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    Plenarprotokoll 17/41 Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses (6. Aus- schuss): zu Streitverfahren vor dem Bun- desverfassungsgericht gegen das Wäh- rungsunion-Finanzstabilitätsgesetz (Drucksache 17/1646) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Große Anfrage der Abgeordneten Elke Ferner, Bärbel Bas, Dr. Edgar Franke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Einführung einer Kopfprämie in der gesetzlichen Krankenversiche- rung (Drucksache 17/865) . . . . . . . . . . . . . . . . 3995 A 3995 C 3995 D 3998 B 4000 B 4000 C 4001 A 4003 B 4005 A 4030 B 4031 A Deutscher B Stenografisc 41. Sit Berlin, Freitag, d I n h a Gedenkworte zum 8. Mai 1945 . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Wäh- rungsunion erforderlichen Zahlungsfähig- keit der Hellenischen Republik (Währungs- union-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Drucksachen 17/1544, 17/1561, 17/1562) . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3989 A 3989 D 3990 B 3991 D 3993 B AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4008 B 4010 D 4011 A undestag her Bericht zung en 7. Mai 2010 l t : Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4012 B 4014 B 4015 D 4016 D 4018 A 4019 B, C, D 4022 B, C, D 4030 B 4019 D, 4022 D, 4025 A 4028 A, 4036 C, 4038 D 4041 C, 4043 D, 4046 C b) Antrag der Abgeordneten Dr. Martin Bunge, Kathrin Senger-Schäfer, Hara Weinberg, weiterer Abgeordneter und d a ld er II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 Fraktion DIE LINKE: Solidarische Bür- gerinnen- und Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege einführen (Drucksache 17/1238) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Dr. Martina Bunge, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Kopfpauschale – Für eine solidarische Krankenversicherung (Drucksachen 17/240, 17/1605) . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Maria Anna Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine soli- darische und nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens (Drucksachen 17/258, 17/1606) . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Lars Lindemann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4031 A 4031 B 4031 B 4031 C 4033 D 4035 A 4049 A 4050 D 4052 A 4054 B 4056 B 4057 B 4059 A 4060 C 4061 C 4062 D 4063 B 4064 A 4065 B 4066 B Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungs- förderungsgesetzes (23. BAföGÄndG) (Drucksache 17/1551) . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms (Stipendienprogramm-Gesetz – StipG) (Drucksache 17/1552) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: BAföG ausbauen – Gute Bil- dung für alle (Drucksache 17/1558) . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Sylvia Kotting-Uhl, Krista Sager, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein zum Nationalen Stipendienprogramm (Drucksache 17/1570) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Frankenberg, Minister (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Jan Korte, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden (Drucksache 17/585) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4067 C 4067 D 4067 D 4068 A 4068 A 4070 B 4071 D 4073 A 4075 A 4076 D 4078 D 4081 A 4082 D 4082 D 4083 C 4085 A 4085 A 4085 B 4086 B 4087 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 III Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ölkatastro- phen vermeiden – Raubbau an Mensch und Natur ausschließen (Drucksache 17/1572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfä- higkeit der Hellenischen Republik (Wäh- rungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Sebastian Blumenthal (FDP) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . 4088 D 4089 A 4089 D 4090 D 4092 A 4092 D 4094 C 4095 A 4095 C 4096 B 4096 C 4097 D 4100 D 4102 A 4102 B 4102 C 4103 C 4103 D 4104 B 4105 A 4105 C 4105 D 4106 B 4106 D 4107 B Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrich Lange und Albert Rupprecht (Weiden) (beide CDU/CSU) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Er- halt der für die Finanzstabilität in der Wäh- rungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lisa Paus, Monika Lazar und Uwe Kekeritz (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Übernahme von Gewährleis- tungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zah- lungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Scheel, Kerstin Andreae und Alexander Bonde (alle BÜNDNIS 90/DIE 4107 D 4108 C 4109 A 4109 D 4109 D 4110 D 4111 A 4111 C 4112 A 4112 D 4113 D 4114 D 4115 A 4115 D 4116 B 4116 C 4117 B 4118 A 4118 C 4119 A IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungs- union erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Thilo Hoppe, Sven- Christian Kindler, Ute Koczy, Stephan Kühn, Beate Müller-Gemmeke, Ingrid Nestle, Dr. Hermann Ott, Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn, Viola von Cramon-Taubadel, Winfried Hermann, Maria Anna Klein-Schmeink, Kerstin Müller (Köln), Ulrike Höfken, Katja Dörner, Sylvia Kotting-Uhl, Bettina Herlitzius, Thilo Hoppe, Tabea Rößner, Agnes Krumwiede, Memet Kilic, Markus Kurth, Agnes Malczak, Wolfgang Wieland, Dr. Harald Terpe, Friedrich Ostendorff und Claudia Roth (Augsburg) (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Er- halt der für die Finanzstabilität in der Wäh- rungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden (Tagesordnungspunkt 15) Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Ölkatastrophen vermeiden – Raub- bau an Mensch und Natur ausschließen (Zu- satztagesordnungspunkt 10) Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4120 A 4120 D 4122 A 4122 D 4123 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 3989 (A) (C) (D)(B) 41. Sit Berlin, Freitag, d Beginn: 9
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4095 (A) (C) (D)(B) Insofern hätte Griechenland stärker von Zinsen für seine Schulden entlastet werden müssen. Die Entlastung desZimmermann, Sabine DIE LINKE 07.05.2010 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker, Dirk SPD 07.05.2010 Behm, Cornelia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Binder, Karin DIE LINKE 07.05.2010 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 07.05.2010 Bulmahn, Edelgard SPD 07.05.2010 Connemann, Gitta CDU/CSU 07.05.2010 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 07.05.2010 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 07.05.2010 Jelpke, Ulla DIE LINKE 07.05.2010 Kauder (Villingen- Schwenningen), Siegfried CDU/CSU 07.05.2010 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Dr. Ott, Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Remmers, Ingrid DIE LINKE 07.05.2010 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.05.2010 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 07.05.2010 Werner, Katrin DIE LINKE 07.05.2010 Dr. Wiefelspütz, Dieter SPD 23.04.2010 Zapf, Uta SPD 07.05.2010 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Übernahme von Ge- währleistungen zum Erhalt der für die Finanz- stabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Christian Ahrendt (FDP): Wenngleich ich das Ge- setz zu diesem Zeitpunkt für alternativlos erachte und diesem deswegen zustimme, folgt hieraus nicht, dass das dem Gesetz zugrundeliegende Handlungskonzept ohne Alternativen gewesen ist. Erstens. Die Griechenland-Krise ist kein unerwartetes Ereignis. Sie hat sich seit langem angekündigt. Schon zu Beginn des Jahres 2009 erreichte das Zinsniveau für griechische Staatsanleihen an den Märkten fast sieben Prozent. Über mögliche Zahlungsschwierigkeiten südeu- ropäischer Staaten ist schon damals öffentlich berichtet und spekuliert worden. Indes hat weder die Europäische Kommission noch der Europäische Rat gehandelt. We- der wurden Prüfungen zu konkreten Haushaltslagen an- gestellt, noch wurden Konsequenzen erwogen. Die Chance einer frühzeitigen Reaktion auf eine sich konkret verschlechternde Haushaltslage in Griechenland wurde durch passives Abwarten der künftigen Entwicklung vertan. Wichtige Handlungsspielräume wurden so fahr- lässig verspielt und schlussendlich die seit langem schwelende Krise dem heutigen dramatischen Hand- lungsnotstand zugeführt. Zweitens. Die nach Verabredung mit dem IWF und der Europäischen Kommission vom griechischen Parla- ment beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen für die öffentlichen Haushalte der Hellenischen Republik be- gegnen Bedenken. Es steht zwar völlig außer Frage, dass nur klare Ausgabenkürzungen dem griechischen Staat seine finanzielle Handlungsfähigkeit mittelfristig zu- rückzugeben vermögen. Die Rigorosität der Ausgaben- kürzungen steht aber in einem Gegensatz zur Anhebung von Konsumsteuern, über die auf der Einnahmeseite ein weiterer zentraler Beitrag zur Konsolidierung der Haushaltslage erreicht werden soll. 72 Prozent der grie- chischen Wirtschaftsleistung beruhen auf der Binnen- nachfrage. Wenn aber durch die Kürzungen von Er- werbseinkommen Kaufkraft entzogen wird, beschädigt dies die Nachfrage. Folglich ist fraglich, ob über die An- hebung von Konsumsteuern überhaupt ein signifikanter Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erreicht werden kann. Dieses Sanierungsprogramm steht auch der in der Eurozone überwiegend vertretenen Auffassung entge- gen, dass eine Haushaltskonsolidierung allein über Aus- gabenkürzungen nicht erreicht werden kann, sondern ei- nes nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums bedarf. 4096 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Haushaltes über eine Umschuldung, was eine Reduzie- rung des Zinsaufkommens bedeutet hätte, wäre weniger wachstumshemmend gewesen, hätte mit einer moderate- ren Kürzung der Erwerbseinkommen und damit einem nicht so einschneidenden Kaufkraftverlust verbunden werden können. Insofern vermag die Konsolidierung des Haushaltes der hellenischen Republik ohne Beteiligung der Gläubiger und damit ohne eine Umschuldung nicht zu überzeugen. Drittens. Dies führt zu einem dritten Aspekt. Die finanziellen Hilfen für Griechenland werden gerade da- mit begründet, dass aufgrund der labilen Verfassung der internationalen Finanzmärkte eine Umschuldung und da- mit ein bedingter Zahlungsausfall als Risiko angesehen werden. Diese Argumentation verfängt allein vor dem Hintergrund des zeitlichen Drucks, Griechenland wegen am 19. Mai zur Rückzahlung fällig werdender Anleihen mit Liquidität ausstatten zu müssen. Indes verändert die Griechenland-Hilfe nicht die Erkenntnis, sondern ver- schärft zusätzlich die Sorge, dass auch andere Staaten trotz besserer Strukturdaten in Zahlungsschwierigkeiten kommen können. Denn die Griechenland-Krise offen- bart über die Hellenische Republik hinaus, dass auch für andere Staaten angesichts ausgeweiteter Staatsschulden einerseits und geringen wirtschaftlichen Wachstums ande- rerseits ein Risiko für den Ausfall von Staatsanleihen besteht. Die von Griechenland ausgehende Ansteckungs- gefahr besteht deswegen ungeachtet der Hilfe fort. Sie verschärft sich, weil über das Hilfsprogramm die ge- samte Verschuldung in der Euro-Zone weiter zunimmt und damit die finanziellen Gestaltungsspielräume der Regierungen weiter abnehmen. Insofern sind die Pro- bleme Griechenlands eher ein Indiz für eine sich weiter verschärfende Schuldenkrise. Diese klare Indizwirkung entfällt nicht durch die Griechenland-Hilfe, sie ver- schärft diesen Effekt. Christine Aschenberg-Dugnus (FDP): Angesichts der heutigen Entscheidung des Deutschen Bundestages zugunsten einer finanziellen Hilfe für Griechenland er- kläre ich, dass ich dem Gesetz mit Bedenken zustimme. Mir ist bewusst, dass es inzwischen unausweichlich ist, zur Sicherung der Währungsstabilität in Europa Grie- chenland zu helfen. Die von der Bundesregierung nun eingeleiteten Maßnahmen sind alternativlos, um eine be- vorstehende Kettenreaktion zu verhindern. Gleichwohl ist daran zu erinnern, dass zunächst jedes Land selbst für seine eigene Volkswirtschaft, den eige- nen Staatshaushalt und somit die strenge Einhaltung der Stabilitätskriterien verantwortlich ist. Für die Mitglieder der Währungsunion ist jede nationale Verantwortung gleichzeitig eine gesamteuropäische Verantwortung. Die Zugehörigkeit zur Euro-Zone darf keinen Automatismus zu bedingungsloser Solidarität vonseiten der anderen Mitglieder bewirken. Zunächst muss jedes betroffene Land alle erdenklichen Maßnahmen zur Stabilisierung der eigenen Volkswirtschaft selbst ergreifen. Erst in Ver- bindung mit diesen kann es zur Unterstützung vonseiten der anderen Mitgliedstaaten kommen. Solidarität ist keine Einbahnstraße, sondern eine Verpflichtung auf Ge- genseitigkeit. Ein Unterlassen von möglichen Maßnah- men muss zur Sanktionierbarkeit durch die anderen Mit- gliedstaaten führen können. Griechenland ist ein Präzedenzfall, der schnell zu kla- ren Regeln und eindeutigen Sanktionsmechanismen füh- ren muss. Veronika Bellmann (CDU/CSU): Die Griechen ha- ben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. Zum Zeit- punkt der Aufnahme in die EU und die Währungsunion war Griechenland weder für die eine noch die andere Gemeinschaft beitrittsreif. Aber die „Euroromantiker“ in Europa, unter anderem die der der rot-grünen Bundes- regierung setzten sich über alle Bedenken und Vorbe- halte hinweg. Das Land hat bis heute nicht die nötige Wettbewerbsfähigkeit erreicht. Die Finanz- und Wirt- schaftskrise verschärfte diese Lage. Griechenland wurde zur Angriffsfläche von Spekulanten. Mit Griechenlands Zukunft steht die Zukunft der EU als Friedensgemein- schaft genauso auf dem Spiel wie die gemeinsame Währung. Deshalb ist das Ziel die Verteidigung der Europäischen Union. Das Währungsunion-Finanzmarkt- stabilisierungsgesetz kann ein Weg sein, um dieses Ziel zu erreichen. Allerdings sind dafür die europarechtlichen Voraussetzungen sehr lückenhaft. Nur das offensichtliche Vorhandensein einer Rege- lungslücke im Primärrecht, das heißt, weil es auf unions- rechtlicher Ebene an institutionellen Regelungen für den Fall eines Staatsbankrottes fehlt, veranlasst mich dem Gesetz nach anfänglicher Ablehnung doch zuzustim- men. Allerdings haben meine grundsätzlichen Bedenken und Feststellungen weiterhin Bestand. Die der Begründung zugrunde liegende Interpretation der No-bail-out-Klausel, des Ausschlusses der gegensei- tigen Beistandspflicht, des Haftungsausschlusses und der Pflicht zur Solidarität auf Unionsebene, halte ich für durchaus kritikwürdig. Die Bundesregierung ist nun der Ansicht, dass ihr Handeln an dem gemessen werden muss, was passieren würde, wenn sie untätig bliebe. Sie will eine Krise der Währung verhindern und damit Schaden vom deutschen Volk abwenden, in dem im Zusammenwirken mit dem Internationalen Währungsfonds, IWF, Kredite zur Verfü- gung gestellt werden. Ich bin nach wie vor davon über- zeugt, dass eine größere Beteiligung der Gläubiger an der Rettung Griechenlands notwendig wäre und das eine Restrukturierung bzw. Umschuldung wenn nicht jetzt, so doch in absehbarer Zeit folgen wird. Zu den Gläubigern Griechenlands zählen ausländi- sche Banken mit einem Anteil von 302 Milliarden Dol- lar. Davon französische Institute 75,5 Milliarden Dollar, Schweiz 64 Milliarden Dollar und Deutschland 43,2 Mil- liarden Dollar. Bei einem Staatsbankrott müssten schät- zungsweise 30 bis 40 Prozent der Forderungen abge- schrieben werden. Das würde das Eigenkapital belasten. Die deutschen Banken könnten beim staatlichen Finanz- marktstabilisierungsfond, SoFFin, Eigenkapitalhilfen beantragen. Die Bundesregierung würde dadurch Mitei- gentümerin der Banken und könnte zum Beispiel Bonus- zahlungen beeinflussen, was diese Institute mit aller Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4097 (A) (C) (D)(B) Macht vermeiden wollen. Eine staatliche Rettung Grie- chenlands erspart zwar den Banken den Gang zum SoFFin, sozialisiert aber die Verluste. Der deutsche Steuerzahler bürgt damit bzw. reicht Kredite aus, für die wir uns verschulden müssen, nicht nur für die Misswirtschaft in Griechenland und die nach- lässige Kontrolle des Stabilitätspaktes der EU, sondern auch wiederum für riskante Geschäfte und Spekulatio- nen des Finanzmarktsektors. Zahlen die Griechen Kre- dite nicht zurück, muss die Bundesrepublik die Verluste übernehmen. Das wiederum würde die Bonität Deutsch- lands belasten und höhere Zinsen nach sich ziehen. Inso- fern bestünde eine gewisse „Nachschusspflicht“, für die der deutsche Steuerzahler zurecht befürchtet, immer wieder in Haftung genommen zu werden. Fraglich ist, ob die Finanzhilfen Griechenland tat- sächlich helfen. Denn Griechenlands Wirtschaft muss wachsen, was eine mehrjährige Prozedur mit niedrigen Löhnen und steigernder Produktivität erfordert. Die Hil- fen setzen den Sanktionsmechanismus der Märkte außer Kraft. Damit steigt der Druck auf Griechenland, den Staatshaushalt zu sanieren. Ob der IWF und die Euro- Länder dauerhaft die Härte aufbringen, gegen die grie- chische Bevölkerung die notwendigen Reformen zu er- zwingen, ist ebenfalls fraglich. Es steigt die Gefahr, dass andere Länder dem Beispiel Griechenlands folgen und möglicherweise auch nicht den notwendigen Änderun- gen der europäischen Verträge zustimmen. Die Wäh- rungsunion droht so zu einer Schulden- und Transfer- union zu verkommen, die die Kraft der leistungsstarken Länder aushöhlt. Der wachsende Schuldenberg wäre dann nur durch eine höhere Zinsbelastung abzutragen. Der politische Druck in den Ländern mit Stabilitätstradi- tion, die Währungsunion zu verlassen, wird wachsen. Wenn behauptet wird, die Rettungsaktion Griechenlands auch durch oben benanntes Gesetz sei für die Existenz der Währung als fundamentale Grundlage eines Staats- wesens momentan alternativlos, so müssen dennoch die beschriebenen Szenarien deutlich benannt werden. Insofern steht meine Zustimmung zum Gesetz unter dem Vorbehalt, dass umgehend, wie im Entschließungs- antrag der Koalitionsfraktionen dargelegt, folgende Maßnahmen umgesetzt werden: Versetzung der zustän- digen europäischen Institutionen in die Lage, wirksame Maßnahmen ergreifen zu können, die für eine effektivere Überwachung der Haushalts- und Finanzpolitiken der Mitgliedstaaten sorgen; Einrichtung eines effektiven Frühwarnmechanismus, der im Fall drohender Über- schuldung von Staaten eine Warnung auslöst; Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in seiner Funktion, Beschleunigung des Defizitverfahrens, damit Sanktio- nen zu einem früheren Zeitpunkt verhängt werden; Hür- den für politische Einflussnahme gegen zu verhängende Sanktionen möglichst hoch legen; Modifizierung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, so dass deutlich spür- barere Sanktionen verhängt werden können; Entwick- lung neuer Instrumentarien für überschuldete Staaten, für den Aufbau eines Restrukturierungs- und Insolvenz- systems; Durchführung eines ausreichend langen Moni- toringverfahrens bei zukünftigen Beitrittsanträgen zur Währungsunion; Schaffung einer unabhängigen europäi- schen Ratingagentur und Verbesserung der Regulierung für diese, damit mögliche Marktmanipulationen durch die Finanzaufsicht streng kontrolliert werden können; Änderungen, damit zukünftig kein Finanzmarkt, kein Fi- nanzmarktakteur und kein Finanzmarktprodukt ohne Re- gulierung, Aufsicht und Haftung bleibt; Verbot von un- gedeckten Leerverkäufen; zukünftige Regulierung aller Finanzprodukte und aller Finanzmarktteilnehmer, zum Beispiel Hedgefonds; umgehendes Verbot für den Kauf von Kreditausfallversicherungen, CDS, die nicht zur Ab- sicherung eigener oder mandatierter Risiken dienen; Schaffung von verbindlichen Standards für Verbriefun- gen; Prüfung des Vorschlags des IWF, der ein abge- stimmtes Vorgehen zur Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise vorsieht. Zusätzlich fordere ich eine Differenzierung des Ban- kensektors weg von den sogenannten Universalbanken hin zu einer Trennung des klassischen Bankengeschäfts vom risikoreichen Investmentbanking. Eine Bankenab- gabe und eine Finanzmarkttransaktionssteuer für die risi- koreichen Investmentbankgeschäfte zu erheben, halte ich für dringend notwendig. Sie werden zwar keine Spe- kulationen verhindern, aber sie beteiligen die jeweiligen Akteure an der Refinanzierung künftiger Restrukturie- rungs- und Abwicklungsmaßnahmen. Die Systemrele- vanz der Banken und damit die Haftung des Staates bzw. des Steuerzahlers schlagen nicht mehr durch. Vielleicht ist die Rettungsperspektive durch das Wäh- rungsunions-Finanzstabilisierungsgesetz die beste unter den schlechtesten Lösungen. Ich hoffe, dass wir die da- durch „gekaufte Zeit“ als Chance begreifen, notwendige Reformen auf EU-Ebene durchzusetzen und endlich strengere Regelungen für den Finanzmarktsektor einzu- führen, sowie diejenigen schleunigst in die Haftung neh- men bzw. sanktionieren, die für die Krise verantwortlich sind – national, europäisch und international. Lothar Bindig (Heidelberg) (SPD): Diese Erklärung entsteht wenige Minuten nach den Äußerungen des FDP-Vorsitzenden Westerwelle am 6. Mai 2010 in den ARD-Spätnachrichten. Ich war zutiefst erschrocken, mit welcher Kaltschnäuzigkeit sich Westerwelle gegen unse- ren Staat stellt. Auf die Frage, warum sich die FDP-Bundestagsfraktion selbst der vorsichtigen Forderung der SPD-Bundestags- fraktion nach einer „Prüfung der Finanztransaktionsteuer“ im Zusammenhang mit der Unterstützung Griechenlands verweigert habe, kam die scheinheilige Antwort, die Finanztransaktionsteuer belaste die kleinen Sparer, die Riester-Sparer etc., und das wolle die FDP natürlich nicht zulassen. Kein Wort zu den Händlern am Finanz- markt, die mehrere Tausend Geschäfte am Tag abwi- ckeln, Kurse hinauf- und hinunter treiben, gegen Staaten und Währungen wetten und spekulieren und so die Er- sparnisse des Kleinsparers bzw. der Kleinsparerin ent- weder direkt oder über eine steuerliche Beteiligung zur Überwindung der so erzeugten Krisen indirekt vernich- ten. Die Antwort folgte dem Motto: „Ich fürchte, der Kompromiss wird scheitern – und wenn ich selber dafür Sorge tragen muss.“ 4098 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Auf die Frage nach den dramatischen Ergebnissen der Steuerschätzung – bis zum Jahr 2014 werden gesamt- staatlich über 50 Milliarden Euro weniger Steuereinnah- men erwartet als bisher geplant – der magere, eindimen- sionale Hinweis, der Staat nehme doch mehr ein als in der Vergangenheit und deshalb könnten die Steuern auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung gesenkt wer- den. Selbst der Hinweis der Moderatorin auf die Schul- denbremse und die riesige neue Staatverschuldung im schwarz-gelben Haushalt im Jahr 2010 konnte die vier Grundrechenarten bei Westerwelle nicht aktivieren. Nach den Steuergeschenken an Hotels in Höhe von etwa 1 Milliarde Euro und Steuererleichterungen für Konzerne und reiche Erben sind dies zwei weitere Be- lege dafür, wie zielstrebig die FDP unseren Staat ruiniert und die CDU/CSU unfähig ist, diesen Prozess zu stop- pen. So erklärt sich auch die heutige Abstimmungssitua- tion zur Hilfe für Griechenland im Bundestag, in die uns eine zerstrittene CDU/CSU/FDP unter einer zögerlichen Kanzlerin gebracht hat. Nachdem der mögliche Kom- promiss mit der SPD-Fraktion, der neben der Hilfe für Griechenland auch die Verursacher der Finanzkrisen in der Welt und die Verstärker der Finanzkrise in Griechen- land in die Verantwortung nehmen wollte, der Kompro- missunfähigkeit der schwarz-gelben Koalition absichts- voll zum Opfer gefallen ist, bleiben fast nur noch zwei Alternativen: ein dramatisch schlechtes Gesetz oder die Ablehnung der Hilfe. Ich will aber Griechenland helfen und einem guten Gesetz zustimmen. Es bleibt die Aufgabe, den nicht zu beziffernden finanziellen Schaden für Deutschland zu beheben, der durch das Zögern und den Zickzackkurs von Kanzlerin Merkel und des Finanzministers Schäuble durch voreilige und falsche Äußerungen über die deut- sche Hilfsbereitschaft entstanden ist. Außerdem enthält das Gesetz unkalkulierbare Risiken durch den Zinsaus- gleichsmechanismus. Nachdem die SPD-Fraktion mit Blick auf die „plötz- lich“ besonders schwierige und eilige internationale Auf- gabe auf „Fristeinrede“ verzichtet und damit der schwarz- gelben Koalition ein verkürztes Gesetzgebungsverfahren ermöglicht hat, führt diese Großzügigkeit bzw. unser Kooperationsverständnis nun dazu, dass die SPD-Frak- tion aus Fristgründen heute keinen eigenen Gesetzent- wurf einbringen kann. So viel zur Fairness. Nun zu den Hintergründen, die in dieser Situation zu meiner Stimmenthaltung wider Willen führen: Wenn wir den einfachen Weg gingen, Hilfe für Grie- chenland ablehnten und alles in Europa und Deutschland ohne Probleme weiter ginge wie gewohnt, wäre unsere harte Haltung anscheinend eine gute Lösung. Das haben Kanzlerin Merkel und „Bild“-Zeitung immerhin eine ganze Weile öffentlich propagiert. Damit würde Grie- chenland aus der Euro-Zone gedrängt. Rückkehr zur Drachme – das klingt doch verlockend. Griechenland könnte über eine Abwertung seiner Währung die Preise der eigenen Produkte senken und deren Absatzchancen verbessern, die heimische Wirtschaft könnte sich lang- sam erholen, die Griechen würden wieder mehr eigene Produkte kaufen, man könnte kleine Pflänzchen in der Industrielandschaft pflegen, den Export stärken etc., etc. Für Deutschland wäre das natürlich eine schlechte Lösung; denn wir leben sehr stark vom Export nach Europa, auch in den Süden. Und wenn wir glaubten, diese Therapie sei gut für Griechenland, dann würde dies ja auch für andere Länder gelten, und unser EU-Handel käme unter starken Druck – zum Nachteil der anderen Länder und zum Nachteil Deutschlands. Die deutsche Wirtschaft profitiert also von einer stabilen Nachfrage aus Griechenland, aus ganz Südeuropa. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum die Kanzlerin inzwischen eine andere Meinung vertritt. Oft lese ich zwar: Es müssten in Griechenland Inves- titionsanreize geschaffen werden, statt den Konsum zu reduzieren. Die derzeitige Entwicklung, vorangetrieben von den Verhandlungen – eigentlich: dem Spardiktat – des Internationalen Währungsfond, IWF, der Europäi- schen Zentralbank, EZB, und der EU-Kommission mit Griechenland, weist allerdings in eine andere gefährliche Richtung: Die Löhne in Griechenland geraten unter Druck, Stellen im öffentlichen Dienst sollen abgebaut werden – müssen sie auch, aber mit Blick auf die Konse- quenzen –, Renten sollen sinken, die Mehrwertsteuer wird angehoben, den öffentlichen Haushalten wird die Luft abgeschnürt, und das 13. und 14. Monatsgehalt soll abgeschafft werden. All das dämpft die Binnennachfrage in Griechenland und unseren Export. Außerdem frage ich mich, welche Regierung eine sol- che von Europa und dem IWF verordnete Rosskur über- haupt überleben kann. Die Regierung in Griechenland hatte ein strukturelles und finanzielles Desaster von der Vorgängerregierung übernommen, und nun geriet Grie- chenland durch Aktivitäten am Weltfinanzplatz zusätz- lich in existenzielle Probleme. Deshalb betrachte ich die gegenwärtige Entwicklung auch mit Sorge um die politi- sche Stabilität im Land, um den sozialen Frieden und die wirtschaftliche Lage. In einer solchen Lage sind Proteste der Betroffenen verständlich. Die Demonstranten wollen erreichen, dass das so geschnürte Paket von Maßnahmen neu gepackt werden soll. Dafür gibt es einige Ansatzpunkte. Denn in einer fast industriefreien Landschaft mit monostrukturel- ler Konzentration auf den Tourismus wird das mit den Investitionsanreizen kurzfristig schwierig – wäre aber notwendig und möglich, wenn man die Einnahmeseite des griechischen Haushalts in den Blick nimmt: Men- schen mit großem Einkommen und Vermögen, die Ober- schicht, Selbstständige zahlen praktisch keine Steuern. Während der Staat extreme Liquiditäts- und Zahlungs- probleme hat, gibt es gleichzeitig privaten Reichtum. Eine vernünftige Besteuerung von hohen Einkommen, Vermögen oder Erbschaften wäre sicher angemessen und würde die Lasten gerechter auf viele Schultern verteilen. Bei dem ganzen, stark von außen dominierten „Sparpro- zess“, der offiziell Konsolidierung heißt, geraten auch die Arbeitnehmerrechte unter Druck, es drohen soziale Konflikte und Verteilungskämpfe. Wir sehen uns in Deutschland mit Blick auf die sinkenden Reallöhne und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4099 (A) (C) (D)(B) die steigenden Erträge aus Vermögen ähnlichen Vertei- lungsproblemen gegenüber. Ich hoffe auf eine Lösung dieser Probleme in Griechenland durch Einbeziehung al- ler Griechen, auch der Wohlhabenden. Die sozialen und ökonomischen Folgen für Griechen- land und Europa verfolge ich hier nicht weiter, obwohl sie wichtiger sind als bloße Geldfragen. Hier geht es aber um mehr als um eine reine Geld- frage. Es geht auch um die europäische Einigung, um wirtschaftliche Entwicklung, um unsere gemeinsame Währung und um Unterstützung, Solidarität mit anderen und soziale Gerechtigkeit. Es geht um Europas Zukunft und die Zukunft seiner Währung. Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier haben diese sozialdemokrati- schen Wertvorstellungen in einem Beitrag für den Spie- gel vom 4. Mai 2010 unterstrichen – leider sind viele in der Regierung offensichtlich nicht bereit, unser europäi- sches Wirtschafts- und Sozialmodell gegen die unregu- lierten Finanzmärkte, gegen Spekulanten und High Fre- quently Trader zu verteidigen. Zustimmen oder nicht zustimmen? Einem solchen Gesetz? Ich fühle mich durch die Politik des Versagens der Kanzlerin erpresst. Es liegt ein Gesetz vor, das prak- tisch nichts weiter regelt als dies: Deutschland zahlt. Ich finde im Gesetzentwurf unter der Überschrift: „Finan- zielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte“: „Es entstehen keine unmittelbaren Ausgaben. Die mittel- baren Auswirkungen sind nicht bezifferbar.