Änderung ange-
nommen.
nen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/1641 zu Nein 273. Es gab eine Enthaltung. Der Entschließungs-
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel

(Lüdenscheid)


Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Dr. Kristina Schröder


(Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers


(Heidelberg)

Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
Dietrich Monstadt
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Nadine Müller (St. Wendel)

Dr. Philipp Murmann
Bernd Neumann (Bremen)

Michaela Noll
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Henning Otte
Dr. Michael Paul
Rita Pawelski
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Christoph Poland
Ruprecht Polenz
Eckhard Pols
Lucia Puttrich
Daniela Raab
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Eckhardt Rehberg
Katherina Reiche (Potsdam)

Lothar Riebsamen
Josef Rief
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Johannes Röring
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Erwin Rüddel
Albert Rupprecht (Weiden)

Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Tankred Schipanski
Georg Schirmbeck
Christian Schmidt (Fürth)

Patrick Schnieder
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer

(Weil am Rhein)

Detlef Seif
Johannes Selle
Reinhold Sendker
Dr. Patrick Sensburg
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Gero Storjohann
Stephan Stracke
Max Straubinger
Karin Strenz
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Elisabeth Winkelmeier-
Becker

Dagmar Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Heiner Kamp
Michael Kauch
Dr. Lutz Knopek
Pascal Kober
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Sebastian Körber
Patrick Kurth (Kyffhäuser)

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Lars Lindemann
Christian Lindner
Dr. Martin Lindner (Berlin)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Erwin Lotter
Oliver Luksic
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Gabi Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)

Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann


(Lausitz)

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto


(Frankfurt)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Joachim Spatz
Dr. Max Stadler
Torsten Staffeldt
Dr. Rainer Stinner
Stephan Thomae
Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel


(Lüdenscheid)

Dr. Daniel Volk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)


Nein

CDU/CSU

Dr. Peter Gauweiler
Klaus-Peter Willsch

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)

Michael Groschek
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Carsten Schneider (Erfurt)

Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff


(Wolmirstedt)

Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

DIE LINKE

Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Konstantin Hunko
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Jörn Wunderlich

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Elisabeth Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Manuel Sarrazin
Christine Scheel
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler

Enthalten

CDU/CSU

Alexander Funk
Sebastian Edathy Aydan Özoğuz Dr. Diether Dehm Hans-Josef Fell





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) (C)



(D)(B)

Wir fahren in der Debatte über den Tagesordnungs-
punkt 24 fort. Das Wort hat der Kollege Harald
Weinberg für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704106000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen
uns heute unter anderem mit zwei Anträgen der Fraktion
Die Linke. Einer der Anträge behandelt das zentrale Pro-
jekt der Koalition in der Gesundheitspolitik. Das ist die
Einführung einer einkommensunabhängigen Gesund-
heitsprämie, im Volksmund allerdings auch Kopfpau-
schale genannt.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Welches Volk?)


– Die Mehrheit des Volkes, die Mehrheit des Volkes.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das haben Sie denen eingeredet!)


Wir wollen nicht, dass der Manager ebenso hohe
Krankenversicherungsbeiträge wie seine Reinigungs-
kraft bezahlt, sondern wir wollen ein in sich solidari-
sches Krankenversicherungssystem beibehalten und aus-
bauen.


(Beifall bei der Linken – Ulrike Flach [FDP]: Dafür ist es dann insolvent!)


CDU und FDP haben dieses unpopuläre Thema nun
bis nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen in einer Re-
gierungskommission zwischengelagert. Gespannt bin
ich dabei auf das Abstimmungsverhalten der bayeri-
schen Kolleginnen und Kollegen der Union. Der Vorsit-
zende der CSU, Horst Seehofer, hat aus Bayern – völlig
zu Recht, wie ich finde – über Monate giftige Pfeile ge-
gen das wichtigste gesundheitspolitische Projekt der
Bundesregierung geschossen. Er sagte beispielsweise:

Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir unser Ge-
sundheitswesen durch eine einkommensunabhän-
gige Prämie finanzieren. Das gilt nicht nur für diese
Legislaturperiode, das gilt für das ganze nächste
Jahrzehnt.

Das ist eine klare Aussage.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir fordern das Aus für die Kopfpauschale. Horst
Seehofer fordert dasselbe. Deshalb empfehle ich meinen
Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Stimmen Sie
für unseren Antrag, stimmen Sie für Ihren Vorsitzenden!

Auch die SPD hätte, indem sie unserem Antrag zu-
stimmt, die Gelegenheit, ihre Unterschriftenlisten im
Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen politisch zu flankie-
ren.

In einem zweiten Antrag fordern wir die Einführung
einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversi-
cherung. Wir skizzieren sie in unserem Antrag auch:
Wir wollen, dass alle in Deutschland lebenden Men-
schen entsprechend ihrem Einkommen – unter Berück-
sichtigung aller Einkommensarten – zur Finanzierung
der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
beitragen. Wir wollen, dass die Chefärztin einen höheren
Krankenversicherungsbeitrag zahlt als der Krankenpfle-
ger. Das entspricht nicht nur unseren Vorstellungen von
sozialer Gerechtigkeit, das entspricht dem Gerechtig-
keitsempfinden der großen Mehrheit der Bevölkerung.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Einführung einer Bürgerversicherung fordern
heute auch die Grünen mit einem Antrag, und auch die
SPD hat ein Konzept mit gleichem Namen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wo ist denn das Konzept?)


Unser Konzept unterscheidet sich von den Konzepten
der anderen in mehreren Punkten – ich will das erläutern –:
Derzeit verhindert die Beitragsbemessungsgrenze, dass
Einkommen von mehr als 3 750 Euro im Monat ange-
messen zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversi-
cherung herangezogen werden. Im Klartext: Wir als Ab-
geordnete zahlen – sofern wir überhaupt gesetzlich
krankenversichert sind – von unserer Diät im Monat
gleich hohe Beiträge wie ein Angestellter, der halb so
viel Einkommen hat wie wir. Das ist ungerecht. Daher
fordern wir kurzfristig eine Anhebung, mittelfristig aber
die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze.


(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Das geht doch gar nicht! Keine Ahnung, von nichts! Aber davon viel!)


Die SPD will das nicht. Die Grünen wollen die Beitrags-
bemessungsgrenze lediglich anheben; auf wie viel, ver-
raten sie nicht.

Ein weiterer Unterschied: Wir wollen die private
Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen.
Dieses System ist in Europa einmalig; alle anderen Staa-
ten in Europa verzichten aus guten Gründen auf eine pri-
vate Krankenversicherung in dieser Doppelrolle. Nach
unserer Auffassung sollen alle medizinisch notwendigen
Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung
getragen werden. Für Leistungen, die medizinisch nicht
notwendig sind, etwa Einzelzimmer und Chefarztbe-
handlung, kann dann jeder eine private Zusatzversiche-
rung abschließen. Das ist unsere Position.

Die Grünen wollen die privaten Krankenversicherun-
gen auch die Bürgerversicherung anbieten lassen. Die
privaten Krankenversicherungen sollen also im Wettbe-
werb mit den gesetzlichen Krankenversicherungen ste-
hen. Ein Nebeneinander von privater und gesetzlicher
Krankenvollversicherung führt jedoch zu einer Behin-
derung der Entwicklung und der Finanzierung der ge-
setzlichen Krankenversicherung; denn die Logik einer
privatwirtschaftlich organisierten privaten Krankenver-
sicherung widerspricht grundsätzlich der einer solidari-
schen gesetzlichen Krankenversicherung.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Schon wieder Quatsch!)


Die SPD sagt zu dem Thema einer Abschaffung der
privaten Krankenversicherung gar nichts. Es bleibt ne-
bulös, auf welche Weise die Bevorzugung der Privatver-





Harald Weinberg


(A) (C)



(D)(B)

sicherten in den Wartezimmern aufhören soll. Ich frage
Sie: Wie soll das passieren? Solange Sie die privaten
Krankenversicherungen im Versorgungsgeschehen agie-
ren lassen, funktioniert das nicht.

Es gibt nur eine saubere Lösung: Die Abschaffung der
privaten Krankenversicherung als Vollversicherung – wie
wir, die Linke, es vorschlagen. Liebe Kolleginnen und
Kollegen, würde unser Konzept einer Bürgerinnen- und
Bürgerversicherung realisiert, könnten die Beitragssätze
auf etwa 10 Prozent – 5 Prozent für die Arbeitgeber und
5 Prozent für die Versicherten – gesenkt werden.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wie kommen Sie auf 10 Prozent?)


Das gehört zwar nicht zu unserer Diskussion; aber wenn
man den Arbeitgeberanteil verringern möchte, dann
doch bitte auf diesem Wege.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nennen Sie Zahlen, Daten, Fakten!)


– Die kommen auch bei Gelegenheit, Herr Spahn. Auf
Ihre Zahlen, Daten, Fakten warten wir schon seit gerau-
mer Zeit.


(Elke Ferner [SPD]: Kollege Singhammer hat sich eben gedrückt, etwas zu sagen!)


– Eben, der hat an Zahlen, Daten, Fakten gar nichts ge-
sagt.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die SPD drückt sich die ganze Zeit! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie sagen auch nichts!)


– Wollen Sie miteinander debattieren?

Bundesgesundheitsminister Rösler nannte das Ge-
sundheitssystem, das wir vorschlagen, in der letzten Wo-
che ein „unfreies System der Planwirtschaft“. Damit of-
fenbart er nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich
Nähe zu jenen US-Republikanern, die Obamas Bemü-
hungen um eine Reform des amerikanischen Gesund-
heitswesens als sozialistisches Teufelswerk diffamieren.
Während sich Obama gegen alle Widerstände abmüht,
das amerikanische Gesundheitssystem etwas zu europäi-
sieren, scheint es die feste Absicht der Boygroup des
Bundesministeriums für Gesundheit zu sein,


(Elke Ferner [SPD]: Nicht sexistisch werden! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Auf der Regierungsbank sitzt doch eine Frau!)


das unsrige zu amerikanisieren. Wohin das führt, kann
man in den USA bewundern. In den USA ist man so gut
oder so schlecht versichert, wie man verdient bzw. wie
der Arbeitgeber es will. Dieses System bringt zweifel-
sohne Spitzenleistungen für eine kleine Gruppe von Rei-
chen, Leistungen unterschiedlicher Qualität für die Mit-
telschicht und fast keine Leistungen für die Armen, und
das alles gegen Cash, gegen Geld. Geld spielt im Versor-
gungsgeschehen in den USA eine enorm große Rolle
und entscheidet im Zweifel darüber, ob überhaupt und in
welcher Qualität man eine Krankheitsversorgung erhält.
Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Unseres ist besser!)


Gemeinsam mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und
vielen anderen werden wir dagegen einen scharfen Wi-
derstand organisieren.

Ich komme zum Schluss. Die Bürgerinnen und Bür-
ger in Nordrhein-Westfalen stimmen am 9. Mai 2010
nicht nur über den Landtag ab, sondern können mit ihrer
Wahlentscheidung auch Kopfpauschale und Privatisie-
rung im Gesundheitswesen blockieren.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Recht auf Rausch!)


Am besten und sichersten machen sie dies durch ein
Kreuz bei den Linken.


(Ulrike Flach [FDP]: Oh!)


Denn damit sorgen sie dafür, dass Schwarz-Gelb spätes-
tens im Bundesrat bei dem Versuch scheitern wird, unser
Gesundheitssystem gegen die Wand zu fahren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Trara! Trara!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704106100

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Flach für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1704106200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wahlkämpfe treiben ja die seltsamsten Blü-
ten. Ich glaube, eine der allerseltsamsten Blüten, liebe
Frau Ferner, ist Ihre Erfindung der Kopfpauschale. Es
wird von dieser Koalition keine Kopfpauschale geben.
Wir planen sie nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)


Wir haben auch nicht vor, sie umzusetzen. Der Umstand,
dass zum jetzigen Zeitpunkt gerade einmal 98 736 Men-
schen Ihre tolle Kampagne unterschrieben haben, die Sie
gegen diese Kopfpauschale – von Ihnen selbst erfunden –
führen,


(Elke Ferner [SPD]: Sie kriegen nicht mal die Hälfte davon für Ihre Kopfpauschale!)


bei immerhin über 600 000 SPD-Mitgliedern, zeigt, dass
von sechs SPD-Mitgliedern fünf nicht unterschreiben.
Das ist ein großer Erfolg für diese tolle Kampagne, die
Sie fahren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das heißt, die Menschen im Lande haben sehr wohl er-
kannt, dass sie von Ihnen an dieser Stelle hinter die
Fichte geführt werden sollen und dass dies nichts mit der
Wahrheit zu tun hat.





Ulrike Flach


(A) (C)



(D)(B)


(Elke Ferner [SPD]: Sie werden es ja am Sonntag sehen!)


Wir haben heute die Chance, noch einmal über die
unterschiedlichen Modelle zu reden. Erstaunlicherweise
wurden übrigens nur von dieser Koalition und zumindest
in Ansätzen von den Grünen Modelle vorgelegt. Von Ih-
nen, liebe Kollegen von der SPD, gibt es bis zum heuti-
gen Tag keinen Vorschlag.


(Zuruf der Abg. Elke Ferner [SPD])


Das ist übrigens merkwürdig vor dieser Wahl. Sie schi-
cken die Nordrhein-Westfalen Sonntag auf den Weg zu
den Wahlurnen, ohne ihnen zu sagen, was Sie machen
wollen.


(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Absurd!)


Sie tun nichts anderes, als andere Menschen mit
Schmutz zu bewerfen. Das heißt, wir werden wahr-
scheinlich ab Montag wissen, wie Sie die Menschen be-
lasten wollen.


(Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch, wie hoch die Kopfpauschale sein soll!)


Darauf sind wir gespannt; diese Antworten erwarten wir.

Wir als Koalition reagieren auf die Herausforderun-
gen, die unbestreitbar vorhanden sind. In einer älter wer-
denden Gesellschaft mit weniger Kindern und gutem,
aber mit Sicherheit teurem medizinischen Fortschritt
funktioniert die heutige Finanzierung nicht mehr. Das ist
die Wahrheit, die Sie den Menschen sagen müssen. Die
jetzige Finanzierung ist lohnabhängig und damit kon-
junkturanfällig, was wir derzeit jeden Tag merken. Sie
belastet natürlich den Faktor Arbeit. Sie macht Arbeit in
Deutschland teurer und ist damit ein Hindernis für die
Beschäftigung. Genau aus diesem Grunde gehen wir an
diese Reform heran.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schon heute müssen Steuermittel in Höhe von über
15 Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds gepumpt
werden. Vielen Kassen reicht dieses Geld nicht, und sie
müssen Ulla Schmidts Ermächtigung für die Erhebung
von Zusatzbeiträgen ohne Sozialausgleich – auch das
muss man betonen – nutzen. Im nächsten Jahr könnte das
Defizit des Gesundheitsfonds bei einem deutlich zwei-
stelligen Milliardenbetrag liegen. Es gibt also dringend
Handlungsbedarf. Genau diesen Handlungsbedarf erfül-
len wir zurzeit. Wir tun etwas; Sie, Frau Ferner, reden.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Aber schlecht!)


Wir wollen – ich widerlege Ihre Vorwürfe, die Sie
eben in die Welt gestreut haben – keine Rationierung
von Gesundheitsleistungen. Wir wollen keine Beitrags-
explosion. Deshalb brauchen wir einen Einstieg in den
Umstieg bei der Finanzierung der gesetzlichen Kranken-
versicherung. Wir wollen mehr Wettbewerb. Wir wollen
mehr Wahlfreiheit, und wir wollen Differenzierungs-
möglichkeiten für die Versicherten. Das ist der Anlass,
diese Reform auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb schlagen wir eine einkommensunabhängige
Prämie mit einem Ausgleich für Geringverdiener aus
Steuermitteln vor.


(Elke Ferner [SPD]: Doch Kopfpauschale!)


Wer viel verdient – das ist das Credo dieser Koalition –,
zahlt viel Steuern und kann mehr zum sozialen Aus-
gleich beitragen. Das ist unser Prinzip. Genau dieses
werden wir umsetzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Sie wollen doch, dass sie weniger Steuern zahlen! Das ist doch unglaublich!)


Es gibt keine Kopfprämie, und jeder in diesem Land
soll wissen: Es wird in Zukunft keine Kopfprämie, wie
Sie es gerne nennen, geben; denn dann müsste ja jeder in
jeder Familie pro Kopf zahlen.


(Elke Ferner [SPD]: Nein! Frau Flach, kennen Sie den Unterschied zwischen Versichertem und Mitglied?)


Genau dies tun wir nicht. Wir marschieren mit einer Prä-
mie voran, durch die für Gerechtigkeit in diesem Land
gesorgt wird, und zwar über ein System, in dem Gerech-
tigkeit verankert ist, nämlich über das Steuersystem.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich lache mich schlapp!)


Schauen wir uns Ihre Alternativen an, liebe Kollegen
von der SPD. Herr Lauterbach hat uns an dieser Stelle
vor einem halben Jahr versprochen, uns ein Konzept
vorzulegen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig!)


Wo ist es denn?


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Im Tresor! – Elke Ferner [SPD]: Wo ist denn Ihres, Frau Flach?)


Wir haben eine Regierungskommission eingesetzt.
Sie haben uns vor ein paar Tagen im Gesundheitsaus-
schuss erzählt, Sie wollten uns vor Ende unserer Regie-
rungszeit ein Modell der SPD-Bürgerversicherung vorle-
gen. Ich bin einmal gespannt, ob Sie das bis 2025
hinbekommen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer noch früher als Sie! – Heinz Lanfermann [FDP]: Arbeitskreis einsetzen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie
ducken sich weg, wenn es um eigene Lösungsvorschläge
geht, Sie setzen Chimären in die Welt, um andere in den
Dreck zu ziehen, und Sie versuchen vor der Wahl in
Nordrhein-Westfalen, die Menschen dort zu verun-
sichern. Das wird zu nichts führen. Wir, diese Koalition,
haben uns auf den Weg gemacht.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Wohin auch immer!)






Ulrike Flach


(A) (C)



(D)(B)

Wir werden in wenigen Wochen die ersten Vorschläge
vorlegen. Das heißt: Das Gesundheitssystem in diesem
Lande wird für alle Menschen nachhaltig und mit fairen
Preisen verbunden sein.

Danke.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704106300

Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704106400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird

keine Kopfpauschale geben, haben wir eben von Ihnen,
Frau Flach, gehört.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Da lachen ja die Hühner!)


Ich erinnere mich da an eine Lektüre, nämlich an
George Orwells 1984. Darin heißt das Propagandaminis-
terium Ministry of Love, Liebesministerium. Das nennt
man Neusprech. Dass Sie von der Kopfpauschale nichts
mehr wissen wollen, ist auch Neusprech, weil Sie noch
immer genau dasselbe wollen, auch wenn Sie es Ge-
sundheitsprämie nennen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das wäre aber das Gleiche!)


Interessant ist doch – durch diese Übung in Sachen
Sprachsophisterei zeigt sich das ja –: Sie haben Angst
vor der Wahl in NRW bekommen;


(Elke Ferner [SPD]: Zu Recht! – Ulrike Flach [FDP]: Nein! Warum? – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


denn plötzlich wird das Thema ganz niedriggehängt. Die
FDP, Frau Flach, hat es doch glatt geschafft, vor kurzem
auf dem Parteitag in NRW einen Beschluss zur Gesund-
heitspolitik mit einem Umfang von zweieinhalb Seiten
zu fassen, der nicht ein Mal das Wort „Kopfpauschale“
und auch nicht das Wort „Gesundheitsprämie“ enthält.


(Ulrike Flach [FDP]: Die gibt es bei uns ja auch nicht! – Patrick Döring [FDP]: Es gibt überhaupt kein Papier der FDP dazu! – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie fassen doch auch keine Beschlüsse über Atomkraftwerke!)


Sie tauchen ab, weil der Countdown läuft und weil
Sie genau wissen, dass die Leute das nicht mitmachen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Müde Fantasterei!)


Ich sage Ihnen aber: Es ist wichtig, darüber zu reden;
denn nach dem 9. Mai 2010 wird es weitergehen. Egal
wie die Wahl ausgeht: Es wird ein bewegter Monat sein.
Die CSU wird wieder aufmüpfig werden, und der Ar-
beitnehmerflügel der CDU wird nicht einfach sagen:
Wunderbares Modell.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Elke Ferner [SPD]: Die fallen doch immer um!)


Was ist denn unser Problem? Wir wissen schon jetzt,
dass im nächsten Jahr 15 Milliarden Euro im Gesund-
heitsfonds fehlen werden.


(Elke Ferner [SPD]: Genau!)


Um das einmal zu übersetzen: Das sind 300 Euro pro
Kassenmitglied. Selbst wenn man Ihnen zugestehen
wollte, dass Sie mit dem Arzneimittelsparpaket viel-
leicht 2 Milliarden Euro einsparen, fehlen immer noch
13 Milliarden Euro, also 260 Euro pro Kassenmitglied.
Wenn man aber noch Ihre Versprechungen gegenüber
den Ärzten und der privaten Krankenversicherung be-
rücksichtigt, werden aus den 260 Euro schnell 350 Euro
oder 400 Euro.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was? – Ulrike Flach [FDP]: Das ist ja wohl Biggi Benders Märchenstunde! – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie rechnen sich wieder schwindelig! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Im Gegensatz zu Ihnen können wir rechnen, Herr Lanfermann)


Das, liebe Frau Fach, ist kein müßiges Zahlenspiel.
Ihnen kommt dieses Defizit im Grunde genommen sehr
gelegen. Sie wollen es nämlich als Begründung für einen
Systemwechsel heranziehen, und zwar einen System-
wechsel, durch den die Gerechtigkeit nicht vergrößert,
sondern abgebaut wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der erste Schritt zu diesem Systemwechsel war die Ein-
führung der Zusatzbeiträge durch die Große Koalition.
Diese gefallen Ihnen eigentlich gut. Sie wissen aber,
dass Sie das Defizit aufgrund der 1-Prozent-Grenze nicht
über die Zusatzbeiträge decken können. Gleichzeitig
steht diese Koalition unter Zeitdruck; denn Sie wollen ja
unter allen Umständen verhindern, dass der paritätisch
finanzierte Beitragssatz angehoben wird. Das haben Sie
den Arbeitgebern versprochen.


(Ulrike Flach [FDP]: Woher wissen Sie das denn?)


Es ist wichtig, jenseits des Hauens und Stechens zwi-
schen Schwarz und Gelb auch einmal festzustellen, dass
Sie sich in einer Sache einig sind: Sie wollen, dass in Zu-
kunft Kostensteigerungen im Gesundheitswesen aus-
schließlich aus den Taschen der Versicherten finanziert
werden. Das wollen wir verhindern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Woher wissen Sie das?)


Man muss sich einmal vor Augen halten: In den letz-
ten vier Jahren sind die Ausgaben der GKV um
11,8 Prozent gestiegen. Die beitragspflichtigen Löhne





Birgitt Bender


(A) (C)



(D)(B)

und Gehälter sind aber nur um 4,9 Prozent gewachsen. –
Wenn Sie sich durchsetzen, wird diese Schere noch wei-
ter auseinandergehen. Für uns heißt Gerechtigkeit nicht,
nur den einen in die Tasche zu greifen, sondern, stei-
gende Lasten auf alle Schultern zu verteilen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Grunde genommen wollen Sie ein anderes Sozial-
system. Halten wir uns doch einmal vor Augen, was die
gesetzliche Krankenversicherung ist. Viel mehr als im
Arbeitslosenversicherungs- und Rentenversicherungs-
system ist dort das Solidarmoment ausgeprägt; denn dort
heißt es: Jede und jeder zahlt nach Leistungsfähigkeit.
Jede und jeder erhält nach Bedarf. – Es gibt Gerechtig-
keitsdefizite, zum einen dadurch, dass sich die Gutver-
dienenden der Solidarität durch Wechsel in die PKV ent-
ziehen können. Das wollen Sie leider nicht ändern, aber
wir schon. Das Zweite ist, dass Kapitaleinkommen im
Regelfall nicht beitragspflichtig sind und deswegen
die Beiträge auf Löhne unnötig hoch sind. Herr
Singhammer, ich habe vorhin von Ihnen klassenkämpfe-
rische Töne gehört. Von daher müsste es Ihnen ein An-
liegen sein, hier gegenzusteuern, ist es aber offenbar
nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Defizite lassen sich beheben, wenn man die GKV zu
einer Bürgerversicherung weiterentwickelt, unter Betei-
ligung aller Menschen mit allen Einkommen. Das ist der
richtige Weg. Ihre Vorschläge hingegen führen auf den
Holzweg.

Was wollen Sie? Sie, Frau Flach, wollen aus der ge-
setzlichen Krankenversicherung, aus einem großen Soli-
darsystem, so etwas wie eine x-beliebige Privatversiche-
rung machen


(Ulrike Flach [FDP]: Das hätten Sie gerne!)


mit einem Risikoausgleich zwischen den Versicherten.
Das aber wäre nur noch Solidarität in Bonsaiformat.

Frau Staatssekretärin Widmann-Mauz, Sie haben ja
neulich unserer Veranstaltung gegen die Kopfpauschale
Aufmerksamkeit geschenkt. Aber Sie haben daraus
verdreht zitiert. Ich sage Ihnen einmal, was Frau Prof.
Wallrabenstein dort gesagt hat:

Solidarität ist eine gesellschaftliche Aufgabe und
darf nicht vom Steuerstaat monopolisiert werden.

Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob es wirklich
richtig ist, jegliche Umverteilung aus diesem Solidarsys-
tem herauszunehmen und, im wahrsten Sinne des Wor-
tes, zu verstaatlichen. Es ist eigentlich erstaunlich, dass
ausgerechnet Schwarz-Gelb auf so etwas kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Die GKV ist doch auch staatlich!)


Für dieses Solidarsystem besteht eine hohe Akzep-
tanz. Es gibt eine Gesundheitssolidarität. Die Versicher-
ten sind bereit, zu zahlen, bei höherem Einkommen auch
mehr, auf das Risiko hin, dass sie selber es nicht brau-
chen, dafür aber andere. Glauben Sie, dass das mit den
Steuern genauso wäre? Übrigens ist ja eine Partei an der
Regierung, die den Leuten permanent erzählt, dass Steu-
ern zahlen eigentlich etwas Perverses sei und dass man
die Steuern deswegen so weit wie möglich reduzieren
müsse.


(Heinz Lanfermann [FDP]: So ein Unfug! – Patrick Döring [FDP]: Das ist schlicht gelogen! Unglaublich!)


Ich sage Ihnen: Die Gesundheitssolidarität, die wir jetzt
haben, könnte durch dieses Geschwätz bei dem von Ih-
nen gewünschten System schnell umschlagen, indem ge-
sagt wird: Dem Staat gebe ich nichts. – Das unterminiert
Solidaritätsbereitschaft und erhöht sie nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie von der FDP wollen nun einmal die Steuern sen-
ken. Das wollen Sie auch jetzt noch, nachdem die neue
Steuerschätzung vorliegt. Sie verschweigen aber, dass
das nicht zusammengeht. Sozialausgleich über Steuern
und gleichzeitig Steuersenkung, das passt nicht zusam-
men. Das heißt doch nichts anderes, als dass man die
Gesundheitsversorgung für Millionen von Menschen
aufs Spiel setzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: So ein Unsinn!)


Sie sind nicht bereit, Steuererhöhungen, die man für ein
solches Modell bräuchte, durchzuführen. Übrigens, ei-
nen Spitzensteuersatz von 73 Prozent würde sicherlich
niemand ernsthaft in diesem Hause vorschlagen.


(Ulrike Flach [FDP]: Jetzt wird es ganz schön schummrig! – Patrick Döring [FDP]: Wir haben doch die Parteitagsbeschlüsse so schön zitiert!)


Wenn Ihr Modell Wirklichkeit würde, dann würde der
Bundestag in schöner Regelmäßigkeit bei jeder Haus-
haltsrunde feststellen: Es ist wieder mehr Geld für den
Sozialausgleich vonnöten; wir haben aber eher weniger.
Man müsste also den Leistungskatalog schleifen. Leis-
tungen werden weiter abgebaut, und nur noch diejeni-
gen, die Geld haben, erhalten eine ordentliche Ver-
sorgung. Mit dem Aufzahlungsmodell bei den
Rabattverträgen haben Sie diesen Weg eingeschlagen.


(Ulrike Flach [FDP]: Aha!)


Der Arbeitgeberverband hat vor kurzem dargelegt, wie
das mit dem Sozialausgleich bei weniger Steuereinnah-
men ohne Mehrausgaben funktionieren könnte. Ja, wie?
Indem man das Krankengeld abschafft und die Zuzah-
lungen für die Patientinnen und Patienten massiv anhebt.
Das ist der Weg, der zum Abbau des Leistungskataloges
führt, was wiederum dazu führt, dass sich nur noch Gut-
verdienende Gesundheit leisten können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Lesen Sie den Koalitionsvertrag!)


Folgender Weg lässt sich vorzeichnen: Das Solidar-
system der gesetzlichen Krankenkasse ist wie eine russi-





Birgitt Bender


(A) (C)



(D)(B)

sche Matroschka. Nach jeder Haushalts- und Re-
formrunde wird sie kleiner. Am Ende gibt es kein großes
Solidarsystem mehr, sondern nur noch eine kleine Für-
sorgekasse für Notfälle. Diesen Systemwechsel wollen
Sie den Leuten nicht erklären,


(Ulrike Flach [FDP]: Wir haben das erklärt!)


Sie werden es aber müssen, schon deswegen, weil wir es
tun werden. Sie haben Angst, dass Ihnen die Wählerin-
nen und Wähler am Sonntag in Scharen davonlaufen. Ich
hoffe, dass es genau so kommen wird.

Danke.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704106500

Angesichts einiger Zwischenrufe, die ich persönlich

nicht zuordnen konnte, möchte ich mich dem Appell des
Präsidenten von heute Morgen anschließen, in der Sache
zu debattieren und einzelne Rednerinnen und Redner
nicht durch Zwischenrufe unsachlich anzugehen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sagen Sie das denen! – Patrick Döring [FDP]: Sechs Minuten Legislaturperiode lang ist Unwahrheit verbreitet worden!)


