Protokoll:
17036

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 36

  • date_rangeDatum: 21. April 2010

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:32 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/36 Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 3393 A Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Gesetzent- würfe zur Änderung des Bundesausbildungs- förderungsgesetzes und zur Schaffung eines nationalen Stipendien-Programms . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: Haltung der Bundesregierung zur 3393 D 3395 C 3396 B 3397 A 3398 B 3398 B 3399 B 3403 A 3403 C 3403 D 3404 A 3404 B 3404 C Deutscher B Stenografisc 36. Sit Berlin, Mittwoch, d I n h a Zusatztagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung: zur Sicherheit im Luftverkehr Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3383 B 3385 C 3386 C 3388 A 3389 B 3390 C 3392 A Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 3399 C 3400 A undestag her Bericht zung en 21. April 2010 l t : Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3400 B 3400 C 3400 D 3401 B 3401 C 3402 A 3402 B 3402 C 3402 D Finanzierbarkeit der FDP-Steuerpläne . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 3405 A 3405 A 3406 A II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 17/1388, 17/1402) . . . . . . . . . . Dringliche Frage 1 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Aufstellung eines Nachtragshaus- halts für Kredite im Zusammenhang mit dem Rettungspaket für Griechenland Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dringliche Fragen 2 und 3 Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausgestaltung des Bundesgesetzes zur Be- gleitung der Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der von der Bundesre- gierung ausgesprochenen Garantien im Falle eines Antrags Griechenlands auf Kre- dithilfe; Finanzielle Risiken für den Bun- deshaushalt bei einem Antrag Griechen- lands auf Kredithilfe und Maßnahmen der Bundesregierung Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3407 A 3408 C 3409 D 3411 A 3412 B 3413 C 3415 A 3416 B 3418 B 3419 C 3420 C 3421 D 3422 A 3422 B 3423 B 3423 D 3424 C Zusatzfragen Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 48 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angebote privater Banken oder Gruppen von Gläubigern zur Hilfestellung beim Roll-over griechischer Staatsanleihen seit Anfang 2010 Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Fragen 3 und 4 Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) Verfassungsrechtliche Umsetzbarkeit der vorgesehenen Bildungsschecks für lokale Bildungsbündnisse; Sicherstellung der ziel- gerichteten Nutzung der Fördermittel für lokale Bildungsbündnisse Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 5 Michael Gerdes (SPD) Vorlage von Eckpunkten zur Umsetzung des angekündigten Bildungssparens Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Mündliche Frage 6 Michael Gerdes (SPD) Vorschläge zur Fortsetzung des Ganztags- schulprogramms und zum Ausbau der Schulsozialarbeit auf der Konferenz der 3425 A 3426 C 3426 D 3427 B 3427 D 3428 A 3428 B 3428 C 3428 D 3429 C 3429 C 3429 D 3430 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 III Regierungschefs von Bund und Ländern im Juni 2010 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 7 Ulla Burchardt (SPD) Zugesagte Finanzierung des Mehrbedarfs für zusätzliche Studienanfänger aus dem Hochschulpakt I für die Jahre 2011 bis 2013 Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 8 Ulla Burchardt (SPD) Beitrag des nationalen Stipendienprogramms zur Überwindung der sozialen Benachteili- gung von Studenten aus bildungsfernen Fa- milien Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Fragen 9 und 10 Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) Kritik am geplanten Stipendiengesetz von Studenten, Hochschulen und aus der Wirt- schaft; Gewährleistung einer regional, fach- lich und sozial ausgewogenen Stipendien- vergabe Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . . Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 3430 C 3430 D 3431 A 3431 C 3431 C 3432 B 3432 C 3433 C 3434 A 3434 B 3434 D 3435 D 3436 B 3437 A 3437 C Mündliche Frage 11 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Berechnungen des Wissenschaftsrates zu den erforderlichen Mitteln für die Verbes- serung der Lehre an den Hochschulen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Mündliche Frage 12 Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) Vorschläge der Bundesregierung für die Nach- besserung der Bologna-Reform auf der Konferenz der Regierungschefs von Bund und Ländern am 10. Juni 2010 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 13 Willi Brase (SPD) Konsequenzen aus der Nichterreichung der Zahl der laut Hochschulpakt I zugesagten zusätzlichen Studierenden in Nordrhein- Westfalen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Mündliche Frage 14 Willi Brase (SPD) Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zur Ausbildungsreife von Schulabgängern Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 15 Agnes Alpers (DIE LINKE) Vorlage des Berufsbildungsberichts 2010 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3438 A 3438 B 3439 A 3439 B 3439 B 3439 C 3440 B 3440 B 3441 C IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 Zusatzfragen Agnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 16 Agnes Alpers (DIE LINKE) Angabe einer sogenannten Erweiterten An- gebots-Nachfrage-Relation auf dem Ausbil- dungsmarkt im Berufsbildungsbericht 2010 Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 17 Burkhard Lischka (SPD) Umsetzung der von Bundesminister Dirk Niebel beabsichtigten Verzahnung von Bundeswehr und Entwicklungshilfe Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 18 Burkhard Lischka (SPD) Gewährleistung des vollständigen Abflus- ses der Mittel für den zivilen Wiederauf- bau in Afghanistan bei Umsetzung der be- absichtigten Verzahnung von Bundeswehr und Entwicklungshilfe Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Mündliche Frage 1 René Röspel (SPD) Finanzierbarkeit der geplanten Gesund- heitszentren über langfristige Projektför- derungen Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3441 C 3441 C 3442 B 3442 C 3443 C 3443 C 3445 A 3445 C Anlage 3 Mündliche Frage 2 René Röspel (SPD) Kernfusion im Verhältnis zu erneuerbaren Energien, Finanzierung in einem gemeinsa- men Haushaltstitel Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Mündliche Frage 19 Dr. Barbara Hendricks (SPD) Erreichbarkeit der geplanten Steigerung der ODA-Quote bis 2015 Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Mündliche Frage 20 Dr. Barbara Hendricks (SPD) Finanzierungsquellen für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem ODA-Stufenplan Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Mündliche Frage 21 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Verbesserung des Zugangs zu freiwilliger Familienplanung bezüglich Erreichen der Millenniumentwicklungsziele 4 und 5 (Kin- der- und Müttergesundheit) Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Mündliche Frage 22 Karin Roth (Esslingen) (SPD) Nutzbarmachung der im Rahmen der Vor- bereitung der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika geleisteten Unterstützung auch nach der WM für die gesamte Subsahara- Region Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3445 D 3446 A 3446 B 3446 C 3446 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 V Anlage 8 Mündliche Frage 23 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Haushaltsmittel 2011 für die Kapitalaufsto- ckung der Weltbank und die Wiederauffül- lung der Mittel für die International Deve- lopment Association (IDA); Aufwüchse bei den Regionalbanken Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Mündliche Frage 24 Dr. Bärbel Kofler (SPD) Finanzielle Anforderungen an Deutschland und Möglichkeiten der Bundesregierung zur Erhöhung des deutschen Beitrages im Zuge der Weltbankkonferenz im April 2010 Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Mündliche Frage 25 Niema Movassat (DIE LINKE) Partnerländer für die von Bundesminister Dirk Niebel angestrebte trilaterale Ent- wicklungszusammenarbeit mit Israel Antwort Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Mündliche Frage 26 Axel Schäfer (Bochum) (SPD) Etwaige Vertretung der Bundeskanzlerin im Europäischen Rat im Falle persönlicher Verhinderung Antwort Eckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Anlage 12 Mündliche Frage 27 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Befürchtete Massendeportationen von Pa- lästinensern aus den besetzten Gebieten durch die neue israelische Verordnung „Or- der Regarding Prevention of Infiltration“ 3447 A 3447 B 3447 D 3448 A Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Mündliche Frage 28 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Aufgreifen von Appellen von Misereor und Evangelischem Entwicklungsdienst an den israelischen Verteidigungsminister durch die Bundesregierung zur Verhinderung be- fürchteter Massendeportationen von Paläs- tinensern aus den besetzten Gebieten Is- raels Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 14 Mündliche Frage 29 Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einschätzung der Bundesregierung zu zwei am 13. April 2010 wirksam gewordenen Verordnungen betreffend die Ausweisung von Personen ohne anerkannte Aufenthalts- genehmigung aus dem Westjordanland Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 15 Mündliche Frage 30 Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Befürchtete Ausweisung Tausender Paläs- tinenser aus dem Westjordanland infolge neuer Erlasslage Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Mündliche Frage 31 Niema Movassat (DIE LINKE) Ablehnung eines Empfehlungsschreibens für eine Gruppe deutscher Ärzte zur Einreise in den Gazastreifen durch das Auswärtige Amt Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3448 B 3448 C 3448 D 3449 A 3449 A VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 Anlage 17 Mündliche Frage 32 Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) Informationen der Bundesregierung zu Zeit- punkt und Vorbereitung der Afghanistan- Konferenz in Kabul Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 18 Mündliche Frage 33 Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) Etwaige Auswirkungen der Verschiebung der geplanten Kabuler Afghanistan-Konfe- renz auf die Übernahme der Sicherheits- verantwortung durch afghanische Kräfte ab Ende 2010 Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 19 Mündliche Frage 34 Günter Gloser (SPD) Diskriminierung von Angehörigen der Roma- Minderheit in den EU-Staaten und in Staa- ten des westlichen Balkans Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 20 Mündliche Fragen 35 und 36 Uta Zapf (SPD) Gewährleistung einer qualifizierten Vor- und Nachbereitung ziviler Friedenseinsätze trotz Einsparungen beim Zentrum für Interna- tionale Friedenseinsätze Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 21 Mündliche Fragen 37 und 38 Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) Rolle des Zentrums für Internationale Frie- denseinsätze im Bereich „Vernetzte Sicher- 3449 C 3449 D 3450 A 3450 C heit“ und zukünftig zur Verfügung ste- hende Haushaltsmittel Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 22 Mündliche Fragen 39 und 40 Edelgard Bulmahn (SPD) Vereinbarkeit der Kürzung der Zuwendun- gen an das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze mit dem Koalitionsver- trag; Folgen dieser Mittelkürzungen Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 23 Mündliche Frage 41 Axel Schäfer (Bochum) (SPD) Konsequenzen für Verhandlungsführung und Abstimmungsverhalten der Bundesregie- rung im Europäischen Rat bei fehlender Stellungnahme des Bundestages zu EU- Vorhaben Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 24 Mündliche Fragen 42 und 43 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Unterlaufen der Grundprinzipien des Atom- waffensperrvertrags durch die Ausnahme- regelung der Nuclear Suppliers Group für Indien bezüglich des Handels mit Nuklear- material Antwort Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 25 Mündliche Frage 44 Halina Wawzyniak (DIE LINKE) Berufung von Frauen in die Kommission Deutscher Corporate Governance Kodex Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3451 A 3451 B 3451 C 3452 A 3452 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 VII Anlage 26 Mündliche Fragen 45 und 46 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) Höhe des SED-Vermögens zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung und gegebenenfalls den neuen Bundesländern zustehender An- teil; offene Rechtsstreitigkeiten um bis heute verschwundenes Parteivermögen Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 27 Mündliche Frage 47 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Forderung der Länder nach zusätzlichen Umsatzsteuermitteln zur Erreichung des sogenannten 10-Prozent-Ziels für Bildung und Forschung Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 28 Mündliche Frage 49 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorschläge des EU-Kommissars für Wirt- schaft und Währung, Olli Rehn, zur stär- keren Kontrolle der nationalen Haushalte Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 29 Mündliche Frage 50 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründung eines EU-Rettungsfonds sowie Ausschluss von Defizitländern aus der Euro- Zone Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 30 Mündliche Frage 51 Peter Friedrich (SPD) Ankauf der dem Land Baden-Württemberg angebotenen Steuersünder-CD 3452 C 3453 B 3453 B 3453 D Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 31 Mündliche Fragen 52 und 53 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Planungen für die aufgrund ihrer Natur- schutzwürdigkeit von der Privatisierung ausgenommenen Seen im Bundesbesitz Antwort Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 32 Mündliche Frage 54 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Im Energiekonzept der Bundesregierung zu- grunde gelegte Jahresvolllaststunden und zusätzliche Reststrommengen im Zielszena- rio mit 28 Jahren Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 33 Mündliche Frage 55 Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schlussfolgerungen aus den Diskussionen des Washingtoner Nukleargipfels zur Dual- use-Problematik im Hinblick auf den Atomausstieg Deutschlands und die Förde- rung von Atomtechnologieexporten Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 34 Mündliche Frage 56 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswirkungen der Verlängerung der Lauf- zeiten für Atomkraftwerke auf den Strom- markt Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3453 A 3453 C 3455 A 3455 B 3455 C VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 Anlage 35 Mündliche Frage 57 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pläne der EU-Kommission zur Übernahme von bis zu 15 Prozent der Kosten für den Bau neuer Kohlekraftwerke ab 2013 auf Druck Deutschlands und Polens Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 36 Mündliche Frage 58 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Reduzierung der Steinkohlesubventionen Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 37 Mündliche Frage 59 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abgerufene Mittel für den Neu- und Aus- bau von Wärmenetzen nach dem KWKG im Jahr 2009 sowie für 2010 erwartete Ent- wicklung Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 38 Mündliche Frage 60 Garrelt Duin (SPD) Einzelbetriebliche Förderung niedersächsi- scher Unternehmen im Rahmen der Ge- meinschaftsaufgabe „Verbesserung der re- gionalen Wirtschaftsstruktur“ Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 39 Mündliche Frage 61 Garrelt Duin (SPD) Verlängerung des Wirtschaftsfonds Deutsch- land über 2010 hinaus 3455 D 3455 D 3456 A 3456 B Antwort Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 40 Mündliche Fragen 62 und 63 Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) Erarbeitung des Aktionsplans zur Umset- zung der UN-Behindertenrechtskonvention und Reform der Eingliederungshilfe Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 41 Mündliche Frage 64 Swen Schulz (Spandau) (SPD) Umsetzung der Maßgaben des Bundesver- fassungsgerichtsurteils vom 9. Februar 2010 zur Teilhabe von Kindern und Jugendli- chen an der Bildung Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 42 Mündliche Frage 65 Jutta Krellmann (DIE LINKE) Die 20 wichtigsten Instrumente/Maßnah- men im Bereich des Zweiten und Dritten Buches Sozialgesetzbuch im Jahr 2009 Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 43 Mündliche Fragen 66 und 67 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Seit 2005 zur Verfügung stehende und tat- sächlich abgeflossene Mittel für aktive Ar- beitsmarktpolitik sowie Verwendung nicht verausgabter Mittel Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3456 C 3456 D 3457 B 3457 C 3461 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 IX Anlage 44 Mündliche Fragen 68 und 69 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Vorlage eines Entwurfs zur Waldstrategie 2020 unter Einbezug des Deutschen Bun- destages; Stand der Vorbereitungen für die Bundeswaldinventur 3 Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 45 Mündliche Frage 70 Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterbindung der von Energy Drinks aus- gehenden Gesundheitsgefahren Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 46 Mündliche Frage 71 Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Strengere gesetzliche Regelungen zur Kenn- zeichnung von Klebeschinken und Unter- stützung eines Verbots von Klebeenzymen in der Fleischwarenerzeugung auf europäi- scher Ebene Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 47 Mündliche Frage 72 Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) Nennung der vier in den Meldungen zum Kunduz-Luftschlag vom 4. September 2009 erwähnten Taliban-Führer in der Joint Ef- fects List oder der Joint Priority Effects List der ISAF bzw. einer entsprechenden Liste der OEF Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 48 Mündliche Frage 73 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 3462 A 3462 C 3463 A 3463 C Inhalt der Einsätze der Bundeswehrson- dereinheit TF-47 und der US-Task Force 373 am 3./4. September 2009 im Raum Kunduz/Afghanistan sowie weitere Ein- sätze der Task Force 373 im deutschen ISAF-Regionalkommando Nord Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 49 Mündliche Frage 74 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einsatz von Panzerhaubitzen und MARDER- Schützenpanzern durch die Bundeswehr in Afghanistan; Erfordernis eines neuen Bun- destagsmandats für die geplante Militärof- fensive Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 50 Mündliche Frage 75 Rainer Arnold (SPD) Auslieferung der Kampfhubschrauber TIGER an die Bundeswehr und vorgesehe- ner Einsatztermin Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 51 Mündliche Frage 76 Rainer Arnold (SPD) Beschaffung der Waffenstationen FLW 100 und FLW 200 Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 52 Mündliche Frage 77 Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gründe für die Verlegung von Panzerab- wehrlenkflugkörpern des Typs TOW nach Afghanistan Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3463 D 3464 A 3464 C 3464 D 3465 A X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 Anlage 53 Mündliche Frage 78 Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Verbesserung der Sicherheitslage in Afgha- nistan durch den Einsatz von Panzerhau- bitzen und anderer neuer Waffensysteme Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 54 Mündliche Frage 79 Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) Teilnahme eines deutschen Waffensystem- offiziers an Einsätzen der britischen Luft- waffe in Afghanistan zwischen Oktober 2009 und Januar 2010 Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 55 Mündliche Frage 80 Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beteiligung deutscher Soldaten an Kampfein- sätzen der britischen Luftwaffe in Kanda- har und Deckung solcher Einsätze durch das Bundestagsmandat Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 56 Mündliche Fragen 81 und 82 Jan van Aken (DIE LINKE) Einsatzstrategie der am 15. April 2010 bei Baghlan/Afghanistan überfallenen Patrouille; Verringerung des Risikos dieses für Bun- deswehrsoldaten tödlichen Angriffs durch eine zusätzliche Ausstattung Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 57 Mündliche Frage 83 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schlussfolgerungen aus den Äußerungen von Hamid Karsai zur Fälschung der Präsiden- 3465 B 3465 C 3465 D 3466 A tenwahlen und zur geplanten Großoffen- sive der NATO in der Provinz Kandahar Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 58 Mündliche Fragen 84 und 85 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zeitpunkt der Vorlage des Gesetzentwurfs zu Änderungen wehrrechtlicher Vorschrif- ten 2010 in Bundestag und Bundesrat; Zu- stimmungsbedürftigkeit und etwaige Betei- ligung des Bundesrates Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 59 Mündliche Fragen 86 und 87 Dr. Marlies Volkmer (SPD) Aufbereitung von medizinischen Einmal- produkten; Vorlage einer entsprechenden Sicherheitsstudie sowie daraus resultieren- der gesetzlicher Änderungen Antwort Annette Widmann-Mauz, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 60 Mündliche Frage 88 Peter Friedrich (SPD) Verwendung der Lärmmessungen in betrof- fenen Gebieten Süddeutschlands als Grund- lage für die Verhandlungen mit der Schweiz zum Flughafen Zürich-Kloten Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 61 Mündliche Frage 89 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Anmeldung des sogenannten Vier-Meere- Schienenkorridors in der Revision der Leitlinien für das transeuropäische Ver- kehrsnetz für 2010 Antwort Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3466 D 3467 A 3467 B 3467 D 3468 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 XI Anlage 62 Mündliche Fragen 90 und 91 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Bilanz und geplante Reform des KfW-Pro- gramms „Altersgerecht Umbauen“ Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 63 Mündliche Fragen 92 und 93 Dr. Edgar Franke (SPD) Finanzierung des Baus der Bundesauto- bahn 49 und Freigabe der Mittel erst nach Vorlage des Baurechts für alle Bauab- schnitte Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 64 Mündliche Frage 94 Ulrike Gottschalck (SPD) Finanzielle Beteiligung des Bundes an den durch die Umgebungslärmrichtlinie vorge- schriebenen Lärmaktionsplänen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 65 Mündliche Frage 95 Ulrike Gottschalck (SPD) Stärkere Ahndung der Verstöße von Last- wagen gegen das Nachtfahrverbot Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 66 Mündliche Fragen 96 und 97 Johannes Kahrs (SPD) Einführung einer Pkw-Maut und Inhalt der geplanten Leistungs- und Finanzie- rungsvereinbarung für Bundesfernstraßen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3468 B 3468 D 3469 A 3469 C 3469 C Anlage 67 Mündliche Frage 98 Kirsten Lühmann (SPD) Kürzung der Fördermittel für den kombi- nierten Verkehr Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 68 Mündliche Frage 99 Martin Burkert (SPD) Vorlage eines Konzepts für die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 69 Mündliche Frage 100 Martin Burkert (SPD) Künftige Ausgestaltung der Wettbewerbs- bedingungen im öffentlichen Nahverkehr und der Gestaltungsspielräume der Kom- munen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 70 Mündliche Fragen 101 und 102 Uwe Beckmeyer (SPD) Finanzierung der zusätzlich zum Bundes- haushalt 2010 angekündigten Mittel für die Beseitigung von Frostschäden an Straßen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 71 Mündliche Frage 103 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Datenerhebungen über Atomtransporte in der 16. und 17. Wahlperiode und Verwen- dung dieser Daten für die Transportstudie Konrad Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3469 D 3470 B 3470 C 3470 C 3471 A XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 Anlage 72 Mündliche Fragen 104 und 105 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Forschungs- und Entwicklungsprogramme im Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle in Gorleben sowie Kenntnis der Bundesregierung über ein Schreiben der PreussenElektra AG vom 14. März 1997 zum Atommülllager Asse II Antwort Ursula Heinen-Esser, Parl. Staatssekretärin BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3471 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3383 (A) (C) (D)(B) 36. Sit Berlin, Mittwoch, d Beginn: 1
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3445 (A) (C) (D)(B) demie der Technikwissenschaften acatech und der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, welche im „Konzept für ein integriertes Energieforschungsprogramm für Dr. Sieling, Carsten SPD 21.04.2010 Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 2): Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der Deutschen Aka- Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 21.04.2010 Dr. Röhlinger, Peter FDP 21.04.2010 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.04.2010 Binder, Karin DIE LINKE 21.04.2010 Bollmann, Gerd SPD 21.04.2010 Buchholz, Christine DIE LINKE 21.04.2010 Dörmann, Martin SPD 21.04.2010 Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.04.2010 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 21.04.2010 Haibach, Holger CDU/CSU 21.04.2010 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 21.04.2010 Karl, Alois CDU/CSU 21.04.2010 Kolbe (Leipzig), Daniela SPD 21.04.2010 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.04.2010 Kumpf, Ute SPD 21.04.2010 Lutze, Thomas DIE LINKE 21.04.2010 Dr. Maizière de, Thomas CDU/CSU 21.04.2010 Dr. Miersch, Matthias SPD 21.04.2010 Mißfelder, Philipp CDU/CSU 21.04.2010 Dr. Mützenich, Rolf SPD 21.04.2010 Nietan, Dietmar SPD 21.04.2010 Pothmer, Brigitte BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.04.2010 Dr. Raabe, Sascha SPD 21.04.2010 Riegert, Klaus CDU/CSU 21.04.2010 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten René Röspel (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 1): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Aus- sage des ehemaligen Präsidenten des Medizinischen Fakultä- tentages, Professor Dr. Gebhard von Jagow, in Forschung & Lehre (April 2010), dass die von der Bundesregierung geplan- ten Gesundheitszentren auch über langfristige Projektförde- rungen finanzierbar seien? Zur Finanzierung der geplanten Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung wurden alle denkbaren Finan- zierungsmodelle geprüft, insbesondere auch im Hinblick auf die haushaltsrechtliche Zulässigkeit langfristiger Projektförderung. Auch eine langfristige Projektförde- rung kann nur befristet sein, deshalb wurde grundsätz- lich der Weg über die Weiterleitung institutioneller Mit- tel der Helmholtz-Zentren an die Partnereinrichtungen gewählt. Dadurch wird die Nachhaltigkeit der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung gewährleistet und gleichzeitig die haushaltsrechtlich unzulässige „Quasi- institutionelle Förderung“ vermieden. Der amtierende Präsident des Medizinischen Fakultätentages, Professor Dieter Bitter-Suermann, ist in die Entwicklung der Deut- schen Zentren der Gesundheitsforschung eingebunden und stimmt den Ausschreibungsmodalitäten für die Zen- tren zu. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Frage des Storjohann, Gero CDU/CSU 21.04.2010 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.04.2010 Dr. Volkmer, Marlies SPD 21.04.2010 Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.04.2010 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 3446 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Deutschland“ formulieren, dass die Kernfusion den erneuer- baren Energien gleichzustellen sei, und, wenn ja, warum wird diese dann nicht konsequenterweise aus einem gemeinsamen Haushaltstitel „Erneuerbare Energie“ finanziert? Erneuerbare Energien basieren auf nach menschli- chem Ermessen unerschöpflichen Energiequellen und kommen ohne Verbrauch nicht-regenerierbarer Brenn- stoffe aus. Dies ist bei der Kernfusion nicht der Fall. In Fusionsreaktoren werden zur Gewinnung nutzbarer Energie Brennstoffe, zum Beispiel Deuterium und Tri- tium, das aus Lithium im Fusionsreaktor erbrütet werden soll, verbraucht. Die Umkehrung des Prozesses, also die Regenerierung der Ausgangsstoffe, ist nahezu unmög- lich und energetisch nicht sinnvoll. Die Kernfusion wird daher in der Regel nicht als erneuerbar bezeichnet. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 19): Hält die Bundesregierung die Steigerung der deutschen Official-Development-Assistance-Quote, ODA-Quote, auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens bis zum Jahr 2015 für erreichbar? Die Bundesregierung steht zu dem im EU-Kontext vereinbarten Ziel einer ODA-Quote von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) bis 2015 und hat mit der deutlichen Erhöhung der ODA-anrechenbaren Haus- haltsmittel in den letzten zwei Jahren um rund 1,55 Mil- liarden Euro unter Beweis gestellt, dass sie entsprechend handelt. Trotz der schwierigen Haushaltslage hat das BMZ auch im Haushalt 2010 noch einmal 256 Millionen Euro mehr als 2009 erhalten. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 20): Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, eine internatio- nale Finanztransaktionsteuer zu etablieren, um einen Teil aus dem daraus resultierenden Steueraufkommen dafür einzuset- zen, die Verpflichtungen der Bundesregierung aus dem ODA- Stufenplan zu erfüllen, oder hat die Bundesregierung eine an- dere zusätzliche Finanzierungsquelle ins Auge gefasst? Zurzeit erarbeitet der Internationale Währungsfonds im Auftrag der G-20-Staaten einen Bericht über die verschie- denen Möglichkeiten zur Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Bewältigung der Krise. Hierbei wird auch eine international abgestimmte Finanztransaktionsteuer thematisiert. Die Bundesregierung hält das Instrument der Finanztransaktionsteuer nur dann für sinnvoll, wenn es in- ternational umgesetzt wird. Der Abschlussbericht des IWF, der für Juni 2010 geplant ist, wird eine wertvolle Grund- lage für die internationale Diskussion bieten. Grundsätz- lich gilt, dass Steuern keiner Zweckbindung unterliegen und über die Verwendung im jährlichen Haushaltsaufstel- lungsverfahren entschieden wird. Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 21): Ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung der Auffassung, dass zum Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele 4 und 5 – Kinder- und Müttergesundheit –, die bisher nur zu 32 bzw. 9 Prozent er- reicht wurden, die Anstrengungen zur Verbesserung des Zu- gangs zu freiwilliger Familienplanung vermehrt werden müs- sen, und, wenn ja, welche konkreten Schritte wird das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Rahmen der Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung unternehmen, dass freiwillige Familienpla- nung in Verbindung mit Zugang zu Gesundheitsfürsorge, Pro- grammen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und HIV/AIDS-Aktivitäten Eingang in die Verhandlungen im Rahmen des G-8- bzw. G-20-Gipfels findet? Ja, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung (BMZ) ist der Auffassung, dass die Anstrengungen zur Verbesserung des Zugangs zu freiwilliger Familienplanung in Entwicklungsländern vermehrt werden müssen. Freiwillige Familienplanung, Zugang zu Gesundheitsfürsorge, Programme zur sexuel- len und reproduktiven Gesundheit und HIV/AIDS-Akti- vitäten haben bereits Eingang in die Verhandlungen im Rahmen des G-8/G-20-Gipfels genommen. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Karin Roth (Esslingen) (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 22): In welchen Bereichen und in welchem Umfang wird das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung seine Unterstützung im Rahmen der Vorberei- tung der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika auch nach der WM für die gesamte Subsahara-Region dauerhaft nutzbar machen? Das BMZ unterstützt im Rahmen der Fußball-WM 2010 folgende Projekte: Das TZ-Projekt „Jugendentwicklung durch Fußball“ nutzt die Begeisterung von Jugendlichen für den Fußball zur Jugendentwicklung und Gewaltprävention. Durch Fußballspielen unter Anleitung und begleitende Freizeit- aktivitäten lernen Kinder und Jugendliche nicht nur Teamgeist und Fair Play, sondern auch ein soziales und integratives Miteinander, verschiedene Möglichkeiten der gewaltfreien Konfliktlösung, HIV/Aids-Aufklärung und Umweltbewusstsein. Projektaktivitäten finden nicht nur in Südafrika, son- dern auch in Ghana, Lesotho, Namibia, Sambia und Mo- sambik statt. Aktivitäten in Kenia, Ruanda und Bots- wana befinden sich in Vorbereitung. Bis Ende 2011 sollen 30 lokale NRO mit dem Ansatz arbeiten. Dadurch wird sichergestellt, dass auch nach Projektabschluss die- ser erfolgreiche Ansatz zur Jugendförderung und Ge- waltprävention weiter genutzt wird. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3447 (A) (C) (D)(B) Das BMZ unterstützt die Organisation der WM über das „Host City“-Programm (InWEnt, GTZ, DED). Deut- sche Experten aus den WM Austragungsorten 2006 vermit- teln ihren südafrikanischen Kollegen ihre Erfahrungen in Bereichen wie Unterkunftsplanung, Abfallmanagement, Fan-Parks, Verkehrsplanung, (Stadion-)Sicherheit, Feuer- wehr- und Notarzteinsätzen und Katastrophenvorsorge. Die bisher über 170 Beratungseinsätze deutscher Ex- perten und zahlreiche Besuche südafrikanischer Verant- wortlicher in deutschen Kommunen tragen dazu bei, dass die WM-Städte mit ihren Vorbereitungen gut im Zeitplan sind und die südafrikanischen Kommunen nachhaltig Kompetenzen aufbauen. In den letzten Monaten kam es in Südafrika wiederholt zu Bürgerprotesten, weil die kommunalen Verwaltungen ihre Dienstleistungen nicht zufriedenstellend erbrachten. Durch die Förderung der Kommunen im Rahmen des „Host City“-Programms und die Maßnahmen zur Stär- kung lokaler Regierungsführung (unter dem Schwer- punkt Regierungsführung/öffentliche Verwaltung) leistet das BMZ einen Beitrag zur inneren Stabilisierung Süd- afrikas. Vor dem Hintergrund des Vorbildcharakters Süd- afrikas ist dies für die Stabilität der gesamten Region von hoher Bedeutung. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Dr. Bärbel Kofler (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 23): Welche Mittel sind für den Haushalt 2011 vorgesehen, um die Kapitalaufstockung der Weltbank sowie die Wiederauffül- lung der Mittel für die IDA – International Development As- sociation – zu leisten, und welche Aufwüchse sind für die Re- gionalbanken zu erwarten? Es entspricht der guten Übung der letzten Jahre – und im Übrigen auch der letzten Bundesregierung – vor Abschluss des regierungsinternen Haushaltsaufstellungs- verfahrens keine Verhandlungszwischenstände zu veröf- fentlichen. Über die Höhe der Ansätze für die Entwick- lungsbanken – sei es für Kapitalerhöhungen, sei es für Wiederauffüllungen – wird im Zusammenhang mit der Festlegung der Höhe des Gesamtplafonds für den Einzel- plan 23 entschieden werden müssen. Dabei streben wir an, eine ausgewogene Balance zwischen bilateralen und multilateralen Ansätzen zu schaffen. Zugleich wollen wir versuchen, unseren Einfluss auf die Entwicklungsbanken zu erhöhen und auch weiterhin angemessene Anteile am Kapital und an den Wiederauffüllungen zu halten. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage der Abgeordneten Dr. Bärbel Kofler (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 24): Wie schätzt die Bundesregierung die finanziellen Anfor- derungen an Deutschland ein, die bei der Ende April 2010 stattfindenden Weltbankkonferenz mit der Bundesregierung verhandelt werden, und sieht die Bundesregierung für die Ver- handlungen der Weltbankkonferenz Möglichkeiten im Ver- gleich zu anderen Gebern, den deutschen Beitrag zu erhöhen oder zumindest nicht unter das bisherige Niveau zurückzufal- len? Erstens: Einschätzung der Bundesregierung über die finanziellen Anforderungen an Deutschland, die bei der Ende April 2010 stattfindenden Weltbankkonferenz mit der Bundesregierung verhandelt werden. Die G 20 haben beschlossen, die Entwicklungsban- ken mit einer hinreichenden Kapitalbasis auszustatten, um ihr Mandat auch in den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise wahrnehmen zu können. Für die Frühjahres- tagung hat die Weltbank einen Vorschlag erarbeitet, über den die Gouverneure befinden werden. Die Bundes- regierung hält die finanziellen Anforderungen für ange- messen. Die Haushaltsbelastungen werden sich voraus- sichtlich im moderaten Rahmen halten. Darüber hinaus wird der Kapitalbedarf der IBRD aus verschiedenen Quellen gespeist, was der Forderung Deutschlands ent- spricht. Unseren Vorstellungen wurde damit weitestge- hend entsprochen. Zweitens: Sieht die Bundesregierung für die Verhand- lungen der Weltbankkonferenz Möglichkeiten im Ver- gleich zu anderen Gebern, den deutschen Beitrag zu er- höhen oder zumindest nicht unter das bisherige Niveau zurückzufallen? Die Bundesregierung hat sich stets für eine faire Las- tenteilung eingesetzt. Gleichzeitig ist wichtig, unsere strukturellen Einflussmöglichkeiten bei der Weltbank nicht zu schmälern. Deshalb beabsichtigen wir, uns ge- mäß unserem Stimmrechtsanteil an der Kapitalerhöhung zu beteiligen. Auf der Frühjahrstagung soll die Stimmrechtsreform der Weltbank beschlossen werden, deren Ziel es ist, die Vertretung von Entwicklungsländern zu stärken (auch dies eine politische Verpflichtung aus dem G-20-Pro- zess). Für den notwendigen Stimmentransfer geben In- dustrieländer Stimmenanteile ab. Deutschland wird je- doch aufgrund seiner bisherigen Unterrepräsentation relativ zu vielen anderen Industriestaaten weniger Stim- mengewicht übertragen. Im Rahmen der 15. Wiederauffüllung hat die Bundes- regierung 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt (dies ent- spricht einem deutschen Anteil von 7,11 Prozent). Auch an der 16. Wiederauffüllung beabsichtigt die Bundes- regierung sich – vorbehaltlich der parlamentarischen Zu- stimmung – entsprechend zu beteiligen. Zum jetzigen Zeitpunkt steht der Beitrag dieser Beteiligung noch nicht fest, da erst ab Juni 2010 die Gesamthöhe der Wiederauf- füllung international verhandelt wird. Beitragsleistungen anderer Geber sind deshalb derzeit noch nicht absehbar. Wir rechnen damit, dass Deutschland seine Stellung als viertgrößter IDA-Geber (hinter USA, UK, JAP) halten kann. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Druck- sache 17/1388, Frage 25): 3448 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Mit welchen Partnerländern und in welchen Bereichen ist die vom Bundesminister Dirk Niebel angestrebte trilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Israel geplant oder findet bereits statt? Anlässlich der 2. Deutsch-Israelischen Regierungs- konsultationen am 18. Januar 2010 in Berlin haben das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und die Entwicklungsagentur im israelischen Außenministerium MASHAV eine ver- stärkte Zusammenarbeit an gemeinsamen Entwicklungs- vorhaben vor allem in Ländern in Afrika und in Zentral- asien und mit besonderem Fokus auf den Wassersektor vereinbart. Konkrete Kooperationsperspektiven werden derzeit in Abstimmung mit einzelnen Partnerländern ge- prüft. Bisher existiert ein trilaterales Kooperationsvorhaben im Bereich Bewässerungslandwirtschaft in Äthiopien. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Eckart von Klaeden auf die Frage des Abgeordneten Axel Schäfer (Bochum) (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 26): Wer vertritt die Bundeskanzlerin im Europäischen Rat, sollte ihre persönliche Teilnahme nicht möglich sein, und wäre nach Auffassung der Bundesregierung auch eine Vertre- tung der Bundeskanzlerin auf dem Europäischen Rat durch ei- nen anderen Staatschef möglich? Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sieht in Art. 235 Abs. 1 vor: „Jedes Mitglied des Europäischen Rates kann sich das Stimmrecht höchstens eines anderen Mitglieds übertragen lassen.“ Diese Rege- lungen für den Europäischen Rat entsprechen den für den Rat schon lange in den europäischen Verträgen ver- ankerten Vorschriften – Art. 239 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. In der Bundesre- gierung besteht zudem Konsens, dass im besonderen Ausnahmefall einer tatsächlichen Verhinderung der Bundeskanzlerin eine Vertretung durch ein anderes Re- gierungsmitglied möglich sein muss. In diesem Zusam- menhang gilt grundsätzlich die Regelung des Art. 69 Abs. 1 GG, nach der die Bundeskanzlerin den Bundes- minister des Auswärtigen zu ihrem Stellvertreter ernannt hat. Anlage 12 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Frage 27): Teilt die Bundesregierung die Sorgen israelischer Men- schenrechtsorganisationen, dass die neue israelische Verord- nung „Order regarding Prevention of Infiltration“, welche der israelischen Armee ermöglicht, alle Personen aus den besetz- ten Gebieten auszuweisen, die keine ausdrückliche Bleibe- erlaubnis durch die israelische Armeeverwaltung besitzen, zu Massendeportationen führen könnte? Die Bundesregierung hat die Frage der Reichweite der Abänderung der bestehenden Armeeverordnungen mit der israelischen Regierung und der palästinensischen Behörde, PA, unmittelbar nach ihrem Bekanntwerden aufgenommen. Im Lichte einer umfassenden Bewertung der verän- derten Vorschriften sowie einer Beobachtung der israeli- schen Praxis wird die Bundesregierung gegebenenfalls weitere Schritte in Zusammenarbeit mit den europäi- schen Partnern prüfen. Anlage 13 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Frage 28): Wird die Bundesregierung gegenüber der israelischen Re- gierung den dringenden Appell des Bischöflichen Hilfswerks Misereor e. V. und des Evangelischen Entwicklungsdienstes, EED, an den israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak zur Sprache bringen, um befürchtete Massendeportationen von palästinensischen Bürgerinnen und Bürgern, die über keine Bleibeerlaubnis verfügen, abzuwenden? Auf meine Antwort zu Ihrer ersten Frage wird ver- wiesen. Die im Appell des bischöflichen Hilfswerk Misereor sowie des Evangelischen Entwicklungsdienstes, EED, geäußerten Einschätzungen sind der Bundesregierung bekannt und fließen – wie auch Einschätzungen anderer Nichtregierungsorganisationen – in die Bewertung der Bundesregierung ein. Hierbei wurde eine Reihe von Widersprüchen zur Frage der Sachhintergründe, der Reichweite und der An- wendbarkeit deutlich. Anlage 14 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 29): Wie schätzt die Bundesregierung die am Dienstag, dem 13. April 2010, wirksam gewordenen Aufenthaltsregeln für das Westjordanland ein, die auf den zwei Verordnungen „Or- der regarding Prevention of Infiltration (Amendment No. 2)“ und „Order regarding Security Provisions (Amendment No. 112)“ basieren und nach denen es dem israelischen Mili- tär erlaubt ist, Personen aus dem Westjordanland auszuwei- sen, die keine von Israel anerkannte Aufenthaltsgenehmigung haben? Die Bundesregierung hat die Frage der Reichweite der Abänderung der bestehenden Armeeverordnungen mit der israelischen Regierung und der palästinensischen Behörde, PA, unmittelbar nach ihrem Bekanntwerden aufgenommen. Im Lichte einer umfassenden Bewertung der verän- derten Vorschriften sowie einer Beobachtung der israeli- schen Praxis wird die Bundesregierung gegebenenfalls weitere Schritte in Zusammenarbeit mit den europäi- schen Partnern prüfen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3449 (A) (C) (D)(B) Anlage 15 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 30): Teilt die Bundesregierung die Befürchtungen von Men- schenrechtsorganisationen, wonach die neue Erlasslage die Ausweisung Tausender Palästinenser aus dem Westjordanland zur Folge haben könnte? Auf meine Antwort zu Ihrer ersten Frage wird ver- wiesen. Die von verschiedenen Menschenrechtsorganisatio- nen geäußerten Einschätzungen sind der Bundesregie- rung bekannt und fließen in die Bewertung der abgeän- derten Armeebefehle ein. Hierbei wurde eine Reihe von Widersprüchen zur Frage der Sachhintergründe, der Reichweite und der An- wendbarkeit deutlich. Anlage 16 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Druck- sache 17/1388, Frage 31): Aus welchem Grund lehnte das Auswärtige Amt, wie aus einem Schreiben der deutschen Botschaft in Kairo vom 31. Dezember 2009 hervorgeht, die Erstellung eines Empfeh- lungsschreibens an die ägyptische Regierung bezüglich einer Ende Dezember 2009 geplanten Einreise einer Gruppe deut- scher Ärzte mitsamt Medikamenten und medizinischen In- strumenten in den Gazastreifen ab, zumal klar ist, dass die Be- gründung für die Ablehnung, nämlich die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts für den Gazastreifen, keine entschei- dende Rolle gespielt haben kann, da eine Woche zuvor eine Gruppe europäischer Parlamentarier völlig unbehelligt in den Gazastreifen reiste und dort einige Tage verbrachte und zu- dem die Ärzte betonten, dass sie jegliche Verantwortung für die Reise und entstehende Risiken selbst übernehmen würden und es nicht genügen würde, nur die Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu schicken, da die Anwesenheit der Ärzte zur Einweisung in den Gebrauch der Instrumente dringend erfor- derlich sei? Das Auswärtige Amt hat Anfang Dezember 2009 dem besagten Ärzteteam mitgeteilt, dass für den Gaza- streifen eine Reisewarnung besteht und deutschen Staatsangehörigen dringend von einer Reise abgeraten wird. Speziell zum Zeitpunkt des Jahreswechsels 2009/ 2010 ist es im Gebiet des ägyptischen Grenzübergangs Rafah zu teilweise tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern einer internationalen Demonstra- tion, ägyptischen Sicherheitskräften sowie Hamas-An- hängern gekommen. Dabei ist mindestens eine Person zu Tode gekommen, es gab zahlreiche Verletzte. Unmittel- bar im Vorfeld sind Äußerungen der ägyptischen Behör- den medienöffentlich bekannt geworden, wonach diese zum Jahreswechsel 2009/2010 keinerlei Demonstratio- nen oder Grenzübertritte im Gebiet um Rafah zulassen werden. Das Auswärtige Amt hat vor diesem Hintergrund ge- genüber der Gruppe von deutschen Ärzten wiederholt seine Bereitschaft erklärt (gegebenenfalls zu einem spä- teren Zeitpunkt), bei der Übersendung der humanitären Güter in den Gazastreifen behilflich zu sein und ein Ge- spräch in der Deutschen Botschaft Kairo angeboten. Das Auswärtige Amt steht weiterhin zu dieser Unter- stützungszusage und hatte die Botschaft Kairo um die Jahreswende angewiesen, die Frage der Einfuhr der ent- sprechenden Güter in geeigneter Form mit den ägypti- schen Stellen aufzunehmen. Im Übrigen ist die Kontrolle der Grenzübergänge eine originär hoheitliche Aufgabe des jeweiligen Staates. Da- her hat das Auswärtige Amt im Falle einer Einreisever- weigerung keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Entscheidung der ägyptischen Grenzbehörden. Dies galt auch und in besonderem Maße für die Situation zum Zeitpunkt des Jahreswechsel 2009/2010. Anlage 17 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 32): Welche Informationen hat die Bundesregierung über Zeit- punkt und Vorbereitung der Afghanistan-Konferenz in Kabul, die bei der Londoner Konferenz am 28. Januar 2010 verein- bart wurde und die eigentlich bereits im April dieses Jahres stattfinden sollte? Die Kabuler Afghanistan-Konferenz steht unter der Verantwortung der afghanischen Regierung. Diese hat nach wie vor keinen festen Konferenztermin benannt. Die Konferenz war zuletzt für Anfang Juni 2010 geplant, könnte aber nach neuesten Informationen auf Mitte bis Ende Juli verschoben werden. Die Vorbereitung der Konferenz ist angelaufen, muss aber noch an Fahrt aufnehmen. Geleistet wird die Vorbe- reitungsarbeit in von der afghanischen Regierung ein- gerichteten Kabinettsausschüssen sowie im Gemeinsamen Koordinierungs- und Überwachungsgremium – Joint Coordination and Monitoring Board JCMB –, einem ge- meinsamen Gremium der internationalen Gemeinschaft und Afghanistans. Die Kabinettsausschüsse sollen in den vier Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Bildung und Aufbau von Humanressourcen, Infrastruktur und wirt- schaftliche Entwicklung sowie Governance Vorschläge für ressortübergreifende, nationale Entwicklungspro- gramme erarbeiten, die mit überprüfbaren Zielvorgaben für die nächsten Jahre unterlegt sind. Anlage 18 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 33): Welche Vorkehrungen wird die Bundesregierung treffen, um zu verhindern, dass die Verschiebung der Kabuler Afgha- nistan-Konferenz auch zu einer Verschiebung der schrittweisen 3450 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Übernahme der Sicherheitsverantwortung durch afghanische Kräfte ab Ende 2010, wie sie Punkt 11 des Abschlussdoku- ments der Londoner Konferenz vorsieht, führen wird? Die schrittweise Übergabe der Sicherheitsverantwor- tung ist nach den Londoner Beschlüssen ab Ende 2010/ Anfang 2011 vorgesehen. Das Londoner Schlussdoku- ment indossiert einen weiteren Aufwuchs der afghani- schen Sicherheitskräfte. Es reflektiert außerdem die Zu- sage der internationalen Gemeinschaft, die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte zu intensivieren. Das im NATO-ISAF-Rahmen ausgearbeitete Konzept der Übergabe von Sicherheitsverantwortung soll auf dem Außenministertreffen in Tallinn am 22./23. April 2010 beraten werden. Die Internationale Sicherheitsun- terstützungstruppe, ISAF, beabsichtigt, die Grundlagen für die Übergabe der Sicherheitsverantwortung bis zum NATO-Gipfel in Lissabon im November 2010 zu legen. Damit sind die entscheidenden Grundlagen für den Übergabeprozess gelegt. Die Kabuler Afghanistan-Kon- ferenz hat deshalb keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Prozess der Übergabe der Sicherheitsverantwor- tung an afghanische Kräfte. Ihre Aufgabe ist vielmehr, die Maßnahmen der afghanischen Regierung für die Er- füllung der in London eingegangenen Verpflichtungen, vornehmlich bei Regierungsführung und wirtschaftlich- sozialer Entwicklung, weiter zu konkretisieren. Anlage 19 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Ab- geordneten Günter Gloser (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 34): In welchem Umfang bzw. in welcher Häufigkeit werden nach Kenntnis der Bundesregierung Angehörige der Roma- Minderheit in den Mitgliedstaaten der EU und in den Staaten des westlichen Balkans Opfer von Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und von fremdenfeindlicher Gewalt? Zur Frage des Umfangs und der Häufigkeit von Dis- kriminierung von Angehörigen der Roma-Minderheit in den gesamten Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat die EU-Grundrechteagentur im Jahr 2009 eine Um- frage durchgeführt, bei der über die Hälfte der Befragten angegeben hat, dass sie in den vergangenen zwölf Mona- ten Opfer von Diskriminierung geworden ist. Die Situation der Sinti und Roma ist innerhalb der EU von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. So sehr einzelne Anstrengungen der betroffenen Regierun- gen zu würdigen sind: Es bedarf weiter besonderer Auf- merksamkeit und Anstrengungen, um Roma und Sinti aus einer nachteiligen Lage in Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft zu befreien. Armut, schlechterer Zugang zur Gesundheitsfürsorge und teilweise Ausgrenzung sind feststellbar. Größtes Problem ist der schlechtere Zu- gang zu Bildung durch Segregation von Roma in der Schule, weshalb nur wenige Roma eine höhere Schulbil- dung erhalten, wodurch wiederum Armut perpetuiert wird. Vorurteile gegenüber Roma sind weit verbreitet und leider auch teilweise „salonfähig“, das heißt sie sind nicht nur auf Schichten mit geringer Bildung beschränkt. Leider kommen auch Gewalttaten gegen Roma vor, so zum Beispiel in Ungarn. Die Situation der Roma auf dem westlichen Balkan stellt in sämtlichen Ländern eine Herausforderung dar. Die Lebensbedingungen der Roma sind insgesamt schlechter als die der jeweiligen Mehrheitsbevölkerun- gen, wobei die Bereiche Unterkunft und Zugang zu Bil- dungseinrichtungen am schwierigsten sind. Fremden- feindliche Gewalt gehört jedoch glücklicherweise heute grundsätzlich zur Ausnahme. Insgesamt ist in den Staa- ten der Region inzwischen eine höhere Sensibilität und ein höheres Engagement für die Situation der Roma bzw. deren Schutz vorhanden. In der Mehrheit dieser Länder gibt es heute mindestens eine, wenn nicht mehrere politi- sche Roma-Parteien oder Gruppierungen, die die Ver- besserung der Situation dieser Bevölkerungsgruppe zum Ziel haben. Außerdem trägt die Bedeutung des Minder- heitenschutzes für die EU-Heranführung zu einer stärke- ren Berücksichtigung der Belange der Roma bei. Deutschland unterstützt die Integration der Roma in den Ländern des westlichen Balkans sowohl in interna- tionalen Foren wie der OSZE und dem Europarat als auch durch eine Reihe bilateraler Projekte. Anlage 20 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Uta Zapf (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 35 und 36): Wie will die Bundesregierung sichern, dass neu zu entsen- dende Expertinnen und Experten auf ihre Einsätze in Frie- densmissionen qualifiziert vorbereitet sind, wenn durch Ein- sparungen beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze, ZIF, spezifische Vorbereitungskurse entfallen sollen? Wie werden die Nachbereitung und Auswertung ziviler Friedenseinsätze trotz der Einsparungen beim ZIF gewährleis- tet, damit garantiert wird, dass die Erfahrungen aus Missionen – „lessons learned“ – nicht verloren gehen? Zu Frage 35: Die qualifizierte Vorbereitung der zivilen Expertinnen und Experten für internationale Friedensmissionen wird durch die verschiedenen im Jahr 2010 durchzuführenden Expertenkurse des Zentrums für Internationale Frie- denseinsätze (ZIF) sichergestellt. Zu Frage 36: Im Haushaltsjahr 2010 wird die Auswertung ziviler Friedenseinsätze durch das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze, ZIF, in etwas geringerem Umfange als sonst erfolgen. Über die Zuwendung 2011 für das ZIF wird ange- sichts der Konsolidierungserfordernisse des Bundes- haushalts in der Gesamtschau der Haushaltsaufstellung 2011 zu entscheiden sein. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3451 (A) (C) (D)(B) Anlage 21 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) (Druck- sache 17/1388, Fragen 37 und 38): Welche Rolle soll das Zentrum für Internationale Frie- denseinsätze in Zukunft im Bereich „Vernetzte Sicherheit“ übernehmen? Ist aufgrund des Bekenntnisses der Bundesregierung zu ei- ner vernetzten Sicherheitspolitik und zur zivilen Krisenprä- vention in den kommenden Jahren mit einem Aufwuchs der dafür zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, insbesondere auch beim ZIF, zu rechnen? Zu Frage 37: Die Bundesregierung hat das Zentrum für Internatio- nale Friedenseinsätze (ZIF) 2002 als eigene Durchfüh- rungsorganisation für die Rekrutierung, Vorbereitung und Entsendung von Personal für internationale zivile Friedensmissionen und Wahlbeobachtungseinsätze ge- gründet. Seither erfolgt die Rekrutierung, Ausbildung und Entsendung ziviler deutscher Experten für interna- tionale Friedenseinsätze über das ZIF. Im Rahmen der Bemühungen um eine verbesserte Vernetzung aller Akteure in der Krisenprävention und Konfliktbewältigung im Interesse eines kohärenten Vor- gehens wird das ZIF entsprechend diesem Mandat zum Gesamtansatz beitragen. Zu Frage 38: Die zivile Krisenprävention ist ein zentraler Aufga- benbereich des Auswärtigen Amts. Der entsprechende Titel wird 2010 daher mit rund 129 Millionen Euro aus- gestattet sein. Das Zentrum für Internationale Frie- denseinsätze (ZIF) leistet in diesem Zusammenhang ei- nen wichtigen Beitrag (1,783 Millionen Euro). Über die Haushaltsansätze der kommenden Jahre wird in den jeweiligen Haushaltsaufstellungsverfahren zu entscheiden sein, die wesentlich durch die Vorgaben der Schuldenregel geprägt sein werden. Anlage 22 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen der Abgeordneten Edelgard Bulmahn (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 39 und 40): Wie ist eine Kürzung der Zuwendungen an das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze zu vereinbaren mit der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP dargestellten Ankündigung, das ZIF verstärkt zu nutzen, sowie mit der in- ternational anerkannten Priorität, zivile Kapazitäten für Kon- flikt- und Krisenmanagement auszubauen? Welche Folgen hat die mit der Kürzung der institutionellen Förderung des ZIF einhergehende Einschränkung der Perso- nalbetreuung gegenüber Sekundierten in EU- und OSZE-Mis- sionen für die Durchführung zukünftiger Einsätze und für die Höhe des Personalpools? Zu Frage 39: Die Ankündigung im Koalitionsvertrag wird unter an- derem dadurch umgesetzt, dass sich das Zentrum für In- ternationale Friedenseinsätze (ZIF) im Bereich Ausbil- dung stärker mit den Ausbildungseinrichtungen der Bundesverwaltung vernetzt. Zum Aufbau nationaler deutscher Kapazitäten im Be- reich Krisenprävention und Konfliktbewältigung trägt das ZIF durch die Rekrutierung und Ausbildung von Personal für internationale Friedenseinsätze bei. Zudem nimmt das ZIF eine wachsende Rolle bei den internationalen Bemühungen um den Aufbau ziviler Ka- pazitäten der Krisenprävention und Konfliktbewältigung ein. Diese Aktivitäten werden projektbezogen aus Mit- teln der Krisenprävention des Auswärtigen Amts geför- dert. Zu Frage 40: Die punktuelle Einschränkung der Personalbetreuung im Jahr 2010 hat keine Folgen für die Durchführung zu- künftiger Einsätze. Der Personalpool hat seine Soll-Größe erreicht, auch hier sind keine Auswirkungen zu erwarten. Anlage 23 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Frage des Abgeordneten Axel Schäfer (Bochum) (SPD) (Drucksa- che 17/1388, Frage 41): Welche Konsequenzen ergeben sich für die Verhandlungs- führung und das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung im Europäischen Rat, wenn zu einem EU-Vorhaben keine Stellungnahme des Deutschen Bundestages im Sinne von § 9 Abs. 4 bzw. § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegen- heiten der Europäischen Union, EUZBBG, vorliegt? Die Bundesregierung setzt sich aktiv für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag ein. Ihren Verpflichtun- gen gegenüber dem Bundestag kommt sie entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Regelungen nach. Hierzu gehören insbesondere auch die einschlägigen Unterrich- tungsverpflichtungen. Vor ihrer Mitwirkung an Vorhaben gibt die Bundesregierung dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme. Durch die Berichterstattung nach § 7 Abs. 1 EUZBBG ist eine frühzeitige Unterrichtung über alle EU-Vorhaben sichergestellt. Der Bundestag wird da- mit in die Lage versetzt, zu entscheiden, ob er eine Stel- lungnahme nach § 9 EUZBBG abgeben will. In den Fällen des § 10 EUZBBG, Aufnahme von Beitrittsverhandlun- gen, Aufnahme von Verhandlungen zur Änderung der ver- traglichen Grundlagen, weist die Bundesregierung den Bundestag explizit auf sein Recht zur Stellungnahme hin. Die Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Bundestag ist eng und vertrauensvoll und es findet ein intensiver Gesprächsaustausch vor allem im Rahmen der Ausschussberatungen statt. Auch wenn der Bundestag keine förmliche Stellungnahme abgegeben hat, berück- 3452 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) sichtigt die Bundesregierung das Meinungsbild im Bun- destag bei ihrer Willensbildung und bei ihrer Verhand- lungsführung in den EU-Gremien. Anlage 24 Antwort der Staatsministerin Cornelia Pieper auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 42 und 43): Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Ausnahmeregelung der Nuclear Suppliers Group für In- dien – die erstmals einem Kernwaffenstaat außerhalb des NPT, Non-Proliferation Treaty: Atomwaffensperrvertrag, den Handel mit Nuklearmaterial ermöglicht, ohne dass Indien da- für Abrüstungsverpflichtungen auferlegt wurden – mit einem wesentlichen Prinzip des NPT gebrochen hat? Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorwurf, dass da- mit zugleich ein internationaler Doppelstandard bei Zugang und Nutzung von ziviler Nukleartechnologie geschaffen wurde, der die Frage aufwirft, ob sich vertragskonformes Ver- halten überhaupt lohnt? Zu Frage 42: Die Ausnahmeregelung für Indien wurde am 6. Sep- tember 2008 getroffen. Sie erfolgte im Konsens aller NSG-Mitgliedstaaten, einschließlich der damaligen Bun- desregierung. Die Bundesregierung strebt die weitere Annäherung Indiens an das internationale Nichtverbreitungsregime an. Sie hat in der Vergangenheit Indien wiederholt zu weiteren Abrüstungsschritten aufgefordert und tut dies auch weiterhin. Damit soll Indien zu einer Stärkung des internationalen Nichtverbreitungssystems beitragen. Dazu gehört zum Beispiel die Zeichnung des Atomteststopp- vertrags, ein nationales Produktionsmoratorium für waf- fenfähiges nukleares Spaltmaterial sowie unilaterale nu- kleare Abrüstung. Die indische Regierung hat in ihrer Erklärung vom 5. September 2008 ihre Selbstverpflichtung bekräftigt, die NSG-Richtlinien sowie die Richtlinien des Träger- technologie-Kontrollregimes, MTCR, zu befolgen. Nach Unterzeichnung eines Safeguards-Rahmenab- kommens hat Indien im November 2009 14 Atomanlagen für Safeguards gelistet. Indien hat mit der Internationalen Atomenergie-Organisation, IAEO, ein Zusatzprotokoll ausgehandelt, das am 4. März 2009 vom lAEO-Gouver- neursrat gebilligt wurde und derzeit dem indischen Par- lament zur Ratifikation vorliegt. Zu Frage 43: Indien ist kein Unterzeichnerstaat des Nichtverbrei- tungsvertrags und somit nicht an dessen Bestimmungen gebunden. Die Bundesregierung bewertet aber die Selbstver- pflichtung der indischen Regierung zur Einhaltung der Richtlinien der Nuclear Suppliers’ Group sowie des Trä- gertechnologie-Kontrollregimes MTCR, auch unter Nichtverbreitungsgesichtspunkten positiv. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Halina Wawzyniak (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Frage 44): Hält es die Bundesregierung für richtig, in die Kommis- sion Deutscher Corporate Governance Kodex keine Frauen als neue Mitglieder zu berufen, obwohl die Bundesministerin Dr. Kristina Schröder eine gesetzliche Quotenregelung für Aufsichtsräte nicht ausschließt? Nein, im Gegenteil wird die Bundesregierung auch bei einer zukünftigen Neubesetzung einer Mitgliedschaft in der Kommission Deutscher Corporate Governance Kodex bemüht sein, ein qualifiziertes weibliches Mit- glied zu finden. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fra- gen des Abgeordneten Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) (Drucksache 17/1388, Fragen 45 und 46): Wie hoch wird das SED-Vermögen von der Bundesregie- rung zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung beziffert, und wie hoch ist der Anteil des SED-Vermögens, welches laut Eini- gungsvertrag den neuen Ländern zusteht und bis heute unauf- findbar ist? Gibt es weitere offene Rechtsstreitigkeiten im Inland oder Ausland, die dazu führen könnten, dass ehemaliges SED-Ver- mögen dem deutschen Fiskus zugeführt wird, und, wenn ja, um welche Fälle handelt es sich dabei? Zu Frage 45: Das Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR, PMO-Vermögen, darunter das SED-Vermögen, wurde durch § 20 b Parteiengesetz der DDR, PartG-DDR, unter die treuhänderische Verwaltung der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR, UKPV; zum 31. Dezember 2006 auf- gelöst, und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, BvS; vormals Treuhandanstalt, gestellt. Der in die Treuhandverwaltung übergegangene Ge- samtwert des PMO-Vermögens beläuft sich auf rund 1,73 Milliarden Euro, Stand 31. Dezember 2009. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass weitere Mittel ins Aus- land verschoben wurden. Belastbare Hinweise dafür gibt es aber nicht. Bereits 2006 hatte die UKPV keine An- haltspunkte, dass weitere Vermögensermittlungen Erfolg versprechend sein könnten, Vorwort zum Schlussbericht, Bundestagsdrucksache 16/2466. Nach den Maßgaben des Einigungsvertrages hat die BvS das PMO-Vermögen, das nicht an früher Berech- tigte zurückzugeben oder nicht wegen materiell-rechts- staatlichen Erwerbs im Sinne des Grundgesetzes der je- weiligen Partei oder Massenorganisation wieder zur Verfügung zu stellen ist, für gemeinnützige Zwecke in den neuen Ländern und Berlin (Ost) zu verwenden, ver- fügbares PMO-Vermögen. Bis zum 31. Dezember 2009 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3453 (A) (C) (D)(B) konnte sie für gemeinnützige Zwecke im Beitrittsgebiet über 1 Milliarde Euro bereitstellen. Zu Frage 46: Die BvS führt zurzeit zwei Verfahren, um ins Ausland verschobenes SED-Vermögen zurückzuholen. Im Verfahren gegen die AKB Privatbank Zürich AG, letztes Verfahren zum Novum-Komplex, hat das Oberge- richt Zürich am 25. März 2010 der Klage der BvS statt- gegeben. Danach müsste die Bank unter Berücksichti- gung der seit 1994 aufgelaufenen Zinsen und einer Prozesskostenentschädigung insgesamt rund 230 Millio- nen Euro an die BvS zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die UniCredit Bank AustriaAG, Neben- intervientin, hat bereits angekündigt, nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung zum Kassationsgericht des Kantons Zürich sowie zum Schweizer Bundesgericht zu gehen. Darüber hinaus läuft in der Schweiz noch die Klage der BvS gegen die griechische Druckerei Typoekdotik A. E., die ein Darlehen durch eine Auslandsfirma der SED erhalten hat. Im Falle des Obsiegens der BvS fließen die Mittel nicht den öffentlichen Haushalten zu. Das PMO-Vermö- gen ist ein Sondervermögen, das im Beitrittsgebiet für investive und investitionsfördernde Maßnahmen vorran- gig im Bereich der wirtschaftlichen Umstrukturierung und für investive und investitionsfördernde Maßnahmen im sozialen und kulturellen Bereich einzusetzen ist. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Swen Schulz (Spandau) (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 47): Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der Bun- desländer nach zusätzlichen Umsatzsteuermitteln zur Errei- chung des sogenannten 10-Prozent-Zieles für Bildung und Forschung? Die Bundesregierung lehnt es ab, den Ländern Um- satzsteueranteile abzutreten. Die Gespräche zwischen der Bundeskanzlerin und der Regierungschefin und den Regierungschefs der Länder zum sogenannten 10-Pro- zent-Ziel werden am 10. Juni 2010 fortgesetzt werden. Den Ergebnissen kann nicht vorgegriffen werden. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 49): Wie positioniert sich die Bundesregierung gegenüber den Vorschlägen von Olli Rehn, EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, der EU mehr Einfluss auf die nationale Haus- haltspolitik und eine intensivere Überwachung wirtschaft- licher Entwicklungen, auch die der auseinanderlaufenden Wettbewerbsfähigkeit und unterschiedlichen Lohnpolitik, zu gewähren? Wir müssen Lehren aus dem Fall Griechenland ziehen und die Euro-Zone stärken – sowohl in der Prävention als auch in der Krisenbewältigung. Dies haben auch die Staats- und Regierungschefs der Eurozone am 25. März 2010 festgehalten. Sie haben den ER-Präsidenten Van Rompuy beauftragt, eine Task Force einzurichten, in die sich die Bundesregierung ak- tiv einbringen wird. Die EU-Kommission hat für den 12. Mai 2010 Vor- schläge angekündigt, um die Eurozone zu stärken. Kom- missar Renn hat erste Vorstellungen skizziert – für eine umfassende Bewertung ist es zu früh. Zu einer stärkeren Ex-ante-Koordinierung der Haus- haltspolitik: Es ist aus Sicht der Bundesregierung völlig klar: Die Mitgliedstaaten tragen die Verantwortung für die Haus- haltspolitik, sind aber gleichzeitig den Regeln des Stabi- litäts- und Wachstumspaktes unterworfen. Eine Aushöhlung der Budgetrechte der Mitgliedstaa- ten und ihrer nationalen Parlamente wird es nicht geben. Wir sollten uns darüber unterhalten, wie der Stabili- täts- und Wachstumspakt besser in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden kann, nicht zuletzt auch im präventi- ven Teil und in guten Zeiten. Wir müssen in Zukunft da- für sorgen, dass die haushaltspolitischen Ziele der MS nicht nur im Einklang mit den EU-Regeln formuliert, sondern vor allem auch in der Praxis und im Vollzug des Haushalts durchgesetzt werden. Das deutsche Beispiel hierfür ist die Schuldenbremse. Sie lehnt sich ganz be- wusst an die Vorschriften des präventiven Arms des Sta- bilitäts- und Wachstumspaktes an. Zu breiterer wirtschafts- und finanzpolitischer Über- wachung: Die Krise hat gezeigt: Es reicht nicht, alleine auf die Haushaltsentwicklung zu schauen. Auch Wettbewerbs- entwicklungen sind für den langfristigen Zusammenhalt der Wirtschafts- und Währungsunion von großer Wich- tigkeit. Wir unterstützen daher regelmäßige Überprüfungen der Wettbewerbsfähigkeit, wie die Kommission sie be- reits Anfang des Jahres eingeleitet hat. Dies werden wir fortsetzen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 50): Inwieweit wird die Bundesregierung die Überlegungen von Olli Rehn, EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, unterstützen, als ständigen Krisenlösungsmechanismus einen Rettungsfonds zu gründen, und hält sie an dem der europäi- schen Idee widersprechenden Vorschlag fest, Defizitländer im Notfall aus der Euro-Zone auszuschließen? 3454 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Die Bundesregierung setzt sich für eine Stärkung der Währungsunion ein, damit krisenhafte Entwicklungen künftig besser vermieden werden und die Handlungsfä- higkeit der Eurozone in etwaigen Krisenfällen gestärkt wird. Vor diesem Hintergrund hat sie sich beim Europäi- schen Rat am 25./26. März 2010 erfolgreich dafür einge- setzt, dass der Präsident des Europäischen Rates eine Task Force einrichtet, die bis Jahresende einen Bericht über die dafür erforderlichen Maßnahmen vorlegt, wobei alle Optionen der Stärkung des rechtlichen Rahmens zu prüfen sind. Damit sind auch vertragliche Änderungen erfasst. Die Bundesregierung wird sich an diesem Prozess ak- tiv beteiligen. Insbesondere hat der Bundesminister der Finanzen in seinem Art. vom 12. März 2010 bereits ei- nige Elemente für eine Stärkung der Währungsunion skizziert, die auch Eingang in die Diskussion der Task Force finden werden. Dabei muss aus Sicht der Bundes- regierung darauf geachtet werden, dass einzelne Ele- mente aufeinander aufbauen und sich gegenseitig ergän- zen. Daher ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die einzelnen Elemente als Teil eines Gesamtpaketes zu diskutieren sein werden. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Frage des Abgeordneten Peter Friedrich (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 51): Wurde oder wird in absehbarer Zeit die dem Land Baden- Württemberg angebotene Steuerhinterzieher-CD vom Bundes- ministerium der Finanzen – gegebenenfalls unter Mitwirkung eines anderen Landes – aufgekauft werden, wie dies die Bun- desregierung Anfang März 2010 erklärt hat, und, wenn ja, zu welchem Anteil hat oder wird sich das Land Baden-Württem- berg an dem Ankauf der Steuerhinterzieher-CD finanziell be- teiligen? Das Bundesministerium der Finanzen hat mit dem Land Baden-Württemberg vereinbart, dass der Bund die dem Land angebotenen Daten ankauft – gegebenenfalls unter Mitwirkung eines anderen Landes. Nach dem mit den Ländern verabredeten Verfahren, werden Offerten, die nicht von einem Land abgearbeitet werden können, einem anderen Land zur weiteren Be- fassung zugewiesen. Die Absprachen darüber werden einvernehmlich zwi- schen den infrage kommenden Ländern und dem Bund getroffen. Wesentliche Kriterien dabei sind „Betroffen- heit“ und „Auslastung“. In Betracht kann dabei aller- dings nur ein Land kommen, in dem Steuerpflichtige wohnen, auf die sich die Informationen beziehen. Nach- dem das Bundeszentralamt für Steuern die Daten von Baden-Württemberg erhalten hatte, wurden deshalb die Länder ermittelt, die in einem größeren Ausmaß betrof- fen sind. Aufgabe des Bundes ist, darauf zu achten, dass nicht einzelne Finanzverwaltungen mit Datenankauf-Of- ferten über einen längeren Zeitraum über Gebühr belas- tet werden. Ob es zu einem Ankauf von steuerlich werthaltigen Daten kommt, hängt letztlich auch vom Verhalten des Informanten ab. Die Entscheidung über den Ankauf er- folgt in enger Abstimmung mit dem Bund. Die Kosten des Ankaufs tragen die Länder nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Hierbei entfällt auch auf das Land Baden-Württemberg ein entsprechender Anteil. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Steffen Kampeter auf die Fra- gen der Abgeordneten Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Fragen 52 und 53): Welche im Bundesbesitz befindlichen Seen wurden auf- grund ihrer Naturschutzwürdigkeit von der Privatisierung aus- genommen, wie es die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Ver- braucherschutz, Julia Klöckner, in der Sitzung des Ausschus- ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 24. März 2010 ausführte, und in das Nationale Naturerbe auf- genommen bzw. darüber hinaus aufgrund ihrer Naturschutz- würdigkeit von der Privatisierung ausgenommen? Wie wird die Bundesregierung mit diesen Gewässern, ins- besondere den letztgenannten, zukünftig verfahren? Zu Frage 52: Die in das nationale Naturerbe, NNE, aufzunehmen- den Flurstücke der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, BVVG, sind in Zusammenarbeit mit dem Bun- desamt für Naturschutz ausgewählt worden. Die Abstim- mung der konkreten „Flächenkulisse“ mit den Ländern ist noch nicht vollständig beendet. Zu den genannten Flurstücken gehören auch Gewässerflächen. Zurzeit werden die Daten der BVVG über die Gewässerflächen in ihrem Bestand mit den hierzu den Ländern vorliegen- den Informationen abgeglichen. Darüber hinaus können weitere im Bundesbesitz befindliche Gewässer der BVVG von Naturschutzorganisationen erworben wer- den. Der Bund kann nicht auf Dauer Eigentümer von nicht Bundesaufgaben dienenden Gewässern bleiben. Die in das NNE aufzunehmenden Flurstücke der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsge- sellschaft mbH, LMBV, sind in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz und den jeweiligen Bundesländern ausgewählt. Nachfolgend aufgeführte Gewässer des Landes Brandenburg sind Bestandteil der vorgesehenen Übertragungskulisse: Teichgruppe Fort- schritt Schwarzheide, Ferdinandsteich, Teilfläche Süd- teich Schwarzheide, Heide VI – See, Kahnsdorfer See, Teilfläche zukünftiger Cottbuser See, Teilfläche Klinger See, Teilfläche Sedlitzer See, 6 Seen im Raum Tröbitz/ Domsdorf. Eine Liste der Gewässerflächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, BImA, liegt gegenwärtig noch nicht vor. Zu Frage 53: Die Bodenverwaltungs- und -verwertungs GmbH, BVVG, die Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbauver- waltungsgesellschaft, LMBV, und die Bundesanstalt für Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3455 (A) (C) (D)(B) Immobilienaufgaben, BlmA, übertragen die für das Na- tionale Naturerbe vorgesehenen Flurstücke auf der Grundlage von mit den einzelnen Bundesländern abzu- schließenden Rahmenvereinbarungen unentgeltlich ent- weder auf das Land selbst oder auf von den Ländern be- nannte Naturschutzverbände und -stiftungen. Außerdem wurde zwischen der BlmA und der Deutschen Bundes- stiftung Umwelt, DBU, eine Rahmenvereinbarung für die Übertragung von Flurstücken abgeschlossen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Fra- gen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 54): Wie viele Jahresvolllaststunden – angenommene jährliche statistische Auslastung – werden bei dem Zielszenario mit 28 Jahren Laufzeitverlängerung, das für das Energiekonzept der Bundesregierung erstellt wird, für Atomkraftwerke für den Zeitraum der Laufzeitverlängerung zugrunde gelegt, und mit welchen zusätzlichen Reststrommengen wird in diesem Szenario gerechnet? Das BMWi hat die Bietergemeinschaft PROGNOS; Energiewirtschaftliches Institut an der Universität Köln, EWI, und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Struktur- forschung, GWS, beauftragt, Energieszenarien für das Energiekonzept der Bundesregierung zu erstellen. Der Hauptbericht für die Energieszenarien soll bis Ende Juni 2010 vorgelegt werden. Bis zum 15. Mai 2010 soll ein Zwischenbericht vorgelegt werden. Der Endbe- richt ist bis November 2010 vorzulegen. Bundesregierung und Institute sind über die zugrunde- liegenden Annahmen in einem fortlaufenden Austausch. Dabei geht es beispielsweise um die Konsistenz der An- nahmen. Die dabei diskutierten Annahmen liegen im Spektrum aktuell vorliegender Prognosen und Szena- rienrechnungen kompetenter wissenschaftlicher Institu- tionen. Angesichts der Vorläufigkeit der Annahmen kann die Bundesregierung im Hinblick auf den laufenden Ar- beitsprozess dazu nicht Stellung nehmen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage der Abgeordneten Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 55): Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Diskussionen des Washingtoner Nukleargipfels zur Dual- use-Problematik im Hinblick auf den Atomausstieg in Deutschland und die durch die Bundesregierung praktizierte Förderung von Atomtechnologieexporten? Die Ergebnisse des Washingtoner Nukleargipfels werden derzeit noch mit Blick auf ihre Bedeutung und Auswirkung in der Bundesregierung geprüft. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 56): Wie bewertet die Bundesregierung die vom Bundeskartell- amt und von vielen Stadtwerken geäußerte Befürchtung, dass längere Laufzeiten für Atomkraftwerke zu einer Hemmung des Wettbewerbs auf dem Strommarkt und zu einer Verfesti- gung der marktbeherrschenden Stellung der vier großen Ener- giekonzerne führen könnten, und ist das ein reales Problem, das bei der Entscheidung über etwaige Laufzeitverlängerung berücksichtigt werden muss oder nicht? Die Bundesregierung hat in dem Jahreswirtschaftsbe- richt 2010 darauf hingewiesen, dass sie aus Gründen der Versorgungssicherheit, des Klimaschutzes und der Wirt- schaftlichkeit bereit ist, die Laufzeiten deutscher Kern- kraftwerke unter Einhaltung strengster Sicherheitsstan- dards zu verlängern. Sie hat dort unter anderem auch darauf hingewiesen, dass bei der Regelung darauf geach- tet werden muss, dass sich hierdurch keine Wettbewerbs- verzerrungen auf dem Strommarkt ergeben, die neuen Stromanbietern den Marktzutritt erschweren. Bei der Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung werden alle wirtschafts- und energiepolitischen Aspekte berücksichtigt werden. Welche Regelungen im Einzel- nen zu treffen sein werden, wird auch im Zusammen- hang mit dem energiepolitischen Gesamtkonzept ent- schieden werden, das im Herbst 2010 vorliegen soll. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 57): Kann die Bundesregierung einen Bericht der österreichi- schen Zeitung Die Presse vom 1. April 2010 bestätigen, in dem es heißt: „Die Europäische Kommission plant auf Druck von Deutschland und Polen, ab 2013 bis zu 15 Prozent der Baukosten neuer Kohlekraftwerke zu übernehmen“, und, wenn ja, welche Ziele verfolgt die Bundesregierung mit dieser Subventionspolitik? Nein. Tatsache ist, dass die Kommission auf dem Europäischen Rat am 11./12. Dezember 2008 im Zu- sammenhang über die Einigung zur EU-Emissionshan- delsrichtlinie eine Grundsatzerklärung abgegeben hat, wonach die Mitgliedstaaten von 2013 bis 2016 die Einnah- men aus der Versteigerung von Zertifikaten auch zur Un- terstützung des Baus von hocheffizienten, CCS-fähigen Kraftwerken verwenden können (Erklärung zu Art. 10 Abs. 3 der Emissionshandelsrichtlinie, Anhang V des Ratsdokuments 17215/08). Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 58): 3456 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Plant die Bundesregierung, die im Steinkohlefinanzie- rungsgesetz des Bundes vom 20. Dezember 2007 für den Steinkohlebergbau zugesagten Plafondsmittel – Steinkohle- subventionen – zu reduzieren und damit einen früheren Aus- stieg aus dem Steinkohlebergbau zu erreichen? Es gelten die im Steinkohlefinanzierungsgesetz fest- gelegten Finanzplafonds. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 59): Welcher Anteil der im Gesetz für die Erhaltung, die Mo- dernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, KWKG, zur Verfügung gestellten 150 Millionen Euro (§ 7 a KWKG) für den Neu- und Ausbau von Wärmenetzen wurde im Jahr 2009 abgerufen, und geht die Bundesregierung von einer steigenden Abfrage dieser Mittel im Jahr 2010 aus, ob- wohl nach Aussagen der Branche fast die Hälfte der 20-pro- zentigen Förderung für Gutachten von Wirtschaftsprüfern und Ähnliches verwendet werden muss, um die Förderung über- haupt erlangen zu können? Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, BAFA, sind für im Jahr 2009 reali- sierte Wärmenetzprojekte 440 Anträge auf eine Förde- rung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz mit ei- nem geschätzten Fördervolumen von 25 Millionen Euro gestellt worden. Es wird nach Einschätzung des BAFA für 2010 mit einer steigenden Anzahl von Förderanträ- gen bei Wärmenetzen gerechnet. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage des Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 60): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem ein- seitigen Austritt des niedersächsischen Wirtschaftsministers Jörg Bode, FDP, bei der einzelbetrieblichen Förderung nieder- sächsischer Unternehmen im Rahmen der vom Bund geför- derten Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, und wie will sie gegebenenfalls die da- mit verbundenen Wettbewerbsnachteile niedersächsischer Un- ternehmen gegenüber anderen Bundesländern ausgleichen, die nach wie vor die Investitionsförderung bei heimischen Be- trieben durchführen? Der niedersächsische Wirtschaftsminister Bode hat einen Rückzug des Landes aus der Förderung der ge- werblichen Wirtschaft angekündigt. Die Durchführung der Gemeinschaftsaufgabe „Ver- besserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, GRW, ist nach der grundgesetzlichen Aufgabenverteilung Sache der Länder. Jedes Land hat die Möglichkeit, eigene Ak- zente und Schwerpunkte zu setzen. Der Bund stimmt mit den Ländern einen allgemeinen Rahmen für die Gemeinschaftsaufgabe ab. Mittelanteile für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft und für die der wirtschaftsnahen Infrastruktur sind darin nicht festgelegt. Ein unmittelbarer Wettbewerbsnachteil für die nieder- sächsischen Unternehmen ist aus der Entscheidung von Minister Bode nicht zu erkennen. Die Bundesmittel für die Regionalförderung stehen dem Land Niedersachsen auch unabhängig von dieser Entscheidung im Rahmen der festgelegten Quote zur Verfügung. Niedersachsen will zukünftig vor allem die Infra- struktur in den strukturschwachen Regionen fördern. Damit wird der Standort insgesamt gestärkt, der Struk- turwandel gefördert und damit auch die niedersächsi- schen Unternehmen unterstützt. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ernst Burgbacher auf die Frage des Abgeordneten Garrelt Duin (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 61): Welche Planungen bestehen seitens der Bundesregierung, die Regelungen zum Wirtschaftsfonds Deutschland über das Jahr 2010 hinaus zu verlängern und in einen Zukunftsfonds umzuwandeln, wie dies vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, gegenüber der Rheinischen Post am 31. März 2010 geäußert worden ist, und welche zeit- liche Planung besteht dafür? Die Regelungen zum Wirtschaftsfonds Deutschland laufen zum Jahresende 2010 aus. Die Bundesregierung und die EU-Kommission prüfen zu gegebener Zeit, ob und gegebenenfalls in welchen Bereichen auch künftig staatliche Maßnahmen erforderlich sind, um den Aus- wirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise entgegenzu- wirken. Eine Entscheidung ist hier noch nicht getroffen worden. Falls eine Verlängerung der Programme des Wirtschaftsfonds Deutschland oder Elementen davon er- forderlich ist, wird der Deutsche Bundestag damit recht- zeitig vor Jahresende befasst werden. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra- gen der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 62 und 63): In welchen konkreten Sitzungen der Bund-Länder-Koor- dinierung war der gemeinsame Abstimmungsbedarf zur Erstellung der Aktionspläne zur Umsetzung der UN-Behin- dertenrechtskonvention in Bund und Ländern Teil der Tages- ordnung, und welche konkreten Abteilungen und Fachreferate des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind in die Erarbeitung des Aktionsplanes der Bundesregierung einge- bunden? Wird die Bundesregierung die gesetzliche Reform der Ein- gliederungshilfe nach Maßgabe der Beschlüsse der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Rahmen der Erstellung eines Aktionsplanes der Bundesregierung zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention durchführen, und wann genau Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3457 (A) (C) (D)(B) werden die einzelnen Regelungsbereiche dieser Reform den Ausführungsgesetzen der Länder mit ebendiesen a chtet worden, die die konzeptionellen Arbeiten mit erforderlichen juristischen und statistischen Wissen stimmt? Zu Frage 62: Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention war Gegenstand einer Bund-Länder-Besprechung im März 2010 im Bundesministerium für Arbeit und Sozia- les. Weitere Besprechungen sollen folgen. Darüber hi- naus werden die Länder eingeladen, an den für Juni und Herbst geplanten Fachtagungen zur Entwicklung des Aktionsplans der Bundesregierung teilzunehmen. Im Bundesministerium für Arbeit und Soziales wer- den alle Abteilungen und Referate bei der Erarbeitung des Aktionsplans beteiligt. Die Federführung obliegt dem Referat „Gleichstellung behinderter Menschen, Grundsatzfragen der Behindertenpolitik“, Va1. Zu Frage 63: Erklärtes Ziel der voraussichtlich noch bis in die zweite Jahreshälfte 2010 hinein andauernden Beratun- gen in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Weiterentwick- lung der Eingliederungshilfe“ unter Verbändebeteiligung sind Verabredungen zu einer Gesetzesinitiative des Bun- des im breiten Konsens zwischen allen Beteiligten. Die endgültige Entscheidung über die Durchführung des Weiterentwicklungsvorhabens steht in Abhängigkeit von den Beratungsergebnissen der Bund-Länder-Ar- beitsgruppe „Weiterentwicklung der Eingliederungs- hilfe“. Voraussetzung für die Erfüllung der Bitte der Ar- beits- und Sozialministerkonferenz 2009 um Vorlage eines Entwurfs für ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe in dieser Legislaturperiode ist aller- dings, dass ein breiter Konsens mit Ländern und Verbän- den erreicht wird. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Swen Schulz (Spandau) (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 64): Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Maßgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar 2010 hinsichtlich der Teilhabe von Kindern und Ju- gendlichen an der Bildung zu erfüllen, und wie soll die zielge- naue Förderung von Kindern und Jugendlichen ausgestaltet sein? Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2010 eine Neurege- lung für die Regelleistungen zu treffen. Innerhalb der Bundesregierung liegt die Federführung für die Entwicklung einer verfassungsgemäßen Neurege- lung beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Zu diesem Zweck ist dort eine interne Projektgruppe ein- abteilungsübergreifend und unter Einbeziehung der be- troffenen Bundesressorts begonnen hat. Die Projekt- gruppe prüft derzeit eine Reihe von Fragen, die für die Umsetzung des Urteils zu klären sind. Nicht nur die Be- darfslagen von Kindern sind Teil der Maßgaben des Bun- desverfassungsgerichts, sondern auch der Fortschrei- bungsmechanismus und die rationale Begründung der einzelnen regelsatzrelevanten Positionen aus der Ein- kommens- und Verbrauchsstichprobe. Insofern ist die Aufgabe mehrschichtig und bedarf einer genauen Ana- lyse der möglichen Optionen. Daher ist es noch zu früh, um Aussagen zu den geplanten Maßnahmen zu treffen. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Jutta Krellmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Frage 65): Was waren 2009 im Bereich des Zweiten und Dritten Bu- ches Sozialgesetzbuch die 20 wichtigsten Instrumente/Maß- nahmen gemessen an Ausgabevolumen, Teilnehmerzahlen so- wie Ausgaben je Teilnehmer? Die jährlich erstellten Eingliederungsbilanzen geben Aufschluss über die Ausgaben, die Teilnehmer und die Kosten je Teilnehmer im Monat für einzelne arbeits- marktpolitische Instrumente. Die folgenden Informatio- nen stammen aus den Eingliederungsbilanzen für das Jahr 2008. Aktuellere Daten stehen nicht zur Verfügung. 1. Rechtskreis SGB III Im Rechtskreis des SGB III war der Gründungszu- schuss mit Ausgaben in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2008 das wichtigste Instrument nach Höhe der Ausgaben. Es folgten – jeweils gerundet – die Beruf- liche Weiterbildung mit 787 Millionen Euro, die Förde- rung der Berufsausbildung Benachteiligter mit 737 Mil- lionen Euro, Eingliederungszuschüsse mit 488 Millionen Euro, Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen mit 161 Millionen Euro, Mobilitätshilfen mit 140 Mil- lionen Euro, Eingliederungszuschüsse für schwerbehin- derte Menschen mit 122 Millionen Euro, die Beauftra- gung Dritter mit der Vermittlung mit 116 Millionen Euro, die Unterstützung der Beratung und Vermittlung mit 74 Millionen Euro, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit 69 Millionen Euro, die Freie Förderung mit 61 Mil- lionen Euro, Maßnahmen zur Berufsorientierung mit 51 Millionen Euro, die Einstiegsqualifizierung mit 51 Millionen Euro, die Berufliche Weiterbildung behin- derter Menschen mit 30 Millionen Euro, Einstellungszu- schüsse bei Neugründungen mit 22 Millionen Euro, Per- sonal-Service-Agenturen mit 8 Millionen Euro und der Eingliederungsgutschein mit 6 Millionen Euro. mit bge- geri dem 3458 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) dung mit 250 000 Eintritten, die Beauftragung Dritter 6 Eingliederungszuschüsse 130.159 mit der Vermittlung mit 248 000 Eintritten, Mobilitäts- hilfen mit 167 000 Eintritten, Eingliederungszuschüsse mit 130 000 Eintritten, Maßnahmen zur Berufsorientie- rung mit 122 000 Eintritten, der Gründungszuschuss mit 119 000 Eintritten, die Förderung der Berufsausbildung Benachteiligter mit 90 000 Eintritten, Maßnahmen der Freien Förderung mit 76 000 Eintritten, die Einstiegs- qualifizierung mit 20 000 Eintritten, Eingliederungszu- schüsse für schwerbehinderte Menschen mit 8 000 Ein- tritten, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit 6 000 Ein- tritten, Einstellungszuschüsse bei Neugründungen mit 4 000 Eintritten, der Eingliederungsgutschein und Perso- nal-Service-Agenturen mit jeweils 3 000 Eintritten so- wie die Berufliche Weiterbildung behinderter Menschen mit 2 000 Eintritten. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungsbilanzen nach § 11 SGB III. Das kostenintensivste Instrument im Rechtskreis SGB III im Jahr 2008 waren Arbeitsbeschaffungsmaß- Teilnehmer (Eintritte) 1 Unterstützung der Bera- tung und Vermittlung 1.348.824 2 Eignungsfeststellung / Trainingsmaßnahmen 575.583 3 Berufliche Weiterbildung 249.599 4 Beauftragung Dritter mit der Vermittlung 248.063 7 Maßnahmen zur Berufs- orientierung 122.239 8 Gründungszuschuss 119.309 9 Förderung der Berufsaus- bildung Benachteiligter 89.864 10 Freie Förderung 76.342 11 Einstiegsqualifizierung 20.055 12 Eingliederungszuschüsse für besonders betroffene schwerbehinderte Men- schen 9.728 13 Arbeitsbeschaffungs- maßnahmen 6.486 14 Einstellungszuschuss bei Neugründungen 3.703 15 Eingliederungsgutschein 2.764 16 Personal-Service-Agentur (PSA) 2.652 17 Berufliche Weiterbildung behinderter Menschen 1.747 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungsbilanzen nach § 11 SGB 1 Gründungszuschuss 2 Berufliche Weiterbildung 3 Förderung der Berufsausbildung Benachteiligter 4 Eingliederungszuschüsse 5 Eignungsfeststellung/Trainingsmaßnahmen 6 Mobilitätshilfen (Zuschuss und Darlehen) 7 Eingliederungszuschüsse für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen 8 Beauftragung Dritter mit der Vermittlung 9 Unterstützung der Beratung und Vermittlung 10 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen 11 Freie Förderung 12 Maßnahmen zur Berufsorientierung 13 Einstiegsqualifizierung 14 Berufliche Weiterbildung behinderter Menschen 15 Einstellungszuschuss bei Neugründungen 16 Personal-Service-Agentur (PSA) 17 Eingliederungsgutschein Die meisten Eintritte hatte im Rechtskreis SGB III im Jahr 2008 die Maßnahme der Unterstützung der Bera- tung und Vermittlung mit 1,3 Millionen Eintritten. Es folgten die Eignungsfeststellungsund Trainingsmaßnah- men mit 576 000 Eintritten, die Berufliche Weiterbil- III. Ist-Ausgaben in Tausend Euro Teilnehmer Ausgaben je Teilnehmer je Monat(Eintritte) 1.493.896 119.309 1.011 787.391 249.599 904 737.289 89.864 – 488.311 130.159 653 161.274 575.583 463 140.067 166.650 840 122.255 9.728 814 116.289 248.063 144 74.244 1.348.824 55 68.643 6.486 1.133 60.554 76.342 253 50.695 122.239 167 50.619 20.055 316 29.944 1.747 – 22.447 3.703 925 7.653 2.652 700 5.888 2.764 571 5 Mobilitätshilfen (Zuschuss und Darlehen) 166.650 Teilnehmer (Eintritte) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3459 (A) (C) (D)(B) je Teilnehmer je Monat 1 Arbeitsbeschaffungs- maßnahmen 1.133 2 Gründungszuschuss 1.011 3 Einstellungszuschuss bei Neugründungen 925 4 Berufliche Weiterbildung 904 5 Mobilitätshilfen (Zuschuss und Darlehen) 840 6 Eingliederungszuschüsse für besonders betroffene schwerbehinderte Men- schen 814 7 Personal-Service-Agentur (PSA) 700 8 Eingliederungszuschüsse 653 9 Eingliederungsgutschein 571 10 Eignungsfeststellung/ Trainingsmaßnahmen 463 11 Einstiegsqualifizierung 316 1 Arbeitsgelegenheiten 2 Berufliche Weiterbildung 3 sonstige weitere Leistungen 4 Eingliederungszuschüsse 5 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen 6 Förderung der Berufsausbildung Benachteiligter 7 Eignungsfeststellung/Trainingsmaßnahmen 2. Im Rechtskreis SGB II Die im Folgenden genannten Zahlen für den Rechts- kreis SGB II enthalten keine Angaben zu den zugelasse- nen kommunalen Trägern, da solche Angaben nicht für alle Maßnahmen verfügbar waren. Im Rechtskreis des SGB II waren die Arbeitsgelegenheiten mit Ausgaben von 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2008 das wichtigste Instru- ment nach Ausgabenhöhe. Es folgten die Berufliche Wei- terbildung mit Ausgaben von 671 Millionen Euro, sons- tige weitere Leistungen mit 519 Millionen Euro, Eingliederungszuschüsse mit 454 Millionen Euro, Ar- beitsbeschaffungsmaßnahmen mit 444 Millionen Euro, die Förderung der Berufsausbildung Benachteiligter mit 374 Millionen Euro, Eignungsfeststellungs- und Trai- ningsmaßnahmen mit 184 Millionen Euro, der Beschäfti- gungszuschuss (BEZ) mit 136 Millionen Euro, die Beauf- tragung Dritter mit der Vermittlung mit 119 Millionen Euro, Mobilitätshilfen mit 103 Millionen Euro, das Ein- stiegsgeld mit 64 Millionen Euro, die Unterstützung der Beratung und Vermittlung mit 53 Millionen Euro, Einglie- derungszuschüsse für schwerbehinderte Menschen mit 36 Millionen Euro, die Berufliche Weiterbildung behinderter Menschen mit 26 Millionen Euro, Einstellungszuschüsse bei Neugründungen mit 25 Millionen Euro, die Einstiegs- qualifizierung mit 13 Millionen Euro, die Personal-Ser- vice-Agenturen mit 6 Millionen Euro sowie die Maßnah- men zur Berufsorientierung mit 1,6 Millionen Euro. Ist-Ausgaben in Tausend Euro Teilnehmer (Eintritte) Ausgaben je Teilnehmer je Monat 1.406.189 695.648 451 671.247 165.620 803 518.748 399.407 1.299 453.839 120.622 663 444.421 60.389 1.123 374.299 31.700 – 184.219 478.077 444 nahmen mit Ausgaben von 1 133 Euro je Teilnehmer im Monat. Es folgten der Gründungszuschuss mit 1 011 Euro, der Einstellungszuschuss bei Neugründungen mit 925 Euro, die Berufliche Weiterbildung mit 904 Euro, Mobilitätshilfen mit 840 Euro, Eingliederungszuschüsse für schwerbehinderte Menschen mit 814 Euro, Personal- Service-Agenturen mit 700 Euro, Eingliederungszu- schüsse mit 653 Euro, der Eingliederungsgutschein mit 571 Euro, Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaß- nahmen mit 463 Euro, die Einstiegsqualifizierung mit 316 Euro, die Freie Förderung mit 253 Euro, Maßnah- men zur Berufsorientierung mit 167, die Beauftragung Dritter mit der Vermittlung mit 144 Euro sowie die Un- terstützung der Beratung und Vermittlung mit 55 Euro. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungsbilanzen nach § 11 SGB III. Ausgaben 12 Freie Förderung 253 13 Maßnahmen zur Berufs- orientierung 167 14 Beauftragung Dritter mit der Vermittlung 144 15 Unterstützung der Bera- tung und Vermittlung 55 Ausgaben je Teilnehmer je Monat 3460 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) das Einstiegsgeld mit 44 000 Eintritten, die Förderun 9 Arbeitsbeschaffungs- 60.389 der Berufsausbildung Benachteiligter mit 32 000 Ein- tritten, die Berufliche Weiterbildung behinderter Men- schen mit 30 000 Eintritten, der Beschäftigungszuschuss mit 23 000 Eintritten, die Einstiegsqualifizierung mit 7 000 Eintritten, Maßnahmen zur Berufsorientierung, Einstellungszuschüsse bei Neugründungen und Einglie- derungszuschüsse für schwerbehinderte Menschen mit jeweils rund 4 000 Eintritten sowie Personal-Service- Agenturen mit 2 000 Eintritten. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungsbilanzen nach § 54 SGB II, ohne Daten der zkT. Teilnehmer (Eintritte) 1 Unterstützung der Bera- tung und Vermittlung 1.104.207 2 Arbeitsgelegenheiten 695.648 3 Eignungsfeststellung/ Trainingsmaßnahmen 478.077 4 sonstige weitere Leistungen 399.407 maßnahmen 10 Einstiegsgeld 43.974 11 Förderung der Berufsaus- bildung Benachteiligter 31.700 12 Berufliche Weiterbildung behinderter Menschen 30.043 13 Beschäftigungszuschuss 23.040 14 Einstiegsqualifizierung 6.767 15 Maßnahmen zur Berufs- orientierung 4.112 16 Einstellungszuschuss bei Neugründungen 4.044 17 Eingliederungszuschüsse für besonders betroffene schwerbehinderte Men- schen 3.760 18 Personal-Service-Agentur (PSA) 1.984 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungsbilanzen nach § 54 SGB 8 Beschäftigungszuschuss 9 Beauftragung Dritter mit der Vermittlung 10 Mobilitätshilfen (Zuschuss und Darlehen) 11 Einstiegsgeld 12 Unterstützung der Beratung und Vermittlung 13 Eingliederungszuschüsse für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen 14 Berufliche Weiterbildung behinderter Menschen 15 Einstellungszuschuss bei Neugründungen 16 Einstiegsqualifizierung 17 Personal-Service-Agentur (PSA) 18 Maßnahmen zur Berufsorientierung Die meisten Eintritte im Rechtskreis SGB II im Jahr 2008 gab es bei der Unterstützung der Beratung und Ver- mittlung mit 1,1 Millionen Eintritten. Es folgten die Ar- beitsgelegenheiten mit 696 000 Eintritten, Eignungsfest- stellungs- und Trainingsmaßnahmen mit 478 000 Ein- tritten, sonstige weitere Leistungen mit 399 000 Eintrit- ten, die Beauftragung Dritter mit der Vermittlung mit 176 000 Eintritten, Mobilitätshilfen mit 170 000 Ein- tritten, die Berufliche Weiterbildung mit 166 000 Ein- tritten, Eingliederungszuschüsse mit 121 000 Eintritten, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit 60 000 Eintritten, II, ohne Daten der zkT. 136.387 23.040 1.106 118.800 175.897 199 102.858 169.855 606 64.085 43.974 221 53.368 1.104.207 48 36.402 3.760 801 25.558 30.043 – 25.013 4.044 847 13.200 6.767 301 6.159 1.984 741 1.582 4.112 100 Ist-Ausgaben in Tausend Euro Teilnehmer (Eintritte) Ausgaben je Teilnehmer je Monat 5 Beauftragung Dritter mit der Vermittlung 175.897 6 Mobilitätshilfen (Zuschuss und Darlehen) 169.855 7 Berufliche Weiterbildung 165.620 8 Eingliederungszuschüsse 120.622 Teilnehmer (Eintritte) g Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3461 (A) (C) (D)(B) Die höchsten Ausgaben je Teilnehmer im Monat im Jahr 2008 gab es bei den sonstigen weiteren Leistungen mit 1 300 Euro. Es folgten Arbeitsbeschaffungsmaßnah- men mit 1 123 Euro, der Beschäftigungszuschuss mit 1 106 Euro, Einstellungszuschüsse bei Neugründungen mit 847 Euro, die Berufliche Weiterbildung mit 803 Euro, Eingliederungszuschüsse für schwerbehin- derte Menschen mit 801 Euro, Personal-Service-Agen- turen mit 741 Euro, Eingliederungszuschüsse mit 663 Euro, Mobilitätshilfen mit 606 Euro, Arbeitsgele- genheiten mit 451 Euro, Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen mit 444 Euro, die Einstiegsqualifi- zierung mit 301 Euro, das Einstiegsgeld mit 221 Euro, die Beauftragung Dritter mit der Vermittlung mit 199 Euro, Maßnahmen zur Berufsorientierung mit 100 Euro sowie die Unterstützung der Beratung und Ver- mittlung mit 48 Euro. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungsbilanzen nach § 54 SGB II, ohne Daten der zkT Ausgaben je Teilnehmer je Monat 1 sonstige weitere Leistun- gen 1.299 2 Arbeitsbeschaffungsmaß- nahmen 1.123 3 Beschäftigungszuschuss 1.106 4 Einstellungszuschuss bei Neugründungen 847 5 Berufliche Weiterbildung 803 6 Eingliederungszuschüsse für besonders betroffene schwerbehinderte Men- schen 801 7 Personal-Service-Agentur (PSA) 741 8 Eingliederungszuschüsse 663 9 Mobilitätshilfen (Zuschuss und Darlehen) 606 10 Arbeitsgelegenheiten 451 11 Eignungsfeststellung/ Trainingsmaßnahmen 444 12 Einstiegsqualifizierung 301 13 Einstiegsgeld 221 14 Beauftragung Dritter mit der Vermittlung 199 15 Maßnahmen zur Berufs- orientierung 100 16 Unterstützung der Bera- tung und Vermittlung 48 Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fra- gen der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Fragen 66 und 67): Wie viele der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik sind in den einzelnen Rechtskreisen im Jahr 2009 abgeflossen – bitte absolute und relative Zahlen angeben –, und wofür will die Bundesregierung gegebenenfalls nicht verausgabte Mittel ver- wenden? Wie viele Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik pro Kopf standen in den einzelnen Rechtskreisen rechnerisch jährlich seit 2005 zur Verfügung, und wie viele Mittel wurden jährlich seit 2005 tatsächlich verausgabt? Zu Frage 66: Für den Rechtskreis des SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, wurden im Jahr 2009 durch den Bund 5,9 Milliarden Euro verausgabt. Diese Ausgaben be- inhalten auch die Bundesprogramme „Beschäftigungs- pakte für Ältere“ und „Kommunal-Kombi“, die seit dem Jahr 2009 in einem gemeinsamen Titel veranschlagt werden. Somit wurden rund 89 Prozent des Haushalts- solls des Jahres 2009 verausgabt. § 46 Abs. 3 SGB II sieht eine Übertragbarkeit nicht verausgabter Mittel des Gesamtbudgets, Budget für Ein- gliederungsleistungen und Verwaltungskosten, eines Jah- res auf das Folgejahr vor. Dabei kann die Hälfte der nicht verausgabten Mittel, aber maximal 10 Prozent der An- sätze übertragen werden. Abweichend hiervon können die nicht verausgabten Mittel für die beiden Bundespro- gramme „Beschäftigungspakte für Ältere“ und „Kommu- nal-Kombi“ nach der Bundeshaushaltsordnung in das nächste Jahr übertragen werden. Ziel der oben genannten Regelung ist es, einem unwirtschaftlichen Ausgabever- halten insbesondere am Jahresende entgegenzuwirken. Die gesetzliche Regelung wurde im Bundeshaushalt durch die Ausbringung von Haushaltsvermerken zur Übertragbarkeit von Ausgaben nachvollzogen. Ausgabereste können im folgenden Haushaltsjahr al- lerdings nur in Anspruch genommen werden, wenn sie an anderer Stelle des Bundeshaushaltes, in der Regel desselben Einzelplans, durch Einsparungen in gleicher Höhe kassenmäßig gedeckt werden. Denn es werden nur Ermächtigungen, nicht aber die Kassenmittel übertragen. Für den Rechtskreis des SGB III, Bereich der Arbeits- förderung, hat die Bundesagentur für Arbeit aus den im Eingliederungstitel zusammengefassten Ermessensleis- tungen der aktiven Arbeitsförderung rund 3,6 Milliarden Euro und für die in Kapitel 3 des Haushalts der Bundes- agentur für Arbeit veranschlagten „Sonstigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung“ rund 13,2 Milliarden Euro verausgabt. Zusammen belaufen sich die Ausgaben für die aktive Arbeitsförderung damit auf rund 16,8 Milliar- den Euro. Im Ergebnis hat die Bundesagentur für Arbeit rund 90 Prozent des Haushaltssolls des Jahres 2009 ver- ausgabt. Nicht verausgabte Mittel des Eingliederungstitels im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit werden nach § 71 c SGB IV grundsätzlich einer Eingliederungsrück- 3462 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) lage zugeführt. Die Eingliederungsrücklage ist bis zum Schluss des nächsten Haushaltsjahres aufzulösen und dient zur Deckung von gebildeten Ausgaberesten des Eingliederungstitels. Eine Zuführung an die Eingliede- rungsrücklage kommt nicht in Betracht, soweit die Bun- desagentur auf die Inanspruchnahme von Liquiditätshil- fen des Bundes nach § 364 SGB III angewiesen ist. Zu Frage 67: Die mit der Fragestellung erbetenen Angaben zur durchschnittlichen Förderung eines Erwerbslosen mit Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik liegen dem Bun- desministerium für Arbeit und Soziales nicht vor. Sie werden nicht ermittelt, weil sie kein sinnvoller Ansatz für die Planungs- und Abrechnungszwecke der aktiven Arbeitsmarktpolitik wären. Im Übrigen wird auf die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Arbeit und Soziales a. D., Klaus Brandner, vom 10. Februar 2009 auf Ihre schriftliche Frage, Bundestagsdrucksache 16/11955; S. 41, sowie auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom 21. Dezember 2009, Drucksache 17/350; Frage 5, verwiesen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Fragen 68 und 69): In welchem Zeitrahmen wird die Bundesregierung unter Mitwirkung von externen Fachleuten – Bereiche zum Bei- spiel: Forst, Holz, Energie, Umwelt, Tourismus etc. – einen Entwurf zur Waldstrategie 2020 erarbeiten und dem Bundes- tag vorlegen, und wie werden die Mitglieder des Bundestages einbezogen? Welche Vorbereitungen laufen zur Bundeswaldinventur 3, BWI 3, und wie wird die Bundesregierung die Aufnahme der Erfassung und Bewertung naturnaher Waldstrukturen – zum Beispiel Biotopbäume oder Totholz – im Rahmen der BWI 3 sicherstellen? Zu Frage 68: Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz hat unter Einbeziehung externer Fachleute aus den in der Frage genannten Berei- chen und der Wissenschaft zuletzt am 12. und 13. April 2010 in einem Symposium die Grundlagen für die Wald- strategie 2020 erarbeitet. Unter anderem waren die Forstpolitischen Sprecher der im Bundestag vertretenen Fraktionen eingeladen. Das BMELV ist gerne bereit, in den Fachausschüssen über den Fortgang bei der Wald- strategie 2020 zu berichten. Zu Frage 69: Die 3. Bundeswaldinventur wird derzeit auf Fach- ebene vorbereitet. Hierzu stimmen die Inventurleiter des Bundes und der Länder unter der Federführung des BMELV und unter Beteiligung des Bundesamtes für Na- turschutz Details zu den erhebenden Merkmalen ab. Bei wenigen Merkmalen ist noch zu klären, in welchen Ab- stufungen sie zu erheben sind. Biotopbäume und Totholz sind auf jeden Fall Merkmale der 3. Bundeswaldinventur. Durch eine enge Zusammenarbeit mit dem BfN gewähr- leistet das BMELV, dass Naturschutzbelange berücksich- tigt werden. Ständige Aufgabe ist dabei, Wünschbares und Machbares sowie Kosten und Informationsgewinn gegeneinander abzugleichen. Der Beginn der Außenaufnahmen ist für Anfang 2011 geplant. Bis dahin sind alle methodischen Arbeiten ab- zuschließen, die EDV-Programme zu erstellen und die Schulung vorzubereiten. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage der Abgeordneten Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 70): Auf welche Art will die Bundesregierung bei den sogenann- ten Energy Drinks angesichts der Warnungen des Bundesinsti- tuts für Risikobewertung die Gesundheitsgefahren – Herz- rhythmusstörungen, Krampfanfälle – verhindern, die von den Getränken ausgehen können, und hält die Bundesregierung bloße Warnhinweise gerade im Hinblick auf die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen für ausreichend? Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz hat bereits weitergehende Regelungen für die Produktgruppe der sogenannten Energy Drinks vorbereitet. Ein entsprechender Verord- nungsentwurf wurde den Bundestagsfraktionen und dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- cherschutz des Deutschen Bundestages mit Schreiben vom 24. Juni 2009 zugeleitet. Der Verordnungsentwurf wurde nach Abschluss der Anhörung der beteiligten Kreise und der sich daraus er- gebenden Überarbeitung Anfang Februar diesen Jahres bei der Europäischen Kommission notifiziert. Der Verordnungsentwurf sieht weiterhin zum einen die Festlegung von Höchstmengen für die relevanten Stoffe Koffein, Taurin, Glucuronolacton und Inosit vor. Zum anderen werden über die bestehenden Regelungen hinaus auf Basis der Empfehlungen des BfR zusätzliche Kennzeichnungsanforderungen festgelegt, nämlich Hin- weise, dass der Verzehr größerer Mengen, insbesondere bei ausgiebiger sportlicher Betätigung, sowie ein gleich- zeitiger Genuss alkoholischer Getränke vermieden wer- den sollte. Damit wird die Verbraucherinformation in Bezug auf den Umgang mit diesen Erzeugnissen deut- lich verbessert werden. Zu beachten ist, dass sich etwaige nationale Regelun- gen im Rahmen der nach dem EU-Recht zulässigen Möglichkeiten bewegen müssen. So existieren für Ge- tränke mit hohen Gehalten an Koffein – also auch Energy Drinks – bereits mit der Richtlinie 2002/67/EG EU-einheitliche Regelungen – umgesetzt in § 8 Abs. 5 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung. Demnach ist bei Getränken, die mehr als 150 mg Koffein pro Liter enthalten, der Hinweis „erhöhter Koffeingehalt“ und die Angabe der Menge in Milligramm pro 100 Milliliter an- zubringen. Diese Regelung wurde damals speziell mit Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3463 (A) (C) (D)(B) Blick auf die Bevölkerungsgruppen „Kinder und Schwan- gere“ erlassen. Zur besseren Verbraucherinformation soll mit dem in Rede stehenden Verordnungsentwurf diese Angabe zu- künftig auch für lose abgegebene Lebensmittel vorge- schrieben werden statt wie bisher nur für verpackte Pro- dukte. Der von Deutschland notifizierte Verordnungsentwurf wird einen neuen Anstoß für eine Diskussion dieser Pro- duktgruppe auch auf EU-Ebene geben. Dies ist zu begrü- ßen. Zunächst bleibt nunmehr der Ausgang des Notifi- zierungsverfahrens abzuwarten. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage der Abgeordneten Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 71): Mit welchen konkreten Gesetzesformulierungen wird die Bundesregierung der Forderung der CDU/CSU-Fraktion nach strengeren gesetzlichen Regelungen zur Kennzeichnung von sogenanntem Klebeschinken in Abgrenzung zu natürlich ge- wachsenem Schinken nachkommen, und mit welchen konkre- ten Initiativen strebt die Bundesregierung auf europäischer Ebene ein Verbot von Klebeenzymen in der Fleischwarener- zeugung an? Zu den Kennzeichnungsvorschriften für „Klebeschin- ken“: Das vorhandene gesetzliche Instrumentarium des geltenden Lebensmittelrechts ermöglicht es den zustän- digen Überwachungsbehörden bereits jetzt, irreführend gekennzeichnete Lebensmittel, darunter auch sogenann- ter Klebeschinken, zu beanstanden und die Verstöße sanktionieren zu können. Konkret sind diese Instru- mente: der § 11 des Lebensmittel- und Futtermittelge- setzbuches, LFGB, die Vorschriften der Lebensmittel- Kennzeichnungsverordnung und flankierend, als unter- gesetzliches Instrumentarium, die in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebens- mittelbuches definierten Verkehrsbezeichnungen für Rohschinkenerzeugnisse, wie zum Beispiel „Nussschin- ken“ und „Lachsschinken“. Eine Regelungslücke besteht somit nicht, daher sehen wir keinen Handlungsbedarf im Hinblick auf neue ge- setzliche Vorgaben. Im Hinblick auf das Deutsche Le- bensmittelbuch wird sich das BMELV für eine Erweite- rung der Formfleischdefinition einsetzen. Zum Thema „Klebeenzyme“: Die Bundesregierung strebt auch kein Verbot von Klebeenzymen in der Fleischwarenerzeugung an, da sie ein solches Verbot nicht als begründet ansieht. Nach den Vorschriften des LFGB dürfen Enzyme unter Beachtung der allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften grundsätzlich ohne spezifische Zulassung bei der Herstellung von Lebens- mitteln verwendet werden. In der EU werden Enzyme künftig grundsätzlich einem Zulassungsverfahren unter- liegen. Voraussetzung für die Zulassung und die Auf- nahme in die noch zu erstellende Gemeinschaftsliste sind der Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklich- keit und der technologischen Notwendigkeit sowie der Ausschluss der Irreführung der Verbraucher. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 72): Standen die vier in den Meldungen nach dem Kunduz- Luftschlag vom 4. September 2009 genannten Taliban-Führer auf der Joint Effects List oder der Joint Priority Effects List der ISAF oder auf einer entsprechenden OEF-Liste in Afgha- nistan? Von den vier in den Meldungen nach dem Luftangriff am 4. September 2009 genannten Unterführern der Op- posing Militant Forces, OMF, war zum Zeitpunkt des Luftangriffs keiner als Zielperson auf der ISAF Joint Ef- fects List, JEL, oder auf der ISAF Joint Prioritized Ef- fects List, JPEL, aufgeführt. Einzelheiten zu den in Rede stehenden OMF-Unter- führern wurden durch Herrn Parlamentarischen Staats- sekretär Kossendey in einem Sachstandsbericht an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Un- terrichtung der Vorsitzenden, der Stellvertretenden Vor- sitzenden und der Obleute des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bun- destages übermittelt. Über gesonderte Ziellisten der Operation Enduring Freedom in Afghanistan liegen keine Erkenntnisse vor. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 73): Welchen Inhalts waren am 3./4. September 2009 im Raum Kunduz/Afghanistan die – jeweils parallel zum Bundeswehr- einsatz mit der schließlichen Bombardierung der zwei Tank- laster durchgeführten – Operationen der Bundeswehrsonder- einheit TF 47 gegen Taliban-Führer sowie der geheimen US Task Force 373 gegen Aufständische, bei denen ein Erdnah- kampfflugzeug A-10 „Warthog“ sowie ein weiteres Flugzeug (A-28 A?) eingesetzt waren, und inwieweit trifft es zu, dass die Task Force 373 im deutsch-befehligten ISAF-Regional- kommando Nord „fast jede Nacht aktiv“ ist, Verdächtige fest- nimmt und schon mehrfach gesuchte Taliban-Anführer „eli- minierte“ (vergleiche Spiegel Online vom 4. Januar 2010)? Die Bundesregierung hält an dem mit den Vorsitzen- den der im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen im Jahr 2008 abgestimmten und bewährten Verfahren zur Unterrichtung über den Einsatz von Spezialkräften der Bundeswehr fest. Demnach werden über den Einsatz von Spezialkräften der Bundeswehr die Vorsitzenden, die stellvertretenden Vorsitzenden sowie die Obleute des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Aus- schusses unverändert regelmäßig auf vertraulicher Basis informiert. 3464 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Dies ist zuletzt durch den Bundesminister der Vertei- digung am 18. März 2010 erfolgt. Im Rahmen dieser vertraulichen Unterrichtungen werden auch die bekannten Informationen zum Einsatz von Spezialkräften verbündeter Streitkräfte in den deut- schen Einsatzgebieten dargelegt. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 74): Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, dass der ge- plante Einsatz von Panzerhaubitzen und MARDER-Schützen- panzern durch die Bundeswehr in Afghanistan, die teils wenig zielgenau sind und große Kollateralschäden nach sich ziehen können, die gesamte dortige, auf Vermeidung solcher Schäden wie beim Bombardement am 3./4. September 2009 in Kunduz angelegte Einsatzstrategie der Bundeswehr sowie der ISAF infrage stellen kann, und teilt die Bundesregierung die Auffas- sung, dass die geplante Militäroffensive mit der Bundeswehr auch im Raum Kunduz eines neuen Bundestagsmandats be- darf sowie nicht ohne bzw. gegen den erklärten Willen der dortigen Bevölkerung – abgesehen von Voten des dortigen Gouverneurs – durchgeführt werden sollte, wie der Präsident Hamid Karzai dies bezüglich der Offensive in Kandahar be- reits formulierte? Der Einsatz zusätzlicher schwerer Waffen, der auf- grund der im Norden Afghanistans derzeit vorherrschen- den Bedrohungslage mit Schwerpunkt im Raum Kunduz vorgesehen ist, stellt die Einsatzstrategie der Bundes- wehr in Afghanistan nicht infrage. Die Befürchtungen, dass eine unzureichende Ziel- genauigkeit dieser Waffen große Kollateralschäden nach sich ziehen könnte, werden durch die Bundesregierung nicht geteilt, da die unterschiedlichen Waffensysteme je- weils der Lage und Bedrohung sowie der Fähigkeiten der einzelnen Waffensysteme angepasst eingesetzt wer- den. Der Schützenpanzer MARDER wird bereits jetzt vom Deutschen Einsatzkontingent ISAF im Norden Afgha- nistans eingesetzt. Um der aktuellen Bedrohung vor Ort gerecht zu werden, ist nun eine Erhöhung der Anzahl der eingesetzten Systeme vorgesehen. Darüber hinaus soll zusätzlich die Panzerhaubitze 2000 in das Einsatzgebiet verbracht werden. Beim Ein- satz dieses Waffensystems sind durch die Wahl der Mu- nitionsarten – Nebel-, Leucht- und Sprengmunition – verschiedene, der jeweiligen Bedrohung angepasste Es- kalationsstufen möglich. Insbesondere einem Einsatz von Sprengmunition wird dabei immer eine tiefgreifende und detaillierte Aufklärung der Lage vorausgehen. Eine Anpassung des aktuellen Bundestagsmandates ist hierfür nicht erforderlich. Die Entscheidung zum Einsatz schwerer Waffen wird durch die verantwortlichen Führer vor Ort unter Berück- sichtigung der vom multinationalen Oberbefehlshaber der ISAF vorgegebenen taktischen Auflagen zur Vermei- dung von Opfern unter der unbeteiligten afghanischen Zivilbevölkerung sowie unter Beachtung der Einsatzre- geln, Rules of Engagement, erfolgen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das derzeitige Mandat auch vor dem Hintergrund der Ent- wicklung der Sicherheitslage im Norden Afghanistans dem Auftrag des Deutschen Einsatzkontingentes Rech- nung trägt und weiterhin den Rahmen für unser zielge- richtetes, eigenes Handeln bildet. Die Äußerungen des afghanischen Staatspräsidenten Hamid Karzai zur geplanten ISAF-Operation in Kanda- har bei einer lokalen Shura sind unseres Ermessens in ei- nem innenpolitischen Kontext zu sehen. Sie waren pu- blikumsorientiert und vor dem Hintergrund der durch ihn propagierten Versöhnungs- und Reintegrationspolitik wohlkalkuliert. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Rainer Arnold (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 75): Warum verzögert sich die Auslieferung des Kampfhub- schraubers TIGER an die Truppe, und ab wann werden die ersten Kampfhubschrauber TIGER einsatzbereit der Bundes- wehr zur Verfügung stehen? Die Verzögerungen im Programm Unterstützungs- hubschrauber, UH, TIGER beruhen überwiegend auf technischen Problemen. So bestehen zum Beispiel trotz der Einleitung von Abhilfemaßnahmen nach wie vor er- hebliche Mängel im Bereich der Verkabelung. Diese sind eine maßgebliche Ursache für die bis heute anhal- tenden Lieferverzögerungen. Die Bundeswehr hat bis Ende des Jahres 2009 insgesamt elf UH TIGER in zwei verschiedenen, nicht einsatzfähigen Vorserienstandards erhalten. 2010 werden voraussichtlich fünf weitere UH TIGER geliefert werden. Bei der Lieferplanung für die Jahre 2011 und 2012 wird eine Erhöhung des Lieferum- fangs angestrebt. Die Fähigkeiten künftig zur Auslie- ferung anstehender UH TIGER sollen stufenweise aufwachsen. Unter Berücksichtigung der für eine opera- tionelle Ausbildung erforderlichen Voraussetzungen wird derzeit von einer frühestmöglichen Einsatzfähigkeit des UH TIGER nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2012 ausgegangen. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass einsatzfähige UH TIGER im Serienstandard ab November 2010 zur Verfügung stehen und die erforderli- chen Flugstunden für die Ausbildung abgeleistet werden können. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Rainer Arnold (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 76): Für welche Fahrzeuge und in welchem Zeitraum beabsich- tigt das Bundesministerium der Verteidigung die Waffensta- tionen FLW 100 und FLW 200 zu beschaffen? Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3465 (A) (C) (D)(B) Mit den Waffenstationen kann die Besatzung aus den geschützten Fahrzeugen heraus die Waffe zum Zweck der Selbstverteidigung einsetzen. Abhängig von der sen- sorischen Ausstattung der Waffenstationen können damit auch Überwachungs- oder Sicherungsaufgaben wahrgenommen werden. Von den insgesamt 979 geplan- ten Waffenstationen entfallen 573 Stück auf die leichte Version FLW 100 und 403 Stück auf die schwere Ver- sion FLW 200. Es ist beabsichtigt, die Waffenstationen nach Ein- satzerfordernis auf die Fahrzeugtypen BOXER, DINGO, TPz FUCHS, EAGLE IV, YAK, ENOK und GTF ZLK 2-15to zu verteilen. Verträge mit den beiden Hauptliefe- ranten, Krauss-Maffei Wegmann, KMW, über die Waf- fenstationen und Firma Rheinmetall Defence Electro- nics, RDE, über die Sensoreinheiten, wurden im Jahr 2008 geschlossen. Bis Ende 2009 wurden 160 FLW 100 und 23 FLW 200 geliefert. Dieses Jahr sollen 70 FLW 100 und 122 FLW 200 geliefert werden. Im Jahr 2011 ist die Lie- ferung weiterer 78 FLW 100 und 62 FLW 200 vorgese- hen. 117 FLW 200 sind optional vereinbart. Die Einlö- sung der Option hängt von der Verfügbarkeit der HHM ab. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 77): Auf welche konkrete Bedrohung bzw. Fähigkeitslücke wird mit der Verlegung von Panzerabwehrlenkflugkörpern des Typs TOW nach Afghanistan reagiert? Die Verlegung von Panzerabwehrlenkflugkörpern TOW erweitert unsere bereits vorhandene Fähigkeit, über große Entfernungen Ziele präzise bekämpfen zu können. Die Panzerabwehrlenkflugkörper TOW haben mit fast vier Kilometern eine annähernd doppelt so große Reichweite wie die bereits in Afghanistan im Einsatz be- findlichen Lenkflugkörper vom Typ MILAN sowie ein leistungsfähigeres Nachtsichtgerät. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Frage 78): Welche Verbesserung der Sicherheitslage in Afghanistan verspricht sich die Bundesregierung durch den Einsatz von Panzerhaubitzen und anderer neuer Waffensysteme? Die Ausstattung des DEU-Einsatzkontingentes in Afghanistan orientiert sich an der Bedrohung vor Ort. Durch den Einsatz weiterer Waffensysteme werden not- wendige militärische Fähigkeiten erweitert bzw. ergänzt, sodass zeitnah auf rasch auftretende Bedrohungen rea- giert werden kann. Die Panzerhaubitze 2000 ermöglicht durch die Wahl der Munitionssorte auch eine abgestufte Eskalation. So kann mit der Panzerhaubitze 2000 nicht nur Spreng-, sondern auch Leucht- und Nebelmunition als „Show of Force“ verschossen werden. In der Folge kann durch die erweiterte Fähigkeit des Kontingents, Ziele auf große Entfernung schnell zu bekämpfen – TOW und Panzerhaubitze 2000 –, und die erhöhte Feuerkraft – mehr Schützenpanzer vom Typ MARDER – gegebenenfalls eine „abschreckende“ Wirkung auf die Opposing Militant Forces, OMF, erreicht werden. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Frage 79): An welchen Einsätzen der britischen Luftwaffe in Afgha- nistan hat der deutsche Waffensystemoffizier teilgenommen, der zwischen Oktober 2009 und Januar 2010 Teil der Bordbe- satzung eines britischen Tornado-Kampfflugzeugs in Afgha- nistan war? Zurzeit ist ein deutscher Waffensystemoffizier als Austauschoffizier auf dem Flugzeugmuster TORNADO bei der 31 Squadron der Royal Air Force auf dem briti- schen Luftwaffenstützpunkt MARHAM eingesetzt. Der Offizier war von Oktober 2009 bis Januar 2010 mit sei- ner Einheit in Kandahar im südlichen Afghanistan einge- setzt und nahm an 27 Einsätzen teil. Von diesen 27 Ein- sätzen waren acht Aufklärungseinsätze, 15 Einsätze im Rahmen der Luftnahunterstützung und vier Alarmstarts. Nach dem ISAF-Bundestagsmandat können deutsche Soldaten, die im Rahmen von Austauschprogrammen bei den Streitkräften anderer NATO-Nationen dienen, in ihren Verwendungen verbleiben und auf Ersuchen der Gastnation an Einsätzen ihrer Streitkräfte im Rahmen der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan teilnehmen. Auf dieser Grundlage hatte der damalige Bundesminister der Verteidigung den Einsatz im Mai 2009 gebilligt, dessen Einsatzspektrum neben Aufklärungsmissionen auch Einsätze zur Luftnahunter- stützung im Rahmen von ISAF umfasste. Das Parlament wurde hierüber im Rahmen der UdP 45/09 unterrichtet. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 80): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von der durch das britische Verteidigungsministerium bestätigten Beteili- gung deutscher Soldaten an mindestens 18 Kampfeinsätzen in Tornado-Flugzeugen GR 4 der britischen 31. Schwadron in Kandahar zwischen Dezember 2009 und Januar 2010 (Times Online vom 4. April 2010; Mail Online vom 4. April 2010), und inwiefern sieht sie diese als durch das Bundestagsmandat für den Einsatz gedeckt? 3466 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Zurzeit ist ein deutscher Waffensystemoffizier als Austauschoffizier auf dem Flugzeugmuster TORNADO bei der 31 Squadron der Royal Air Force auf dem briti- schen Luftwaffenstützpunkt Marham eingesetzt. Der Of- fizier war von Oktober 2009 bis Januar 2010 mit seiner Einheit in Kandahar im südlichen Afghanistan einge- setzt. Nach dem ISAF-Bundestagsmandat können deutsche Soldaten, die im Rahmen von Austauschprogrammen bei den Streitkräften anderer NATO-Nationen dienen, in ihren Verwendungen verbleiben und auf Ersuchen der Gastnation an Einsätzen ihrer Streitkräfte im Rahmen der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan teilnehmen. Auf dieser Grundlage hatte der damalige Bundes- minister der Verteidigung den Einsatz im Mai 2009 gebilligt, dessen Einsatzspektrum neben Aufklärungs- missionen auch Einsätze im Rahmen von Luftnahunter- stützung im Rahmen von ISAF umfasste. Das Parlament wurde hierüber im Rahmen der UdP 45/09 unterrichtet. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fra- gen des Abgeordneten Jan van Aken (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Fragen 81 und 82): War die Patrouille aus afghanischen und ISAF-Einheiten, die bei Baghlan am Donnerstag, dem 15. April 2010, ange- griffen wurde, wobei vier Soldaten getötet und fünf weitere Bundeswehrsoldaten verletzt wurden, im Rahmen der verän- derten ISAF-Strategie zur Begleitung afghanischer Einheiten unterwegs, und wie genau sieht diese Strategie aus? Hätte eine zusätzliche Ausstattung der deutschen Einhei- ten bei der Patrouille am 15. April 2010 das Risiko eines für die deutschen Bundeswehrsoldaten tödlichen Angriffs auf ihre Fahrzeuge wesentlich verringert bzw. ausgeschlossen? Zu Frage 81: Die gefallenen Soldaten waren nicht im Rahmen des neuen Partnering-Ansatzes eingesetzt. Drei der vier Ge- fallenen und die fünf verwundeten Soldaten waren im Rahmen der laufenden Ausbildung, Mentoring, der af- ghanischen Armee in einem Operational Mentor and Li- aison Team, OMLT, eingesetzt. Der Einsatz von OMLT zur Begleitung von afghanischen Einheiten wird seit Langem durchgeführt und hat sich bewährt. Dabei steht die angeleitete Ausbildung im Vordergrund. Die Opera- tionsführung wird hierbei den afghanischen Kräften überlassen. Ein weiterer Soldat, der in einem beweglichen Arzt- trupp eingesetzt war, ist durch den Beschuss mit einer Panzerabwehrhandwaffe gefallen. Der neue Ansatz des Partnering bedeutet dagegen das gemeinsame Planen, Vorbereiten, Durchführen und Nachbereiten von Operationen mit den afghanischen Si- cherheitskräften – Afghan National Security Forces, ANSF – sowie die Durchführung der dazu notwendigen gemeinsamen vorbereitenden Ausbildung. Somit handelt es sich beim Partnering nicht um eine neue Einsatzop- tion, sondern um eine besonders intensive Form von „angeleiteter Ausbildung“. Durch das „Miteinander“ von deutschen ISAF-Kräften und der afghanischen Ar- mee – Afghan National Army, ANA – im Rahmen der Operationsführung soll die Fähigkeit der ANA verbes- sert werden, eigenständig Operationen durchführen zu können. Zu Frage 82: Die Soldaten, die verwundet wurden oder gefallen sind, befanden sich zur Auftragserfüllung teilweise au- ßerhalb der Fahrzeuge. Der Angriff auf die Soldaten erfolgte mit behelfsmäßigen Sprengvorrichtungen – Im- provised Explosive Device, IED – und Panzerabwehr- handwaffen. Abgesessen ist ein Schutz gegen IED, auch durch zusätzliche Ausrüstung, nicht möglich. Die geschützten Fahrzeuge, ein EAGLE IV und ein YAK, sind moderne Fahrzeuge, die für den entsprechen- den Auftrag – OMLT bzw. beweglicher Arzttrupp, BAT – ein hohes Maß an Schutz gegen IED bieten. Einen abso- luten Schutz gegen IED gibt es jedoch nicht. Stärker ge- schützte Fahrzeuge könnten unter Umständen zu höhe- ren Wirkladungen der IED bei vergleichsweise geringem Aufwand für die OMF führen. Darüber hinaus gibt es gegen Panzerabwehrwaffen, RPG, auf absehbare Zeit keinen 100-prozentigen Schutz. Auch schwere Panzer können mit Panzerabwehrwaffen wirksam bekämpft werden. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 83): Welche Schlüsse zieht das Bundesministerium der Vertei- digung aus den jüngsten Äußerungen des afghanischen Präsi- denten Hamid Karzai, nach denen die internationale Gemein- schaft die Präsidentschaftswahlen im August 2009 gefälscht habe und der Präsident Hamid Karzai die geplante Großoffen- sive der NATO im Juni 2010 in der Provinz Kandahar gegebe- nenfalls untersagen wolle? Der vom Staatspräsidenten Karzai geäußerte Vorwurf, die internationale Gemeinschaft sei für Wahlfälschungen verantwortlich, war aus hiesiger Sicht innenpolitisch motiviert. Hintergrund für die Äußerung könnte der große innenpolitische Druck sein, unter dem Staatspräsi- dent Karzai derzeit steht. Auch seine Äußerungen zur geplanten ISAF-Opera- tion in Kandahar bei einer lokalen Shura waren publi- kumsbezogen und in diesem Sinne wohlkalkuliert. Diese Shura, bei der auch COM ISAF, General McChrystal, anwesend war, hatte zum Ziel, die lokalen Repräsentan- ten einzubeziehen und ihre Zustimmung für die geplante Operation zu gewinnen. Gleichwohl wird die Bundesregierung in ihren Ge- sprächen mit Vertretern der AFG-Regierung deutlich machen, dass derartige Äußerungen unsere gemeinsa- men Stabilisierungsbemühungen in Afghanistan er- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3467 (A) (C) (D)(B) schweren und nicht akzeptabel sind. Eine öffentliche bzw. medial geführte Auseinandersetzung würde Staats- präsident Karzai innenpolitisch aber weiter in die Enge treiben; eine Situation, die wir vermeiden müssen. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fra- gen des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Fragen 84 und 85): Wann genau wird die Bundesregierung den bisher zwi- schen dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend abgestimmten Entwurf eines Gesetzes zu Änderungen wehr- rechtlicher Vorschriften 2010 dem Bundestag und dem Bun- desrat zur Beratung vorlegen? Inwiefern sieht die Bundesregierung für die oben genann- ten Regelungen eine Zustimmungsbedürftigkeit des Bundes- rates als gegeben an, und in welcher Form wird sie den Bun- desrat am Gesetzgebungsverfahren beteiligen? Zu Frage 84: Der Entwurf für ein „Gesetz zur Änderung wehrrecht- licher Vorschriften 2010“ wurde auf Grundlage der ge- meinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien am 26. März 2010 in die Ressortbeteiligung gegeben. Die Ressortbeteiligung ist noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der nicht vorher- sehbaren Stellungnahmen der Bundesressorts bitte ich um Verständnis, dass kein genauer Termin für die Vor- lage im Bundestag bzw. im Bundesrat benannt werden kann. Zu Frage 85: Die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit des Bundes- rates in Bezug auf die Regelungen im Entwurf für ein „Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2010“ ist ebenfalls Gegenstand der zurzeit stattfindenden Res- sortbeteiligung. Vor Abschluss der Ressortbeteiligung ist daher keine verbindliche Antwort hierzu möglich. Anlage 59 Antwort der Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 86 und 87): Ist der Bundesregierung bekannt, dass es in Deutschland nach wie vor möglich ist, aufbereitete Einmalprodukte mit schweren Mängeln auf den Markt zu bringen, worüber zum Beispiel das Deutsche Ärzteblatt (Jahrgang 107, Heft 6, 12. Februar 2010) berichtet? Wann wird die Bundesregierung die angekündigte Studie zur Sicherheit der Aufbereitung von Einmalprodukten vorle- gen, und in welchem Zeitrahmen sollen gegebenenfalls die entsprechenden gesetzlichen Regelungen geändert werden? Zu Frage 86: Der Bundesregierung ist bekannt, dass entgegen be- stehender Straf- und Bußgeldvorschriften die strengen Vorgaben zur Aufbereitung von Medizinprodukten nicht immer von allen Aufbereitern angewendet werden. Allerdings ist die Schlussfolgerung nicht zulässig, von solchen nicht zu entschuldigenden Einzelfällen auf eine generell unzureichende Qualität aufbereiteter Medizin- produkte zu schließen. Bei den in dem Artikel des Deutschen Ärzteblattes untersuchten Medizinprodukten handelt es sich um Me- dizinprodukte der Gruppe „Kritisch C“, zum Beispiel Herzkatheter. An die Aufbereitung dieser Medizinpro- dukte werden in der Empfehlung des Robert Koch-Insti- tuts, RKI, und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ besonders hohe Anforderungen gestellt. Dabei ist es un- erheblich, ob es sich bei den Medizinprodukten um sogenannte Einmalprodukte oder Produkte, die zum Mehrfachgebrauch vorgesehen sind, handelt. Die Über- wachung der Einhaltung der Anforderungen an die Auf- bereitung von Medizinprodukten liegt bei den zuständi- gen Landesbehörden. Zu Frage 87: Die Studie „Qualität aufbereiteter Medizinprodukte“ wird vom BfArM durchgeführt. Gegenstand der Studie sind sowohl sogenannte Einmalprodukte als auch Medi- zinprodukte, die zum Mehrfachgebrauch vorgesehen sind. Die Komplexität der gestellten Aufgabe erforderte eine Vorstudie, deren Abschluss im 1. Halbjahr 2010 er- folgen soll. Das BfArM geht nach derzeitigem Stand da- von aus, dass im 2. Halbjahr 2010 mit der Hauptstudie begonnen werden kann. Für die Bundesregierung besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser Studie und etwaigen gesetzlichen Änderungen im Zusammenhang mit der Aufbereitung von Medizinprodukten. Solche Änderun- gen sind derzeit auch nicht beabsichtigt. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/ CSU) (Drucksache 17/1388, Frage 88): Beabsichtigt die Bundesregierung, im Rahmen der Ver- handlungen mit der Schweiz über die Überflüge im süddeut- schen Raum zum Flughafen Zürich-Kloten die gemachten Lärmmessungen in den betroffenen Gebieten Süddeutsch- lands zur Grundlage der Verhandlungen zu machen? Die von Deutschland und der Schweiz gemeinsam be- auftragte Lärmbelastungsanalyse „Ermittlung der durch An- und Abflüge auf den Flughafen Zürich hervorgeru- fenen Lärmbelastung, insbesondere auch in der Grenzre- gion“ wird bei den weiteren Verhandlungen als eine Grundlage dienen. Im Rahmen dieser Untersuchungen wurden zur Plau- sibilisierung auch Vergleiche zwischen gemessenen und berechneten Immissionswerten für verschiedene Mess- stationen durchgeführt. 3468 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jan Mücke auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU) (Drucksache 17/1388, Frage 89): Welche Position bezieht die Bundesregierung zur geplanten Verlängerung der vorrangigen Transeuropäischen Verkehrs- achse 1 (Messina–München–Erfurt–Halle/Leipzig–Berlin) über Rostock nach Skandinavien unter Anbindung von Saßnitz in Verbindung mit der Verlängerung der ebenfalls vorrangigen Verkehrsachse 22 (Prag–Dresden–Berlin–Rostock/Saßnitz) unter entsprechender Anbindung des Raumes Halle/Leipzig/ Magdeburg und der entsprechenden Anmeldung dieses soge- nannten Vier-Meeres-Schienenkorridors – im Koalitionsver- trag kurz Nord-Süd-Verbindung genannt – bei der EU-Kom- mission als zusätzliche, weiterführende und prioritäre Projekte für die für 2010 geplante Revision der Leitlinien für das transeuropäische Verkehrsnetz? Im Rahmen der Revision der TEN-Leitlinien soll das derzeitige Konzept der sogenannten prioritären Projekte zu einem Konzept eines europäischen Kernnetzes wei- terentwickelt werden. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass der Nord-Süd-Korridor in einem solchen Kernnetz angemessen berücksichtigt wird. Derzeit gibt es allerdings weder einen Termin noch eine Aufforderung der EU-Kommission zur Anmeldung von Vorhaben für die TEN-Revision. Zurzeit erarbeitet die EU-Kommission eine Methodik, nach deren Krite- rien das Kernnetz definiert werden soll. Über konkrete Projekte wird frühestens Ende des Jahres 2010 diskutiert werden. Dessen ungeachtet hat die Bundesregierung das deut- sche Interesse an der Aufnahme des obigen Nord-Süd- Korridors in das Kernnetz schon mehrmals gegenüber der EU-Kommission angesprochen. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/1388, Fragen 90 und 91): Welche Ergebnisse und Erfahrungen erbrachte das seit dem 1. April 2009 gültige KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ bisher, und wie bewertet die Bundesregierung diese angesichts des weiterhin bestehenden großen Defizites an barrierefreien Wohnungen? Welche Überlegungen bzw. Vorhaben gibt es seitens der Bundesregierung zu Veränderungen bei diesem KfW-Pro- gramm hinsichtlich Umfang, Konditionen und Betitelung des Programms („Barrierefrei Umbauen“ statt „Altersgerecht Umbauen“)? Mit dem Konjunkturpaket I wurde das KfW-Pro- gramm „Altersgerecht Umbauen“ aufgelegt, das Investi- tionsanreize für Eigentümer und Nutzer setzt, um das Angebot an altersgerechten (barrierefreien/-reduzierten) Wohnungen auszuweiten. Ziel ist, dass vor allem ältere Menschen so lange wie möglich selbstständig in ihrer vertrauten Umgebung wohnen können. Darüber hinaus werden zusätzliche Beschäftigungsimpulse, vor allem für die mittelständische Bauwirtschaft und das Hand- werk, ausgelöst. Für die Haushaltsjahre 2009 bis 2011 werden jeweils rund 80 Millionen Euro für Zinsverbilligungen von Dar- lehen bereitgestellt. Zusätzlich stehen im Haushalt 2010 Investitionszuschüsse in Höhe von 20 Millionen Euro für selbstnutzende Wohneigentümer bereit. Seit Programmbeginn am 1. April 2009 bis zum 31. März 2010 konnten rund 2 760 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von über 250 Millionen Euro für Maß- nahmen in rund 23 140 Wohnungen zugesagt werden. Maßnahmenschwerpunkte sind der Einbau von Auf- zügen, Anpassungen im Sanitärbereich, die Veränderung von Türen sowie des Wohnungszuschnitts. Erwartungs- gemäß liegt das höhere Kreditvolumen bei den Woh- nungsunternehmen. Doch von den passgenauen Förder- bausteinen profitieren auch Selbstnutzer und private Kleinvermieter in hohem Maße: Etwa 88 Prozent aller Zusagen gingen an private Haushalte. Gemäß Koalitionsvertrag soll „das KfW-Förderpro- gramm zur Versorgung mit altersgerechtem Wohnraum weiterentwickelt“ werden. Daher werden gegenwärtig 20 Modellvorhaben, davon 6 Vorhaben zur Infrastruktur, sowie deren wissenschaftliche Begleitung gefördert. Mit den Vorhaben werden mehrere Ziele verfolgt. Es geht um beispielgebend gute Lösungen beim Abbau von Barrieren in Wohngebäuden und im Wohnumfeld. Bera- tungs- und Moderationsangebote zum altersgerechten Umbauen sollen erweitert werden. Aus den Erfahrungen der Modellprojekte und dem KfW-Programm sollen Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Förder- instrumentariums abgeleitet werden. Eine Umbenennung des inzwischen gut eingeführten Programmnamens ist derzeit nicht vorgesehen. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Edgar Franke (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 92 und 93): Trifft es zu, dass der hessische Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Dieter Posch, und der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Rainer Bomba, in einem intensiven Dialog stehen, um zu ermitteln, wie viele Gelder für den Bau der Bundesautobahn 49 zur Verfügung gestellt werden können, und welche Ergebnisse sind dabei erzielt worden? Plant die Bundesregierung eine Änderung ihres ursprüng- lichen Vorgehens, erst dann Bundesmittel für den Weiterbau der BAB 49 freizugeben, wenn für alle Bauabschnitte der BAB 49 das Baurecht abschließend vorliegt? Zu Frage 92: Zwischen dem hessischen Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Dieter Posch, dem Par- lamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Jan Mücke, MdB, und dem Staatssekretär im Bundesministerium für Ver- kehr, Bau und Stadtentwicklung, Rainer Bomba, haben Gespräche über die Finanzierung und den Bau der Auto- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3469 (A) (C) (D)(B) bahn 49 stattgefunden. Für dieses Jahr wurde vorgese- hen, erste vorbereitende Maßnahmen einzuleiten. Zu Frage 93: Um eine möglichst verträgliche Bauphase der Ge- samtstrecke der Autobahn 49 mit möglichst kurzzeitigen zusätzlichen Verkehrsbelastungen in den Gemeinden, in denen die einzelnen Bauabschnitte jeweils enden, zu er- möglichen, strebt der Bund eine kontinuierliche Bau- durchführung für die Gesamtstrecke an. Hinsichtlich der Einstellung der Autobahn 49 in den Straßenbauplan als Anlage zum Bundeshaushalt muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in Hes- sen in den letzten Jahren zahlreiche wichtige Maßnah- men, wie der Bau der A 66/A 661 im Raum Frankfurt, der 4-streifige Ausbau der Bundesstraße 49 zwischen Limburg und Wetzlar und diverse Ortsumgehungen be- gonnen wurden. Diese bereits im Bau befindlichen und noch zu finanzierenden Projekte binden derzeit einen Großteil der für Hessen zur Verfügung stehenden Haus- haltsmittel für den Bundesfernstraßenbau. Haushaltseinstellung und Baubeginne für die Ab- schnitte sollen nach Vorliegen des Baurechts erfolgen, sobald dies im Rahmen der für das Land Hessen zur Ver- fügung stehenden Bundesmittel möglich ist. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Ulrike Gottschalck (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 94): Ist die Bundesregierung bereit, die durch die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, BImSchG, in deut- sches Recht übergegangene Umgebungslärmrichtlinie und die deshalb in das BImSchG eingeführten gesetzlich vorgeschrie- benen Lärmaktionspläne umsetzen zu helfen, und, wenn ja, in welcher Höhe wird die Bundesregierung finanzielle Mittel für die lärmdämmenden Maßnahmen, wie Errichtung von Lärm- schutzwällen bzw. -wänden an Autobahnen, Tests von Stra- ßenbelägen, die weniger Fahrgeräusche verursachen, wie zum Beispiel Flüsterasphalt, oder den Einbau von speziellen Fens- tern für Anwohner an besonders lauten Straßen, zur Verfü- gung stellen? Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung bei Haupt- verkehrsstraßen ist Aufgabe der Gemeinden, soweit nicht das Landesrecht eine andere Regelung trifft. Die Straßenbaulastträger sind bei der Aufstellung zu beteili- gen. Sofern im Einvernehmen mit ihnen konkrete Maß- nahmen im Lärmaktionsplan enthalten sind, besteht keine zeitliche Vorgabe, festgelegte Maßnahmen umzu- setzen. Sie sind jedoch im Rahmen von Planungen zu berücksichtigen. Gleichwohl wird der Bund auch weiter- hin den Lärmschutz an bestehenden Bundesfernstraßen verbessern und freiwillig auf haushaltsrechtlicher Grund- lage Lärmsanierungsmaßnahmen durchführen. Im Haus- haltsplan für das Jahr 2010 stehen hierfür bundesweit etwa 50 Millionen Euro zur Verfügung, die sowohl für aktive Lärmschutzmaßnahmen – zum Beispiel Lärm- schutzwände oder -wälle, lärmmindernde Fahrbahnober- flächen –, als auch für passive Lärmschutzmaßnahmen – zum Beispiel Lärmschutzfenster – verwendet werden können. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Ulrike Gottschalck (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 95): Unterstützt die Bundesregierung den Vorstoß des hessi- schen Verkehrsministers Dieter Posch, FDP, Verstöße gegen das Nachtfahrverbot von Lastwagen – bisher 20 Euro – härter zu bestrafen, und, wenn ja, hält die Bundesregierung die vor- geschlagene Höhe von 300 Euro und einen Monat Führer- scheinentzug für Ersttäter und 500 Euro und zwei Monate Fahrverbot beim zweiten Übertritt für angemessen? Die Bundesregierung steht einer Überprüfung des Sanktionsniveaus bei Verstößen gegen Anordnungen ei- nes Nachtfahrverbotes offen gegenüber. Sie wird einem entsprechenden Beschluss der Verkehrsministerkonfe- renz vom 14./15. April 2010 Folge leisten. Die Überprü- fung wird unter Beachtung des Sanktionsgefüges des Ordnungswidrigkeitenrechts vom zuständigen Bund- Länder-Gremium durchgeführt werden. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 96 und 97): Wie ist angesichts letzter Medienberichte (8. April 2010: ARD, Kontraste-Sendung) die aktuelle Haltung der Bundes- regierung zur Einführung einer Pkw-Maut? Gibt es derzeit Pläne in der Bundesregierung zur Erarbei- tung einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, LuFV, für Bundesfernstraßen, und, wenn ja, wie soll die Vereinba- rung zwischen dem Bund und den Ländern konkret inhaltlich ausgestaltet werden? Zu Frage 96: Durch diesen oder ähnlich lautende Medienberichte hat sich die bisherige Haltung der Bundesregierung zur Einführung einer Pkw-Maut nicht verändert. Eine Pkw- Maut steht nicht im Koalitionsvertrag und somit nicht auf der Tagesordnung der Bundesregierung. Zu Frage 97: Nein, derzeit gibt es keine Pläne der Bundesregierung zur Erarbeitung einer LuFV für Bundesfernstraßen. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Kirsten Lühmann (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 98): Warum hat die Bundesregierung die Fördermittel für den kombinierten Verkehr mit der Begründung mangelnder Nach- frage um die Hälfte gekürzt, sodass nunmehr lediglich 3470 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 (A) (C) (D)(B) 55 Millionen Euro zur Verfügung stehen, obwohl das Bundes- ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung selbst be- stätigt hat, dass für den kombinierten Verkehr und private Gleisanschlüsse Förderanträge in Höhe von insgesamt 450 Millionen Euro vorliegen, was ein Fördervolumen von rund 385 Millionen Euro bedeutet? Der Deutsche Bundestag hat auf Vorschlag des Haus- haltsausschusses abweichend vom Haushaltsentwurf der Bundesregierung beschlossen, disponible Mittel im ge- samten Bundeshaushalt zu kürzen. Im Einzelplan 12 ist die Förderung des Kombinierten Verkehrs um insgesamt 64 Millionen Euro abgesenkt worden. Zutreffend weisen Sie darauf hin, dass den Bewilli- gungsbehörden EBA und WSD West Förderanträge mit einem Gesamtvolumen von 450 Millionen Euro vorlie- gen. Allerdings ist dies eine Bruttosumme, und jeder An- trag muss einzeln geprüft werden. Deswegen kann das genaue Fördervolumen – bis zu 85 Prozent des Gesamt- volumens – derzeit noch nicht seriös beziffert werden. Erfahrungsgemäß wird es deutlich geringer ausfallen als die genannten 385 Millionen Euro. Außerdem werden regelmäßig Zuwendungen über mehrere Haushaltsjahre entsprechend des Baufortschritts erteilt. Um einem Mehrbedarf in 2010 zu entsprechen, kön- nen nach abgeschlossener haushaltsrechtlicher Prüfung im Übrigen noch nicht gebundene Mittel aus dem soge- nannten Konjunkturpaket II zusätzlich zu den im Haus- halt 2010 vorgesehenen Mittelansatz in Höhe von insge- samt 57,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wenn die Voraussetzungen des Investitions- und Til- gungsfondsgesetzes erfüllt sind – bis Ende 2010 begon- nen und bis zum 31. Dezember 2011 abgerechnet. Die Mittel für das Gleisanschlussförderprogramm sind nicht von der Kürzung betroffen. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Martin Burkert (SPD) (Drucksache 17/1388, Frage 99): Wann legt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der auslaufenden Kompensationszahlungen für die ehemalige Ge- meindeverkehrsfinanzierung ein Konzept für die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs, ÖPNV, vor, das dem Bedarf an Investitionen in die ÖPNV-Infrastruktur gerecht wird, und gibt es bereits erste Eckpunkte eines solchen Kon- zepts? In der Koalitionsvereinbarung ist festgelegt worden, dass über die Höhe der Finanzausstattung für die ehema- lige Gemeindeverkehrsfinanzierung für die Zeit von 2014 bis 2019 in der Mitte dieser Legislaturperiode – das heißt im Herbst 2011 – entschieden wird. Derzeit finden zur Klärung der Frage, in welcher Höhe die den Ländern zugewiesenen Finanzierungsmittel für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zur Aufga- benerfüllung der Länder noch angemessen und erforder- lich sind, vorbereitende Gespräche zwischen dem Bun- desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und dem Bundesministerium der Finanzen statt. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage des Abgeordneten Martin Burkert (SPD) (Druck- sache 17/1388, Frage 100): Wie will die Bundesregierung künftig die Wettbewerbsbe- dingungen im öffentlichen Nahverkehr und die Gestaltungs- spielräume der Kommunen ausgestalten, um so die Daseins- fürsorge und eine bezahlbare Nahverkehrsversorgung zu garantieren sowie die Struktur von kleinen und mittelständi- schen Verkehrsanbietern zu erhalten? Entsprechend der Ankündigung im Koalitionsvertrag wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für eine Anpassung des Personenbeförderungsgesetzes an den europäischen Rechtsrahmen vorlegen. Sie teilt die Auf- fassung, dass sowohl die Daseinsvorsorge im ÖPNV als auch die Beteiligung kleiner und mittelständischer Un- ternehmen als wichtige Ziele anzusehen sind. Zu dem Inhalt des Gesetzentwurfs können zurzeit noch keine nä- heren Angaben gemacht werden. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Fragen des Abgeordneten Uwe Beckmeyer (SPD) (Drucksache 17/1388, Fragen 101 und 102): Wird die Bundesregierung zur Finanzierung der zusätzlich zum Bundeshaushalt 2010 angekündigten 100 Millionen Euro für die Beseitigung von Frostschäden an Straßen (siehe FAZ.NET vom 14. April 2010) einen Nachtragshaushalt auf- stellen, und, wenn nein, aus welchem Haushaltstitel des be- schlossenen Bundeshaushalts 2010 sollen die 100 Millionen Euro zusätzlich finanziert werden? Wie begründet die Bundesregierung den Positionswandel des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, der ursprünglich zusätzliche Bundesmit- tel für die Beseitigung von Frostschäden ausdrücklich für Straßen in der Trägerschaft der Kommunen angekündigt hatte und jetzt lediglich Mittel für Bundesstraßen zur Verfügung stellen will? Zu Frage 101: Die Länder erhalten vom Bund aus verschiedenen Ti- teln des Bundeshaushalts jährlich erhebliche Summen für die Erhaltung der Bundesfernstraßen, so auch aus dem beschlossenen Bundeshaushalt 2010. Die Beseiti- gung der erheblichen Frostschäden des letzten Winters hat derzeit Priorität. In Anbetracht dessen hat Bundes- minister Ramsauer entschieden, dass aus den grundsätz- lich zur Verfügung stehenden Mitteln nunmehr 100 Mil- lionen Euro vorrangig für Sofortmaßnahmen in diesem Zusammenhang an Autobahnen und Bundesstraßen be- reitgestellt werden. Damit können die Straßenbauver- waltungen der Länder schnell handeln. Eines Nachtrags- haushaltes bedarf es hierfür nicht. Zu Frage 102: Aufgrund der Zuständigkeiten beziehen sich Aussa- gen des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtent- wicklung grundsätzlich auf den für den Bund verfas- sungsrechtlich festgelegten Zuständigkeitsbereich, hier Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 36. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 3471 (A) (C) (D)(B) also auf die Autobahnen und Bundesstraßen. Der Bun- desminister hat in mehreren Verlautbarungen klarge- macht, dass Bund, Länder und Kommunen jeweils für ihre eigenen Straßen selbst aufkommen müssen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung gegenüber den Ländern erklärt, dass ihrer Auffassung nach Mittel des Zukunfts- investitionsgesetzes unter bestimmten Bedingungen auch für die Beseitigung von Winterschäden an kommu- nalen Straßen eingesetzt werden können. NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Fragen 104 und 105): Welche anlagenbezogenen Forschungs- und Entwick- lungsarbeiten im Atommülllager Asse II, die im Zusammen- hang mit der Planung und Errichtung eines Endlagers für ra- dioaktive Abfälle in Gorleben standen, wurden bis Ende der 13. Wahlperiode durchgeführt und beschlossen – bitte auch zeitlichen und finanziellen Gesamtumfang angeben oder, falls nicht anders möglich, abschätzen –, und welche wesentlichen Forschungs- und Entwicklungsprogramme gab es in diesem Zusammenhang? Kann die Bundesregierung bestätigen, dass dem Vermerk an den ehemaligen Staatssekretär im Bundesministerium für Anlage 71 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1388, Frage 103): Welche Transportdatenerhebungen bezüglich von Trans- porten radioaktiver Stoffe in Deutschland hat die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, in dieser und in der letzten Wahlperiode für die Bundesregierung durchgeführt – bitte vollständige Angabe –, und inwiefern wurden für die sogenannte Transportstudie Konrad der GRS Daten von Transporten radioaktiver Stoffe, die nicht das Endlager Konrad betreffen, erhoben, unabhängig davon, ob diese letzt- lich in die Transportstudie Konrad eingeflossen sind? Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, hat in der 16. und 17. Legislaturperiode keine Transportdatenerhebungen zu Transporten von radio- aktiven Stoffen in Deutschland durchgeführt. Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, GRS, hatte im März 2004 – also während der 15. Legis- laturperiode – dem BMU einen Bericht zur „Strahlen- exposition des Transportpersonals und der Bevölkerung beim normalen (unfallfreien) Transport radioaktiver Stoffe in ausgewählten Anwendungsbereichen“ vorge- legt. Von der GRS wurden für die „Transportstudie Konrad“ ausschließlich Daten von radioaktiven Abfällen erhoben, die nur das Endlager Konrad betreffen; darüber hinausgehend wurden in diesem Zusammenhang keine weiteren Daten erhoben. Anlage 72 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser auf die Fragen der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜND- Bildung und Forschung, BMBF, Helmut Stahl, vom 2. April 1997, der im BMBF anlässlich eines die Öffentlichkeitsarbeit im Atommülllager Asse II betreffenden Briefes von einem Vorstand der PreussenElektra AG vom 14. März 1997 erstellt wurde, eine Kopie für das Ministerbüro beilag, und auf wel- che Weise wurde das Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit, BMU, über den Vorgang – bitte mit Angabe, wie hoch in der BMU-Hierarchie die Kenntnis gelangte – in Kenntnis gesetzt? Zu Frage 104: Aufgrund der gesichteten Akten, soweit dies in der für die Beantwortung von mündlichen Fragen zur Verfü- gung stehenden Zeit möglich ist, schätzt die Bundesre- gierung die Situation wie folgt ein: In den Jahren 1974 bis 1993 wurden insgesamt rund acht Projekte in der Schachtanlage Asse II durchgeführt, die im Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle in Gorleben standen. Die im Rahmen dieser Projektförderung veraus- gabten Bundesmittel belaufen sich insgesamt auf rund 53 Millionen Euro. Zu Frage 105: Von Vorgängen mit Leitungsbefassung wird meistens eine Kopie für das Ministerbüro erstellt. Ob diese Kopie auch im vorliegenden Fall erstellt wurde, kann mit letz- ter Sicherheit erst aufgrund eines eingehenden Studiums aller in Betracht kommenden Akten festgestellt werden. Dies kann im Rahmen der für die Beantwortung von Mündlichen Fragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht geleistet werden. Allerdings bedeutet auch die Erstel- lung einer Kopie für das Ministerbüro nicht, dass der Minister diese auch persönlich zur Kenntnis genommen hat. Auch die Frage, in welcher Weise das BMU über diesen Vorgang in Kenntnis gesetzt wurde und wie hoch in der BMU-Hierarchie diese Kenntnis gelangte, kann nicht in der für die Beantwortung mündlicher Fragen verfügbaren Zeit beantwortet werden. 36. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 21. April 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26 Anlage 27 Anlage 28 Anlage 29 Anlage 30 Anlage 31 Anlage 32 Anlage 33 Anlage 34 Anlage 35 Anlage 36 Anlage 37 Anlage 38 Anlage 39 Anlage 40 Anlage 41 Anlage 42 Anlage 43 Anlage 44 Anlage 45 Anlage 46 Anlage 47 Anlage 48 Anlage 49 Anlage 50 Anlage 51 Anlage 52 Anlage 53 Anlage 54 Anlage 55 Anlage 56 Anlage 57 Anlage 58 Anlage 59 Anlage 60 Anlage 61 Anlage 62 Anlage 63 Anlage 64 Anlage 65 Anlage 66 Anlage 67 Anlage 68 Anlage 69 Anlage 70 Anlage 71 Anlage 72
Gesamtes Protokol
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703600000

Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwi-
schen den Fraktionen ist verabredet, die heutige Tages-
ordnung mit einer Regierungserklärung des Bundes-
ministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur
Sicherheit im Luftverkehr zu beginnen. Außerdem soll
unmittelbar im Anschluss an die Befragung der Bundes-
regierung eine von der Fraktion der SPD verlangte Aktu-
elle Stunde zum Thema Steuern durchgeführt werden.
Die Fragestunde erfolgt danach. – Sie sind offensichtlich
mit diesen Ergänzungen einverstanden. Dann ist das so
beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Abgabe einer Regierungserklärung durch den
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung

zur Sicherheit im Luftverkehr

Das Wort erhält Herr Bundesminister Ramsauer.

Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Rede
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
gute Nachricht von heute vorneweg: Die Vulkanasche
im deutschen Luftraum hat sich so stark verflüchtigt,
dass der normale Flugbetrieb in Deutschland wieder auf-
genommen werden konnte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das entbindet uns aber nicht davon, flugverkehrliche
Vorkehrungen für das Phänomen der Vulkanasche zu
treffen. Denn klar ist: Sicherheit steht weiter an allerers-
ter Stelle.

Die gigantische Aschewolke, die nach d
ausbruch auf Island am Mittwoch letzter Wo
den ist, stellt für den gesamten europäischen
ein historisch erstmaliges Phänomen und
eine erstmalige Herausforderung dar. Es war deshalb ab-
zung

en 21. April 2010

3.00 Uhr

solut richtig und – ich betone das – alternativlos, bei
Vorliegen erster Erkenntnisse unverzüglich Vorsichts-
maßnahmen zu ergreifen und am Donnerstag der vergan-
genen Woche erhebliche Einschränkungen des Flugver-
kehrs vorzunehmen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Und einen Krisenstab einzurichten! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Abwarten!)


– Geduld!

Die von der Bundesregierung in engem Zusammen-
wirken mit den europäischen Nachbarländern sowie den
zuständigen Luftsicherheitsbehörden getroffenen Ent-
scheidungen basieren auf zwei fundamentalen Grundla-
gen:

Erstens. Im Flugverkehr kann die oberste Priorität nur
größtmögliche Sicherheit sein:


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sicherheit für die Passagiere, Sicherheit für die Besat-
zungen, Sicherheit für die Menschen auch am Boden.
Dies gilt für den Donnerstag der letzten Woche, und dies
gilt bis heute; es wird auch in Zukunft zu gelten haben.

text
Die zweite Grundlage bildet das unbestrittene und
glasklare internationale Regelwerk, das von allen Ver-
antwortlichen einzuhalten ist.

Ich selber habe nach Bekanntwerden der ersten War-
nungen vor den tückischen Vulkanstaubpartikeln nach
Rücksprache mit den Experten meines Ministeriums un-
mittelbar einen zentralen Krisenstab bei der Deutschen
Flugsicherung aktiviert.


(Thomas Oppermann [SPD]: Einen dezentralen Krisenstab!)


arnmeldungen erreichten mich am Don-
n Mittag zum Ende der Länderverkehrs-
renz in Bremen. Der zentrale Krisenstab
chen Flugsicherung in Langen nahm kurz
em Vulkan-
che entstan-
Luftverkehr
damit auch

Die ersten W
nerstag gege
ministerkonfe
bei der Deuts

darauf seine Arbeit auf.





Bundesminister Dr. Peter Ramsauer


(A) (C)



(D)(B)

Die Einrichtung des Krisenstabs unter der Federfüh-
rung meines Hauses bei den anerkannten Experten vor
Ort war und bleibt die richtige Entscheidung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


In die Arbeit des Krisenstabes wurden – ich möchte das
deutlich machen – der Deutsche Wetterdienst, das Bun-
desaufsichtsamt für Flugsicherung, die in Maastricht
ansässige europäische Luftraumbehörde Eurocontrol in-
stitutionell eingebunden sowie konsultativ die Luftver-
kehrsgesellschaften. Uns ging es nicht darum, ein völlig
neues Gremium zu schaffen, sondern uns ging es darum,
schnell und pragmatisch auf den bewährten Sachver-
stand der Experten und die nur vor Ort ansässigen tech-
nischen Einrichtungen setzen zu können.

Am vergangenen Wochenende und auch am Montag
erfolgte meinerseits eine enge Abstimmung mit allen na-
tionalen politischen Akteuren. Nach meinem Selbstver-
ständnis gebietet ein derartig sicherheitsrelevantes
Thema, keinerlei unterschiedliche Kommunikation zwi-
schen den Regierungsparteien und -fraktionen einerseits
und der Opposition andererseits zu betreiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Denn dieses Thema eignet sich nicht für parteipolitische
Profilierungen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich habe unter anderem Gespräche mit den verkehrs-
politischen Sprechern aller im Deutschen Bundestag ver-
tretenen Parteien geführt, selbstverständlich unter Teil-
nahme des Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung. Konsultiert wurden zudem
die verantwortlichen Länderverkehrsminister. In all die-
sen Gesprächen herrschte völlige Einmütigkeit über die
Notwendigkeit der ergriffenen Maßnahmen. Ich bin au-
ßerordentlich dankbar, dass dies von den Beteiligten in
aller Einmütigkeit nach außen betont und unterstrichen
worden ist. Gleiches gilt als Fazit der gestrigen Sonder-
sitzung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bun-
destages. Wir alle sind uns einig, dass angesichts der
historisch einzigartigen Herausforderungen alle zu er-
greifenden Maßnahmen unter dem Gebot einer Strategie
bestmöglich fundierter Sicherheit stehen müssen.

Parallel zu den nationalen Abstimmungen stehen so-
wohl ich persönlich als auch die Fachleute meines Hau-
ses in ständigem bilateralen und multilateralen Kontakt
zu den europäischen Verkehrsministerkollegen, ebenso
zum verantwortlichen EU-Verkehrskommissar, Siim
Kallas, sowie zur spanischen EU-Ratspräsidentschaft
und meinem spanischen Kollegen.

Am Montag haben wir im Rahmen einer EU-Sonder-
konferenz der Verkehrsminister per Videoschaltung über
konkrete Wege hin zu einer verantwortbaren Schritt-für-
Schritt-Rückkehr zur Aufnahme eines geordneten und
normalen Flugbetriebs beraten. Dies alles geschah unter
der Prämisse größtmöglicher Sicherheit.

Alle diese Abstimmungsprozesse betreffen aber – das
sei betont – zunächst einmal die rein luftverkehrlichen
Fragen. Darüber hinaus unternimmt und unternahm die
Bundesregierung intensive Anstrengungen, denen zu
helfen, die von den Flugausfällen betroffen sind. Dazu
leistet mein Haus im Zusammenwirken mit dem Bundes-
kanzleramt umfassende Koordinierungsarbeit mit dem
Auswärtigen Amt, dem Bundesinnenministerium und
dem Bundeswirtschaftsministerium. Wichtige Hilfestel-
lungen richten sich an diejenigen Passagiere, die etwa
ohne erforderliche Visa bei Zwischenlandungen auf
Flughäfen festsitzen, oder besonders dringende Fälle
von im Ausland gestrandeten deutschen Flugpassagie-
ren. Gleiches gilt etwa auch bei Krankentransporten so-
wie Organtransporten für lebensrettende Transplantatio-
nen.

Bei der Bewältigung der krisenhaften Folgen des Vul-
kanausbruchs für die Luftfahrt im wohl am stärksten in
Anspruch genommenen Luftraum der Welt betreten alle
Beteiligten Neuland. Dies gilt für die Luftsicherheitsbe-
hörden und für die Wissenschaftler ebenso wie für die
politisch Verantwortlichen. Dies gilt national wie auch
international. Sicherheit und die Befolgung klarer inter-
nationaler Regeln müssen oberstes Gebot sein. Wir
halten uns bei allen ergriffenen Maßnahmen deshalb an
die Vorgaben der internationalen Luftfahrtorganisation
ICAO, solange es keine besseren Regelungen gibt.

Das internationale Regelwerk untersagt reine Instru-
mentenflüge in mit Vulkanasche kontaminierten Luft-
räumen. Möglich und vom internationalen Recht ge-
deckt sind jedoch begründete Ausnahmen. Wir haben
Flüge im Einklang mit diesem Regelwerk geduldet, die
nach den Kriterien des kontrollierten Sichtfluges durch-
geführt wurden, selbstverständlich unter bestmöglicher
Nutzung der zur Verfügung stehenden Instrumente und
selbstverständlich unter Wahrung der gebotenen Sicher-
heit. Kontrollierte Sichtflüge setzen gute Sichtverhält-
nisse sowie eine geringe Inanspruchnahme durch die
Fluggesellschaften voraus.

Bereits am Samstag erfolgte auf diese Weise eine
Reihe von Überführungsflügen unter anderem deutscher
Fluglinien, um die Flugzeuge für den Normalbetrieb an
ihren Bedarfsstandorten positioniert zu haben. Diese
Flüge erfolgten ohne Passagiere und lieferten uns in Ab-
sprache mit den Luftsicherheitsinstitutionen wertvolle
Erkenntnisse. Am Montag folgten erste Passagierflüge
unter den Bedingungen des eben beschriebenen kontrol-
lierten Sichtfluges. Das war vor allem im Interesse der
gestrandeten Urlauber, die seit Tagen im Ausland auf
Flughäfen festsitzen und nun zurück nach Deutschland
reisen können. Wir alle müssen hierzu aber eines wissen:
Ein regulärer Flugplan ist unter Sichtflugbedingungen
im dicht belasteten europäischen und besonders im deut-
schen Luftraum nicht möglich.

Um nun schrittweise zu einem regulären Flugbetrieb
unter Wahrung größtmöglicher Sicherheit zurückzukeh-
ren, sind vor allem zwei Voraussetzungen zu erfüllen:
erstens genaue Kenntnisse über die örtliche Verbreitung
der Vulkanasche in der Atmosphäre und zweitens ge-
naue Kenntnisse über die Auswirkungen von Vulkan-
asche auf die Triebwerke der Flugzeuge. Wir brauchen
verlässliche Aussagen. Deshalb haben wir im Zusam-
menwirken mit den wissenschaftlichen Fachdiensten alle





Bundesminister Dr. Peter Ramsauer


(A) (C)



(D)(B)

Möglichkeiten mobilisiert, um zu möglichst vielen aktu-
ellen und vor allem zu belastbaren Messdaten zu kom-
men. Von zentraler Bedeutung sind die Erkundungen
und Messungen des Forschungsflugzeugs des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Die Maschine, die
„Falcon“, wie sie immer bezeichnet wird, ist auch im
europäischen Kontext eines der wenigen technischen
Geräte zur flugzeugbasierten Atmosphärenforschung.
Dies zeigt, dass unser Land auf diesem Gebiet technisch
gut aufgestellt ist.

In den vergangenen Tagen haben alle Beteiligten, ins-
besondere die Mitarbeiter der Flugsicherung, die Meteo-
rologen, die Triebwerksingenieure, die Piloten und die
staatlichen Stellen, erhebliche empirische Erfahrungen
gewonnen. Der Zugewinn an Erkenntnissen ist beträcht-
lich: Erstens. Die Ergebnisse zahlreicher Erdbeobach-
tungsstellen liegen vor. Zweitens. Inzwischen haben
Hunderte von Flugbewegungen mit anschließender Aus-
wertung in Deutschland und Europa stattgefunden. Drit-
tens liegt die Auswertung der mit dem DLR-Forschungs-
flugzeug erhobenen Daten vor. An der Maschine ist
allerdings ein im Flugalltag gängiger mechanischer
Schaden aufgetreten. Nach seiner Behebung wird sie
ihre wertvolle Arbeit wieder aufnehmen. Die aus den
verschiedenen Quellen gewonnenen Erkenntnisse sind
analysiert und systematisiert worden. Die international
gültigen ICAO-Regeln können auf Basis dieser wertvol-
len Erfahrungen weiterentwickelt werden. Ich bin über-
zeugt, dass wir damit unter schwierigen Bedingungen ei-
nen wichtigen Beitrag zur internationalen Flugsicherheit
leisten.

Vorsorge treffen und ein umfassendes Maßnahmen-
bündel für die Zukunft schnüren, das muss jetzt unmit-
telbar folgen. Bis wissenschaftlich gesicherte und veri-
fizierte Daten vorliegen, und zwar erstens für die
Verbesserung von meteorologischen Verfahren zur Be-
stimmung von Flugasche und zweitens für die Heraus-
bildung von Standards für technische Analysen zur Wir-
kung von Vulkanasche auf Triebwerke, wird noch etwas
Zeit vergehen. Wir arbeiten auf europäischer und inter-
nationaler Ebene mit Hochdruck zusammen, um hierbei
möglichst schnell Fortschritte zu erzielen. Damit kann
auch der Beschluss der EU-Verkehrsminister auf der
Konferenz am 19. April 2010 umgesetzt werden.

Kurzfristig und als Zwischenschritt brauchen wir al-
lerdings ein Maßnahmenbündel, um einen annähernd re-
gulären Flugbetrieb bei in der Atmosphäre gegebenen-
falls wieder auftretender Vulkanasche zu ermöglichen.
Dazu habe ich Folgendes bereits veranlasst: erstens die
Einrichtung eines Meldezentrums beim Luftfahrtbundes-
amt; es geht um die Meldung von Vorkommnissen bei
Flugzeugen, insbesondere bei Triebwerken, die durch
Vulkanasche verursacht wurden oder verursacht worden
sein könnten; zweitens eine Meldepflicht für alle Flug-
gesellschaften; drittens die Meldung besonderer Vor-
kommnisse während des Fluges, die durch Vulkanasche
verursacht worden sein könnten, an die Flugsicherung;
viertens die Verpflichtung für die Luftfahrtunternehmen,
ihre eigenen Risikobewertungen fortzusetzen und dauer-
haft zu aktualisieren; fünftens die Verkürzung der In-
spektions- und Wartungsintervalle bei allen Flugzeugen.
Mit diesen Maßnahmen besteht die verantwortbare
Chance auf eine geordnete Rückkehr zum normalen
Flugbetrieb. Ein reibungsloser Flugverkehr ist für unsere
Bürgerinnen und Bürger, aber auch für unsere gesamte
Volkswirtschaft inmitten einer globalisierten Welt dauer-
haft von erheblicher Bedeutung.

Ich möchte mich bei allen ganz herzlich für die kon-
struktive Begleitung und Unterstützung in diesen
schwierigen Tagen bedanken.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703600100

Zwischen den Fraktionen ist verabredet, zu dieser Re-

gierungserklärung eine Stunde zu debattieren. – Dazu
sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich gebe das Wort dem Kollegen Florian Pronold für
die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1703600200

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Sehr geehrter Minister, Sie haben recht: Erstens.
Wir stehen vor einer außergewöhnlichen Situation.
Zweitens. In einer solchen Situation haben die Sicherheit
des Flugverkehrs und die Sicherheit der Menschen in
den Flugzeugen und auf dem Boden absolute Priorität.
Das wird vom ganzen Haus ungeteilt vertreten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In einer solchen Situation sieht professionelles Kri-
senmanagement aber anders aus. Seit Montag dieser Wo-
che stellt sich eine Frage. Es gibt Ausnahmegenehmi-
gungen für Sichtflüge von großen Passagiermaschinen.
Wir haben in der gestrigen Sondersitzung des Ausschus-
ses erfahren, dass diese Sichtflüge dem internationalen
Regelwerk entsprechen. Wir haben auch erfahren, dass
es einer Ausnahmegenehmigung bedarf, wenn große
Passagiermaschinen einen Sichtflug machen wollen. Wir
haben ebenfalls erfahren, dass die Verantwortung dann
auf den Piloten übergeht, der diesen Sichtflug durch-
führt. Jetzt wissen wir, dass sich die Partikelbelastung
durch die Vulkanasche nicht als Wolke über Deutschland
darstellt, die man umfliegen kann oder die man sieht,
sondern dass diese Partikelbelastung in unterschiedli-
chen Sphären und an unterschiedlichen Orten in unter-
schiedlicher Konzentration vorliegt. Wir haben auch er-
fahren, dass noch nicht geklärt ist, ab welcher
Konzentration eine Gefährdung für die Technik der
Flugzeuge besteht. Jetzt lauten die spannenden Fragen,
die man beantworten muss und die die Menschen inte-
ressieren: Warum wird, wenn Sicherheit Priorität hat,
eine Ausnahmegenehmigung erteilt, bevor das Flugzeug
gestartet ist, das die Belastung messen soll? Welche
Grundlagen liegen auf europäischer Ebene vor, um zu
sagen: „Die Sicherheit des Luftraums ist gegeben oder
nicht“? Die Pilotenvereinigung Cockpit hat zu Recht ge-





Florian Pronold


(A) (C)



(D)(B)

fragt – diese Frage wurde bislang nicht beantwortet –:
Wann ist der Luftraum sicher? Für die Maschine macht
es keinen Unterschied, ob es sich um einen Sichtflug
oder einen Instrumentenflug handelt; denn in beiden Fäl-
len ist die Gefährdungslage durch die Partikel gleich
groß. Diese ist bis heute nicht geklärt.


(Beifall bei der SPD)


Sie waren am Anfang der Woche stolz darauf, eine
zentrale Rolle in der europäischen Koordinierung zu
spielen. Jetzt stellt sich die Frage: Warum wird in Eu-
ropa bezüglich der Freigabe des Luftraums und der Si-
cherheit unterschiedlich entschieden? Der Luftraum er-
streckt sich nicht nur über Deutschland, sondern über
ganz Europa. Deswegen muss es ein zentrales Anliegen
sein – dies dient der Sicherheit –, dass europäisch ein-
heitlich entschieden wird. Dies findet aber nicht statt.
Das führt zu zusätzlicher Verunsicherung. Die nächste
Frage – diese haben wir am Freitag letzter Woche aufge-
worfen – bezieht sich auf die Passagiere: Was ist mit den
Nachtflugverboten? Können wir, sobald Sicherheit be-
steht, das Nachtflugverbot vorübergehend aufheben, um
sensible Güter zu transportieren und wartende Passa-
giere schneller zurückzuholen? Die Antwort des Minis-
teriums einen Tag später lautete: Das fällt in die Zustän-
digkeit der Bundesländer.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Ist es ja auch!)


Ein Verkehrsminister, der ein zentrales Krisenmanage-
ment betreiben will, hätte doch sagen können: Ich habe
mit meinen Kollegen gesprochen. Sobald Sicherheit be-
steht, werden wir alles tun und auch das Nachtflugverbot
vorübergehend aufheben. – Fehlanzeige!


(Beifall bei der SPD)


Bis Sonntag hat sich der Minister nicht zentral darum ge-
kümmert; er hat delegiert. Dann wurde versucht, hier
den starken Max zu markieren.

Was ist passiert? Ein Beispiel für die angeblich gute
Koordinierung in dieser Regierung ist Folgendes: Herr
Brüderle hat sich am Montag zu Wort gemeldet und er-
klärt, er richte jetzt zusammen mit dem BDI eine
Taskforce ein, um alle Fragen der Krisenbewältigung zu
koordinieren. Er hat den großen Airlines Hilfen in Aus-
sicht gestellt.


(Thomas Oppermann [SPD]: Ja, Subventionen!)


Ein paar Tage später ist er zurückgerudert.


(Thomas Oppermann [SPD]: Ja!)


Die Frage, wie es um Hilfen für Passagiere und an-
dere Personen bestellt ist, die irgendwo auf einem
Flughafen gestrandet sind und nicht wissen, wie es wei-
tergeht, hat niemand im Rahmen des zentralen Krisen-
managements gestellt. Deswegen verwundert es nicht,
dass selbst aus den Reihen der Union – ich denke bei-
spielsweise an den Kollegen Lämmel – und auch vonsei-
ten der FDP Kritik am Krisenmanagement laut gewor-
den ist. Herr Minister, ich finde, daraus müssen Sie für
die Zukunft lernen. Die Art und Weise, wie Sie mit die-
ser Krise umgegangen sind, ist kein Grund, sich selbst
einen Lorbeerkranz aufzusetzen. Sie sollten sich lieber
ein bisschen Asche, vielleicht auch Vulkanasche, auf Ihr
Haupt streuen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703600300

Der Kollege Torsten Staffeldt hat das Wort für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Torsten Staffeldt (FDP):
Rede ID: ID1703600400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Der Luftverkehr ist wieder
freigegeben. Dazu kann man nur sagen: glücklicher-
weise. Aber die entscheidende Frage lautet: Wie lange?
Denn das Problem ist noch nicht ausgestanden. Sie se-
hen mich, ich sehe Sie, und das, obwohl auch hier Staub
in der Luft ist, glücklicherweise aber keine Asche, erst
recht nicht auf unseren Häuptern oder auf dem Haupt des
Bundesverkehrsministers.


(Thomas Oppermann [SPD]: Der war heute auch kein Vulkan!)


So ist es auch mit der Staubwolke des Eyjafjallajökull.


(Zurufe von der FDP: Oh! Sehr gut!)


– Ja, das habe ich auswendig gelernt. –


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)


Man sieht die Asche nicht unbedingt. Aber sie ist gefähr-
lich, und zwar für den Luftverkehr und somit für ein
empfindliches Transportsystem.

Ich selber bin Privatpilot. Daher kann ich vielleicht
ein wenig zur Versachlichung der Debatte beitragen. In
meiner Ausbildung und der fliegerischen Praxis habe ich
gelernt, Verantwortung zu übernehmen: für meine Pas-
sagiere, das Flugzeug und mich selber. Dazu gehört
beispielsweise, dass ich vor Antritt eines Fluges die Wet-
terbedingungen ermittle: Ist am Start- und am Zielflug-
hafen alles okay, sodass ich heil herunterkomme? Gibt
es während des Fluges Gebiete mit Gewitterfronten und
Wolkendecken, in denen ich nicht fliegen darf? Ich habe
gelernt, dass diese sogenannte Flugvorbereitung auch
dazu führen kann, dass wichtige Flüge nicht begonnen
werden. Es ist aber die Verantwortung jedes Piloten, dies
abzuwägen und zu entscheiden. Das gilt im Übrigen
auch für die Vereinigung Cockpit. Die Piloten sind
grundsätzlich für die Flüge verantwortlich. Diese Ver-
antwortung lässt sich nicht delegieren, weder an die
Deutsche Flugsicherung noch an den Bundesverkehrs-
minister.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir sind durch den Vulkanausbruch in der misslichen
Lage, dass verantwortungsvolles Handeln zu dramati-
schen Einschränkungen des Luftverkehrs führte. Diese
Situation hatten wir in Europa noch nicht; sie ist neu.
Die Regeln der internationalen Luftverkehrsbehörde, der





Torsten Staffeldt


(A) (C)



(D)(B)

ICAO, schreiben vor, dass in vulkanischen Aschewolken
nicht geflogen werden darf. Im Gegensatz zur Opposi-
tion hat die ICAO Erfahrungen aus Weltgebieten mit ak-
tiven Vulkanen.


(Beifall bei der FDP)


Instrumentenflug bedeutet, dass der verantwortliche
Pilot ohne Sicht nach außen fliegen darf, zum Beispiel
durch Wolken. Aus eigener fliegerischer Erfahrung weiß
ich, dass der Einflug in Wolken mit dem völligen Verlust
der Orientierung verbunden sein kann. Daher fliegen die
Airlines nach Instrumenten. Diese geben dem Piloten
über den künstlichen Horizont, den Kompass, die Steig-
und Sinkraten des Flugzeuges sowie GPS ein Bild der
Umgebung. Daneben wird er im kontrollierten Luftraum
durch die Deutsche Flugsicherung oder Eurocontrol über
Funk unterstützt. Das entscheidende Wort ist „unter-
stützt“, nicht „geführt“. Noch einmal: Die Verantwor-
tung an Bord hat der Flugkapitän.

Durch wässrige Wolken zu fliegen, ist für einen Pilo-
ten mit Instrumentenflugausbildung kein Problem. Das
Fliegen durch vulkanische Wolken ist allerdings verbo-
ten. Leider sieht man den Wolken nicht unbedingt an, ob
sie Regenwolken sind oder einen anderen Ursprung ha-
ben. Regentropfen bilden sich an sogenannten Konden-
sationskeimen, kleinen Staubbestandteilen in der Luft,
an denen der Wasserdampf kondensiert. Genau der glei-
che Effekt tritt übrigens ein, wenn es auf Ihr frisch gewa-
schenes Auto geregnet hat. Nachdem das Auto wieder
getrocknet ist, werden Sie eine Staubschicht darauf fin-
den. Aus der Atmosphäre werden die Staubbestandteile
ausgewaschen.

Also brauchen wir Regen – den wir jetzt teilweise
schon bekommen haben –, um den Vulkanstaub aus der
Atmosphäre zu entfernen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, wollen
Sie Bundesverkehrsminister Ramsauer für fehlenden Re-
gen verantwortlich machen?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nein, die Entscheidung des Ministers und der Behörden,
kontrollierte Flüge unter Sichtbedingungen zuzulassen,
war die einzig mögliche vernünftige Entscheidung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


So wird nämlich verhindert, dass Piloten in Wolken ein-
fliegen, deren Ursprung sie nicht kennen können.

Die Entscheidung, Instrumentenflüge jetzt wieder zu-
zulassen, erfolgte verantwortungsvoll und unter Kennt-
nis der sich täglich erweiternden Fakten. Nach dem
Messflug der DLR und dem Durchzug der Aschefront
im Norden wurden peu à peu die Flughäfen wieder frei-
gegeben. Das ist das Gegenteil von Missmanagement.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Florian Pronold [SPD]: Was ist mit den anderen europäischen Staaten?)


Dass wir nun wieder Freigaben haben, bedeutet noch
nicht, dass „business as usual“ gilt. Jetzt sitzen noch
Tausende von Passagieren in Wartehallen fest und war-
ten darauf, dass sie nach Hause kommen. Hier muss ge-
holfen werden. Die Fernverkehre der Bahn wie auch der
Busunternehmen laufen auf Hochtouren. Es wird aber
dauern, die Odyssee dieser Flugreisenden zu beenden.

Daher muss auch die zeitlich befristete Aufhebung
der Nachtlandeverbote möglich sein. Dies richtet sich
ganz klar an die Länderbehörden, die dafür zuständig
sind.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der Eyjafjallajökull zeigt uns die Grenzen unserer
technischen und zivilisatorischen Errungenschaften auf.
Dies sollten wir ernst nehmen. Wir haben nämlich die
Verantwortung für unser Land, für den Verkehr und für
die Bürgerinnen und Bürger.

Es ist gut, dass sofort nach Beginn der Probleme ein
Krisenstab in der Zentrale der Deutschen Flugsicherung
eingesetzt wurde. Es ist beeindruckend, wenn 70 Inge-
nieure beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raum-
fahrt in Nachtschichten und am Wochenende ein For-
schungsflugzeug ausrüsten, um möglichst schnell belast-
bare Informationen über die Aschewolke zu erhalten. Es
ist schnell, wenn das Luftfahrt-Bundesamt beantragen-
den Airlines innerhalb von zwei Stunden Genehmigun-
gen erteilt, damit diese ihre Flugzeuge unter kontrollier-
ten Sichtflugbedingungen betreiben können. Es ist
richtig, wenn nach fachlicher Einschätzung Teile des
deutschen Luftraums wieder für den kontrollierten Sicht-
flug und jetzt für den Instrumentenflug freigegeben wer-
den.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, das ist verantwortungs-
volle Politik. Es wurde und wird sowohl fachlich als
auch politisch alles richtig gemacht.

Verantwortungslos nenne ich den Versuch der Oppo-
sition, die Vorgehensweise des Ministeriums politisch zu
instrumentalisieren, und das auf dem Rücken Tausender
gestrandeter Passagiere.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Uwe Beckmeyer [SPD]: Wie bitte?)


Daher gilt mein ausdrücklicher Dank Minister
Ramsauer und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deutschen
Flugsicherung, des Deutschen Wetterdienstes sowie des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und den
vielen Piloten, die in schwieriger Situation ihrer Verant-
wortung gerecht werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703600500

Herr Kollege, das war Ihre erste Rede hier im Hause.

Für die fehlerfreie Aussprache außerordentlich schwieri-
ger Wörter


(Heiterkeit)






Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt


(A) (C)



(D)(B)

und den Humor mussten wir Ihnen diesmal einfach et-
was mehr Redezeit zugestehen. Das geht beim nächsten
Mal nicht mehr.

Alles Gute für Ihre Arbeit hier!


(Beifall)


Der Kollege Herbert Behrens hat das Wort für die
Fraktion DIE LINKE.


(Beifall bei der LINKEN)



Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703600600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Minister, zwar konnte auf Grundlage einer Untersu-
chung durch die Maschine vom Typ Falcon, die Sie
schon erwähnt haben und die zurzeit aufgrund eines
technisches Mangels nicht starten kann, der Flugverkehr
wieder aufgenommen werden, denn die Ergebnisse der
Auswertung am gestrigen Abend haben gezeigt, dass es
möglich ist, den Flugverkehr wieder aufzunehmen, ohne
eine extreme Gefährdung von Maschinen und Passagie-
ren zu riskieren; jedoch wurden die Fluggenehmigungen
erteilt nicht nachdem, sondern bevor dies feststand.

Noch am Donnerstag und am Freitag der vergangenen
Woche hat es eine durchaus einheitliche Beurteilung des
Hauses gegeben: Wegen der schwierigen Gefährdungs-
analyse wollte man auf der sicheren Seite sein und ent-
schied sich, den Luftraum nicht freizugeben. Diese Maß-
nahme war richtig.

Gleichwohl haben vorgestern und gestern auf der
Grundlage von Ausnahmegenehmigungen, die das Luft-
fahrt-Bundesamt erteilt hat, erste Flüge mit Passagieren
an Bord stattgefunden. Es hat keine Zwischenfälle gege-
ben – das ist gut so –, obwohl vollbesetzte Flugzeuge un-
terwegs gewesen sind. Die Regulierung war höchst
merkwürdig – wir haben es gestern gehört –: Herrschte
klare Sicht, war Sichtflug möglich, durften Passagiere an
Bord genommen werden. War Sichtflug wegen Wolken-
bildung nicht möglich, durften keine Flüge durchgeführt
werden.

Wir wissen von den Fachleuten, dass bei Vulkanasche
nicht von Wolken gesprochen werden kann, sondern
eher von kontaminiertem Luftraum gesprochen werden
muss. Diese „Wolken“ kann man nicht sehen. Das macht
es für den Flugkapitän schwierig, zu entscheiden: Gehe
ich rauf oder nicht?

