Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur
Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunika-
tionsnetzen.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend, Frau Dr. Ursula von der Leyen.
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Her-
ren! Heute ist im Bundeskabinett der Entwurf eines Ge-
setzes zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kom-
munikationsnetzen beschlossen worden. Dies ist ein
wichtiger Schritt im Kampf gegen die Kinderpornografie
im Internet. Die neuen Regelungen enthalten Vorschläge
zu Änderungen im Telemediengesetz und im Telekom-
munikationsgesetz. Sie beschränken sich auf Erschwe-
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Redet
rungen des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten.
Am 25. März dieses Jahres sind im Bundeskabinett
bereits die Eckpunkte beschlossen worden. Am vergan-
genen Freitag, dem 17. April, hat das Bundeskriminal-
amt Verträge mit fünf großen privaten Internetzugangs-
anbietern geschlossen. Die Verträge stellen bereits jetzt
eine solide Grundlage für die Zugangserschwerungen
dar. Wir erreichen allein damit 75 Prozent des Marktes.
Die Zugangsanbieter können sich jetzt konkret auf die
technische Umsetzung vorbereiten und damit beginnen.
Ich kann Ihnen heute mitteilen, dass zwei weitere große
private Anbieter signalisiert haben, dass sie bereit sind,
die Verträge, so, wie sie vorliegen – ohne Gesetzesvor-
behalt –, zu zeichnen. Mit dem aktuell vorlieg
setzentwurf werden wir noch mehr private A
fassen und somit eine noch größere Markta
nämlich über 97 Prozent, erreichen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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23442 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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23444 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
amilie, Senioren, Frauen und Jugend:
Es geht ausschließlich um Kinderpornografie im In-
ernet.
Das Bundeskriminalamt hat auf seiner Pressekonfe-
enz in der vergangenen Woche deutlich gemacht, dass
s die Zahl der Stellen für Mitarbeiter, die sich mit die-
em Thema und mit dem Bereich der neuen Medien ins-
esamt befassen, um sechs bis zehn erhöhen wird.
Zu Ihrer Frage, welche Seiten gesperrt werden. Ge-
perrt werden ausschließlich Websites, die kinderporno-
rafische Inhalte haben. Was unter diesen Straftatbe-
tand fällt, ist in § 184 b StGB detailliert beschrieben.
Zu Ihrer Frage nach einer Sperrung von IP-Adressen.
ie ich anfangs erläutert habe, beruhen die Verträge auf
iner DNS-Sperre. Das ist, wie mit Inkrafttreten des Ge-
etzes noch einmal bekräftigt werden würde, der Min-
eststandard. Das Gesetz selber ist technikoffen formu-
iert. Das heißt, anderweitige Sperrungstechniken sind
icht ausgeschlossen.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Michaela Noll.
Sehr geehrte Frau Ministerin, erst einmal möchte ichich ganz herzlich bedanken. Endlich ist ein Gesetzent-urf auf den Weg gebracht, mit dem die Kinderporno-rafie wirklich bekämpft wird. Wenn man an ECPATeutschland und an die Kindernothilfe denkt – die gestrigeressenotiz zeigte, dass sie diese Maßnahme begrüßen –,ieht man, dass Sie nicht alleine dastehen.Ich habe folgende Fragen: Gilt das Gesetz, das Sieerabschieden wollen, für alle kommerziellen Anbieter,der gibt es eine Mindestanzahl von Kunden? Werdenbergangsfristen eingeräumt? Wann kann man damitechnen, dass die Seiten tatsächlich gesperrt werden?ir haben eben gehört, dass die Sperrlisten täglich neurstellt werden sollen. Wird das tatsächlich zur Folge ha-en, dass sie täglich an die Anbieter weitergeleitet wer-en?Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin füramilie, Senioren, Frauen und Jugend:Zunächst einmal zu Ihrer Frage, wer von dem Gesetzrfasst wird. Durch die Verträge, die letzte Woche ge-chlossen worden sind, werden die fünf größten kom-erziellen Anbieter erfasst; sie decken 75 Prozent desarktes ab. Zwei weitere Anbieter haben ihre Bereit-chaft bekundet, diese Verträge ohne Gesetzesvorbehaltu zeichnen; damit wären 94 Prozent des Marktes abge-eckt. Ein großer Anbieter hat sich zu diesem Themaisher nicht geäußert, würde aber durch das Gesetz ge-wungen werden, die Seiten zu sperren; damit wärenber 97 Prozent des Marktes abgedeckt.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009 23445
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Bundesministerin Dr. Ursula von der LeyenEs bleibt die Frage nach dem Rest. Es ist so, dass zumBeispiel Behörden und Universitäten eigene Netze ha-ben. Sie sind also autonom und nutzen nicht die Diensteeines Anbieters, um Zugang zum Internet zu bekommen.Ich möchte aber sehr deutlich sagen: Gerade die Behör-den haben klare interne Regelungen, was innerhalb ihrerNetze abgerufen werden kann und was nicht abgerufenwerden darf. Sie kontrollieren dies durch Stichproben.Wer innerhalb dieser – wenn ich es einmal so ausdrückendarf – Intranets die Regeln verletzt, muss mit empfindli-chen Strafen rechnen.Es bleibt – dies betrifft nur einen Promillebereich desMarktes – eine Gruppe ganz kleiner Anbieter, nämlichder Anbieter mit weniger als 10 000 Kunden. Diese An-bieter würden von dem Gesetz nicht erfasst werden. Wirsehen dies auch als einen Wermutstropfen an. Dies waraber Ergebnis eines Abwägungsprozesses zwischen Auf-wand und Nutzen. Weil diese sehr vertraulichen Listenin einem engen Rahmen kommuniziert werden müssen,ging es auch um die Frage, wie weit man diesen Rahmenstecken kann. Dieses Thema werden wir aber sehr genauim Auge behalten; es ist einer der entscheidenden Ge-genstände der Evaluation. Dann wird man erkennen, obman hier noch weiter in die Tiefe gehen muss oder nicht.Aber ich sage deutlich, dass wir hier von einem Promil-lebereich sprechen.Zu Ihrer zweiten Frage, warum das Gesetz keineÜbergangsfristen hat: Das ist einer der entscheidendenFaktoren bei den Vertragsverhandlungen gewesen. Ohnedie harten Auseinandersetzungen bei den Vertragsver-handlungen und ohne die detaillierten Diskussionen überdas Wenn und Aber, über die zu klärenden Rechte undPflichten sowie darüber, was man sich alles denkenkönnte, wären wir heute nicht so weit, dass wir diesesGesetz, das sehr viel von dem repliziert, was in den Ver-trägen schon enthalten ist, so formulieren könnten, wiees geschehen ist, und eine so deutliche Ansage machenkönnten, dass es in dem Moment, in dem das Gesetz inKraft treten wird, keine Übergangsfristen mehr gebenwird.Durch das Abschließen der Verträge sind die Grund-bedingungen für alle Internetzugangsanbieter klar. Siewissen seit letzter Woche, was auf sie zukommt, undauch diejenigen, die bis zu dem Zeitpunkt, an dem dasGesetz greift, noch nicht so weit sind, wissen, dass esdann für sie ebenfalls gelten wird. Wir haben, beginnendab dem 17. April, eine Frist von maximal sechs Monateneingeräumt, in der man die Techniken des Sperrens ent-wickeln und umsetzen kann. Die Unternehmen sagtenuns, dass sie maximal diese Zeit brauchten.Diese Listen werden täglich vom BKA aktualisiert.Im Schnitt sind rund 1 000 Seiten aktiv. Man muss wis-sen, dass diese Seiten sehr kurzlebig sind und nach Ta-gen oder wenigen Wochen bereits zu anderen Servernwechseln; sie sind also sehr fluide. Die Aktualisierungder Listen bedeutet auch, dass wir mit den europäischenLändern, die dies bereits jeden Tag machen, einen tägli-chen Wissenstransfer haben können. Diese Listen wer-den dann täglich in verschlüsselter Form an die Providerübermittelt. Dies geht auf elektronischem Wege; nie-mdrCrudmasswCbrwssdpztnbdiFztcD–dGZtjvmhsScdtwtk
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– Frau Enkelmann, das Insolvenzgeld ist eine Leistung,die nicht durch Beiträge, sondern durch eine Umlage fi-nanziert wird, und steht bezüglich der Leistungsgewäh-rung nicht in Zweifel. Insofern ist eine solche Vermen-gung in der Sache nicht angebracht.
Jetzt folgt noch eine Frage des Kollegen Werner
Dreibus.
Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, ich vermute oder
unterstelle – übrigens nicht zur Verunsicherung, sondern
zugunsten der Sicherheit der Bürger –, dass das Bundes-
ministerium über ein einfaches statistisches Mittel wie
die Modellrechnung verfügt. Unterstellen wir einmal,
dass nicht die Annahme der Bundesagentur für Arbeit
den tatsächlichen Verlauf der Arbeitslosigkeit und die
weiteren Folgen der Krise auf dem Arbeitsmarkt wider-
spiegelt, sondern dass wir beispielsweise von 5 Millio-
nen Arbeitslosen, einer deutlich gestiegenen Zahl von
Kurzarbeitern und weiteren zusätzlichen Ausgaben auch
der aktiven Arbeitsmarktpolitik auszugehen haben. Kön-
nen Sie uns sagen, wie unter solchen Annahmen bei ei-
nem Rückgang des Bruttosozialprodukts um 5 Prozent
die Haushaltslage der Bundesagentur am Ende dieses
Jahres aussehen wird und welche Rückwirkungen das
auf den Bundeshaushalt hat?
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Die Bundesregierung geht, wie Sie wissen, nicht von
einem Anstieg der Zahl der Arbeitslosen auf 5 Millionen
aus, Herr Abgeordneter. Grundsätzlich gibt es zwar Mo-
dellrechnungen, die aber keinen Anstieg der Arbeitslo-
senzahl in dieser Größenordnung beinhalten.
Vielen Dank. Damit ist die dringliche Frage beant-
wortet.
Wir setzen die Fragestunde in der üblichen Reihen-
folge fort und beginnen mit dem Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parla-
mentarische Staatssekretär Dr. Hermann Kues zur Verfü-
gung.
Wir beginnen mit der Frage 1 des Kollegen Manuel
Sarrazin:
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– Ich äußere mich dazu nicht. – Es ist bei uns zurzeit
keine Diskussionsgrundlage.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Die Frage 5 der
Kollegin Kotting-Uhl soll schriftlich beantwortet wer-
den.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwor-
tung der Fragen steht nach der Beantwortung der dringli-
chen Frage erneut der Parlamentarische Staatssekretär
Klaus Brandner zur Verfügung.
Wir kommen zur Frage 6 des Kollegen Volker
Schneider:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung – bitte begrün-
den –, wonach die sogenannte Abwrackprämie nur durch Ge-
setzesänderung nicht als geldwerter Vorteil auf Leistungen
nach dem SGB II anrechenbar sei und dieses aufgrund der
Dauer eines solchen Gesetzgebungsverfahrens nicht vor Aus-
schenzeitlich vom Bundeskabinett am 8. April 2009 beschlos-
senen Verlängerung der Prämie bis Ende 2009?
Bitte schön, Herr Brandner.
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Vielen Dank.Die Fragen 7 und 8 der Kollegin Kunert sollenchriftlich beantwortet werden.Alle Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-eriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-chutz sollen ebenfalls schriftlich beantwortet werden;as sind die Frage 9 des Kollegen Spieth, die Fragen 10nd 11 der Kollegin Dr. Tackmann, die Frage 12 derollegin Höfken und die Frage 13 der Kollegin Höhn.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-inisteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.ur Beantwortung steht die Parlamentarische Staats-ekretärin Karin Roth zur Verfügung.Ich rufe die Frage 14 des Kollegen Jan Mücke auf:Ist die öffentliche Aussage der Sprecherin des Bundes-ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,BMVBS: „Es gibt vom Bund aus unserem Ministerium einAngebot an Sachsen, sich zur Erhaltung des Welterbes an derFinanzierung einer Untertunnelung zu beteiligen“ vom 5. Juli2008 – vergleiche dpa-Meldung vom 5. Juli 2008; diese Aus-sage bezieht sich auf die Diskussion um den Bau der Wald-schlößchenbrücke in Dresden – mit Wissen und Wollen deszuständigen Bundesministers Wolfgang Tiefensee getroffenworden, und, falls ja, hält das BMVBS diesen Vorschlag vordem Hintergrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Dres-den vom 30. Oktober 2008 aufrecht?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009 23453
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Verehrter Kollege Mücke, die Aussage der Sprecherin
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung vom 5. Juli 2008 bezog sich auf das Angebot
des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung, sich an den Mehrkosten einer welterbeverträgli-
chen Lösung – sei dies eine Brücken- oder eine Tunnel-
lösung – zu beteiligen.
Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort auf Ihre
mündliche Frage 43 in der Fragestunde vom 25. März
2009. Es hat sich also nichts geändert.
Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kollege Mücke? –
Bitte schön.