“ Nicht bezif- ferbar – und das bei einem Gesamtfinanzierungsbedarf von 110 Milliarden Euro und einem deutschen Anteil in Höhe von 22,4 Milliarden? Wie kann ich mit gutem Ge- wissen einem Gesetz zustimmen, dem zu den finanziel- len Folgen für den deutschen Steuerzahler nichts Besse- res einfällt als „nicht bezifferbar“? Diesem Gesetz darf ich also nicht zustimmen. Aber dann bin ich der „Feind Griechenlands“, der „Totengräber des Euro“, der „Zer- störer Europas“, eine „Blamage für die Kanzlerin“ – die Regierungsfraktionen haben mit solchen vorsorglichen Schuldzuweisungen enormen Druck aufgebaut, um das Gesetz durch das Parlament zu prügeln. Aber schließlich drängt ja auch die Zeit – kein Wunder, nachdem die Kanzlerin und ihr Finanzminister die Krise erst mal wie- der aussitzen wollten, dann auf das Verstreichen der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hofften, schließ- lich den Karren mit großer Entschlossenheit und Aus- dauer in völlig unterschiedliche Richtungen gezogen ha- ben, um dem Parlament dann quasi in letzter Minute einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die eigentlichen Fragen nicht beantwortet. Außerdem hat die Bundesregierung die Kosten für die Hilfe durch die Staatengemeinschaft leichtfertig, unver- antwortlich, fahrlässig nach oben getrieben. Blicken wir zurück und ein wenig auf die Praxis: Griechenland gibt Anleihen aus; der Staat bekommt Geld, die Käufer die- ser Schuldverschreibungen ein Papier, das ihnen Zins- und Tilgungszahlungen zusichert. Der Geldgeber be- kommt also Zinsen und zum vereinbarten Zeitpunkt das geliehene Geld zurück. Benötigt ein Land mehr Geld – etwa um alte Schulden zu begleichen oder Investitio- nen zu tätigen – begibt es neue Anleihen, die aktuelle Zinslast steigt. Entscheidend für die Höhe der Zinsen, die ein Staat zu bezahlen hat, wenn er sich Geld leiht, ist die Beurteilung seiner Kreditwürdigkeit Als die Schwierigkeiten Griechenlands vor einiger Zeit offenkundig wurden und der Staat in Zahlungsnot geriet, kam eine folgenschwere Entwicklung in Gang: Kanzlerin Merkel ließ sich in der Bild-Zeitung als „ei- serne Kanzlerin“ feiern: Keinen Cent für die Griechen! Das Volk jubelte: Merkel spart, alle Griechen sind kor- rupt und Verschwender. Diese unüberlegte, lautstarke Verweigerung jeglicher Hilfe hat der Zahlungsfähigkeit Griechenlands schwer geschadet: Die Kreditwürdigkeit des griechischen Staates wurde schlechter beurteilt, er wird von Ratingagenturen heruntergestuft. Damit galt der Staat als weniger zuverlässig; es wurde für die Geld- geber riskanter, diesem Staat ihr Geld zu leihen. Sie wollten sich daher dieses Risiko wenigstens mit höheren Zinsen vergüten lassen. Die Zinsen stiegen sehr schnell und sehr stark an, das Land geriet noch stärker unter Druck, der Finanzbedarf wuchs weiter, bis Griechenland die Notbremse zog und die anderen Staaten des Euro- Raums um höhere Finanzhilfen bat, als es zuvor notwen- dig gewesen wäre. Mit ihrer „Strategie“ hat die Bundesregierung – be- wusst oder unbewusst – auch Spekulanten am Finanz- markt in die Hände gespielt, wie man mit Blick auf die sogenannten Kreditausfallversicherungen oder Credit Default Swaps, CDS, erkennt. Sie funktionieren – sehr vereinfacht gesagt – im Grundsatz wie eine Versiche- rung, mit der sich ihr Käufer gegen den Ausfall von Schuldnern absichern kann, denen er einen Kredit gege- ben oder eine Anleihe abgekauft hat. Credit Default Swaps, außerhalb der Börsen gehandelt, dienen der Wei- tergabe finanzieller Risiken an eine andere Person, den sogenannten Sicherungsgeber. Um mich also gegen den Zahlungsausfall Griechenlands abzusichern, schließe ich, beispielsweise als Bank, eine solche Versicherung ab. Fällt der Schuldner aus, soll die Versicherung die fehlende Rückzahlung ausgleichen. Natürlich bekommt die Versicherung im Gegenzug eine „Gebühr“. Ein Beispiel mit fiktiven Zahlen: Ein Staat braucht 100 Millionen und begibt Staatsanleihen. Diese Anleihen werden versichert. Die Versicherung für die 100 Millio- nen kostet 3 Millionen Gebühr. Wenn es dem Staat all- mählich schlechter geht, er ständig mehr Geld braucht, die Zuverlässigkeit seiner Rückzahlung in Zweifel gezogen wird, dann kostet die Versicherung plötzlich nicht mehr 3 Millionen, sondern 20 Millionen. Es gibt also am Markt Kreditausfallversicherungen für 100 Millionen und An- leihegeschäfte, die 3 Millionen und welche, die 20 Mil- lionen kosten. Wer nun mit solchen Versicherungsver- trägen handelt und einen Versicherungsvertrag für 3 Millionen hat, der kann ihn zum richtigen Zeitpunkt für 20 Millionen verkaufen – an jemanden, der dringend eine Versicherung braucht, weil er frisches Geld – neue Anleihen ausgibt – braucht. Wenn Kanzlerin Merkel sich bei der Bild-Zeitung unterhakt und verkündet: „Keinen Cent für die Griechen!“, schnellen die Gebühren für die Versicherung, die Credit Default Swaps, CDS, in die Höhe. Die Händler solcher Derivate reiben sich die Hände, weil der Wert der CDS steigt, und freuen sich, 4100 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) weil sie dieses Geschäft den Äußerungen der Kanzlerin der wichtigsten Volkswirtschaft in Europa verdanken. Es gibt allerdings auch Banken oder Hedgefonds, die sich freuen, wenn der Wert der CDS sinkt. Auch diese professionellen Zocker hat die Bundesregierung mit ih- rer Blockade-Hinhalte-Strategie belohnt: Diese Unter- nehmen haben oder leihen sich ein Bündel dieser CDS. Dann verkaufen sie die CDS mit einem vertraglich ver- einbarten Rückkaufdatum; sagen wir die CDS sind 10 Millionen wert. Nun merkt die Kanzlerin plötzlich, dass es international, europäisch und für Deutschland ein schwerer Fehler war, jegliche Hilfe zu verweigern; Grie- chenland kann endlich mit unserer Unterstützung rech- nen und gilt wieder als zuverlässiger Zahler, die Gebüh- ren für die Kreditausfallversicherungen sinken. Zum Rückkauftag sind dann die CDS nicht mehr 10 Millionen wert, sondern vielleicht nur noch 2 Millionen, macht für den Käufer einen satten Gewinn von 8 Millionen. Der vertraglich zuvor festgelegte Rückkauf zum Stichtag ist ein sehr lohnendes Geschäft. Üblicherweise hat bei diesem Handel einer den Ge- winn, ein anderer den Verlust. Nun werden diese Wettge- schäfte aber durch öffentliches Handeln beeinflusst: Keine Hilfe für Griechenland – Zickzackkurs – schließ- lich doch Hilfe für Griechenland. Und deshalb hängen öffentliche Kosten und private Gewinne stark davon ab, wer und insbesondere zu welchem Zeitpunkt die Ge- schäfte mit den Krediten und den Versicherungen ge- macht hat. Wenn wir Pech haben, bezahlen wir sowohl den Gewinn der Bank, die auf steigende CDS gewettet hat, als auch den Gewinn desjenigen Hedgefonds, der auf sinkende CDS gewettet hat. Der Schaden, den die Kanzlerin angerichtet hat, ist si- cher nicht leicht zu beziffern. Ganz abgesehen von dem politischen Schaden, dass die Regierung Merkel interna- tional keine klare Linie verfolgt. Mit dieser „Wackelstra- tegie“, Zögerlichkeit und falschen Äußerungen, die dem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen geschuldet sind, ha- ben Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble sehr viele Partner in Europa irritiert und die große finanzpoli- tische Reputation, die Peer Steinbrück aufgebaut hatte, in kurzer Zeit verspielt. Das ist nicht die politische Füh- rung, die man sich in einer solchen Krise von einer Bundesregierung erhofft und erwartet. Und wo sind ei- gentlich unser Außenminister Westerwelle und sein Bundeswirtschaftsminister Brüderle? Kann ich die Hilfe jetzt noch ablehnen, nachdem wir, unsere Regierung, solchen Schaden angerichtet haben? Eine Zwickmühle nach der anderen. Also doch zustim- men? Natürlich darf man nicht nur auf den Finanzmarkt schauen – wir müssen auch nach Griechenland schauen, um die Ursachen für die Krise zu analysieren: Fälschun- gen in der Statistik und den Finanzdaten, Korruption, systematische Klientelpolitik, schwache Bekämpfung der Steuerhinterziehung, Fehlverwendung von EU-Gel- dern, sehr hohe Militärausgaben und, last but not least, ein riesiger öffentlicher Sektor. Griechenland hat einiges getan, um seine Staatsfinanzen zu ruinieren, und es ver- säumt, seine strukturellen Wirtschaftsprobleme zu lösen. Deshalb sind harte Auflagen in Verbindung mit der inter- nationalen Hilfe gerechtfertigt und notwendig. Aber viele Griechen haben mit der Krise viel weniger zu tun als so mancher Finanzjongleur an den internationalen Finanzmärkten. Deshalb ist es ungerecht, mit diesem Gesetz und seinen Folgewirkungen die einen schwer zu belasten und die anderen zu verschonen – auch wenn dies dem neoliberalen Zeitgeist entspricht. In meine Abwägung fließt außerdem Folgendes ein: Die Kosten unserer Hilfe sind nicht bezifferbar. Tatsäch- lich sind aber auch die Kosten einer unterlassenen Hilfe kaum abschätzbar. Denn nicht zu helfen, schadet Deutschland auch ganz direkt: Viele Bürgerinnen und Bürger haben, wie auch die Banken, griechische Papiere gekauft. Manche Bürger werden vielleicht gar nicht wis- sen, dass mit Ihrem Geld in Rentenfonds, Lebensversi- cherungen oder Aktiendepots auch griechische Papiere gekauft wurden. Wenn wir nun Griechenland abstürzen lassen, gibt es in den Banken gravierende Wertberichti- gungen, die Anlagen verlieren drastisch an Wert – und das gesparte Geld für die Altersvorsorge, die Ausbildung der Kinder, den sorgenfreien Lebensabend ist verloren. Wenn Griechenland seine Schulden nicht zurückzah- len kann, trifft das auch die Spareinlagen der Bankkun- den in Deutschland. Denn Banken benötigen mehr Ei- genkapital, um Kredite abzusichern, die sie mit dem Geld der Sparer ausgereicht haben. Wenn aber das Ei- genkapital für diese Besicherung gebraucht wird, kann die Bank weniger Kredite an die heimische Wirtschaft und an Privatpersonen vergeben. Es fehlt an Investitio- nen, an Konsum, an Vertrauen in die Banken – die Kre- ditklemme geht um. Dass manche Banken – selbst sol- che, die der deutsche Staat in der Finanzkrise unterstützt oder sogar gerettet hat – sich bei der EZB „billiges“ Geld für weniger als 2 Prozent Zinsen besorgen können und dies dann zu viel höheren Kreditzinsen weitergeben, steht auf einem anderen Blatt. Natürlich sollen die Ban- ken Gewinne machen, um wieder selbstständig auf die Beine zu kommen; aber wenn der Staat schon hilft, pri- vates Fehlverhalten und Versagen im Finanzmanage- ment zu kompensieren, um das Geld der Sparerinnen und Sparer zu schützen, dann sollten die Banken wenigs- tens bei der Vergabe von Krediten an die heimische Wirtschaft Maß und Ziel halten. Es gibt noch eine schreckliche Entwicklung: Um Griechenland am Finanzmarkt zu stützen, verletzt die Europäische Zentralbank eherne Grundsätze und setzt – nur für Griechenland – eine wichtige Regel außer Kraft: Sie akzeptiert Staatsanleihen als Sicherheit für Kredite auch dann, wenn sie kein befriedigendes Rating, also mindestens BBB, haben. Bisher wurden nur Staats- anleihen mit einem mindestens befriedigenden Rating als Sicherheit akzeptiert. Und nun das Schlimmste: Das Gesetz reflektiert die Krise nicht, nicht die Verursacher, nicht die Profiteure, nicht die internationalen Finanzbeziehungen, nicht die Verhältnisse in Griechenland, natürlich auch nicht die Bedeutung der Reallöhne für unseren Exportüberschuss und die fehlende Binnennachfrage. Es gibt keine Überle- gung für die Zukunft. Das „Modell Griechenland“, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4101 (A) (C) (D)(B) dieses magere Gesetz, über das hier abgestimmt wird, enthält keine Komponente der Prophylaxe. Der Finanz- markt agiert wie bisher und kann ein Land nach dem an- deren in seinen Fokus rücken. Deshalb hat die SPD-Fraktion Vorschläge einge- bracht, um dieses Gesetz besser zu machen. Ein eigenes Gesetz ist leider nicht möglich, weil die ungeheuerliche Hektik der Regierung ein geordnetes Verfahren nicht er- laubt. Noch vor zwei Wochen war Schäuble sowohl im Finanzausschuss als auch im Haushaltsausschuss. Wer sich Aufklärung, Sachinformation oder gar ernsthafte Zusammenarbeit erwartet hatte, wurde enttäuscht. Der Bundesfinanzminister hat Nebel verbreitet. Er hat es bei vagen Andeutungen belassen, statt mit klarer Sicht die Probleme anzupacken. Diese Zeit fehlt uns nun. Ich un- terstelle, dass CDU/CSU und FDP auch dieses Thema hinter die Wahlen in Nordrhein-Westfalen schieben wollten. Ein teurer Plan. Aber noch eine Zickzack- schleife hätte wohl international noch größeren Schaden angerichtet. Das Gerede davon, dass „die Verursacher der Krise an ihrer Überwindung beteiligt werden sollen“, wird in kei- ner Formulierung der Regierung konkret. Im Gegenteil: Die freiwillige oder angekündigte gesetzlich definierte Bankenabgabe ist ein Werbegag von Ackermann. Er kümmert sich um 2 Milliarden Euro, alle freuen sich, sind dankbar, die Bild-Zeitung hat eine tolle Schlagzeile – der Schaden von einigen 100 Milliarden gerät in Vergessen- heit. Und es soll doch niemand an einen plötzlichen „An- fall“ von Wohltätigkeit der Banken glauben: Die freiwil- ligen Abgaben werden einfach auf die Preise, sprich: Zinsen der Kreditnehmer oder der Einleger und Sparer, abgewälzt. Nein, unsere Überlegungen müssen auf das Verhalten von Bankern, Finanzberatern, Fondsmanagern etc. wir- ken: Einige Produkte müssen auch verboten und die Finanzmärkte wirksam reguliert werden, damit sich so etwas nicht wiederholt. Auch wenn sich Kanzlerin und Finanzminister bisher mit eigenen Vorschlägen und For- derungen national wie international nicht leichtgetan ha- ben – wann, wenn nicht jetzt, wollen wir entscheidende Fortschritte erzielen? Nachfolgend ein Ausschnitt aus unseren Forderun- gen, die wir national und international umsetzen wollen: Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Warum geht es hierbei nicht um den einmaligen Kredit für ein Häus- chen? Die Steuer hat eine Größenordnung von 0,05 Pro- mille. Bedeutung hat die Steuer an anderer Stelle: Ein Aktienhändler kommt auf 5 000 Geschäfte pro Tag. In- zwischen ist ein sogenannter Hochfrequenz-Trader, eine Software, die 60 Millionen Kauf- und Verkaufsaufträge pro Tag erledigt, in der Entwicklung. Hier lohnt sich die Steuer schon kräftiger und steuert vielleicht sogar. Mehr unter den Stichwörtern „Cross Asset Strategie“, „Pairs- Trading“ oder „Block-Trades“ etc. Einschränkung oder Verbot des CDS-Handels, Aufle- gen einer Euro-Anleihe zu niedrigen Zinsen, Prüfung der Gründung einer EU-Bank für öffentliche Anleihen, die ihre Anleihen über die EZB platziert – Vorschlag des DGB –, Aufbau einer europäischen Ratingagentur mit transparenten Verfahren, Überwachung der Leistungs- bilanzdefizite und -Überschüsse, Einführung einer schärferen Aufsicht über alle Produkte und Anbieter durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf- sicht, BaFin, Einführung strengerer Haftungsvorschrif- ten für Vorstände und Aufsichtsräte, Reform der Vergü- tungssysteme von Bankvorständen und -mitarbeitern und Verbesserung der Beratung und des Verbraucher- schutzes. Das schlechte Krisenmanagement der Bundesregie- rung hat mich in eine Situation gebracht, in der meine Zustimmung zu einem untauglichen Gesetzentwurf er- wartet wird. Gleichzeitig allerdings blockiert die Bun- desregierung jegliche Zusammenarbeit auf der Grund- lage guter Vorschläge zur Vermeidung künftiger Krisen. Wir müssen Griechenland, den Griechen, helfen, weil wir in Europa eine befreundete Zukunftsgemeinschaft bilden. Wir müssen helfen, um uns zu helfen. Aber wir müssen auch die Verursacher von Krisen in die Pflicht nehmen. Diese Chance, endlich den zerstörerischen Kräften auf den internationalen Finanzmärkten Einhalt zu gebieten und sie in Verantwortung zu nehmen, ver- geudet die Bundesregierung durch die Floskel, zu die- sem Gesetz gebe es keine Alternative – ein schwerer Irrtum, wie der Entschließungsantrag der SPD-Bundes- tagsfraktion zeigt. Mit der Unfähigkeit der schwarz-gelben Koalition zum Kompromiss und meinem Willen, Griechenland zu helfen, begründet sich meine Enthaltung zum Gesetzent- wurf der CDU/CSU-FDP-Koalition. Sebastian Blumenthal (FDP): Die Notwendigkeit der heutigen Abstimmung ist das Ergebnis einer Politik, die ökonomische Notwendigkeiten vor dem Hintergrund des Ziels der europäischen Einigung ausgeblendet hat. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Maßnah- men, die er unterstützen soll, kann lediglich ein Zeitge- winn zur Reparatur des ökonomisch missglückten Maastricht-Vertrags erreicht werden. Um diesen Zeitgewinn durch eine kurzfristige Stabili- sierung unserer gemeinsamen Währung geht es bei die- ser Abstimmung. Ginge es nur um Griechenland, stünde meine Entscheidung fest. Einem Partner, der von Beginn an durch Abgabe fal- scher Daten das Vertrauen der Mitstreiter in der Schick- salsgemeinschaft Euro missbraucht hat, der über Jahre hinweg deutlich über seine Verhältnisse gelebt hat, kann auch mit viel gutem Willen nicht geholfen werden. Als Ultima Ratio muss es der Staatengemeinschaft in der Euro-Zone möglich sein, ein Mitglied auch auszu- schließen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein hohes und wichtiges Gut. Es endet aber dort, wo das eigene jahrelange Fehlverhalten die Existenzgrundlagen anderer Völker innerhalb der Währungsunion bedroht. Im Vertrauen darauf, dass die nunmehr verbleibende Zeit genutzt wird, um den Maastricht-Vertrag so zu än- dern, dass aus der Währungsunion nicht eine dauerhafte Transferunion wird, werde ich diesem Gesetzentwurf 4102 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) zustimmen, um in der jetzigen Situation dauerhaften und nicht absehbaren Schaden von der gemeinsamen Wäh- rung Euro und der deutschen Bevölkerung kurzfristig abzuwenden. Diese Entscheidung ist kein Freibrief für eventuell anstehende ähnliche Entscheidungen in der Zukunft. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): In die- ser Entscheidung heute geht es nicht nur um unseren eu- ropäischen Partner Griechenland. Es geht letztlich um die Zukunft unseres gemeinsamen Europas. Es geht um die Stabilität des Euros, unserer Währung. Es geht um die wirtschaftliche Situation unseres Landes und um die Existenzsicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Wir dürfen nicht verkennen, dass fast 70 Prozent unseres Handels auf EU-Länder entfallen und jeder fünfte Arbeitsplatz davon abhängig ist. Bricht ein Glied aus der europäischen Kette, setzen wir den ge- samten Handelsraum aufs Spiel. Griechenland hat in den vergangenen Jahren schwere Fehler gemacht. Das gilt auch für andere Staaten, und auch wir sitzen im Glas- haus. Im Jahr 2000, als Rot-Grün den Antrag zur Auf- nahme Griechenlands in die Währungsunion stellte, habe ich dagegengestimmt. Erst sollte finanziell, wirt- schaftlich und politisch Klarheit herrschen. Meine Frak- tion und ich unterlagen damals. Trotzdem, bei der Ab- wägung des Für und Wider, werde ich aus Verantwortung für unser Land und für die Europäische Gemeinschaft für die Griechenland-Hilfe stimmen – un- ter der Voraussetzung, dass alle Staaten sowie die Ban- ken sich beteiligen und wir in Europa wie weltweit schnellstmöglich Institutionen schaffen, die Staaten wie Banken einer laufenden Kontrolle unterziehen, um im Vorwege eine Krise dieser Art zu unterbinden. Nicht Kartelle und Monopolisten, sondern das Primat der Poli- tik, die von den Bürgern gewählten Parlamente und da- mit die Regierungen haben zu herrschen. Weltweit ist unverzüglich ein Finanzsystem sicherzustellen, das Transparenz und Überprüfbarkeit bis hin zu Verboten er- möglicht. Nicole Bracht-Bendt (FDP): Bundestag und Bun- desrat entscheiden heute über das Rettungspaket für Griechenland. Es sieht Kredite im Umfang von 22,4 Mil- liarden Euro in den nächsten drei Jahren vor. Das Ret- tungspaket für Griechenland halte ich für notwendig, aber nicht ausreichend. Dem Gesetz werde ich zustimmen, weil es keine Al- ternative gibt, um die Stabilität der Gemeinschaftswäh- rung Euro nicht zu gefährden. Dennoch möchte ich an dieser Stelle deutlich zum Ausdruck bringen, dass aus meiner Sicht Griechenland für die derzeitige Notlage maßgeblich selbst verantwort- lich ist. Ich bedaure, dass die Verhandlungen der letzten Wochen nicht vorrangig eine geregelte Insolvenz oder eine Umschuldung zum Ziel hatten. Deshalb gibt es im Moment keine andere Möglichkeit als das Rettungspa- ket, um einen Staatsbankrott Griechenlands zu verhin- dern. Es ist mir ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass ich mich als Bundestagsabgeordnete in der Verantwortung gegenüber dem deutschen Steuerzahler sehe, der letzt- lich für die Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau haftet. Die Entscheidung, für das Rettungspaket zu stim- men, ist mir außerordentlich schwergefallen. Ich fordere Griechenland auf, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um sein Staatsdefizit in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus halte ich es für unverzichtbar, den EU-Staaten, die das Rettungspaket gewährleisten, mehr Möglichkeiten der Kontrolle und Überprüfung einzuräu- men. Es müssen Sanktionsmöglichkeiten sichergestellt werden, um weitere Entwicklungen, die für die Gemein- schaftswährung ein Risiko darstellen, einzudämmen. Das heutige Gesetz muss ein Einzelfall bleiben. Elke Ferner (SPD): Die Bundesregierung, allen vo- ran Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle, haben unser Land auf der internatio- nalen und europäischen Ebene durch ihre Verzögerungs- taktik isoliert und die Spekulationen der Finanzmärkte angeheizt. Der einzige Grund war: Sie wollten vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen keine Position beziehen. Sie haben mit ihrem unverantwortlichen Verhalten in Kauf genommen, dass die internationalen Finanzmärkte zunächst gegen Griechenland und dann gegen Portugal und Spanien spekuliert haben. Dies hat dazu geführt, dass Griechenland wegen der ständig steigenden Zinsen am Kapitalmarkt keine Kredite mehr aufnehmen konnte und dass die Euro-Zone insgesamt in Schwierigkeiten zu geraten drohte. Jeder Versuch der Länder der Euro-Zone oder der Kommission, die Spekulanten durch Hilfszusagen für Griechenland zu stoppen, wurde von der Bundesregie- rung torpediert. Durch die gebetsmühlenhaften Behaup- tungen, Griechenland müsse erst einmal seine Hausauf- gaben machen und ein Sparpaket vorlegen, wurden die Hilfen infrage gestellt und die Spekulanten geradezu ein- geladen, weiter auf einen Staatsbankrott zu wetten. Anstatt die deutsche Bevölkerung über die Fakten und die Notwendigkeit zur Hilfe aufzuklären, wurde sei- tens der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien keine Gelegenheit ausgelassen, die billigsten Ressenti- ments und Vorurteile, Falsch- und Fehlmeldungen, die in einer beispiellosen Hetzkampagne einiger deutschen Medien über Wochen publiziert wurden, zu bedienen und zu verstärken. Jeder, der es wissen wollte, hätte wis- sen können, dass die griechische Regierung und das griechische Parlament seit Beginn dieses Jahres bereits zahlreiche und sehr weit reichende Maßnahmen be- schlossen haben – zuletzt gestern – und dass weitere in Kürze beschlossen werden. Diese Maßnahmen verlan- gen der griechischen Bevölkerung viel ab, manchen viel- leicht zu viel. Die jetzige griechische Regierung unter Ministerprä- sident Giorgos Papandreou war und ist fest entschlossen, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4103 (A) (C) (D)(B) Griechenland eine neue und bessere Perspektive zu ge- ben. Die Maßnahmen, die für die Erreichung dieses Zie- les ergriffen werden, sind tiefgreifend und ohne Beispiel und es ist nicht auszuschließen, dass der politische Preis dafür hoch sein kann. Anstatt der griechischen Regie- rung den Rücken zu stärken, ihre Anstrengungen zu würdigen und der griechischen Bevölkerung die Zu- sicherung zu geben, dass die europäische Familie dem Treiben der Finanzmärkte ein Ende setzt und den Weg Griechenlands in eine neue Zukunft unterstützt, hat die Bundesregierung den guten Beziehungen zwischen Deutschland und Griechenland massiv geschadet und das Vertrauen der griechischen Bevölkerung in die euro- päische Idee geschwächt. Niemand weiß besser als die Griechinnen und Griechen selbst, dass Veränderungen notwendig sind, auch wenn sie hart sind. Die griechische Bevölkerung wird zuallererst die Fehler der früheren griechischen Regierungen, insbesondere die der konser- vativen Regierung Karamanlis, aber auch die Hinhalte- taktik der Regierung Merkel teuer bezahlen müssen. Die Hinhaltetaktik der Deutschen Bundesregierung hat nicht nur dazu geführt, dass für die zuletzt ausgegebenen grie- chischen Staatsanleihen durch Spekulationen getriebene überhöhte Zinsen bezahlt werden müssen, sondern auch dazu, dass der Hilfsmechanismus in Gang gesetzt wen- den musste und die daraus resultierenden Bürgschaften höher ausfallen, als sie sonst ausgefallen wären. Bis vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung den Eindruck erweckt, dass es sich bei dem Hilfspaket um direkte Zahlungen aus dem Bundeshaushalt handelt und nicht um eine Bürgschaft für Kredite, an denen die KfW und damit die deutschen Steuerzahler und Steuerzahle- rinnen verdienen werden. Und sie hat den Eindruck er- weckt, als ob nicht die griechische Regierung und das griechische Parlament weit reichende Maßnahmen er- griffen haben, sondern dass erst die Verweigerungshal- tung der deutschen Regierung dazu geführt hat, dass überhaupt Maßnahmen ergriffen wurden. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat auch aus der Finanz- und Wirtschaftskrise keine Lehren gezogen. Sie weigert sich aus ideologischen Gründen, die Verursacher und Profiteure der Krise an den Kosten zu beteiligen. Sie weigert sich, die Finanzmärkte so zu regulieren, dass Spekulationen eingedämmt werden und vom Finanzsek- tor künftig keine Gefahren für die Realwirtschaft oder ganze Währungsräume mehr entstehen können. Es ist schwer zu ertragen, dass diejenigen, die die Finanz- und Wirtschaftskrise verursacht haben, auch jetzt wieder in der Krise, in die sie die Euro-Zone hineinmanövriert ha- ben, von den Hilfsmaßnahmen profitieren werden, weil Deutschland keinerlei ernsthafte Anstrengungen unter- nimmt, die Kapitalmärkte zu regulieren und den Finanz- sektor an den Kosten zu beteiligen. Bei der heutigen Entscheidung geht es nicht mehr um Griechenland, sondern es geht um eine Stabilisierung der gesamten Euro-Zone. Leider ist die schwarz-gelbe Koalition nicht willens, über das konkrete Hilfspaket hi- naus ihrer Verantwortung für Europa gerecht zu werden. Das ist zu wenig. lch unterstütze das Hilfspaket und hätte dem Gesetz auch gerne meine Zustimmung gegeben. Allerdings hat eine sehr sehr deutliche Mehrheit meiner Fraktion ent- schieden, sich der Stimme zu enthalten. Ich respektiere diese Auffassung, sehe mich aber nicht in der Lage, die- ses Votum mitzutragen. Ich werde mich deshalb nicht an der Abstimmung zum Gesetzentwurf beteiligen. lch wünsche der griechischen Regierung, vor allem aber dem griechischen Volk und meinen Freundinnen und Freunden in Griechenland, dass die Anstrengungen sich auszahlen werden und Griechenland eine bessere und neue Perspektive erhält. Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU): Bei der heutigen Abstimmung zum Finanzstabilitätsgesetz werde ich dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht zustimmen, weil er für die Erreichung seiner Hauptziele – Stabili- sierung des Euro und Wiederherstellung der Zahlungs- fähigkeit Griechenlands – kontraproduktiv ist: Weitere Kredite der vorgesehenen Art bzw. die Bürgschaften für Kredite der KfW stellen nicht die Zahlungsfähigkeit Griechenlands wieder her, sondern erhöhen die für das Land heute nicht mehr zu bewältigende Kreditlast. Sie dienen nur der Absicherung spekulativer Kreditge- schäfte internationaler Großbanken und der Verlänge- rung dieser Geschäfte. Die eingeleiteten Sparmaßnah- men dienen auch nicht der Stimulierung der griechischen Wirtschaft, sondern beinhalten eine Entsagungs- und Rosskurpolitik, die nicht zur wirtschaftlichen Gesun- dung des Landes führen kann. Deutschland hatte sich eine derartige „Sparpolilik“ zum Ende der Weimarer Re- publik aufgelegt – die Ergebnisse sind bekannt. Verhindert bzw. hinausgeschoben würde durch die Annahme des Entwurfs auch das notwendige – zumin- dest zeitweise – Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-System und damit eine vom IWF zu unterstützende Entschuldung – sogenanntes Haircut –, die mit einer Ab- wertung verbunden sein müsste, um griechische Pro- dukte, Leistungen und Angebote – insbesondere auch im Tourismus – weltweit wieder attraktiv zu machen. Es ist auch gegen jede Wahrscheinlichkeit, dass der Beschluss zur Stabilisierung des Euro beiträgt. Wahr- scheinlich ist vielmehr, dass der Beschluss andere Staa- ten der Euro-Zone, die mit vergleichbaren Schwierig- keiten wie Griechenland belastet sind, animiert, vergleichbare „Rettungsprogramme“ zu verlangen, die die Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland endgültig überspannen dürften. Es besteht deshalb die Gefahr, dass das beschlossene „Sanierungskonzept“ die Krise nicht beseitigt, sondern vergrößert. Nicht zuletzt verstößt das „Rettungspaket“ gegen das europarechtliche Bail-out-Verbot, Art. 125 AHUV. Das Vertrauen der Märkte in die stabilitätssichernde Funktion dieser Vorschrift wird damit dauerhaft erschüttert. Auf diese Weise wird eine der tragenden rechtlichen Säulen, die aus der Währungsunion eine Stabilitätsunion machen sollten, zum Einsturz gebracht. Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): Angesichts der Ent- scheidung des Bundestages zugunsten einer finanziellen 4104 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Hilfe für Griechenland ist daran zu erinnern, dass die Mitglieder der Europäischen Union und besonders die Mitgliedsländer der Euro-Zone eine eigene sozusagen ganz persönliche politische, wirtschaftliche und gesell- schaftliche Verantwortung in ihren nationalen Angele- genheiten zum Zusammenhalt Europas und zur Stabilität des Euro haben. Die Euro-Länder insgesamt müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihre Währung in ihrem Ansehen und in ihrer Stabilität von ihrer Wettbewerbsfähigkeit, der Kraft ihrer Marktwirtschaften, den zwischen ihnen vereinbar- ten Spielregeln und den Fähigkeiten ihrer Gesellschaften abhängt. Mit der Mitgliedschaft in der Europäischen Union oder der Zugehörigkeit zur Euro-Zone allein ist es nicht getan. Sie sind eine Chance, zugleich aber auch eine Herausforderung, die bisher zweifellos nicht bei al- len – und nicht nur in Griechenland – in der nötigen Deutlichkeit das Bewusstsein bestimmt hat und be- stimmt. Darauf erneut aufmerksam zu machen, ist ge- rade aufgrund der Bereitschaft zur Hilfe für Griechen- land dringend notwendig. Die zu treffende Entscheidung des Deutschen Bun- destages zur Hilfe für Griechenland treffe ich im Be- wusstsein der europäischen Verantwortung Deutsch- lands, die uns selbst aus der größten Katastrophe unserer Geschichte herausgebracht und in den Kreis der aner- kannten demokratischen Nationen hineingeführt hat. Ich treffe sie aber zugleich unter Zurückstellung erheblicher europapolitischer und wirtschafts- und finanzpolitischer Bedenken; denn die europäischen Institutionen, vor al- lem die Europäische Zentralbank, haben in dem gesam- ten Ablauf, der sie dazu geführt hat, zur Rettung Europas im gleichen Atemzug sozusagen aus Gründen eines übergreifenden Notstandes einige der Spielregeln Euro- pas außer Kraft zu setzen, an Glaubwürdigkeit und im Falle der letzteren an Unabhängigkeit verloren. Deshalb kann und darf der Vorgang nicht zu einer unendlichen Geschichte mit dauerhafter Inanspruchnahme für Politi- ken führen, die sich mit der eigenen Verantwortung und dem Einhalten von Spielregeln schwertun. Solidarität ist keine Einbahnstraße, sondern eine Verpflichtung auf Ge- genseitigkeit. Sie entlastet nicht von einer Verantwor- tung, und sie entschuldigt nicht eigene Versäumnisse. Die im vorliegenden Fall zu gewährende Hilfe für Griechenland, die jetzt unumgänglich geworden ist, muss deshalb in der Erwartung geschehen, dass Grie- chenland seine eigenen nun notwendigen und unum- gänglichen Entscheidungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik auch in einem Bewusstsein seiner eigenen Verantwortung für den europäischen Zusammenhalt und eine stabile Währung trifft. Griechenland ist sich das in allererster Linie selbst schuldig und nicht allein dem In- ternationalen Währungsfonds und den weiteren Gläubi- gern. Robert Hochbaum (CDU/CSU): Nach den parla- mentarischen Beratungen, insbesondere der Anhörung, bin ich zum Schluss gekommen, dass die Zahlungsunfä- higkeit Griechenlands, ein Staatsbankrott, die europäi- sche Währungsunion in höchste Not bringen, eine neuer- liche internationale Bankenkrise auslösen und für andere ebenfalls höher verschuldete Länder weitere Schwierig- keiten bei der Refinanzierung mit möglichen weiteren Folgen bedeuten würde. Eine kaum mehr vorhersehbare und steuerbare Kettenreaktion würde ausgelöst werden. Diese würde Deutschland als Euro-Land und Land, das seinen Wohlstand massiv auf Exporten gerade in den umgebenden Euro-Raum begründet, empfindlich und für alle Bürger spürbar treffen. Dies zu verhindern, stimme ich dem vorliegenden Gesetzentwurf, dem deutschen Beitrag der Hilfe der Euro-Staaten und des Internationa- len Währungsfonds, als Utima Ratio, als letztes Mittel, zu. Es ist von einer Reihe schlechter Varianten nach mei- ner Überzeugung die beste. Ein früheres Eintreten, das vor allem die Bundesre- gierung in Europa verhindert hat, wäre entgegen den Äu- ßerungen der Opposition nicht billiger und besser, son- dern teurer und schlechter gewesen. Die wichtige Einbeziehung des IWF und damit der Weltgemeinschaft und das Aufzwingen nötiger harter Sparmaßnahmen ge- genüber Griechenland, das Gewinnen von Akzeptanz für das Bestehen von Fehlentwicklungen in der griechischen Bevölkerung waren nur so überhaupt erst möglich. An- dere Euro-Länder wollten schneller unbedingter eintreten – das wäre falsch gewesen und teurer geworden. Dass die Kopplung der in Tranchen auszureichenden Hilfen anders als noch im Entwurf nun im Gesetz an die Bedingungen der Einigung zwischen Griechenland und den Hilfsgebern gebunden und tranchiert ist, war mir sehr wichtig, zeigte es doch, dass es keinen Freifahrt- schein gibt, sondern Griechenland sich redlich halten muss, will es diesen Weg gehen. Durch gefälschte Statistiken hat die politische Elite Griechenlands lange Jahre bewusst die europäischen Partner getäuscht und sich den Zugang zum Euro-Raum erschlichen. Die Griechen insgesamt haben seit länge- rem über ihre Verhältnisse gelebt; die Defizite sind nicht durch Spekulanten entstanden oder vom Himmel gefal- len. Eine drastische Verringerung des griechischen Haushaltsdefizits ist daher unumgängliche Vorausset- zung für Hilfe. Das nochmals nachgebesserte griechi- sche Sparprogramm geht in die richtige Richtung. Unbe- dingte Transparenz und absolute Kontrolle der Einhaltung sind vereinbart und zwingend. Die No-bail-out-Klausel in Art. 125 der Europäischen Verträge als Haftungsausschluss stellt klar, dass ein Euro-Teilnehmerland nicht für Verbindlichkeiten und Schulden anderer Teilnehmerländer aufkommen muss. Diese Klausel soll gewährleisten, dass für die Rückzah- lung öffentlicher Schulden die jeweiligen Staaten selbst verantwortlich bleiben. Die Übertragung von Risiken in- folge einer nicht tragfähigen Haushaltspolitik einzelner Staaten auf die Partnerländer soll damit vermieden wer- den. Das ist richtig, war eine der Grundvoraussetzungen für den Beitritt Deutschlands zur Währungsunion. Die abgestimmten freiwilligen Hilfen der Euro-Länder un- terfallen diesem Szenario nicht, da sie nur Kredite und keine Schuldenübernahme sind. Das Instrumentarium der Währungsunion, das offen- sichtlich nicht ausreicht, für die Zukunft zu schärfen und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4105 (A) (C) (D)(B) Lücken zu schließen bzw. bei faktisch unpraktikablen Regelungen nachzusteuern, ist absolut unumgänglich. Mehr Transparenz, frühere Eingriffs- und härtere Sank- tionsmöglichkeiten und -automatismen, die politisch nicht einfach abdingbar sind, sind erforderlich. Was nun hier gerade passiert, widerspricht dem Geist des Euro und darf sich nie wiederholen, soll der Euro, der, wenn er stark und hart ist, allen Euro-Ländern weit überwie- gend Vorteile bringt, bestehen. Unverantwortlichen Spekulanten, die auch in dieser Krise Treiber waren, müssen wir das Handwerk legen. Der zum Gesetz vorgelegte Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zeigt hierzu die richtigen, notwen- digen Maßnahmen auf. Die allermeisten dieser bedürfen europäischer Lösungen oder solcher der Staatengemein- schaft. Wir müssen größte Anstrengungen unternehmen, diese schnellstens zu erreichen. Dr. Eva Högl (SPD): Die Bundesregierung hat durch ihr unverantwortliches Verhalten, ihre Verzögerung, ihr Taktieren und die fehlende Einsicht, dass Griechenland dringend unsere Hilfe braucht, unser Land international und in Europa isoliert und die Spekulationen der Finanz- märkte angeheizt. Anstatt den Deutschen Bundestag und die deutsche Bevölkerung über die Fakten und notwen- dige Maßnahmen aufzuklären, wurde seitens der Bun- desregierung und der sie tragenden Parteien keine Gele- genheit ausgelassen, Vorurteile und Falschmeldungen zu bedienen und zu verstärken. Dadurch wurden die not- wendigen Hilfsmaßnahmen für Griechenland nicht nur schwieriger, sondern auch unsicherer in ihrer Wirkung und nahmen ein immer größeres Ausmaß an. Ich kriti- siere besonders, dass die Bundesregierung aus der Fi- nanz- und Wirtschaftskrise keine Lehren gezogen hat. Sie weigert sich aus ideologischen Gründen, die Verur- sacher und Profiteure der Krise an den Kosten zu beteili- gen. Und sie weigert sich, die Finanzmärkte wirksam zu regulieren, um künftigen Krisen vorzubeugen. Bei der heutigen Entscheidung geht es nicht nur um Griechenland, sondern um die Stabilisierung der Euro- Zone und die Zukunft und Handlungsfähigkeit Europas. Leider ist die schwarz-gelbe Koalition nicht in der Lage, ihrer Verantwortung für Europa gerecht zu werden, und weitere notwendige Maßnahmen zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise und zur Vermeidung künftiger Kri- sen zu beschließen. Das ist zu wenig. Gleichwohl unterstütze ich das geplante Hilfspaket für Griechenland, weil ich es für alternativlos halte. Die Mitgliedstaaten der EU sind jetzt gefordert, der griechi- schen Regierung mit dem vereinbarten Hilfspaket zur Seite zu stehen. Es geht um die Stabilisierung des Euro und des europäischen Wirtschaftsraumes, von dem maß- geblich Deutschland dank seiner Exporte profitiert. Mil- lionen Arbeitsplätze in Deutschland wären bedroht, wenn es zu einem Flächenbrand käme, der sich bei- spielsweise auf Spanien, Portugal oder gar Großbritan- nien ausdehnte. Die Europäische Union und der IWF haben sich nun- mehr auf ein Hilfspaket verständigt. Es muss umgehend in Kraft treten und wirken. Aber es trägt wenig zur Ver- hinderung ähnlicher Krisen in der Zukunft bei. Hierzu hat die SPD eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Spekulationen auf Währungen und Staaten sind einzu- dämmen, die internationalen Finanzmärkte sind auch durch eine entsprechende Steuer an den Kosten der Krise zu beteiligen, eine stärkere Kontrolle und Regulierung des internationalen Banken- und Finanzsystems ist über- fällig. Die Staatsfinanzen müssen von den Kapitalmärk- ten weitgehend entkoppelt werden. Die Euro-Zone leidet auch unter den massiven wirtschaftlichen, beschäfti- gungspolitischen und sozialen Ungleichgewichten. Aus ideologischen Gründen verschließen sich CDU/CSU und FDP dieser Einsicht. Dennoch erteile ich dem Gesetzesentwurf meine Zu- stimmung. Ich bin davon überzeugt, dass es unter den obwaltenden Umständen die notwendige Antwort auf die Krise ist. Ein deutliches, auch von der deutschen So- zialdemokratie als der Europapartei getragenes Zeichen der Solidarität in Richtung Griechenland und Europäi- sche Union halte ich für zwingend. Deshalb stimme ich zu, unabhängig davon, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen europapolitisch versagt und sich zur zukünftigen Verhinderung solcher Krisen soli- darischen, gerechten und europäischen Antworten ver- weigert haben. Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU): Nach reiflicher Überlegung und sorgfältiger Abwägung aller Argumente für und gegen das Gesetz zur Sicherung der Finanzstabi- lität in der Euro-Zone habe ich mich entschieden, dem Gesetz zuzustimmen. Ausschlaggebend für meine Ent- scheidung ist die Tatsache, dass es nicht allein um die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands aufgrund selbstver- schuldeten Verhaltens geht, sondern in erster Linie um die Stabilität der gemeinsamen europäischen Währung. Der Verlust von Stabilität des Euro hätte gefährliche Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft und den Wohl- stand Deutschlands. Insofern liegt es im nationalen Inte- resse unseres Landes, die Insolvenz Griechenlands abzu- wenden und die Finanzstabilität der Europäischen Währungsunion zu erhalten. Ich erwarte, dass nicht nur die griechische Regierung die mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds vereinbarten Maßnahmen zur Sicherstel- lung der Rückzahlungsfähigkeit Griechenlands nachvoll- ziehbar umsetzt. Ich erwarte ebenso Maßnahmen Deutschlands und der Europäischen Union, die künftige Fehlentwicklungen vermeiden. So beispielsweise ein ge- ordnetes Insolvenzverfahren, die Einführung eines Früh- warnsystems bei möglicher Überschuldung eines Mit- gliedslandes, eine Bankenabgabe zur Einführung eines Stabilitätsfonds, eine europäische Ratingagentur, die Überprüfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, da- mit Sanktionen früher greifen können, das Verbot unge- deckter Leerverkäufe von Finanzmarktinstrumenten, ein effektiveres Monitoringverfahren bei Anträgen auf Bei- tritt zur Währungsunion. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Dem Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz kann ich nicht zustimmen, da die finanziellen Lasten allein den europäischen Steuerzah- 4106 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) lern auferlegt werden, ohne dass die internationale Fi- nanzwirtschaft irgendeinen echten Beitrag leistet. Erstens. Wir müssen Griechenland helfen, aber bitte unter Einbeziehung der Banken und Spekulanten, die von hohen griechischen Zinsen profitieren. Griechische Anleihen brachten wegen des höheren Risikos höhere Zinsen – bis zu 9 Prozent. Ohne europäische Hilfe wären die Gläubiger voll ausgefallen. Dann kann man jetzt aber von ihnen eine Beteiligung an den Kosten der Rettungs- aktion durch einen teilweisen Forderungsverzicht im Rahmen einer Umschuldung verlangen. Der Steuerzah- ler muss nach der US-Immobilienkrise vor zwei Jahren jetzt zum zweiten Mal bei Griechenland die Risiken der Gläubigerbanken übernehmen. Dies kann nicht zum Re- gelfall werden: In einer Marktwirtschaft hat ein Investor die Chancen, trägt aber eben auch die Risiken. Zweitens. Nur bei einer Reduzierung seiner Staats- schulden von circa 300 Milliarden Euro als Folge einer Umschuldung hat Griechenland eine echte Chance. Die jetzigen Schulden wird Griechenland aller Voraussicht nach nicht zurückzahlen können. In Griechenland kön- nen wir nicht einerseits der Bevölkerung große Opfer zu- muten und andererseits griechischen Milliardären hohe Zinseinnahmen durch den europäischen Steuerzahler ga- rantieren. Drittens. Die heute beschlossene Griechenland-Hilfe ist keine nachhaltige Lösung. Auch weitere europäische Länder haben über ihre Verhältnisse gelebt und zu hohe Schulden aufgetürmt. Bei weiteren Folgefällen ist der europäische Steuerzahler überfordert. Deshalb brauchen wir eine nachhaltige Lösung durch eine Umschuldung, verbunden mit einem teilweisen Forderungsverzicht der Gläubigerbanken. Sonst wird der Euro nicht zum Inte- grationsfaktor, sondern eher zum Spaltpilz für Europa. Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): In der Anhörung des Haushaltsausschusses erklärte Professor Dr. Weber, Präsident der Deutschen Bundesbank: Griechenland hat über viele Jahre grob und unver- antwortlich gegen europäische Vereinbarungen und Vorgaben verstoßen. Die Haushalts- und Wirt- schaftspolitik war den Stabilitätserfordernissen ei- nes gemeinsamen Währungsraums nicht angemes- sen ... Als Mitglied des Haushaltsausschusses des Deut- schen Bundestages bin ich erschüttert darüber, dass erst jetzt die dramatische Situation bekannt wird. Ich hätte erwartet, dass uns die Bundesfinanzminister früherer Re- gierungen schon viel früher umfassend informiert hätten. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Wissen über die erheblichen Zahlungsschwierigkeiten Griechenlands den Bundesfinanzministern Hans Eichel und Peer Steinbrück durchaus bekannt gewesen waren. Es war eine politische Entscheidung, Griechenland seit dem 1. Januar 2001 in die Euro-Gruppe zu nehmen. Es stellt sich immer mehr die Frage, ob schon damals beim Beitritt das griechische Finanzsystem erheblich ge- fährdet war. Es war eine völlige Fehleinschätzung des Bundesfi- nanzministers Hans Eichel, als er am 29. Juni 2000 im Deutschen Bundestag erklärte: Ich freue mich, dass Griechenland mit seiner langen Geschichte und seinem großen Beitrag, den es zur europäischen Kultur geleistet hat, Mitglied der Euro-Zone wird. Sie sehen darin übrigens, welche Stabilitätsgemeinschaft die Euro-Zone inzwischen ist. Ebenso hat nach meiner Auffassung die von Bundes- finanzminister Hans Eichel und Bundeskanzler Gerhard Schröder und der rot-grünen Koalition im März 2005 ge- wollte flexiblere Auslegung des Euro-Stabilitätspakts er- heblichen Schaden angerichtet und Griechenland mit in die Situation geführt, mit der sich heute der Deutsche Bundestag beschäftigen muss. Die Kritik der Oppositionsparteien an der Aufwei- chung des Stabilitätspaktes wies der damalige Bundes- kanzler Schröder öffentlich mit den Worten: Die Kritik der Opposition beruht auf der Kenntnis- losigkeit der ökonomischen Zusammenhänge zurück. Die Fehleinschätzungen der früheren rot-grünen Koalition und ihres Bundeskanzlers Schröder muss die jetzige Koalition in einer beispiellosen Rettungsaktion für Griechenland bezahlen. Ich habe erhebliche Zweifel, ob jetzt die finanz- und wirtschaftspolitischen griechischen Daten belastungsfä- hig sind. Ebenso muss ich anzweifeln, dass allein die Be- schlüsse der griechischen Regierung zu den notwendi- gen Konsolidierungen führen. Ohne Entschuldung ist nach meiner Auffassung kein wirtschafts- und haushalts- politischer Neuanfang in Griechenland möglich. Trotz dieser Bedenken werde ich dem Gesetz zustim- men. Ich stimme auch deshalb zu, weil bei der Anhörung der Sachverständigen durch den Haushaltsausschuss auf die dringende Notwendigkeit der Maßnahmen, wie sie die Bundesregierung vorgeschlagen hat, hingewiesen wurde. Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU): Die Entschei- dung über das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz ist nicht leicht zu treffen. Ich stimme dem Gesetz mit großen Bedenken zu. Chancen und Risiken unseres Vorgehens sind man- gels historischer Vergleiche und Erfahrungen nur einge- schränkt abzuwägen. Im Mittelpunkt dieser für mich persönlich mit vielen Unsicherheiten behafteten Abwä- gung steht der mit dem griechischen Staatsbankrott im Euro-Raum mit relativ höherer Wahrscheinlichkeit ver- bundene Dominoeffekt und die zu befürchtende neuerli- che Vertrauenskrise. Die Möglichkeit, eine solche Krise zu verhindern, müssen wir wahrnehmen. Gelingen die ergriffenen Hilfsmaßnahmen, geht dies ohne Belastung unserer Steuerzahler, weil dann die auf Basis unserer Garantien gewährten Kredite verzinst und zurückgeführt werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4107 (A) (C) (D)(B) Das Gelingen hängt ab vom Verhalten der Kreditge- ber, von der Einigkeit der Regierungen im Euro-Raum, von der Entschlossenheit der Griechen und der Durch- setzungsfähigkeit des IWF. Der IWF spielt meines Er- achtens eine Schlüsselrolle. Ohne ihn wäre ich in noch größerer Sorge, ob es gelingen kann, die Griechen auf den Pfad haushaltspolitischer Tugend zu führen. Entscheidend für meine Zustimmung ist auch, dass wir die Bundesregierung nicht einfach ermächtigen, Ga- rantien zu geben, sondern diese auch an den Reformfort- schritt binden. Eine Generalermächtigung kam für mich nicht infrage. Mein Vertrauen in die Gestaltungskraft des krisenerfahrenen IWF ist jedenfalls ausgeprägter als das in den Durchsetzungswillen etlicher – wegen eigener Haushaltsdefizite befangener – europäischer Regierun- gen. Meine Zustimmung zu dem Gesetz wird damit auch getragen von der Hoffnung, dass wir unsere Lehren zie- hen und sich unsere Europapolitik grundlegend ändert. Es ist mir an dieser Stelle ein ausdrückliches Anliegen, klarzustellen, dass der Euro selbst nicht das Problem ist. Problematisch ist der Umgang mit dem Stabilitätspakt. In Kenntnis der Haushaltslagen anderer Euro-Staaten – auch der in Deutschland – darf man nicht nur mit dem Finger auf Griechenland zeigen. Wenn es uns mit dieser Ermächtigung und der konsortialen Kreditgewährung durch die übrigen Euro-Staaten tatsächlich gelingt, Ver- trauen zu schaffen, haben wir Zeit gewonnen, aber nicht alles erreicht. Wir müssen den Waigel’schen Stabilitäts- pakt nachschärfen und durchsetzen. Dies ist unverzicht- bar, bei uns in Deutschland wie in allen anderen EU-Mit- gliedstaaten. Anfangen sollten wir hier bei uns – in Deutschland. Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Ich stimme dem Gesetz – trotz erheblicher Bedenken – zu. Die geplanten Kredithilfen an Griechenland sind ein nicht unerhebli- cher Eingriff in die Marktmechanismen und schon des- halb kritisch zu bewerten. Das Problem Griechenlands ist gerade die enorme Schuldenlast. Ich schließe nicht aus, dass eine geordnete Insolvenz Griechenlands oder andere diskutierte Maßnahmen eine wirksamere Me- thode zur Überwindung der Krise wären. Letztlich muss ich mich allerdings auf die Richtigkeit der vorgetragenen Argumente seitens der Bundesregie- rung und der Experten aus der Europäischen Union bzw. der Deutschen Bundesbank/Europäische Zentralbank verlassen. Voraussetzung für meine Entscheidung stell- ten die Maßnahmen im Entschließungsantrag der CDU/ CSU und FDP dar. Demnach würde ein Zahlungsausfall Griechenlands ein erhebliches Risiko für die Stabilität der Währungsunion und des Finanzsystems darstellen. Dies ist zu verhindern. Außerdem muss ein Domino- effekt verhindert werden, der andere fragile Staaten in den Abgrund reißt. Die strengen Richtlinien für die Finanzverfassung im Euro-Raum müssen wieder solide, und deren Umsetzung muss mit aller Konsequenz durchgesetzt werden. Dazu gehört vor allem, dass auf den Bruch dieser Richtlinien Sanktionen erfolgen müssen. Die jetzigen Hilfen für Griechenland entbinden den Bundestag und die Bundesregierung nicht von der Pflicht, die Umstände der Aufnahme Griechenlands in den Euro-Raum sowie dessen Verhalten seitdem aufzu- klären. Dazu gehört auch die Frage, warum Stabilitäts- kriterien aufgeweicht bzw. deren Anwendung nicht oder nur nachlässig durchgesetzt wurden. Dies darf sich nicht ausschließlich auf Griechenland konzentrieren, sondern muss insbesondere auch die beteiligten Euro-Staaten und insbesondere die Bundesrepublik Deutschland einbezie- hen. Mit der Abstimmung verbinde ich die Hoffnung da- rauf, dass auch in Deutschland die Einsicht darüber ein- kehrt, dass nur solide Finanzen, ein durchschaubares Steuersystem und die konsequente Durchsetzung von Kontrollmechanismen langfristig das Überleben der Währungsunion sichern kann. Der Fall Griechenland zeigt, dass unfinanzierbare Tagträume, die beständig im politischen Meinungsprozess Einzug oder Wiederkehr feiern, fatale Folgen haben. Darüber hinaus müssen wir uns vor Augen führen, dass auch Deutschland nicht ohne Weiteres die Über- nahme solch enormer finanzieller Risiken leisten kann. Deutschland muss sich trotz seiner im Vergleich zu Grie- chenland besseren Finanzausstattung bewusst sein, das es selbst immense Hausaufgaben in dieser Beziehung vor sich hat. Erhebliche Einsparmaßnahmen, die Re- formierung des Steuersystems und die Bekämpfung der Bürokratie bleiben auf der Tagesordnung. Diese Not- wendigkeiten sind auch im Lichte der griechischen Ver- hältnisse nicht relativierbar und müssen weiterhin mit Nachdruck verfolgt werden. Paul Lehrieder (CDU/CSU): Trotz größter Beden- ken habe ich zur Stützung der Geldwertstabilität unserer gemeinsamen Euro-Währung am Freitag, den 7. Mai 2010, dem sogenannten Währungsunion-Finanzstabili- tätsgesetz meine Zustimmung erteilt. Eine Abwertung der griechischen Staatsanleihen bzw. eine Umschuldung Griechenlands mit entsprechenden Verlusten bei den gezeichneten Staatsanleihen hätte kei- nesfalls eine gangbare Alternative darstellen können, zu- mal auch Staatsanleihen weiterer Euro-Länder – Portu- gal, Spanien, Irland – in der Folge unverzüglich Gefahr gelaufen wären, ebenfalls nicht mehr akzeptiert bzw. als Anlage nicht mehr gezeichnet werden zu können mit der Folge, dass neben dem relativ kleinen Griechenland ein weiterer Teil des Euro-Landes sehr kurzfristig erhebliche Finanzprobleme dergestalt leiden würde – Spanien –, dass hier eine Hilfe wie im Fall Griechenlands bei den übrigen Ländern schlichtweg aus haushaltstechnischen Gründen nicht mehr infrage kommen könnte. Man würde mit großer Wahrscheinlichkeit hier Gefahr laufen, dass beispielsweise ein Land wie Spanien „too big to fail“ wäre und hierdurch erhebliche Stabilitätsprobleme der gesamten Euro-Währung entstehen würden. Ich sehe mich außerstande, unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern einen Währungsschnitt bzw. eine ähn- lich drastische Einschnittsmaßnahme in ihre Spargutha- ben zu erklären bzw. zuzumuten. 4108 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Mir ist sehr wohl bekannt und bewusst, dass die Be- reitstellung der im eingangs genannten Gesetz vorgese- henen Finanzmittel mit erheblichen Risiken verbunden ist. Ebenfalls ist mir durchaus ein Ärgernis, dass in un- vermeidbarer Weise die relativ hochverzinsten griechi- schen Staatsanleihen letztendlich über deutsche Steuer- mittel abgesichert werden und die Risiken von uns als Mittelbereitsteller getragen werden, die Rendite jedoch bei den Zeichnern der Staatsanleihen verbleibt. Dies stellt jedoch im Verhältnis zu der eingangs ge- nannten Problematik eines sogenannten Flächenbrands des Misstrauens unserer Gemeinschaftswährung von im- merhin etwa einem halben Dutzend der Euro-Länder das aus meiner Sicht geringere Risiko im Verhältnis zu einer Geldentwertung des Euro dar. Die absichtlich falschen Daten Griechenlands vor Aufnahme in die Euro-Gruppe im Jahr 2000/2001, viele Entscheidungen griechischer Regierungen seitdem, das Übersehen von Warnhinweisen im Jahr 2005 durch die rot-grüne Regierung in Deutschland sowie die andau- ernde Verschleierung und Beschönigung der griechi- schen Wettbewerbsfähigkeit und Staatsfinanzen haben ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber der griechischen Politik geschürt, das auch jetzt noch Zweifel am Willen Griechenlands hegt, Kredite ernsthaft zurückzuzahlen. Ebenfalls begegnet das Verhalten der Sozialdemokra- tischen Partei Deutschlands erheblichem Befremden, wenn sie einerseits im Jahr 2001 gegen bestehende Be- denken maßgeblich den Beitritt Griechenlands zur Euro- Zone forciert hatte, nunmehr offensichtlich in der Ab- stimmung unsere Kanzlerin im Regen stehen lässt und mit einer Enthaltung von der historischen Verantwortung der SPD offensichtlich nichts mehr wissen will. Dennoch komme ich nach Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass die mit dem Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz möglicherweise verbundenen Folgen eher zu verantworten sind als ein Nichthandeln und ein griechischer Staatsbankrott. Die Gefahr für die Stabilität unserer Währung, die Gefahr für Aufschwung und Arbeitsplätze in Deutschland durch einen Staats- bankrott Griechenlands bedrohen die Bürger Deutsch- lands unmittelbarer und härter. Bei meiner Entscheidung, meine Bedenken zurückzu- stellen, habe ich mich von folgenden Überlegungen lei- ten lassen: – Die Nothilfe für Griechenland ist ein absoluter Aus- nahmefall. Aus der Europäischen Union darf und wird keine Transferunion werden. – Die Bundesregierung wird alles daransetzen, zu einer Stärkung der Kontroll- und Eingriffsbefugnisse der Europäischen Union gegenüber Mitgliedstaaten zu kommen, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. – Die Bundesregierung wird alles daransetzen, im eu- ropäischen Stabilitätspakt schärfere, nach verbindlich beschriebenen Kriterien eintretende und damit von politischen Rücksichtnahmen unabhängigere Sank- tionen zur Ahndung von Verstößen zu verankern. – Das Sanierungsprogramm der Regierung Griechen- lands wird vom IWF und den europäischen Institutio- nen strikt überwacht. Die Bundesregierung unterrich- tet den Bundestag laufend über die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. – Künftigen Krisen wird wirksamer als in der Vergan- genheit vorgebeugt: durch strengere Regeln für Fi- nanzinstitutionen und Finanzmärkte, die derzeit erar- beitetet und in den nächsten Monaten in Deutschland, Europa und möglichst weltweit in Kraft gesetzt wer- den, und durch Reformen, die dem europäischen Sta- bilitätspakt mehr Biss geben. – In Europa werden Instrumente für eine geordnete Staatsinsolvenz überschuldeter Staaten entwickelt. Das Restrukturierungs- und Insolvenzsystem wird eine systemische Risiken vermeidende Heranziehung der Gläubiger entsprechend der von ihnen eingegan- genen Risiken sicherstellen. Dr. Erwin Lotter (FDP): Der Deutsche Bundestag beschließt am heutigen Tage eine milliardenschwere Un- terstützung für das in Not geratene EU-Mitglied Grie- chenland. Dem entsprechenden Gesetz habe ich aus übergeordneten Gesichtspunkten zugestimmt, insbeson- dere um die Stabilität der Gemeinschaftswährung Euro nicht zu gefährden und einen europaweiten finanzpoliti- schen Flächenbrand zu verhindern. Dessen ungeachtet möchte ich festhalten, dass Grie- chenland einen Großteil der Verantwortung für die der- zeitige Situation trägt. Ich bedaure. dass die Verhandlun- gen der letzten Wochen nicht primär in Richtung einer geregelten Insolvenz oder einer Umschuldung geführt worden sind. Als Konsequenz steht das jetzige Vorgehen ohne Alternative da, um einem ungeregelten Staatsbank- rott Griechenlands zu entgehen. Es ist auch im Hinblick auf die vertraglichen Regelungen zur Einführung des Euro nicht unproblematisch, die eine „Rettung“ ver- schuldeter Staaten durch die anderen Mitglieder der Euro-Zone nicht vorsehen. Es ist mir wichtig, die besondere Verantwortung zu unterstreichen, die ich als Bundestagsabgeordneter ge- genüber dem deutschen Steuerzahler habe, der letztlich für die Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau haf- tet. Die Entscheidung ist mir daher persönlich schwerge- fallen. Ich fordere einen nachdrücklichen Einsatz des grie- chischen Staates, der wirksame Maßnahmen ergreifen muss, um sein Staatsdefizit in den Griff zu bekommen, auch wenn dies bedauerlicherweise mit harten Einschnit- ten für die griechischen Staatsbürger verbunden ist. Hier ist ein Mentalitätswandel erforderlich, den Griechenland sich selbst schuldig ist. Die jüngsten Ausschreitungen haben leider Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der griechischen Zusagen geweckt. Es bleibt fraglich, ob die Maßnahmen der Regierung von der Bevölkerung mitgetragen werden. Die Umsetzung der Reformen und entsprechenden Gesetze im Sinne der europäischen Ver- antwortung und der Einhaltung vereinbarter Spielregeln werden von uns selbstverständlich unterstützt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4109 (A) (C) (D)(B) Nach meiner Überzeugung ist es unverzichtbar, bessere Überprüfungsmaßnahmen einzuführen und Sanktionsmechanismen zu etablieren, um derartigen Entwicklungen, die für die Gemeinschaftswährung be- drohlich sind, künftig Einhalt zu gebieten. Es darf nicht geschehen, dass das im Falle von Griechenland gewählte Verfahren sich bei anderen gefährdeten Staaten der Euro-Zone wiederholt; der übergreifende Notstand kann keinesfalls zum Normalfall werden. Die Stabilitätsanfor- derungen des Maastricht-Vertrages müssen das Bewusst- sein aller europäischen Regierungen bestimmen und dür- fen nicht zur bloßen Absichtserklärung verkommen. Das heutige Gesetz muss auch in diesem Sinne als Warnung verstanden werden und ein Einzelfall bleiben. Oliver Luksic (FDP): Zur Abstimmung zum Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleis- tungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabili- tätsgesetz – WFStG) der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/1544 erkläre ich Folgendes: Da es zum jetzigen Zeitpunkt kein Zeitfenster für Al- ternativen mehr gibt, gilt es nicht nur aus Gründen der europäischen Solidarität, die mögliche Destabilisierung Griechenlands der Finanzmärkte und der europäischen Wirtschaft zu verhindern, sondern auch deshalb, weil dies wohl unkalkulierbare Kosten vor allem für den deutschen Steuerzahler verursachen würde. Ich stimme dem Gesetz trotz folgender Bedenken zu. Die Bundesga- rantie für einen Kredit der KfW von bis zu 22,4 Milliar- den Euro im Rahmen der von EU, EZB und IWF koordi- nierten bilateralen Hilfe für die Hellenische Republik halte ich politisch, ökonomisch und rechtlich für in ho- hem Maße bedenklich. Aus guten Gründen haben die Väter des Maastricht-Vertrages vermeiden wollen, dass es zu einer Haftungs- bzw. einer Transferunion kommt. Das WFStG ist de facto ein Bail-out Griechenlands und stellt europapolitisch, ökonomisch und juristisch eine Zäsur dar. Kurzfristig mag der Euro so gestützt werden, mittel- und langfristig wird die Stabilität des Euro durch diesen Beschluss jedoch geschwächt. Die Akzeptanz des Euro und der europäischen Integration in der Bevölkerung wird durch diesen Beschluss nicht gefördert, insbeson- dere wenn es trotz aller Bemühungen und Beteuerungen dazu kommen sollte, dass Griechenland die Kredite nicht zurückzahlen kann. Wenn Schulden geteilt werden, sinkt die Eigenverantwortung. Ein Bail-out oder gar ein wie auch immer gearteter „permanenter Krisenlösungs- mechanismus“ führen meiner Überzeugung nach zu weniger fiskalischer Disziplin und damit zu einer Schwächung unserer gemeinsamen Währung, die für Deutschland und Europa von großer Bedeutung und gro- ßen Nutzen war und ist. Nicht nur das Maastricht-Urteil des BVerfG, sondern vor allem das europäische Recht mit Art. 125 AEUV setzt den Hilfsmaßnahmen klare Grenzen. Was verfas- sungsrechtlich vielleicht noch möglich ist, ist europa- rechtlich jedoch in äußerstem Maße fragwürdig. Wenn weder Art. 122 noch Art. 136 AEUV als Ausnah- mebestimmungen hier greifen, ist die Vereinbarkeit des WFStG mit EU-Recht weder was den Wortlaut, noch, was den Geist des AEUV angeht, gegeben. Da diese Prü- fung dem EuGH obliegt, könnte es zu dem Fall kom- men, dass es ohne Kläger keinen Richter gibt, was recht- lich und politisch hochproblematisch wäre. Gerade weil die EU im Kern eine Rechtsgemeinschaft ist, halte ich das vorliegende Gesetz für äußerst bedenklich. Entscheidend ist, alles dafür zu tun dass die Kredite zurückbezahlt werden und dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt. Vor allem durch die konsequente Hal- tung der Bundesregierung kam es zu einer Beteiligung des IWF und dem zweiten Sparpaket Griechenlands, was im Rahmen der Möglichkeiten das wohl bestmögliche Verhandlungsergebnis ist. Trotz meiner grundsätzlichen Bedenken und meiner Zweifel, ob Griechenland aus der Schuldenspirale herauskommt, stimme ich aus oben ge- nannten Gründen dem vorliegenden Gesetz zu. Die von EU und Bundesregierung angekündigte Stär- kung des Stabilitätspaktes, der in der Vergangenheit auf- geweicht und nun gebrochen wird, ist unabdingbar. Ne- ben der Krisenprävention muss die Durchsetzbarkeit des Paktes gestärkt werden. Auch der rechtlich bisher nicht mögliche Ausschluss aus der Währungsunion als schärfstes disziplinierendes Instrument darf in der Zu- kunft europapolitisch jedoch nicht weiter tabuisiert wer- den, wenn der Euro eine dauerhaft stabile Währung blei- ben soll. Griechenland muss ein Sonderfall bleiben und darf nicht zum Präzedenzfall werden. Horst Meierhofer (FDP): Als Mitglied der FDP- Bundestagsfraktion werde ich dem Gesetz zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Fi- nanzmarktstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik, 17/1544, sowie dem dazugehörigen Entschließungsantrag von CDU/CSU und FDP zustimmenden. Ich möchte auf die- sem Wege jedoch meine Bedenken mitteilen: Durch die Hilfen erhöht sich die Verschuldung Griechenlands zu- sätzlich; wie auf diese Weise die Zahlungsfähigkeit ver- bessert werden kann, erscheint zumindest offen. Ob nach der zugesagten Gewährleistung für drei Jahre eine Stabi- lisierung erreicht sein wird, ist ebenso fraglich – ein Au- tomatismus, dass die Hilfen danach fortgesetzt werden müssen, darf sich hieraus nicht ergeben. Ob die Stabilität des Euro dadurch gewinnt, dass die EU ihre Stabilitäts- kriterien ignoriert bzw. Verstöße nicht sanktioniert, son- dern heilt, wird sich auch erst zeigen müssen. Die wich- tigste Lehre muss aber sein, schnellstmöglich dafür zu sorgen, dass alle EU-Länder wissen, dass sie zukünftig selbst für ihre finanziellen Verpflichtungen verantwort- lich sind – zum Schutz des Euro. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Die Entscheidung über das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz, WFStG, ist nicht leicht zu treffen. Ich stimme dem Gesetz mit großen Bedenken zu. Eine Transferunion darf nicht ent- stehen. Wie sie aber angesichts der Zwangssituation zu vermeiden ist, bleibt abzuwarten. Aber: Es geht hier um 4110 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Deutschland und nicht darum, griechischen Schlendrian mit deutschem Steuergeld zu finanzieren. Allerdings: Chancen und Risiken unseres Vorgehens sind mangels historischer Vergleiche und Erfahrungen nur eingeschränkt abzuwägen. Im Mittelpunkt dieser für mich persönlich mit vielen Unsicherheiten behafteten Abwägung steht der mit dem griechischen Staatsbank- rott im Euro-Raum mit relativ höherer Wahrscheinlich- keit verbundene Dominoeffekt und die zu befürchtende neuerliche Vertrauenskrise. Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen: Den Versuch, eine solche Krise zu verhindern, muss man wagen. Gelingt er, geht dies ohne Belastung unserer Steuerzahler, weil dann die auf Basis unserer Garantien gewährten Kredite ver- zinst und zurückgeführt werden. Das Gelingen hängt ab vom Verhalten der Kreditge- ber, von der Einigkeit der Regierungen im Euro-Raum, von der Entschlossenheit der Griechen und der Durch- setzungsfähigkeit des IWF. Der IWF spielt meines Er- achtens eine Schlüsselrolle. Ohne ihn wäre ich in noch größerer Sorge, ob es gelingen kann, die Griechen auf den Pfad haushaltspolitischer Tugend zu führen. Hier liegen meine eigentlichen Befürchtungen, befeuert durch die Demonstrationen, Brände und Straßenschlachten in der Hellenischen Republik. Entscheidend für meine Zustimmung war auch, dass wir die Bundesregierung nicht einfach ermächtigen, Ga- rantien zu geben, sondern diese auch an den Reformfort- schritt binden. Eine Generalermächtigung kam für mich nicht infrage. Ich bin dem Bundestagspräsidenten für seinen Einsatz an dieser Stelle ausdrücklich dankbar. Europapolitik entkoppelt sich über viele Jahre von der legislativen Kontrolle und vermeidet vorsätzlich – als Handlungsfeld der Exekutive – die demokratische Rück- bindung an die Parlamente. Das habe ich insbesondere bei meiner Ablehnung des Lissabon-Vertrages bemän- gelt. Vom Bundesverfassungsgericht wurde diese Sicht- weise zwischenzeitlich bestätigt. Es möge sich jeder selbst Gedanken machen, wie viel Anteil an den jetzt of- fenkundigen Fehlentwicklungen darin zu suchen ist. Ich kann mir aber an dieser Stelle einen weiteren europapolitischen Seitenhieb nicht verkneifen: Es stimmt, die Griechen haben beim Euro-Beitritt betrogen. Die entscheidende Frage heißt aber: Wer war wirklich gutgläubig? Klar könnte man die Schuld für die Zulas- sung Griechenlands der damaligen rot-grünen Bundes- regierung zuweisen. So einfach will ich es mir aber nicht machen, auch wenn das taktische, unverantwortliche Abstimmungsverhalten der SPD am heutigen Tage dazu reizen würde. Diese Entscheidung passt nämlich in eine Reihe von europapolitischen Entscheidungen, bei denen Europa- pathos und der Blick auf das „geschichtsträchtige große Ganze“ Fakten und Realitäten verdrängten. Ich verweise ausdrücklich auf die von mir mehrfach angemerkte zu frühe Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU, die Verhandlungen mit der Türkei, die weder geogra- fisch noch kulturell zu Europa gehört. Auch der – Gott sei Dank verhinderte – aktuelle Versuch, die Beteiligung des IWF nicht zuzulassen, weil die Euro-Zone angeblich ihre Probleme eigenständig lösen müsse, passt in diese Reihe eines überhöhten Europaverständnisses. Mein Vertrauen in die Gestaltungskraft des krisenerfahrenen IWF ist jedenfalls ausgeprägter als das in den Durchset- zungswillen etlicher, wegen eigener Haushaltsdefizite befangener europäischer Regierungen. Meine Zustim- mung zu dem Gesetz wird damit auch getragen von der Hoffnung, dass wir unsere Lehren ziehen und sich un- sere Europapolitik grundlegend ändert. Es ist mir an dieser Stelle ein ausdrückliches Anlie- gen, klarzustellen, dass der Euro selbst nicht das Pro- blem ist. Problematisch ist der Umgang mit dem von Finanzminister Dr. Theo Waigel in genialer Weise ver- handelten Stabilitätspakt. Eigentlich hätte dieses Über- einkommen die Basis und nicht das Anhängsel der Euro- Einführung sein müssen, zu dem es nicht zuletzt die Re- gierung Schröder gemacht hat. Ich schäme mich dafür, dass es eine deutsche Bundesregierung, nämlich die von Gerhard Schröder, war, die damit den Anstoß für die Aufweichung des Stabilitätspaktes geliefert hat. In Kenntnis der Haushaltslagen anderer Euro-Staaten – und auch der in Deutschland – darf man nicht nur mit dem Finger auf Griechenland zeigen. Wenn es uns mit dieser Ermächtigung und der konsortialen Kreditgewäh- rung durch die übrigen Euro-Staaten tatsächlich gelingt, Vertrauen zu schaffen, haben wir Zeit gewonnen, aber nicht alles erreicht. Wenn wir den Waigel’schen Stabili- tätspakt nicht nachschärfen und durchsetzen, ist nichts gewonnen. Anfangen sollten wir hier bei uns – in Deutschland. Gisela Piltz (FDP): Dem Währungsunion-Finanz- stabilitätsgesetz stimme ich zu, weil ich die Notwendig- keit erkenne, rasche Maßnahmen zur Stabilisierung der ge- meinsamen Währung und mithin zur Sicherung auch der deutschen Wirtschaft und zum Schutz der deutschen Bürgerinnen und Bürger zu ergreifen, und davon über- zeugt bin, dass Deutschland seinen Teil hierzu beitragen muss. Zugleich stelle ich aber fest, dass die Krise der ge- meinsamen Währung aufgrund der Misswirtschaft in Griechenland und die daraus folgenden Risiken auch für die deutsche Wirtschaft und die deutschen Bürgerinnen und Bürger mindestens teilweise hätten vermieden wer- den können. Die Krisenmechanismen der EU im Bezug auf die Überschuldung ihrer Mitgliedstaaten und die Kontrolle der Einhaltung der Stabilitätskriterien durch die einzelnen Mitgliedstaaten sind offensichtlich nicht ausreichend. Es kann und darf nicht ohne Konsequenzen bleiben, dass einzelne Mitgliedstaaten auf Kosten und zulasten der übrigen Mitgliedstaaten – insbesondere auf Kosten und zulasten der Menschen, die, wie in Deutsch- land, selbst harte Einschnitte zu schultern haben und mit ihrer Arbeit und ihren Steuern die finanzielle Hand- lungsfähigkeit des Staates sicherstellen – über ihre Ver- hältnisse leben. Es kann weiterhin nicht ohne Konse- quenzen bleiben, dass einzelne Mitgliedstaaten die EU darüber täuschen, wie die finanzielle Lage des Staats- haushalts tatsächlich ist. Schließlich kann und darf es nicht ohne Konsequenzen bleiben, dass diejenigen, die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4111 (A) (C) (D)(B) durch die Gewährung von riskanten und nicht gedeckten Krediten Griechenland die immer weitere Aufnahme von Schulden ermöglicht haben, hierfür die Verantwor- tung auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abwäl- zen. Die Verantwortung der Finanzwirtschaft für die Ri- siken spekulativer Geschäfte kann und darf nicht der Staat übernehmen. Ich stimme dem Gesetz zu, weil ich erwarte, dass den Ankündigungen der Bundesregierung Taten folgen, sich auf EU-Ebene für Regularien einzusetzen, die künftig derartige Lagen erst gar nicht entstehen lassen. Ich er- warte weiterhin, dass die Finanzwirtschaft in die Pflicht genommen wird, künftig ihrer Verantwortung gerecht zu werden und nicht durch spekulative Geschäfte die Fi- nanz- und Währungsstabilität erneut zu gefährden. Michael Roth (Heringen) (SPD): Europa ist wohl endlich in der Mitte der nationalen Politik angekommen. Daran ändern auch die hilflosen Versuche von CDU/ CSU und FDP nichts, im Begleitzug des medialen Bou- levards wieder Mauern hochzuziehen und sich abzu- schotten. Wir Europäer sitzen in einem Boot. Mit dem internationalen Hilfspaket zur Stabilisierung Griechen- lands wird nicht nur Solidarität geübt. Es geht ebenso um die Stabilisierung des Euro und des europäischen Wirtschaftsraumes, von dem maßgeblich Deutschland dank seiner Exporte profitiert. Millionen Arbeitsplätze in Deutschland wären bedroht, wenn es zu einem Flä- chenbrand käme, der sich beispielsweise auf Spanien, Portugal oder gar Großbritannien ausdehnte. Die Europäische Union ist bislang daran gescheitert, entsprechende Strategien und Instrumente zur Verhinde- rung solcher Krisen zu entwickeln. Die absurden Vor- schläge aus den Reihen von CDU/CSU und FDP sind ein Zeichen von Renationalisierung und Entsolidarisie- rung: Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone oder der EU, Verkauf von Inseln etc. Die Bundeskanzlerin hat versagt, weil sie über Wochen blockiert und gezaudert hat. Das hat die Krise unnötig verschärft und Griechen- land weiter an den Abgrund getrieben. Bereits vor Mo- naten hat die griechische Regierung erste massive Spar- und Konsolidierungspakete geschnürt. Man muss sich die Ausmaße dieser Anstrengungen einmal verdeutli- chen: Hochgerechnet auf Deutschland wären von uns 100 Milliarden Euro Einsparungen jährlich zu erbringen. Wären wir dazu wirklich bereit und in der Lage, solche Einschnitte zu realisieren und unserer Bevölkerung zu- zumuten? Die Europäische Union und der IWF haben sich nun- mehr auf ein Hilfspaket verständigt. Es muss umgehend in Kraft treten und wirken. Aber es trägt wenig zur Ver- hinderung ähnlicher Krisen in der Zukunft bei. Hierzu hat die SPD eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet: Speku- lationen auf Währungen und Staaten sind einzudämmen, die internationalen Finanzmärkte sind auch durch eine entsprechende Steuer an den Kosten der Krise zu beteili- gen, eine stärkere Kontrolle und Regulierung des interna- tionalen Banken- und Finanzsystems ist überfällig. Die Staatsfinanzen müssen von den Kapitalmärkten weitge- hend entkoppelt werden. Die Euro-Zone leidet auch unter den massiven wirtschaftlichen, beschäftigungspoliti- schen und sozialen Ungleichgewichten. – Aus ideologi- schen Gründen verschließen sich CDU/CSU und FDP dieser Einsicht. Dennoch erteile ich dem Gesetzesentwurf meine Zu- stimmung. Ich bin davon überzeugt, dass er unter den obwaltenden Umständen die notwendige Antwort auf die Krise ist. Ein deutliches, auch von der deutschen So- zialdemokratie als der Europapartei getragenes Zeichen der Solidarität in Richtung Griechenland und Europäi- sche Union halte ich für zwingend. Deshalb stimme ich zu, unabhängig davon, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen europapolitisch versagt und sich zur zukünftigen Verhinderung solcher Krisen soli- darischen, gerechten und europäischen Antworten ver- weigert haben. Björn Sänger (FDP): Die Notwendigkeit der heuti- gen Abstimmung ist das Ergebnis einer Politik, die öko- nomische Notwendigkeiten vor dem Hintergrund des Ziels der europäischen Einigung ausgeblendet hat. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Maßnahmen, die er unterstützen soll, kann lediglich ein Zeitgewinn zur Reparatur des ökonomisch missglückten Maastricht- Vertrags erreicht werden. Um diesen Zeitgewinn durch eine kurzfristige Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung geht es bei dieser Abstimmung. Ginge es nur um Griechenland, stünde meine Ent- scheidung fest. Einem Partner, der von Beginn an durch Abgabe falscher Daten das Vertrauen der Mitstreiter in der Schicksalsgemeinschaft Euro missbraucht hat, der über Jahre hinweg deutlich über seine Verhältnisse ge- lebt hat, kann auch mit viel gutem Willen nicht geholfen werden. Trotz der anerkennenswerten erheblichen und für die griechische Bevölkerung schmerzhaften Konsoli- dierungsschritte der griechischen Regierung haben die Griechen zum Teil Errungenschaften, die es in Deutsch- land bei wesentlich höherer wirtschaftlicher Ertragskraft niemals gegeben hat. Das Motto „Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet“ muss nicht nur unter den Bürgern innerhalb eines Landes gelten, muss auch in der Gemeinschaft der Staaten der Europäischen Union seine Anwendung finden. Durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnah- men wird aus meiner Sicht ein Zeitgewinn von drei Jah- ren erzielt. Er ist die einzige Chance, nicht abseh- und beherrschbare Verwerfungen auf den Finanzmärkten ab- zuwenden, und bietet Griechenland die Möglichkeit, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Die Einbin- dung des IWF, der den mit den Griechen vereinbarten eingeschlagenen Konsolidierungskurs regelmäßig über- wacht und die Daten auf ihre Validität überprüft, sorgt dafür, dass das Risiko der Inanspruchnahme der im Ge- setz gewährten Bürgschaften minimiert ist. Diese Siche- rungen sind das absolute Minimum dessen, worauf der deutsche Steuerzahler einen Anspruch hat. Der durch die Hilfsmaßnahmen erwirtschaftete Zeit- gewinn muss zwingend dazu genutzt werden, die Kon- struktionsfehler des Maastricht-Vertrags zu beseitigen. Hierzu gehören Sanktionsmaßnahmen, die bei der Ver- 4112 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) letzung bestimmter Kriterien automatisch greifen. Eine den Sanktionen vorgeschaltete, politische Debatte mit Abstimmung etwa auf EU-Ebene darf es in diesen Fra- gen nicht geben. Der Verstoß gegen die vereinbarten Re- geln muss durch eine unabhängige Institution festgestellt werden, die sodann die festgelegten Sanktionen einleitet. Zu den möglichen Sanktionen muss auch ein Sonderbe- auftragter gehören, der für einen bestimmten Zeitraum in den währungsrelevanten Politikfeldern die alleinigen Befugnisse erhält. Als Ultima Ratio muss es der Staaten- gemeinschaft in der Euro-Zone möglich sein, ein Mit- glied auch auszuschließen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein hohes und wichtiges Gut. Es endet aber dort, wo das eigene jahrelange Fehlverhalten die Existenzgrundlagen anderer Völker innerhalb der Wäh- rungsunion bedroht. Im Vertrauen darauf, dass die nunmehr verbleibende Zeit genutzt wird, um den Maastricht-Vertrag so zu än- dern, dass aus der Währungsunion nicht eine dauerhafte Transferunion wird, werde ich diesem Gesetzentwurf zu- stimmen, um in der jetzigen Situation dauerhaften und nicht absehbaren Schaden von der gemeinsamen Wäh- rung Euro und der deutschen Bevölkerung kurzfristig abzuwenden. Diese Entscheidung ist kein Freibrief für eventuell anstehende ähnliche Entscheidungen in der Zukunft. Frank Schäffler (FDP): Bevor wir hier über so ei- nen wichtigen Gesetzentwurf abstimmen, mache ich von meinem Recht Gebrauch, mein Abstimmungsverhalten zu begründen: Das gemeinsame Europa hat gemeinsame Ziele, die durch gemeinsame Regeln erreicht werden sollen. Diese Regeln sollten für alle gleich sein. Sonderrechte zerstö- ren die europäische Idee. Die Stabilität des Euro ist eine tragende Säule unserer marktwirtschaftlichen Ordnung. Die Solidarität bewährt sich in der Solidität der Mit- gliedsländer des Euro-Raumes. Deshalb ist nicht der un- solidarisch, der Sonderrechte verweigert, sondern der, der zulasten anderer Regeln dauerhaft verletzt hat und damit den Euro insgesamt in Gefahr bringt. Die rechtliche Bewertung: Die Vereinbarungen vom 11. Februar, 25. März und 11. April 2010 der Staats- und Regierungschefs und der Finanzminister des Euro-Rau- mes zerstören diese Solidarität und brechen die gemein- samen Regeln. Nach Art. 125 AEUV haften weder die Union noch einzelne Mitgliedstaaten für Verbindlichkei- ten eines Mitgliedstaates und treten auch nicht für dessen Verbindlichkeiten ein. Ein Bail-out Griechenlands wi- derspricht dieser Klausel. Er widerspricht der Stabilitäts- orientierung des Euro. EU und Regierungen sind dafür da, Recht zu sichern und es nicht zu schleifen. Die ökonomische Bewertung: Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass damit die Wirtschaftsverfassung geändert wird. Mit dem Bail- out werden Verantwortung und Haftung außer Kraft ge- setzt und die Risiken sozialisiert. Nicht die Spekulanten sind das Problem, sondern der Bai-out ist das Problem. Nur durch den Bail-out lohnt es sich für Geschäftsban- ken, griechische Anleihen zu kaufen, weil diese dann wissen, dass dieses Geschäftsmodell nicht zusammen- brechen kann. Das pervertiert die marktwirtschaftliche Ordnung, und es setzt Anreize für einzelne Staaten, sich weiter zu verschulden. Das vereinbarte Sparpaket des IWF und der Euro- Zone wird Griechenland nicht helfen, da es die Ursache der Probleme Griechenlands nicht löst. Erstens. Selbst wenn das Sparpaket bis 2014 vollstän- dig umgesetzt wird, steigt die Verschuldung Griechen- lands gegenüber 2009 weiter an. Griechenland steckt in der Verschuldungsfalle. Diese wird dazu führen, dass sehr wahrscheinlich die Staatsverschulung am Ende des Hilfspaketes eher bei 130 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt liegt, als bei 115 Prozent (2009). Rund 10 Milliarden Euro des Sparpaketes sind ausdrück- lich nicht spezifizierte Kürzungen im Haushalt Grie- chenlands. Also ein Drittel des Sparpaketes liegt im Ne- bel. Zweitens. Griechenland wird nicht in der Lage sein, mit seiner Wirtschaft die Mittel zu erwirtschaften, die zur Schuldenreduzierung notwendig sind, solange Grie- chenland Mitglied der Euro-Zone ist. Notwendig wäre dafür ein Produktivitätsfortschritt der griechischen Wirt- schaft von mindestens 30 Prozent, der in dieser kurzen Zeit nicht erreicht werden kann. Beides sind die notwendigen Bedingungen, dass Grie- chenland überhaupt in die Lage versetzt wird, sich wie- der ausreichend an den Finanzmärkten zu refinanzieren. Deshalb ist die Hilfe der Einstieg in die Transferunion, der die Stabilität des Euro gefährdet und damit die kol- lektive Verantwortungslosigkeit im Euro-Raum beför- dert. Dies wird unweigerlich Einfluss auf die Geldwert- stabilität in unserem Land haben. Damit werden das Sparvermögen von Millionen Menschen und die Investi- tionsentscheidungen von Tausenden von Unternehmen infrage gestellt. Diesem Handeln kann ich im Interesse unserer Bürge- rinnen und Bürger nicht meine Zustimmung erteilen. Deshalb stimme ich gegen diesen Gesetzentwurf. Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD): Die Bundes- regierung hat durch ihr unverantwortliches Verhalten, ihre Verzögerung, ihr Taktieren und die fehlende Ein- sicht, dass Griechenland dringend unsere Hilfe braucht, unser Land international und in Europa isoliert und die Spekulationen der Finanzmärkte angeheizt. Ich halte es für völlig unzureichend, dass die Koali- tionsfraktionen nicht bereit sind, entscheidende Maßnah- men zur Vermeidung von zukünftigen Krisen des inter- nationalen Finanzsystems, daraus folgenden Krisen in der Realwirtschaft und Krisen bei den Staatshaushalten zu beschließen. Die Krise des griechischen Staatshaushalts ist eine Krise, die Bedeutung weit über die kleine griechische Volkswirtschaft hinaus hat. Abgesehen von den hausge- machten Ursachen einer nicht tragfähigen Verschuldung, einer Verschleppung von Modernisierungsprojekten und einer überhöhten Inflationsrate, war Griechenland in den Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4113 (A) (C) (D)(B) letzten Monaten Spekulationsangriffen der internationa- len Finanzakteure ausgesetzt. Wenn die Krise und die Spekulationen nicht eingedämmt werden, besteht die Gefahr, dass ein Flächenbrand entsteht und weitere Län- der in den Fokus der Hedgefonds geraten und schließlich die gesamte Währungsunion destabilisiert wird. Jeder Versuch der Länder der Euro-Zone oder der Kommission, die Spekulanten durch Hilfszusagen für Griechenland zu stoppen, wurde von der Bundesregie- rung torpediert. Durch die gebetsmühlenhaften Behaup- tungen, Griechenland müsse erst einmal seine Hausauf- gaben machen und ein Sparpaket vorlegen, wurden die Hilfen infrage gestellt und die Spekulanten geradezu ein- geladen, weiter auf einen Staatsbankrott zu wetten. Anstatt die deutsche Bevölkerung über die Fakten und die Notwendigkeit zur Hilfe aufzuklären, wurde sei- tens der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien keine Gelegenheit ausgelassen, die billigsten Ressenti- ments und Vorurteile, Falsch-und Fehlmeldungen, die in einer beispiellosen Hetzkampagne einiger deutscher Me- dien über Wochen publiziert wurden, zu bedienen und zu verstärken. Der einzige Grund war: Sie glaubten, damit in den Landtagswahlen NRW punkten zu können. Die Hinhaltetaktik der deutschen Bundesregierung hat nicht nur dazu geführt, dass für die zuletzt ausgege- benen griechischen Staatsanleihen durch Spekulationen getriebene überhöhte Zinsen bezahlt werden müssen, sondern auch dazu, dass der Hilfsmechanismus in Gang gesetzt werden musste und die daraus resultierenden Bürgschaften höher ausfallen, als sie sonst hätten ausfal- len müssen. Bis vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung den Eindruck erweckt, dass es sich bei dem Hilfspaket um direkte Zahlungen aus dem Bundeshaushalt handelt und nicht um eine Bürgschaft für Kredite, an denen die KfW und damit die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuer- zahler gut verdienen werden. Und sie hat den Eindruck erweckt, als ob nicht die griechische Regierung und das griechische Parlament weitreichende Maßnahmen ergrif- fen haben, sondern dass erst die Verweigerungshaltung der deutschen Regierung dazu geführt hat, dass über- haupt Maßnahmen ergriffen wurden. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat auch aus der Finanz- und Wirtschaftskrise keine Lehren gezogen. Sie weigert sich aus ideologischen Gründen, die Verursacher und Profiteure der Krise an den Kosten zu beteiligen. Sie weigert sich, die Finanzmärkte so zu regulieren, dass Spekulationen eingedämmt werden und vom Finanzsek- tor künftig keine Gefahren für die Realwirtschaft oder ganze Währungsräume mehr entstehen können. Es ist schwer zu ertragen, dass diejenigen, die die Finanz-und Wirtschaftskrise verursacht haben, auch jetzt wieder von der Krise, in die sie die Euro-Zone hineinmanövriert ha- ben, von den Hilfsmaßnahmen profitieren werden, weil Deutschland keinerlei ernsthafte Anstrengungen unter- nimmt, die Kapitalmärkte zu regulieren und den Finanz- sektor an den Kosten zu beteiligen. Dabei ist es höchste Zeit, dass die Bundesregierung aktiv wird, um die Finanzmärkte zu regulieren, die Finanzakteure an den durch sie verursachten Kosten zu beteiligen und für eine wirtschaftspolitische Koordinie- rung in der EU zu sorgen, damit auf Dauer Leistungs- bilanzungleichgewichte eingedämmt werden – siehe Forderungen im Entschließungsantrag der SPD. Dies ist im gesamteuropäischen und damit im deutschen Inte- resse. Ich bin darüber hinaus der Überzeugung, dass die Mitgliedstaaten der Währungsunion und Deutschland dringend gefordert sind, der griechischen Regierung jetzt mit dem vereinbarten Hilfspaket zur Seite zu ste- hen. Die Bundesregierung hat aus meiner Sicht mit ihrer über viele Wochen wahltaktisch bedingt zögerlichen und widersprüchlichen Haltung massiv die bereits verab- schiedeten tiefgreifenden Sparmaßnahmen der griechi- schen Regierung gefährdet. Sie hat es zugelassen, dass der Euro immer stärker unter Druck gerät. Damit wird der Wohlstand der gesamten Währungsunion und damit auch Deutschlands in Gefahr gebracht. Jüngste Herab- stufungen Griechenlands, Portugals und Spaniens durch Ratingagenturen zeigen die Dramatik der Situation auf. Hilfe ist nötig, damit diese Entwicklungen gestoppt wer- den. Die von Giorgos Papandreou geführte sozialdemokra- tische Regierung in Athen hat im vergangenen Oktober von den Konservativen eine noch nie dagewesene Staatsverschuldung übernommen und das tatsächliche griechische Haushaltsdefizit veröffentlicht. Papandreou hat dadurch die politische Verantwortung für die Miss- stände der vergangenen Jahrzehnte übernommen. Seit- dem befindet sich das Land in einem Rennen gegen die Zeit und gegen die Spekulation. Die griechische Regie- rung hat in kürzester Zeit eine ganze Serie von Gesetzen mit drastischen Maßnahmen verabschiedet, um die Staatsverschuldung zu verringern. Diese Reformen wer- den tiefgreifende Auswirkungen auf die Menschen in Griechenland haben. Griechenland benötigt jetzt drin- gend die Unterstützung der EU-Staaten. Mit meiner Zu- stimmung zum Gesetz möchte ich ein Zeichen der Soli- darität mit dem griechischen Volk setzen. Dr. Hermann Otto Solms (FDP): Erstens. Ange- sichts der Situation in Griechenland muss festgestellt werden, dass der Europäische Stabilitäts- und Wachs- tumspakt nicht in der Lage war, die in ihn gesetzten Er- wartungen zu erfüllen. Der Versuch, die Mitgliedstaaten auf eine nachhaltige Finanzpolitik zu verpflichten, ist gescheitert. Die griechische Haushalts- und Finanzpoli- tik hat die europäischen Stabilitätserfordernisse nicht er- füllt. Überdies hat das Land nach wie vor große Struk- turprobleme. Diese Umstände waren den zuständigen Institutionen seit langem bekannt, ohne dass daraus an- gemessene Konsequenzen gezogen worden wären. Spä- testens als infolge der Finanzkrise die Märkte auf die sich verschlechternde Zahlungsfähigkeit Griechenlands reagierten, wäre es höchste Zeit gewesen, dem Stabili- täts- und Wachstumspakt nachdrücklich Geltung zu ver- schaffen und die unumgänglichen strukturellen Anpas- sungsmaßnahmen zur Konsolidierung der griechischen Staatsfinanzen zu ergreifen. Es ist meine persönliche Überzeugung, dass ein Strukturanpassungsprogramm 4114 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) und eine Umschuldung mithilfe des IWF – so wie es Griechenland in der Vergangenheit vor dem Beitritt zur Euro-Zone mehrfach gemacht hat – bereits damals gebo- ten war. Das hätte das Vertrauen der Märkte wieder her- gestellt. Aber weder die europäischen Institutionen noch die damalige schwarz-rote Bundesregierung haben auf die Situation in Griechenland angemessen reagiert. Eine Umschuldung hätte im Übrigen die Anleger, wie zum Beispiel Banken und Versicherungen, die in griechische Staatsanleihen investiert haben, automatisch mit in die Haftung genommen. Dieser Weg ist jetzt versperrt. Durch Untätigkeit ist nun eine Lage entstanden, aus der sich Griechenland aus