Sie sagen, die Flugkapitäne sind sehr verantwortungs-
bewusste Menschen, denen in jedem Fall – nicht nur in
dieser Situation – bewusst ist, dass sie für die Sicherheit
ihrer Fluggäste verantwortlich sind. Man muss aber auch
sehen, dass den Fluggesellschaften pro Tag, an dem
nicht geflogen werden darf, Verluste von 150 Millionen
Euro entstehen. Daran wird deutlich, wie schwierig die
Situation ist, wenn die Flugkapitäne vor der Entschei-
dung stehen: Starten wir oder starten wir nicht?

Diese schwierige Situation hat dazu geführt, dass
auch das Ministerium in dieser Situation nicht mehr sou-
verän gehandelt hat. Andere nennen es Kritik am Krisen-
management. Ich sage: Es hat etwas von Herumeierei,
wenn Sie an der einen Stelle sagen: „Der Luftraum ist
nicht sauber und deshalb nicht unbedingt sicher“, an an-
derer Stelle hingegen feststellen: „Es geht in Ordnung,
es darf geflogen werden“, der Deutschen Flugsicherung
aber keine Möglichkeit geben, zu sagen: „Der Luftraum
wird nicht freigegeben.“

Die Teilaufhebung der Sperrung des Luftraums war
voller Widersprüche: Instrumentenflüge waren unter-
sagt, Sichtflüge aber erlaubt, und das bei der gleichen
Vulkanaschekonzentration in der Luft. Es ist für die
Fluggäste, die davon betroffen gewesen sind, nicht nach-
zuvollziehen, wie diese Entscheidungen zustande ge-
kommen sind. Das ist, was andere mit Fehlern im Kri-
senmanagement gemeint haben. Ich sage: Das ist keine
eindeutige Positionierung. So etwas trägt dazu bei, dass
bei den Passagieren große Verunsicherung herrscht. Wir
nennen diese Haltung Herumeierei.


(Beifall bei der LINKEN – Zustimmung der Abg. Ulrike Gottschalck [SPD])


Es geht allein um die Zuständigkeiten und die Frage,
wer später was zu verantworten hat. Wenn die Deutsche
Flugsicherung sagt: „Sichtflug ist erlaubt, Instrumenten-
flug aber nicht“, dann heißt das, dass sie nicht garantie-
ren kann, dass es sicher ist, zu fliegen. Der Grund, dass
der Sichtflug erlaubt ist, liegt darin, dass die Verantwor-
tung allein beim Piloten liegt.

Es gibt hier eine Regelungslücke. Wenn wir nicht
wissen, ob der Luftraum sicher ist, dann müssen wir ent-
sprechend entscheiden und feststellen, dass er nicht si-
cher ist, unabhängig davon, ob Vulkanaschepartikel am
Himmel sind oder nicht. Der Luftraum muss sicher sein.
Sonst können wir nicht erlauben, dass die Piloten ihre
Maschinen starten.

Es gibt für Sichtflüge die etwas realitätsferne Startauf-
lage, dass nicht nur am Abflugsort und während des
Flugverlaufs, sondern auch am Ankunftsort klare Sicht
herrschen muss. Aber Wetter kann sich ja bekanntlich
ändern! Ist nicht sichergestellt, dass am Landeort keine
Wolke am Himmel ist, muss der Kapitän einen Aus-
weichflughafen suchen. An dieser Stelle sehen wir Än-
derungsbedarf.

In der gestrigen Sondersitzung wurde salopp gesagt,
bei Glatteis auf der Autobahn müsse jeder Fahrer selbst
entscheiden, ob und wie schnell er fahre, und so müsse
auch der Pilot abwägen, wie er seiner Verantwortung ge-
recht werden könne. Ich denke, in Bezug auf den Luft-
raum darf man das nicht so salopp sehen; beim Luftver-
kehr muss absolute Sicherheit gewährleistet sein. Daran
müssen sich die Empfehlungen des Bundesverkehrsmi-
nisters orientieren.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Es darf nicht sein, dass allein die Haftungsgründe, die
ich erwähnt habe, als Entscheidungsgrundlage für den
Start von Flugzeugen dienen. Wir wollen hier eine Än-
derung erreichen, um den Piloten Rechtssicherheit zu er-
möglichen und damit die erwähnten Belastungen der Pi-
loten zu minimieren.





Herbert Behrens


(A) (C)



(D)(B)

Ich habe kein Verständnis dafür, dass Flughafenge-
sellschaften jetzt einen Ausgleich ihrer finanziellen
Schäden fordern und hiermit bei Teilen der Bundesregie-
rung zunächst auf offene Ohren stoßen. Wenn die Flug-
gesellschaften meinen, dass sie einen Anspruch auf Ent-
schädigung haben, weil es schlechtes Wetter oder
schwierige Situationen gegeben hat, stellen sie das, was
beispielsweise für die Fluggäste geregelt ist, auf den
Kopf. Bei den Fluggastrechten ist das nämlich nicht so
geregelt. Bei höherer Gewalt bekommen sie eben keinen
Ausgleich. Insofern ist es absurd, dass die wirtschaftlich
mächtigen Fluggesellschaften an dieser Stelle zunächst
auf offene Ohren des Wirtschaftsministers stoßen. Das
ist nicht nachvollziehbar und findet auch nicht unsere
Zustimmung.


(Beifall bei der LINKEN)


Wie gesagt: Anfangs gab es eine Übereinstimmung in
der Einschätzung der Situation. Dies galt aber nur hin-
sichtlich des Punkts, dass die Sicherheit an erster Stelle
steht, was dazu geführt hat, dass Lufträume nicht freige-
geben worden sind. Was danach kam, ist nicht nachzu-
vollziehen. Ich glaube, das hatte auch nichts mit einem
kontrollierten Sichtflug der Bundesregierung, sondern
eher mit einem unkontrollierten Blindflug zu tun. Inso-
fern muss hier dringend nachgearbeitet werden, um sol-
che Situationen in Zukunft zu vermeiden.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703600700

Das Wort hat der Kollege Dirk Fischer für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1703600800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Was derzeit im europäischen Luftraum passiert, ha-
ben selbst erfahrene Verkehrspolitiker wie ich noch nicht
erlebt. Seit letzter Woche werden Tausende Flugzeuge in
Europa durch eine Aschewolke am Boden gehalten,
Hunderttausende Fluggäste konnten nicht reisen, und auf
den Flughäfen und Bahnhöfen herrschten teilweise chao-
tische Zustände.

Die Natur hat uns wieder einmal gezeigt, wie abhän-
gig der Mensch in Wahrheit von ihr ist. Auf Island bricht
ein Vulkan aus, und schon kommt unsere perfekt organi-
sierte und vernetzte Reise- und Geschäftswelt ins Tru-
deln. Der Grund: Durch die feine Vulkanasche, die vom
Boden mit bloßem Auge nicht erkennbar ist, können die
Triebwerke von Flugzeugen beschädigt werden.

Dass die Vulkanasche da ist, auch wenn der Himmel
sonnenklar ist, steht fest. Das wurde durch den Flug ei-
nes NATO-Kampfjets gezeigt, der mit Glaspartikeln im
Triebwerk landete, die aus Vulkanasche herrührten.
Durch Messungen, beispielsweise der Technischen
Hochschule Zürich und des Testflugzeuges des Deut-
schen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, wurde die
Existenz der gefährlichen Vulkanasche ebenfalls nach-
gewiesen.

Die vom Bundesverkehrsministerium in enger Ab-
sprache mit der Deutschen Flugsicherung getroffene
Entscheidung, den Luftverkehr in Deutschland nahezu
auf Null zu steuern, war daher unvermeidlich; denn so-
lange nicht auszuschließen ist, dass eine Gefahr für den
Luftverkehr und damit eine Gefahr für Menschen be-
steht, darf gar nicht anders entschieden werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Sicherheit der Besatzungen, der Fluggäste und der
Menschen am Boden muss immer Vorrang haben. Der
Bundesverkehrsminister steht immer in voller persönli-
cher Verantwortung und hat deswegen unsere uneinge-
schränkte Unterstützung in jeder Situation verdient.

Der Minister hat dabei aber nicht die Möglichkeit, so
flexibel zu reagieren, wie dies manche Kritiker wün-
schen, die meinen, die getroffenen Sicherheitsvorkeh-
rungen seien überzogen. Man stelle sich nur einmal vor,
es würde auch nur ein einziges Flugzeug aufgrund dieser
Ursache verunglücken! Wie groß würde der Aufschrei
sein: Hätte man das nicht verhindern können, sogar müs-
sen? Natürlich gäbe es sofort heftigste Attacken auf den
Bundesminister, Rücktrittsforderungen eingeschlossen.
Deswegen noch einmal: So schwer die Belastungen der
Fluggesellschaften, der Flughäfen und der Fluggäste
auch sein mögen: Größtmögliche Sicherheit darf niemals
vernachlässigt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch eine Bemer-
kung zum Krisenmanagement und zu den Behauptun-
gen, die zum Teil nachweislich falsch sind. Denn trotz
weniger Erfahrungswerte mit einem Vulkanausbruch
dieses Ausmaßes hat das Krisenmanagement vorbildlich
funktioniert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Internationale Vorschriften und Vorgaben wurden in je-
der Situation strikt eingehalten. Die Krisenstäbe des
Bundesministeriums, der Flugsicherung und des Wetter-
dienstes arbeiten eng und erfolgreich zusammen. Der
Bundesminister koordiniert die Arbeit der Krisenstäbe
und steht in enger Abstimmung mit den anderen europäi-
schen Ministerien, der EU-Kommission und Eurocon-
trol. Selbstverständlich sind auch die verantwortlichen
Behörden der Bundesländer stets eingebunden gewesen.

Die Bundesregierung war also von Anfang an opera-
tiv präsent und umfassend tätig. Nichts wurde versäumt.


(Florian Pronold [SPD]: Na ja!)


Das spezielle Forschungsflugzeug des Deutschen Zen-
trums für Luft- und Raumfahrt war bereits am Montag
einsatzbereit. Das ist sehr bemerkenswert. Das mit
Laserradar ausgestattete Flugzeug wurde am Wochen-
ende unter Hochdruck ausgerüstet. Damit hat das techni-
sche Personal eine grandiose Leistung vollbracht. Unter
Normalbedingungen brauchen sie dafür mehrere Wo-
chen, wie es heißt. Deswegen kann man diese Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter nur loben.





Dirk Fischer (Hamburg)



(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen ist die Bundesrepublik Deutschland im
Vergleich mit unseren Nachbarstaaten außer Großbritan-
nien das einzige Land, das überhaupt über ein derartiges
Flugzeug verfügt. Auch damit haben wir umfassend Vor-
sorge betrieben.

Wir sammeln jetzt Erfahrungen, die uns bei ähnlichen
Ereignissen in der Zukunft nützlich sein werden. Daher
ist es sehr wichtig, dass wir diese Erfahrungen möglichst
gut auswerten und verwerten. Alle Messdaten müssen
gesammelt und ausführlich ausgewertet werden. In die-
sem Zusammenhang auftauchende Fragen müssen ange-
gangen und vor allem auch von der Wissenschaft mög-
lichst bald beantwortet werden. Wichtig sind auch
gemeinsame Standards auf europäischer und internatio-
naler Ebene, damit nicht einzelne Länder unterschiedli-
che Entscheidungen treffen und zur Verwirrung beitra-
gen.

Die International Civil Aviation Organization, ICAO,
ist gefordert, ihre Regelwerke zu verfeinern. Aber als
erster Schritt – das wurde bereits von meinen Vorrednern
erwähnt – ist jetzt nach der begrüßenswerten Beendi-
gung der Flugbeschränkungen der Stau an den Flughäfen
zu beseitigen und der normale Luftverkehr in Deutsch-
land und Europa schnellstmöglich wiederherzustellen.
Dazu ist es sinnvoll, das Nachtflugverbot zumindest ei-
nige Tage flexibel zu handhaben, vor allem, um stecken-
gebliebene Fluggäste schnellstmöglich heimzubringen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Positiv werte ich daher zum Beispiel die Entschei-
dung meines Bundeslandes Hamburg, in den nächsten
beiden Nächten nach der Freigabe des deutschen Luft-
raumes Starts und Landungen auf dem Hamburger Flug-
hafen auch zwischen 23 und 6 Uhr zu erlauben. Für
diese kurzfristige Maßnahme sollte, wie ich meine, auch
das solidarische Verständnis der Flughafenanwohner zu
gewinnen sein. Denn es geht um die Menschen, die seit
Tagen an ausländischen Standorten festsitzen und nicht
heimkommen können. Ich glaube, das sollten wir alle
gemeinsam tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Also gilt das jetzt für alle Flughäfen?)


– Ich hoffe, dass alle Flughäfen und Landesregierungen
– die Zuständigkeit liegt bei den Ländern – sinnvolle
Entscheidungen treffen. Hier ist nicht der Bundesver-
kehrsminister gefordert; dafür sind die Landesbehörden
zuständig.

Ich hoffe, dass die jetzige Wiederfreigabe des unein-
geschränkten Luftverkehrs beibehalten werden kann und
nicht weitere Naturereignisse erneut zu Maßnahmen
zwingen. Dann aber muss aufgearbeitet werden: Wissen-
schaftliche Erkenntnisse, technische Effekte und Lö-
sungen sowie die Auswirkungen der Krise auf unsere
Luftverkehrswirtschaft und unsere Volkswirtschaft ins-
gesamt sind zu untersuchen und zu bewerten, um dann
angemessen darauf zu reagieren.

Das Thema ist also mit dem heutigen Tage und der
begrüßenswerten Entscheidung unseres Bundesver-
kehrsministers Peter Ramsauer keineswegs erledigt. Es
wird und es muss uns weiterhin beschäftigen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703600900

Winfried Hermann hat jetzt das Wort für Bündnis 90/

Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Der Ausbruch des Vulkans auf Island und die Ver-
breitung der Asche über Deutschland und über Europa
hat uns überraschend – so muss man schon sagen – ge-
zeigt, dass es noch Vulkane gibt und wir unser globales
Wirtschafts-, Transport- und Mobilitätssystem ein Stück
weit so organisiert und geplant haben, als gäbe es keine
Naturgewalten mehr. Das war für uns, glaube ich, eine
schmerzliche Erinnerung, die uns zu denken geben
sollte; denn eines darf man nicht vergessen: Wir haben
die Natur niemals hundertprozentig im Griff.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Respekt vor der Natur und eine Anerkennung der Gren-
zen menschlichen Tuns sind angesagt.

Es ist heute und auch schon in den letzten Tagen viel
über die Frage diskutiert worden, ob das Management in
dieser Krise richtig war. Manche haben mich persönlich
angesprochen und gefragt: Warum hast du nicht kriti-
siert, warum hast du den Minister nicht angegriffen, son-
dern ihn sogar gerettet?


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Florian Pronold [SPD]: Ein grüner Rettungsschirm!)


Ich glaube, so weit ging es nicht.

Aber ich finde schon, dass Opposition zwar einerseits
die Aufgabe der kritischen Begleitung der Regierung
hat, andererseits aber dann, wenn es große Krisen wie
diese gibt und sachliche Kritik angemessen ist, die aller-
dings auch fundiert sein muss, gleichsam der Regierung
zur Seite stehen kann und in der Sache denken und argu-
mentieren muss. Wenn ein Minister sagt, er orientiere
seine Entscheidungen an der Sicherheit als dem obersten
Prinzip und wirtschaftliche Interessen hätten nachzuste-
hen, dann hat er den Respekt und die Unterstützung des
Parlaments verdient,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


dies umso mehr, als die Flugwirtschaft offenkundig mas-
siven Druck gemacht hat. Zwar reden alle davon, dass





Winfried Hermann


(A) (C)



(D)(B)

Sicherheit das Allerwichtigste sei, aber es wurde auch
aus ökonomischen Interessen heraus gefragt: Warum
nehmen wir das so scharf, die anderen sind doch auch
nicht so scharf? Hier blieb der Minister bei seinem Prin-
zip,


(Florian Pronold [SPD]: Eben gerade nicht!)


und deshalb hatte er unsere Unterstützung.

Es haben auch andere viel dazu beigetragen, dass wir
diese Krise einigermaßen gut durchlaufen konnten. Die
Bahn hat nach meiner Auffassung beim Ersatz starke
Leistungen gezeigt; auch die Busunternehmen, die die
Passagiere von weither geholt haben, haben einen Bei-
trag dazu geleistet, dass die Menschen nach Hause ge-
kommen sind. Der Deutschen Flugsicherung und dem
Krisenstab danke ich ausdrücklich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, erst
einmal einen anderen Krisenstab einzurichten, ist kein
kluger Vorschlag.


(Florian Pronold [SPD]: Laut Pressemitteilung des Ministers drei!)


Wir haben einen permanenten Krisenstab in Langen, der
auch solche Krisen bewältigen kann. Aus unserer Sicht
war es absolut richtig, auf diese Profis zu setzen. Sie ha-
ben richtig gehandelt und den Minister, wie ich finde,
richtig beraten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Gleichwohl sind auch einige Probleme sichtbar ge-
worden. Ich teile die Ansicht all derer, die gerade ange-
sprochen haben, dass es im Regelwerk der ICAO das rie-
sige Problem – um nicht zu sagen: den riesigen
Widerspruch – gibt, dass bei Verunreinigung der Luft
durch Vulkanasche auf der einen Seite Instrumenten-
flüge aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt sind, man auf
der anderen Seite aber unter Sichtbedingungen durch-
fliegen darf. Das ist widersprüchlich, das geht nicht, das
halte ich für falsch, das muss korrigiert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Uwe Beckmeyer [SPD]: Und wer hat das entschieden?)


– Der Minister hat auf dieser Grundlage gemäß den Re-
geln entsprechend der Ratschläge der Fachleute ent-
schieden. Ich sage Ihnen aus meiner Perspektive: Im
Einzelfall kann ich das nachvollziehen; aber in den letz-
ten Tagen sind zu viele Ausnahmegenehmigungen erteilt
worden. Hier hat zu viel Sichtflug stattgefunden. Ich
glaube, dass wir auch sehr genau überprüfen müssen, ob
es bei diesen vielen Sichtflügen tatsächlich zu gefährli-
chen Annäherungen gekommen ist, ob es Vorfälle gibt,
die gemeldet worden sind. Hier ist kritisch nachzuprü-
fen, weil es sich um eine riskante Sache gehandelt hat.
Das hätte ich so nicht gemacht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Was bleibt noch von der Rettung des Ministers übrig? Eine kurze Rettung, Herr Kollege Hermann!)

Es ist auch sichtbar geworden, dass zum Teil Daten
und Messinstrumente fehlen und dass wir nicht die rich-
tigen Kriterien haben, um Entscheidungen zu treffen.
Wir haben nicht einmal Grenzwerte für Flugasche in der
Luft.

Damit komme ich zu den Konsequenzen: Ich glaube,
wir sind gut beraten, aus diesem Vorfall, den wir nach
meiner Auffassung Gott sei Dank bisher insgesamt
glücklich überwunden haben – wir können froh sein,
dass es keine Unfälle gab; ein solches Glück hat man
vielleicht nicht immer –, einige Konsequenzen zu zie-
hen.

Erstens müssen wir die Forschungs- und Entwick-
lungsarbeit unterstützen und fördern. Es steht ein For-
schungspaket an, das auf der einen Seite aus Vulkanfor-
schung, Atmosphärenforschung sowie Klima- und
Wetterforschung besteht und in dessen Rahmen man auf
der anderen Seite genauer untersucht, wie sich Vulkan-
aschenschläge auf Düsenflugzeuge und ihre Triebwerke
auswirken.

In der Anhörung im Ausschuss ist offenkundig ge-
worden, dass es darüber zu wenige Erkenntnisse gibt. Da
müssen wir etwas tun.

Zweitens müssen wir die Messsysteme insgesamt ver-
bessern. Ich glaube, man braucht auf europäischer Ebene
einige Messflugzeuge – vielleicht eine Flotte –, die ad
hoc aufsteigen und solche Messungen vornehmen kön-
nen. Es war nicht die beste Lösung, dass man einige
Tage gebraucht hat, bis ein solches Flugzeug ausgerüstet
werden konnte.

Wir brauchen drittens und vor allen Dingen wider-
spruchsfreie Regeln. Ich finde, die ICAO-Regel, die zu-
gelassen hat, dass Sichtflüge unter so widersprüchlichen
Bedingungen möglich waren, muss geändert werden.
Dazu müssen wir auf internationaler Ebene aktiv wer-
den.

Viertens benötigen wir – auch das ist für mich eine
wichtige Konsequenz – einen Plan B für mögliche Kata-
strophen dieser Art. Wir haben quasi keinen Plan für den
Fall, dass der Luftverkehr oder der Bahnverkehr ausfällt.
Man kann daraus lernen, dass ein Plan B entwickelt wer-
den muss, der vorgibt, wer zuständig ist und wer zum
Beispiel die Rückführung von Passagieren, die fernab
sind, abwickelt. Das sollte eine Konsequenz sein.

Wir müssen fünftens auch über die Verbrauchersitua-
tion und die Kundenrechte nachdenken. Es hat sich ge-
zeigt, dass sich manche Regeln an Einzelfällen orientie-
ren und dass es keine flächendeckende Lösung gibt.
Auch hier gilt es nachzuarbeiten.

Fazit: Wir brauchen eine kritische Evaluation des
ganzen Vorgehens, auch unserer Handlungen und unse-
rer Instrumente. Wir müssen dann die Konsequenzen
ziehen, und das sollten wir alle zusammen an einem run-
den Tisch tun. Dann können wir auch Erfolg haben.

Ich möchte mich am Ende sehr herzlich beim Minis-
ter bedanken,


(Florian Pronold [SPD]: Da ist der Rettungsschirm wieder!)






Winfried Hermann


(A) (C)



(D)(B)

und zwar deswegen, weil er den Ausschuss und das Par-
lament sehr schnell informiert und in Entscheidungen
einbezogen hat. Das halte ich unter dem Gesichtspunkt
der parlamentarischen Zusammenarbeit für vorbildlich.
Ich sage das auch deswegen, weil ich lange genug im
Parlament bin und weiß, dass nicht alle seine Vorgänger
in seinem Haus so kooperativ waren.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703601000

Für die FDP hat der Kollege Patrick Döring das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1703601100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst ist die Debatte eine gute Gelegenheit, den vie-
len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Deutschen
Flugsicherung, beim Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt, bei den Airlines und an den Flughäfen sehr
herzlich dafür zu danken, dass sie sich so schnell, so fle-
xibel und rund um die Uhr bemüht haben, diese außerge-
wöhnliche Situation in den Griff zu bekommen. Deshalb
namens der FDP-Fraktion und, so denke ich, namens des
ganzen Hauses herzlichen Dank für diesen hervorragen-
den Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Kirsten Lühmann [SPD])


Die Erfahrung lehrt – der Kollege Hermann hat es an-
gedeutet –, dass durch diesen Vulkanausbruch eine He-
rausforderung entstanden ist. Ich jedenfalls – das gebe
ich zu – hätte nie geglaubt, dass ein Vulkanausbruch auf
Island eine solche Auswirkung auf den Flugverkehr ha-
ben kann. Wenn man dann noch weiß, dass die ausgesto-
ßene Menge an Asche etwa einem Zehntel dessen ent-
spricht, was in den 80er-Jahren auf der südlichen
Halbkugel bei Vulkanausbrüchen ähnlicher Art emittiert
wurde, dann macht das deutlich, wie viel größer die Ka-
tastrophe hätte sein können. Gleichwohl spüren wir alle:
Die Unsicherheit mit dem Umgang dieser Vulkanasche-
partikel in der Luft war besonders groß.

Ich bin deshalb besonders ärgerlich über einige Zwi-
schentöne in dieser Debatte, insbesondere aber über die
mediale Berichterstattung, was den Bereich Sichtflug
angeht. Es war doch richtig, in dem Moment, in dem
man wetterbedingt Sichtflugregeln anwenden konnte,
die Erfahrungen der Piloten, die die Flugzeuge im Sicht-
flug durch die auch mit Asche kontaminierte Atmo-
sphäre geflogen haben, in die Entscheidung der DFS
einzubinden. Es war doch sinnvoll, Sichtflüge durchzu-
führen. Ich will deutlich sagen: Sichtflug findet in
Deutschland, wenn das Wetter es zulässt, täglich statt.
Das ist nichts Außergewöhnliches, und das ist kein, wie
ich es lesen musste, juristischer Winkelzug. Sichtflug
findet täglich, sicher und weitestgehend unfallfrei statt.
Deshalb war es klug und richtig, die außergewöhnliche
Hochdrucklage und die Erfahrungen der Piloten im
Sichtflug zu nutzen und die Erfahrungen der Piloten mit
den Auswirkungen auf die Maschine, auf die Scheiben
und auf die Triebwerke in die hervorragende Arbeit des
Krisenstabes bei der DFS einzuspeisen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich bin dankbar dafür, dass man mit dem aufwachsen-
den Erkenntnisgewinn – alle Beteiligten sind von Stunde
zu Stunde über die Wirkung von Asche in der Atmo-
sphäre klüger geworden – eine valide Grundlage für die
Entscheidung heute Vormittag hatte. Dazu kommt, dass
sich die Wetterlage glücklicherweise verändert hat; die
Aschekonzentration hat insgesamt abgenommen.

Ich stelle fest: Das Bundesministerium, die nachge-
ordneten Behörden, die beteiligten Unternehmen haben
vorbildlich, hervorragend reagiert. Das gilt – das sage
ich ausdrücklich – auch für die anderen Verkehrsträger,
insbesondere für die Deutsche Bahn und die Flughäfen,
die zum Teil wegen besonderer Belastung der Hotelwirt-
schaft, etwa wenn vor Ort Messen stattfanden, kurzfris-
tig und schnell sichergestellt haben, dass die Menschen
unter halbwegs normalen Bedingungen zur Ruhe kom-
men konnten.

Hervorragend war der permanente Informationsfluss
an die Fraktionen, an die Entscheider, den der Minister
und sein Staatssekretär Jan Mücke sichergestellt haben.
Wir waren an dieser Stelle immerzu informiert und hat-
ten nie das Gefühl, es laufe etwas am Parlament vorbei.
Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.

Der Kollege Hermann hat eben die Frage „Wie gehen
wir mit dem Ausfall eines Verkehrsträgers um?“ ange-
sprochen. Ich bin sehr froh, dass wir das Thema Nacht-
flugverbot behandeln und dass der Koordinator der Bun-
desregierung für den Güterverkehr, der Kollege Scheuer,
mit den Ländern heute darüber spricht, ob sich die Wir-
kungen auf die Realwirtschaft – einige von Ihnen haben
mitbekommen, dass große Automobilwerke derzeit nicht
produzieren können, weil bestimmte Teile nicht vorhan-
den sind – dadurch abmildern lassen, dass wir den Gü-
terverkehr gegebenenfalls bis zur Wiederherstellung des
regulären Flugbetriebs von einigen Ausnahmeregelun-
gen, Stichwort „Sonntagsfahrverbot“, befreien, damit in
Deutschland die Waren, die bisher nicht ausgeliefert
werden konnten, schnell verteilt werden können. Es geht
darum, dass nicht nur die Großmärkte, sondern auch un-
sere Industrieproduktion, die unter den jüngsten Ge-
schehnissen gelitten hat, wieder versorgt werden kön-
nen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703601200

Herr Kollege!


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1703601300

Insgesamt ist der Bundesregierung kein Vorwurf zu

machen. Ich bedanke mich für das kollegiale Miteinan-
der. Dieser Dank gilt insbesondere dem Ausschussvor-
sitzenden und dem Ministerium.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703601400

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Gottschalck für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ulrike Gottschalck (SPD):
Rede ID: ID1703601500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Die Wahrnehmungen sind offensichtlich sehr
unterschiedlich. Als ich den Kollegen Hermann eben
gehört habe, habe ich gedacht, er habe vor, eine Antritts-
rede als Staatssekretär zu halten. Das war schon ein we-
nig verwunderlich. Außerdem wurde Herr Döring ge-
lobt. Also, nicht schlecht das Ganze.

Wir haben eine andere Wahrnehmung. Ich zitiere die
Meldung einer Agentur: „Ramsauer sitzt zwischen allen
Stühlen.“ Mein Mitleid hält sich in Grenzen; denn er hat
seine Position durch mangelhaftes Krisenmanagement
selber verschuldet. Besser wäre es gewesen, rechtzeitig
den Dialog mit allen Beteiligten zu suchen. Ich hätte mir
gewünscht, einen Minister zu haben, der mit sicherer
Hand durch die Krise führt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich betone, dass wir die Mitarbeiter der Flugsicherheit,
der zahlreichen Behörden und Flughäfen ausdrücklich in
Schutz nehmen. Wir brauchten aber jemanden, der den
Hut aufhat, alles ordentlich bündelt und sagt, wo es lang-
geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sicherheit
geht vor. Jawohl, Herr Minister, da haben Sie vollkom-
men recht; da stehen wir an Ihrer Seite. Wir müssen den
gestrandeten Passagieren schnell helfen. Auch hier
kommt von uns Sozialdemokraten natürlich ein klares
Ja. Aber das sind doch alles Selbstverständlichkeiten.
Wer in diesem Haus wollte denn etwas dagegen haben?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Herr Minister, Sie haben Ihren Ruf als Dampfplaude-
rer wieder einmal bestätigt: markige Worte, wenige Ent-
scheidungen.


(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Das ist doch nur billige Polemik!)


– Sie können das alles nachlesen. – Sie legen sich mit
den Fluggesellschaften an und unterstellen ihnen, die Si-
cherheit nicht ernst genug zu nehmen. Sie gehen über die
Sicherheitsbedenken der Pilotenvereinigung Cockpit
hinweg. Gleichzeitig loben Sie sich ständig selber und
bezeichnen sich – das fand ich besonders nett – als kon-
struktiven Schrittmacher. Um in Ihrer Sprache zu blei-
ben, Herr Minister: Ich halte das für einen Schmarren,
denn die Kritik der Beteiligten ist deutlich. Auch aus den
Regierungsfraktionen war durchaus deutliche Kritik zu
vernehmen; dort war man nicht so ganz zufrieden.

Wir alle sind froh darüber, dass sich der Luftraum
nach und nach öffnet und sich die Lage hoffentlich bald
wieder normalisiert. Auch meine Fraktion ist dafür, dass
wir zum Beispiel bei Nachtflügen großzügig agieren und
sagen: Vorübergehend – die Betonung liegt auf „vo-
rübergehend“ –, um eben schnell Passagiere zurückzu-
holen, darf auch ein Nachtflugverbot ausgehebelt wer-
den.

Aber immer noch bleiben wesentliche Fragen offen.
Ich will nur einige nennen: Auf welcher Grundlage
wurde die Entscheidung für Sondergenehmigungen für
Sichtflüge großer Maschinen getroffen? Der Kollege
Pronold hat das eben schon ausgeführt. Sind solche
Sichtflüge nicht zu risikoreich?


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Da empfiehlt sich das Lesen des Regelwerks!)


Immerhin hat Cockpit verlautet: Unverantwortlich. –
Das ist schon eine harte Aussage. Darüber kann man
nicht so einfach hinweggehen. Das deckt sich auch mit
dem, was ich in Gesprächen mit Piloten erfahren habe.
Auch sie haben gesagt: „Das ist unverantwortlich“ und
waren eigentlich sogar geschockt.

Wurden juristische Winkelzüge gemacht – Herr
Döring hat das eben angesprochen; er hat es kritisiert;
das hat nicht irgendwer, sondern auch Cockpit verlau-
tet –,


(Patrick Döring [FDP]: Das stimmt schlicht nicht! – Daniela Raab [CDU/CSU]: Das ist einfach falsch!)


damit die Verantwortung auf die Piloten verlagert wird?
Wussten alle Passagiere zu jeder Zeit, zu welchen Bedin-
gungen sie fliegen? Gab es zum Beispiel so etwas wie
den Beipackzettel bei Medikamenten?

Es bleiben also wesentliche Fragen offen, die wir zu
klären haben. Ich hoffe sehr, dass Minister Ramsauer zu
seinem Wort steht und einen runden Tisch einrichten
wird, an dem mit allen Beteiligten untersucht wird, wie
man in Zukunft vorgehen und solche Chaostage nach
Möglichkeit verhindern kann.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703601600

Liebe Frau Kollegin, das war Ihre erste Rede hier im

Haus, zu der wir Ihnen recht herzlich gratulieren.


(Beifall)


Deswegen hat der Kollege Ströbele auf eine Zwischen-
frage verzichtet. Aber das wird sicherlich beim nächsten
Mal nachgeholt.

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht der Kollege Peter
Wichtel.


Peter Wichtel (CDU):
Rede ID: ID1703601700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ich
möchte zunächst einmal feststellen – das kann man am
heutigen Tage gar nicht oft genug wiederholen –, dass
von allen Beteiligten und Entscheidungsträgern in dieser
Ausnahmesituation einer Naturkatastrophe, des Aus-
bruchs eines Vulkans in Island, Recht und Ordnung, in-
ternationale Vorschriften, europäische Abstimmungsre-
gelungen hundertprozentig eingehalten worden sind.





Peter Wichtel


(A) (C)



(D)(B)

Man muss an dieser Stelle noch einmal hervorheben:
Unser Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung, die Deutsche Flugsicherung, der Deutsche
Wetterdienst, die Entscheidungsträger in der EU, die ein-
gebunden waren, aber auch diejenigen, die – wie das
Kontrollzentrum in London – Daten zugeliefert haben,
haben eindeutig festgestellt, dass der Luftverkehr ge-
fährdet sein könnte. Deswegen ist der Luftverkehr einge-
stellt worden. Das ist richtig so.

Wenn wir solche Regelungen haben, dann nutzen wir
sie auch. Wenn wir erfahren, dass etwa wegen der Wan-
derung solcher Wolken andere Messmethoden oder an-
dere Kontrollen notwendig sind, dann lernen wir daraus
und stellen uns für die Zukunft um.

Ich habe natürlich sehr viel Verständnis für die Luft-
verkehrswirtschaft, für die Damen und Herren, die Fir-
men leiten müssen, für die Beschäftigten und für die
Passagiere, die irgendwo festsitzen und nicht weiterkom-
men. Aber viel wichtiger ist die Sicherheit der Pas-
sagiere. Wenn wir nichts getan hätten und auch nur ein
Flieger abgestürzt wäre, hätten genau diejenigen, die ge-
schrieben haben: „Übertrieben! Ist das alles überhaupt
richtig? Da darf man fliegen, und da darf man nicht flie-
gen!“, am nächsten Tag gefragt: Hat denn der Minister
und hat denn der Krisenstab überhaupt alles richtig ge-
macht?


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage sehr eindeutig: Parteipolitischer Klamauk
vor dem 9. Mai, also vor Muttertag, sowie wirtschaftli-
ches oder gar mediales Interesse dürfen uns in einer
Frage, bei der es um Menschenleben geht – es geht näm-
lich um diejenigen, die in den Flugzeugen sitzen, und
auch um diejenigen, die am Boden im Falle eines Ab-
sturzes betroffen wären –, nicht leiten. Hier geht die Si-
cherheit der Menschen vor.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Darüber hinaus denke ich, dass die Debatte – Teile
der Opposition versuchen dies heute – auf dem Rücken
der Passagiere und derjenigen, die in der letzten Zeit so
viel an der Lösung dieses Problems gearbeitet haben,
ausgetragen wird.


(Gustav Herzog [SPD]: Wir haben den Minister kritisiert und nicht die Menschen, die daran arbeiten!)


Das ist völlig unangemessen. Herr Kollege Beckmeyer
weiß dies ebenfalls. Er ist lang genug in diesem Bereich
engagiert. Der Kollege, der gerade dazwischengerufen
hat, würde diesen Zwischenruf unterlassen, wenn er
wüsste, was wir in den letzten Tagen zum Beispiel bei
der Anhörung im Verkehrsausschuss und bei sonstigen
Diskussionen erfahren haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch des Abg. Gustav Herzog [SPD])


Lieber Kollege, ich möchte Ihnen zu Ihrer Diskussion
über das Thema Krisenstab Folgendes sagen: Was hätten
Sie geklagt, wenn der Krisenstab in einem Raum des
Bundesverkehrsministeriums ohne die notwendigen
technischen Einrichtungen seine Arbeit aufgenommen
hätte. Das heißt, man hätte nicht alle Daten zusammen-
fassen können und auch der Deutsche Wetterdienst wäre
nicht nur wenige Kilometer entfernt. In diesem Fall wür-
den die Experten in Langen nicht zur Verfügung stehen.
Der Minister könnte lediglich Telefonkonferenzen ab-
halten. In diesem Fall hätten Sie genau das Gegenteil be-
hauptet.


(Beifall der Abg. Marlene Mortler [CDU/ CSU])


Sie hätten bemängelt, dass es nur einen technisch nicht
adäquat ausgestatteten Raum geben würde, und Sie hät-
ten der Bundesregierung vorgeworfen, dass man die vor-
handenen technischen und personellen Möglichkeiten
nicht nutzt.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Quatsch!)


Deswegen ist das, was Sie machen, nur Theaterdonner.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Florian Pronold [SPD])


– Herr Pronold, Sie haben mit Abwesenheit geglänzt. Sie
haben wahrscheinlich heute als stellvertretender Frak-
tionsvorsitzender gesprochen, um ein bisschen Stim-
mung in den Laden zu bringen. Auch das möchte ich an
dieser Stelle einmal sagen.


(Florian Pronold [SPD]: Wo war ich abwesend?)


– Ich habe Sie bei zwei sehr wichtigen Gelegenheiten
nicht gesehen.


(Florian Pronold [SPD]: Sie müssen sich einmal die Brille putzen!)


Wenn ich mich irren sollte, dann können wir darüber re-
den. Zumindest haben Sie bei diesen Gelegenheiten
nicht zugehört.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Zumindest hat er ein paar Dinge nicht mitbekommen!)


Die Mitteilung, was alles über Eurocontrol entschie-
den worden ist, haben Sie nicht mitbekommen, obwohl
Sie vielleicht anwesend waren. Diese Entscheidungen
hatten Auswirkungen auf die Arbeit der DFS-Niederlas-
sungen und die Interpretation der Messwerte. Stichwort
Messwerte: Sie haben auch behauptet, es hätte keine
Messwerte gegeben.


(Florian Pronold [SPD]: Das habe ich nicht gesagt!)


Es gab von Anfang an Messwerte. Es war lediglich nicht
genau bekannt – deswegen musste erst ein Messflugzeug
entsprechend ausgerüstet werden –, welche Bestandteile
die Wolke aufweist und wie hoch der Grad der Kontami-
nierung ist. Die potenzielle Gefahr war allerdings be-
kannt. Das Krisenszenario, das Sie beschreiben, ist aus
meiner Sicht durch den Krisenstab erstklassig in die
Überlegungen mit einbezogen worden.

An dieser Stelle muss man den Beteiligten Danke sa-
gen. Dazu gehören diejenigen, die das Messflugzeug so





Peter Wichtel


(A) (C)



(D)

schnell umgerüstet haben, und auch diejenigen, die so
schnell die Genehmigung erteilt haben. Ich erwähne
auch die Menschen an den Flughäfen, die sich dort um
diejenigen Passagiere gekümmert haben, die beispiels-
weise aus den Transitbereichen nicht herausgekommen
sind.

Ich denke, Sie haben in Ihren Redebeiträgen einige
Punkte nicht erwähnt, weil es Ihnen gar nicht um die Sa-
che geht. Richtig ist – das hat auch der Ausschussvorsit-
zende vorhin gesagt –: Wir müssen jetzt schauen, welche
neuen Messwerte festgestellt werden können und welche
neuen Forschungsergebnisse es gibt. Daraus kann man
dann ableiten, was neu zu machen ist.

Mich hat schon sehr beeindruckt, dass selbst ein
Triebwerkshersteller in der Anhörung des Ausschusses
uns nicht sagen konnte, ab welcher Konzentration der
Aschepartikel ein Triebwerk beschädigt wird, sodass die
Gefahr eines Unfalls besteht. Wir müssen also unbedingt
mehr im Bereich der Forschung tun.

Wir müssen im Nachgang dafür sorgen – und dafür
werbe ich –, dass die Menschen schnell zu ihren Heimat-
flughäfen geflogen werden und die Güter, die bis jetzt
liegengeblieben sind, weitertransportiert werden. Wenn
es notwendig ist, sollten für eine begrenzte Zeit Nacht-
flugbeschränkungen aufgehoben werden. Ich bitte die
Bevölkerung, die rund um die Flughäfen wohnt, um Ver-
ständnis, dass nachts geflogen werden kann.

Ich sage deswegen sehr deutlich: Nach den Ergebnis-
sen, die bis heute vorliegen, haben wir die Krise, wenn
das Wetter so bleibt und keine neue Wolke kommt, in ei-
nem ersten Schritt gemeistert. Der zweite Schritt ist
– das habe ich gerade angedeutet –, mit Wissenschaft
und Forschung über die Messergebnisse und neue Ver-
fahren, falls wir solche brauchen, zu diskutieren. Ich
bitte Sie alle, weiter an diesem Thema mitzuarbeiten.

Zwei Dinge möchte ich in diesem Zusammenhang
noch ansprechen: Hätte der Bundesminister die anderen
Ministerien nicht eingeschaltet, würden Sie heute sagen:
Was ist das denn für eine Abstimmung innerhalb der
Bundesregierung! Alle anderen Ressorts waren nicht be-
teiligt. – Es war also richtig, dass das Bundeskanzleramt,
das Wirtschaftsministerium und das Innenministerium
eingeschaltet worden sind.

Die Opposition muss zur Kenntnis nehmen, dass der
Luftverkehr auf unterschiedlichen Ebenen reguliert
wird. Ein Bundesminister kann keine Erleichterungen im
Hinblick auf das Nachtflugverbot beschließen. Dies
müssen die einzelnen Bundesländer tun. Wenn ich mei-
nen Vorredner Dirk Fischer richtig verstanden habe, hat
sogar eine Senatorin der Grünen erkannt, dass solche Er-
leichterungen jetzt notwendig sind.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703601800

Der Kollege Uwe Beckmeyer hat jetzt das Wort für

die SPD-Fraktion.

Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1703601900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Eines muss man dem Ganzen voranstellen: Nie-
mandem hier im Hause kann der Vorwurf gemacht wer-
den, dass das Thema Sicherheit in irgendeiner Weise au-
ßer Acht gelassen wird. Wir alle, die sich am Sonntag an
der Telefonschaltkonferenz mit dem Herrn Bundes-
minister beteiligt haben, haben klipp und klar gesagt:
Natürlich ist die Sicherheit das Erste, was wir zu beach-
ten haben. – Insofern wurde das nie in Zweifel gezogen.

Es geht auch nicht um parteipolitische Profilierung,
sondern es gibt Widersprüche, Herr Hermann. Als Mit-
glied des Verkehrsausschusses haben Sie genauso wie
ich eine Pressemitteilung des Bundesverkehrsministers
von Sonntag, dem 18. April 2010, vorliegen. Da lesen
Sie auf Seite 2:

Wegen der außergewöhnlichen Lage in Europa sind
bei DFS, DWD und bei BMVBS Krisenstäbe im
Einsatz. Das BMVBS koordiniert die Arbeit der
Krisenstäbe und steht dabei in enger Abstimmung
mit anderen europäischen Ministerien.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Hört! Hört!)


Ich habe den Bundesminister anlässlich seines Be-
richts am gestrigen Tage gefragt, ob er oder die Spitze
seines Hauses den Krisenstab leitet. Die Antwort war: Es
gibt einen zentralen Krisenstab bei der Deutschen Flug-
sicherung. Da frage ich mich: Was ist nun eigentlich?
Kann das die Antwort auf diese außergewöhnliche Situa-
tion sein? Ich denke, nein.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Geben Sie es doch einfach zu, dass es gut gelaufen ist! Geben Sie es doch zu! Springen Sie über Ihren Schatten!)


– Frau Raab, Sie können sich ja zu einer Zwischenfrage
melden.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Mache ich gerne! Springen Sie über Ihren Schatten!)


In einer für die Bundesrepublik Deutschland bzw. für
die Bundesregierung außergewöhnlichen Situation muss
es meiner Meinung nach darum gehen, dass die Krisen-
bewältigung in ihrer Gesamtheit vom Verkehrsminister
– es ist ausdrücklich betont worden, dass er dafür die
Verantwortung hat – übernommen wird.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703602000

Herr Kollege, möchten Sie die Zwischenfrage von

Frau Raab zulassen?


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1703602100

Nein, jetzt nicht. – Diese Verantwortung muss der Mi-

nister notwendigerweise insgesamt übernehmen.

Mich haben bereits am Sonntagabend Hinweise er-
reicht, die den Tenor hatten: Da passiert irgendetwas; da
läuft etwas nicht. – Die Konsequenz war, dass vom Bun-
deswirtschaftsministerium am Montag um 11 Uhr ver-
kündet wurde, es gebe eine Taskforce mit den Airlines.
Nicht nur die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der

(B)






Uwe Beckmeyer


(A) (C)



(D)(B)

Luftverkehrswirtschaft sollten erörtert werden, sondern
auch andere Dinge. Das machte deutlich, dass es eine
Handlungslücke, eine Regulierungslücke und eine Kri-
senbewältigungslücke gab.

Der Vorschlag, der gestern zur Zulassung des kontrol-
lierten Sichtfluges geführt hat, ist nicht im BMVBS ent-
wickelt worden, sondern in irgendwelchen Gremien, die
diesen Vorschlag erst anschließend dem BMVBS nahe-
gebracht haben. Das BMVBS hat daraufhin entspre-
chende weitere Schritte unternommen, damit die Geneh-
migung erteilt wird; denn zum Beispiel das Luftfahrt-
Bundesamt war an den Diskussionen zur Krisenbewälti-
gung gar nicht beteiligt.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703602200

Herr Kollege.


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1703602300

Nein, Frau Raab, ich möchte den Gedanken gern zu

Ende führen.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Sie haben mich vorhin zu einer Zwischenfrage aufgefordert! Das ist jetzt aber nicht nett!)


Jetzt geht es darum, nicht alles schönzumalen, son-
dern die Konsequenz zu ziehen. Die Konsequenz lautet:
Weil niemand ausschließen kann, dass übermorgen auch
der Nachbarvulkan Katla ausbricht und wir uns dann in
einer genauso schlimmen, vielleicht sogar in einer
schlimmeren Situation befinden, kommt es darauf an,
dass wir in Deutschland ein ordentliches, ganzheitliches
Krisenmanagement für diese Fälle einrichten.


(Beifall bei der SPD)


Da gehören alle an den Tisch: das Luftfahrt-Bundesamt,
der Deutsche Wetterdienst, das BAF, das Deutsche Zen-
trum für Luft- und Raumfahrt. Das BMVBS hat den Hut
auf, aber auch die anderen Ministerien gehören an den
Tisch.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703602400

Jetzt hat Herr Wichtel den Wunsch nach einer Zwi-

schenfrage. Wollen Sie sie zulassen?


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1703602500

Bitte, Herr Wichtel.


Peter Wichtel (CDU):
Rede ID: ID1703602600

Sehr geehrter Herr Kollege Beckmeyer, ist Ihnen be-

kannt oder ist Ihnen entgangen, dass federführende Mit-
arbeiter des Berliner Ministeriums selbst beim Krisen-
stab in Langen tätig waren, dass also die Behauptung
nicht stimmt, die Bundesregierung sei überhaupt nicht
eingebunden gewesen?


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1703602700

Darum geht es doch gar nicht.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Daniela Raab [CDU/CSU]: Ach so!)

Es geht um Folgendes: Wer ist in dieser Situation verant-
wortlich, wer hat das Sagen? In einer solchen Situation
kann nicht delegiert werden, sondern geht es darum, die
Verantwortung wahrzunehmen. Diese Frage war und ist
nicht eindeutig geklärt. Die verschiedenen Krisenstäbe,
die es hier gegeben haben soll – möglicherweise hat es
sie gegeben –, sind nicht vom Minister und von der
Spitze seines Hauses koordiniert worden.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Ja, selbstverständlich! Das ist ja mal glatt falsch!)


Das ist die Erkenntnis der letzten Tage. Das ist nicht nur
meine Erkenntnis, sondern die Erkenntnis der Airlines
und beteiligter Dritter. Darum ging es mir bei dieser
Frage.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Nach all dem, was gesagt wurde, ist jetzt ein Strich zu
ziehen. Ich glaube, es geht nicht nur darum, die atmo-
sphärischen Belange usw. zu regeln. Vielmehr geht es
darum, dass in Deutschland an einem runden oder vier-
eckigen Tisch – das ist mir egal – klare Regeln festgelegt
werden müssen, die in Zukunft für das Verkehrsministe-
rium und alle beteiligten Institutionen und Ämter gelten.
Es muss also eine klare Struktur geben, die besagt, dass
die Experten der Deutschen Flugsicherung, des Luft-
fahrt-Bundesamtes und des Deutschen Wetterdienstes
zukünftig einbezogen werden und der Bundesverkehrs-
minister – momentan und zukünftig – den Hut aufhat,
nicht irgendjemand anders.


(Beifall bei der SPD)


Hinsichtlich des Dankes will ich eines hinzufügen:
Natürlich haben sehr viele gut gearbeitet. Der Haupt-
dank gilt aber den Piloten, die das Risiko auf sich ge-
nommen haben, in dieser Situation für ihre Airlines im
Sichtflug zu fliegen. Die Piloten haben die Verantwor-
tung, die andere nicht übernommen haben, wahrgenom-
men und haben den Flugverkehr auf diese Art und Weise
überhaupt erst wieder in Gang gebracht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auch das muss man in dieser Situation deutlich sa-
gen. Insofern ist die Bemerkung der Vereinigung Cock-
pit nicht kleinzureden. Das sind Kolleginnen und Kolle-
gen der Piloten, die schon genau wissen, worüber sie
reden und was sie anzumerken haben. Dazu eine Fest-
stellung: Ein Pilot, der sich in einer solchen Situation
verweigert, ist möglicherweise seinen Job los.


(Torsten Staffeldt [FDP]: Na ja!)


Nicht der Pilot weist darauf hin, sondern seine Vereini-
gung spricht für ihn. Ich nehme das sehr ernst.

Insgesamt haben wir schwierige Tage hinter uns. Ei-
nes müssen wir daraus lernen: Der Minister muss bei der
Aufarbeitung, die er vor sich hat, eines beherzigen: Er
muss dafür sorgen, dass es in dieser Frage klare Kom-
mandostrukturen gibt. Es hat sie nicht gegeben; sie müs-
sen hergestellt werden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)







(A) (C)



(D)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703602800

Marlene Mortler hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1703602900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Als letzte Rednerin stelle ich fest: Alle sind
zufrieden und glücklich,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Bis auf Herrn Beckmeyer!)


nur die SPD befindet sich offensichtlich noch in der
Krise. Sie stehen mit Ihren Ausführungen alleine da.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Na ja! – Florian Pronold [SPD]: Wie war das mit dem Zuhören?)


Ein Dank tut immer gut und Lob allemal. Sehr geehrter
Herr Verkehrsminister, von mir persönlich, aber auch
vom Tourismusausschuss des Deutschen Bundestages
ein großes Dankeschön.

Ich möchte auf eine TED-Umfrage von n-tv eingehen.
Die Frage lautete: Hat der Bundesverkehrsminister beim
Krisenmanagement eine gute Figur gemacht?


(Florian Pronold [SPD]: Also doch der Lorbeerkranz!)


Die Antwort: 83 Prozent der Befragten haben Ja gesagt,
und 17 Prozent haben Nein gesagt.


(Florian Pronold [SPD]: Wie oft haben Sie angerufen? – Gegenruf der Abg. Daniela Raab [CDU/CSU]: Öfter als Sie!)


83 Prozent haben gesagt, er macht als Krisenmanager
eine gute Figur und


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


er hat einen klaren Kopf bewahrt!


(Florian Pronold [SPD]: Soll er per TED die Krise bewältigen?)


Unser Minister hat nicht im luftleeren Raum entschie-
den. Er ist immer auf Sicht gefahren.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das war es doch gerade!)


Heute wurde der Luftraum wieder geöffnet.

Wäre es anders gelaufen, hätte er nicht so verantwor-
tungsvoll gehandelt, dann wären Sie doch die ersten ge-
wesen, die sich darüber beschwert hätten, dass der Mi-
nister unverantwortlich handelt. Das, was Sie heute von
sich geben, ist teilweise abenteuerlich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich erinnere an letzten Freitag, an dem es ein absolu-
tes Flugverbot gab. Als wirtschaftlich denkender
Mensch erinnere ich auch daran, dass gemessen am Wert
immerhin 40 Prozent unserer Warenlieferungen über den
Flugverkehr abgewickelt werden. Das zeigt: Sicherheit
hat einen hohen Preis. Zeitweise sind 250 000 Touristen,
die eine Pauschalreise gebucht hatten, gestrandet.

Ich möchte darauf hinweisen, dass unsere deutschen
Reiseveranstalter vorbildlich gearbeitet haben. Sie haben
sich um die Menschen, die nicht direkt nach Hause ge-
langen konnten oder nicht direkt zu ihren Urlaubsorten
gebracht werden konnten, gekümmert. Sie haben sie mit
Hotelzimmern, Essen und Trinken versorgt. All das ist
nicht selbstverständlich.

Wir alle brauchen Urlaub. Ich versetze mich einmal in
die Stimmung eines Urlaubers. Der eine sagt: Mein Ur-
laub war schön, aber ich freue mich, wieder zu meiner
Familie oder in meinen Betrieb zurückzukehren.


(Burkhard Lischka [SPD]: Das ist doch nicht das Thema der Debatte!)


Ein anderer sagt: Mein Urlaub wird schön, ich habe ihn
verdient, aber leider hat es nicht funktioniert.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Und?)


In dieser beispiellosen Ausnahmesituation ist von der
Tourismuswirtschaft Bemerkenswertes geleistet worden.
Es gab eine einzigartige Rückholaktion. Ich wiederhole
gern das Lob und den Dank an alle Behörden im Land,
die sich durch ihre Bemühungen im In- und Ausland ver-
dient gemacht haben. Warum? Weil die Hilfe meist über
die gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen hin-
ausgegangen ist.

Ich möchte an dieser Stelle eines klarstellen. Reisever-
anstalter sind im Falle höherer Gewalt nicht verpflichtet,
höhere Übernachtungs- oder Beförderungskosten allein
zu übernehmen. Trotzdem haben sie mit ihrem Personal
vor Ort so gut es ging geholfen.

Gleich im Anschluss an diese Aussprache, um
15 Uhr, werden wir uns aus aktuellem Anlass im Touris-
musausschuss mit allen wichtigen Akteuren der Touris-
musbranche, der Fluggesellschaften, der Flughäfen
– auch der Verbraucherzentrale Bundesverband wird da-
bei sein –, mit Vertretern der Bundesregierung, der Rei-
severanstalter und der Reisebüros zusammensetzen, um
intensiv darüber zu beraten, was ist bzw. was kommen
muss.

Noch ein Punkt. Ich nutze die Gelegenheit, kurz zum
Thema Pauschalreise und Pauschalreiserichtlinie zu
sprechen. Lange Zeit galt die Pauschalreise als Auslauf-
modell. Aber gerade jetzt haben unsere Urlauber er-
kannt, wie wichtig es ist, dass man einen deutschsprachi-
gen Ansprechpartner in dem jeweiligen Reiseland hat,
dass man rund um die Uhr immer wieder über die aktu-
elle Situation informiert wird und dass die eigene Reise
von anderen im wahrsten Sinne des Wortes neu organi-
siert wird.


(Florian Pronold [SPD]: Das hat Herr Ramsauer auch gemacht!)


Es war teilweise ein Wettlauf mit der Zeit, als unsere
leidgeplagten deutschen Touristen über noch offene
Flughäfen oder teilweise per Schiff von Inseln im Mittel-
meer oder im Atlantik aufs südeuropäische Festland ge-





Marlene Mortler


(A) (C)



(D)(B)

bracht und anschließend mit Bussen nach Deutschland
zurückgebracht wurden.

Noch einmal zur Pauschalreiserichtlinie. Diese EU-
Richtlinie wird im Moment überarbeitet. Über sie wird
heftig diskutiert. Ich sage aus deutscher Sicht ganz klar:
Wir brauchen keine Überarbeitung. Wir brauchen auch
keine Vollharmonisierung. Diese Richtlinie muss weiter-
hin von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umge-
setzt werden. Warum? Weil das deutsche Schutzniveau
wesentlich höher ist als das europäische Schutzniveau.
Wir wollen dieses hohe Niveau beibehalten. Hier haben
wir den Verbraucherzentrale Bundesverband und andere
wichtige Akteure an unserer Seite.

Ich komme zum Schluss.


(Florian Pronold [SPD]: Das ist gut!)


Es ist wichtig, noch einmal festzuhalten, dass wir höchs-
tes Interesse an einer schnellen Normalisierung im Be-
reich der fluggebundenen Reisen und im Bereich des
fluggebundenen Urlaubsverkehrs haben. Wir kennen die
wirtschaftlichen Folgen. Der Schaden – das wissen wir –
ist schon groß genug. Deshalb wünsche ich mir von gan-
zem Herzen, dass der Tourismus schnell wieder auf Tou-
ren kommt.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Was will uns diese Rede sagen?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603000

Damit schließe ich die Aussprache.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwürfe zur Ände-
rung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und
zur Schaffung eines nationalen Stipendienpro-
gramms.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung,
Frau Dr. Annette Schavan.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Kabinett hat in seiner heutigen Sitzung einige Maß-
nahmen zur Weiterentwicklung und Stärkung der Bil-
dungs- bzw. Studienfinanzierung verabschiedet.

Eine dieser Maßnahmen ist: Nachdem viele Jahre da-
rüber diskutiert worden ist, wollen wir in Deutschland
eine dritte Säule der Studienfinanzierung ermöglichen
und so eine Stipendienkultur in Deutschland aufbauen.
Das ist im Koalitionsvertrag vereinbart und basiert auf
Erfahrungen, die damit an Hochschulen in Nordrhein-
Westfalen gemacht wurden.

Es geht um eine Stipendienkultur, die das Zusammen-
spiel öffentlicher und privater Investitionen ermöglicht.
Jeder Euro, der von einer Hochschule für Stipendien ein-
gesammelt wird, wird durch einen zweiten Euro der öf-
fentlichen Hand ergänzt, hälftig vom Bund und dem je-
weiligen Land finanziert. Erstmals werden Stipendien in
Deutschland eltern- und überhaupt einkommensunab-
hängig vergeben: 300 Euro pro Monat. Es geht um Sti-
pendien, die mit ins Ausland genommen werden können.
Diese Stipendien werden an jene vergeben, die von ihrer
Leistung her dafür infrage kommen. Wir haben dies sehr
bewusst mit einem Leistungsbegriff verbunden, der
nicht an Noten gekoppelt ist, sondern weit gefasst ist,
wie wir das auch aus der Begabtenförderung in Deutsch-
land kennen.

Wir wollen mit dem Aufbau dieser dritten Säule – ne-
ben BAföG und Bildungskrediten – erreichen, dass Bil-
dungsbarrieren weiter abgebaut werden und die finan-
zielle Ausstattung der Studierenden besser wird. Wir
haben über einen langen Zeitraum hinweg die Erfahrung
gemacht – das ist der Hintergrund –, dass lediglich 2 bis
3 Prozent der Studierenden in Deutschland über eines
der zwölf Begabtenförderungswerke ein Stipendium be-
kommen. Das ist international gesehen eine weit unter-
durchschnittliche Größe. Die zweite relevante Größe ist,
dass der Anteil der privaten Investitionen im Bereich
Bildung in Deutschland mit 15 Prozent weit unter dem
OECD-Schnitt liegt, der bei 27 Prozent liegt. Alle gro-
ßen Forschungs- und Wissenschaftsnationen haben deut-
lich höhere Anteile: über 60 Prozent.

Das Stipendium – ich habe es schon gesagt – kann mit
ins Ausland genommen werden. Wenn es um Leistung
geht, kann eine Hochschule entscheiden, besondere
Leistungen, die zum Studium hingeführt haben, zu be-
rücksichtigen. Wir wünschen uns, durch diese gezielte
Maßnahme den Anteil der Studierenden aus Migrations-
familien zu erhöhen.

Ein letzter Satz zum Stipendienprogramm: Es wird
immer wieder gefragt, warum Stipendien für eine
Gruppe gegeben werden sollen, die eigentlich sowieso
schon gut gestellt ist, weil sie im Zweifelsfall aus ein-
kommensstarken oder bildungsnahen Familien kommt.
Ich glaube, dass wir drei verschiedene Tatsachen aus-
einanderhalten müssen:

Die erste Tatsache: Wir haben in Deutschland seit
Jahrzehnten einen zu geringen Anteil Studierender aus
einkommensschwachen und bildungsfernen Familien.
Die Begabtenförderungswerke verzeichnen einen ent-
sprechend niedrigen Anteil, der sich analog zu dieser
Entwicklung verhält. Was wir brauchen, sind Anreize,
auch im Bereich der Bildungsfinanzierung, um weitere
Hürden abzubauen. Die Erfahrungen, die man zum Bei-
spiel an den Universitäten in Duisburg und Bochum ge-
macht hat, also in strukturschwachen Regionen, zeigen,
dass das gelingt und dass dadurch der Anteil derer, die
bislang keinen Zugang zur Hochschule gefunden haben,
erhöht werden kann.

Der zweite Punkt ist die Weiterentwicklung des
BAföG. 2008 haben wir nach einer Reihe von Jahren
eine kräftige Erhöhung vorgenommen. Damit sind wir
wieder in einen Prozess eingestiegen, den ich für ganz
bedeutsam halte. Das Bundesausbildungsförderungsge-





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) (C)



(D)(B)

setz lebt von der kontinuierlichen Weiterentwicklung
entsprechend der Entwicklung der Lebenshaltungskos-
ten einerseits und der Nettoeinkommen andererseits. Sie
wird festgemacht an den Indikatoren, die hierfür bedeut-
sam sind. Wir wollen erstens den Kreis derer, die mit
BAföG gefördert werden, erweitern, deshalb die Erhö-
hung des Freibetrages um 3 Prozent. Wir haben jetzt im
Jahresdurchschnitt rund 330 000 Studierende und
200 000 Schüler, die BAföG bekommen. Wir können da-
von ausgehen, dass sich mit dieser Erhöhung der Freibe-
träge der Kreis derer, die gefördert werden, bis zum
Ende des nächsten Jahres um – geschätzt –
60 000 Personen erhöhen wird. Damit sind wir an der
600 000er-Grenze, was das BAföG angeht. Zweitens
werden wir den Fördersatz um 2 Prozent erhöhen. Das
bedeutet, dass der Höchstfördersatz künftig bei 670 Euro
im Monat liegen wird.