Herr Präsident! Frau Staatssekretärin, jetzt bin ich et-
was verwirrt. Auf meine Frage in der letzten Frage-
stunde, ob denn Herr Bundesminister Tiefensee seinen
Kompromissvorschlag zum Bau eines Tunnels im Lichte
des Urteils des Verwaltungsgerichts Dresden aufrecht-
erhält – das Gericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass
ein Tunnel rechtlich nicht zulässig ist, dass nur für eine
Brücke ein Baurecht erteilt wird und damit auch nur für
eine Brücke ein Planfeststellungsbeschluss rechtlich zu-
lässig ist –, haben Sie mir geantwortet, er habe einen sol-
chen Vorschlag nie gemacht. Sie haben mir außerdem
geantwortet, dass er sich nur für eine welterbeverträgli-
che Lösung einsetzt, aber keinesfalls für einen Tunnel.
Jetzt habe ich hier diese dpa-Meldung vom 5. Juli
2008, in der die Sprecherin des Ministeriums wie folgt
zitiert wird:
Es gibt vom Bund aus unserem Ministerium ein
Angebot an Sachsen, sich zur Erhaltung des Welt-
erbes an der Finanzierung einer Untertunnelung zu
beteiligen.
Daraus schließe ich, dass der Minister – oder das Minis-
terium – doch einen Tunnel möchte.
Nach dem Gerichtsurteil, das Sie kennen – ich habe
Sie das letzte Mal danach gefragt, ob Sie es kennen –, ist
für mich die Frage, ob denn das Ministerium daran fest-
hält, dass in Dresden ein Tunnel gebaut werden kann.
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Herr Kollege Mücke, es ist ganz einfach. Ich habe Ih-
nen deutlich gemacht: Wir haben eine welterbeverträgli-
che Lösung unabhängig von der Frage des Wie angeregt.
Da ist eine Brücke genauso möglich wie ein Tunnel.
2008, vor ungefähr einem Jahr, ist die dpa-Meldung he-
rausgegangen. Wir haben uns aber nicht festgelegt, weil
die Klärung der Frage, in welcher Weise die Querung der
Elbe erfolgt, eine Sache des Freistaates Sachsen und der
Stadt Dresden ist.
Zweite Nachfrage, bitte.
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23454 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009 23455
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja.
Die Fragen 17 und 18 des Kollegen Dr. Anton
ofreiter sowie die Frage 19 des Kollegen Dr. Ilja
eifert sollen schriftlich beantwortet werden. Vielen
ank, Herr Staatssekretär Großmann.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
isteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
eit. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische
taatssekretär Michael Müller zur Verfügung. Die Fra-
en 20 und 21 des Kollegen Jörg Tauss sowie die Fragen
2 und 23 des Kollegen Hans-Josef Fell sollen ebenfalls
chriftlich beantwortet werden.
Ich rufe Frage 24 der Kollegin Brigitte Pothmer auf:
Auf Grundlage welcher Genehmigungen sind Giftstoffe
wie beispielsweise Arsen, Blei und Quecksilber oder auch
Tierkadaver im Atommülllager Asse II eingelagert worden,
und welche Herkunft haben die eingelagerten Giftstoffe und
Kadaver jeweils?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
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Liebe Kollegin, Sie greifen die Presseberichterstat-ungen auf. Ich will erst einmal allgemein sagen, dassich das Wissen über die in die Schachtanlage Asse IIingelagerten chemotoxischen Abfällen, insbesonderersen, Quecksilber und Blei, aus zwei Inventarberichtenrgibt. Diese Inventarberichte liegen dem BfS vor. Sieerden vor allem auch im Zusammenhang mit dem jetztotwendig gewordenen atomrechtlichen Planfeststel-ungsverfahren benötigt. Sie sind allerdings schon seitem Jahre 2007 bekannt.Bei dem Abfallinventar in der Schachtanlage Asse IIandelt es sich den Berichten zufolge um 496 Kilogrammrsen, 1,1 Kilogramm Quecksilber bzw. Quecksilber-erbindungen, 14 771 Kilogramm Blei und 1 049 Kilo-ramm Zyanide. Derartige chemotoxische Stoffe sind in
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23456 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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Parl. Staatssekretär Michael Müllerder Regel Bestandteil von radioaktiven Abfällen. Beiden eingelagerten Arsenverbindungen handelt es sichauch um arsenhaltige Pflanzenschutzmittel. Zudem lie-gen Begleitscheine vor, die eine Einlagerung von Tierka-davern belegen. Nach Auskunft des Helmholtz-Zen-trums handelt es sich hierbei um Versuchstiere, vorallem aus dem Forschungszentrum Jülich, denen radio-aktive Substanzen zugeführt wurden.Sie fragen vor allem nach den Genehmigungen. Fürdie Einlagerungen schwachradioaktiver Abfälle, also fürdie von mir genannten Stoffe und Mengen, lagen vier An-träge der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltfor-schung, also der GSF, bzw. vier Einlagerungsgenehmi-gungen des Bergamtes vor. In dem Zeitraum, in dem dieseGenehmigungen erteilt wurden, erfolgte die Einlagerungdieser arsenhaltigen Abfälle in der Kammer 4/750. Eshandelt sich um einen Antrag aus dem Jahr 1966, zweiAnträge aus dem Jahr 1967 und einen Antrag aus demJahr 1970. Durch die Genehmigungen wurde die Einlage-rung radioaktiver Rückstände bewilligt. Es wurden Vor-gaben hinsichtlich der Aktivität, der Dosisleistung undder Art der Abfälle, also ob sie beispielsweise fest sind,verpackt oder einbetoniert werden müssen, und hinsicht-lich der Fassanzahl der einzulagernden Menge gemacht.Einschränkungen im Hinblick auf chemotoxische Stoffesind weder den Anträgen der GSF noch den Genehmigun-gen des Bergamtes zu entnehmen.In den 60er-Jahren wurden Pflanzenschutzmittel zuUntersuchungszwecken mit radioaktiven Markern ver-setzt, um deren Verteilung in Pflanzen zu erforschen. Obes sich bei den in Asse befindlichen Arsenverbindungenum derartige Pflanzenschutzmittel handelt, ist den unsvorliegenden Akten leider nicht zu entnehmen.Zum chemischen und chemotoxischen Abfallinventarliegen nach jetzigem Auswertungsstand zwei Berichtevor, die im Rahmen der Stilllegungsplanung zum Nach-weis der Einhaltung der Schutzziele des Wasserhaus-haltsgesetzes erstellt wurden. Diese Berichte wurden vonder GSF erstellt. Über die Herkunft der radioaktiven Ab-fälle werden in den vorliegenden Unterlagen allerdingsnur allgemeine Angaben gemacht. Als Ablieferer werdenKernkraftwerke, Landessammelstellen, Forschungsein-richtungen wie das KfK, aber auch die Industrie undsonstige Ablieferer, beispielsweise die Bundeswehr, ge-nannt.Die Herkunft der arsenhaltigen Abfälle konnte ausden Angaben in den Berichten sowie für drei Fässer an-hand einer vorliegenden Kopie der Fasskontrolle ermit-telt werden. Danach sind diese drei Fässer mit Arsenver-bindungen von der Landwirtschaftlichen GenossenschaftSchöppenstedt angeliefert und 1968 in der Kammer ein-gelagert worden. Außerdem existiert ein Beleg über einweiteres Fass, in dem arsenhaltige Pflanzenschutzmitteleinzementiert sind, die von der LandwirtschaftlichenGenossenschaft Rosenheim 1967 angeliefert wurden.Dem Schriftwechsel zufolge, der dem BMU vorliegt,wurde die zuständige Bergbehörde zumindest über dieEinlagerung dieses Fasses frühzeitig und genau infor-miert.JaFrs2tVBcsthrdwlndwDaAksGGsnlSdusa
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Vielen Dank. – Die Fragen 28 und 29 der Abgeordne-en Dr. Gesine Lötzsch sowie die Frage 30 des Abgeord-eten Dr. Ilja Seifert – es handelt sich um Fragen aus demeschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Bundes-anzleramtes – sollen schriftlich beantwortet werden.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigenmtes. Zur Beantwortung steht der Staatsministerr. Gernot Erler zur Verfügung.Die Frage 31 des Abgeordneten Omid Nouripour solliederum schriftlich beantwortet werden.
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23458 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsWir kommen nun zur Frage 32 des Kollegen HellmutKönigshaus:Welchen genauen Wortlaut hat der bisher unveröffent-lichte Teil der in Brüssel getroffenen Vereinbarung desNATO-Rates vom 4. Oktober 2001, über die der Europarat-Sonderermittler Dick Marty in öffentlicher Sitzung des 1. Un-tersuchungsausschusses am 26. März 2009 berichtet hat– Duldung von Operationen von US-Dienststellen zur Terror-bekämpfung auf europäischem Boden, Schutz und dieStraffreiheit der an solchen Maßnahmen beteiligten US-Be-diensteten sowie die restriktive Handhabung der Informatio-nen der jeweiligen Regierungen über durchgeführte Aktionen,„need to know“ –, und haben der damalige Bundeskanzler, an-dere Mitglieder der Bundesregierung oder Staatssekretäre– bitte namentlich auflisten – daran mitgewirkt bzw. davonKenntnis erhalten?Bitte schön, Herr Staatsminister.D
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege
Königshaus, meine Antwort lautet wie folgt: Der NATO-
Generalsekretär, Jaap de Hoop Scheffer, hat in seinem
Schreiben an den Vorsitzenden des 1. Untersuchungsaus-
schusses, MdB Siegfried Kauder, vom 12. September
2007 ausgeführt, dass die Entscheidung des NATO-Ra-
tes vom 4. Oktober 2001 in der dem Schreiben beigefüg-
ten Presseerklärung des damaligen NATO-Generalsekre-
tärs Lord Robertson vom 4. Oktober 2001 zutreffend
wiedergegeben wurde. Im Übrigen unterliegt die Ent-
scheidung des NATO-Rates vom 4. Oktober 2001 der
Geheimhaltung. Die Bundesregierung kann daher zu
Einzelheiten der Entscheidung keine über das Schreiben
des NATO-Generalsekretärs hinausgehenden Angaben
machen.
Die Bundesregierung legt jedoch Wert auf die Fest-
stellung, dass die in der Frage aufgeführten angeblichen
Maßnahmen allesamt nicht Gegenstand einer Entschei-
dung des NATO-Rates waren. Die Presseerklärung des
NATO-Generalsekretärs vom 4. Oktober 2001 gibt die
Entscheidung des NATO-Rates zutreffend und inhaltlich
vollständig wieder. Somit konnte es auch keine Mitwir-
kung bzw. Kenntnisnahme von Mitgliedern früherer
Bundesregierungen an bzw. von diesen angeblichen
Maßnahmen geben.
Ihre erste Nachfrage, bitte, Kollege Königshaus.
Herr Staatsminister, worauf führen Sie dann die Be-
richte zurück, die dem Ermittler Dick Marty von aller-
dings nicht näher bezeichneten Quellen gegeben wur-
den, dass es sehr wohl einen geheim gehaltenen
Zusatzteil dieser Abmachung gegeben habe? Worauf
führen Sie dann insbesondere die sehr restriktive Hand-
habung der Bekanntgabe des offiziellen Beschlusses,
den Sie gerade bestätigt haben, zurück?
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Herr Staatsminister, das, was in der Pressemitteilung
teht, ist zwar sehr weit gehend, gibt aber nur einen sehr
roben Rahmen wieder. Dort steht beispielsweise:
… provide access for the United States and other Allies
o ports and airfields on the territory …“. Uns geht es um
ie Renditions – das ist der Punkt, über den wir uns un-
erhalten – und darum, was das konkret bedeutet.
Da Sie gesagt haben, das sei die vollständige Verein-
arung, frage ich Sie: Hat es denn nie jemand für nötig
efunden, einmal bei den Amerikanern nachzufragen,
ie sie diese Vereinbarung verstehen und umsetzen, ob
ie deutsche Flughäfen wie in Ramstein beispielsweise
utzen, um Renditions durchzuführen und Gefangene
nter unwürdigen Umständen umzuladen?
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Herr Kollege Königshaus, bei dieser Thematik müs-
en Sie bedenken, dass wir über den 4. Oktober 2001
prechen – wir befinden uns also nur wenige Wochen
ach den Ereignissen des 11. September 2001 – und dass
oraussagen über die konkrete Nutzung der NATO-An-
ebote zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich waren.
ch wiederhole: In der Presseerklärung, die Sie kennen
nd die offen zugänglich ist, werden diese acht Punkte
icht nur zutreffend, sondern auch inhaltlich vollständig
iedergegeben. Genauere Ausführungen sind auch in
em Originalbeschluss nicht enthalten.