eigener Kraft nicht mehr befreien und in der eine Umschuldungsvereinbarung die kurzfris- tige krisenhafte Zuspitzung nicht mehr verhindern kann. Zweitens. Mit den heute zu beschließenden Bürg- schaften kaufen wir für die nächsten drei Jahre eine Frist, um den drohenden Zahlungsausfall Griechenlands abzuwenden. Das Problem ist damit nicht gelöst. Aber wir gewinnen Zeit, um einen Lösungsweg zu eröffnen. Griechenland muss dieses Zeitfenster nutzen, um die mit dem IWF und der Europäischen Kommission im Auftrag der Mitgliedstaaten unter Mitwirkung der Europäischen Zentralbank vereinbarten Auflagen zu erfüllen. Nur so kann das verloren gegangene Vertrauen der Märkte wie- der hergestellt werden. Drittens. Die Finanzhilfen durch IWF und Währungs- union setzen den Druck der Märkte auf die griechischen Finanzierungsbedingungen vorübergehend außer Kraft. Das darf nicht zu einem Präzedenzfall für die Zukunft werden, sondern muss eine einmalige Notfallaktion blei- ben. Wir müssen mit aller Kraft verhindern, dass es innerhalb der Euro-Zone zu einer Finanzausgleichs- automatik kommt. Deshalb ist ein europäischer Wäh- rungsfonds abzulehnen. Wir wollen keine Transferunion, die die schädlichen Wirkungen des deutschen Länder- finanzausgleichs auf europäische Dimensionen über- trägt. Damit würden die Steuerzahler der stabilitätsorien- tierten Länder zur Kasse gebeten und müssten für den Schlendrian und die Schulden der übrigen Länder auf- kommen. Es ist Aufgabe der Bundesregierung, die deut- schen Steuerzahler vor einem solchen Mechanismus zu schützen. Viertens. Die Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist durch die unsolide Finanzpolitik Griechenlands und anderer Unionsstaaten massiv er- schüttert worden. Dem hat die rot-grüne Bundesregie- rung durch die Aufweichung der Stabilitätskriterien im Frühjahr 2005 Vorschub geleistet. Schon der Aufnahme Griechenlands in den Währungsverbund hätte der dama- lige Bundeskanzler Schröder widersprechen müssen. Europa als Ganzes muss jetzt den Stabilitäts- und Wachstumspakt von Grund auf erneuern. Er wurde ur- sprünglich nur als Präventionsinstrument konzipiert. Er sollte verhindern, dass es überhaupt zu einer solchen Si- tuation kommt. Die Krise in Griechenland hat offenbart, dass es nicht ausreicht, allein auf Prävention zu setzen. Neben einer verbesserten Prävention braucht die Euro- päische Währungsunion neue Instrumente, die im Kri- senfall stabilisieren, Sanktionen auslösen und gegebe- nenfalls ein geregeltes Verfahren zur Umschuldung in Gang setzen. Nur durch eine glaubwürdige No-bail-out- Androhung können die einzelnen Staaten zu einer seriö- sen und soliden Haushalts- und Finanzpolitik gezwun- gen werden, weil sie dann nicht mehr mit Hilfsaktionen der Partnerländer rechnen können. Fünftens. Der von CDU/CSU und FDP vorgelegte Entschließungsantrag macht in beide Richtungen kon- krete Verhandlungsvorschläge. Außerdem erhöht er grundsätzlich die Hürden für den Beitritt weiterer Län- der in die Währungsunion. Insgesamt halte ich die im Entschließungsantrag genannten Maßnahmen für eine geeignete Verhandlungsgrundlage, endlich einen funk- tionsfähigen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu verein- baren. Die konkrete Ausgestaltung muss allerdings erst zwischen den europäischen Partnern verhandelt und be- schlossen werden. Das ist noch ein langer Weg. Sechstens. Der vorliegende Gesetzentwurf leistet kei- nen Beitrag zur Lösung der ursächlichen Probleme, son- dern verschafft Griechenland lediglich einen zeitlichen Aufschub und eröffnet Handlungsspielräume. Das Hilfs- paket für Griechenland ist ein Wechsel auf die Zukunft, der große Hoffnungen und Vertrauen in das Handeln der griechischen Regierung und Bevölkerung setzt. Ob die- ser Aufschub genutzt wird, die zugrunde liegenden Pro- bleme anzugehen, wird erst die Zukunft erweisen. Ich stimme dem Gesetzentwurf in Verbindung mit dem Entschließungsantrag trotz der oben genannten Be- denken zu, weil dadurch die Chance eröffnet wird, end- lich einen glaubwürdigen und tragfähigen Stabilitäts- und Wachstumspakt auf den Weg zu bringen und die in der Vergangenheit begangenen Fehler für die Zukunft auszuschließen. Torsten Staffeldt (FDP): Ich erkläre, dass ich trotz schwerer Bedenken dem oben genannten Gesetzentwurf zustimme. Meine Bedenken resultieren aus meiner persönlichen Einschätzung der mit der Ausführung dieses Gesetzes verbundenen Risiken. Der hoffentlich nicht eintretende Fall der Inanspruchnahme der Garantie – Bürgschaft – durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, für die Finanzierung der griechischen Staatsschulden verursacht eine Belastung der deutschen Steuerzahler von mindes- tens 22,4 Milliarden Euro. Dies entspricht nach meiner überschlägigen Berechnung dem Aufkommen aus der Einkommensteuer von drei Monaten, bezogen auf alle deutschen steuerpflichtig arbeitenden Menschen. Das heißt, im schlimmsten Falle – der Inanspruchnahme der Bürgschaft – müssen die Deutschen ein Vierteljahr ar- beiten, um Griechenland zu helfen. Des Weiteren bezweifele ich, dass die griechische Re- gierung das nötige Durchhaltevermögen besitzt, die not- wendigen Einsparungen konsequent umzusetzen. Ge- rade als Abgeordneter aus einem Haushaltsnotlageland weiß ich, dass die Verlagerung der Schulden auf andere nicht unbedingt zu den Verhaltensänderungen führt, die notwendig sind, um dauerhaft eine Krise zu bewältigen und aus ihr die richtigen Lehren zu ziehen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4115 (A) (C) (D)(B) Schließlich halte ich es für falsch, dass durch diesen Schritt die Tür für einen gravierenden Wechsel der Ziele der Europäischen Union geöffnet wird. Die EU wurde ursprünglich als Wirtschaftsunion mit dem Ziel gegrün- det, durch den freien Handel ein Zusammenwachsen der Europäer und damit dauerhaften Frieden in Europa zu erreichen. Durch diesen – ersten – Schritt wandelt sich die EU von einer Friedens- und Wirtschaftsunion mit gemeinsamer Währung für einige Länder zu einer Trans- ferunion. Dies kann und darf nicht das Ziel sein, da die daraus resultierenden Begehrlichkeiten zu einer dauer- haften Fehlorientierung verleiten. Diejenigen, die versu- chen, sich an die Maastricht-Kriterien zu halten, werden für ihre Anstrengungen bestraft, indem sie diejenigen finanzieren, die diese Kriterien nicht einhalten können oder wollen. Das ist nicht hinnehmbar. Stephan Stracke (CDU/CSU): Griechenland ist fak- tisch bankrott. Eine Refinanzierung ist an den Finanz- märkten derzeit nicht möglich. Ursächlich hierfür ist ne- ben einer aktuellen Spekulationswelle vor allem die langjährige unverantwortliche Schuldenpolitik Grie- chenlands über seine Verhältnisse. Mit den deutschen Notkrediten für Griechenland mu- ten wir unserer Bevölkerung viel zu; denn in letzter Konsequenz ist es der deutsche Steuerzahler, der für die falsche Finanz- und Wirtschaftspolitik Griechenlands einsteht. Eine Transferunion darf nicht entstehen. Ein Automatismus, dass ein notleidender Staat in der Euro- Zone jederzeit auf die Unterstützung der anderen Mit- gliedstaaten zählen kann, wäre fatal und im Grunde nicht verantwortbar finanzierbar. Deshalb kann die Unterstüt- zung für Griechenland nur das sein, was sie ist: ein Aus- nahmefall. Meine Entscheidung, dem Währungsunion-Finanz- stabilisierungsgesetz zuzustimmen, ist das Ergebnis ei- ner Abwägung. Historische Vergleiche und Erfahrungen im Umgang mit einem Staatsbankrott in der Euro-Zone bestehen nicht. Daher sind Chancen und Risiken nur ein- geschränkt abzuwägen und eine Prognose nur schwer zu treffen. Im Mittelpunkt meiner für mich persönlich mit vielen Unwägbarkeiten behafteten Abwägung steht die Überlegung, dass eine Insolvenz Griechenlands mit rela- tiv höherer Wahrscheinlichkeit einen Flächenbrand auf andere notleidende Staaten in der Euro-Zone und eine neuerliche Vertrauenskrise auslösen würde. Die Auswir- kungen auf Deutschland wären bei Weitem gravierender. Daher bin ich persönlich zu dem Schluss gekommen: Den Versuch, eine solche Krise zu verhindern, muss man wagen. Das Gelingen hängt maßgeblich von der Entschlos- senheit der Griechen, der Durchsetzungsfähigkeit des IWF, von der Geschlossenheit der Regierungen im Euro- Raum und vom Verhalten der Kreditgeber ab. Dabei kommt es vornehmlich auf die Griechen selbst an. Deren bisheriges Verhalten schürt bei mir ein tiefsitzendes Misstrauen, dass sie wirklich auf breiter gesellschaftli- cher Basis willens sind, das wirtschafts- und finanzpoli- tisch Notwendige dauerhaft zu leisten. Daher kommt meines Erachtens dem IWF eine Schlüsselrolle zu. Er hat die Erfahrung und die Gestaltungskraft im Umgang mit notleidenden Staaten. Ohne ihn wäre ich in noch größerer Sorge, dass die Nothilfe gelingen kann. Jeden- falls ist mein Vertrauen in die Durchsetzungskraft des IWF größer als in die etlicher Regierungen in der Euro- Zone, die mit nicht unerheblichen eigenen Haushalts- defiziten beschwert sind. Daher ist es gut und richtig, dass der IWF nach anfänglichem Zögern so mancher maßgeblich beteiligt ist. Richtig und für meine Zustimmung unabdingbar ist auch, dass die Bundesregierung nicht einfach ermächtigt wird, Garantien zu geben, sondern dass der Reformfort- schritt Geschäftsgrundlage für deren Handeln ist. Eine solche Bindung hat vor allem mit dem Selbstverständnis des Deutschen Bundestages selbst zu tun. Daher be- danke ich mich ausdrücklich beim Bundestagspräsiden- ten für seinen Einsatz an dieser Stelle. Wenn es uns durch die konditionale Kreditgewährung gelingt, Vertrauen zu schaffen, haben wir Zeit gewon- nen. Diese gilt es unverzüglich zu nutzen. Wir müssen den von Finanzminister Dr. Theo Waigel verhandelten und von der Regierung Schröder maßgeblich aufge- weichten Stabilitätspakt nachschärfen sowie passgenaue Instrumente zu dessen Durchsetzung hinzufügen. Und wir müssen – zumindest mittelfristig – auch denjenigen einen Teil der Last aufbürden, die mit Staatsanleihen notleidender Staaten viel Geld verdient haben. Nur so lässt sich das Verantwortungsbewusstsein der Finanz- investoren schärfen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen stimme ich nicht zu. Ich stimme mit Enthaltung. Die Ge- währung von Garantien für Kredite der staatlichen KfW- Bank an Griechenland halte ich grundsätzlich für richtig und notwendig – auch in der im Gesetzentwurf vorgese- henen Höhe. Falsch und nicht zu verantworten ist aber, dass die Kredite aus Steuermitteln den privaten Groß- banken zugutekommen. Deren Risiken werden über- nommen und Renditen sowie Spekulationsgewinne ga- rantiert. Also Kredite für die griechische Bevölkerung: Ja. Für die großen privaten Gläubiger: Nein. Dies mache ich durch meine Enthaltung deutlich. Kredite und Garantien in Milliardenhöhe aus Steuer- mitteln dürfen nur gegeben werden, wenn die privaten Großbanken zur Kasse gebeten und an der Bezahlung der Hilfen echt beteiligt werden. Dazu muss die Bundes- regierung die Initiative ergreifen, um den Bankensektor zu regulieren und eine Finanztransaktionsteuer einzufüh- ren. Auch für mich ist das Bekenntnis zur Europäischen Union und zum Prinzip der innereuropäischen Solidari- tät zentral wichtig Auch ich halte es für notwendig, dass die EU-Länder sich gegenseitig helfen, wenn ein Land in Not gerät, und auch ich will der Bevölkerung Griechen- lands in der jetzigen Notsituation beistehen. Staatlich ga- rantierte deutsche Kredite können ein Mittel sein, um der Finanznot Griechenlands entgegenzuwirken, und gerade den sozial Schwachen helfen. 4116 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Aber Hilfen aus Mitteln der deutschen Steuerzahler müssen verantwortbar sein. Das sind sie nicht, wenn diese wieder den privaten Großbanken zufließen. Die staatlichen Kredite dürfen deshalb nur an Griechenland geben werden, wenn sie im Rang vor den Krediten der Großbanken und privaten Gläubiger bedient werden. Alle staatlichen Kredite nebst Zinsen müssen also zu- rückgezahlt sein, bevor die privaten Gläubiger Geld er- halten. Die bisherigen Großgläubiger, also die Banken, tragen so nur weiter das Risiko, das sie bei Hingabe der Kredite an Griechenland eingegangen sind. Sie lassen sich das erhöhte Risiko ja auch durch hohe Zinsen be- zahlen. Ohne die staatlichen Krediten hätten die bisheri- gen privaten Großgläubiger das eingesetzte Kapital jetzt ganz oder zum großen Teil verloren, da Griechenland die Kredite aus eigenen Kraft nicht mehr zurückzahlen kann. Durch die internationalen staatlichen Kredithilfen und die Garantien werden die Kapitaleinlagen der Groß- banken und sogar deren hohe Rendite gerettet. Da ist es recht und billig, wenn diese das höhere Risiko tragen und vielleicht nicht alle Zinsen und alles Kapital zurück- erhalten. Die Kredite und Garantien aus Steuermitteln müssen auch ordnungsgemäß in den Bundeshaushalt aufgenom- men werden. Der Deutsche Bundestag ist nicht nur über die Entwicklung des Kreditgeschäfts laufend zu unter- richten. Ohne seine Zustimmung, dürfen die Kredite nicht gewährt werden. Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf stimme ich nur mit Bedenken zu. Die europarechtliche Zulässigkeit ist Zweifeln ausge- setzt. Art. 125 AEUV soll die Eigenverantwortung eines einzelnen Mitgliedstaates für seine Staatsverschuldung sichern. Die formale Freiwilligkeit von formal bilatera- len Krediten aller anderen Mitgliedstaaten widerspricht dieser Grundidee des Vertrages von Maastricht – zumal wenn höhere Refinanzierungskosten einzelner Mitglied- staaten zwangssolidarisch von den übrigen zu tragen sind. Die währungspolitische Wirksamkeit ist nicht so si- cher, wie dies angesichts der hohen Garantierisiken für den Bundeshaushalt wünschenswert wäre. Das Ver- trauen der Märkte auf eine Wiederherstellung der Wett- bewerbsfähigkeit Griechenlands und die langfristige Be- wältigung von dessen immenser Schuldenlast ist schwach. Manches spricht für weitere Hilfenotwendig- keiten gegenüber Griechenland und weiteren Staaten der Euro-Zone, was letztlich auch Deutschland angesichts des eigenen Konsolidierungsbedarfs überfordern dürfte. Andererseits muss ich das Urteil der Bundeskanzle- rin, des Bundesfinanzministers und meines Fraktions- vorsitzenden berücksichtigen, die mit Recht auf das ein- hellige Votum zugunsten der jetzt in der Euro-Gruppe geplanten Maßnahme von IWF, EZB und Bundesbank verweisen. Auf deren Urteil und dasjenige der in den Bundestagsausschüssen angehörten Fachleute, die eine Umschuldung wegen unabsehbarer Folgen auf die Stabi- lität des Euro insgesamt ablehnen, vertraue ich. Die in den Gesetzestext aufgenommenen Hinweise auf die quartalsweisen Kontrollen sowie der von mir vollumfänglich begrüßte Text und Inhalt das Entschlie- ßungsantrages ermöglichen mir die Zustimmung. Marco Wanderwitz (CDU/CSU): Nach den parla- mentarischen Beratungen, insbesondere der Anhörung, bin ich zum Schluss gekommen, dass die Zahlungsunfä- higkeit Griechenlands, ein Staatsbankrott, die europäi- sche Währungsunion in höchste Not bringen, eine neuer- liche internationale Bankenkrise auslösen und für andere ebenfalls höher verschuldete Länder weitere Schwierig- keiten bei der Refinanzierung mit möglichen weiteren Folgen bedeuten würde. Eine kaum mehr vorhersehbare und steuerbare Kettenreaktion würde ausgelöst werden. Diese würde Deutschland als Euro-Land und Land, das seinen Wohlstand massiv auf Exporten gerade in den umgebenden Euro-Raum begründet, empfindlich und für alle Bürger spürbar treffen. Dies zu verhindern, stimme ich dem vorliegenden Gesetzentwurf, dem deutschen Beitrag der Hilfe der Euro-Staaten und des Internationa- len Währungsfonds, als Ultima Ratio, als letztes Mittel, zu. Es ist von einer Reihe schlechter Varianten nach mei- ner Überzeugung die beste. Ein früheres Eintreten, das vor allem die Bundes- regierung in Europa verhindert hat, wäre entgegen den Äußerungen der Opposition nicht billiger und besser, sondern teurer und schlechter gewesen. Die wichtige Einbeziehung des IWF und damit der Weltgemeinschaft und das Aufzwingen nötiger harter Sparmaßnahmen ge- genüber Griechenland, das Gewinnen von Akzeptanz für das Bestehen von Fehlentwicklungen in der griechischen Bevölkerung, waren nur so überhaupt erst möglich. An- dere Euro-Länder wollten schneller unbedingter eintre- ten – das wäre falsch gewesen und teurer geworden. Dass die Kopplung der in Tranchen auszureichenden Hilfen anders als noch im Entwurf nun im Gesetz an die Bedingungen der Einigung zwischen Griechenland und den Hilfsgebern gebunden und tranchiert ist, war mir sehr wichtig, zeigte es doch, dass es keinen Freifahrt- schein gibt, sondern Griechenland sich redlich halten muss, will es diesen Weg gehen. Durch gefälschte Statistiken hat die politische Elite Griechenlands lange Jahre bewusst die europäischen Partner getäuscht und sich den Zugang zum Euro-Raum erschlichen. Die Griechen insgesamt haben seit Länge- rem über ihre Verhältnisse gelebt; die Defizite sind nicht durch Spekulanten entstanden oder vom Himmel gefallen. Eine drastische Verringerung des griechischen Haushalts- defizits ist daher unumgängliche Voraussetzung für Hilfe. Das nochmals nachgebesserte griechische Sparprogramm geht in die richtige Richtung. Unbedingte Transparenz und absolute Kontrolle der Einhaltung sind vereinbart und zwingend. Die No-bail-out-Klausel in Art. 125 der Europäischen Verträge als Haftungsausschluss stellt klar, dass ein Euro-Teilnehmerland nicht für Verbindlichkeiten und Schulden anderer Teilnehmerländer aufkommen muss. Diese Klausel soll gewährleisten, dass für die Rückzah- lung öffentlicher Schulden die jeweiligen Staaten selbst Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4117 (A) (C) (D)(B) verantwortlich bleiben. Die Übertragung von Risiken in- folge einer nicht tragfähigen Haushaltspolitik einzelner Staaten auf die Partnerländer soll damit vermieden wer- den. Das ist richtig, war eine der Grundvoraussetzungen für den Beitritt Deutschlands zur Währungsunion. Die abgestimmten freiwilligen Hilfen der Euro-Länder un- terfallen diesem Szenario nicht, da sie nur Kredite und keine Schuldenübernahme sind. Das Instrumentarium der Währungsunion, das offen- sichtlich nicht ausreicht, für die Zukunft zu schärfen und Lücken zu schließen bzw. bei faktisch unpraktikablen Regelungen nachzusteuern, ist absolut unumgänglich. Mehr Transparenz, frühere Eingriffs- und härtere Sank- tionsmöglichkeiten und -automatismen, die politisch nicht einfach abdingbar sind, sind erforderlich. Was nun hier gerade passiert, widerspricht dem Geist des Euro und darf sich nie wiederholen, soll der Euro, der wenn er stark und hart ist, allen Euro-Ländern weit überwiegend Vorteile bringt, bestehen. Dass Griechenland 2000 unreif in den Euro-Raum eingelassen wurde, hat die damalige rot-grüne Bundesre- gierung ebenso zu verantworten wie die Schwächung des europäischen Stabilitätspakts in ihrer Regierungs- zeit, ja auf ihr Betreiben in Europa, um national in die Schuldenmacherei ausweichen zu können. Beides war falsch, vor beidem haben CDU und CSU damals ge- warnt. Das derzeitige Verhalten von SPD und Grünen ist im Lichte dessen an Heuchelei kaum zu übertreffen. Unverantwortlichen Spekulanten, die auch in dieser Krise Treiber waren, müssen wir das Handwerk legen. Der zum Gesetz vorgelegte Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zeigt hierzu die richtigen, notwen- digen Maßnahmen auf. Die allermeisten bedürfen euro- päischer Lösungen oder solcher der Staatengemein- schaft. Wir müssen größte Anstrengungen unternehmen, diese schnellstens zu erreichen. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Erstens. Bereits in der letzten Februarwoche habe ich in der Fraktion dar- gelegt, dass ich die europäischen Strukturen für völlig ungeeignet halte, der Überschuldungssituation und mög- lichen Zahlungsunfähigkeit Griechenlands Herr zu wer- den. Mit dieser Aufgabe ist der Internationale Wäh- rungsfonds, IWF, betraut, nicht die Europäische Union. Ich bin sehr froh, dass der IWF jetzt zumindest im Spiel ist, aber der Anteil des IWF beträgt hierbei nur etwa 25 Prozent; die Mitgliedstaaten des Euro-Raumes tragen nahezu 75 Prozent des Risikos. In realen Zahlen bedeu- tet dies für den IWF ein Risiko von 30 Milliarden Euro, für die Mitglieder der Euro-Gruppe 80 Milliarden Euro. Zweitens. Griechenland hat in den vergangenen Wo- chen ein beispielloses Sanierungsprogramm beschlos- sen, um den Weg für die Kredithilfen vom IWF und aus dem Euro-Raum zu bereiten. Übertragen auf Deutsch- land würde dieses Sparprogramm bedeuten, dass wir bis 2014 rund 60 Milliarden Euro an Ausgabenabsenkungen bzw. Einnahmesteigerungen jährlich in den öffentlichen Haushalten erzielen müssten. Ich honoriere den guten Willen der griechischen Regierung, sage jedoch gleich- zeitig, dass ich sehr skeptisch gegenüber den Erfolgsaus- sichten bin. Die derzeitigen Proteste und Streiks in Grie- chenland, bei denen am Mittwoch drei Tote zu beklagen waren, machen schon jetzt deutlich, dass die politische Durchsetzbarkeit des Sanierungsprogramms nicht zu er- warten ist. Drittens. Der Weg ist auch ökonomisch falsch. Man wirft dem schlechten Geld kein gutes hinterher. Ohne Schuldenmoratorium und Teilverzicht auf Forderungen wird die Sanierung der griechischen Staatsfinanzen nicht gelingen. Nur so kann auch gewährleistet werden, dass Gläubiger, die für ihre vermeintliche Risikobereitschaft ordentliche Zinsen einstreichen, nun auch tatsächlich bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Beitrag leisten. Unweigerlich wird der Garantiefall eintreten; und der Garantiefall bedeutet, dass der deutsche Steuerzahler für die griechische Überschuldungspolitik aufkommen muss. Viertens. Es ist auch im griechischen Interesse, eine geregelte Umschuldung und einen befristeten Ausstieg aus dem Euro-Raum als Lösung anzustreben. Nur so hat Griechenland die Chance, durch autonome währungs- politische Entscheidungen (Abwertung) die Außenbilanz zu verbessern und wieder an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Es gibt also Alternativen zum vorgeschlage- nen Vorgehen. Wir können in der derzeitigen Situation der deutschen Staatsfinanzen dem Steuerzahler keine weiteren Belastungen in diesem Ausmaß zumuten, ohne die Einhaltung der gerade in das Grundgesetz aufgenom- menen Schuldenbremse zu gefährden. Fünftens. Nun soll durch Veränderung der europäi- schen Verträge erreicht werden, dass Defizitsünder unter den Euro-Ländern durch Stimmrechtsentzug und Aus- schluss aus der Währungsunion bestraft werden können. Wer sich des langen Verfahrens für die endgültige Ratifi- zierung des heute gültigen Vertrages von Lissabon erin- nert, wird zumindest einräumen, dass dies ein unabseh- bar langer Weg sein wird, mit vielfältigen Risiken des Scheiterns (alle 27 Staaten müssen nach ihren Regeln zustimmen, unter anderem Volksabstimmungserforder- nis in mehreren Mitgliedsländern der EU). Weiterhin möchte man die Defizitsünder zukünftig in ihrem Haushaltsgebaren kontrollieren. Dazu möchte ich nur anmerken, dass wir als Deutscher Bundestag uns verbitten würden, dass die EU-Kommission in unser Budgetrecht eingreift. Wie können wir realistischerweise von den nationalen Parlamenten der Defizitsünder er- warten, dass diese sich das gefallen lassen, wenn sie es mit einem einfachen Nein verhindern können? Viviane Reding, Vizepräsidentin der EU-Kommis- sion, lehnt die deutschen Forderungen nach einer Ände- rung der Verträge entschieden ab; Christine Lagarde, französische Wirtschaftsministerin, meint, wir Deut- schen müssten mehr für die Binnennachfrage im Euro- Raum tun. Der Euro-Raum wird so umgebaut zum dau- erhaften Sozialtransferraum. Das ist das Gegenteil von unserer Überzeugung, dass Leistung sich lohnen muss. Dem kann ich mich nicht an- schließen. Sechstens. Die europäische Einigung ist eine großar- tige Leistung der Politik im Europa der Zeit nach dem 4118 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Zweiten Weltkrieg. Die Währungsunion ist politisches Symbol der höchsten Ausprägungsstufe dieses Prozes- ses. Für uns Deutsche war es wichtig, die Erfolgsge- schichte der Deutschen Bundesbank durch die Unabhän- gigkeit der Europäischen Zentralbank auf den gesamten Euro-Raum zu übertragen. Durch Errichtung des Stabili- tätspaktes hofften wir, Vorsorge dafür zu treffen, den ge- samten Euroraum auf das Ziel der nachhaltigen Haus- haltspolitik und der Preiswertstabilität zu verpflichten. In den europäischen Verträgen ist hierzu festgelegt, dass im Euro-Raum kein Staat für die Schulden des anderen aufkommen muss, ja nicht einmal darf, Bail-out-Verbot. Dies ist der Kern des Vertrauens in den Euro angesichts der sehr unterschiedlichen Volkswirtschaften in diesem gemeinsamen Währungsraum. Die vorgesehene Hilfe für Griechenland verstößt offenbar gegen die Buchstaben, in jedem Falle aber gegen den Geist der gültigen europäi- schen Verträge. So wird die langfristige Stabilität des Euro nicht gesichert, sondern gefährdet. Deshalb kann und will ich diesen Weg nicht mitge- hen. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Bundestag stimmt heute über ein Gesetz ab, mit dem Deutschland bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, für insgesamt 22,4 Milliarden Euro bürgt. Mit die- sem Geld soll Griechenland in den nächsten drei Jahren geholfen werden, um den Staatsbankrott abzuwehren. Als überzeugte Europäerin ist diese Hilfe für mich notwendig und alternativlos. Die europäische Solidarität gebietet es, Partnern zu helfen, wenn sie in Not sind – selbst wenn sie zuvor unsolidarisch waren, schlecht ge- wirtschaftet haben und Statistiken geschönt wurden. Griechenlands – zum großen Teil selbst verschuldete – Not ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite sind Finanzmärkte, die bereits mitten in der letzten Banken- krise wieder mit Spekulationen begonnen haben. Nach wie vor – und trotz der schon entstandenen Milliar- denschäden – ist der internationale Finanzmarkt weitest- gehend nicht reguliert. Die Schärfe der griechischen Krise hat durch die internationale Finanzmarktspekula- tion zugenommen. Als Europäerinnen und Europäer müssen wir uns dem entgegenstellen: Unsere Idee von einem gemeinsamen Kontinent mit gemeinsamer Währung wird von Spekulan- ten bedroht. Die Verbindung der Hilfe für Griechenland mit einem Paket von Maßnahmen, um die Finanzmärkte neu zu ordnen, ist deswegen zwingend notwendig. Wenn die Politik hier nicht ordnend eingreift, sind die nächsten Kredite für strauchelnde Volkswirtschaften absehbar. Als Mitglied im parlamentarischen Beirat für nach- haltige Entwicklung fühle ich mich in besonderer Ver- antwortung gegenüber nachfolgenden Generationen. Dem wäre der Bundestag nur gerecht geworden, wenn durch einen interfraktionellen Entschließungsantrag der Start in die wirksame Bankenregulierung erfolgt wäre. Dies ist leider nicht gelungen und enttäuschend für das ganze Haus. Unserer Verantwortung gegenüber den Bür- gerinnen und Bürgern Deutschlands und Europas wer- den wir damit nicht gerecht. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrich Lange und Albert Rupprecht (Weiden) (beide CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleis- tungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungs- fähigkeit der Hellenischen Republik (Wäh- rungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Die Entscheidung über das Währungsunion-Finanz- stabilitätsgesetz habe ich trotz großer Bedenken getrof- fen. Die Lage der griechischen Staatsfinanzen und ihre Auswirkungen auf Währungsstabilität, Wachstumsaus- sichten und Arbeitsplätze im ganzen Euro-Raum erfüllen mich mit tiefer Sorge. Die absichtlich falschen Daten Griechenlands vor der Aufnahme in die Euro-Gruppe, viele Entscheidungen griechischer Regierungen seitdem und die andauernde Verschleierung und Beschönigung der Schwierigkeiten in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und Staatsfinanzen haben ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber der grie- chischen Politik geschürt, das auch jetzt noch Zweifel am Willen Griechenlands weckt, Kredite zurückzuzah- len. Zusätzlich muss in Zukunft bei der Aufnahme wei- terer Staaten in die EU die finanzielle Basis genauer geprüft werden und bei Nichteinhaltung der Stabilitäts- kriterien auch eine Ablehnung ausgesprochen werden. Dennoch komme ich nach Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass die mit dem Währungsunion- Finanzstabilitätsgesetz möglicherweise verbundenen Folgen eher zu verantworten sind als ein Nichthandeln und ein griechischer Staatsbankrott. Die Gefahr für die Stabilität unserer Währung, die Gefahr für Aufschwung und Arbeitsplätze in Deutschland durch einen Staats- bankrott Griechenlands bedrohen die Bürger Deutsch- lands unmittelbarer und härter. Bei meiner Entscheidung, meine Bedenken zurückzu- stellen, habe ich mich von folgenden Überlegungen lei- ten lassen: Die Nothilfe für Griechenland ist ein absoluter Aus- nahmefall. Aus der Europäischen Union darf und wird keine Transferunion werden. Die Bundesregierung wird alles daransetzen, zu einer Stärkung der Kontroll- und Eingriffsbefugnisse der Eu- ropäischen Union gegenüber Mitgliedstaaten zu kom- men, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. Die Bundesregierung wird alles daransetzen, im Eu- ropäischen Stabilitätspakt schärfere, nach verbindlich beschriebenen Kriterien eintretende und damit von poli- tischen Rücksichtnahmen unabhängigere Sanktionen zur Ahndung von Verstößen zu verankern. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4119 (A) (C) (D)(B) Das Sanierungsprogramm der Regierung Griechen- lands wird vom IWF und den europäischen Institutionen strikt überwacht. Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag laufend über die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. Künftigen Krisen wird wirksamer als in der Vergan- genheit vorgebeugt: durch strengere Regeln für Finanz- institutionen und Finanzmärkte, die derzeit erarbeitetet und in den nächsten Monaten in Deutschland, Europa und möglichst weltweit in Kraft gesetzt werden, und durch Reformen, die dem Europäischen Stabilitätspakt mehr Biss geben. In Europa werden Instrumente für eine geordnete Staatsinsolvenz überschuldeter Staaten entwickelt. Das Restrukturierungs- und Insolvenzsystem wird eine syste- mische Risiken vermeidende Heranziehung der Gläubi- ger entsprechend der von ihnen eingegangenen Risiken sicherstellen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lisa Paus, Monika Lazar und Uwe Kekeritz (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Fi- nanzstabilität in der Währungsunion erforder- lichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Re- publik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Für uns als engagierte und überzeugte Europäer ist es selbstverständlich, dass die griechischen Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Schuldenkrise nicht alleingelassen werden dürfen. Der Gedanke der europäischen Solidari- tät muss gerade dann, wenn eine harte Bewährungsprobe bevorsteht, besonders hochgehalten werden. Und wären wir der Auffassung, dieses Gesetz würde tatsächlich Griechenland aus der Krise helfen, würden wir ohne Zö- gern dem Gesetz zustimmen. Doch wir können nicht da- rüber hinwegsehen, dass die Kreditzusagen für Grie- chenland als Antwort auf die Zuspitzung der Krise so spät gekommen und deshalb schon wieder zu klein sind, um diesen Zweck zu erfüllen. Wir sind, nach reiflicher Überlegung und Abwägung, zu dem Schluss gekommen, dass mit diesem Paket die Banken gerettet werden, nicht aber die Griechen und auch nicht Europa. Trotz anderslautender Versprechen wiederholt sich mit dem vorliegenden Gesetz zur Rettung Griechenlands ge- nau der Fehler, der schon bei der Bankenrettung gemacht wurde. Schlimmer noch: Wenn die Banken wieder nicht selbst für die Kosten ihrer Hochrisikogeschäfte aufkom- men müssen, ist das für die Märkte eine Einladung zur Spekulation auf die nächste Krise. Mit hochriskanten Wetten auf die Pleite Griechenlands wurden Renditen von bis zu 500 Prozent erzielt. In Kreditausfallversiche- rungen – nach Warren Buffet „finanzielle Massenver- nichtungswaffen“ – stecken heute 30 Billionen US-Dol- lar, die als Munition für die nächste Attacke eingesetzt werden können. Es gibt keine objektiven ökonomischen Kriterien, ab welcher Höhe eine Staatsverschuldung kri- tisch ist. Damit gibt es heute auch für keinen Staat einen sicheren Schutz gegen den „Angriffskrieg“ der Spekulan- ten, wie BaFin-Chef Sanio die Attacken auf die Euro- Zone treffend bezeichnet. Ein Rettungspaket, das sich da- rauf beschränkt, die Banken ein weiteres Mal herauszu- hauen, löscht nicht das Feuer, sondern schafft die Öl- kanne zur Befeuerung der nächsten Krise. Mit dem Rettungspaket bekennt sich zwar die Euro-Zone zur Schicksalsgemeinschaft. Sie gibt sich aber nicht die In- strumente, die nötig wären, um wirksam den Angriffen trotzen zu können. Auch für Griechenlands aktuelle Probleme ist dieses Paket keine stabile Lösung. Obwohl die Griechen sich gegenüber dem IWF zu einem einzigartigen Austeritäts- programm verpflichtet haben, wird nach Berechnungen desselben IWF der griechische Schuldenberg bis 2014 dennoch auf mindestens 150 Prozent des BIP anwachsen und die Wirtschaft massiv schrumpfen. Griechenland muss dann immer noch jährlich 7 Prozent des BIP für Zinszahlungen ausgeben. Und da es das Geld zu 75 Pro- zent von ausländischen Kapitalgebern bekommt, muss es allein zur Bedienung der Kredite jährlich dauerhaft ei- nen Exportüberschuss von mindestens 5 Prozent erwirt- schaften. Das kann man, wie der Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Meyer, „sehr ehrgeizig“ nen- nen. Man kann aber unter diesen Umständen auch be- rechtigterweise argumentieren, für die Griechen sei eine Umschuldung beim Verbleib in der Euro-Zone in der jet- zigen Situation sogar der bessere und billigere Ausweg. Nicht politische Luftschlösser, sondern die Finanz- krise ist die Ursache für die Schuldenkrisen in Europa. Konjunkturpakte, Rettungsschirme und Finanzspritzen auf Kosten der Steuerzahler haben die Banken vor den Folgen ihres unverantwortlichen Handelns bewahrt. Sie stehen bei den Steuerzahlern in ganz Europa tief in der Kreide. Mit dem Hilfspaket für Griechenland werden jetzt vermeintliche Gläubiger belohnt, die in Wirklich- keit Schuldner sind. Einen solchen Fehler dürfen wir uns nicht erlauben. Es ist eine Überlebensfrage für Europa, die Finanz- märkte einer echten Regulierung und Kontrolle zu un- terwerfen. Dazu gehört neben der Einführung einer Finanztransaktionsteuer und einer europäischen Wirt- schaftsregierung mit echten Kompetenzen vor allem ein Verbot von spekulativen Kreditausfallversicherungen und Leerverkäufen. Ohne eine effektive Eindämmung der Spekulationsgeschäfte bis hin zur Zerschlagung gro- ßer Banken wird es keine Stabilität auf den internationa- len Märkten geben. Mit dem Hilfspaket für Griechen- land gehen wir diesen Schritt nicht, sondern tun das Gegenteil. Deswegen können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Es gilt aber auch, in der Abstimmung deut- lich zu machen, dass es ausschließlich darum geht, dass die mit dem vorgelegten Gesetz von der Regierung ange- legte Politik kontraproduktiv ist, wie im von der grünen Bundestagsfraktion vorgelegten Entschließungsantrag auf der Drucksache 17/1640 ausführlich dargestellt. Es darf nicht darum gehen, Griechenland die Unterstützung zu verweigern. Um dies deutlich werden zu lassen, wer- den wir nicht dagegenstimmen, sondern enthalten uns der Stimme. 4120 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Scheel, Kerstin Andreae und Alexander Bonde (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungs- union erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Fi- nanzstabilitätsgesetz – WFStG) (Tagesord- nungspunkt 23) Unsere Zustimmung zum vorliegenden Gesetzent- wurf ist allein in der Sache begründet und erfolgt trotz erheblicher Kritik an der schwarz-gelben Regierung; siehe auch den zum Gesetz eingebrachten Entschlie- ßungsantrag der Grünen-Fraktion. Die Schuldenkrise Griechenlands und die Probleme weiterer europäischer Staaten sind die erste harte Be- währungsprobe für die Euro-Zone. Zum ersten Mal seit Einführung der Gemeinschaftswährung steht der Fortbe- stand der Währungsunion auf dem Spiel. Scheitert die Währungsunion, wäre das ein dramatischer Rückschlag für das ganze europäische Projekt. Es ist ein Test für die Europäische Union; aber es ist damit auch die Chance, den Beweis anzutreten, dass das Projekt Europa funktio- niert. Daher müssen wir Europäer wesentliche Hilfen leis- ten, um Griechenland und Europa nicht noch weiter zu gefährden. Das ist nicht nur eine Frage europäischer So- lidarität, sondern auch eine Frage der ökonomischen Vernunft. Denn es sind besonders deutsche Unterneh- men und deutsche Beschäftigte, die in den vergangenen Jahren von der Währungsunion profitiert haben. Der Euro muss seine Erfolgsgeschichte fortschreiben. Wir müssen beweisen, dass die Währung stärker ist als die Spekulationen auf ihr Scheitern. Zudem würde jede alternative Lösung um ein Vielfa- ches teurer werden und die ärmeren Menschen in der griechischen Bevölkerung über Gebühr belasten. Bei ei- nem Staatsbankrott wäre das innenpolitische Chaos in Griechenland unkalkulierbar. Wetten gegen andere Staa- ten würden in einem Dominoeffekt die Gemeinschafts- währung und die Handlungsfähigkeit der Euro-Staaten untergraben. Griechenland hat sich mit dem IWF, der EZB und den Euro-Staaten auf ein ambitioniertes Sparkonzept geei- nigt. Es wird in den kommenden Jahren sehr schwer für die griechische Bevölkerung, diese Verpflichtungen ein- zuhalten. Die Griechen werden auf vieles verzichten müssen. Natürlich ist Griechenland alles andere als unschuldig an der aktuellen Krise: Der griechische Staat hat mit Klientelpolitik, Korruption, Fälschung von Statistiken, Duldung von Steuerhinterziehung, Missbrauch von EU- Fonds, schlechten Investitionen, durch hohe Militäraus- gaben und besonders einen aufgeblähten öffentlichen Sektor die Schuldenkrise maßgeblich selbst verursacht. Das multilateral ausgehandelte Sparprogramm ist da- her der richtige Weg, die Schulden des griechischen Staates zurückzufahren und durch notwendige struktu- relle Reformen die Produktivität der griechischen Wirt- schaft und des öffentlichen Sektors zu steigern. Die mit diesem Gesetz bewilligten Hilfen stehen in einem direk- ten Zusammenhang mit dem Sparpaket. Die vierteljähr- lichen Überprüfungen müssen die Einhaltung des Spar- pakets kontrollieren und gegebenenfalls zu Sanktionen führen. Es muss jedoch auch mit der nötigen Flexibilität auf geänderte ökonomische und gesellschaftliche Rah- menbedingungen reagiert werden. Die Sparanstrengun- gen müssen schon mittelfristig zu einem gesunden Wachstum der griechischen Wirtschaft führen. Die Entscheidung über das Währungsunion-Finanz- stabilitätsgesetz stellt einen Scheidepunkt in der europäi- schen Entwicklung dar. Eine Zustimmung zu dem Ge- setz ist mit dem Auftrag an die deutsche Regierung verbunden, Strukturveränderungen in der Europäischen Union und in den europäischen Finanzmärkten durchzu- setzen. Die Krise muss genutzt werden, die offen zutage getretenen fundamentalen Schwächen zu überwinden und die Währungsunion langfristig zu stärken. So müssen die Rechte des europäischen Statistikamts und des europäischen Rechnungshofes gestärkt werden. Eine unabhängige europäische Ratingagentur muss ein- gerichtet werden, und die Entscheidungen der marktbe- herrschenden Ratingagenturen müssen transparenter werden. Die Sanktionsmechanismen bei Verstößen ge- gen den Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen erneuert und verschärft werden. Kreditausfallversicherungen, Credit Default Swaps, müssen umgehend verboten wer- den, sofern sie nicht zur Absicherung eigener Risiken dienten. Außerdem muss eine europäische Finanztrans- aktionsteuer eingeführt werden, damit Spekulationen verteuert und eingedämmt werden. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Thilo Hoppe, Sven-Christian Kindler, Ute Koczy, Stephan Kühn, Beate Müller-Gemmeke, Ingrid Nestle, Dr. Hermann Ott, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Viola von Cramon- Taubadel, Winfried Hermann, Maria Anna Klein-Schmeink, Kerstin Müller (Köln), Ulrike Höfken, Katja Dörner, Sylvia Kotting-Uhl, Bettina Herlitzius, Thilo Hoppe, Tabea Rößner, Agnes Krumwiede, Memet Kilic, Markus Kurth, Agnes Malczak, Wolfgang Wieland, Dr. Harald Terpe, Friedrich Ostendorff und Claudia Roth (Augsburg) (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Über- nahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Helleni- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4121 (A) (C) (D)(B) schen Republik (Währungsunion-Finanzstabili- tätsgesetz – WFStG) (Tagesordnungspunkt 23) Bei der Entscheidung über das Griechenland-Hilfspa- ket geht es um die Zukunft Europas und um die Solidari- tät in Europa. Als Europäerinnen und Europäer leitet uns heute die Sorge um die Zukunft Europas in unserer Ent- scheidung. Die Solidarität zwischen den Menschen in Europa ist uns wichtig, gerade in schwierigen Zeiten. Die gewalttätigen Konflikte in Griechenland haben deut- lich gemacht, welche Bedeutung das Hilfspaket und die Krise für die Menschen in Griechenland haben. Fas- sungslos erleben wir eine national-populistische Kam- pagne gegen Griechenland, befeuert nicht nur von man- chen Medien, sondern auch von Politikerinnen und Politikern aus CDU, CSU und FDP. Wir distanzieren uns ausdrücklich davon und erinnern daran, dass gerade Deutschland dem europäischen Einigungsprozess sehr viel verdankt. Das sollte niemand in Deutschland leicht- fertig aufs Spiel setzen. Zu hinterfragen ist allerdings, ob das Hilfspaket und das damit verbundene Konsolidierungsprogramm in Griechenland seine beiden Ziele zu erfüllen vermag: die Lösung des griechischen Schuldenproblems und die Sta- bilisierung des europäischen Finanzmarkts. Das Hilfspaket kommt viel zu spät und erreicht das erste Ziel – die Überwindung des griechischen Schul- denproblems – nicht. Eine Umschuldung, die dringend nötig ist, damit Griechenland seine Schulden tragen kann, ist nicht vorgesehen. Sie könnte aber eher früher als später drohen. Wenn die Kredite über die KfW ohne Vorrang gegenüber den bisherigen privaten Gläubigern vergeben werden, ist klar, dass eine künftige Umschul- dung Milliardenverluste für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verursachen würde. Wie schon bei der Ban- kenrettung werden, während die Staaten voll ins Risiko gehen, damit vor allem die privaten Gläubiger, also ins- besondere Banken, Fonds und Versicherungen, ge- schützt, ohne dass sie ihren Teil zur Lösung der Krise beitragen würden. Die von Finanzminister Schäuble und Deutsche-Bank-Chef Ackermann inszenierte Beteili- gung der privaten Wirtschaft leistet das eindeutig nicht. Das mit dem IWF vereinbarte Konsolidierungspro- gramm für Griechenland ist in seiner Größenordnung von 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2012, 6,5 Prozent davon im ersten Jahr, einzigartig. Klar ist: Griechenland hat schlecht gewirtschaftet. Die Steuerein- nahmen und die Staatsausgaben stehen in Griechenland in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zueinander, und das schon seit Jahren. Ein Konsolidierungskurs ist not- wendig. So richtig vor diesem Hintergrund viele ein- zelne Maßnahmen sind, steht jedoch zu befürchten, dass der griechische Schuldenberg dadurch nicht kleiner, son- dern größer werden wird. Denn ein Konsolidierungspro- gramm in dieser Größenordnung droht über viele Jahre Griechenland in eine tiefe Rezession zu stürzen. Thomas Meyer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, etwa schätzt, dass der Schuldenstand bis 2014 auf 150 Prozent des BIP anwachsen würde. Seinen jährlichen Kreditbedarf würde das Land zu 75 Prozent von ausländischen Kapi- talgebern decken lassen müssen. Es sei davon auszuge- hen, dass ein Leistungsbilanzüberschuss von mindestens 5 Prozent allein zur Zinszahlung erwirtschaftet werden müsse. Ob mit einem solchen Programm Griechenland wirklich geholfen ist, bezweifeln wir. Zu sehr hat sich die Bundesregierung von einer Bestrafungslogik leiten lassen, als dass das von ihr mit verantwortete Programm einen wirklichen Weg aus der Schuldenkrise weisen würde. Hinzu kommt eine soziale Schieflage, die vor al- lem die ärmeren Menschen treffen wird und zudem die Chancen der politischen Durchsetzung mindert. Die Mehrwertsteuererhöhung trifft alle Griechinnen und Griechen. Eine notwendige Beteiligung der großen Ver- mögen durch einen sozial gerechten Lastenausgleich bei der Konsolidierung ist nicht vorgesehen. Profitiert von Miss- und Günstlingswirtschaft und Spekulationen ha- ben dagegen nur wenige. Weniger Investitionen, weniger Nachfrage, geschweige denn ein ökologischer Umbau von Wirtschaft und Tourismus: Griechenland steht vor einer jahrelangen Rezession, die sich natürlich auch auf den Arbeitsmarkt niederschlagen wird. Auch hier wer- den die Verlierer bestimmt nicht jene sein, die die Misere mitzuverantworten haben. Auch das zweite Ziel, die Stabilisierung der Finanz- markte, erreicht das Programm offenkundig nicht. Das lange Zögern der Bundesregierung hat Spekulanten Tür und Tor geöffnet und die Probleme verschärft. Die Ver- werfungen an den Märkten und die Spekulation gehen auch nach Verkündigung des Programms und der Zu- stimmung durch die Regierungen ungemindert weiter. Die Ansteckungsgefahr ist nicht gebannt. Nur eine durchgreifende Reform der Finanzmärkte, wie sie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht erst seit Aus- bruch dieser Finanzkrise fordert, wird hier Abhilfe schaffen. Doch fast drei Jahre nach Ausbruch der Krise fehlen noch immer die Regeln die die Finanzmärkte bän- digen würden. Die Bundesregierung blockiert immer noch die Entwicklung einer europäischen Wirtschaftsre- gierung sowie eine Ergänzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und das Ziel außenwirtschaftlicher Gleichgewichte steht ebenfalls aus. Wenn aber die struk- turellen Probleme der Leistungsbilanzungleichgewichte in der Währungsunion, die mitverantwortlich für die griechische Krise sind, nicht behoben werden, kann sich Stabilität in der Euro-Zone nicht einstellen. Trotzdem stimmen wir zu. Denn wir stehen vor der Alternative, entweder den Gewährleistungen zuzustim- men, obwohl sie Teil eines Programms sind, das seine Ziele zu verfehlen droht und für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zusätzliche Risiken bedeutet, oder aber mit der Ablehnung dieses Gesetzes ohne Zwei- fel eine weitere Verschärfung der Lage zu riskieren. Denn Griechenland braucht schnelle Hilfe, unsere Soli- darität. Europa und der Euro brauchen unsere Entschlos- senheit – und die Gefahr ist einfach zu groß, dass der Schaden, den eine Ablehnung des Hilfspakets verursa- chen würde, in Griechenland wie in Europa und damit letztlich auch in Deutschland noch zunehmen würde. Das können wir aus europäischer Solidarität wie aus wirtschaftlicher Vernunft nicht verantworten. Der Zeitgewinn, den diese Hilfen von IWF und Euro- Zone bringen, muss von der Bundesregierung nun drin- 4122 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) gend genutzt werden, umfassender und ohne Blick auf kurzfristige parteipolitische Taktik, die Finanzmärkte zu bändigen und Antworten auf die Schuldenkrise zu fin- den. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden (Tages- ordnungspunkt 15) Dr. Stefan Ruppert (FDP): Im 8. Mai 1945 verdich- ten sich symbolisch wichtige Ereignisse der deutschen Geschichte: Tag der Befreiung, Stunde null und Aus- gangspunkt deutscher Teilung. Der Tag steht am Beginn von Vertreibung und kommunistischer Diktatur. Die Er- eignisse schafften aber vor allem die Voraussetzung für die Errichtung einer stabilen Demokratie. Theodor Heuss formulierte es mit dem ihm eigenen versöhnlichen Ton: „Im Grunde genommen bleibt dieser 8. Mai 1945 die tragischste und fragwürdigste Paradoxie … für jeden von uns. Warum denn? Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind.“ Die Vielschichtigkeit dessen, was an historischen Ent- wicklungen im 8. Mai 1945 mündete und für die ebendie- ser Tag Ausgangspunkt war, spiegelt sich auch in der Er- innerungskultur in Deutschland wider. Mit der Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag, in der er den Tag als Tag der Befreiung „von dem menschenverachten- den System der nationalsozialistischen Gewaltherr- schaft“ definierte, hatte sich ein bedeutsamer Wandel in der Erinnerungskultur in Deutschland vollzogen. Später zeichneten konservative Kreise ein anderes Bild vom 8. Mai, indem sie den Tag als Beginn für Flucht- und Ver- treibungsbewegungen in Europa und als Anfang der Tei- lung Deutschlands herausstellten. Dabei wurde glückli- cherweise nur selten der Konsens infrage gestellt, dass das Ende des Krieges keine Ursache für Flucht, Vertrei- bung und Unterdrückung nach 1945 gewesen ist. Mit dem 50. und 60. Jahrestag des Kriegsendes trat in der jüngsten Vergangenheit dann eher der Versöhnungsgedanke in den Vordergrund, mit dem der friedliche Wandel in Europa nach 1989/90 gewürdigt wurde. All diese Veränderungen in der Erinnerungskultur des 8. Mai zeigen schon, dass sich im Laufe der Jahre rege und offene Diskussionen in der Öffentlichkeit zu diesem historischen Datum herausgebildet haben. Die zuneh- mende historische Distanz erhöhte die Bereitschaft der Deutschen, sich aktiv mit dem Nationalsozialismus aus- einanderzusetzen. Schweigen und Beschönigung wurden zunehmend durch eine aktive Vergangenheitspolitik ver- drängt. Wir können selbstbewusst sagen, dass die Deut- schen sich auf der Basis eines breiten gesellschaftlichen Konsenses ihrer Vergangenheit gestellt haben. Braucht es deshalb einen staatlich verordneten Gedenktag, um den Dialog über diesen Tag anzuregen, wie es die Frak- tion Die Linke in ihrem Antrag fordert? Wir Liberale glauben: Nein! Ich möchte der Linkspartei gar nicht eine politische Ideologisierung des 8. Mai unterstellen, ob- wohl sich diese Verbindung bei der SED-Nachfolgepar- tei durchaus auftun kann. Nein, ihren Antrag lehnen wir aus anderen Gründen ab. In unseren gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen wie Schulen, Universi- täten, Museen und Stiftungen, in der Politik, Publizistik und Wissenschaft wird alljährig des 8. Mai und der mit ihm verbundenen Ereignisse gedacht. In diesem Jahr wird beispielsweise im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst ein umfangreiches Museumsfest zur Erinnerung an den 65. Jahrestag des Kriegsendes statt- finden. Zudem knüpft das schon lange bestehende Pro- jekt „Topographie des Terrors“ die Eröffnung seines neuen Dokumentationszentrums bewusst an das Datum des 8. Mai. Bei all diesen Veranstaltungen und Projekten wird auch und gerade der Aspekt der Befreiung von der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft immer wie- der hervorgehoben. Was aber aus liberaler Sicht noch viel entscheidender ist: Sie kommen aus freien Stücken ohne staatliche Vor- gabe aus der Mitte unserer Gesellschaft. Für uns ist nicht bedeutsam, ob an ein Ereignis aufgrund einer politischen Anordnung gedacht wird. Wichtig ist, dass in unserer Gesellschaft eine aktive Auseinandersetzung mit der ei- genen Vergangenheit stattfindet und so die Ursachen und Folgen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Erinnerung bleiben. Wir sind davon überzeugt, dass in einer lebendigen Demokratie ein Gedenktag nicht durch den Staat vorgeschrieben werden muss. Dass ein „staat- lich verordneter Antifaschismus“ auch nicht funktionie- ren kann, hat schon die Geschichte der DDR gezeigt. Dort war der 8. Mai lange politisch auferlegt, aber in das Bewusstsein der Bevölkerung ist er kaum getreten. Vor allem aber hat er nicht die Bereitschaft staatlicher Insti- tutionen geschaffen, Entschädigungen zu leisten und ak- tiv zu versöhnen. Ein Datum wie der 8. Mai eignet sich auch nicht, um parteipolitisch Profit herauszuschlagen. Wir bedauern es ausdrücklich, dass die Fraktion Die Linke mit ihrem Antrag den demokratischen Konsens verlassen hat, die Frage von historischen Gedenktagen interfraktionell zu diskutieren. Nicht an einem Tag, sondern jeden Tag ist es unsere Aufgabe, im täglichen Plebiszit die Errungenschaften ei- ner freiheitlichen Ordnung neu zu festigen. Jeder Tag, an dem die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land in Freiheit leben können, ist ein besonderer Tag. Dies aber kommt schon durch die lebendige Erinnerungskultur am 8. Mai und an anderen Tagen wie dem 9. November oder dem 17. Juni – getragen von der Mitte der Gesellschaft – zur Geltung. Eine zusätzliche staatliche Gedenkverord- nung, wie es die Linkspartei in ihrem Antrag fordert, bleibt hinter dem Erreichten zurück und ist deshalb über- flüssig. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Ölkatastrophen ver- meiden – Raubbau an Mensch und Natur aus- schließen (Zusatztagesordnungspunkt 10) Angelika Brunkhorst (FDP): Seit der Explosion auf der BP-Bohrinsel „Deepwater Horizon“ am 20. April hat Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 4123 (A) (C) (D)(B) das ausgetretene Öl schätzungsweise eine Fläche von rund 210 mal 110 Kilometern verschmutzt. Es wird be- fürchtet, dass die Katastrophe sich als folgenschwerer erweisen könnte als die Havarie des Öltankers „Exxon Valdez“ in Alaska 1989. Die Umweltschäden damals wa- ren enorm und sind bis heute spürbar. Einige Tierarten haben sich noch immer nicht von dieser Katastrophe er- holt. Schätzungen zufolge starben 250 000 Seevögel, 2 800 Fischotter, 300 Seehunde, 250 Weißkopfseeadler und bis zu 22 Orcas. Aktuell hat man die Situation auf der Ölplattform „Deepwater Horizon“ noch nicht im Griff; es gibt aber Fortschritte: Das erste von drei Lecks ist abgedichtet. Leider vermindert sich dadurch allerdings kaum die Menge des austretenden Öls, da die anderen beiden Lö- cher größer sind. Das größte Leck soll mithilfe eines py- ramidenförmigen Stahlcontainers nächste Woche abge- deckt werden. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, jede Stunde weniger mindert das Ausmaß der Verschmut- zung. Sie, liebe Kollegen der Grünen, nehmen diese Kata- strophe zum Anlass, um ihre Forderung „Weg vom Öl“ zu untermauern. Sie zielen darauf ab, sich nicht mehr auf die Förderung von Erdöl zu fixieren, sondern auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen, und ma- len ein düsteres Bild für Afrika, für die Nordsee usw. Das hilft nicht weiter. Der Rohstoff Öl ist als Energieträger, aber auch in der chemischen Industrie für die Herstellung von Kunststof- fen aktuell unverzichtbar. Erdöl ist derzeit der wichtigste Rohstoff der modernen Industriegesellschaft. Die Ge- winnung gänzlich infrage zu stellen, ist unrealistisch. Aus Sicht des Meeresnaturschutzes bin ich auf Ihrer Seite bei vielen Ihrer Forderungen. Eine solche Katastro- phe auf einer Ölplattform, aber auch Tankerunglücke müssen vermieden werden. Die Erdölförderung muss so erfolgen, dass das Meeresökosystem vor Verschmutzun- gen bewahrt wird. Hierfür sind entsprechende Standards erforderlich, die auch kontrolliert gehören. Weltweit ist die Offshore-Industrie durch die Förde- rung von Erdöl und Erdgas geprägt. Es sind Umweltver- träglichkeitsprüfungen notwendig, die bereits für die Bauphase untersuchen, welche Gefahren, Verschmut- zungen und Lärmbelästigungen entstehen. Der sichere Betrieb der jeweiligen Anlagen muss ebenso gewährleis- tet sein wie Unfälle möglichst zu vermeiden sind. Beim weiteren Ausbau der unterschiedlichen Offshore-Pro- jekte sind insbesondere auch die Auswirkungen dieser Bauten auf die Sicherheit der Schifffahrt zu überprüfen. In Deutschland gibt es nur eine Förderplattform, die in der Elbmündung nördlich von Cuxhaven liegt. Sie ist nicht mit den Bohrinseln vor der Küste der USA zu ver- gleichen, da die Nordsee flacher ist. Die Bohrinsel steht fest auf dem Meeresboden, und hohe Stahlspundwände schützen die Umgebung. Deutschland hat vorausschauende, praktikable Maß- nahmen für mögliche Unfälle getroffen. Das Havariekom- mando ist seit 2003 zuständig für das Unfallmanagement auf See. Dazu gehört auch die Bekämpfung von großen Ölverschmutzungen. Entlang der gesamten deutschen Küstenlinie sind Materialdepots eingerichtet und Spezial- schiffe für den Öleinsatz stationiert. 3 000 Einsatzkräfte stehen an der gesamten deutschen Küstenlinie bereit. Mithilfe von Notfallplänen und rund 160 praktischen Übungen mit verschiedenen Organisationen pro Jahr ist Deutschland für einen Ölunfall vorbereitet. Die Einsatz- konzepte werden fortlaufend überprüft und an die neues- ten Erkenntnisse angepasst. Eine Vernetzung mit den Nachbarländern erleichtert die Zusammenarbeit auf in- ternationaler Ebene. Auch wir von der Koalitionsfraktion wollen die er- neuerbaren Energien konsequent ausbauen und die Ener- gieeffizienz weiter erhöhen. Auch unser Ziel ist es, dass die erneuerbaren Energien sukzessive den überwiegen- den Teil an der Energieversorgung übernehmen. Die Nutzung erneuerbarer Energien nimmt in Europa und weltweit weiter stark zu. Die Unternehmen der Branche und deren Märkte haben sich in den vergange- nen Jahren erheblich entwickelt. Gerade in Deutschland haben sich zahlreiche mittelständische Unternehmen in diesem Markt etabliert. Für die Küste kommt der Wind- energie dabei eine besondere Bedeutung zu. Zum einen ist Deutschland bei den Maschinen und Anlagen zur Windenergieerzeugung Exportweltmeister, zum anderen gibt es erhebliche Ausbaupläne für die Windkraft auf dem Meer. Wir Liberale sehen in einer verantwortungsvollen Nutzung der Meere eine Herausforderung für Deutsch- land und Europa. Die Erhaltung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt der Meeresgebiete dient dem Schutz der gemeinsamen natürlichen Ressourcen. Wir setzen uns für eine bessere Vermeidungsstrategie ein, ge- gen direkte Verunreinigungen der Meere durch Schiffe aufgrund illegaler sowie legaler Einleitungen von Öl und Chemikalien oder über den Schiffsanstrich. Bei der Skandalierung der Erdölindustrie aufgrund ei- nes Unfalls – so schlimm dieser auch sein mag – macht die FDP nicht mit. Anlage 9 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass sie den An- trag Deutschland muss deutliche Zeichen für eine Welt frei von Atomwaffen setzen auf Drucksache 17/242 zurückzieht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die Balkanstaa- ten und ganz Südosteuropa (Berichtszeitraum: 11. März 2008 bis 31. Januar 2009) – Drucksachen 16/12252, 17/790 Nr. 3 – 4124 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Petitionsausschuss Drucksache 17/504 Nr. A.1 EuB-EP 1988; P7_TA-PROV(2009)0066 Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/720 Nr. A.1 EuB-BReg 71/2010 Innenausschuss Drucksache 17/136 Nr. A.14 Ratsdokument 11480/1/09 REV 1 Drucksache 17/136 Nr. A.17 Ratsdokument 10972/09 Drucksache 17/136 Nr. A.18 Ratsdokument 11709/09 Drucksache 17/136 Nr. A.19 Ratsdokument 11722/09 Haushaltsausschuss Drucksache 17/975 Nr. A.3 Ratsdokument 6243/10 Drucksache 17/1100 Nr. A.7 Ratsdokument 6559/10 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/720 Nr. A.12 Ratsdokument 5406/10 Drucksache 17/1270 Nr. A.3 Ratsdokument 7060/10 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 17/178 Nr. A.27 Ratsdokument 14848/09 Drucksache 17/859 Nr. A.11 Ratsdokument 5834/10 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/136 Nr. A.101 Ratsdokument 12382/09 Drucksache 17/504 Nr. A.22 Drucksache 17/136 Nr. A.20 Ratsdokument 11726/09 Drucksache 17/504 Nr. A.12 Ratsdokument 16870/09 Drucksache 17/790 Nr. 1.6 Ratsdokument 9042/09 Drucksache 17/1100 Nr. A.2 Ratsdokument 5842/10 Drucksache 17/1100 Nr. A.4 Ratsdokument 6898/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.9 Ratsdokument 8151/10 Rechtsausschuss Drucksache 17/859 Nr. A.5 Ratsdokument 5200/10 Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Kö EuB-EP 1987; P7_TA-PROV(2009)0065 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/136 Nr. A.111 Ratsdokument 12061/09 Drucksache 17/859 Nr. A.15 Ratsdokument 12223/09 Drucksache 17/975 Nr. A.4 Ratsdokument 6956/10 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/136 Nr. A.117 Ratsdokument 12540/09 Drucksache 17/1100 Nr. A.14 Ratsdokument 7094/10 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 ln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 41. Sitzung Berlin, Freitag, den 7. Mai 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Nicole Gohlke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    „Taschengeld für die Elite“ – so, Frau Ministerin, titelten
    die Zeitungen, nachdem Sie Ihr nationales Stipendien-
    programm vorgelegt haben.