Ein dritter Punkt ist wichtig – das ist ein ganzes Paket
weiterer Modernisierungsmaßnahmen –: Wir passen
konkrete Regelungen an konkrete Veränderungen von
Studienverläufen, Studienstrukturen und Lebensverläu-
fen an. Dazu gehört die Anhebung der Altersgrenze von
30 auf 35 Jahre für das Masterstudium. Dazu gehört
auch – das ist ein ganz wichtiger Punkt – der Wegfall der
Dreijahresgrenze zwischen Abitur und Studiumsauf-
nahme oder Einsetzen einer Familienphase, die einge-
halten werden musste, um später bei Überschreitung der
Altersgrenze wegen Kinderbetreuung trotzdem noch
BAföG-berechtigt zu sein. Eine Frau, die erst nach vier
oder fünf Jahren nach dem Abitur Kinder bekommen
und betreut und dann erst nach Überschreiten der Alters-
grenze mit dem Studium begonnen hat, konnte bislang
nicht durch BAföG gefördert werden. Dieser Punkt be-
trifft also unmittelbar die Vereinbarkeit von Familie und
Studium. Schließlich gehört die Möglichkeit dazu, dass
Auszubildende BAföG erhalten können, wenn sie im
Ausland sind. Wir wollen ja, dass nicht nur Studierende
ins Ausland gehen, sondern auch andere Auszubildende.
Dies sind ein paar Änderungen, die der konkreten Ent-
wicklung von Lebensentwürfen und Studienstrukturen
gerecht werden.

Das sind die wesentlichen Aspekte. Es handelt sich
um Maßnahmen, die es insbesondere den Studierenden
ermöglichen, ihre Studien besser zu finanzieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603100

Die erste Frage ist die des Kollegen Kai Gehring.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, ich

möchte eingangs darauf hinweisen, dass wir Grüne nicht
Nein zu Stipendien sagen, aber wir sagen klar Nein zu
diesem nationalen Stipendienprogramm, da es die fal-
sche Priorität setzt und ungerecht ist.

Ich wüsste von Ihnen gerne – Sie haben davon ge-
sprochen, eine Stipendienkultur schaffen zu wollen –,
wie es dazu kommt, dass diese Stipendienkultur schon
zum Erliegen kommt, noch bevor sie geschaffen wird.
Die vorgesehenen Mittel für dieses Programm sind of-
fenbar halbiert worden. Dies sieht man, wenn man den
Referentenentwurf, der wenige Wochen alt ist, mit dem,
was heute im Kabinett beschlossen worden ist, ver-
gleicht. Wie kann es sein, dass im Entwurf des Stipen-
dienprogramm-Gesetzes vorgesehene Mehrausgaben in
2013 in Höhe von 160 Millionen Euro angesetzt werden,
während es im Referentenentwurf noch 300 Millionen
Euro waren, und dass Bund und Länder nicht jeweils
150 Millionen Euro, sondern 80 Millionen Euro in die
Hand nehmen? Wie kommt es zu dieser Halbierung der
Mittel und zu diesem deutlich langsameren Aufbau? Hat
das zum Beispiel damit zu tun, dass die Wirtschaft Ihr
nationales Stipendienprogramm offensichtlich gar nicht
unterstützen will?

Es wäre mir auch wichtig, dass Sie zur Absage der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Stellung beziehen, die die Finanzierung von Stipendien
nicht als originäre Aufgabe der Unternehmen ansieht.
Könnten Sie bitte erläutern, weshalb die Wirtschaft hier
nicht mitmachen will? Ist Ihr Stipendienprogramm nicht
völlig auf Sand gebaut, wenn die Arbeitgeberverbände
sagen, dass dies nicht ihre originäre Aufgabe ist und dass
sie nicht mit im Boot sind?


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603300

Frau Ministerin.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Sie haben gesagt, das Programm setze die falsche
Priorität und sei ungerecht. Dass ich da anderer Meinung
bin, versteht sich von selbst.


(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Meinung allein reicht nicht! Argumente!)


Nachdem seit so langer Zeit nur 2 bis 3 Prozent ein Sti-
pendium bekommen, sind wir fest entschlossen, dafür zu
sorgen, dass langfristig 10 Prozent ein Stipendium erhal-
ten. Es gibt Debatten über das Tempo und über die
Frage, wer den Hochschulen die entsprechende Admi-
nistration zahlt. Es gibt auch Stellungnahmen aus der
Wirtschaft, die sagen, es sei nicht deren primäre Auf-
gabe. Der Wirtschaft sage ich: Jahrelang ist in Deutsch-
land über Stipendien diskutiert worden, auch in der Wirt-
schaft.

Ich bin allerdings der Meinung: Die erste Gruppe, die
wir ansprechen sollten, sind nicht Unternehmen, sondern
die Ehemaligen. In erfolgreichen Wissenschaftsnationen
gehört es zum Verhalten der Ehemaligen, der Alumni
Clubs, zu helfen. Die Solidarität der Ehemaligen mit den
heute Studierenden ist ein ganz wichtiger Punkt, ist ein
Signal der Zivilgesellschaft. Deshalb ist das die erste
Gruppe, die wir ansprechen werden. Sie können schon
heute in Bonn oder Aachen feststellen, dass man sich an
die Ehemaligen, an den Verein der Ehemaligen, wendet;
darüber kommen Stipendien.

Bezüglich des Tempos sage ich: Auch wenn es jähr-
lich nur 0,5 Prozent mehr sind, ist dieser vergleichsweise





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) (C)



(D)(B)

bescheidene Aufwuchs angesichts der Tatsache, dass
man 60 Jahre lang in Deutschland bei 2 Prozent gelegen
hat, zu begrüßen.

Die Vergabe der Stipendien erfolgt, glaube ich, sehr
gerecht. Ich weiß nicht, was ungerecht daran sein soll,
dass Stipendien möglich werden, die mit Leistung und
nicht mit Herkunft, nicht mit elterlichem Einkommen
verbunden sind und die die Selbstständigkeit des Studie-
renden akzeptieren.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herkunft entscheidet mit!)


Ich bin davon überzeugt, dass das für die Universitäten,
für die Hochschulen insgesamt ein interessanter Impuls
ist, sich gerade für solche Studierende zu interessieren,
die sich hinsichtlich ihrer Finanzsituation und Herkunft
schwertun.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603400

Der Kollege Kretschmer.


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1703603500

Frau Bundesministerin, Sie haben die Erhöhung der

Bedarfssätze bzw. der Regelsätze und der Freibeträge
beim BAföG angesprochen, die deutlich über das hi-
nausgeht, was dem BAföG-Bericht zufolge als notwen-
dig erachtet wird. Vielleicht können Sie einmal darstel-
len, warum dieser Schritt notwendig ist und aus welchen
Gründen die Bundesregierung deutlich über die Forde-
rungen des BAföG-Berichts hinausgeht, wodurch sie in
Zukunft viel mehr jungen Leuten die Chance eröffnet,
BAföG zu beziehen.

Das Zweite. In der Diskussion über das Stipendienmo-
dell, das ich für richtig halte, ist davon die Rede, dass es
an den Hochschulen ganz unterschiedliche Voraussetzun-
gen gibt und dass vor allen Dingen Hochschulen in wirt-
schaftlich schwierigen Regionen Probleme befürchten.
Vielleicht können Sie einmal deutlich machen, welche
Maßnahmen geplant sind, um eine Unwucht zugunsten
wirtschaftlich starker Regionen und zulasten wirtschaft-
lich schwacher Regionen zu verhindern.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603600

Frau Ministerin, bitte.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Zu Ihrer ersten Frage. In der Tat weisen die maßgebli-
chen statistischen Daten und Prognosen im BAföG-Be-
richt rechnerisch den Bedarf nur für eine etwas geringere
Erhöhung aus. Wir haben gesagt: Die jetzige Erhöhung
muss eine Zeit lang halten. Das heißt, sie greift der Wei-
terentwicklung, die im nächsten Jahr ansteht, vor. Ange-
sichts der erfreulichen Entwicklung, dass im Studien-
jahr 2009 43,3 Prozent eines Jahrgangs ein Studium
begonnen haben, war uns auch wichtig, ein starkes Zei-
chen zu setzen, dass wir die Studierbereitschaft positiv
zur Kenntnis nehmen und diesen positiven Trend stabili-
sieren wollen.
Zu Ihrer Frage nach den strukturschwachen Regionen.
Sobald der Gesetzentwurf verabschiedet ist, werden wir
uns mit den konkreten nächsten Schritten befassen. Im
Gesetz ist schon jetzt geregelt, dass wir uns die Situation
nach drei Jahren anschauen werden; auf Neudeutsch
nennt man dies Evaluation. Dann werden wir überprüfen:
Ist das Erreichte ausreichend? Sind strukturfördernde
Maßnahmen notwendig? Ich glaube, es wäre nicht gut,
schon jetzt von einem Finanzausgleich zu sprechen, weil
diese Maßnahmen nicht länderspezifisch, sondern hoch-
schulspezifisch sind.

Wenn es gelingt, im Hinblick auf das Sponsoring von
Stipendien zuerst die Gruppe der Ehemaligen anzuspre-
chen, dann werden auch die Unternehmen vor Ort keine
so relevante Rolle mehr spielen. Hier müssen wir zuerst
Erfahrungen sammeln und dann überprüfen, wie sich die
Dinge entwickelt haben. Zeigt sich in den ersten Jahren
eine offenkundige Benachteiligung strukturschwacher
Regionen, müssen wir uns erneut mit diesem Thema be-
schäftigen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603700

Die nächste Frage stellt der Kollege Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703603800

Frau Ministerin, ich möchte an die Ausführungen des

Kollegen Gehring anknüpfen. Ich habe den Eindruck,
dass in Bezug auf das Stipendiensystem sehr viele Frage-
zeichen von Ihnen selbst in den Raum gestellt werden,
von der Evaluation nach drei Jahren bis hin zum Wechsel
der Zielgruppe von Unternehmen zu Alumni. Sie haben
sich positiv dahin gehend geäußert, dass man mithilfe ei-
nes Leistungsgesetzes BAföG rund 60 000 zusätzliche
Studierende aus der unteren Mittelschicht bzw. der Mit-
telschicht insgesamt gewinnen kann.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Weshalb mei-
nen Sie, dass es wichtiger ist, an der Entwicklung eines
Stipendiensystems zu arbeiten, statt deutlich mehr Geld
in die Förderung der Studierenden aus der unteren Mit-
telschicht bzw. der Mittelschicht insgesamt durch eine
viel stärkere Erhöhung der Freibeträge zu investieren?
Dies ließe sich gesetzlich klar und ohne großen Verwal-
tungsaufwand regeln, und das Geld käme bei der Ziel-
gruppe, die wir für ein Studium zusätzlich materiell absi-
chern wollen, sicher an. Stattdessen wollen Sie sich aber
lieber auf ein sehr unsicheres Stipendiensystem einlas-
sen, das mit vielen Fragezeichen, die Sie sogar selbst set-
zen, verbunden ist.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703603900

Frau Ministerin.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Ich setze keine Fragezeichen. Ich sage: Wer eine völ-
lig neue Entwicklung in Gang setzt, der muss – eine Re-
form lediglich durchzuführen, reicht nämlich nicht –
auch wissen, wie er den Prozess der Umsetzung beglei-
tet, wie ein Reformprozess organisiert ist. Dazu gehört,
nach einigen Jahren zu überprüfen: Sind die Erwartun-





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) (C)



(D)(B)

gen erfüllt? Wo tauchen Schwierigkeiten auf? Was muss
im Zweifelsfall korrigiert werden?

Hätte man das bei jeder bildungspolitischen Reform
in Deutschland berücksichtigt, wäre manche Reform an-
ders gelaufen. Ich sage nur: Bologna-Prozess.

Jetzt bestehe ich auf Folgendem: Wir entschließen
uns nicht nur, das zu tun, sondern begleiten diesen Pro-
zess so, dass unser Ziel auch erreicht wird.

Die zweite Frage bezog sich darauf, warum ich nicht
nur auf das BAföG setze. Das tue ich deshalb nicht, weil
es ziemlich altmodisch ist, ausschließlich auf das BAföG
abzustellen. An den interessanten Universitäten um
Deutschland herum bewerben sich junge Leute – übri-
gens auch aus Deutschland – um ein Stipendium. Das ist
doch Ausdruck ihres Selbstbewusstseins. Dort werden
sie unabhängig vom Einkommen der Eltern behandelt.

Außerdem gibt es in dem Ganzen einen zutiefst sozia-
len Aspekt. Ich möchte einmal die Erhöhung von Freibe-
trägen und Förderbeträgen sehen, die notwendig wäre,
um zu einem Plus von 300 Euro im Monat zu kommen.
Das ist eine völlig illusorische Vorstellung. Mit dem zu-
sätzlichen Stipendium gibt es aber die Möglichkeit,
selbst beim Bezug des BAföG-Höchstsatzes in Höhe von
künftig 670 Euro noch einmal 300 Euro dazuzubekom-
men. Das ist die beste Studienfinanzierung gerade für
Studierende aus einkommensschwachen Familien, die es
in Deutschland je gegeben hat.

Deshalb ist dies nicht nur ein interessantes Projekt im
Hinblick auf Leistungsförderung, sondern vor allen Din-
gen auch ein sozial zutiefst gerechtes und interessantes
Projekt, das mit keiner Erhöhung des BAföG hätte reali-
siert werden können.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Wissenschafts-
standort Deutschland sonst bald der einzige in der Welt
ist, in dem es keine Hochschulen gibt, die auch Stipen-
dien vergeben können, und zwar – das sage ich aus-
drücklich – eben nicht nur an Angehörige bestimmter
Berufsgruppen, also nicht nur an angehende Ingenieure
oder Physiker, und nicht nur von einem Unternehmen,
von dem zur Bedingung gemacht wird, dass der Absol-
vent dann aber auch zu ihm kommt, sondern in der gan-
zen Breite der Fächer.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703604000

Kollege Meinhardt, Sie haben eine Frage.


Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1703604100

Frau Ministerin, in Ergänzung dessen, was Sie gerade

angesprochen haben – ein ganz bewusstes Ziel der
BAföG-Modernisierung verbunden mit dem nationalen
Stipendienprogramm ist die soziale Dimension, Stich-
wort: Schließen einer Gerechtigkeitslücke –, frage ich
Sie erstens: Stimmen Sie an dieser Stelle mit der Formu-
lierung überein, dass wir hier durchaus von einer Trend-
wende sprechen können? Statt derzeit 1,9 Prozent der
Studierenden sollen künftig 10 Prozent der Studierenden
mit einem Stipendium ausgestattet sein.
Zweitens erscheint mir an dieser Stelle auch Folgen-
des wichtig: Würden Sie in diesem Zusammenhang bitte
noch einmal darstellen, wie der Begabungsbegriff bzw.
der Förderbegriff gerade bei diesem nationalen Stipen-
dienprogramm auszulegen ist, damit von der Zielrich-
tung her auch klar wird, dass es sich um ein sozial funda-
mentiertes System handelt?


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703604200

Frau Ministerin, bitte.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Das ist in der Tat eine Trendwende oder jedenfalls die
Chance bzw. der Impuls zu einem ganz neuen Instru-
ment der Studienfinanzierung, das es in 60 Jahren Bun-
desrepublik Deutschland nicht gegeben hat und mit dem
wir etwas ermöglichen, was in vielen anderen Wissen-
schaftsgesellschaften üblich ist, nämlich dass die Zivil-
gesellschaft Hochschulen und Studierende unterstützt.
Die großen Universitäten, von denen wir immer schwär-
men, leben allesamt einschließlich der Stipendien nicht
zu 100 Prozent vom Staat, sondern sind finanziell so
stark, weil sie einen Mix aus Zuwendungen des Staates
und der Zivilgesellschaft erhalten.

Meines Erachtens gibt es keinen Grund, in Deutsch-
land immer noch zu sagen: Aber die Zivilgesellschaft
darf auf gar keinen Fall irgendetwas geben wollen, weil
das ja zu einem Rückzug des Staats führt. – Nein! Die
Investition des Staates soll so erfolgen, dass sie weitere
Investitionen der Zivilgesellschaft mobilisiert. Das halte
ich für den Clou. Hierbei handelt es sich um das Neue.

Das Ganze ist natürlich auch – da komme ich noch
einmal auf die Opposition zu sprechen – wie bei jedem
Thema in Deutschland willkommener Anlass, zu sagen:
Das haben wir ja noch nie gehabt. Weil wir das noch nie
gehabt haben, kann es überhaupt nicht klappen. Und
wieso komme ich dazu, irgendeinem Studenten ein Sti-
pendium zu geben?

Bildungsrepublik Deutschland heißt dann irgendwann
auch, dass derjenige, der studiert hat und heute gut ver-
dient, die 150 Euro abführt. Das ist die beste Wertschät-
zung von Studierenden und jungen Akademikern, die
wir uns denken können.

Ihr zweiter Punkt war der Begabungsbegriff. Im Ge-
setzentwurf ist die Rede von Begabung und Leistung. In
mehreren Zeilen ist eigens beschrieben, dass damit keine
Gleichsetzung mit den Noten gemeint ist, sondern dass
der Begabungsbegriff breit angelegt ist, bis hin zur Wür-
digung der Lebensleistung. Natürlich kann eine Univer-
sität sagen: Wir haben das Ziel, den Anteil derer, die aus
Familien mit Migrationshintergrund kommen, deutlich
zu erhöhen, wir setzen hier einen Schwerpunkt, wir su-
chen junge Leute, die, auch wenn sie vielleicht aus
schwierigen Verhältnissen kommen, den Sprung zum
Studium anstreben, und wollen ihnen ein klares Signal
geben, dass wir sie bei diesen Bemühungen über die bis-
herigen Möglichkeiten hinaus unterstützen.






(A) (C)



(D)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703604300

Die nächste Frage stellt Kollegin Hein. So lange, bis

ihr Mikro angeht, möchte ich – nur dass keine Nervosität
aufkommt – sagen: Wir haben eine Liste von Fragenden,
die wahrscheinlich für zwei Stunden reichen würde. Wir
haben versucht, darüber nach Gerechtigkeit, nach der
Reihenfolge der Meldungen und nach anderen Kriterien
zu entscheiden.


Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703604400

Vielen Dank. – Frau Ministerin, was wir heute zum

nationalen Stipendienprogramm zu hören bekommen ha-
ben, hat dazu beigetragen, dass ich noch mehr verunsi-
chert bin, als ich schon vorher war. Ich habe das Gefühl
bekommen, dass Sie nicht wirklich wissen, wovon Sie
reden, und auch nicht wirklich daran glauben, dass die-
ses Stipendienprogramm funktioniert.

Wenn Sie jetzt – anders als in der Vergangenheit – sa-
gen, dass die Ehemaligen bitte schön den privaten Anteil
stellen möchten, muss ich sagen: Ich finde das einiger-
maßen seltsam, und das steht auch im Widerspruch zu
dem, was Sie bisher angekündigt haben. Ich denke, Sie
betreiben Schönrederei. Man braucht, um studieren zu
können, erst ein Stipendium. Heutzutage funktioniert die
Studienfinanzierung hauptsächlich über BAföG. Genau
da kommt das Leistungsstipendium gar nicht an, es
kommt ja erst hinten drauf.

Meine Frage betrifft aber noch etwas anderes. Sie ha-
ben angedeutet – ich würde Sie bitten, darauf noch ein-
mal genauer einzugehen –, dass Sie anknüpfen wollen an
das Stipendienprogramm, das es in NRW schon gibt. Es
ist allerdings nachgewiesen, dass dieses Stipendienpro-
gramm vor allem diejenigen erreicht, die Mathematik,
Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften stu-
dieren. Ich würde gerne wissen, wie Sie es erreichen
wollen, dass diese Stipendien – wenn sie denn überhaupt
gezahlt werden und wenn sie denn von jemandem entge-
gengenommen werden können – auch denjenigen zugu-
tekommen, die Fächer studieren, die keine solchen Fi-
nanziers hinter sich haben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703604500

Frau Ministerin, bitte.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Ich möchte zunächst zu Ihrer Behauptung, dass ich
anders rede als am Anfang der Überlegungen zu diesem
Stipendienprogramm, sagen, dass das nicht meiner Erin-
nerung entspricht.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber unserer!)


Für mich ist immer klar gewesen: Zur Zivilgesellschaft
können Unternehmen gehören, zur Zivilgesellschaft kön-
nen Vereine gehören, zur Zivilgesellschaft können Rotary
Clubs gehören. Ich sage ausdrücklich: Zur Zivilgesell-
schaft gehören auch die Ehemaligen. Dass ich das schon
immer gedacht habe, können Sie daran sehen, dass ich
schon ganz zu Beginn des Programms in NRW ein Sti-
pendium gespendet habe. Wenn ich die Ehemaligen nicht
im Blick gehabt hätte, wäre ich doch nicht auf diese Idee
gekommen. Wir wissen alle, dass wir Akademiker brau-
chen. Das wird aber nur dann etwas, wenn diejenigen, die
über entsprechende Möglichkeiten verfügen, dazu etwas
beisteuern.

Das hängt im Übrigen auch von der einzelnen Hoch-
schule ab. Ich weiß, dass in NRW die RWTH Aachen
eine besonders hohe Anzahl von Stipendiaten hat; ich
habe letzte Woche mit dem Rektor darüber gesprochen.
Dass die Stipendiaten Mathematik und Ingenieurswis-
senschaften studieren, ist wohl wahr. Die Vergabe der
Stipendien erfolgt aber nicht zentral, und der Fokus liegt
nicht nur darauf, dass Unternehmen künftige Mitarbeiter
kennenlernen. Damit ist die Möglichkeit gegeben, dass
Studenten aller Fächergruppen tatsächlich eine Chance
bekommen. Wer ein Stipendium bekommt, entscheidet
sich aber vor Ort, und darauf nehmen wir keinen Ein-
fluss. Ich bin davon überzeugt, das wird ähnlich sein wie
bei den 13 Begabtenförderungswerken: Da gibt es kein
Schwergewicht bei dieser oder jener Gruppe, sondern
Studenten aller Fachbereiche haben die Chance, in die
Begabtenförderung zu kommen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703604600

Krista Sager.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703604700

Frau Ministerin, wenn die Hochschulen private Mittel

jetzt bei ihren Alumni eintreiben sollen, dann kommt auf
die Hochschulen erheblicher Aufwand zu. Es stellt sich
die Frage, wie dieser Verwaltungsaufwand kompensiert
werden soll.

Zu meiner zweiten Frage. Die meisten Hochschulen
haben heute sehr gute Kontakte zu ihren Alumni. Das
gilt aber in Bezug auf ihre eigenen Vorhaben, die für sie
Priorität haben. Da ja nicht zu erwarten ist, dass die
Alumni jetzt einfach etwas obendrauf legen, entziehen
sich die Hochschulen durch diese Aktivitäten im Grunde
selber Mittel, die sie für etwas anderes eingeplant haben,
nämlich das Geld von ihren Alumni für eigene Zwecke.
Auf der anderen Seite ist zu bedenken: Die Anzahl ver-
mögensstarker Alumni in Hamburg und in Cottbus ist
mit Sicherheit sehr unterschiedlich.

In diesem Kontext frage ich: Wieso glauben Sie ei-
gentlich, dass Sie die Hochschulen dazu bewegen kön-
nen, das Ganze mitzumachen? Wie wollen Sie damit
umgehen, dass möglicherweise gerade dort Mittel einge-
trieben werden, wo sie gar nicht am nötigsten sind? Am
nötigsten sind sie doch wahrscheinlich dort, wo es viele
Studierende aus strukturschwachen Gebieten gibt, die
kaum die Möglichkeit haben, dort Stipendien zu bekom-
men.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Zu Ihrer ersten Frage. In dem Maße, wie dieses Sys-
tem angenommen wird, werden wir auch über die Kos-
ten für die Hochschulen sprechen müssen. Das wird
beim Gespräch mit den Ländern jetzt ein Thema sein.





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) (C)



(D)(B)

Ich habe einzelnen Rektoren gegenüber auch schon ge-
sagt, dass wir dort einen Weg finden werden. Das geht
nicht zum Nulltarif.

Zweitens. Denjenigen, die jetzt so argumentieren,
dass sich eine Universität, die Stipendien einwirbt, ja
Geld für anderes wegnimmt, sage ich aber auch – das
sage ich jetzt etwas lapidar –: Dann soll diese Universität
entscheiden, dass sie das nicht mitmacht. – Es wird nie-
mand gezwungen; keine Universität wird gezwungen,
sich daran zu beteiligen. Es ist eine Möglichkeit, es ist
ein Angebot, es ist ein Anreiz. Es ist eine Chance, Geld
für Bildung und Studium zu mobilisieren.

Ich kann gut verstehen, dass sich bei etwas, das es
noch nicht gibt, erst einmal viele Fragen stellen. Ich rate,
die Entscheidung innerhalb einer Hochschule zu treffen:
Beteiligen wir uns sofort? Warten wir ab? Schauen wir,
wie die Erfahrungen anderer sind? – Am 11. Mai 2010
werde ich die Hochschulrektorenkonferenz besuchen
und dann auch all diese Detailfragen mit den Präsidenten
und Rektoren diskutieren.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Detailfragen? Es ist doch keine Detailfrage, ob die Hochschulen mitmachen! Das ist ja unglaublich!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703604800

Frau Kollegin Burchardt.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703604900

Frau Ministerin, anknüpfend an Ihre Aussage, das Sti-

pendienprogramm sei das große bildungspolitische Re-
formprogramm, möchte ich sagen: Man hat auf der Basis
der Fakten sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch im
Ausland eher den Eindruck: Das hat die Ansätze eines
Bürokratieaufbauprogramms, sodass die Frage danach
gestellt wird, wer für die Kosten aufkommt.

Sie haben geraten, den Blick nach Großbritannien zu
richten. Ist Ihnen bekannt, dass in Großbritannien die
Akquisitionskosten ein Drittel der eingeworbenen Mittel
betragen? Hier in Deutschland würden bei den vorgese-
henen 300 Millionen Euro von privaten Stipendienge-
bern diese Akquisitionskosten 100 Millionen Euro betra-
gen. Sie haben aber nur 30 Millionen Euro angesetzt –
basierend auf den Erfahrungen der Begabtenförderungs-
werke. Dort muss aber keine Akquise betrieben werden.

Diejenigen, die in den nordrhein-westfälischen Uni-
versitäten für die Stipendien verantwortlich sind, sagen
mir, dass hier laufend große Verwaltungsaufgaben auf
die Universitäten zukommen. Es geht dabei um Umzüge,
es geht darum, dass sich Konten ändern, usw. Das ist
kein einmaliger Aufwand, sondern ein dauerhafter Auf-
wand.

Ob ich die Zahlen von Großbritannien übertrage oder
die von der Universität Duisburg-Essen hochrechne, die
beim Einwerben von Stipendien sehr erfolgreich war:
Man kommt zu dem Ergebnis, dass über 2 000 volle
Stellen zusätzlich notwendig wären. Das würde, egal wie
und von welcher Basis aus man rechnet, einen Ge-
samtaufwand von 100 Millionen Euro bedeuten. Das
sind 70 Millionen Euro mehr als das, was Sie in dem Ge-
setzentwurf veranschlagt haben.

Können Sie mehr dazu sagen, außer dass Sie Gesprä-
che führen werden? Das spielt nämlich für die Frage, ob
es sich die Universitäten leisten können, in diesen Büro-
kratieaufbau einzusteigen, schon eine ganz wesentliche
Rolle.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703605000

Frau Ministerin, bitte.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Die nordrhein-westfälischen Universitäten haben ja in
der Tat Erfahrungen. Diese Erfahrungen werden einflie-
ßen. Ich sage zunächst einmal: Die Erstattung von Ver-
waltungskosten ist in allererster Linie Sache des betref-
fenden Landes und nicht des Bundes. Wenn eine völlig
neue Initiative gemeinsam auf den Weg gebracht wird
und sich herausstellen sollte, dass der Verwaltungsauf-
wand höher ist als geplant, dann muss man darüber spre-
chen, wie das finanziert werden soll.

Ich finde das interessant: Erst wird gesagt: „Dabei
kommt ja gar nichts herum“, und dann wird gesagt: Wir
brauchen 100 Millionen Euro, um das Ganze zu verwal-
ten. – Mein Rat lautet, erst einmal zu beginnen. Dann
werden sich mit dem Maß der Attraktivität bzw. mit der
Zahl der Stipendien, die eine Universität zur Verfügung
stellen kann, auch andere Fragen beantworten. Der Bund
hat seine Bereitschaft signalisiert, zusätzliche Investitio-
nen bereitzustellen. Aber dazu müssen zunächst einmal
Erfahrungen gesammelt werden. Wie Sie wissen, hat das
Stipendiensystem in Großbritannien einen ganz anderen
Umfang als alles, worüber wir hier sprechen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703605100

Daniela Kolbe, bitte.


Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1703605200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, ich

möchte an einen Punkt anknüpfen, den Herr Kretschmer
von der Union schon angesprochen hat, nämlich die
mutmaßliche regionale Ungerechtigkeit, die aus meiner
Sicht im Stipendiensystem angelegt ist. Ich frage Sie
konkret: Stimmen Sie mit mir überein, dass der Ver-
dienst von Alumni von der Hochschule bzw. der Art und
Lage der Hochschule, die sie besucht haben, abhängt
und dass auch die Frage, ob eine Universität in einer
wirtschaftlich starken oder schwachen Region liegt, Ein-
fluss darauf haben wird, inwiefern das Stipendiensystem
dort funktioniert und Verwaltungskosten anfallen?

Auf gut Deutsch: Ist es nicht so, dass in der RWTH
Aachen ohne Weiteres ein solches Stipendiensystem im-
plementiert werden kann, während die FH in Zittau bei-
spielsweise mit viel höheren Kosten zu rechnen hat und
viel weniger Geld zur Verfügung haben wird? Ist diese
Unwucht nicht schon im System angelegt? Aus meiner
Sicht müssen wir nicht drei Jahre warten und evaluieren,
um das herauszufinden, was ich gerade beschrieben
habe.






(A) (C)



(D)(B)

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Frau Burchardt hat gerade das erfolgreiche Beispiel
der Universität Duisburg-Essen genannt. Das ist ein
klassisches Beispiel erstens für eine junge Universität,
die zweitens in einer strukturschwachen Gegend liegt.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Das Ruhrgebiet?)


Sie ist keine Technische Universität und hat es leichter
als viele andere. Das ist keine Frage.

Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe. Ich
glaube nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen
dem Einkommen eines Akademikers und der Hoch-
schule gibt, an der er studiert hat. Ob jemand an der TU
in Ilmenau oder in Aachen studiert hat, hat keinen Ein-
fluss auf den Verdienst. Der Verdienst eines Ingenieurs
beispielsweise reduziert sich nicht, wenn er in Ilmenau
studiert hat. Diesen Zusammenhang gibt es nicht.

Sie haben die Alumni angesprochen. Alumni leben in
der Regel nicht im Umfeld ihrer Universität. So leben in
Aachen durchaus auch ehemalige Studierende der Hoch-
schule in Dresden. Zunächst einmal müssen, wie ich be-
reits gesagt habe, Erfahrungen gesammelt werden. Wenn
der Eindruck entsteht, dass das System völlig ungleich-
gewichtig ist, kann überlegt werden, an welcher Stelle
Korrekturen möglich sind. Vorstellbar ist zum Beispiel
ein zentraler Fonds, aus dem ein Ausgleich erfolgt.

Ich rate auch aufgrund der Erkenntnisse aus anderen
Ländern, zunächst einmal Erfahrungen zu sammeln, um
zu erkennen, woher der größte Teil der Stipendien
kommt, die eine Hochschule anbietet. Auch das ist eine
interessante Entwicklung. Wir müssen herausfinden, aus
welchen Quellen die Stipendien finanziert werden. Dann
können wir weitersehen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703605300

Frau Kollegin Alpers, bitte.


Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703605400

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, ich

habe zwei konkrete Fragen: Sie haben gesagt, durch das
Stipendium erfahren wir soziale Gerechtigkeit; Stipen-
dien sind genau der Indikator dafür, dass das nicht von
sozialer Herkunft abhängig ist. – Darüber können wir
nun politisch streiten. Deshalb meine erste Frage: Haben
Sie vorgesehen, dass Sie uns jährlich vorlegen, wer Sti-
pendien bekommen hat und wie die soziale Herkunft
dieser Stipendiaten ist, um tatsächlich einmal belegen zu
können, wie das mit diesen Stipendien sozial strukturiert
ist? Meine Bitte ist also, dass wir das nicht erst nach drei
bis fünf Jahren erhalten, sondern tatsächlich jährlich.

Dann haben Sie gesagt, dass die Ehemaligen die Sti-
pendiaten unterstützen sollten, gar nicht so sehr die In-
dustrie, die Betriebe. Da hätten wir schon soziale Unge-
rechtigkeit; denn in strukturschwachen Regionen besteht
einfach ein Ungleichgewicht. Meine zweite konkrete
Frage: Wen genau wollen Sie ansprechen, und wie wol-
len Sie diese Ehemaligen ansprechen? Ich frage Sie, ob
auch vorgesehen ist, dass diese Liste auch dem Bundes-
tag vorgelegt wird, sodass Ihr Vorgehen transparent
wird.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Es ist nicht vorgesehen, dass dem Bundestag jährlich
ein Bericht vorgelegt wird, an welcher Universität wer
mit welchem sozialen Hintergrund ein Stipendium be-
kommen hat. Wir diskutieren hier manchmal über Büro-
kratieabbau, und ich rate im Sinne des Bürokratieabbaus
sehr, jetzt nicht eine solche Vorstellung zu entwickeln.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie denn dann eine sinnvolle Evaluation machen? Wie wollen Sie Evaluation machen, wenn Sie die Daten gar nicht erheben? Dann müssen Sie doch die Daten erheben!)


– Ja, nach drei Jahren, aber nicht durch einen jährlichen
Bericht.


(Agnes Alpers [DIE LINKE]: Es geht hier um den Nachweis Ihrer Tätigkeit!)


Zweitens. Wir reden hier nicht über ein Stipendien-
system der Bundesregierung,


(Ulla Burchardt [SPD]: Sonst will das doch keiner!)


sondern über ein nationales Stipendiensystem der Uni-
versitäten, der Hochschulen in Deutschland, für das wir
mit diesem Gesetzentwurf einen Vorschlag machen, der
eine Verbindung von Investition aus öffentlichen Mitteln
und privaten Investitionen vorsieht. Nach meiner Auf-
fassung sollten wir hier nicht ein planwirtschaftliches
Verfahren mit ständiger Kontrolle durch Regierung und
Parlament vornehmen;


(Agnes Alpers [DIE LINKE]: Das hat doch gar nichts mit Planwirtschaft, sondern mit Demokratie und Transparenz zu tun!)


vielmehr geben wir dies in die Selbstständigkeit der
Hochschulen. Wir brauchen in diesem Zusammenhang
lediglich die Informationen, die notwendig sind, um für
die weitere Entwicklung dieses Stipendiensystems die
Weichen richtig stellen zu können. Das ist vorgesehen.

Ich halte es auch nicht für richtig, wenn wir nach mei-
ner Rede über die Ehemaligen sie als Alternative zu den
Unternehmen ansehen.


(Agnes Alpers [DIE LINKE]: Das haben Sie selber gesagt!)


Der Begriff, der im Zusammenhang mit dem Engage-
ment Privater verwendet werden sollte, lautet „Zivilge-
sellschaft“. Dazu gehören Einzelne, Verbände, Klubs,
Unternehmen,


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Wirtschaft sagt doch Nein! Die Wirtschaft lässt Sie doch im Regen stehen!)






Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) (C)



(D)(B)

wie auch immer, wie es auch in der Vergangenheit Mä-
zenatentum und Sponsoring für Hochschulen gegeben
hat.


(Ulla Burchardt [SPD]: Was ist denn das für eine Traumwelt?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703605500

Damit haben wir den zeitlichen Rahmen für die Re-

gierungsbefragung voll ausgeschöpft. – Frau Bundes-
ministerin, ich danke Ihnen für die Beantwortung der
Fragen.

Nun rufe ich den Zusatzpunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der SPD

Haltung der Bundesregierung zur Finanzier-
barkeit der FDP-Steuerpläne

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin für die SPD-Fraktion der Kollegin Nicolette Kressl
das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1703605600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir diskutieren heute über Vorschläge der
FDP zu einem weiteren Steuermodell. Unsere Bewer-
tung ist sehr eindeutig: Die Vorschläge der FDP sind
eine fatale Mischung aus Wählertäuschung und Selbst-
betrug.


(Beifall bei der SPD)


Der Selbstbetrug wird gerade in den letzten Tagen
ganz besonders deutlich. Sowohl der Finanzminister als
auch Einzelne aus der Union lassen die FDP am ausge-
streckten Arm regelrecht vertrocknen. Ich will einige
Zitate nennen: Es wird darauf verwiesen, dass es für
Steuersenkungen Spielräume geben muss, und der CDU-
Finanzminister sagt, die vorhandenen Steuerpläne seien
nachrangig. Insofern könnten wir eigentlich diesem ka-
barettreifen Stück auf der Bühne gemütlich zuschauen;
ich will Ihnen aber deutlich sagen: Für dieses Verwirr-
spiel haben wir wenig Verständnis; denn jetzt ist es wirk-
lich Zeit für eine klare Ansage.


(Beifall bei der SPD – Dr. Daniel Volk [FDP]: Die haben wir gemacht!)


Die klare Ansage brauchen wir deshalb, weil wir uns
hier nicht auf einer Schaustellerbühne befinden, sondern
weil wir über Maßnahmen reden, die die Menschen ganz
konkret betreffen würden. Deshalb muss auf den Tisch,
was sich hinter den FDP-Vorschlägen tatsächlich ver-
steckt. Ich will zwei entscheidende Punkte ansprechen.

Erstens. In diesem Konzept steht, dass die FDP die
Gewerbesteuer streichen will. Stattdessen sollen die
Kommunen einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer
erhalten. Es gab dazu die nette Äußerung von Herrn
Westerwelle, den Kommunen das Recht einzuräumen,
einen Hebesatz auf die Umsatzsteuer festzulegen. Dazu
muss ich Ihnen ehrlich sagen: Es kann doch nicht ernst
gemeint sein, lauter kleine Mehrwertsteuerinseln zu
schaffen. Ich finde, es ist an der Zeit, diesen Vorschlag
zurückzunehmen. Das kann eigentlich nur ein größerer
Irrtum gewesen sein.


(Beifall bei der SPD)


Aber selbst wenn es nicht darum geht, einen Hebesatz
auf die Mehrwertsteuer festzulegen, kann das nur zwei-
erlei bedeuten. Die erste Variante ist: Die Kommunen
bekommen einen geringeren Teil an der Umsatzsteuer,
als ihre Einnahmen aus der Gewerbesteuer bisher aus-
machten; das sind pro Jahr mindestens 30 Milliarden
Euro Gewerbesteuer. Das bedeutet, dass sie weniger
Geld haben. Also zahlen die Bürgerinnen und Bürger
dort beispielsweise mehr Abgaben. Das wäre eine Belas-
tung, obwohl Sie eine Entlastung versprechen. Deshalb
nenne ich das Wählertäuschung.


(Beifall bei der SPD)


Die zweite Variante ist: Sie brauchen insgesamt höhere
Umsatzsteuereinnahmen. Dann müssen Sie aber die
Mehrwertsteuer anheben, und auch dieses würde die
Menschen belasten. Das ist wieder Wählertäuschung;
denn Sie müssen das den Menschen sagen und dürfen
nicht behaupten, ohne Belastung der Leute könnten Sie
höhere Umsatzsteueranteile an die Kommunen verteilen.


(Beifall bei der SPD)


Der zweite Teil der Wählertäuschung ist, dass es zur
Finanzierung äußerst vage Formulierungen gibt. Ich
nenne eine: Steuervergünstigungen werden abgebaut. –
Was heißt das? Auf Nachfrage, auch von Journalisten,
hat der FDP-Chefwahlkämpfer Pinkwart deutlich ge-
macht, dass die Steuerfreiheit der Zuschläge für Nacht-,
Schicht- und Feiertagsarbeit zum Abriss freigegeben ist.
Es ist nicht in Ordnung, dass das hinter anderen Vor-
schlägen versteckt wird.


(Beifall bei der SPD)


Sie versprechen Entlastungen, belasten aber die Bürger,
wenn Sie die Steuerfreiheit der Zuschläge für Nacht-,
Schicht- und Feiertagsarbeit abschaffen. Damit belasten
Sie in Wirklichkeit weiterhin die Leistungsträger in der
Gesellschaft; denn ohne Belastung dieser Menschen
werden Sie Ihr Konzept nicht umsetzen können. Das ist
doch völlig klar.


(Beifall bei der SPD – Dr. Daniel Volk [FDP]: Wir haben die Leistungsträger doch gerade entlastet!)


Deshalb müssen Ihre Vorschläge klar auf den Tisch. Mit
der Sozialdemokratie wird es eine Abschaffung oder
auch eine Einschränkung der Steuerfreiheit für Nacht-,
Schicht- und Feiertagszuschläge nicht geben.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wer will das denn?)


– Herr Pinkwart hat ausdrücklich bestätigt, dass das zur
Debatte steht. Das sollten Sie einmal nachlesen. – Mit
uns wird es das auf keinen Fall geben. Die Leistungsträ-
ger, die nachts und an Sonn- und Feiertagen für diese





Nicolette Kressl


(A) (C)



(D)(B)

Gesellschaft unter erheblichen Einschränkungen arbei-
ten, werden mit unserer Zustimmung auf keinen Fall be-
lastet. Das kann so nicht gehen.


(Beifall bei der SPD)


Ich will Ihnen sagen: Das ist eine Mischung aus
Selbstbetrug und Wählertäuschung. Was die Steuerfrei-
heit der Nacht-, Schicht- und Feiertagszuschläge betrifft,
werden Sie alle morgen die Möglichkeit bekommen,
sich im Rahmen der namentlichen Abstimmung dazu zu
bekennen, dass die Steuerfreiheit der Zuschläge für diese
wichtigen Menschen erhalten bleibt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703605700

Das Wort hat der Kollege Leo Dautzenberg für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1703605800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kressl, ich
frage mich, was die SPD mit dieser Aktuellen Stunde be-
zwecken will; schließlich entbehrt all Ihre Kritik, die Sie
bis jetzt geäußert haben, jeglicher Grundlage. Es geht
vielmehr um Themen, über die schon seit Monaten, seit
einem halben Jahr und noch länger, diskutiert wird. An-
scheinend suchen Sie lediglich Anlässe, um etwas an die
Wand malen zu können, was gar nicht beabsichtigt ist.
Über die Steuerfreiheit von Zuschlägen werden wir mor-
gen debattieren.


(Nicolette Kressl [SPD]: Dann können Sie ja zustimmen!)


Sie können davon ausgehen: Die Steuerfreiheit von Zu-
schlägen wird auch dann nicht eingeschränkt werden,
wenn es zu den von uns geplanten Steuerentlastungen
und Steuerstrukturreformen kommt.

Sie haben hier behauptet, wir wollten die Gewerbe-
steuer abschaffen. Das stimmt nicht.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wenn es nach der FDP geht, schon! – Joachim Poß [SPD]: Die FDP will das!)


– Ich rede hier für die CDU/CSU-Fraktion. Ich bitte Sie,
zuzuhören, Herr Kollege Poß. –


(Joachim Poß [SPD]: Dann können Sie die Kommission doch beenden!)


Die Regierung hat mittlerweile eine Gemeindefinanz-
reformkommission ins Leben gerufen. Sie besteht aus
Vertretern von drei Ministerien der Bundesebene, aus
Vertretern der Landesebene und aus Vertretern der kom-
munalen Ebene. Diese Kommission hat die Zielsetzung,
die Einnahmen der Kommunen verlässlicher und stetiger
zu machen. Deshalb geht es hier auch um einen Ersatz
für die Gewerbesteuer und nicht um ihren Wegfall.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Nicolette Kressl [SPD]: Ach nee!)


Es geht darum, den Kommunen vom Volumen her eine
verlässlichere Einnahmebasis zur Verfügung zu stellen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Das meinen Sie jetzt nicht ernst, oder?)


Wir müssen feststellen: Aufgrund der konjunkturellen
Entwicklung stiegen die Gewerbesteuereinnahmen bis
2008, und durch die dann eingetretene Wirtschaftskrise
sind sie stark zurückgegangen.

Natürlich können Sie die Forderung stellen: Lasst uns
doch die Gewerbesteuer so verstetigen, dass die Hinzu-
rechnungen erhöht werden. – Das würde zu Substanzbe-
steuerungen der Unternehmen, gerade im Handel, füh-
ren; das haben wir erlebt. Es war deshalb richtig, die
Hinzurechnungen mit dem Wachstumsbeschleunigungs-
gesetz abzumildern. Dadurch wurde die Steuerbasis der
kommunalen Ebenen erhalten. Das wäre nicht der Fall
gewesen, wenn diese Unternehmen pleitegegangen wä-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Differenzierung müssen Sie einmal auf sich wir-
ken lassen. Das Bild, das Sie hier malen, entbehrt jegli-
cher Grundlage.

Wir wollen die Fortsetzung von Maßnahmen, die wei-
terhin Wachstum generieren und zur Haushaltskonsoli-
dierung, verbunden mit steuerlichen Entlastungen, füh-
ren. Das ist kein Gegensatz, sondern ergänzt sich, weil
steuerliche Entlastung zu mehr Wachstum führen kann,
und Wachstum wiederum würde zu einer Verbesserung
der Einnahmesituation der Haushalte aller Ebenen füh-
ren.

Schon zu Beginn des Jahres haben wir Entlastungs-
maßnahmen, gerade für Familien mit Kindern,


(Joachim Poß [SPD]: Wir reden jetzt über die FDP!)


in Höhe von 25 Milliarden Euro beschlossen. Wir war-
ten die Steuerschätzung ab, weil diese Daten eine wich-
tige Rahmenbedingung für weitere Maßnahmen im Ein-
kommensteuerbereich sind. Es ist kein Geheimnis,
sondern im Koalitionsvertrag nachzulesen, wo die
Schwerpunkte der Entlastungen liegen werden, nämlich
bei denjenigen Leistungsträgern unserer Gesellschaft,
die im unteren und mittleren Einkommensteuerbereich
liegen.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Wer bezahlt?)


Wir wollen im Grunde die kalte Progression abbauen.
Daher sind das alles keine überraschenden Elemente,
sondern es ist klar, was wir wollen. Was wir vorhaben,
wollen wir von verlässlichen Rahmenbedingungen ab-
hängig machen. Wir dürfen nicht nur die Einnahmesitua-
tion des Staates sehen.





Leo Dautzenberg


(A) (C)



(D)(B)


(Joachim Poß [SPD]: Worüber reden Sie eigentlich? Reden Sie doch einmal über die FDP-Pläne!)


Wenn die Ausgaben im Bundeshaushalt bis Ende Mai
geringer ausfallen, weil sich der Arbeitsmarkt stabilisiert
hat und die Bundesagentur für Arbeit dadurch weniger
ausgeben muss, dann ist das Potenzial für Entlastungen
größer. Es ist eben so: Alles hängt mit allem zusammen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Geisterfahrer sind Sie!)


Was Sie hier heute veranstalten wollen, geht fehl. Wir
werden unser Ziel gemeinsam mit dem Koalitionspartner
durchsetzen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Mich wundert, dass Sie nicht zum Thema reden wollen! – Joachim Poß [SPD]: Das war aber eine Eierei, mein lieber Mann!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703605900

Die Kollegin Dr. Barbara Höll von der Fraktion Die

Linke ist nun die nächste Rednerin.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703606000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Steuer- und Finanzpolitik der schwarz-
gelben Koalition ist eine Zumutung. Führen wir uns ein-
mal vor Augen, was Sie getan haben: Mitten in der
schwersten Wirtschafts-, Finanz- und Demokratiekrise
seit 60 Jahren


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Demokratiekrise hatten wir nur durch Sie!)


schließen Sie einen Koalitionsvertrag, in dem Sie einen
Stufentarif versprechen. Vor kurzem haben wir den
Haushalt für dieses Jahr mit einer Rekordverschuldung
verabschiedet. Nun sagt der kleine Koalitionspartner:
Jetzt machen wir mal ein bisschen Nägel mit Köpfen und
verraten etwas genauer, wie wir uns das eigentlich vor-
stellen; Steuerentlastung haben wir ja groß versprochen.

Sie rennen weiter Ihrer Fata Morgana hinterher, als ob
milliardenschwere Steuersenkungen einfach mal so lo-
cker möglich wären. Was sagt die Bundeskanzlerin
dazu? Was sagt der Finanzminister dazu?


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Na, was sagt er denn?)


Nichts! Schweigen im Walde! Es ist berechtigt, zu sagen
– nicht nur vonseiten der SPD, sondern insbesondere
auch von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land –:
Wir wollen vor der NRW-Wahl wissen, was Sie tun, wie
Sie sich verhalten werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD])

Wenn man sich anschaut, wie das Steuerkonzept der
FDP aussieht, dann kann man nur feststellen: Es ist eine
Mogelpackung. Sie rennen durchs Land und erzählen
erstens, dass Sie vor allem untere und mittlere Einkom-
men entlasten wollen.


(Zuruf von der FDP: Das tun wir auch!)


Dazu möchte ich Ihnen einmal sagen: Viele Bürgerinnen
und Bürger in diesem Land würden gern Steuern zahlen,
wenn sie denn für die von ihnen geleistete Arbeit endlich
ordentlich bezahlt würden. Das ist der große Skandal.
Dem müssten Sie sich als Erstes widmen.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens tun Sie so, als ob die hohen Einkommen
nicht entlastet würden. Das stimmt aber nicht. Nach Ih-
rem Tarifvorschlag beträgt die Höchstentlastung
1 534 Euro.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nach welchem Tarifvorschlag denn?)


Die greift natürlich bei jedem, also auch bei dem, der ein
zu versteuerndes Einkommen von über 53 000 Euro hat.
Nach Ihrem Konzept wird also auch jeder Millionär jähr-
lich um 1 534 Euro entlastet. Das ist die Realität.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Thema verfehlt!)


Schauen wir mal weiter! Der Vorschlag beinhaltet ja
nicht nur einen Einkommensteuertarif, sondern da gibt
es noch ein paar kleinere Striche untendrunter. Da findet
sich zum Beispiel der Punkt: Arbeitnehmerpauschbe-
trag. Derzeit beträgt er 920 Euro. Den wollen Sie durch
eine Werbungskostenpauschale in Höhe von 2 Prozent
der Einkünfte ersetzen. Dabei kommt für die Bezieherin-
nen und Bezieher niedriger Einkommen, die aber schon
Steuern zahlen müssen, eine Mehrbelastung heraus. Für
die heißt das also weniger Netto vom Brutto. So viel zu
Ihren Wahlversprechen und den Umsetzungen!


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn wir beim Thema „Entlastung und Belastung“
sind, noch Folgendes: Es ist doch einfach ein Skandal,
dass Sie weiter Ihr Spiel spielen: mit der rechten Hand
geben, mit der linken Hand nehmen. Denn das tun Sie.
Welche Entwicklung gibt es bei der Krankenversiche-
rung? Wie viele Kassen haben denn jetzt schon einen
monatlichen Zusatzbeitrag von 8 Euro eingeführt? Wenn
Sie dann auch noch an Ihrer Kopfpauschale festhalten,
bedeutet das eine weitere Verschärfung der Ungerechtig-
keit. Das heißt, dass insbesondere die Bezieherinnen und
Bezieher niedriger Einkommen massiv belastet werden.

Man muss natürlich feststellen, dass das eine gewisse
Logik hat. Die CDU/CSU regiert ja nun schon die zweite
Legislaturperiode.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


Vorher hatten wir Rot-Grün. Seit dem Jahr 2000 gibt es
massive Steuerentlastungen für die Bezieher und Bezie-
herinnen hoher Einkommen und im Unternehmensbe-
reich. Die Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne





Dr. Barbara Höll


(A) (C)



(D)(B)

führte zu einem massiven Einbruch der Steuereinnah-
men und als Erstes zu einer ziemlich katastrophalen Si-
tuation vieler Kommunen. Zu nennen sind ferner die
Senkung des Spitzensteuersatzes, die Sie vorgenommen
haben, die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf
15 Prozent, die Eröffnung von neuen Möglichkeiten des
Kleinrechnens der Steuern durch großzügige Regelun-
gen zur Bemessungsgrundlage, sodass Unternehmen ef-
fektiv nur die Hälfte der Steuern zahlen, die sie eigent-
lich zahlen müssten. Dies alles hat dazu geführt, dass
sich die öffentliche Hand in einer katastrophalen Situa-
tion befindet.

Heute sind aber insbesondere die Bezieherinnen und
Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen darauf an-
gewiesen, dass die öffentliche Infrastruktur funktioniert.
Sie werden am stärksten von dem betroffen, was im
Lande losgeht. So wird bei Bibliotheken gestrichen, wer-
den bei Schwimmbädern Öffnungszeiten verändert oder
werden solche Einrichtungen gleich ganz geschlossen.
Dazu gehören auch Gebührenerhöhungen im kommuna-
len Bereich. Ich nenne beispielsweise die Erhöhung der
Abfallgebühren. Vielen Bürgerinnen und Bürgern würde
es wesentlich mehr nutzen, wenn Sie endlich etwas dafür
täten, dass die Kommunen eine verlässliche Finan-
zierungsgrundlage bekommen. Das erreichen Sie aber
nicht mit der Umsetzung des Vorschlags, den Herr
Dautzenberg hier dankenswerterweise noch einmal er-
wähnt hat: im Prinzip weg mit der Gewerbesteuer.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein! Gleichwertiger Ersatz und Verstetigung der Einnahmen! Sie müssen zuhören!)


Sie sind überhaupt nicht gewillt – das wurde in den ers-
ten Sitzungen Ihrer Kommission zu den Kommunalfi-
nanzen deutlich –, die Finanzsituation der Kommunen
zu verbessern,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Selbstverständlich!)


sondern wälzen die Folgen Ihrer katastrophalen Finanz-
und Steuerpolitik auf die Bürgerinnen und Bürger dieses
Landes und auf die Kommunen ab.

Das ist mit uns nicht zu machen. Wir sind die Partei
der Steuergerechtigkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir schlagen Ihnen vor: Belastung der hohen Einkom-
men – unter anderem soll der Spitzensteuersatz wie bei
Helmut Kohl 53 Prozent betragen –, einen linear-pro-
gressiven Tarif und eine Millionärsteuer.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703606100

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Redezeit.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703606200

Diese Punkte sind umzusetzen. Dann hätten wir Geld,

um dort Steuerentlastungen vorzunehmen, wo sie not-
wendig sind, nämlich bei den Bezieherinnen und Bezie-
hern niedriger und mittlerer Einkommen.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703606300

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Hermann Otto

Solms für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1703606400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Kern des Problems


(Zuruf von der SPD: Ist die FDP!)


der Einkommensbesteuerung in Deutschland ist die zu
hohe Belastung, der zu steile Tarifanstieg im unteren und
mittleren Bereich; das ist völlig unbestritten. Das führt
dazu, dass ein ganztägig beschäftigter durchschnittlich
verdienender Arbeitnehmer in Deutschland von jedem
zusätzlich verdienten Euro weniger als 50 Prozent, also
weniger als 50 Cent, ausgezahlt bekommt. Das ist natür-
lich leistungslähmend.


(Joachim Poß [SPD]: Mit welchem Einkommen? Können Sie eine Hausnummer nennen?)


– Durchschnittlicher Verdienst heißt: ein Einkommen
von circa 36 000 bis 37 000 Euro im Jahr. – Ein Fachar-
beiter mit einem Jahreseinkommen von 50 000 Euro be-
kommt sogar weniger als 40 Prozent von jedem zusätz-
lich verdienten Euro ausgezahlt. Der Kern unserer
Steuerreformvorschläge ist, diese Ungerechtigkeit zu be-
seitigen.

Es ist ja bezeichnend, dass die Kollegin Kressl auf das
eigentliche Thema gar nicht eingegangen ist.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie doch auch nicht! Sie sagen doch nicht die Wahrheit!)


Ich kann Ihnen auch sagen, warum sie das nicht getan
hat. Sie hat es nicht getan, weil im Wahlprogramm der
SPD genau das Gleiche steht, was wir jetzt vorschlagen.
Da steht nämlich:

Wir wollen die Entlastungen daher auf die Bezieher
niedriger und mittlerer Einkommen sowie die Fa-
milien konzentrieren.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wenn man es finanzieren kann! Aber das können Sie nicht!)


Die Familien haben wir schon entlastet. – Zur Tarifre-
form sagen Sie:

Wir wollen den Tarifverlauf so gestalten, dass es
Entlastungen bis zu einem zu versteuernden Ein-
kommen von 52 882 Euro … gibt. Hiervon werden
im Vergleich mit dem Tarifverlauf 2010 über
24,6 Millionen Menschen profitieren.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wenn es geht! Aber nicht ohne die äußeren Umstände! Sie ignorieren die Wirtschaftslage!)






Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)

Auch wir wollen bis zu einem Jahreseinkommen von
53 000 Euro Entlastungen vornehmen. Unsere Vor-
schläge sind also fast identisch.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was sagen Sie zur Finanzierung?)


Interessant in diesem Zusammenhang ist auch das
Wahlprogramm der CDU/CSU. Dort steht nichts ande-
res:

Die aus Wachstum folgenden Steuermehreinnah-
men wollen wir in etwa gleichen Teilen für Haus-
haltskonsolidierung, Zukunftsinvestitionen und
Entlastung der Bürger verwenden.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber was sagt jetzt der Finanzminister?)


Darauf komme ich gleich zurück. – An anderer Stelle sa-
gen Sie:

Leistung und Einsatzbereitschaft müssen sich wie-
der mehr lohnen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal was zu den 16 Milliarden!)



(Abbau des „Mittelstandsbauches“)

nerhöhungen auch wirklich bei denjenigen ankom-
men, die sie erarbeitet haben.

An einer weiteren Stelle sagen Sie, dass Sie diese Entlas-
tung in einer ersten Stufe bis zu einem Einkommen von
55 000 und in einer späteren Stufe bis zu einem Einkom-
men von 60 000 Euro möglich machen wollen.

Die drei klassischen Parteien in diesem Hause wollen
genau das Gleiche. Es gibt also überhaupt keinen Grund,
über dieses Thema zu streiten. Was wir wollen, ist rich-
tig. Jetzt geht es um die Frage, ob wir uns das aus staatli-
cher Sicht leisten können. Ich sage: Wir müssen uns das
leisten, weil es um Steuergerechtigkeit für die Leute
geht, die die Steuern aufbringen und den Staat durch ihre
Arbeit finanzieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr Sparbuch?)


Lassen Sie mich dieses Thema erweitern: Die letzte
Steuerschätzung vom Mai des vorherigen Jahres – es
wird bald eine neue Steuerschätzung geben –, die bis
jetzt Grundlage aller Berechnungen ist, kommt zu dem
Ergebnis, dass wir im Jahre 2010 ein Gesamtsteuerauf-
kommen – Bund, Länder und Gemeinden zusammen –
von 510,4 Milliarden Euro haben werden. Das wird bis
2013 auf 575 Milliarden Euro ansteigen.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Prinzip Hoffnung! – Joachim Poß [SPD]: Dann brauchen wir ja gar nicht zu konsolidieren!)


Wir werden in dieser Zeit also einen Zuwachs an Steuer-
einnahmen in Höhe von 65 Milliarden Euro haben. Ich
sage Ihnen voraus, dass die neue Steuerschätzung für die
nächsten Jahre – für 2010 vermutlich nicht mehr – sogar
einen höheren Zuwachs prognostizieren wird.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das meine ich mit Selbstbetrug!)


Wenn man dann der Strategie der CDU/CSU folgt und
sagt: „Wir wollen das auf drei Jahre aufteilen“, dann sind
wir genau bei den Steuerentlastungen von 22 bis
24 Milliarden Euro, auf die wir uns im Koalitionsvertrag
geeinigt haben.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wundersame Geldvermehrung!)


Wir sollten uns einig sein, dass wir das auch so umset-
zen. Wir sollten darüber nicht mehr streiten, sondern
überlegen, wie wir das machen. Machbar ist das. Das hat
Dr. Boss aus Kiel gerade bestätigt. Steuerentlastungen,
so hat er gesagt, sind nicht nur möglich, sondern gerade
in diesem Bereich auch notwendig,


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über 100 Milliarden Neuverschuldung! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist völlig unverantwortlich!)


damit das Wachstum gestärkt wird, sich Arbeit wieder
mehr als bisher lohnt und dadurch die Arbeitslosigkeit
effizient bekämpft wird. Die Strategie der Koalition ist
richtig angelegt. Sie wird zu diesen positiven Ergebnis-
sen führen; das kann ich Ihnen versichern.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist der Beweis für den Selbstbetrug!)


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703606500

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gerhard Schick

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703606600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ti-

tel dieser Aktuellen Stunde lautet ja: „Haltung der Bun-
desregierung zur Finanzierbarkeit der FDP-Steuer-
pläne“. Ich möchte – denn Herr Dautzenberg hat dazu
nichts gesagt –


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ich bin nicht die Bundesregierung, Herr Kollege! Ich bin Mitglied der Fraktion!)


Sie, Herr Koschyk, vorsichtshalber darum bitten, dass
Sie nachher etwas zum Thema Finanzierbarkeit sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Denn genau dies ist das Thema, und am Thema vorbeire-
den sollte man nicht.

Herr Solms, wir haben eine Antwort auf die Frage der
Finanzierbarkeit gehört. Das ist das Prinzip Hoffnung in
folgendem Sinne: Die Steuerpläne werden sich schon ir-





Dr. Gerhard Schick


(A) (C)



(D)(B)

gendwie selbst finanzieren. – Sie wissen genau, dass das
in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage nicht funk-
tionieren wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie wissen auch, dass das Prinzip Hoffnung bei dem der-
zeitigen Zustand der öffentlichen Finanzen absolut un-
verantwortlich wäre.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Bisher haben wir immer gedacht, die FDP-Position
sei populistisch, weil die FDP den Leuten etwas ver-
spricht und damit Wahlen gewinnen will.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Tun wir ja auch!)


Inzwischen stellen wir aber fest: Die Leute sind schlauer
als Sie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die breite Mehrheit der Menschen weiß, dass Ihr Vorha-
ben unverantwortlich ist. Sie will, dass Regierung und
Parlament verantwortlich mit den öffentlichen Finanzen
umgehen, weil man so nicht weiter wirtschaften kann.
Der gegenwärtige Bundeshaushalt ist zu einem Drittel
über Schulden finanziert. Viele Kommunen sind nicht
mehr in der Lage, selber aus ihrer Verschuldungssitua-
tion herauszukommen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was haben Sie denn in Ihrer Regierungszeit dazu beigetragen, dass die Schulden angewachsen sind, Herr Kollege?)


Die Einnahmeausfälle in Höhe von 16 Milliarden Euro
bei der Einkommensteuer, auf die Sie sich jetzt haben
herunterhandeln lassen, bedeuten immer noch bei den
kommunalen Einnahmen Ausfälle in Höhe von
2,4 Milliarden Euro. Das ist definitiv zu viel. Den Ruin
der Kommunalfinanzen machen wir nicht mit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Den Kommunen ging es doch sehr viel schlechter während Ihrer Regierungszeit!)