Dann kommen wir zur Frage 33 des Kollegenönigshaus:
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009 23459
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsWeshalb behauptet die Bundesregierung in ihrer am8. April 2009 gezeichneten Antwort auf meine schriftlicheFrage 11 vom 1. April 2009 auf Bundestagsdrucksache16/12601, ihr sei „weder eine NATO-Tagung Anfang Oktober2001 in Athen noch eine anlässlich einer solchen Tagung ge-troffene Vereinbarung bekannt“, obgleich ausweislich einerErklärung des NATO-Hauptquartiers vom 4. Oktober 2001der NATO-Rat an jenem Tag in Brüssel – nicht, wie DickMarty irrtümlich sagte, in Athen – tagte, dort Entscheidungenzu genau jenen Themen getroffen wurden und es über derenGrundzüge sogar eine Presseerklärung des GeneralsekretärsLord George Robertson gibt, und sind das beharrlicheSchweigen des damaligen Bundesministers des Innern, OttoSchily, über seine Kenntnisse von der Entführung und Ver-bringung des deutschen Staatsangehörigen Khaled el-Masrinach Afghanistan ebenso wie das offenkundige Nichtwissendes Auswärtigen Amts auf den Grundsatzteil „need to know“dieser Vereinbarung zurückzuführen?D
Herr Kollege Königshaus, die Bundesregierung weist
die Unterstellung zurück, Ihre schriftliche Frage Nr. 11
vom 1. April 2009 auf Bundestagsdrucksache 16/12601
unzutreffend beantwortet zu haben. Ihre Frage vom
1. April 2009 war explizit auf eine Vereinbarung bei ei-
ner NATO-Tagung in Athen Anfang Oktober 2001 ge-
richtet. Von einer solchen Tagung hatte und hat die Bun-
desregierung keine Kenntnis, was in der schriftlichen
Beantwortung der Frage vom 8. April 2009 zutreffend
zum Ausdruck gebracht wurde.
Ein Zusammenhang zwischen den NATO-Entschei-
dungen vom 4. Oktober 2001 und den in der Fragestel-
lung unterstellten angeblichen Vorgängen, über die wir
eben gesprochen haben, und daraus abgeleiteten Ein-
schätzungen besteht unter keinen ersichtlichen Umstän-
den.
Nachfrage?
Herr Präsident, ich würde doch bitten, dass, bevor ich
meine Nachfragen verbrauchen muss, der Herr Staats-
minister auch den zweiten Teil meiner Frage beantwor-
tet, nämlich die Frage nach Herrn Schilys Verhalten.
Wie der Herr Staatsminister die Fragen beantwortet,
ist allein seine Verantwortung.
Das stimmt schon; aber er hat sie eben in diesem
Punkt nicht beantwortet.
Das ist auch seine Verantwortung.
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Herr Kollege Königshaus, es tut mir leid: Es wird
nicht funktionieren und kann nicht funktionieren, dass
Sie hier Fragen stellen, die den 1. Untersuchungsaus-
schuss beschäftigt haben. Sie können nicht erwarten,
dass hier ein Staatsminister des Auswärtigen Amtes
Ihnen aus der Problematik hilft, dass Sie in diesem Un-
tersuchungsausschuss offenbar nicht zu den Ergebnissen
gekommen sind, die Sie sich erhofft hatten. Ich kann das
nicht nachliefern.
Die Fragen 34 und 35 des Kollegen Alexander Bonde
sollen schriftlich beantwortet werden.
Wir kommen somit zur Frage 36 des Kollegen
Dr. Hakki Keskin:
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus, dass
im Rahmen der umstrittenen Ergenekon-Razzien in der Tür-
kei zahlreiche Professorinnen und Professoren, Präsidenten
einiger Hochschulen, Medienvertreter und jüngst Mitglieder
des Vereins zur Förderung des modernen Lebens – Cagdas
Yasami Destekleme Dernegi –, die vor allem für die Förde-
rung von sozial benachteiligten Studentinnen zuständig sind,
verhaftet worden sind?
Herr Staatsminister.
D
Herr Kollege Professor Keskin, meine Antwort lautet
so: Der Bundesregierung sind die jüngsten Verhaftungen
im Rahmen der sogenannten Ergenekon-Verfahren am
13. April 2009 bekannt. Die Bundesregierung nimmt al-
lerdings keine Stellung zu laufenden Gerichtsverfahren.
Eine Nachfrage, Herr Keskin?
Herr Staatsminister Dr. Erler, im Laufe dieses Verfah-
rens sind unzählige insbesondere laizistisch orientierte
Rektoren, Professoren und Medienvertreter verhaftet
worden. Die einschlägigen Organisationen, darunter der
Verband türkischer Richter und Staatsanwälte, warnen
vor einer Politisierung des Justizwesens und vor einer
Gefährdung des Rechtsstaats und der Demokratie in der
Türkei. Dies dürfte, glaube ich, der Bundesregierung
nicht gleichgültig sein.
D
Das habe ich auch in keiner Weise zum Ausdruck
bringen wollen. Ich habe nur gesagt, dass wir keine
Kommentare zu einem laufenden Gerichtsverfahren ab-
geben können. Aber ich kann Ihnen versichern, Herr
Kollege Keskin, dass die Bundesregierung sehr auf-
merksam diese Vorfälle beobachtet, die schon an den
Anfang des letzten Jahres zurückgehen, ganz besonders
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Nein, ich kann Ihnen keine weitere Nachfrage einräu-
en. Es sind noch viele Fragen anhängig.
Die Frage 38 des Kollegen Volker Beck soll schrift-
ich beantwortet werden.
Vielen Dank, Herr Staatsminister.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
isteriums des Innern. Zur Beantwortung steht der Parla-
entarische Staatssekretär Peter Altmaier zur Verfü-
ung.
Die Frage 39 des Kollegen Volker Beck soll wie-
erum schriftlich beantwortet werden.
Ich rufe die Frage 40 der Kollegin Silke Stokar von
euforn auf:
Plant die Bundesregierung in einem weiteren Reform-
abschnitt der Bundespolizei, die bahnpolizeilichen Aufgaben
an die Länder zu übertragen, und hat es bereits Gespräche mit
Polizeigewerkschaften und Personalräten zur Abgabe der
bahnpolizeilichen Aufgaben an die Länder gegeben?
Bitte, Herr Staatssekretär.
P
Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kollegin Stokar
on Neuforn, ich kann Ihre Frage sehr kurz beantworten:
ie Bundesregierung plant keinesfalls, die bahnpolizei-
ichen Aufgaben an die Länder zu übertragen. Es ist viel-
ehr so, dass die Aufgabe der Bahnpolizei eine wichtige
nd bedeutende Säule im Aufgabenspektrum der Bun-
espolizei ist und in Zukunft auch bleiben soll.
Nachfragen?
Ja. – Herr Staatssekretär, ich danke für Ihre klaren
orte hier. Vielleicht sind sie dabei hilfreich, eine ge-
isse Unruhe innerhalb der Bundespolizei, die vorhanden
ein muss, da sie mein Büro, das Büro einer grünen Ab-
eordneten, erreicht hat, wieder zu beseitigen. Das kann
a vielleicht auch etwas mit mangelnder Transparenz hin-
ichtlich der weiteren Reformschritte zu tun haben.
Meine Anschlussfrage: Hat es Gespräche mit der
eutschen Bahn – ich weiß, dass die Ära Mehdorn been-
et ist – hinsichtlich einer Neuaufteilung der bahnpoli-
eilichen Aufgaben auch in Richtung Privatisierung oder
erstärkter Doppelstreifen in Bahnhöfen gegeben?
P
Frau Kollegin Stokar, Sie wissen wahrscheinlich, dasss zwischen der DB AG und der Bundespolizei und demundesinnenministerium eine Sicherheitspartnerschaftibt. Diese Sicherheitspartnerschaft ist von der Vorgän-
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Parl. Staatssekretär Peter Altmaiergerregierung – von Herrn Schily – geschlossen worden.Die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn ist sehrvielfältig, weil die Deutsche Bahn beispielsweise auchdie Gebäude zur Verfügung stellt, in denen die Bundes-polizei ihre bahnpolizeilichen Aufgaben auf dem Ge-lände der jeweiligen Bahnhöfe ausübt. Es ist selbstver-ständlich, dass nach Abschluss der Bundespolizeireformauch mit der Deutschen Bahn darüber geredet wordenist, welche Konsequenzen sich daraus für die konkreteUnterstützung der Bundespolizei durch die DeutscheBahn ergeben. Dies wird in regelmäßigen Abständen ge-tan. Ich kann Ihnen aber noch einmal versichern, dassdie Wahrnehmung der der Bundespolizei gesetzlich zu-gewiesenen bahnpolizeilichen Aufgaben dabei nicht zurDisposition steht. Insofern sehe ich keinen Grund für ir-gendwelche Besorgnisse, die es in der vergangenen Zeitgegeben haben mag.
Weitere Nachfrage?
Herr Staatssekretär, ich habe eine Nachfrage. Sie be-
gannen mit dem Satz: „Frau Kollegin, Sie wissen ...“.
Ich muss Ihnen hier sagen: Ich weiß nicht, obwohl ich
mehrfach schriftlich und auch unter Bezugnahme auf das
Informationsfreiheitsgesetz darum gebeten habe, Ein-
blick in die Verträge zwischen dem BMI und der Deut-
schen Bahn AG zu erhalten. Bereits Ihr Vorgänger, unser
damaliger Koalitionspartner, Bundesinnenminister Schily,
hat dies mit großer Empörung zurückgewiesen und auf
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verwiesen. Deswe-
gen kann ich nach wie vor nichts wissen.
Sie haben eben gesagt, die Bahnpolizei werde nicht
zur Disposition gestellt. Davon bin ich auch nicht ausge-
gangen. Sind Sie bereit, so transparent und offen zu sein,
dem Innenausschuss oder mir als Abgeordnete die Frage
zu beantworten, ob es Pläne gibt, Aufgaben der Bahnpo-
lizei in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn auch
unter dem Stichwort „Privatisierung“ neu zu bewerten
und neu zu organisieren?
P
Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass ich natür-
lich nicht überblicken kann, welche Anfragen Sie an den
vorangegangenen Minister und seine Staatssekretäre ge-
richtet haben. Sie wissen aber auch, dass der Staatssekre-
tär, der heute die Fragen beantwortet, im Innenausschuss
im Allgemeinen als auskunftsfreudig gilt. Deshalb bin
ich gern bereit – selbstverständlich im Rahmen der
rechtlichen und gesetzlichen Möglichkeiten –, Auskunft
zu diesen Fragen zu geben.
Vielen Dank.
Die Fragen 41 und 42 der Abgeordneten Ulla Jelpke,
die Fragen 43 und 44 der Abgeordneten Inge Höger so-
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)
und der Schweizer Polizei unterstellen. Wir haben auchim Rahmen des NATO-Doppelgipfels zwei Einsatzhun-dertschaften und vier technische Einheiten mit Gerät– unter anderem auch sechs Wasserwerfer einschließlichBesatzung – der französischen Polizei unterstellt. Einsolcher Einsatz in Straßburg erfolgt selbstverständlichnach französischem Recht und in der VerantwortungFrankreichs.Sie haben davon gesprochen, dass bestimmte Grund-rechte nicht eingehalten worden sind. Das kann ich nichtbeurteilen, weil dies nach französischem Recht und vorfranzösischen Gerichten zu überprüfen ist. Frankreich istein Mitgliedstaat der Europäischen Union. Damit sprichtviel dafür, dass Frankreich genau wie Deutschland einRechtsstaat ist und die dortigen Polizeibefugnisse nachrechtsstaatlichen Grundsätzen ausgeübt werden. Ichhabe jedenfalls keine anderen Erkenntnisse.
Ihre zweite Nachfrage.
Verstehe ich es also richtig, dass die deutsche Bundes-
polizei auf französischem Boden quasi auf Anweisung
der französischen Polizei gehandelt hat? War das auch
der Grund dafür, dass zum Beispiel ein deutsches Feuer-
wehrfahrzeug nicht zum Löschen des Brandes an der
Zollstation, der sich über Stunden hinzog, durchgelassen
wurde? Ich verstehe in diesem Zusammenhang einiges
nicht. Ich war vor Ort und konnte vieles beobachten,
über das ich nur den Kopf schütteln kann. Ich verstehe
nicht, wie die deutschen Behörden da einfach zuschauen
konnten.
P
Frau Kollegin, Sie werden mir recht geben, dass es
keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem
Einsatz der technischen Einheiten und der Wasserwerfer
und den Problemen gibt, die es möglicherweise mit dem
Feuerwehrfahrzeug gegeben hat. Mir ist ein solcher Zu-
sammenhang nicht bekannt. Deshalb halte ich es auch
nicht für zulässig, dass man ihn andeutet oder insinuiert.
Die Kräfte der deutschen Bundespolizei, die der franzö-
sischen Polizei unterstellt worden sind, haben ihre Auf-
gaben im Rahmen der französischen Einsatzleitung nach
bestem Wissen und Gewissen erfüllt. Daran habe ich
keinen Zweifel.
Im Übrigen sind in der Vergangenheit auch schon Po-
lizeikräfte aus befreundeten EU-Mitgliedstaaten der
deutschen Polizei unterstellt worden. Ich darf daran erin-
nern, dass bei der Fußballweltmeisterschaft etwa
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Herr Staatssekretär, Sie haben hier zu Recht ausge-
ührt, dass es eine länderübergreifende Polizeikonzep-
ion zum NATO-Gipfel gegeben hat. Den Innenpoliti-
ern ist sicherlich bekannt, dass das jeweilige
andespolizeirecht Gültigkeit hat. Da es auch in
eutschland des Öfteren Unterstellungsverhältnisse zwi-
chen den Bundesländern nach den jeweiligen Polizeige-
etzen gibt, ist mir bekannt, dass vor einer Unterstellung
espräche über eine gemeinsame Einsatzkonzeption ge-
ührt werden. Ich würde es begrüßen, wenn die Bundes-
olizei und die Vertretung des BMI bei zukünftigen An-
ässen versuchten, anderen europäischen Ländern,
nsbesondere den Ländern, die über Gendarmerieeinhei-
en verfügen, die in Deutschland gewachsenen Deeska-
ationskonzepte inklusive Konfliktmanagement und Prä-
ention gegen Gewalt näherzubringen.