Das Wort hat der Kollege Jens Spahn für die Unions-
fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1704106600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Hinweis, in der Sache zu diskutieren, ist sicherlich
richtig. Es wäre wünschenswert, wenn wir bei der Sache
und den tatsächlich vorliegenden Vorschlägen bleiben
würden, statt über Kunstüberschriften zu debattieren, die
Sie zwei Tage vor der Wahl als Popanz aufbauen und die
wir über uns ergehen lassen müssen. Sie sollten zur Sa-
che zurückkehren und nicht fortwährend über Dinge re-
den, die eigentlich gar nicht zur Debatte stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Wieso denn? Was wird mit der Kopfpauschale? Sagen Sie doch, wie hoch die Kopfpauschale wird!)


Was erleben wir hier zum wiederholten Male? Täg-
lich grüßt das Murmeltier. Wir führen diese Debatte
mittlerweile im Rhythmus der Sitzungswochen.


(Elke Ferner [SPD]: Natürlich!)


Frau Kollegin Ferner, Herr Weinberg, Sie haben deutlich
gemacht, worum es Ihnen eigentlich geht.


(Elke Ferner [SPD]: Wir wollen, dass die Tatsachen auf den Tisch gelegt werden!)


Ihnen geht es nicht um die Sache, wie die Frau Präsiden-
tin gerade zu Recht angemahnt hat. Ihnen geht es um die
Landtagswahl in zwei Tagen. Ihnen geht es darum, die
Menschen zu verunsichern. Frau Ferner und Frau
Bender, genauso gut könnten Sie eine Unterschriftenliste
auslegen, auf der man sich eintragen kann, wenn man
gegen ein Kernkraftwerk neben dem Reichstag ist.


(Elke Ferner [SPD]: Herr Spahn, Ihr Problem ist, dass Ihnen keiner mehr glaubt! Das ist Ihr Problem!)


Das will zwar niemand; aber man kann die Menschen
mit Unterschriftenlisten ja erst einmal verunsichern und
so tun, als müsse man gegen etwas kämpfen. Das ist Ihre
Masche. Das lassen wir Ihnen aber nicht durchgehen,
weil ein solches Vorgehen eine sachliche Debatte un-
möglich macht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Das können Sie ja beenden, wenn Sie die Zahlen auf den Tisch legen!)


Ihr Verhalten ist schade, weil wir bereits bei einer
Analyse am Mittwoch im Ausschuss festgestellt haben,
dass wir mit unseren Ansichten, was zu tun ist, gar nicht
so weit auseinanderliegen.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist es!)


Wir haben gemeinsam erkannt, dass eine ausschließlich
lohnabhängige Finanzierung der sozialen Sicherungssys-
teme, die zu Bismarcks Zeiten eingeführt worden ist, auf
Dauer nicht trägt.


(Elke Ferner [SPD]: Das ist doch gerade noch bekämpft worden!)


Diese Krise und die Einnahmeausfälle zeigen, dass es
eine breitere Finanzierungsgrundlage braucht, die hin-
sichtlich des sozialen Ausgleichs im Steuersystem


(Elke Ferner [SPD]: Welches Steuersystem denn? Das machen Sie doch kaputt!)


die Leistungsfähigkeit inklusive Mieteinkünften, Zins-
einkünften und der Einkünfte oberhalb der Beitragsbe-
messungsgrenze berücksichtigt. Dass es solch eine brei-
tere Basis braucht, ist uns allen klar. Über den Weg soll-
ten wir sachlich miteinander reden und nicht versuchen,
die Debatte durch Überschriften wie diese totzukriegen.
Das ist es, was schade ist in dieser Debatte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch, wie hoch Ihre Kopfpauschale sein wird! Dann ist es doch gut!)


Sie haben vorhin etwas aus einem Zeitungsartikel zi-
tiert, das leider jenseits jeglicher Wahrheit liegt. Es geht
nicht um den Status des jeweiligen Mitglieds, sondern es
geht um die Leistungsfähigkeit des Mitglieds. Jeder soll
nach seiner Leistungsfähigkeit zum System beitragen,
egal ob Arbeitnehmer, Selbstständiger oder Rentner.


(Elke Ferner [SPD]: Dann werfen Sie Ihre Pläne auf den Müll!)


Es gibt Gruppen, denen es besser geht, die Zinsein-
künfte, Kapitaleinkünfte, lohnabhängige Einkünfte und
Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit haben.


(Elke Ferner [SPD]: Aha! Das hat Frau Flach doch gerade noch bekämpft!)






Jens Spahn


(A) (C)



(D)(B)

Es gibt andere, die es schwerer haben. Entscheidend ist
aber, dass es einen Sozialausgleich zwischen denen, die
es besser haben, und denen, die es schwerer haben, gibt.
Das ist das Ziel, das wir haben. Nicht der Status ist ent-
scheidend, sondern die Leistungsfähigkeit. Genau das
wollen wir erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Im Kern geht es darum – ich habe es schon angedeu-
tet –, dass wir in einer Gesellschaft, die älter wird und
vom medizinischen Fortschritt profitieren möchte, die
ehrliche Botschaft senden müssen: Es wird nicht billiger
werden. Die Gesundheitskosten werden in einer älter
werdenden Gesellschaft, die vom medizinischen Fort-
schritt profitieren möchte, nicht sinken.


(Elke Ferner [SPD]: Aber die unten zahlen mehr als die oben!)


Wenn es aber nicht billiger wird, führt das dazu, dass der
Faktor Arbeit belastet wird. Die Arbeitskosten steigen.
Genau darüber führen wir immer wieder Debatten. Wenn
wir alle eigentlich der Überzeugung sind, dass es einer
breiteren Bemessungsgrundlage bzw. einer breiteren
Finanzierungsgrundlage bedarf, dann ist es doch aller
Mühen wert, darüber in Ruhe und sachlich zu diskutie-
ren. Das tun wir nun in der Regierungskommission. Tun
Sie nicht so, als hätte es das noch nie gegeben, Frau Kol-
legin Ferner. Wir haben schon zusammen in Kommissio-
nen gesessen und Gesundheitsreformen vorbereitet.


(Elke Ferner [SPD]: Ja, aber da wollten Sie noch keine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage!)


Lassen Sie die Regierungskommission in der Sache ar-
beiten! Lassen Sie uns anschließend in der Sache im
Deutschen Bundestag diskutieren und aufhören, jegli-
chen Lösungsansatz mit plakativen Überschriften ka-
puttzumachen! Zum Ziel führt das jedenfalls nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zur Wahrheit gehört, dass wir der Ausgabenentwick-
lung nicht tatenlos zusehen. Wir haben – Sie sind sogar
etwas erschrocken darüber, dass wir das in der christlich-
liberalen Koalition so entschlossen angegangen sind –
deutlich gemacht, dass wir die Entwicklung bei den Arz-
neimittelpreisen nicht mehr so hinnehmen. Wir werden
bereits ab dem 1. August – ich bin gespannt, wie Sie sich
bei der Abstimmung über den entsprechenden Gesetz-
entwurf im Ausschuss und hier im Plenum verhalten
werden – kurzfristig sparen. Darüber hinaus – Frau Kol-
legin Ferner, das ist das Entscheidende; das unterschei-
det uns von dem dumpfen Sparen ehemaliger Ministerin-
nen, die Verantwortung getragen haben – verändern wir
langfristig die Strukturen.


(Elke Ferner [SPD]: Das ist abenteuerlich!)


Wir machen beides gleichzeitig; das ist das Neue. Wir
werden dafür sorgen, dass die Industrie nicht mehr ein-
seitig die Arzneimittelpreise festlegen kann, sondern
dass der tatsächliche Nutzen eines Medikaments nachge-
wiesen werden muss und nur für tatsächlichen Mehrnut-
zen gezahlt wird.

(Elke Ferner [SPD]: Das haben Sie doch verhindert bei der letzten Gesundheitsreform!)


Das ist nach Jahrzehnten ein Paradigmenwechsel in der
Gesundheitspolitik. Sie sind nur darüber erschrocken,
dass es diese christlich-liberale Koalition ist, die das um-
setzt, nachdem Sie darüber jahrelang geredet haben,
ohne dass etwas passiert ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden uns – darüber haben wir in den letzten
Wochen schon gesprochen – die Strukturen der ambu-
lanten Versorgung genau anschauen. Es geht hier um die
Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Ver-
sorgung. Es geht darum, wie wir – das ist eines der höchs-
ten Güter in diesem Land und eines der herausragenden
Qualitätsmerkmale unseres Gesundheitswesens – die flä-
chendeckende Versorgung rund um die Uhr sicherstellen
können. Spitzenmedizin darf es nicht nur in Hamburg,
München und Düsseldorf geben, sondern auch in der Re-
gion – ich komme aus dem Münsterland – und in der
Fläche. Wir wollen über die Frage reden, wie wir künftig
eine vernünftige medizinische Versorgung auch in der
Fläche – dabei geht es nicht nur um die Ärzte, auch
wenn sie sehr entscheidend sind – gewährleisten können.
Wir wollen über Strukturen diskutieren. Wir laden Sie
dazu herzlich ein. Wir wollen in diesem Jahr auf jeden
Fall vorankommen.


(Elke Ferner [SPD]: Dann sagen Sie mal, wie hoch Ihre Kopfpauschale sein soll!)


Wir würden uns freuen, wenn Sie dabei wären.

Herr Weinberg, Sie haben die Wartezeiten der Versi-
cherten angesprochen. Die Honorierung der ärztlichen
Leistungen war kein Problem der privaten Krankenversi-
cherung, sondern ein Problem der gesetzlichen Kranken-
versicherung.


(Elke Ferner [SPD]: Heißt das, Sie finden es richtig, dass der Kassenpatient länger warten muss?)


Frau Kollegin Ferner, wir haben das System umgestellt,
damit die Ärzte eine höhere Planbarkeit mit festen Euro-
Beträgen haben. Es geht darum, dass in der gesetzlichen
Krankenversicherung qualitativ gute medizinische Leis-
tungen anerkannt und bezahlt werden. Dafür haben wir
gesorgt – das ist auch richtig –, damit es zu einer guten
Versorgung der Patientinnen und Patienten kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die vorliegenden Anträge sind schon putzig. Sie for-
dern darin die Bundesregierung auf, Ihnen ein Bürger-
versicherungskonzept zu erarbeiten.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist ein Witz!)


Seit Jahren fordern Sie eine Bürgerversicherung, und
jetzt fordern Sie im Deutschen Bundestag tatsächlich die
Bundesregierung auf, ein entsprechendes Konzept zu er-
arbeiten. Sie wissen doch genau, warum Sie sich mit die-
sem Thema noch nicht so intensiv befassen mögen:


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die und ein Konzept? Eine „Mission Impossible“!)






Jens Spahn


(A) (C)



(D)(B)

Weil dabei irgendwann herauskäme, dass Sie gerade die
Mittelschicht in diesem Land,


(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


die Facharbeiter und viele andere, zusätzlich belasten
müssen.


(Elke Ferner [SPD]: Das ist eine falsche Behauptung!)


Denn es ist anders, als Herr Weinberg suggeriert: Man
kann die Beitragsbemessungsgrenze nicht einfach strei-
chen. Es muss eine Äquivalenz zwischen Beitrag und
Leistung geben;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


das hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht.
Man kann die Streichung der Beitragsbemessungsgrenze
populistisch fordern, aber in einem Versicherungssystem
geht das nicht. Deswegen müssen Sie sagen: Was pas-
siert mit der Beitragsbemessungsgrenze?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704106700

Kollege Spahn, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Klein-Schmeink?


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1704106800

Mit Freuden.


(Zurufe von der CDU/CSU: Nett wie immer! – So kennen wir ihn!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Frage betrifft einen Punkt, der schon ein biss-
chen zurückliegt. Sie haben vorhin über die PKV
geredet. Ich würde Sie gerne fragen, ob Sie das Honorar-
system der PKV, die Direktabrechnung, auf unsere ge-
setzlichen Krankenversicherungen ausdehnen bzw. über-
tragen wollen. Ich finde, das wäre eine sehr interessante
Aussage.


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1704106900

Nein. Wenn Sie genau zugehört hätten, hätten Sie

festgestellt, dass es mir bei meiner Aussage auch nicht
darum ging. Die Frage: „Wie ist die Situation im Warte-
zimmer, wer ist wie schnell an der Reihe?“ ist kein Pro-
blem der privaten Krankenversicherung,


(Elke Ferner [SPD]: Ach was! Wollen Sie jetzt doch keine Kostenerstattung mehr?)


sondern es geht darum, wie angemessen ärztliche Leis-
tung im gesetzlichen System honoriert wird. Das ist die
eigentliche Frage. Dieses Thema sind wir in der Großen
Koalition, zumindest was die Richtung angeht, bereits
angegangen. In der christlich-liberalen Koalition wollen
wir unsere Bemühungen jetzt zu einem vernünftigen
Ende führen, weil leider noch nicht alles ganz gelungen
ist.


(Elke Ferner [SPD]: Schwarz-Gelb, Herr Spahn! Das ist weder christlich noch liberal!)

Es geht darum, medizinische bzw. ärztliche Leistungen
im gesetzlichen System anzuerkennen. Um mehr geht es
an dieser Stelle nicht. Insofern: Nein.


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie denn dieses Nebeneinander in Zukunft abstellen?)


Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen
Sie genau, warum Sie über die Bürgerversicherung nicht
weiter reden mögen, sondern stattdessen fordern, dass
die Regierung für Sie ein Konzept erarbeitet.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es!)


Dann müssten Sie sich nämlich einmal zu den von mir
genannten Details verhalten:


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau! – Elke Ferner [SPD]: Keine Sorge! Wir werden uns zu den Details äußern! Im Gegensatz zu Ihnen! Sie verstecken ja Ihre Kopfpauschale!)


Wie ist es mit der Beitragsbemessungsgrenze? Inwieweit
werden Kapital- und Zinseinkünfte von Angehörigen der
Mittelschicht, die mühsam ein paar Tausend Euro ge-
spart haben, verbeitragt?

Es ist doch ein Unding – das haben wir in der letzten
Sitzungswoche gelernt –, dass die SPD seit 2003 an ei-
nem Bürgerversicherungskonzept arbeitet.


(Ulrike Flach [FDP]: Ja! Und jetzt bis 2025!)


Viel ist dabei noch nicht herausgekommen. Im Dezem-
ber letzten Jahres haben wir noch etwas gelernt. Damals
hat der Kollege Lauterbach an diesem Pult erklärt, wir
könnten zeitnah – das war, wie ich glaube, seine Wort-
wahl – mit einem ausgearbeiteten und durchgerechneten
Bürgerversicherungskonzept, das Sie in Überschriften
immer vor sich hertragen, rechnen.


(Elke Ferner [SPD]: Warten Sie mal ab!)


Am Mittwoch dieser Woche haben wir im Ausschuss ge-
hört – man höre und staune –, man könne zum Ende die-
ser Legislaturperiode, also zehn Jahre nachdem die SPD
begonnen hat, in Überschriften dieses System zu for-
dern,


(Ulrike Flach [FDP]: Ja, genau! Jetzt gibt es einen Arbeitskreis! Also wirklich!)


vielleicht mit einem durchgerechneten Konzept rechnen.


(Elke Ferner [SPD]: Keine Sorge, Herr Spahn!)


Wir sind wirklich gespannt, was da kommt und was dann
gilt.


(Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch auch mal, was Sie wollen, Herr Spahn! Das interessiert die Leute doch!)


Herr Kollege Lauterbach, Sie reden gleich im Anschluss.
Dann können Sie uns ein wenig erhellen. Freuen würde
es uns, liebe Kolleginnen und Kollegen.





Jens Spahn


(A) (C)



(D)(B)


(Elke Ferner [SPD]: Herr Spahn, sagen Sie doch mal, was Sie wollen! Das geht jetzt schon seit zehn Minuten so! Zehn Minuten heiße Luft! – Ulrike Flach [FDP]: Da gilt das Motto: Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann bilde einen Arbeitskreis!)


Insofern kann ich abschließend nur sagen: Hören Sie
auf, die Menschen zu verunsichern. Hören Sie auf, mit
Überschriften und Forderungen, die niemand stellt und
um die es hier nicht geht, Scheingefechte zu führen. Las-
sen Sie sich endlich auf eine sachliche Debatte ein,
damit wir unser gemeinsames und richtiges Ziel, eine
breitere Finanzierungsgrundlage für die gesetzliche
Krankenversicherung zu schaffen, erreichen.


(Elke Ferner [SPD]: Aha! Das ist ja interessant! Dann lesen Sie mal nach, was Frau Flach und Herr Singhammer vorhin gesagt haben!)


Denn nur mit einer breiteren Finanzierungsgrundlage
kann die Solidarität, die wir gemeinsam wollen, tatsäch-
lich gewährleistet werden. Arbeiten Sie daran mit, sach-
lich und konstruktiv, wie es die Frau Präsidentin gerade
eingefordert hat.


(Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch mal, ob Sie jetzt Leistungen ausgliedern und wie hoch die Kopfpauschale sein wird!)


Dann können wir darüber, wenn die Regierungskommis-
sion ihre Arbeit abgeschlossen hat, munter diskutieren.
Wir jedenfalls glauben, es ist alle Mühe wert, in Ruhe,
sachlich, konstruktiv


(Elke Ferner [SPD]: Das wäre bei Ihnen etwas Neues!)


und mit der nötigen Zeit in diesem Jahr über dieses
Thema zu reden. Wir laden Sie ein, das gemeinsam mit
uns auf dieser Basis zu tun. Ansonsten bleiben wir, wie
gehabt, frohen Mutes.

Alles Gute!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704107000

Das Wort hat der Kollege Karl Lauterbach für die

SPD-Fraktion.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Jetzt kommt das Konzept!)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1704107100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben im NRW-Wahlkampf einen großen
Schwerpunkt auf das Thema Kopfpauschale gelegt.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Wahlkampf ist in Nordrhein-Westfalen, nicht hier!)


Ich selbst habe über 40 Veranstaltungen zu diesem
Thema durchgeführt, von Emsdetten über Dülmen,
Herne und Kevelaer bis Duisburg.


(Lars Lindemann [FDP]: Worüber haben Sie denn da gesprochen? Sie haben doch gar kein Konzept! – Ulrike Flach [FDP]: Das ist aber spannend! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das gleicht ja einer Wallfahrt! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Wo waren Sie denn noch überall?)


Diese Veranstaltungen waren allesamt sehr gut.


(Patrick Döring [FDP]: Wie schön! Wir gratulieren Ihnen herzlich, Herr Kollege!)


Es ist zum Teil nachbestuhlt worden; die Presse hat da-
rüber berichtet.


(Ulrike Flach [FDP]: Wie können Sie den Leuten denn etwas erzählen? Worüber überhaupt? – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist ja schön für Sie! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Auch das noch! – Welch schöner Erfolg!)


Diese Veranstaltungen haben den Menschen tatsächlich
gewissermaßen Angst gemacht;


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie haben den Menschen Angst gemacht? Das ist ja wohl der größte Witz der Geschichte! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Sie haben Ihre Gelegenheit ja nicht genutzt, hier etwas klarzustellen!)


es ist so, wie Sie es gerade beschrieben haben.

Als Mediziner sage ich Ihnen: Nicht jede Angst ist
unbegründet. Nicht jeder Mensch, der beispielsweise
Angst vor einem Tumor hat, bekommt keinen Tumor. Es
gibt auch begründete Angst. Die Menschen sind nicht so
dumm, wie Sie glauben. Wenn Sie glauben, die Men-
schen wüssten nicht, dass die Kopfpauschale, die Sie so
nicht nennen wollen, für den Geringverdiener und für
den Rentner eine Mehrbelastung bedeutet, wenn Sie
glauben, den Menschen diese Angst mit billigen seman-
tischen Tricks nehmen zu können, sind Sie auf dem
Holzweg. Dafür werden Sie am Sonntag die Quittung
bekommen.


(Beifall bei der SPD)


Die FDP trat hier groß auf. Die FDP, die Partei, die
sich als neue Volkspartei gerierte, die sich in Umfragen
sozusagen auf Augenhöhe mit der SPD sah,


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist nicht so schwer! – Ulrike Flach [FDP]: Das hat wehgetan!)


diese FDP kämpft jetzt – ich sage: zu Recht und nicht
zuletzt wegen des dummen Anspruchs auf die Kopfpau-
schale – mit der 5-Prozent-Hürde. Das könnte keiner
netteren Partei passieren.


(Beifall der Abg. Elke Ferner [SPD])


Hochmut kommt vor dem Fall.

Wir sind von Ihnen immer wieder aufgefordert wor-
den, über Inhalte zu diskutieren.


(Ulrike Flach [FDP]: Das wird Zeit!)






Dr. Karl Lauterbach


(A) (C)



(D)(B)

Herr Singhammer, was haben wir denn eben von Ihnen
gehört? Sie haben zehn Minuten vorgetragen, ohne einen
einzigen konkreten Satz zu sagen.


(Elke Ferner [SPD]: Heiße Luft! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Nur Konkretes! – Ulrike Flach [FDP]: Was sagen Sie denn? Wo ist denn Ihre Lösung?)


Bei allem Respekt: Ich verstehe, dass Sie nichts Neues
haben. Ich verstehe, dass nichts Neues zu sagen ist. Aber
Sie bitten uns, über Inhalte zu reden. Der Kollege Spahn
sagt, wir würden mit Überschriften diskutieren. Der Kol-
lege Spahn sagt, wir müssen uns die Schnittstellen an-
schauen. Ich bitte Sie; was ist das für eine Aussage?


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was ist denn mit Ihrer Bürgerversicherung?)


– Dazu komme ich gleich. – Der Kollege Spahn berich-
tet, dass die Versorgung in Münster demnächst verbes-
sert wird usw.


(Ulrike Flach [FDP]: Und Sie erzählen von Dülmen!)


Das sind doch alles filibusterhafte Beiträge. Von der Re-
gierung kommt seit Monaten nichts – absolut nichts, nur
heiße Luft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!)


Man klammert sich an das Konzept der Bürgerversiche-
rung, wozu ich gleich noch etwas sagen werde.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Endlich!)


Das Thema unserer heutigen Debatte aber ist die
Kopfpauschale. Trotz all Ihrer semantischen Tricks wird
es Ihnen nicht gelingen, den Menschen die Angst davor
zu nehmen, dass der Rentner genauso viel zahlen wird
wie der ehemalige Chef, die Hebamme so viel wie der
Chefarzt, der Bundestagsfahrer so viel wie der Herr
Westerwelle.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber wo ist der Sozialausgleich?)


Die Tatsache, dass die Kinder beitragsfrei mitversichert
werden sollen, ändert nichts daran, dass es sich um eine
Pauschale handelt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Spahn hat im Ausschuss gesagt: Es wird keine
Kopfpauschale, kein Prämiensystem, wie auch immer
Sie es nennen wollen, ohne einen steuerfinanzierten
Sozialausgleich geben. Das haben Sie gesagt.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig!)


Wir werden, wie berechnet wurde, Steuerausfälle in
Höhe von 40 Milliarden Euro haben. Sie planen Entlas-
tungen für Gutverdienende und Unternehmen im Um-
fang von 16 Milliarden Euro. Griechenland haben wir
heute mehr oder weniger einen Blankoscheck ausstellen
müssen – ohne Verbindlichkeiten.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie nicht! – Patrick Döring [FDP]: Bürgschaften!)


Dafür werden wir haften müssen. Sie haben doch kein
Geld für eine Steuersenkung. Verabschieden Sie sich
ehrbar von diesem Konzept! Sagen Sie: Wir wollten das
mal, aber wir haben kein Geld dafür. Wir können es des-
wegen jetzt nicht machen. – Sie brauchen doch nieman-
den mehr zu verunsichern. Sagen Sie: Wir verabschieden
uns von dem Konzept, das wir früher „Kopfpauschale“
genannt haben.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber dann wären wir bei Ihnen und Ihrer Lösung!)


Dann reden wir ausschließlich über die Bürgerversiche-
rung. Nehmen Sie die Gelegenheit wahr. Sagen Sie: Wir
wollten das, aber wir können das nicht finanzieren


(Elke Ferner [SPD]: Können tun die das nicht!)


und nehmen deshalb Abstand davon. Damit haben wir
kein Problem.

Aber die Wahrheit ist doch, dass Sie das Konzept
noch nicht aufgegeben haben. In Wirklichkeit wollen Sie
doch schauen, ob Sie damit durchkommen. Das ist eine
Sturheit, die beispiellos ist.


(Ulrike Flach [FDP]: Die ist nur von Ihnen zu schlagen!)


Das geht auf die FDP zurück; denn die FDP kombiniert
in einzigartiger Form ideologische Sturheit mit Inkom-
petenz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Der Herr Präsident hat Sachlichkeit eingefordert! – Patrick Döring [FDP]: Eine sachliche Debatte, die Sie da führen!)


Es gibt keine andere Partei, die so stur ist. Die FDP ist
eine Partei, die mit dem Kopf durch die Wand will. Herr
Lanfermann, Sie werden sehen: Die Wand wird nicht
nachgeben.


(Heiterkeit bei der SPD)


Die gleiche Sturheit beobachtet man übrigens auch – ich
bringe ein weiteres Beispiel, weil ich aufgefordert
werde, zur Sache zu sprechen –, wenn Sie bei jeder Ge-
legenheit weitere Steuersenkungen fordern. Land, Kom-
munen, Bund, alle sind pleite; aber Sie fordern weitere
Steuersenkungen. Sie sagen: Das wird sich alles selbst
finanzieren. Das mussten wir uns von Frau Koch-Mehrin
bei Hart aber fair anhören. Wenn das im Ansatz stim-
men würde, hätte es in Griechenland nie ein Problem,
sondern nur Reichtum gegeben.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Das Gegenteil! Sie haben es nicht verstanden!)


Am Ende der Sendung wurde Frau Koch-Mehrin ge-
fragt, um wie viel die Schulden in den letzten
75 Minuten zugenommen hätten. Darauf nannte sie die
bestürzende Schätzung von 6 000 Euro.





Dr. Karl Lauterbach


(A) (C)



(D)(B)


(Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist die wirtschaftliche Fachkompetenz der FDP!)


Ich weiß, dass ich von professoralen Belehrungen Ab-
stand nehmen sollte. Aber wenn man sich um den Faktor
300 verschätzt, dann sollte man sich zu Steuerfragen
nicht äußern, und dann sollte man auch nicht in eine sol-
che Sendung gehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Aber Sie reden doch auch über Gesundheitspolitik!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704107200

Kollege Lauterbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Spahn?


Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1704107300

Sehr gerne, Herr Spahn.


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1704107400

Es ist schön zu sehen, Herr Kollege Lauterbach, dass

Sie sich an Ihrem eigenen Vortrag erheitern können. Das
ist schon eine Menge wert.

Unabhängig davon habe ich eine konkrete Frage:
Wann dürfen wir mit dem Konzept der Sozialdemokrati-
schen Partei Deutschlands oder meinetwegen auch der
sozialdemokratischen Fraktion im Deutschen Bundestag
rechnen,


(Elke Ferner [SPD]: Wann sagen Sie, wie hoch die Kopfpauschale sein wird?)


das uns Auskunft darüber gibt, was jenseits des einfa-
chen Wortes „Bürgerversicherung“ damit konkret ge-
meint ist? Wen betrifft sie? Was ist mit der Beitragsbe-
messungsgrenze? Um all diese Fragen geht es. Wann
dürfen wir mit diesem Konzept rechnen?


(Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie mal was zu den Details Ihrer Kopfpauschale! Sozialausgleich! Wie soll das laufen? Was zahlt die Rentnerin?)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1704107500

Das kann ich Ihnen ganz konkret sagen. Wir werden

zu dem Zeitpunkt, wenn wir die Regierung und damit
auch den Gesundheitsbereich wieder übernehmen,


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


ein umsetzungsbereites Konzept haben. Herr Spahn, ich
verstehe, dass Sie sich Sorgen machen, ob wir regie-
rungsbereit sind. Ich gehe genauso wie Sie davon aus,
dass Herr Rösler eine Eintagsfliege in der Gesundheits-
politik sein wird. Aber wir werden zu dem Zeitpunkt, zu
dem wir die Regierungsverantwortung auch im Gesund-
heitsbereich übernehmen, ein umsetzungsbereites Kon-
zept zur Bürgerversicherung haben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber welches denn?)


Wir haben in dieser Woche unter Leitung von Andrea
Nahles, Elke Ferner und mir eine Kommission beim Par-
teivorstand eingesetzt, die das bereits bestehende Kon-
zept


(Patrick Döring [FDP]: Ach so!)


an die neuen Gegebenheiten anpasst. Wir nehmen im
Gegensatz zur FDP ernst, dass sich die steuerliche Basis
verändert und es eine beispiellose Finanz- und Wirt-
schaftskrise gegeben hat. Wir werden das bestehende
Konzept, das nach wie vor Gültigkeit hat, in den nächs-
ten Monaten den neuen Gegebenheiten am Finanzmarkt
und in der Wirtschaft anpassen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wann ist die nächste Sitzung?)


Selbst wenn es als Notfalleinsatz erforderlich wäre, in
der laufenden Legislaturperiode die Regierung zu über-
nehmen, wären wir in den nächsten Monaten bereit.


(Zurufe von der CDU/CSU: Wann?)


Ich denke, das wird Ihnen erst einmal reichen. Ich ver-
stehe Ihre Sorge, aber wir sind bereit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir können Sie jederzeit entlasten. Im Übrigen haben
wir nicht von Ihrer Hilfe bei der Umsetzung unseres
Bürgerversicherungskonzepts gesprochen, sondern wir
haben Sie gebeten, Ihrerseits etwas für die übrige Bevöl-
kerung vorzuschlagen. Bei allem Respekt, Herr Spahn:
Wir brauchen Ihre Unterstützung nicht.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aber wann? Wann?)


Ich komme zum Thema Kopfpauschale zurück, um
das es heute geht. Was haben wir in der letzten Zeit über
die Kopfpauschale gehört? Jetzt heißt es, es solle das
Konzept einer Kopfpauschale vorbereitet werden, die
nicht die Zustimmung des Bundesrates erfordert. Sie ge-
hen davon aus, dass Sie am Wochenende die Mehrheit
im Bundesrat verlieren; davon gehen wir auch aus. Ei-
nen Sozialausgleich wird es aber ohne Zustimmung des
Bundesrates nicht geben können. Denn jeder steuerfi-
nanzierte Sozialausgleich ist im Bundesrat zustim-
mungspflichtig wie auch jeder Finanzausgleich inner-
halb des Kassensystems, der nicht über Zuzahlungen
organisiert ist, sondern von einer Kasse zur anderen er-
folgt. Jeder neue Finanzausgleich innerhalb des Kassen-
systems, der neue Verwaltungsaufgaben für die Kran-
kenkassen vorsieht, ist zustimmungspflichtig. Das
werden Sie noch lernen.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle sagen: Wir werden
seitens der SPD für keine dieser Möglichkeiten in Nord-
rhein-Westfalen oder anderswo die Hand heben. Sie wer-
den das Modell der Kopfpauschale auch nicht durch die
Hintertüre einführen können. Das kann ich Ihnen garan-
tieren.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Es gibt keine Kopfpauschale! – Patrick Döring [FDP]: Wir wollen es gar nicht einführen!)