Was sagt eigentlich die Bundesregierung dazu? Beim
Finanzminister, bei der Kanzlerin und auch bei Herrn
Pofalla hört sich das alles sehr ruhig und seriös an:
Schauen wir mal. Vielleicht machen wir das in zwei Jah-
ren. Die Priorität liegt bei den Kommunen. – In Wirk-
lichkeit haben Sie aber bisher die Antwort darauf ver-
weigert, wie all das, worüber in der Koalition diskutiert
wird, finanziert werden soll. Denn hinter all den schönen
Sprüchen stehen nicht nur die geschätzten Einnahmeaus-
fälle von 16 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer,
sondern auch Einnahmeausfälle von 30 Milliarden Euro,
falls Sie die Gewerbesteuer ersetzen wollen. Irgendwo-
her muss das Geld ja kommen.

(Nicolette Kressl [SPD]: Genau!)


Es stehen bei der Kopfprämie bzw. dem Sozialausgleich
in der Krankenversicherung noch einmal 30 Milliarden
Euro zur Disposition. Durch die Schuldenbremse sind
Einsparungen von 10 Milliarden Euro erforderlich.
Wenn Sie darunter einen Strich machen, kommen Sie auf
ein Loch von über 80 Milliarden Euro.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Darüber sagen Sie nichts. Das ist genauso unseriös wie
das Vorgehen mancher Banker, die noch zwei Tage vor
der Bankrotterklärung gesagt haben, sie hätten ihre Fi-
nanzen im Griff. Sie müssten einmal sagen, wie Sie das
finanzieren wollen.

Wir haben inzwischen, in den paar Monaten, die Sie
an der Regierung sind, unsere Erfahrungen gemacht.
Beim Thema Griechenland sagte die Kanzlerin erst, das
Land werde keine Hilfen brauchen. Inzwischen wird die
Kreditvergabe vorbereitet. Bei der Bankenabgabe sagte
der Finanzminister: Wir werden die Branche an den
Kosten der aktuellen Krise beteiligen. Heute will er
nichts mehr davon wissen.


(Zuruf von der SPD: Wortbruch!)


Vor der Wahl machte die Kanzlerin den Kommunen die
Zusage, man werde nicht an die Gewerbesteuer herange-
hen. Jetzt reden Sie über den Ersatz der Gewerbesteuer
und wissen gar nicht, wie die Gegenfinanzierung ausse-
hen soll. Genauso wird es auch bei der Steuersenkungs-
politik sein:


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Richard Pitterle [DIE LINKE])


Jetzt reden Sie sozial und tun so, als werde nicht weiter
an die Einnahmen der Kommunen herangegangen. Nach
der Wahl in Nordrhein-Westfalen werden Sie die Wahr-
heit sagen, und das wird eine bittere Wahrheit sein.

Wir fordern Sie deswegen heute auf: Sagen Sie den
Bürgerinnen und Bürgern klar, wo das Geld herkommen
soll! Hören Sie auf, sozial und kommunenfreundlich zu
reden und nachher doch etwas anderes zu machen!


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wer hat denn das Konjunkturprogramm für die Kommunen gemacht?)


Diese Serie von falschen Aussagen darf nicht fortgesetzt
werden. So sieht seriöse Finanzpolitik nicht aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Richard Pitterle [DIE LINKE])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703606700

Nächster Redner ist der Kollege Peter Aumer für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) (C)



(D)(B)


Peter Aumer (CSU):
Rede ID: ID1703606800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Wir dürfen heute über die Haltung der Bun-
desregierung zur Finanzierbarkeit der FDP-Steuerpläne
diskutieren. Es stellt sich die Frage, warum die SPD da-
rüber diskutieren möchte.


(Zuruf von der SPD: Wir wollen wissen, was Ihre Haltung ist! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wird man doch mal fragen dürfen!)


Es wäre doch schön, wenn es zum Vergleich Steuerpläne
der SPD gäbe. Ich habe nachgeschaut: Es gibt keine.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist denn hier in der Regierung? – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber Sie regieren doch, oder nicht?)


– Die Opposition soll Alternativen aufzeigen; aber das
tut sie nicht. Das kann man, glaube ich, für die ganze
linke Hälfte des Hauses sagen.

Wir brauchen tragfähige Konzepte, um unser Land
aus dieser Krise zu führen. Wir Deutschen haben die
Wirtschafts- und Finanzkrise bisher gut überstanden,
dank eines Kraftakts aller, dank der Menschen, die mit
Tatkraft angepackt haben, unser Land aus dieser schwie-
rigen Situation zu führen. Das SPD-Konzept, das helfen
könnte, sucht man jedoch vergeblich.

Im März dieses Jahres nahm die SPD-Arbeitsgruppe
„Steuern und Abgaben“ ihre Arbeit auf. Auftrag der Ar-
beitsgruppe ist es, erst einmal Teile der Maßnahmen zu-
rückzunehmen, die die SPD in Regierungsverantwor-
tung ausgearbeitet und eingeführt hat.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber wir versprechen doch nicht 16 Milliarden! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wen interessiert denn die SPD? Sagen Sie doch mal was zur Regierung!)


– Ich spreche nicht für die Regierung, sondern für eine
Fraktion. Die Regierung ist nachher dran. – Meine sehr
geehrten Damen und Herren von der SPD, all das, was
für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes richtig und
wichtig war, stellen Sie wieder infrage. Das kann doch
nicht der richtige Weg sein.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Aktuelle Stunde hat ein anderes Thema!)


Deutschland ist kein Land der Beliebigkeit,


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist ja peinlich!)


das je nach Belieben der innerparteilichen Strömungen
der SPD einmal so und einmal anders regiert werden
kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Kommen Sie doch mal zum Thema!)

Deutschland ist ein Land mit Zukunft, das genau deswe-
gen eine verlässliche Politik braucht. Darum haben die
Menschen die christlich-liberale Koalition gewählt, eine
Koalition, die ergebnisorientiert arbeitet, die das Wohl
des Ganzen und die Nachhaltigkeit des politischen Han-
delns im Blick hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo denn?)


Insofern ist es gut und wichtig, dass man Positionen
überarbeitet und Überlegungen auf den Prüfstand stellt.
Das hat die FDP gemacht. Es ist sehr zu begrüßen, dass
die FDP Anpassungen an die aktuelle Situation vorge-
nommen hat.


(Nicolette Kressl [SPD]: Da haben Sie aber in Münster etwas anderes gesagt!)


Um den bayerischen Ministerpräsidenten zu zitieren:

Das, was die FDP jetzt vorlegt, geht in die richtige
Richtung.

Bereits der Koalitionsvertrag der christlich-liberalen
Koalition zeigt auf, dass diese Regierung für Wachstum
und Aufschwung steht, dass aber eine nachhaltige und
verfassungskonforme Haushaltspolitik im Vordergrund
der Arbeit stehen muss. Mit dem Wachstumsbeschleuni-
gungsgesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist,
wurde eine erste Weichenstellung vorgenommen. Für
weitere Schritte muss allerdings die Steuerschätzung
Anfang Mai abgewartet werden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das!)


Danach kann über konkrete und zielführende Maßnah-
men entschieden und eine feste Positionierung vorge-
nommen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Daniel Volk [FDP])


Nur mit den Zahlen der Steuerschätzung können realisti-
sche Entscheidungen getroffen werden, die den Zielen
des Koalitionsvertrages gerecht werden.

Selbstverständlich darf nicht vergessen werden, dass
die Schuldenbremse zu wirken beginnt. Das ist wahr-
scheinlich auch das, was Sie mit Ihrem Antrag beabsich-
tigen.


(Burkhard Lischka [SPD]: Sagen Sie mal was zur Finanzierbarkeit!)


Wir haben es gehört: Die Einnahmen und die Ausgaben
sind das Entscheidende. Man muss immer beide Seiten
betrachten. Ich glaube, das können Sie nicht. Man darf
nicht nur auf Steuererhöhungen setzen, sondern man
muss auch Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung
unseres Landes geben.

Es gab und wird eine steuerliche Entlastung geben,
insbesondere für die unteren und mittleren Einkommens-
bereiche sowie für Familien mit Kindern.


(Petra Hinz [Essen] [SPD]: Das ist falsch!)






Peter Aumer


(A) (C)



(D)(B)

Ebenso wird es eine spürbare Vereinfachung des Steuer-
rechts geben. Auch dafür wurden wir gewählt, und auch
dafür steht die Koalition der CDU/CSU und der FDP.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir brauchen eine Finanzpolitik aus einem Guss,


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön wär’s! – Nicolette Kressl [SPD]: Aber wo ist sie denn?)


die die Lage der Sozialversicherungen ebenso berück-
sichtigt wie die Lage der Kommunen. Die Finanzpolitik
der Bundesregierung hat dieses Ziel vor Augen, und die
diese Regierung tragende christlich-liberale Koalition
ebenso.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Op-
position, wir sollten nicht über Anträge in Aktuellen
Stunden streiten,


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Genau!)


sondern handeln, und zwar für unser Land.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie das doch!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703606900

Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort die Kollegin

Petra Hinz.


(Beifall bei der SPD)



Petra Hinz (SPD):
Rede ID: ID1703607000

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Herr Aumer, um hier Zahlen auf den Tisch zu legen und
keine nebulösen Reden zu schwingen – das gilt auch für
Herrn Solms –: Verstehen Sie unter „sozial“, dass nach
dem Modell der FDP Familien oder Alleinerziehende
mit einem Jahreseinkommen von 12 000 Euro lediglich
146 Euro Steuerersparnisse haben, im Gegensatz dazu
aber Familien oder Alleinerziehende mit einem Jahres-
einkommen von 54 000 Euro eine Entlastung von
1 534 Euro zu verzeichnen haben? Ich muss feststellen:
Das ist weder sozial noch gerecht. Im Gegenteil: Das
macht deutlich, wohin die Regierung in dieser Legisla-
turperiode will.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist doch kein Regierungsvorschlag, Frau Kollegin!)


Sie macht Klientelpolitik. Diejenigen, denen es besser
geht, werden durch Steuervergünstigungen entlastet.


(Beifall bei der SPD)


Bevor Sie sich jetzt aufregen, möchte ich Ihnen sagen,
dass das nicht mein Rechenmodell ist, sondern dass es
vom Bund der Steuerzahler im Handelsblatt veröffent-
licht worden ist. Es wurde seriös anhand der Zahlen, die
von der FDP genannt wurden, nachgerechnet. Das wol-
len Sie doch wohl nicht bestreiten.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: In Prozent gerechnet!)


Herr Dautzenberg, Sie haben im Parlament immer
wiederholt, dass die Gewerbesteuer nicht abgeschafft
wird. Nun erklären Sie in drei Sätzen, dass sie doch ab-
geschafft werden soll.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ach!)


– Natürlich soll sie abgeschafft werden. Das können Sie
in der Financial Times Deutschland nachlesen:

Schäuble stellt Gewerbesteuer infrage. Die
schwarz-gelbe Koalition nimmt einen neuen An-
lauf, die Gewerbesteuer abzuschaffen.

Genau das ist Ihr Ziel.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Um einen gleichwertigen Ersatz zu finden!)


Sie führen immer wieder – quasi als Kronzeuge – aus,
wie sozial und gut das Wachstumsbeschleunigungsge-
setz ist. Ich will anhand meiner Heimatstadt Essen in
Nordrhein-Westfalen einmal deutlich machen, zu wel-
chen Steuermindereinnahmen das Wachstumsbeschleu-
nigungsgesetz dort führt: Für das laufende Haushaltsjahr
in Essen bedeutet das Steuermindereinnahmen von
8,28 Millionen Euro, für das Jahr 2012 Steuerminderein-
nahmen von 17,05 Millionen Euro. Sie wollen trotz die-
ser Zahlen behaupten, dass Sie den Kommunen mit dem
Wachstumsbeschleunigungsgesetz geholfen hätten?
Meine Stadt wird in den nächsten Jahren nichts davon
spüren. – Da die Kolleginnen und Kollegen auf der rech-
ten Seite des Hauses den Kopf schütteln: Diese Zahlen
hat der Stadtkämmerer, Herr Klieve von der CDU, auf
den Tisch gelegt. Sie sind öffentlich nachzulesen. Das,
was ich vortrage, hat Substanz und stimmt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Kanzlerin ist auf dem Weg zum Wortbruch; das
wurde bereits mehrfach angesprochen. Im letzten Mai
hat sie sich dafür ausgesprochen, dass es keine Abschaf-
fung der Gewerbesteuer geben soll. Es wurden aber
Kommissionen mit dem Ziel eingesetzt, genau das zu er-
reichen. Im März dieses Jahres, auf dem Landesparteitag
der CDU in Münster, hat Frau Merkel – auf dem Weg zu
Wortbruch Nummer zwei, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen von der FDP – vollmundig angekündigt, dass es mit
der CDU/CSU keine Steuersenkungen geben wird. „Wir
dürfen die Kommunen nicht ausbluten“, war der Wort-
laut der Kanzlerin. Bisher habe ich kein Dementi von ihr
gehört, dass sie die Steuerkonzepte der FDP vom Tisch
fegt. Nein, ich habe dazu von ihr bisher noch gar nichts
gehört. Nur auf Parteitagen oder im Rahmen eines Städ-
tetages spricht sie sich für die Kommunen aus.


(Beifall bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Frau Merkel ist der lebende Widerspruch!)


Guido Westerwelle hat deutlich gemacht – ich muss
schon sagen: So stellt sich Klein-Lieschen Finanz- und
Haushaltspolitik vor –, dass die Kommunen über die





Petra Hinz (Essen)



(A) (C)



(D)(B)

Mehrwertsteuer oder wie auch immer mal so eben ihren
Haushalt sanieren können. Nein, liebe Kolleginnen und
Kollegen, da kann ich nur sagen: Die Fachleute sprechen
eine ganz andere Sprache. Sie erklären ganz klar: Hände
weg von der Gewerbesteuer! Es gibt keine Alternative
zur Gewerbesteuer.


(Beifall bei der SPD – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht! Sie haben doch keinen Kontakt zur Basis!)


– Wenn Sie den Fachleuten nicht glauben, dann lesen Sie
doch in den Protokollen nach, als über die zurücklie-
gende Unternehmensteuerreform beraten wurde. Die
Sachverständigen haben eindeutig gesagt, dass es derzeit
keine Alternative zu der Gewerbesteuer gibt. Ich gebe
Ihnen recht, dass die Gewerbesteuer angepasst werden
muss. Ich gebe Ihnen auch recht, dass wir dafür sorgen
müssen, dass sie nicht mehr so konjunkturanfällig ist.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aha!)


Aber die Umsatzsteuer ist doch genauso anfällig.


(Zuruf von der FDP: Sie haben doch die Mehrwertsteuer erhöht!)


– Zu der Frage der Mehrwertsteuererhöhung kann ich
nur sagen: Wer zahlt denn die Zeche in den Kommunen?
Das sind doch immer die Bürger. Als Erstes müssen die
Bürger die Steuermindereinnahmen kompensieren. Der
nächste Punkt ist, dass die Gewerbesteuer, die von den
Gewerbetreibenden gezahlt wird, nun durch eine Ver-
brauchsteuer ersetzt werden soll. Ich kann dazu nur sa-
gen: Pfui! Das ist in keiner Weise bürgernah. Das ist in
keiner Weise sozial. Das ist nicht akzeptabel.


(Beifall bei der SPD)


Herzlichen Glückwunsch, wenn Sie dies in dieser Form
umsetzen. Ich kann nur sagen: Wir werden nicht müde,
deutlich zu machen, dass Sie diejenigen sind, die Klien-
telpolitik betreiben.

Um zu meinem Anfang zurückzukommen: Rüttgers,
CDU-Ministerpräsident von NRW,


(Zurufe von der SPD: Nicht mehr lange!)


sagt – jetzt spreche ich zu den Freunden der FDP –:

Ich bin dagegen, wenn das auf Kosten der Kommu-
nen geht.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


Niedrige Steuern könne es nur geben, wenn man das be-
zahlen könne. Dies sage er auch „an die Freunde von der
FDP“ gerichtet.

Herr Schäuble ist heute im Ausschuss auf Nachfrage
meiner Kollegin –


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703607100

Frau Kollegin, bitte kommen Sie zum Schluss.

Petra Hinz (SPD):
Rede ID: ID1703607200

– danke für den Hinweis – gar nicht auf den Wegfall

der Gewerbesteuer oder auf die sogenannten Steuerpläne
der FDP eingegangen. Er hat geschwiegen. Das Einzige,
das er gesagt hat, ist: Wir halten an der Entschuldung
fest. Wir müssen dafür sorgen, dass die Finanzen wieder
auf den Weg gebracht werden.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: So wie es im Koalitionsvertrag steht!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie Ihr
Steuerkonzept und werfen Sie es in die Rundablage. Es
ist weder sozial noch kommunenfreundlich.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703607300

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Volker Wissing für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1703607400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Kressl, liebe Kollegen der SPD, Sie haben
diese Aktuelle Stunde beantragt, weil Sie den Wählerin-
nen und Wählern in Nordrhein-Westfalen zeigen wollen,
woran sie sind, wenn sie eine bestimmte Partei wählen.
Darum geht es Ihnen.

Jetzt wollen wir doch einmal etwas Ihre Finanzpolitik
beleuchten.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie sind ja immer noch in der Opposition!)


2005 sind Sie angetreten und haben den Menschen ge-
sagt: Wählt uns, dann gibt es keine Mehrwertsteuererhö-
hung. – Danach haben Sie die Menschen hereingelegt
und die Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte erhöht.


(Beifall bei der FDP – Dr. Daniel Volk [FDP]: Wortbruch! – Nicolette Kressl [SPD]: Wann übernehmen Sie endlich mal Verantwortung?)


2009 sind Sie angetreten und haben den Menschen ge-
sagt: Wählt uns, dann entlasten wir die unteren und mitt-
leren Einkommensbezieher durch Abbau der kalten Pro-
gression und durch Abbau des Mittelstandsbauchs. –
Hinterher haben Sie den Menschen gesagt: Nein, das
geht wegen der wirtschaftlichen Situation gar nicht.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist so nicht richtig, wie Sie das sagen! – Lachen bei der FDP)


Sie haben elf Jahre lang den Finanzminister gestellt und
wollen den Menschen nach der Wahl ernsthaft erzählen,
dass Sie die Haushaltssituation erst nach der Bundes-
tagswahl zur Kenntnis genommen haben. Was Sie betrei-
ben, ist permanenter Wählerbetrug.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das ist falsch!)


Sie sind doch nicht ein einziges Mal bereit gewesen, Ihr
Wahlprogramm umzusetzen.





Dr. Volker Wissing


(A) (C)



(D)(B)


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie können nur Oppositionsreden halten!)


Der Unterschied zwischen Ihnen und dieser Koalition
besteht doch darin, dass Sie permanent Gründe suchen,
weshalb Sie nach der Wahl die Steuern erhöhen müssen,
wir aber Wege suchen, wie wir die Bürgerinnen und Bür-
ger steuerlich entlasten können. Das ist der Unterschied.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Wir haben in der Großen Koalition Steuern gesenkt! Bürgerentlastungsgesetz in der Großen Koalition!)


Deswegen sind wir dankbar, dass Sie diese Aktuelle
Stunde beantragt haben. Das gibt uns noch einmal die
Möglichkeit, den Menschen klar zu sagen: Das, was wir
vor der Wahl angekündigt haben, nämlich dass wir die
Bezieher von unteren und mittleren Einkommen entlas-
ten wollen, setzen wir in dieser Legislaturperiode mit
unserem Koalitionspartner um.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Sie täuschen! Wissing ist ein Rosstäuscher! – Zuruf der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Das war der Grund, warum die Menschen gesagt ha-
ben: Wir glauben den Versprechen der SPD nicht mehr. –
Die SPD hatte elf Jahre lang die Verantwortung im Fi-
nanzressort. Die Steuern wurden immer weiter erhöht,
aber für die Menschen in diesem Land wurde nichts ge-
tan. Auch mit dem Haushalt ging es immer weiter
bergab. Da haben die Menschen gesagt: „Wir wollen
eine andere Politik“, und haben die christlich-liberale
Koalition gewählt. Das ist, Frau Kollegin Höll, keine
„Demokratiekrise“. Das ist ein Glück für unser Land.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist ein Glück für unser Land, weil sich daraus neue
Chancen ergeben.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Thema!)


Frau Kressl, Sie stellen sich hier hin und sagen: Den
Kommunen geht es schlecht. – Wer hat denn elf Jahre
lang die Verantwortung für dieses Steuersystem gehabt?
Die SPD.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Kommunen leiden und zahlen jetzt die Zeche für
Ihre verfehlte Politik. Das ist doch die Wahrheit.


(Joachim Poß [SPD]: Und Sie reden die Unwahrheit! Systematisch, vorsätzlich und permanent! – Nicolette Kressl [SPD]: Können Sie auch mal was zu sich sagen?)


Das werden wir nicht fortsetzen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Nein, Sie machen es viel schlechter!)


Dafür sind wir nicht gewählt worden.
Herr Kollege Schick, Sie fragen, was die Auffassung
der Bundesregierung ist. Heute Morgen war der Bundes-
finanzminister im Finanzausschuss. Er hat es Ihnen klar
gesagt: Aufgabe dieser Bundesregierung ist, die Schul-
denbremse einzuhalten und die Haushaltskonsolidierung
in Angriff zu nehmen. Mit Ihrem Rezept hat das nicht
geklappt. Wir haben ein anderes. Wir wollen unser Steu-
ersystem reformieren. Wir wollen mehr Wachstums-
kräfte für dieses Land freisetzen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Für die Hotels! – Joachim Poß [SPD]: Sie wollen Sprüche!)


Mit den Erträgen wollen wir Haushaltskonsolidierung
betreiben. Ihr Plan ist schiefgegangen. Wir haben einen
neuen Auftrag. Den erfüllen wir gemeinsam mit unse-
rem Koalitionspartner.


(Nicolette Kressl [SPD]: Für die Hotels! – Joachim Poß [SPD]: Für Ihre Spezis!)


Es mag für Sie unerfreulich sein, dass diese Regierung
jetzt das in Angriff nimmt, was Sie nicht geschafft ha-
ben. Aber es ist notwendig; daran führt kein Weg vorbei.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie glauben doch selbst nicht, was Sie sagen! – Joachim Poß [SPD]: Vertreter der Spezi-Partei!)


Während Sie sich hier hinstellen und den Menschen,
die uns an den Bildschirmen oder auch hier im Saal zu-
sehen, erklären, man dürfe auf keinen Fall die Mitte ent-
lasten, erklärt Ihr Herr Gabriel draußen – er ist ja inzwi-
schen das Wetterfähnchen der Nation; er dreht es mal so
und mal so –: Der Mittelstand muss entlastet werden. –
Herr Gabriel, Sie können sich auf diese Koalition verlas-
sen. Wir machen das. Sie haben es nicht hinbekommen,
aber die christlich-liberale Koalition schafft das.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist ein gutes Zeichen. Dadurch entstehen neue
Chancen. Dadurch schaffen wir auch die Haushaltskon-
solidierung. Wenn es einfach wäre, dann hätten Sie Ihre
Politik nach elf Jahren des Scheiterns fortsetzen können.
Aber es ist eine große Aufgabe. Das ist eine Herkules-
aufgabe. Selbstverständlich ist auch die Gegenfinanzie-
rung eine große Herausforderung, der man sich stellen
muss und der wir uns auch stellen werden. Das hat der
Finanzminister deutlich gemacht. Dabei hat er die Libe-
ralen an seiner Seite.

Ihre Aussagen sind doch total widersprüchlich. Ein-
mal sagen Sie: Wir wissen ja gar nicht, was diese Regie-
rung in der Steuer- und Finanzpolitik will. Auf der ande-
ren Seite kritisieren Sie, dass wir als Teil dieser
Koalition unsere Ziele ganz präzise auf den Tisch legen,
unseren Weg ganz konkret aufzeigen. Der Unterschied
zwischen Ihnen und uns ist, dass wir uns präzise an das
halten, was wir vor der Wahl versprochen haben, wäh-
rend Sie immer das Gegenteil getan haben.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht wahr! Präzise nicht! Das ist doch nicht präzise! – Joachim Poß [SPD]: Nichts ist präzise bei Ihnen! Kein Satz zur Finanzierbarkeit von 16 Milliarden Steuersenkungen!)






Dr. Volker Wissing


(A) (C)



(D)(B)

Das sollte das Signal und die Botschaft sein, die von die-
ser Aktuellen Stunde ausgehen. Dann hat sie sich ge-
lohnt, und dann sind wir außerordentlich dankbar dafür,
dass Sie sie beantragt haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Kein einziger Satz zur Finanzierbarkeit!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703607500

Nächster Redner ist der Kollege Lothar Binding für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1703607600

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Die Frage nach der Finanzierbarkeit des
FDP-Modells ist eine Frage, die in die Zukunft gerichtet
ist. Herr Wissing hat diese Frage mit einem Blick in die
Vergangenheit beantwortet. Wie das zusammenpassen
soll, ist mir unklar.


(Beifall bei der SPD)


Das FDP-Modell für die Zukunft lässt sich natürlich
nicht mit der Politik der SPD in der Vergangenheit erklä-
ren. Außerdem ist es anders: Der Blick in die Vergan-
genheit zeigt, dass die Große Koalition mit dem Bürger-
entlastungsgesetz die Bürger, wie der Name es sehr
schön beschreibt, sehr stark entlastet hat, sogar mit einer
Einkommensteuersenkung. Wir haben über das Kon-
junkturprogramm II die Bürger nochmals entlastet und
sehr erfolgreich gegen die Krise gewirkt. Ich glaube,
dass man daran erkennt, wie wir arbeiten.


(Beifall bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Genau so ist es! Auch wenn die CDU das vergessen hat!)


Sie haben etwas von Wahlversprechen gesagt. Dazu
will ich sagen: Wir haben vor der Wahl etwas verspro-
chen. Nach der Wahl haben wir einen Kompromiss be-
schlossen. Ich glaube, dass Sie die Logik „Versprechen
vor der Wahl – Kompromiss nach der Wahl“ möglicher-
weise auch noch in Anspruch nehmen müssen.Sie sagen
immer: Wir halten uns präzise an unsere Versprechen. Es
gab das Versprechen von 35 Milliarden Euro Entlastung,
dann gab es das Versprechen von 24 Milliarden Euro
Entlastung, jetzt gibt es das Versprechen von 16 Milliar-
den Euro Entlastung. Es ist klar: Wenn man so viel ver-
spricht, eines davon könnte man vielleicht halten.

Aber es ist noch viel schlimmer. Die Idee, die diese
FDP-Modellierung des Steuersystems gegenwärtig ver-
folgt, ist absolut unabwägbar. Es ist eine Blackbox im
Steuersystem. Wir lesen: Es soll die betriebswirtschaft-
lich sinnvollste Organisationsstruktur gewählt werden
können, und da sollen gerade kleine und mittlere Unter-
nehmen entlastet werden. Die Antwort auf kleine und
mittlere Unternehmen ist das Wort „Gruppenbesteue-
rung“. Jetzt frage ich mich: Können kleine und mittlere
Unternehmen mit der Gruppenbesteuerung tatsächlich
die Lösung ihrer Probleme verfolgen? Die Antwort ist:
Nein. Sie verweisen sogar auf Österreich und sagen, die
Gruppenbesteuerung würde die Attraktivität des Hol-
dingstandortes Deutschland verstärken. Die Antwort ist:
Möglicherweise gibt es dann in Deutschland sehr viel
mehr Holdings, die hier aber alle keine Steuern zahlen
und somit den Staat exorbitant schwächen. Man braucht
sich nur die Bank Austria anzuschauen. Sie macht Mil-
liardengewinne und zahlt null Steuern in Österreich.
Deshalb überlegen die Österreicher gerade, dieses Mo-
dell abzuschaffen.

Das heißt, Sie wollen ein Instrument schaffen, durch
das die Gewinne so weit gesenkt werden können, dass
wir über die Körperschaftsteuer, die Gewerbesteuer und
die Einkommensteuer gar nicht mehr zu diskutieren
brauchen. Denn wer keine Gewinne macht, braucht auch
keine Steuern zu zahlen. Das ist natürlich ein riesengro-
ßes Problem. Das läuft in Ihrem Modell so nebenher als
Ansatz einer Unternehmensteuerreform, und keiner
merkt so richtig, was passiert. Sie wollen die Erschwer-
nisse, die in Deutschland existieren, um seine Steuern zu
senken, komplett abschaffen.

Ich möchte ein Beispiel nennen. Sie haben eine Ak-
tiengesellschaft, die Gewinne macht, und eine Aktien-
gesellschaft, die Verluste macht. Es wäre fair, zu sagen:
Diese Verluste tragen wir für die eine Aktiengesellschaft
vor. Wenn sie nächstes Jahr Gewinne macht, darf sie das
verrechnen. Das ist gut. Wir haben sogar eine Organ-
schaft geschaffen. Da kann die eine Kapitalgesellschaft
mit der anderen einen Organträger bilden und Verluste
und Gewinne verrechnen; das war gut. So können zum
Beispiel die Stadtwerke die Verkehrsbetriebe querfinan-
zieren.

Es gab früher eine Mehrmütterorganschaft. Das be-
deutete, dass sich zwei Aktiengesellschaften zu einer Or-
ganschaft verbündet haben. Diese Organschaften haben
sich dann zu Mehrmütterorganschaften verbunden. Auf
diesem Weg konnte man sämtliche Gewinne und Ver-
luste, die irgendwo anfielen, verrechnen. Das zerstörte
die Unternehmensteuerbasis in Deutschland. Diese Re-
gelung war auf Deutschland bezogen. Wir haben die
Mehrmütterorganschaft 2002 abgeschafft.

Was machen Sie jetzt mit der Gruppenbesteuerung?
Sie machen eine Art Mehrmütterorganschaft weltweit.
Das heißt, dass die Unternehmen alle Verluste, die ir-
gendwo existieren, nach Deutschland holen können, und
alle Gewinne, die irgendwo existieren, in die Welt ex-
portieren können. Das ist ein gigantisches Problem.


(Joachim Poß [SPD]: Genau! Bei uns wird das Steueraufkommen vernichtet!)


Sie stellen sich damit auf die Seite der Steueroasen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie stellen sich auf die Seite der Schönwettermanager.
Sie stellen sich auf die Seite einer aggressiven Staatsver-
armung, und das bei 100 Milliarden Euro Neuverschul-
dung in diesem Jahr.


(Joachim Poß [SPD]: Steueroase Deutschland! FDP!)






Lothar Binding (Heidelberg)



(A) (C)



(D)(B)

Ich frage: Wie wollen Sie dieses Steuermodell, das abso-
lut im Blindflug die Gruppenbesteuerung durch Ab-
schaffung des Ergebnisabführungsvertrags befürwortet,
vertreten?

Sie schütteln jetzt den Kopf; es ist ein kompliziertes
Gebiet.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Weil Sie lauter falsche Sachen sagen!)


Sie wissen genau, dass es so ist. Sie haben auf Österreich
verwiesen, und ich schaue – da sage ich nichts Falsches –
nach Österreich


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Sie schauen da aber mit einem Kanonenrohr in die Berge!)


und sehe, wie es dort wirkt. Es wirkt verheerend. Das ist
ein ganz großes Problem.

Ich habe eine Frage, die das Verhältnis von Staat und
Privat betrifft: An welchen Abgrund will die FDP diesen
Staat eigentlich noch führen?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703607700

Für die Bundesregierung spricht nun der Parlamenta-

rische Staatssekretär Hartmut Koschyk.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Jetzt kommen die Antworten!)


H
Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1703607800


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die christlich-liberale Bundesregierung sieht es als
Hauptziel ihrer finanzpolitischen Strategie an,


(Joachim Poß [SPD]: Oh! Da geht einem ja ein Gruseln über den Rücken!)


die Wirtschafts- und Finanzkrise durch wachstumsför-
dernde Ausgestaltung öffentlicher Ausgaben und Ein-
nahmen schneller zu überwinden und so für einen selbst-
tragenden Aufschwung zu sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dabei muss eine wachstumsorientierte Steuerpolitik
eine entscheidende Rolle spielen.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist das permanente Wort zum Sonntag!)


Denn sie stärkt durch zielgerichtete steuerliche Entlas-
tungen die produktiven Kräfte in unserer Gesellschaft
und eröffnet zusätzliche finanzielle Spielräume, damit
die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft auch greifen
können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb setzt die Bundesregierung auf eine Doppelstra-
tegie, die beides im Blick behält: die Stärkung der
Wachstumskräfte durch steuerliche Entlastung ebenso
wie eine klare regelgebundene Konsolidierungsstrategie,
die das Vertrauen in eine langfristig tragfähige Haus-
haltsentwicklung erhöht.

Ich verstehe wirklich nicht – da kann ich Herrn Solms
nur recht geben –, dass sich die SPD von ihrer eigenen
Politik verabschiedet.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das!)


Sie haben unter Herrn Beck und dem damaligen Finanz-
minister Steinbrück in der letzten Legislaturperiode ein
SPD-Steuerkonzept entwickelt,


(Joachim Poß [SPD]: Ein Steuerund Abgabenkonzept!)


in dem Sie das Problem der kalten Progression stark pro-
blematisiert und eine Abflachung gefordert haben.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber die Welt hat sich inzwischen verändert!)


Sie haben gemeinsam mit uns in der Großen Koalition
im Rahmen des Konjunkturpaketes II den Einstieg bei
der kalten Progression vorgenommen


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig! – Joachim Poß [SPD]: Ja! Das war 2006! Vollkommen richtig!)


und dies den Wählerinnen und Wählern in Ihrem Wahl-
programm versprochen.


(Joachim Poß [SPD]: Das stimmt doch nicht! Das hat Ihr Kollege auch schon behauptet! Von kalter Progression steht da nichts! Es geht um eine Entlastung der kleinen Einkommen!)


Jetzt, wo Union und FDP dort, wo die Große Koalition
angefangen hat, weitermachen und diese Maßnahme in
die Tat umsetzen wollen, soll die notwendige Entlastung
unterer und mittlerer Einkommen aber auf einmal nicht
mehr gelten und nicht mehr finanzierbar sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich sage Ihnen sehr deutlich: Immer dann, wenn die
Union in diesem Land regiert hat, waren Steuerentlas-
tung, wachstumsorientierte Steuerpolitik und Konsoli-
dierung miteinander vereinbar.


(Nicolette Kressl [SPD]: Ihr Minister sagt aber etwas anderes! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ich sage nur: Rekordverschuldung!)


Wir haben das von 1990 bis 1998 durch mutige Steuer-
reformen von Gerhard Stoltenberg und Theo Waigel
praktiziert,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


und wir hätten ohne das von uns allen gewünschte Ereig-
nis der nationalen Wiedervereinigung im Jahre 1990 ei-
nen ausgeglichenen Haushalt gehabt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie doch auch mal etwas zum „Waigel-Buckel“, den Sie 1996 geschaffen haben!)






Parl. Staatssekretär Hartmut Koschyk


(A) (C)



(D)(B)

Auch Sie sollten ein Stück weit stolz darauf sein, dass
wir die wachstumsorientierte Politik der Großen Koali-
tion ab 2005 auch für Fortschritte bei der Konsolidierung
genutzt haben. Ohne das Hereinbrechen der Finanz-
marktkrise und ihre Auswirkungen auf die Realwirt-
schaft wären wir in den Jahren 2011 und 2012 einem
ausgeglichenen Haushalt sehr nahe gekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das zeigt doch, dass wachstumsorientierte Steuerpolitik
und Haushaltskonsolidierung in Einklang zu bringen
sind.

Selbstverständlich – da gibt es überhaupt keinen Wi-
derspruch – werden wir alle weiteren Steuererleichterun-
gen und Steuervereinfachungen, die wir im Koalitions-
vertrag vereinbart haben und umsetzen wollen, ganz
gezielt auf ihre Auswirkungen im Hinblick auf die Fi-
nanzsituation der Kommunen überprüfen und damit in
Einklang bringen. Wir sind doch diejenigen, die jetzt
erstmals zielführend eine Gemeindefinanzreform ange-
packt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD)


Sie haben immer nur davon geredet. Wir haben diese
Kommission eingesetzt, und wir werden zeitnah Ergeb-
nisse vorlegen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Glauben Sie das jetzt alles wirklich?)


Jetzt will ich Ihnen etwas zu der Geisterdebatte über
Alternativmodelle zur Gewerbesteuer sagen, die Sie an-
gestoßen haben. Wir haben im Rahmen dieser Gemein-
definanzreform zugesichert, alle Vorschläge ohne Tabus
zu prüfen und zu rechnen. Die kommunalen Spitzenver-
bände haben zugesagt, ein Modell zur Revitalisierung
der Gewerbesteuer vorzulegen; auch dieses Modell wird
geprüft und gerechnet.

Ich will Sie aber darauf hinweisen, dass ein anderes
Modell, das in dieser Kommission geprüft und gerechnet
wird, nämlich der Ersatz der Gewerbesteuer durch eine
höhere Beteiligung der Kommunen an der Umsatzsteuer
mit einem Hebesatzrecht bei der Einkommensteuer und
der Körperschaftsteuer


(Nicolette Kressl [SPD]: Ist noch nie gerechnet worden!)


– liebe Frau Kollegin Kressl, wenn Sie das Handelsblatt
von gestern gelesen hätten, wüssten Sie das –, zurzeit in
Baden-Württemberg mithilfe des Finanzministeriums
gerechnet wird.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber das ist doch schon gerechnet worden! – Joachim Poß [SPD]: Ja! 20 Mal in den letzten 30 Jahren!)


Der Stadtkämmerer von Stuttgart hat laut Handels-
blatt vom gestrigen Tage dargelegt, dass sich für eine
Stadt, für eine Metropole wie Stuttgart die Alternative
„höherer Anteil an der Umsatzsteuer und Hebesatzrecht
bei der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer“
gerade in einer Krisensituation, in der die Konjunkturan-
fälligkeit der Gewerbesteuer in jedem kommunalen
Haushalt deutlich wird, rechnen würde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Wer gibt denn dann etwas ab? – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Und wer verzichtet dann auf Anteile?)


Deshalb rate ich Ihnen: Rüsten Sie ideologisch ab!
Sorgen Sie endlich einmal dafür, dass wir die Schaffung
verlässlicher Kommunalfinanzen, aber auch die Entlas-
tung der Kommunen bei den Ausgaben durch Absen-
kung bundesgesetzlicher Standards in Angriff nehmen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wer zahlt eigentlich die Umsatzsteuer?)


Das ist nämlich ebenfalls ein Hauptwunsch der Kommu-
nen.

Wir werden sehr gespannt verfolgen können, ob Sie
von der SPD es auch mittragen werden, wenn wir die
Absenkung von bundesgesetzlich vorgegebenen Stan-
dards zur Entlastung der Kommunen bei den Ausgaben
vornehmen werden, oder ob Sie dort immer nur den
Mund spitzen und auch nicht richtig pfeifen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt will ich Ihnen noch etwas sagen, weil Sie schon
wieder – verbunden mit einer namentlichen Abstim-
mung am morgigen Tag – den Popanz der Abschaffung
der Steuerfreiheit für Feiertags- und Nachtarbeitszu-
schläge aufbauen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Genau!)


Liebe Frau Kollegin Kressl, Sie müssten doch wissen,
dass das diesbezügliche Gutachten unter sozialdemokra-
tischer Leitung im Finanzministerium in Auftrag gege-
ben worden ist.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Aber nicht von Sozialdemokraten umgesetzt worden, aus guten Gründen!)


Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Der Zufall hat es gefügt,
dass das Gutachten zwar 2007 unter Herrn Steinbrück in
Auftrag gegeben worden ist, dass das Ergebnis aber erst
quasi mit Ende des Wahlkampfs nach der Bundestags-
wahl bekannt geworden ist. Wir machen uns dieses Gut-
achten, das Sie in Auftrag gegen haben, inhaltlich nicht
zu eigen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


Bauen Sie deshalb hier keinen Popanz auf.

Wir werden als christlich-liberale Koalition beweisen,
dass unser Weg richtig ist, der ja Früchte trägt und
Deutschland wieder in eine Wachstumsphase bringt. Für
dieses Jahr sind 1,4 Prozent und für das nächste Jahr
1,6 Prozent Wirtschaftswachstum prognostiziert – wo-
mit wir uns an der unteren Schwelle der Schätzungen be-
wegen. Das zeigt, dass auch noch das, was wir gemein-
sam in der Großen Koalition beschlossen haben, vor
allem aber das, was wir jetzt als Push für die Wirtschaft
in der Krise durch die christlich-liberale Koalition einge-
bracht haben, seine Wirkung am Arbeitsmarkt entfaltet.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ach ja?)






Parl. Staatssekretär Hartmut Koschyk


(A) (C)



(D)(B)

Niemand hat vorausgesehen, dass der deutsche Ar-
beitsmarkt – auch durch die Maßnahmen, die diese
christlich-liberale Koalition seit Amtsantritt umgesetzt
hat – so schnell wieder in Schwung kommt und Fahrt
aufnimmt.


(Joachim Poß [SPD]: Quatsch! Durch die Konjunkturpakete der Großen Koalition!)


Das ist doch Ihr Dilemma. Sie hätten es gern, dass
diese Regierung keinen Erfolg hat. Sie hätten es gern,
dass unsere wachstumsgeleitete Politik – die Sie ja be-
kämpft haben; ich erinnere mich an all das, was Sie im
Herbst zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz gesagt
haben – keine entsprechenden Wirkungen hat. Jetzt trägt
diese Politik Früchte. Jetzt gibt es wieder Wachstum in
Deutschland. Jetzt stabilisieren wir den Arbeitsmarkt.

Dort werden wir weitermachen: durch Steuererleich-
terung, durch Steuervereinfachung, durch verantwort-
bare Konsolidierung. Wir werden zeigen, dass sich alles
das zum Wohle der Menschen in unserem Land verant-
wortungsbewusst zur Deckung bringen lassen wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Sie glauben das aber nicht wirklich selbst!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703607900

Nun hat der Kollege Klaus Brandner für die SPD-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1703608000

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Staatssekretär Koschyk hat gerade viel er-
zählt, aber inhaltlich gar nichts gesagt.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wie immer!)


Am Ende kann man ganz deutlich feststellen: Die Große
Koalition hat die Schulden abgebaut. Schwarz-Gelb hat
den höchsten Schuldenstand zu verantworten, den wir
jemals in der Bundesrepublik Deutschland hatten.


(Beifall bei der SPD)


Das ist die Ausgangssituation, über die wir uns zu unter-
halten haben.

Herr Koschyk, Sie haben hier erklärt, die Wachstums-
kräfte seien gestärkt. Sie brauchen sich doch nur einmal
die Prognosen anzuschauen, die die wirtschaftswissen-
schaftlichen Institute für dieses Jahr, für nächstes Jahr
und die Zeit danach vorlegen. Vor diesem Hintergrund
ist viel Pfeifen im Walde und bisher wenig Inhalt zu ver-
zeichnen.

Mittlerweile – das kann man deutlich sagen – ist der
9. Mai immer stärker in das öffentliche Bewusstsein ge-
rückt. In Nordrhein-Westfalen stehen Landtagswahlen
an. Der Muttertag kann zu einem bedeutenden politi-
schen Tag in Deutschland werden. Die Regierung ist
hektisch geworden. In dieser Woche werden drei Regie-
rungserklärungen abgegeben. Ich kann mich nicht daran
erinnern, dass es das jemals gegeben hat. Wäre es nach
Frau von der Leyen gegangen, hätten wir diese Woche
sogar noch eine vierte Regierungserklärung bekommen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wenn wir die nicht vorgesehen hätten, wären sie wahrscheinlich von Ihnen gefordert worden!)


Es scheint vieles nachzuholen zu sein, was man bisher
versäumt hat.

Kollege Dautzenberg, ich glaube, Schwarz-Gelb
möchte noch einmal glänzen, insbesondere die FDP mit
ihren vergifteten Wohltaten, nämlich Steuersenkungen.
Bisher ist es doch so, dass die FDP, wenn irgendein Pro-
blem auftaucht, wie ein Mantra „Steuersenkungen“ for-
dert.


(Beifall bei der SPD)


Die FDP ist im Bundestagswahlkampf mit dem Verspre-
chen angetreten, die Steuerzahler um 35 Milliarden Euro
zu entlasten. Wir haben gerade gehört, wie die Entwick-
lung war: Beim Koalitionsvertrag hat sich die FDP auf
24 Milliarden Euro herunterhandeln lassen, und selbst
diese stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Mittlerweile
ist nur noch von 16 Milliarden Euro die Rede. Und dann
tritt Herr Wissing hier auf und sagt, bei der FDP gilt:
Was wir versprechen, das halten wir auch. – Nein, die
FDP hat bewiesen: Sie ist die Umfallerpartei Nummer
eins. Sie hat ihre Wahlversprechen nicht eingehalten, sie
hat die Wähler getäuscht. Die Umfrageergebnisse, die
wir zurzeit verfolgen können, zeigen, dass die FDP die
Quittung dafür bekommen wird.


(Beifall bei der SPD)


Die FDP sagt, dass sie ein Steuersystem will, das ein-
fach und gerecht ist. Da haben Sie mit dem sogenannten
Wachstumsbeschleunigungsgesetz und der ermäßigten
Besteuerung des Beherbergungsgewerbes nun wirklich
Ihr Meisterstück abgeliefert. Sie haben Komplizierungen
eingeführt – von Steuervereinfachung kann keine Rede
sein.

Aber zurück zu der Frage: Bei wem kommen die
Wohltaten an, und wer sie soll bezahlen? 40 Prozent der
Bevölkerung haben nichts von einer Senkung der Ein-
kommensteuer; denn das Einkommen dieser Leute ist so
niedrig, dass sie überhaupt keine Steuern zahlen. Da
müsste man den Hebel ansetzen: Man müsste zum Bei-
spiel dafür sorgen, dass der Missbrauch bei der Leihar-
beit eingeschränkt wird. Man müsste Mindestlöhne ein-
führen, und man müsste verhindern, dass prekäre
Beschäftigungsverhältnisse auch noch ausgebaut wer-
den.

Das RWI, ein unabhängiges Institut, hat gerade bestä-
tigt, dass von den Steuersenkungen, die Sie planen,
60 Prozent bei den wohlhabendsten Bevölkerungsgrup-
pen ankommen. Diese profitieren, nicht die Bezieher un-
terer und mittlerer Einkommen. Das RWI hat vorgerech-
net, dass von den 16 Milliarden Euro 10 Milliarden Euro
bei Haushalten mit einem zu versteuernden Einkommen
von über 55 000 Euro ankommen. Fast zwei Drittel der
gesamten Steuerentlastung kommen also bei den Besser-
verdienenden an, und das nennen Sie eine Steuerreform





Klaus Brandner


(A) (C)



(D)(B)

für die unteren und mittleren Einkommen! Das ist unge-
recht, meine Damen und Herren, und es kann keiner er-
warten, dass wir so etwas mitmachen.


(Beifall bei der SPD)


Was Kollege Solms, unterstützt von NRW-Wahlkämpfer
Pinkwart, vorgetragen hat, ist Täuschung. Bei den unte-
ren und mittleren Einkommen kommt nämlich so gut
wie gar nichts an. Wer bis 12 033 Euro verdient, würde
nach den Steuerplänen der FDP im Jahr um gerade ein-
mal 11 Euro entlastet, so das RWI.


(Zuruf von der CDU/CSU: Der zahlt aber auch gar keine Steuern!)


Ich will deutlich sagen: Wer behauptet, Kollege
Dautzenberg, dass die Entlastung insbesondere bei den
unteren und mittleren Einkommen ankommt, hat entwe-
der keine Ahnung, oder er redet aus Koalitionstreue der
FDP etwas nach.


(Leo Dautzenberg sich doch einmal die Tabellen an, was kalte Progression bedeutet! Ich habe mir niemals vorstellen können, dass eine sich sozial nennende CDU so etwas unterstützen könnte. (Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD] – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was Sie erzählen, ist Quatsch! Schauen Sie sich einmal die Grenzsteuerbelastung im unteren Bereich an!)


– Schauen Sie sich das Gutachten des RWI an! Bei der
FDP dementiert keiner, dass die Verteilungswirkung der
von Ihnen vorgestellten Steuerreform so ausfällt, wie ich
es gerade vorgetragen habe.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns fragen:
Wie soll dieser Prozess weitergehen? Ich muss feststel-
len: Trotz der Rekordverschuldung, die wir in Deutsch-
land haben, beabsichtigen Sie, die Einkommensteuer um
weitere 16 Milliarden Euro abzusenken. Bei den unteren
Einkommen träte fast keine, bei den mittleren Einkom-
men nur eine spärliche, bei den oberen Einkommen aber
eine erhebliche Entlastung ein. Auf das wirtschaftliche
Wachstum wird das keine Wirkung haben.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703608100

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit!


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1703608200

Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, zu er-

fahren, wer die Zeche zahlen soll: Das ist der Stahlarbei-
ter, der Rettungssanitäter, die Krankenschwester, der
Busfahrer, all die, die in Wechselschicht, in Spätschicht
und an Feiertagen arbeiten und dafür Zulagen bekom-
men, die steuerbegünstigt sind.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Haben Sie die Krankenschwester auch nicht vergessen?)


Im Koalitionsvertrag mit Ihnen, Herr Dautzenberg, vor
fünf Jahren, haben wir geregelt, dass genau hier die Be-
steuerung nicht verändert wird.


(Beifall bei der SPD)

Deshalb fragen wir zu Recht, wie Sie sich morgen in die-
ser Frage verhalten werden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703608300

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1703608400

Stehen Sie zu dem Wort von vor vier Jahren, oder ha-

ben Sie zwischenzeitlich – der FDP zuliebe – eine Kehrt-
wendung vorgenommen? Leistung soll sich lohnen,
sagen Sie. Tatsächlich wollen Sie die Werbungskosten-
pauschale verändern


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wo denn?)


und die Steuerfreiheit der genannten Zuschläge aufhe-
ben. Dadurch werden Sie für eine ungerechte Schieflage
sorgen. Das wird mit der SPD nicht zu machen sein.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703608500

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Olav

Gutting das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1703608600

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Wenn in diesem Land ein durchschnittlicher Arbeitneh-
mer mit einem monatlichen Verdienst von 3 100 Euro
Brutto von jedem zusätzlich verdienten Euro nur noch
42 Prozent übrig hat, dann ist das, darüber sind wir uns
in der Regierungskoalition einig, ungerecht und leis-
tungsfeindlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Herr Brandner, hören Sie einmal zu, RWI!)


Wir sind uns in der Koalition auch einig darüber, dass
wir für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die-
sem Land mehr Netto vom Brutto wollen. Wir wollen
den Mittelstandsbauch und die kalte Progression im Ein-
kommensteuertarif abschaffen, weil die leistungsbereite
Mitte dadurch übermäßig belastet wird. Wir haben in
dieser Koalition ebenfalls Einigkeit darüber, dass unser
gesamtes Einkommensteuerrecht durch das Bemühen
um Einzelfallgerechtigkeit und durch den Versuch bzw.
Missbrauch, immer wieder Lenkungseffekte im Einkom-
mensteuerrecht zu erfinden, über Jahrzehnte hinweg eine
Komplexität entwickelt hat, die viele in diesem Land zu
Recht als unerträglich empfinden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein unverständliches Steuerrecht ist eben ein ungerech-
tes Steuerrecht.

Das Zusammenwirken eines komplizierten Steuersys-
tems mit leistungsfeindlichen Besteuerungsmerkmalen
ist ein Grund dafür – ein Grund, nicht der einzige –, dass
die Schwarzarbeit in Deutschland ein Umsatzvolumen
von geschätzten 360 Milliarden Euro hat. Wenn es mit
einem leistungsgerechteren und einfacheren Steuerrecht
gelänge, nur 10 Prozent von dieser Schwarzarbeit wieder





Olav Gutting


(A) (C)



(D)(B)

in den legalen Bereich zurückzuführen, dann wären al-
leine das schon Mehreinnahmen bei den Steuern und So-
zialabgaben in Höhe von 16 Milliarden Euro.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Versuchen Sie es doch einmal bei den Schwarzarbeitgebern!)


Bei den im Raum stehenden Zahlen, die wir hier dis-
kutieren, lohnt es sich auch immer wieder einmal, an den
1. Januar dieses Jahres zu erinnern; denn wir haben die
Bürgerinnen und Bürger in diesem Land bereits zum
1. Januar dieses Jahres mit weit über 20 Milliarden Euro
entlastet. Über 10 Milliarden Euro davon haben wir übri-
gens mit Ihnen von der SPD beschlossen, und das trotz
einer schwierigen Finanzlage.

Ich muss auch noch einmal darauf hinweisen, dass die
christlich-liberale Koalition ebenfalls mit Wirkung vom
1. Januar dieses Jahres an fast 5 Milliarden Euro zusätz-
lich für die Familien bereitgestellt hat:


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


mit der Erhöhung des Kindergeldes und der Erhöhung
des Kinderfreibetrages. Das bedeutet die im Wahlkampf
versprochene Stärkung der Keimzelle unserer Gesell-
schaft, das bedeutet die Stärkung der Leistungsträger un-
serer Gesellschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir stärken damit die Kaufkraft der Bürgerinnen und
Bürger in diesem Land. Im Übrigen: Dazu hat Frau
Kraft, die Vorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen,
wortwörtlich gesagt, das wäre eine unsägliche Steuer-
senkungspolitik.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Da hat sie recht!)


Wir sind uns in der Regierungskoalition jedenfalls da-
rüber einig, dass wir in den nächsten Jahren eine große
Konsolidierungsaufgabe vor uns haben. Die Schulden-
bremse, im Grundgesetz vereinbart, gibt uns vor, ab
2016 quasi keine neuen Schulden mehr zu machen. Es
ist im Übrigen nicht nur der Schuldenbremse geschuldet,
sondern es ist auch eine Selbstverständlichkeit und eine
Frage der Generationengerechtigkeit und der Nachhal-
tigkeit, dass wir in den nächsten Jahren einen ausgegli-
chenen Haushalt schaffen.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Kommen Sie doch einmal zum Thema!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann aber doch
keine Rechtfertigung dafür sein, dass wir in den steuer-
politischen Stillstand übergehen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber das tun Sie doch!)


Die Konsolidierung der Haushalte ist ein Projekt für
mehr als eine Legislaturperiode. Niemand erwartet oder
verlangt von uns, dass wir schon zu Weihnachten in die-
sem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt haben.

Bewusst haben wir auch die Schuldenbremse so ver-
einbart und im Grundgesetz angelegt, dass sich ihre
volle Bremswirkung über ein Jahrzehnt hinweg aufbaut.

(Manfred Zöllmer [SPD]: Über ein Jahrzehnt?)


Niemand in diesem Haus behauptet, man könnte bereits
in diesem Jahr die Steuern um weitere 16 Milliarden
Euro senken und dies noch im selben Jahr durch höheres
Wachstum ausgleichen.

Wir sind uns in der Regierungskoalition einig: Die
Aufgabe der Glättung des Einkommensteuertarifs, des
Ausstiegs aus der kalten Progression und der Vereinfa-
chung des Einkommensteuerrechts ist lösbar, aber sie
braucht Zeit. Steuerentlastungen gehören in ein haus-
haltspolitisches Gesamtkonzept.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Da haben Sie recht! Aber das fehlt!)


Ich darf abschließend festhalten: Wir sind uns einig,
dass sich dieses Gesamtkonzept erst nach Vorlage der
Zahlen der nächsten Steuerschätzung fundiert entwi-
ckeln lässt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Lindner [FDP])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703608700

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Klaus-Peter Flosbach für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Klaus-Peter Flosbach (CDU):
Rede ID: ID1703608800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute wird deutlich, was Müntefering immer gesagt hat:
Opposition ist Mist. Ich kann verstehen, dass Sie mit ei-
nem Koalitionsvertrag Schwierigkeiten haben,


(Nicolette Kressl [SPD]: Mit dieser Regierung!)


an dem Sie erstmals nach elf Jahren nicht beteiligt wa-
ren. Wir aber haben im Koalitionsvertrag gesagt, was
wir tun, und jetzt tun wir, was wir gesagt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Noch eine Kommission!)


Wir haben in diesem Jahr voraussichtlich Steuerein-
nahmen in Höhe von 510 Milliarden Euro. Im Jahr 2012
werden es voraussichtlich 552 Milliarden Euro und 2013
575 Milliarden Euro sein. Das sind also 63 Milliarden
Euro mehr als nach der alten Steuerschätzung vom Ende
des letzten Jahres.

Selbstverständlich prüfen wir jetzt erst einmal genau:
Wo können wir das Steuersystem vereinfachen, und
wann setzen wir die Entlastung in Höhe von 16 Milliar-
den Euro um?. Wir sind schließlich in der größten Krise
seit 60 Jahren. Das hat auch die Opposition nie bestrit-
ten. Deswegen und weil wir bis zum Jahr 2016 die ver-
einbarte Schuldengrenze einhalten wollen, müssen wir
Zug um Zug vorgehen.

Wir brauchen aber finanziellen Spielraum, der die Vo-
raussetzung für Wachstum, Konsum und Investitionen
ist. Das ist die Voraussetzung für alles.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Klaus-Peter Flosbach


(A) (C)



(D)(B)

Über die SPD bin ich sehr stark verwundert. Herr
Binding hat das Bürgerentlastungsgesetz angesprochen.
In der Tat haben wir damit eine Entlastung in Höhe von
14 Milliarden Euro auf den Weg gebracht.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


In den Reden der SPD-Redner zu diesem Thema – wir
haben gerade Mitte des letzten Jahres darüber diskutiert –
ist im Protokoll das Wort „konjunkturfördernd“ zu lesen.
Das Vorhaben wurde als gezielt und angemessen be-
zeichnet.

Wir haben in unserer Koalition mit unserem ersten
Gesetz das Kindergeld erhöht und die Sanierung von
Unternehmen erleichtert, um Arbeitsplätze zu retten.
Das ist offensichtlich nicht mehr angemessen. Das Ein-
zige, das nicht angemessen ist, ist, dass Sie dagegenge-
stimmt haben, und damit gegen die Sicherung von Ar-
beitsplätzen und die Erhöhung des Kindergeldes.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben im Koalitionsvertrag deutlich formuliert,
was wir wollen: Wir wollen die Entlastung der kleinen
und mittleren Einkommen. Die Entlastung der Leis-
tungsträger ist wichtig für die Zukunft unseres Steuer-
systems.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Poß hat eben deutlich gemacht, dass er gar nicht
genau weiß, wann die Entlastung erfolgt und wie ein-
zelne Beispiele dazu aussehen. Er kennt also offensicht-
lich die Beispiele nicht. Bei einem zu versteuernden Ein-
kommen von 25 000 Euro erreicht eine Einzelperson bei
den Sozialabgaben eine Abgabenquote von 50 Prozent.
Das sind also 50 Cent pro Euro. Bei einem Gehaltszu-
wachs von 100 Euro werden 50 Euro abgezogen. Bei ei-
nem zu versteuernden Einkommen von 35 000 Euro sind
es bereits 56 Prozent. Bitte sagen Sie das dem Kollegen
Poß, damit er als finanzpolitischer Sprecher Ihrer Frak-
tion das auch weiß.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen eine echte Entlastung. Das ist etwas ande-
res, als Rot und Grün mit ihren Steuergesetzen 1998 auf
den Weg gebracht haben.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das ist aber wirklich stark!)


– Sehr gut, dass Sie das ansprechen, Frau Hendricks. Sie
waren damals Staatssekretärin, und Sie sind noch heute
stolz darauf, dass Sie den Spitzensteuersatz von
53 Prozent auf 42 Prozent gesenkt haben. Aber hat es
denn Steuerentlastungen gegeben? Mitnichten. Es hat
keine Steuerentlastung gegeben, weil gleichzeitig die
Bemessungsgrundlage verbreitert wurde.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Aber nur für die Millionäre!)


Der Mittelstand hat dies immer als Giftliste für ihn be-
zeichnet. Das war etwas anderes als das, was wir ma-
chen. Wir entlasten die Bürgerinnen und Bürger wirk-
lich.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Stärkste ist das gewesen, was Sie, Herr Schick,
angesprochen haben, als Sie sich als Anwalt der Kom-
munen aufgespielt haben.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja, das ist das Allerstärkste!)


Das war wirklich ein starkes Stück. Die Kommunal-
finanzen – das sage ich einmal als Kommunalpolitiker –
sind eines der wichtigsten Themen, denen wir uns jetzt
stellen müssen. Dies tun wir in dieser Koalition auch.
Wir haben jetzt eine Kommission eingesetzt, die nicht
nur die Einnahmen, sondern auch die Ausgaben prüft.
Wir alle haben es in den Kommunen erlebt, dass die Ge-
werbesteuer als zentrale Einnahmeposition nicht die
richtige Steuer ist. Wir müssen an dieses Thema heran,
damit die Kommunen stabile Einnahmen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bernd Scheelen [SPD]: Die möchten sie aber gerne behalten!)


– Herr Scheelen, die Kommunalpolitiker der SPD und
der Grünen müssten ja rote Ohren, rot-grüne Ohren,
kriegen, wenn sie an die Themen denken, die Sie umge-
setzt haben. Eines der ersten Themen war, als Sie von
Rot-Grün an der Regierung waren, die Erhöhung der Ge-
werbesteuer, die zum Schluss nahezu 30 Prozent betra-
gen hat.


(Bernd Scheelen [SPD]: Sie reden Unsinn!)


Das stärkste Stück aber war Ihr letzter rot-grüner Akt.
Im Jahre 2005, kurz vor den Bundestagswahlen, wollten
Sie den Kommunen den Beitrag zu den Kosten der Un-
terkunft streichen. Ihr Minister hat damals den Vorschlag
gemacht, den Satz für die Kommunen auf null zu sen-
ken. Das war eine Enteignung der Kommunen; denn hier
ging es um Milliardenbeträge. Spielen Sie sich heute
nicht als Vertreter der Kommunen auf!


(Beifall bei der CDU/CSU – Bernd Scheelen [SPD]: Keine Ahnung!)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir arbeiten
den Koalitionsvertrag Zug um Zug ab. Das Steuerrecht
ist undurchsichtig, unvernünftig und ungerecht. Wir ge-
hen an diese unendliche Geschichte heran, wir vereinfa-
chen und entlasten. Wir brauchen Stabilität; aber wir
brauchen auch Freiraum für Investitionen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703608900

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde
– Drucksachen 17/1388, 17/1402 –

Zu Beginn der Fragestunde kommen wir gemäß Nr. 10
Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde zunächst zu
den dringlichen Fragen auf Drucksache 17/1402. Sie be-
treffen den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
der Finanzen.





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Für die Beantwortung der Fragen steht Herr Parla-
mentarischer Staatssekretär Steffen Kampeter zur Verfü-
gung. Es geht bei diesen dringlichen Fragen um die
Pläne der Bundesregierung zur Ausgestaltung der Hilfen
für Griechenland und mögliche Konsequenzen für den
Bundeshaushalt.

Ich rufe zunächst die dringliche Frage 1 des Kollegen
Volker Beck auf:

Wie stellt sich die Bundesregierung zu den Äußerungen
vom Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble,
im Spiegel vom 19. April 2010, einen im Rahmen des Ret-
tungspakets für Griechenland zu gewährenden Milliardenkre-
dit nicht im Bundeshaushalt über einen Nachtragshaushalt
aufzuführen, und auf Grundlage welcher Bestimmungen im
Haushaltsrecht sieht sie sich zu einer solchen Vorgehensweise
berechtigt?