Meine Frage an Sie lautet: Gibt es neben der Unter-
tellung nach der jeweils geltenden Rechtslage gemein-
ame Gespräche über eine deeskalierende Einsatzkon-
eption, und müsste es nicht Voraussetzung sein, dass es,
evor sich die Bundespolizei italienischen – ich erinnere
ur an Genua – oder französischen Gendarmerieeinhei-
en unterstellt, eine Verständigung darüber gibt, wie man
it friedlichen Demonstranten umgehen möchte?
P
Ich will eines zunächst klarstellen: Ich habe in meinenusführungen nicht gesagt, dass es eine gemeinsameinsatzkonzeption gegeben hat. Vielmehr habe ich ge-agt, dass es eine Zusammenarbeit gegeben hat. Eineolche Zusammenarbeit gibt es inzwischen bei vielen in-ernationalen Großveranstaltungen wie Weltwirtschafts-ipfeln, Weltwirtschaftsforen sowie Fußballwelt- undußballeuropameisterschaften, genauso wie bei diesemATO-Doppelgipfel. Das ist der erste Punkt.Der zweite Punkt ist: Es ist richtig, dass es in Europaurchaus unterschiedliche Einsatzkonzeptionen undolizeikulturen, Kulturen der Polizeiarbeit, gibt. Ichöchte dem Eindruck entgegentreten, dass unsere Poli-eikultur immer die bessere wäre und dass deswegen allenderen von uns zu lernen hätten. Ich glaube, wir könnenn Europa einiges voneinander lernen. Ein Ziel der euro-
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Parl. Staatssekretär Peter Altmaierpäischen Innenpolitik, die der Bundesinnenminister seitnunmehr vier Jahren verfolgt, ist, dass sich schrittweiseeine gemeinsame Polizeikultur bzw. Gemeinsamkeiteneiner Polizeikultur in Europa durch solche Zusammenar-beiten, aber auch durch gemeinsame Ausbildungs- undSchulungsmaßnahmen für Polizeibeamte, Polizeioffi-ziere und Grenzpolizisten herausbilden. Es wird einwichtiger Aspekt bei der Erarbeitung des StockholmerProgramms, das an die Stelle des Programms vonTampere und des Haager Programms treten soll, sein,dass wir uns in dieser Hinsicht entwickeln. Ich vertreteaber nach wie vor nachdrücklich die Auffassung, dassdies nicht bedeutet, dass bis zu einem solchen Zeitpunktsämtliche Zusammenarbeit mit Polizeien in den Nach-barstaaten einzustellen ist. Wir halten eine solche Zu-sammenarbeit für richtig, geboten und gerechtfertigt. ImÜbrigen erfolgt sie auf der Grundlage des Vertrages vonPrüm, der von diesem Hohen Haus ratifiziert und be-schlossen wurde. Genau dort steht drin, dass es möglichist, deutsche Polizeieinheiten beispielsweise französi-schen, niederländischen oder belgischen Polizeien zuunterstellen. Das tun wir mit Augenmaß und im Hinblickauf die gemeinsame Sicherheit.
Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Heike
Hänsel das Wort.
Herr Staatssekretär, wenn man einen weltweiten Ver-
gleich anstellt, dann muss man sagen, dass es viele Län-
der gibt, in denen sich die Bundesregierung sehr aktiv
einmischt und sich dazu äußert, wie sich die jeweiligen
Polizeien verhalten. Wir kritisieren Menschenrechtsver-
letzungen in verschiedenen Ländern der Erde. Ich denke,
in Frankreich gab es massive Übergriffe, übrigens auch
auf deutsche Staatsbürger und Staatsbürgerinnen. Es wa-
ren auch etliche Abgeordnete dieses Parlaments unter
denen, die von massivem Tränengaseinsatz und von An-
griffen mit Blend- und Schockgranaten betroffen waren.
Kann ich davon ausgehen, dass Sie sagen, Frankreich
sei ein Rechtsstaat und insofern interessiere Sie das
nicht, es werde schon alles seinen richtigen Gang ge-
nommen haben, oder – wenn dem nicht so ist – was ge-
denken Sie zu tun, um diesen Vorfällen nachzugehen
und aufzuklären, ob das Recht von deutschen Staatsbür-
gerinnen und Staatsbürgern auf Demonstrationsfreiheit
verletzt worden ist?
P
Frau Kollegin, ich habe nicht gesagt, dass man be-
stimmten Vorwürfen nicht nachgehen soll. Nur, man
muss immer genau unterscheiden, wer ihnen nachgeht
und wo man ihnen nachgeht. So wie Sie es mit Recht für
verwunderlich hielten, wenn beispielsweise im Bayeri-
schen Landtag über den Einsatz der Polizei im Land Ber-
lin diskutiert würde, bei dem möglicherweise bayerische
Touristen in der Landeshauptstadt beteiligt waren, so
würde man es mit Recht auch für befremdlich halten,
wenn beispielsweise im spanischen, portugiesischen
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich teile
durchaus die Auffassung und halte es auch für eine
Selbstverständlichkeit, dass das Versammlungsrecht nur
friedlich und gewaltfrei wahrgenommen werden kann,
und ich verurteile die organisierten Ausschreitungen, die
auch immer ein Angriff auf die Versammlungsfreiheit
anderer sind. Ich habe das in meinem Leben oft genug
erlebt. Dennoch stellt sich für mich bei diesen europäi-
schen Polizeieinsätzen die Frage der Bindungswirkung
zum Beispiel des Brokdorf-Urteils auf deutsche Polizei-
beamte.
Ich möchte deshalb noch einmal das Thema Vorge-
spräche ansprechen. Es kann meiner Auffassung nach
nicht sein, dass in einem gemeinsamen Einsatz französi-
scher und deutscher Polizisten der Einsatzleiter zu den
Franzosen sagt: Nehmt ihr mal die Schallgranaten,
nehmt ihr mal die Einsatzmittel, die aufgrund der Vorga-
ben des Bundesverfassungsgerichtes in Deutschland ver-
boten sind. Das dürfen wir nicht, das könnt ihr jetzt ma-
chen. – Nach meiner Meinung muss es bei einer
gemeinsamen Einsatzbesprechung Klarheit darüber ge-
ben, dass deutsche Polizeibeamte nur an Einsätzen betei-
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Sie haben noch eine Nachfrage. Bitte.
Genau, Herr Staatssekretär. Aber wie mir scheint,urde der Durchlass entsprechend der Gesinnung er-öglicht. Ich glaube, dass wir ein solches Verhalten derolizei grundsätzlich – da möchte ich wirklich an dasarlament appellieren – ablehnen müssten. Das ist miruch nicht zum ersten Mal passiert. Mir ist während der-8-Veranstaltungen an vielen Polizeiabsperrungen das-elbe passiert: Ich habe meinen Abgeordnetenausweisorgezeigt, in dem eindeutig steht, dass ich unterstützterden muss, egal von welcher Polizeibehörde, dass ichurch Absperrungen durchgelassen und zur Not, in einerefährlichen Situation, mit polizeilichem Schutz durch-eführt werde, und wurde zuerst nach der Parteizugehö-igkeit gefragt. Ich halte das – man kann das natürlichmüsant finden, wenn man einer anderen Partei ange-ört – grundsätzlich für einen Skandal, weil sich hier diexekutive über die Legislative stellt. Insofern meine
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23468 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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Heike HänselNachfrage: Wie reagieren Sie auf solche Beschwerden?Werden Sie ihnen nachgehen, auch wenn das nicht direktin Ihre Hoheit fällt? Werden Sie Gespräche mit den Lan-desbehörden führen? Denn dieser Vorfall ist in meinenAugen nicht zu akzeptieren und generell zu hinterfragen.P
Frau Kollegin, ich habe Ihren Fragen immer noch
nicht entnehmen können, was konkret Sie den Polizeibe-
hörden des Landes Baden-Württemberg vorwerfen oder
unterstellen. Wenn es der Vorwurf sein sollte, dass Ent-
scheidungen nach Gesinnung getroffen werden, dann
muss ich Ihnen sagen, dass ich das schlechterdings für
nicht vorstellbar halte. Wenn Sie allerdings der Auffas-
sung sind, dass Sie begründeten Anlass zur Klage haben,
ist der normale Weg, dass Sie sich an den Bundestags-
präsidenten wenden. Sofern wir von dem Herrn Bundes-
tagspräsidenten dazu aufgefordert würden, würden wir
uns selbstverständlich um entsprechende Auskünfte be-
mühen.
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.
Mein konkreter Vorwurf ist, dass an derselben Stelle
und zur gleichen Uhrzeit – nicht versetzt – beim Durch-
lassen durch eine Absperrung eine unterschiedliche Be-
handlung von Abgeordneten stattgefunden hat, von ein
und derselben Polizeieinheit. Das halte ich für inakzep-
tabel. Das dürfte kein Parlamentarier und keine Parla-
mentarierin hier in irgendeiner Form akzeptieren. Meine
Frage lautet: Teilen Sie diese Auffassung?
P
Liebe Frau Kollegin, ich kann noch nicht einmal be-
urteilen, ob es so war, wie Sie es sagen,
weil ich persönlich nicht dabei war und die Bundesregie-
rung über keine eigenen Erkenntnisse verfügt. Deshalb
würde ich Ihnen vorschlagen, dass Sie Ihr Anliegen auf
den dafür vorgesehenen parlamentarischen Wegen ver-
folgen. Dann sollte entsprechend für Aufklärung gesorgt
werden.
Damit kommen wir zur Frage 50 der Kollegin Hänsel:
Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten von Lan-
des- und Bundespolizei am 4. April 2009 gegenüber mehreren
Mitgliedern des Deutschen Bundestages der Fraktion Die
Linke – namentlich Sevim Dağdelen, Inge Höger, Ulla Jelpke,
Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel – sowie einem Mitglied des
Europäischen Parlaments der Fraktion GUE/NGL, Confederal
Group of the European United Left/Nordic Green Left – na-
mentlich Tobias Pflüger –, auf der Mitte der Europabrücke,
trotz Verhandlungsbemühungen und Zusage für eine Freigabe
der Europabrücke für die angemeldete Demonstration diese
Zusage nicht eingehalten zu haben, die Entscheidungswege
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ie Urteilsbegründung liegt zwar noch nicht vor, aberus persönlichem Erleben kann ich versichern: Dieündliche Urteilsbegründung lässt keinerlei Interpreta-ionsspielraum. Selbst der Revision vor dem BVG wurdeeine Erfolgsaussicht bescheinigt. Fast 600 000 Euroteuergelder hat das Verfahren bisher allein auf der Seitees Verteidigungsministeriums gekostet. Meine Fraktioneilt daher das völlige Unverständnis für jeden weiterenuristischen Schritt. Weitere Jahre Verfahrensauseinan-ersetzungen und offene Entscheidungen eines Planfest-tellungsverfahrens – ich erinnere nur an den BBI – sindbsolut inakzeptabel. Sie verlängern nur die Blockadeer Entwicklung einer ganzen Region. Der Verzicht aufas Bombodrom wäre dagegen das beste regionale Kon-unkturprogramm.
Zweitens. Das Bombodrom ist politisch nicht durch-etzbar. Der Konflikt muss nicht juristisch, sondern poli-isch gelöst werden. Die Region wehrt sich mit einerbergroßen partei- und länderübergreifenden demokrati-chen Mehrheit gegen das Bombodrom. Friedensbewe-ung, Umwelt- und Naturschutzgruppen sowie regionalenternehmerschaft kämpfen in einer einmaligen Allianzeite an Seite für ein gemeinsames Ziel.
ar ursprünglich die Bürgerinitiative „Freie Heide“ derotor des Widerstands, beleben unterdessen auch diektionsgemeinschaft „Freier Himmel“ und die Unter-ehmerinitiative „Pro Heide“ die Debatte. Verschiedeneolitische Preise zeigen die hohe gesellschaftliche Aner-ennung für dieses bürgerschaftliche Engagement. Zu-etzt war es übrigens der Regine-Hildebrandt-Preis dereutschen Sozialdemokratie. Aber was nutzt ein solcherreis, wenn die SPD die politische Macht nicht ge-raucht, um das Ziel zu erreichen?
Die wiederholten Entscheidungen von drei Landes-arlamenten – Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommernnd Berlin – genauso wie der offene Brief von 260 Kom-unalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker werdengnoriert. Aber die Gründungen weiterer Initiativen zei-en: Die Bewegung nimmt nicht ab, sie wird eher nochreiter. Der Verzicht auf das Bombodrom ist deshalb ausicht der Linken ein Gebot der Demokratie.