    (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das Neue Deutschland vielleicht!)


    Was sind Ihre Vorschläge? Sie wollen die leistungs-
    stärksten 10 Prozent der Studierenden mit 300 Euro im
    Monat fördern. Dabei wissen Sie genau – die Ergebnisse
    diverser Untersuchungen belegen das –, dass dies vor al-
    lem diejenigen Studierenden sein werden, die ohnehin
    kaum finanzielle Probleme haben,


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Böswillige Unterstellung! Eine ganz böswillige Unterstellung!)


    die aus besserverdienenden Elternhäusern kommen. Im
    Bildungssystem und an den Hochschulen herrschen un-
    gleiche Bedingungen. Die 19. Sozialerhebung vom April
    zeigt, dass zwei Drittel aller Studierenden parallel zum
    Studium arbeiten müssen; fast 40 Prozent arbeiten
    durchschnittlich 16 Stunden pro Woche.


    (Zuruf von der SPD: Mehr als Sie!)


    Frau Schavan, ich weiß nicht, wie Sie sich Ihr Stu-
    dium finanziert haben und ob Sie wissen, wie es ist,
    wenn man neben dem Studium arbeiten muss. Aber ich
    kann Ihnen sagen: Wenn man nachts bis um 1 oder 2 Uhr
    kellnert oder zwei Tage pro Woche in einem Promotion-
    Job arbeitet, dann kann es sein, dass man am nächsten
    Tag im Seminar nicht so konzentriert und nicht so gut
    vorbereitet ist.