Herr Staatssekretär, bitte.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703609000


Frau Präsidentin! Die Antwort auf Ihre Frage, lieber
Herr Kollege Beck, lautet wie folgt: In der Bundesrepu-
blik Deutschland ist vorgesehen, dass im Bedarfsfall die
Kreditanstalt für Wiederaufbau im Rahmen eines Zuwei-
sungsgeschäfts für den Bund tätig wird und Kredite für
Griechenland vergibt. Die Kreditanstalt für Wiederauf-
bau würde für ihre Beteiligung am Hilfsprogramm für
Griechenland eine Gewährleistung des Bundes benöti-
gen, soweit es zu einem solchen Programm kommt.

Die Übernahme von Gewährleistungen erfordert nach
Art. 115 Abs. 1 des Grundgesetzes eine der Höhe nach
bestimmbare oder bestimmte Ermächtigung durch ein
vom Deutschen Bundestag formell beschlossenes Ge-
setz. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die
Schaffung eines expliziten eigenen Ermächtigungstatbe-
stands zur Absicherung von Krediten geboten. In der Re-
gel sind Gewährleistungsermächtigungen im Haushalts-
gesetz enthalten; das ist zutreffend. Dies ist aber nicht
zwingend, wie etwa ein Blick auf die vergleichbaren Er-
mächtigungen in § 6 des Finanzmarktstabilisierungs-
fondsgesetzes zeigt. Art. 115 Abs. 1 des Grundgesetzes
erfordert ein formelles Bundesgesetz, aber kein speziel-
les Haushaltsgesetz.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703609100

Ihre Nachfrage, bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703609200

Die Frage wurde gestern formuliert und eingereicht.

Mittlerweile gibt es die widersprüchlichsten Agentur-
meldungen über die Haltung der Koalition zu dieser
Frage. Offensichtlich hat der Bundesfinanzminister ges-
tern bei der Union vorgesprochen und wollte ein Gesetz
an das Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates,
das wir morgen im Plenum behandeln werden, ankop-
peln. Damit ist er abgeblitzt. Können Sie mir jetzt sagen,
in welcher Form und wann die Bundesregierung dem
Deutschen Bundestag die rechtlichen Grundlagen vorle-
gen wird, um die entsprechenden Gewährleistungen und
Kreditzusagen an Griechenland auf den Weg zu bringen?
S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703609300


Herr Kollege Beck, zuerst einmal will ich darauf hin-
weisen, dass der Bundesminister der Finanzen heute in
drei Parlamentsausschüssen Rede und Antwort zu den
Details der Überlegungen der Bundesregierung in der
Causa Griechenland gestanden hat. Er hat heute Vormit-
tag im Finanzausschuss begonnen, er war im Anschluss
daran im Haushaltsausschuss, und er dürfte in diesen
Minuten im Europaausschuss Stellung nehmen. Die Be-
ratungen haben sich unter anderem auf die von Ihnen er-
wähnten Pressemeldungen kapriziert.

Ich kann Ihnen bestätigen, dass wir im Bundesfinanz-
ministerium überlegt haben, ob es sinnvoll und richtig
ist, auch zur Wahrung von zeitlichen Abläufen, ein Ge-
setzgebungsverfahren, das sich im parlamentarischen
Bereich befindet und für das der Haushaltsausschuss, der
für die Griechenlandhilfe zuständig ist, die Federführung
hat, aufzuhalten und für den möglicherweise in den
nächsten Wochen eintretenden Fall einer griechischen
Hilfsanfrage und einer Freischaltung durch den Europäi-
schen Rat auf dieses Gesetzgebungsverfahren aufzuset-
zen. Ich kann Ihnen darüber hinaus bestätigen, dass wir
diese Überlegung nicht mehr weiterverfolgen, weil ins-
besondere im parlamentarischen Bereich gemeinsam mit
dem Bundesfinanzminister entschieden worden ist, dass
wir wegen der Grundsätzlichkeit des Anliegens nicht auf
ein bestehendes, im parlamentarischen Verfahren befind-
liches Gesetzgebungsverfahren aufsetzen, sondern ein
gesondertes, isoliertes Gesetzgebungsverfahren einleiten
werden, für das die Bundesregierung gegebenenfalls,
falls es erforderlich ist, den Koalitionsfraktionen per Be-
schluss im Bundeskabinett oder anders formalisiert ei-
nen Formulierungsvorschlag unterbreiten würde.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703609400

Herr Kollege Beck, haben Sie eine weitere Nach-

frage?


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1703609500

Ja. – Eigentlich habe ich die gleiche Frage noch ein-

mal, weil sie im Kern nicht beantwortet ist. Ich habe ge-
fragt: Wann wird die Bundesregierung in welcher Form
dem Deutschen Bundestag eine Initiative vorlegen oder
den Koalitionsfraktionen eine Formulierungshilfe an die
Hand geben, damit wir wissen, wann wir hier darüber
beraten müssen? Es mag sein, dass der Bundesfinanz-
minister das in den Ausschüssen gesagt hat. Wir haben
aber hier im Deutschen Bundestag die Möglichkeit, Sie
als Bundesregierung zu befragen. Sie müssen dann hier
nicht als Ministerium, sondern als Regierung antworten.
Gleichzeitig gilt, anders als in den Ausschüssen, im Ple-
num das Öffentlichkeitsprinzip. Deshalb wäre es schön,
wenn Sie uns vor der deutschen Öffentlichkeit diese
Frage beantworten könnten.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703609600


Herr Kollege Beck, es ist mir selbstverständlich eine
Freude, diese Nachfrage zu beantworten.





Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter


(A) (C)



(D)(B)

Der erste Teil bezog sich auf das Wann. Die Frage
nach dem Wann kann ich Ihnen nicht beantworten, wenn
Sie heute ein konkretes Datum erfragen. Ich kann Ihnen
aber prinzipiell erläutern, welche Vorgehensweise zur
Auslösung einer solchen gesetzlichen Initiative führen
würde. Wir als Bundesregierung gehen davon aus, dass
wir keine gesetzgeberischen Aktivitäten unternehmen
sollten, bevor die Griechen nicht einen Antrag auf Hilfe
gestellt haben. Ein solcher Antrag liegt zum gegenwärti-
gen Zeitpunkt nicht vor. Was zum gegenwärtigen Zeit-
punkt verbindlich erklärt werden kann, ist, dass – nach
Flugverzögerungen durch die Aschewolke – heute eine
IWF-Mission in Griechenland eingetroffen ist. Nach Ab-
schluss dieser Mission werden wir ein entsprechendes
prozedurales Vorgehen erkennen können, beispielsweise
ob Griechenland überhaupt einen Antrag stellt. Dazu
werden dann die zuständigen Stellen, beispielsweise die
Europäische Kommission oder die Europäische Zentral-
bank, optieren. Dann ist vorgesehen – das ist Bestandteil
der technischen Einigung auf der Ebene der Finanz-
minister der Euro-Zone –, dass ein Europäischer Rat
über die mögliche Gewährung von Hilfen für Griechen-
land entscheidet. In diesem Kontext muss eine parla-
mentarische Ermächtigungsgrundlage in dem von mir
hier beschriebenen Rahmen geschaffen werden.

Sie haben auch nach der Form gefragt. Es wird ein
isoliertes Gesetzgebungsverfahren sein, durch das der
Größenordnung nach bestimmbare oder bestimmte Ga-
rantieoptionen beschrieben sind, die für eine mögliche,
derzeit noch nicht beschlossene Griechenlandhilfe ge-
währt werden könnten.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703609700

Herr Kollege Dr. Schick.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Staatssekretär, ich habe zwei Teilfragen.

Meine erste Teilfrage bezieht sich auf das Verfahren.
Kann man, wenn man das von Ihnen avisierte Verfahren
wählt, sicherstellen, dass man ausreichend Zeit zur Bera-
tung hat, oder gibt es ein Kurzverfahren, in dem man
kaum die Zeit hat, sich die Details anzuschauen? Über
diese Details kann uns die Bundesregierung heute noch
nicht viel sagen. Deshalb würde manches dafürsprechen,
das parlamentarische Verfahren zwar vor einer konkre-
ten Anfrage, aber nachdem die Rahmenbedingungen in
der Europäischen Union verhandelt sind, durchzuführen.

Meine zweite Teilfrage bezieht sich auf einen inhalt-
lichen Punkt. Ist es ein zentrales Anliegen der Bundes-
regierung, bei den Verhandlungen zu den Griechenland-
hilfen sicherzustellen, dass ein staatlicher Kredit
Deutschlands an Griechenland vom Rang her vor einem
Kredit privater Gläubiger liegt, oder ist das nicht ein
zentrales Anliegen der Bundesregierung?

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703609800


Ihre erste Frage bezieht sich auf die parlamentari-
schen Mitwirkungsrechte. Der Bundesfinanzminister hat
heute für die Bundesregierung vor den Ausschüssen
noch einmal deutlich gemacht, dass wir für den Fall ei-
nes griechischen Hilfebegehrens eine rasche parlamenta-
rische Beratung unter umfassender Gewährung von par-
lamentarischen Mitwirkungsrechten anstreben. „Rasch“
heißt in diesem Kontext, dass wir das nicht über Monate
beraten wollen. „Umfassende Gewährung von parlamen-
tarischen Mitwirkungsrechten“ heißt, dass wir Ihnen
selbstverständlich in jeder Form über den materiellen
Gehalt der bis dahin getroffenen Vereinbarungen gerne
Auskunft geben wollen. Wir als Bundesregierung lassen
aber keinen Zweifel daran, dass wir für den Fall eines
griechischen Hilfsbegehrens rasch zu Entscheidungen
im parlamentarischen Bereich kommen wollen. Wir ha-
ben die Leistungsfähigkeit des deutschen Parlamentaris-
mus auch im Zusammenhang mit dem gerade von mir
angesprochenen Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz
nachgewiesen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Ach, so soll das wieder gehen!)


Ihre zweite Frage bezog sich auf eine Festlegung der
Bundesregierung innerhalb von Rangfragen. Soweit mir
bekannt ist, hat der Bundesfinanzminister dazu im Fi-
nanzausschuss wie im Haushaltsausschuss festgestellt,
dazu gebe es noch keinerlei Festlegungen. Ich will Ihnen
versichern, dass wir im Rahmen eines möglichen ge-
poolten Kredits alles daransetzen werden, um sowohl die
Eigeninitiative und Eigenverantwortung Griechenlands
zu stärken als auch die Interessen der deutschen Steuer-
zahlerinnen und Steuerzahler umfassend zu wahren.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703609900

Herr Kollege Zöllmer.


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1703610000

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Der Finanzaus-

schuss hatte heute ein Gespräch mit dem Bundesfinanz-
minister, auch zu diesem Thema. Der Minister hat deut-
lich gemacht, dass die Obergrenze für eine mögliche
Griechenlandhilfe im ersten Jahr bei insgesamt 30 Mil-
liarden Euro liegt, was Deutschland angeht, bei 8,4 Mil-
liarden Euro. Wir erleben also vielleicht, dass aus
Deutschland Geld nach Griechenland fließt, obwohl die
Bundeskanzlerin die ganze Zeit einen völlig anderen
Eindruck in der Öffentlichkeit erweckt hat.

Meine Frage teilt sich in zwei Punkte:

Wenn, was Deutschland angeht, die Obergrenze für
eine mögliche Griechenlandhilfe bei 8,4 Milliarden Euro
liegt, wie sieht es dann in einem Worst-Case-Szenario
für die folgenden Jahre aus? Welche Risiken kommen
auf den Haushalt der Bundesrepublik Deutschland zu?

Eine Ergänzungsfrage: Sehen Sie dieses Modell auch
als Muster für den Umgang mit den anderen Ländern an,
denen möglicherweise ähnliche Schwierigkeiten wie
Griechenland drohen?

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703610100


Herr Kollege Zöllmer, mit Respekt: Durch einen
Großteil Ihrer Frage wird die Bundesregierung zu Spe-





Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter


(A) (C)



(D)(B)

kulationen aufgefordert. Die Bundesregierung ist durch
das Parlament beauftragt, bestimmte Handlungen durch-
zuführen; sie ist nicht beauftragt, sich an Spekulationen
zu beteiligen. Wenn Sie sozusagen eine nichtspekulative
Nachfrage stellen, ist die Präsidentin sicherlich bereit,
mir die Möglichkeit zu geben, dann auch präzise zu ant-
worten. Aber so verlangen Sie von mir Spekulationen
über zukünftige Entwicklungen. Solche Spekulationen
anzustellen, ist nicht Aufgabe der Bundesregierung.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Ich kann auch fragen: Schließen Sie aus, dass dieses Modell auch für andere Länder angewandt wird?)


– Dazu will ich dann Folgendes sagen: Was die zukünf-
tige institutionelle Fortentwicklung der Europäischen
Union, des Rechtsrahmens des Stabilitätspakts und des
europäischen Währungsverbundes angeht, sind für die
Bundesregierung durch den Bundesfinanzminister in ei-
nem Namensbeitrag Vorschläge unterbreitet worden. De-
ren Kern ist ein abgestufter Sanktionsmechanismus für
potenzielle zukünftige Sünder unter dem Stichwort
„Europäischer Währungsfonds“. Dies ist von manchen
Beteiligten im ersten Schritt als eine Transferunion miss-
verstanden worden. Im Kern geht es aber um einen
Sanktionsmechanismus, der Anreize zu wirtschaftlich
vernünftigem Verhalten in der Budgetpolitik bieten soll,
der aber darüber hinaus den Spekulanten das Signal ge-
ben soll: Wir sind nicht einfach bereit, im Rahmen einer
staatlichen Garantie jede Form der Spekulation gegen
ein Land zu akzeptieren.

Auf dem letzten europäischen Treffen ist eine Ar-
beitsgruppe zur institutionellen Fortentwicklung dieses
europäischen Rechtsrahmens eingesetzt worden. Die
Bundesregierung hat entschieden, dort nicht auf Be-
amtenebene, sondern durch den Bundesfinanzminister in
persona vertreten zu sein. Wir wollen dadurch deutlich
machen, wie wichtig uns dieses Anliegen ist. In diesem
Kontext wollen wir die jetzt gefundenen Verfahren für
Griechenland als Einzelfallverfahren interpretieren. Per-
spektivisch – perspektivisch! – strebt die Bundesregie-
rung an, zu anderen Ergebnissen zu kommen.

Zum ersten Teil Ihrer Spekulationen will ich ein paar
Hinweise geben. Wir gehen davon aus, dass sowohl die
jetzt getroffenen Maßnahmen der griechischen Regie-
rung wie auch das klare Signal innerhalb der Euro-Zone
zu einer Stabilisierung der Märkte beitragen werden. Die
griechische Regierung hat ja Maßnahmen verkündet,
die, übertragen auf die Bundesrepublik Deutschland, si-
cherlich zu breiten gesellschaftlichen Diskussionen füh-
ren würden. Die Glaubwürdigkeit dieser Maßnahmen
gilt es in den nächsten Wochen und Monaten von grie-
chischer Seite zu unterstützen. Wir flankieren diesen
Prozess durch eine mögliche Entscheidung der europäi-
schen Staats- und Regierungschefs. Von daher glaube
ich, dass alle Spekulationen über größere Beträge, die
derzeit hier angestellt werden, durch das Wirksamwer-
den sowohl der griechischen wie auch der europäischen
Maßnahmen gegenstandslos sind.

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703610200

Wir kommen nun zur dringlichen Frage 2 der Kolle-

gin Priska Hinz:
Wie soll das vom Bundesminister der Finanzen,

Dr. Wolfgang Schäuble, im Spiegel vom 19. April 2010 ange-
kündigte Bundesgesetz, das die Kredite der Kreditanstalt für
Wiederaufbau Bankengruppe, KfW, und die dafür ausgespro-
chenen Garantien der Bundesregierung begleiten soll, ausge-
staltet werden, und warum werden die darin enthaltenen fi-
nanziellen Verpflichtungen für die Bundesregierung, die laut
Vereinbarungen der EU-Finanzminister vom 10./11. April
2010 nach dem jederzeit möglichen Antrag Griechenlands so-
fort fällig werden würden, nicht in den Bundeshaushalt in
Form eines Nachtragshaushalts einbezogen?

Gleichzeitig rufe ich die dringliche Frage 3 der Kolle-
gin Priska Hinz zum selben Themenkreis auf:

Wie beurteilt die Bundesregierung das finanzielle Risiko,
das durch die im Zuge der Vereinbarungen der EU-Finanz-
minister vom 10./11. April 2010 nach einem entsprechenden
Antrag Griechenlands sofort fällig werdende Bundesgarantie
für Kredite der KfW für den Bundeshaushalt entstehen könnte

(vergleiche Interview von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble im Spiegel vom 19. April 2010)

Maßnahmen plant die Bundesregierung auf diese Risiken zu
reagieren?

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703610300


Sehr geehrte Frau Kollegin Hinz, Ihre Fragen möchte
ich wie folgt beantworten:

Die Bundesregierung beabsichtigt, vor einer gesetz-
geberischen Initiative erst die Fertigstellung des IWF-
Programms abzuwarten und vor Aktivierung die not-
wendige Bewertung der Finanzstabilität in der Euro-
Zone und des Kapitalmarktzugangs Griechenlands durch
die EU-Kommission und die EZB einzubeziehen. Bei
Bedarf wird ein passender Ermächtigungstatbestand zur
Absicherung von Garantien der Kreditanstalt für Wie-
deraufbau dem Deutschen Bundestag sehr kurzfristig in
Gesetzesform zur Entscheidung vorgelegt. Darüber hinaus
wird der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundesta-
ges vor der tatsächlichen Übernahme der Gewährleis-
tung entsprechend den üblichen Verfahren unterrichtet.

In Deutschland ist vorgesehen, dass im Bedarfsfall
die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Rahmen eines so-
genannten Zuweisungsgeschäfts für den Bund tätig wird
und mögliche Kredite für Griechenland vergibt. Die
Kreditanstalt für Wiederaufbau würde für ihre Beteili-
gung am Hilfsprogramm für Griechenland eine Gewähr-
leistung des Bundes benötigen. Die Übernahme von Ge-
währleistungen erfordert nach Art. 115 Abs. 1 unseres
Grundgesetzes eine der Höhe nach bestimmte oder be-
stimmbare Ermächtigung durch ein vom Deutschen
Bundestag formell beschlossenes Gesetz. Nach Auffas-
sung der Bundesregierung ist vorliegend die Schaffung
eines expliziten eigenen Ermächtigungstatbestands zur
Absicherung von Krediten geboten. In der Regel – das
hatte ich schon vorhin ausgeführt – hat der Gesetzgeber
das bisher im Rahmen des Haushaltsgesetzes gemacht.
Aber wie das Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz
zeigt, reicht hierzu ein formelles Bundesgesetz aus.





Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter


(A) (C)



(D)(B)

Die Bundesregierung schätzt das Ausfallrisiko einer
eventuellen Garantie für Darlehen der Kreditanstalt für
Wiederaufbau als gering ein.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703610400

Frau Kollegin, haben Sie eine Nachfrage? – Bitte.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Kollege Kampeter, ich möchte trotz Ihrer Ant-
wort gerne von Ihnen wissen, warum sich die Bundes-
regierung gegen ein Nachtragshaushaltsgesetz entschei-
den will. Ich habe Ihren Worten entnommen, dass das so
ist. Für den möglichen Fall, dass der Bund einspringen
muss – es geht ja um viel Geld –, gibt es einen Ermächti-
gungsrahmen im Bundeshaushaltsgesetz. Ich frage Sie
daher, warum die Bundesregierung meint, hierbei auf ei-
nen Nachtragshaushalt verzichten zu können.

Da Sie vorhin mitgeteilt haben, dass der Bundesge-
setzgeber nichtsdestotrotz umfänglich in ein solches Ge-
setzgebungsverfahren eingebunden wird, möchte ich Sie
ferner fragen: Können Sie mir mitteilen, ob die Bundes-
regierung plant, dieses Gesetz in einem Eilverfahren
oder im Rahmen des üblichen Gesetzgebungsverfahrens
durch den Bundestag zu bringen?

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703610500


Frau Kollegin Hinz, wir glauben, dass der übliche Ge-
währleistungsrahmen im Haushaltsgesetz keine ein-
schlägige und verfassungsrechtlich abgesicherte Grund-
lage für den Sonderfall einer möglichen Hilfe innerhalb
der Euro-Zone ist. Deswegen werden wir zur Sicherstel-
lung der Transparenz des Entscheidungsprozesses mit
Blick auf ein gesondertes Gesetz die Abwägungsgründe
ausführlich darlegen und erläutern, warum wir glauben,
dass diese gesetzliche Ermächtigungsnorm sowohl in der
Sache zweckdienlich ist wie auch die parlamentarischen
Mitwirkungsrechte umfassend gewährleistet. Da wir uns
für diesen Weg entschieden haben, erschien uns die Ent-
scheidung für eine rechtliche Alternative – in welcher
Form auch immer – entbehrlich.

Frau Kollegin Hinz, Ihre zweite Frage nach einem
möglichen Eilverfahren könnte dahin gehend missge-
deutet werden, dass wir in irgendeiner Form die parla-
mentarischen Mitwirkungsrechte nicht umfassend ge-
währleisten wollen. Diesem Eindruck würde ich namens
der Bundesregierung entgegentreten wollen. Ich will al-
lerdings keinen Zweifel daran lassen, dass wir für den
Fall eines griechischen Hilfsantrags, den wir nicht an-
streben, eine rasche parlamentarische Beratung, gege-
benenfalls verbunden mit der Bitte um Fristverzicht,
anstreben. Uns schiene das im Hinblick auf die außen-
politische Wirksamkeit unseres Vorgehens geboten zu
sein.

Ein sogenanntes Eilverfahren sieht, glaube ich, die
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages explizit
nicht vor.

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703610600

Ihre weitere Nachfrage.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Danke, Herr Kampeter. – Sie haben mich schon sehr
gut verstanden. Das wollen wir doch einmal festhalten.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703610700


Frau Kollegin Hinz, bisher hatten wir keine Verstän-
digungsprobleme. Das bestätige ich nachdrücklich für
die Bundesregierung.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Danke schön. – Trotzdem meine Nachfrage: Da Sie
sich schon jetzt für einen bestimmten Weg entschieden
haben, da Sie wissen, dass die KfW das Programm ab-
wickeln soll, und da es gleichzeitig eine Verfassungs-
gerichtsentscheidung zum Lissabon-Vertrag gibt, in der
dem Bundestag umfängliche parlamentarische Bera-
tungsrechte zugesichert wurden, frage ich Sie, warum
Sie nicht bereits jetzt das Gesetzgebungsverfahren ein-
geleitet haben, damit der Bundestag nicht am Ende mit
verkürzten Fristen und unter Umgehung des Haushalts-
rechtes Entscheidungen treffen muss. Sie hätten ja be-
reits ab dem 14. März 2010, nachdem die Regierungs-
chefs entschieden hatten, mit der Erarbeitung eines
Nachtragshaushalts beginnen können und hätten uns
jetzt einen solchen Nachtragshaushalt vorlegen können,
der dann ordnungsgemäß hätte behandelt werden kön-
nen. Meine Frage lautet also: Wann beginnen Sie endlich
mit dem Gesetzgebungsverfahren, damit wir eine or-
dentliche parlamentarische Beratung zu einem Nach-
tragshaushaltsplan durchführen können?

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703610800


Frau Kollegin Hinz, entgegen meiner vorhin geäußer-
ten Vermutung, dass wir keinerlei Verständigungspro-
bleme haben, scheint sich die Bewertung der Sachlage
jetzt etwas anders darzustellen. Ich hoffte, Ihnen eigent-
lich verständlich gemacht zu haben, warum wir nach
Abwägung von durchaus möglichen und von Ihnen teil-
weise beschriebenen rechtlichen Alternativen den von
mir dargelegten Weg eines isolierten, nach dem Grund-
gesetz möglichen und die parlamentarischen Mitwir-
kungsrechte umfassend sichernden Einzelgesetzesver-
fahrens gewählt haben.

Insgesamt war bei diesem Abwägungsprozess natür-
lich auch wichtig, dass wir im Interesse der Steuerzahle-
rinnen und Steuerzahler nicht frühzeitig ein Signal zur
Konditionalität einer möglichen deutschen Beteiligung
an freiwilligen bilateralen, gegebenenfalls europäisch
gepoolten Hilfen geben. Ein solches frühzeitiges Signal
hätte von der griechischen Seite missverstanden werden
können und hätte dazu führen können, dass sie in ihren
Bemühungen um eine eigenverantwortliche Lösung der
griechischen Finanzprobleme ein Stück weit nachlässt.
Infolge der zeitlichen Abläufe, infolgedessen, dass wir





Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter


(A) (C)



(D)(B)

nicht frühzeitig eine gesetzliche Grundlage geschaffen
haben, hat die griechische Regierung in Abstimmung
mit der Europäischen Kommission, aber auch in Abstim-
mung mit den Finanzministern innerhalb der Euro-Zone
und des Ecofin zusätzliche, die Glaubwürdigkeit der
griechischen Konsolidierungsanstrengungen untermau-
ernde gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen, sodass
diese von der Bundesregierung gewählte Strategie die
Interessen der deutschen Steuerzahlerinnen und Steuer-
zahler nachdrücklich besser gewahrt hat als alle Alterna-
tiven im Hinblick auf frühzeitige gesetzliche Ermächti-
gungsgrundlagen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703610900

Die dringliche Frage 3 wurde schon vorhin vom

Staatssekretär mitbeantwortet. Sie haben keine Zusatz-
frage dazu.

Nach den dringlichen Fragen rufe ich jetzt zum selben
Fragenkreis die Fragen 48 bis 50 aus dem Geschäftsbe-
reich des Bundesministeriums der Finanzen, Druck-
sache 17/1388, auf, da diese nach Nr. 10 Abs. 2 der
Richtlinien für die Fragestunde vorgezogen werden.

Ich rufe die Frage 48 des Kollegen Dr. Gerhard
Schick auf:

Gab es seit Anfang des Jahres 2010 ein Angebot einer
oder mehrerer privater Banken oder einer Gruppe von Gläubi-
gern griechischer Staatsanleihen an die Bundesregierung,
beim sogenannten Roll-over von fällig werdenden Griechen-
land-Anleihen zu helfen, und, falls ja, aus welchen Gründen
ist die Bundesregierung auf das Angebot nicht eingegangen?

Herr Staatssekretär, bitte.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703611000


Die Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage lautet:
Die Bundesregierung hat zu keinem Zeitpunkt erwogen,
eine eventuelle Finanzhilfe für Griechenland durch pri-
vate Banken durchführen zu lassen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber gab es ein Angebot?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703611100

Ihre Nachfrage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Frage ist damit nicht wirklich beantwortet, wie
Sie, Herr Kampeter, leicht selber feststellen können,
wenn Sie das überdenken. Ich hatte gefragt, ob sich je-
mand vonseiten privater Gläubiger an die Bundesregie-
rung gewandt hat. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie
diese Frage beantworten würden.

Sie können gerne auch die Frage beantworten, ob sich
die Bundesregierung in irgendeiner Form in Richtung
privater Gläubiger initiativ gezeigt hat. Es gibt nämlich
seit 2004 eine Vereinbarung in Bezug auf Schwellenlän-
der, in der sich die internationalen Großbanken bereit er-
klärt haben, in solchen Fällen eine Umschuldung vorzu-
nehmen. Eine Umschuldung unter Beteiligung privater
Gläubiger hätte vielleicht die Einbeziehung deutscher
Steuerzahler überflüssig oder zumindest weniger wahr-
scheinlich gemacht.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703611200


Herr Kollege Dr. Schick, zunächst einmal will ich
deutlich machen, dass kein Geld des Steuerzahlers nach
Griechenland fließt. Der Kredit der Kreditanstalt für
Wiederaufbau an Griechenland wird in dem von uns ge-
wählten Verfahren lediglich mit einer Garantie des deut-
schen Steuerzahlers abgesichert.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)


Ich habe ergänzend erklärt, dass wir das Ausfallrisiko
für gering halten. Der tatsächliche Geldfluss wird von
den Kapitalmärkten, nicht vom Steuerzahler organisiert.
Die Refinanzierung des Kredites erfolgt über die Kapi-
talmärkte, die derzeit – an manchen Stellen vielleicht so-
gar überfließend – über Liquidität verfügen.

Es liegt der Bundesregierung daran, klarzustellen,
dass wir keine Steuergelder nach Griechenland verschie-
ben, sondern lediglich mit der staatlichen Garantie einen
Bonitätsvorteil schaffen, den die Kreditanstalt für Wie-
deraufbau im Fall einer möglichen Krise in Griechen-
land zum Zweck der Stabilisierung nutzt. Ich glaube, das
ist in diesem Kontext das Mittel der Wahl; so sollte sich
die Bundesregierung nach dem gegenwärtigen Stand der
Dinge engagieren.

Die Frage, ob darüber hinaus in dem von Ihnen be-
schriebenen Maße über ergänzende Maßnahmen, etwa
über den Forderungsverzicht privater Gläubiger, zu ent-
scheiden ist, wird nach meiner Einschätzung und nach
Kenntnis der Bundesregierung Gegenstand des Pro-
gramms sein, das der IWF in den nächsten ein bis zwei
Wochen vorlegen wird.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703611300

Herr Kollege Dr. Schick, haben Sie eine weitere Zu-

satzfrage? – Bitte.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich kann jetzt also festhalten, dass Sie nicht ausge-
schlossen haben, dass es ein solches Ansinnen von pri-
vater Seite gegenüber der Bundesregierung gab.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1703611400


Herr Kollege Schick, ich kann viele Dinge im Leben
nicht ausschließen. Aber ich empfehle Ihnen, hier nicht
die falschen Schlussfolgerungen aus den Einlassungen
der Bundesregierung zu ziehen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703611500

Die Fragen 49 und 50 des Kollegen Manuel Sarrazin

zu diesem Themenkreis werden schriftlich beantwortet.

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beant-
wortung der dringlichen Fragen.





Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt


(A) (C)



(D)(B)

Nachdem alle dringlichen Fragen und alle anderen
Fragen zu diesem Themenkreis aufgerufen und beant-
wortet wurden, kommen wir nun zu den übrigen Fragen auf
der Drucksache 17/1388 in der üblichen Reihenfolge.

Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Hier
steht für die Beantwortung der Fragen Herr Parlamenta-
rischer Staatssekretär Dr. Helge Braun zur Verfügung.

Die Fragen 1 und 2 des Kollegen René Röspel werden
schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Daniela Kolbe auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die verfassungsrechtli-

che Umsetzbarkeit der vorgesehenen Bildungsschecks für lo-
kale Bildungsbündnisse, in denen unter anderem Schulträger
Mittel direkt an allgemeinbildende Schulen weitergeben kön-
nen sollen?

Herr Staatssekretär, bitte.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703611600


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Kollegin
Kolbe, ich möchte Ihre Fragen 3 und 4 im Zusammen-
hang beantworten.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703611700

Frau Kolbe, sind Sie damit einverstanden? – Das

scheint der Fall zu sein. Dann rufe ich die Frage 4 der
Kollegin Kolbe auf:

Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die För-
dermittel für lokale Bildungsbündnisse für die Bekämpfung
der Bildungsarmut genutzt werden, das heißt, diese sowohl
bei den Bedürftigen zielgerichtet ankommen als auch für sinn-
volle Bildungsangebote genutzt werden?

Herr Staatssekretär, bitte.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703611800


Frau Kollegin, die lokalen Bildungsbündnisse sind im
Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP verankert.
Dort ist bereits vorgesehen, dass unter Einbeziehung al-
ler relevanten Akteure – Fördervereine, Kinder- und Ju-
gendhilfe, Eltern, Schulen, Träger der Arbeitsförderung
sowie Gruppen der Zivilgesellschaft – eine gezielte, in-
dividuelle Förderung von Kindern im Grundschulalter,
die von Bildungsarmut bedroht sind, ermöglicht werden
soll, um ihnen zusätzliche Bildungschancen zu eröffnen.

Diese Bundesregierung ist 175 Tage im Amt und hat
somit gerade einmal ein Achtel ihrer Amtszeit hinter
sich. Insofern kann ich Ihnen die Details des Programms
leider noch nicht vorstellen, weil wir uns momentan in
der Erarbeitungsphase befinden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1703611900

Ihre Nachfrage bitte.


Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1703612000

Ich gehe davon aus, dass das auch schon die Antwort

auf die Frage 4 war. Ist das richtig? – Dann komme ich
zu meinen Nachfragen.
Frau Ministerin Schavan hat bereits einige Details ge-
nannt. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist vor-
gesehen, dass Grundschulen eine Einmalzahlung von bis
zu 40 000 Euro erhalten können, um im Rahmen der lo-
kalen Bildungsbündnisse nachhaltig gegen Bildungsar-
mut agieren zu können. Auch wenn Ihre Regierung noch
nicht lange im Amt ist, bitte ich Sie darum, mir eine Vor-
stellung davon zu geben, welche Art von Aktionsplänen
oder Aktivitäten mit einer Einmalzahlung von
40 000 Euro finanziert werden könnten.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703612100


Sehr geehrte Frau Kollegin, die lokalen Bündnisse für
Bildung sollen keine Eintagsfliege sein, sondern ent-
springen der Tatsache – das hat die PISA-Studie gezeigt –,
dass ungefähr 20 Prozent der 15-jährigen Schüler in
Deutschland droht, keinen Ausbildungsplatz zu erhalten,
weil sie ausbildungsunfähig bzw. nicht arbeitsmarktfä-
hig sind. Deshalb ist es eine Daueraufgabe, dass wir uns
an dieser Stelle bemühen, zu verhindern, dass junge
Menschen keine Chance erhalten. Wir wollen diesen Ju-
gendlichen mit gezielten und sehr individuellen Maß-
nahmen helfen.

Es ist klar, dass es ein breites Spektrum unterschiedli-
cher Maßnahmen geben muss. Es ist weder Wunsch
noch Wille noch Aufgabe der Bundesregierung, die Art
und Weise der Unterstützung vorzugeben. Die lokalen
Bildungsbündnisse sind – wie der Name schon sagt –
eng mit dem lokalen Gedanken verbunden. Wir wollen
es in die Hände der Akteure vor Ort geben, gezielte
Maßnahmen gegen die bestehenden Probleme zu ergrei-
fen, weil wir es in den Bildungsbiografien mit den unter-
schiedlichsten Defiziten zu tun haben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703612200

Gibt es eine weitere Zusatzfrage? – Bitte schön.


Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1703612300

Ich stimme Ihnen zu: Es gibt viele junge Leute mit

Bildungsdefiziten, die mit 15 Jahren ohne Schulab-
schluss dastehen. Ich stimme Ihnen auch zu, dass man
schon in der Kita, der Grundschule und den weiterbil-
denden Schulen gezielt fördern muss. Wie verhält sich
die Bundesregierung zu der Aussage, dass es vielleicht
sinnvoller wäre, die bestehenden Maßnahmen, die in öf-
fentlichen Kitas und Schulen – Stichwort „Ganztags-
schulprogramm“ – durchgeführt werden, stärker zu fi-
nanzieren? Ist es nicht sinnvoll, dort, wo mit Kindern ab
drei Jahren oder noch jüngeren Kindern nachhaltig gear-
beitet wird, zielgerichtet zu investieren, um allen Kin-
dern gute Lebenschancen zu ermöglichen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703612400


Sehr geehrte Frau Kollegin, klar ist: Die Bundesregie-
rung hat – darauf spielen Sie in Ihrer Frage an – verfas-
sungsrechtlich gesehen keine Kompetenz im Bereich der
originären Schulbildung. Darüber hinaus glauben wir
aber, dass es nicht zwingend ist, den Schulen die indivi-
duelle Förderung alleine aufzubürden. Die Schule hat in





Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)

den vergangenen Jahren und Jahrzehnten im Zuge der
gesellschaftlichen Veränderungen immer mehr Aufga-
ben übernommen und sich neuen Herausforderungen
stellen müssen. Deshalb ist es der Kerngedanke der loka-
len Bündnisse für Bildung, den Schulen noch mehr Ver-
antwortung und die Beantwortung der sich neu stellen-
den Fragen nicht alleine aufzubürden. Vielmehr wollen
wir Mittel für ergänzende Maßnahmen zur Verfügung
stellen, die zusätzliche Hilfen für die betroffene Klientel
ermöglichen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703612500

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Röspel.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1703612600

Vielen Dank. – Als Mitglied eines Fördervereins einer

Grundschule möchte ich fragen, ob die Bundesregierung
tatsächlich beabsichtigt, erstens einer solch ehrenamtli-
chen Struktur die Verantwortung für Finanzmittel in
Höhe von bis zu 40 000 Euro und zweitens den Schulen
für die Identifizierung möglicherweise benachteiligter
Schüler die entsprechenden Kompetenzen zu geben. Wie
soll die fachliche Begleitung aussehen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703612700


Sehr geehrter Herr Kollege Röspel, die Einbeziehung
der Fördervereine ist ein Weg, um sehr nah an die Schu-
len heranzukommen und eine sehr enge und vertrauens-
volle Kooperationsstruktur zwischen Schulen und Zivil-
gesellschaft zu nutzen. Deshalb ist das eine der
Möglichkeiten, die die Bundesregierung derzeit intensiv
prüft. Klar ist, dass die Schulfördervereine diese Auf-
gabe nicht alleine schultern können. Deshalb ist im Ko-
alitionsvertrag deutlich gemacht worden, dass die För-
dervereine ein, wenn auch wesentlicher Partner sein
sollen. Insgesamt ist es aber eine zivilgesellschaftliche
Aufgabe, bei deren Erfüllung die verschiedenen Träger
– zum Beispiel die Kommunen, die Bildungsträger und
die verschiedenen karitativen Organisationen, die in die-
sem Bereich Kompetenzen haben – mithelfen. Von einer
alleinigen Übertragung der Aufgaben, einer Kontroll-
funktion oder einer Auswahlfunktion der Fördervereine
kann hier keine Rede sein.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703612800

Herr Kollege Schulz stellt die nächste Zusatzfrage.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1703612900

Herr Staatssekretär, Sie haben gerade auf Nachfrage

gesagt, dass Sie den lokalen Bildungsbündnissen keine
Vorgaben machen möchten, wie mit den Mitteln konkret
verfahren werden soll und wie die Schülerinnen und
Schüler gefördert werden sollen. Meine Nachfrage lau-
tet: Steht es den Verantwortlichen vor Ort vollkommen
frei, was mit dem Geld gemacht wird – sei es die An-
schaffung von Sportgeräten, sei es die Finanzierung von
Auslandsreisen –, oder wird es doch einen bestimmten
Rahmen geben, und, wenn ja, wie sähe er aus?
D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703613000


Lieber Herr Kollege Schulz, wie ich eingangs gesagt
habe, befindet sich die Bundesregierung derzeit in der
Konzeptionsphase. Insofern kann ich Ihnen zu solchen
Details noch keine konkreten Auskünfte geben. Klar ist,
dass immer, wenn die Bundesregierung Geld ausgibt,
dies nicht in völlig freihändiger Art und Weise passiert.
Einen gewissen Rahmen muss es immer geben. Sehr
wohl wird man dem Thema der lokalen Bildungsbünd-
nisse nur dann gerecht, wenn man individuelle Lösungen
für individuelle Bildungsprobleme zulässt. In diesem
Spannungsfeld wird sich die Erarbeitung dieses Kon-
zepts bewegen. Wir sind ganz zuversichtlich, dass wir
Ihnen in Kürze kluge Lösungen vorlegen können.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703613100

Kollege Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703613200

Herr Staatssekretär, stellt die Bundesregierung in-

frage, dass es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass der
Bund Schulsozialarbeit an Ganztagsschulen fördert?
Wie bewerten Sie die Aussage des FDP-Schulministers
Klug aus Schleswig-Holstein, der sagt, ihm wäre viel lie-
ber, der Bund würde Schulsozialarbeit und nicht die lo-
kalen Bündnisse fördern? Dies ist in einer Ausgabe der
Schleswig-Holsteinischen Zeitung der letzten Tage nach-
zulesen.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703613300


Lieber Herr Kollege Rossmann, die lokalen Bildungs-
bündnisse sind dezidiert etwas anderes als Schulsozialar-
beit; denn sie sollen für Bildung im engeren Sinne sor-
gen. Sie sollen helfen, zum Teil leider brüchige
Bildungsbiografien gradlinig zu gestalten. Unsere Mi-
nisterin sagt immer: Wir wollen niemanden zurücklas-
sen. Auch wer bildungsbenachteiligt ist, soll alle Chan-
cen haben. – Die lokalen Bildungsbündnisse sollen sich
insbesondere an die Grundschulen richten, damit jegli-
che Defizite und Brüche, die in einer Bildungsbiografie
auftreten können, schon sehr früh vermieden werden.
Auf diese Weise sollen junge Menschen alle Chancen im
Leben haben. Die Sozialarbeit ist ein weiterer Ansatz.
Sie ist aber kein Bildungs- und Fürsorgeansatz im enge-
ren Sinne. Deshalb bitte ich darum, Fragen der Sozial-
politik und Bildungspolitik in ihrer Notwendigkeit ne-
beneinander zu akzeptieren und nicht gegeneinander
auszuspielen. Zu dem von Ihnen angesprochenen Zitat
kann ich nichts sagen, da es mir nicht bekannt ist.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703613400

Frau Kollegin Burchardt.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703613500

Herr Kollege Braun, wir haben zur Kenntnis genom-

men, dass Sie sich noch in der konzeptionellen Phase be-
finden und von daher natürlich keine Detailfragen beant-
worten können. Aber auch in der konzeptionellen Phase
können Sie sicherlich Auskunft darüber geben, ob auch





Ulla Burchardt


(A) (C)



(D)(B)

die vielen gut funktionierenden lokalen Bildungsbünd-
nisse – beispielsweise in Dortmund und in Bochum –,
die aus gut interagierenden Netzwerken von Akteuren
bestehen, im Fokus Ihres Förderkonzepts stehen, oder
richtet sich Ihre Förderung ausschließlich an diejenigen,
die bislang nicht oder nur sehr rudimentär in diesem Be-
reich tätig gewesen sind? Wie wollen Sie in dem Fall,
dass auch die gut funktionierenden lokalen Netzwerke in
die Förderung einbezogen werden, gewährleisten, dass
die Vorgaben des Ministeriums, die nicht so detailliert
sind – in Dortmund hat man entsprechende Erfahrungen
mit dem Konzept zur Berufseinstiegsbegleitung gemacht –,
völlig an den Bedarfen vor Ort vorbeigehen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703613600


Liebe Frau Kollegin Burchardt, in der Konzeptions-
phase, die wir gerade anstreben, ist es in der Tat von Vor-
teil, dass es in vielen Regionen in Deutschland schon
profilierte Programme und Projekte für diese Zielgruppe
gibt. Die Notwendigkeit der lokalen Bildungsbündnisse
ergibt sich daraus, dass es sich um punktuelle Pilotpro-
jekte handelt und noch nicht davon die Rede sein kann,
dass wir der Zielgruppe in Deutschland flächendeckend
Hilfe zur Verfügung stellen. Insofern ist es uns sehr
wichtig, dass wir aus den vorhandenen Projekten lernen
und die positiven Erfahrungen als Best-Practice-Bei-
spiele in die Konzeption einbeziehen. Ganz klar ist, dass
es auf gar keinen Fall Absicht der Bundesregierung ist,
bestehende erfolgreiche Strukturen durch eine neue
Struktur zu beeinträchtigen. Aufgabe ist es vielmehr, die
Erfolge, die vor Ort mit positiven Einzelmaßnahmen er-
zielt werden, mit einem solchen Programm in die Fläche
zu tragen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703613700


Ich rufe jetzt die Frage 5 des Kollegen Gerdes auf:
Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung beim

angekündigten sogenannten Bildungssparen sicherstellen,
dass die tatsächlich bedürftigen Familien auch in den Genuss
der staatlichen Prämien gelangen, und wann kann mit Eck-
punkten hierzu gerechnet werden?

Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Thomas Rachel zur Verfügung.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703613800


Nein, auch diese Fragen beantworte ich.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703613900

Schau an! Ich nehme einmal an, dass es dem Kollegen

fast egal ist, wenn die Frage nur vernünftig beantwortet
wird.


(Ulla Burchardt [SPD]: Die sind uns beide gleich lieb!)


– Das halten wir im Protokoll fest, Frau Burchardt.

Bitte schön, Herr Kollege Braun.
D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703614000


Vielen Dank, Herr Präsident. – Ein konkretes Kon-
zept zur Einführung des Bildungssparens hat die Bun-
desregierung noch nicht entwickelt. Fragen zu Einzel-
heiten sowie zu den Eckpunkten können wir Ihnen
deshalb zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht beant-
worten.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703614100

Bitte schön, eine Zusatzfrage.


Michael Gerdes (SPD):
Rede ID: ID1703614200

Herr Staatssekretär, dann werden Sie sicherlich auch

meine Anschlussfrage nicht beantworten können. Ich
hätte gerne gefragt, mit welchen Maßnahmen die Bun-
desregierung in der Zwischenzeit ein angemessenes För-
derangebot sicherstellen will, da die Nutzbarkeit der
Spareinlagen für Bildungszwecke erst in 10 oder 20 Jah-
ren greifen wird.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703614300


Lieber Herr Kollege, es ist ganz klar, dass es sich
hierbei um ein zusätzliches Angebot handeln soll. Das
Bildungssparen hat die Aufgabe, Menschen in ihrer Sub-
sidiarität und bei ihrer Eigenvorsorge zu unterstützen.
Ganz klar ist, dass Sparen grundsätzlich eine Aufgabe
ist, für die mindestens ein Zeitraum von 16 bis 18 Jahren
erforderlich ist, damit eine entsprechende Summe, die
zur Unterstützung des Aufbaus einer Bildungsbiografie
wirklich geeignet ist, angespart werden kann. Was die
Bundesregierung jetzt bedauerlicherweise nicht tun
kann, ist, ein Konzept zu entwickeln, das 18 Jahre rück-
wirkend greift. Wir müssen also proaktiv für die Zukunft
arbeiten. Das soll ein zusätzliches Angebot im Sinne der
Fortentwicklung unserer Bildungsrepublik sein. Insofern
werden wir uns bemühen, zeitnah ein solches Konzept
vorzulegen. Da das Bildungssparen ein zusätzliches,
neues Angebot darstellt und nicht Teil der elementaren
Fürsorge ist, ist eine Zwischenfinanzierungsmaßnahme
aus unserer Sicht nicht erforderlich.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703614400

Weitere Zusatzfrage? – Nein.

Dann kommt der Kollege Schulz dran. Wir gehen in
der Reihenfolge der hier erfassten Wortmeldungen vor.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1703614500

Herr Staatssekretär, bei den Bildungsbündnissen ha-

ben Sie zuerst von einer Konzeptionsphase und dann von
einer angestrebten Konzeptionsphase gesprochen. Zum
Bildungssparen haben Sie sich noch keine Gedanken ge-
macht. Ich möchte zum Bildungssparen ebenso wie zu
den Bildungsbündnissen fragen: Wann gedenken Sie
denn, die Konzeptionsphase abzuschließen und dem
Deutschen Bundestag Eckpunkte vorzulegen?






(A) (C)



(D)(B)

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703614600


Sehr geehrter Herr Kollege Schulz, die Bundesregie-
rung freut sich sehr, dass Sie die Koalitionsvereinbarung
von CDU/CSU und FDP intensiv lesen und es kaum er-
warten können, dass wir alles, was darin steht, umsetzen.
Das Problem ist, dass unser Ministerium und die Bun-
desregierung insgesamt mit Kapazitäten ausgestattet
sind, die es nur ermöglichen, eine Konzeption nach der
anderen auf den Weg zu bringen. Heute hat die Bundes-
regierung im Kabinett einen Entwurf vorgelegt, in dem
eine Erhöhung der BAföG-Mittel und eine Entbürokrati-
sierung des BAföG vorgesehen sind. Heute hat die Bun-
desregierung auch ein nationales Stipendienprogramm
auf den Weg gebracht.

Ich denke, wir sind an der Stelle sehr erfolgreich. Wir
arbeiten ein Projekt nach dem anderen ab. Wir legen der
Opposition keine konkreten Zeitpläne vor; denn wie Sie
wissen, sind manche Projekte in der Abstimmung
schnell umzusetzen, während es bei anderen Projekten
länger dauert. Alle Projekte im Koalitionsvertrag sind so
wichtig und so gut, dass wir sie am liebsten schon ges-
tern umgesetzt hätten. Im Rahmen der Arbeitskapazitä-
ten arbeiten wir so schnell, wie wir können.


(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Das ist aber nicht schnell!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703614700

Frau Kollegin Schieder.


Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1703614800

Herr Staatssekretär, wir machen in jeder Sitzung des

Bildungsausschusses dieselbe Erfahrung wie jetzt. Sie
reden von „zeitnah“, aber keiner weiß, was damit ge-
meint ist. Es kann sein, dass Ihre Kapazitäten beschränkt
sind. Aber angesichts dessen, was Sie vorwärtsbringen,
sieht es so aus, als hätten Sie gar keine Kapazitäten. Ich
frage konkret: Was heißt „zeitnah“? Was können wir uns
darunter vorstellen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703614900


Zeitnah heißt „sobald wie möglich“. Ein Datum kann
ich Ihnen heute noch nicht nennen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Vor Ende der Legislaturperiode!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703615000

Diese Definition wird vermutlich Eingang in die Le-

xika finden.

Ich rufe jetzt die Frage 6 des Kollegen Gerdes auf:
Wie bewertet die Bundesregierung Vorschläge zur Konfe-

renz der Regierungschefs von Bund und Ländern am 10. Juni
2010, die Fortsetzung des Ganztagsschulprogramms sowie ei-
nen Ausbau der Schulsozialarbeit zu vereinbaren?

Herr Kolleg Schulz, hier können Sie einen neuen An-
lauf zu einer Zusatzfrage unternehmen.

Bitte, Herr Staatssekretär.
D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703615100


Sehr geehrter Herr Kollege Gerdes, ich beantworte
Ihre Frage wie folgt: Das Investitionsprogramm „Zu-
kunft Bildung und Betreuung“, IZBB, bekannt als Ganz-
tagsschulprogramm, zum Aus- und Aufbau von Ganz-
tagsschulen wurde mit einer Laufzeit von 2003 bis 2007
vereinbart. Dabei bestand die Möglichkeit, die Mittel bis
Ende 2008 zu verausgaben. Auf Wunsch aller Länder
wurde der Verausgabezeitraum bis Ende 2009 verlän-
gert. Insgesamt wurden damit deutschlandweit 4 Milliar-
den Euro verausgabt und 7 200 Schulen gefördert.

Eine Neuauflage dieses Bundesprogramms ist nach
der Föderalismusreform I mangels Zuständigkeit nicht
mehr möglich. In enger Abstimmung mit den Ländern
führt der Bund die Förderung des Begleitprogramms
„Ideen für mehr! Ganztägig Lernen“ der Deutschen Kin-
der- und Jugendstiftung, DKJS, um weitere fünf Jahre
von 2010 bis 2014 fort. Darüber hinaus fördert das
BMBF mit Unterstützung der Länder Begleitforschung,
in deren Mittelpunkt die empirische Längsschnittunter-
suchung „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“
steht. Diese Förderung wird ebenfalls fortgeführt.

Gemäß dem Auftrag der Bundeskanzlerin und der Re-
gierungschefs der Länder vom 16. Dezember 2009 erar-
beiten derzeit die zuständigen Fachminister von Bund
und Ländern unter Einbeziehung der Finanzseite kon-
krete Vorschläge für die Maßnahmen zur finanziellen
Absicherung des 10-Prozent-Ziels. Nach den Vorstellun-
gen der Länder gehören unter anderem der Ausbau des
Ganztagsangebots an Schulen und die Schulsozialarbeit
an Ganztagsschulen im Rahmen der Kinder- und Ju-
gendhilfe zum Bündel der Maßnahmen, die sie in eige-
ner Zuständigkeit umsetzen wollen.

Am 10. Juni 2010 wird die Bundeskanzlerin mit den
Regierungschefs der Länder über sämtliche der vorlie-
genden Vorschläge ergebnisoffen beraten. Deshalb kann
dem hier nicht vorgegriffen werden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703615200

Keine weitere Zusatzfrage? – Kollege Rossmann hat

um das Wort gebeten.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703615300

Herr Staatssekretär, das, was die Regierung jetzt wei-

terführt, ist im Vergleich zu den 4 Milliarden Euro, die
unter Gerhard Schröder und Edelgard Bulmahn in die
deutsche Schullandschaft investiert worden sind, wenig.
Deshalb frage ich Sie als Vertreter der Bundesregierung:
Geben Sie sich mit dem bisher erreichten Stand beim
Ausbauprogramm für Ganztagsschulen zufrieden? Wel-
che besonderen Anstrengungen wollen Sie unternehmen,
um das Ausbauprogramm und die Förderung der Quali-
tät von Ganztagsschulen deutlich zu verstärken, oder
will die Bundesregierung kein besonderes bundespoliti-
sche Interesse und Engagement bei dieser Frage zeigen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703615400


Lieber Herr Kollege Rossmann, von den verausgab-
ten 4 Milliarden Euro haben 7 200 Schulen profitiert.





Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)

Mit dem Ganztagsschulprogramm wurde in die Bau-
substanz der Schulen investiert, und dies wirkt fort. Dass
darüber auf der Konferenz am 10. Juni dieses Jahres dis-
kutiert wird, macht deutlich, dass dieses Thema durch-
aus wichtig ist. Die Ganztagsschulen in Deutschland
müssen weiter ausgebaut werden. Die Frage, wer sich
dabei in welchem Rahmen engagiert, ist Gegenstand die-
ses Gipfels, dessen Ergebnissen ich nicht vorgreifen
möchte.


(Ulla Burchardt [SPD]: Darauf kommen wir noch zurück!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703615500

Wie ich sehe, hat Kollege Schulz meine Anregung

aufgegriffen, sich zu dieser Frage zu Wort zu melden. –
Bitte schön.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1703615600

Dabei hätte ich zu dem anderen Thema vorhin auch

noch Fragen gehabt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703615700

Ich glaube es Ihnen aufs Wort.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1703615800

Herr Staatssekretär, Sie sagten, Sie wollten den Er-

gebnissen der Konferenz der Regierungschefs der Län-
der am 10. Juni nicht vorgreifen. Gehe ich denn recht in
der Annahme, dass die Bundesregierung anstrebt, mit
den Ländern konkrete Bund-Länder-Programme für eine
bessere Bildung zu vereinbaren und durchzuführen, an-
statt einfach nur der Forderung der Länder nach höheren
Umsatzsteueranteilen nachzukommen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703615900


Lieber Herr Kollege, die Bundesregierung wird auf
dieser Konferenz selbstverständlich eigene Vorschläge
zur Verbesserung des Bildungssystems in Deutschland
zur Beratung vorlegen.


(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Wahrscheinlich sehr zeitnah, oder?)


Die Fachminister befinden sich darüber gerade in der
Abstimmung.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703616000

Ich rufe nun die Frage 7 der Kollegin Burchardt auf:

Auf welche Weise bzw. aus welchem Titel in welcher
Höhe will die Bundesregierung ihre Finanzzusagen von der
Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz vom 22. März 2010
einlösen, in den Jahren 2011 bis 2013 den Mehrbedarf für zu-
sätzliche Studienanfänger aus dem Hochschulpakt I zu de-
cken?

Nun erhebt sich tatsächlich der Kollege Rachel, der
diese Frage vermutlich für die Bundesregierung beant-
wortet. – Bitte schön.
T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703616100


Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin
Burchardt, laut den uns vorliegenden Zahlen sind im
Vergleich zum Jahr 2005 in den Jahren 2007 bis 2009
bereits rund 102 000 zusätzliche Studienanfänger zu ver-
zeichnen. Damit ist die angepeilte Zielmarke für diesen
Zeitraum bereits um 37 600 übertroffen. Ich denke, man
darf sagen: Dieser Zuwachs ist ein großer Erfolg des
Hochschulpaktes; darüber freuen wir uns sehr.

Bund und Länder haben sich in der Vereinbarung über
die zweite Programmphase verpflichtet, auch die Zahl
der zusätzlichen Studienanfänger, die die für die erste
Programmphase ursprünglich angenommene Gesamt-
zahl von damals 91 370 überschreitet, in die Abrechnung
einzubeziehen. Über die Ausgestaltung wird in weiteren
Erörterungen zwischen Bund und Ländern sowie in den
Verhandlungen zur Aufstellung des Bundeshaushaltes
2011 zu befinden sein.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703616200

Bitte schön.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703616300

Herr Kollege, wir freuen uns natürlich alle gemein-

sam – ich denke: fraktionsübergreifend – über diesen
wirklich großen Erfolg des Hochschulpaktes, der durch
das Engagement der SPD-Bundestagsfraktion im Rah-
men der Föderalismusreform I ermöglicht wurde. Da-
mals haben wir durch die Änderung des Art. 91 b des
Grundgesetzes dafür gesorgt, dass sich der Bund erst-
mals an der Finanzierung der Lehre beteiligen kann. In-
sofern begrüßen wir, dass die Große Koalition die Akti-
vitäten der rot-grünen Koalition fortgesetzt hat und auch
diese Bundesregierung dies tun will.

Angesichts des Umstandes, den Sie gerade beschrieben
haben, dass der Mehrbedarf aus dem Hochschulpakt I ver-
mutlich durch Mittel aus dem Hochschulpakt II zu de-
cken sein wird, frage ich Sie, ob die Mittel aus dem
Hochschulpakt I auf die mit den Ländern verabredeten
Mittel aus dem Hochschulpakt II angerechnet werden.
Sehen Sie sich in der Lage, heute die Zusage zu geben,
dass die auf Basis der bisherigen Finanzierungsplanung
zugesicherte Anzahl neu einzurichtender Studienplätze
aus dem Hochschulpakt II eingehalten wird?

T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703616400


Frau Kollegin Burchardt, in meiner Antwort habe ich
gerade schon deutlich gemacht, dass wir zwischen Bund
und Ländern bereits Gespräche über die Aufwüchse füh-
ren, die noch über die Zielmarke hinausgegangen sind,
und dass es das Ziel ist, in den Verhandlungen zur Auf-
stellung des Bundeshaushalts 2011 hier eine entspre-
chende Umsetzung sicherzustellen.

Die Mittel für den Hochschulpakt werden im Haus-
halt in Kap. 3003 Tit. 685 05, Hochschulpakt 2020, ver-
anschlagt.





Parl. Staatssekretär Thomas Rachel


(A) (C)



(D)(B)

Wir gehen davon aus, dass wir das Gesamtziel beim
Hochschulpakt II mit der Zahlenvorgabe von 275 000
neuen Studienplätzen in der nächsten Phase umsetzen.
Wir werden uns in einer kollegialen Art darum bemühen,
mit den Ländern hier zu einer entsprechenden Verständi-
gung zu kommen; denn wir sind durchaus der Auffas-
sung, dass der gerade von Frau Bundesbildungsministe-
rin Professor Schavan stark geprägte Hochschulpakt I im
Sinne eines gemeinsamen nationalen Zusammenwirkens
zwischen Bund und Ländern in Deutschland insgesamt
ein großer Erfolg ist.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703616500

Wir gehen offensichtlich gemeinsam davon aus, dass

noch ein Mehrbedarf für den Hochschulpakt II gegeben
sein wird.

Wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hinter-
grund die Ankündigung der hessischen Landesregie-
rung, die von dieser Landesregierung den eigenen Hoch-
schulen zugesagten Mittel für den zusätzlichen Ausbau
der Studienplätze entgegen den Versprechungen um
30 Millionen Euro kürzen zu wollen?

T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703616600


Die von Ihnen angesprochene Äußerung aus Hessen
ist mir nicht bekannt. Deswegen kann ich sie auch nicht
kommentieren.

Was die Frage eines Mehrbedarfs betrifft, ist Folgen-
des festzustellen: Wir werden dies zeitig Stück für Stück
betrachten. Insofern nehmen wir jetzt auch keine Pro-
gnosen für die Jahre 2016/2017 vor. Vielmehr haben wir
einen Zeitplan, der sich auf den Hochschulpakt I bezieht.
Diesen haben wir mit bereits umgesetzten neuen Stu-
dienplätzen erfreulicherweise übererfüllt. Für die sich
daran anschließenden Jahre haben wir einen Zeitplan
und einen Mengenbedarf, der auf der KMK-Prognose
basiert. Das ist die Grundlage. Alles andere wird sich in
den nächsten Jahren zeigen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703616700

Ich rufe die Frage 8, ebenfalls von der Kollegin

Burchardt, auf:
Welchen Beitrag soll nach Auffassung der Bundesregie-

rung das nationale Stipendienprogramm zur Überwindung der
sozialen Benachteiligung von Studierenden aus bildungsfer-
nen Familien leisten?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703616800


Liebe Frau Kollegin Burchardt, die Stipendien des na-
tionalen Stipendienprogramms sollen dezentral und
gleichmäßig über alle Hochschulen vergeben werden. In
der Endausbaustufe sollen 8 Prozent der Studierenden
jeder Hochschule ein Stipendium erhalten, also auch der
Fachhochschulen, die bei den Begabtenförderungswer-
ken bisher ja unterrepräsentiert sind und deren Studie-
rende überproportional häufig einen nichtakademischen
familiären Hintergrund haben.
Bei der Auswahl der Stipendiatinnen und Stipendia-
ten sollen neben den bisher erbrachten Leistungen und
dem persönlichen Werdegang auch das gesellschaftliche
Engagement, die Bereitschaft, Verantwortung zu über-
nehmen, oder besondere soziale, familiäre oder persönli-
che Umstände berücksichtigt werden können, die sich
beispielsweise aus der familiären Herkunft oder einem
Migrationshintergrund ergeben. Dies ist in § 3 des von
der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs ent-
halten.

Da die Stipendien des nationalen Stipendienpro-
gramms nicht auf das BAföG angerechnet werden, kön-
nen begabte Studierende aus einkommensschwachen Fa-
milien das Stipendium zusätzlich zu einer bestehenden
BAföG-Unterstützung erhalten. Insofern ist es mithilfe
des Stipendienprogramms möglich, dass zusätzlich zu
einer Vollförderung mit BAföG von 670 Euro für be-
nachteiligte Studierende bei entsprechender Stipendien-
vergabe noch eine Förderung von 300 Euro erfolgt. Da-
mit ergeben sich 970 Euro, ein in der Tat sehr hoher
Förderbetrag, wie es ihn bisher in der Bundesrepublik
noch nicht gegeben hat.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703616900

Ist der Bundesregierung, speziell dem BMBF, die ei-

gene Widersprüchlichkeit bekannt, die in der aktuellen
Debatte an zwei Punkten deutlich wird? Erstens sagen
Sie, die Stipendien sollten unter verschiedenen Kriterien
gleichmäßig verteilt werden. Die Ministerin hat heute im
Rahmen der Befragung der Bundesregierung erklärt,
dass die Bundesregierung darauf überhaupt keinen Ein-
fluss hat, weil die Hochschulen selbst die Stipendien an-
werben. Insofern scheint dort ein gewisser Widerspruch
zu bestehen.