Drittens. Das Bombodrom ist wirtschaftsschädigend.as schreibt auch das Bundesamt für Bauwesen undaumordnung in einer Studie von 2006. „Pro Heide“agt, dass 15 000 Arbeitsplätze gefährdet sind. Dass dieundeswehr behauptet, Tourismus und Bombodromeien verträglich, ist absurd; das weiß man, wenn manie Region kennt. Mit mehr als 1 Milliarde Euro öffentli-her und privater Fördermittel Geschaffenes würde ent-ertet. Man kann das auch als Teilenteignung einer gan-en Region bezeichnen.
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23470 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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Dr. Kirsten TackmannViertens. Das Bombodrom ist militärisch nicht not-wendig, und ein Verzicht darauf ist friedenspolitisch ge-boten. Laut dem Bundesrechnungshof nutzt die Bundes-wehr vorhandene Übungskapazitäten nur minimal. Inden 17 Jahren ohne Bombodrom war eine Lücke in derVerteidigungsfähigkeit der Bundeswehr nicht erkennbar.
Die Linke fordert darüber hinaus: Weder auf demBombodrom noch in der Nordhorn Range oder in Sie-genburg soll das geübt werden, was anderswo zu Kriegund Elend führt.
Wir bleiben verlässlich bei dem, was wir immer gesagthaben, und zwar im Parlament, in rot-roten Regierungenund bei den Protesten vor Ort: kein Bombodrom – nir-gends!
Die Linke unterstützt die Forderung nach einer Ent-scheidung vor der Wahl. Nur das ist verlässlich. Die SPDkann sich auch nicht mit dem Verweis auf den Koali-tionspartner herausreden. Für solche Fälle gibt es dasMittel des Gruppenantrages. Was bei den ThemenStammzellforschung und Patientenverfügung möglichist, das muss auch hier möglich sein. Die Linke ist dafür,die Grünen – jetzt in der Opposition – sind es auch.
Die SPD hat in ihrem gerade verabschiedeten Wahlpro-gramm geschrieben:Wir treten dafür ein, den Rechtsstreit um die künf-tige Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide zu be-enden und auf eine militärische Nutzung zu ver-zichten.Damit stünde die rot-rot-grüne Mehrheit. Die CDU-Abgeordneten aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom-mern und Berlin müssten aufgrund der Beschlüsse derLandesparlamente zustimmen. Das würde eventuelleAbweichler von SPD und Grünen ausgleichen.
Aus meiner Sicht ist jetzt die SPD am Zug.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär
Christian Schmidt.
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Es ist in der Tat so, dass dies nicht das erste Urteilum Bombodrom ist. Von den 241 Verfahren, die in die-er Angelegenheit den Status einer rechtlichen Ausei-andersetzung erhalten haben, sind 221 abgeschlossen.19 sind entweder in der Hauptsache für erledigt erklärtder von der Bundeswehr gewonnen worden. Zwei Ver-ahren sind nicht gewonnen worden, eines davon auch inweiter Instanz nicht; darüber sprechen wir heute. Ange-ichts der insgesamt langen Zeit, die wir uns mit diesemhema schon beschäftigen, erlaubt es sich die Bundesre-ierung, auf die schriftliche Urteilsbegründung zu war-en. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Ber-in-Brandenburg wird, wenn sie schriftlich vorliegt, iminzelnen juristisch sehr sorgfältig ausgewertet werdenüssen. Erst im Anschluss daran lässt sich eine endgül-ige Aussage über das weitere Vorgehen treffen.Gestatten Sie mir daher, die Gelegenheit zu nutzen,urz auf die Entwicklung der Diskussion über Wittstockinzugehen. Die Erinnerung einiger, die früher mittelbarder unmittelbar Verantwortung für unsere Bundeswehretragen haben, scheint mir ein wenig lückenhaft zuein. Es schadet nie, sich an die Fakten, auch an die his-orischen, zu erinnern. Als wir in den Jahren 1992 und993 im Deutschen Bundestag intensive Diskussionenber das Truppenübungsplatzkonzept der Bundeswehrührten, war ein zentraler Aspekt, dass die mit dembungsbetrieb zwangsläufig verbundenen Belastungenegional möglichst ausgewogen zu verteilen sind. Dasar damals im Grundsatz einvernehmlich die Positionller im Bundestag vertretenen Parteien.
ieses Haus hat im Januar 1993 dem Truppenübungs-latzkonzept zugestimmt. Sowohl die Bundesministercharping und Struck – Herr Kollege, ich vermute, dasilt auch für die die damalige Regierung tragende Koali-ion – als auch der Deutsche Bundestag haben die militä-ische Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock alsotwendig angesehen.
Der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundesta-es hat mehrheitlich festgestellt, dass die Luft-Boden-chießausbildung in Deutschland künftig auf denbungsplätzen Nordhorn, Siegenburg und Wittstock
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009 23471
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Parl. Staatssekretär Christian Schmidtausgewogen stattfinden soll. Der Kollege Kues, dernachher das Wort ergreifen wird, der Kollege Götzer undandere haben sich zu Wort gemeldet und die Sicht ihrerRegion dargelegt. Dies ist von den zuständigen Fachaus-schüssen des Deutschen Bundestages in der Folge – ichdenke, zum letzten Mal im Jahr 2005 – immer wiederbestätigt worden.Ich sage das nicht vorwurfsvoll. Ich will nur deutlichmachen, dass es sich bei der Entscheidung zu Wittstockum eine nicht nur juristisch, sondern auch militärischsehr komplexe Angelegenheit handelt, sodass der Blicknicht nur auf Wittstock gerichtet werden kann.Diejenigen, die für die Einsatzfähigkeit unserer Streit-kräfte, aber auch für die angemessene Verteilung vonÜbungsbelastungen auf die Bevölkerung in ganzDeutschland Verantwortung tragen, müssen sehr sorgfäl-tig bewerten und entscheiden. Wir alle wissen, dass diegegenwärtige Belastung insgesamt erfreulicherweise inkeiner Weise mit derjenigen zu vergleichen ist, die wir infrüheren Zeiten, als die sowjetischen Truppen diesenPlatz genutzt haben – damals hatte der Begriff Bombo-drom eine Berechtigung –, erlebt haben. Solange dieSoldatinnen und Soldaten der Bundeswehr mit Zustim-mung der Mehrheit des Deutschen Bundestages in ge-fährliche Einsätze entsandt werden – das gilt auch für dieLuftwaffe –, steht für unser Haus grundsätzlich die Ver-antwortung für deren angemessene Ausbildung an ersterStelle. Wir nehmen diese Verantwortung ernst. DieseAusbildung muss für das gesamte Auftragsspektrumdeutscher Streitkräfte auch in Deutschland möglich sein.Nur so kann die erforderliche Flexibilität gewährleistetwerden.Die gerichtlichen Entscheidungen von heute habenihre Grundlage im Jahr 2003. Es wäre unseriös, über dieKonsequenzen aus einem Urteil abschließend zu spre-chen, dessen schriftliche Urteilsgründe noch nicht vor-liegen. Wir werden dies dann zu bewerten und im Lichtealler genannten Erwägungen und Überlegungen zu ent-scheiden haben.Ich danke Ihnen.
Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Birgit
Homburger das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Die Linken haben heute eine Aktuelle Stunde zum Luft-Boden-Schießplatz in Wittstock beantragt. Ich will zu-nächst eine Vorbemerkung machen: Liebe Kolleginnenund Kollegen, es geht Ihnen nicht um Wittstock. Woauch immer es Bürgerinitiativen gegen die Bundeswehrgibt, sind die Linken dabei.
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Ich möchte Sie an etwas erinnern: Als die Rote Ar-ee seinerzeit diesen Übungsplatz nutzte, und zwar ininer Art und Weise, wie es für die Bundeswehr gänzlichndenkbar wäre,
at die SED einzelne Protestierende, die versucht haben,ich zu wehren, massiv unterdrückt. Auch das gehört zurirklichkeit dieser Geschichte.
Ich möchte eine Bemerkung an die Grünen richten.a Sie nach uns sprechen werden, haben wir dann nichtehr die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Liebe Kolle-innen und Kollegen von den Grünen, auch Ihre Glaub-ürdigkeit in dieser Frage ist nicht wirklich gegeben.
ie Sache ist ganz einfach, Herr Kollege Nachtwei: Sieätten in Ihrer Regierungszeit, also unter Rot-Grün, dieelegenheit gehabt, diesen Übungsplatz aus der Kon-eption herauszunehmen.
as haben Sie nicht getan. Im Gegenteil: Sie haben dieseonzeption unterstützt. Heute sagen Sie etwas anderes.as ist keine redliche Art.
Ich möchte eine grundsätzliche Bemerkung machen.er die Bundeswehr für nötig hält, wer will, dass dieundeswehr für den Schutz der Freiheit, für unserenchutz, eintritt, wer die Bundeswehr in Auslandseinsätzechickt, der muss dafür sorgen, dass sie die nötige Aus-üstung, aber auch eine fundierte Ausbildung und die nö-igen Möglichkeiten zum Üben erhält. Diese Verantwor-ung haben alle: sowohl die Bundesregierung als aucher Deutsche Bundestag. Die Bundeswehr ihrerseits aberat die Verpflichtung, ihren Übungsbedarf sauber zu be-ründen, die Belastungen für die Bevölkerung so niedrigie möglich zu halten und sich um einen Interessenaus-leich zwischen Bundeswehr und Bevölkerung zu bemü-en.Hier sind wir beim aktuellen Fall Wittstock. Das Bun-esverteidigungsministerium – Herr Staatssekretär, dasöchte ich Ihnen heute öffentlich in aller Deutlichkeitagen – hat all das nicht geschafft. Sie haben es nicht ge-
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Birgit Homburgerschafft, öffentlich zu erklären, warum ausgerechnetWittstock gebraucht wird. Sie haben es vor Gericht nichtgeschafft, sauber die Notwendigkeit zu begründen. Wasich noch viel schlimmer finde: Sie haben nie versucht,einen Kompromiss auf politischem Wege zu finden. AlleVersuche, die in diesem Parlament auch vonseiten derFDP-Fraktion gemacht worden sind, sind von Ihnen re-gelmäßig niedergestimmt worden.
Ich will Ihnen deutlich sagen: Die Menschen vor Orthaben spezifische Erfahrungen. Ihre Ängste und Be-fürchtungen müssen ernst genommen werden. Deswe-gen erwarte ich, dass man auf diese Dinge eingeht, undzwar im Gespräch vor Ort. Das Bundesministerium derVerteidigung macht hier nicht nur keine gute Figur. Viel-mehr ist die Geschichte von Wittstock für das Bundes-verteidigungsministerium ein Armutszeugnis.
Am Beispiel Wittstock werden darüber hinaus kon-zeptionelle Versäumnisse deutlich. Man kann nämlichnicht nur über Wittstock reden. Untrennbar damit ver-bunden sind auch die Übungsplätze in Nordhorn, Nie-dersachsen und in Siegenburg, Bayern, sowie die dort le-benden Menschen.
Die FDP hat lange Zeit ein Gesamtkonzept gefordert.Weil kein Gesamtkonzept vorgelegt wurde, sind wir imHerbst 2007 massiv geworden. Mehrfach sind wir auchim Verteidigungsausschuss initiativ geworden. EndeSeptember 2008 ging beim Verteidigungsausschuss end-lich ein überarbeitetes Übungskonzept ein. Aber auchdamit ist es dem Bundesministerium der Verteidigungnicht gelungen, zu überzeugen, weder was die Notwen-digkeit, noch was die Nutzungskonzeption insgesamt,noch was den dringend nötigen Interessenausgleich an-geht.Ich sage für meine Fraktion: Es kann keine singuläreEntscheidung geben. Das wäre unfair gegenüber denMenschen in Nordhorn und Siegenburg. Deshalb fordertdie FDP-Bundestagsfraktion die Bundesregierung auf:Arbeiten Sie endlich auf eine tragfähige politische Lö-sung hin, und legen Sie ein überarbeitetes Übungskon-zept für die Luftwaffe vor, das sowohl fachlich als auchpolitisch Bestand hat.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Andreas Weigel für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Jenseits aller emotionalen Diskussionen über denÜmSpzvnBvdDnavmnW1JwlnldwdwgdrhwvlüseD1bLaesdBzfst
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Andreas WeigelDer 1992 errechnete Bedarf ist nicht mehr vorhanden.Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen: Wie siehtein realistischer Übungsbedarf der Bundeswehr tatsäch-lich aus? Heutzutage sind mehr taktische Übungen mitgelenkter Munition notwendig. Dazu braucht es geeig-nete Übungsplätze. Im Übrigen: Nordhorn ist dazu nichtin der Lage.Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, ob dieausländischen Übungsplätze, die zur Verfügung stehen,nicht ausreichend sind. Wir müssen uns mit der Fragebeschäftigen, wie wir gemeinsam in Europa und inner-halb der NATO geeignete Möglichkeiten finden, die ge-meinsamen Luftübungen, die durchzuführen sind, dortdurchzuführen, wo geeignete Plätze zur Verfügung ste-hen, nicht über dichtbesiedeltem Gebiet.Als Verteidigungspolitiker will ich jedoch nicht ver-hehlen: Wir müssen – bei aller Emotionalität, mit der dieDebatte über dieses Thema geführt wird – die Einsatz-fähigkeit unserer Luftwaffe gewährleisten. Dazu brauchtes die richtigen konzeptionellen Überlegungen. Ichglaube daher, dass es wichtig ist, dass das Bundesminis-terium der Verteidigung jetzt nicht in weitere Prozessegeht, sondern sich Gedanken macht, wie unsere Luft-waffe rechtzeitig und in absehbarer Zeit die notwendigenÜbungen durchführen kann, entweder hier in Deutsch-land oder in Europa oder in Nordamerika. Das ist dieAufgabe, vor der wir stehen.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der
Kollege Winfried Nachtwei das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich spreche zu diesem Thema als Mitglied des Verteidi-gungsausschusses und als Sicherheitspolitiker, ich spre-che zu diesem Thema aber auch als Abgeordneter, derseinen Wahlkreis nicht in dieser Region hat, sondern ausdem fernen Münster kommt, und ich spreche zu diesemThema als jemand, der seit 1996 so oft in dieser Regionwar wie sonst nur auf dem Balkan und in Afghanistan.Ich muss sagen, ich habe diese Region und ihre Men-schen dabei sehr schätzen gelernt.Meine Aufgabe – das ist unsere Aufgabe insgesamt –ist, abzuwägen zwischen dem Übungsbedarf der Luft-waffe, wie er dem politisch gesetzten Auftrag entspricht,und den Belangen der betroffenen Bevölkerung undWirtschaft. Seit inzwischen zehn Jahren beschäftige ichmich intensiv mit der vermeintlichen Notwendigkeit die-ses Übungsplatzes sowie des Übungsbetriebes der Luft-waffe im Luft-Boden-Spektrum überhaupt.Das Ergebnis ist: Wittstock ist aus Sicht der Luftwaffe– na klar – wünschenswert. Die entscheidende Frage istallerdings: Ist Wittstock militärisch unverzichtbar? Dahabe ich seit der rot-grünen Zeit, schon gegenüber Mi-nister Struck, sehr deutlich Einwände erhoben. Auf dieseEinwände ist – diese Erfahrung habe ich über die Jahregemacht – ausgesprochen schludrig reagiert worden. IndeWvfwtskKnwdesugfdAp1OüsrsmsstvhtjbsmdSzeaftu
Was sind die politischen Konsequenzen? Strittig waras Vorhaben Luft-Boden-Schießplatz Wittstock vonnfang an, schon als die damalige Koalition das Trup-enübungsplatzkonzept inklusive Wittstock im Jahre993 hier im Bundestag beschlossen hat. Die damaligenppositionsfraktionen Bündnis 90, PDS und SPD habenbrigens in einer namentlichen Abstimmung geschlos-en dagegengestimmt.