Sie haben angekündigt, dass Sie die Rentner vielleicht
nicht in die Kopfpauschale einbeziehen werden.





Dr. Karl Lauterbach


(A) (C)



(D)(B)


(Ulrike Flach [FDP]: Nein! Wir haben gar nichts angekündigt! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das? – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie haben wohl die falschen Zeitungen gelesen!)


Was bleibt denn dann von Ihrem Konzept noch übrig?
Man kann es nicht Kopfpauschale nennen. Die Rentner
sind nicht mit einbezogen. Einen Sozialausgleich kann
man nicht bezahlen. Es scheint überhaupt nichts übrig zu
bleiben.


(Beifall bei der SPD)


Haben Sie überhaupt ein Konzept? Wollen Sie mögli-
cherweise durch den verzweifelten Ruf nach einem Kon-
zept der Bürgerversicherung davon ablenken, dass Sie
selbst nichts in der Hand haben? Kann es sein, dass Sie
nach all diesen Monaten keinen einzigen Vorschlag vor-
weisen können, weil Sie sich in Wirklichkeit auf nichts
einigen können? Kann das sein? Es gibt wahrscheinlich
nicht genug ideologische Einigungsmasse, um irgendet-
was zur Finanzierung vorschlagen zu können. Ich be-
fürchte ein riesiges Gemurkse. Ich fürchte, dass Sie zum
Schluss


(Jens Spahn [CDU/CSU]: „Schluss“ ist ein gutes Stichwort!)


mit leeren Händen dastehen werden.

Zum Abschluss sage ich Ihnen zu der Bürgerversiche-
rung so viel: Wir werden ein Konzept ohne eine Zwei-
klassenmedizin anbieten.


(Ulrike Flach [FDP]: Wann?)


Das heißt, es wird das Nebeneinander von privaten und
gesetzlichen Krankenversicherungen in der jetzigen
Form, also das Nebeneinander von Vollversicherungen
für privat und gesetzlich Versicherte zu verschiedenen
Bedingungen, nicht mehr geben. Es wird ein System für
alle geben. Wir werden die Ärzte und Ärztinnen zu glei-
chen Bedingungen für alle Versicherten vergüten, sodass
es nicht vom Einkommen des Einzelnen abhängt, wie
gut er versichert ist und wie gut er behandelt wird.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was ist mit Mieteinnahmen?)


Wir werden die Arbeitgeber an der Finanzierung des
Systems stärker beteiligen und nicht entlasten. Wir wer-
den somit ein Gesundheitssystem anbieten, das die Men-
schen in diesem Land versöhnt und nicht spaltet, ein
System, auf welches wir stolz sein können und das den
Menschen, der durch Krankheit gefährdet ist, nicht in
Not bringt.


(Ulrike Flach [FDP]: Sie hatten doch zwölf Jahre Zeit!)


– Ich kann es Ihnen sagen. Wir haben noch etwa zwei-
einhalb Jahre Zeit, um uns vorzubereiten, es sei denn,
Sie schmeißen früher hin.


(Patrick Döring [FDP]: Dass Sie nicht regieren können, haben Sie doch gerade bewiesen!)

Aber von der FDP wird nichts kommen, und von der
Union wird nichts kommen. Ich garantiere Ihnen: Wir
sind vorbereitet.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann denn?)


Wir genauso wie die Grünen sind vorbereitet, wenn wir
die Regierungsverantwortung übernehmen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704107600

Kollege Lauterbach, achten Sie bitte auf die Zeit.


Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1704107700

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704107800

Das Wort hat der Kollege Lars Lindemann für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Lars Lindemann (FDP):
Rede ID: ID1704107900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Einmal mehr beschäftigen wir uns heute mit den Anträ-
gen der Opposition, die ihre Lieblingsbegriffe beinhal-
ten: Kopfpauschale, Bürgerversicherung, Solidarität,
Gerechtigkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Opposition, zur Sachdebatte haben Sie heute hier nichts
beigetragen. Sie, Herr Lauterbach, spekulieren und wol-
len dann mit uns über Ihre Spekulationen sprechen. Das
werden wir, weil es billiger Wahlkampf für Nordrhein-
Westfalen ist, nicht mitmachen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die SPD stellt erst gar keinen Antrag, sondern will
mit uns über die 28 Fragen, die sie in einer Großen An-
frage an die Bundesregierung gestellt hat, debattieren.
Sie hätten Ihre Bürgerversicherung in Form eines An-
trags vorlegen können. Das tun Sie nicht, weil Sie, Herr
Kollege Lauterbach, gar nichts vorlegen können. Jede
einzelne Frage, die Sie gestellt haben – auch das wissen
Sie –, wird Gegenstand der Erörterung in der Regie-
rungskommission sein, die noch in diesem Jahr ihre Er-
gebnisse vorlegen wird. Offensichtlich wird bei Ihrem
schon länger praktizierten Vorgehen aber eines: dass es
Ihnen eben nicht darauf ankommt, auf die Herausforde-
rungen hin orientiert sachlich am Gesundheitssystem zu
arbeiten; vielmehr spekulieren Sie. Deutlich wird aber,
wonach Ihnen wirklich der Sinn steht. Da heißt es im
Antrag der Linken, die solidarische paritätische gesetz-
liche Kranken- und Pflegeversicherung habe sich be-
währt und sei in der Bevölkerung breit akzeptiert. Da
muss man schon eine ziemlich eingeschränkte Wahrneh-
mung haben, wenn man das hier so verkaufen möchte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das System zeigt doch wohl immer deutlicher, dass es in
der unveränderten Form den Herausforderungen der De-
mografie, dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt
und einer sich verändernden Morbidität nicht gewachsen





Lars Lindemann


(A) (C)



(D)(B)

ist. Also werden wir doch wohl darangehen müssen, hier
grundlegende Veränderungen vorzunehmen.


(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)


Damit sich die Debatte für Sie auch lohnt, beklagen Sie
hier die derzeitig vorhandenen Unzulänglichkeiten. Ei-
nes wollen wir hier ganz eindeutig festhalten: Diese Un-
zulänglichkeiten sind Resultate Ihrer Politik, Herr
Lauterbach, der Politik der SPD.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, was
Sie hier vorführen, zeugt von politischer Orientierungs-
losigkeit. Damit es auch recht emotional wird, drehen
sich bei Ihnen immer alle Fragen um mehr Geld. Schaut
man sich an, wohin Sie zielen, dann stellt man fest, dass
Sie nicht auf die Ursachen der Kosten im System und
darauf abzielen, wer dafür verantwortlich ist, sondern
dass Sie die Kosten vergesellschaften wollen. Nein,
meine sehr geehrten Damen und Herren, für Sie steht
ganz weit oben auf der Agenda so eine Art unerschöpfli-
cher Nibelungenschatz aus dem Hause der Leistungsträ-
ger in diesem Land.


(Zuruf von der LINKEN: Ja, die Leistungsträger wieder!)


– Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken,
diffamieren diese dann auch noch als Reiche, vor denen
man warnen muss, weil sie sich der Solidarität in diesem
Land entziehen.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Durch Steuergesetze à la FDP, genau! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: So ist es! – Zuruf von der SPD: Mit Ihrer Hilfe!)


– Da brauchen Sie nicht herumzubrüllen. Das ist eine
Tatsache.

Wissen Sie, lieber Kollege, Solidarität ist eben nicht
der größtmögliche Eifer beim Verteilen des Geldes ande-
rer Leute.


(Beifall bei der FDP)


Darum ist es auch richtig, dass im Gesundheitsbereich
das Prinzip der Eigenverantwortung wieder mehr zur
Geltung gebracht werden muss. Wer dies ablehnt, der
führt die Menschen zur Verantwortungslosigkeit, was
wohl niemand ernsthaft zum Ziel haben kann. Darum ist
nach unserem Modell die dem gesetzlich Versicherten
auferlegte Verpflichtung, eine einkommensunabhängige
Gesundheitsprämie an seine gesetzliche Krankenversi-
cherung für die Übernahme eines gesetzlich festgelegten
Leistungskatalogs zu zahlen, die unmittelbare Über-
nahme von Verantwortung für sich selbst. Erst dann,
wenn der gesetzlich Versicherte seine Verpflichtung tat-
sächlich selbst nicht erfüllen kann, stellt sich die Frage,
wie ihm die Gemeinschaft helfen kann. Dies soll über
das Steuersystem bewerkstelligt werden, weil das für
alle gerechter ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704108000

Das Wort hat die Kollegin Kathrin Senger-Schäfer für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704108100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Was ich hier jetzt von der Regierungsko-
alition gehört habe, lehrt mich das Gruseln. Von der FDP
höre ich „einkommensunabhängige Gesundheitsprä-
mie“. Was, bitte schön, ist eine einkommensunabhängige
Prämie anderes als eine Kopfpauschale?


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Vonseiten der CDU, von Herrn Spahn, höre ich, es
sollen doch irgendwie Verdienste und Vermögen heran-
gezogen werden. Was, bitte schön, möchten Sie eigent-
lich?


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Über das Steuersystem!)


Ich verstehe nicht, worauf Sie eigentlich abheben wol-
len. Es ist eine Verwirrungstaktik, was Sie uns hier heute
anbieten.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Dann haben Sie ein intellektuelles Problem! – Zuruf von der FDP: Das liegt an Ihnen!)


Früher mussten die Menschen Angst vor der Zukunft
haben, heute muss die Zukunft Angst vor den regieren-
den Menschen haben; denn die Regierung flüchtet sich
in den Mantel des Schweigens und der Verwirrung, bis
die gefürchtete NRW-Wahl endlich vorübergegangen
sein möge. Das ist der Tag, an dem die gesundheitspoliti-
sche Welt der Regierungskoalition aufhören könnte, sich
zu drehen.

Mein Kollege Harald Weinberg hat bereits dargelegt,
warum unsere Anträge für die Zukunft des Gesundheits-
wesens wegweisend sind und auch die Kolleginnen und
Kollegen von den Grünen und von der SPD ihnen zu-
stimmen könnten.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!)


Als pflegepolitische Sprecherin der Partei und Frak-
tion Die Linke liegt mir ein Thema besonders am Her-
zen. Einer der beiden Anträge der Linken, die heute zur
Debatte stehen, trägt den Titel „Solidarische Bürgerin-
nen- und Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege
einführen“. Ich will, ich muss in diesem Zusammenhang
die Pflege hervorheben. Denn über diese Herausforde-
rung, die jede einzelne und jeden einzelnen der hier An-
wesenden früher oder später direkt oder indirekt betrifft,
werden vonseiten dieser Bundesregierung noch weniger
Worte verloren als zur Kopfpauschale im Gesundheits-
wesen.

Ich erlebe ja von Zeit zu Zeit die Kolleginnen und
Kollegen von Union und FDP auf Fachveranstaltungen
zum Thema. Was diese da sagen – eine Seifenblase er-
scheint mir dagegen als sehr gehaltvoll. Hier wird ge-
mauert, und man erfährt so gut wie gar nichts. Oder





Kathrin Senger-Schäfer


(A) (C)



(D)(B)

schlimmer: Es wird zynisch mit dem Thema umgegan-
gen.

Anders kann ich zumindest die Äußerungen eines
Kollegen der Union im Zusammenhang mit der zusätzli-
chen Kapitaldeckung nicht deuten, der hofft, dass sich
niemand auf dem Kapitalmarkt verspekulieren möge.

Im Klartext heißt das, er hofft, dass die großen Versi-
cherungskonzerne das Geld der Bürgerinnen und Bürger
zur Absicherung der Pflege nicht am Kapitalmarkt ver-
spielen. Das ist Zynismus pur.


(Beifall bei der LINKEN)


Gute Vorschläge zu einem neuen Pflegebegriff liegen
bereits auf dem Tisch. Mit der solidarischen Bürgerinnen-
und Bürgerversicherung der Linken ist es nicht nur mög-
lich, diesen neuen Pflegebegriff umzusetzen, sondern
auch die Pflegeversicherung auf eine gerechte und solide
Finanzierungsgrundlage zu stellen. Das bedeutet – ich
sage es noch einmal –: Alle sollen entsprechend ihrer
Leistungsfähigkeit in ein gemeinsames Sozialsystem ein-
zahlen.

Derzeit hört der Ausgleich zwischen gut und weniger
gut Verdienenden an der Beitragsbemessungsgrenze in
der Pflegeversicherung und der gesetzlichen Kranken-
versicherung auf. Vielverdiener zahlen damit nur bis zu
einem gewissen Einkommen; für den Rest zahlen sie
nichts. Damit können sich gerade – auch wenn Sie es
nicht wahrhaben wollen – die Besserverdienenden ganz
aus der Solidarität verabschieden und sich privat versi-
chern.


(Ulrike Flach [FDP]: Gerade nicht!)


– Doch, genau so ist es.


(Ulrike Flach [FDP]: Nein!)


Wir dürfen nicht vergessen: Die Beschäftigten muss-
ten zur Finanzierung der Pflegeversicherung einen Fei-
ertag abgeben. Damit finanzieren diese die Pflegeversi-
cherung nahezu allein.

Auch die aktuellen Vorschläge der Bundesregierung,
die Kapitaldeckung in die Pflege einzuführen, sind ein
Geschenk an die Arbeitgeber und an die Versicherungs-
wirtschaft. Verlierer sind hingegen alle Arbeitnehmer
und Arbeitnehmerinnen sowie Menschen mit einem ge-
ringen Einkommen. Die Pläne der Koalition sind damit
an sozialer Kälte nicht zu überbieten.


(Beifall bei der LINKEN – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das ist deren Programm!)


Ich behaupte, die Pläne zu einer ergänzenden Kapitalde-
ckung sind die Kopfpauschale in der Pflegeversiche-
rung.

Die Vorschläge der Linken zu einer solidarischen
Bürgerinnen- und Bürgerversicherung sind ein klares
Angebot, wie beide Sozialsysteme solidarisch gerecht zu
finanzieren sind.


(Ulrike Flach [FDP]: Gerade nicht!)


Mit der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversiche-
rung sowohl in Gesundheit als auch in Pflege lassen sich
die Lasten gerecht auf allen Schultern verteilen. Starke
Schultern müssen mehr tragen als schwache. Solidarität
in der Gesellschaft ist kein Begriff von gestern, sondern
aktueller denn je.


(Beifall bei der LINKEN)


Die umlagefinanzierte Krankenversicherung hat zwei
Weltkriege überlebt. Die privat finanzierte Pflegeversi-
cherung wird die nächste Finanzkrise nicht überleben.
Solidarität kann aber nur funktionieren, wenn die gesetz-
lichen Rahmenbedingungen in unserem Sozialstaat da-
rauf ausgerichtet sind.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704108200

Kollegin Senger-Schäfer, achten Sie bitte auf die Re-

dezeit.


Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704108300

Ja. Ich komme zum Ende.

Die Erzieherin, die 40 Jahre gearbeitet hat, muss den
gleichen Anspruch auf gute Pflege haben wie ein Bank-
direktor, wie Herr Ackermann. Die Linke kämpft für Er-
halt und Ausbau des solidarischen Systems, damit die
Menschen auch im Alter eine Zukunft haben.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704108400

Das Wort hat die Parlamentarische Staatssekretärin

Annette Widmann-Mauz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1704108500


Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! An einem Tag wie diesem, der so schwer für unser
Land und für Europa ist, erwarten die Bürgerinnen und
Bürger von Politikerinnen und Politikern Verantwor-
tungsbewusstsein und verantwortungsbewusstes Han-
deln, auch wenn es nur noch zwei Tage bis zu einer
Landtagswahl sind. Zu dem, was die Menschen heute
hier, auch in dieser Debatte, wieder einmal erleben, ins-
besondere von der SPD-Fraktion, kann ich nur sagen:
Das wird diesem Anspruch bei weitem nicht gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Heute Morgen haben Sie sich um eine klare Entschei-
dung zu Griechenland gedrückt. Jetzt kommt mir diese
Debatte in manchen Teilen so vor, als ob es hier um
Selbsterfahrungsberichte aus dem Landtagswahlkampf
geht.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie nicht richtig zugehört!)


Wer meint, dass das besonders klug sei, der irrt sich sehr.
Denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein feines Ge-
spür dafür, wie ernst die Lage ist, wer es ernst mit ihnen
meint und wer sich tatsächlich anstrengt, die Probleme
und Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu lösen.
Sie merken auch, wer auf den nächsten Wahltag schielt
und wer ihnen mit Blick darauf etwas vormacht. So ein-
fach lassen sich die Wähler nicht täuschen.





Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie merken auch, wer sich wegduckt!)


Die Menschen wissen, dass es um die Zukunftschan-
cen und ihre konkreten Lebensperspektiven geht, nicht
nur für sich, sondern auch für ihre Kinder und ihre En-
kel. Sie wissen auch, dass sich all das, was wir diskutie-
ren, darum dreht, dass es uns gelingt, die medizinische
Versorgung qualitativ hochwertig, flächendeckend, un-
abhängig vom Alter, von der sozialen Herkunft und vom
gesundheitlichen Risiko auch in Zukunft zu sichern.

Ich sage Ihnen: Die Menschen haben die Mätzchen
und die taktischen Spielchen einfach satt. Die Opposi-
tion kritisiert Modelle, die niemand hier im Haus ver-
folgt. Frau Senger-Schäfer, lesen Sie einfach im Koali-
tionsvertrag nach, was darin zum Thema Pflege
vereinbart wurde. Darin steht nichts von der Privatisie-
rung der Pflegeversicherung.


(Zuruf von der LINKEN: Aber von der Kapitaldeckung!)


Deshalb sollten Sie das hier auch nicht behaupten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Woche für Woche hier in diesem Haus über Themen
zu beraten, für die Sie keine Anhaltspunkte haben, Fra-
genkataloge zu Modellen zu entwickeln, die es hier im
Hause nicht gibt, dazu kann ich nur sagen: Sie stehlen
uns allen wertvolle Zeit für sinnvolles Tun. Das haben
die Menschen nicht verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Da Sie, Herr Kollege Lauterbach, in Ihrer vorparla-
mentarischen Zeit wissenschaftlich tätig waren, wissen
Sie nur zu gut, dass all den Fragen, die Sie stellen, eine
Vielzahl von Annahmen und Prämissen zugrunde zu le-
gen ist, die in ihrer Wirkung zueinander zu den unter-
schiedlichsten Folgen führen können. Die wenigsten
Fragen, die Sie hier stellen, sind überhaupt auf der Ta-
gesordnung. Deshalb sind solche Fragen in dieser Phase
schlichtweg nicht zu beantworten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704108600

Kollegin Widmann-Mauz, gestatten Sie eine Zwi-

schenfrage der Kollegin Klein-Schmeink von den Grü-
nen?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1704108700


Ja, bitte, gern.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie sprachen gerade davon, in der Öffentlichkeit
werde über Pläne geredet, die keiner verfolge. In der
letzten Woche aber war zu lesen, dass Ihr Kollege, der
Staatssekretär Andreas Storm, davon gesprochen hat,
dass die Rentner von dem zukünftigen Beitragssystem
einer Kopfpauschale ausgenommen werden sollen.
Stimmt das? Sind das Überlegungen in Ihrem Hause
oder in der Regierung? Immerhin war es ein Funktions-
träger, von dem diese Einlassung in der Presse zitiert
wurde.

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1704108800


Frau Kollegin Klein-Schmeink, nicht alles, was man
in der Zeitung liest, stimmt mit der Realität überein. Wir
diskutieren sehr intensiv all die Fragen, die mit der Um-
setzung des Koalitionsvertrags im Zusammenhang ste-
hen. Wir nehmen alle Aspekte sehr ernst. Aber ich kann
diese Aussagen nicht bestätigen. Sie sind so nicht gefal-
len. Von daher entbehren sie der Grundlage.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704108900

Frau Staatssekretärin, auch der Kollege Lauterbach

möchte eine Frage stellen. – Wie ich gerade sehe, hat
sich das erledigt.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1704109000


Gut. Wir haben genügend Gelegenheit, uns an anderer
Stelle zu unterhalten. – Sie wissen sehr gut, dass es mög-
lich ist, ein Projekt zu realisieren, wie es sich die neue
christlich-liberale Koalition vorgenommen hat. Dieses
Modell wird deutlich gerechter und nachhaltiger in der
Finanzierung sein und wird mit einkommensunabhän-
gigen Beitragsbestandteilen auskommen.

Da Sie heute wieder oft die Beispiele von dem Chef
und seiner Sekretärin, vom Chefarzt und der Kranken-
schwester und in welchen Konstellationen auch immer
angeführt haben, kann ich Ihnen Folgendes nicht erspa-
ren: Der Millionär als Mitglied in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung zahlt heute einen Einheitsbeitrag in
Höhe von 296,25 Euro. Bei einem Einkommensmillio-
när ist das eine Beitragsbelastung von 0,36 Prozent.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Kennen Sie den? Gibt es den überhaupt? Wie heißt er denn? Ich kenne keinen! Unglaublich!)


Ihre Krankenschwester zahlt 14,9 Prozent ihres Einkom-
mens. Ist das gerecht? Nein, das ist es nicht. Von daher
wird es höchste Zeit, dass wir dieses System umstellen
und die wirkliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahle-
rinnen und Beitragszahler besser berücksichtigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704109100

Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Frage des

Kollegen Weinberg?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1704109200


Ja, sicher.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Er hat gerade schon geredet!)







(A) (C)



(D)(B)


Harald Weinberg (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704109300

Darum geht es ja nicht.

Fra
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1704109400


Grundsätzlich steht dem Gesetzgeber bei der Ge-

(und auch der Versicherungspflichtgrenze)

raum zur Verfügung.

Warum nutzen Sie diesen Spielraum nicht und kommen
stattdessen jetzt mit dem Beispiel der Flatrate ab 3 750
Euro?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1704109500


Sie können nicht bestreiten, dass die Beitragsbemes-
sungsgrenze bei denjenigen, deren Verdienst darüber
liegt, die entsprechende Wirkung hat. Die Antwort, die
ich Ihnen gegeben habe, ist korrekt. Der Gesetzgeber hat
hier einen weiten Spielraum;


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Dann tun Sie es doch!)


aber ihm sind auch Grenzen gesetzt. Diese Grenzen sind
von meinen Kollegen in dieser Debatte schon vorgetra-
gen worden. Eine Grenze setzt das Grundgesetz mit dem
Äquivalenzprinzip. Außerdem habe ich gesagt, dass es
verschiedene Steuerungselemente gibt. Zwei davon ha-
ben Sie gerade genannt. Hinzu kommt eine Vielzahl wei-
terer Steuerungselemente. Ich bitte Sie: Haben Sie ein
klein wenig Geduld bis in den Sommer; dann werden un-
sere Vorschläge auf dem Tisch liegen, und dann können
wir diese Details in ihrer Wirkung und in ihren Konse-
quenzen sachgerecht diskutieren.

Meine Damen, meine Herren, Sie verschweigen die
Tatsachen, die ich genannt habe, lieber und provozieren
in der Bevölkerung Ängste. Das ist nicht nur unverant-
wortlich; Sie zeigen damit einmal mehr, dass Sie
schlichtweg nicht regierungsfähig sind.

Wir hören von Ihnen immer wieder wunderbare An-
kündigungen zu großartigen Alternativen. Die zeitlichen
Dimensionen wurden hier schon dargestellt. Zuerst soll-
ten wir den Vorschlag der Bürgerversicherung für Sie er-
arbeiten, dann wollten Sie ihn – Kollege Spahn, es war
die Rede von „in Kürze“ –


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ah!)


vorlegen. Das war am 17. Dezember 2009. Aus dem
Weihnachtsgeschenk wurde nichts. Dann haben wir auf
den Osterhasen gewartet. Aber jetzt scheint es ein Ge-
schenk zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu werden.

Sie haben von einem bestehenden Konzept gespro-
chen, Kollege Lauterbach, das Sie überarbeiten wollten.
Uns wäre schon damit gedient, dieses bestehende Kon-
zept von Ihnen zu kennen.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das kennen Sie doch! Das steht doch im Netz!)

Aber auch das nehmen Sie nicht aus der Schublade,
weil Sie schon in der letzten Legislaturperiode wussten,
dass die Erkenntnisse, die Sie gewonnen haben, Ihren
Wählerinnen und Wählern nicht vermittelbar sein wür-
den. Deshalb halten Sie dieses Konzept weiter unter Ver-
schluss.


(Beifall bei der CDU/CSU – Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: So ein Unsinn!)


Dieses vielgepriesene Bürgerversicherungsparadies ist
nicht mehr als ein Last-Minute-Schnäppchen in Ihrem
Wahlprospekt. Da wird niemand mehr einsteigen; das
kann ich Ihnen versichern.

Aber die Situation ist – das wissen wir alle – schwie-
rig. Ich will Ihnen gar nicht verschweigen, dass die Kon-
solidierung der öffentlichen und auch der sozialen Haus-
halte eine ganz gewaltige Aufgabe ist.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erklären Sie das mal Ihrem Koalitionspartner!)


Aber entscheidend ist, dass wir – auch Sie wissen ja,
dass das Geld nicht vom Himmel regnet –


(Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja, wir wissen das!)


die richtigen Impulse für Wachstum und Beschäftigung
setzen; denn sonst werden wir diese Krise, die alle Haus-
halte betrifft, nicht bewältigen können.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Aber nicht durch Steuersenkungen!)


Dabei spielt die Finanzierung der sozialen Siche-
rungssysteme eine elementare Rolle. Einerseits entsteht
durch die Ausgabendynamik, die der Versorgungsbedarf
einer älter werdenden Gesellschaft mit sich bringt, die
Möglichkeit, dass in diesem Bereich Arbeitsplätze ge-
schaffen werden. Auf der anderen Seite ist es allerdings
so, dass dieser Versorgungsbedarf die Lohnnebenkosten
ganz gravierend belastet. Das heißt, was auf der einen
Seite Chancen für Wachstum und Beschäftigung und für
die Versorgung der Menschen bedeutet, kann auf der an-
deren Seite zur Wachstumsbremse werden. Deshalb ist
es wichtig, dass wir die Abgabenquote, die die Arbeits-
plätze belastet, in den Griff bekommen; denn sonst wer-
den wir unser Ziel, das Land aus der Krise zu führen,
nicht erreichen.

Mit den Entscheidungen, die wir noch in der letzten
Legislaturperiode gemeinsam mit der SPD getroffen ha-
ben, nämlich dem Einstieg in die Entkoppelung und der
zusätzlichen Finanzierung durch den erhöhten Steuerzu-
schuss in diesem Jahr – das haben wir alleine stemmen
müssen –, waren wir auf dem richtigen Weg. Das zeigt,
dass Verlässlichkeit und Planbarkeit gerade bei den
Lohnnebenkosten für die Arbeitgeberinnen und Arbeit-
geber und letztlich für die Beschäftigten in unserem
Land ganz besonders wichtig sind. Jetzt wollen Sie ge-
rade diese richtigen Instrumente infrage stellen. Das ist
mit Blick auf unser Land nicht verantwortungsvoll. Des-
halb müssen wir uns diesen Themen widmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz


(A) (C)



(D)(B)

Lassen Sie mich zum Abschluss Ihre Vertrauenswür-
digkeit an einem letzten Punkt beleuchten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704109600

Frau Staatssekretärin, achten Sie bitte auf das Signal?

A
Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1704109700


Ja. – Sie haben in dieser Woche, obwohl wir in die-
sem Jahr ein Defizit in Höhe von 3 Milliarden Euro und
für das nächste Jahr etwa ein Defizit zwischen 7 und et-
was mehr als 10 Milliarden Euro erwarten, einen Antrag
eingebracht, in dem Sie 250 Millionen Euro unserer Ein-
sparbemühungen durch das Pharmasparpaket, das wir
auf den Weg bringen wollen, infrage stellen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Das hat mit Glaubwürdig-
keit nichts zu tun. Bei der erstbesten Gelegenheit gehen
Sie vor der Pharmaindustrie in die Knie; Sie fallen ihr in
die Arme und damit den Beitragszahlerinnen und Bei-
tragszahlern in den Rücken. So viel zum Thema Glaub-
würdigkeit.

Gehen Sie mit uns den Weg, Einsparungen voranzu-
bringen, Strukturveränderungen auf den Weg zu bringen.
Dann haben wir einen guten Beitrag zur Sicherung der
Zukunftsfähigkeit unseres Gesundheitswesens geleistet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704109800

Das Wort hat die Kollegin Christine Aschenberg-

Dugnus für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1704109900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir beschäftigen uns heute einmal wieder mit
diversen Anträgen. Die Linke legt einen Antrag mit dem
Titel „Solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversiche-
rung in Gesundheit und Pflege einführen“ vor. Das
klingt – wie immer bei Ihnen – blumig, menschelnd, so-
lidarisch. Damit versuchen Sie, Ihre Zielgruppe ein biss-
chen zu streicheln. Die Bürgerinnen und Bürger lassen
sich aber nicht für dumm verkaufen.


(Beifall bei der FDP)


Sie schreiben in Ihrem Antrag viel Prosa auf und skiz-
zieren hier und da ein paar Halbwahrheiten über das
deutsche Gesundheitssystem. Damit offenbaren Sie aber
erneut Ihr mangelndes Verständnis für komplexe Zusam-
menhänge im Gesundheitsbereich.

Zugleich schreiben Sie so banale Dinge auf, dass ei-
nem wirklich angst und bange wird – ich zitiere –:

Krankenversicherungsbeiträge können nun von der
Steuer abgesetzt werden.

So weit geht es ja noch. Ich zitiere weiter:

Wer ein hohes Einkommen hat, zahlt hohe Steuern
und kann mit dieser Regelung viel Geld sparen.
Wer keine Steuern zahlen muss, spart auch nichts.
Meine Damen und Herren, Sie kritisieren also, bild-
lich gesprochen, dass der Vegetarier nicht davon profi-
tiert, wenn die Fleischpreise sinken.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bitte Sie: Das kann es doch nun wirklich nicht sein.
Natürlich zahlen Gutverdiener mehr Steuern als Gering-
verdiener. Deshalb wollen wir Gutverdiener mittels ei-
nes Sozialausgleichs stärker in die Finanzierung der
GKV einbeziehen.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Es sei denn, die FDP setzt sich durch!)