Zweitens – darum ging es in meiner ursprünglichen
Frage, und ich sehe diesen Punkt noch nicht beantwortet –:
Die Ministerin und auch Sie haben gesagt, dass das Sti-
pendienprogramm zum Abbau von Bildungsbarrieren
beitragen soll. Wir wissen – wir haben uns im Ausschuss
intensiv mit den entsprechenden Studien befasst –, dass
diejenigen, die zwar eine Hochschulzugangsberech-
tigung erworben haben, sich aber dagegen entschieden
haben, ein Studium aufzunehmen, als größte Hürde fi-
nanzielle Gründe, die Angst vor einer übergroßen Ver-
schuldung angegeben haben. Wie kann diesen jungen
Menschen durch das nationale Stipendienprogramm ge-
holfen werden, bei dem die Beantragung eines Stipendi-
ums erst dann möglich ist, wenn man bereits im ersten
Semester eingeschrieben ist?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703617000


Liebe Frau Kollegin Burchardt, das nationale Stipen-
dienprogramm bietet an dieser Stelle ganz hervorra-
gende Möglichkeiten. Die Aussicht darauf, im Rahmen
des Studiums zusätzlich ein Stipendium erwerben zu
können, mindert die Ängste, ein Studium aufzunehmen
oder sich zum Studium in eine Stadt zu begeben, in der
die Lebenshaltungskosten höher sind. Mit Blick auf die
finanziellen Sorgen von BAföG-Beziehern oder Nicht-
BAföG-Beziehern kann man doch auf jeden Fall sagen:





Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)

Stipendien sind eine Chance, zusätzliche Unterstützung
zu bekommen. Stipendien erlauben es, davon abzusehen,
parallel zum Studium einer Berufstätigkeit nachzugehen,
und die Energie voll auf das Studium zu verwenden.
Diese Stipendien haben zusätzlich den Effekt, dass wir
privates Kapital in die Bildungsfinanzierung einbezie-
hen.

Bei der Förderung von Studierenden, die aus sozial
benachteiligten Schichten kommen, sind wir schon aus-
gesprochen erfolgreich: Während die Anzahl der Studie-
renden in Deutschland allgemein zunimmt, steigt der
Anteil der Studierenden, die aus einkommensschwachen
Schichten kommen, sogar überproportional. Die Bun-
desregierung hat sich des von Ihnen angesprochenen
Problems mit dem Stipendienprogramm, aber auch mit
vielen anderen Maßnahmen angenommen und ist dabei,
es in eine positive Richtung zu verändern.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703617100

Ich komme zurück auf meine eigentliche Frage: In-

wieweit hilft dieses Programm jemandem, der sich aus
Sorge vor übermäßiger Verschuldung, aus Sorge, ein
Studium finanziell nicht stemmen zu können, dagegen
entscheidet, ein Studium aufzunehmen? Wenn man, um
ein Stipendium beantragen zu können, bereits im ersten
Semester eingeschrieben sein muss, ist das dann nicht
eine Art Lotteriespiel? Es wird doch nur für einen mini-
malen Prozentsatz der Studierenden ein Stipendium zur
Verfügung stehen. Dieser Prozentsatz ist noch nicht ein-
mal berechenbar; denn ein potenzieller Studienbewerber
kann überhaupt nicht wissen, in welchen Bereichen die
Hochschule Mittel einwirbt, sprich: für welche Fächer
Stipendiengeber auftreten. Das hat nicht den Hauch von
Verlässlichkeit, ist also nicht geeignet, die Barrieren, die
ich beschrieben habe und die wissenschaftlich belegt
sind, abzubauen.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703617200


Sehr geehrte Frau Kollegin, ich könnte Ihre Argu-
mentation nachvollziehen, wenn im Gegenzug zum Auf-
bau des nationalen Stipendienprogramms das BAföG ab-
geschafft würde. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die
Bundesregierung hat beschlossen, die Höhe des BAföG
und die Höhe der Freibeträge anzuheben. Jemand, dem
überhaupt keine finanzielle Unterstützung zur Verfügung
steht, bekommt in Zukunft monatlich 670 Euro BAföG.
Eine substanzielle materielle Hürde für die Aufnahme
eines Studiums ist daher aus unserer Sicht nicht gege-
ben. Bei dem Stipendienprogramm geht es um ergän-
zende finanzielle Leistungen.

Die SPD war längere Zeit Teil der Bundesregierung
und hat an mehreren BAföG-Erhöhungen mitgewirkt.
Ich hatte nicht den Eindruck, dass die SPD in der Ver-
gangenheit davon ausgegangen ist, dass die Höhe des
BAföG nicht ausreicht, um ein Studium aufzunehmen.
Das BAföG ermöglicht das sehr wohl. Das nationale Sti-
pendienprogramm ergänzt die Studienfinanzierung in
Deutschland um die von mir umrissenen Punkte.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703617300

Kollege Röspel.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1703617400

Lieber Kollege Braun, wie bewertet die Bundesre-

gierung die allgemeine Lebenserfahrung, dass – die
Ergebnisse wissenschaftlicher Studien belegen dies –
Stipendien gerade denen zugutekommen, die aus Akade-
mikerfamilien kommen, weniger aber denen, die aus Ar-
beiterfamilien kommen und über weniger Einkommen
verfügen als ein Staatssekretär oder ein Bundestagsabge-
ordneter? Wie stellen Sie tatsächlich und konkret sicher,
dass diese soziale Ungerechtigkeit in unserem Land über
das Stipendiensystem, das Sie planen, nicht noch weiter
verfestigt wird?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703617500


Lieber Herr Kollege Röspel, ich glaube, durch den
von mir zitierten § 3 des Gesetzentwurfes wird klar, dass
bei der Vergabe von Stipendien neben der Leistung und
Begabung gerade auch die Aspekte Migrationshinter-
grund, familiärer Hintergrund, besondere Situationen
und soziale Lage berücksichtigt werden sollen. Ich
glaube, durch dieses Stipendienprogramm, das in seiner
Art neu ist, sind wir sehr gut in der Lage, gezielt Ange-
bote gerade für diese Klientel zu machen.

Das Stipendienprogramm soll einer Evaluationsphase
von drei Jahren unterliegen. Ich denke in der Vorabein-
schätzung, dass wir mit diesem Stipendienprogramm,
das den dezidierten Ansatz hat, dass auch Benachteili-
gungen, familiäre Probleme und ein etwaiger Migra-
tionshintergrund explizit berücksichtigt werden, in der
Lage sind, das Problem eben nicht zu verfestigen, son-
dern möglicherweise sogar aufzulösen.

Wenn sich im Rahmen der Evaluation etwas anderes
herausstellt, dann muss politisch darauf reagiert werden.
Ich glaube aber nicht, dass das, was Sie hier sagen, in der
Konzeption unseres Stipendienprogramms angelegt ist.
Insofern plädiere ich eindringlich dafür, es in der jetzi-
gen Form in die Realität umzusetzen und dann zu
schauen, welche Wirkungen sich hinsichtlich der Stipen-
dien entfalten.

Klar ist, dass wir uns mit diesem Stipendienpro-
gramm hinsichtlich der Frage, wer die Stipendiengeber
sind, an die gesamte Zivilgesellschaft richten, also nicht
nur zum Beispiel an Stipendiengeber aus der Wirtschaft;
vielmehr haben auch und gerade karitative Organisatio-
nen, Stiftungen und andere Institutionen, die sich mit der
Überwindung von Bildungsbenachteiligungen beschäfti-
gen, die Chance, als Stipendiengeber aufzutreten und da-
mit einen aktiven Beitrag – ergänzt um die Finanzierung
von Bund und Ländern – zur Beseitigung von Bildungs-
benachteiligungen zu leisten.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703617600

Kollege Schulz.






(A) (C)



(D)(B)


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1703617700

Herr Staatssekretär, Sie sind in Ihrer Beantwortung

von kritischen Fragen jetzt mehrfach auf den § 3 des Ge-
setzentwurfs zu sprechen gekommen. Dort stehen die
Auswahlkriterien. Danach werden die Stipendien nach
Begabung und Leistung vergeben. Daneben sollen Kri-
terien wie gesellschaftliches Engagement, soziale, fami-
liäre, persönliche Umstände, familiäre Herkunft oder
Migrationshintergrund in die Entscheidung, wer ein Sti-
pendium erhält, mit einbezogen werden. Damit wollen
Sie sagen, dass das Ganze sozial ausgewogen ist und
dass der soziale Aspekt berücksichtigt wird.

Ich frage deswegen: Wie verbindlich ist denn diese
Vorschrift, die von der Bundesregierung in dem Gesetz-
entwurf vorgeschlagen wird, und wie stellt die Bundes-
regierung sicher, dass die einzelnen Hochschulen tat-
sächlich anhand solcher Auswahlkriterien auswählen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703617800


Lieber Herr Kollege Schulz, ein Ziel, das mit diesem
Stipendienprogramm verbunden ist, besteht darin, die
Eigenständigkeit der Hochschulen sehr stark zu unter-
stützen. Deshalb ist dies nicht das Stipendienprogramm
der Bundesregierung, sondern es ist ein nationales Sti-
pendienprogramm, bei dem der Bund, die Länder und
die Zivilgesellschaft anteilig finanzieren.

Es ist auch vorgesehen, dass die Stipendiengeber und
die Hochschulen, die die Auswahl zu treffen haben, die
Kompetenzen bekommen, die sie benötigen, um das ent-
scheiden zu können. Leistung und Begabung sind bei
diesem Stipendienprogramm sozusagen die Grundvo-
raussetzung. Dies ist in § 3 Satz 1 des Gesetzentwurfs
verankert. Die weiteren Kriterien, die Sie eben richtig zi-
tiert haben, stehen in § 3 Satz 2 des Gesetzentwurfs. Da-
mit sollen darüber hinaus die sozialen Aspekte gemäß
dem Wunsch des Gesetzgebers berücksichtigt werden.

In welchem Umfang das geschieht, hängt sehr stark
mit der Rolle der Hochschulen und deren eigenver-
antwortlicher Entscheidung und mit der Rolle der Sti-
pendiengeber zusammen. Dort, wo es solche Stipendien-
programme schon gibt, zum Beispiel in Nordrhein-
Westfalen, sieht man, dass ein ganz erheblicher Anteil
der Stipendien gar nicht aus dem Bereich der Wirtschaft,
sondern aus dem Bereich der Verbände und Stiftungen
und aus dem sozial engagierten Teil der Zivilgesellschaft
kommt. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass das ge-
lingt und durch die Freiheit, die dieses Stipendienpro-
gramm bietet, realisiert werden kann.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703617900

Kollege Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703618000

Herr Staatssekretär, in welcher Weise identifizieren

Sie das Hauptproblem in der Ansprache von Familien in
finanziellen Grenzbereichen, das wir über eine moderne
und rechtssichere Förderung erfassen müssten? Ist es
nicht so, dass vor allen Dingen Familien der unteren und
mittleren Mittelschicht, die nicht über zwei volle Ein-
kommen verfügen, in denen es mehrere Kinder gibt, die
studieren wollen, erleben, dass die Kinder nicht in die
BAföG-Förderung fallen, die sie aber bräuchten, um
eine sichere Entscheidung für ein Studium treffen zu
können? Liegt es nicht viel näher, sich diesen Familien
mit Blick auf ihre Bildungsentscheidung mit einem kla-
ren Rechtsanspruch innerhalb eines modernen BAföG-
Systems zuzuwenden, als zu dem System des 19. Jahr-
hunderts mit seinem Lotterieprinzip – früher hieß es Do-
tationssystem – zurückzukehren? Weshalb versagt sich
die Bundesregierung diesem modernen Ansatz, die un-
tere und mittlere Mittelschicht rechtlich klar zu fördern
und damit Bildungssicherheit zu bieten?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703618100


Sehr geehrter Herr Kollege Rossmann, genau das tut
die Bundesregierung nicht; denn sie versetzt mit der Er-
höhung des BAföG und der Anhebung der Freigrenzen
eine sehr breite Bevölkerungsschicht in die Lage, ein
Studium aufzunehmen. Ich habe schon darauf hingewie-
sen, dass der Anteil derjenigen aus bildungsfernen
Schichten, die ein Studium aufnehmen, deutlich ange-
stiegen ist. Das ist ein Erfolg der vergangenen BAföG-
Novelle, aber auch der Hochschulpolitik der Bundesre-
gierung. Wir sind damit auf einem guten Weg.

Auch Sie argumentieren so, als wäre das nationale
Stipendienprogramm ein Ersatz für das BAföG, und las-
sen dabei außer Acht, dass die Bundesregierung vorwei-
sen kann, dass der Anteil Bildungsbenachteiligter an den
Hochschulen gegenwärtig steigt. Wir sind also bei der
Bewältigung des Problems mit den Instrumenten, die
uns zur Verfügung stehen, auf einem sehr guten Weg.

Das nationale Stipendienprogramm ist ein neuer Weg
in der Bildungsfinanzierung, der eine gezielte Förderung
vorsieht, die unabhängig vom Elternhaus erfolgt. Er be-
rücksichtigt die besonderen Lebenslagen, in denen sich
Studierende jeweils befinden. Damit ist es ein Finanzie-
rungsprogramm, das sich sehr individuell auf die Lage
des Studierenden bezieht statt wie die bisherigen Sys-
teme allein auf die finanzielle Lage des Elternhauses.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das muss ich erst mal verstehen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703618200

Frau Kollegin Alpers.


Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703618300

Herr Staatssekretär, ich verstehe einen Punkt nicht.

Heute Nachmittag haben wir schon von der Bildungs-
ministerin gehört, dass das Stipendienprogramm nicht an
die soziale Herkunft gekoppelt ist. Sie hat zweimal be-
tont, dass sich das neue Stipendienprogramm für soziale
Gerechtigkeit einsetzt. Dafür machen Sie Werbung, auch
heute Abend. Sie führen immer wieder aus – das ist auch
sinnvoll –, dass Sie einen vorhandenen Migrationshin-
tergrund, die persönlichen Umstände, soziale Aktivitäten
und vielfältige Punkte berücksichtigen und mit einbezie-
hen werden.





Agnes Alpers


(A) (C)



(D)(B)

Wenn es aber darum geht, welchen Einfluss die Bun-
desregierung darauf hat, dass dies mit einem großen Pro-
zentsatz umgesetzt wird, sagen Sie, dass es kein Pro-
gramm der Bundesregierung ist und dass Sie keinen
Einfluss darauf haben. Das verstehe ich nicht. Sie benut-
zen es als Werbung, haben aber keinen Einfluss darauf.
Sie haben gesagt, dass die Stipendiengeber in Nord-
rhein-Westfalen schon auf entsprechende Auswahlkrite-
rien achten werden. Ich kenne etliche Stipendiengeber
und weiß, dass es sich tatsächlich eingebürgert hat, das
zu machen, aber nur zu höchstens 5 Prozent.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703618400

Frau Kollegin.


Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703618500

Noch einen Satz. Ich komme sofort zum Schluss.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703618600

Keine Regierungserklärung.


Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703618700

Nein.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das wäre schön, wenn wir auch in die Regierung kämen!)


Die Frage ist, wie es dazu kommt. Wenn Sie dafür
Werbung machen, dann haben Sie als Regierung auch
dafür zu sorgen, dass die sozialen Punkte tatsächlich in
den Vordergrund treten. Wie wollen Sie dabei Ihre Ver-
antwortung durchsetzen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703618800


Sehr geehrte Frau Kollegin, ich glaube, Sie unter-
schätzen die Hochschulen und diese Zivilgesellschaft.
Ich bin fest davon überzeugt, dass ein solches Instrument
in der Breite der Gesellschaft ankommen wird und dass
wir ein vielfältiges Portfolio an verschiedenen Stipen-
diengrundlagen bekommen werden. Die kategorische
Angst von Ihrer Seite, die sozialen Belange, die ja im
Gesetz explizit erwünscht werden, würden am Ende ver-
nachlässigt werden, kann ich nicht nachvollziehen.

Gleichwohl beinhaltet dieses Gesetz zwei Dinge, die
ich zu Ihrer Beruhigung noch anfügen möchte: Das Erste
ist die Evaluationsphase von drei Jahren. Das Zweite ist
die Möglichkeit, die sich die Bundesregierung für den
Fall vorbehält, dass es bei diesem Stipendienprogramm
im Vollzug zu Ungleichgewichten kommen sollte, näm-
lich in einer Rechtsverordnung noch weitere Details über
das hinaus zu regeln, was momentan im Gesetz steht.
Klar ist aber, dass wir – das ist die Absicht dieser Bun-
desregierung – nach Möglichkeit zunächst nicht ein Re-
gelwerk aufstellen wollen, das die Hochschulen sehr
stark in ihrer Freiheit und ihren Möglichkeiten, dieses
Stipendienprogramm inhaltlich auszufüllen, beschnei-
det. Vielmehr wollen wir zunächst in Freiheit und Eigen-
verantwortung ein solches Stipendienprogramm auf den
Weg bringen, weil die Menschen und diejenigen, die
sich in dieser Zivilgesellschaft für Bildung engagieren
und ein solches Stipendiensystem an den Hochschulen
aufbauen oder als Stipendiengeber auftreten, sehr wohl
wissen und entscheiden können, was gesellschaftliche
Notwendigkeiten sind.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703618900

Ich rufe nun die Frage 9 der Kollegin Marianne

Schieder auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die wachsende Kritik

an dem geplanten Stipendiengesetz von Studierenden, Hoch-
schulen und aus der Wirtschaft gerade im Hinblick darauf, das
diese drei Gruppen die Träger des Stipendiensystems darstel-
len sollen?

Darf ich vielleicht darauf aufmerksam machen, dass
mit Blick auf andere Geschäftsbereiche vielleicht auch
Berücksichtigung finden sollte, dass die hier diskutierten
Fragen vorhin schon einmal Gegenstand einer ähnlichen
Befragung im Rahmen der Berichterstattung der Bun-
desregierung waren?


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das wird aber heute nichts mehr! – Ulla Burchardt [SPD]: Wir haben ja schon keine Dringlichkeit geltend gemacht!)


D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703619000


Herr Präsident, vielleicht kommt es Ihnen entgegen,
wenn ich die Fragen 9 und 10 im Zusammenhang beant-
worte.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703619100

Dann rufe ich auch gleich noch die Frage 10 auf:

Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Sti-
pendienvergabe regional, fachlich und sozial ausgewogen er-
folgt und die empirisch zuletzt von der Hochschul-Informa-
tions-System GmbH bestätigte soziale Selektivität bisheriger
Stipendienangebote nicht reproduziert?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703619200


Von den Studierenden, Frau Kollegin, wird das Sti-
pendienprogramm teilweise begrüßt. Andere sprechen
sich dagegen für einen weiteren Ausbau des BAföG aus.
Wie ich heute schon betont habe, macht die Bundesre-
gierung genau beides: Wir führen ein Stipendiensystem
ein und weiten die Freibeträge und Bedarfssätze des
BAföG aus. Insofern haben wir etwas getan, was, denke
ich, die Interessen beider Gruppierungen der Studieren-
den trifft.

Dass es Kritik aus den Hochschulen geben soll, kann
die Bundesregierung so nicht nachvollziehen. Wir haben
im Rahmen der Entwicklung dieses nationalen Stipen-
dienprogramms viele Gespräche geführt, und seitens der
Hochschulen werden nach dem, was wir gesehen haben,
solche neuen Möglichkeiten dezidiert begrüßt. Insbeson-
dere die Fachhochschulen haben ein sehr großes Inte-
resse an dem geäußert, was wir hier tun, weil sie sich er-
hoffen, dass sie in diesem Zusammenhang einen höheren
Anteil an Stipendien durch ihre Nähe zu möglichen Sti-
pendiengebern haben werden, da sie bei den bisherigen





Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)

Begabtenförderungswerken nicht so stark repräsentiert
sind. Der anfänglichen Sorge mancher Hochschulen,
möglicherweise nur einen geringeren Anteil an Stipen-
dien generieren zu können, ist in dem Gesetzentwurf da-
durch Rechnung getragen worden, dass wir die Quote
von 8 Prozent der Studierenden hochschulbezogen fest-
gelegt haben.

Auch sind wir mit den Verbänden der Wirtschaft im
Vorfeld der Errichtung dieses Stipendienprogramms sehr
intensiv im Gespräch gewesen. Hier war von vielen Sei-
ten die Frage aufgeworfen worden, inwiefern dieses
neue Stipendienprogramm eine Konkurrenzsituation zu
bestehenden Initiativen der Wirtschaft darstellen werde.
Nach Vorlage unserer Gedanken haben wir auch aus der
Wirtschaft durch die Bank positive Reaktionen auf diese
neue Form der Studienfinanzierung erhalten.


(Ulla Burchardt [SPD]: Dann kennen Sie wohl noch nicht die Stellungnahme der BDA!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703619300

Bitte schön, eine weitere Zusatzfrage.


Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1703619400

Herr Staatssekretär, ist Ihnen denn bekannt, dass sich

zu diesen Kritikern auch ganz prominente Vertreter Ihrer
eigenen Regierungsfraktion gesellen, zum Beispiel der
bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU, Albert
Rupprecht? Das ist in der Berichterstattung des Neuen
Tags, Weiden, vor einigen Wochen über eine bildungs-
politische Veranstaltung nachzulesen, in der ganz deut-
lich steht, dass er dieses Stipendienprogramm ablehnt.
Haben Sie intern schon darüber gesprochen, oder wollen
Sie uns das nicht sagen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703619500


Sehr geehrte Frau Kollegin, mit dem bildungs- und
forschungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion Albert Rupprecht sind wir über dieses natio-
nale Stipendienprogramm selbstverständlich im ständi-
gen Gespräch. Den Eindruck, den Sie hier vermitteln,
nämlich dass er es ablehnen würde, kann ich aufgrund
der zahlreichen Gespräche, die ich mit ihm geführt habe,
nicht bestätigen.


Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1703619600

Dann muss das ja ein falscher Fuffziger sein.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703619700

Nächste Zusatzfrage.


Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1703619800

Dann sollte er vor Ort etwas anderes sagen.

Ich habe eine Frage zum Thema Hochschulen. Wir
haben heute schon einmal darüber gesprochen, aber
keine befriedigenden Antworten bekommen. Die Hoch-
schulen befürchten, dass ihnen durch das Verwaltungs-
verfahren, das für die Umsetzung des nationalen Stipen-
dienprogramms notwendig ist, erhebliche Kosten
entstehen werden. Wie soll dabei eine Entlastung heraus-
kommen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703619900


Liebe Frau Kollegin, die Durchführung des Stipen-
dienprogramms obliegt den Hochschulen. Insofern sind
die administrativen Aufgaben dort angesiedelt. Natürlich
haben wir ein großes Interesse daran, dass dieses natio-
nale Stipendienprogramm ein Erfolg wird. Die Kritik ist
an dieser Stelle teilweise etwas schwer nachzuvollzie-
hen. Auf der einen Seite wird gesagt, wir würden es nie
schaffen, eine so große Zahl von Stipendien zu gewin-
nen; auf der anderen Seite macht man sich aber, schon
bevor das erste Stipendium überhaupt vergeben ist, Ge-
danken darüber, einen vollflächigen Verwaltungsapparat
organisieren zu müssen.

Ich denke, man muss erst einmal beginnen. Die Bun-
desregierung gibt das klare Signal, dass sie die Stipen-
dienvergabe selbstverständlich im Blick behält. Wir wol-
len, dass das ein Erfolg wird. Wir wollen, dass die
Administration gut und erfolgreich ist und dass die Sti-
pendienvergabe sowohl für die Stipendiennehmer als
auch für die Stipendiengeber und die Hochschulen leicht
und unbürokratisch durchführbar wird. Wenn es zu er-
höhten Aufwendungen kommt, dann ist die Bundesre-
gierung zu Gesprächen darüber bereit. Da primär die
Länder Ansprechpartner sind, kann so ein Thema auch
Gegenstand zum Beispiel des Gipfels sein, der im Juni
stattfinden wird.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703620000

Haben Sie noch weitere Zusatzfragen?


Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1703620100

Ich habe eine Zusatzfrage zur Frage 10. – Herr Staats-

sekretär, ich finde, dass Sie nicht beantwortet haben, wie
Sie sicherstellen wollen, dass die Stipendienvergabe re-
gional, fachlich und sozial ausgewogen erfolgt und sich
eben nicht die hohe soziale Selektivität fortsetzt.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703620200


Frau Kollegin, sehen Sie mir nach, dass ich den Ein-
druck habe, dass wir schon eine ganze Weile über die
mögliche bzw. nichtvorhandene soziale Selektivität des
Programms gesprochen haben. Was die regionale Vertei-
lung angeht, habe ich deutlich gemacht, dass wir eine
hochschulbezogene Quote festgelegt haben. Das heißt,
es ist nicht möglich, dass sich alle Stipendien dieses na-
tionalen Stipendienprogramms in irgendeiner Region
Deutschlands ballen; denn jede Hochschule soll in die
Lage versetzt werden, 8 Prozent ihrer Studierenden ein
solches Stipendium zu ermöglichen. Eine absolute regio-
nale Gleichverteilung ist im Grunde genommen sicher-
gestellt.

Was die soziale Selektivität betrifft, so verweise ich
noch einmal auf den von mir mehrfach zitierten § 3, in
dem die Vorgabe enthalten ist, dass neben den Kriterien
Leistung und Begabung, die dezidiert nicht nur an Noten





Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun


(A) (C)



(D)(B)

festgemacht werden sollen, auch die weiteren sozialen,
familiären und migrationsbedingten Faktoren Berück-
sichtigung finden sollen.


Marianne Schieder (SPD):
Rede ID: ID1703620300

Das heißt, ich interpretiere Sie richtig, wenn ich sage,

dass Sie nicht sicherstellen, sondern nach der Devise
„Schauen wir einmal, dann sehen wir schon“ handeln?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703620400


Nein, ich glaube, dass dieser § 3 das sicherstellt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703620500

Nun hat die Kollegin Burchardt das Wort.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703620600

Herr Kollege, wir können dem Kabinettsbeschluss

entnehmen, dass das Projekt des nationalen Stipendien-
programms die Konzeptionsphase schon verlassen hat.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703620700


Das kann ich bestätigen.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1703620800

Das müssen wir doch einmal würdigen. – In die Vor-

lage haben auch kalkulatorische Überlegungen Eingang
gefunden. Gehen Sie nicht mit mir davon aus, dass die
Zahlen, die auf dem Papier stehen, möglicherweise nicht
ganz real sind, sowohl was die veranschlagten Kosten,
den Mittelaufwand, für die Stipendien als auch was den
Anteil der öffentlichen und privaten Finanzierung eines
Stipendiums angeht? Das sage ich vor dem Hintergrund,
dass die Stipendien – ich gehe davon aus, das ist ähnlich
wie in Nordrhein-Westfalen – steuerlich absetzbar sind.
Das verändert zum einen die Anteile öffentlicher und
privater Stipendiengeber; denn wenn man die Finanzie-
rung von Stipendien steuerlich absetzen kann, bekom-
men Stipendiengeber sozusagen noch etwas heraus oder
zahlen zumindest weniger Steuern; für den Bundeshaus-
halt ist das letztendlich aber das Gleiche. Wie hoch ver-
anschlagen Sie die Steuerausfälle – Sie haben das sicher-
lich durchgerechnet –, die dem Bundeshaushalt durch
die steuerlichen Absetzbarkeit erwachsen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703620900


Liebe Frau Kollegin, die Zahlen, die wir da zugrunde
legen, halten wir schon für realistisch.

Zur Frage, wie hoch der Aufwuchs durch dieses Sti-
pendienprogramm sowohl in finanzieller Hinsicht als
auch in Bezug auf die Anzahl der Stipendien ist: Wir ha-
ben festgelegt, dass die Obergrenze bei 8 Prozent liegt.
Wir möchten diese Grenze gerne schnell erreichen. Klar
ist aber auch: Wir haben momentan eine Quote, die unter
2 Prozent liegt; das hängt mit den Begabtenförderungs-
werken zusammen. Insofern werden wir schauen müs-
sen, wie schnell sich eine viermal so hohe Quote errei-
chen lässt. Was die Stipendien kosten, kann man selber
ausrechnen. Im Gesetzentwurf ist ausgewiesen, wie sich
die Anteile der Finanzierung zusammensetzen. Der von
Ihnen angesprochene Steuertatbestand ist im Gesetzent-
wurf nicht ausgewiesen. Ich kann Ihnen dazu gerne eine
schriftliche Unterlage zukommen lassen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703621000

Kollege Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703621100

Herr Staatssekretär, im Gesetzentwurf und in der Be-

gründung zum Gesetzentwurf ist wegen der Absetzbar-
keit sehr wohl von steuerlichen Mehraufwendungen in
Höhe von 100 Millionen Euro die Rede. Diese Ausgaben
kommen auf den Bund und die Länder zu. Damit sollen
insgesamt 300 Millionen Euro aus öffentlichen Haushal-
ten bereitgestellt werden. Faktisch wird damit nur ein
Sechstel privat finanziert, während drei Sechstel direkt
von Bund und Ländern und zwei Sechstel durch Steuer-
verluste der Bundes- und der Länderseite aufgebracht
werden, was entsprechend zu Buche schlägt. Halten Sie
das Verhältnis für angemessen, dass die privaten Geldge-
ber, die nur ein Sechstel finanzieren, faktisch über zwei
Drittel des von Ihnen ausgewiesenen Volumens mit ver-
fügen können? Die öffentliche Hand gibt hingegen fünf
Sechstel der Mittel, belässt den Hochschulen aber nur
ein Drittel, mit dem sie selber über die Stipendien verfü-
gen können. Der Staat zahlt und Private legen fest: Ist
das Ihre neue Form der modernen Zivilgesellschaft?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703621200


Sehr geehrter Herr Kollege, die von Ihnen vorgenom-
mene Rechnung kann ich jetzt nicht umfassend bestäti-
gen. Sie gehen nämlich davon aus, dass bei jedem mögli-
chen Stipendiengeber die steuerliche Absetzbarkeit in
gleichem Umfang gegeben ist.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber im Gesetz steht 100 Millionen!)


Ich habe bereits deutlich gemacht, dass die Gruppe der
Stipendiengeber sehr heterogen sein wird, dass es sich
hierbei nicht ausschließlich um Wirtschaftsvertreter oder
um steuerpflichtige Privatpersonen handelt, sondern
dass das Spektrum sehr breit sein wird. Insofern kann
man das Ganze sowieso nicht exakt beziffern, sondern
man kann es nur fallbezogen darstellen.

Was die Verfügungsgewalt über das Stipendium an-
geht, möchte ich deutlich machen: Natürlich liegt die
Verfügungsgewalt insgesamt bei der Hochschule. Derje-
nige, der quasi Stipendiengeber ist, hat keine Möglich-
keit, über das Geld zu verfügen oder den Stipendiaten
auszuwählen. Nach unserem Gesetzentwurf ist es so,
dass der Stipendiengeber zwar die Möglichkeit hat, Kri-
terien festzulegen, aber nicht, den Stipendiaten auszu-
wählen. Das heißt, die Verfügenden über die Mittel sind
die Hochschulen.


(Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD] meldet sich zu einer Zusatzfrage)







(A) (C)



(D)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703621300

Ich dachte, dass ich diese Wortmeldung zu dem Zeit-

punkt, wo sie noch hätte notiert werden können, nicht
gesehen habe.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ich dachte, ich hätte mich gemeldet!)


Ich verweise auf meine bereits vorhin vorgetragene
Empfehlung, zumal es einzelne Kollegen gibt, die mög-
licherweise noch die Hoffnung auf Auskünfte zu ande-
ren Bereichen haben. Deswegen bitte ich um Nachsicht,
dass ich jetzt weiteren Zusatzfragen mit etwas größerer
Zurückhaltung als den Fragestellungen gegenübertrete.

Ich rufe jetzt die Frage 11 des Kollegen Rossmann
auf:

Welche Überlegungen haben die Bundesregierung gelei-
tet, von den Berechnungen des Wissenschaftsrates, die für die
Verbesserung der Lehre an den Hochschulen mindestens
1 Milliarde Euro zusätzlich im Jahr ausweisen, abzusehen und
lediglich ein Fünftel des Volumens vorzusehen?

Herr Staatssekretär Rachel, bitte.

T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703621400


Herr Präsident, vielen Dank. – Lieber Herr Kollege
Dr. Rossmann, der Wissenschaftsrat weist in seinen
Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung von Lehre und
Studium aus dem Juli 2008, auf die Sie sich beziehen,
darauf hin, dass die föderale Struktur der Bundesrepu-
blik Deutschland die Verantwortung für eine substan-
zielle Verbesserung der Lehrsituation und der Studiensi-
tuation den Bundesländern zuweist. Zugleich empfiehlt
der Wissenschaftsrat, diese Aufgabe in gesamtstaatlicher
Verantwortung zu lösen.

Entsprechend dieser beschriebenen Verantwortung
hat die Bundesministerin, Frau Professor Schavan, den
Ländern ein gemeinsames Programm für bessere Stu-
dienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre als
quasi dritte Säule des Hochschulpakts angeboten. Es
baut auf den bestehenden Maßnahmen von Ländern und
Hochschulen einerseits sowie auf dem Beitrag der ersten
Säule des Hochschulpakts für bessere Studienbedingun-
gen andererseits auf.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703621500

Herr Staatssekretär, es ist ja bemerkenswert, dass der

Wissenschaftsrat einen Bedarf von rund 1 Milliarde
Euro jährlich vorgestellt hat – gut begründet – und auch
die Ministerin auf Milliarden Euro kommt. Aber die Mi-
nisterin kommt darauf, indem sie 200 Millionen Euro
mal zehn nimmt, während der Wissenschaftsrat „1 Mil-
liarde Euro in einem Jahr“ sagt. Darf ich dem, was Sie
ausgeführt haben, entnehmen, dass die Bundesregierung
erwartet, dass die Länder auf die 200 Millionen Euro,
die der Bund jährlich einbringt, 800 Millionen Euro
obendrauf legen? Oder: Mit welcher Quote, was die
Bund-Länder-Finanzierung angeht, gehen Sie in die Ver-
handlungen auf der großen Bildungsratschlagsrunde am
10. Juni?
T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703621600


Diese Schlussfolgerung können Sie für sich persön-
lich ziehen, allerdings nicht für die Bundesregierung.
Wir haben vor, über die nähere Ausgestaltung der dritten
Säule des Hochschulpakts zwischen Bund und Ländern
intensiv zu verhandeln. Dabei ist klar, was auch der Wis-
senschaftsrat deutlich beschrieben hat, nämlich dass die
Verantwortung für die Lehrsituation an den Hochschulen
bei den Ländern liegt. Insofern ist es bemerkenswert,
dass sich der Bund hierbei trotzdem zusätzlich einbringt.
Wir werden das Gespräch mit den Ländern in der dafür
eigens vorgesehenen Gemeinsamen Wissenschaftskon-
ferenz suchen, um zu erreichen, dass die Lehrsituation
an den Hochschulen deutlich verbessert werden kann.
Dabei ist klar, dass sich die Länder hier in ganz erhebli-
chem Maß einbringen müssen.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703621700

Herr Staatssekretär, wenn das nur eine private

Schlussfolgerung ist, die ich daraus ziehen darf, muss
nach dem, was Sie gesagt haben, die Bundesregierung
die Schlussfolgerung ziehen, dass sie, wenn sie von den
Ländern nicht 800 Millionen Euro erwartet, selbst aber
nur 200 Millionen Euro geben will, den Betrag von
1 Milliarde Euro, den der Wissenschaftsrat jährlich für
notwendig hält, reduzieren muss. Meine Frage ist: Auf
welches Volumen reduzieren Sie den Bedarf? Bei dem,
was Sie bisher gesagt haben, gibt es ja nur die folgenden
Möglichkeiten: Entweder Sie müssen den Betrag von
200 Millionen Euro erhöhen, oder Sie müssen 800 Mil-
lionen Euro von den Ländern erwarten, oder Sie müssen
dem Wissenschaftsrat sagen, dass der Betrag von
1 Milliarde Euro, den er für notwendig hält, zu hoch be-
messen ist und sachlich geboten nur 400 oder 500 Mil-
lionen Euro sind. Deshalb meine Frage, was sich die
Bundesregierung an der Stelle bei dem, was Sie für die
Bundesregierung bisher erklärt haben, gedacht hat oder
denkt.

T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703621800


Herr Kollege Dr. Rossmann, die Frage der finanziel-
len Volumina wird Gegenstand der Besprechungen zwi-
schen Bund und Ländern in der Gemeinsamen Wissen-
schaftskonferenz sein. Die Bundesregierung ist initiativ
geworden und hat Vorschläge für eine dritte Säule des
Hochschulpakts zum Bereich der Lehre gemacht. Klar
ist, dass nach der föderalen Zuständigkeit hier vor allem
die Länder gefordert sind. Dies wird Gegenstand der
weiteren Besprechungen sein.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703621900

Ich rufe die Frage 12 auf, ebenfalls vom Kollegen

Dr. Rossmann:
Mit welchen konkreten Vorschlägen geht die Bundesregie-

rung in die Beratungen mit den Ländern zur Konferenz der
Regierungschefs von Bund und Ländern am 10. Juni 2010,
um die notwendigen Nachbesserungen der Bologna-Reform
im Sinne besserer Studienbedingungen, einer besseren Stu-
dierbarkeit sowie einer einfacheren nationalen wie europäi-
schen Mobilität zu unterstützen?

Es antwortet Herr Kollege Braun.






(A) (C)



(D)(B)

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703622000


Lieber Herr Kollege Rossmann, die Bundesregierung
geht selbstverständlich mit konkreten Vorschlägen in die
Beratungen mit den Ländern zur Konferenz der Regie-
rungschefs von Bund und Ländern am 10. Juni. Der vom
Kollegen Rachel eben schon angesprochene „Qualitäts-
pakt Lehre“ ist ein Gegenstand. Darüber hinaus ist es na-
türlich die 23. BAföG-Novelle, in der auch auf die Be-
sonderheiten des Bologna-Prozesses eingegangen wird.
Zum Beispiel sind wir dazu übergegangen, vorzuschla-
gen, dass im Interesse der Master-Studierenden in Zu-
kunft eine Bezugsdauer bis zum 35. Lebensjahr ermög-
licht wird. Ebenso ist Teil des Verhandlungspakets des
Bundes das nationale Stipendienprogramm.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703622100

Ich weiß Ihre Antwort zwar zu schätzen. Aber ich

glaube, dass auch bei weiteren Nachfragen nicht viel
mehr herauskommen wird. Mit Blick auf die noch ver-
bleibende Zeit verzichte ich auf weitere Nachfragen, so-
dass der Kollege Brase noch die Chance hat, seine Fra-
gen zur beruflichen Bildung zu stellen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703622200

Wie schön.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Auch ich habe keine Lust mehr!)


– Ich mache darauf aufmerksam, dass Lust keine Kate-
gorie in unserer Geschäftsordnung ist. Das kann ich al-
lenfalls subjektiven Präferenzen zuordnen, die ich nicht
weiter kommentieren möchte.


(Heiterkeit)


Ich rufe die Frage 13 des Kollegen Brase auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der

Tatsache, dass beim Hochschulpakt I allein Nordrhein-West-
falen die Zahl der zugesagten zusätzlichen Studierenden bis-
her bei weitem nicht erreicht hat, wohingegen andere Länder
ihre Zusagen sogar übererfüllt haben?

Bitte, Herr Kollege Rachel.

T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703622300


Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Brase, in
Nordrhein-Westfalen wurden allein im Jahr 2009 über
10 000 zusätzliche Studienmöglichkeiten geschaffen.
Die Bundesregierung sieht angesichts der Tatsache, dass
der Hochschulpakt jetzt auch in Nordrhein-Westfalen
deutliche Wirkungen entfaltet und dass die bundesweit
angestrebten Ziele zudem bereits deutlich übererfüllt
worden sind, dass wir insgesamt auf einem guten Wege
sind.


Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1703622400

Herr Staatssekretär, nach den Unterlagen, die uns in

den letzten Monaten von Ihrem Hause zugeleitet wur-
den, kann ich den Aufwuchs von 10 000 Plätzen in
Nordrhein-Westfalen nicht ganz nachvollziehen. Weil
wir also keine ausreichende schriftliche Erläuterung be-
kommen haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir
das jetzt einmal genauer erklären könnten. Für Nord-
rhein-Westfalen, dieses schöne und wichtige Bundes-
land, ist das mit Blick auf die Bildungspolitik ein ganz
wesentlicher Punkt.

T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703622500


Sehr geehrter Herr Kollege Brase, es ist tatsächlich
so. Um es präzise zu sagen: Allein im Jahr 2009 sind
10 717 neue Studienanfänger in Nordrhein-Westfalen zu
verzeichnen. Nordrhein-Westfalen hat erhebliche An-
strengungen unternommen, um zusätzliche Studien-
plätze zur Verfügung zu stellen. Wie Ihnen vielleicht be-
kannt ist, werden in Nordrhein-Westfalen drei neue
Fachhochschulen gebaut. Acht bestehende Fachhoch-
schulen werden ausgebaut. Dies sind wichtige Maßnah-
men, die zur Schaffung von Tausenden zusätzlicher Stu-
dienplätze führen. Wir begrüßen diese Anstrengungen
außerordentlich. Man kann daran sehen, dass sich in der
Breite in Nordrhein-Westfalen Erhebliches bewegt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703622600

Weitere Zusatzfrage? – Nein. Kollege Rossmann,

bitte.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1703622700

Herr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1703622800
Im
Falle Nordrhein-Westfalens entsprechen 1 000 Plätze ei-
nem Anteil von 0,2 Prozent.

Können Sie uns die Prozentzahlen bezogen auf die
Studienanfängerplätze nennen? Denn die 10 000 zusätz-
lichen Studienplätze für Nordrhein-Westfalen, die Sie
hier ankündigen, sind in Relation zu den 91 000 insge-
samt geplanten Plätzen ein Neuntel. Aber Nordrhein-
Westfalen hat mehr als ein Neuntel aller Studienplätze in
Deutschland. Daher ist das, was Sie uns hier eben vorge-
fügt haben, eine besonders elegante Form der Nichtdar-
legung von wahren Sachverhalten. Nennen Sie also bitte
die Prozentzahlen für die einzelnen Bundesländer, damit
wir sehen können, was Sie bis jetzt in Bezug auf den
Hochschulpakt I umgesetzt haben.

T
Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1703622900


Herr Kollege Rossmann, die Umrechnung überlasse
ich Ihren mathematischen Fähigkeiten. Das Land Nord-
rhein-Westfalen hat im vergangenen Jahr 10 717 zusätzli-
che Studienanfängerplätze geschaffen. Es ist im Rahmen
des Hochschulpaktes vereinbart worden, dass, bezogen
auf das Vergleichsjahr 2005, in Nordrhein-Westfalen ins-
gesamt 26 000 zusätzliche Studienanfängerplätze ge-
schaffen werden.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Aha!)


Jetzt im Jahr 2010 sehen wir, dass in erheblichem Maße
ausgebaut wird.





Parl. Staatssekretär Thomas Rachel


(A) (C)



(D)(B)

Es gibt in Nordrhein-Westfalen drei neue Fachhoch-
schulen, die am 1. Mai 2009, also Mitte letzten Jahres,
gegründet worden sind. Es ist natürlich klar: Bevor der
Studienbetrieb aufgenommen werden kann, müssen
diese Fachhochschulen erst einmal errichtet werden. Das
ist die Fachhochschule Hamm-Lippstadt, das ist die
Fachhochschule Rhein-Waal, und das ist die Fachhoch-
schule Ruhr West. Das sind drei ganz neue Fachhoch-
schulen.

Dazu kommt, dass die Landesregierung in Nordrhein-
Westfalen beschlossen hat, in Bochum die bundesweit
erste Hochschule für Gesundheit zu errichten. Hier wer-
den 1 000 neue Studienplätze zu einem gesellschaftlich
sehr wichtigen Thema entstehen. Davon werden wir alle
profitieren. Darüber hinaus sind neben den Aktivitäten
an den verschiedenen Universitäten umfangreiche Aus-
baumaßnahmen in acht weiteren Fachhochschulen vor-
gesehen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ich muss meinen Rechenschieber zum Staatssekretär rüberschicken!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703623000

Ich rufe die Frage 14 des Kollegen Brase auf:

Wie beurteilt die Bundesregierung die Auffassung des
Deutschen Industrie- und Handelskammertages, dass nicht ein
zu geringes Ausbildungsplatzangebot, sondern eine man-
gelnde Ausbildungsreife das Hauptproblem auf dem Ausbil-
dungsmarkt ist?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703623100


Sehr geehrter Herr Kollege Brase, im Hinblick auf die
Ausbildungsplatzsituation geht die Bundesregierung da-
von aus, dass man nicht ein Hauptproblem definieren
kann. Es gibt sowohl das Problem mangelnder Ausbil-
dungsreife als auch das Problem fehlender Ausbildungs-
plätze. Zum Teil sind das regionale Probleme. Es gibt
auch ein globales Problem; das hat mit Mobilität zu tun.
Wir haben natürlich die Aufgabe, die Wünsche von Be-
werbern um Ausbildungsplätze nach gewissen Ausbil-
dungsberufen mit den Belangen der Wirtschaft zusam-
menzubringen.

Die Bundesregierung ist hier auf einem guten Weg.
Wir fördern die Berufsorientierung junger Menschen.
Wir fördern die Bereitschaft zur Mobilität, und wir wol-
len uns – das haben wir heute in einem anderen Zusam-
menhang besprochen – intensiv darum kümmern, Brü-
che in Bildungsbiografien zu vermeiden, um bei allen
Jugendlichen Ausbildungsreife zu erzielen. In diesem
Dreiklang der unterschiedlichen Probleme, die wir ha-
ben, betrachtet die Bundesregierung die Ausbildungs-
platzsituation in Deutschland.


Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1703623200

Herr Staatssekretär Braun, wir haben heute eine Pres-

senotiz des Statistischen Bundesamtes über die Zahl der
neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse, bezogen auf
2009, erhalten. Es gibt bundesweit ein Minus von über
7 Prozent. – Das als Eingangsbemerkung.
Im Rahmen einer Umfrage der IHK – darauf bezieht
sich meine Frage – wurde von vielen – nicht von allen –
befragten Unternehmen zum Ausdruck gebracht, dass
dieses Minus an eingetragenen Ausbildungsverhältnis-
sen daran liegt, dass ein Großteil der Jugendlichen offen-
sichtlich nicht ausbildungsreif sei. Ich kann diese These
nicht nachvollziehen und frage Sie, ob Sie nicht mit mir
der Auffassung sind, dass immer dann, wenn von den
Unternehmen nicht genügend Ausbildungsplätze zur
Verfügung gestellt werden, das Argument kommt, es
gebe nicht genügend ausbildungsfähige junge Leute. Ich
halte es für nicht richtig, so mit Menschen umzugehen.

Mich würde interessieren, ob das zuständige Haus,
sprich: die zuständige Ministerin und ihr Haus, das ähn-
lich sieht oder ob man der Industrie und den Unterneh-
men angesichts dessen, dass das Statistische Bundesamt,
bezogen auf 2009, ein Minus von 7,9 Prozent gegenüber
2008 errechnet hat, nicht deutlich sagen muss: „So ein-
fach lassen wir das nicht durchgehen.“

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703623300


Sehr geehrter Herr Kollege Brase, zunächst zum Jahr
2009. Infolge der Wirtschaftskrise muss man die statisti-
schen Zahlen für dieses Jahr mit sehr gemischten Gefüh-
len betrachten. Auf der einen Seite gibt es in der Tat
einen erheblichen Rückgang der Zahl neuer Ausbil-
dungsverhältnisse. Auf der anderen Seite gibt es, bedingt
durch die demografische Situation, einen deutlichen
Rückgang der Zahl der Ausbildungsplatzbewerber, so-
dass sich das Verhältnis insgesamt sogar verbessert hat.
Sie wissen auch, dass sich im Jahr 2009 zum Beispiel die
Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland trotz der Krise
verringert hat.

Ich denke, es existiert aufgrund des Ausbildungspaktes,
den wir in Deutschland vereinbart haben, der insgesamt
gute Konsens zwischen Wirtschaft und allen beteiligten
Partnern, dass es eine wichtige gesamtgesellschaftliche
Aufgabe ist, Jugendlichen Ausbildungsplätze zur Verfü-
gung zu stellen. Wenn Einzelne, wie Sie es eben ange-
sprochen haben, sozusagen um Ausreden ringen, warum
sie keine Ausbildungsplätze schaffen können, ist das
betrüblich. Ich habe nicht den Eindruck, dass der DIHK
– Sie haben ihn genannt – und andere große Verbände,
die im Ausbildungspakt mit uns eng zusammenarbeiten,
das tun.

Es ist unsere Aufgabe, individuell zu schauen, welche
verschiedenen Hindernisse es gibt, dass Jugendliche ver-
geblich einen Ausbildungsplatz suchen, obwohl es noch
offene Stellen gibt. Die Frage ist: Wie können wir diese
Lücke schließen? Hier tritt zum einen das Problem auf,
dass es Jugendliche gibt, die eine mangelnde Ausbil-
dungsreife haben. Ein anderes Problem sind regionale
oder andere Mobilitätsfaktoren. Ein drittes Problem habe
ich schon angesprochen. Es gibt also verschiedene Vari-
anten. Ich denke, es wird dem wichtigen Anliegen, Aus-
bildungsplätze zu schaffen, nicht gerecht, bei diesem
Thema eine Monokausalisierung vorzunehmen.






(A) (C)



(D)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703623400

Ihre Zusatzfrage, bitte.


Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1703623500

Herr Staatssekretär, bei der Frage, ob hier tatsächlich

verallgemeinert wird, wäre ich zurückhaltend. Der
DIHK hat, wenn ich das richtig mitbekommen habe,
diese Zahlen an uns alle versandt. Der Hauptgeschäfts-
führer hat das in der Presse entsprechend gewürdigt. Das
ist ein erster Punkt, der feststeht. Der Präsident des Zen-
tralverbands des Deutschen Handwerks, Otto Kentzler,
hat dies nicht getan. Er hat gesagt, dass die Vorausset-
zungen der Auszubildenden heute im Wesentlichen nicht
schlechter als früher bzw. teilweise genauso gut wie frü-
her sind. Beide arbeiten nach meinem Kenntnisstand als
Mitglieder des Komitees am Ausbildungspakt mit.

Meine Frage ist: Sind Sie bereit, im Zusammenhang
mit dem Ausbildungspakt intensiv über die unterschied-
lichen Auffassungen hinsichtlich der Beurteilung von
jungen Leuten zu debattieren? Können Sie, wenn Sie
meine Einschätzung teilen – man kann nicht allein die
jungen Menschen dafür verantwortlich machen, wenn es
nicht genügend Ausbildungsplätze gibt –, dies themati-
sieren? Können Sie mit den Verbänden überlegen, wie
man zusätzliche und bessere Maßnahmen – von der alten
Regierung und von Ihrem Hause wurden schon Maßnah-
men angestoßen – verstärkt auf den Weg bringen kann,
damit die jungen Leute nicht mit solch einer negativen
Zuschreibung versehen werden?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703623600


Sehr geehrter Herr Brase, um es deutlich zu sagen:
Die Bundesregierung wird sich gegen die einseitige ne-
gative Zuschreibung verwahren, nach der allein die man-
gelnde Qualifikation der Jugendlichen Ursache dafür ist,
dass nicht genügend Ausbildungsplätze gewonnen wer-
den können. Wir haben allerdings nicht den Eindruck,
dass Sie die Positionen, die Sie angesprochen haben,
vollinhaltlich wiedergegeben haben. Beim Ausbildungs-
pakt hat sich aber mehrfach offenbart, dass es bei der
Bewertung des Problems – offene Stellen auf der einen
Seite, Ausbildungsplatzsuchende auf der anderen Seite –
unterschiedliche Schwerpunktsetzungen gibt.

Die Bundesregierung wirbt dafür, sich im Interesse
einer entspannten und sachorientierten gesamtgesell-
schaftlichen Diskussion im Vorfeld des nächsten Ausbil-
dungspakts allen drei Ursachen zu widmen, anstatt sie
im Sinne einer Schwerpunktsetzung zu gewichten. Es
geht darum, an allen drei Punkten zu arbeiten. Ich denke,
das wird der Ausbildungspakt auch dieses Mal tun, um
der Situation der Jugendlichen gerecht zu werden. Der
Ausbildungspakt ist in der Vergangenheit in der Tat im-
mer sehr erfolgreich gewesen, und zwar in Zusammenar-
beit mit den Beteiligten, die Sie hier angesprochen ha-
ben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703623700

Ich rufe auf die Frage 15 der Kollegin Alpers:
Wann will die Bundesregierung den Berufsbildungsbericht
2010, der bereits vor einiger Zeit von den Autorinnen und Au-
toren vorgelegt und über den bereits Anfang März 2010 in den

(vergleiche diverse Meldungen der dpa vom 3. März 2010)

stellen, und mit welchen Akteuren wie etwa Lobbyvertreterin-
nen oder -vertretern bzw. Vertreterinnen oder Vertretern von
Verbänden steht sie in Bezug auf die Freigabe des Berichtes in
Kontakt?

Bitte, Herr Staatssekretär.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703623800


Sehr geehrte Frau Kollegin Alpers, der Entwurf des
Berufsbildungsberichts ist der Bundesregierung zuge-
gangen. Derzeit ist es beabsichtigt, ihn in der Kabinetts-
sitzung am 28. April 2010 zu beraten. Wenn er dort ver-
abschiedet wird, wird er dem Bundestag und dem
Bundesrat unmittelbar zugeleitet und zeitgleich auf der
Homepage des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung online gestellt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703623900

Frau Kollegin, Ihre Zusatzfrage.


Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703624000

Herr Staatssekretär, es wundert mich, dass seit sechs

Wochen über einen unveröffentlichten Bericht gespro-
chen wird. Als ausbildungspolitische Sprecherin erhalte
ich von der Presse, von Verbänden usw. Nachfragen.
Wie kann es sein, dass die festgesetzte Frist für die Ver-
öffentlichung des Berichts – nämlich die Sitzung am
Freitag – nicht eingehalten wird, dass wir die Unterlagen
nicht rechtzeitig erhalten, obwohl die Öffentlichkeit
schon seit dem 3. März über den Vorabentwurf disku-
tiert? Es gibt offenbar ein Missverständnis in der berufs-
politischen Debatte. Ich frage mich, woran es liegt und
welche Ergebnisse vorliegen.

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703624100


Sehr geehrte Frau Kollegin, dieses Missverständnis
kann man aufklären. Im Rahmen der Erstellung des Be-
rufsbildungsberichtes gibt es verschiedene Ausschüsse,
die sich mit dem Entwurf beschäftigen und Stellung-
nahmen abgeben. Diese Stellungnahmen sind Teil des
Berufsbildungsberichts. Sofern Personen in dieses Gre-
mium berufen sind, haben sie den Entwurf zwecks Er-
stellung einer Stellungnahme erhalten. Erst wenn der
Entwurf seitens des BIBB fertiggestellt ist, wird er uns
zugeleitet und von uns nach der Ressortabstimmung im
Kabinett beschlossen. Dann wird er dem Bundestag zur
Verfügung gestellt. Die Personen, die in dem Gremium
für die Erstellung des Berichts sowie für andere Aufga-
ben zuständig sind, gehören keinen Verbänden an.


Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1703624200

Herr Braun, habe ich es richtig verstanden, dass Sie in

keinerlei Verbindung zu Verbänden stehen? Sie stehen
bezüglich der Freigabe des Berichts auch nicht mit den
entsprechenden Stellen in Kontakt, stimmt das?






(A) (C)



(D)(B)

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703624300


Nach der Zuleitung wird die Bundesregierung im
Rahmen ihrer eigenen Kompetenzen, aber auch ihrer ei-
genen Ressorts eine Abstimmung herbeiführen, darüber
hinaus nicht.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703624400

Ich rufe die Frage 16 der Kollegin Agnes Alpers auf:

Teilt die Bundesregierung die von der Gruppe der Arbeit-
geberinnen und Arbeitgeber im Hauptausschuss des Bundes-
instituts für Berusbildung, BIBB, in ihrer Stellungnahme zum

(vom BIBB zusammen mit der gemeinsamen Stellungnahme des Hauptausschusses zum Entwurf des Berufsbildungsberichts 2010 vom 11. März 2010 veröffentlicht)

begründen –, dass der Berufsbildungsbericht auf die Angabe
einer sogenannten Erweiterten Angebots-Nachfrage-Relation
auf dem Ausbildungsmarkt verzichten sollte?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1703624500


Sehr geehrte Frau Kollegin Alpers, Sie wollen wis-
sen, ob es auch in Zukunft im Rahmen des Berichtes die
Erweiterte Angebots-Nachfrage-Relation gibt. Ich kann
Ihnen das bejahen. Die Bundesregierung beabsichtigt,
diesen Indikator auch in Zukunft zu erheben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703624600

Es gibt keine weitere Zusatzfrage.

Dann sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich
bedanke mich bei den Kollegen, die für die Bundesregie-
rung geantwortet haben.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht die Parla-
mentarische Staatssekretärin Frau Kopp zur Verfügung.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703624700

Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Lischka auf:

Wie soll die vom Bundesminister Dirk Niebel beabsich-
tigte „Verzahnung“ von Bundeswehr und Entwicklungshilfe
konkret umgesetzt werden, insbesondere hinsichtlich des Ab-
schlusses von Vereinbarungen mit Hilfsorganisationen und
Vorgaben durch die Bundeswehr unter anderem?

Gu
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1703624800


Vielen Dank, Herr Präsident! – Die Entwicklung in
den Bereichen Sicherheit, Regierungsführung und zivi-
ler Aufbau steht in Afghanistan in einem Wechselver-
hältnis. Die deshalb angestrebte bessere Verzahnung des
zivilen und militärischen Engagements Deutschlands er-
folgt über eine intensive Abstimmung zwischen den zi-
vilen und den militärischen Akteuren. Die Koordination
der zivilen Beiträge der Bundesregierung, die teils über
staatliche und teils über nichtstaatliche Durchführungs-
organisationen umgesetzt werden, erfolgt über die Ver-
treter der zivilen Ressorts vor Ort. Die Abstimmung zwi-
schen den zivilen Ressortvertretern und der Bundeswehr
erfolgt im Rahmen des vernetzten Ansatzes und gemäß
den jeweiligen Zuständigkeiten.

Die Bundesregierung stärkt das zivilgesellschaftliche
Engagement in Afghanistan mit zusätzlich bereitgestellten
Mitteln in Höhe von 10 Millionen Euro im Jahr 2010,
die über den aktuellen Haushalt des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
bereitgestellt werden. Diese Mittel sollen entwicklungs-
politischen Maßnahmen deutscher Nichtregierungsorga-
nisationen insbesondere in der Schwerpunktregion des
deutschen Engagements in Nordafghanistan zugutekom-
men.


Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1703624900

Frau Staatssekretärin, zu der von Ihnen angesproche-

nen Verzahnung zwischen der Bundeswehr im Norden
und deutscher Entwicklungshilfe. Bedeutet das, dass
künftig Entwicklungshilfegelder in erster Linie nur noch
in den Norden Afghanistans fließen?

Gu
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1703625000


Nein, sehr geehrter Herr Kollege Lischka, das bedeu-
tet es nicht. Die Bundesregierung ist der Auffassung,
dass Sicherheit die grundsätzliche Voraussetzung für den
zivilen Aufbau ist. Ohne Sicherheit kein Aufbau. Eine
relative Sicherheit gibt es im Norden des Landes, wo wir
die Bundeswehr stationiert haben. Dort sehen wir in al-
lererster Linie die Möglichkeit, den zivilen Aufbau zu
verstärken. Aber wir beschränken uns nicht nur auf den
Norden, sondern es gibt auch Projekte zum Beispiel im
Süden und im Grenzbereich zu Pakistan.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703625100

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?


Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1703625200

Das ist gut zu hören. Meine Zusatzfrage lautet: Sind

Ihnen Zahlen bekannt, die besagen, wie viele deutsche
Hilfsorganisationen derzeit in Afghanistan tätig sind und
wie viele von ihnen eine Förderung durch Bundesmittel
erhalten?

Gu
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1703625300


Die Anzahl der in Afghanistan tätigen Organisationen
habe ich nicht präsent. Ich kann Ihnen aber Zahlen nen-
nen, die bereits Ihre nächste Frage betreffen: Im Jahre
2009 wurden 2,3 Millionen Euro der vom BMZ bereit-
gestellten Mittel in Höhe von 252 Millionen Euro sowie
6,1 Millionen Euro der vom Auswärtigen Amt bereitge-
stellten rund 108 Millionen Euro aus dem Stabilitätspakt
den deutschen Nichtregierungsorganisationen zur Verfü-
gung gestellt.

Es handelt sich um einen kleinen Betrag, wenn man
bedenkt, dass das Gros der zivilen Beiträge der Bundes-
regierung für Afghanistan über die staatlichen Durchfüh-
rungsorganisationen finanziert und durchgeführt wird.





Parl. Staatssekretärin Gudrun Kopp


(A) (C)



(D)(B)


Es liegt in der Entscheidung der zivilen Organisationen,
sich um diese Mittel zu bewerben. Das impliziert natür-
lich folgende Frage: Wollen die privaten Durchführungs-
organisationen diese Projekte unter Begleitung der Bun-
deswehr als Sicherheitsfaktor durchführen? Ich denke,
dass das ein guter Ansatz ist. Die Bundesregierung legt
Wert darauf, im neuen Afghanistankonzept einen
Schwerpunkt auf den zivilen Aufbau zu legen. Das ist
durch die Verdoppelung der Mittel zum Ausdruck ge-
kommen. Wir befinden uns jetzt in der Phase der Umset-
zung und sind zuversichtlich, dass sie erfolgreich sein
wird.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703625400

Wenn Sie sich beeilen, Frau Kopp, haben Sie jetzt

noch 40 Sekunden für die Beantwortung der Frage 18
des Kollegen Lischka.

Gu
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1703625500


Gerne.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703625600

Dann rufe ich jetzt die Frage 18 des Kollegen Lischka

auf:

Wie will die Bundesregierung für einen vollständigen Mit-
telabfluss der auf 430 Millionen Euro aufgestockten Gelder
für den zivilen Wiederaufbau sorgen, vorausgesetzt, die in
Afghanistan tätigen Hilfsorganisationen bleiben bei ihrer Ab-
lehnung einer derartigen Verzahnung?

Gu
Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1703625700


Vielen Dank, Herr Präsident. – Diese Frage habe ich
eben zum Teil bereits beantwortet. Ich möchte noch er-
gänzen, dass die Bundesregierung davon ausgeht, dass
weiterhin zahlreiche deutsche Nichtregierungsorganisa-
tionen Projekte in Nordafghanistan umsetzen wollen.
Die Bundesregierung beabsichtigt daher, diese mit zu-
sätzlichen Mitteln zu unterstützen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1703625800

Wir sind damit am Ende der Fragestunde und damit

auch am Schluss der heutigen Tagesordnung angelangt.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 22. April 2010,
9 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen und inte-
ressanten Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.