Inzwischen dauert dieser politische Streit seit 17 Jah-en an. Drei Landtage und drei Landesregierungen habenich einmütig dagegenbekannt. Der Rechtsstreit dauertittlerweile 15 Jahre. Herr Staatssekretär Schmidt, un-ere Zählungen, was die verlorenen Verfahren angeht,ind höchst gegensätzlich. Wir haben von sehr kompe-enten Leuten die Information bekommen, dass seit 1995om Bund 25 Verfahren in Folge verloren wurden. Ichabe selbst zentrale Verfahren vor dem Bundesverwal-ungsgericht, vor dem Verwaltungsgericht Potsdam undetzt vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Branden-urg mitbekommen. Das zuletzt genannte Gericht be-cherte dem Bund eine krachende Niederlage; das mussan wirklich so sagen.In 17 Jahren war dieser Luft-Boden-Schießplatz nichturchsetzbar. Es ist keine vage Prognose, sondern miticherheit anzunehmen, dass er auch in den nächstenehn Jahren nicht durchsetzbar sein wird. Daher hättein weiteres Festhalten an diesem Vorhaben Schaden fürlle Beteiligten zur Folge:
ür die Region selbst Planungsunsicherheit und Investi-ionsunsicherheit, wie sie bisher schon zu spüren waren,nd für die Bundeswehr ebenfalls Planungsunsicherheit
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Winfried Nachtweiund zumindest in zwei Bundesländern einen Akzeptanz-verlust, der sich gewaschen hat. In Einsatzländern würdesich die Bundeswehr niemals das erlauben, was man sichin Brandenburg erlauben zu können meint. Daran istübrigens nicht einfach die Bundeswehr schuld, sonderndas Verteidigungsministerium. Dem vor Ort befindli-chen Oberstleutnant Engel kann man das als Letztemvorwerfen. Schließlich hätten auch die Parteien der Gro-ßen Koalition ihren Schaden davon.Meiner Auffassung nach ist es also ein Gebot realpo-litischer Klugheit, jetzt das Vorhaben zu stoppen. Ge-sichtswahrend ist es obendrein.
Über Sie, Herr Schmidt, spreche ich jetzt den Ministerdirekt an: Niemand im Verteidigungsministerium kannvom Verteidigungsminister erwarten, dass er sich füreine aussichtslose Sache verkämpft. Mein Appell des-halb an Minister Jung: Zeigen Sie Klugheit und Stärkeim Amt! Es wäre ein Gewinn für die demokratische Kul-tur unseres Landes und kein Schaden für die SicherheitDeutschlands, wenn Sie dem politischen und juristischenDauerstreit ein Ende machten.Danke schön.
Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Bernd
Siebert das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir beschäftigen uns heute mit einem komplexen Sach-verhalt, wie die Diskussionsbeiträge eben schon gezeigthaben. Auf Antrag der Fraktion Die Linke diskutierenwir heute im Rahmen dieser Aktuellen Stunde über zahl-reiche Facetten des Fliegerübungsplatzes Wittstock/Kyritz-Ruppiner Heide, den seine Gegner emotional auf-geladen – so steht es auch in dem Antrag für die heutigeAktuelle Stunde – als „Bombodrom“ bezeichnen.Diese Bezeichnung hat allerdings auf die Situation bis1990 trefflich gepasst, als das Gelände vom sowjeti-schen Militär besetzt war, die Eigentümer enteignet wa-ren – das war damals Enteignung – und ein Bomben-abwurfplatz mit einer Fläche von 12 000 Hektar errichtetwurde. Die UdSSR hatte dort 8 000 Soldaten stationiert,flog 24 000 Einsätze im Jahr – auch nachts und an Sonn-und Feiertagen – und nahm weder auf Fragen der Lärm-belästigung und der Umwelt noch auf die MenschenRücksicht. Allein schon die Tatsache, dass Sie die Bun-deswehr, die sich selbst strengsten Umwelt- und Lärm-beschränkungen unterwirft, in gedanklicher Linie mit ei-ner Besatzungsarmee nennen, zeigt, welche emotionalenBindungen Sie nutzen wollen. Aber wer die Bundeswehrabschaffen will, braucht sich auch über die Ausbildungkeine soliden Gedanken zu machen.anrandsVÜvingtoiaBsvsodszzSestOiAünrdttnQuNDVssvsdk
on der wir nicht wissen, lieber Winfried Nachtwei, wieie letztendlich ausfallen wird.Nach der Beurteilung bzw. Bewertung der Begrün-ung des Urteils und unabhängig davon, ob in der Zu-unft weitergeklagt wird oder nicht, muss hinsichtlich
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Bernd Siebertder Neuausrichtung eines Ausbildungs- und Nutzungs-konzepts zumindest ein Nachdenkensprozess in Ganggesetzt werden. Weder den Menschen vor Ort noch derBundeswehr selbst ist es zuzumuten, weitere lange Jahrein Ungewissheit zu leben.
Ich bin deshalb davon überzeugt, dass sich das Bun-desministerium der Verteidigung mit Nachdruck für einKonzept einsetzen wird, mit dem das vollständige Aus-bildungsprogramm unserer Flugzeugführer langfristigund zuverlässig gewährleistet werden kann, aber auchdie Interessen der Bevölkerung berücksichtigt werden.Ich halte es für dringend notwendig, dass unsere Partnerin Europa mit in die Überlegungen zu diesem Konzepteinbezogen werden.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat die Kollegin Monika Knoche für die
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren undDamen! Schon seit 17 Jahren ist die Geschichte derKyritz-Ruppiner Heide eine Geschichte der verhindertenSchließung.Diese begann – das möchte ich sagen – unter Rot-Grün. Im entsprechenden Koalitionsvertrag wurde ver-sprochen, die Schließung zu prüfen. Tatsächlich habenaber sowohl Verteidigungsminister Struck als auch vor-her Herr Scharping nichts anderes angepeilt, als diesesBombodrom zu betreiben, das heißt: Täuschung undEnttäuschung in dieser Frage.
Auch die jetzige Regierung hat nichts anderes imBlick, als dort das Bombardierungstraining vornehmlichfür deutsche und andere NATO-Soldaten durchführen zulassen. Das hat einen Grund im strategischen Konzeptder NATO. Dieses wurde während des Jugoslawien-angriffskriegs beschlossen. Es sieht vor, dass diese Luft-kriegsübungen mit einer Obergrenze von 1 700 Luft-waffeneinsätzen pro Jahr trainiert werden können.Gegen einen solchen Übungsplatz hat die Friedensbewe-gung gerade jetzt an Ostern mit 12 000 Menschen de-monstriert. Dazu möchte ich diesen Menschen jetzt nochgratulieren.
Sie sind durch einen Gerichtsentscheid des Oberverwal-tungsgerichts Berlin-Brandenburg von Ende März ge-stützt. Man höre, das Verteidigungsministerium sprichtdavon, dass es für den Afghanistan-Einsatz notwendigsei, Luftnahunterstützung zu üben. Deshalb hält man amBombodrom fest. Wollen wir doch also einmal klarstel-ldsWemmßsglgudmDWÜLngvlFifkfiSnAüWkibEfbIghdndhN
eder in Afghanistan noch sonst wo auf der Welt gibt esin Bedrohungsszenario, das das Üben erforderlichacht, Menschen mittels Luftwaffe durch Bombarde-ents zu bedrohen oder sie gar zu töten. Deutsche Au-enpolitik sei Friedenspolitik, heißt es allenthalbenchönfärberisch. Sicher ist nur eines: Die Sicherheitsfra-en von heute und auch die der Zukunft können nur ge-öst werden, wenn der Einsatz militärischer Mittel aufge-eben wird. Nur wenn endlich der Weg der Abrüstungnd der Demilitarisierung gegangen wird, hat der Frie-en eine Chance. Deshalb sind die Fragen im Zusam-enhang mit dem Bombodrom auch so politisch.
eshalb wollen wir die definitive Schließung.Wie gesagt, alle Pläne haben mit der NATO zu tun.ir wollen, dass von dem Boden dieser Region keinebung für eine Weltpolizeirolle der NATO ausgeht. Wirinken wollen dafür keinen Boden bereitstellen. Es istotwendig, hervorzuheben, dass das Bombodrom eineanz neue Bestimmung bekommen soll, nämlich eine zi-ile Bestimmung. Die 1 000 Menschen, die nachdrück-ich gegen die militärische Nutzung vorgehen, habenrieden und Sicherheit in ihrem ganz konkreten Alltagm Sinn. Sie haben aber auch im Blick, dass der Friedenür die Menschen in der Welt nicht gewährleistet werdenann, wenn bei ihnen zu Hause diese Übungen durchge-ührt werden. Deshalb denken diese Menschen weit überhr regionales Interesse hinaus.
ie haben natürlich auch im Sinn, dass dort endlich einaturverbundener Tourismus entstehen kann und dassrbeitsplätze in einer Region entstehen können, die vonberdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit betroffen ist.er von Ihnen will diesen Menschen ernsthaft diese Zu-unftsoptionen nehmen? Wenn ein Bombodrom kommt,st all diese Planung passé. Sagen Sie den Menschenitte vor Ort, dass Sie ihre wirtschaftliche und sozialentwicklung nicht fördern wollen.
Jene, die das Bombodrom aber ablehnen, haben eineriedliche Welt vor Augen. Sie haben auch die Bilder derombardierten Städte und Dörfer in Jugoslawien, imrak, im Kaukasus, in Gaza und in Afghanistan vor Au-en. Sie sind mit den Opfern solidarisch und sagen des-alb Nein zur Luftwaffe vor ihrem Haus.
Ich möchte hier noch kurz erwähnen, dass bekannt ist,ass der NATO-Gipfel in Straßburg seine Zukunftspla-ungen wieder einmal hinter verschlossenen Türenurchführen will und eine Expertengruppe einberufenat, die eine neue Legitimationsberechtigung für dieATO ersinnen soll. Was soll das anderes heißen, als der
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Monika KnocheNATO neue Kriegsführungsgründe zu geben? Die demo-kratische Befassung mit den Zielen der NATO ist demParlament, der Öffentlichkeit und den politischen Par-teien vorzubehalten und nicht in geheimen Zirkeln aus-zubaldowern und uns dann als neue Sicherheitsstrategiezu präsentieren.
Wir brauchen auch in diesem Wahljahr eine öffentli-che Befassung mit der Frage, wie Friedenspolitik in Eu-ropa, wie Zukunftssicherung mit nichtmilitärischen Mit-teln erreicht werden kann. Dafür brauchen wir keineNATO. Dafür brauchen wir keine Truppenübungsplätze.Insofern ist die Linke absolut solidarisch mit dem, wasdie Bevölkerung dort seit Jahr und Tag fordert. Wir un-terstützen das.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Jörn Thießen für die SPD-
Fraktion.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit einer sol-
chen Rede, wie meine Vorrednerin sie gehalten hat, er-
weist sie auch den Gegnerinnen und Gegnern dieses
Übungsplatzes einen Bärendienst. Es ist erschütternd,
was man sich hier anzuhören hat.