Ich glaube, das haben Sie immer noch nicht ganz ver-
standen.


(Beifall bei der FDP)


Bedenken Sie bitte auch: Hier handelt es sich um die
Steuerzahler, die jeden Morgen aufstehen und hart arbei-
ten; sie sind die Menschen, die den ganzen Laden hier
am Laufen halten und für Wertschöpfung und Wirt-
schaftskraft sorgen. Mit welcher Legitimation beleidigen
Sie eigentlich all die Leistungsträger in diesem Land?
Nur weil sie Geld verdienen, wollen Sie ihnen den
Wohlstand streitig machen und immer weiter abkassie-
ren.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ackermann ist Leistungsträger?)


Sie stellen einen Zusammenhang zu denjenigen her, die
keine Steuern zahlen und entsprechend nichts haben,
wovon sie ihre Beiträge absetzen können. Das ist doch
völlig absurd.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sorgen für Arbeitsplätze, und zwar mit dem Ziel,
dass alle Menschen Wohlstand erreichen können und
nicht in dem Transferstaat, den Sie wollen, versauern.

Kolleginnen und Kollegen von der Linken, mit sol-
chen Anträgen offenbaren Sie ein äußerst merkwürdiges
Staats- und Gesellschaftsverständnis. Sie beklagen im-
mer vermeintliche Versorgungsunterschiede und wollen
diese beseitigen, natürlich, wie es sich für Linke gehört,
immer auf Kosten der „Reichen“. Es darf aber nicht bloß
um eine statistische Nivellierung gehen, also eine par-
tielle Absenkung des Versorgungsniveaus einiger, nur,
damit Ihnen dann der Durchschnittswert passt. Nein, das
Niveau muss insgesamt gehoben werden. Gleichmache-
rei dient niemandem; das sollten Sie eigentlich aus der
Geschichte gelernt haben.

Leider träumen Sie aber immer noch vom sozialisti-
schen Rundum-sorglos-Gesundheitspaket, bei dem jeder
alles bekommt und die Reichen es bezahlen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Aber nur in der Theorie!)


Das könnte man zumindest meinen; aber Sie widerspre-
chen sich in Ihrem eigenen Antrag, im Schlussspurt,





Christine Aschenberg-Dugnus


(A) (C)



(D)(B)

selbst, wenn Sie auf die Rolle der Privatversicherun-
gen zu sprechen kommen – Zitat –:

Die Rolle der privaten Kranken- und Pflegeversi-
cherung wird auf Zusatzleistungen beschränkt.

Ach so? Für diejenigen, die es sich leisten können,
wollen Sie also exzellente Zusatzleistungen ermögli-
chen? Das widerspricht doch eindeutig Ihrer Ideologie.
Der Rest schaut dann in die Röhre? Sehen Sie, das unter-
scheidet uns – ich kann es gar nicht oft genug sagen –:
Bei uns hört die Solidarität nicht bei der Beitragsbemes-
sungsgrenze auf.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In unserem Modell werden auch Bürger mit niedri-
gem Einkommen eine umfangreiche und exzellente
Krankenversicherung erhalten, mit besten medizinischen
Leistungen. Mit unserem Modell wird ein fairer Interes-
senausgleich zwischen Starken und Schwachen vollzo-
gen. Mit unserem Modell werden weder Geringverdie-
ner noch Gutverdiener einseitig belastet. Wir beenden
die intransparente Umverteilung in der GKV und sorgen
mit einem gut austarierten Prämiensystem für eine zu-
kunftsfähige Versicherung.

Meine Damen und Herren – ist Herr Lauterbach
schon gegangen? ja, das ist leider so –, die Wähler haben
die SPD wegen schlechter Politik aus dem Gesundheits-
ministerium gejagt. Meine lieben Damen und Herren
von den Linken, Sie sorgen mit Ihren Anträgen dafür,
dass Sie da nie etwas zu sagen haben werden.


(Beifall bei der FDP – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Extrem flach, diese Rede!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704110000

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich dem

Kollegen Erwin Rüddel von der CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Erwin Rüddel (CDU):
Rede ID: ID1704110100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Ich habe nicht den Eindruck, dass die heutige De-
batte, soweit sie von der Opposition bestritten wurde,
uns im Gesundheitswesen weitergebracht hat. Das mag
Ihnen bei diesem neuerlichen Ausflug in den Populismus
im Blick auf den kommenden Sonntag nützlich erschei-
nen,


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ein halbes Jahr donnernder Stillstand!)


aber zur Lösung unserer Probleme im Gesundheitswesen
hat diese Debatte aus Ihrer Sicht auf jeden Fall nicht bei-
getragen.

Meine Damen und Herren, wir reden hier nicht über
irgendeine lästige, aber notwendige Branche, bei der es
nur um Kostendämpfung, Rationierung oder Budgetie-
rung geht;

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Jetzt kommt der Wirtschaftsfaktor!)


wir reden hier über einen der wichtigsten Wirtschafts-
faktoren in Deutschland.


(Heiterkeit bei der LINKEN)


Dabei meine ich nicht unbedingt die Zahl der gesetzli-
chen Krankenkassen, die sich von fast 500 vor einem
Dutzend Jahren auf weniger als die Hälfte reduziert hat,
ohne dass dies zum Zusammenbruch des Gesundheits-
systems geführt hätte. Nein, ich meine hier die vierein-
halb Millionen Menschen, die in der Gesundheitsbranche
Arbeit finden: in Krankenhäusern, Praxen, Apotheken,
in den Krankenversicherungen oder in Kurbetrieben.
Ebenso denke ich an die deutsche Medizintechnik, die
Weltspitze und somit eine unserer Zukunftstechnologien
schlechthin ist.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau!)


Hierin liegt ganz konkret Wachstumspotenzial, das
wir nicht verschütten dürfen. Auch deshalb spricht alles
dafür, das Gesundheitswesen auf eine stabile finanzielle
Grundlage zu stellen, und das heißt, die bisher lohnab-
hängigen Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer schrittweise von den Löhnen abzukoppeln und
so die fatale Bindung der Gesundheitskosten an die
Lohnkosten zu überwinden. Denn wir wissen doch alle,
dass die Gesundheitswirtschaft in Zukunft so oder so dy-
namischer wachsen wird als die Gesamtwirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dafür sorgen schon allein die höhere Lebenserwartung
und der medizinisch-technische Fortschritt.

Wer aber wie die Opposition die Finanzmittel der
Krankenkassen an den Arbeitseinkommen festketten
will,


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Genau das wollen wir nicht!)


der bietet sozusagen die Gewähr dafür, dass die Finanz-
misere zur Dauererscheinung wird; denn jede konjunktu-
relle Delle und jede wirtschaftliche Krise wird zwangs-
läufig die Probleme des Gesundheitswesens verschärfen
und verewigen.

Da war ja sogar die Kollegin Ulla Schmidt zu rot-grü-
nen Zeiten schon einmal weiter, als sie 2003 in diesem
Hause dafür plädiert hat, die Lohnzusatzkosten dadurch
zu senken, dass die paritätisch finanzierten Ausgaben
verringert werden. Das, so Frau Kollegin Schmidt da-
mals, sei nötig, um die Rahmenbedingungen für Wachs-
tum und Arbeitsplätze zu verbessern. Da kann man nur
sagen: Wo sie recht hatte, hatte sie recht. Denn wir haben
bereits jetzt mit chronischen Defiziten der gesetzlichen
Krankenkassen zu kämpfen. Was soll geschehen, wenn
wir schon in den allernächsten Jahren deutlich mehr
Rentner, zugleich aber deutlich weniger Beitragszahler
haben werden? Sollen die Arbeitskosten weiter in die
Höhe getrieben werden? Sollen die Kassenbeiträge der
deutschen Facharbeiter demnächst auf 20 Prozent oder
gar mehr steigen? Das sind die Fragen, vor denen wir
stehen.





Erwin Rüddel


(A) (C)



(D)(B)


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Die Finanzierungsbasis soll verbreitert werden!)


Deshalb reicht es nicht, immer nur zu den guten alten
Zeiten zurück zu wollen, aber keine Antworten auf die
Fragen zu geben, wie wir in Zukunft den Herausforde-
rungen des demografischen Wandels begegnen wollen.

Sie verweigern der Öffentlichkeit weiterhin Ihr durch-
gerechnetes Konzept einer Bürgerversicherung; wir war-
ten seit Jahren vergeblich darauf. Sie haben auch heute
hierzu keine Antworten geliefert.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Wir warten darauf, dass Sie uns die Höhe der Kopfpauschale verraten!)


Sie sagen immer nur, was Sie nicht wollen, aber Sie
schenken den Menschen keinen reinen Wein ein über die
Folgen dessen, was Sie vorhaben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir in der Koalition haben klar gesagt: Wir wollen
einen schrittweisen Umbau des Gesundheitssystems,
um die Kosten des Faktors Arbeit zu verringern, um so
zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen und um das Ge-
sundheitssystem insgesamt zukunftsfest zu machen. Wir
wollen den sozialen Ausgleich aus Steuermitteln finan-
zieren, damit er anteilig auch von denen mitfinanziert
wird, die nicht in der GKV versichert sind, aber auch
von denen, deren Einkommen oberhalb der Beitragsbe-
messungsgrenze liegt. Daran arbeiten die Regierungs-
kommission und die Koalitionsfraktionen.

Dabei lassen wir uns von den Markenzeichen der so-
zialen Marktwirtschaft leiten, nämlich Solidarität und
Eigenverantwortung. Eigenverantwortung gehört dazu;
sonst ist Solidarität auf Dauer nicht finanzierbar. Das hat
auch etwas mit Verantwortung für folgende Generatio-
nen zu tun. Deshalb setzen wir nicht auf Einheitskassen,
sondern wir setzen auf mehr Transparenz, mehr Wirt-
schaftlichkeit und mehr Wettbewerb.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704110200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/1238 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich komme zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion Die
Linke mit dem Titel „Keine Kopfpauschale – Für eine
solidarische Krankenversicherung“. Der Ausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/1605, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 17/240 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Linken bei Stimmenthaltung der SPD und der Grünen
angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Für eine solidari-
sche und nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswe-
sens“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 17/1606, den Antrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/258
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der Grünen bei
Stimmenthaltung der SPD und der Linken angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 25 a bis 25 d auf:

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung
des Bundesausbildungsförderungsgesetzes

(23. BAföGÄndG)


– Drucksache 17/1551 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Schaffung eines nationalen Sti-

(Stipendienprogramm-Gesetz – StipG)


– Drucksache 17/1552 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Gohlke, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

BAföG ausbauen – Gute Bildung für alle

– Drucksache 17/1558 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kai
Gehring, Sylvia Kotting-Uhl, Krista Sager, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Nein zum Nationalen Stipendienprogramm

– Drucksache 17/1570 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Bundesminis-
terin Annette Schavan das Wort.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Wir beraten heute in erster
Lesung den Entwurf eines Dreiundzwanzigsten Gesetzes
zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgeset-
zes und den Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung eines
nationalen Stipendienprogramms. Die christlich-liberale
Koalition setzt damit ein klares Signal für die Verbesse-
rung der Studienfinanzierung in Deutschland, weil wir
davon überzeugt sind, dass das Studium nicht am Geld-
beutel der Eltern scheitern darf.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir wollen drei verlässliche Säulen für junge Leute.
Wir wollen die kontinuierliche Weiterentwicklung des
BAföGs im Hinblick auf Freibeträge, Fördersätze und
Modernisierung, auf die ich noch zu sprechen komme.
Wir wollen, dass in Deutschland endlich ein ordentliches
Stipendiensystem aufgebaut werden kann. Wir wollen die
Weiterentwicklung der Bildungsdarlehen der KfW, von
denen zwischenzeitlich übrigens weit über 73 000 Studie-
rende in Deutschland profitieren. Drei verlässliche
Säulen, eine Vielfalt im Angebot – das ist unsere Philo-
sophie, um den unterschiedlichen Lebenslagen von Stu-
dierenden in Deutschland gerecht zu werden.

Der Kontext, in dem wir das beraten, ist von einer er-
freulichen Entwicklung geprägt. 2005 haben rund
36 Prozent eines Jahrgangs ein Studium aufgenommen.
Viele haben gesagt, dass wir 40 Prozent erreichen müs-
sen, dass wir vor allen Dingen im internationalen Ver-
gleich mehr brauchen, dass wir im Blick auf einen höhe-
ren Anteil an hochqualifizierten akademischen Berufen
mehr brauchen. Im Studienjahr 2009 nahmen nun über
43 Prozent eines Jahrgangs ein Studium auf. Ich finde,
das ist eine überaus erfreuliche Entwicklung. Lange hat
es nicht mehr in einem so kurzen Zeitraum einen solchen
Anstieg der Zahl der Studienanfänger, ein solches Inte-
resse am Studium gegeben. Darüber hinaus sind wir das
drittbeliebteste Gastland für ausländische Studierende.
Dies sind zwei gute Entwicklungen, die wir durch die
Verbesserung der Studienfinanzierung weiter befördern
wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nun ist in den letzten Wochen öffentlich viel disku-
tiert worden: BAföG versus Stipendiensystem. Sollte
nicht ausschließlich das BAföG weiterentwickelt und
anderes sein gelassen werden? Auch wurde behauptet,
dass jedes Stipendiensystem nur ein Hinweis darauf sei,
dass sich die Öffentlichkeit in Deutschland um Eliten
kümmert.

Meine Damen und Herren, ich finde, das ist eine ab-
surde Diskussion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland, das unter
allen Industrienationen den höchsten Anteil an der Wert-
schöpfung, der auf Forschung basiert, hat, muss beides
leisten: Es muss dafür sorgen, dass es vernünftige, sta-
bile Verhältnisse in der Breite gibt – deshalb BAföG; un-
sere Anreize bewirken, dass mittlerweile 43 Prozent
eines Jahrgangs studieren –, und es muss dafür sorgen,
dass Spitzenleistungen wahrgenommen und anerkannt
werden. Dies bewirkt übrigens auch, dass Menschen, die
Spitzenleistungen erbringen, Deutschland als einen at-
traktiven Studienort ansehen. Deshalb stehe ich dazu:
Breite ist Voraussetzung für Spitze, und ein Land, das
seine Spitze nicht mehr im Blick hat, hat als Wissen-
schaftsstandort verloren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Beides im Blick zu haben, ist für mich auch eine
Frage der Gerechtigkeit. Wir dürfen das BAföG nicht
jahrelang links liegen lassen. Das hat es in früheren Zei-
ten manches Mal gegeben; sieben Jahre lang gab es
keine BAföG-Erhöhung.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Jawohl! Ganz genau! – René Röspel [SPD]: Unter Rüttgers zum Beispiel! – Ulla Burchardt [SPD]: Weil Sie den Aufwuchs der Mittel im Bundesrat blockiert haben!)


– Sie wissen ganz genau, wie viele BAföG-Erhöhungen
es in der rot-grünen Zeit gegeben hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie kennen die Diskussionen aus der letzten Legisla-
turperiode. Frau Burchardt, ich glaube schon zu wissen,
was Sie gleich sagen werden.


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja?)


Wir können uns Ihren Text vorstellen. Deshalb sage ich:
Diese christlich-liberale Koalition entwickelt das alles
kontinuierlich weiter. Die allererste Maßnahme, die wir
auf den Weg bringen, ist, zu sagen: Jawohl, mehr Studie-
rende sollen in den Genuss von BAföG kommen. Daher
erhöhen wir erstens die Freibeträge. Zweitens soll es
eine Erhöhung der Bedarfssätze geben und drittens
wichtige Schritte zur Modernisierung. Das ist eine der
ersten Maßnahmen, die wir treffen und über die wir





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) (C)



(D)(B)

– übrigens im Unterschied zur letzten Legislaturperiode –
keinen Zoff mit dem Finanzminister haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulla Burchardt [SPD]: Wir haben die doch durchgesetzt! Doch nicht Sie! Sie sind doch ganz kleinlaut angekommen!)


– Sie haben doch gleich das Rederecht. Warten Sie es ab.
Sie können das alles gleich sagen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Warum stören Sie eigentlich parlamentarische Zwischenrufe?)


– Warum schreien Sie immer dazwischen? Wer schreit,
hat in der Regel nicht recht.


(Ulla Burchardt [SPD]: Weil das hier zum parlamentarischen Brauch gehört, Frau Schavan, auch wenn es Sie stört!)


– Lautstärke ersetzt nicht die Überzeugungskraft von Ar-
gumenten, liebe Frau Burchardt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Zum Stipendiensystem.


(Ulla Burchardt [SPD]: Bildungsmurks! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stipendienmumpitz!)


Wir haben viele Jahre lang in Deutschland darüber
diskutiert, warum es keine Stipendien gab. Wir haben ei-
nen ersten wichtigen Schritt durch die Erhöhung der
Mittel für die Begabtenförderungswerke getan. Aber ich
bin davon überzeugt: Die Begabtenförderungswerke al-
lein können nicht Träger von Stipendien in Deutschland
sein. Unsere Hochschulen brauchen die Chance, Stipen-
dien zu vergeben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Die Möglichkeit haben sie ja jetzt schon!)


Ich habe vor 14 Tagen eine Fachhochschule in Nord-
rhein-Westfalen besucht, die in einer enormen Ge-
schwindigkeit Stipendien eingesammelt hat und sagt:


(Iris Gleicke [SPD]: Wie schön für NordrheinWestfalen! Aus ostdeutscher Sicht kann man ihnen nur gratulieren!)


Diese beginnende Stipendienkultur ist attraktiv für un-
sere Hochschulen. Wir wollen den Wettbewerb darum,
wer wie viele Stipendien vergibt, wir wollen eine Stipen-
dienkultur entwickeln, und wir wenden uns keineswegs
nur an die großen Unternehmen, sondern wir wenden
uns auch an unsere Ehemaligen. Wir haben damit die
wunderbare Möglichkeit, endlich eine Ehemaligenkultur
aufzubauen.


(René Röspel [SPD]: Das ist doch ein alter Hut!)


Solidarität derer, die einmal studiert haben, mit denen,
die heute studieren, zu ermöglichen, das ist Solidarität
der Zivilgesellschaft mit Studierenden an Fachhochschu-
len und Universitäten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das ist so weit an den Tatsachen vorbei! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Solidarität der Wirtschaft?)


Deshalb gehen wir diesen Weg und sagen wir: Das je-
weilige Land – ein Landeswissenschaftsminister, Herr
Frankenberg aus Baden-Württemberg, ist heute hier –,
der Bund und die Zivilgesellschaft tun sich zusammen.
So sehen moderne Konzepte in vielen Ländern aus, die
attraktive Universitäten haben. – Diese Universitäten er-
heben nicht nur Studiengebühren, sondern sie bieten
auch Stipendien an. Genau ein solches Bündnis wollen
wir: ein Bündnis der Zivilgesellschaft und der öffentli-
chen Hand mit den Hochschulen, um die Studienfinan-
zierung zu stabilisieren und Stipendien endlich auch in
Deutschland einzuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Wenn man Glück hat, kommt man vielleicht mit plus/minus null heraus!)


Ich sage auch ausdrücklich, weil wir das so in den Ge-
setzentwurf aufgenommen haben: Wir werden sehr ge-
nau beobachten, wie sich die Dinge regional entwickeln.
Wenn sich zeigen sollte, dass es Regionen gibt, die in
diesem Punkt nicht erfolgreich sind, dann werden wir
uns nach der Evaluation Gedanken darüber machen,
welche Hilfsmöglichkeiten es gibt.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das zeigt sich bereits!)


Ich kann immer nur sagen: Die Universität Dresden,
die Universität Cottbus und die Universität Leipzig ha-
ben ebenso viele Ehemalige, die in einen solchen Kreis
aufgenommen werden können. – Ich sage ausdrücklich:
Konzentrieren wir uns nicht einfach immer nur auf die
Wirtschaft als eine abstrakte Größe, sondern hier ist die
Zivilgesellschaft gefragt.


(René Röspel [SPD]: Das ist eine schlechte Ausrede dafür, dass es mit der Wirtschaft nicht klappt!)


Dadurch ergeben sich dann auch entsprechende gute
Möglichkeiten für alle Regionen.

Natürlich fragen die Hochschulen zu Recht: Wer
kümmert sich um unsere Kosten, die entstehen, wenn
wir einmal viele Stipendien zu verwalten haben? Auch
hier bin ich der Meinung: Beginnen Sie, und in drei, vier
Jahren


(René Röspel [SPD]: Blühende Landschaften!)


– die dann ja auch gekommen sind; ich weiß nicht, wer
das gerade war –


(Iris Gleicke [SPD]: Ich nicht!)


werden wir genauso Möglichkeiten schaffen, wie wir
das beim Hochschulpakt mit Blick auf die Forschungs-
förderung – hier ist die Programmkostenpauschale ge-
schaffen worden – schon tun.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ist das schon eine Nachbesserung?)






Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) (C)



(D)(B)

– Das ist keine Nachbesserung, sondern das ist diskutiert
worden; das wissen Sie, Herr Rossmann.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber trotzdem ist das Geld bei Herrn Barthle!)


– Ich verstehe ja, dass Sie unentwegt dazwischenreden
und sich furchtbar aufregen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Was sind Sie denn so feinfühlig?)


Dass Sie sich aufregen, ist das beste Zeichen dafür,
dass etwas wirklich Neues kommt. Das ist der ganze
Groll darüber, dass es Ihnen nicht eingefallen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sie sinken ja immer tiefer! Oje! Schlecht! – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Wir können noch lauter werden!)


Meine Damen und Herren, zum Abschluss: Auch die
strukturellen Veränderungen beim BAföG sollte man
nicht unterschätzen. Die Entbürokratisierung, die Pau-
schalierung des Mietzuschlags für auswärtig Wohnende
und die Verschiebung der Altersgrenze bei den Master-
studiengängen auf 35 Jahre sind wichtig, gerade im
Blick auf Frauen, die sich zunächst für Familiengrün-
dung und erst später für ein Studium entscheiden. Inso-
fern gibt es auch eine Verbesserung, was die Vereinbar-
keit von Familie und Studium angeht.

Ich danke denen, die daran mitgewirkt haben. Ich
finde, es ist ein starkes Signal an die Studierenden und
ein wichtiges Signal an unsere Universitäten und Hoch-
schulen in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Ein starkes Signal? Sie zeigen den Studierenden die Faust!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704110300

Das Wort hat nun Ernst Dieter Rossmann für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1704110400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Frau Ministerin Schavan, weil Sie uns im Re-
flex gereizt haben, einen Blick in die Geschichte des
BAföG zu werfen, jetzt die sozialdemokratische Lesart.

Als Bildungsminister Rüttgers das BAföG damals
von der FDP übernahm, hat er es so heruntergewirt-
schaftet, dass wir im Jahr 1998 mit 12,5 Prozent Geför-
dertenquote den absoluten Tiefpunkt erreicht haben.


(Beifall bei der SPD – René Röspel [SPD]: Er wird am Sonntag zum zweiten Mal Geschichte!)


Unter Rot-Grün gab es die Wiederbelebung des BAföG,
die durchaus zu besseren Förderzahlen und besseren Be-
dingungen führte. Dann gab es die zweite Phase Rot-
Grün, in der es das Einstiegsangebot von Gerhard
Schröder an die Länder gab, im Zuge des Subventions-
abbaus die Eigenheimzulage im Umfang von 6,8 Mil-
liarden Euro einzusparen, um damit Bildung zu fördern,
was drei Jahre lang durch Sie blockiert worden ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann kam die Große Koalition, in der Ihre Blockade
wegfiel und Sie froh darüber waren, 6,8 Milliarden Euro
für Bildung mobilisieren zu können. Wir waren auch
froh. Mit Ihnen zusammen haben wir eine BAföG-Re-
form gemacht. Allerdings hat bei einem ersten schönen
Essen in der Parlamentarischen Gesellschaft die dama-
lige Bildungsministerin zur SPD gesagt: Für BAföG
plane ich nichts ein. Das muss die SPD mitbringen,
wenn sie das BAföG verbessern will.


(Beifall bei der SPD – Ulla Burchardt [SPD]: Das ist die Wahrheit!)


Wir haben das mitgebracht und am Ende ein schönes,
gutes BAföG-Ergebnis erreicht. Jetzt sind Sie frei. Jetzt
machen Sie schwarz-gelbe Politik in einer doppelten
Form: hier BAföG und dort Stipendien.

Bei der letzten Aussprache hier meinten Sie, die Kri-
tik der SPD daran als altmodisch brandmarken zu müs-
sen.


(Beifall bei der FDP)


Mit diesen Worten haben Sie ja immer Glück. Sie haben
auch Studierenden, bevor Sie sie zu Gesprächen eingela-
den haben, einmal gesagt, sie seien ewig gestrig. Und
wir sind halt altmodisch. Wir bekennen uns dazu, wenn
es altmodisch ist, dass es ein klares, berechenbares Recht
auf Förderung gibt. Dann sind wir gerne altmodisch,
weil das die Qualität von BAföG ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNSNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir bekennen uns dazu, wenn es altmodisch ist, dass
es in Ostdeutschland und in Westdeutschland, in Cottbus
und in München, das gleiche Recht gibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir bekennen uns dazu, wenn das Recht, das Mobilität
ermöglicht und nicht verhindert, altmodisch ist. BAföG
ermöglicht Mobilität, und die Stipendien sind mobilitäts-
gefährdend.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir bekennen uns dazu, wenn es altmodisch ist, dass
man besonders diejenigen fördert, die es materiell nötig
haben, und nicht diejenigen fördert, die es materiell nicht
nötig haben.


(Beifall bei der SPD)


Vier Mal ein gutes, altes, sozialdemokratisches, kulturell
geprägtes BAföG, das andere mit stützen! In diesem
Sinne sind wir gut und gerne altmodisch.





Dr. Ernst Dieter Rossmann


(A) (C)



(D)(B)

Wir sind es auch unter dem Gesichtspunkt, dass wir
glauben, dass es eine moderne Qualität von Zivilgesell-
schaft ist. Dies möchte ich Ihnen nun nahe bringen. Was
bewegt uns eigentlich, das BAföG als gutes Bildungs-
instrument hochzuhalten


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Wir entwickeln es weiter, nicht die SPD!)


und uns zu freuen, wenn es möglich ist, zusätzlich Fami-
lien aus dem Bereich der unteren Schicht bis hinein in
die Mittelschicht in die Förderung aufzunehmen, in de-
nen jemand studieren möchte und, bevor er das Studium
aufnimmt, gefragt wird, ob er sich das leisten kann? Um
es konkret zu sagen – was beim BaföG allerdings schwer
ist –: Wenn man 2 500 Euro brutto hat, dann bekommt
man den Höchstsatz. Oder man bekommt den Höchst-
satz dann, wenn man so wenig hat, dass 2 500 Euro
brutto zu versteuern sind.

Es müsste doch auch Ihr Interesse sein, die Sie die un-
tere Mittelschicht mit ansprechen und gewinnen wollen,
das Ganze ordentlich zu erhöhen, nämlich durch eine Er-
höhung des Freibetrags um 10 Prozent, sodass rund
100 000 Menschen mehr aus dem Bereich derjenigen,
die prekär dazwischen liegen, in die Förderung hinein-
kommen könnten. Das ist die Alternative, nämlich diese
100 000 Menschen aus der Mittelschicht für ein Studium
zu gewinnen. Finanziell ist die Alternative so klar, dass
Sie das sogar direkt parallel gestellt haben. Das würde
rund 160 Millionen Euro kosten. In Bezug auf die Sti-
pendien liegen Sie bei 300 Millionen Euro an öffentli-
chen Mitteln, bei 100 Millionen Euro Steuerverlusten und
100 Millionen Euro Verwaltungsaufwendungen. Wir sa-
gen Ihnen: lieber 100 000 mit BAföG Geförderte auf die-
ser klaren Rechtsgrundlage als 400 000 bis 500 000 Ge-
förderte in einem fragilen, nicht sozial gerechten, nicht
mobilitätsgerechten und nicht als Rechtsanspruch ausge-
sicherten System. Das ist die Alternative, und wir fin-
den, dass es eine gute Alternative ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben nichts gegen Stipendien. In der Großen
Koalition sind wir den Weg mitgegangen und haben ei-
ner BAföG-Erhöhung um 2 Prozent zugestimmt. Wenn
es ein Engagement vonseiten der Wirtschaft und der Un-
ternehmen gibt, Hochschulstipendien zur Verfügung zu
stellen, dann sagen wir: À la bonne heure, wir sind gerne
dabei, aber die Qualität und die Ausrichtung sind das
Entscheidende. Deswegen haben wir eine klare und gute
Alternative entwickelt.

Das Engagement für eine gute Studienförderung lässt
sich am besten durch das Betonen wirtschaftlicher Inte-
ressen wecken; denn wir wollen eine zusätzliche Zahl
von Studenten zu einem Studium motivieren. Aber ein
wichtiger Punkt ist doch: Das Stipendium erhält man
nach der Entscheidung für ein Studium. Das BAföG
führt zu einer Entscheidung zu einem Studium.

Wir wollen neue Bevölkerungsschichten für das Stu-
dium begeistern, um die Akzeptanz zu verstärken. Denn
die Akzeptanz eines solchen BAföG-Systems kann nicht
wachsen, wenn die materiell nicht so gut ausgestatteten
Bevölkerungsschichten zu gering vertreten sind. Es ist
ein Unterschied, ob man wie Rüttgers 12,5 Prozent auf-
bringen muss oder 35 Prozent im Zuge einer aufgeklär-
ten BAföG-Politik.

Meine letzte Bemerkung. Frau Schavan, wir möchten,
dass Sie auf Ihr fragiles, kritisch zu bewertendes Stipen-
diensystem verzichten. Sie stehen vor einer schwierigen
Situation. Auf der einen Seite haben Sie Herrn Barthle,
den Haushälter der CDU/CSU, der aktuell gesagt hat: Im
Kindertagesstättenbereich und im Bildungsbereich muss
gekürzt werden. Bisher haben Sie das bestritten. Auf der
anderen Seite haben Sie die FDP, die alles kürzen, aber
nicht die Steuern senken will.


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja!)