    (Ulla Burchardt [SPD]: Ja!)


    Genau die Studierenden, die sich ihr Studium auf diese
    Weise finanzieren müssen, werden durch Ihre Politik
    weiter benachteiligt. Das ist ein Skandal.


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD)


    Dass Sie jetzt auch noch allen Ernstes behaupten, die-
    ses Vorhaben sei zutiefst sozial,


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Ja! Das ist Bildungsgerechtigkeit!)

    schlägt dem Fass aus meiner Sicht den Boden aus. Sie
    geben vor, Sie wollten damit insbesondere Studieninte-
    ressierte aus finanziell schlechter gestellten Elternhäu-
    sern für ein Studium begeistern. Ich frage Sie: Wie soll
    die vage Aussicht auf ein Stipendium jemanden motivie-
    ren, ein Studium aufzunehmen?


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD)


    Denn anders als beim BAföG entsteht bei Ihrem Stipen-
    dienprogramm kein klarer Rechtsanspruch für die Stu-
    dierenden.

    Es ist schön, Herr Meinhardt, dass Sie einen Zeugen
    für Ihr Konzept gefunden haben.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Es gibt viele Zeugen! Sehr viele!)


    Es gibt also einen Studenten aus Bochum, der Ihr Kon-
    zept gut findet. Ich kann Ihnen sagen: Die Allensbach-
    Studie zur Studienfinanzierung 2010 belegt, dass die
    Studierenden und die Abiturientinnen und Abiturienten
    von der sozialen Wirkung von Stipendien wenig über-
    zeugt sind.


    (Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Was ist denn mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung?)


    84 bzw. 77 Prozent von ihnen sprechen sich dafür aus,
    bei der Vergabe von Stipendien andere Kriterien zu be-
    rücksichtigen, allen voran die soziale Lage.


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD)


    Statt Ihres Stipendienprogramms brauchen wir endlich
    eine Bildungspolitik, in der der Zugang zu Bildung und
    ein Hochschulstudium nicht mehr vom Geldbeutel der
    Eltern abhängig sind.

    Sie hatten vor, die Kosten dieses Elitenförderungspro-
    gramms mit der Wirtschaft zu teilen: 150 Euro sollten
    vom Staat kommen, 150 Euro von der Wirtschaft. Die
    Bildungsgewerkschaft GEW hat in der vergangenen Wo-
    che berechnet, dass davon überhaupt keine Rede sein
    kann, weil de facto rund ein Drittel über die Steuerrück-
    erstattung an die Unternehmen zurückfließt. Das heißt,
    der Staat soll zwei Drittel der Programmkosten tragen,
    gibt aber gleichzeitig die Entscheidung aus der Hand,
    wohin die Mittel fließen.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Rechnen konnten die Linken noch nie! – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Eigenverantwortung! Dezentralität! Subsidiarität!)


    Es ist so, wie auch ansonsten in der schwarz-gelben Poli-
    tik: Die Wirtschaft entscheidet, und die Politik muss es
    bezahlen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Als Pointe kommt noch hinzu, dass Sie selbst von den
    Unternehmen einen Korb für Ihr Eliteprojekt bekommen
    haben.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Kein Stück!)


    Die wollen sich nämlich gar nicht an Ihrem Stipendien-
    programm beteiligen. Aber Sie sind ja sehr flexibel, Frau





    Nicole Gohlke


    (A) (C)



    (D)(B)

    Schavan. Sie haben blitzschnell umgeschwenkt und für
    Ihre Zwecke – das ist ganz erstaunlich – die Zivilgesell-
    schaft entdeckt, die Sie in die Pflicht nehmen wollen.
    Insbesondere die ehemaligen Studierenden sollen jetzt
    zur Kasse gebeten werden.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Nehmen Sie Verantwortung für andere wahr!)


    Frau Schavan, damit wird es aus meiner Sicht wirk-
    lich vollends absurd. Es ist schön, wenn Sie es sich leis-
    ten können, ein Stipendium in NRW zu stiften. Aber
    glauben Sie ernsthaft, dass das der Regelfall ist? Nach
    Ihren Plänen sollen die ehemaligen Studierenden Leis-
    tungen in Bereichen übernehmen, aus denen sich der
    Staat zurückgezogen hat, die nun privat zu finanzieren
    sind – ich zähle sie ganz kurz auf –: Die Absolventinnen
    und Absolventen sollen also den Studienkredit und das
    BAföG für ihr eigenes Studium zurückzahlen. Sie sollen
    Bildungssparkonten für ihre Kinder anlegen, um denen
    ein Studium finanzieren zu können. Dann sollen sie na-
    türlich in die eigene Altersvorsorge investieren, und jetzt
    sollen sie obendrein auch noch Stipendien für andere
    Studierende stiften. Frau Schavan, merken Sie eigentlich
    nicht, dass die große Mehrheit der Menschen, auch der
    Akademiker, sich das nicht leisten kann?


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Ulla Burchardt [SPD]: Nein!)


    Aber Sie ignorieren all das einfach und wollen Ihr
    Projekt durchziehen. In der Regierungsbefragung am
    21. April sagten Sie allen Ernstes – ich zitiere Sie –:

    Wir müssen herausfinden, aus welchen Quellen die
    Stipendien finanziert werden. Dann können wir
    weitersehen.

    Das soll seriöse Politik sein, Frau Schavan? Schon jetzt
    haben Sie die Zahl der Stipendien, die Sie bis 2013 er-
    warten, nach unten korrigiert. Das beweist doch: Sie
    glauben nicht einmal mehr selbst daran, dass Ihr neues
    Modell funktioniert.


    (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Das sind Zukunftspessimisten!)


    Das Bittere ist nur, dass Sie Ihre Experimente und Ihre
    Elitepläne auf dem Rücken der Studierenden austragen.
    Sie wurden auch gefragt, warum Sie nicht einfach das
    BAföG weiter ausbauen wollen. Sie antworteten:

    Das tue ich deshalb nicht, weil es ziemlich altmo-
    disch ist, ausschließlich auf das BAföG abzustellen.

    Ich möchte an dieser Stelle aus der Begründung des
    BAföG-Gesetzes von 1971 zitieren. Dort heißt es:

    Der soziale Rechtsstaat, der soziale Unterschiede
    durch eine differenzierte Sozialordnung auszuglei-
    chen hat, ist verpflichtet, durch Gewährung indivi-
    dueller Ausbildungsförderung auf eine berufliche
    Chancengleichheit der jungen Menschen hinzuwir-
    ken.

    (Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Das machen wir mit einer BAföG-Erhöhung! Wir erhöhen das BAföG!)


    Sie und Ihre schwarz-gelbe Koalition halten den Sozi-
    alstaat also für altmodisch.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Wir halten den Sozialismus für altmodisch!)


    Sie möchten, dass sich der Staat auch aus der Studienfi-
    nanzierung mehr und mehr zurückzieht, und Sie wollen
    diese Aufgabe dem Engagement Privater, wie Sie es so
    schön formulieren, überlassen, also denen, die sich das
    eventuell leisten können. So eine Politik hat Frau
    Schavan in der Regierungserklärung selbst Mäzenaten-
    tum genannt. Mäzenatentum, das ist die Idee, dass reiche
    Gönner Bedürftigen quasi als Gnadenakt die Bildung fi-
    nanzieren,


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    natürlich nur so lange, wie die Gönner Lust dazu haben.
    Das muss man sich einmal vorstellen: Im
    21. Jahrhundert fordert eine Bildungsministerin Mäzena-
    tentum, weil sie den Sozialstaat für altmodisch hält.


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD – Patrick Döring [FDP]: Ein Zerrbild der Gesellschaft!)


    Wenn das Ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen
    sind, dann ist das ein Skandal.

    Wenn Sie die Mäzene, also diejenigen, die sich die Fi-
    nanzierung anderer leisten können, wenn Sie diese Gut-
    verdienenden und die Unternehmen für die Studienfi-
    nanzierung stärker in die Pflicht nehmen wollen, dann
    erhöhen Sie doch einfach den Spitzensteuersatz.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Führen Sie die Vermögensteuer wieder ein und sorgen
    Sie dafür, dass die großen Unternehmen überhaupt Steu-
    ern zahlen. So eine Finanzierung kann ganz einfach sein.


    (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Und wir treten aus der NATO aus!)


    Man muss sich gesellschaftspolitisch dafür gar nicht ins
    alte Rom begeben.

    Stecken Sie diese Einnahmen in einen ordentlichen
    Ausbau des BAföG, den die Linke mit dem vorliegenden
    Antrag fordert. Die 2 Prozent BAföG-Erhöhung, die Sie
    unter dem Druck der Proteste im Herbst versprechen
    mussten, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir
    brauchen eine breite Ausbildungsförderung, die den tat-
    sächlichen Bedarf der Studierenden, der Schülerinnen
    und Schüler deckt. Und schaffen Sie endlich den Darle-
    hensanteil ab. Das wäre eine wirklich soziale Innovation
    und hundertmal moderner als das vorvorgestrige, antike
    Mäzenatentum, das Sie hier wieder aufleben lassen wol-
    len.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Wir gucken uns die Nicole Gohlke tolle Hochschulpolitik in Berlin und Brandenburg an! Desaströs!)





    (A) (C)


    (D)(B)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat nun Kollege Kai Gehring für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kai Gehring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

    diskutieren hier heute über ein von Schwarz-Gelb vorge-
    legtes Studienfinanzierungspaket. Das ist ein Paket, bei
    dem ich als Studierender sagen würde: Annahme ver-
    weigert; denn es geht an den Empfängern dieses Paketes,
    an dem Finanzierungsbedarf der Studierenden ganz klar
    vorbei.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Es trifft sogar in die Mitte!)


    Dieses Finanzierungspaket ist unausgewogen, es setzt
    die falschen Prioritäten und es bringt weniger statt mehr
    Bildungsgerechtigkeit.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ihre mickrige BAföG-Erhöhung um 2 Prozent ent-
    spricht 12 Euro, wenn man den Höchstsatz erhält. Dafür
    kann man eine halbe Stunde im Uni-Copyshop ein Fach-
    buch kopieren. Dann ist das Geld aufgebraucht.

    Diese mickrige BAföG-Erhöhung verblasst völlig im
    Schatten Ihres monströsen nationalen Stipendienpro-
    gramms.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Sie wollen 300 Millionen Euro an Steuermitteln für Eli-
    testipendien aufwenden. Wir sagen: Geben Sie dieses
    Geld ins BAföG! Klotzen statt kleckern müssen Sie.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Mit diesen 300 Millionen Euro könnte man das BAföG
    sofort um mindestens 5 Prozent erhöhen, sowohl bei den
    Bedarfssätzen als auch bei den Freibeträgen. Vor lauter
    Gerede über Spitze, Elite und Exzellenz dürfen Sie die
    Breite nicht vergessen, Frau Schavan und liebe FDP.

    Ich sage Ihnen ganz deutlich, warum dieses nationale
    Stipendienprogramm Murks und Mumpitz ist. Erstens
    bringt es den Studierenden keinen Gewinn. Elitestipen-
    dien für wenige können eine verlässliche Studienfinan-
    zierung für alle mit klaren Rechtsansprüchen nicht erset-
    zen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP: Sie sollen sie auch gar nicht ersetzen!)


    Wenn man NRW als Blaupause für den Bund nimmt,
    dann muss man sehen, dass dort lediglich 0,4 Prozent al-
    ler Studierenden ein NRW-Stipendium bekommen. Das
    ist doch lächerlich. Es ist ein schlechter Witz. Dabei
    kann man doch nicht von Verlässlichkeit reden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Sie schüren Sozialneid!)


    Das 10-Prozent-Ziel ist angesichts der 0,4 Prozent in
    NRW völlig illusionär. Im Übrigen sind es Kurzzeitsti-
    pendien, die für zwei Semester gewährt werden. Das ist
    ein Jahr. Hurra! Das ist ja eine enorme Zukunftsperspek-
    tive für die jungen Leute, vor allem, wenn man das Sti-
    pendium verliert, wenn man den Studienort wechselt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


    Das muss man sich mal vorstellen. Es ist schlicht mobili-
    tätsfeindlich. Offensichtlich haben Sie aus den Bologna-
    Debatten nichts gelernt. Aus der Sicht der Studierenden
    ist das eine reine Luftnummer.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Zweiter Kritikpunkt: Die sozialen Schieflagen wer-
    den verschärft.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Falsch!)


    Sie können noch so oft sagen, das Stipendienprogramm
    sei sozial. Dass Sie sagen, die Stipendienvergabe orien-
    tiere sich nur an Leistung und Begabung, ist eine der
    großen schwarz-gelben Lebenslügen. Das ist falsch. Wir
    wissen aus verschiedenen Studien, dass auch Habitus
    und soziale Herkunft maßgeblich mit darüber entschei-
    den, ob man in den Genuss eines Stipendiums gelangt.
    Insofern privilegieren Sie besonders chancenreiche Stu-
    dierende aus einkommensstarken Akademikerfamilien,
    statt endlich das zu tun, was notwendig ist, nämlich den
    an den Hochschulen unterrepräsentierten Gruppen den
    Weg auf den Campus zu ebnen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Aber die Hochschulen entscheiden doch über die Vergabe!)


    Deshalb schlagen wir ein Stipendien-Sonderpro-
    gramm vor, um gezielt gerade den unterrepräsentierten
    Gruppen ein Angebot zu machen, statt eine FDP-Klien-
    telpolitik zu betreiben.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: So wird absolutes Misstrauen gegen Hochschulen geschürt!)


    – Danke, Herr Meinhardt. Wo Sie gerade die Hochschu-
    len ansprechen: Die Hochschulen werden mit diesem
    Gesetz schlichtweg überfordert. Ich weiß nicht, mit wel-
    chen Uni-Rektoren Sie gesprochen haben.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: Mit sehr vielen!)


    Mir sagen sie immer, dass sie wohl bald vom Rotary
    Club zum Lions Club tingeln müssen, um zu versuchen,
    Stipendien für 8 Prozent ihrer Studierenden zu finanzie-
    ren.





    Kai Gehring


    (A) (C)



    (D)(B)

    Sie stülpen als Bundesregierung den Hochschulen die
    komplette Organisation dieser Stipendien von A bis Z
    auf, von Einwerbung, Abwicklung und Ausgestaltung
    bis zur Vergabe. Das alles wird den Unis aufgebürdet.
    Deshalb wird sich Ihr Programm vor Ort als nichts ande-
    res als ein hungriges Bürokratiemonster entpuppen, mit
    dem die Hochschulen vielerorts überlastet sein werden.


    (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Würden Sie das wieder zurücknehmen?)


    Die regionalen Unterschiede werden verstärkt. Das
    sieht man schon in Nordrhein-Westfalen.


    (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Deswegen ist Herr Pinkwart auch nicht gekommen!)


    Es liegt auf der Hand, dass Eliteunis weniger Schwierig-
    keiten haben, Stipendien einzuwerben, als zum Beispiel
    kleinere Universitäten oder Universitäten in struktur-
    schwachen Regionen oder solche, die ein klares geistes-
    wissenschaftliches Profil haben, statt dem MINT-Fä-
    cher-Mainstream zu folgen. Die Studierenden an diesen
    Universitäten sind doch nicht weniger leistungsbereit
    oder begabt. Das Programm bringt den Studis dort
    nichts. Deshalb ist es auch an dieser Stelle schlichtweg
    Mumpitz.

    Die Liste lässt sich weiter verlängern, zum Beispiel
    um die Büchergeldstipendien der Begabtenförderungs-
    werke. Die Stipendiaten sagen selber, dass sie die Erhö-
    hung ihres Büchergelds um 275 Prozent ungerecht fin-
    den. Dazu haben die Stipendiaten aus den zwölf
    Begabtenförderungswerken eine klare Erklärung abge-
    geben.


    (Patrick Meinhardt [FDP]: 10 Prozent, die politisch organisiert worden sind!)


    Die Wirtschaft lässt sie völlig im Regen stehen. Obwohl
    Sie ihnen für diese Stipendienstifterei auch noch die
    steuerliche Absetzbarkeit zugestehen,


    (Patrick Döring [FDP]: Kosten sind immer steuerlich absetzbar!)


    sagen die Arbeitgeberverbände Nein; es sei nicht ihre
    Aufgabe, dazu einen Beitrag zu leisten.

    Auch Ihre eigenen Landesminister lassen Sie im Re-
    gen stehen, Frau Schavan. Der schleswig-holsteinische
    Wissenschaftsminister von der CDU hat das Ganze als
    nicht bezahlbar bezeichnet und auf die unterschiedlichen
    Gegebenheiten der Länder hingewiesen.

    Ich sage Ihnen voraus: Wenn sich am kommenden
    Sonntag die Mehrheit im Bundesrat verändert, dann ist
    das auch eine Chance, diesen nationalen Stipendien-
    murks endlich zu stoppen. Damit wäre bereits übermor-
    gen Ihr Stipendienprogramm zum Scheitern verurteilt.
    Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wissen auch, dass
    am 9. Mai die Chance besteht, diese ungerechten Studi-
    engebühren wieder abzuschaffen. Wir wollen die Cam-
    pusmaut nicht länger, damit ein Studium nicht vom
    Geldbeutel der Eltern abhängt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Es ist gut, dass die Schüler und die Studierenden im
    Rahmen des Bildungsstreiks gegen die sozialen Schief-
    lagen im Bildungs- und Hochschulsystem auch in dieser
    Woche protestiert haben. Sie haben unsere Solidarität.
    Die Ergebnisse der 19. Sozialerhebung legen nahe, dass
    es keinen Grund zum Jubeln gibt, sondern weiterhin
    Grund zur Sorge. Vor allem ist ein Umdenken der Bun-
    desregierung erforderlich, weil die soziale Selektivität
    erschreckend stabil ist, weiterhin Akademiker unter sich
    bleiben und man von sozial offenen Hochschulen
    schlichtweg nicht reden kann. Wir sind vielmehr weit
    davon entfernt. Deshalb muss die Antwort gerade auf die
    Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes sein,
    keine magere Alibinovelle zum BAföG vorzulegen,
    keine Elitestipendien für die Besten und Reichsten auf-
    zulegen, sondern wirklich eine ambitionierte Reform der
    Studienfinanzierung in Angriff zu nehmen, bei der es da-
    rum geht, auch die unteren und mittleren Schichten mit-
    zunehmen.

    Daher ist unser Vorschlag die Einführung des grünen
    Zweisäulenmodells. Ich finde, darüber sollten wir in den
    nächsten Monaten weiter diskutieren und es dann auch
    einführen. Alle Studierenden in diesem Land sollten eine
    Sockelförderung in gleicher Höhe als Basisabsicherung
    und als starken Anreiz bekommen; mit der zweiten Säule
    sichern wir eine unerlässliche soziale Komponente mit
    einem Bedarfszuschuss. Motten Sie Ihr nationales Sti-
    pendienprogramm ein! Erhöhen Sie das BAföG sofort
    viel deutlicher!


    (Patrick Döring [FDP]: Wir werden es noch ausbauen!)


    Bringen Sie mit uns das Zweisäulenmodell auf den Weg!
    Das wäre eine bessere Studienfinanzierung als die, die
    Sie heute vorschlagen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)