Es gibt gute Gründe dafür, dass auch in Deutschland
gut geübt wird. Es hat über Jahre unter seriösen Men-
schen gute Gründe gegeben, auch über den Luft-Boden-
Schießplatz Wittstock zu diskutieren. Dass wir Prozesse
verlieren, bedeutet nicht, dass die politischen und militä-
rischen Gründe sofort obsolet werden, die dazu geführt
haben, dass eine ernsthafte Diskussion geführt worden
ist, wie wir auch ernsthaft über die anderen Luft-Boden-
Übungsplätze diskutiert haben – Kollege Nachtwei weiß
das genauso gut wie ich –: über Siegenburg und Nord-
horn, die Belastung der Bevölkerung, die Verantwort-
lichkeit solcher Einsätze und insbesondere darüber, dass
Soldaten und vor allen Dingen Piloten üben müssen.
Das ist nämlich eine Verpflichtung, der wir politisch
und militärisch nachkommen müssen. Dies bedeutet
Üben unter verlässlichen und realistischen Bedingungen.
Unter diesen Bedingungen wäre genau dieser Platz in
Wittstock in der Bundesrepublik Deutschland am besten
geeignet. Das ist Fakt. Darüber kann man nicht hinweg-
sehen.
Es geht darum, dass Menschen geschützt werden. Bei
notwendigen Einsätzen, die kein Mensch in diesem
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eshalb regen wir an, auf den juristischen Widerspruch
egen Wittstock zu verzichten, Herr Staatssekretär und
err Bundesminister. Wir regen ebenso an, darauf zu
chten, dass dies nicht automatisch bzw. gar nicht zu ei-
er Mehrbelastung in Nordhorn und Siegenburg führt,
eil bestimmte Szenarien dort auch gar nicht geübt wer-
en können.
benso wichtig ist, dass optimale Übungsbedingungen
ergestellt werden. Sofern sie nicht schon bestehen,
üssen wir uns darum kümmern.
Als Letztes – das ist das Schwierigste – werden wir
ns auf der administrativen wie auf der politischen Seite
it einem europäischen Übungskonzept befassen müs-
en. Denn am Ende bleibt es unsere Verantwortung in
iesem Hohen Hause, für den bestmöglichen Schutz von
ivilisten und Soldaten zu sorgen. Dies wird zu meinem
igenen Bedauern, aber realistischerweise höchstwahr-
cheinlich ohne den Platz in Wittstock möglich sein
üssen.
Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Michael Stübgen für dienionsfraktion.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskus-
sion über die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner
Heide währt seit bald 20 Jahren. Es ist völlig ausge-
schlossen, in fünf Minuten auch nur annähernd ausrei-
chend alle Facetten dieser Geschichte zu beleuchten.
Trotzdem will ich einige Punkte dieser Geschichte auf-
führen.
Kollege Nachtwei hat schon darauf hingewiesen:
1993 hat der Deutsche Bundestag das Truppenübungs-
platzkonzept zur gerechten Lastenverteilung zwischen
den drei Luft-Boden-Schießplätzen in Nordhorn, Sie-
genburg und Wittstock beschlossen; Sie haben auch über
das damalige Abstimmungsverhalten berichtet. 1994 hat
der SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping bei einem
Vor-Ort-Besuch in Wittstock das Wahlversprechen abge-
geben, als Bundeskanzler die militärische Nutzung der
Kyritz-Ruppiner Heide aufgeben zu wollen. Bundes-
kanzler ist er nicht geworden, wohl aber 1998 Bundes-
verteidigungsminister. Als Bundesverteidigungsminis-
ter hat Rudolf Scharping die militärische Nutzung der
Kyritz-Ruppiner Heide nachhaltiger vorangetrieben als
sein Vorgänger im Amt.
Im Grundsatzurteil aus dem Jahr 2000 hat das Bun-
desverwaltungsgericht festgestellt, dass das Gelände
grundsätzlich für militärische Zwecke genutzt werden
darf, aber als Voraussetzung ein Anhörungsverfahren mit
Folgenabschätzung festgelegt. Auf dieser Grundlage hat
die damalige rot-grüne Bundesregierung ein entspre-
chendes Anhörungsverfahren eingeleitet. Nachdem sich
in diesem Anhörungsverfahren 21 von 22 Beteiligten
nachhaltig gegen eine militärische Nutzung ausgespro-
chen hatten, hat der Verteidigungsminister – mittlerweile
Peter Struck – die Betriebsgenehmigung mit sofortiger
Vollziehung angeordnet. Diese damalige Anordnung war
der Ausgangspunkt einer Prozessflut, die mit der Ent-
scheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Branden-
burg am 27. März 2009 ihr vorläufiges Ende genommen
hat. Warum sage ich „vorläufiges Ende“? Ostern dieses
Jahres macht Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier den
„Scharping rückwärts“. Er erklärt, dass er nun gegen die
militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ist. Die
SPD hat die Aufgabe dieses Projektes in ihr Bundestags-
wahlprogramm aufgenommen, erklärt aber auch, dass
sie gegen eine Abstimmung im Bundestag ist. Gleichzei-
tig erwägt die Bundesregierung, in Revision zu gehen.
Nach diesem in den letzten 18 Jahren leider sehr oft
von partei- und wahltaktischem Theater überschatteten
Prozess darf sich keiner von uns hier im Hause darüber
wundern, dass die Akzeptanz bei den betroffenen Bürge-
rinnen und Bürgern in Wittstock und Umgebung bei null
liegt.
Leider ist in diesem lautstarken öffentlichen Gezänk
auch die Tatsache fast vollständig in Vergessenheit gera-
ten, dass eine leistungsfähige Luftwaffe – und die große
Mehrheit dieses Hauses will diese – Übungsmöglichkei-
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Auf drei Punkte zur aktuellen Situation und als Emp-
ehlung für das weitere Vorgehen möchte ich eingehen.
rstens. Nach meiner Meinung ist das Projekt Luft-Bo-
en-Schießplatz Kyritz-Ruppiner Heide politisch am
nde. Es ist völlig ausgeschlossen, dass es, selbst wenn
ventuell eine Inbetriebnahme juristisch durchsetzbar
äre, auch nur ansatzweise eine Akzeptanz bei der be-
roffenen Bevölkerung in der Region geben wird.
Zweitens. Auch juristisch ist das Verfahren in einer
ackgasse, nicht weil es keine Rechtsmittel mehr gäbe
diese wird es wahrscheinlich noch 10 oder 20 Jahre ge-
en –, nein, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass
eitere jahrelange Prozesse nicht der Weg zum Ziel sein
önnen. Wir müssen politisch entscheiden.
Drittens. Es ist nach meiner Überzeugung notwendig,
ass die Bundesregierung ein Alternativkonzept erarbei-
et. Dabei sind auch mögliche naheliegende ausländische,
nsbesondere europäische Standorte einzubeziehen, auf
enen zum einen die notwendige Übungsfähigkeit der
uftwaffe sichergestellt wird und wobei zum anderen die
ilitärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide aufge-
eben und die vor fast 20 Jahren versprochene Entlastung
on Siegenburg und Nordhorn umgesetzt werden kann.
Ich respektiere, dass sich der Bundesverteidigungsmi-
ister vorbehält, vor einer Entscheidung über eine Revi-
ion die Urteilsbegründung, die hoffentlich bald vorlie-
en wird, gründlich zu analysieren. Für unwahrscheinlich
alte ich, dass sich meine Meinung und Überzeugung
ach intensivem Studium der Urteilsbegründung ändert.
Ich habe die Hoffnung, dass auch die Bundesregie-
ung zu dieser Überzeugung kommt.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Ernst Bahr für die
PD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!as die Aktuelle Stunde eigentlich bringen soll, habenie Rednerinnen der Fraktion, die sie beantragt hat, deut-ich gemacht. Es geht ihnen nur vordergründig um diechließung dieses Platzes. Dahinter stehen ganz andereiele.Die Geschichte der Behandlung dieses Themas imundestag zeigt deutlich, wie schwierig es ist, mitechtsstaatlichen und demokratischen Mitteln bestimmte
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Ernst Bahr
Themen zu einem Erfolg zu führen. Dass alle Seiten ihreMöglichkeiten haben, in der Auseinandersetzung die In-strumente zu nutzen, die Demokratie und Rechtsstaatbieten, zeigt sich exemplarisch an diesem Beispiel.Dass die Bundeswehr üben muss, ist völlig klar. Dasstelle ich überhaupt nicht infrage. Die Frage ist nur, obsie diesen Platz braucht. Deshalb möchte ich gern dieLage aus meiner Sicht darstellen. Die Schwierigkeit derAuseinandersetzung zeigt sich zweifellos auch in meinereigenen Partei und in meiner eigenen Fraktion. Ichdenke, das braucht man im Rahmen einer demokrati-schen und rechtsstaatlichen Auseinandersetzung auchnicht zu leugnen.Seit 17 Jahren finden in der Kyritz-Ruppiner Heidekeine militärischen Übungen mehr statt, und das ist auchgut so. Zum 25. Mal entschieden Gerichte gegen die Ein-richtung dieses Übungsplatzes. Das Engagement und derErfolg der Bürgerinitiativen zeigen, wie Demokratiefunktioniert.
Auf allen politischen Ebenen hat die SPD die Bürger-initiativen stets dabei unterstützt, unser gemeinsamesZiel zu erreichen. Wir haben es in den letzten Jahren ge-schafft, die bundesweite Bedeutung eines scheinbar re-gionalen Themas klarzumachen, und wir haben dafür ge-sorgt, dass das Thema im Bewusstsein des Parlamentspräsent bleibt.
Wir haben innerhalb der SPD-Fraktion die Meinungs-bildung der Unterstützer für eine freie Heide vorange-trieben. Der Hamburger Bundesparteitag der SPD hatsich Ende Oktober 2007 mit eindeutigen Beschlüssen füreine friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide aus-gesprochen. Darin wird das Bundesverteidigungsminis-terium aufgefordert, ohne Zeitverzug die Pläne für dieErrichtung eines Luft-Boden-Schießplatzes aufzugeben.Vor allem wird geltend gemacht, dass die Regionalent-wicklungen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpom-mern eine zügige Entscheidung benötigen. Wirtschafts-und Tourismusentwicklung sind gerade auch in dieserRegion sehr wichtig und würden von einem Truppen-übungsplatz zu stark beeinträchtigt werden.In dem Entwurf für unser zukünftiges Regierungspro-gramm haben wir die Forderung einer friedlichen Nut-zung der Kyritz-Ruppiner Heide fest verankert, und dasist zu Recht geschehen. Wir als SPD treten dafür ein, denRechtsstreit um die zukünftige Nutzung der Kyritz-Rup-piner Heide zu beenden und auf eine militärische Nut-zung zu verzichten. Sämtliche Fakten sprechen für einefreie Heide.Der Bundesrechnungshof hat dem Deutschen Bundes-tag Ende November 2007 einen Bericht zur Auslastungvon Übungsmöglichkeiten der Bundeswehr übermittelt.Der Bericht bekräftigt ausdrücklich die Argumentation derGegner eines Truppenübungsplatzes in der Kyritz-Rup-piner Heide. So beanstandet der Bundesrechnungshof,dass die Nutzungskonzepte der Luftwaffe nicht mehraNdJmmCIGNMvIvNsdhbetPpngslNsIvmgDbwdedk
ch erwarte das auch von den Parteien: Ich erwarte dason der CDU; ich erwarte es aber auch von der SPD.Ich habe in den letzten 15 Jahren Erfahrungen gesam-elt. Ich habe viele Kanzlerkandidaten kommen undehen sehen; die meisten sind nie Kanzler geworden.erjenige, der es geschafft hat – er hatte kürzlich Ge-urtstag –, hat, schon als er Ministerpräsident werdenollte, in Nordhorn erklärt: Wenn ich erst Ministerpräsi-ent bin, ist dieser Platz in null Komma nichts weg. Alsr dann Ministerpräsident war, hat er gesagt: Das kannas Land gar nicht entscheiden; aber wenn ich Bundes-anzler bin, ist dieser Platz in null Komma nichts weg.
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Dr. Hermann KuesIch habe viele Verteidigungsminister erlebt, die dasGesamtkonzept, das irgendwann gemeinsam beschlos-sen worden ist – zu einem Zeitpunkt, zu dem ich demBundestag noch gar nicht angehört habe –, vertreten ha-ben. Ich sage ausdrücklich: Viel zu viele machen es sichbei diesem Thema zu einfach; sie machen sich einenschlanken Fuß. Das kann ich nicht akzeptieren.