Frau Schavan, zwischen einer blindwütigen Haushalts-
kürzung à la Barthle und einer blindwütigen Steuersen-
kung à la FDP kann es schnell passieren, dass Sie Ihr
Versprechen, viermal 3 Milliarden Euro bereitstellen zu
wollen, nicht einhalten können. Es könnte schnell pas-
sieren, dass Sie als Ministerin in der Versenkung ver-
schwinden.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704110500

Das Wort hat nun Patrick Meinhardt für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1704110600

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Anders als für meinen Vorredner ist es für
mich eine große Freude, dass wir den Startschuss zu ei-
ner Debatte über gute Bildung in der Bundesrepublik
Deutschland geben können. Das stellt einen Wendepunkt
in der Bildungspolitik dar; denn mit den vorliegenden
Gesetzentwürfen zur BAföG-Modernisierung und zur
Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms wagt
unsere Koalition der Mitte sowohl eine breitenorientierte
als auch eine von der Spitze her bewusst ansetzende För-
derung von jungen Menschen. Das ist modern, zukunfts-
orientiert und sozial gerecht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der heute vorliegende Gesetzentwurf für ein nationa-
les Stipendienprogramm sieht eine einkommensunabhän-
gige Förderung der Studierenden in Höhe von 300 Euro
monatlich vor. Es ist vorgesehen, dass die Finanzierung
dieser Stipendien zu 50 Prozent durch private Akteure er-
folgt. Das ist richtig, und genau das ist das Besondere an
diesem Projekt: Es stellt eine Motivation dar – das kann
man dort erkennen, wo es erfolgreich praktiziert wird –,
wenn Universitäten für jeden eingeworbenen Euro 1 Euro
vom Staat bekommen. Das ist ein gutes Motivationssys-
tem für eine gute Studienfinanzierung. Das brauchen wir
in der Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulla Burchardt [SPD]: Wo denn? – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Wo wird es denn erfolgreich praktiziert?)






Patrick Meinhardt


(A) (C)



(D)(B)

Sie behaupten, dass sich der Staat aus der Bildung zu-
rückzieht, wenn mehr privates Engagement erfolgt. Das
ist falsch. Vielmehr eröffnen sich dadurch zusätzliche
Finanzierungsquellen für unsere Hochschulen. Wir brau-
chen in Deutschland eine private Stipendien- und Förder-
kultur, wie es in allen angelsächsischen Staaten selbstver-
ständlich ist. Stipendien müssen auch von Hochschulen
vergeben werden. Das ist ein neuer Akzent bei der Stipen-
dienförderung, in der Kultur der Bundesrepublik Deutsch-
land.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schauen Sie sich die Grundlagen und die Kriterien an,
nach denen Stipendien vergeben werden: leistungs- und
begabungsorientiert, persönlichkeitsorientiert sowie nach
gesellschaftlichem Engagement. Die Hochschulen haben
die Möglichkeit, das Umfeld zu berücksichtigen. Genau
das ist ein verantwortungsvoller Umgang mit der Förde-
rung junger Menschen in der Bildungspolitik. Genau das
ist soziale Verantwortung. Genau das ist Bildungsge-
rechtigkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei uns gibt es beides im Doppelpack: eine Breiten-
förderung und eine Spitzenförderung. Das Gesetz zur
BAföG-Modernisierung, dessen Entwurf Ihnen vorliegt,
umfasst ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Die Einkom-
mensfreibeträge werden um 3 Prozent erhöht. Die Be-
darfssätze steigen um 2 Prozent. Die allgemeine Alters-
grenze von 30 Jahren bei der Masterförderung fällt. Wir
sorgen für ein verlässliches Beibehalten der Förderungs-
art auch nach einem Fachrichtungswechsel. Ausbil-
dungs- und Familienplanungen werden besser berück-
sichtigt. Eingetragene Lebenspartnerschaften werden
beim BAföG der Ehe gleichgestellt. Die Förderkonditio-
nen für Schüler werden verbessert. Die Mietzuschläge
für auswärtig Wohnende werden pauschaliert. Eine Ent-
bürokratisierung wird durchgeführt. Darlehensrückzah-
lungen werden vereinheitlicht. Stipendien werden – das
wird immer falsch dargestellt – eben nicht auf das
BAföG angerechnet, sondern kommen obendrauf. Alle
zwei Jahre soll es zu einer Anpassung der BAföG-Sätze
kommen. Wir wollen nicht, dass die Studierenden sieben
Jahre auf eine Anpassung warten müssen, wie es in der
Vergangenheit der Fall war. All das zusammen bildet ein
richtiges Maßnahmenpaket für eine BAföG-Modernisie-
rung in der Breite.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich darf Achim Meyer auf der Heyde, den Generalse-
kretär des Deutschen Studentenwerks, zitieren:

Nun stärkt sie …

– gemeint ist diese Regierung –

das BAföG als ausschließlich sozialstaatliches In-
strument, um die Teilhabe an Hochschulbildung zu
sichern. Das verdient zusätzlichen Respekt.

Ich darf gleich ein zweites Zitat hinzufügen. Der Gene-
ralsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wirt-
schaft, Professor Dr. Andreas Schlüter, sagt zum natio-
nalen Stipendienprogramm:

Kritiker aus dem linken politischen Spektrum be-
fürchten, dass die Förderung nur einer schmalen
Elite zugute komme. Der aktuelle Gesetzentwurf
für das nationale Stipendienprogramm schließt aber
genau das aus. Da die Stipendien nicht auf das
BAföG angerechnet werden, … profitieren begabte
Studierende aus einkommensschwachen Familien
gleich doppelt von der Förderung.

Dem ist nichts hinzuzufügen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Allen Unkenrufen zum Trotz muss man ganz klar sa-
gen, dass wir mit dem nationalen Stipendienprogramm
und der BAföG-Modernisierung ein wirkliches Innova-
tionspaket vorlegen. Wir fördern nicht nur die Studieren-
den an den Universitäten, sondern auch die an den Fach-
hochschulen. Wir dürfen nicht vergessen, dass noch
nicht einmal 10 Prozent derjenigen, die in der Begabten-
förderung sind – hier setzen wir ganz bewusst einen Ak-
zent –, aus dem Bereich der Fachhochschulen kommen.
Wir wollen sehr bewusst eine Maßnahme in die Wege
leiten, die an den Fachhochschulen sicherlich für ein ho-
hes Maß an Attraktivität sorgen wird. Die Fachhoch-
schulen weisen den höchsten Anteil an Studierenden aus
nicht akademischen Elternhäusern auf, die bisher prak-
tisch keinerlei Unterstützung durch ein Stipendiensys-
tem haben. Genau deswegen sorgt unser Maßnahmenpa-
ket für mehr soziale Gerechtigkeit. Wir setzen ein
Zeichen, indem wir Studierende aus Nichtakademikerfa-
milien, leistungsbereite BAföG-Empfänger und Studie-
rende stärker fördern, die sich in Vereinen, Kirchenge-
meinden und gesellschaftlichen Initiativen engagieren.
All diejenigen werden durch das Stipendienprogramm
gefördert. Das ist sozial. Das ist eine Maßnahme, mit der
wir eine wirkliche Veränderung in der Bildungspolitik in
der Bundesrepublik Deutschland herbeiführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss
möchte ich einen Jurastudenten aus Bochum zu Wort
kommen lassen, Menduh Mert, einen jungen Mann mit
Migrationshintergrund – ich zitiere ihn –:

Das Stipendium bedeutet für mich ein Stück Frei-
heit. Ich kann mich auf mein Studium und meine
ehrenamtliche Arbeit konzentrieren. Solche Pro-
gramme verbinden miteinander. Ältere und erfahre-
nere Menschen unterstützen junge Menschen, diese
werden eines Tages die kommenden Generationen
genauso unterstützen. Dank solcher Programme
kommt die Gesellschaft sich näher, man übernimmt
Verantwortung füreinander.


(Dr. Martin Neumann [Lausitz] [FDP]: Ein kluger Mann!)


– Ein sehr kluger Mann, ein sehr kluger, junger und ver-
antwortungsbewusster Mann, der eines erkannt hat: Das,
was wir heute beschließen, kann und soll der Einstieg
sein, um in diesem Land zu einem akademischen Gene-
rationenvertrag zu kommen, bei dem sich die einen an
der Förderung der anderen beteiligen.





Patrick Meinhardt


(A) (C)



(D)(B)

Das ist das Konzept einer eigenverantwortlichen Ge-
sellschaft, das wir Liberale gerne in diese Bürgergesell-
schaft einbringen wollen. Jeder Studierende mehr, der
ein Stipendium erhält, ist ein Erfolg dieses Programms.
Genau deswegen werben wir dafür, dass wir heute einen
wichtigen Schritt tun: sowohl zur BAföG-Modernisie-
rung als auch zu einem sozial gerechteren Deutschland
mit einem nationalen Stipendienprogramm.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704110700

Das Wort hat nun Nicole Gohlke für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Nicole Gohlke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704110800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Taschengeld für die Elite“ – so, Frau Ministerin, titelten
die Zeitungen, nachdem Sie Ihr nationales Stipendien-
programm vorgelegt haben.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das Neue Deutschland vielleicht!)


Was sind Ihre Vorschläge? Sie wollen die leistungs-
stärksten 10 Prozent der Studierenden mit 300 Euro im
Monat fördern. Dabei wissen Sie genau – die Ergebnisse
diverser Untersuchungen belegen das –, dass dies vor al-
lem diejenigen Studierenden sein werden, die ohnehin
kaum finanzielle Probleme haben,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Böswillige Unterstellung! Eine ganz böswillige Unterstellung!)


die aus besserverdienenden Elternhäusern kommen. Im
Bildungssystem und an den Hochschulen herrschen un-
gleiche Bedingungen. Die 19. Sozialerhebung vom April
zeigt, dass zwei Drittel aller Studierenden parallel zum
Studium arbeiten müssen; fast 40 Prozent arbeiten
durchschnittlich 16 Stunden pro Woche.


(Zuruf von der SPD: Mehr als Sie!)


Frau Schavan, ich weiß nicht, wie Sie sich Ihr Stu-
dium finanziert haben und ob Sie wissen, wie es ist,
wenn man neben dem Studium arbeiten muss. Aber ich
kann Ihnen sagen: Wenn man nachts bis um 1 oder 2 Uhr
kellnert oder zwei Tage pro Woche in einem Promotion-
Job arbeitet, dann kann es sein, dass man am nächsten
Tag im Seminar nicht so konzentriert und nicht so gut
vorbereitet ist.


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja!)


Genau die Studierenden, die sich ihr Studium auf diese
Weise finanzieren müssen, werden durch Ihre Politik
weiter benachteiligt. Das ist ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


Dass Sie jetzt auch noch allen Ernstes behaupten, die-
ses Vorhaben sei zutiefst sozial,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Ja! Das ist Bildungsgerechtigkeit!)

schlägt dem Fass aus meiner Sicht den Boden aus. Sie
geben vor, Sie wollten damit insbesondere Studieninte-
ressierte aus finanziell schlechter gestellten Elternhäu-
sern für ein Studium begeistern. Ich frage Sie: Wie soll
die vage Aussicht auf ein Stipendium jemanden motivie-
ren, ein Studium aufzunehmen?


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


Denn anders als beim BAföG entsteht bei Ihrem Stipen-
dienprogramm kein klarer Rechtsanspruch für die Stu-
dierenden.

Es ist schön, Herr Meinhardt, dass Sie einen Zeugen
für Ihr Konzept gefunden haben.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Es gibt viele Zeugen! Sehr viele!)


Es gibt also einen Studenten aus Bochum, der Ihr Kon-
zept gut findet. Ich kann Ihnen sagen: Die Allensbach-
Studie zur Studienfinanzierung 2010 belegt, dass die
Studierenden und die Abiturientinnen und Abiturienten
von der sozialen Wirkung von Stipendien wenig über-
zeugt sind.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Was ist denn mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung?)


84 bzw. 77 Prozent von ihnen sprechen sich dafür aus,
bei der Vergabe von Stipendien andere Kriterien zu be-
rücksichtigen, allen voran die soziale Lage.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


Statt Ihres Stipendienprogramms brauchen wir endlich
eine Bildungspolitik, in der der Zugang zu Bildung und
ein Hochschulstudium nicht mehr vom Geldbeutel der
Eltern abhängig sind.

Sie hatten vor, die Kosten dieses Elitenförderungspro-
gramms mit der Wirtschaft zu teilen: 150 Euro sollten
vom Staat kommen, 150 Euro von der Wirtschaft. Die
Bildungsgewerkschaft GEW hat in der vergangenen Wo-
che berechnet, dass davon überhaupt keine Rede sein
kann, weil de facto rund ein Drittel über die Steuerrück-
erstattung an die Unternehmen zurückfließt. Das heißt,
der Staat soll zwei Drittel der Programmkosten tragen,
gibt aber gleichzeitig die Entscheidung aus der Hand,
wohin die Mittel fließen.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Rechnen konnten die Linken noch nie! – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Eigenverantwortung! Dezentralität! Subsidiarität!)


Es ist so, wie auch ansonsten in der schwarz-gelben Poli-
tik: Die Wirtschaft entscheidet, und die Politik muss es
bezahlen.


(Beifall bei der LINKEN)


Als Pointe kommt noch hinzu, dass Sie selbst von den
Unternehmen einen Korb für Ihr Eliteprojekt bekommen
haben.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Kein Stück!)


Die wollen sich nämlich gar nicht an Ihrem Stipendien-
programm beteiligen. Aber Sie sind ja sehr flexibel, Frau





Nicole Gohlke


(A) (C)



(D)(B)

Schavan. Sie haben blitzschnell umgeschwenkt und für
Ihre Zwecke – das ist ganz erstaunlich – die Zivilgesell-
schaft entdeckt, die Sie in die Pflicht nehmen wollen.
Insbesondere die ehemaligen Studierenden sollen jetzt
zur Kasse gebeten werden.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Nehmen Sie Verantwortung für andere wahr!)


Frau Schavan, damit wird es aus meiner Sicht wirk-
lich vollends absurd. Es ist schön, wenn Sie es sich leis-
ten können, ein Stipendium in NRW zu stiften. Aber
glauben Sie ernsthaft, dass das der Regelfall ist? Nach
Ihren Plänen sollen die ehemaligen Studierenden Leis-
tungen in Bereichen übernehmen, aus denen sich der
Staat zurückgezogen hat, die nun privat zu finanzieren
sind – ich zähle sie ganz kurz auf –: Die Absolventinnen
und Absolventen sollen also den Studienkredit und das
BAföG für ihr eigenes Studium zurückzahlen. Sie sollen
Bildungssparkonten für ihre Kinder anlegen, um denen
ein Studium finanzieren zu können. Dann sollen sie na-
türlich in die eigene Altersvorsorge investieren, und jetzt
sollen sie obendrein auch noch Stipendien für andere
Studierende stiften. Frau Schavan, merken Sie eigentlich
nicht, dass die große Mehrheit der Menschen, auch der
Akademiker, sich das nicht leisten kann?


(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Ulla Burchardt [SPD]: Nein!)


Aber Sie ignorieren all das einfach und wollen Ihr
Projekt durchziehen. In der Regierungsbefragung am
21. April sagten Sie allen Ernstes – ich zitiere Sie –:

Wir müssen herausfinden, aus welchen Quellen die
Stipendien finanziert werden. Dann können wir
weitersehen.

Das soll seriöse Politik sein, Frau Schavan? Schon jetzt
haben Sie die Zahl der Stipendien, die Sie bis 2013 er-
warten, nach unten korrigiert. Das beweist doch: Sie
glauben nicht einmal mehr selbst daran, dass Ihr neues
Modell funktioniert.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Das sind Zukunftspessimisten!)


Das Bittere ist nur, dass Sie Ihre Experimente und Ihre
Elitepläne auf dem Rücken der Studierenden austragen.
Sie wurden auch gefragt, warum Sie nicht einfach das
BAföG weiter ausbauen wollen. Sie antworteten:

Das tue ich deshalb nicht, weil es ziemlich altmo-
disch ist, ausschließlich auf das BAföG abzustellen.

Ich möchte an dieser Stelle aus der Begründung des
BAföG-Gesetzes von 1971 zitieren. Dort heißt es:

Der soziale Rechtsstaat, der soziale Unterschiede
durch eine differenzierte Sozialordnung auszuglei-
chen hat, ist verpflichtet, durch Gewährung indivi-
dueller Ausbildungsförderung auf eine berufliche
Chancengleichheit der jungen Menschen hinzuwir-
ken.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Das machen wir mit einer BAföG-Erhöhung! Wir erhöhen das BAföG!)


Sie und Ihre schwarz-gelbe Koalition halten den Sozi-
alstaat also für altmodisch.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Wir halten den Sozialismus für altmodisch!)


Sie möchten, dass sich der Staat auch aus der Studienfi-
nanzierung mehr und mehr zurückzieht, und Sie wollen
diese Aufgabe dem Engagement Privater, wie Sie es so
schön formulieren, überlassen, also denen, die sich das
eventuell leisten können. So eine Politik hat Frau
Schavan in der Regierungserklärung selbst Mäzenaten-
tum genannt. Mäzenatentum, das ist die Idee, dass reiche
Gönner Bedürftigen quasi als Gnadenakt die Bildung fi-
nanzieren,


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


natürlich nur so lange, wie die Gönner Lust dazu haben.
Das muss man sich einmal vorstellen: Im
21. Jahrhundert fordert eine Bildungsministerin Mäzena-
tentum, weil sie den Sozialstaat für altmodisch hält.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Patrick Döring [FDP]: Ein Zerrbild der Gesellschaft!)


Wenn das Ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen
sind, dann ist das ein Skandal.

Wenn Sie die Mäzene, also diejenigen, die sich die Fi-
nanzierung anderer leisten können, wenn Sie diese Gut-
verdienenden und die Unternehmen für die Studienfi-
nanzierung stärker in die Pflicht nehmen wollen, dann
erhöhen Sie doch einfach den Spitzensteuersatz.


(Beifall bei der LINKEN)


Führen Sie die Vermögensteuer wieder ein und sorgen
Sie dafür, dass die großen Unternehmen überhaupt Steu-
ern zahlen. So eine Finanzierung kann ganz einfach sein.


(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Und wir treten aus der NATO aus!)


Man muss sich gesellschaftspolitisch dafür gar nicht ins
alte Rom begeben.

Stecken Sie diese Einnahmen in einen ordentlichen
Ausbau des BAföG, den die Linke mit dem vorliegenden
Antrag fordert. Die 2 Prozent BAföG-Erhöhung, die Sie
unter dem Druck der Proteste im Herbst versprechen
mussten, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir
brauchen eine breite Ausbildungsförderung, die den tat-
sächlichen Bedarf der Studierenden, der Schülerinnen
und Schüler deckt. Und schaffen Sie endlich den Darle-
hensanteil ab. Das wäre eine wirklich soziale Innovation
und hundertmal moderner als das vorvorgestrige, antike
Mäzenatentum, das Sie hier wieder aufleben lassen wol-
len.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Wir gucken uns die Nicole Gohlke tolle Hochschulpolitik in Berlin und Brandenburg an! Desaströs!)





(A) (C)


(D)(B)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704110900

Das Wort hat nun Kollege Kai Gehring für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704111000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

diskutieren hier heute über ein von Schwarz-Gelb vorge-
legtes Studienfinanzierungspaket. Das ist ein Paket, bei
dem ich als Studierender sagen würde: Annahme ver-
weigert; denn es geht an den Empfängern dieses Paketes,
an dem Finanzierungsbedarf der Studierenden ganz klar
vorbei.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Es trifft sogar in die Mitte!)


Dieses Finanzierungspaket ist unausgewogen, es setzt
die falschen Prioritäten und es bringt weniger statt mehr
Bildungsgerechtigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ihre mickrige BAföG-Erhöhung um 2 Prozent ent-
spricht 12 Euro, wenn man den Höchstsatz erhält. Dafür
kann man eine halbe Stunde im Uni-Copyshop ein Fach-
buch kopieren. Dann ist das Geld aufgebraucht.

Diese mickrige BAföG-Erhöhung verblasst völlig im
Schatten Ihres monströsen nationalen Stipendienpro-
gramms.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Sie wollen 300 Millionen Euro an Steuermitteln für Eli-
testipendien aufwenden. Wir sagen: Geben Sie dieses
Geld ins BAföG! Klotzen statt kleckern müssen Sie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit diesen 300 Millionen Euro könnte man das BAföG
sofort um mindestens 5 Prozent erhöhen, sowohl bei den
Bedarfssätzen als auch bei den Freibeträgen. Vor lauter
Gerede über Spitze, Elite und Exzellenz dürfen Sie die
Breite nicht vergessen, Frau Schavan und liebe FDP.

Ich sage Ihnen ganz deutlich, warum dieses nationale
Stipendienprogramm Murks und Mumpitz ist. Erstens
bringt es den Studierenden keinen Gewinn. Elitestipen-
dien für wenige können eine verlässliche Studienfinan-
zierung für alle mit klaren Rechtsansprüchen nicht erset-
zen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP: Sie sollen sie auch gar nicht ersetzen!)


Wenn man NRW als Blaupause für den Bund nimmt,
dann muss man sehen, dass dort lediglich 0,4 Prozent al-
ler Studierenden ein NRW-Stipendium bekommen. Das
ist doch lächerlich. Es ist ein schlechter Witz. Dabei
kann man doch nicht von Verlässlichkeit reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Sie schüren Sozialneid!)


Das 10-Prozent-Ziel ist angesichts der 0,4 Prozent in
NRW völlig illusionär. Im Übrigen sind es Kurzzeitsti-
pendien, die für zwei Semester gewährt werden. Das ist
ein Jahr. Hurra! Das ist ja eine enorme Zukunftsperspek-
tive für die jungen Leute, vor allem, wenn man das Sti-
pendium verliert, wenn man den Studienort wechselt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Das muss man sich mal vorstellen. Es ist schlicht mobili-
tätsfeindlich. Offensichtlich haben Sie aus den Bologna-
Debatten nichts gelernt. Aus der Sicht der Studierenden
ist das eine reine Luftnummer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zweiter Kritikpunkt: Die sozialen Schieflagen wer-
den verschärft.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Falsch!)


Sie können noch so oft sagen, das Stipendienprogramm
sei sozial. Dass Sie sagen, die Stipendienvergabe orien-
tiere sich nur an Leistung und Begabung, ist eine der
großen schwarz-gelben Lebenslügen. Das ist falsch. Wir
wissen aus verschiedenen Studien, dass auch Habitus
und soziale Herkunft maßgeblich mit darüber entschei-
den, ob man in den Genuss eines Stipendiums gelangt.
Insofern privilegieren Sie besonders chancenreiche Stu-
dierende aus einkommensstarken Akademikerfamilien,
statt endlich das zu tun, was notwendig ist, nämlich den
an den Hochschulen unterrepräsentierten Gruppen den
Weg auf den Campus zu ebnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Aber die Hochschulen entscheiden doch über die Vergabe!)


Deshalb schlagen wir ein Stipendien-Sonderpro-
gramm vor, um gezielt gerade den unterrepräsentierten
Gruppen ein Angebot zu machen, statt eine FDP-Klien-
telpolitik zu betreiben.


(Patrick Meinhardt [FDP]: So wird absolutes Misstrauen gegen Hochschulen geschürt!)


– Danke, Herr Meinhardt. Wo Sie gerade die Hochschu-
len ansprechen: Die Hochschulen werden mit diesem
Gesetz schlichtweg überfordert. Ich weiß nicht, mit wel-
chen Uni-Rektoren Sie gesprochen haben.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Mit sehr vielen!)


Mir sagen sie immer, dass sie wohl bald vom Rotary
Club zum Lions Club tingeln müssen, um zu versuchen,
Stipendien für 8 Prozent ihrer Studierenden zu finanzie-
ren.





Kai Gehring


(A) (C)



(D)(B)

Sie stülpen als Bundesregierung den Hochschulen die
komplette Organisation dieser Stipendien von A bis Z
auf, von Einwerbung, Abwicklung und Ausgestaltung
bis zur Vergabe. Das alles wird den Unis aufgebürdet.
Deshalb wird sich Ihr Programm vor Ort als nichts ande-
res als ein hungriges Bürokratiemonster entpuppen, mit
dem die Hochschulen vielerorts überlastet sein werden.


(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Würden Sie das wieder zurücknehmen?)


Die regionalen Unterschiede werden verstärkt. Das
sieht man schon in Nordrhein-Westfalen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Deswegen ist Herr Pinkwart auch nicht gekommen!)


Es liegt auf der Hand, dass Eliteunis weniger Schwierig-
keiten haben, Stipendien einzuwerben, als zum Beispiel
kleinere Universitäten oder Universitäten in struktur-
schwachen Regionen oder solche, die ein klares geistes-
wissenschaftliches Profil haben, statt dem MINT-Fä-
cher-Mainstream zu folgen. Die Studierenden an diesen
Universitäten sind doch nicht weniger leistungsbereit
oder begabt. Das Programm bringt den Studis dort
nichts. Deshalb ist es auch an dieser Stelle schlichtweg
Mumpitz.

Die Liste lässt sich weiter verlängern, zum Beispiel
um die Büchergeldstipendien der Begabtenförderungs-
werke. Die Stipendiaten sagen selber, dass sie die Erhö-
hung ihres Büchergelds um 275 Prozent ungerecht fin-
den. Dazu haben die Stipendiaten aus den zwölf
Begabtenförderungswerken eine klare Erklärung abge-
geben.


(Patrick Meinhardt [FDP]: 10 Prozent, die politisch organisiert worden sind!)


Die Wirtschaft lässt sie völlig im Regen stehen. Obwohl
Sie ihnen für diese Stipendienstifterei auch noch die
steuerliche Absetzbarkeit zugestehen,


(Patrick Döring [FDP]: Kosten sind immer steuerlich absetzbar!)


sagen die Arbeitgeberverbände Nein; es sei nicht ihre
Aufgabe, dazu einen Beitrag zu leisten.

Auch Ihre eigenen Landesminister lassen Sie im Re-
gen stehen, Frau Schavan. Der schleswig-holsteinische
Wissenschaftsminister von der CDU hat das Ganze als
nicht bezahlbar bezeichnet und auf die unterschiedlichen
Gegebenheiten der Länder hingewiesen.

Ich sage Ihnen voraus: Wenn sich am kommenden
Sonntag die Mehrheit im Bundesrat verändert, dann ist
das auch eine Chance, diesen nationalen Stipendien-
murks endlich zu stoppen. Damit wäre bereits übermor-
gen Ihr Stipendienprogramm zum Scheitern verurteilt.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wissen auch, dass
am 9. Mai die Chance besteht, diese ungerechten Studi-
engebühren wieder abzuschaffen. Wir wollen die Cam-
pusmaut nicht länger, damit ein Studium nicht vom
Geldbeutel der Eltern abhängt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist gut, dass die Schüler und die Studierenden im
Rahmen des Bildungsstreiks gegen die sozialen Schief-
lagen im Bildungs- und Hochschulsystem auch in dieser
Woche protestiert haben. Sie haben unsere Solidarität.
Die Ergebnisse der 19. Sozialerhebung legen nahe, dass
es keinen Grund zum Jubeln gibt, sondern weiterhin
Grund zur Sorge. Vor allem ist ein Umdenken der Bun-
desregierung erforderlich, weil die soziale Selektivität
erschreckend stabil ist, weiterhin Akademiker unter sich
bleiben und man von sozial offenen Hochschulen
schlichtweg nicht reden kann. Wir sind vielmehr weit
davon entfernt. Deshalb muss die Antwort gerade auf die
Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes sein,
keine magere Alibinovelle zum BAföG vorzulegen,
keine Elitestipendien für die Besten und Reichsten auf-
zulegen, sondern wirklich eine ambitionierte Reform der
Studienfinanzierung in Angriff zu nehmen, bei der es da-
rum geht, auch die unteren und mittleren Schichten mit-
zunehmen.

Daher ist unser Vorschlag die Einführung des grünen
Zweisäulenmodells. Ich finde, darüber sollten wir in den
nächsten Monaten weiter diskutieren und es dann auch
einführen. Alle Studierenden in diesem Land sollten eine
Sockelförderung in gleicher Höhe als Basisabsicherung
und als starken Anreiz bekommen; mit der zweiten Säule
sichern wir eine unerlässliche soziale Komponente mit
einem Bedarfszuschuss. Motten Sie Ihr nationales Sti-
pendienprogramm ein! Erhöhen Sie das BAföG sofort
viel deutlicher!


(Patrick Döring [FDP]: Wir werden es noch ausbauen!)


Bringen Sie mit uns das Zweisäulenmodell auf den Weg!
Das wäre eine bessere Studienfinanzierung als die, die
Sie heute vorschlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704111100

Das Wort hat nun Albert Rupprecht für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1704111200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

In der Tat, am Ende sollen 8 Prozent der Studenten künf-
tig 300 Euro im Monat durch das nationale Stipendien-
programm erhalten. Das ist eine hohe Messlatte.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist Stabhochsprung!)


Ich gestehe durchaus zu, dass wir als Unionsparteien bei
den Koalitionsverhandlungen in diesem Punkt nicht
ganz so ehrgeizig wie die FDP waren. Wir wären ein
Stück demütiger gewesen und hätten versucht, das
Schritt für Schritt zu entwickeln. Natürlich werden wir
in den nächsten Wochen genau hinhören und mit den





Albert Rupprecht (Weiden)



(A) (C)



(D)(B)

Hochschulen, mit der Wirtschaft und den potenziellen
Spendern sprechen.


(Zurufe von der SPD)


– Das ist das parlamentarische Verfahren, Herr Rossmann.
Ich glaube, das ist richtig und notwendig. –


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wir freuen uns, dass Sie zuhören!)


Es muss für die Hochschulen durchführbar sein. Wir
wollen, dass private Spender Einfluss haben – das ist ihr
Recht – und erfahren, was mit ihrem Geld passiert. Zen-
tral für uns ist, dass das Stipendiensystem einen gesell-
schaftlichen Mehrwert bieten muss. Genau das werden
wir im parlamentarischen Verfahren genau betrachten.
Die Haltung aber auf der Seite der SPD, der Grünen und
der Linken, Stipendien in Gänze abzulehnen


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Nein! Das haben wir nicht gesagt! 2 Prozent!)


und alles Geld ausschließlich ins BAföG zu stecken, ist
falsch und unglaubwürdig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört!)


Wenn Ihre Forderung ernst gemeint ist, dann müssen Sie
morgen das Begabtenförderungswerk der SPD-nahen
Friedrich-Ebert-Stiftung schließen.


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das hat doch keiner gesagt! – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das haben wir ausdrücklich nicht gesagt!)


Wenn Sie das wollen, dann fordere ich Sie hiermit auf,
dass Sie morgen die 127 Millionen Euro staatliche Un-
terstützung,


(Ulla Burchardt [SPD]: Ich werde Sie gleich aufklären!)


die jedes Jahr in die Friedrich-Ebert-Stiftung gesteckt
werden, zurückgeben und diesen Betrag freigeben, damit
das BAföG erhöht werden kann.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704111300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Rossmann?


Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1704111400

Nein, jetzt nicht.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Dann noch einmal: Sie haben nicht zugehört!)


– Wieso sollte das SPD-nahe Stipendiensystem etwas
Gutes, aber ein Stipendiensystem, das dezentral an den
Hochschulen angesiedelt ist, Teufelszeug sein? Selbiges
gilt für die Heinrich-Böll-Stiftung der Grünen und für
die Rosa-Luxemburg-Stiftung der Linken.

Natürlich kann man und muss man über die konkrete
Ausgestaltung des Stipendiensystem diskutieren, aber
die Grundanliegen als solche sind richtig. Es ist richtig,
dass junge Menschen, die sich über die Maßen in der
Gesellschaft engagieren und zudem hohe Leistungen in
der Gesellschaft und im Studium erbringen, gefördert
werden.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie messen Sie Leistung?)


Es ist richtig, dass die Wirtschaft und die private Zi-
vilgesellschaft künftig stärker an der Finanzierung des
Studiums beteiligt werden. Es ist auch richtig, dass wir
den Schwachen in der Gesellschaft solidarisch helfen.
Aber es ist ebenso richtig, dass wir die Leistungsträger
fördern. Wir stehen für Leistung und Gerechtigkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jeder Mensch soll entsprechend seinen Begabungen
gefördert werden. Wir meinen damit Chancengerechtig-
keit statt Gleichmacherei.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie messen Sie das denn?)


Deswegen wollen wir Stipendien für die Leistungsträger,
aber wir bauen parallel das BAföG für sozialbedürftige
Studierende massiv aus.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Massiv? Mickrig!)


Und um das auch nochmals klarzustellen: Anders, als
es der linke Block hier ständig suggeriert,


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


belegt die HIS-Studie aktuell und eindeutig: Von 2002
bis 2005 ist die Studierquote der Studienberechtigten aus
bildungsfernen Schichten von 67 Prozent auf 59 Prozent
zurückgegangen. Das war die Zeit der rot-grünen Regie-
rung. Diese Studie belegt ebenso, dass während der
Amtszeit der Ministerin Schavan dieser Anteil der Stu-
dierenden aus bildungsfernen Schichten substanziell ge-
stiegen ist, und zwar von 59 Prozent auf 65 Prozent.


(Ulla Burchardt [SPD]: Schlagartig!)


– Ja, was Sie zunächst heruntergewirtschaftet haben, mit
Verlaub gesagt. – Das hängt vor allem auch mit politi-
schen Entscheidungen zusammen. Wir haben unter der
Führerschaft der Ministerin Schavan 2008 gemeinsam
mit der SPD – das ist richtig – die BAföG-Sätze um statt-
liche 8 Prozent und die Freibeträge um stattliche 10 Pro-
zent erhöht.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja, dafür haben wir mit Peter Struck gekämpft!)


Die Grünen haben sich im Übrigen bei dieser Entschei-
dung 2008 enthalten – trotz dieser massiven Erhöhung.

Wir geben trotz der Schuldenbremse in dieser Legisla-
turperiode 12 Milliarden Euro mehr für Forschung und
Bildung aus, und wir erhöhen bereits zwei Jahre nach der
großen Erhöhung 2008 das BAföG erneut, und zwar die
Bedarfssätze um 2 Prozent und die Freibeträge um
3 Prozent. Das ist im Übrigen mehr, als die SPD in ihrem
Antrag fordert. In Ihrem Antrag schreiben Sie nämlich,
dass die Preissteigerung ausgeglichen werden soll.





Albert Rupprecht (Weiden)



(A) (C)



(D)(B)

Der BAföG-Bericht formuliert während dieser Zeit
eine Preissteigerung von 1 Prozent.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Deshalb fordern wir auch 3 Prozent!)


Die Conclusio ist: Nach Ihren Vorschlägen würden und
sollten die BAföG-Sätze um 1 Prozent steigen. Bei uns
steigen sie aber um 2 Prozent und die Freibeträge sogar
um 3 Prozent.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotzdem Kleckerbeträge!)


Es darf nicht sein, dass Kinder aus armen Familien
nicht studieren können, weil ihnen das Geld dafür fehlt.
Das ist Konsens.


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Es wäre schön, wenn das Konsens wäre!)


Deswegen machen wir die große, tragende Säule BAföG
stärker denn je. Wir wollen, dass das BAföG ganz klar
eine Sozialleistung bleibt und sich auf die wirklich Be-
dürftigen konzentriert. Es ist das Gebot der Subsidiarität,
dem zu helfen, der sich nicht selbst helfen kann. Dafür
stehen wir. Wir lehnen deswegen auch ein studentisches
Grundeinkommen, wie es Teile der SPD, wie es Teile
der Grünen und beinahe alle in der Linken fordern, strikt
ab.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben hier ein ganz konkretes Modell! – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Sie haben den Antrag nicht verstanden! Sie haben das Kleingedruckte zu den Steuern nicht gelesen!)


Jedem Studenten 700 Euro zu geben, dem Sohn eines
Arztes ebenso wie dem Sohn eines Facharbeiters, ist das
Unsozialste, was es gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Es refinanziert sich über die Steuern!)


Das würde 20 Milliarden Euro kosten, und das wür-
den die normalen Arbeitnehmer mit ihren Steuerzahlun-
gen bezahlen. Das ist eine absurde Vorstellung von so-
zialer Gerechtigkeit. BAföG für alle ist der völlig falsche
Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen wen kämpfen Sie eigentlich?)


Herr Rossmann sagt darüber hinaus, wir müssen die
Freibeträge massiv erhöhen, damit möglichst viele Stu-
denten BAföG erhalten. Herr Rossmann, was ist das für
eine Denke,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ich habe es auf untere Mittelschichten bezogen!)


dass ich der Mittelschichtfamilie zunächst 500 Euro mit
Steuern aus der Tasche ziehe, damit ich nach Abzug der
Bürokratiekosten von den 500 Euro der Tochter dieser
Mittelschichtfamilie 300 Euro BAföG wiedergebe? Das
ist der alltägliche Wahnsinn der Staatsgläubigen, und das
ist der falsche Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Man kriegt kein BAföG, wenn man Steuern zahlt! – Ulla Burchardt [SPD]: Ich erzähle gleich noch etwas dazu!)


Wir erhöhen die BAföG-Sätze und die Freibeträge,
wir verringern die Bürokratie, wir machen das BAföG
Bologna-tauglich und erhöhen die Altersgrenze von 30
auf 35 Jahre, und wir verbessern wesentlich die Verein-
barkeit von Familie, Kindererziehung und Studium.

Wenn das alles beschlossen ist, werden die Steuerzah-
ler in Deutschland die bedürftigen Schüler und Studen-
ten jährlich mit beinahe 2,5 Milliarden Euro unterstüt-
zen. Das ist weltweit Spitze.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die halbe Abwrackprämie!)


Ich finde, das ist ein großartiges Zeichen der Solidarität
der Steuerzahler mit jungen Menschen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine halbe Abwrackprämie!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704111500

Das Wort hat nun Ulla Burchardt für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1704111600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an
die Adresse der Koalitionsredner Folgendes sagen, da-
mit ich bei diesem Thema demnächst keine Zwischen-
rufe mehr machen muss: Der Kollege Rossmann hat die
politische BAföG-Historie dargestellt. Herr Rupprecht,
Sie hätten es also wissen können. Es steht aber nun im
Protokoll, sodass man es dort nachlesen kann. Das
müsste also zukünftig sitzen.

Dass die Gesetzentwürfe des Ministeriums von den
Koalitionsfraktionen heute eingebracht werden, hat nun
wirklich etwas mit der Landtagswahl in NRW zu tun.
Ursprünglich hatten Sie ja geplant, das heute mit Herrn
Pinkwart zur besten Sendezeit zu zelebrieren und diese
Wohltat zu verkünden. Ich verstehe ja, dass Sie in Sorge
sind: Die schwarz-gelbe Koalition wird am kommenden
Sonntag abgewählt,


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist gut so!)


und zwar nicht zuletzt wegen Ihrer bildungspolitischen
Bilanz, die absolut negativ ist.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Nach dem roten Bildungschaos die ganzen Jahrzehnte zuvor!)






Ulla Burchardt


(A) (C)



(D)(B)

Mit Ihnen ist NRW bundesweit Schlusslicht beim Aus-
bau der Studienplätze geworden und ist abgeschlagen
beim Ausbau der Krippenplätze. Mit Ihrem Festhalten
an dem dreigliedrigen Schulsystem produzieren Sie auf
neun Absteiger nur einen Schüler, der in eine höhere
Schulform aufsteigt.

Zu den Hochschulen nur ein Hinweis: Herr Pinkwart
hat den Hochschulen die Grundmittel gekürzt, allein
2007 um 1 000 Euro pro Studierendem. Dafür hat er den
Hochschulen die Freiheit gegeben, diese 1 000 Euro bei
den Studierenden abzukassieren.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Hört! Hört!)


Das ist ein pervertierter Begriff von Freiheit.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Das Stipendienmodell, das er in NRW eingeführt hat
– ich weiß gar nicht, Frau Schavan, wieso Sie auf die
Idee kommen, dass Sie da so furchtbar innovativ gewe-
sen sind –, ist doch nur ein Feigenblatt für die Studienge-
bühren gewesen. In Wahrheit ist dieser Schritt ein beab-
sichtigter Systemwechsel in Richtung Privatisierung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ihr Bekenntnis „Privat vor Staat“ wirkt sich so aus: Die
Wirtschaft hat damals die Einführung von Studiengebüh-
ren gefordert und hat gleichzeitig versprochen, dafür ein
umfassendes Stipendiensystem aufzubauen. Sie hat sich
aber an dieses Versprechen nicht gehalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Nun springen Sie in die Bresche mit öffentlichem Geld.
In Nordrhein-Westfalen funktioniert das schon nicht,
und bei Ihnen, Frau Schavan, wird es auch nicht funktio-
nieren.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besser wäre, Studiengebühren abzuschaffen!)


Dass Sie, Herr Rupprecht, zugegeben haben, dass das,
was Sie heute auf den Tisch gelegt haben, noch ein biss-
chen unausgegoren ist, spricht nun wirklich für sich.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Ist ein schöner Erfolg!)


Das Modell in NRW ist kein Erfolg, es ist ein Flop.
Dass man dieses Modell als Blaupause für den Bund ver-
wendet, ist eine besondere Form von Regierungskunst,
die ich nicht nachvollziehen kann. Zweimal ist Herr
Pinkwart mit dem Versuch in der GWK gescheitert, die-
ses Modell bundesweit durchzusetzen. Alle anderen ha-
ben gesagt, so einen groben Unfug wollten sie nicht.
Jetzt greifen Sie in die Trickkiste, indem Sie dieses Mo-
dell an ein Gesetz zur BAföG-Reform ankoppeln, von
dem Sie wissen, dass es von allen begrüßt wird. Es ist
kein Wunder, dass man da von einem Junktim redet.
Frau Schavan, als Landesministerin hätten Sie sich ein
solches Vorgehen einer Bundesbildungsministerin mehr
als lautstark verbeten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Keiner will Ihr Stipendienmodell wirklich: der BDA
nicht und auch die Gewerkschaften nicht. Die HRK äu-
ßert diplomatisch Skepsis, und die Studierenden, auch
die Stipendiatensprecher in den Begabtenförderungswer-
ken, sind dagegen. Gestern hat mich noch eine Petition
erreicht von 2 200 Stipendiaten und 991 Studienstiftlern
der Studienstiftung des deutschen Volkes mit dem Titel
„Reproduktion der Bildungselite durch neues nationales
Stipendienprogramm und Büchergelderhöhung stoppen“.
Frau Schavan, Sie können ja sagen, das sind, inklusive
der Opposition, die Ewiggestrigen und Altmodischen.
Nur langsam müssten Sie sich einmal fragen, ob Sie
nicht außerhalb stehen, wenn Sie nicht bereit sind, von
anderen zu lernen und sich mit der Realität sowie mit Ih-
rem eigenen Gesetz auseinanderzusetzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Rupprecht, noch eine kleine Anmerkung an Ihre
Adresse. Wir sind doch überhaupt nicht gegen Stipen-
dien. Ich weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen. Infor-
mieren Sie sich einfach erst einmal, bevor Sie solche Aus-
sagen treffen. Selbstverständlich betreiben wir mit der
Friedrich-Ebert-Stiftung Stipendienförderung. Wir haben
in der letzten Legislaturperiode – Sie waren noch nicht
da, aber die Gnade des späten Eintritts in den Bundestag
entschuldigt auch nicht alles – die Mittel für die Begab-
tenförderung erhöht. Machen Sie sich vorher erst einmal
sachkundig, bevor Sie die anderen kritisieren.

Wenn man sich Ihren Gesetzentwurf im Detail ansieht,
dann fragt man sich: Was wollen Sie erreichen? Kennen
Sie die Wirklichkeit, und kennen Sie Ihren eigenen Ge-
setzentwurf? Frau Schavan sagt, mit diesem Gesetz sol-
len Bildungsbarrieren abgebaut werden. Ich glaube Ih-
nen, dass das ehrlich gemeint ist. Aber man muss sich
doch fragen: Ist der vorliegende Gesetzentwurf dafür
nicht ein völlig untaugliches Mittel?


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Fakt ist: Drei Viertel der jungen Menschen nehmen
deshalb kein Studium auf, weil sie finanzielle Hürden vor
sich sehen, die sie für unüberwindbar halten. Wenn man
erst einmal einen Studienplatz sicher haben muss, um sich
für ein Stipendium zu bewerben, wenn man nicht weiß,
ob sich für diesen Studienplatz ein Sponsor findet, wenn
man dann mit anderen Bewerbern konkurrieren muss,
wobei das Leistungskriterium für diejenigen, die jobben
müssen – Frau Gohlke hat das ausführlich beschrieben –,
zum K.-o.-Kriterium wird – es gibt noch die Alternative,
sehr viel ehrenamtlich zu arbeiten, was aber in einem Ba-
chelor-Studiengang nicht möglich ist –, dann muss man
sich fragen: Was taugt an dieser Stelle Ihr Gesetzentwurf,
um Bildungsbarrieren abzubauen? Überhaupt nichts. Bei
Ihnen wird die Existenzsicherung zum Lotteriespiel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Ulla Burchardt


(A) (C)



(D)(B)

Selbst wer ein Stipendium gewonnen hat, der weiß
noch lange nicht, wie lange sein Glück hält. Es bleibt die
Unsicherheit, ob der Sponsor länger als ein Jahr durch-
hält, auch in Nordrhein-Westfalen. Im Gegensatz zu Ih-
nen, Herr Meinhardt, kenne ich die Wirklichkeit.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Ihre linke Wirklichkeit ist eine andere als die reale!)


Es ist fraglich, ob die Hochschule, wenn der Sponsor ab-
springt, einen Nachfolger findet. Wer bei dieser Lotterie
gewonnen hat, der hat auch bei einer Runde Roulette
gute Aussichten.

Frau Schavan, ich muss sagen: Eine solche Politik ist
zutiefst unseriös, spielt mit den Zukunftschancen und
-ängsten von jungen Menschen und verfestigt soziale
Auslese.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das steckt, entkleidet von allem rhetorischen Pathos,
hinter Ihrer Vorstellung von Moderne und von moderner
Bildungspolitik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Patrick Meinhardt [FDP]: Bodenlos unkorrekt!)


Sie sagen, dass Sie mit diesem Stipendiengesetz eine
neue Kultur schaffen wollen und dass dies ein bildungs-
politisches Reformprogramm ist. In Wahrheit ist das der
Systemwechsel, den auch Pinkwart will.

Vor allen Dingen ist es ein Programm zum Bürokra-
tieaufbau an den Hochschulen, und zwar einer zweiten
Bürokratie neben dem BAföG, Herr Meinhardt. Wie Sie
dieses Stipendienmodell verteidigen können, wo Sie
doch einen Bürokratieabbau fordern, ist mir wirklich ein
Rätsel.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Sie wissen von Bürokratieabbau überhaupt nichts!)


Das bedeutet in der Endausbaustufe, wenn alle empiri-
sche Erfahrung zugrunde gelegt wird, dass die Hoch-
schulen 2 000 volle Stellen zusätzlich schaffen müssen.
Das würde mindestens 100 Millionen Euro kosten. Noch
einmal grob gerechnet: In Ihrem Gesetzentwurf sind da-
für 30 Millionen Euro veranschlagt. Wenn Sie von Rek-
toren, von uns und anderen gefragt werden, woher der
Rest herkommen soll, dann sagen Sie: Man muss erst
einmal anfangen und dann darüber reden, woher das
Geld kommt. Das ist nicht seriös.

Man muss sich nicht wundern, wenn die Hochschul-
rektoren hierüber in Panik geraten und die Hochschulen
davor Angst haben, was ihnen noch aufgebürdet wird,
vor allen Dingen, weil ihnen gerade in Hessen in den
nächsten Jahren 30 Millionen Euro gestrichen werden
sollen. Ich bin gespannt, was Sie von Ihren Versprechen
einhalten können.

Sprechen Sie einmal mit den Hochschulrektoren unter
vier Augen, weil keiner seinen Namen öffentlich nennen
mag. Sie sind hellauf entsetzt über das, was Sie den
Hochschulen zumuten.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Patrick Meinhardt [FDP]: Sprechen Sie tatsächlich mit ihnen?)


– Ich spreche tatsächlich mit ihnen. Ich bin über 15 Jahre
Mitglied in zwei Hochschulkuratorien gewesen, bis
diese durch Aufsichtsräte ausgetauscht wurden. Diese
Hochschulen wollen mich weiterhin dabeihaben. Um
weiterhin von Politikern in ihrer Arbeit unterstützt zu
werden, werden jetzt neue Konstruktionen gefunden. Ich
weiß also, wovon ich rede, Herr Meinhardt.

Ich komme zur Frage der Benachteiligung. Sie sagen:
Alle Mittel werden gleich verteilt. Das ist falsch. Das
kann ich Ihnen auch für Nordrhein-Westfalen sagen. Be-
stimmte Studienfächer und Standorte werden benachtei-
ligt. Bei den Stipendien gibt es eine eindeutige Schwer-
punktsetzung auf Wirtschaftsingenieurwissenschaften
und Jura. Der Stifterverband erklärt ganz offen: Es ist
klar, wenn Unternehmen Stipendien vergeben, dann ma-
chen sie das aus Gründen der Personalrekrutierung. Na-
türlich sind von Unternehmen vergebene Stipendien im-
mer von Unternehmens- und Brancheninteressen geleitet.
Diese haben recht. Aber behaupten Sie dann doch nicht
das Gegenteil.

Sie versprechen, dass es keine Disparitäten zwischen
Fächern und Standorten gibt. Wenn Sie aber wie hier in
der Fragestunde gefragt werden, wie Sie das garantieren
wollen, dann antworten Sie: Dafür sind nicht wir, son-
dern die Hochschulen und die Sponsoren verantwortlich.
Ich frage mich: Welches Verständnis von Politik und
Verantwortung haben Sie?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704111700

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1704111800

Ich komme zum Schluss. – Auf den Hinweis, dass die

Alumni an den Hochschulen schon jetzt Lückenfüller
seien, wenn öffentliches Geld fehlt, und dass sie das in
bestimmten Regionen nicht zusätzlich leisten könnten,
war Ihr lapidarer Kommentar in der letzten Sitzungs-
woche: Dann soll die jeweilige Universität entscheiden,
ob sie mitmacht. Keine Universität wird gezwungen,
sich daran zu beteiligen.

Das, Frau Schavan, erinnert mich an einen Satz von
Anatole France, der 1919 formulierte:

Das Gesetz in seiner majestätischen Gleichheit ver-
bietet dem Reichen wie dem Armen, unter den Brü-
cken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln und
Brot zu stehlen.

Ich sage Ihnen: Das ist der zynische Freiheitsbegriff,
der offensichtlich Ihre Politik leitet.






(A) (C)



(D)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704111900

Frau Kollegin, bitte zum Ende kommen!


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1704112000

Ich komme zum Ende. – Mit diesem Zynismus ma-

chen Sie die Autonomie der Hochschulen, die Rot-Grün
im Bund und in NRW auf den Weg gebracht hat, zum
Synonym für die Flucht aus der politischen Verantwor-
tung. Motten Sie das Stipendiengesetz ein! Erhöhen Sie
das BAföG, insbesondere die Freibeträge, wie hier vor-
geschlagen! Das ist sachgerecht und weniger ideologie-
geleitet. Das hat der Standort Deutschland und das haben
die jungen Menschen für ihre Zukunft verdient.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Machen Sie lieber beim Stipendienprogramm mit!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704112100

Das Wort hat nun der Wissenschaftsminister des Lan-

des Baden-Württemberg, Peter Frankenberg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



(Baden-Württemberg)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich
die Redebeiträge der Opposition höre, fällt mir ein Wort
von Cicero bei einer Einleitungsrede im römischen Senat
ein


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Schon wieder die Römer! Mit denen haben wir es aber!)


– jetzt geht es in der Tat um die Antike –: In qua urbe vi-
vimus? Wo leben wir eigentlich?


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Wo leben Sie? Das ist eine gute Frage!)


Heute Morgen argumentieren Sie: Wir wollen das
Geld der Banken für die Griechenland-Hilfe. Heute
Nachmittag argumentieren Sie: Wir wollen kein Geld
der Wirtschaft für zusätzliche Stipendien für begabte
Studierende an unseren Hochschulen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Nein! Wir wollen es nicht substituieren! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat hier niemand gesagt! Die Wirtschaft will ja nichts geben!)


Das passt nicht zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn man Sie hört, hat man den Eindruck, durch die-
ses nationale Stipendienprogramm würde irgendjeman-
dem etwas weggenommen.


(René Röspel [SPD]: Ja, den BAföG-Leuten! – Ulla Burchardt [SPD]: Weil man den Euro nur einmal ausgeben kann!)


Es geht um zusätzliche Mittel. Es geht darum, dass ein
staatlicher Euro letztlich durch einen privaten Euro er-
gänzt wird. Sie können doch nicht sagen, dass Sie diesen
Euro auch hätten, wenn Sie, etwa für BAföG, nur staatli-
che Mittel einsetzen. Bei 300 Millionen Euro von staatli-
cher Seite würden ohne dieses Stipendienprogramm
schlichtweg 300 Millionen Euro fehlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Insofern ist das eine Milchbubenrechnung.

Es geht darum, dass wir unsere Mentalität ein Stück
weit verändern.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja, das wissen wir wohl, wohin Sie wollen! Privatisierung! Das ist Ihre Leitidee!)


– Was auch immer Sie unter Privatisierung verstehen:
Ich verstehe unter Privatisierung, dass die Verantwortli-
chen in unserer Gesellschaft aus eigener Verantwortung
einen Beitrag zu den für die Gesellschaft wichtigsten In-
stitutionen, nämlich zu den Hochschulen, zu den For-
schungs- und Bildungseinrichtungen, leisten, neben den
Steuern, die sie als Unternehmen oder Privatleute zah-
len.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulla Die können das auch von der Steuer absetzen!)

Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1704112200

– Wer etwas von der Steuer absetzen kann, hat immer
noch sehr viel selber gezahlt; denn das, was man abset-
zen kann, ist nie höher als das, was man zahlt.


(Heiterkeit bei der FDP – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Eine gerechte Besteuerung ist schon besser! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Fachkräftemangel ist auch hausgemacht!)


Wenn wir unsere Hochschulhaushalte mit den Haus-
halten sehr guter amerikanischer und britischer staatli-
cher Universitäten vergleichen, dann sehen wir, dass
Staatszuschüsse bei uns nicht geringer sind. Es fehlt aber
eine große Finanzierungssäule,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja, Studiengebühr!)


und zwar die privat finanzierte, zum Beispiel eine Säule
in Form eines wirklichen, breiter ausgreifenden Stipen-
diensystems.

Ich war selber Rektor einer Universität. Ich habe ver-
sucht, sehr viele private Mittel für diese Universität ein-
zuwerben. Ich habe das nie als Tingeln, sondern als eine
meiner wichtigsten Aufgaben im Sinne einer besseren
Finanzierung meiner Universität empfunden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wer das nicht will, ist in dieser Stellung fehl am Platze.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Bei der Finanzierung von Stipendien für besonders
begabte und auch für besonders engagierte Studierende
geht es eben nicht nur um Geld. Es geht um Ermutigung,
Anerkennung, wirkliche Förderung im weitesten Sinne.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Mobilitätsbeschränkung!)






Minister Dr. Peter Frankenberg (Baden-Württemberg)



(A) (C)



(D)(B)

Es geht um Förderung durch diejenigen, die von den
Studierenden profitieren: durch die Arbeitgeber, die die
Studierenden als hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter brauchen.

Es geht darum, dass Hochschulabsolventen wie in an-
deren Ländern eine Mentalität entwickeln, zu sagen: Ich
habe etwas erhalten, mit dem ich mein Leben nicht nur
gestalten, sondern besonders gut gestalten konnte; ich
gebe meiner Hochschule etwas zurück. Das ist eine in
den USA sehr weit verbreitete Mentalität, die bei uns
überhaupt noch nicht weit verbreitet ist.

Es geht um Privatleute, die einfach sagen: Hochschu-
len sind sehr wichtige Einrichtungen, davon lebt dieses
Land, auch in Zukunft in der Wissensgesellschaft; ich
gebe einer Hochschule, meiner Hochschule Geld.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: In Kalifornien geht es den Bach runter, weil die öffentlichen Hochschulen pleite sind!)


Es geht darum, diese Mentalität zu erzeugen und in ei-
nen Kanal zu lenken, der es ermöglicht, dass die Stipen-
dien unserer Hochschulen besser finanziert werden, als
es bisher möglich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist also richtig – ich stünde nicht hier, wenn ich als
Landesminister dagegen wäre –,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wie ist das mit den anderen Ländern, den ostdeutschen Ländern? Stehen die hier auch?)


dass Bund und Länder Mittel in die Hand nehmen, um
ein solches System anzustoßen. Das wird in der Tat nicht
leicht sein; es wird eines Mentalitätswechsels bedürfen.
Wenn wir aber nicht beginnen, werden wir nie dahin
kommen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wieso? 200 000 sind doch versprochen bis 2013! 200 000 waren doch das Einstiegsangebot!)


Wenn wir jetzt nicht anfangen, werden wir nie diese zu-
sätzliche Säule der Hochschulfinanzierung aufbauen
können.

Es geht in der Tat um Bildung für viele, aber auch um
Förderung der Bildung durch viele, und zwar nicht nur
über Steuern, sondern auch über persönliches, privates
Engagement. Dieses Stipendienprogramm wird deshalb
dazu führen, dass sich andere Einstellungen entwickeln,
dass Arbeitgeber zeigen, wie stark sie die Hochschulen
und die Absolventen wertschätzen, dass Alumni-Netz-
werke in wesentlich größerer Ausprägung entstehen und
dass viele Bürgerinnen und Bürger vielleicht nicht mehr
von „den Hochschulen“ sprechen, sondern von „unseren
Hochschulen“, manche von „meiner Hochschule“.

Ich bin überzeugt, es wird eine große Akzeptanz ge-
ben; denn die Förderung – die Auswahl der Stipendiaten
sollte in den Händen der Hochschulen liegen – betrifft
nicht nur die Leistung, sondern auch die Persönlichkeit
der Studierenden. Deshalb wird sie eine wirklich för-
dernde Motivation für die Studierenden darstellen. Die
Unternehmen in unserem Lande sind durchaus bereit, ei-
nen Teil der Mittel zu poolen, damit nicht nur Studie-
rende bestimmter Fächer gefördert werden können, son-
dern auch Studierende der Fachbereiche, die keinen
unmittelbaren Wirtschaftsbezug haben.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wie ist das in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein?)


Die Tatsache, dass die Regierung die BAföG-Erhö-
hung und die Verbesserung der Kriterien für die Gewäh-
rung von BAföG mit dem Stipendienprogramm verbin-
det, ist nicht negativ, sondern zeigt, dass sie auf der
einen Seite die sozialen Belange der Studierenden sieht
und auf der anderen Seite die Notwendigkeit der Förde-
rung von Studierenden nach Leistung und weiteren Kri-
terien und vor allen Dingen die Erschließung privater
Mittelquellen zur zusätzlichen Finanzierung der Hoch-
schulen im Auge hat.

Betrachten Sie die Welt mit offenen Augen! Dann
werden Sie sehen, dass die erfolgreichsten Hochschul-
systeme der Welt zumindest über eine solche Säule der
zusätzlichen privaten Finanzierung der Hochschulen
verfügen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704112300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/1551, 17/1552, 17/1558 und 17/1570
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gesine
Lötzsch, Jan Korte, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenk-
tag werden

– Drucksache 17/585 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin Luc
Jochimsen von der Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704112400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Tagebucheintrag eines
neunjährigen Kindes:





Dr. Lukrezia Jochimsen


(A) (C)



(D)(B)

Frankfurt am Main, den 8. Mai 1945. Heute um
Mitternacht ist der Krieg zu Ende. Das heißt bedin-
gungslose Kapitulation. Die Kirchenglocken läuten.
Es ist endlich Frieden. Das ist ein schwerer Tag für
alle Deutschen.

Wie kommt das neunjährige Kind in diesem Augen-
blick zu dem Urteil, der 8. Mai sei „ein schwerer Tag für
alle Deutschen“? Der Vater hoffte jeden Tag, dass die
Amerikaner uns endlich befreien würden. Er sagte „be-
freien“. Die Mutter betete jeden Abend, dass sie alle mit
dem Leben davonkämen. Das Kind hatte nichts als Krieg
erlebt, seit seinem dritten Lebensjahr.

Die Familie wurde in Düsseldorf ausgebombt, hatte
alle Habe verloren, schwere Phosphorverbrennungen er-
litten, Monate nur im Keller zugebracht, ein Bomben-
splitter hatte den rechten Oberschenkel des Kindes zer-
fetzt. Was also brachte es dazu, zu schreiben, der 8. Mai
sei ein „schwerer Tag für alle Deutschen“, für es selbst
also auch?

Das neunjährige Kind war ich, bin ich. Nach Jahr-
zehnten fand ich das Tagebuch wieder, das kein heimli-
ches, privates Mädchentagebuch war, sondern ein
Pflichttagebuch. Jeden Tag musste ich eine Seite voll-
schreiben und das Heft am Ende der Woche dem Vater
vorlegen. Das Tagebuch sollte die Hausaufgaben der
Schule ersetzen, die es seit Monaten nicht mehr gab.
Beim Wiederlesen zusammen mit den Eltern stießen wir
auf den „schweren Tag“, und mein Vater meinte, es sei
wohl Angst gewesen, die mich dies habe schreiben las-
sen, die Angst vor dem, was nun kommen würde: Strafe,
Rache, Vergeltung?

Groß war unsere Sehnsucht nach Frieden und die
Hoffnung auf Befreiung, groß aber auch die Unsicher-
heit, was die Sieger machen würden mit uns, und fast
ungläubig stellten wir von nun an von Jahr zu Jahr an je-
dem 8. Mai fest, wie gut mit uns umgegangen wurde,
wie schonend, wie auf die Zukunft setzend.

In meiner Familie war die Erfahrung der totalen Nie-
derlage ein Glück. Endlich konnte, durfte ein neues Le-
ben beginnen, ein Geschenk, das wir vielleicht gar nicht
verdient hatten, das wir eigentlich nur annehmen konn-
ten, indem wir neu dachten, im demokratischen Sinn, in
den Pflicht- und Rechtspositionen von Verfassungen,
und auch so lebten, indem wir vor allem dachten, wie in
anderen Ländern gedacht wurde, weg von allem Natio-
nalen.

Für meine Familie und mich blieb der 8. Mai ein Fei-
ertag im Jahr, entgegen der allgemeinen Stimmung in
der Adenauer-Republik. Mein Vater hat mich früh ge-
lehrt, die Widerstandskämpfer und die Deserteure zu eh-
ren und in den Siegern unsere Hoffnung zu suchen. Nach
den allerersten Nachkriegsjahren wurde das übrigens
immer schwieriger. Um uns herum veränderte sich die
Sichtweise. Deutschland wurde wieder wer; wir wurden
sogar lieb Kind der Amerikaner. Krieg und totale Nie-
derlage rückten in den Schatten der Geschichte. Erst
durch die Rede des Bundespräsidenten Richard von
Weizsäcker vom 8. Mai 1985 kam der Begriff der Be-
freiung überhaupt wieder in die öffentliche Diskussion.
Heute wird es höchste Zeit, aus dem 8. Mai einen na-
tionalen Feiertag zu machen, denn seine Bedeutung wird
nach wie vor – außer in Mecklenburg-Vorpommern –
nicht allgemein anerkannt.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber gerade diese Unterschiedlichkeit der Bewertung
bietet die Chance, einen lebendigen und „schweren“ Ge-
denktag zu feiern, der sich nicht in Symbolen und Ritua-
len erschöpft. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung für
den Antrag der Linksfraktion, den 8. Mai zum gesetzli-
chen Gedenktag zu erklären.

Der Bundestagspräsident hat heute Morgen zu Beginn
dieser unserer Sitzung gesagt: Die Nachgeborenen haben
die Chance, ein historisches Datum wie den 8. Mai diffe-
renzierter zu sehen und zu begreifen. Sie, die Nachgebo-
renen, haben heute die Möglichkeit, diese Chance zu er-
greifen.

Ich danke Ihnen,


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704112500

Das Wort hat nun Ingo Wellenreuther für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1704112600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Am 8. Mai 1945 wurden die Deut-
schen und die ganze Welt von dem menschenverachten-
den System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
befreit.

Insoweit ist der 8. Mai selbstverständlich ein Tag der
Befreiung. Genau dies hat Richard von Weizsäcker in
seiner weltweit beachteten Rede vom 8. Mai 1985 zu
Recht festgestellt.

Für einen gesetzlichen Gedenktag eignet sich der
8. Mai allerdings nicht. Die Befreiung vom Naziregime
führte nämlich nicht dazu, dass anschließend alle Men-
schen in Deutschland dauerhaft in Freiheit leben konn-
ten: 16 Millionen Ostdeutsche hatten nicht die Chance
zum demokratischen Wiederaufbau. Sie gerieten viel-
mehr von einer braunen Diktatur in eine rote Diktatur
mit Gefängnissen und Internierungslagern wie Bautzen,
Buchenwald und Hohenschönhausen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie mussten 40 Jahre lang eingeschlossen, gefangen ge-
halten, bespitzelt und überwacht in einem maroden Un-
rechtsstaat leben, dessen Einheitspartei SED die Vorgän-
gerpartei der Linken, der antragstellenden Fraktion, ist.


(René Röspel [SPD]: Haben Sie die Rede von Richard von Weizsäcker gelesen?)


– Im Gegensatz zu Ihnen habe ich Sie gelesen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber anscheinend nicht verstanden!)






Ingo Wellenreuther


(A) (C)



(D)(B)

Erst mit der friedlichen Revolution der Ostdeutschen
im Jahre 1989 wurden auch die Menschen im Osten
Deutschlands frei. Allein deshalb verbietet es sich, dem
8. Mai den Status eines gesetzlichen Gedenktages mit
dem Titel „Tag der Befreiung“ zu verleihen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704112700

Herr Kollege – –


Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1704112800

Nein, ich will fortfahren; ich lasse keine Frage der

Linken zu.

Das alles heißt nicht, dass in Deutschland am 8. Mai
nicht regelmäßig an die Befreiung vom Joch des Natio-
nalsozialismus und an das Ende einer verbrecherischen
Führung mit unmenschlichen Zielen erinnert wird. Auch
das hat Richard von Weizsäcker in seiner Rede festge-
stellt.

Im Übrigen haben die Deutschen ganz unterschiedli-
che Erfahrungen gemacht, unterschiedliche Schicksale
erlebt: Für viele hängen mit dem Kriegsende Erinnerun-
gen an Flucht, Vertreibung, Gefangenschaft zusammen.
Viele wurden zum Opfer körperlicher Gewalt durch Sol-
daten der Siegermächte. Viele empfanden Erleichterung
und Dankbarkeit, dass die Bombennächte, das Aushar-
ren in Luftschutzkellern, der Krieg insgesamt ein Ende
hatte.

Spätestens seit der Rede des Bundespräsidenten vom
8. Mai 1985 wurde offen über das Thema Holocaust ge-
sprochen. Wir bekennen uns in Deutschland dazu, dass
uns unsere Vorfahren eine schwere Erbschaft hinterlas-
sen haben. Es gibt zwar keine Schuld eines ganzen Vol-
kes – weil Schuld nicht kollektiv, sondern immer nur
persönlich sein kann –, aber wir müssen als Deutsche
diese Vergangenheit annehmen, wir sind von ihr betrof-
fen und werden für sie in Haftung genommen. Deshalb
liegt unsere Verantwortung heute darin, die Erinnerung
an das, was in und durch Nazideutschland geschehen ist,
wachzuhalten.

Diese Verantwortung des Erinnerns nehmen wir
wahr: So begehen wir seit 14 Jahren an jedem 27. Januar
den Tag des Gedenkens an die Opfer des nationalsozia-
listischen Rassenwahns und des Völkermordes. Wir ge-
denken der 6 Millionen Juden, die in deutschen Konzen-
trationslagern ermordet wurden, der Sinti und Roma, der
Homosexuellen, der Menschen mit Behinderungen, der
damals politisch Andersdenkenden, der Zwangsarbeiter
und der Millionen von Menschen, die unter der national-
sozialistischen Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt, ge-
quält und ermordet wurden. Symbolhaft für den Terror
des Nationalsozialismus steht das Konzentrationslager
Auschwitz, dessen Insassen am 27. Januar 1945 befreit
wurden.

Gerade vor dem Hintergrund, dass es, wie Sie in Ih-
rem Antrag schreiben, bald tatsächlich keine Zeitzeugen
mehr geben wird, die von den Schrecken der NS-Ver-
gangenheit berichten können, hat der Gedenktag des
27. Januar eine herausragende Bedeutung, weil an die-
sem Tag aller Opfer des Nationalsozialismus und ihres
unermesslichen Leides gedacht wird. Dies ist ein weite-
rer Grund, den Antrag der Linken abzulehnen: Die Be-
deutung des 27. Januar als des Tages, an dem der Opfer
gedacht wird, darf nicht geschmälert werden.

Die Linken begründen ihren Antrag unter anderem
damit, dass sich der 8. Mai in Deutschland in „Ritualen“
und „Symbolen“ erschöpfe und nicht angemessen ge-
würdigt werde. Ich halte es für unerträglich, wenn Sie
diese Behauptung in der Begründung Ihres Antrags in
unmittelbarer Nähe zu einem Zitat aus der Rede Richard
von Weizsäckers aufstellen.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Unerträglich ist Ihre Rede!)


Was sie mit ihrem Antrag wirklich bezweckt, hat die
Linke verschwiegen. Es ergibt sich jedoch überdeutlich
aus den Plakaten ihrer Parteizentrale im Karl-
Liebknecht-Haus. Vordergründig werben Sie auf einem
Plakat für „Die Linke Kinonacht – 65 Jahre Befreiung“.
Die Filme, die angekündigt werden, drehen sich aller-
dings nur um die Tapferkeit und das Schicksal von
Sowjetsoldaten und Partisanen. Die musikalische Um-
rahmung übernehmen die „Bolschewistische Kur-
kapelle“ und ein „russischer Landfrauenchor“. Das sagt
eigentlich schon alles.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Um Gottes willen!)


Dass Sie dieses Plakat mit einem symbolischen Sie-
gerbild der Sowjetarmee und der sowjetischen Fahne auf
dem Dach des kriegszerstörten Reichstages darstellen,
zeigt Ihre wahre Intention: Das ist offenbar Ihre Vorstel-
lung von einem lebendigen Gedenktag.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das sind historische Fakten!)


In unsäglicher DDR-Tradition missbrauchen Sie den
8. Mai zur Untermauerung des antifaschistischen Grün-
dungsmythos der ehemaligen SED-Diktatur, der der
SED bis 1989 als Begründung für die enge Anbindung
an die Sowjetunion diente, und dazu, den Bruderstaat
Sowjetunion zu ehren und das bolschewistische System
zu feiern. Damit wollen Sie vor allem den Sieg der
Sowjetunion glorifizieren und den Sieg der Roten Armee
propagandistisch weiter als Sieg des Kommunismus dar-
stellen, obwohl er der Beginn einer neuen, weiteren Dik-
tatur auf dem Gebiet der späteren DDR war.


(Zuruf von der LINKEN)


In der DDR fand über 40 Jahre lang nie eine wirkliche
und ernsthafte Erinnerung an alle Opfer des Nationalso-
zialismus statt – im Gegenteil. Wie verlogen dieser staat-
lich verordnete Antifaschismus wirklich war, zeigt sich
daran, dass die DDR laut Veröffentlichungen der
Birthler-Behörde 22 000 ehemalige Nazis und Kriegsver-
brecher und 11 000 Angehörige von Polizei- und Sonder-
behörden deckte, dass 8 000 Mitarbeiter der Gestapo so-
wie 3 000 Angehörige der SS unbehelligt blieben.

Die Absicht der Fraktion Der Linken, mit ihrem An-
trag den Geist der sozialistischen Diktatur wiederzubele-
ben, lehnen wir entschieden ab.





Ingo Wellenreuther


(A) (C)



(D)(B)

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Iris Gleicke [SPD]: Wer hat dem Mann denn diesen Unsinn aufgeschrieben? Dass er wenigstens lesen kann, ist ja etwas!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704112900

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Luc

Jochimsen.


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704113000

Ich habe es bisher als Konsens in diesem Hohen Haus

betrachtet – so habe ich es gelernt –, dass es keine
Gleichsetzung zwischen dem NS-Verbrecherstaat und
der DDR gibt. Ich habe den Eindruck, dieser Konsens ist
durch Ihre Rede gerade ganz bewusst aufgehoben wor-
den. Sie haben, wenn ich Ihre Rede richtig verstanden
habe, gewissermaßen von einem Übergang von der brau-
nen Diktatur in die rote Diktatur gesprochen und damit
eine Gleichsetzung hergestellt. Ich finde, dass wir uns
als Parlamentarier in diesem Haus gegen diese Gleich-
setzung zur Wehr setzen müssen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704113100

Wollen Sie darauf erwidern? – Bitte.


Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1704113200

Frau Jochimsen, das könnte Ihnen so passen. Ich habe

das ausdrücklich nicht gleichgesetzt. Ich habe darauf
hingewiesen, dass nach dem 8. Mai 1945 die Menschen
im Westen Deutschlands in die Freiheit entlassen wor-
den sind und die Menschen im Osten Deutschlands an-
schließend weitere 40 Jahre in einer roten Diktatur ge-
lebt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE]: Sie haben gesagt: von der braunen in die rote Diktatur!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704113300

Das Wort hat nun Gabriele Fograscher für die SPD-

Fraktion.


Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1704113400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es geht mir, es geht der SPD-Bundestagsfraktion um die
Frage: Welche Bedeutung hat der 8. Mai für uns heute,
65 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs und
der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewalt-
herrschaft, und wie können wir diesen Tag – jetzt zum
Jubiläum 2010, aber auch in Zukunft – angemessen und
würdig begehen?

Obwohl der 8. Mai kein offizieller Gedenktag ist, fin-
den um diesen Termin herum zahlreiche Veranstaltungen
statt, die sich mit der Nazidiktatur und ihren Folgen
befassen. So wird es zum Beispiel in Leipzig eine Ge-
denkveranstaltung und eine Ausstellung zu diesem Tag
geben. In Brandenburg gibt es neben Gedenkveranstal-
tungen Veranstaltungen mit Zeitzeugen. Viele Städte und
Gemeinden erinnern in unterschiedlicher Weise an die-
sen Tag. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat die-
sen Tag bereits 2002 zum Gedenktag erklärt. Jedes Jahr
finden dort Gedenkstunden im Landtag statt. Auch in
Sachsen wird über die Einführung eines Gedenktages
diskutiert.

Aber auch Rechtsextreme und die NPD nutzen dieses
Datum – das gehört zur Realität –, um zu Aufmärschen
aufzurufen.


(Iris Gleicke [SPD]: Leider wahr!)


In Veröffentlichungen, vor allen Dingen im Internet, ver-
suchen sie, diesen Tag umzudeuten, Geschichte zu leug-
nen und zu verfälschen. In Demmin rufen Rechts-
extreme zu einem Trauermarsch auf. Die NPD in Hessen
will in Wiesbaden demonstrieren. Auch in München, in
Fürstenried, ist ein Aufmarsch angekündigt. Es ist gut
und wichtig, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger da-
gegen engagieren.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Welche Bedeutung dieser Tag für uns in Deutschland
hat, hat Richard von Weizsäcker in seiner Rede vor dem
Deutschen Bundestag zum 40. Jahrestag des 8. Mai ein-
drucksvoll beschrieben. Ich zitiere:

Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es
heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der
8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle
befreit von dem menschenverachtenden System der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Bis heute teilen nicht alle Deutschen diese Meinung,
und deshalb wurde durch diese bemerkenswerte Rede
des damaligen Bundespräsidenten eine noch bis heute
andauernde Diskussion über die Bedeutung des 8. Mai
ausgelöst. Wir müssen mit der historischen Aufarbeitung
der Nazidiktatur fortfahren. Dazu nochmals Richard von
Weizsäcker:

Es geht nicht darum, Vergangenheit zu bewältigen.
Das kann man gar nicht. Sie lässt sich ja nicht nach-
träglich ändern oder ungeschehen machen. Wer
aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt,
wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Un-
menschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder
anfällig für neue Ansteckungsgefahren.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ein kluger Unionspolitiker!)


Durch einen Gedenktag könnte ein Impuls für eine
breite gesellschaftliche Diskussion gegeben werden.
Doch allein mit dem Ausrufen eines Gedenktages wird
keine lebendige Diskussion angestoßen und keine gesell-
schaftliche Auseinandersetzung mit unserer Vergangen-
heit erreicht. Es muss hier vor allem darum gehen, junge
Menschen zu erreichen, die diese Zeit und ihre unmittel-
baren Auswirkungen nicht erlebt haben und auch keine
Gelegenheit mehr haben werden, mit Zeitzeugen zu re-
den.





Gabriele Fograscher


(A) (C)



(D)(B)

Durch Faktenwissen allein wird man nicht gegen
rechtsextremistische Ideologie immunisiert. Es muss
durch die eigene aktive Auseinandersetzung mit der Ge-
schichte der eigenen Stadt, der eigenen Region ergänzt
werden. Auch dafür gibt es bereits gute Beispiele: den
Victor-Klemperer-Wettbewerb des Bündnisses für Demo-
kratie und Toleranz oder das Projekt „Namen statt Num-
mern“, bei dem der Lebenslauf von KZ-Häftlingen re-
cherchiert wird und sie mit ihrer Biografie auch ihre
Würde zurückbekommen. Ziel muss es sein, aus der Ge-
schichte zu lernen und Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Durch einen Gedenktag kann die stetige und ständige
Aufgabe der politischen Bildung, das Lehren und Lernen
von Demokratie und die Auseinandersetzung mit aktuel-
lem politischem Extremismus, nicht ersetzt werden.
Wenn wir uns entschließen sollten, den 8. Mai zum na-
tionalen Gedenktag der Befreiung zu machen, dann
brauchen wir Konzepte dafür, wie wir diesen Tag würdig
begehen können und wie er mit Leben gefüllt werden
kann. Ein solcher Gedenktag darf kein Alibi und auch
kein leeres Ritual sein. Deshalb brauchen wir eine breite
gesellschaftliche Diskussion darüber, wie mit diesem
historisch wichtigen Datum in Zukunft umgegangen
werden soll.

Die Beratungen im Ausschuss werden uns die Mög-
lichkeit geben, die aufgeworfenen Fragen zu diskutieren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704113500

Die nächste Rede, nämlich die des Kollegen Stefan

Ruppert von der FDP-Fraktion, ist zu Protokoll gegeben
worden.1)

Damit erteile ich Wolfgang Wieland von der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704113600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-

legin Fograscher, ich finde, Sie haben völlig zu Recht
darauf hingewiesen, dass die Menschen, die morgen
Naziaufmärschen entgegentreten werden, die weitestge-
hende Konsequenz aus dem Gedenken an das national-
sozialistische Unrecht gezogen haben. Das wird morgen
so sein, und das war am 1. Mai so. Deswegen hat es
meine Fraktion mit absolutem Wohlwollen gesehen, dass
sich einer der höchsten Repräsentanten unseres Staates
an einer Sitzblockade beteiligt hat


(Iris Gleicke [SPD]: Wir sind auch stolz auf unseren Wolfgang!)


und zusammen mit Tausenden Bürgerinnen und Bürgern
einem Naziaufmarsch entgegengetreten ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Wolfgang 1)

Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das war der
Tiefpunkt!)

– Auch Sie sollten über das nachdenken, was ich sage.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Nicht im Rechtsstaat! Da gibt es eine Grenze!)


Man kommt nicht an Richard von Weizsäcker vorbei,
wenn man über den 8. Mai redet; das geht auch mir so.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Herr Kollege Wieland, können Sie sagen, wo er auch blockiert hat?)


– Ich zitiere jetzt gerne jemanden, der ebenfalls blockiert
hat – zum Beispiel in Mutlangen –, nämlich Heinrich
Böll.


(Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: War er Bundestagsabgeordneter?)


Heinrich Böll hat noch zwei Monate vor dem 8. Mai
1985 geschrieben:

Ihr werdet die Deutschen immer wieder daran er-
kennen können, ob sie den 8. Mai als Tag der Nie-
derlage oder der Befreiung bezeichnen.

Das war für die damalige Situation bezeichnend.

Dann kam tatsächlich der Quantensprung durch
Richard von Weizsäcker, der sozusagen als erster Bürger
des Staates eindeutig sagte: Dies war der „Tag der Be-
freiung“. Robert Leicht nennt Weizsäckers Rede vom
8. Mai 1985 heute die „Rede aller deutschen Reden“. Er
spricht von der bedeutendsten Rede in Nachkriegs-
deutschland. Ich denke, mit dieser Charakteristisierung
hat er recht.

Richard von Weizsäcker hat auch Folgendes gesagt –
ich zitiere –:

Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es
heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der
8. Mai war ein Tag der Befreiung.

Das heißt, es musste klarer werden, Frau Jochimsen. Ich
fand beeindruckend, was Sie zu Ihrer Biografie gesagt
haben. Aber ich erwarte von Ihnen auch so viel Refle-
xionsfähigkeit, dass Sie sich einmal überlegen, wie es
gewesen wäre, wenn Sie diesen Tag nicht in Frankfurt
am Main, sondern beispielsweise in Frankfurt an der
Oder erlebt hätten, und ob es leicht gewesen wäre, zu
dieser Auffassung zu kommen angesichts von Vertrei-
bungsschicksalen, Massenvergewaltigungen – reden wir
nicht drum herum; das war der unmittelbare Eindruck –,
absoluter materieller Not, absolutem Kampf ums Über-
leben und – da weiche ich jetzt nicht aus – angesichts ei-
nes dann etablierten Systems, das keine Demokratie,
sondern eine Diktatur war, die es auch von Anfang an
sein sollte. Vom früheren SED-Vorsitzenden Walter
Ulbricht stammt der Satz: „Es muss alles schön demo-
kratisch aussehen …“. Aussehen, aber nicht sein! Wer
dagegen opponierte, der landete in Workuta. Auch das
gehört zur geschichtlichen Realität dieses Teils unseres
Landes.





Wolfgang Wieland


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Da war der Weg natürlich länger.

Von dieser Partei, auch von der Rosa-Luxemburg-
Stiftung erwarte ich, dass sie nicht ritualisiert sagt: Was
in Mecklenburg-Vorpommern richtig ist, sollte für das
gesamte Land richtig sein. Sie sollten sich auch einmal
mit der Frage auseinandersetzen, was beispielsweise der
Widerstand der KPD gegen die Weimarer Republik, was
die These „Nach Hitler kommen wir“ für ein Unheil in
diesem historischen Prozess angerichtet haben. Sich auf
das Ross „Wir sind die Sieger der Geschichte“ zu setzen,
das darf nicht geschehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich unterstelle nicht, dass Sie es wollen. Ich erwarte
aber, dass Sie, wenn Sie einen Tag der Auseinanderset-
zung haben wollen, genau eine solche Auseinanderset-
zung führen wollen. Auch wir wollen darüber reden und
überlegen, ob neben dem 27. Januar ein weiterer Ge-
denktag möglich ist. Wer den 27. Januar ernst nimmt, hat
jedes Jahr eine Menge zu tun. Was könnte dann noch am
8. Mai geschehen? Vor diesen Überlegungen verschlie-
ßen wir uns nicht.

Wir wollen das lebendige Gedenken. Wir wollen das
Gedenken von unten. Wir haben uns gefreut, dass in die-
ser Woche hier in Berlin das NS-Dokumentationszen-
trum Topographie des Terrors wiedereröffnet wurde.
Dem voraus ging eine Initiative von Bürgerinnen und
Bürgern dieser Stadt, die gesagt haben: Es geht nicht,
dass auf diesem Gelände Aktivitäten wie Autofahren
ohne Führerschein stattfinden. Wir haben uns gefreut,
dass das Holocaustmahnmal sein fünfjähriges Bestehen
würdig begangen hat.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Wir auch!)


Auch dem ging eine Initiative von Bürgerinnen und Bür-
gern voraus.

Unser Fazit: Gedenken ist nur dann lebendig, wenn es
von der Bevölkerung kommt, wenn es von den Men-
schen kommt. Darauf müssen wir hinarbeiten. In diesem
Zusammenhang müssen wir diskutieren, ob uns ein Ge-
denktag nützt oder nicht.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704113700

Das Wort hat Johannes Selle für die CDU/CSU-Frak-

tion.


Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1704113800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der

8. Mai ist für viele Völker ein Tag des Gedenkens. Es ist
ein Tag, der Deutschland und Europa verändert hat. Es
ist der Tag der bedingungslosen Kapitulation der deut-
schen Wehrmacht. Endlich schweigen die Waffen. Grau-
envoll ist das Bild, das zu sehen ist, und das Grauen wird
noch größer durch die Erhebung der Zahlen und Fakten
und die Details der Schicksale, die durch die Aufarbei-
tung hinzugefügt werden.

Die vernichtende Zerschlagung der Naziherrschaft
war das, was dieses Gedankengut verdient hat. Der jah-
relang vorausgehende geistige und moralische Verfall in
Deutschland musste an seinen Wirkungen ersticken. Mit
satanischem Hass und erstorbenem Herzen wurden jüdi-
sche Mitbürger mit industrieller Effizienz ermordet.
Jahrelang waren sie – dem vorausgehend – öffentlich ge-
brandmarkt, gedemütigt, bespuckt worden. Wir empfin-
den darüber heute ebensolche Abscheu und Verachtung
wie über den ähnlichen Umgang mit Behinderten, mit
politisch Andersdenkenden, mit Sinti und Roma und mit
Homosexuellen.

Wir müssen als deutsches Volk und als Nachgeborene
bedauern, dass es damals – wir erkennen es heute deut-
lich – in allen gesellschaftlichen Kreisen nicht mehr Wi-
derstand in Wort und Tat gegeben hat. Wir trauern in
Gedenken des 8. Mai um alle Opfer des deutschen Na-
tionalsozialismus und schließen die eigenen Opfer in
diese Trauer ein. Wir unterscheiden heute sehr empfind-
lich zwischen den toten Tätern und den Opfern. Die
Wucht dieser Niederlage hat die Deutschen schonungs-
los getroffen und das wahre Gesicht der Wortführer des
Nationalsozialismus aufgedeckt. Dies war Vorausset-
zung für einen Neuanfang.

Der 8. Mai 1945 ist ein Tag der Befreiung vom Krieg,
der von Deutschland ausging, und von dem auf dem gan-
zen Land lastenden Ungeist.

In ihrem Antrag schreibt die Linke, dass die Bewer-
tung des 8. Mai bis heute umstritten ist und dass seine
Bedeutung als Tag der Befreiung nicht allgemein aner-
kannt ist. Bezüglich des dunkelsten Kapitels deutscher
Geschichte kann ich diese Einschätzung nicht teilen. Der
gesellschaftliche Konsens ist umfassend, dass der Natio-
nalsozialismus ein verbrecherisches System begründete
und dass für den Fortbestand der Zivilisation nur die to-
tale Niederlage dieses Systems infrage kam.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Man muss daran erinnern, dass mit dem 9. Mai nicht
für alle die Verbrüderungen, der friedliche Aufbau in
Freiheit und das Suchen nach Versöhnung begannen.
Das Leid endete nicht am 8. Mai, sondern es ging durch
massenhafte Vertreibungen, Internierungen, Plünderun-
gen, Vergewaltigungen, Deportationen und Arbeitslager
weiter, was weitere Millionen von Toten zur Folge hatte.
„Schon der Einmarsch der Roten Armee war mit einer
Orgie der Gewalt einhergegangen“, schreibt Hubertus
Knabe, der Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhau-
sen.

In meiner Erinnerung daran, wie in der DDR dieser
Tag begangen wurde, fällt das Loblied auf die ruhmrei-
che Sowjetarmee auf, die nach der damaligen Argumen-
tation die Hauptlast der Befreiung vom Nationalsozialis-
mus getragen hat. Nach der Oktoberrevolution war der
8. Mai die größte Leistung der Sowjets, mit der nach





Johannes Selle


(A) (C)



(D)(B)

ihrer Meinung die historische Überlegenheit des Sozia-
lismus bewiesen werden konnte. Von den politischen
Häftlingen im ehemaligen KZ Buchenwald und von so-
wjetischer Gewalt durfte nicht gesprochen werden. Erst
als junger Mann wurde mir mit Erstaunen klar, dass
meine thüringische Heimat von den Amerikanern befreit
worden war und dass das Konzentrationslager Buchen-
wald über den 8. Mai 1945 hinaus in Betrieb geblieben
war. Davon habe ich in meiner Kindheit kein Wort ge-
hört.


(Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Ganz genau!)


Schon bald nach dem 8. Mai 1945 begann sich das so-
zialistische Imperium auszudehnen. Dabei war man
nicht zimperlich im Umgang mit Widerstand und poli-
tisch Andersdenkenden.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Genau!)


Die Welt wurde gespalten, und an dem Spalt wurde auf-
gerüstet. Die Kriegsgefahr stieg, und die drohende ato-
mare Verwüstung verdüsterte unsere Lebensstimmung.
Heute haben wir Abstand. Mit diesem Abstand können
wir die Dinge beim Namen nennen. Es tut gut, diese
Freiheit zu haben, diese Ehrlichkeit leben zu können und
darüber zu reden, was am 8. Mai und danach zum Le-
bensgefühl gehörte.

Heute Morgen hat es der Bundestagspräsident gesagt:
Auch mit Russland pflegen wir Partnerschaft – eine Part-
nerschaft, deren ehrliche Vertiefung ein Vorteil für beide
Länder sein wird. Eine zu Herzen gehende Befreiung mit
den dazugehörigen Umarmungen erlebten wir am 9. No-
vember 1989. Man konnte greifen, wie eine schwere
Last von uns abfiel. Wir wissen jetzt, dass die Befreiung
die Überwindung von Diktatur ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deutschland hat sich seitdem gravierend verändert.
Die Völkergemeinschaft hat das vereinigte Deutschland
wieder aufgenommen. Die Kriegsgefahr verschwand,
und Abrüstung konnte sich verbreiten. Die internationale
Gemeinschaft mutet Deutschland heute sogar militäri-
sche Lasten zu, vor denen wir mit der zu Recht entstan-
denen Scheu zurückzucken. Wir wollen ein Teil der Völ-
kergemeinschaft bleiben.

Wir werden an unserer Solidarität keinen Zweifel las-
sen. Solidarität wird auch etwas kosten; aber dann be-
währt sie sich. Im Beschluss heute Morgen zu Griechen-
land hat sich darin der Deutsche Bundestag bewährt. Wir
dürfen mit einer gewissen Freude auf die tiefgehende,
glaubwürdige Veränderung in Deutschland verweisen.

Morgen werde ich an einer Podiumsdiskussion zum
8. Mai teilnehmen. Zum Thema dort gehören Fragen zu
neonazistischen Strömungen, die den 8. Mai als Trauer-
tag betrachten. Die Unbelehrbaren sind eine Schande.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir müssen sofort Widerstand üben und mit der Demas-
kierung beginnen. Die Chance darf man ihnen nicht bie-
ten, in der Gesellschaft an diesem Tag eine Schlagzeile
unterzubringen.