Das ist Handeln nach dem Sankt-Florians-Prinzip. Daskann man auch auf andere Politikbereiche anwenden.Auch ich bin nicht begeistert, was die planungsrecht-lichen Abläufe angeht, und über das, was das Verteidi-gungsministerium dort offenkundig über viele Jahre zu-wege gebracht hat. Ich habe erlebt, dass wir überKonzepte für Luftwaffenstandorte geredet haben. Ichwar immer dafür, dort, wo es Belastungen gibt, auch at-traktive Einrichtungen zu schaffen. Für Wittstock redenwir sogar darüber, bei Nordhorn Range war das nichtmöglich – meines Erachtens wider besseres Wissen. Eskann nicht sein, dass man den einen sagt: „Ihr könntkeine Belastung tragen“, und den anderen sagt: „Ihrmüsst sie auf Dauer tragen“.Ich will etwas zu der Größenordnung sagen. Nord-horn Range umfasst 2 200 Hektar. Wittstock umfasst da-gegen 12 000 Hektar. Es ist kaum vorstellbar, dass Witt-stock nicht in Betrieb genommen wird – auch wennwichtige Argumente dafürsprechen, etwa „Tourismus“;alle diese Argumente gelten für Nordhorn aber in glei-cher Weise – und dass die Belastung Nordhorns bleibt.Ich will ausdrücklich sagen: Die Gesamtbelastung Nord-horns ist in den vergangenen Jahren reduziert worden;dort haben wir eine ganze Menge erreicht.Ich bin bereit, über ein gesamteuropäisches Konzeptzu reden; das ist in Ordnung. Wir, Deutschland, müssenuns irgendwann fragen, ob wir Belastungen immer insAusland verlagern wollen, während interessante Stand-orte bei uns angesiedelt werden sollen. Ich finde, wirsind nicht ganz ehrlich.Was die Spaziergänge in der Ruppiner Heide angeht,sage ich unmissverständlich: Die Medien sind nicht ganzfair, weil sie diesen komplexen Sachverhalt in der Regelnicht vollständig darstellen. Darüber berichten häufigdiejenigen, die eine Leidenschaft für die Ruppiner Heidehaben. Diese Leidenschaft habe ich auch; ich bin daebenfalls schon unterwegs gewesen. Es ist eine wunder-schöne Gegend. Ich kann Ihnen aber sagen: Nordhorn imEmsland ist ebenso schön. Wenn Sie dort einmal gewe-sen sind – ich habe eben die Größenordnung genannt –,dann wissen Sie, was für eine Belastung die militärischeNutzung für diese Region ist.
– Auch Sie sind da gewesen; das weiß ich. Allerdingssind Sie – damit meine ich nicht Sie persönlich, sondernIhre politische Ausrichtung – überhaupt nicht glaubwür-dig. Sie arbeiten aus polemischen Gründen mit Begriffenwie Bombodrom, die etwas mit der Zeit zu tun haben,avuzSlginnaakesddHoEgMtgdBhghfugstBnNÜnnfu
Ich kann nur sagen: Wir brauchen ein Gesamtkon-ept. Das Thema „Standortübungsplätze/Luft-Boden-chießplätze“ ist eine unendliche Geschichte. Ich ver-ange für die Grafschaft Bentheim und das Emsland dasleiche Recht wie für andere Regionen Deutschlands;ch nehme an, der Kollege Dieter Steinecke wird das ge-auso tun. Es kann nicht sein, dass man die verschiede-en Seiten gegeneinander ausspielt. Das, was mit Blickuf Wittstock versprochen wird – von dem einen odernderen auch im Wahlprogramm –, kommt mir sehr be-annt vor; das hat es alles schon gegeben. Ich verlangein Gesamtkonzept, und ich verlange, dass die Men-chen in Nordhorn und im Emsland nicht anders behan-elt werden als die Menschen in Wittstock.
Nächster Redner ist der Kollege Dieter Steinecke für
ie SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ermann Kues hat mich schon angekündigt als Abge-rdneten der Grafschaft Bentheim und des südlichenmslandes. Insofern wird man auch meine Ausführun-en unter diesem Aspekt einordnen müssen.Ich verstehe natürlich die Sorgen und Ängste derenschen rund um die Kyritz-Ruppiner Heide gut. Na-ürlich, so möchte ich hinzufügen, verstehe ich sie sehrut; denn in meiner Heimat gehören Lärm und Gefahrurch tieffliegende Militärflugzeuge, durch Schieß- undombardierungsübungen zum Alltag – Hermann Kuesat schon darauf hingewiesen –, und das nicht erst seitestern, sondern seit 70 Jahren.Seit mehr als 50 Jahren wird der Übungsplatz Nord-orn Range von der Luftwaffe der Bundeswehr und vonliegenden Einheiten unserer Verbündeten genutzt, tagsnd nachts. Mehr als 75 Prozent aller derartigen Übun-en und 100 Prozent aller Nachtübungen auf dem deut-chen Festland entfallen auf die Nordhorn Range.Das bedeutet eine seit Jahrzehnten andauernde Belas-ung und Gefährdung der Menschen in der Grafschaftentheim und im südlichen Emsland. Diese Region isticht gerade dünn besiedelt. In unmittelbarer Nähe vonordhorn Range wohnen 300 000 Menschen. Derbungsplatz grenzt unmittelbar an die 50 000-Einwoh-er-Stadt Nordhorn, das ebenso große Lingen mit sei-em Atomkraftwerk liegt nur wenige Flugsekunden ent-ernt.Seit Jahren und Jahrzehnten kämpfen die Bürgerinnennd Bürger in meiner Heimat für eine Schließung der
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23480 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 216. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. April 2009
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Dieter SteineckeRange, und ich kämpfe mit ihnen. Das macht uns übri-gens keineswegs zu Gegnern jener Menschen, die sichgegen die Inbetriebnahme des Übungsplatzes bei Neu-ruppin wenden.
Im Gegenteil: Wir unterstützen einander gegenseitig,weil wir wollen, dass alle Menschen überall möglichstunbehelligt leben können.
Die Bürgerinnen und Bürger im nördlichen Brandenburgund im südlichen Mecklenburg-Vorpommern habenvollkommen recht, wenn sie sich wehren gegen Lärmund Gefahr.Meine Damen und Herren, ich vertrete also keinePolitik nach dem berüchtigten und in jeder Hinsicht frag-würdigen Sankt-Florians-Prinzip. Was mich allerdingsumtreibt, ist die Frage nach Gerechtigkeit und Solidari-tät, weil Sankt Florian immer in zwei Richtungen wirkt.Die Landesverteidigung und die Bündnisverpflichtungender Bundesrepublik bringen Lasten mit sich – darüberwurde heute schon genug gesprochen –, und diese müs-sen gerecht verteilt werden; auch das ist heute schon ge-sagt worden. Nicht zuletzt deshalb wurden ja überhauptdie Planungen angestellt, den Schießplatz in Branden-burg wieder in Betrieb zu nehmen.Den Menschen rund um Nordhorn wurde in den letz-ten Jahren und Jahrzehnten immer wieder gesagt: DieÜbungen bei euch müssen sein; die können wir nicht insAusland verlagern. – Jetzt liegt folgende Situation vor:Der Platz bei Wittstock geht vorerst nicht in Betrieb, undalles, was eigentlich schon jetzt dort stattfinden sollte,wird woanders geflogen.Die Bürgerinnen und Bürger in meiner Heimat fühlensich mittlerweile, gelinde gesagt, verschaukelt. Sie kom-men zu mir und sagen: Siehst du, auf einmal geht eswoanders doch. – Für uns vor Ort gibt es da eine klareGlaubwürdigkeitslücke, und daher fordere ich an dieserStelle: Wenn Nordhorn Range auf längere Sicht schein-bar der einzige brauchbare Luft-Boden-Schießplatz inDeutschland bleibt, dann müssen grundsätzlich neueÜbungskonzepte her.Wenn die Inbetriebnahme des Platzes in Nordbran-denburg zum Schutz der Menschen unterbleiben muss,dann muss dieser Schutz auch für die Menschen in mei-ner Heimat gelten, übrigens auch für die Menschen rundum den geringer genutzten Schießplatz bei Siegenburg.Das heißt im Klartext: Wenn in der Kyritz-RuppinerHeide nicht geübt werden darf, darf nirgendwo inDeutschland geübt werden.
Wenn allerdings auch in Zukunft in Deutschland geflo-gen und geschossen wird, dann darf das nicht allein aufder Nordhorn Range und bei Siegenburg geschehen.Unser Ziel ist: Die Menschen in Deutschland müssenso weit wie möglich vor unnötigen Belastungen und Ge-fährdungen geschützt werden. Am besten sollten Übun-gumhlueiSdasgdtfgLShSdBidvemidsggscM1sdmFwlt
Nun hat das Wort der Kollege Dr. Wolfgang Götzer
ür die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-en! Ich spreche heute hier als Vertreter des Wahlkreisesandshut/Kelheim, in dem der Luft-Boden-Schießplatziegenburg liegt.Der Kollege Kues hat darauf hingewiesen, dass Nord-orn bereits seit dem Zweiten Weltkrieg in Betrieb ist.iegenburg noch etwas länger: Siegenburg ist sozusagener dienstälteste Luft-Boden-Schießplatz auf deutschemoden. Er besteht seit den 30er-Jahren. Auch wenn, wiech gern einräume, die Einsatzzahlen in der Region seiten 90er-Jahren deutlich rückläufig sind – mit der Be-ölkerung freue ich mich darüber –, bleibt das natürlichine große Belastung für die Menschen dort.Herr Kollege Weigel, Sie haben im Zusammenhangit Siegenburg von einer Übungszeit von acht Stundenm Jahr gesprochen. Sie stützen sich dabei auf Angabenes Bundesrechnungshofes. Ich halte diese Zahl fürchlicht abenteuerlich. Ihr ist nicht nur vom Verteidi-ungsministerium widersprochen worden; mir liegenanz andere Zahlen vor.Im Jahr 2005 – der Bundesrechnungshof hat für die-es Jahr von jener Einsatzzeit von acht Stunden gespro-hen – gab es über Siegenburg rund 200 Einsatzflüge.an geht von einer durchschnittlichen Übungszeit von0 bis 20 Minuten pro Einsatz aus. Danach können Sieelbst ausrechnen, dass man niemals nur auf acht Stun-en kommt, sondern auf ein Vielfaches.Im Übrigen möchte ich sagen: Man kann hierbei nichtit Zeitkriterien arbeiten. In dem Moment, in dem dielugzeuge sozusagen über die Köpfe der Menschen hin-egdonnern, ist die psychische, die gesundheitliche Be-astung da. Das hat nichts mit Sekunden oder Minuten zuun. Wenn das einmal oder zweimal am Tag der Fall ist,
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Dr. Wolfgang Götzerdann ist das heftig genug. Deswegen ist die Zahl der Ein-sätze hier entscheidend. Übrigens gilt diese Zahl von un-gefähr 200 Einsatzflügen nicht nur für das Jahr 2005,sondern nach meinen Informationen auch in etwa für dieJahre davor und bis heute.Herr Kollege Weigel, ich muss mich noch einmal anSie wenden. Sie haben von 270 Millionen Euro Kostenallein für Wittstock gesprochen. Sie müssten allerdingsfairerweise dazusagen, dass der Löwenanteil dieses Be-trages, nämlich 230 Millionen Euro, für die Beseitigungvon Munition und nicht für den Betrieb des Luft-Boden-Schießplatzes vorgesehen ist.
Dann ergibt sich schon ein ganz anderes Bild.Sie werden verstehen, dass ich als Vertreter des Wahl-kreises Landshut/Kelheim, in dem, wie gesagt, Siegen-burg liegt, ganz klar für eine gerechte Lastenverteilungeintrete. Das hat gar nichts mit dem Sankt-Florians-Prin-zip zu tun. Wer den Sankt-Florians-Spruch kennt, derweiß, dass es darum geht, verschont zu bleiben. Wir sindseit den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts nicht ver-schont geblieben, sondern bei uns wird geübt, und des-wegen wissen wir, wovon wir reden.Die Menschen im Raum Siegenburg sind ganz sicherbereit, Belastungen auf sich zu nehmen, wenn sie für un-sere Verteidigung, für unsere Sicherheit notwendig sind.Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel; das hat sich inglaube ich, alle Kollegen einig – sieht das anders aus.Solange sie aber notwendig sind – die Experten sagenuns, dass sie nach wie vor nicht verzichtbar sind –, ste-hen wir dazu, dass man diese Lasten tragen muss, auchim Raum Siegenburg. Aber es geht eben um eine ge-rechte Lastenverteilung. Das ist, glaube ich, nicht zu vielverlangt.Das gilt gerade dann, wenn man auf die Bevölke-rungsdichte schaut. Sie ist in unserem Raum und imRaum Nordhorn, Kollege Kues, sehr viel höher als etwain Wittstock. Es sind viel mehr Menschen betroffen alsin der Region dort. Herr Kollege Weigel, ich verstehe,dass Sie dafür kämpfen, dass Ihr Standort nicht wieder inBetrieb genommen wird. Aber bitte verstehen Sie auch,dass wir sagen: Solange die Einsätze notwendig sind,wollen wir eine gerechte Lastenverteilung. Die Men-schen in unserer Region haben ein Recht darauf.Danke.
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, 23. April 2009, 9 Uhr,
all den Jahren, in denen ich Wahlkreisabgeordneter bin,
immer wieder bestätigt. Wenn das aber einmal nicht
mehr notwendig sein sollte, wenn wir solche Übungs-
plätze nicht mehr brauchen, dann – darin sind sich,
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(D
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Die Sitzung ist geschlossen.