Wir haben den 27. Januar als Tag des Gedenkens an
die Opfer des Nationalsozialismus aufgrund einer Pro-
klamation des früheren Bundespräsidenten Roman
Herzog. Es ist der Tag der Befreiung des Konzentra-
tionslagers Auschwitz. An der Deutung dieses Tages
kann man keinen Zweifel anbringen. Wir sollten diesen
Tag in seiner Bedeutung stärken.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704113900

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Johannes Selle (CDU):
Rede ID: ID1704114000

Ich komme zum Schluss. – In Mecklenburg-Vorpom-

mern heißt der 8. Mai: Tag der Befreiung vom National-
sozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrie-
ges. So konkret hätten die Linken auch den Antrag
ausgestalten können. Das hätte der Korrektheit gutgetan.

Wir werden uns am 8. Mai immer erinnern. Uns ver-
bindet die europäische Freundschaft und nichts mehr mit
dem besiegten Nationalsozialismus.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704114100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/585 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist
die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe nunmehr als letzten Tagesordnungspunkt für
heute den Zusatzpunkt 10 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Valerie
Wilms, Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Ölkatastrophen vermeiden – Raubbau an
Mensch und Natur ausschließen

– Drucksache 17/1572 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) (C)



(D)(B)

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
Valerie Wilms von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
das Wort.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704114200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Der letzte Tagesordnungs-
punkt ist genauso wichtig wie alles andere, was wir – ge-
rade heute Morgen – behandelt haben. Alle hier kennen
die Schlagzeilen, die uns in diesen Tagen vom Golf von
Mexiko erreichen. Die ganz dramatischen Bilder fehlen
zwar bisher – das Öl erreicht erst jetzt allmählich das
Land –, aber wir können sicher sein, dass das Unsicht-
bare im Meer, das schon vorhanden ist, eine Katastrophe
ist. Die Chemikalien, die mittlerweile zur vorbeugenden
Ölbekämpfung eingesetzt werden, wirken sich äußerst
schlimm auf die Meeresfauna und den Meeresboden aus.
In Spiegel Online ist dargestellt, dass die Stoffe, die dort
angewendet werden, in England schon seit zehn Jahren
verboten sind. Das alles ist erschütternd, und jeder kann
die Verzweiflung der Menschen in Mississippi und
Louisiana nachvollziehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Ölkatastrophe hat zwar eine neue Dimension,
aber sie ist nicht einfach so als Unglück über uns gekom-
men. Die Millionen Liter Öl, die jetzt Meer und Küsten
verseuchen, sind durch menschliches Handeln – nicht
einfach wegen unglücklicher Umstände – freigesetzt
worden; Ölförderung in diesen Tiefen – das sind immer-
hin 1 500 Meter – ist eine Hochrisikotechnologie, und
wir Menschen gehen diese Risiko bewusst ein. Der hohe
Ölpreis macht immer gefährlichere Fördermethoden luk-
rativ. Öl sprudelt immer seltener einfach so aus der Erde,
wie es in den Anfangszeiten der Fall war. Wir müssen
immer größeren Aufwand betreiben, um an den Stoff zu
kommen, aus dem nach wie vor viele Träume sind. Al-
lerdings werden diese Träume immer öfter zu Albträu-
men.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen zusehen, dass wir endlich aufwachen. Das
ist unsere Aufgabe.

Mit vielen Plattformen stoßen wir heute in Tiefen vor,
die von uns nicht mehr beherrscht werden können. Die
Katastrophe in Amerika zeigt uns mit aller Härte, was
wir mit fossilen Energien in der Endkonsequenz anrich-
ten: Wir ruinieren unseren Planeten,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


vor allem durch Treibhausgase, die bei der Verbrennung
entstehen, aber auch durch immer riskantere Förderme-
thoden. Je länger wir die Illusion einer ewig auf Erdöl
basierenden Wirtschaft aufrechterhalten, desto mehr
werden wir auf diese Hochrisikotechnologien angewie-
sen sein und desto mehr wird das Risiko massiver Um-
weltschäden steigen.
Wir dürfen uns nichts mehr vormachen: Auch wenn
uns die jetzige Katastrophe neu erscheint, so ist sie die
klare Konsequenz einer Wirtschaft und einer Politik, die
einfach nichts ändern wollen. Alles soll schön so blei-
ben, wie es ist. Aber genau das ist falsch. Selbst die In-
ternationale Energieagentur erkennt das in ihren aktuel-
len Stellungnahmen inzwischen an.

Es hilft auch nichts, dass die jetzt gesunkene Platt-
form weit weg von uns ist. Denn auch vor unserer eige-
nen Haustür, mitten im UNESCO-Weltnaturerbe Watten-
meer, auf der Station Mittelplate – das ist vor
Dithmarschen, in meinem Heimatland Schleswig-Hol-
stein –, wird Öl gefördert, und in der gesamten Nordsee
gibt es über 400 Plattformen.


(Ulrich Petzold [CDU/CSU]: Das ist aber ein kleiner Unterschied!)


Wenn ich darauf verweise, höre ich gleich wieder die al-
ten Lieder – Sie haben ja gerade schon damit angefan-
gen –: Das kann man überhaupt nicht vergleichen, die
Tiefe ist viel geringer, der Wasserdruck ist nicht so hoch.
Ja, das mag technisch stimmen – unbenommen. Den-
noch: Jahr für Jahr werden schon bei diesem ganz nor-
malen Förderbetrieb 10 000 Tonnen Öl in die Nordsee
eingeleitet, und niemand weiß, ob nicht doch eine ver-
gleichbare Katastrophe möglich ist. Auch in Deutsch-
land und Europa sind viele bereit, immer höhere Risiken
einzugehen, um an Öl und Gas zu kommen. Deswegen
müssen wir heute handeln, solange unsere einzigartige
Küsten- und Meereswelt noch existiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es kann nur einen Weg geben, um nicht mehr von die-
sen Hochrisikotechnologien abhängig zu sein: Wir dür-
fen nicht länger wie ein Junkie an der Nadel hängen und
nach Öl lechzen. Nein, wir müssen endlich konsequent
auf erneuerbare Energien setzen, und zwar in allen Be-
reichen. In diesem Sinne sollten wir in diesem Haus zu-
künftig handeln.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704114300

Das Wort hat nun Kollege Thomas Bareiß für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1704114400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

Herren! Ich möchte vorweg feststellen – ich glaube, da
sind wir uns in diesem Hohen Haus einig –, dass wir
diese schreckliche Katastrophe, deren Ausmaß und de-
ren Auswirkungen auf Ökologie und Ökonomie wir
noch gar nicht abschätzen können, obwohl sie schon
16 Tage zurückliegt, in höchstem Maße verurteilen. Wir
stehen an der Seite der US-Regierung und setzen all un-
ser Vertrauen in US-Präsident Obama, dass es ihm





Thomas Bareiß


(A) (C)



(D)(B)

schnellstmöglich gelingt, dafür zu sorgen, dass das Aus-
maß dieser Katastrophe eingedämmt wird.

Wir können hoffen, dass die Maßnahmen, die jetzt
ergriffen werden – seit gestern wird ja versucht, eine
Kuppel über das Bohrloch zu stülpen –, relativ schnell
erfolgreich sind und wir die enorme Menge Öl, die ins
Meer fließt – derzeit sind es noch 700 000 bis
800 000 Liter –, in den nächsten Tagen eindämmen kön-
nen.

Klar ist – auch das sage ich in aller Deutlichkeit –,
dass diejenigen, die für diese Katastrophe Verantwor-
tung tragen, für die Folgen zahlen müssen. Das gilt nicht
nur für die Maßnahmen, die aktuell anstehen, sondern
auch für die Konsequenzen, die daraus langfristig entste-
hen. Nach den Zahlen, von denen derzeit die Rede ist,
handelt es sich um Kosten von 12, 13 oder 14 Milliarden
US-Dollar, und sie können sogar noch steigen. Das ist
ein Vielfaches der Kosten, die vor 20 Jahren bei der
„Exxon Valdez“ angefallen sind. Ich glaube, wir müssen
sehr darauf drängen, dass diejenigen, die die Verantwor-
tung für diese Katastrophe tragen, auch die Kosten tra-
gen.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Frau Wilms, Ihnen geht es in Ihrem Antrag
auch um die Konsequenzen, letztendlich um die langfris-
tigen Folgen für die Energiepolitik des ganzen Erdballs.
Ich kann Ihnen sagen: Hier sitzen wir in einem Boot.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klasse!)


Wir müssen die Konsequenz ziehen und einen Übergang
in ein Zeitalter der regenerativen Energien einleiten. Wir
müssen unabhängiger vom Öl werden, und zwar aus vie-
lerlei Gründen. Außerdem müssen wir Ressourcen scho-
nen; es ist einfach eine Verpflichtung gegenüber den
nachfolgenden Generationen, die vorhandenen Ressour-
cen zu bewahren. Darüber hinaus müssen wir unsere
Umwelt schonen und auch aus eigenem nationalen Inte-
resse heraus in allen Bereichen der regenerativen Ener-
gien wettbewerbsfähig und wachstumsfähig werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das sind die Ziele, die die Bundesregierung und unser
Bundesumweltminister in den letzten vier Monaten kon-
sequent verfolgt haben.

Dies betrifft viele verschiedene Bereiche. Wir haben
das ambitionierte Ziel formuliert, den Anteil der regene-
rativen Energien bis 2020 auf 30 Prozent zu erhöhen. Bis
2050 sollen die regenerativen Energien den Hauptbeitrag
zur Stromversorgung leisten. Ich glaube, diese Ziele zei-
gen, dass es uns ernst damit ist und wir konsequent da-
rangehen.

Wir wollen auch den Bereich der Mobilität angehen.
Auch das ist ein ganz wichtiger Bereich, wenn man über
Ölressourcen spricht. In Sachen Elektromobilität haben
wir in dieser Woche einen guten Aufschlag gemacht.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Aufschlägle, Thomas!)

Er ging in dem Griechenland-Debakel zwar leider ein
bisschen unter, aber wir haben in Sachen E-Mobilität ei-
nen guten Aufschlag gemacht. Weiterhin müssen wir
aber auch darauf hinarbeiten – das sage ich auch an Ihre
Adresse, Herr Hermann –, dass die in Deutschland her-
gestellten Verbrennungsmotoren, die insbesondere aus
Baden-Württemberg kommen, so effizient werden, dass
sie nicht mehr 5 oder 6 Liter pro 100 Kilometer verbrau-
chen, sondern nur 3 oder 2,5 Liter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dorothée Menzner [DIE LINKE])


Damit würden wir nicht nur viel für Deutschland tun,
sondern auch für Europa und die Welt.

Wir müssen beim Thema Energieeffizienz weiter-
kommen.


(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Macht es!)


Das ist ein weiterer Punkt, der meines Erachtens in der
Energiepolitik und beim Thema Ressourcenschonung
viel zu oft untergeht. Wir haben uns im Zusammenhang
mit den Szenarienberechnungen für unser Energiekon-
zept mit 2,3 bis 2,5 Prozent Einsparung ein hohes Ziel
gesteckt.

Ich glaube, all diese Zielsetzungen gehen weit über
das Maß hinaus, das Rot-Grün und andere Regierungen
vor uns angestrebt haben. Das gilt nicht nur für Deutsch-
land. Wir sorgen mit unserer Technologie dafür – auch
das ist mir wichtig –, dass andere Länder, auch Schwel-
len- und Entwicklungsländer, im Bereich der Energie-
effizienz vorankommen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind mit
unserer Strategie der Ressourcenschonung auf einem gu-
ten Weg. Wenn wir die nächsten Monate so weiterma-
chen – ich glaube, das ist auch in Ihrem Sinne –, dann
können wir im Herbst ein Energiekonzept vorlegen, bei
dem wir die Ressourcenschonung in ein strategisches
Gesamtkonzept einbinden. Dann werden wir ein schlüs-
siges Konzept für die Zukunft mit Modellcharakter nicht
nur für Deutschland, sondern für Europa und die Welt
vorlegen können.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen schö-
nen Tag und ein schönes Wochenende. Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704114500

Als Nächster hat das Wort Kollege Matthias Miersch

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1704114600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

ist der letzte Tagesordnungspunkt dieser Sitzungswoche.
Ich glaube, es ist ein Tagesordnungspunkt, der Gelegen-
heit bietet, ein bisschen in sich zu gehen. In diesen Tagen
haben wir viele Beschlüsse gefasst. Herr Nüßlein, man-
che Diskussion, die wir in diesem Haus führen, ist davon
geprägt, dass wir glauben, vieles regeln zu können. Die-





Dr. Matthias Miersch


(A) (C)



(D)(B)

ser Unfall, diese Ölkatastrophe, zeigt uns aber sehr deut-
lich, dass unser Handeln Grenzen hat, dass wir be-
stimmte Dinge nur ohnmächtig verfolgen können, wenn
das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen ist.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In diesem Haus führen wir häufig Debatten darüber,
welche Chancen der Technik wir wahrnehmen wollen,
können und sollen. Ich finde, diese Ölkatastrophe macht
einmal mehr deutlich, dass wir unbedingt bedenken
müssen, dass wir nicht alles Machbare tun sollten,


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


dass wir überlegen sollten, inwieweit wir mit dem, was
wir vorhaben, vielleicht jahrhundertealte, gewachsene
Strukturen plötzlich, von einer Minute auf die andere,
vernichten. Das gilt für den Bereich der Gentechnik, für
den Bereich der Biotechnologie, vor allen Dingen aber
auch für den Bereich Umwelttechnologie.

„Kernkraft und fossile Energieträger“ ist ein solches
Thema. Wenn wir dieses Thema am Ende dieser Sit-
zungswoche behandeln, dann, so finde ich, Herr Bareiß,
sollten wir auch schauen, worüber wir in dieser Woche
alles diskutiert haben. Angesichts der Kosten, die mit
dieser Ölkatastrophe verbunden sind, sollten wir uns
überlegen – die Kollegin Wilms hat diese Frage voll-
kommen zu Recht angesprochen –: Wollen wir wirklich,
dass erst 2050 die erneuerbaren Energien annähernd – so
haben Sie sich ausgedrückt – unseren Energiebedarf de-
cken?


(Thomas Bareiß [CDU/CSU]: Hauptanteil!)


In dieser Woche wurde uns eine sehr interessante Stu-
die des Sachverständigenrates für Umweltfragen zur
Kenntnis gegeben. Herr Bareiß, Sie waren nicht dabei,
aber Sie können es nachlesen.


(Thomas Bareiß [CDU/CSU]: Ich habe sie gelesen!)


Nach dieser Studie würde spätestens 2050, eigentlich
schon 2030 eine hundertprozentige Versorgung mit er-
neuerbaren Energien in Deutschland möglich sein. Auch
das müssen wir vor Augen haben, wenn wir hier über
eine solche Katastrophe diskutieren.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In diesem Kontext müssen wir auch betrachten, wel-
che Entscheidungen wir in dieser Woche getroffen ha-
ben. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern: Am
Mittwoch habe ich die Staatssekretärin gefragt, wie denn
die Bundesregierung gedenkt, jetzt beispielsweise mit
dem sogenannten Marktanreizprogramm zu verfahren.
Sie haben das Thema Effizienz angesprochen. Sie, liebe
Kolleginnen und Kollegen, machen in diesen Tagen aber
genau das Gegenteil, indem Sie diese Programme sper-
ren und den Kommunen das Geld für Klimaschutzmaß-
nahmen vorenthalten.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir über die aktuellen Katastrophen reden,
dann sollten wir sehr genau bedenken, ob nicht die heute
gezahlten Euros besser in den Ausbau der Erneuerbaren
als in irgendeine andere Form der Energieversorgung in-
vestiert sind.

Diese Woche ist sehr strittig diskutiert worden, wie
wir mit der Solarförderung weiter verfahren. In eine sol-
che Diskussion sollte man auch mit einbringen, dass
durch die von Ihnen in dieser Woche gefassten Kür-
zungsbeschlüsse viele Stimmen in der Bundesrepublik
Deutschland, auch Ihre Parteikolleginnen und -kollegen
im Bundesrat und vor allen Dingen auch Organisationen,
die eigentlich Ihnen näherstehen als uns – Stichwort
Handwerkskammern –, davor warnen, dass viele Jobs in
den grünen Technologien gefährdet sind. Auch das sollte
man mit in eine solche Diskussion einbringen, weil der
Weg, in die Erneuerbaren zu investieren, dreimal besser
ist, als irgendeine andere Technologie, seien es die Fos-
silen oder sogar die Kernenergie, zu fördern.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Katastrophen im Rahmen der Energieerzeugung sind
übrigens gar nicht so weit weg von uns. Das gilt für die
Ölkatastrophe, weil sie mittelbar durchaus auch auf un-
sere Lebensräume Auswirkungen haben kann. Wir ha-
ben aber auch ein anderes Problemfeld, und zwar Asse.
Es wäre schön gewesen, wenn die Kollegin Brunkhorst
von der FDP beispielsweise, die in dieser Frage eine sehr
differenzierte Haltung vertritt, diese Diskussion zumin-
dest wahrgenommen hätte. Auch wenn es immer wieder
Terminschwierigkeiten gibt, hätte ich mir das ge-
wünscht, weil wir gerade mit Ihnen, liebe Kollegen von
der FDP, sehr über das Thema Kernkraft streiten.

Machen wir uns einmal klar, dass wir alleine nach
vorsichtigen Schätzungen für die Sanierung der Asse
4 Milliarden Euro, die dem Steuerzahler aufgebürdet
werden, ausgeben müssen! Angesichts dessen frage ich
Sie, ob es nicht auch an der Zeit ist, sofort die Diskus-
sion über die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraft-
werken zu beenden.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde, dass wir in diesem Haus eine Frage noch in-
tensiver diskutieren müssten: Ist es nicht sinnvoller, jetzt
viel Geld in die Hand zu nehmen, um in bestimmte Be-
reiche zu investieren, statt, indem wir auf das falsche
Pferd setzen, Unfälle, Störfälle etc. zu riskieren, die
künftige Generationen viel mehr Geld kosten als das,
was für die heutigen Investitionen nötig wäre?

Insofern bin ich dankbar, liebe Kolleginnen und Kol-
legen der Grünen, dass Sie dieses Thema zu dieser
Stunde ganz bewusst zur Diskussion gestellt haben. Das
sollte uns vor Augen führen, dass wir auch eine Verant-
wortung für die nachfolgenden Generationen tragen.

Wir werden die Bundesregierung auffordern, uns in
der kommenden Umweltausschusssitzung darzulegen,
wie die Sicherheitsstandards für die Gewässer der Bun-
desrepublik Deutschland aussehen und welche weiteren





Dr. Matthias Miersch


(A) (C)



(D)(B)

Sicherheitsstandards es gibt. Denn eines ist klar – das
macht auch das Beispiel der Ölplattform deutlich –: Of-
fenbar wurden Sicherheitstechnologien, die vorhanden
waren, aus Kostengründen nicht eingebaut. Auch hier
galt wieder der Primat der Kurzfristigkeit oder, besser
gesagt, der Kurzsichtigkeit. So darf man keine Politik
machen. Insofern ist dieser letzte Tagesordnungspunkt
eine Mahnung an uns alle, darüber nachzudenken, wie
wir vor allem künftigen Generationen solche Katastro-
phen ersparen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704114700

Kollegin Angelika Brunkhorst von der FDP-Fraktion

hat ihre Rede zu Protokoll gegeben.1)

Jetzt hat Dorothée Menzner von der Fraktion Die
Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704114800

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Bürgerinnen und Bürger! Ich finde es gut, dass wir
über diese Katastrophe reden, auch wenn wir von
Deutschland aus ziemlich hilflos zusehen müssen. Wel-
ches Ausmaß die Katastrophe hat, wird aus den Worten
des BP-Vorsitzenden, Tony Hayward, deutlich, der
sagte, das Bemühen um die Abdichtung der Lecks sei
vergleichbar mit dem Drama um die amerikanische
Mondmission Apollo 13 1970.

Wer alt genug ist, weiß, wie dramatisch das damals
war und dass der Ausgang damals ungewiss war. Ich
vermute und fürchte, dass er uns genau das an dieser
Stelle auch sagen will. Es ist ungewiss, ob und wann die
Lecks abgedichtet werden können.

Die knapper werdenden Ressourcen sind eben ange-
sprochen worden. Öl wird unter immer schwierigeren
Bedingungen gefördert, in diesem Fall 1 500 Meter un-
ter dem Meeresspiegel. Das mag im Normalbetrieb noch
funktionieren, aber es kann – das sehen wir jetzt – wie
auch bei anderen Hochtechnologien im Fall einer Hava-
rie Probleme geben. Das ist vergleichbar einer Situation,
in der ein Pilot mit einem Flugzeug startet, ohne zu wis-
sen, wo die Landebahn ist bzw. ob es überhaupt eine
Landebahn gibt. Atomenergie – das ist eben schon deut-
lich geworden – ist dafür ein weiteres Beispiel. Die Asse
wurde genannt. Ich fürchte, dass auch eine andere Tech-
nologie, über die wir hier immer wieder diskutieren, da-
für ein Beispiel gibt, nämlich die CCS-Verpressung.
Aber anstatt von diesen zumindest bei einem Störfall
nicht beherrschbaren Hochtechnologien Abstand zu neh-
men, verbreiten sie sich mehr und mehr.

Es ist gut, zu fordern, dass Verursacher von Schäden
zumindest einen ökonomischen Ausgleich leisten und

1) Anlage 9
die Haftung konkret festgeschrieben wird. Aber nicht al-
les ist mit einem finanziellen Ausgleich zu regeln.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer von uns will denn beantworten, was ein Pottwal
kostet? Wer von uns kann denn sagen, was der verölte
Pelikan wert ist? Das ist mit Geld nicht auszugleichen.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist vor allem so lange nicht auszugleichen, wie der
schnelle Profit das Hauptinteresse der Konzerne ist. Wir
wissen, dass man im Fall der fraglichen Ölplattform für
jedes Bohrloch ein Sicherheitsventil hätte einbauen kön-
nen, das einen Fernverschluss möglich gemacht hätte. In
Norwegen ist das übrigens vorgeschrieben. Die Ventile
sind mit der Begründung, sie seien zu teuer – sie kosten
400 000 Euro –, nicht eingebaut worden. Solange wir die
Konzerne machen lassen, ihnen nicht ganz klare Regeln
vorgeben und das, was die Konzerne wollen, einfach zu-
lassen, werden wir immer wieder diese Probleme haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Verstärkt wird das dadurch, dass Menschen, Kon-
zerne und Fonds, die die Profite einstreichen, von den
Folgen nicht betroffen sind, weil sie nicht in der betrof-
fenen Region ansässig sind und beispielsweise ihren Un-
terhalt nicht mit Fischfang verdienen. Für sie sind das
rein buchhalterische Probleme und Schadensfälle. Da ist
die Gesellschaft, da ist die Politik gefordert. Wir müssen
ganz klare Regeln schaffen. Ich vermute, dass das, was
die Grünen vorschlagen, nicht ausreichen wird. Wir
müssen meiner Ansicht nach weitergehende Maßnah-
men treffen.

Ich möchte an dieser Stelle an ein altes Sprichwort er-
innern: Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte
Fluss vergiftet und der letzte Fisch gefangen ist,


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Kennen wir doch!)


werden die Menschen feststellen, dass man Geld nicht
essen kann. – Das muss man auch den Menschen ver-
deutlichen, die nicht konkret unter dem Desaster zu lei-
den haben. Auch sie müssen in Haftung genommen wer-
den, und ihnen und ihren Profitinteressen müssen
Grenzen gesetzt werden. Dafür stehen wir.

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704114900

Als letztem Redner des heutigen Tages erteile ich

Kollegen Georg Nüßlein für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1704115000

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Sehr

geehrter Herr Miersch, ich hatte heute durchaus schon





Dr. Georg Nüßlein


(A) (C)



(D)(B)

die Gelegenheit, in mich zu gehen. Ich muss ganz ehrlich
sagen: Ich bin froh, wenn der Punkt, den wir jetzt ganz
zum Schluss diskutieren, der einzige Tagesordnungs-
punkt bleiben sollte, bei dem wir unsere Machtlosigkeit
spüren. Ich glaube, im Zusammenhang mit Griechenland
kann man durchaus auch Machtlosigkeit verspüren.

Mir ist im Laufe dieser kurzen Debatte klargeworden,
dass es hier offenbar nicht um die Ölkatastrophe in den
USA geht, sondern darum, diese als Aufhänger für eine
allgemeine Energiedebatte zu nutzen. Ich will aber trotz-
dem, weil ich schon meine, man sollte erst einmal den
Vorgaben der Tagesordnung folgen, etwas zu dem sagen,
was sich in den USA abspielt. Die aktuelle Katastrophe
haben die USA mit ihrer Rohstoffpolitik und BP mit ih-
rer Waghalsigkeit verursacht. Ich meine, dieses Problem
muss dort gelöst werden, und es steht uns nicht gut an,
Präsident Obama dabei Ratschläge zu geben. Das muss
vielmehr in den USA geschehen.

Ich habe auch gemerkt, dass einige Redner bestrebt
waren, Vergleiche zu dem zu ziehen, was in Deutschland
passiert. Ich möchte deutlich unterstreichen: Wir haben
nur eine einzige Förderplattform, nämlich in der Elb-
mündung nördlich von Cuxhaven, die in keiner Weise
mit den Bohrinseln vor der Küste der USA zu verglei-
chen ist. Diese Bohrinsel steht nämlich fest auf dem
Meeresboden und hat hohe Stahlspundwände, die die
Umgebung schützen.

Nun möchte ich aber nicht so tun, als ob es nicht auch
bei uns Risiken gäbe. Diese können von den Bohrinseln
der Nachbarländer, von Tankerunglücken oder anderen
Schiffsunglücken, bei denen Treibstoff ins Meer gelangt,
ausgehen. Ein prominentes Beispiel war die Havarie der
„Pallas“, die 1998 in der Nordsee auf Grund lief und
schließlich nach mehreren gescheiterten Bergungsversu-
chen vor der Insel Amrum strandete. 100 Tonnen Öl tra-
ten damals aus, Tausende Seevögel verendeten kläglich.

Wir haben aus solchen Fällen gelernt. Nachdem sich
anfänglich die Frage stellte, ob der Bund oder die Länder
zuständig sind, ist seit dem Jahr 2003 das deutsche Hava-
riekommando mit Sitz in Cuxhaven für das Unfallma-
nagement zuständig. Hier werden auch strategisch und
organisatorisch Vorkehrungen für solche Fälle getroffen.
Die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen
wird in rund 160 Übungen pro Jahr immer wieder trai-
niert. Die Mitarbeiter des Havariekommandos überprüfen
fortlaufend die Einsatzkonzepte und passen sie den neu-
esten Erkenntnissen an. In Niedersachsen hat in diesen
Tagen das Kabinett anhand der Simulation einer Kata-
strophe, die mit der Situation im Golf von Mexiko ver-
gleichbar wäre, über entsprechende Maßnahmen beraten.

Nun weiß ich, dass das Informationen sind, die Sie
nicht schwerpunktmäßig interessieren, sondern dass Sie
jetzt viel lieber allgemein über das Thema Energiekon-
zept diskutieren wollen. Ich sage Ihnen: Ja, es stimmt,
wir müssen weg von fossilen Energieträgern, und das in
einem angemessenen Zeitraum. Die Frage ist, was in
dem Zusammenhang angemessen ist. Ich sage Ihnen, es
muss auf der einen Seite schnell gehen, aber es muss auf
der anderen Seite dafür gesorgt werden, dass Deutsch-
land ein Industriestandort bleibt. Das halte ich für ganz
entscheidend.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb muss man mit Konzepten, wie sie vom soge-
nannten Sachverständigenrat des Umweltministeriums – –


(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Seit 1971 existiert der! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, oh!)


– Ja, ja, da wundert mich auch manches, und wir wissen
auch, wer die Herren bestellt hat. Dass die noch im Amt
sind, ist etwas, was mich auch ärgert. – Auch darüber
muss man also noch mal reden; ich jedenfalls halte das,
was uns da aufgetischt wurde, für ein Wolkenkuckucks-
heim, insbesondere mit Blick auf – –


(Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Liebe Kollegin, letzter Tagesordnungspunkt, letzte
Rede


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber seriös bleiben!)


und dann noch zwischenfragen. Also, beim allerbesten
Willen nicht! – Ich sage Ihnen ganz offen: Ich glaube
das, was uns da aufgetischt worden ist, nicht, insbeson-
dere im Hinblick auf die ökonomischen Wirkungen. Und
das ist ganz entscheidend.

Deutschland ist nicht in der Lage, dieses Problem, das
wir im Zusammenhang mit den fossilen Brennstoffen
haben, selber zu lösen. Sie wissen ganz genau, dass am
deutschen Wesen eben die Welt nicht genesen wird. Des-
halb ist für mich entscheidend, wie wir es mit Hochtech-
nologie schaffen, das Ganze so zu machen, dass uns die
Welt folgen wird. Das bekommen Sie nur hin, wenn Sie
es schaffen, auch hier in unserem Land den Wohlstand
weiter zu sichern. Nur das ist beispielgebend.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich weiß, dies widerspricht dem von Ihnen, von den
Grünen, gern wie eine Monstranz vor sich hergetragenen
Verzichtsumweltschutz: Sie erzählen allen möglichen
Leuten, worauf sie verzichten sollen. Es mag zwar sein,
dass der eine oder andere Porschefahrer bei uns in den
Villenvierteln, der aus Übermut ab und zu die Grünen
wählt,


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


vielleicht noch verzichten könnte. Er wird es aber wahr-
scheinlich nicht tun. Ganz klipp und klar sage ich Ihnen:
Es ist ein Ausdruck von Arroganz, den Schwellenlän-
dern und Entwicklungsländern, die nur ein bisschen
mehr Reis in der Schüssel haben wollen, zu sagen, sie
müssten Verzicht üben und dürften nicht unserem Bei-
spiel folgen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was pflegen Sie denn für Vorurteile?)


Es gibt aus meiner Sicht nur eine Schlussfolgerung:
Ihr Verzichtsumweltschutz funktioniert nicht. Nur der





Dr. Georg Nüßlein


(A) (C)



(D)(B)


Umweltschutz, den diese Regierungskoalition vertritt,
funktioniert, also einer, der auf Hightech setzt.


(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Das Wort zum Sonntag!)


Für die Entwicklung und Einführung von Hochtechnolo-
gie in diesen Bereichen brauchen wir Investoren und
müssen uns die nötige Zeit nehmen. Ich glaube, wir sind
bei beiden Punkten auf einem guten Weg.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1704115100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/1572 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 19. Mai 2010, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen allen
ein freundliches Wochenende.